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Kinder- und Jugendhilfe

Achtes Buch Sozialgesetzbuch




Liebe Leserinnen und Leser,

alle Kinder in Deutschland haben das Recht, gut


aufzuwachsen. Sie sollen Chancen auf Bildung
haben, egal, woher sie kommen. Und sie haben das
Recht auf Schutz und gewaltfreie Erziehung. Politik
und Gesellschaft tragen gemeinsam die Verantwor-
tung, dass auch die Kinder und Jugendlichen diese
Rechte wahrnehmen können, die keinen optimalen
Start ins Leben haben.

Das Recht der Kinder- und Jugendhilfe bietet die


Grundlage für eine ganze Reihe an Leistungen und
Angeboten für Kinder, Jugendliche und ihre Familien. Den größten Bereich
macht die Kindertagesbetreuung aus: Jedes dritte Kind unter drei Jahren
besucht inzwischen eine Kita oder Kindertagespflegestelle. Bei den Kindern
zwischen drei Jahren und Schuleintritt sind es sogar über 90 Prozent. Das
ist wichtig, denn diese Kinder lernen und entdecken zusammen und legen
so einen wichtigen Grundstein für ihr späteres Leben – damit es jedes
Kind packt.

In Situationen, in denen es manchmal schwierig wird, bietet das Kinder- und


Jugendhilfesystem zahlreiche Unterstützungs- und Beratungsangebote. Zur-
zeit arbeiten wir daran, dieses Angebot noch weiter zu verbessern. Grund­lage
für die geplante Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe ist ein breiter
Beteiligungsprozess mit Wissenschaft und Praxis der Kinder- und Jugend-
hilfe, der Behindertenhilfe, der Gesundheitshilfe sowie den Ländern und
Kommunen, der im November 2018 gestartet ist. Es ist mir wichtig, die Fach-
öffentlichkeit einzubeziehen, denn sie weiß, was in der Praxis gebraucht
wird. Im Jahr 2020 soll sich auf Basis der im Beteiligungsprozess erzielten
Ergebnisse ein Gesetzgebungsverfahren anschließen.

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Diese Broschüre bietet einen ersten Überblick über das breite Aufgaben­
spektrum der Kinder- und Jugendhilfe und ihre Akteure. Neben dem
Gesetzestext des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) und des
Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) werden
die zentralen rechtlichen Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe erläu-
tert. Fachkräfte erhalten durch die Broschüre eine knappe Zusammenfas-
sung; Eltern und interessierte Bürgerinnen und Bürger finden einen gut
verständlichen Einblick in die Vielfalt der Leistungen und Angebote der
Kinder- und Jugendhilfe.

Gute Familienleistungen und Unterstützungsangebote machen Familien


in Deutschland stark. Und starke Familien machen auch unser Land
spürbar stärker.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Franziska Giffey


Bundesministerin für Familie, Senioren, ­Frauen und Jugend

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Inhalt

Das SGB VIII    6 Was macht das Jugendamt?   47


Eine Broschüre zu den Rechtsgrund-
lagen der Kinder- und Jugendhilfe für Nichts geht ohne sie!    51
engagierte Menschen Rechte von Mädchen, Jungen und Eltern

Was ist Kinder- und Jugend hat Zukunft!    55


Jugendhilfe?    11
Leitbilder, Daten und Fakten Zum Weiterlesen    57

Kinder brauchen Kinder    19 Adressen    59


Tagesbetreuung für Kinder
Sozialgesetzbuch (SGB) –
Mehr Chancen für Achtes Buch (VIII):
die Jugend    24 Kinder- und Jugendhilfe    66
Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit,
Kinder- und Jugendschutz
Gesetz zur Kooperation und
Information im ­Kinderschutz
Familien stark machen    29 (KKG)    162
Förderung der Erziehung in der Familie Verordnung zur Festsetzung der
­Kostenbeiträge für Leistungen
Wenn’s brennt    35 und vorläufige Maßnahmen in
Hilfen in Belastungs- und Krisensitua- der Kinder- und Jugendhilfe     165
tionen

Weitere Publikationen    170


Wer macht was?    43
Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe

5
Das SGB VIII
Eine Broschüre zu den Rechtsgrundlagen der
Kinder- und Jugendhilfe für engagierte Menschen

„Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung


seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen
und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ (§ 1)

Liebe Leserin, lieber Leser!

Ob Sie Ihr Kind in die Kita bringen, Ihre Tochter in ein Mädchenzentrum
geht, ob Ihre Freunde ein Kind in Pflege genommen oder adoptiert haben,
immer haben Sie es mit der Kinder- und Jugendhilfe zu tun. Außerhalb der
Familie und der Schule gibt es vielfältige Angebote für Kinder und Jugend-
liche in wechselnden Lebenssituationen. Wir haben ein hoch entwickeltes
System in den Bereichen Erziehung und Bildung, ein Baustein davon ist
das Achte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VIII). Es ist das grundlegende
Gesetz für die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland.

Das SGB VIII ist aber nicht das einzige Gesetz, in dem Sachverhalte geregelt
werden, die die Kinder- und Jugendhilfe berühren. Beispielsweise ergeben
sich aus dem Familienrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, dem Bundes­
elterngeldgesetz, dem Unterhaltsvorschussgesetz, dem Jugendarbeitsschutz-
gesetz, den sonstigen Büchern des Sozialgesetzbuches und anderen Gesetzen
Berührungspunkte zur Kinder- und Jugendhilfe.

6
Die Kinder- und Jugendhilfe ist für alle Mädchen und Jungen und ihre
Erziehungsberechtigten da. Die Fachkräfte sprechen von einer Soziali­
sationsinstanz neben Familie und Schule. Daneben ist sie aber auch eine
Instanz der Krisenintervention, die Hilfe leistet für Kinder und Eltern in
Notsituationen, bei Familien mit Erziehungsschwierigkeiten, bei sexuellem
Missbrauch, Drogenkonsum, Gewalt unter Jugendlichen und vielem mehr.

Das SGB VIII ist ein Instrument zur Vorbeugung, zur Hilfestellung und zum
Schutz von Kindern und Jugendlichen, Mädchen und Jungen, jungen Frauen
und jungen Männern. Das Gesetz verpflichtet die Jugendämter zur Hilfe und
schafft den Rahmen für die Unterstützung von Sorgeberechtigten, Müttern
sowie Vätern zum Wohle ihrer Kinder. Es soll Kindern und Jugendlichen
Recht und Stimme verschaffen und Handwerkszeug sein für Fachkräfte und
engagierte Menschen. Dazu sind alle gefordert – nicht nur die hauptamt­
lichen Fachkräfte und die Ehrenamtlichen in der Kinder- und Jugendhilfe,
sondern auch Politikerinnen und Politiker, Verwaltungsfachkräfte, Lehrerin-
nen und Lehrer in den Schulen, Jugendbeauftragte bei der Polizei, Ärztinnen
und Ärzte, Pfarrerinnen und Pfarrer, Vertreterinnen und Vertreter der Wirt-
schaft und der Kultur.

Allen diesen Personengruppen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern


soll diese Broschüre Grundinformationen geben. Der Informationsteil soll
eine Hinführung zum Gesetzestext sein.

7
Das SGB VIII

Einen Gesetzeskommentar für Fachkräfte kann diese Broschüre allerdings


nicht ersetzen. Für Auszubildende, Studierende und Fachkräfte bietet sie
erstes Grundwissen. Sie ist als Information für alle Interessierten gedacht,
die damit über Rechte, Angebote und Möglichkeiten des SGB VIII klare Vor-
stellungen gewinnen können. Die Broschüre versteht sich als Handreichung,
die für Leistungsberechtigte – Kinder und Jugendliche sowie ihre Personen-
sorgeberechtigten und junge Volljährige – Wege aufzeigt und Informationen
für das Handeln in allen Vereinen der Kinder- und Jugendhilfe – von der
Sportjugend bis zur Initiative für ein Mädchenhaus – zur Verfügung stellt.
Ebenso will sie für das Jugendamt als sozialpädagogische Fachbehörde mit
kompetenten Ansprechpartnerinnen und -partnern werben.

Hilfe sofort?
Sie sind in einer konkreten Notsituation? Sie suchen eine Tagesbetreuung
für Ihre Tochter? Der Vater Ihres Kindes zahlt keinen Unterhalt? Ihr Kind
wird in der Schule auffällig? Deine Eltern drohen mit Gewalt oder üben
sie aus? In der Jugendwohngruppe findest du kein Gehör oder sonstige
Probleme wirken ungeheuer belastend? Dann kann auch die vollständige
Lektüre dieser Broschüre allein nicht sofort Hilfe leisten. Jetzt werden
Gesprächspartnerinnen und -partner gebraucht, die sich auskennen und
helfen können.

Erster Ansprechpartner ist das örtliche Jugendamt. Das heißt heute nicht
immer so, sondern manchmal Amt für soziale Dienste oder Fachbereich
für Kinder und Jugendliche. Über die Internetseite der Stadt oder des
Landkreises findet man es meist unter dem Stichwort Kinder, Jugend oder
Familie. Auch ein Anruf bei der Kreis- oder Stadtverwaltung kann die
richtige Nummer vermitteln.

Nummer gegen Kummer e. V. (NgK) ist der Dachverband des größten kosten-
freien, telefonischen Beratungsangebotes für Kinder, Jugendliche und Eltern
in ganz Deutschland. Junge Menschen finden am Kinder- und Jugendtelefon
unter 0800 116 111 und online bei der E-Mail-Beratung kostenlos Rat, Hilfe,

8
Das SGB VIII

Trost und Unterstützung. Müttern, Vätern oder Großeltern und anderen


Erziehenden steht mit dem Elterntelefon unter 0800 111 0 550 ebenfalls ein
qualifiziertes Beratungsangebot zur Verfügung. Im Internet unterstützen
Fachkräfte aus der Erziehungsberatung Kinder und Jugendliche (https://
jugend.bke-beratung.de) sowie Eltern (https://eltern.bke-­beratung.de) durch
Einzelberatung, Einzelchats, Foren und terminierte Gruppenchats. Auch
Beratungsstellen unterschiedlicher Träger (also kommunale, kirchliche oder
andere freie Träger) findet man in der Regel unter „B“ (Beratungsstelle) oder
unter der Obergruppe „Stadtverwaltung“ im Telefonbuch oder im Internet.
Auch die örtlichen Frauenbüros können weiterhelfen.

Fachkräfte in Kitas, Horten, Schulen, schulpsychologischen Diensten und


Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Jugendhäusern, auf Abenteuerspiel­
plätzen und in Pfarreien, Ärztinnen und Ärzte können erste Ratschläge
geben und weitere Wege zeigen.

Wichtig ist, dass man sich nicht entmutigen lässt. Unser Sozialsystem ist so
gestaltet, dass es Zeit und Raum für Ratsuchende geschaffen hat, auch wenn
man sich die Hilfe oft holen oder beantragen muss.

Worüber informiert Sie diese Broschüre?


Im folgenden Informationsteil soll in kurzen Zügen erklärt werden, was
Kinder- und Jugendhilfe überhaupt ist (Seite 11). Danach werden die ein-
zelnen Felder der Kinder- und Jugendhilfe beschrieben: Tageseinrichtungen
für Kinder, das heißt Kitas, Horte, Krabbelgruppen sowie die Kindertages-
pflege. Sie sind organisierte Orte der Bildung, Erziehung und Betreuung.
Denn: Kinder brauchen Kinder! Familienstrukturen haben sich geändert,
Einzelkinder gibt es heute häufiger als früher, beide Eltern sind zunehmend
­erwerbstätig und nicht wenige Kinder müssen heutzutage mit Trennungen
ihrer Eltern zurechtkommen (Seite 33). Mehr Chancen für die Jugend
sollen die Angebote der offenen Jugendarbeit, des erzieherischen Kinder-
und Jugendschutzes und der Jugendsozialarbeit vermitteln. Jugendverbände,
Jugendtreffs, Spielmobile und vieles mehr, Jugendschutzbestimmungen und

9
Das SGB VIII

Maßnahmen für arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Jugendliche


werden hier erläutert (Seite 27). Familien stark machen heißt Förderung
der Familie durch Beratung und Bildung (Seite 32).

Für Situationen, in denen Familien alleine überfordert sind, oder Krisen­


situationen, also wenn’s brennt, sollen die Hilfen zur Erziehung Angebote
vorhalten, zum Beispiel sozialpädagogische Familienhilfe oder Angebote
der Gruppenarbeit für Kinder und Jugendliche, Jugendwohngruppen oder
Heimerziehung (Seite 35). Dem folgend wird erklärt, welche Menschen in
welchen Institutionen für die Kinder- und Jugendhilfe tätig sind: Jugend-
amt, Jugendhilfeausschuss und freie Träger als nicht staatliche Zusammen­
schlüsse von Personen, die sich in der Kinder- und Jugendhilfe engagieren
(Seite 43). Das Kapitel „Nichts geht ohne sie!“ (Seite 51) gibt Einblick in
Beteiligungsmöglichkeiten und Rechte in der Kinder- und Jugendhilfe
und das Kapitel „Jugend hat Zukunft!“ (Seite 55) zeigt, was Jugendhilfe zu
einer kinder- und familienfreundlicheren Umwelt beitragen kann.

Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir, dass sie eine Unterstützung
in ihrem Engagement für Kinder, Jugendliche und Familien erfahren, um
begründet fördern und fordern zu können.

10
Was ist Kinder- und
Jugendhilfe?
Was ist Kinder- und Jugendhilfe?

Leitbilder, Daten und Fakten


Die grundlegenden Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe werden in § 1
Absatz 3 des Gesetzes beschrieben. Danach soll sie:

1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung


fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder
abzubauen,
2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten
und unterstützen,
3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,
4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen
und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche
­Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe werden einerseits durch die Jugend-


ämter der Städte oder Landkreise erbracht und andererseits durch Träger
der freien Jugendhilfe wie Initiativen, Vereine oder Stiftungen. Gewollt ist
eine vielfältige Trägerlandschaft, in der unterschiedliche Wertorientierun-
gen und vielfältige Inhalte, Methoden und Arbeitsformen angeboten werden
(§ 3 Absatz 1).

Neben diesem Pluralitätsgebot gibt es noch eine Reihe weiterer Leitbilder


der Kinder- und Jugendhilfe. So etwa das Gebot der partnerschaftlichen
Zusammenarbeit der verschiedenen Träger (§ 4 Absatz 1) unter Beteiligung
der Kinder und Jugendlichen an allen sie betreffenden Entscheidungen
(§ 8 Absatz 1).

Weiterhin soll die Kinder- und Jugendhilfe die kulturellen Bedürfnisse


und Eigenarten junger Menschen und ihrer Familien berücksichtigen
(§ 9 Nummer 2) sowie den unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen
und Jungen Rechnung tragen, Benachteiligungen abbauen und die Gleich-
berechtigung von Mädchen und Jungen fördern (§ 9 Nummer 3).

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Was ist Kinder- und Jugendhilfe?

Die Kinder- und Jugendhilfe ist grundsätzlich für alle jungen Menschen
zuständig, die in Deutschland leben. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie deut-
scher oder anderer Nationalität sind, ob sie behindert oder nicht behindert
sind. Allerdings haben Ausländerinnen und Ausländer auf Leistungen nach
diesem Gesetz nur dann einen einklagbaren Anspruch, wenn sie rechtmäßig
oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland haben. Das schließt jedoch nicht aus, dass ihnen
auch ohne diese Voraussetzungen aufgrund über- und zwischenstaatlichen
Rechts Leistungen gewährt werden. Für junge Menschen mit geistiger oder
körperlicher Behinderung kommen noch die Eingliederungshilfen, die sie
zur Überwindung behinderungsbedingter Nachteile erhalten, nach den
Rechtsgrundlagen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe
SGB XII, bzw. ab dem 1. Januar 2020 nach dem Neunten Buch Sozialgesetz-
buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
(SGB IX) hinzu.

Hätten Sie’s gewusst?

Einige Zahlen aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik (§§ 98 bis 103) sollen
die Verbreitung von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe in Bezug auf die
verschiedenen Altersstufen zeigen.

Tageseinrichtungen und Tagespflege für Kinder:


Im Frühjahr 2018 besuchten 33,6 Prozent der Kinder unter drei Jahren und
93,0 Prozent der drei- bis fünf­jährigen Kinder eine Kindertageseinrichtung
oder eine Kindertagespflegestelle. Dazu gehören gut 4.300 Kindertagesein-
richtungen von Elterninitiativen, welche knapp 142.000 Kinder betreuen.
Im Rahmen der Kindertagesbetreuung kommen Eltern und Kinder ganz
selbstverständlich mit der Kinder- und Jugendhilfe in Kontakt.

Kinder- und Jugendarbeit:


2017 nahmen knapp 8,5 Millionen junge Menschen an
147.300 öffentlich geförderten Angeboten der Jugendarbeit
teil. Viele dieser Maßnahmen werden von Jugendverbänden
durchgeführt. 2017 gab es rund 19.000 Träger im gesamten Feld
der Kinder- und Jugendarbeit mit rund 36.100 beruflich tätigen
Personen.

13
Was ist Kinder- und Jugendhilfe?

Erziehungsberatung:
2015 wurden bundesweit 305.922 Beratungen im Rahmen
der Jugendhilfe abgeschlossen bzw. dauerten am Ende des
Jahres noch an. Die häufigsten Gründe für eine Erziehungs-
beratung sind familiäre Konflikte und/oder Entwicklungs-
auffälligkeiten.

Ambulante Hilfen zur Erziehung:


Ende 2015 nahmen knapp 9.200 Jugendliche und
junge Volljährige an sozialer Gruppenarbeit teil
und gut 30.200 jungen Menschen stand ein
Erziehungsbeistand oder eine Betreuungshelferin
oder ein Betreuungshelfer zur Seite. Diese Hilfen
wurden mit einem Anteil von knapp 61 Prozent
häufiger Jungen als Mädchen zuteil.

Sozialpädagogische Familienhilfe und Tagesgruppen:


Etwa 71.500 Familien wurden Ende 2015 durch eine
sozialpäda­gogische Familienhilfe betreut. Rund 67 Pro-
zent dieser Familien waren zum Erhebungszeitpunkt auf
Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Leistungen der Grund­
sicherung angewiesen. Etwa 16.200 Minderjährige wurden
Ende 2015 tagsüber in Tagesgruppen betreut.

Pflege- und Adoptivkinder:


Ende 2016 lebten knapp 74.120 junge Menschen und
Jugendliche in Pflegefamilien. Im Jahr 2017 wurden
3.888 Minderjährige adoptiert; hiervon war ein Anteil
von knapp 55 Prozent jünger als sechs Jahre.

Heime und andere betreute Wohnformen:


Etwa 95.600 junge Menschen wurden Ende 2016 in Heimen
und anderen Wohnformen betreut. In rund 31 Prozent
dieser Fälle ist die Unterbringung nicht zuletzt auch
aufgrund eingeschränkter Erziehungskompetenzen der
Eltern notwendig geworden.

14
Was ist Kinder- und Jugendhilfe?

Mitwirkungen in Verfahren vor dem Familiengericht

„Pflege und Erziehung der Kinder Eingriffe in dieses Recht (Sorgerecht) sind nur
sind das natürliche Recht der Eltern durch das Familiengericht nach § 1666 BGB
und die zuvörderst ihnen obliegende möglich,
Pflicht. Über ihre Betätigung wacht •• wenn das Wohl des Kindes gefährdet
die staatliche Gemeinschaft.“ ist (Vernachlässigung, Misshandlung,
(Artikel 6 Absatz 2 GG) Missbrauch)
•• und die Eltern nicht bereit oder in der
Lage sind, diese Gefährdungssituation
zu beenden,
•• und andere Maßnahmen (zum Beispiel
der Jugendhilfe) erfolglos geblieben
sind oder zur Abwendung der Gefahr
nicht ausreichen (§ 1666a BGB)
•• und die ergriffenen Maßnahmen eine
geeignete und verhältnismäßige Form
der Gefahrenabwehr darstellen.
Das Jugendamt muss das Gericht Das Gericht muss das Jugendamt anhören.
anrufen, wenn es sein Tätigwerden
für erforderlich hält.

Die Kinder- und Jugendhilfe hat auch noch


andere Aufgaben

Leistungsangebote bilden den Schwerpunkt der Kinder- und Jugendhilfe.


Daneben hat sie aber auch noch andere Aufgaben zugunsten junger
Menschen und Familien zu erbringen. Diese anderen Aufgaben, die insbe-
sondere von den Jugendämtern zu erfüllen sind, sind sehr unterschiedlich.
So sind die Jugendämter zum Beispiel bei einer akuten Gefährdungslage
verpflichtet, Kinder und Jugendliche in Obhut zu nehmen und mit ihnen
ihre Nöte und Ängste zu besprechen, um mit ihnen nach geeigneten Hilfen
zu suchen.

Zu den Aufgaben des Jugendamtes gehört es, in Krisensituationen das


Kind bzw. den Jugendlichen bei geeigneten Personen oder in geeigneten
Einrichtungen unterzubringen (§ 42 Absatz 1). 2017 geschah dies mehr
als 61.380 Mal.

15
Was ist Kinder- und Jugendhilfe?

Eine weitere Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist die Mitwirkung in
familiengerichtlichen Verfahren (§ 50). So bietet das Jugendamt Eltern und
Kindern Beratung und Unterstützung in der Trennungssituation und bei
der Regelung der elterlichen Sorge an (§ 17). Das Familiengericht beteiligt
das Jugendamt auch dann, wenn es um Fragen der Einschränkung oder des
Entzugs der elterlichen Sorge geht. Gegebenenfalls muss das Jugendamt hier
auch von sich aus tätig werden, also das Gericht anrufen, wenn anders keine
befriedigenden Lösungen zum Schutz und zur Sicherung von Rechten der
Mädchen und Jungen zu erreichen sind (§ 8a Absatz 2).

Ohne Moos nix los …

Die Erfüllung aller dieser Aufgaben kostet Geld. 2018 waren dies insgesamt
50,6 Milliarden Euro – eine gewaltige Summe, aber doch nur 4,5 Prozent
des gesamten Sozialbudgets 2018 der Bundesrepublik Deutschland.

Ausgaben 2018, Angaben in Prozent

1,5 2,5 Kindertagesbetreuung

4,5 Hilfe zur Erziehung,


Eingliederungshilfe für
seelisch behinderte Kinder
und Jugendliche, Hilfe für
junge Volljährige und vor-
24,9 läufige Schutzmaßnahmen

Jugendarbeit,
Jugendsozialarbeit

Erzieherischer Kinder- und


Jugendschutz, Förderung
66,6 der Erziehung in der Familie

Sonstige Aufgaben
und Leistungen

Quelle: Statistisches Bundesamt (2019): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Ausgaben und Einnahmen 2018,
eigene Zusammenstellung und Berechnung.

16
Was ist Kinder- und Jugendhilfe?

Von den Aufwendungen werden Zusammensetzung der Finzanzierung,


93,1 Prozent aus Steuermitteln Angaben in Prozent
­finanziert. 3,1 Prozent werden
durch Verkäufe und Mietein­nah­ 3,8
men gedeckt. 3,8 Prozent tragen 3,1
die Leistungsberechtigten in Form
von Kostenbeiträgen (§§ 90 ff.).
Diese können zum Beispiel erhoben
werden für den Besuch von Kitas
und Ferien­freizeiten. Kostenbei­
träge fallen auch bei stationären
Hilfen an, wenn die Leistungs­
berechtigten dazu wirtschaftlich
in der Lage sind und wenn die
Heranziehung den Erfolg der 93,1
Maßnahme nicht gefährdet.
Steuermittel
Die öffentlichen Mittel für die Verkäufe und Mieteinnahmen
Leistungen der Kinder- und Kostenbeiträge
Jugendhilfe werden zu 85 Prozent
auf kommunaler Ebene erbracht, Quelle: Statistisches Bundesamt (2019): Statistiken der
Kinder- und Jugendhilfe. Ausgaben und Einnahmen 2018
12 Prozent durch die Länder
(einschließlich Stadtstaaten) und
und drei Prozent durch den Bund (BMAS: Sozialbudget 2018). Im Rahmen
des Kinder- und Jugendplanes des Bundes wird die bundesweite Infrastruk-
tur der Kinder- und Jugendhilfe (vor allem Verbände und Fachorganisatio-
nen) mitfinanziert, werden Modell­projekte gefördert und Maßnahmen des
internationalen Jugend­austausches und Freiwilligendienste unterstützt.

… ohne Menschen erst recht nicht!


Vor allem braucht die Kinder- und Jugendhilfe aber Menschen, die sich für
Kinder und Jugendliche einsetzen: Fachkräfte und ehrenamtlich engagierte
Frauen und Männer.

17
Was ist Kinder- und Jugendhilfe?

Ende 2016 gab es in Deutschland 36.754 Einrichtungen der Kinder- und


Jugendhilfe (inklusive Jugendbehörden, ohne Tageseinrichtungen für Kin-
der), in denen gut 236.500 Menschen pädagogische Aufgaben und Verwal-
tungsaufgaben wahrnahmen. 72 Prozent dieser Personen waren Frauen.
Hinzu kamen 55.933 Kindertageseinrichtungen (Stand: 1. März 2018), in
denen 627.300 Personen als pädagogisches oder als Leitungs- und Verwal-
tungspersonal tätig waren. Zwei Drittel dieser Beschäftigten waren Erziehe-
rinnen und Erzieher, knapp sechs Prozent haben einen Hochschul­abschluss.1
Die Kinder- und Jugendhilfe war in den letzten 30 Jahren eine der großen
Wachstumsbranchen dieser Gesellschaft und ein wichtiger Teilarbeitsmarkt.

2017 waren 570.300 ehrenamtlich pädagogisch tätige Personen in Ange­


boten der Jugendarbeit engagiert. Sie engagierten sich in Jugendverbänden,
Initiativen und Vereinen. Darüber hinaus engagierten sich Menschen als
Pflegeeltern, Vormünderinnen und Vormünder oder Pflegerinnen und
Pfleger.

1 Zu den Personen mit Hochschulabschluss werden hier Dipl. Sozialpädagoginnen und -pädagogen,
Dipl. Sozialarbeiterinnen und -arbeiter, Dipl. Pädagoginnen und -Pädagogen, Dipl. Erziehungswissenschaft-
lerinnen und -wissenschaftler und Dipl. Heilpädagoginnen und -pädagogen (Universität/Fachhochschule
oder vergleichbarer Abschluss) und staatlich anerkannte Kindheitspädagoginnen und -pädagogen (Bachelor/
Master) gezählt.

18
Kinder brauchen Kinder
Kinder brauchen Kinder

Tagesbetreuung für Kinder


Wenn Marie fragt, wo denn eigentlich die Milch herkommt, und
Sven glaubt, dass alle Kühe lila sind, wenn’s keine Matschecke mehr
gibt und die Playstation immer mehr Freizeit frisst, dann bieten Kindertages­
einrichtungen, Tagespflegepersonen und offene Kinderangebote notwendige
Erfahrungen und Anregungen – Angebote, die Kinder brauchen, die in einer
Welt aufwachsen, in der es mehr Autos als Kinder gibt.

Die Lebensräume, in die Kinder hineingeboren werden, haben sich nicht


entlang den Bedürfnissen von Kindern entwickelt. Deshalb versuchen
engagierte Menschen, dem stetigen Verlust „natürlicher“ Spielräume für
Kinder und der Zunahme von Gefährdungspotenzialen, insbesondere in
unseren Städten, entgegenzuwirken und „Kinderfreundlichkeitsprüfungen“
an Stadtplanungen und Bauplanungen heranzutragen. Dennoch sind
Spielräume für Kinder, die diese für ihre Entwicklung brauchen, in großem
Maße unwiederbringlich verloren gegangen. Deshalb müssen zunehmend
Erfahrungsfelder und Spielräume für Kinder bewusst gestaltet und organi-
siert werden.

Hinzu kommt, dass rund 40 Prozent aller Kinder heute als Einzelkind auf-
wachsen. Der Anteil der Einzelkinder hat sich in den letzten zehn Jahren
kaum verändert. Gleichwohl ist die Anzahl der minderjährigen Kinder
in den Familien generell zurückgegangen. Diese hat sich im Zeitraum
1996–2017 um 14 Prozent reduziert.

Um ihre Kinder gut zu fördern, nehmen heute immer mehr Eltern die
Unterstützung der Bildung, Erziehung und Betreuung ihrer Kinder an
dafür geschaffenen pädagogischen Orten in Anspruch: Tageseinrichtun-
gen und Kindertagespflege haben diesen Auftrag. Darüber hinaus gibt
es betreute Spielplätze, Spielkreise und vieles mehr.

Auch der Wunsch und die Notwendigkeit von immer mehr Eltern, die
Erwerbs- und Familienarbeit in Einklang zu bringen, verlangen zuver­
lässige Tagesbetreuungsangebote.

20
Kinder brauchen Kinder

Kinderbetreuungsangebote

Kinderbetreuungsangebote gibt es ganztägig oder für einen Teil des Tages:

•• in Kindertageseinrichtungen
(0- bis 3-jährige sowie 3- bis 6-jährige Kinder),
•• in Kinderhorten (6- bis 12-jährige Kinder),
•• in altersgemischten Gruppen,
•• durch eine Tagespflegeperson („Tagesmutter bzw. Tagesvater“).

Bei der Tagesbetreuung nimmt die Kindertageseinrichtung einen heraus­


gehobenen Platz ein. Seit dem 1. August 2013 gibt es einen Rechtsanspruch
auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege für
alle Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben, bis zur Vollendung
des dritten Lebensjahres (§ 24 Absatz 2). Ein Kind, das das dritte Lebensjahr
vollendet hat, hat seit 1996 einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer
Kindertageseinrichtung bis zum Schuleintritt (§24 Absatz 3). Für die Kinder
von drei Jahren bis zum Schuleintritt ist durch die Träger der öffentlichen
Jugendhilfe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfü-
gung zu stellen.

Hierfür hat das Kinderförderungsgesetz (KiföG) gesorgt, das am 1. Januar


2009 in Kraft getreten ist. Es soll den Ausbau eines qualitativ hochwertigen
Betreuungsangebotes beschleunigen und so den Eltern echte Wahlmöglich­
keiten eröffnen.

Das Gesetz unterstützt ein vielfältiges Betreuungsangebot und forciert


die Profilierung der Kindertagespflege. Dazu werden Standards gesetzt.
Eine Kindertagespflegeperson darf grundsätzlich nicht mehr als fünf Kinder
betreuen. Sie soll einschlägige Kenntnisse über die an sie gestellten päda­
gogischen Anforderungen mitbringen, persönlich geeignet sein und über
geeignete Räume verfügen. Dafür soll sie eine leistungsgerechte Bezahlung
erhalten.

21
Kinder brauchen Kinder

Bund, Länder und Kommunen haben seit 2008 den Ausbau der Kindertages-
betreuung enorm vorangetrieben. Für Investitionskostenzuschüsse hat der
Bund bereits im Jahr 2007 das Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“
aufgelegt. Mit den Investitionsprogrammen „Kinderbetreuungsfinanzierung“
2008 bis 2013, 2013 bis 2014 sowie 2015 bis 2018 unterstützte der Bund den
Ausbau an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren bundesweit mit
insgesamt 3,28 Milliarden Euro. So sind insgesamt mehr als 400.000 Betreu-
ungsplätze für Kinder unter drei Jahren entstanden.

Mit der Verkündung des „Gesetzes zum weiteren quantitativen und quali­
tativen Ausbau der Kindertagesbetreuung“ am 29. Juni 2017 wurde das
Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2017–2020 auf den
Weg gebracht und das Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ um
insgesamt 1,126 Milliarden Euro aufgestockt, um zusätzlich 100.000 Betreu-
ungsplätze zu schaffen. Besonders hervorzuheben ist, dass nunmehr auch
die Schaffung von weiteren Betreuungsplätzen für Kinder bis zum Schul­
eintritt möglich ist.

Die Investitionen zeigen Wirkung: Am 1. März 2018 wurden bundesweit


rund 789.600 Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen oder in
der Kindertagespflege betreut. Das waren rund 27.200 Kinder mehr als im
Vorjahr. Bundesweit wünschten sich 2017 durchschnittlich 45,2 Prozent der
Eltern einen Betreuungsplatz für ihr Kind im Alter von unter drei Jahren.

2018 wurde das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur
Teil­habe in der Kindertagesbetreuung“ (Gute-KiTa-Gesetz) verabschiedet.
Mit dem Gute-KiTa-Gesetz beteiligt sich der Bund bis 2022 mit rund
5,5 Milliarden Euro an der Weiterentwicklung der Qualität in der Kinder­
tagesbetreuung. Das Gesetz sieht vor, dass jedes Bundesland individuell
bei der Weiterentwicklung der Qualität und Verbesserung der Teilhabe in
der Kinderbetreuung unterstützt wird – je nach Ausgangslage und Bedarf.

Für schulpflichtige Kinder im Grundschulalter gibt es Horte bzw. Plätze in


altersgemischten Gruppen. Im März 2018 wurden gut 502.205 Schulkinder
im Alter von unter 14 Jahren in einer Tageseinrichtung betreut. Bezüglich
der ganztägigen Bildung und Betreuung bestehen große Unterschiede
zwischen den Bundesländern: Während einige Länder die außerschulische

22
Kinder brauchen Kinder

Betreuung vor allem durch Hortangebote umsetzen, bauen andere Länder


die Ganztagsschulen aus. In einigen Ländern gibt es sowohl Ganztagsschulen
als auch Horte.

Für die Betreuung in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege können


Kostenbeiträge erhoben werden, § 90 Absatz 1. Durch das Gute-KiTa-Gesetz
wird der § 90 SGB VIII ab dem 1. August 2019 geändert und eine bundes­
weite Pflicht zur Staffelung von Kostenbeiträgen der Eltern eingeführt.
Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen der
Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und
die tägliche Betreuungszeit berücksichtigt werden. Zudem werden neben
Familien, die Sozialleistungen beziehen, auch Familien mit kleinem Ein­
kommen von Kitabeiträgen befreit, etwa wenn sie zum Beispiel Kinder­
zuschlag oder Wohngeld erhalten. Über die Möglichkeit zum Erlass bzw.
zur Übernahme der Kostenbeiträge wird eine Beratungspflicht eingeführt.
Eltern, die die Förderung von Kindern selbst organisieren wollen, sollen
beraten und unterstützt werden (§ 25). Nähere Auskunft dazu gibt das
örtliche Jugendamt.

Auch Schulkinderhäuser, Spielkreise oder pädagogisch betreute Mittags­tische


haben sich als Betreuungsangebote bewährt. Darüber hinaus haben sich an
vielen Orten offene Freizeit- und Kulturangebote für Kinder entwickelt.

23
Mehr Chancen für
die Jugend
Mehr Chancen für die Jugend

Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit,
Kinder- und Jugendschutz

Denkbar ist die folgende Szene an jedem Ort: Mädchen und Jungen hängen
rum, am Brunnen, im Park, an Haltestellen, am Kiosk. Was sie wollen, ist
ein Raum zum Treffen, zum Musikmachen und -hören, zum Reden, zum
Abhängen. Aber wie dran kommen?

Die häufigsten Freizeitbeschäftigungen von 12- bis 24-Jährigen sind die


Zusammenkunft mit Freundinnen und Freunden und Musik hören.

Jugendarbeit ist ein Feld der Jugendhilfe, wo Angebote und Einrichtungen


geschaffen werden, die der Entwicklung junger Menschen förderlich sind,
die an ihre Interessen anknüpfen, die sie zur Selbstbestimmung befähigen
und zur gesellschaftlichen Mitverantwortung anregen.

Das SGB VIII beschreibt die Förderung der Arbeit der Jugendverbände (§ 12)
und die offenen Formen der Jugendarbeit (§ 11). Bei der Sportjugend oder
in einem anderen Jugendverband steht die Mitgliedschaft im Vordergrund;
Häuser der offenen Tür, auch Jugendzentren genannt, sind dagegen offen
für jeden, der Lust hat, hereinzuschauen. Zu den Schwerpunkten der Jugend-
arbeit gehören ebenso der internationale Jugendaustausch, die Kinder- und
Jugenderholung und die Jugendberatung. Möglich sind auch mobile
Angebote, zum Beispiel Spiel- und Musikmobile, die dahin fahren, wo
Kinder und Jugendliche sind, und nicht abwarten, dass sie irgendwohin
kommen. Internetcafés und Computernutzungsräume knüpfen an die
Kompetenz von Jugendlichen im Umgang mit den neuen Medien an.

Viele Angebote der Jugendarbeit sind Bestandteil des Alltags von Kindern
und Jugendlichen: die Sportjugend und die Rotkreuz- und Feuerwehrjugend
zum Beispiel als klassische Jugendverbände, in denen Jugendliche Mitglied
sind. Die Jugendarbeit der Kirchen, der Gewerkschaften oder die örtlichen
Jugendzentren sind Knotenpunkte in einer Gemeinde. Gruppenarbeiten,
Ferienfreizeiten, Discoabende, Kurse und vieles mehr gehören zum Angebot.
Aber nicht alle Mädchen und Jungen fühlen sich davon angesprochen, sie
wollen unter sich sein. Initiativen von Jugendlichen, sich Raum und Gehör

25
Mehr Chancen für die Jugend

zu verschaffen, sollen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des


Jugendamtes oder von freien Trägern unterstützt werden.

Das Gesetz (§ 11) bietet auch eine hervorragende Grundlage, eigenständige


Initiativen von Mädchen und Jungen aktiv zu begleiten. Wieweit das
bisweilen unkonventionelle Zugehen von Jugendlichen auf Verwaltung
und Verbände vor Ort Gehör findet, hängt von der kommunalpolitischen
Willensbildung ab. Verweist das Jugendamt auf das zuständige Jugend­
zentrum oder ist es behilflich bei der Suche nach eigenen Räumen? Werden
Initiativen, die von und für Jugendliche gegründet werden, unterstützt oder
nicht? Kinder- und Jugendparlamente, Kinderanwältinnen und Kinder­
anwälte sowie runde Tische sind ein Weg, Interessen von Jugendlichen ernst
zu nehmen. Mädchentreffs und Mädchenhäuser sowie Jungenarbeit sind
relativ neue Formen, „Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberech­
tigung von Mädchen und Jungen zu fördern“ (§ 9 Absatz 3).

Jugendsozialarbeit
Tim hat die Schule geschmissen und Stress mit seinen Eltern. Lale hat
trotz gutem Hauptschulabschluss immer noch keinen Ausbildungsplatz
als Zahnarzthelferin gefunden. Beide suchen vergeblich nach einer Beschäfti-
gung; die Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz haben sie schon aufgegeben.

Die individuellen Lebensgeschichten, zum Beispiel von schulmüden


Jugendlichen oder von jungen Menschen mit Problemen beim Einstieg in
die Arbeitswelt, sind der Hintergrund für Angebote der Jugendsozialarbeit.
Dabei ist Jugendsozialarbeit nicht einfach soziale Arbeit mit Jugendlichen,
sondern ein Feld der Jugendhilfe, das sich speziell mit der Lebensplanung
und -gestaltung rund um die Themen Schule, Arbeit und (Berufs-)Ausbil-
dung beschäftigt.

Jugendsozialarbeit hilft jungen Menschen, die aufgrund sozialer Benach­


teiligungen oder individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf
Unterstützung angewiesen sind.

26
Mehr Chancen für die Jugend

Auch die aktuell gute Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt in
Deutschland verhindert nicht, dass es junge Menschen gibt, die beim Sprung
in die Arbeitswelt nach wie vor scheitern. Ursachen gibt es viele, zum Bei-
spiel ein fehlender Schulabschluss, schwierige familiäre Rahmenbedin­
gungen, Suchtprobleme oder integrationsspezifische Hürden. Aufgabe der
Jugendsozialarbeit ist es, Jugendliche mit erschwerten Startbedingungen
durch gezielte Angebote und kreative Programme „fit zu machen“, damit
diese ihr Leben und ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können.

Die Jugendsozialarbeit bietet jungen Menschen individuelle Hilfe­stellungen


auf dem Weg in Ausbildung und Arbeit, die bei ihren spezifischen Benach­
teiligungen ansetzen. Richtschnur bei der individuellen Begleitung sind die
Potenziale, Kompetenzen und Wünsche des Jugendlichen. Beratung, Einzel­
fallarbeit, aufsuchende Arbeit, Angebote zur Aktivierung, Kompetenz- und
Persönlichkeitsstärkung, Unterstützung bei der beruflichen Orientierung und
bei der sozialen Integration sind Aufgabenfelder der Jugendsozialarbeit.

Wird die Ausbildung eines jungen Menschen nicht durch Unternehmen,


Schulen oder andere Organisationen sichergestellt, kann die Jugendsozial-
arbeit zudem sozialpädagogisch begleitete Ausbildungs- und Beschäftigungs­
maßnahmen anbieten. Im Einzelfall erhalten Jugendliche auch ergänzend
Wohnmöglichkeiten.

Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe verfügen über eine breite
Palette von Angeboten. Das können Beratungsstellen für schulverweigernde
oder arbeitslose Jugendliche sein, mobile Angebote aufsuchender Arbeit
oder Werkstätten, deren Ziel es ist, durch „Schnupperangebote“ zur Berufs-
findung beizutragen. Es können aber auch außerbetriebliche Ausbildungs-
plätze zur Verfügung gestellt werden. Beschäftigungsinitiativen bieten
gelernten wie ungelernten Kräften Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen
an. Bezahlt werden die Maßnahmen vom örtlichen Jugendamt, dem Grund-
sicherungsträger oder der Agentur für Arbeit.

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Integration junger Menschen


in Ausbildung und Beruf ist eine gute Zusammenarbeit von Jugendamt,
Agentur für Arbeit, Jobcenter, Schulen, freien Trägern und Arbeitgeberinnen
und Arbeitgebern vor Ort. Wichtig ist, dass die bzw. der Jugendliche nicht

27
Mehr Chancen für die Jugend

an den Schnittstellen der verschiedenen Akteure „verloren geht“, sondern


koordinierte, systematisch ineinandergreifende Hilfen „aus einer Hand“
erhält. Hier helfen vor allem sogenannte Jugendberufsagenturen, ein
Zusammenschluss von Jobcenter und Jugendamt, die gemeinsam Hilfen
aus einer Hand anbieten.

Kinder- und Jugendschutz


Mit Jugendschutz assoziieren viele gewöhnlich Verbote: mit 15 Jahren nicht
allein in die Kneipe, keinen Alkohol kaufen dürfen, in Kinos und Video­
theken den Ausweis zeigen und so weiter. Aber Jugendschutz ist mehr als die
Gesetzessammlung von Jugendschutzgesetz, das Gesetz über die Verbreitung
jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte und das Jugendarbeits-
schutzgesetz. Der erzieherische Kinder- und Jugendschutz bietet vorbeu­
gende Maßnahmen und Angebote für Kinder, Jugendliche und Eltern (§ 14).
Gefährdungen soll durch Information und Beratung entgegengewirkt
werden. Das sind zum Beispiel Informations-, Aufklärungs- und Beratungs-
leistungen zu Themen wie Sexualität, Aids, sexueller Missbrauch, Drogen
und Sucht, Sekten und Okkultismusbewegungen sowie neue Medien.

Ziel der Angebote ist es, junge Menschen und Eltern zu befähigen, gefähr-
dende Einflüsse kritisch zu durchschauen und abzuwehren. Kinder, die
aufgeklärt sind und Nein sagen können, sind seltener Opfer von Missbrauch.
Jugendliche, die Medienkompetenz entwickelt haben, konsumieren bewuss-
ter und sind negativen Wirkungen weniger ausgeliefert.

Die Durchführung der zahlreichen Jugendschutzvorschriften des Bundes


und der Länder (kontrollierend eingreifender Jugendschutz) liegt bei Polizei
und Ordnungsbehörden. Ordnungsämter und Polizei kontrollieren zum
Beispiel in Kinos, Diskotheken und Videotheken; die Gewerbeaufsicht kon­
trolliert die Einhaltung des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Der erzieherische
Kinder- und Jugendschutz ist für Aufklärung und Fortbildung zuständig.

28
Familien stark machen
Familien stark machen

Förderung der Erziehung in der Familie


Mütter und Väter bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben zu
unterstützen, ist eine wichtige Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe. Familie
umfasst heute allerdings mehr als die klassische Mutter-Vater-Kind-Kon­
stellation. Immer mehr Kinder wachsen mit der Erfahrung auf, dass sich ihre
Familie verändert. Mütter erziehen ihre Kinder allein oder leben mit dem
Vater des Kindes zusammen, ohne verheiratet zu sein. Nach Trennung und
Scheidung finden sich neue Familien zusammen, möglicherweise bringen
beide Partner Kinder in die neue Familie (als Ehe oder Lebensgemeinschaft)
mit ein. Vielfach sind die äußeren Lebensumstände für Kinder unsicherer
geworden. Deshalb gibt es bei der Förderung der Erziehung in der Familie
sehr unterschiedliche Angebote.

Angebote Früher Hilfen und Willkommensbesuche

Schwangerschaft, Geburt und die ersten Jahre mit einem Kind sind eine
besonders aufregende Zeit für Familien. In Stolz, Glücklichsein und Freude
mischt sich aber auch Erschöpfung, Verunsicherung und Sorge. Die Bedürf-
nisse ihrer Kinder wahrzunehmen und sich auf sie einzustellen, ist ein
anspruchsvoller Lernprozess für Eltern, der immer wieder Fragen aufwirft.
Viele Jugendämter halten daher inzwischen vielfältige Beratungs- und
Unterstützungsangebote für werdende und frischgebackene Mütter und
Väter vor (§ 16 SGB VIII, § 2 Absatz 1 KKG).

Vielerorts wird Familien kurz nach der Geburt ihres Kindes auch ein Besuch
angeboten, um neugeborene Kinder willkommen zu heißen und ihre
Eltern über regionale Beratungs- und Hilfsangebote zu informieren (§ 2
Absatz 2 KKG).

30
Familien stark machen

Familienbildungsstätten, Familienfreizeiten und


­Familienerholung

In Familienbildungsstätten finden Eltern und Kinder Begegnungs- und


Bildungsmöglichkeiten. Familienfreizeiten und Familienerholung ermög-
lichen Müttern, Vätern und Kindern nicht nur Urlaub, sondern bieten mit
eigenen Kinderprogrammen auch Entlastung und neue Erfahrungen mit
anderen Familien. Neue Kontakte und soziale Bezüge können hergestellt,
Kräfte gesammelt werden. Die Angebote berücksichtigen die unterschied-
lichen Lebenslagen und Erziehungssituationen von Familien (§ 16). Sie
werden zunehmend auch mit Angeboten der Kinderbetreuung verknüpft.

Elterliche Sorge und Beistandschaft

Seit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 ist die gemeinsame elterliche


Sorge nicht verheirateter Eltern möglich. Häufig lastet die Aufgabe der
Erziehungsverantwortung jedoch auf alleinerziehenden Müttern. Alleine
für ein Kind zu sorgen, ist oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
Vielfach geht es in diesen Situationen um die Regelung von Unterhalts­
ansprüchen oder die Vaterschaftsfeststellung. Die Mütter (und Väter)
haben daher einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung (§§ 18, 52a).
Jede alleinerziehende Person ist berechtigt, einen Antrag auf Beistandschaft
zu stellen (§ 1713 BGB, § 55 SGB VIII). Das Jugendamt ist dann verpflichtet,
der Mutter (oder dem Vater) einen Beistand zu stellen, der das Kind in
diesen Bereichen (Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von
Unterhaltsansprüchen) vertritt. Beistand kann eine Fachkraft des Jugend­
amtes oder eines Trägers der freien Jugendhilfe sein. Mit dieser Regelung
soll gewährleistet werden, dass ein alleinerziehender Elternteil Rat und
Unterstützung findet.

31
Familien stark machen

Ein Beistand kann besonders für junge Mütter eine große Hilfe sein. Eine
Mutter braucht dabei keine Angst zu haben, dass sie damit ihre Rechte aus
der Hand gibt. Wenn sie gegenüber dem Jugendamt erklärt, dass sie die
Beistandschaft nicht mehr möchte, endet diese.2

Wenn die Eltern ausfallen

Besondere Unterstützung sieht das SGB VIII vor, wenn ein Elternteil aus
gesundheitlichen Gründen ausfällt (§ 20). Wenn zum Beispiel eine allein-
erziehende Mutter krank wird, die Großeltern, andere Verwandte oder
Freunde aber nicht einspringen können, sind vorübergehende Hilfen zur
Versorgung und Betreuung von Kindern zu Hause vorgesehen. So kann
eine Unterbringung außerhalb des Elternhauses vermieden werden. Das
Jugendamt stellt zum Beispiel eine Haushaltshilfe, die sich um die Kinder
kümmert. Die Hilfe soll schnell und unbürokratisch geleistet werden.
Allerdings sind vorrangig Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse zu
beantragen (§ 38 SGB V).

Beratung für die Familie

Auch in guten Partnerschaften und Ehen gibt es immer wieder einmal


Krisen. Zur Bewältigung dieser Krisen können Eltern im Interesse des
Kindeswohls Beratung in Anspruch nehmen (§ 17). Beratungsstellen für
Kinder, Jugendliche und Eltern gibt es in den meisten Gemeinden und
Städten in erreichbarer Nähe. Träger dieser Beratungsstellen können
­Jugendämter oder freie Träger sein. Eltern sollten sich nicht scheuen,
diese Beratung frühzeitig in Anspruch zu nehmen. Mit fachkundiger Hilfe
von außen lassen sich Krisen in der Familie leichter lösen. Dies kommt
dann allen ­Familienmitgliedern zugute, besonders aber den Kindern.

2 Mehr Informationen erhalten Sie in der Broschüre „Die Beistandschaft und weitere Hilfen des Jugendamtes
bei der Feststellung der Vaterschaft und der Geltendmachung des Kindesunterhalts“ des Bundesministe-
riums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/
die-beistandschaft/73974.

32
Familien stark machen

Vor allem aber bei Trennung und Scheidung ist es oft für alle Beteiligten
wichtig, sich von einer außenstehenden Fachkraft beraten zu lassen. Fast
immer leiden die Kinder unter der Trennung ihrer Eltern. Sie haben oft
Schuldgefühle, meinen, sich für Mutter oder Vater entscheiden zu müssen,
und haben Angst, einen von beiden Elternteilen zu verlieren. In dieser
Lebenssituation brauchen die Kinder Hilfe. Eine intensive Beratung wird
dem Mädchen oder Jungen helfen, die Situation zu meistern. Beratung bei
Trennung und Scheidung leisten die Jugendämter oder Beratungsstellen
der freien Jugendhilfe (§ 17). Die Beratung kann helfen, rechtzeitig zu
erkennen, ob weitergehende Hilfen, zum Beispiel ein Erziehungsbeistand,
eine Tagesgruppe oder auch eine Therapie, notwendig sind. Die Beratungs-
fachkraft unterstützt das Kind und die Eltern dabei, diese Hilfe möglichst
schnell und unkompliziert zu erhalten.

Jedes dritte Kind (in Großstädten jedes zweite) ist im Laufe seiner Kindheit
davon betroffen, dass sich Eltern trennen, dass Mutter oder Vater neue
Partnerschaften eingehen und dass Stiefgeschwister dazukommen. Bei einer
Trennung oder Scheidung haben weiterhin beide Eltern das Sorgerecht. Nur
wenn ein Elternteil das alleinige Sorgerecht beantragt, entscheidet darüber
das Familiengericht.

33
Familien stark machen

Beratung und Hilfe sollen vor allem dazu beitragen, dass die Partner bei
Trennung oder Scheidung eine einvernehmliche, gute Lösung für die
elterliche Sorge treffen können. Dabei soll verdeutlicht werden, dass die
Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge hohe Anforderungen an
die Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit der Eltern stellt.
Bei einem Kampf zwischen den Eltern leiden meist die Kinder. Korrespon-
dierend dazu enthält § 18 Absatz 3 SGB VIII für Kinder, Jugendliche, ihre
Eltern und andere umgangsberechtigte Personen einen Anspruch auf
Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Bei der
Her­stellung von Umgangskontakten und bei der Ausführung vereinbarter
Umgangsregelungen soll Hilfestellung geleistet werden. Allerdings sind
diese Hilfeleistungen nur erfolgreich, wenn es gelingt, beide Elternteile zu
erreichen. Verweigert einer von ihnen die Kooperation, so bleibt nur der
Weg zum Familiengericht (§§ 1684, 1685 BGB). Bei einem Streit um das
Sorge- oder Umgangsrecht muss eine Lösung gefunden werden, die das
Wohl des Kindes in den Vordergrund stellt.

Denn: Kinder können die Trennung ihrer Eltern leichter verkraften, wenn
sie erleben, dass beide Elternteile sich weiterhin um sie sorgen, sie weiter-
hin auch zu dem Elternteil Kontakt haben dürfen, bei dem sie nicht über-
wiegend leben.

34
Wenn’s brennt
Wenn’s brennt

Hilfen in Belastungs- und Krisensituationen


Aylin ist verzweifelt. Der neue Freund der Mutter hatte sich gleich als
Herr im Haus bezeichnet, was ihr von Anfang an auf den Keks ging. Als
er jetzt auch noch ihre Mutter verprügelte, weil sie kein Geld für seine Kneipen-
tour auf den Tisch legen wollte, und Aylin, als sie sich dazwischenwarf, gleich
mit verdrosch, hat sie sich entschlossen, so nicht mehr leben zu wollen. Über
das Kindertelefon erfuhr sie die Adresse eines Mädchenkrisenhauses, in dem
sie gleich aufgenommen wurde. Mit den Mitarbeiterinnen und dem Jugendamt
fanden Hilfeplangespräche statt. Da die Mutter an ihrem Freund festhält, bleibt
Aylin bei ihrer Entscheidung, aus der Familie herauszuwollen. Da der neue
Freund sein Verhalten nicht ändert, und die Mutter nicht in der Lage ist, Aylin
vor seinen gewalttätigen Übergriffen zu schützen, erkennt das Jugendamt den
Hilfebedarf an. Heute lebt Aylin in einer Jugendwohngruppe.

Marvins Vater ist alleinerziehend. Seit einem halben Jahr fühlt er sich
immer hilfloser. Die Konflikte im Haus werden zunehmend heftiger, die
Anrufe der Lehrerin häufen sich, und als jetzt auch noch die Polizei kam, weil
Marvin mit seiner Clique beim Automatenknacken erwischt wurde, da stand für
ihn fest: Marvin kommt ins Heim. Er wandte sich ans Jugendamt. Der Sozial-
arbeiter führt Gespräche mit beiden und kann sie dafür gewinnen, zunächst
einmal in eine Beratung bei der Erziehungsberatungsstelle zu gehen. Dabei
kommen endlich die Probleme zur Sprache, die sich mit dem Tod von Marvins
Mutter für beide auftürmten, über die sie aber nie sprechen konnten. Nach
einem halben Jahr ist klar: Marvin erhält Frau Weber als Erziehungsbeistand
an die Seite, die er schon seit Jahren kennt und zu der er Vertrauen hat, und
mit deren Hilfe er sich auch zutraut, die Probleme in der Schule in den Griff
zu kriegen. Vom Heim redet keiner mehr.

Matthias und Susanne sind junge Eltern des erst drei Monate alten Luis.
Nach dem ersten Glück und großer Freude über ihren kleinen Nach-
wuchs gestaltet sich die familiäre Situation zunehmend schwieriger. Matthias
arbeitet im Schichtdienst und ist nur selten zu Hause. Wenn er da ist, versucht
er zwar, Susanne zu unterstützen. Er ist jedoch regelmäßig übermüdet und
schnell genervt. Susanne meistert den Alltag mit Luis im Großen und Ganzen
ziemlich gut. Allerdings fühlt sie sich in letzter Zeit oft allein, ist gedanklich
abwesend und manchmal tieftraurig. Wenn Luis dann schreit, ist sie kaum in

36
Wenn’s brennt

der Lage, auf ihn einzugehen. Susannes Hebamme, die bislang einmal in der
Woche zu ihr kam und auf deren Besuche sie sich regelmäßig sehr freut, hat die
angespannte Familiensituation mitbekommen und zudem festgestellt, dass Luis
in letzter Zeit auffallend wenig zugenommen hat. Sie hat Susanne daher vorge­
schlagen, mit ihr gemeinsam zum Jugendamt zu gehen, um nach weitergehen-
den Hilfeangeboten zu fragen. Dort wurde vereinbart, dass zur weiteren Beglei-
tung und Unterstützung der Familie eine sozialpädagogische Familienhilfe nach
Hause kommt und Susanne regelmäßig in ein Mutter-Kind-Café geht, um mal
rauszukommen und sich mit anderen Eltern ein wenig austauschen zu können.
Inzwischen geht Luis sehr gerne in die Kinderkrippe, Susanne arbeitet wieder
halbtags und hat sich entschieden, eine Therapie zu beginnen.

Die Kinder- und Jugendhilfe hält mittlerweile eine ganze Reihe von Unter-
stützungsangeboten für Eltern, Mädchen und Jungen und junge Erwachsene
in Belastungs- und Krisensituationen bereit.

Arbeitsformen Angebote Hauptzielgruppen


Familienunter­ Erziehungsberatung Eltern mit Kindern
stützende Hilfen aller Altersgruppen
Sozialpädagogische Familien mit
­Familienhilfe jüngeren Kindern
Soziale Gruppenarbeit Ältere Kinder
und Jugendliche
Erziehungsbeistände Ältere Kinder
und Jugendliche
Familienergänzende Gemeinsame Wohnformen Alleinerziehende Eltern mit
Hilfen für Mütter/Väter und Kinder Kindern unter sechs Jahren
Tagesgruppen Kinder bis 14 Jahre

Sozialpädagogische Kinder im Vor- und


­Tagespflege ­Grundschulalter
Familienersetzende/ Vollzeitpflege Insbesondere jüngere Kinder
­ergänzende Hilfen
Heimerziehung/sonstige Kinder/Jugendliche/
Wohnformen junge Volljährige
Intensive sozialpädagogische Jugendliche und
Einzelbetreuung ­Heranwachsende

37
Wenn’s brennt

Entscheidend für die richtige Hilfe ist jeweils der konkrete Bedarf im
Einzelfall. Auch andere Angebote oder integrierte Hilfen können in Betracht
kommen. Das Gesetz benennt einzelne Hilfen:

Erziehungs-, Jugend- oder Familienberatungsstellen (§§ 16, 17, 28) sind oft


erste Anlaufpunkte, die bei der Klärung und Bewältigung individueller und
familienbezogener Probleme Hilfestellung geben können. Auch bei der
Bewältigung von Krisen und Problemen, die sich durch Trennung und Schei­
dung ergeben, können sie wichtige Hilfestellungen leisten. Für ihre Angebo-
te braucht von den Ratsuchenden grundsätzlich nichts bezahlt zu werden.

Beratungsstellen unterliegen ebenso wie andere Ein­richtungen und


Behörden der Kinder- und Jugendhilfe den Bestimmungen zum Schutz von
Sozialdaten (§ 61 ff.) und zur Wahrung von Sozialgeheimnissen. Sie garan-
tieren einen vertraulichen Umgang mit den Informationen, die sie erhalten.

Die soziale Gruppenarbeit (§ 29) ist ein Angebot für ältere Kinder und
Jugendliche, das ihnen ein intensives soziales Lernen in einer Gruppe
ermöglichen soll, um sie so bei der Überwindung von Entwicklungsschwie-
rigkeiten und bei Problemen mit ihrer Umwelt zu unterstützen. Im Jugend-
strafverfahren kann die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit auch durch
eine Weisung des Jugendrichters verpflichtend gemacht werden.

Eine andere Form der Unterstützung von Kindern oder Jugendlichen in


Problem- und Konfliktsituationen sind die Erziehungsbeistände (§ 30).
Ein Erziehungsbeistand soll den jungen Menschen bei der Bewältigung von
Entwicklungsproblemen unter Einbeziehung ihres sozialen Umfeldes helfen.

Solche Probleme können in der Schule liegen, bei der sozialen Integration
auftauchen oder durch andere soziale Auffälligkeiten deutlich werden.

38
Wenn’s brennt

Die ganze Familie steht im Mittelpunkt der Hilfestellungen, die durch eine
sozialpädagogische Familienhilfe (§ 31) erbracht werden. Eine Fachkraft
kommt in die Familie und bietet kontinuierliche Unterstützung bei der
Erziehung, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen und bei Schwierigkei-
ten mit Außenstehenden an. Ziel ist es, die Konfliktlösungs- und Bewälti-
gungsmöglichkeiten der Familie so zu erweitern, dass sie schließlich
auftretende Probleme wieder selbstständig meistern kann.

Soziales Lernen, schulische Förderung und Elternarbeit stehen im Mittel-


punkt der Arbeit von Tagesgruppen (§ 32). Diese sind eine intensive Form
der Betreuung, durch die Fremdunterbringung vermieden werden soll. Die
Kinder oder Jugendlichen bleiben in ihrer Familie, werden aber wochentags
betreut. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten mit den Eltern
zusammen, um die Erziehungsbedingungen zu verbessern. Auch die Hilfen
außerhalb der Herkunftsfamilie zeigen heute ein differenziertes Bild, das
von Pflegefamilien (§ 33) über Heime und Wohngruppen (§ 34) bis hin zu
Einzelbetreuungen (§ 35) reicht.

Für die Unterbringung in einer Pflegefamilie hat das Bundeskinderschutz-


gesetz zudem hilfreiche Neuerungen gebracht: Die Pflegefamilien können
sich darauf verlassen, dass sie vor Ort beraten und unterstützt werden und
dass sich die Bedingungen der Hilfe auch bei einem Umzug oder Zuständig-
keitswechsel nur ändern, wenn sich der Bedarf ihres Pflegekindes ändert (§ 37).

Eine Belastung ist es für Kinder und Jugendliche natürlich allemal, wenn
sich ihr Lebensmittelpunkt für eine längere oder gar für unbestimmte Zeit
verändern soll. Ob diese Belastung auch als Entlastung erlebt wird, hängt
von vielen Faktoren ab: zum Beispiel davon, wie die jungen Menschen die
Gründe der Fremdunterbringung für sich erleben und interpretieren; davon,
ob sie den Ort, der ihr neues Zuhause – zumindest auf Zeit – werden soll,
und die Menschen dort kennen; davon, wie stark sie am Entscheidungs­
prozess beteiligt sind und auf ihn Einfluss nehmen können. Ein zentrales
Qualitätskriterium für die Kinder- und Jugendhilfe ist, ob es ihr jeweils
gelingt, Schutz, Hilfe und Unterstützung konkret erfahrbar zu machen.

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Wenn’s brennt

Auch wenn Sie nicht direkt betroffen sind: Scheuen Sie sich nicht, im Falle
eines begründeten Verdachts auf Vernachlässigung zum Schutze von
Kindern und Jugendlichen Hilfemöglichkeiten beim zuständigen Jugendamt
zu erfragen.

Familienunterstützende Gruppenorientierte Einzelfallorientierte


Hilfen Hilfen Hilfen

Vollzeitpflege in Heimerziehung und sons­ Intensive sozialpädago­


Pflegefamilien tige betreute Wohnformen gische Einzelbetreuung

•• Pflegefamilien •• Erziehungsstellen •• Flexible Formen der


•• Professionelle (professionelle Heim­ Betreuung
Pflegefamilien erziehung in Familien) •• Flexible Einzelbetreuung
•• Verwandtenpflege •• Kinderhäuser •• Betreutes Einzelwohnen
•• Kleingruppen in Heimen •• Erlebnispädagogische
(8–10 Kinder) Projekte
•• Wohngruppen
•• Betreutes Einzelwohnen
•• Flexible Betreuung

Können junge Menschen aufgrund einer (drohenden) Behinderung nicht


so am Leben in der Gesellschaft teilhaben wie ihre Altersgenossinnen und
Altersgenossen, steht ihnen ein Anspruch auf Eingliederungshilfe (§ 35a)
zu. Dabei können die Unterstützungsleistungen – je nach Hilfebedarf – sehr
vielgestaltig sein und zum Beispiel von speziellen Therapien bis hin zu
Hilfen zur Bewältigung des Schulalltags durch eine Begleitperson (soge-
nannte Integrationshelferin oder Integrationshelfer) reichen. Problema-
tisch ist derzeit allerdings, dass das Jugendamt grundsätzlich nur für junge
Menschen mit einer seelischen Behinderung zuständig ist. Kinder und
Jugendliche, die zumindest auch körperliche und/oder geistige Einschrän-
kungen haben, müssen sich hingegen grundsätzlich an die Sozialämter wen-
den (§ 10 Absatz 4). Auch wenn das Gesetz den Behörden auferlegt, mögliche
Streitigkeiten erst später im Rahmen der Kostenerstattung auszutragen,
kann diese Aufteilung, je nachdem welche Behinderungsform vorliegt, dazu
führen, dass Familien hin und her geschickt werden oder recht lange auf die
beantragten Leistungen warten müssen. Perspektivisch wird daher überlegt,
die Zuständigkeit für alle Kinder und Jugendlichen – egal, ob mit oder ohne
Behinderung – einheitlich in die Hand des Jugendamtes zu legen.

40
Wenn’s brennt

Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung

Wenn eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung nicht gewährleistet


ist, haben die Personensorgeberechtigten, in der Regel die Eltern, einen
Rechtsanspruch auf die geeignete und notwendige Hilfe zur Erziehung
(§ 27). Wer das Gefühl hat, Hilfe, Rat oder Unterstützung zu benötigen, oder
wer einfach mit Erziehungssituationen nicht mehr allein zurechtkommt,
braucht sich nicht zu scheuen, sich an das Jugendamt, eine Beratungsstelle
oder an Fachkräfte in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu
wenden. Der Anstoß kann natürlich auch vom Kind oder Jugendlichen
ausgehen, denn Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen
Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu
wenden (§ 8 Absatz 2 SGB VIII).

Welche Hilfe ist die richtige? – Die Hilfeplanung

Die Entscheidungen darüber, ob eine Hilfe notwendig und geeignet ist, und
wenn ja, welche Hilfe es sein und wer sie erbringen soll, dürfen und sollen
nicht über die Köpfe der Personensorgeberechtigten und der Kinder oder
Jugendlichen hinweg gefällt werden. Bei längerfristigen Hilfen muss
zusammen mit den Sorgeberechtigten und dem Kind oder Jugendlichen
ein Hilfeplan aufgestellt werden (§ 36). Dessen Voraussetzungen sind eine
ausführliche Information und Beratung.

Hilfen für ihre Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwort-


lichen Lebensführung erhalten auch Volljährige (§ 41). Besonders wichtig ist
das für junge Frauen und Männer, die bereits in Einrichtungen der Jugend-
hilfe leben. Gerade für junge Menschen, die keinen Ausbildungsplatz und
besondere Probleme zu bewältigen haben, kann dies eine wichtige Unter-
stützung sein. Junge Volljährige können die Hilfe immer dann fortsetzen –
oder auch neu beginnen –, wenn es aufgrund ihrer individuellen Situation
erforderlich ist und sie zu einer Mitarbeit bereit sind.

In der Regel wird die Hilfe allerdings nur bis zur Vollendung des 21. Lebens-
jahres – in begründeten Einzelfällen auch für eine begrenzte Zeit darüber
hinaus – gewährt.

41
Wenn’s brennt

Die Kosten für Hilfen zur Erziehung und für Hilfen für junge Volljährige
trägt grundsätzlich das Jugendamt. Bei einer Unterbringung außerhalb der
eigenen Familie und bei der Erziehung in Tagesgruppen wird geprüft, ob
und in welcher Höhe die Eltern, Minderjährigen und jungen Erwachsenen
zu den Kosten herangezogen werden (§§ 91 bis 96). Die Höhe errechnet das
Jugendamt. Diese richtet sich nach dem Einkommen. Familien mit geringem
Einkommen zahlen nur wenig oder nichts. Auf keinen Fall darf eine not­
wendige Hilfe an Kostenfragen scheitern. Einen Überblick über die Höhe
der Kostenbeiträge gibt die Kostentabelle zur Kostenbeitragsverordnung.

42
Wer macht was?
Wer macht was?

Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe


Bund, Länder und Gemeinden

Anders als zum Beispiel die Schulen, die der Länderhoheit unterstehen, ist
die Kinder- und Jugendhilfe im Wesentlichen eine kommunale Aufgabe. Das
SGB VIII verpflichtet die Städte und Landkreise, ein Jugendamt einzurichten
und die Förderung der örtlichen Kinder- und Jugendhilfe in kommunaler
Selbstverantwortung zu gestalten. Das Jugendamt ist eine sozialpädagogi-
sche Fachbehörde. Es besteht aus der Verwaltung (§ 70), also den Mitarbei­
terinnen und Mitarbeitern, die konkret die Aufgaben der öffentlichen
Jugendhilfe wahrnehmen, und dem Jugendhilfeausschuss (§ 71), der die
Leitlinien der örtlichen Jugendpolitik bestimmt. Im Jugendhilfeausschuss
sitzen neben Mitgliedern des Kommunalparlaments und sachverständigen
Bürgerinnen und Bürgern auch Vertreterinnen und Vertreter der Träger
der freien Jugendhilfe. Hinzu kommen noch als beratende Mitglieder Fach-
leute aus verschiedenen angrenzenden Bereichen. Der Jugendhilfeausschuss
befasst sich mit allen Angelegenheiten der Kinder- und Jugendhilfe, insbe-
sondere mit der Beratung von Problemlagen, Vorschlägen für die Weiter­
entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe, der Jugendhilfeplanung und der
Förderung der freien Jugendhilfe.

In den Zuständigkeitsbereich des Bundes fällt die konkurrierende Gesetz-


gebungskompetenz für die Kinder- und Jugendhilfe nach Artikel 74 Absatz 1
Nummer 7 Grundgesetz. Das Bundesjugendministerium fördert im Rahmen
des Kinder- und Jugendplanes des Bundes länderübergreifende Aktivitäten
in der Jugendhilfe sowie bundeszentrale Träger, Initiativen und Modell­
projekte (§ 83 Absatz 1). Die Bundesregierung legt in jeder Legislaturperiode
einen Kinder- und Jugendbericht vor, der von einer unabhängigen Sach­ver­
stän­digenkommission erarbeitet wird (§ 84).

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Wer macht was?

Alle Bundesländer haben den gesetzlichen Rahmen des Bundes für die


Kinder- und Jugendhilfe durch eigene Landesgesetze ausgefüllt, ergänzt
und erweitert (so zum Beispiel für den Bereich der Kindertages­betreuung).
Die Länder (Adressen Seite 60 ff.) haben die Aufgabe, die örtliche Arbeit zu
unterstützen, zu fördern und zu ergänzen. Sie sind verantwortlich für die
Weiterentwicklung und den gleichmäßigen Ausbau der Kinder- und
Jugendhilfe und unterstützen die örtlichen Träger der Jugendhilfe (die
Kommunen) durch Beratung und Fortbildung. In allen Bundesländern gibt
es überörtliche Träger – Landesjugendämter und zuständige Abteilungen
in den Fachministerien (Adressen Seite 61 ff.). Sie unterstützen die
örtlichen Träger der Jugendhilfe in ihrem Bereich durch Beratung und
Fortbildung und sichern unter anderem den Schutz von Kindern und
Jugendlichen in Einrichtungen.

Öffentliche und freie Jugendhilfe

Die Situation wird noch vielfältiger, wenn die verschiedenen Institutionen,


Organisationen und Gruppen (Initiativen und Träger der freien Jugendhilfe)
angesprochen werden, die vor Ort neben dem Jugendamt einen großen Teil
der Einrichtungen und Dienste für Mädchen, Jungen und Familien betrei-
ben. Diese Vielfalt ist jedoch kein „Wildwuchs“, sondern gewollt. Damit soll
die Möglichkeit geschaffen werden, dass in der Jugendhilfe unterschiedliche
Wertorientierungen, Inhalte und Methoden zum Einsatz kommen.

Das ist auch der Grund, weshalb die Kinder- und Jugendhilfe nicht nur
von den Städten und Landkreisen (öffentliche Jugendhilfe), sondern auch
von Wohlfahrtsverbänden, Vereinen, Selbsthilfegruppen, Initiativen und
anderen Trägern von Einrichtungen und Diensten (freie Jugendhilfe)
(Adressen Seite 64 ff.) durchgeführt wird. Die Leistungsberechtigten
(Kinder, Jugendliche, Eltern und junge Erwachsene) sollen das Recht haben,
zwischen verschiedenen Anbietern zu wählen. Dies wird ihr „Wunsch- und
Wahlrecht“ (§ 5) genannt.

45
Wer macht was?

Die Zusammenarbeit der öffentlichen und der freien Jugendhilfe wird durch
folgende Grundsätze bestimmt:

•• Öffentliche und freie Jugendhilfe sollen partnerschaftlich zusammen-


arbeiten (§ 4 Absatz 1).
•• Wenn die freie Jugendhilfe Aufgaben übernehmen kann, soll die
­öffentliche Jugendhilfe davon absehen (§ 4 Absatz 2).
•• Die öffentliche Jugendhilfe – das Jugendamt – ist für die Jugendhilfe
insgesamt verantwortlich (§ 79) und zur Unterstützung und finanziellen
Förderung der freien Jugendhilfe (§ 74) bzw. zur Kostenübernahme
(§§ 78a ff.) verpflichtet.

Das Jugendamt ist zudem aufgefordert, mit anderen Stellen, die in Kontakt
mit jungen Menschen und ihren Familien kommen (zum Beispiel Gerichte,
Schulen, Schwangerschaftsberatungsstellen, Polizei), zur Abstimmung von
Grundsatzfragen zusammenzuarbeiten (§ 81). Seit dem Bundeskinderschutz-
gesetz sollen sich zudem alle Akteure im Kinderschutz in lokalen Netzwer-
ken zusammenfinden, um sich gegenseitig über ihre Hilfeangebote zu
informieren und diese weiterzuentwickeln sowie gemeinsam abzusprechen,
wie in Kinderschutzfragen grundsätzlich vorgegangen werden soll (§ 3 KKG).

Daneben gibt es aber Aufgaben, die in der Regel vom Jugendamt selbst
wahrzunehmen sind. Hierzu gehört unter anderem die Mitwirkung in
familiengerichtlichen Verfahren (§ 50) und bei Strafverfahren gegen Jugend-
liche (14 bis unter 18 Jahren) und Heranwachsende (18 bis unter 21 Jahren)
im Rahmen der Jugendgerichtshilfe (§ 52).

Bei Strafverfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende besteht die


Aufgabe darin, einerseits den jungen Menschen während des Verfahrens
zu betreuen und frühzeitig zu prüfen, ob für ihn Leistungen der Jugendhilfe
in Betracht kommen. Andererseits sollen persönliche und soziale Belange
der jungen Menschen als ein Kriterium zur Beurteilung der Straftat und der
Bemessung der Strafe ins Verfahren eingebracht werden.

46
Was macht das
Jugendamt?
Was macht das Jugendamt?

Das Jugendamt ist die zentrale Anlaufstelle für Kinder, Jugendliche und
Familien. Eingeführt wurde das Jugendamt durch das Reichsjugendwohl-
fahrtsgesetz von 1922, um die zuvor zersplitterten Zuständigkeiten, Auf­
gaben und Leistungen für Kinder, Jugendliche und Familien in einer Stelle
zu bündeln. Seither ist jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt verpflichtet,
ein Jugendamt (manchmal heißt es auch „Amt für Jugend“, „Amt für Kinder,
Jugendliche und Familien“, „Fachbereich Jugend“ etc.) einzurichten (§ 69).
Auch wenn in einzelnen Angelegenheiten andere Stellen zuständig sind
(zum Beispiel für das Kindergeld oder bei Leistungen für körperlich oder
geistig behinderte Kinder), kann das Jugendamt Rat und wichtige Infor­
mationen geben und beim Weg durch den „Behördendschungel“ helfen.

Auf jeden Fall ist das Jugendamt zuständig für alle Leistungen und Aufgaben
nach dem SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe).

Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Kreise und Städte,
haben die hierfür erforderlichen finanziellen und personellen Vorausset­
zungen zu schaffen. Sie sollen gewährleisten, dass Einrichtungen, Dienste
und Veranstaltungen ausreichend zur Verfügung stehen und eine konti­
nuier­liche Qualitätsentwicklung (§ 79a) in allen Arbeitsfeldern erfolgt
(vergleiche § 79 Absatz 2). Das Jugendamt muss dabei nicht alle Leistungen
selbst durch­führen, sondern soll mit freien Trägern der Jugendhilfe, den
Verbänden und Vereinen, und mit Selbsthilfegruppen zusammenarbeiten.
Das Jugendamt hat aber die Gesamtverantwortung dafür, dass tatsächlich
auf örtlicher Ebene die Aufgaben nach dem SGB VIII angemessen wahrge-
nommen werden.

Dies bedeutet unter anderem, dass das örtliche Jugendamt dafür Sorge zu
tragen hat, dass Angebote und Leistungen

•• der Jugendarbeit (§§ 11 und 12) und der Jugendsozialarbeit (§ 13),


•• der allgemeinen Beratung und Familienförderung (§ 16),
•• der Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17)
und bei der Ausübung der Personensorge (§ 18),
•• der Tagesbetreuung für Kinder in Kindertageseinrichtungen und in der
Kindertagespflege (§§ 22 ff.),

48
Was macht das Jugendamt?

•• der Hilfe zur Erziehung (§§ 27 ff.), der Eingliederungshilfe für seelisch
behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a) und der Hilfen für junge
Volljährige (§ 41) und
•• weitere Leistungen (vergleiche § 2 Absatz 2)

ausreichend, das heißt bedarfsgerecht, zur Verfügung stehen.

Das Jugendamt ist ferner für Aufgaben zuständig, die sich aus dem Auftrag
zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz von Kindern und Jugend-
lichen vor Gefahren ergeben (§ 1 Absatz 3 Nummer 3), was auch als „staat-
liches Wächteramt“ bezeichnet wird.

Das Jugendamt soll präventiv wirken und muss einschreiten, wenn es


Kenntnis von konkreten Kindeswohlgefährdungen erlangt (zum Beispiel bei
Vernachlässigung oder bei körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt
gegen Kinder oder Jugendliche). Dafür sieht das Gesetz ein spezielles Verfah-
ren zum Vorgehen in Situationen von Kindeswohlgefährdungen vor (§ 8a),
das bei entsprechenden Hinweisen auch bei freien Trägern der Jugendhilfe
durchzuführen ist. Auch Berufsgruppen außerhalb der Kinder- und Jugend-
hilfe (zum Beispiel Kinderärztinnen und Kinderärzte, Hebammen, Mitar­
beiterinnen und Mitarbeiter in Schwangerschaftsberatungsstellen), die
der Schweigepflicht unterliegen, haben seit dem Bundeskinderschutzgesetz
eine eigene Befugnis, von ihnen wahrgenommene Hinweise auf eine Kindes­
wohlgefährdung dem Jugendamt mitzuteilen (§ 4 KKG). Sogenannte Berufs­
geheimnisträger und auch andere Personen, die beruflich mit Kindern und
Jugendlichen in Kontakt stehen, können sich, um die Gefahr für das Kind
besser einschätzen zu können, von einer speziellen Fachkraft beraten lassen
(§ 4 Absatz 2 KKG, § 8b Absatz 1 SGB VIII). Sollten Eltern nicht willens oder
in der Lage sein, die Gefährdung durch die Inanspruchnahme von Hilfen
zur Erziehung abzuwenden, muss nötigenfalls das Familiengericht angeru-
fen werden, um die für das Kind notwendigen Hilfen initiieren und durch-
setzen zu können. Im akuten Gefahrenfall ist das Jugendamt verpflichtet,
das Kind in Obhut zu nehmen (§ 42).

Auch für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter


ausländischer Minderjähriger (UMA) ist die Kinder- und Jugendhilfe in

49
Was macht das Jugendamt?

Deutschland primär zuständig. Das Primat der Kinder- und Jugendhilfe


gewährleistet, dass diese Personengruppe dem Kindeswohl entsprechend
untergebracht, versorgt und betreut wird.

Bei Feststellung ihrer unbegleiteten Einreise nach Deutschland sind unbe-


gleitete Minderjährige gemäß §§ 42a, 42 vom Jugendamt (vorläufig) in Obhut
zu nehmen. Das Jugendamt ist unmittelbar ab Beginn der (vorläufigen) Inob-
hutnahme kraft Gesetzes berechtigt und verpflichtet, alle Rechtshandlungen
vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen not­wendig sind;
dabei ist das Kind oder die bzw. der Jugendliche zu beteiligen und der mut­
maß­liche Wille der Personen- oder der Erziehungsberechtigten angemessen
zu berücksichtigen. Im Rahmen dieses vorläufigen „Notver­tretungsrechts“
ist somit die rechtliche Vertretung des UMA unter Berücksichtigung seiner
Interessen sichergestellt. Sie ergibt sich nicht aus einer konkreten Bestellung
der Vertreterin oder des Vertreters, sondern kraft Gesetzes. Mit ihr wird
sichergestellt, dass die oder der Betroffene unkompliziert und vom ersten
Moment der (vorläufigen) Inobhutnahme an vertreten werden kann, soweit
dies nötig ist. Das Jugendamt hat darüber unverzüglich die Bestellung eines
Vormundes, einer Pflegerin oder eines Pflegers für den UMA zu veranlassen.

Ein weiterer Aufgabenbereich des Jugendamtes bezieht sich auf die Mit­
wirkung in familien- und kindschaftsrechtlichen Angelegenheiten sowie
in Jugendgerichtsverfahren, um die rechtlichen und materiellen Belange
von Kindern und Jugendlichen zu vertreten und zu günstigen Entwicklungs­
bedingungen beizutragen.

Hierzu gehören:

•• die Beratung und Unterstützung bei der Vaterschaftsfeststellung und


bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (§ 52a),
•• die Mitwirkung in Verfahren vor Familiengerichten (zum Beispiel bei
der Regelung der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts, § 50),
•• die Führung von Beistandschaften, Ergänzungspflegschaften und
Vormundschaften, wenn hierfür Einzelpersonen nicht zur Verfügung
stehen (§ 55 ff.) und
•• die Mitwirkung in Jugendgerichtsverfahren, mit denen Straftaten
Jugendlicher und Heranwachsender geahndet werden sollen (Jugend­
gerichtshilfe, § 52).

50
Nichts geht ohne sie!
Nichts geht ohne sie!

Rechte von Mädchen, Jungen und Eltern


Die Erziehung ihrer Kinder ist das Recht und die Pflicht von Eltern. Diese
hierbei zu unterstützen, ist Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe. Aber
Kinder und Jugendliche haben auch eigene Rechte. Wie Mädchen und
Jungen die Berücksichtigung ihrer Rechte erleben und wie sie bei der Mit­
gestaltung ihrer Lebensräume einbezogen werden, bestimmt entscheidend
die Entwicklung ihrer demokratischen Grundhaltungen. Das wachsende
Bedürfnis nach selbstständigem, verantwortungsbewusstem Handeln, ihre
religiöse Selbstbestimmung, ihre kulturellen Eigenarten sowie der Gleich­
berechtigungsgedanke von Mädchen und Jungen sind zu berücksichtigen.

Die Angebote zur Jugendarbeit sollen von den Kindern und Jugendlichen
mitbestimmt und mitgestaltet werden (§ 11). In Jugendverbänden wird
Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich
gestaltet und mitverantwortet (§ 12).

Jugendhilfeplanung hat die Bedürfnisse, Wünsche und Interessen der jungen


Menschen einzubeziehen (§ 80).

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Gesell-


schaft und ihre Rechte in der Kinder- und Jugendhilfe

Nach der VN-Kinderrechtskonvention von 1989 haben Kinder das Recht,


ihre Meinung frei zu äußern. Ihre Meinung muss in allen ihren Angelegen-
heiten berücksichtigt werden.

Zur Beteiligung an gesellschaftlichen Entscheidungen und Diskussionen


und zur Mitgestaltung ihrer Lebensorte gibt es inzwischen sehr unterschied-
liche Formen, zum Beispiel:

•• Initiativen und Aktionen von Kindern und Jugendlichen,


•• Kinder- und Jugendparlamente,
•• Kinderforen und runde Tische,

52
Nichts geht ohne sie!

•• Kinderbeauftragte und Kinderanwältinnen und Kinderanwälte,


•• projektbezogene Veranstaltungen,
•• Schülervertretungen in den Schulen,
•• Jugendvertretungen in Betrieben,
•• Mitbestimmung in Jugendverbänden und Jugendeinrichtungen,
•• Jugendvertretungen in Heimen und Erziehungshilfeeinrichtungen.

Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Entscheidungsprozessen


muss alters- und interessengerecht sein. Die Ergebnisse müssen zeitnah
umgesetzt werden. Nach dem SGB VIII sind Mädchen und Jungen entspre-
chend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen
der Kinder- und Jugendhilfe zu beteiligen (§ 8 Absatz 1). Die unterschiedli-
chen Lebenslagen von Mädchen und Jungen müssen dabei berücksichtigt
werden (§ 9).

Wenn sich ein junger Mensch in einer Not- und Konfliktlage an das Jugend-
amt wendet, hat er einen Anspruch darauf, ohne Wissen der Eltern beraten
zu werden (§ 8 Absatz 3). Dabei hat er auch das Recht, sich eine vertraute
Person zur Unterstützung mit in die Gespräche zu nehmen (§ 13 SGB X).

Beteiligung und Rechte der Eltern

Ohne die Mitwirkung und Beteiligung der Eltern können die meisten
Angebote der Kinder- und Jugendhilfe nicht gelingen. In der Kindertages-
einrichtung können die Eltern über die Gestaltung der Arbeit mitbestimmen
(§ 22a Absatz 2). Oft sind Elterninitiativen auch selber Träger von Kinder­
gärten oder Kindergruppen (§ 25). In Familienbildungsstätten treffen sich
vielfach Mütter (und Väter), um gemeinsam über Fragen zu diskutieren oder
sich als Selbsthilfegruppen gegenseitig zu helfen, zum Beispiel wenn sie
alleinerziehend sind. In vielen Städten gibt es inzwischen Bürgerinitiativen,
die sich für die Gestaltung und Verbesserung der Lebensverhältnisse von
Familien einsetzen. Jeder kann sich auch unmittelbar an die Mitglieder des
Jugend­hilfeausschusses wenden. Je mehr diese angesprochen werden und
von den Wünschen der Familien erfahren, desto besser kann die Kinder-
und Jugendhilfe ihren Auftrag zur Mitgestaltung des Lebens in den Städten
und Kreisen erfüllen.

53
Nichts geht ohne sie!

Recht auf Mitentscheidung bei Erziehungshilfen

Wenn Eltern, Mädchen und Jungen Hilfe zur Erziehung erhalten, müssen die
Fachkräfte des Jugendamtes die Wünsche der Eltern berücksichtigen (§ 5).
Grundlage für die Ausgestaltung und Steuerung einer Hilfe zur Erziehung ist
der Hilfeplan, der gemeinsam von den Fachkräften sowie Kindern, Jugend-
lichen und Eltern entwickelt und fortgeschrieben wird (§ 36). Das Jugendamt
hat die Pflicht, mit den Eltern zusammenzuarbeiten. Je besser die Absprache
zwischen dem Jugendamt, der Einrichtung, den Eltern und dem Kind oder
Jugendlichen ist, umso eher kann die Hilfe auch wirklich zur Überwindung
der Krise führen.

Auch ein Jugendamt kann sich irren …

… oder eine Entscheidung treffen, die – aus welchen Gründen auch immer –
nicht akzeptiert wird. Den Betroffenen bleibt dann die Möglichkeit, zur
Wahrung ihrer Rechte und zur Vertretung ihrer Interessen tätig zu werden.
Wenn Beschwerden, Eingaben oder ein Widerspruch nichts ausrichten,
besteht die Möglichkeit, Gerichte anzurufen. In allen Bereichen, wo es um
Leistungen (Versagung von Leistungen, andere Leistungen als die gewünsch-
ten) geht, sind die Verwaltungsgerichte zuständig. Damit kommen Eltern
oder Kinder allein aber zumeist nicht zurecht. Sie sollten sich dann um
einen Beistand bemühen. In einer Beratungsstelle, in der Sprechstunde des
Kinderschutzbundes, bei einer Ombudsstelle, bei einer Kinderbeauftragten
oder bei einer Bürgerberatung kann man sich ersten Rat holen. Über die
Tätigkeit des Jugendamtes als Amtsvormund oder Amtspfleger wacht das
Familiengericht.

54
Jugend hat Zukunft!
Jugend hat Zukunft!

Eine gute und leistungsfähige Kinder- und Jugendhilfe ist eine wirksame
Zukunftsinvestition. Deshalb muss auch zukünftig ein umfassendes und
bedarfsgerechtes Leistungsangebot der Kinder- und Jugendhilfe gesichert
werden. Dabei gilt es insbesondere darauf zu achten, dass Kinder- und
Jugendhilfe

•• in ihren vorbeugenden (präventiven) Angeboten gestärkt wird,


•• durch Kooperation und Vernetzung ihre Wirksamkeit steigert,
•• flexibel auf die konkreten Alltagsprobleme von Kindern, Jugendlichen
und Familien reagiert,
•• die Selbsthilfe unterstützt und stärkt,
•• den unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen Rechnung
trägt und Gleichstellung fördert und
•• unterschiedliche Lebenslagen (zum Beispiel mögliche Benachteiligungen)
und kulturelle Bedürfnisse in ihrem Handeln berücksichtigt.

Es ist nicht zu übersehen, dass einige Probleme und Schwierigkeiten von


Kindern, Jugendlichen und Familien ihre Ursachen in gesellschaftlichen
Bereichen haben, auf die die Kinder- und Jugendhilfe mit ihren Möglich­
keiten unmittelbar nicht Einfluss nehmen kann. Jugendhilfe kann sich in
Zusammenarbeit mit Politik und anderen staatlichen Institutionen (zum
Beispiel Schule, Arbeitsverwaltung) zum Interessenvertreter und zur Lobby
für die Belange von Kindern, Jugendlichen und Familien machen.

In den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten war die Kinder- und


Jugendhilfe immer wieder gefordert, neue Lösungen für aktuelle Heraus­
forderungen zu finden. Das Bundeskinderschutzgesetz hat zusätzliche
Anforderungen an die Qualitätsentwicklung im SGB VIII verankert (§ 79a).
Damit die Kinder- und Jugendhilfe auch die Herausforderungen der Zukunft
erfolgreich bewältigen kann, braucht sie Unterstützung. Unterstützung von
innen – den dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den in diesem
Feld engagierten Verbänden und Institutionen –, aber auch die Unterstüt-
zung durch Politik und gesellschaftliche Gruppen und – nicht zuletzt –
durch all diejenigen, die Kindern, Jugendlichen und Familien in unserer
Gesellschaft eine gute Zukunft und mehr Chancen geben wollen.

56
Zum Weiterlesen
Zum Weiterlesen

Johannes Münder, Reinhard Wiesner,


Thomas Meysen (Hrsg.)

Kinder- und Jugendhilferecht – Handbuch


2. Auflage 2011, Baden-Baden.

Johannes Münder, Thomas Meysen,


Thomas Trenczek (Hrsg.)

Frankfurter Kommentar Kinder- und Jugendhilfe


8. Auflage, vollständig überarbeitete Auflage 2019,
Baden-Baden.

Reinhard Wiesner (Hrsg.)

SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe


5. Auflage 2015, München.

Evangelischer Erziehungsverband e. V.,


EREV (Hrsg.)

Unser Recht auf Erziehungshilfe… Ein Beratungs-


führer für Eltern und junge Menschen.
2016, https://www.erev.de/publikationen/
erev-beratungsfuehrer.html.

58
Adressen
Adressen

Landesministerien
Baden-Württemberg Hamburg
Ministerium für Soziales und Behörde für Arbeit, Soziales,
Integration Baden-Württemberg Familie und Integration
Else-Josenhans-Straße 6, Hamburger Straße 47,
70173 Stuttgart 22083 Hamburg
➤ www.sozialministerium. ➤ www.hamburg.de/basfi/
baden-wuerttemberg.de
Hessen
Bayern Hessisches Ministerium für
Bayerisches Staatsministerium Soziales und Integration
für Familie, Arbeit und Soziales Sonnenberger Str. 2/2a,
Winzererstraße 9, 80797 München 65193 Wiesbaden
➤ www.stmas.bayern.de ➤ www.soziales.hessen.de

Berlin Mecklenburg-Vorpommern
Senatsverwaltung für Bildung, Ministerium für Soziales,
Jugend und Familie ­Integration und Gleichstellung
Bernhard-Weiß-Straße 6, Mecklenburg-Vorpommern
10178 Berlin Werderstraße 124, 19055 Schwerin
➤ www.berlin.de/sen/bjf/ ➤ www.regierung-mv.de/­
Landesregierung/sm/
Brandenburg
Ministerium für Arbeit, Soziales, Niedersachsen
Gesundheit, Frauen und Familie Niedersächsisches Ministerium
Henning-von-Tresckow-Straße 2–13, für Soziales, Gesundheit und
14467 Potsdam ­Gleichstellung
➤ www.masf.brandenburg.de Hannah-Arendt-Platz 2,
30159 Hannover
Bremen ➤ www.ms.niedersachsen.de
Die Senatorin für Soziales, Jugend,
Frauen, Integration und Sport Nordrhein-Westfalen
Bahnhofsplatz 29, 28195 Bremen Ministerium für Kinder, Familie,
➤ www.soziales.bremen.de/ Flüchtlinge und Integration des
Landes Nordrhein-Westfalen
Haroldstraße 4, 40213 Düsseldorf
➤ www.mfkjks.nrw.de

60
Adressen

Rheinland-Pfalz Sachsen-Anhalt
Ministerium für Familie, Ministerium für Arbeit, Soziales
­Frauen, ­Jugend, Integration und Integration des Landes
und Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt
Kaiser-Friedrich-Straße 5a, Turmschanzenstraße 25,
55116 Mainz 39114 Magdeburg
➤ www.mifkjf.rlp.de ➤ https://ms.sachsen-anhalt.de/
startseite-ms/
Saarland
Ministerium für Soziales, Schleswig-Holstein
­Gesundheit, Frauen und Familie Ministerium für Soziales, Gesund-
Franz-Josef-Röder-Straße 23, heit, Jugend, Familie und Senioren
66119 Saarbrücken Adolf-Westphal-Straße 4, 24143 Kiel
➤ https://www.saarland.de/ ➤ www.schleswig-holstein.de/DE/
ministerium_soziales_gesund- Landesregierung/VIII/viii_node.de
heit_frauen_familie.htm
Thüringen
Sachsen Thüringer Ministerium für Arbeit,
Sächsisches Staatsministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und
Soziales und Verbraucherschutz Familie
Albertstraße 10, 01097 Dresden Werner-Seelenbinder-Straße 6,
➤ www.sms.sachsen.de 99096 Erfurt
➤ www.thueringen.de/th7/
tmasgff/

Landesjugendämter
Baden-Württemberg Bayern
Kommunalverband für Jugend Zentrum Bayern Familie und Soziales
und Soziales Baden-Württemberg Bayerisches Landesjugendamt
Dezernat Jugend – Landesjugendamt Marsstraße 46,
Lindenspürstraße 39, 70176 Stuttgart 80335 München
➤ www.kvjs.de ➤ www.blja.bayern.de

61
Adressen

Berlin Hessen
Senatsverwaltung für Bildung, Hessisches Ministerium für
Jugend und Familie Soziales und Integration
Landesjugendamt Landesjugendamt
Bernhard-Weiß-Straße 6, Sonnenberger Str. 2/2a,
10178 Berlin 65193 Wiesbaden
➤ www.berlin.de/sen/bjf/ ➤ www.soziales.hessen.de

Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern
Ministerium für Bildung, Jugend Kommunaler Sozialverband
und Sport des Landes Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern
Landesjugendamt Landesjugendamt
Heinrich-Mann-Allee 107, Am Grünen Tal 19, 19063 Schwerin
14473 Potsdam ➤ www.ksv-mv.de/
➤ www.mbjs.brandenburg.de
Niedersachsen
Bremen Niedersächsisches Landesamt
Die Senatorin für Soziales, Jugend, für Soziales, Jugend und Familie
Frauen, Integration und Sport Außenstelle Hannover
Landesjugendamt Fachgruppe Kinder, Jugend
Bahnhofplatz 29, 28195 Bremen und Familie
➤ www.soziales.bremen.de Schiffgraben 30–32, 30175 Hannover
➤ www.soziales.niedersachsen.de
Hamburg
Behörde für Arbeit, Soziales, Nordrhein-Westfalen
Familie und Integration Landschaftsverband Rheinland
Amt für Familie, Überregionale Dezernat Kinder, Jugend und
Förderung und Beratung/­ Familie – LVR-Landesjugendamt
Landesjugendamt – FS 4 – Kennedy-Ufer 2, 50679 Köln
Hamburger Straße 47, ➤ www.lvr.de
22083 Hamburg
➤ www.hamburg.de/basfi

62
Adressen

Landschaftsverband Sachsen-Anhalt
Westfalen-Lippe Landesverwaltungsamt
LWL – Landesjugendamt Westfalen Referat Jugend Landesjugendamt
Freiherr-vom-Stein-Platz 1, Ernst-Kamieth-Straße 2,
48145 Münster 06122 Halle (Saale)
➤ https://www.lwl-landesjugend- ➤ www.lvwa.sachsen-anhalt.de/
amt.de/de/ das-lvwa/

Rheinland-Pfalz Schleswig-Holstein
Landesamt für Soziales, Jugend Ministerium für Soziales, Gesund-
und Versorgung heit, Jugend, Familie und Senioren
Landesjugendamt Landesjugendamt
Rheinallee 97–101, 55118 Mainz Adolf-Westphal-Straße 4, 24143 Kiel
➤ www.lsjv.rlp.de ➤ https://www.schleswig-holstein.
de/DE/Fachinhalte/K/kinder-
Saarland Jugendhilfe/jugendhilfe_Landes-
Ministerium für Soziales, jugendamt.html
­Gesundheit, Frauen und Familie
Landesjugendamt Thüringen
Franz-Josef-Röder-Straße 23, Thüringer Ministerium für Bildung,
66119 Saarbrücken Jugend und Sport
➤ www.landesjugendamt.saarland.de Landesjugendamt
Werner-Seelenbinder-Straße 7,
Sachsen 99096 Erfurt
Sächsisches Staatsministerium für ➤ https://www.thueringen.de/th2/
Soziales und Verbraucherschutz tmbjs/jugend/lja/
Landesjugendamt
Albertstraße 10, 01097 Dresden
➤ www.lja.sms.sachsen.de

63
Adressen

Kommunale ­Spitzenverbände
Deutscher Städtetag Deutscher Landkreistag
Hausvogteiplatz 1, 10117 Berlin Lennéstraße 11, 10785 Berlin
➤ www.staedtetag.de ➤ www.landkreistag.de

Deutscher Städte- und


­Gemeindebund
Marienstraße 6, 12207 Berlin
➤ www.dstgb.de

Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege


Arbeiterwohlfahrt – Bundes­ Deutsches Rotes Kreuz e. V. –
verband e. V. – Heinrich-Al- ­Generalsekretariat
bertz-Haus Carstennstraße 58, 12205 Berlin
Blücherstraße 62/63, 10961 Berlin ➤ www.drk.de
➤ www.awo.org
Diakonie Deutschland – Evangeli-
Deutscher Caritasverband e. V. scher Bundesverband Evangelisches
Karlstraße 40, 79104 Freiburg Werk für Diakonie und Entwicklung
➤ www.caritas.de Caroline-Michaelis-Straße 1,
10115 Berlin
Der Paritätische Gesamtverband – ➤ www.diakonie.de
­Gesamtverband e.  V.
Oranienburger Straße 13–14, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden
10178 Berlin in Deutschland e. V.
➤ www.paritaet.org Hebelstraße 6,
60318 Frankfurt am Main
➤ www.zwst.org

64
Adressen

Sonstige Ansprechpartnerinnen und -partner


Arbeitsgemeinschaft für Internationale Gesellschaft für
Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) ­erzieherische Hilfen e. V. (IGfH)
Mühlendamm 3, 10178 Berlin Galvanistraße 30,
➤ www.agj.de 60486 Frankfurt am Main
➤ www.igfh.de
Bundesarbeitsgemeinschaft
Kinder- und Jugendschutz e. V. Bundeskonferenz für
Mühlendamm 3, 10178 Berlin ­Erziehungsberatung e.  V.
➤ www.bag-jugendschutz.de/ Der Fachverband für Erziehungs-
und Familienberatung
Verband alleinerziehender Mütter Herrnstraße 53, 90763 Fürth
und Väter, Bundesverband e. V. ➤ www.bke.de
(VAMV)
Hasenheide 70, 10967 Berlin AFET Bundesverband für
➤ www.vamv.de ­Erziehungshilfe e.  V.
Georgstraße 26, 30159 Hannover
Deutscher Verein für öffentliche ➤ www.afet-ev.de
und private Fürsorge e. V.
Michaelkirchstraße 17/18, Deutscher Kinderschutzbund
10179 Berlin ­Bundesverband e.  V.
➤ www.deutscher-verein.de Schöneberger Straße 15,
10963 Berlin
PFAD Bundesverband der Pflege- ➤ www.dksb.de
und Adoptivfamilien e. V.
Oranienburger Straße 13–14, Bundesarbeitsgemeinschaft der
10178 Berlin Kinderschutz-Zentren e. V.
➤ www.pfad-bv.de Bonner Straße 145, 50968 Köln
➤ www.kinderschutz-zentren.org
Stiftung Deutsche Jugendmarke e. V.
Rochusstraße 8–10, 53123 Bonn Bundesverband für
➤ www.jugendmarke.de ­Kindertagespflege e.  V.
Baumschulenstraße 74, 12437 Berlin
Bundesprüfstelle für ➤ www.bvktp.de
­jugend­gefährdende Medien
Rochusstraße 8–10, 53123 Bonn
➤ www.bundespruefstelle.de

65
Sozialgesetzbuch (SGB) –
Achtes Buch (VIII):
Kinder- und Jugendhilfe
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Achtes Buch Sozialgesetzbuch


(in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), zuletzt
­geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 30. November 2019 (BGBl. I S. 1948))

Inhalt

Erstes Kapitel – Zweites Kapitel –


Allgemeine Vorschriften Leistungen der Jugendhilfe
§ 1 Recht auf Erziehung, Eltern­
verantwortung, Jugendhilfe Erster Abschnitt: Jugendarbeit,
§ 2 Aufgaben der Jugendhilfe Jugendsozialarbeit, erzieherischer
§ 3 Freie und öffentliche Jugendhilfe Kinder- und Jugendschutz
§ 4 Zusammenarbeit der öffentlichen § 11 Jugendarbeit
Jugendhilfe mit der freien § 12 Förderung der Jugendverbände
Jugendhilfe § 13 Jugendsozialarbeit
§ 5 Wunsch- und Wahlrecht § 14 Erzieherischer Kinder- und
§ 6 Geltungsbereich Jugendschutz
§ 7 Begriffsbestimmungen § 15 Landesrechtsvorbehalt
§ 8 Beteiligung von Kindern und
Jugendlichen Zweiter Abschnitt: Förderung
§ 8a Schutzauftrag bei Kindeswohl­ der ­Erziehung in der Familie
gefährdung § 16 Allgemeine Förderung der
§ 8b Fachliche Beratung und Begleitung Erziehung in der Familie
zum Schutz von Kindern und § 17 Beratung in Fragen der Partner-
Jugendlichen schaft, Trennung und Scheidung
§ 9 Grundrichtung der Erziehung, § 18 Beratung und Unterstützung bei
Gleichberechtigung von Mädchen der Ausübung der Personensorge
und Jungen und des Umgangsrechts
§ 10 Verhältnis zu anderen Leistungen § 19 Gemeinsame Wohnformen für
und Verpflichtungen Mütter/ Väter und Kinder
§ 20 Betreuung und Versorgung des
Kindes in Notsituationen
§ 21 Unterstützung bei notwendiger
Unterbringung zur Erfüllung der
Schulpflicht

67
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Dritter Abschnitt: Förderung von Zweiter Unterabschnitt:


Kindern in Tageseinrichtungen und ­ ingliederungshilfe für seelisch
E
in Kindertagespflege ­behinderte Kinder und Jugendliche
§ 22 Grundsätze der Förderung § 35a Eingliederungshilfe für seelisch
§ 22a Förderung in Tageseinrichtungen behinderte Kinder und Jugendliche
§ 23 Förderung in Kindertagespflege
§ 24 Anspruch auf Förderung in Tages- Dritter Unterabschnitt: Gemeinsame
einrichtungen und in Kindertages- Vorschriften für die Hilfe zur Erziehung
pflege und die Eingliederungshilfe für seelisch
§ 25 Unterstützung selbstorganisierter behinderte Kinder und Jugendliche
Förderung von Kindern § 36 Mitwirkung, Hilfeplan
§ 26 Landesrechtsvorbehalt § 36a Steuerungsverantwortung,
Selbstbeschaffung
Vierter Abschnitt: Hilfe zur § 37 Zusammenarbeit bei Hilfen
­Erziehung, Eingliederungshilfe für außerhalb der eigenen Familie
seelisch behinderte Kinder und Ju- § 38 Vermittlung bei der Ausübung
gendliche, Hilfe für junge Volljährige der Personensorge
§ 39 Leistungen zum Unterhalt des
Erster Unterabschnitt: Kindes oder des Jugendlichen
Hilfe zur Erziehung § 40 Krankenhilfe
§ 27 Hilfe zur Erziehung
§ 28 Erziehungsberatung Vierter Unterabschnitt
§ 29 Soziale Gruppenarbeit Hilfe für junge Volljährige
§ 30 Erziehungsbeistand, § 41 Hilfe für junge Volljährige,
­Betreuungshelfer Nachbetreuung
§ 31 Sozialpädagogische Familienhilfe
§ 32 Erziehung in einer Tagesgruppe Drittes Kapitel –
§ 33 Vollzeitpflege Andere Aufgaben der Jugendhilfe
§ 34 Heimerziehung, sonstige
betreute Wohnform Erster Abschnitt: Vorläufige
§ 35 Intensive sozialpädagogische ­Maßnahmen zum Schutz von
Einzelbetreuung ­Kindern und Jugendlichen
§ 42 Inobhutnahme von Kindern
und Jugendlichen
§ 42a Vorläufige Inobhutnahme von
ausländischen Kindern und
Jugendlichen nach unbegleiteter
Einreise

68
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 42b Verfahren zur Verteilung unbeglei- Vierter Abschnitt: Beistandschaft,


teter ausländischer Kinder und Pflegschaft und Vormundschaft
Jugendlicher für Kinder und Jugendliche, Aus-
§ 42c Aufnahmequote kunft über Nichtabgabe von Sorge­
§ 42d Übergangsregelung erklärungen
§ 42e Berichtspflicht § 52a Beratung und Unterstützung bei
§ 42f Behördliches Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung und
Altersfeststellung Geltendmachung von Unterhalts-
ansprüchen
Zweiter Abschnitt: Schutz von § 53 Beratung und Unterstützung von
­Kindern und Jugendlichen in Pflegern und Vormündern
­Familienpflege und in Einrichtungen § 54 Erlaubnis zur Übernahme von
§ 43 Erlaubnis zur Kindertagespflege Vereinsvormundschaften
§ 44 Erlaubnis zur Vollzeitpflege § 55 Beistandschaft, Amtspflegschaft
§ 45 Erlaubnis für den Betrieb einer und Amtsvormundschaft
Einrichtung § 56 Führung der Beistandschaft, der
§ 46 Örtliche Prüfung Amtspflegschaft und der Amts­
§ 47 Meldepflichten vormundschaft
§ 48 Tätigkeitsuntersagung § 57 Mitteilungspflicht des Jugendamts
§ 48a Sonstige betreute Wohnform § 58 Gegenvormundschaft des Jugend-
§ 49 Landesrechtsvorbehalt amts
§ 58a Sorgeregister; Bescheinigung über
Dritter Abschnitt: Mitwirkung in Nichtvorliegen von Eintragungen
­gerichtlichen Verfahren im Sorgeregister
§ 50 Mitwirkung in Verfahren vor
den Vormundschafts- und den Fünfter Abschnitt: Beurkundung,
Familiengerichten vollstreckbare Urkunden
§ 51 Beratung und Belehrung in § 59 Beurkundung
Verfahren zur Annahme als Kind § 60 Vollstreckbare Urkunden
§ 52 Mitwirkung in Verfahren nach dem
Jugendgerichtsgesetz

69
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Viertes Kapitel – § 74a Finanzierung von Tages­


Schutz von Sozialdaten einrichtungen für Kinder
§ 61 Anwendungsbereich § 75 Anerkennung als Träger der
§ 62 Datenerhebung freien Jugendhilfe
§ 63 Datenspeicherung § 76 Beteiligung anerkannter Träger
§ 64 Datenübermittlung und -nutzung der freien Jugendhilfe an der
§ 65 Besonderer Vertrauensschutz Wahrnehmung anderer Aufgaben
in der persönlichen und erziehe­ § 77 Vereinbarungen über die Höhe
rischen Hilfe der Kosten
§ 66 (weggefallen) § 78 Arbeitsgemeinschaften
§ 67 (weggefallen)
§ 68 Sozialdaten im Bereich der Dritter Abschnitt: Vereinbarungen
Beistandschaft, Amtspflegschaft über Leistungsangebote, Entgelte
und der Amtsvormundschaft und Qualitätsentwicklung
§ 78a Anwendungsbereich
Fünftes Kapitel – § 78b Voraussetzungen für die Über­
Träger der Jugendhilfe, Zusammen- nahme des Leistungsentgelts
arbeit, Gesamtverantwortung § 78c Inhalt der Leistungs- und Entgelt-
vereinbarungen
Erster Abschnitt: Träger der § 78d Vereinbarungszeitraum
­öffentlichen Jugendhilfe § 78e Örtliche Zuständigkeit für den
§ 69 Träger der öffentlichen ­Jugendhilfe, Abschluss von Vereinbarungen
Jugendämter, Landes­jugendämter § 78f Rahmenverträge
§ 70 Organisation des Jugendamts und § 78g Schiedsstelle
des Landesjugendamts
§ 71 Jugendhilfeausschuss, Vierter Abschnitt: Gesamt­
­Landes­jugendhilfeausschuss verantwortung, Jugendhilfeplanung
§ 72 Mitarbeiter, Fortbildung § 79 Gesamtverantwortung,
§ 72a Tätigkeitsausschluss einschlägig ­Grundausstattung
vorbestrafter Personen § 79a Qualitätsentwicklung in der
Kinder- und Jugendhilfe
Zweiter Abschnitt: Zusammenarbeit § 80 Jugendhilfeplanung
mit der freien Jugendhilfe, ehrenamt- § 81 Strukturelle Zusammenarbeit mit
liche Tätigkeit anderen Stellen und öffentlichen
§ 73 Ehrenamtliche Tätigkeit Einrichtungen
§ 74 Förderung der freien Jugendhilfe

70
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Sechstes Kapitel – Zweiter Unterabschnitt: Örtliche


Zentrale Aufgaben ­ uständigkeit für andere Aufgaben
Z
§ 82 Aufgaben der Länder § 87 Örtliche Zuständigkeit für vorläu­
§ 83 Aufgaben des Bundes, fige Maßnahmen zum Schutz von
­Bundesjugendkuratorium Kindern und Jugendlichen
§ 84 Jugendbericht § 87a Örtliche Zuständigkeit für
Erlaubnis, Meldepflichten und
Siebtes Kapitel – Untersagung
Zuständigkeit, Kostenerstattung § 87b Örtliche Zuständigkeit für die
Mitwirkung in gerichtlichen
Erster Abschnitt: Verfahren
Sachliche ­Zuständigkeit § 87c Örtliche Zuständigkeit für die
§ 85 Sachliche Zuständigkeit Beistandschaft, die Amtspflegschaft,
die Amtsvormundschaft und die
Zweiter Abschnitt: Bescheinigung nach § 58a
Örtliche ­Zuständigkeit § 87d Örtliche Zuständigkeit für weitere
Aufgaben im Vormundschaftswesen
Erster Unterabschnitt: Örtliche § 87e Örtliche Zuständigkeit für
­Zuständigkeit für Leistungen Beurkundung und Beglaubigung
§ 86 Örtliche Zuständigkeit
für ­Leistungen an Kinder, Dritter Unterabschnitt: Örtliche
J­ ugendliche und ihre Eltern ­ uständigkeit bei Aufenthalt im Ausland
Z
§ 86a Örtliche Zuständigkeit für § 88 Örtliche Zuständigkeit bei
Leistungen an junge Volljährige ­Aufenthalt im Ausland
§ 86b Örtliche Zuständigkeit für § 88a Örtliche Zuständigkeit für vor­
Leistungen in gemeinsamen läufige Maßnahmen, Leistungen
Wohnformen für Mütter/Väter und die Amtsvormundschaft für
und Kinder unbegleitete ausländische Kinder
§ 86c Fortdauernde Leistungsverpflich- und Jugendliche
tung und Fallübergabe bei
Zuständigkeitswechsel Dritter Abschnitt: Kostenerstattung
§ 86d Verpflichtung zum vorläufigen § 89 Kostenerstattung bei fehlendem
Tätigwerden gewöhnlichen Aufenthalt
§ 89a Kostenerstattung bei fortdauernder
Vollzeitpflege

71
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 89b Kostenerstattung bei vorläufigen Vierter Abschnitt:


Maßnahmen zum Schutz von Ergänzende ­Vorschriften
Kindern und Jugendlichen § 97 Feststellung der Sozialleistungen
§ 89c Kostenerstattung bei fortdauern- § 97a Pflicht zur Auskunft
der oder vorläufiger Leistungs­ § 97b (weggefallen)
verpflichtung § 97c Erhebung von Gebühren und
§ 89d Kostenerstattung bei Gewährung Auslagen
von Jugendhilfe nach der Einreise
§ 89e Schutz der Einrichtungsorte Neuntes Kapitel –
§ 89f Umfang der Kostenerstattung Kinder- und Jugendhilfestatistik
§ 89g Landesrechtsvorbehalt § 98 Zweck und Umfang der Erhebung
§ 89h Übergangsvorschrift § 99 Erhebungsmerkmale
§ 100 Hilfsmerkmale
Achtes Kapitel – § 101 Periodizität und Berichtszeitraum
Kostenbeteiligung § 102 Auskunftspflicht
§ 103 Übermittlung
Erster Abschnitt: Pauschalierte
­Kostenbeteiligung Zehntes Kapitel –
§ 90 Pauschalierte Kostenbeteiligung Straf- und Bußgeldvorschriften
§ 104 Bußgeldvorschriften
Zweiter Abschnitt: Kostenbeiträge § 105 Strafvorschriften
für stationäre und teilstationäre Leis-
tungen sowie vorläufige Maßnahmen Elftes Kapitel –
§ 91 Anwendungsbereich Schlussvorschriften
§ 92 Ausgestaltung der Heranziehung § 106 Einschränkung eines Grundrechts
§ 93 Berechnung des Einkommens
§ 94 Umfang der Heranziehung

Dritter Abschnitt: Überleitung


von Ansprüchen
§ 95 Überleitung von Ansprüchen
§ 96 (weggefallen)

72
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Erstes Kapitel – § 2 ­Aufgaben der Jugendhilfe


Allgemeine Vorschriften
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen
und andere Aufgaben zugunsten junger
§ 1 Recht auf Erziehung, Eltern­ Menschen und Familien.
verantwortung, Jugendhilfe
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf 1. Angebote der Jugendarbeit, der
Förderung seiner Entwicklung und auf Jugendsozialarbeit und des erziehe­
Erziehung zu einer eigenverant­wortlichen rischen Kinder- und Jugendschutzes
und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. (§§ 11 bis 14),
2. Angebote zur Förderung der Erzie-
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind hung in der Familie (§§ 16 bis 21),
das natürliche Recht der Eltern und die 3. Angebote zur Förderung von Kindern
zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über in Tageseinrichtungen und in
ihre Betätigung wacht die staatliche Tagespflege (§§ 22 bis 25),
Gemeinschaft. 4. Hilfe zur Erziehung und ergänzende
Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40),
(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung 5. Hilfe für seelisch behinderte Kinder
des Rechts nach Absatz 1 insbesondere und Jugendliche und ergänzende
1. junge Menschen in ihrer indivi­duellen Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40),
und sozialen Entwicklung fördern und 6. Hilfe für junge Volljährige und
dazu beitragen, Benachteiligungen Nachbetreuung (§ 41).
zu vermeiden oder abzubauen,
2. Eltern und andere Erziehungs­ (3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
berechtigte bei der Erziehung beraten 1. die Inobhutnahme von Kindern und
und unterstützen, Jugendlichen (§ 42),
3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren 2. die vorläufige Inobhutnahme von
für ihr Wohl schützen, ausländischen Kindern und Jugend-
4. dazu beitragen, positive Lebens­ lichen nach unbegleiteter Einreise
bedingungen für junge Menschen und (§ 42a),
ihre Familien sowie eine kinder- 3. die Erteilung, der Widerruf und die
und familienfreundliche Umwelt zu Zurücknahme der Pflege­erlaubnis
erhalten oder zu schaffen. (§§ 43, 44),
4. die Erteilung, der Widerruf und die
Zurücknahme der Erlaubnis für den
Betrieb einer Einrichtung sowie die

73
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Erteilung nachträglicher Auflagen und (2) Leistungen der Jugendhilfe werden


die damit verbundenen Aufgaben von Trägern der freien Jugendhilfe und
(§§ 45 bis 47, 48a), von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe
5. die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), erbracht. Leistungs­verpflichtungen, die
6. die Mitwirkung in Verfahren vor durch dieses Buch begründet werden,
den Familiengerichten (§ 50), richten sich an die Träger der öffent­lichen
7. die Beratung und Belehrung in Ver- Jugendhilfe.
fahren zur Annahme als Kind (§ 51),
8. die Mitwirkung in Verfahren nach (3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe
dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), werden von Trägern der öffent­lichen
9. die Beratung und Unterstützung von Jugendhilfe wahrgenommen. Soweit
Müttern bei Vaterschaftsfeststellung dies ausdrücklich bestimmt ist, können
und Geltendmachung von Unterhalts- Träger der freien Jugendhilfe diese
ansprüchen sowie von Pflegern und Aufgaben wahrnehmen oder mit ihrer
Vormündern (§§ 52a, 53), Ausführung betraut werden.
10. die Erteilung, der Widerruf und die
Zurücknahme der Erlaubnis zur Über-
nahme von Vereins­vormundschaften § 4 Zusammenarbeit der öffentli-
(§ 54), chen Jugendhilfe mit der freien
11. Beistandschaft, Amtspflegschaft, Amts­ Jugendhilfe
vormundschaft und Gegen­vor­mund­
schaft des Jugendamts (§§ 55 bis 58), (1) Die öffentliche Jugendhilfe soll mit der
12. Beurkundung (§ 59), freien Jugendhilfe zum Wohl junger Men-
13. die Aufnahme von vollstreck­baren schen und ihrer Familien partnerschaftlich
Urkunden (§ 60). zusammenarbeiten. Sie hat dabei die
Selbstständigkeit der freien Jugendhilfe
in Ziel­setzung und Durchführung ihrer
§ 3 Freie und öffentliche Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer
­Jugendhilfe Organisationsstruktur zu achten.

(1) Die Jugendhilfe ist gekennzeichnet (2) Soweit geeignete Einrichtungen,


durch die Vielfalt von Trägern unter­ Dienste und Veranstaltungen von
schied­licher Wertorientierungen und aner­kannten Trägern der freien Jugend­
die Vielfalt von Inhalten, Methoden hilfe betrieben werden oder rechtzeitig
und Arbeitsformen. geschaffen werden können, soll die
öffentliche Jugendhilfe von eigenen
Maßnahmen absehen.

74
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Die öffentliche Jugendhilfe soll die Satz 1 entsprechend. Umgangsberechtigte


freie Jugendhilfe nach Maßgabe dieses haben unabhängig von ihrem tatsächli-
Buches fördern und dabei die verschie­ chen Aufenthalt Anspruch auf Beratung
denen Formen der Selbsthilfe stärken. und Unterstützung bei der Ausübung des
Umgangsrechts, wenn das Kind oder der
Jugendliche seinen gewöhnlichen Aufent-
§ 5 Wunsch- und Wahlrecht halt im Inland hat.

(1) Die Leistungsberechtigten haben das (2) Ausländer können Leistungen nach
Recht, zwischen Einrichtungen und Diens- diesem Buch nur beanspruchen, wenn sie
ten verschiedener Träger zu wählen und rechtmäßig oder aufgrund einer auslän-
Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der derrechtlichen Duldung ihren gewöhnli­
Hilfe zu äußern. Sie sind auf dieses Recht chen Aufenthalt im Inland haben. Absatz 1
hinzuweisen. Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Der Wahl und den Wünschen soll (3) Deutschen können Leistungen nach
entsprochen werden, sofern dies nicht mit diesem Buch auch gewährt werden, wenn
unverhältnismäßigen Mehrkosten verbun- sie ihren Aufenthalt im Ausland haben und
den ist. Wünscht der Leistungs­berechtigte soweit sie nicht Hilfe vom Aufenthaltsland
die Erbringung einer in § 78a genann- erhalten.
ten Leistung in einer Einrichtung, mit
deren Träger keine Verein­barungen nach (4) Regelungen des über- und zwischen­
§ 78b bestehen, so soll der Wahl nur ent- staatlichen Rechts bleiben unberührt.
sprochen werden, wenn die Erbringung
der Leistung in dieser Einrichtung im
Einzelfall oder nach Maßgabe des Hilfe­ § 7 Begriffsbestimmungen
planes (§ 36) geboten ist.
(1) Im Sinne dieses Buches ist
1. Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist,
§ 6 Geltungsbereich soweit nicht die Absätze 2 bis 4 etwas
anderes bestimmen,
(1) Leistungen nach diesem Buch werden 2. Jugendlicher, wer 14, aber noch nicht
jungen Menschen, Müttern, Vätern und 18 Jahre alt ist,
Personensorgeberechtigten von Kindern 3. junger Volljähriger, wer 18, aber noch
und Jugend­lichen gewährt, die ihren nicht 27 Jahre alt ist,
tatsächlichen Aufenthalt im Inland haben. 4. junger Mensch, wer noch nicht
Für die Erfüllung anderer Aufgaben gilt 27 Jahre alt ist,

75
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

5. Personensorgeberechtigter, wem (2) Kinder und Jugendliche haben das


allein oder gemeinsam mit einer Recht, sich in allen Angelegenheiten
anderen Person nach den Vorschriften der Erziehung und Entwicklung an das
des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Jugendamt zu wenden.
Personensorge zusteht,
6. Erziehungsberechtigter der Per­so­nen­ (3) Kinder und Jugendliche haben
sorgeberechtigte und jede sonstige Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis
Person über 18 Jahre, soweit sie auf- des Personensorgeberechtigten, wenn
grund einer Vereinbarung mit dem die Beratung aufgrund einer Not- und
Personensorgeberechtigten nicht nur Konfliktlage erforderlich ist und solange
vorübergehend und nicht nur für durch die Mitteilung an den Personen­
einzelne Verrichtungen Aufgaben der sorgeberechtigten der Beratungszweck
Personensorge wahrnimmt. vereitelt würde. § 36 des Ersten Buches
bleibt unberührt.
(2) Kind im Sinne des § 1 Absatz 2 ist, wer
noch nicht 18 Jahre alt ist.
§ 8a Schutzauftrag bei
(3) Werktage im Sinne der §§ 42a bis 42c ­Kindeswohlgefährdung
sind die Wochentage Montag bis Freitag;
ausgenommen sind gesetzliche Feiertage. (1) Werden dem Jugendamt gewichtige
Anhaltspunkte für die Gefährdung des
(4) Die Bestimmungen dieses Buches, Wohls eines Kindes oder Jugendlichen
die sich auf die Annahme als Kind bezie- bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko
hen, gelten nur für Personen, die das im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte
18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. einzuschätzen. Soweit der wirksame
Schutz dieses Kindes oder dieses Jugend-
lichen nicht in Frage gestellt wird, hat das
§ 8 Beteiligung von Kindern und Jugendamt die Erziehungs­berechtigten
Jugendlichen sowie das Kind oder den Jugendlichen in
die Gefährdungseinschätzung einzube­
(1) Kinder und Jugendliche sind entspre- ziehen und, sofern dies nach fachlicher
chend ihrem Entwicklungsstand an allen Einschätzung erforderlich ist, sich dabei
sie betreffenden Entscheidungen der einen unmittel­baren Eindruck von dem
öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie Kind und von seiner persönlichen Umge-
sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte bung zu ver­schaffen. Hält das Jugendamt
im Verwaltungsverfahren sowie im Ver­ zur Abwendung der Gefährdung die
fahren vor dem Familiengericht und dem Gewährung von Hilfen für geeignet und
Verwaltungsgericht hinzuweisen. notwendig, so hat es diese den Erziehungs­
berechtigten anzubieten.

76
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden 3. die Erziehungsberechtigten sowie


des Familiengerichts für erforderlich, so das Kind oder der Jugendliche in die
hat es das Gericht anzurufen; dies gilt Gefährdungseinschätzung ein­bezogen
auch, wenn die Erziehungsberechtigten werden, soweit hierdurch der wirk­
nicht bereit oder in der Lage sind, bei same Schutz des Kindes oder Jugend-
der Abschätzung des Gefährdungsrisikos lichen nicht in Frage gestellt wird.
mitzuwirken. Besteht eine dringende
Gefahr und kann die Entscheidung des In die Vereinbarung ist neben den Krite-
Gerichts nicht abgewartet werden, so ist rien für die Qualifikation der beratend
das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen
den Jugendlichen in Obhut zu nehmen. Fachkraft insbesondere die Verpflichtung
aufzunehmen, dass die Fachkräfte der
(3) Soweit zur Abwendung der Gefähr- Träger bei den Erziehungsberechtigten
dung das Tätigwerden anderer Leistungs- auf die Inanspruchnahme von Hilfen
träger, der Einrichtungen der Gesundheits- hinwirken, wenn sie diese für erforderlich
hilfe oder der Polizei notwendig ist, hat halten, und das Jugendamt informieren,
das Jugendamt auf die Inanspruchnahme falls die Gefährdung nicht anders abge-
durch die Erziehungsberechtigten hinzu- wendet werden kann.
wirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden
erforderlich und wirken die Personensor- (5) Werden einem örtlichen Träger
geberechtigten oder die Erziehungsberech- gewichtige Anhaltspunkte für die Gefähr-
tigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt dung des Wohls eines Kindes oder eines
die anderen zur Abwendung der Gefähr- Jugendlichen bekannt, so sind dem für die
dung zuständigen Stellen selbst ein. Gewährung von Leistungen zuständigen
örtlichen Träger die Daten mitzuteilen,
(4) In Vereinbarung mit den Trägern deren Kenntnis zur Wahrnehmung des
von Einrichtungen und Diensten, die Schutzauftrags bei Kindeswohlgefähr-
Leistungen nach diesem Buch erbringen, dung nach § 8a erforderlich ist. Die Mit­
ist sicherzustellen, dass teilung soll im Rahmen eines Gespräches
1. deren Fachkräfte bei Bekanntwerden zwischen den Fach­kräften der beiden
gewichtiger Anhaltspunkte für die örtlichen Träger erfolgen, an dem die
Gefährdung eines von ihnen betreuten Personensorgeberechtigten sowie das
Kindes oder Jugendlichen eine Gefähr- Kind oder der Jugendliche beteiligt werden
dungseinschätzung vornehmen, sollen, soweit hierdurch der wirksame
2. bei der Gefährdungseinschätzung eine Schutz des Kindes oder des Jugendlichen
insoweit erfahrene Fachkraft beratend nicht in Frage gestellt wird.
hinzu­gezogen wird sowie

77
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 8b Fachliche Beratung und 1. die von den Personensorgeberechtig-


Begleitung zum Schutz von ten bestimmte Grundrichtung der
Kindern und Jugendlichen Erziehung sowie die Rechte der
Personensorgeberechtigten und des
(1) Personen, die beruflich in Kontakt Kindes oder des Jugendlichen bei der
mit Kindern oder Jugendlichen stehen, Bestimmung der religiösen Erziehung
haben bei der Einschätzung einer Kindes­ zu beachten,
wohl­gefährdung im Einzelfall gegenüber 2. die wachsende Fähigkeit und das
dem örtlichen Träger der Jugendhilfe wachsende Bedürfnis des Kindes oder
Anspruch auf Beratung durch eine inso- des Jugendlichen zu selbst­ständigem,
weit erfahrene Fachkraft. verantwortungsbewusstem Handeln
sowie die jeweiligen besonderen
(2) Träger von Einrichtungen, in denen sozialen und kulturellen Bedürfnisse
sich Kinder oder Jugendliche ganztägig und Eigenarten junger Menschen und
oder für einen Teil des Tages aufhalten ihrer Familien zu berücksichtigen,
oder in denen sie Unterkunft erhalten, und 3. die unterschiedlichen Lebenslagen
die zuständigen Leistungsträger, haben von Mädchen und Jungen zu berück-
gegenüber dem überörtlichen Träger der sichtigen, Benachteiligungen abzu-
Jugendhilfe Anspruch auf Beratung bei der bauen und die Gleichberechtigung
Entwicklung und Anwendung fachlicher von Mädchen und Jungen zu fördern.
Handlungs­leitlinien
1. zur Sicherung des Kindeswohls
und zum Schutz vor Gewalt sowie § 10 Verhältnis zu anderen Leistun-
2. zu Verfahren der Beteiligung von gen und Verpflichtungen
Kindern und Jugendlichen an struktu-
rellen Entscheidungen in der Einrich- (1) Verpflichtungen anderer, insbesondere
tung sowie zu Beschwerdeverfahren der Träger anderer Sozialleistungen und
in persön­lichen Angelegenheiten. der Schulen, werden durch dieses Buch
nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften
beruhende Leistungen anderer dürfen
§ 9 Grundrichtung der Erziehung, nicht deshalb versagt werden, weil nach
Gleichberechtigung von diesem Buch entsprechende Leistungen
Mädchen und Jungen vorgesehen sind.

Bei der Ausgestaltung der Leistungen und (2) Unterhaltspflichtige Personen werden
der Erfüllung der Aufgaben sind nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den
Kosten für Leistungen und vorläufige

78
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Zweites Kapitel – L­ eistungen


Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die der Jugendhilfe
Leistungs­fähigkeit des Unterhaltspflichti-
gen mindert oder der Bedarf des jungen Erster Abschnitt: Jugendarbeit,
Menschen durch Leistungen und vorläufi- Jugendsozialarbeit, erzieherischer
ge Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt Kinder- und Jugendschutz
ist, ist dies bei der Berechnung des Unter-
halts zu berücksichtigen.
§ 11 Jugendarbeit
(3) Die Leistungen nach diesem Buch
gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch (1) Jungen Menschen sind die zur
vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistun- Förderung ihrer Entwicklung erforder­
gen nach § 3 Absatz 2, §§ 14 bis 16g, § 19 lichen Angebote der Jugendarbeit zur
Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 Verfügung zu stellen. Sie sollen an den
des Zweiten Buches sowie Leistungen nach Interessen junger Menschen anknüpfen
§ 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgeset- und von ihnen mitbestimmt und mitge-
zes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des staltet werden, sie zur Selbstbestimmung
Zweiten Buches den Leistungen nach befähigen und zu gesellschaftlicher
diesem Buch vor. Mitverantwortung und zu sozialem
Engagement anregen und hinführen.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch
gehen Leistungen nach dem Zwölften (2) Jugendarbeit wird angeboten von
Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Verbänden, Gruppen und Initiativen
Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Ver­ der Jugend, von anderen Trägern der
bindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Jugendarbeit und den Trägern der
Buches und Leistungen der Eingliede- öffentlichen Jugendhilfe. Sie umfasst
rungshilfe nach dem Zwölften Buch für für Mitglieder bestimmte Angebote,
junge Menschen, die körperlich oder die offene Jugendarbeit und gemein­
geistig behindert oder von einer solchen wesenorientierte Angebote.
Behinderung bedroht sind, den Leistungen
nach diesem Buch vor. Landesrecht kann (3) Zu den Schwerpunkten der Jugend-
regeln, dass Leistungen der Frühförderung arbeit gehören:
für Kinder unabhängig von der Art der 1. außerschulische Jugendbildung mit
Behinderung vorrangig von anderen allgemeiner, politischer, sozialer,
Leistungsträgern gewährt werden. gesundheitlicher, kultureller, natur-
kundlicher und technischer Bildung,

79
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

2. Jugendarbeit in Sport, Spiel und § 13 Jugendsozialarbeit


Geselligkeit,
3. arbeitswelt-, schul- und familien­ (1) Jungen Menschen, die zum Ausgleich
bezogene Jugendarbeit, sozialer Benachteiligungen oder zur
4. internationale Jugendarbeit, Überwindung individueller Beeinträchti-
5. Kinder- und Jugenderholung, gungen in erhöhtem Maße auf Unterstüt-
6. Jugendberatung. zung angewiesen sind, sollen im Rahmen
der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen
(4) Angebote der Jugendarbeit können angeboten werden, die ihre schu­lische und
auch Personen, die das 27. Lebensjahr berufliche Ausbildung, Eingliederung in
vollendet haben, in angemessenem die Arbeitswelt und ihre soziale Integra-
Umfang einbeziehen. tion fördern.

(2) Soweit die Ausbildung dieser jungen


§ 12 Förderung der Jugendverbände Menschen nicht durch Maßnahmen und
Programme anderer Träger und Orga­
(1) Die eigenverantwortliche Tätigkeit nisationen sichergestellt wird, können
der Jugendverbände und Jugendgruppen geeignete sozialpädagogisch begleitete
ist unter Wahrung ihres satzungsgemäßen Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnah-
Eigenlebens nach Maßgabe des § 74 zu men angeboten werden, die den Fähig­
fördern. keiten und dem Entwicklungsstand dieser
jungen Menschen Rechnung tragen.
(2) In Jugendverbänden und Jugend­
gruppen wird Jugendarbeit von jungen (3) Jungen Menschen kann während der
Menschen selbst organisiert, gemein- Teilnahme an schulischen oder berufli-
schaftlich gestaltet und mitverantwortet. chen Bildungsmaßnahmen oder bei der
Ihre Arbeit ist auf Dauer angelegt und beruflichen Eingliederung Unterkunft
in der Regel auf die eigenen Mitglieder in sozialpädagogisch begleiteten Wohn­
ausgerichtet, sie kann sich aber auch formen angeboten werden. In diesen
an junge Menschen wenden, die nicht Fällen sollen auch der notwen­dige Unter-
Mitglieder sind. Durch Jugendverbände halt des jungen Menschen sicher­gestellt
und ihre Zusammenschlüsse werden und Krankenhilfe nach Maßgabe des § 40
Anliegen und Interessen junger Menschen geleistet werden.
zum Ausdruck gebracht und vertreten.
(4) Die Angebote sollen mit den Maß­
nahmen der Schulverwaltung, der Bundes-
agentur für Arbeit, der Träger betrieblicher

80
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

und außer­betrieblicher Ausbildung sowie Zweiter Abschnitt: Förderung


der Träger von Beschäftigungsangeboten der ­Erziehung in der Familie
abgestimmt werden.

§ 16 Allgemeine Förderung der


§ 14 Erzieherischer Kinder- und Erziehung in der Familie
Jugendschutz
(1) Müttern, Vätern, anderen Erziehungs-
(1) Jungen Menschen und Erziehungs­ berechtigten und jungen Menschen sollen
berechtigten sollen Angebote des erziehe- Leistungen der allgemeinen Förderung
rischen Kinder- und Jugendschutzes der Erziehung in der Familie angeboten
gemacht werden. werden. Sie sollen dazu beitragen, dass
Mütter, Väter und andere Erziehungs­
(2) Die Maßnahmen sollen berechtigte ihre Erziehungsverantwortung
1. junge Menschen befähigen, sich besser wahrnehmen können. Sie sollen
vor gefährdenden Einflüssen zu auch Wege aufzeigen, wie Konfliktsitua­
schützen und sie zu Kritikfähigkeit, tionen in der Familie gewaltfrei gelöst
Entscheidungsfähigkeit und Eigen­ werden können.
verantwortlichkeit sowie zur Ver­
antwortung gegenüber ihren Mit­ (2) Leistungen zur Förderung der Erzie-
menschen führen, hung in der Familie sind insbesondere
2. Eltern und andere Erziehungs­ 1. Angebote der Familienbildung, die
berechtigte besser befähigen, Kinder auf Bedürfnisse und Interessen sowie
und Jugendliche vor gefährdenden auf Erfahrungen von Familien in
Einflüssen zu schützen. unterschiedlichen Lebenslagen und
Erziehungs­situationen eingehen, die
Familien in ihrer Gesundheitskompe-
§ 15 Landesrechtsvorbehalt tenz stärken, die Familie zur Mitarbeit
in Erziehungseinrichtungen und in
Das Nähere über Inhalt und Umfang der in Formen der Selbst- und Nachbar-
diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und schaftshilfe besser befähigen sowie
Leistungen regelt das Landesrecht. junge Menschen auf Ehe, Partner-
schaft und das Zusammenleben mit
Kindern vorbereiten,
2. Angebote der Beratung in allgemeinen
Fragen der Erziehung und Entwick-
lung junger Menschen,

81
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

3. Angebote der Familienfreizeit und der (2) Im Fall der Trennung und Scheidung
Familienerholung, insbesondere in sind Eltern unter angemessener Betei­
belastenden Familiensituationen, die ligung des betroffenen Kindes oder
bei Bedarf die erzieherische Betreuung Jugendlichen bei der Entwicklung eines
der Kinder einschließen. einvernehmlichen Konzepts für die
Wahrnehmung der elterlichen Sorge und
(3) Müttern und Vätern sowie schwange- der elterlichen Verantwortung zu unter­
ren Frauen und werdenden Vätern sollen stützen; dieses Konzept kann auch als
Beratung und Hilfe in Fragen der Grundlage für einen Vergleich oder eine
Partnerschaft und des Aufbaus elterlicher gerichtliche Entscheidung im familien­
Erziehungs- und Beziehungskompetenzen gerichtlichen Verfahren dienen.
angeboten werden.
(3) Die Gerichte teilen die Rechtshängig-
(4) Das Nähere über Inhalt und Umfang keit von Scheidungssachen, wenn gemein-
der Aufgaben regelt das Landesrecht. schaftliche minderjährige Kinder vorhan-
den sind, sowie Namen und Anschriften
(5) (weggefallen) der beteiligten Eheleute und Kinder dem
Jugendamt mit, damit dieses die Eltern
über das Leistungsangebot der Jugendhilfe
§ 17 Beratung in Fragen der nach Absatz 2 unterrichtet.
Partnerschaft, Trennung
und Scheidung
§ 18 Beratung und Unterstützung
(1) Mütter und Väter haben im Rahmen bei der Ausübung der Perso-
der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung in nensorge und des Umgangs-
Fragen der Partnerschaft, wenn sie für ein rechts
Kind oder einen Jugendlichen zu sorgen
haben oder tatsächlich sorgen. Die (1) Mütter und Väter, die allein für ein
Beratung soll helfen, Kind oder einen Jugendlichen zu sorgen
1. ein partnerschaftliches Zusammen- haben oder tatsächlich sorgen, haben
leben in der Familie aufzubauen, Anspruch auf Beratung und Unterstützung
2. Konflikte und Krisen in der Familie 1. bei der Ausübung der Personensorge
zu bewältigen, einschließlich der Geltendmachung
3. im Falle der Trennung oder Scheidung von Unterhalts- oder Unterhaltser-
die Bedingungen für eine dem Wohl satzansprüchen des Kindes oder
des Kindes oder des Jugendlichen Jugendlichen,
förderliche Wahrnehmung der Eltern-
verantwortung zu schaffen.

82
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

2. bei der Geltendmachung ihrer (4) Ein junger Volljähriger hat bis zur
Unterhaltsansprüche nach § 1615l ­Vollendung des 21. Lebensjahres Anspruch
des Bürgerlichen Gesetzbuchs. auf Beratung und Unterstützung bei der
Geltendmachung von Unterhalts- oder
(2) Mütter und Väter, die mit dem ande- Unterhaltsersatzansprüchen.
ren Elternteil nicht verheiratet sind, haben
Anspruch auf Beratung über die Abgabe
einer Sorge­erklärung und die Möglich- § 19 Gemeinsame Wohnformen für
keit der gerichtlichen Übertragung der Mütter/Väter und Kinder
gemeinsamen elterlichen Sorge.
(1) Mütter oder Väter, die allein für ein
(3) Kinder und Jugendliche haben Kind unter sechs Jahren zu sorgen haben
Anspruch auf Beratung und Unterstützung oder tatsächlich sorgen, sollen gemeinsam
bei der Ausübung des Umgangsrechts nach mit dem Kind in einer geeigneten Wohn-
§ 1684 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetz- form betreut werden, wenn und solange
buchs. Sie sollen darin unterstützt werden, sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwick­
dass die Personen, die nach Maßgabe der lung dieser Form der Unterstützung bei
§§ 1684, 1685 und 1686a des Bürgerlichen der Pflege und Erziehung des Kindes
Gesetzbuchs zum Umgang mit ihnen be- bedürfen. Die Betreuung schließt auch
rechtigt sind, von diesem Recht zu ihrem ältere Geschwister ein, sofern die Mutter
Wohl Gebrauch machen. Eltern, andere oder der Vater für sie allein zu sorgen hat.
Umgangsberechtigte sowie Personen, Eine schwangere Frau kann auch vor der
in deren Obhut sich das Kind befindet, Geburt des Kindes in der Wohnform
haben Anspruch auf Beratung und Unter- betreut werden.
stützung bei der Ausübung des Umgangs-
rechts. Bei der Befugnis, Auskunft über (2) Während dieser Zeit soll darauf hin-
die persönlichen Verhältnisse des Kindes gewirkt werden, dass die Mutter oder der
zu verlangen, bei der Herstellung von Vater eine schulische oder berufliche
Umgangskontakten und bei der Aus­ Ausbildung beginnt oder fortführt oder
führung gerichtlicher oder vereinbarter eine Berufstätigkeit aufnimmt.
Umgangsregelungen soll vermittelt und
in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet (3) Die Leistung soll auch den notwen­
werden. digen Unterhalt der betreuten Personen
sowie die Krankenhilfe nach Maßgabe des
§ 40 umfassen.

83
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 20 Betreuung und Versorgung des oder Jugendlichen nicht sicherstellen und


Kindes in Notsituationen ist deshalb eine anderweitige Unterbrin-
gung des Kindes oder des Jugendlichen
(1) Fällt der Elternteil, der die überwie­ notwendig, so haben sie Anspruch auf
gende Betreuung des Kindes übernommen Beratung und Unterstützung. In geeigne-
hat, für die Wahrnehmung dieser Aufgabe ten Fällen können die Kosten der Unter-
aus gesundheitlichen oder anderen zwin- bringung in einer für das Kind oder den
genden Gründen aus, so soll der andere Jugendlichen geeigneten Wohnform
Elternteil bei der Betreuung und Versor- einschließlich des notwendigen Unterhalts
gung des im Haushalt lebenden Kindes sowie die Krankenhilfe übernommen
unterstützt werden, wenn werden. Die Leistung kann über das
1. er wegen berufsbedingter Abwesen- schulpflichtige Alter hinaus gewährt
heit nicht in der Lage ist, die Aufgabe werden, sofern eine begonnene Schul­
wahrzunehmen, ausbildung noch nicht abgeschlossen ist,
2. die Hilfe erforderlich ist, um das längstens aber bis zur Vollendung des
Wohl des Kindes zu gewährleisten, 21. Lebensjahres.
3. Angebote der Förderung des Kindes
in Tageseinrichtungen oder in
Kindertagespflege nicht ausreichen. Dritter Abschnitt: Förderung von
Kindern in Tageseinrichtungen und
(2) Fällt ein alleinerziehender Elternteil in Kindertagespflege
oder fallen beide Elternteile aus gesund-
heitlichen oder anderen zwingenden
Gründen aus, so soll unter der Vorausset- § 22 Grundsätze der Förderung
zung des Absatzes 1 Nummer 3 das Kind
im elterlichen Haushalt versorgt und (1) Tageseinrichtungen sind Einrichtun-
betreut werden, wenn und solange es für gen, in denen sich Kinder für einen Teil
sein Wohl erforderlich ist. des Tages oder ganztägig aufhalten und in
Gruppen gefördert werden. Kindertages-
pflege wird von einer geeigneten Tages-
§ 21 Unterstützung bei notwen­ pflegeperson in ihrem Haushalt oder im
diger Unterbringung zur Haushalt des Personensorgeberechtigten
Erfüllung der Schulpflicht geleistet. Das Nähere über die Abgrenzung
von Tageseinrichtungen und Kindertages-
Können Personensorgeberechtigte wegen pflege regelt das Landesrecht. Es kann auch
des mit ihrer beruflichen Tätigkeit ver­ regeln, dass Kindertagespflege in anderen
bundenen ständigen Ortswechsels die geeigneten Räumen geleistet wird.
Erfüllung der Schulpflicht ihres Kindes

84
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(2) Tageseinrichtungen für Kinder und § 22a Förderung von


Kindertagespflege sollen ­Tageseinrichtungen
1. die Entwicklung des Kindes zu einer
eigenverantwortlichen und gemein- (1) Die Träger der öffentlichen Jugend­
schaftsfähigen Persönlichkeit fördern, hilfe sollen die Qualität der Förderung
2. die Erziehung und Bildung in der in ihren Einrichtungen durch geeignete
Familie unterstützen und ergänzen, Maßnahmen sicherstellen und weiterent-
3. den Eltern dabei helfen, Erwerbstätig- wickeln. Dazu gehören die Entwicklung
keit und Kindererziehung besser und der Einsatz einer pädagogischen Kon-
miteinander vereinbaren zu können. zeption als Grundlage für die Erfüllung des
Förderungsauftrags sowie der Einsatz von
(3) Der Förderungsauftrag umfasst Instrumenten und Verfahren zur Evalua-
Erziehung, Bildung und Betreuung des tion der Arbeit in den Einrichtungen.
Kindes und bezieht sich auf die soziale,
emotionale, körperliche und geistige (2) Die Träger der öffentlichen Jugendhil-
Entwicklung des Kindes. Er schließt die fe sollen sicherstellen, dass die Fachkräfte
Vermittlung orientierender Werte und in ihren Einrichtungen zusammen­arbeiten
Regeln ein. Die Förderung soll sich am 1. mit den Erziehungsberechtigten und
Alter und Entwicklungsstand, den sprach­ Tagespflegepersonen zum Wohl der
lichen und sonstigen Fähigkeiten, der Kinder und zur Sicherung der Konti-
Lebenssituation sowie den Interessen und nuität des Erziehungsprozesses,
Bedürfnissen des einzelnen Kindes orien- 2. mit anderen kinder- und familienbe-
tieren und seine ethnische Herkunft zogenen Institutionen und Initiativen
berücksichtigen. im Gemeinwesen, ins­besondere
solchen der Familien­bildung und
(4) Für die Erfüllung des Förderungs­ -beratung,
auftrags nach Absatz 3 sollen geeignete 3. mit den Schulen, um den Kindern
Maßnahmen zur Gewährleistung der einen guten Übergang in die Schule
Qualität der Förderung von Kindern in zu sichern und um die Arbeit mit
Tageseinrichtungen und in der Kinder­ Schulkindern in Horten und alters­
tagespflege weiterentwickelt werden. gemischten Gruppen zu unterstützen.
Das Nähere regelt das Landesrecht.
Die Erziehungsberechtigten sind an den
Entscheidungen in wesentlichen Angele-
genheiten der Erziehung, Bildung und
Betreuung zu beteiligen.

85
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Das Angebot soll sich pädagogisch und (2) Die laufende Geldleistung nach
organisatorisch an den Bedürfnissen der Absatz 1 umfasst
Kinder und ihrer Familien orientieren. 1. die Erstattung angemessener Kosten,
Werden Einrichtungen in den Ferienzeiten die der Tagespflege­person für den
geschlossen, so hat der Träger der öffent­ Sachaufwand entstehen,
lichen Jugendhilfe für die Kinder, die nicht 2. einen Betrag zur Anerkennung ihrer
von den Erziehungsberechtigten betreut Förderungsleistung nach Maßgabe von
werden können, eine anderweitige Absatz 2a,
Betreuungsmöglichkeit sicherzustellen. 3. die Erstattung nachgewiesener Auf-
wendungen für Beiträge zu einer
(4) Kinder mit und ohne Behinderung Unfallversicherung sowie die hälf­tige
sollen, sofern der Hilfebedarf dies zulässt, Erstattung nachgewiesener Aufwen-
in Gruppen gemeinsam gefördert werden. dungen zu einer angemessenen Alters-
Zu diesem Zweck sollen die Träger der sicherung der Tages­pflege­person und
öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern 4. die hälftige Erstattung nachgewiesener
der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptio- Aufwendungen zu einer angemesse-
nellen Ausgestaltung und Finanzierung nen Krankenversicherung und
des Angebotes zusammenarbeiten. Pflegeversicherung.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhil- (2a) Die Höhe der laufenden Geld­leistung
fe sollen die Realisierung des Förderungs- wird von den Trägern der öffentlichen
auftrages nach Maßgabe der Absätze 1 bis Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht
4 in den Einrichtungen anderer Träger nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag
durch geeignete Maßnahmen sicherstellen. zur Anerkennung der Förderungs­leistung
der Tagespflegeperson ist leistungsgerecht
auszugestalten. Dabei sind der zeitliche
§ 23 Förderung in Umfang der Leistung und die Anzahl sowie
­Kindertagespflege der Förderbedarf der betreuten Kinder zu
berücksichtigen.
(1) Die Förderung in Kindertagespflege
nach Maßgabe von § 24 umfasst die Ver- (3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind
mittlung des Kindes zu einer geeigneten Personen, die sich durch ihre Persönlich-
Tagespflegeperson, soweit diese nicht von keit, Sachkompetenz und Kooperations-
der erziehungsberechtigten Person nach­ bereitschaft mit Erziehungsberechtigten
gewiesen wird, deren fachliche Beratung, und anderen Tagespflegepersonen aus-
Begleitung und weitere Qualifizierung zeichnen und über kindgerechte Räum-
sowie die Gewährung einer laufenden lichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte
Geldleistung an die Tages­pflegeperson. Kenntnisse hinsichtlich der Anforde­rungen

86
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

der Kinderpflege verfügen, die sie in Lebt das Kind nur mit einem Erziehungs-
qualifizierten Lehrgängen erworben oder berechtigten zusammen, so tritt diese
in anderer Weise nachgewiesen haben. Person an die Stelle der Erziehungs­
berechtigten. Der Umfang der täglichen
(4) Erziehungsberechtigte und Tagespfle- Förderung richtet sich nach dem indivi­
gepersonen haben Anspruch auf Beratung duellen Bedarf.
in allen Fragen der Kinder­tagespflege. Für
Ausfallzeiten einer Tagespflegeperson (2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr
ist rechtzeitig eine andere Betreuungs- vollendet hat, hat bis zur Vollendung
möglichkeit für das Kind sicherzustellen. des dritten Lebensjahres Anspruch auf
Zusammenschlüsse von Tagespflegeperso- früh­kindliche Förderung in einer Tages­
nen sollen beraten, unterstützt und geför- einrichtung oder in Kinder­tagespflege.
dert werden. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr


§ 24 Anspruch auf Förderung in vollendet hat, hat bis zum Schul­eintritt
Tageseinrichtungen und in Anspruch auf Förderung in einer Tages­
Kindertagespflege einrichtung. Die Träger der öffentlichen
Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken,
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr dass für diese Altersgruppe ein bedarfs­
noch nicht vollendet hat, ist in einer gerechtes Angebot an Ganztagsplätzen
Einrichtung oder in Kindertagespflege zu zur Verfügung steht. Das Kind kann bei
fördern, wenn besonderem Bedarf oder ergänzend auch
1. diese Leistung für seine Entwicklung in Kindertagespflege gefördert werden.
zu einer eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter
geboten ist oder ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tages-
2. die Erziehungsberechtigten einrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3
a) einer Erwerbstätigkeit nachgehen, und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
eine Erwerbstätigkeit aufnehmen
oder Arbeit suchend sind, (5) Die Träger der öffentlichen Jugendhil-
b) sich in einer beruflichen Bildungs- fe oder die von ihnen beauftragten Stellen
maßnahme, in der Schulausbil- sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile,
dung oder Hochschulausbildung die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4
befinden oder in Anspruch nehmen wollen, über das
c) Leistungen zur Eingliederung Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich
in Arbeit im Sinne des Zweiten und die pädago­gische Konzeption der
Buches erhalten. Einrichtungen zu informieren und sie bei

87
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann Vierter Abschnitt: Hilfe zur E


­ rziehung,
bestimmen, dass die erziehungsberechtig- Eingliederungshilfe für seelisch
ten Personen den zuständigen Träger der behinderte Kinder und Jugendliche,
öffent­lichen Jugendhilfe oder die beauf- Hilfe für junge Volljährige
tragte Stelle innerhalb einer bestimmten
Frist vor der beabsichtigten Inanspruch- Erster Unterabschnitt:
nahme der Leistung in Kenntnis setzen. Hilfe zur Erziehung

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt


unberührt. § 27 Hilfe zur Erziehung

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei


§ 25 Unterstützung selbst­ der Erziehung eines Kindes oder eines
organisierter Förderung Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe
von Kindern zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des
Kindes oder des Jugendlichen entspre-
Mütter, Väter und andere Erziehungs­ chende Erziehung nicht gewährleistet ist
berechtigte, die die Förderung von Kindern und die Hilfe für seine Entwicklung
selbst organisieren wollen, sollen beraten geeignet und notwendig ist.
und unterstützt werden.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere
nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt.
§ 26 Landesrechtsvorbehalt Art und Umfang der Hilfe richten sich
nach dem erzieherischen Bedarf im Einzel-
Das Nähere über Inhalt und Umfang der fall; dabei soll das engere soziale Umfeld
in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben des Kindes oder des Jugendlichen einbezo-
und Leistungen regelt das Landesrecht. Am gen werden. Die Hilfe ist in der Regel im
31. Dezember 1990 geltende landesrecht- Inland zu erbringen; sie darf nur dann im
liche Regelungen, die das Kindergarten­ Ausland erbracht werden, wenn dies nach
wesen dem Bildungsbereich zuweisen, Maßgabe der Hilfeplanung zur Erreichung
bleiben unberührt. des Hilfezieles im Einzelfall erforderlich ist.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder


Jugendlichen außerhalb des Elternhauses
erforderlich, so entfällt der Anspruch auf
Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass
eine andere unterhaltspflichtige Person
bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen;

88
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

die Gewährung von Hilfe zur Erziehung § 29 Soziale Gruppenarbeit


setzt in diesem Fall voraus, dass diese
Person bereit und geeignet ist, den Die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit
Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem soll älteren Kindern und Jugendlichen
Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach bei der Überwindung von Entwicklungs-
Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken. schwierigkeiten und Verhaltensproblemen
helfen. Soziale Gruppenarbeit soll auf der
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbeson- Grundlage eines gruppenpädagogischen
dere die Gewährung pädago­gischer und Konzepts die Entwicklung älterer Kinder
damit verbundener therapeutischer Leis- und Jugendlicher durch soziales Lernen in
tungen. Sie soll bei Bedarf Ausbildungs- der Gruppe fördern.
und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne
des § 13 Absatz 2 einschließen.
§ 30 Erziehungsbeistand, Betreu-
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche ungshelfer
während ihres Aufenthaltes in einer
Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Der Erziehungsbeistand und der Betreu-
Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe ungshelfer sollen das Kind oder den
zur Erziehung auch die Unterstützung bei Jugendlichen bei der Bewältigung von
der Pflege und Erziehung dieses Kindes. Entwicklungsproblemen möglichst unter
Einbeziehung des sozialen Umfelds unter-
stützen und unter Erhaltung des Lebens-
§ 28 Erziehungsberatung bezugs zur Familie seine Verselbstständi-
gung fördern.
Erziehungsberatungsstellen und andere
Beratungsdienste und -einrichtungen
sollen Kinder, Jugendliche, Eltern und § 31 Sozialpädagogische
andere Erziehungsberechtigte bei der ­Familienhilfe
Klärung und Bewältigung individueller
und familienbezogener Probleme und Sozialpädagogische Familienhilfe soll
der zugrunde liegenden Faktoren, bei der durch intensive Betreuung und Begleitung
Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei
Trennung und Scheidung unterstützen. der Bewältigung von Alltagsproblemen,
Dabei sollen Fachkräfte verschiedener der Lösung von Konflikten und Krisen
Fachrichtungen zusammenwirken, die mit sowie im Kontakt mit Ämtern und Insti­
unterschiedlichen methodischen Ansätzen tutionen unterstützen und Hilfe zur
vertraut sind. Selbst­hilfe geben. Sie ist in der Regel auf
längere Dauer angelegt und erfordert die
Mitarbeit der Familie.

89
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 32 Erziehung in einer T


­ agesgruppe Verbindung von Alltagserleben mit päda-
gogischen und therapeutischen Angeboten
Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll ent­
soll die Entwicklung des Kindes oder des sprechend dem Alter und Entwicklungs-
Jugendlichen durch soziales Lernen in der stand des Kindes oder des Jugendlichen
Gruppe, Begleitung der schulischen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung
Förderung und Elternarbeit unter­stützen der Erziehungsbedingungen in der
und dadurch den Verbleib des Kindes oder Herkunftsfamilie
des Jugendlichen in seiner Familie sichern. 1. eine Rückkehr in die Familie
Die Hilfe kann auch in geeigneten Formen zu erreichen versuchen oder
der Familienpflege geleistet werden. 2. die Erziehung in einer anderen Familie
vorbereiten oder
3. eine auf längere Zeit angelegte
§ 33 Vollzeitpflege Lebensform bieten und auf ein
selbstständiges Leben vorbereiten.
Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll
entsprechend dem Alter und Entwicklungs­ Jugendliche sollen in Fragen der Ausbil-
stand des Kindes oder des Jugendlichen dung und Beschäftigung sowie der all­
und seinen persönlichen Bindungen sowie gemeinen Lebens­führung beraten und
den Möglichkeiten der Verbesserung der unterstützt werden.
Erziehungsbedingungen in der Herkunfts-
familie Kindern und Jugendlichen in einer
anderen Familie eine zeitlich befristete § 35 Intensive sozialpädagogische
Erziehungshilfe oder eine auf Dauer ange­ Einzelbetreuung
legte Lebensform bieten. Für besonders
entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Intensive sozialpädagogische Einzel­
Jugendliche sind geeignete Formen der betreuung soll Jugendlichen gewährt
Familienpflege zu schaffen und auszubauen. werden, die einer intensiven Unterstüt-
zung zur sozialen Integration und zu einer
eigenverantwortlichen Lebens­führung
§ 34 Heimerziehung, sonstige bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf
betreute Wohnform längere Zeit angelegt und soll den indivi-
duellen Bedürfnissen des Jugendlichen
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung Rechnung tragen.
über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder
in einer sonstigen betreuten Wohnform
soll Kinder und Jugendliche durch eine

90
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Zweiter Unterabschnitt: Eingliede- 3. eines Arztes oder eines psychologi-


rungshilfe für seelisch behinderte schen Psychotherapeuten, der über
Kinder und Jugendliche besondere Erfahrungen auf dem
Gebiet seelischer Störungen bei
Kindern und Jugendlichen verfügt,
§ 35a Eingliederungshilfe für einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der
seelisch behinderte Kinder Grundlage der Internationalen Klassifi­
und Jugendliche kation der Krankheiten in der vom Deut-
schen Institut für medizinische Dokumen-
(1) Kinder und Jugendliche haben tation und Information herausgegebenen
Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist
1. ihre seelische Gesundheit mit hoher auch darzulegen, ob die Abweichung
Wahrscheinlichkeit länger als Krankheitswert hat oder auf einer Krank-
sechs Monate von dem für ihr Lebens- heit beruht. Die Hilfe soll nicht von der
alter typischen Zustand abweicht und Person oder dem Dienst oder der Einrich-
2. daher ihre Teilhabe am Leben in der tung, der die Person angehört, die die
Gesellschaft beeinträchtigt ist oder Stellungnahme abgibt, erbracht werden.
eine solche Beeinträch­tigung zu
erwarten ist. (2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im
Einzelfall
Von einer seelischen Behinderung bedroht 1. in ambulanter Form,
im Sinne dieses Buches sind Kinder oder 2. in Tageseinrichtungen für Kinder
Jugendliche, bei denen eine Beeinträch­ oder in anderen teil­stationären
tigung ihrer Teilhabe am Leben in der Einrichtungen,
Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis 3. durch geeignete Pflegepersonen und
mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten 4. in Einrichtungen über Tag und Nacht
ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend. sowie sonstigen Wohn­formen geleistet.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seeli- (3) Aufgabe und Ziel der Hilfe, die
schen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Bestimmung des Personenkreises sowie
Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen die Art der Leistungen richten sich nach
Jugendhilfe die Stellungnahme § 53 Absatz 3 und 4 Satz 1, den §§ 54, 56
1. eines Arztes für Kinder- und Jugend- und 57 des Zwölften Buches, soweit diese
psychiatrie und -psychotherapie, Bestimmungen auch auf seelisch behin-
2. eines Kinder- und Jugend­psycho­ derte oder von einer solchen Behinderung
therapeuten oder bedrohte Personen Anwendung finden.

91
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu Auswahl der Einrichtung oder der Pflege-
leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste stelle zu beteiligen. Der Wahl und den
und Personen in Anspruch genommen Wünschen ist zu entsprechen, sofern sie
werden, die geeignet sind, sowohl die Auf­ nicht mit ­unverhältnismäßigen Mehr­
gaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen kosten verbunden sind. Wünschen die in
als auch den erzieherischen Bedarf zu Satz 1 genannten Personen die Erbringung
decken. Sind heilpädagogische Maßnah- einer in § 78a genannten Leistung in einer
men für Kinder, die noch nicht im schul­ Einrichtung, mit deren Träger keine Ver­
pflich­tigen Alter sind, in Tageseinrichtun- ein­barungen nach § 78b bestehen, so soll
gen für Kinder zu gewähren und lässt der der Wahl nur entsprochen werden, wenn
Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen die Erbringung der Leistung in dieser Ein-
in Anspruch genommen werden, in denen richtung nach Maßgabe des Hilfeplans
behinderte und nicht behinderte Kinder nach Absatz 2 geboten ist.
gemeinsam betreut werden.
(2) Die Entscheidung über die im Einzel-
Dritter Unterabschnitt: Gemeinsame fall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe
Vorschriften für die Hilfe zur Erzie­ voraussichtlich für längere Zeit zu leisten
hung und die Eingliederungshilfe ist, im Zusammenwirken mehrerer Fach-
für seelisch behinderte Kinder und kräfte getroffen werden. Als Grundlage
Jugendliche für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie
zusammen mit dem Personensorgeberech-
tigten und dem Kind oder dem Jugend-
§ 36 Mitwirkung, Hilfeplan lichen einen Hilfeplan aufstellen, der
Feststellungen über den Bedarf, die zu
(1) Der Personensorgeberechtigte und das gewährende Art der Hilfe sowie die not-
Kind oder der Jugendliche sind vor der wendigen Leistungen enthält; sie sollen
Entscheidung über die Inanspruchnahme regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfe-
einer Hilfe und vor einer notwendigen art weiterhin geeignet und notwendig ist.
Änderung von Art und Umfang der Hilfe Werden bei der Durchführung der Hilfe
zu beraten und auf die möglichen Folgen andere Personen, Dienste oder Einrich­
für die Entwicklung des Kindes oder des tungen tätig, so sind sie oder deren Mit-
Jugendlichen hinzuweisen. Vor und arbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans
während einer langfristig zu leistenden und seiner Überprüfung zu beteiligen.
Hilfe außerhalb der eigenen Familie ist Erscheinen Maßnahmen der beruflichen
zu prüfen, ob die Annahme als Kind in Eingliederung erforderlich, so sollen auch
Betracht kommt. Ist Hilfe außerhalb der die für die Eingliederung zustän­digen Stel-
eigenen Familie erforderlich, so sind die len beteiligt werden.
in Satz 1 genannten Personen bei der

92
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Erscheinen Hilfen nach § 35a erfor­ insbesondere der Erziehungsberatung,


derlich, so soll bei der Aufstellung und zulassen. Dazu soll er mit den Leistungs­
Änderung des Hilfeplans sowie bei der erbringern Verein­barungen schließen, in
Durchführung der Hilfe die Person, die denen die Voraussetzungen und die Aus-
eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a gestaltung der Leistungserbringung sowie
abgegeben hat, beteiligt werden. die Übernahme der Kosten geregelt werden.

(4) Vor einer Entscheidung über die (3) Werden Hilfen abweichend von den
Gewährung einer Hilfe, die ganz oder Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtig-
teilweise im Ausland erbracht wird, soll ten selbst beschafft, so ist der Träger der
zur Feststellung einer seelischen Störung öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme
mit Krankheitswert die Stellungnahme der erforderlichen Aufwendungen nur
einer in § 35a Absatz 1a Satz 1 genannten verpflichtet, wenn
Person eingeholt werden. 1. der Leistungsberechtigte den Träger
der öffentlichen Jugendhilfe vor der
Selbstbeschaffung über den Hilfe­
§ 36a Steuerungsverantwortung, bedarf in Kenntnis gesetzt hat,
Selbstbeschaffung 2. die Voraussetzungen für die Gewäh-
rung der Hilfe vorlagen und
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhil- 3. die Deckung des Bedarfs
fe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich a) bis zu einer Entscheidung des
nur dann, wenn sie auf der Grundlage Trägers der öffentlichen Jugend­
seiner Entscheidung nach Maßgabe des hilfe über die Gewährung der
Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- Leistung oder
und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt b) bis zu einer Entscheidung über ein
auch in den Fällen, in denen Eltern durch Rechtsmittel nach einer zu Unrecht
das Familiengericht oder Jugendliche und abgelehnten Leistung keinen zeit­
junge Volljährige durch den Jugendrichter lichen Aufschub geduldet hat.
zur Inanspruchnahme von Hilfen ver-
pflichtet werden. Die Vorschriften über War es dem Leistungsberechtigten unmög-
die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe lich, den Träger der öffentlichen Jugend-
bleiben unberührt. hilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in
Kenntnis zu setzen, so hat er dies unver-
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der züglich nach Wegfall des Hinderungs­
Träger der öffentlichen Jugendhilfe die grundes nachzuholen.
niedrigschwellige unmittelbare Inan-
spruchnahme von ambulanten Hilfen,

93
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 37 Zusammenarbeit bei Hilfen hilfe gewährt wird oder die Pflegeperson
außerhalb der eigenen Familie nicht der Erlaubnis zur Vollzeitpflege nach
§ 44 bedarf. Lebt das Kind oder der Jugend-
(1) Bei Hilfen nach §§ 32 bis 34 und § 35a liche bei einer Pflegeperson außerhalb des
Absatz 2 Nummer 3 und 4 soll darauf Bereichs des zuständigen Trägers der
hingewirkt werden, dass die Pflegeperson öffentlichen Jugendhilfe, so sind orts­nahe
oder die in der Einrichtung für die Erzie- Beratung und Unterstützung sicher­zu­
hung verantwortlichen Personen und die stellen. Der zuständige Träger der öffent­
Eltern zum Wohl des Kindes oder des lichen Jugendhilfe hat die aufgewendeten
Jugendlichen zusammenarbeiten. Durch Kosten einschließlich der Verwaltungs­
Beratung und Unterstützung sollen die kosten auch in den Fällen zu erstatten, in
Erziehungs­bedingungen in der Herkunfts- denen die Beratung und Unter­stützung
familie innerhalb eines im Hinblick auf im Wege der Amtshilfe geleistet wird. § 23
die Entwicklung des Kindes oder Jugend- Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.
lichen vertretbaren Zeitraums so weit
verbessert werden, dass sie das Kind oder (2a) Die Art und Weise der Zusammen-
den Jugendlichen wieder selbst erziehen arbeit sowie die damit im Einzelfall ver-
kann. Während dieser Zeit soll durch bundenen Ziele sind im Hilfeplan zu doku-
begleitende Beratung und Unterstützung mentieren. Bei Hilfen nach den §§ 33, 35a
der Familien darauf hingewirkt werden, Absatz 2 Nummer 3 und 41 zählen dazu
dass die Beziehung des Kindes oder auch der vereinbarte Umfang der Beratung
Jugendlichen zur Herkunftsfamilie geför- der Pflegeperson sowie die Höhe der
dert wird. Ist eine nachhaltige Verbesse- laufenden Leistungen zum Unterhalt des
rung der Erziehungsbedin­gun­gen in der Kindes oder Jugendlichen. Eine Abwei-
Herkunftsfamilie innerhalb dieses Zeit- chung von den dort getroffenen Fest­
raums nicht erreichbar, so soll mit den stellungen ist nur bei einer Änderung des
beteiligten Personen eine andere, dem Hilfe­bedarfs und entsprechender Ände-
Wohl des Kindes oder des Jugendlichen rung des Hilfeplans zulässig.
förderliche und auf Dauer angelegte
Lebensperspektive erarbeitet werden. (3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen
des Einzelfalls entsprechend an Ort und
(2) Die Pflegeperson hat vor der Aufnah- Stelle überprüfen, ob die Pflegeperson eine
me des Kindes oder des Jugendlichen und dem Wohl des Kindes oder des Jugend­
während der Dauer des Pflegeverhältnisses lichen förderliche Erziehung gewährleistet.
Anspruch auf Beratung und Unterstützung; Die Pflegeperson hat das Jugendamt über
dies gilt auch in den Fällen, in denen für wichtige Ereignisse zu unterrichten, die
das Kind oder den Jugendlichen weder das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen
­Hilfe zur Erziehung noch Eingliederungs- betreffen.

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Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 38 Vermittlung bei der Ausübung festgesetzt; die Beträge sollen nach Alters-
der Personensorge gruppen gestaffelt sein. Die laufenden
Leistungen im Rahmen der Hilfe in Voll­
Sofern der Inhaber der Personensorge zeit­pflege (§ 33) oder bei einer geeigneten
durch eine Erklärung nach § 1688 Absatz 3 Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3)
Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.
Vertretungsmacht der Pflegeperson so weit
einschränkt, dass dies eine dem Wohl des (3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse
Kindes oder des Jugendlichen förderliche können insbesondere zur Erst­ausstattung
Erziehung nicht mehr ermöglicht, sowie einer Pflegestelle, bei wichtigen persön-
bei sonstigen Meinungsverschiedenheiten lichen Anlässen sowie für Urlaubs- und
sollen die Beteiligten das Jugendamt Ferienreisen des Kindes oder des Jugend-
einschalten. lichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf


§ 39 Leistungen zum Unterhalt des der Grundlage der tatsächlichen Kosten
Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden, sofern sie einen ange-
messenen Umfang nicht übersteigen. Die
(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder laufenden Leistungen umfassen auch die
nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 Erstattung nachgewiesener Aufwendun-
gewährt, so ist auch der notwendige gen für Beiträge zu einer Unfallversiche-
Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen rung sowie die hälftige Erstattung nach-
außerhalb des Elternhauses sicherzu­stellen. gewiesener Aufwendungen zu einer
Er umfasst die Kosten für den Sachauf- angemessenen Alterssicherung der Pflege-
wand sowie die Pflege und Erziehung person. Sie sollen in einem monatlichen
des Kindes oder Jugendlichen. Pauschalbetrag gewährt werden, soweit
nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls
(2) Der gesamte regelmäßig wieder­keh­ abweichende Leistungen geboten sind. Ist
rende Bedarf soll durchlaufende Leistun- die Pflegeperson in gerader Linie mit dem
gen gedeckt werden. Sie umfassen außer Kind oder Jugendlichen verwandt und
im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 kann sie diesem unter Berücksichtigung
Nummer 2 auch einen angemessenen ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne
Barbetrag zur persönlichen Verfügung Gefährdung ihres angemessenen Unter-
des Kindes oder des Jugendlichen. Die halts Unterhalt gewähren, so kann der Teil
Höhe des Betrages wird in den Fällen der des monatlichen Pauschalbetrags, der die
§§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der Kosten für den Sachaufwand des Kindes
nach Landesrecht zuständigen Behörde oder Jugendlichen betrifft, angemessen

95
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein § 40 Krankenhilfe


Jugendlicher im Bereich eines anderen
Jugendamts untergebracht, so soll sich Wird Hilfe nach den §§ 33 bis 35 oder nach
die Höhe des zu gewährenden Pauschal- § 35a Absatz 2 Nummer 3 und 4 gewährt,
betrages nach den Verhältnissen richten, so ist auch Krankenhilfe zu leisten; für den
die am Ort der Pflege gelten. Umfang der Hilfe gelten die §§ 47 bis 52
des Zwölften Buches entsprechend.
(5) Die Pauschalbeträge für laufende Krankenhilfe muss den im Einzelfall not-
Leistungen zum Unterhalt sollen von den wendigen Bedarf in voller Höhe befriedi-
nach Landesrecht zustän­digen Behörden gen. Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen
festgesetzt werden. Dabei ist dem alters- sind zu übernehmen. Das Jugendamt kann
bedingt unterschiedlichen Unterhalts­ in geeigneten Fällen die Beiträge für eine
bedarf von Kindern und Jugendlichen freiwillige Krankenversicherung überneh-
durch eine Staffelung der Beträge nach men, soweit sie angemessen sind.
Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das
Nähere regelt Landesrecht. Vierter Unterabschnitt: Hilfe für junge
Volljährige
(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im
Rahmen des Familienleistungsausgleichs
nach § 31 des Einkommensteuergesetzes § 41 Hilfe für junge Volljährige,
bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist Nachbetreuung
ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages,
der nach § 66 des Einkommensteuergeset- (1) Einem jungen Volljährigen soll Hilfe
zes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die für die Persönlichkeitsentwicklung und zu
laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das einer eigenverantwortlichen Lebensfüh-
Kind oder der Jugendliche nicht das älteste rung gewährt werden, wenn und solange
Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich die Hilfe aufgrund der indivi­duellen
der Anrechnungsbetrag für dieses Kind Situation des jungen Menschen notwendig
oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel ist. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur
des Betrages, der für ein erstes Kind zu Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt;
zahlen ist. in begrün­deten Einzel­fällen soll sie für
einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus
(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche fortgesetzt werden.
während ihres Aufenthaltes in einer Ein-
richtung oder einer Pflegefamilie selbst (2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten
Mutter eines Kindes, so ist auch der notwen­ § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30,
dige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen. 33 bis 36, 39 und 40 ent­sprechend mit der

96
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Maßgabe, dass an die Stelle des Personen­ 3. ein ausländisches Kind oder ein aus-
sorgeberechtigten oder des Kindes oder des ländischer Jugendlicher unbegleitet
Jugendlichen der junge Volljährige tritt. nach Deutschland kommt und sich
weder Personensorge- noch Erzie­
(3) Der junge Volljährige soll auch nach hungs­berechtigte im Inland aufhalten.
Beendigung der Hilfe bei der Verselbst-
ständigung im notwendigen Umfang Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis,
beraten und unterstützt werden. ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer
geeigneten Person, in einer geeigneten
Einrichtung oder in einer sonstigen Wohn-
form vorläufig unterzubringen; im Fall von
Drittes Kapitel – Andere Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen
­Aufgaben der Jugendhilfe Jugendlichen von einer anderen Person
wegzunehmen.

Erster Abschnitt: Vorläufige (2) Das Jugendamt hat während der


­Maßnahmen zum Schutz von Kindern Inobhutnahme die Situation, die zur
und Jugendlichen Inobhutnahme geführt hat, zusammen
mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu
klären und Möglichkeiten der Hilfe und
§ 42 Inobhutnahme von Kindern Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind
und Jugendlichen oder dem Jugendlichen ist unverzüglich
Gelegenheit zu geben, eine Person seines
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und Vertrauens zu benachrichtigen. Das
verpflichtet, ein Kind oder einen Jugend- Jugendamt hat während der Inobhut­
lichen in seine Obhut zu nehmen, wenn nahme für das Wohl des Kindes oder des
1. das Kind oder der Jugendliche um Jugendlichen zu sorgen und dabei den
Obhut bittet oder ­notwendigen Unterhalt und die Kranken-
2. eine dringende Gefahr für das Wohl hilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2
des Kindes oder des Jugendlichen die gilt entsprechend. Das Jugendamt ist
Inobhutnahme erfordert und während der Inobhutnahme berechtigt,
a) die Personensorgeberech­tigten alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die
nicht widersprechen oder zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen
b) eine familiengerichtliche notwendig sind; der mutmaßliche Wille
Entscheidung nicht recht­zeitig der Personensorge- oder der Erziehungs-
eingeholt werden kann oder berechtigten ist dabei angemessen zu
berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1

97
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechts- Sind die Personensorge- oder Erziehungs-
handlungen nach Satz 4, zu denen das berechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2
Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere Nummer 2 entsprechend. Im Fall des
die unverzügliche Stellung eines Asyl­ Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüg-
antrags für das Kind oder den Jugend­ lich die Bestellung eines Vormunds oder
lichen in Fällen, in denen Tatsachen die Pflegers zu veranlassen. Widersprechen
Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder die Personensorgeberechtigten der Inob-
der Jugendliche inter­nationalen Schutz hutnahme nicht, so ist unverzüglich ein
im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer
Asyl­gesetzes benötigt; dabei ist das Kind Hilfe einzuleiten.
oder der Jugendliche zu beteiligen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
(3) Das Jugendamt hat im Fall des 1. der Übergabe des Kindes oder
Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Jugendlichen an die Personensorge-
Personensorge- oder Erziehungsberech­ oder Erziehungsberech­tigten,
tigten unverzüglich von der Inobhut­ 2. der Entscheidung über die Gewährung
nahme zu unterrichten und mit ihnen von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
das Gefährdungsrisiko abzuschätzen.
Widersprechen die Personensorge- oder (5) Freiheitsentziehende Maßnahmen
Erziehungs­berechtigten der Inobhutnah- im Rahmen der Inobhutnahme sind nur
me, so hat das Jugendamt unverzüglich zulässig, wenn und soweit sie erforderlich
1. das Kind oder den Jugendlichen den sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben
Personensorge- oder Erziehungs­be­ des Kindes oder des Jugendlichen oder
rechtigten zu übergeben, sofern nach eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter
der Einschätzung des Jugendamts eine abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist
Gefährdung des Kindeswohls nicht ohne gerichtliche Entscheidung spätestens
besteht oder die Personensorge- oder mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn
Erziehungs­berechtigten bereit und in zu beenden.
der Lage sind, die Gefährdung abzu-
wenden oder (6) Ist bei der Inobhutnahme die
2. eine Entscheidung des Familienge- Anwendung unmittelbaren Zwangs
richts über die erforderlichen Maß- erforderlich, so sind die dazu befugten
nahmen zum Wohl des Kindes oder Stellen hinzuzuziehen.
des Jugendlichen herbeizuführen.

98
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 42a Vorläufige Inobhutnahme von 4. ob der Gesundheitszustand des Kindes


ausländischen Kindern und oder des Jugendlichen die Durch­
Jugendlichen nach unbegleite- führung des Verteilungsverfahrens
ter Einreise innerhalb von 14 Werktagen nach
Beginn der vorläufigen Inobhutnahme
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und ausschließt; hierzu soll eine ärztliche
verpflichtet, ein ausländisches Kind oder Stellungnahme eingeholt werden.
einen ausländischen Jugendlichen vor­
läufig in Obhut zu nehmen, sobald dessen Auf der Grundlage des Ergebnisses der
unbegleitete Einreise nach Deutschland Einschätzung nach Satz 1 entscheidet das
festgestellt wird. Ein ausländisches Kind Jugendamt über die Anmeldung des Kin-
oder ein auslän­discher Jugendlicher ist des oder des Jugendlichen zur Verteilung
grundsätzlich dann als unbegleitet zu oder den Ausschluss der Verteilung.
betrachten, wenn die Einreise nicht in
Begleitung eines Personensorgeberechtig- (3) Das Jugendamt ist während der vor-
ten oder Erziehungsberechtigten erfolgt; läufigen Inobhutnahme berechtigt und
dies gilt auch, wenn das Kind oder der verpflichtet, alle Rechtshandlungen vor­
Jugendliche verheiratet ist. § 42 Absatz 1 zunehmen, die zum Wohl des Kindes oder
Satz 2, Absatz 2 Satz 2 und 3, Absatz 5 sowie des Jugendlichen notwendig sind. Dabei
6 gilt entsprechend. ist das Kind oder der Jugendliche zu
beteiligen und der mutmaßliche Wille der
(2) Das Jugendamt hat während der Personen- oder der Erziehungsberechtig-
vor­läufigen Inobhutnahme zusammen ten angemessen zu berücksichtigen.
mit dem Kind oder dem Jugendlichen
einzuschätzen, (3a) Das Jugendamt hat dafür Sorge zu
1. ob das Wohl des Kindes oder des tragen, dass für die in Absatz 1 genannten
Jugendlichen durch die Durch­führung Kinder oder Jugendlichen unverzüglich
des Verteilungsverfahrens gefährdet erkennungsdienstliche Maßnahmen nach
würde, § 49 Absatz 8 und 9 des Aufenthaltsgeset-
2. ob sich eine mit dem Kind oder dem zes durchgeführt werden, wenn Zweifel
Jugendlichen verwandte Person im über die Identität bestehen.
Inland oder im Ausland aufhält,
3. ob das Wohl des Kindes oder des
Jugendlichen eine gemeinsame (4) Das Jugendamt hat der nach Landes-
Inobhutnahme mit Geschwistern recht für die Verteilung von unbegleiteten
oder anderen unbegleiteten auslän­ ausländischen Kindern und Jugendlichen
dischen Kindern oder Jugendlichen zuständigen Stelle die vorläufige Inobhut-
erfordert und nahme des Kindes oder des Jugendlichen

99
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

innerhalb von sieben Werktagen nach ist an der Über­gabe und an der Entschei-


Beginn der Maßnahme zur Erfüllung der dung über die Familienzusammenführung
in § 42b genannten Aufgaben mitzuteilen. angemessen zu beteiligen.
Zu diesem Zweck sind auch die Ergebnisse
der Einschätzung nach Absatz 2 Satz 1 (6) Die vorläufige Inobhutnahme endet
mitzuteilen. Die nach Landesrecht zustän- mit der Übergabe des Kindes oder des
dige Stelle hat gegenüber dem Bundes­ Jugendlichen an die Personensorge- oder
verwaltungsamt innerhalb von drei Werk- Erziehungsberechtigten oder an das auf-
tagen das Kind oder den Jugendlichen grund der Zuweisungsentscheidung der
zur Verteilung anzumelden oder den zuständigen Landesbehörde nach § 88a
Ausschluss der Verteilung anzuzeigen. Absatz 2 Satz 1 zuständige Jugendamt oder
mit der Anzeige nach Absatz 4 Satz 3 über
(5) Soll das Kind oder der Jugendliche im den Ausschluss des Verteilungsverfahrens
Rahmen eines Verteilungsver­fahrens nach § 42b Absatz 4.
untergebracht werden, so umfasst die
vorläufige Inobhut­nahme auch die Pflicht,
1. die Begleitung des Kindes oder des § 42b Verfahren zur Verteilung
Jugendlichen und dessen Übergabe unbegleiteter ausländischer
durch eine insofern geeignete Person Kinder und Jugendlicher
an das für die Inobhutnahme nach
§ 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zu­ (1) Das Bundesverwaltungsamt benennt
ständige Jugendamt sicherzustellen innerhalb von zwei Werktagen nach
sowie Anmeldung eines unbegleiteten auslän­
2. dem für die Inobhutnahme nach § 42 dischen Kindes oder Jugendlichen zur
Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständigen Verteilung durch die zuständige Landes-
Jugendamt unverzüglich die personen­ stelle das zu dessen Aufnahme verpflich­
bezogenen Daten zu übermitteln, die tete Land. Maßgebend dafür ist die
zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Aufnahmequote nach § 42c.
§ 42 erforderlich sind.
(2) Im Rahmen der Aufnahmequote nach
Hält sich eine mit dem Kind oder dem § 42c soll vorrangig dasjenige Land benannt
Jugendlichen verwandte Person im Inland werden, in dessen Bereich das Jugendamt
oder im Ausland auf, hat das Jugendamt liegt, das das Kind oder den Jugendlichen
auf eine Zusammenführung des Kindes nach § 42a vorläufig in Obhut genommen
oder des Jugendlichen mit dieser Person hat. Hat dieses Land die Aufnahmequote
hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl nach § 42c bereits erfüllt, soll das nächst-
entspricht. Das Kind oder der Jugendliche gelegene Land benannt werden.

100
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Die nach Landesrecht für die Ver­ die Prüfung eines von einem Dritt-
teilung von unbegleiteten auslän­dischen staatsangehörigen oder Staatenlosen
Kindern oder Jugendlichen zuständige in einem Mitgliedstaat gestellten
Stelle des nach Absatz 1 benannten Landes Antrags auf internationalen Schutz
weist das Kind oder den Jugend­lichen ­zuständig ist (ABl. L 180 vom 29. Juni
innerhalb von zwei Werktagen einem in 2013, Seite 31), und dies dem Wohl des
seinem Bereich gelegenen Jugendamt zur Kindes entspricht oder
Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 4. die Durchführung des Verteilungs­
Nummer 3 zu und teilt dies demjenigen verfahrens nicht innerhalb von einem
Jugendamt mit, welches das Kind oder Monat nach Beginn der vorläufigen
den Jugendlichen nach § 42a vorläufig in Inobhutnahme erfolgt.
Obhut genommen hat. Maßgeblich für die
Zuweisung sind die spezifischen Schutz- (5) Geschwister dürfen nicht getrennt
bedürfnisse und Bedarfe unbegleiteter werden, es sei denn, dass das Kindeswohl
ausländischer Minderjähriger. Für die eine Trennung erfordert. Im Übrigen sollen
Verteilung von unbegleiteten ausländi- unbegleitete ausländische Kinder oder
schen Kindern oder Jugendlichen ist das Jugendliche im Rahmen der Aufnahme-
Landesjugendamt zuständig, es sei denn, quote nach § 42c nach Durchführung des
dass Landesrecht etwas anderes regelt. Verteilungsverfahrens gemeinsam nach
§ 42 in Obhut genommen werden, wenn
(4) Die Durchführung eines Verteilungs- das Kindeswohl dies erfordert.
verfahrens ist bei einem unbe­gleiteten
ausländischen Kind oder Jugendlichen (6) Der örtliche Träger stellt durch werk-
ausgeschlossen, wenn tägliche Mitteilungen sicher, dass die nach
1. dadurch dessen Wohl gefährdet würde, Landesrecht für die Verteilung von unbe-
2. dessen Gesundheitszustand die Durch- gleiteten ausländischen Kindern und
führung eines Verteilungsverfahrens Jugend­lichen zuständige Stelle jederzeit
innerhalb von 14 Werktagen nach über die für die Zuweisung nach Absatz 3
Beginn der vorläufigen Inobhutnahme erforderlichen Angaben unterrichtet wird.
gemäß § 42a nicht zulässt, Die nach Landesrecht für die Verteilung
3. dessen Zusammenführung mit einer von unbegleiteten ausländischen Kindern
verwandten Person kurzfristig erfol- oder Jugend­lichen zuständige Stelle stellt
gen kann, zum Beispiel aufgrund der durch werktägliche Mitteilungen sicher,
Verordnung (EU) Nummer 604/2013 dass das Bundesverwaltungsamt jederzeit
des Europäischen Parlaments und des über die Angaben unterrichtet wird, die
Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung für die Benennung des zur Aufnahme ver-
der Kriterien und Verfahren zur Be­ pflichteten Landes nach Absatz 1 erforder-
stimmung des Mitgliedstaats, der für lich sind.

101
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(7) Gegen Entscheidungen nach dieser (2) Ist die Durchführung des Verteilungs-
Vorschrift findet kein Widerspruch statt. verfahrens ausgeschlossen, wird die Anzahl
Die Klage gegen Entscheidungen nach der im Land verbleibenden unbegleiteten
dieser Vorschrift hat keine aufschiebende ausländischen Kinder und Jugendlichen
Wirkung. auf die Aufnahmequote nach Absatz 1
angerechnet. Gleiches gilt, wenn der ört-
(8) Das Nähere regelt das Landesrecht. liche Träger eines anderen Landes die
Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines
unbegleiteten auslän­dischen Kindes oder
§ 42c Aufnahmequote Jugendlichen von dem nach § 88a Absatz 2
zuständigen örtlichen Träger übernimmt.
(1) Die Länder können durch Verein­
barung einen Schlüssel als Grundlage für (3) Bis zum 1. Mai 2017 wird die Aufnah-
die Benennung des zur Aufnahme ver- mepflicht durch einen Abgleich der
pflichteten Landes nach § 42b Absatz 1 aktuellen Anzahl unbegleiteter auslän­
festlegen. Bis zum Zustandekommen discher Minderjähriger in den Ländern
dieser Vereinbarung oder bei deren Wegfall mit der Aufnahmequote nach Absatz 1
richtet sich die Aufnahmequote für das werktäglich ermittelt.
jeweilige Kalenderjahr nach dem von dem
Büro der Gemeinsamen Wissenschafts-
konferenz im Bundesanzeiger veröffent- § 42d Übergangsregelung
lichten Schlüssel, der für das vorangegan-
gene Kalenderjahr entsprechend den (1) Kann ein Land die Anzahl von unbe-
Steuer­einnahmen und der Bevölkerungs- gleiteten ausländischen Kindern oder
zahl der Länder errechnet worden ist Jugendlichen, die seiner Aufnahmequote
(Königsteiner Schlüssel), und nach dem nach § 42c entspricht, nicht aufnehmen,
Ausgleich für den Bestand der Anzahl so kann es dies gegenüber dem Bundes­
unbegleiteter ausländischer Minderjähri- verwaltungsamt anzeigen.
ger, denen am 1. November 2015 in den
einzelnen Ländern Jugendhilfe gewährt (2) In diesem Fall reduziert sich für das
wird. Ein Land kann seiner Aufnahme- Land die Aufnahmequote
pflicht eine höhere Quote als die Aufnah- 1. bis zum 1. Dezember 2015 um
mequote nach Satz 1 oder 2 zugrunde zwei Drittel sowie
legen; dies ist gegenüber dem Bundes­ 2. bis zum 1. Januar 2016 um ein Drittel.
verwaltungsamt anzuzeigen.

102
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Bis zum 31. Dezember 2016 kann § 42e Berichtspflicht


die Ausschlussfrist nach § 42b Absatz 4
Nummer 4 um einen Monat verlängert Die Bundesregierung hat dem Deutschen
werden, wenn die zuständige Landesstelle Bundestag jährlich einen Bericht über die
gegenüber dem Bundesverwaltungsamt Situation unbegleiteter ausländischer
anzeigt, dass die Durchführung des Ver­ Minderjähriger in Deutschland vorzulegen.
teilungsverfahrens in Bezug auf einen
unbegleiteten ausländischen Minderjäh­
rigen nicht innerhalb dieser Frist erfolgen § 42f Behördliches Verfahren
kann. In diesem Fall hat das Jugendamt zur Altersfeststellung
nach Ablauf eines Monats nach Beginn
der vorläufigen Inobhutnahme die Bestel- (1) Das Jugendamt hat im Rahmen der
lung eines Vormunds oder Pflegers zu vorläufigen Inobhutnahme der aus­län­
veranlassen. dischen Person gemäß § 42a deren Min-
derjährigkeit durch Einsichtnahme in
(4) Ab dem 1. August 2016 ist die Geltend- deren Ausweispapiere festzustellen oder
machung des Anspruchs des örtlichen hilfsweise mittels einer qualifizierten
Trägers gegenüber dem nach § 89d Inaugenscheinnahme einzuschätzen und
Absatz 3 erstattungspflichtigen Land fest­zustellen. § 8 Absatz 1 und § 42 Absatz 2
auf Erstattung der Kosten, die vor dem Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.
1. November 2015 entstanden sind, aus­
geschlossen. Der Erstattungs­anspruch des (2) Auf Antrag des Betroffenen oder
örtlichen Trägers gegenüber dem nach seines Vertreters oder von Amts wegen hat
§ 89d Absatz 3 erstat­tungs­pflich­tigen Land das Jugendamt in Zweifelsfällen eine ärzt-
verjährt in einem Jahr; im Übrigen gilt liche Untersuchung zur Alters­bestimmung
§ 113 des Zehnten Buches entsprechend. zu veranlassen. Ist eine ärztliche Untersu-
chung durch­zuführen, ist die betroffene
(5) Die Geltendmachung des Anspruchs Person durch das Jugendamt umfassend
des örtlichen Trägers gegenüber dem nach über die Untersuchungsmethode und über
§ 89d Absatz 3 erstattungspflich­tigen Land die möglichen Folgen der Altersbestim-
auf Erstattung der Kosten, die nach dem mung aufzuklären. Ist die ärztliche Unter-
1. November 2015 ent­standen sind, ist suchung von Amts wegen durchzuführen,
ausgeschlossen. Die Erstattung dieser ist die betroffene Person zusätzlich über
Kosten richtet sich nach § 89d Absatz 1. die Folgen einer Weigerung, sich der
ärztlichen Untersuchung zu unterziehen,

103
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

aufzuklären; die Untersuchung darf nur ist. Geeignet im Sinne des Satzes 1 sind


mit Einwilligung der betroffenen Person Personen, die
und ihres Vertreters durchgeführt werden. 1. sich durch ihre Persönlichkeit, Sach-
Die §§ 60, 62 und 65 bis 67 des Ersten kompetenz und Kooperationsbereit-
Buches sind entsprechend anzuwenden. schaft mit Erziehungsberechtigten
und anderen Tagespflege­personen
(3) Widerspruch und Klage gegen die auszeichnen und
Entscheidung des Jugendamts, aufgrund 2. über kindgerechte Räumlich­keiten
der Altersfeststellung nach dieser Vor- verfügen.
schrift die vorläufige Inobhutnahme nach
§ 42a oder die Inobhutnahme nach § 42 Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hin-
Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 abzu­lehnen sichtlich der Anforderungen der Kinder-
oder zu beenden, haben keine aufschie- tagespflege verfügen, die sie in qualifizier-
bende Wirkung. Landesrecht kann bestim- ten Lehrgängen erworben oder in anderer
men, dass gegen diese Entscheidung Klage Weise nachgewiesen haben. § 72a Absatz 1
ohne Nachprüfung in einem Vorverfahren und 5 gilt entsprechend.
nach § 68 der Verwaltungs­gerichtsordnung
erhoben werden kann. (3) Die Erlaubnis befugt zur Betreuung
von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden,
fremden Kindern. Im Einzelfall kann die
Zweiter Abschnitt: Schutz von Kindern Erlaubnis für eine geringere Zahl von
und Jugendlichen in Familienpflege Kindern erteilt werden. Landesrecht
und in Einrichtungen kann bestimmen, dass die Erlaubnis zur
Betreuung von mehr als fünf gleichzei-
tig anwesenden, fremden Kindern erteilt
§ 43 Erlaubnis zur werden kann, wenn die Person über
­Kindertagespflege eine pädago­gische Ausbildung verfügt;
in der Pflegestelle dürfen nicht mehr
(1) Eine Person, die ein Kind oder mehrere Kinder betreut werden als in einer ver-
Kinder außerhalb des Haushalts des Erzie- gleichbaren Gruppe einer Tages­einrich­
hungsberechtigten während eines Teils des tung. Die Erlaubnis ist auf fünf Jahre
Tages und mehr als 15 Stunden wöchent- befristet. Sie kann mit einer Nebenbestim-
lich gegen Entgelt länger als drei Monate mung versehen werden. Die Tagespflege-
betreuen will, bedarf der Erlaubnis. person hat den Träger der öffentlichen
Jugendhilfe über wich­tige Ereignisse zu
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die unterrichten, die für die Betreuung des
Person für die Kindertagespflege geeignet oder der Kinder bedeutsam sind.

104
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(4) Erziehungsberechtigte und Tagespfle- (3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen


gepersonen haben Anspruch auf Beratung des Einzelfalls entsprechend an Ort und
in allen Fragen der Kinder­tagespflege. Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen
für die Erteilung der Erlaubnis weiter
(5) Das Nähere regelt das Landesrecht. bestehen. Ist das Wohl des Kindes oder des
Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet
und ist die Pflegeperson nicht bereit oder
§ 44 Erlaubnis zur Vollzeitpflege in der Lage, die Gefährdung abzuwenden,
so ist die Erlaubnis zurückzunehmen oder
(1) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen zu widerrufen.
über Tag und Nacht in seinem Haushalt
aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der (4) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen
Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, in erlaubnispflichtige Familienpflege
wer ein Kind oder einen Jugendlichen aufgenommen hat, hat das Jugendamt
1. im Rahmen von Hilfe zur Erziehung über wichtige Ereignisse zu unterrichten,
oder von Eingliederungshilfe für die das Wohl des Kindes oder des Jugend-
seelisch behin­derte Kinder und lichen betreffen.
Jugendliche aufgrund einer Ver­
mittlung durch das Jugendamt,
2. als Vormund oder Pfleger im Rahmen § 45 Erlaubnis für den Betrieb einer
seines Wirkungskreises, Einrichtung
3. als Verwandter oder Verschwägerter
bis zum dritten Grad, (1) Der Träger einer Einrichtung, in der
4. bis zur Dauer von acht Wochen, Kinder oder Jugendliche ganztägig oder
5. im Rahmen eines Schüler- oder für einen Teil des Tages betreut werden
Jugendaustausches, oder Unterkunft erhalten, bedarf für den
6. in Adoptionspflege (§ 1744 des Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis.
Bürgerlichen Gesetzbuchs) über Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer
Tag und Nacht aufnimmt. 1. eine Jugendfreizeiteinrichtung, eine
Jugendbildungseinrichtung, eine
(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Jugendherberge oder ein Schulland-
das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen heim betreibt,
in der Pflege­stelle nicht gewährleistet ist. 2. ein Schülerheim betreibt, das landes-
§ 72a Absatz 1 und 5 gilt entsprechend. gesetzlich der Schulaufsicht untersteht,

105
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

3. eine Einrichtung betreibt, die außer- (3) Zur Prüfung der Voraussetzungen hat
halb der Jugendhilfe liegende Auf­ga­ben der Träger der Einrichtung mit dem Antrag
für Kinder oder Jugendliche wahr­ 1. die Konzeption der Einrichtung
nimmt, wenn für sie eine entsprechen- vorzulegen, die auch Auskunft über
de gesetzliche Aufsicht besteht oder Maßnahmen zur Qualitätsentwick-
im Rahmen des Hotel- und Gast­ lung und -sicherung gibt, sowie
stättengewerbes der Aufnahme von 2. im Hinblick auf die Eignung des Per-
Kindern oder Jugendlichen dient. sonals nachzuweisen, dass die Vorlage
und Prüfung von aufgabenspezifi-
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das schen Aus­bildungsnachweisen sowie
Wohl der Kinder und Jugendlichen in der von Führungszeugnissen nach § 30
Einrichtung gewährleistet ist. Dies ist in Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bun-
der Regel anzunehmen, wenn deszentralregistergesetzes sicherge-
1. die dem Zweck und der Kon­zep­tion stellt sind; Führungszeugnisse sind
der Einrichtung entsprechenden von dem Träger der Einrichtung in
räumlichen, fachlichen, wirtschaft- regelmäßigen Abständen erneut anzu-
lichen und personellen Vorausset­ fordern und zu prüfen.
zungen für den Betrieb erfüllt sind,
2. die gesellschaftliche und sprachliche (4) Die Erlaubnis kann mit Nebenbestim-
Integration und ein gesundheits­ mungen versehen werden. Zur Sicherung
förderliches Lebensumfeld in der des Wohls der Kinder und der Jugend­
Einrichtung unterstützt werden sowie lichen können auch nach­trägliche Auf­
die gesundheitliche Vorsorge und die lagen erteilt werden.
medizinische Betreuung der Kinder
und Jugendlichen nicht erschwert (5) Besteht für eine erlaubnispflichtige
werden sowie Einrichtung eine Aufsicht nach anderen
3. zur Sicherung der Rechte von Kindern Rechtsvorschriften, so hat die zuständige
und Jugendlichen in der Einrichtung Behörde ihr Tätigwerden zuvor mit der
geeignete Verfahren der Beteiligung anderen Behörde abzustimmen. Sie hat
sowie der Möglichkeit der Beschwerde den Träger der Einrichtung rechtzeitig
in persönlichen Angelegenheiten auf weitergehende Anforderungen nach
Anwendung finden. anderen Rechtsvorschriften hinzuweisen.

(6) Sind in einer Einrichtung Mängel fest-


gestellt worden, so soll die zuständige Be-
hörde zunächst den Träger der Einrichtung

106
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

über die Möglichkeiten zur Beseitigung § 46 Örtliche Prüfung


der Mängel beraten. Wenn sich die
Beseitigung der Mängel auf Entgelte oder (1) Die zuständige Behörde soll nach den
Vergütungen nach § 75 des Zwölften Erfordernissen des Einzelfalls an Ort und
Buches auswirken kann, so ist der Träger Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen
der Sozialhilfe an der Beratung zu beteili- für die Erteilung der Erlaubnis weiter
gen, mit dem Vereinbarungen nach dieser bestehen. Der Träger der Ein­richtung soll
Vorschrift bestehen. Werden fest­gestellte bei der örtlichen Prüfung mitwirken. Sie
Mängel nicht behoben, so können dem soll das Jugendamt und einen zentralen
Träger der Einrichtung Auflagen erteilt Träger der freien Jugendhilfe, wenn diesem
werden, die zur Beseitigung einer einge­ der Träger der Einrichtung angehört, an
tretenen oder Abwendung einer drohen- der Überprüfung beteiligen.
den Beeinträchtigung oder Gefährdung
des Wohls der Kinder oder Jugendlichen (2) Die von der zuständigen Behörde mit
erforderlich sind. Wenn sich eine Auflage der Überprüfung der Einrichtung beauf-
auf Entgelte oder Vergütungen nach § 75 tragten Personen sind berechtigt, die für
des Zwölften Buches auswirkt, so entschei- die Einrichtung benutzten Grundstücke
det die zuständige Behörde nach Anhö- und Räume, soweit diese nicht einem
rung des Trägers der Sozialhilfe, mit dem Hausrecht der Bewohner unterliegen,
Vereinbarungen nach dieser Vorschrift während der Tageszeit zu betreten, dort
bestehen, über die Erteilung der Auflage. Prüfungen und Besich­tigungen vorzuneh-
Die Auflage ist nach Möglichkeit in Über- men, sich mit den Kindern und Jugend-
einstimmung mit Vereinbarungen nach lichen in Verbindung zu setzen und die
den §§ 75 bis 80 des Zwölften Buches Beschäftigten zu befragen. Zur Abwehr von
auszugestalten. Gefahren für das Wohl der Kinder und der
Jugendlichen können die Grund­stücke und
(7) Die Erlaubnis ist zurückzunehmen Räume auch außerhalb der in Satz 1 ge-
oder zu widerrufen, wenn das Wohl der nannten Zeit und auch, wenn sie zugleich
Kinder oder der Jugendlichen in der Ein- einem Hausrecht der Bewohner unterlie-
richtung gefährdet und der Träger der gen, betreten werden. Der Träger der Ein­
Einrichtung nicht bereit oder nicht in richtung hat die Maßnahmen nach den
der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. Sätzen 1 und 2 zu dulden.
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen
die Rücknahme oder den Widerruf der
Erlaubnis haben keine aufschiebende
Wirkung.

107
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 47 Meldepflichten § 48a Sonstige betreute


Wohnform
Der Träger einer erlaubnispflichtigen
Einrichtung hat der zuständigen Behörde (1) Für den Betrieb einer sonstigen
unverzüglich Wohnform, in der Kinder oder Jugendliche
1. die Betriebs­aufnahme unter Angabe betreut werden oder Unterkunft erhalten,
von Name und Anschrift des Trägers, gelten die §§ 45 bis 48 entsprechend.
Art und Standort der Einrichtung, der
Zahl der verfügbaren Plätze sowie der (2) Ist die sonstige Wohnform organi­
Namen und der beruf­lichen Ausbil- satorisch mit einer Einrichtung verbun-
dung des Leiters und der Betreuungs- den, so gilt sie als Teil der Einrichtung.
kräfte,
2. Ereignisse oder Entwicklungen, die
geeignet sind, das Wohl der Kinder § 49 Landesrechtsvorbehalt
und Jugendlichen zu beeinträchtigen,
sowie Das Nähere über die in diesem Abschnitt
3. die bevorstehende Schließung der geregelten Aufgaben regelt das Landesrecht.
Einrichtung anzuzeigen.

Dritter Abschnitt: Mitwirkung in


§ 48 Tätigkeitsuntersagung gerichtlichen Verfahren

Die zuständige Behörde kann dem Träger


einer erlaubnispflichtigen Einrichtung die § 50 Mitwirkung in Verfahren
weitere Beschäftigung des Leiters, eines vor den Familiengerichten
Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiters
ganz oder für bestimmte Funktionen oder (1) Das Jugendamt unterstützt das Fami-
Tätigkeiten untersagen, wenn Tatsachen liengericht bei allen Maßnahmen, die die
die Annahme rechtfertigen, dass er die Sorge für die Person von Kindern und
für seine Tätigkeit erforderliche Eignung Jugendlichen betreffen. Es hat in folgen-
nicht besitzt. den Verfahren nach dem Gesetz über das
Verfahren in Familiensachen und in den
Angelegenheiten der frei­willigen Gerichts-
barkeit mitzuwirken:

108
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

1. Kindschaftssachen (§ 162 des Gesetzes (3) Das Jugendamt, das in Verfahren zur
über das Verfahren in Familiensachen Übertragung der gemeinsamen Sorge
und in den Angelegenheiten der nach § 155a Absatz 4 Satz 1 und § 162 des
freiwilligen Gerichtsbarkeit), Gesetzes über das Verfahren in Familien-
2. Abstammungssachen (§ 176 des sachen und in den Angelegenheiten der
Gesetzes über das Verfahren in Fami- freiwilligen Gerichtsbarkeit angehört wird
liensachen und in den Angelegenhei- oder sich am Verfahren beteiligt, teilt
ten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), gerichtliche Entscheidungen, aufgrund
3. Adoptionssachen (§ 188 Absatz 2, derer die Sorge gemäß § 1626a Absatz 2
§§ 189, 194, 195 des Gesetzes über das Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den
Verfahren in Familiensachen und in Eltern ganz oder zum Teil gemeinsam
den Angelegenheiten der freiwilligen übertragen wird, dem nach § 87c Absatz 6
Gerichtsbarkeit), Satz 2 zuständigen Jugendamt zu den in
4. Ehewohnungssachen (§ 204 Absatz 2, § 58a genannten Zwecken ­unverzüglich
§ 205 des Gesetzes über das Verfahren mit. Mitzuteilen sind auch das Geburts-
in Familiensachen und in den datum und der Geburtsort des Kindes oder
Angelegenheiten der freiwilligen des Jugendlichen sowie der Name, den das
Gerichtsbarkeit) und Kind oder der Jugendliche zur Zeit der
5. Gewaltschutzsachen (§§ 212, 213 des Beurkundung seiner Geburt geführt hat.
Gesetzes über das Verfahren in Fami-
liensachen und in den Angelegenhei-
ten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). § 51 Beratung und Belehrung in
Verfahren zur Annahme als
(2) Das Jugendamt unterrichtet ins­be­ Kind
sondere über angebotene und erbrachte
Leistungen, bringt erziehe­rische und (1) Das Jugendamt hat im Verfahren zur
soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung Ersetzung der Einwilligung eines Eltern-
des Kindes oder des Jugendlichen ein und teils in die Annahme nach § 1748 Absatz 2
weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den
hin. In Kindschaftssachen informiert das Elternteil über die Möglichkeit der Erset-
Jugendamt das Familiengericht in dem zung der Einwilligung zu belehren. Es
Termin nach § 155 Absatz 2 des Gesetzes hat ihn darauf hinzuweisen, dass das
über das Verfahren in Familiensachen Familiengericht die Einwilligung erst
und in den Angelegenheiten der freiwilli- nach Ablauf von drei Monaten nach der
gen Gerichtsbarkeit über den Stand des Belehrung ersetzen darf. Der Belehrung
Beratungsprozesses. bedarf es nicht, wenn der Elternteil seinen

109
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Aufenthaltsort ohne Hinterlassung seiner § 52 Mitwirkung in Verfahren nach


neuen Anschrift gewechselt hat und dem Jugendgerichts­gesetz
der Aufenthaltsort vom Jugendamt wäh-
rend eines Zeitraums von drei Monaten (1) Das Jugendamt hat nach Maßgabe der
trotz angemessener Nachforschungen §§ 38 und 50 Absatz 3 Satz 2 des Jugend­
nicht ermittelt werden konnte; in diesem gerichtsgesetzes im Verfahren nach dem
Fall beginnt die Frist mit der ersten auf Jugend­gerichtsgesetz mitzuwirken.
die Belehrung oder auf die Ermittlung
des Aufenthaltsorts gerichteten Handlung (2) Das Jugendamt hat frühzeitig zu
des Jugendamts. Die Fristen laufen frühes- prüfen, ob für den Jugendlichen oder
tens fünf Monate nach der Geburt des den jungen Volljährigen Leistungen der
Kindes ab. Jugendhilfe in Betracht kommen. Ist dies
der Fall oder ist eine geeignete Leistung
(2) Das Jugendamt soll den Elternteil mit bereits eingeleitet oder gewährt worden,
der Belehrung nach Absatz 1 über Hilfen so hat das Jugendamt den Staatsanwalt
beraten, die die Erziehung des Kindes in oder den Richter umgehend davon zu
der eigenen Familie ermöglichen könnten. unterrichten, damit geprüft werden kann,
Einer Beratung bedarf es insbesondere ob diese Leistung ein Absehen von der
nicht, wenn das Kind seit längerer Zeit bei Verfolgung (§ 45 JGG) oder eine Einstellung
den Annehmenden in Familienpflege lebt des Verfahrens (§ 47 JGG) ermöglicht.
und bei seiner Herausgabe an den Eltern-
teil eine schwere und nachhaltige Schädi- (3) Der Mitarbeiter des Jugendamts
gung des körperlichen und seelischen oder des anerkannten Trägers der freien
Wohlbefindens des Kindes zu erwarten ist. Jugendhilfe, der nach § 38 Absatz 2 Satz 2
Das Jugendamt hat dem Familiengericht des Jugendgerichtsgesetzes tätig wird,
im Verfahren mitzuteilen, welche Leistun- soll den Jugendlichen oder den jungen
gen erbracht oder angeboten worden sind Volljährigen während des gesamten
oder aus welchem Grund davon abgesehen Verfahrens betreuen.
wurde.

(3) Steht nicht miteinander verheirateten


Eltern die elterliche Sorge nicht gemein-
sam zu, so hat das Jugendamt den Vater bei
der Wahrnehmung seiner Rechte nach
§ 1747 Absatz 1 und 3 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs zu beraten.

110
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Vierter Abschnitt: Beistandschaft, soll in der Regel in der persönlichen Um-


Pflegschaft und Vormundschaft für gebung der Mutter stattfinden, wenn diese
Kinder und Jugendliche, Auskunft über es wünscht.
Nichtabgabe von Sorgeerklärungen
(2) Das Angebot nach Absatz 1 kann vor
der Geburt des Kindes erfolgen, wenn
§ 52a Beratung und Unterstützung anzunehmen ist, dass seine Eltern bei
bei Vaterschaftsfeststellung der Geburt nicht miteinander ver­heiratet
und Geltendmachung von sein werden.
Unterhaltsansprüchen
(3) Wurde eine nach § 1592 Nummer 1
(1) Das Jugendamt hat unverzüglich nach oder 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
der Geburt eines Kindes, dessen Eltern bestehende Vaterschaft zu einem Kind
nicht miteinander verheiratet sind, der oder Jugendlichen durch eine gerichtliche
Mutter Beratung und Unterstützung ins- Entscheidung beseitigt, so hat das Gericht
besondere bei der Vaterschaftsfeststellung dem Jugendamt Mitteilung zu machen.
und der Geltend­machung von Unterhalts- Absatz 1 gilt entsprechend.
ansprüchen des Kindes anzubieten.
Hierbei hat es hinzu­weisen auf (4) Das Standesamt hat die Geburt eines
1. die Bedeutung der Kindes, dessen Eltern nicht miteinander
­Vaterschaftsfeststellung, verheiratet sind, unverzüglich dem
2. die Möglichkeiten, wie die Vaterschaft Jugendamt anzuzeigen.
festgestellt werden kann, insbesondere
bei welchen Stellen die Vaterschaft
anerkannt werden kann, § 53 Beratung und Unterstützung
3. die Möglichkeit, die Verpflichtung zur von Pflegern und ­Vormündern
Erfüllung von Unterhaltsan­sprüchen
nach § 59 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 (1) Das Jugendamt hat dem Familienge-
beurkunden zu lassen, richt Personen und Vereine vorzuschlagen,
4. die Möglichkeit, eine Beistandschaft zu die sich im Einzelfall zum Pfleger oder
beantragen, sowie auf die Rechtsfolgen Vormund eignen.
einer solchen Beistandschaft,
5. die Möglichkeit der gemein­samen (2) Pfleger und Vormünder haben
elterlichen Sorge. Anspruch auf regelmäßige und dem
jeweiligen erzieherischen Bedarf des
Das Jugendamt hat der Mutter ein persön- Mündels entsprechende Beratung und
liches Gespräch anzubieten. Das Gespräch Unterstützung.

111
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Das Jugendamt hat darauf zu achten, (2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn der
dass die Vormünder und Pfleger für die Verein gewährleistet, dass er
Person der Mündel, insbesondere ihre 1. eine ausreichende Zahl geeig­neter
Erziehung und Pflege, Sorge tragen. Es hat Mitarbeiter hat und diese beauf­sich­ti­
beratend darauf hinzuwirken, dass fest­ gen, weiterbilden und gegen Schäden,
gestellte Mängel im Einvernehmen mit die diese anderen im Rahmen ihrer
dem Vormund oder dem Pfleger behoben Tätigkeit zu­fügen können, angemessen
werden. Soweit eine Behebung der Mängel versichern wird,
nicht erfolgt, hat es dies dem Familienge- 2. sich planmäßig um die Gewinnung
richt mitzuteilen. Es hat dem Familienge- von Einzelvormündern und Ein­zel­
richt über das persönliche Ergehen und pflegern bemüht und sie in ihre Auf-
die Entwicklung eines Mündels Auskunft gaben einführt, fortbildet und berät,
zu erteilen. Erlangt das Jugendamt Kennt- 3. einen Erfahrungsaustausch zwischen
nis von der Gefährdung des Vermögens den Mitarbeitern ermöglicht.
eines Mündels, so hat es dies dem Familien-
gericht anzuzeigen. (3) Die Erlaubnis gilt für das jeweilige
Bundesland, in dem der Verein seinen Sitz
(4) Für die Gegenvormundschaft gelten hat. Sie kann auf den Bereich eines Landes-
die Absätze 1 und 2 entsprechend. Ist ein jugendamts beschränkt werden.
Verein Vormund, so findet Absatz 3 keine
Anwendung. (4) Das Nähere regelt das Landesrecht. Es
kann auch weitere Voraussetzungen für
die Erteilung der Erlaubnis vorsehen.
§ 54 Erlaubnis zur Übernahme von
Vereinsvormundschaften
§ 55 Beistandschaft, Amts­
(1) Ein rechtsfähiger Verein kann pflegschaft und Amts­
Pflegschaften oder Vormundschaften vormundschaft
übernehmen, wenn ihm das Landesju-
gendamt dazu eine Erlaubnis erteilt hat. (1) Das Jugendamt wird Beistand, Pfleger
Er kann eine Beistandschaft übernehmen, oder Vormund in den durch das Bürger-
soweit Landesrecht dies vorsieht. liche Gesetzbuch vorgesehenen Fällen
(Beistandschaft, Amtspflegschaft,
Amtsvormundschaft).

112
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(2) Das Jugendamt überträgt die Aus- § 56 Führung der Beistandschaft,


übung der Aufgaben des Beistands, des der Amtspflegschaft und der
Amtspflegers oder des Amtsvormunds Amtsvormundschaft
einzelnen seiner Beamten oder Ange­
stellten. Vor der Übertragung der Aufgaben (1) Auf die Führung der Beistandschaft,
des Amtspflegers oder des Amtsvormunds der Amtspflegschaft und der Amtsvor-
soll das Jugendamt das Kind oder den mundschaft sind die Bestimmungen des
Jugendlichen zur Auswahl des Beamten Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden,
oder Angestellten mündlich anhören, soweit dieses Gesetz nicht etwas anderes
soweit dies nach Alter und Entwicklungs- bestimmt.
stand des Kindes oder Jugendlichen
möglich ist. Eine ausnahmsweise vor der (2) Gegenüber dem Jugendamt als
Übertragung unterbliebene Anhörung ist Amtsvormund und Amtspfleger werden
unverzüglich nachzuholen. Ein vollzeitbe- die Vorschriften des § 1802 Absatz 3 und
schäftigter Beamter oder Angestellter, der des § 1818 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
nur mit der Führung von Vormundschaf- nicht angewandt. In den Fällen des § 1803
ten oder Pflegschaften betraut ist, soll Absatz 2, des § 1811 und des § 1822 Num-
höchstens 50 und bei gleichzeitiger Wahr- mer 6 und 7 des Bürger­lichen Gesetzbuchs
nehmung anderer Aufgaben entsprechend ist eine Genehmigung des Familiengerichts
weniger Vormundschaften oder Pfleg- nicht erfor­derlich. Landesrecht kann für
schaften führen. das Jugendamt als Amtspfleger oder als
Amtsvormund weitergehende Ausnahmen
(3) Die Übertragung gehört zu den von der Anwendung der Bestimmungen
Angelegenheiten der laufenden Verwal- des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die
tung. In dem durch die Übertragung Vormundschaft über Minderjährige
umschriebenen Rahmen ist der Beamte (§§ 1773 bis 1895) vorsehen, die die Auf­
oder Angestellte gesetzlicher Vertreter sicht des Familiengerichts in ver­mögens­
des Kindes oder Jugendlichen. Amts­pfleger rechtlicher Hinsicht sowie beim Abschluss
und Amtsvormund haben den persön­ von Lehr- und Arbeits­ver­trägen betreffen.
lichen Kontakt zu diesem zu halten sowie
dessen Pflege und Erziehung nach Maß- (3) Mündelgeld kann mit Genehmigung
gabe des § 1793 Absatz 1a und § 1800 des des Familiengerichts auf Sammelkonten
Bürgerlichen Gesetzbuchs persönlich zu des Jugendamts bereitge­halten und
fördern und zu gewährleisten. angelegt werden, wenn es den Interessen

113
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

des Mündels dient und sofern die sichere § 58a Sorgeregister; Bescheinigung
Verwaltung, Trennbarkeit und Rechnungs- über Nichtvorliegen von
legung des Geldes einschließlich der Eintragungen im Sorge­register
Zinsen jederzeit gewährleistet ist; Landes-
recht kann bestimmen, dass eine Geneh- (1) Zum Zwecke der Erteilung der Be-
migung des Familiengerichts nicht erfor- scheinigung nach Absatz 2 wird für Kinder
derlich ist. Die Anlegung von Mündelgeld nicht miteinander verheirateter Eltern bei
gemäß § 1807 des Bürgerlichen Gesetz- dem nach § 87c Absatz 6 Satz 2 zuständi-
buchs ist auch bei der Körperschaft gen Jugendamt ein Sorgeregister geführt.
zulässig, die das Jugendamt errichtet hat. In das Sorgeregister erfolgt jeweils eine
Eintragung, wenn
(4) Das Jugendamt hat in der Regel jähr-
lich zu prüfen, ob im Interesse des Kindes 1. Sorgeerklärungen nach § 1626a
oder des Jugendlichen seine Entlassung Absatz 1 Nummer 1 des Bürger­lichen
als Amtspfleger oder Amtsvormund und Gesetzbuchs abgegeben werden oder
die Bestellung einer Einzelperson oder 2. aufgrund einer gerichtlichen Entschei-
eines Vereins angezeigt ist, und dies dem dung die elterliche Sorge den Eltern
Familien­gericht mitzuteilen. ganz oder zum Teil gemeinsam über-
tragen wird. Das Sorge­register enthält
auch Eintragungen, wenn Sorge­erklä­
§ 57 Mitteilungspflicht des rungen nach Artikel 224 § 2 Absatz 3
Jugendamts des Ein­füh­rungs­gesetzes zum Bürger-
lichen Gesetz­buche in der bis zum
Das Jugendamt hat dem Familiengericht 19. Mai 2013 geltenden Fassung ersetzt
unverzüglich den Eintritt einer Vormund- wurden.
schaft mitzuteilen.
(2) Liegen keine Eintragungen im Sorge-
register vor, so erhält die mit dem Vater
§ 58 Gegenvormundschaft des des Kindes nicht verheira­tete Mutter auf
Jugendamts Antrag hierüber eine Bescheinigung von
dem nach § 87c Absatz 6 Satz 1 zuständi-
Für die Tätigkeit des Jugendamts als gen Jugendamt. Die Mutter hat dafür
Gegenvormund gelten die §§ 55 und 56 Geburtsdatum und Geburtsort des Kindes
entsprechend. oder des Jugendlichen anzugeben sowie
den Namen, den das Kind oder der Jugend-
liche zur Zeit der Beurkundung seiner
Geburt geführt hat.

114
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Fünfter Abschnitt: Beurkundung, des gesetzlichen Rechtsnachfolgers,


vollstreckbare Urkunden zu beurkunden,
5. die Bereiterklärung der Adoptions­
bewerber zur Annahme eines ihnen
§ 59 Beurkundung zur internationalen Adoption vor­
geschlagenen Kindes (§ 7 Absatz 1
(1) Die Urkundsperson beim Jugendamt des Adoptionsübereinkommens –
ist befugt, ­Aus­führungsgesetz) zu beurkunden,
1. die Erklärung, durch die die Vater- 6. den Widerruf der Einwilligung des
schaft anerkannt oder die Anerken- Kindes in die Annahme als Kind
nung widerrufen wird, die Zustim- (§ 1746 Absatz 2 des Bürgerlichen
mungserklärung der Mutter sowie Gesetzbuchs) zu beurkunden,
die etwa erforderliche Zustimmung 7. die Erklärung, durch die der Vater auf
des Mannes, der im Zeitpunkt der die Übertragung der Sorge verzichtet
Geburt mit der Mutter verheiratet ist, (§ 1747 Absatz 3 Nummer 2 des Bürger-
des Kindes, des Jugendlichen oder lichen Gesetzbuchs), zu beurkunden,
eines gesetzlichen Vertreters zu einer 8. die Sorgeerklärungen (§ 1626a Absatz 1
solchen Erklärung (Erklärungen über Nummer 1 des Bürger­lichen Gesetz-
die Aner­kennung der Vaterschaft) zu buchs) sowie die etwa erforderliche
beurkunden, Zustimmung des gesetzlichen Ver­
2. die Erklärung, durch die die Mutter- treters eines beschränkt geschäfts­
schaft anerkannt wird, sowie die fähigen Elternteils (§ 1626c Absatz 2
etwa erforderliche Zustimmung des des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu
gesetzlichen Vertreters der Mutter beurkunden,
zu beurkunden (§ 44 Absatz 2 des 9. eine Erklärung des auf Unterhalt in
Personenstandsgesetzes), Anspruch genommenen Elternteils
3. die Verpflichtung zur Erfüllung von nach § 525 des Gesetzes über das
Unterhaltsansprüchen eines Ab- Verfahren in Familiensachen und
kömmlings oder seines gesetzlichen in den Angelegen­heiten der freiwilli-
Rechtsnachfolgers zu beurkunden, gen Gerichtsbarkeit aufzunehmen;
sofern der Abkömmling zum Zeit- § 129a der Zivilprozessordnung gilt
punkt der Beurkundung das 21. Le- entsprechend.
bensjahr noch nicht vollendet hat,
4. die Verpflichtung zur Erfüllung von Die Zuständigkeit der Notare, anderer
Ansprüchen auf Unterhalt (§ 1615l Urkundspersonen oder sonstiger Stellen
des Bürgerlichen Gesetzbuchs) auch für öffentliche Beurkundungen bleibt
unberührt.

115
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(2) Die Urkundsperson soll eine Beurkun- 1. Die vollstreckbare Ausfertigung


dung nicht vornehmen, wenn ihr in der sowie die Bestätigungen nach § 1079
betreffenden Angelegenheit die Vertretung der Zivilprozessordnung werden von
eines Beteiligten obliegt. den Beamten oder Angestellten des
Jugendamts erteilt, denen die Beur-
(3) Das Jugendamt hat geeignete Beamte kundung der Verpflichtungserklärung
und Angestellte zur Wahrnehmung der übertragen ist. Das Gleiche gilt für
Aufgaben nach Absatz 1 zu ermäch­tigen. die Bezifferung einer Verpflichtungs-
Die Länder können Näheres hinsichtlich erklärung nach § 790 der Zivilprozess­
der fachlichen Anforde­rungen an diese ordnung.
Personen regeln. 2. Über Einwendungen, die die Zulässig-
keit der Vollstreckungsklausel oder
die Zulässigkeit der Bezifferung nach
§ 60 Vollstreckbare Urkunden § 790 der Zivilprozessordnung betref-
fen, über die Erteilung einer weiteren
Aus Urkunden, die eine Verpflichtung nach vollstreckbaren Ausfertigung sowie
§ 59 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 oder 4 zum über Anträge nach § 1081 der Zivilpro-
Gegenstand haben und die von einem zessordnung entscheidet das für das
Beam­ten oder Angestellten des Jugend- Jugendamt zuständige Amtsgericht.
amts innerhalb der Grenzen seiner Amts-
befugnisse in der vorgeschriebenen Form
aufgenommen worden sind, findet die
Zwangsvoll­streckung statt, wenn die Viertes Kapitel –
Erklärung die Zahlung einer bestimmten Schutz von Sozialdaten
Geldsumme betrifft und der Schuldner
sich in der Urkunde der sofortigen Zwangs­
vollstreckung unterworfen hat. Die Zustel-
lung kann auch dadurch voll­zogen werden, § 61 Anwendungsbereich
dass der Beamte oder Angestellte dem
Schuldner eine beglau­bigte Abschrift der (1) Für den Schutz von Sozialdaten bei
Urkunde aushändigt; § 173 Satz 2 und 3 ihrer Verarbeitung in der Jugendhilfe
der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. gelten § 35 des Ersten Buches, §§ 67 bis
Auf die Zwangsvoll­streckung sind die Vor­ 85a des Zehnten Buches sowie die nach­
schriften, die für die Zwangsvollstreckung folgenden Vorschriften. Sie gelten für
aus gerichtlichen Urkunden nach § 794 alle Stellen des Trägers der öffentlichen
Absatz 1 Nummer 5 der Zivil­prozess­ Jugendhilfe, soweit sie Aufgaben nach die-
ordnung gelten, mit folgenden Maßgaben sem Buch wahrnehmen. Für die Wahrneh-
entsprechend anzuwenden: mung von Aufgaben nach diesem Buch

116
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

durch kreisangehörige Gemeinden und Ge- jeweilige Aufgabe ihrer Art nach


meindeverbände, die nicht ört­liche Träger eine Erhebung bei anderen erfordert,
sind, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. die Kenntnis der Daten aber erforder-
lich ist für
(2) Für den Schutz von Sozialdaten a) die Feststellung der Voraussetzun-
bei ihrer Verarbeitung im Rahmen der gen oder für die Erfüllung einer
Tätigkeit des Jugendamts als Amtspfleger, Leistung nach diesem Buch oder
Amtsvormund, Beistand und Gegen­ b) die Feststellung der Vorausset­
vormund gilt nur § 68. zungen für die Erstattung einer
Leistung nach § 50 des Zehnten
(3) Werden Einrichtungen und Dienste Buches oder
der Träger der freien Jugendhilfe in c) die Wahrnehmung einer Aufgabe
Anspruch genommen, so ist sicherzu­ nach den §§ 42 bis 48a und nach
stellen, dass der Schutz der personen­ § 52 oder
bezogenen Daten bei der Verarbeitung in d) die Erfüllung des Schutz­auftrages
entsprechender Weise gewährleistet ist. bei Kindeswohl­gefährdung nach
§ 8a oder

§ 62 Datenerhebung 3. die Erhebung bei der betroffenen


Person einen unverhältnismäßigen
(1) Sozialdaten dürfen nur erhoben Aufwand erfordern würde und keine
werden, soweit ihre Kenntnis zur Erfüllung Anhaltspunkte dafür bestehen, dass
der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. schutzwürdige Interessen bei der
betroffenen Person beeinträchtigt
(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen werden oder
Person zu erheben. Sie ist über die Rechts­ 4. die Erhebung bei der betroffenen
grundlage der Erhebung sowie die Zweck­ Person den Zugang zur Hilfe ernsthaft
bestim­mun­gen der Verarbeitung auf­zu­klä­ gefährden würde.
ren, soweit diese nicht offenkundig sind.
(4) Ist die betroffene Person nicht
(3) Ohne Mitwirkung der betroffenen zugleich Leistungsberechtigter oder sonst
Person dürfen Sozialdaten nur erhoben an der Leistung beteiligt, so dürfen die
werden, wenn Daten auch beim Leistungs­berechtigten
1. eine gesetzliche Bestimmung dies oder einer anderen Person, die sonst an
vorschreibt oder erlaubt oder der Leistung beteiligt ist, erhoben werden,
2. ihre Erhebung bei der betroffenen wenn die Kenntnis der Daten für die
Person nicht möglich ist oder die Gewährung einer Leistung nach diesem

117
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Buch notwendig ist. Satz 1 gilt bei der zu gewährenden Leistung nicht in Frage
Erfüllung anderer Aufgaben im Sinne gestellt wird.
des § 2 Absatz 3 entsprechend.
(2a) Vor einer Übermittlung an eine
Fachkraft, die nicht dem Verantwortlichen
§ 63 Datenspeicherung angehört, sind die Sozialdaten zu
anonymisieren oder zu pseudonymisieren,
(1) Sozialdaten dürfen gespeichert soweit die Aufgabenerfüllung dies zulässt.
werden, soweit dies für die Erfüllung
der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. (3) Sozialdaten dürfen beim Träger der
öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke der
(2) Daten, die zur Erfüllung unterschied- Planung im Sinne des § 80 gespeichert
licher Aufgaben der öffentlichen Jugend- oder genutzt werden; sie sind unverzüglich
hilfe erhoben worden sind, dürfen nur zu anonymisieren.
zusammengeführt werden, wenn und
solange dies wegen eines unmittelbaren
Sach­zusammenhangs erforderlich ist. § 65 Besonderer Vertrauensschutz
Daten, die zu Leistungszwecken im Sinne in der persönlichen und
des § 2 Absatz 2 und Daten, die für andere erzieherischen Hilfe
Aufgaben im Sinne des § 2 Absatz 3 erho-
ben worden sind, dürfen nur zusammen- (1) Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines
geführt werden, soweit dies zur Erfüllung Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum
der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. Zweck persönlicher und erzieherischer
Hilfe anvertraut worden sind, dürfen von
diesem nur weiter­gegeben oder übermit-
§ 64 Datenübermittlung und telt werden
­nutzung 1. mit der Einwilligung dessen, der die
Daten anvertraut hat, oder
(1) Sozialdaten dürfen zu dem Zweck 2. dem Familiengericht zur Erfüllung der
übermittelt oder genutzt werden, zu dem Aufgaben nach § 8a Absatz 2, wenn
sie erhoben worden sind. angesichts einer Gefährdung des
Wohls eines Kindes oder eines Jugend-
(2) Eine Übermittlung für die Erfüllung lichen ohne diese Mitteilung eine für
von Aufgaben nach § 69 des Zehnten die Gewährung von Leistungen not-
Buches ist abweichend von Absatz 1 nur wendige gerichtliche Entscheidung
zulässig, soweit dadurch der Erfolg einer nicht ermöglicht werden könnte, oder

118
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

3. dem Mitarbeiter, der aufgrund eines § 68 Sozialdaten im Bereich


Wechsels der Fallzuständigkeit im der Beistandschaft, Amts­
Jugendamt oder eines Wechsels der pflegschaft und der Amts­
örtlichen Zuständigkeit für die vormundschaft
Gewährung oder Erbringung der
Leistung verantwortlich ist, wenn (1) Der Beamte oder Angestellte, dem
Anhaltspunkte für eine Gefährdung die Ausübung der Beistandschaft, Amts-
des Kindeswohls gegeben sind und pflegschaft oder Amtsvormundschaft
die Daten für eine Abschätzung des übertragen ist, darf Sozialdaten nur ver-
Gefährdungsrisikos notwendig sind, arbeiten, soweit dies zur Erfüllung seiner
oder Aufgaben erforderlich ist. Die Nutzung
4. an die Fachkräfte, die zum Zwecke der dieser Sozialdaten zum Zweck der Auf-
Abschätzung des Gefährdungsrisikos sicht, Kontrolle oder Rechnungsprüfung
nach § 8a hinzugezogen werden; § 64 durch die dafür zuständigen Stellen sowie
Absatz 2a bleibt unberührt, oder die Übermittlung an diese ist im Hinblick
5. unter den Voraussetzungen, unter auf den Einzelfall zulässig. Die Informa-
denen eine der in § 203 Absatz 1 oder 4 tionspflichten nach Artikel 13 und 14 der
des Strafgesetzbuches genannten Verordnung (EU) 2016/679 des Europäi-
Personen dazu befugt wäre. schen Parlaments und des Rates vom
27. April 2016 zum Schutz natürlicher
Der Empfänger darf die Sozialdaten nur zu Personen bei der Verarbeitung personen-
dem Zweck weitergeben oder übermitteln, bezogener Daten, zum freien Datenver-
zu dem er sie befugt erhalten hat. kehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/
46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)
(2) § 35 Absatz 3 des Ersten Buches (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom
gilt auch, soweit ein behörden­internes 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2)
Weitergabeverbot nach Absatz 1 besteht. in der jeweils geltenden Fassung bestehen
nur, soweit die Erteilung der Informationen

§ 66 (weggefallen) 1. mit der Wahrung der Interessen der


minderjährigen Person vereinbar ist
und
2. nicht die Erfüllung der Aufgaben
§ 67 (weggefallen) gefährdet, die in der Zuständigkeit
des Beistands, des Amtspflegers oder
des Amtsvormundes liegen.

119
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(2) § 84 des Zehnten Buches gilt Fünftes Kapitel – Träger der


entsprechend. Jugendhilfe, Zusammen-
arbeit, Gesamtverantwortung
(3) Das Recht auf Auskunft der betroffenen
Person gemäß Artikel 15 der Ver­ord­nung
(EU) 2016/679 besteht nicht, soweit die Erster Abschnitt: Träger der öffent­
betroffene Person nach Absatz 1 Satz 3 lichen Jugendhilfe
nicht zu informieren ist oder durch die
Auskunftserteilung berechtigte Interes-
sen Dritter beeinträchtigt würden. Einer § 69 Träger der öffentlichen
Person, die unter Beistandschaft, Amts­ Jugendhilfe, Jugendämter,
pfleg­schaft oder Amtsvormundschaft Landesjugendämter
gestanden und ihr 18. Lebensjahr noch
nicht vollendet hat, kann Auskunft erteilt (1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe
werden, soweit sie die erforderliche Ein- werden durch Landesrecht bestimmt.
sichts- und Urteilsfähigkeit besitzt und
die Auskunftserteilung nicht nach Satz 1 (2) (weggefallen)
ausgeschlossen ist. Nach Beendigung einer
Beistandschaft hat darüber hinaus der (3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben
Elternteil, der die Beistandschaft beantragt nach diesem Buch errichtet jeder örtliche
hat, einen Anspruch auf Kenntnis der Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche
gespeicherten Daten, solange der junge Träger ein Landes­jugendamt.
Mensch minderjährig ist, der Elternteil an-
tragsberechtigt ist und die Auskunfts­ertei­ (4) Mehrere örtliche Träger und mehrere
lung nicht nach Satz 1 ausgeschlossen ist. überörtliche Träger können, auch wenn sie
verschiedenen Ländern angehören, zur
(4) Personen oder Stellen, an die Sozial- Durchführung einzelner Aufgaben gemein­
daten übermittelt worden sind, dürfen same Einrichtungen und Dienste errichten.
diese nur zu dem Zweck speichern und
nutzen, zu dem sie ihnen nach Absatz 1 (5) (weggefallen)
befugt übermittelt worden sind.
(6) (weggefallen)
(5) Für die Tätigkeit des Jugendamts als
Gegenvormund gelten die Absätze 1 bis 4
entsprechend.

120
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 70 Organisation des Jugendamts körperschaft des Trägers der öffent­


und des Landesjugendamts lichen Jugendhilfe oder von ihr
gewählte Frauen und Männer, die
(1) Die Aufgaben des Jugendamts werden in der Jugendhilfe erfahren sind,
durch den Jugendhilfe­ausschuss und 2. mit zwei Fünfteln des Anteils der
durch die Verwaltung des Jugendamts Stimmen Frauen und Männer, die
wahrgenommen. auf Vorschlag der im Bereich des
öffentlichen Trägers wirkenden
(2) Die Geschäfte der laufenden Ver­wal­ und anerkannten Träger der freien
tung im Bereich der öffentlichen Jugend- Jugendhilfe von der Vertretungs­
hilfe werden vom Leiter der Verwaltung körperschaft gewählt werden;
der Gebietskörperschaft oder in seinem Vorschläge der Jugendverbände
Auftrag vom Leiter der Verwaltung des und der Wohlfahrtsverbände sind
Jugendamts im Rahmen der Satzung und angemessen zu berücksichtigen.
der Beschlüsse der Vertretungskörperschaft
und des Jugendhilfeaus­schusses geführt. (2) Der Jugendhilfeausschuss befasst sich
mit allen Angelegenheiten der Jugendhilfe,
(3) Die Aufgaben des Landesjugendamts insbesondere mit
werden durch den Landesjugend­hilfe­ 1. der Erörterung aktueller Problemlagen
ausschuss und durch die Verwaltung des junger Menschen und ihrer Familien
Landesjugendamts im Rahmen der Sat- sowie mit Anregungen und Vorschlä-
zung und der dem Landesjugendamt zur gen für die Weiterentwicklung der
Verfügung gestellten Mittel wahr­genom­ Jugendhilfe,
men. Die Geschäfte der laufenden Verwal- 2. der Jugendhilfeplanung und
tung werden von dem Leiter der Verwal- 3. der Förderung der freien Jugendhilfe.
tung des Landesjugendamts im Rahmen
der Satzung und der Beschlüsse des (3) Er hat Beschlussrecht in Angelegen-
Landesjugendhilfeausschusses geführt. heiten der Jugendhilfe im Rahmen der von
der Vertretungskörperschaft bereitgestell-
ten Mittel, der von ihr erlassenen Satzung
§ 71 Jugendhilfeausschuss, und der von ihr gefassten Beschlüsse. Er
Landesjugendhilfeausschuss soll vor jeder Beschlussfassung der Vertre-
tungskörperschaft in Fragen der Jugend-
(1) Dem Jugendhilfeausschuss gehören als hilfe und vor der Berufung eines Leiters
stimmberechtigte Mitglieder an des Jugendamts gehört werden und hat
1. mit drei Fünfteln des Anteils der das Recht, an die Vertretungskörperschaft
Stimmen Mitglieder der Vertretungs- Anträge zu stellen. Er tritt nach Bedarf

121
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

zusammen und ist auf Antrag von Erfahrungen in der sozialen Arbeit in der
min­destens einem Fünftel der Stimmbe- Lage sind, die Aufgabe zu erfüllen. Soweit
rechtigten einzuberufen. Seine Sitzungen die jeweilige Aufgabe dies erfordert, sind
sind öffentlich, soweit nicht das Wohl der mit ihrer Wahrnehmung nur Fachkräfte
Allgemeinheit, berechtigte Interessen ein- oder Fachkräfte mit entsprechender
zelner Personen oder schutzbedürf­tiger Zusatzausbildung zu betrauen. Fachkräfte
Gruppen entgegenstehen. verschiedener Fachrichtungen sollen
zusammenwirken, soweit die jeweilige
(4) Dem Landesjugendhilfeausschuss Aufgabe dies erfordert.
gehören mit zwei Fünfteln des Anteils
der Stimmen Frauen und Männer an, (2) Leitende Funktionen des Jugendamts
die auf Vorschlag der im Bereich des oder des Landesjugendamts sollen in der
Landes­jugendamts wirkenden und aner­ Regel nur Fachkräften übertragen werden.
kannten Träger der freien Jugendhilfe
von der obersten Landesjugendbehörde (3) Die Träger der öffentlichen Jugendhil-
zu berufen sind. Die übrigen Mit­glieder fe haben Fortbildung und Praxisbe­ra­tung
werden durch Landesrecht bestimmt. der Mitarbeiter des Jugendamts und des
Absatz 2 gilt entsprechend. Landesjugendamts sicherzustellen.

(5) Das Nähere regelt das Landesrecht.


Es regelt die Zugehörigkeit beratender Mit- § 72a Tätigkeitsausschluss einschlä-
glieder zum Jugendhilfeausschuss. Es kann gig vorbestrafter Personen
bestimmen, dass der Leiter der Verwaltung
der Gebietskörperschaft oder der Leiter der (1) Die Träger der öffentlichen Jugend­
Verwaltung des Jugendamts nach Absatz 1 hilfe dürfen für die Wahrnehmung der
Nummer 1 stimmberechtigt ist. Aufgaben in der Kinder- und Jugend­hilfe
keine Person beschäf­tigen oder vermitteln,
die rechtskräftig wegen einer Straftat nach
§ 72 Mitarbeiter, Fortbildung den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a,
182 bis 184g, 184i, 201a Absatz 3, den
(1) Die Träger der öffentlichen Jugend­ §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des
hilfe sollen bei den Jugendämtern und Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist. Zu
Landesjugendämtern haupt­beruflich nur diesem Zweck sollen sie sich bei der Ein-
Personen beschäftigen, die sich für die stellung oder Vermittlung und in regel­
jeweilige Aufgabe nach ihrer Persönlich- mäßigen Abständen von den betroffenen
keit eignen und eine dieser Aufgabe ent- Personen ein Führungszeugnis nach § 30
sprechende Ausbildung erhalten haben Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundes-
(Fachkräfte) oder aufgrund beson­derer zentralregistergesetzes vorlegen lassen.

122
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(2) Die Träger der öffentlichen Jugend­ oder ausbildet oder einen vergleichbaren
hilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der
Trägern der freien Jugendhilfe sicherstel- öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern
len, dass diese keine Person, die wegen der freien Jugendhilfe Vereinbarungen
einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechts- über die Tätigkeiten schließen, die von den
kräftig verurteilt worden ist, beschäftigen. in Satz 1 genannten Personen auf Grund
von Art, Intensität und Dauer des Kontakts
(3) Die Träger der öffentlichen Jugend­ dieser Personen mit Kindern und Jugend-
hilfe sollen sicherstellen, dass unter ihrer lichen nur nach Einsichtnahme in das
Verantwortung keine neben- oder ehren- Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2
amtlich tätige Person, die wegen einer wahrgenommen werden dürfen.
Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig
verurteilt worden ist, in Wahrnehmung (5) Träger der öffentlichen und freien
von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Jugendhilfe dürfen von den nach den
Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, Absätzen 3 und 4 eingesehenen Daten
betreut, erzieht oder ausbildet oder einen nur den Umstand, dass Einsicht in ein
vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen Führungszeugnis genommen wurde, das
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe Datum des Führungszeugnisses und die
über die Tätigkeiten entscheiden, die von Information erheben, ob die das Führungs-
den in Satz 1 genannten Personen auf zeugnis betreffende Person wegen einer
Grund von Art, Intensität und Dauer des Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräf-
Kontakts dieser Personen mit Kindern und tig verurteilt worden ist. Die Träger der
Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen
das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 diese erhobenen Daten nur speichern,
wahrgenommen werden dürfen. verändern und nutzen, soweit dies zum
Ausschluss der Personen von der Tätigkeit,
(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhil- die Anlass zu der Einsichtnahme in das
fe sollen durch Vereinbarungen mit den Führungszeugnis gewesen ist, erforderlich
Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbe-
Vereinen im Sinne des § 54 sicher­stellen, fugter zu schützen. Sie sind unverzüglich
dass unter deren Verantwortung keine zu löschen, wenn im Anschluss an die Ein-
neben- oder ehrenamtlich tätige Person, sichtnahme keine Tätigkeit nach Absatz 3
die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 2 wahrgenom-
Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, men wird. Andernfalls sind die Daten
in Wahrnehmung von Aufgaben der spätestens drei Monate nach der Beendi-
Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder gung einer solchen Tätigkeit zu löschen.
Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht

123
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Zweiter Abschnitt: Zusammenarbeit Eine auf Dauer angelegte Förderung setzt


mit der freien Jugendhilfe, ehrenamt- in der Regel die Anerkennung als Träger
liche Tätigkeit der freien Jugendhilfe nach § 75 voraus.
(2) Soweit von der freien Jugendhilfe
Einrichtungen, Dienste und Veran­stal­tun­
§ 73 Ehrenamtliche Tätigkeit gen geschaffen werden, um die Gewährung
von Leistungen nach diesem Buch zu
In der Jugendhilfe ehrenamtlich tätige ermöglichen, kann die Förderung von der
Personen sollen bei ihrer Tätigkeit ange­ Bereitschaft abhängig gemacht werden,
leitet, beraten und unterstützt werden. diese Einrichtungen, Dienste und Ver­an­
staltungen nach Maßgabe der Jugendhilfe-
planung und unter Beachtung der in § 9
§ 74 Förderung der freien genannten Grundsätze anzubieten. § 4
­Jugendhilfe Absatz 1 bleibt unberührt.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhil- (3) Über die Art und Höhe der Förderung
fe sollen die freiwillige Tätigkeit auf dem entscheidet der Träger der öffent­lichen
Gebiet der Jugendhilfe anregen; sie sollen Jugendhilfe im Rahmen der verfügbaren
sie fördern, wenn der jeweilige Träger Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem
1. die fachlichen Voraussetzungen für Ermessen. Entsprechendes gilt, wenn
die geplante Maßnahme erfüllt und mehrere Antrag­steller die Förderungsvor-
die Beachtung der Grundsätze und aussetzungen erfüllen und die von ihnen
Maßstäbe der Qualitätsentwicklung vorgesehenen Maßnahmen gleich geeignet
und Qualitätssicherung nach § 79a sind, zur Befriedigung des Bedarfs jedoch
gewährleistet, nur eine Maßnahme notwendig ist. Bei
2. die Gewähr für eine zweckent­ der Bemessung der Eigenleistung sind
sprechende und wirtschaftliche die unterschiedliche Finanzkraft und die
Verwendung der Mittel bietet, sonstigen Verhältnisse zu berücksichtigen.
3. gemeinnützige Ziele verfolgt,
4. eine angemessene Eigenleistung (4) Bei sonst gleich geeigneten Maß­
erbringt und nahmen soll solchen der Vorzug gegeben
5. die Gewähr für eine den Zielen werden, die stärker an den Interessen
des Grundgesetzes förderliche der Betroffenen orientiert sind und ihre
Arbeit bietet. Einflussnahme auf die Ausgestaltung der
Maßnahme gewährleisten.

124
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(5) Bei der Förderung gleichartiger § 75 Anerkennung als Träger der
Maßnahmen mehrerer Träger sind unter freien Jugendhilfe
Berücksichtigung ihrer Eigenleistungen
gleiche Grundsätze und Maßstäbe anzu- (1) Als Träger der freien Jugendhilfe
legen. Werden gleichartige Maßnahmen können juristische Personen und
von der freien und der öffentlichen Personenvereinigungen anerkannt
Jugendhilfe durchgeführt, so sind bei der werden, wenn sie
Förderung die Grundsätze und Maßstäbe 1. auf dem Gebiet der Jugendhilfe im
anzuwenden, die für die Finanzierung Sinne des § 1 tätig sind,
der Maßnahmen der öffentlichen Jugend­ 2. gemeinnützige Ziele verfolgen,
hilfe gelten. 3. aufgrund der fachlichen und per­so­
nellen Voraussetzungen erwarten
(6) Die Förderung von anerkannten lassen, dass sie einen nicht unwesent-
Trägern der Jugendhilfe soll auch Mittel lichen Beitrag zur Erfüllung der
für die Fortbildung der haupt-, neben- ­Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten
und ehrenamtlichen Mitarbeiter sowie imstande sind, und
im Bereich der Jugendarbeit Mittel für 4. die Gewähr für eine den Zielen des
die Errichtung und Unterhaltung von Grundgesetzes förderliche Arbeit
Jugendfreizeit- und Jugendbildungs­ bieten.
stätten einschließen.
(2) Einen Anspruch auf Anerkennung als
Träger der freien Jugendhilfe hat unter den
§ 74a Finanzierung von Tages­ Voraussetzungen des Absatzes 1, wer auf
einrichtungen für Kinder dem Gebiet der Jugendhilfe mindestens
drei Jahre tätig gewesen ist.
Die Finanzierung von Tageseinrich­tungen
regelt das Landesrecht. Dabei können alle (3) Die Kirchen und Religionsgemein-
Träger von Einrichtungen, die die recht- schaften des öffentlichen Rechts sowie die
lichen und fachlichen Voraussetzungen auf Bundesebene zusammengeschlossenen
für den Betrieb der Einrichtung erfüllen, Verbände der freien Wohlfahrtspflege sind
gefördert werden. Die Erhebung von Teil- anerkannte Träger der freien Jugendhilfe.
nahmebeiträgen nach § 90 bleibt unberührt.

125
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 76 Beteiligung anerkannter hilfe sowie die Träger geförderter Maßnah-


Träger der freien Jugendhilfe men vertreten sind. In den Arbeitsgemein-
an der Wahrnehmung anderer schaften soll darauf hingewirkt werden,
Aufgaben dass die geplanten Maßnahmen aufeinan-
der abgestimmt werden und sich gegen-
(1) Die Träger der öffentlichen Jugend­ seitig ergänzen.
hilfe können anerkannte Träger der freien
Jugendhilfe an der Durchführung ihrer Dritter Abschnitt: Vereinbarungen
Aufgaben nach den §§ 42, 42a, 43, 50 bis über Leistungsangebote, Entgelte und
52a und 53 Absatz 2 bis 4 beteiligen oder Qualitätsentwicklung
ihnen diese Aufgaben zur Ausführung
übertragen.
§ 78a Anwendungsbereich
(2) Die Träger der öffentlichen Jugend­
hilfe bleiben für die Erfüllung der Auf­ (1) Die Regelungen der §§ 78b bis 78g
gaben verantwortlich. gelten für die Erbringung von
1. Leistungen für Betreuung und
Unterkunft in einer sozialpädagogisch
§ 77 Vereinbarungen über die Höhe begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3),
der Kosten 2. Leistungen in gemeinsamen Wohn­
formen für Mütter/Väter und Kinder
Werden Einrichtungen und Dienste der (§ 19),
Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch 3. Leistungen zur Unterstützung bei
genommen, so sind Vereinbarungen über notwendiger Unterbringung des
die Höhe der Kosten der Inanspruchnah- Kindes oder Jugendlichen zur Erfül-
me zwischen der öffentlichen und der lung der Schulpflicht (§ 21 Satz 2),
freien Jugendhilfe anzustreben; das Nähere 4. Hilfe zur Erziehung
regelt das Landesrecht. Die §§ 78a bis 78g a) in einer Tagesgruppe (§ 32),
bleiben unberührt. b) in einem Heim oder einer
sonstigen betreuten Wohnform
(§ 34) sowie
§ 78 Arbeitsgemeinschaften c) in intensiver sozialpädagogischer
Einzelbetreuung (§ 35), sofern sie
Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe außerhalb der eigenen Familie
sollen die Bildung von Arbeitsgemein- erfolgt,
schaften anstreben, in denen neben ihnen d) in sonstiger teilstationärer oder
die anerkannten Träger der freien Jugend- stationärer Form (§ 27),

126
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

5. Eingliederungshilfe für seelisch 1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leis-


behinderte Kinder und Jugendliche in tungsangebote (Leistungsvereinbarung),
a) anderen teilstationären Einrich- 2. differenzierte Entgelte für die
tungen (§ 35a Absatz 2 Nummer 2 Leistungsangebote und die betriebs­
Alternative 2), notwendigen Investitionen (Entgelt­
b) Einrichtungen über Tag und Nacht vereinbarung) und
sowie sonstigen Wohnformen 3. Grundsätze und Maßstäbe für die
(§ 35a Absatz 2 Nummer 4), Bewertung der Qualität der Leistungs-
angebote sowie über geeignete
6. Hilfe für junge Volljährige (§ 41), Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung
sofern diese den in den Nummern 4 (Qualitäts­entwicklungsvereinbarung)
und 5 genannten Leistungen abgeschlossen worden sind.
entspricht, sowie
7. Leistungen zum Unterhalt (§ 39), (2) Die Vereinbarungen sind mit den
sofern diese im Zusammenhang mit Trägern abzuschließen, die unter Berück-
Leistungen nach den Nummern 4 bis 6 sichtigung der Grundsätze der Leistungs-
gewährt werden; § 39 Absatz 2 Satz 3 fähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsam-
bleibt unberührt. keit zur Erbringung der Leistung geeignet
sind. Vereinbarungen über die Erbringung
(2) Landesrecht kann bestimmen, dass die von Hilfe zur Erziehung im Ausland dürfen
§§ 78b bis 78g auch für andere Leistungen nur mit solchen Trägern abgeschlossen
nach diesem Buch sowie für vorläufige werden, die
Maßnahmen zum Schutz von Kindern und 1. anerkannte Träger der Jugendhilfe
Jugendlichen (§ 42) gelten. oder Träger einer erlaubnispflichtigen
Einrichtung im Inland sind, in der
Hilfe zur Erziehung erbracht wird,
§ 78b Voraussetzungen für die 2. mit der Erbringung solcher Hilfen nur
Übernahme des Leistungs­ Fachkräfte im Sinne des § 72 Absatz 1
entgelts betrauen und
3. die Gewähr dafür bieten, dass sie die
(1) Wird die Leistung ganz oder teil­weise Rechtsvorschriften des Aufenthalts-
in einer Einrichtung erbracht, so ist der landes einhalten und mit den Behör-
Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur den des Aufenthaltslandes sowie den
Übernahme des Entgelts gegenüber dem deutschen Vertretungen im Ausland
Leistungsberechtigten verpflichtet, wenn zusammenarbeiten.
mit dem Träger der Einrichtung oder
seinem Verband Vereinbarungen über

127
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Ist eine der Vereinbarungen nach ten Leistungs- und Qualitätsmerkmale.
Absatz 1 nicht abgeschlossen, so ist der Eine Erhöhung der Vergütung für Investi-
Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur tionen kann nur dann verlangt werden,
Übernahme des Leistungsentgelts nur wenn der zuständige Träger der öffentli-
verpflichtet, wenn dies insbesondere chen Jugendhilfe der Investitionsmaßnah-
nach Maßgabe der Hilfeplanung (§ 36) me vorher zugestimmt hat. Förderungen
im Einzelfall geboten ist. aus öffent­lichen Mitteln sind anzu­rechnen.

§ 78c Inhalt der Leistungs- und § 78d Vereinbarungszeitraum


Entgeltvereinbarungen
(1) Die Vereinbarungen nach § 78b
(1) Die Leistungsvereinbarung muss Absatz 1 sind für einen zukünftigen
die wesentlichen Leistungsmerkmale, Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzu-
insbesondere schließen. Nachträgliche Ausgleiche sind
1. Art, Ziel und Qualität des Leistungs­ nicht zulässig.
angebots,
2. den in der Einrichtung zu betreuenden (2) Die Vereinbarungen treten zu dem
Personenkreis, darin bestimmten Zeitpunkt in Kraft.
3. die erforderliche sächliche und Wird ein Zeitpunkt nicht bestimmt, so
personelle Ausstattung, werden die Vereinbarungen mit dem Tag
4. die Qualifikation des Personals sowie ihres Abschlusses wirksam. Eine Verein­
5. die betriebsnotwendigen Anlagen der barung, die vor diesen Zeitpunkt zurück-
Einrichtung wirkt, ist nicht zulässig; dies gilt nicht für
festlegen. In die Vereinbarung ist aufzu- Vereinbarungen vor der Schieds­stelle für
nehmen, unter welchen Voraussetzungen die Zeit ab Eingang des Antrages bei der
der Träger der Einrichtung sich zur Schiedsstelle. Nach Ablauf des Verein­ba­
Erbringung von Leistungen verpflichtet. rungszeitraums gelten die vereinbarten
Der Träger muss gewährleisten, dass die Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer
Leistungsangebote zur Erbringung von Vereinbarungen weiter.
Leistungen nach § 78a Absatz 1 geeignet
sowie ausreichend, zweckmäßig und (3) Bei unvorhersehbaren wesentlichen
wirtschaftlich sind. Veränderungen der Annahmen, die der
Entgeltvereinbarung zugrunde lagen, sind
(2) Die Entgelte müssen leistungs­ge­recht die Entgelte auf Verlangen einer Vertrags-
sein. Grundlage der Ent­gelt­verein­barung partei für den laufenden Vereinbarungs-
sind die in der Leistungs- und der Quali­ zeitraum neu zu verhandeln. Die Absätze 1
täts­ent­wicklungs­vereinbarung festgeleg- und 2 gelten entsprechend.

128
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(4) Vereinbarungen über die Erbringung Absatz 2 Nummer 5 und 6 zustän­digen


von Leistungen nach § 78a Absatz 1, die Behörde vorsehen.
vor dem 1. Januar 1999 abgeschlossen
worden sind, gelten bis zum Inkrafttreten
neuer Vereinbarungen weiter. § 78f Rahmenverträge

Die kommunalen Spitzenverbände auf


§ 78e Örtliche Zuständigkeit für den Landesebene schließen mit den Verbänden
Abschluss von Verein­barungen der Träger der freien Jugendhilfe und den
Vereinigungen sonstiger Leistungserbrin-
(1) Soweit Landesrecht nicht etwas ger auf Landesebene Rahmen­verträge
anderes bestimmt, ist für den Abschluss über den Inhalt der Vereinbarungen nach
von Vereinbarungen nach § 78b Absatz 1 § 78b Absatz 1. Die für die Wahrnehmung
der örtliche Träger der Jugendhilfe zustän- der Aufgaben nach § 85 Absatz 2 Num-
dig, in dessen Bereich die Einrichtung mer 5 und 6 zuständigen Behörden sind
gelegen ist. Die von diesem Träger abge- zu beteiligen.
schlossenen Vereinbarungen sind für alle
örtlichen Träger bindend.
§ 78g Schiedsstelle
(2) Werden in der Einrichtung Leistungen
erbracht, für deren Gewährung über­ (1) In den Ländern sind Schiedsstellen
wiegend ein anderer örtlicher Träger für Streit- und Konfliktfälle einzurichten.
zuständig ist, so hat der nach Absatz 1 Sie sind mit einem unparteiischen Vorsit-
zuständige Träger diesen Träger zu hören. zenden und mit einer gleichen Zahl von
Vertretern der Träger der öffentlichen
(3) Die kommunalen Spitzenverbände Jugendhilfe sowie von Vertretern der
auf Landesebene und die Verbände der Träger der Einrichtungen zu besetzen. Der
Träger der freien Jugendhilfe sowie die Zeitaufwand der Mitglieder ist zu entschä-
Vereinigungen sonstiger Leistungserbrin- digen, bare Auslagen sind zu erstatten. Für
ger im jeweiligen Land können regionale die Inanspruchnahme der Schiedsstellen
oder landesweite Kommissionen bilden. können Gebühren erhoben werden.
Die Kommissionen können im Auftrag
der Mitglieder der in Satz 1 genannten (2) Kommt eine Vereinbarung nach § 78b
­Verbände und Vereinigungen Verein­ Absatz 1 innerhalb von sechs Wochen
barungen nach § 78b Absatz 1 schließen. nicht zustande, nachdem eine Partei
Landesrecht kann die Beteiligung der für schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert
die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 85 hat, so ent­scheidet die Schiedsstelle auf

129
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Antrag einer Partei unverzüglich über Vierter Abschnitt: Gesamtverant­


die Gegenstände, über die keine Einigung wortung, Jugendhilfeplanung
erreicht werden konnte. Gegen die
Entscheidung ist der Rechtsweg zu den
Verwaltungsgerichten gegeben. Die Klage § 79 Gesamtverantwortung,
richtet sich gegen eine der beiden Ver- Grundausstattung
tragsparteien, nicht gegen die Schiedsstel-
le. Einer Nachprüfung der Entscheidung (1) Die Träger der öffentlichen Jugend­
in einem Vorverfahren bedarf es nicht. hilfe haben für die Erfüllung der Auf­gaben
nach diesem Buch die Gesamt­verant­wor­
(3) Entscheidungen der Schiedsstelle tung einschließlich der Planungsverant-
treten zu dem darin bestimmten Zeit- wortung.
punkt in Kraft. Wird ein Zeitpunkt für das
Inkrafttreten nicht bestimmt, so werden (2) Die Träger der öffentlichen Jugendhil-
die Festsetzungen der Schiedsstelle mit fe sollen gewährleisten, dass zur Erfüllung
dem Tag wirksam, an dem der Antrag bei der Aufgaben nach diesem Buch
der Schiedsstelle ein­gegangen ist. Die 1. die erforderlichen und geeigneten
Festsetzung einer Vergütung, die vor Einrichtungen, Dienste und Veranstal-
diesen Zeitpunkt zurückwirkt, ist nicht tungen den verschiedenen Grundrich-
zulässig. Im Übrigen gilt § 78d Absatz 2 tungen der Erziehung entsprechend
Satz 4 und Absatz 3 entsprechend. rechtzeitig und ausreichend zur
Verfügung stehen; hierzu zählen
(4) Die Landesregierungen werden insbesondere auch Pfleger, Vormünder
ermächtigt, durch Rechtsverordnung und Pflegepersonen;
das Nähere zu bestimmen über 2. eine kontinuierliche Qualitätsentwick-
1. die Errichtung der Schiedsstellen, lung nach Maßgabe von § 79a erfolgt.
2. die Zahl, die Bestellung, die Amts­dauer
und die Amtsführung ihrer Mitglieder, Von den für die Jugendhilfe bereitgestell-
3. die Erstattung der baren Auslagen ten Mitteln haben sie einen angemessenen
und die Entschädigung für ihren Anteil für die Jugendarbeit zu verwenden.
Zeitaufwand,
4. die Geschäftsführung, das Verfahren, (3) Die Träger der öffentlichen Jugend­
die Erhebung und die Höhe der hilfe haben für eine ausreichende Ausstat-
Gebühren sowie die Verteilung der tung der Jugendämter und der Landes­
Kosten und jugendämter zu sorgen; hierzu gehört
5. die Rechtsaufsicht. auch eine dem Bedarf entsprechende Zahl
von Fachkräften.

130
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 79a Qualitätsentwicklung in der 2. den Bedarf unter Berücksichtigung


Kinder- und Jugendhilfe der Wünsche, Bedürfnisse und
Inte­ressen der jungen Menschen und
Um die Aufgaben der Kinder- und Jugend- der Per­sonen­sorgeberechtigten für
hilfe nach § 2 zu erfüllen, haben die Träger einen mittelfristigen Zeitraum zu
der öffentlichen Jugendhilfe Grundsätze ermitteln und
und Maßstäbe für die Bewertung der 3. die zur Befriedigung des Bedarfs
Qualität sowie geeignete Maßnahmen notwendigen Vorhaben rechtzeitig
zu ihrer Gewährleistung für und ausreichend zu planen; dabei
1. die Gewährung und Erbringung ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein
von Leistungen, unvorhergesehener Bedarf befriedigt
2. die Erfüllung anderer Aufgaben, werden kann.
3. den Prozess der Gefährdungs­ein­
schätzung nach § 8a, (2) Einrichtungen und Dienste sollen so
4. die Zusammenarbeit mit anderen geplant werden, dass insbesondere
Institutionen 1. Kontakte in der Familie und im
weiterzuentwickeln, anzuwenden und sozialen Umfeld erhalten und gepflegt
regelmäßig zu überprüfen. Dazu zählen werden können,
auch Qualitätsmerkmale für die Sicherung 2. ein möglichst wirksames, viel­fäl­ti­
der Rechte von Kindern und Jugendlichen ges und aufeinander abgestimmtes
in Einrichtungen und ihren Schutz vor Angebot von Jugendhilfeleistungen
Gewalt. Die Träger der öffentlichen Jugend- gewährleistet ist,
hilfe orientieren sich dabei an den fachli­ 3. junge Menschen und Familien in
chen Empfehlungen der nach § 85 Absatz 2 gefährdeten Lebens- und Wohnbe­
zuständigen Behörden und an bereits reichen besonders gefördert werden,
angewandten Grundsätzen und Maßstä- 4. Mütter und Väter Aufgaben in der
ben für die Bewertung der Qualität sowie Familie und Erwerbstätigkeit besser
Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung. miteinander vereinbaren können.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugend­


§ 80 Jugendhilfeplanung hilfe haben die anerkannten Träger der
freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer
(1) Die Träger der öffentlichen Jugend­ Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu
hilfe haben im Rahmen ihrer Planungs­ diesem Zweck sind sie vom Jugendhilfe-
verantwortung ausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind,
1. den Bestand an Einrichtungen und im Rahmen der Jugendhilfeplanung des
Diensten festzustellen, überörtlichen Trägers vom Landesjugend-

131
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

hilfeausschuss zu hören. Das Nähere regelt 5. den Beratungsstellen nach den §§ 3
das Landesrecht. und 8 des Schwangerschaftskonflikt-
gesetzes und Suchtberatungsstellen,
(4) Die Träger der öffentlichen Jugend­ 6. Einrichtungen und Diensten zum
hilfe sollen darauf hinwirken, dass die Schutz gegen Gewalt in engen sozialen
Jugendhilfeplanung und andere örtliche Beziehungen,
und überörtliche Planungen aufeinander 7. den Stellen der Bundesagentur für
abgestimmt werden und die Planungen Arbeit,
insgesamt den Bedürfnissen und Inte­ 8. Einrichtungen und Stellen der
ressen der jungen Menschen und ihrer beruflichen Aus- und Weiterbildung,
Familien Rechnung tragen. 9. den Polizei- und Ordnungsbehörden,
10. der Gewerbeaufsicht und
11. Einrichtungen der Ausbildung für
§ 81 Strukturelle Zusammenarbeit Fachkräfte, der Weiterbildung und der
mit anderen Stellen und Forschung im Rahmen ihrer Aufgaben
öffentlichen Einrichtungen und Befugnisse zusammenzuarbeiten.

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe


haben mit anderen Stellen und öffent­li­
chen Einrichtungen, deren Tätigkeit sich Sechstes Kapitel –
auf die Lebenssituation junger Menschen Zentrale Aufgaben
und ihrer Familien auswirkt, insbesondere
mit
1. den Trägern von Sozialleistungen
nach dem Zweiten, Dritten, Vierten, § 82 Aufgaben der Länder
Fünften, Sechsten und dem Zwölften
Buch sowie Trägern von Leistungen (1) Die oberste Landesjugendbehörde hat
nach dem Bundesversorgungsgesetz, die Tätigkeit der Träger der öffent­lichen
2. den Familien- und Jugendgerichten, und der freien Jugendhilfe und die Weiter-
den Staatsanwaltschaften sowie den entwicklung der Jugendhilfe anzuregen
Justizvollzugsbehörden, und zu fördern.
3. Schulen und Stellen der Schul­
verwaltung, (2) Die Länder haben auf einen gleich­
4. Einrichtungen und Stellen des mäßigen Ausbau der Einrichtungen und
öffentlichen Gesundheitsdienstes und Angebote hinzuwirken und die Jugendäm-
sonstigen Einrichtungen und Diensten ter und Landesjugendämter bei der Wahr-
des Gesundheitswesens, nehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen.

132
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 83 Aufgaben des Bundes, (2) Die Bundesregierung beauftragt


Bundesjugendkuratorium mit der Ausarbeitung der Berichte jeweils
eine Kommission, der mindestens sieben
(1) Die fachlich zuständige oberste Bun- Sachverständige (Jugend­berichts­kommis­
desbehörde soll die Tätigkeit der Jugend- sion) angehören. Die Bundesregierung fügt
hilfe anregen und fördern, soweit sie von eine Stellung­nahme mit den von ihr für
überregionaler Bedeutung ist und ihrer Art notwendig gehaltenen Folgerungen bei.
nach nicht durch ein Land allein wirksam
gefördert werden kann. Hierzu gehören
auch die überregionalen Tätigkeiten der
Jugendorganisationen der politischen Siebtes Kapitel – Zuständig-
Parteien auf dem Gebiet der Jugendarbeit. keit, Kostenerstattung
(2) Die Bundesregierung wird in grund-
sätzlichen Fragen der Jugendhilfe von Erster Abschnitt: Sachliche
einem Sachver­ständigengremium ­Zuständigkeit
(Bundes­jugend­kuratorium) beraten.
Das Nähere regelt die Bundesregierung
durch Verwaltungsvorschriften. § 85 Sachliche Zuständigkeit

(1) Für die Gewährung von Leistungen


§ 84 Jugendbericht und die Erfüllung anderer Aufgaben nach
diesem Buch ist der örtliche Träger sach-
(1) Die Bundesregierung legt dem lich zuständig, soweit nicht der überört-
Deutschen Bundestag und dem Bun­desrat liche Träger sachlich zuständig ist.
in jeder Legislaturperiode einen Bericht
über die Lage junger Menschen und die (2) Der überörtliche Träger ist sachlich zu-
Bestrebungen und Leistungen der ständig für
Jugendhilfe vor. Neben der Bestands­ 1. die Beratung der örtlichen Träger und
aufnahme und Analyse sollen die Berichte die Entwicklung von Empfehlungen
Vorschläge zur Weiterentwicklung der zur Erfüllung der Aufgaben nach
Jugendhilfe enthalten; jeder dritte Bericht diesem Buch,
soll einen Überblick über die Gesamt­ 2. die Förderung der Zusammenarbeit
situation der Jugend­hilfe vermitteln. zwischen den örtlichen Trägern und
den anerkannten Trägern der freien
Jugendhilfe, insbesondere bei der
Planung und Sicherstellung eines

133
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

bedarfsgerechten Angebots an Hilfen 10. die Erteilung der Erlaubnis zur


zur Erziehung, Eingliederungshilfen Übernahme von Pflegschaften oder
für seelisch behinderte Kinder und Vormundschaften durch einen
Jugendliche und Hilfen für junge rechtsfähigen Verein (§ 54).
Volljährige,
3. die Anregung und Förderung von (3) Für den örtlichen Bereich können die
Einrichtungen, Diensten und Veran- Aufgaben nach Absatz 2 Nummer 3, 4, 7
staltungen sowie deren Schaffung und 8 auch vom örtlichen Träger wahr­
und Betrieb, soweit sie den örtlichen genommen werden.
Bedarf übersteigen; dazu gehören
insbesondere Einrichtungen, die eine (4) Unberührt bleiben die am Tage des
Schul- oder Berufsausbildung anbie- Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden
ten, sowie Jugendbildungsstätten, landesrechtlichen Rege­lungen, die die in
4. die Planung, Anregung, Förderung und den §§ 45 bis 48a bestimmten Aufgaben
Durchführung von Modellvorhaben einschließlich der damit verbundenen
zur Weiter­entwicklung der Jugendhilfe, Aufgaben nach Absatz 2 Nummer 2 bis 5
5. die Beratung der örtlichen Träger bei und 7 mittleren Landesbehörden oder,
der Gewährung von Hilfe nach den soweit sie sich auf Kindergärten und ande-
§§ 32 bis 35a, insbe­sondere bei der re Tageseinrichtungen für Kinder beziehen,
Auswahl einer Einrichtung oder der unteren Landesbehörden zuweisen.
Vermittlung einer Pflegeperson in
schwierigen Einzelfällen, (5) Ist das Land überörtlicher Träger,
6. die Wahrnehmung der Aufgaben zum so können durch Landesrecht bis zum
Schutz von Kindern und Jugendlichen 30. Juni 1993 einzelne seiner Aufgaben auf
in Einrichtungen (§§ 45 bis 48a), andere Körperschaften des öffentlichen
7. die Beratung der Träger von Einrich- Rechts, die nicht Träger der öffentlichen
tungen während der Planung und Jugendhilfe sind, übertragen werden.
Betriebsführung,
8. die Fortbildung von Mitarbeitern in
der Jugendhilfe,
9. die Gewährung von Leistungen an
Deutsche im Ausland (§ 6 Absatz 3),
soweit es sich nicht um die Fortset-
zung einer bereits im Inland gewähr-
ten Leistung handelt,

134
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Zweiter Abschnitt: Örtliche seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet


­Zuständigkeit sich die Zuständigkeit nach dem gewöhn-
lichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem
Erster Unterabschnitt: Örtliche das Kind oder der Jugendliche vor Beginn
­Zuständigkeit für Leistungen der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen
Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der
Jugendliche im Fall des Satzes 2 während
§ 86 Örtliche Zuständigkeit für der letzten sechs Monate vor Beginn der
Leistungen an Kinder, Jugend- Leistung bei keinem Elternteil einen ge-
liche und ihre Eltern wöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche
Träger zuständig, in dessen Bereich das
(1) Für die Gewährung von Leistungen Kind oder der Jugendliche vor Beginn der
nach diesem Buch ist der örtliche Träger Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen
zuständig, in dessen Bereich die Eltern Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der
ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Jugendliche während der letzten sechs
An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt,
wenn und solange die Vaterschaft nicht so richtet sich die Zuständigkeit nach dem
anerkannt oder gerichtlich festgestellt tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder
ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(3) Haben die Elternteile verschiedene
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die
gewöhnliche Aufenthalte, so ist der ört- Personensorge keinem Elternteil zu, so
liche Träger zuständig, in dessen Bereich gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
der personensorgeberechtigte Elternteil
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies (4) Haben die Eltern oder der nach den
gilt auch dann, wenn ihm einzelne Ange­ Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im
legenheiten der Personensorge entzogen Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt
sind. Steht die Personensorge im Fall des oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht
Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so feststellbar oder sind sie verstorben, so
richtet sich die Zuständigkeit nach dem richtet sich die Zuständigkeit nach dem
gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder
bei dem das Kind oder der Jugendliche des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
vor Beginn der Leistung zuletzt seinen Hatte das Kind oder der Jugendliche wäh-
gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das rend der letzten sechs Monate vor Beginn
Kind oder der Jugend­liche im Fall des der Leistung keinen gewöhnlichen Aufent-
Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen halt, so ist der örtliche Träger zuständig,

135
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

in dessen Bereich sich das Kind oder der Leistung tatsächlich aufhält; geht der
Jugendliche vor Beginn der Leistung Leistungsgewährung eine Inobhutnahme
tatsächlich aufhält. voraus, so bleibt die nach § 87 begründete
Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn Person einem Ver­teilungsverfahren, so
der Leistung verschiedene gewöhnliche richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach
Aufenthalte, so wird der örtliche Träger der Zuweisungsentscheidung der zustän-
zuständig, in dessen Bereich der personen­ digen Landesbehörde; bis zur Zuweisungs-
sorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhn- entscheidung gilt Satz 1 entsprechend.
lichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche
wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss
Personensorge entzogen sind. Solange in des Asylverfahrens so lange bestehen, bis
diesen Fällen die Personensorge beiden die für die Bestimmung der örtlichen
Elternteilen gemeinsam oder keinem Zuständigkeit maßgebliche Person einen
Elternteil zusteht, bleibt die bisherige gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines
Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt anderen Trägers der öffentlichen Jugend-
entsprechend. hilfe begründet. Eine Unterbrechung der
Leistung von bis zu drei Monaten bleibt
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher außer Betracht.
zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist
sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf
Dauer zu erwarten, so ist oder wird § 86a Örtliche Zuständigkeit für
abweichend von den Absätzen 1 bis 5 Leistungen an junge Volljährige
der örtliche Träger zuständig, in dessen
Bereich die Pflegeperson ihren gewöhn- (1) Für Leistungen an junge Volljährige
lichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern ist der örtliche Träger zuständig, in dessen
und, falls den Eltern die Personensorge Bereich der junge Volljährige vor Beginn
nicht oder nur teilweise zusteht, den der Leistung seinen gewöhnlichen Aufent-
Personensorgeberechtigten über den halt hat.
Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten.
Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, (2) Hält sich der junge Volljährige in einer
so endet die Zuständigkeit nach Satz 1. Einrichtung oder sonstigen Wohnform
auf, die der Erziehung, Pflege, Betreuung,
(7) Für Leistungen an Kinder oder Behandlung oder dem Strafvollzug dient,
Jugendliche, die um Asyl nach­suchen so richtet sich die örtliche Zuständigkeit
oder einen Asylantrag gestellt haben, ist nach dem gewöhnlichen Aufenthalt vor
der örtliche Träger zuständig, in dessen der Aufnahme in eine Einrichtung oder
Bereich sich die Person vor Beginn der sonstige Wohnform.

136
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Hat der junge Volljährige keinen ge- (2) Hat der Leistungsberechtigte keinen
wöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich
Zuständigkeit nach seinem tatsächlichen die Zuständigkeit nach seinem tatsäch-
Aufenthalt zu dem in Absatz 1 genannten lichen Aufenthalt zu dem in Absatz 1
Zeitpunkt; Absatz 2 bleibt unberührt. genannten Zeitpunkt.

(4) Wird eine Leistung nach § 13 Absatz 3 (3) Geht der Leistung Hilfe nach den §§ 27
oder nach § 21 über die Vollendung des bis 35a oder eine Leistung nach § 13
18. Lebensjahres hinaus weitergeführt oder Absatz 3, § 21 oder § 41 voraus, so bleibt
geht der Hilfe für junge Volljährige nach der örtliche Träger zuständig, der bisher
§ 41 eine dieser Leistungen, eine Leistung zuständig war. Eine Unterbrechung der
nach § 19 oder eine Hilfe nach den §§ 27 Hilfeleistung von bis zu drei Monaten
bis 35a voraus, so bleibt der örtliche Träger bleibt dabei außer Betracht.
zuständig, der bis zu diesem Zeitpunkt
zuständig war. Eine Unterbrechung der
Hilfeleistung von bis zu drei Monaten § 86c Fortdauernde Leistungsver-
bleibt dabei außer Betracht. Die Sätze 1 pflichtung und Fallübergabe
und 2 gelten entsprechend, wenn eine bei Zuständigkeitswechsel
Hilfe für junge Volljährige nach § 41 been-
det war und innerhalb von drei Monaten (1) Wechselt die örtliche Zuständigkeit
erneut Hilfe für junge Volljährige nach für eine Leistung, so bleibt der bisher
§ 41 erforderlich wird. zuständige örtliche Träger so lange zur
Gewährung der Leistung verpflichtet, bis
der nunmehr zustän­dige örtliche Träger
§ 86b Örtliche Zuständigkeit für die Leistung fortsetzt. Dieser hat dafür
Leistungen in gemeinsamen Sorge zu tragen, dass der Hilfeprozess und
Wohnformen für Mütter/Väter die im Rahmen der Hilfeplanung verein-
und Kinder barten Hilfeziele durch den Zuständig-
keitswechsel nicht gefährdet werden.
(1) Für Leistungen in gemeinsamen
Wohnformen für Mütter oder Väter und (2) Der örtliche Träger, der von den
Kinder ist der örtliche Träger zuständig, Umständen Kenntnis erhält, die den
in dessen Bereich der nach § 19 Leistungs­ Wechsel der Zuständigkeit begründen,
berechtigte vor Beginn der Leistung seinen hat den anderen davon unverzüglich
gewöhnlichen Aufenthalt hat. § 86a zu unterrichten. Der bisher zuständige
Absatz 2 gilt entsprechend. örtliche Träger hat dem nunmehr zustän-
digen örtlichen Träger unverzüglich die für

137
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

die Hilfegewährung sowie den Zuständig- Zweiter Unterabschnitt: Örtliche


keitswechsel maßgeblichen Sozialdaten ­Zuständigkeit für andere Aufgaben
zu übermitteln. Bei der Fortsetzung von
Leistungen, die der Hilfeplanung nach § 36
Absatz 2 unterliegen, ist die Fallverant­ § 87 Örtliche Zuständigkeit für
wortung im Rahmen eines Gespräches zu vorläufige Maßnahmen zum
übergeben. Die Personensorgeberechtigten Schutz von Kindern und
und das Kind oder der Jugendliche sowie Jugendlichen
der junge Volljährige oder der Leistungs-
berechtigte nach § 19 sind an der Übergabe Für die Inobhutnahme eines Kindes
angemessen zu beteiligen. oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der
örtliche Träger zuständig, in dessen
Bereich sich das Kind oder der Jugendliche
§ 86d Verpflichtung zum v­ orläufigen vor Beginn der Maßnahme tatsächlich
Tätigwerden aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die
Inobhutnahme eines unbegleiteten aus-
Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest ländischen Kindes oder Jugendlichen
oder wird der zuständige örtliche Träger richtet sich nach § 88a Absatz 2.
nicht tätig, so ist der örtliche Träger vor-
läufig zum Tätigwerden verpflichtet, in
dessen Bereich sich das Kind oder der § 87a Örtliche Zuständigkeit für
Jugendliche, der junge Volljährige oder Erlaubnis, Meldepflichten und
bei Leistungen nach § 19 der Leistungs­ Untersagung
berechtigte vor Beginn der Leistung
tatsächlich aufhält. (1) Für die Erteilung der Pflegeerlaubnis
sowie deren Rücknahme oder Widerruf
(§§ 43, 44) ist der örtliche Träger zuständig,
in dessen Bereich die Pflegeperson ihren
gewöhn­lichen Aufenthalt hat.

(2) Für die Erteilung der Erlaubnis zum


Betrieb einer Einrichtung oder einer
selbstständigen sonstigen Wohnform
sowie für die Rücknahme oder den Wider-
ruf dieser Erlaubnis (§ 45 Absatz 1 und 2,
§ 48a), die örtliche Prüfung (§§ 46, 48a), die
Entgegennahme von Meldungen (§ 47

138
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Absatz 1 und 2, § 48a) und die Ausnahme Verfahrens in einer Justizvollzugsanstalt


von der Meldepflicht (§ 47 Absatz 3, § 48a) verbracht, so dauert die Zuständigkeit auch
sowie die Untersagung der weiteren nach der Entlassung aus der Anstalt so
Beschäftigung des Leiters oder eines lange fort, bis der Jugendliche oder junge
Mitarbeiters (§§ 48, 48a) ist der überört- Volljährige einen neuen gewöhnlichen
liche Träger oder die nach Landesrecht Aufenthalt begründet hat, längstens aber
bestimmte Behörde zuständig, in dessen bis zum Ablauf von sechs Monaten nach
oder deren Bereich die Einrichtung oder dem Entlassungszeitpunkt.
die sonstige Wohnform gelegen ist.
(3) Steht die örtliche Zuständigkeit nicht
(3) Für die Mitwirkung an der örtlichen fest oder wird der zuständige örtliche Trä-
Prüfung (§§ 46, 48a) ist der örtliche Träger ger nicht tätig, so gilt § 86d entsprechend.
zuständig, in dessen Bereich die Einrich-
tung oder die selbstständige sonstige
Wohnform gelegen ist. § 87c Örtliche Zuständigkeit für
die Beistandschaft, die Amts-
pflegschaft, die Amtsvormund-
§ 87b Örtliche Zuständigkeit für schaft und die Bescheinigung
die Mitwirkung in gerichtlichen nach § 58a
Verfahren
(1) Für die Vormundschaft nach § 1791c
(1) Für die Zuständigkeit des Jugend- des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist das
amts zur Mitwirkung in gerichtlichen Jugendamt zuständig, in dessen Bereich
Ver­fahren (§§ 50 bis 52) gilt § 86 Absatz 1 die Mutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt
bis 4 entsprechend. Für die Mitwirkung hat. Wurde die Vaterschaft nach § 1592
im Verfahren nach dem Jugendgerichts- Nummer 1 oder 2 des Bürgerlichen
gesetz gegen einen jungen Menschen, der Gesetzbuchs durch Anfechtung beseitigt,
zu Beginn des Verfahrens das 18. Lebens- so ist der gewöhnliche Aufenthalt der
jahr vollendet hat, gilt § 86a Absatz 1 und 3 Mutter zu dem Zeitpunkt maß­geblich,
entsprechend. zu dem die Entscheidung rechtskräftig
wird. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt der
(2) Die nach Absatz 1 begründete Mutter nicht festzustellen, so richtet sich
Zuständigkeit bleibt bis zum Abschluss des die örtliche Zuständigkeit nach ihrem
Verfahrens bestehen. Hat ein Jugendlicher tatsächlichen Aufenthalt.
oder ein junger Volljähriger in einem
Verfahren nach dem Jugend­gerichtsgesetz
die letzten sechs Monate vor Abschluss des

139
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(2) Sobald die Mutter ihren gewöhnlichen Sätze 1 bis 3 gelten für die Gegenvormund-
Aufenthalt im Bereich eines anderen schaft des Jugendamts entsprechend.
Jugendamts nimmt, hat das die Amtsvor-
mundschaft führende Jugendamt bei (4) Für die Vormundschaft, die im
dem Jugendamt des anderen Bereichs die Rahmen des Verfahrens zur Annahme als
Weiterführung der Amtsvormundschaft Kind eintritt, ist das Jugendamt zuständig,
zu beantragen; der Antrag kann auch in dessen Bereich die annehmende Person
von dem anderen Jugendamt, von jedem ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Elternteil und von jedem, der ein berech-
tigtes Interesse des Kindes oder des (5) Für die Beratung und Unterstützung
Jugendlichen geltend macht, bei dem die nach § 52a sowie für die Beistandschaft
Amtsvormundschaft führenden Jugend- gilt Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend.
amt gestellt werden. Die Vormundschaft Sobald der allein sorgeberechtigte Eltern-
geht mit der Erklärung des anderen teil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im
Jugendamts auf dieses über. Das abgeben- Bereich eines anderen Jugendamts nimmt,
de Jugendamt hat den Übergang dem hat das die Beistandschaft führende Ju-
Familiengericht und jedem Elternteil gendamt bei dem Jugendamt des anderen
unverzüglich mitzuteilen. Gegen die Bereichs die Weiterführung der Beistand-
Ablehnung des Antrags kann das Familien­ schaft zu beantragen; Absatz 2 Satz 2 und
gericht angerufen werden. § 86c gelten entsprechend.

(3) Für die Pflegschaft oder Vormund- (6) Für die Erteilung der Bescheinigung
schaft, die durch Bestellung des Fami­ nach § 58a Absatz 2 gilt Absatz 1 ent­
liengerichts eintritt, ist das Jugendamt sprechend. Die Mitteilungen nach § 1626d
zuständig, in dessen Bereich das Kind Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die
oder der Jugendliche seinen gewöhnli- Mitteilungen nach § 155a Absatz 3 Satz 3
chen Aufenthalt hat. Hat das Kind oder und Absatz 5 Satz 2 des Gesetzes über
der Jugendliche keinen gewöhnlichen das Verfahren in Familien­sachen und
Aufenthalt, so richtet sich die Zuständig- in den Angelegenheiten der freiwilligen
keit nach seinem tatsächlichen Aufent- Gerichtsbarkeit sowie die Mitteilungen
halt zum Zeitpunkt der Bestellung. Sobald nach § 50 Absatz 3 sind an das für den
das Kind oder der Jugendliche seinen Geburtsort des Kindes oder des Jugend-
gewöhnlichen Aufenthalt wechselt oder lichen zuständige Jugendamt zu richten;
im Fall des Satzes 2 das Wohl des Kindes § 88 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
oder Jugendlichen es erfordert, hat das Das nach Satz 2 zuständige Jugendamt
Jugendamt beim Familiengericht einen teilt auf Ersuchen dem nach Satz 1 zustän­
Antrag auf Entlassung zu stellen. Die digen Jugendamt mit, ob Eintragungen im
Sorgeregister vorliegen.

140
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 87d Örtliche Zuständigkeit für (2) Wurden bereits vor der Ausreise
weitere Aufgaben im Vormund- Leistungen der Jugendhilfe gewährt, so
schaftswesen bleibt der örtliche Träger zuständig, der
bisher tätig geworden ist; eine Unter­
(1) Für die Wahrnehmung der Aufgaben brechung der Hilfeleistung von bis zu
nach § 53 ist der örtliche Träger zuständig, drei Monaten bleibt dabei außer Betracht.
in dessen Bereich der Pfleger oder Vormund
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
§ 88a Örtliche Zuständigkeit für
(2) Für die Erteilung der Erlaubnis zur vorläufige Maßnahmen, Leis-
Übernahme von Pflegschaften oder Vor- tungen und die Amtsvormund-
mundschaften durch einen rechtsfähigen schaft für unbegleitete auslän-
Verein (§ 54) ist der überörtliche Träger dische Kinder und Jugendliche
zuständig, in dessen Bereich der Verein
seinen Sitz hat. (1) Für die vorläufige Inobhutnahme
eines unbegleiteten ausländischen Kindes
oder Jugendlichen (§ 42a) ist der örtliche
§ 87e Örtliche Zuständigkeit für Träger zuständig, in dessen Bereich sich
Beurkundung und Beglaubi- das Kind oder der Jugendliche vor Beginn
gung der Maßnahme tatsächlich aufhält, soweit
Landesrecht nichts anderes regelt.
Für Beurkundungen und Beglaubigungen
nach § 59 ist die Urkundsperson bei jedem (2) Die örtliche Zuständigkeit für die
Jugendamt zuständig. Inobhutnahme eines unbegleiteten aus-
ländischen Kindes oder Jugendlichen (§ 42)
Dritter Unterabschnitt: Örtliche Zu- richtet sich nach der Zuweisungsentschei-
ständigkeit bei Aufenthalt im Ausland dung gemäß § 42b Absatz 3 Satz 1 der nach
Landesrecht für die Verteilung von unbe-
gleiteten ausländischen Kindern oder
§ 88 Örtliche Zuständigkeit bei Jugendlichen zuständigen Stelle. Ist die
Aufenthalt im Ausland Verteilung nach § 42b Absatz 4 ausge-
schlossen, so bleibt die nach Absatz 1
(1) Für die Gewährung von Leistungen begründete Zuständigkeit bestehen. Ein
der Jugendhilfe im Ausland ist der überört- anderer Träger kann aus Gründen des
liche Träger zuständig, in dessen Bereich Kindeswohls oder aus sonstigen huma­
der junge Mensch geboren ist. Liegt der nitären Gründen von ver­gleich­barem
Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu Gewicht die örtliche Zuständigkeit von
ermitteln, so ist das Land Berlin zuständig. dem zuständigen Träger übernehmen.

141
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Für Leistungen an unbegleitete § 89a Kostenerstattung bei


ausländische Kinder oder Jugendliche ­fortdauernder Vollzeitpflege
ist der örtliche Träger zuständig, in dessen
Bereich sich die Person vor Beginn der (1) Kosten, die ein örtlicher Träger
Leistung tatsächlich aufhält. Geht der aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86
Leistungsgewährung eine Inobhut­nahme Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem
voraus, so bleibt die nach Absatz 2 örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor
begründete Zuständigkeit bestehen, zuständig war oder gewesen wäre. Die
soweit Landesrecht nichts anderes regelt. Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen,
wenn die Pflegeperson ihren gewöhn­
(4) Die örtliche Zuständigkeit für die lichen Aufenthalt ändert oder wenn die
Vormundschaft oder Pflegschaft, die für Leistung über die Volljährigkeit hinaus
unbegleitete ausländische Kinder oder nach § 41 fortgesetzt wird.
Jugendliche durch Bestellung des Fami-
liengerichts eintritt, richtet sich während (2) Hat oder hätte der nach Absatz 1
1. der vorläufigen Inobhutnahme (§ 42a) kostenerstattungspflichtig werdende
nach Absatz 1, örtliche Träger während der Gewährung
2. der Inobhutnahme (§ 42) nach einer Leistung selbst einen Kostenerstat-
Absatz 2 und tungsanspruch gegen einen anderen ört-
3. der Leistungsgewährung nach lichen oder den überörtlichen Träger, so
Absatz 3. bleibt oder wird abweichend von Absatz 1
dieser Träger dem nunmehr nach § 86
Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen
Dritter Abschnitt: Kostenerstattung Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung


§ 89 Kostenerstattung bei fehlen- der Leistung nach Absatz 1 der für
dem gewöhnlichen Aufenthalt die örtliche Zuständigkeit nach § 86
Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche
Ist für die örtliche Zuständigkeit nach den Aufenthalt, so wird der örtliche Träger
§§ 86, 86a oder 86b der tatsächliche Auf- kostenerstattungspflichtig, der ohne
enthalt maßgeblich, so sind die Kosten, die Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich
ein örtlicher Träger aufgewendet hat, von zuständig geworden wäre.
dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu
dessen Bereich der örtliche Träger gehört.

142
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 89b Kostenerstattung bei vor­ nach § 86d aufgewendet hat, sind von


läufigen Maßnahmen zum dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen
Schutz von Kindern und Zuständigkeit durch den gewöhnlichen
Jugendlichen Aufenthalt nach den §§ 86, 86a und 86b
­begründet wird.
(1) Kosten, die ein örtlicher Träger im
Rahmen der Inobhutnahme von Kindern (2) Hat der örtliche Träger die Kosten
und Jugendlichen (§ 42) aufgewendet hat, deshalb aufgewendet, weil der zuständige
sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, örtliche Träger pflichtwidrig gehandelt hat,
dessen Zuständigkeit durch den gewöhnli­ so hat dieser zusätzlich einen Betrag in
chen Aufenthalt nach § 86 begründet wird. Höhe eines Drittels der Kosten, mindestens
jedoch 50 Euro, zu erstatten.
(2) Ist ein kostenerstattungspflichtiger
örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind (3) Ist ein kostenerstattungspflichtiger
die Kosten von dem überörtlichen Träger örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind
zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche die Kosten vom überörtlichen Träger zu
Träger gehört. erstatten, zu dessen Bereich der örtliche
Träger gehört, der nach Absatz 1 tätig
(3) Eine nach Absatz 1 oder 2 begrün­ geworden ist.
dete Pflicht zur Kostenerstattung bleibt
bestehen, wenn und solange nach der
Inobhutnahme Leistungen aufgrund einer § 89d Kostenerstattung bei
Zuständigkeit nach § 86 Absatz 7 Satz 1 ­Gewährung von Jugendhilfe
Halbsatz 2 gewährt werden. nach der Einreise

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf-


§ 89c Kostenerstattung bei fort­ wendet, sind vom Land zu erstatten, wenn
dauernder oder vorläufiger 1. innerhalb eines Monats nach der
Leistungsverpflichtung Einreise eines jungen Menschen oder
eines Leistungsberechtigten nach § 19
(1) Kosten, die ein örtlicher Träger im Jugendhilfe gewährt wird und
Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86c 2. sich die örtliche Zuständigkeit nach
aufgewendet hat, sind von dem örtlichen dem tatsächlichen Aufenthalt dieser
Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel Person oder nach der Zuweisungs­
der örtlichen Zuständigkeit zuständig entscheidung der zuständigen Landes-
geworden ist. Kosten, die ein örtlicher behörde richtet.
Träger im Rahmen seiner Verpflichtung

143
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Als Tag der Einreise gilt der Tag des so ist der örtliche Träger zur Erstattung
Grenzübertritts, sofern dieser amtlich der Kosten verpflichtet, in dessen Bereich
festgestellt wurde, oder der Tag, an dem die Person vor der Aufnahme in eine
der Aufenthalt im Inland erstmals festge- Einrichtung, eine andere Familie oder
stellt wurde, andernfalls der Tag der ersten sonstige Wohnform den gewöhnlichen
Vorsprache bei einem Jugendamt. Die Aufenthalt hatte. Eine nach Satz 1 begrün-
Erstattungspflicht nach Satz 1 bleibt dete Erstattungspflicht bleibt bestehen,
unberührt, wenn die Person um Asyl wenn und solange sich die örtliche Zustän-
nachsucht oder einen Asylantrag stellt. digkeit nach § 86a Absatz 4 und § 86b
Absatz 3 richtet.
(2) Ist die Person im Inland geboren, so ist
das Land erstattungspflichtig, in dessen (2) Ist ein kostenerstattungspflichtiger
Bereich die Person geboren ist. örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind
die Kosten von dem überörtlichen Träger
(3) (weggefallen) zu erstatten, zu dessen Bereich der erstat-
tungsberechtigte örtliche Träger gehört.
(4) Die Verpflichtung zur Erstattung
der aufgewendeten Kosten entfällt, wenn
inzwischen für einen zusammenhängen- § 89f Umfang der K
­ ostenerstattung
den Zeitraum von drei Monaten Jugend-
hilfe nicht zu gewähren war. (1) Die aufgewendeten Kosten sind zu
erstatten, soweit die Erfüllung der Auf­
(5) Kostenerstattungsansprüche nach den gaben den Vorschriften dieses Buches
Absätzen 1 bis 3 gehen Ansprüchen nach entspricht. Dabei gelten die Grundsätze,
den §§ 89 bis 89c und § 89e vor. die im Bereich des tätig gewordenen
örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens
angewandt werden.
§ 89e Schutz der Einrichtungsorte
(2) Kosten unter 1.000 Euro werden nur
(1) Richtet sich die Zuständigkeit nach bei vorläufigen Maßnahmen zum Schutz
dem gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern, von Kindern und Jugendlichen (§ 89b), bei
eines Elternteils, des Kindes oder des fortdauernder oder vorläufiger Leistungs-
Jugendlichen und ist dieser in einer verpflichtung (§ 89c) und bei Gewährung
Einrichtung, einer anderen Familie oder von Jugendhilfe nach der Einreise (§ 89d)
sonstigen Wohnform begründet worden, erstattet. Verzugszinsen können nicht
die der Erziehung, Pflege, Betreuung, verlangt werden.
Behandlung oder dem Strafvollzug dient,

144
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 89g Landesrechtsvorbehalt Achtes Kapitel –


­Kostenbeteiligung
Durch Landesrecht können die Aufgaben
des Landes und des überörtlichen Trägers
nach diesem Abschnitt auf andere Körper- Erster Abschnitt: Pauschalierte
schaften des öffentlichen Rechts über­ Kostenbeteiligung
tragen werden.

§ 90 Pauschalierte Kosten­


§ 89h Übergangsvorschrift beteiligung

(1) Für die Erstattung von Kosten für (1) Für die Inanspruchnahme von
Maßnahmen der Jugendhilfe nach der Angeboten
Einreise gemäß § 89d, die vor dem 1. Juli 1. der Jugendarbeit nach § 11,
1998 begonnen haben, gilt die nach­ 2. der allgemeinen Förderung der Erzie-
folgende Übergangsvorschrift. hung in der Familie nach § 16 Absatz 1,
Absatz 2 Nummer 1 und 3 und
(2) Kosten, für deren Erstattung das 3. der Förderung von Kindern in Tages-
Bundesverwaltungsamt vor dem 1. Juli einrichtungen und Kindertagespflege
1998 einen erstattungspflichtigen über­ nach den §§ 22 bis 24 können
örtlichen Träger bestimmt hat, sind nach Kostenbeiträge festgesetzt werden.
den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden
Vorschriften zu erstatten. Erfolgt die (2) In den Fällen des Absatzes 1 Num-
Bestimmung nach dem 30. Juni 1998, so mer 1 und 2 kann der Kostenbeitrag auf
sind § 86 Absatz 7, § 89b Absatz 3, die Antrag ganz oder teilweise erlassen oder
§§ 89d und 89g in der ab dem 1. Juli 1998 ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz
geltenden Fassung anzuwenden. oder teilweise vom Träger der öffentlichen
Jugendhilfe übernommen werden, wenn
1. die Belastung
a) dem Kind oder dem Jugendlichen
und seinen Eltern oder
b) dem jungen Volljährigen nicht
zuzumuten ist und
2. die Förderung für die Entwicklung des
jungen Menschen erforderlich ist. Lebt
das Kind oder der Jugendliche nur mit
einem Elternteil zusammen, so tritt

145
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

dieser an die Stelle der Eltern. Für und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes


die Feststellung der zumutbaren beziehen oder wenn die Eltern des Kindes
­Belastung gelten die §§ 82 bis 85, 87, Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundes-
88 und 92a des Zwölften Buches ent- kindergeldgesetzes oder Wohngeld nach
sprechend, soweit nicht Landesrecht dem Wohngeldgesetz erhalten. Der Träger
eine andere Regelung trifft. Bei der der öffentlichen Jugendhilfe hat die Eltern
Einkommensberechnung bleiben das über die Möglichkeit einer Antragstellung
Baukindergeld des Bundes sowie die nach Satz 1 bei unzumutbarer Belastung
Eigenheimzulage nach dem Eigen- durch Kostenbeiträge zu beraten. Absatz 2
heimzulagengesetz außer Betracht. Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(3) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 sind Zweiter Abschnitt: Kostenbeiträge für
Kostenbeiträge zu staffeln. Als Kriterien stationäre und teilstationäre Leistun-
für die Staffelung können insbesondere gen und vorläufige Maßnahmen
das Einkommen der Eltern, die Anzahl
der kindergeldberechtigten Kinder in der
Familie und die tägliche Betreuungszeit § 91 Anwendungsbereich
des Kindes berücksichtigt werden. Werden
die Kostenbeiträge nach dem Einkommen (1) Zu folgenden vollstationären
berechnet, bleibt das Baukindergeld des Leistungen und vorläufigen Maßnahmen
Bundes außer Betracht. Darüber hinaus werden Kostenbeiträge erhoben:
können weitere Kriterien berücksichtigt 1. der Unterkunft junger Menschen in
werden. einer sozialpädagogisch begleiteten
Wohnform (§ 13 Absatz 3),
(4) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 2. der Betreuung von Müttern oder
wird der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen Vätern und Kindern in gemeinsamen
oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag Wohnformen (§ 19),
vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe 3. der Betreuung und Versorgung von
übernommen , wenn die Belastung durch Kindern in Notsituationen (§ 20),
Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind 4. der Unterstützung bei notwen­diger
nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten Unterbringung junger Menschen zur
sind Kostenbeiträge immer dann, wenn Erfüllung der Schulpflicht und zum
Eltern oder Kinder Leistungen zur Siche- Abschluss der Schulausbildung (§ 21),
rung des Lebensunterhalts nach dem 5. der Hilfe zur Erziehung
Zweiten Buch, Leistungen nach dem a) in Vollzeitpflege (§ 33),
dritten und vierten Kapitel des Zwölften b) in einem Heim oder einer sonsti-
Buches oder Leistungen nach den §§ 2 gen betreuten Wohnform (§ 34),

146
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

c) in intensiver sozialpädagogischer (4) Verwaltungskosten bleiben außer


Einzelbetreuung (§ 35), sofern sie Betracht.
außerhalb des Elternhauses erfolgt,
d) auf der Grundlage von § 27 in (5) Die Träger der öffentlichen Jugendhil-
stationärer Form, fe tragen die Kosten der in den Absätzen 1
und 2 genannten Leistungen unabhängig
6. der Eingliederungshilfe für seelisch von der Erhebung eines Kostenbeitrags.
behinderte Kinder und Jugendliche
durch geeignete Pflegepersonen sowie
in Einrichtungen über Tag und Nacht § 92 Ausgestaltung der
und in sonstigen Wohnformen (§ 35a ­Heranziehung
Absatz 2 Nummer 3 und 4),
7. der Inobhutnahme von Kindern und (1) Aus ihrem Einkommen nach Maßgabe
Jugendlichen (§ 42), der §§ 93 und 94 heran­zuziehen sind:
8. der Hilfe für junge Volljährige, soweit 1. Kinder und Jugendliche zu den Kosten
sie den in Nummern 5 und 6 genann- der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7
ten Leistungen entspricht (§ 41). genannten Leistungen und vorläufigen
Maßnahmen,
(2) Zu folgenden teilstationären Leistun- 2. junge Volljährige zu den Kosten der
gen werden Kostenbeiträge erhoben: in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8
1. der Betreuung und Versorgung von genannten Leistungen,
Kindern in Notsituationen nach § 20, 3. Leistungsberechtigte nach § 19 zu den
2. Hilfe zur Erziehung in einer Tages- Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2
gruppe nach § 32 und anderen genannten Leistungen,
teilstationären Leistungen nach § 27, 4. Ehegatten und Lebenspartner junger
3. Eingliederungshilfe für seelisch Menschen und Leistungsberechtigter
behinderte Kinder und Jugendliche in nach § 19 zu den Kosten der in § 91
Tageseinrichtungen und anderen Absatz 1 und 2 genannten Leistungen
teilstationären Einrichtungen nach und vorläufigen Maßnahmen,
§ 35a Absatz 2 Nummer 2 und 5. Elternteile zu den Kosten der in § 91
4. Hilfe für junge Volljährige, soweit sie Absatz 1 genannten Leistungen und
den in den Nummern 2 und 3 genann- vorläufigen Maßnahmen; leben sie
ten Leistungen entspricht (§ 41). mit dem jungen Menschen zusammen,
so werden sie auch zu den Kosten der
(3) Die Kosten umfassen auch die in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen
Aufwendungen für den notwendigen herangezogen.
Unterhalt und die Krankenhilfe.

147
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(1a) Zu den Kosten vollstationärer die nach § 19 leistungs­berechtigte Person


Leistungen sind junge Volljährige und ein leibliches Kind bis zur Vollendung des
volljährige Leistungsberechtigte nach sechsten Lebensjahres betreut.
§ 19 zusätzlich aus ihrem Vermögen nach
Maßgabe der §§ 90 und 91 des Zwölften (5) Von der Heranziehung soll im Einzel-
Buches heranzuziehen. fall ganz oder teilweise abgesehen werden,
wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung
(2) Die Heranziehung erfolgt durch gefährdet würden oder sich aus der Heran-
Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch ziehung eine besondere Härte ergäbe.
Leistungsbescheid festgesetzt wird; Von der Heranziehung kann abgesehen
Elternteile werden getrennt herangezogen. werden, wenn anzunehmen ist, dass der
damit verbundene Verwaltungsaufwand
(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern, in keinem angemessenen Verhältnis zu
Ehegatten und Lebenspartnern ab dem dem Kostenbeitrag stehen wird.
Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem
dem Pflichtigen die Gewährung der
Leistung mitgeteilt und er über die Folgen § 93 Berechnung des Einkommens
für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem
jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne (1) Zum Einkommen gehören alle
vorherige Mitteilung kann ein Kosten­ Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit
beitrag für den Zeitraum erhoben werden, Ausnahme der Grundrente nach oder
in welchem der Träger der öffentlichen entsprechend dem Bundes­versorgungs­
Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsäch- gesetz sowie der Renten und Beihilfen, die
lichen Gründen, die in den Verantwor- nach dem Bundesentschädigungsgesetz
tungsbereich des Pflichtigen fallen, an der für einen Schaden an Leben sowie an
Geltendmachung gehindert war. Entfallen Körper und Gesundheit gewährt werden,
diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüg- bis zur Höhe der vergleichbaren Grund-
lich zu unterrichten. rente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Eine Entschädigung, die nach § 253
(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
werden, soweit Unterhaltsansprüche vor- wegen eines Schadens, der nicht Vermö­
rangig oder gleichrangig Berechtigter nicht gens­schaden ist, geleistet wird, ist nicht
geschmälert werden. Von der Heranzie- als Einkommen zu berücksichtigen. Geld­
hung der Eltern ist abzusehen, wenn das leistungen, die mit dem gleichen Zweck
Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe
oder die Leistungsberechtigte nach § 19 dienen, zählen nicht zum Einkommen
schwanger ist oder der junge Mensch oder und sind unabhängig von einem Kosten-

148
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

beitrag einzusetzen. Kindergeld und 3. Schuldverpflichtungen.


Leistungen, die aufgrund öffentlich-recht-
licher Vorschrift zu einem ausdrücklich Die kostenbeitragspflichtige Person muss
genannten Zweck erbracht werden, sind die Belastungen nachweisen.
nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche
(2) Von dem Einkommen sind abzu­setzen Monatseinkommen, das die kostenbei-
1. auf das Einkommen gezahlte Steuern tragspflichtige Person in dem Kalender-
und jahr erzielt hat, welches dem jeweiligen
2. Pflichtbeiträge zur Sozialver­sicherung Kalenderjahr der Leistung oder Maßnah-
einschließlich der Beiträge zur me vorangeht. Auf Antrag der kosten­
Arbeitsförderung sowie beitragspflichtigen Person wird dieses
3. nach Grund und Höhe angemessene Einkommen nachträglich durch das
Beiträge zu öffentlichen oder privaten durchschnittliche Monatseinkommen
Versicherungen oder ähnlichen ersetzt, welches die Person in dem jewei­
Einrichtungen zur Absicherung der ligen Kalenderjahr der Leistung oder
Risiken Alter, Krankheit, Pflege­ Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann
bedürftigkeit und Arbeitslosigkeit. innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses
Kalenderjahres gestellt werden. Macht die
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft,
errechneten Betrag sind Belastungen der dass die Heranziehung zu den Kosten aus
kostenbeitragspflichtigen Person abzu­ dem Einkommen nach Satz 1 in einem
ziehen. Der Abzug erfolgt durch eine bestimmten Zeitraum eine besondere
Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von
errechneten Betrages um pauschal 25 vom den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum
Hundert. Sind die Belastungen höher als entsprechenden Monatseinkommen
der pauschale Abzug, so können sie abge- ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall
zogen werden, soweit sie nach Grund und das nach Ablauf des Kalenderjahres zu
Höhe angemessen sind und die Grund­ ermittelnde durchschnittliche Monats­
sätze einer wirtschaftlichen Lebensfüh- einkommen dieses Jahres maßgeblich.
rung nicht verletzen. In Betracht kommen
insbesondere
1. Beiträge zu öffentlichen oder privaten § 94 Umfang der Heranziehung
Versicherungen oder ähnlichen
Einrichtungen, (1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind
2. die mit der Erzielung des Einkommens aus ihrem Einkommen in ange­messenem
verbundenen notwendigen Ausgaben, Umfang zu den Kosten heranzuziehen.

149
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Die Kostenbeiträge dürfen die tatsäch­ (4) Werden Leistungen über Tag und
lichen Aufwendungen nicht überschreiten. Nacht erbracht und hält sich der junge
Eltern sollen nachrangig zu den jungen Mensch nicht nur im Rahmen von
Menschen herangezogen werden. Ehegat- Umgangskontakten bei einem Kosten­
ten und Lebenspartner sollen nachrangig beitragspflichtigen auf, so ist die tatsäch-
zu den jungen Menschen, aber vorrangig liche Betreuungsleistung über Tag und
vor deren Eltern herangezogen werden. Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs (5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge
sind bei jedem Elternteil, Ehegatten oder von Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern
Lebenspartner die Höhe des nach § 93 junger Menschen und Leistungsberech­
ermittelten Einkommens und die Anzahl tigter nach § 19 werden nach Einkom-
der Personen, die mindestens im gleichen mensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge
Range wie der untergebrachte junge durch Rechtsverordnung des zuständigen
Mensch oder Leistungsberechtigte nach Bundesministeriums mit Zustimmung des
§ 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen Bundesrates bestimmt.
zu berücksichtigen.
(6) Bei vollstationären Leistungen haben
(3) Werden Leistungen über Tag und junge Menschen und Leistungsberechtigte
Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht nach § 19 nach Abzug der in § 93 Absatz 2
und bezieht einer der Elternteile Kinder- genannten Beträge 75 Prozent ihres
geld für den jungen Menschen, so hat Einkommens als Kostenbeitrag einzuset-
dieser unabhängig von einer Heranzie- zen. Es kann ein geringerer Kostenbeitrag
hung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 und nach erhoben oder gänzlich von der Erhebung
Maßgabe des Absatzes 1 Satz 3 und 4 einen des Kostenbeitrags abgesehen werden,
Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes wenn das Einkommen aus einer Tätigkeit
zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kosten- stammt, die dem Zweck der Leistung dient.
beitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger Dies gilt insbesondere, wenn es sich um
der öffentlichen Jugendhilfe insoweit eine Tätigkeit im sozialen oder kulturellen
berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Bereich handelt, bei der nicht die Erwerbs-
Kindergeld durch Geltendmachung eines tätigkeit, sondern das soziale oder kultu-
Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 relle Engagement im Vordergrund stehen.
des Einkommensteuergesetzes in
Anspruch zu nehmen.

150
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Dritter Abschnitt: Überleitung § 96 (weggefallen)


von Ansprüchen

Vierter Abschnitt: Ergänzende


§ 95 Überleitung von Ansprüchen Vorschriften

(1) Hat eine der in § 92 Absatz 1 genann-


ten Personen für die Zeit, für die Jugend- § 97 Feststellung der
hilfe gewährt wird, einen Anspruch gegen ­Sozialleistungen
einen anderen, der weder Leistungsträger
im Sinne des § 12 des Ersten Buches noch Der erstattungsberechtigte Träger der
Kostenbeitragspflichtiger ist, so kann der öffentlichen Jugendhilfe kann die Fest­
Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch stellung einer Sozialleistung betreiben
schriftliche Anzeige an den anderen bewir- sowie Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf
ken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe der Fristen, die ohne sein Verschulden
seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. verstrichen sind, wirkt nicht gegen ihn.
Dies gilt nicht für die Verfahrensfristen,
(2) Der Übergang darf nur insoweit soweit der Träger der öffentlichen
bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Jugendhilfe das Verfahren selbst betreibt.
Leistung des anderen entweder Jugend­
hilfe nicht gewährt worden oder ein Kos-
tenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang § 97a Pflicht zur Auskunft
ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der
Anspruch nicht übertragen, verpfändet (1) Soweit dies für die Berechnung oder
oder gepfändet werden kann. den Erlass eines Kostenbeitrags oder die
Übernahme eines Teilnahmebeitrags nach
(3) Die schriftliche Anzeige bewirkt den § 90 oder die Ermittlung eines Kostenbei-
Übergang des Anspruchs für die Zeit, für trags nach den §§ 92 bis 94 erforderlich ist,
die die Hilfe ohne Unter­brechung gewährt sind Eltern, Ehegatten und Lebenspartner
wird; als Unterbrechung gilt ein Zeitraum junger Menschen sowie Leistungsberech-
von mehr als zwei Monaten. tigter nach § 19 verpflichtet, dem örtlichen
Träger über ihre Einkommensverhältnisse
(4) Widerspruch und Anfechtungs­klage Auskunft zu geben. Junge Volljährige
gegen den Verwaltungsakt, der den Über- und voll­jährige Leistungsberechtigte nach
gang des Anspruchs bewirkt, haben keine § 19 sind verpflichtet, dem örtlichen Träger
aufschiebende Wirkung. über ihre Einkommens- und Vermögens-
verhältnisse Auskunft zu geben. Eltern,

151
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

denen die Sorge für das Vermögen des die Auskunftspflicht und die Pflicht zur
Kindes oder des Jugendlichen zusteht, sind Vorlage von Beweisurkunden für die
auch zur Auskunft über dessen Einkom- Berechnung des Kostenbeitrags nach § 90
men verpflichtet. Ist die Sorge über das Absatz 1 Nummer 3 auf die Angabe der
Vermögen des Kindes oder des Jugendli- Zugehörigkeit zu einer bestimmten
chen anderen Personen übertragen, so Einkommensgruppe beschränkt.
treten diese an die Stelle der Eltern.
(4) Kommt eine der nach den Absätzen 1
(2) Soweit dies für die Berechnung der und 2 zur Auskunft verpflichteten Perso-
laufenden Leistung nach § 39 Absatz 6 nen ihrer Pflicht nicht nach oder bestehen
erforderlich ist, sind Pflegeper­sonen tatsächliche Anhaltspunkte für die
verpflichtet, dem örtlichen Träger darüber Unrichtigkeit ihrer Auskunft, so ist der
Auskunft zu geben, ob der junge Mensch Arbeit­geber dieser Person verpflichtet,
im Rahmen des Familienleistungs­ dem örtlichen Träger über die Art des
ausgleichs nach § 31 des Einkommen­ Beschäf­tigungsverhältnisses und den
steuer­gesetzes berücksichtigt wird oder Arbeits­verdienst dieser Person Auskunft zu
berücksichtigt werden könnte und ob geben; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.
er ältestes Kind in der Pflegefamilie ist. Der zur Auskunft verpflichteten Person
Pflegepersonen, die mit dem jungen ist vor einer Nachfrage beim Arbeitgeber
Menschen in gerader Linie verwandt sind, eine angemessene Frist zur Erteilung
sind verpflichtet, dem örtlichen Träger der Auskunft zu setzen. Sie ist darauf
über ihre Einkommens- und Vermögens­ hinzuweisen, dass nach Fristablauf die
verhältnisse Auskunft zu geben. erforderlichen Auskünfte beim Arbeit­
geber eingeholt werden.
(3) Die Pflicht zur Auskunft nach den
Absätzen 1 und 2 umfasst auch die (5) Die nach den Absätzen 1 und 2 zur
Verpflichtung, Name und Anschrift des Erteilung einer Auskunft Verpflichteten
Arbeitgebers zu nennen, über die Art des können die Auskunft verweigern, soweit
Beschäftigungsverhältnisses Auskunft sie sich selbst oder einen der in § 383
zu geben sowie auf Verlangen Beweis- Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozess­
urkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage ordnung bezeichneten Angehörigen der
zuzustimmen. Sofern landesrechtliche Gefahr aussetzen würden, wegen einer
Regelungen nach § 90 Absatz 1 Satz 2 Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit
bestehen, in denen nach Einkommens- verfolgt zu werden. Die Auskunftspflichti-
gruppen gestaffelte Pauschalbeträge gen sind auf ihr Auskunftsverweigerungs-
vorgeschrieben oder festgesetzt sind, ist recht hinzuweisen.
hinsichtlich der Höhe des Einkommens

152
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 97b (weggefallen) 4. die Empfänger


a) der Hilfe zur Erziehung,
b) der Hilfe für junge Volljährige und
c) der Eingliederungshilfe für seelisch
§ 97c Erhebung von Gebühren behinderte Kinder und Jugendliche,
und Auslagen
5. Kinder und Jugendliche, zu deren
Landesrecht kann abweichend von § 64 Schutz vorläufige Maßnahmen
des Zehnten Buches die Erhebung von getroffen worden sind,
Gebühren und Auslagen regeln. 6. Kinder und Jugendliche, die als Kind
angenommen worden sind,
7. Kinder und Jugendliche, die unter
Amtspflegschaft, Amts­vormundschaft
Neuntes Kapitel – Kinder- oder Beistandschaft des Jugendamts
und Jugendhilfestatistik stehen,
8. Kinder und Jugendliche, für die eine
Pflegeerlaubnis erteilt worden ist,
9. Maßnahmen des Familien­gerichts,
§ 98 Zweck und Umfang der 10. Angebote der Jugendarbeit nach § 11
Erhebung sowie Fortbildungsmaßnahmen für
ehrenamtliche Mit­arbeiter anerkann-
(1) Zur Beurteilung der Auswirkungen ter Träger der Jugendhilfe nach § 74
der Bestimmungen dieses Buches und zu Absatz 6,
seiner Fortentwicklung sind laufende 11. die Einrichtungen mit Ausnahme der
Erhebungen über Tageseinrichtungen, Behörden und
1. Kinder und tätige Personen in Geschäftsstellen in der Jugendhilfe
Tageseinrichtungen, und die dort tätigen Personen sowie
2. Kinder und tätige Personen in öffent- 12. die Ausgaben und Einnahmen der
lich geförderter Kinder­tagespflege, öffentlichen Jugendhilfe
3. Personen, die mit öffentlichen Mitteln 13. Gefährdungseinschätzungen nach § 8a
geförderte Kindertagespflege gemein- als Bundesstatistik durchzuführen.
sam oder auf Grund einer Erlaubnis
nach § 43 Absatz 3 Satz 3 in Pflegestel-
len durchführen, und die von diesen
betreuten Kinder,

153
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 99 Erhebungsmerkmale d) anschließender Aufenthalt,


e) nachfolgende Hilfe;
(1) Erhebungsmerkmale bei den Erhe-
bungen über Hilfe zur Erziehung nach 3. bei sozialpädagogischer Familienhilfe
den §§ 27 bis 35, Eingliederungshilfe für nach § 31 und anderen familienorien-
seelisch behinderte Kinder und Jugend- tierten Hilfen nach § 27 zusätzlich zu
liche nach § 35a und Hilfe für junge den unter den Nummern 1 und 2
Volljährige nach § 41 sind genannten Merkmalen
1. im Hinblick auf die Hilfe a) Geschlecht, Geburtsmonat und
a) Art und Name des Trägers des Hilfe Geburtsjahr der in der Familie
durchführenden Dienstes oder der lebenden jungen Menschen sowie
Hilfe durchführenden Einrichtung, b) Zahl der außerhalb der Familie
b) Art der Hilfe, lebenden Kinder und Jugendlichen.
c) Ort der Durchführung der Hilfe,
d) Monat und Jahr des Beginns und (2) Erhebungsmerkmale bei den Erhe-
Endes sowie Fortdauer der Hilfe, bungen über vorläufige Maßnahmen zum
e) familienrichterliche Entscheidun- Schutz von Kindern und Jugendlichen sind
gen zu Beginn der Hilfe, Kinder und Jugendliche, zu deren Schutz
f) Intensität der Hilfe, Maßnahmen nach § 42 oder § 42a
g) Hilfe anregende Institutionen getroffen worden sind, gegliedert nach
oder Personen, 1. Art der Maßnahme, Art des Trägers der
h) Gründe für die Hilfegewährung, Maßnahme, Form der Unterbringung
i) Grund für die Beendigung während der Maßnahme, Institution
der Hilfe, oder Personenkreis, die oder der die
j) vorangegangene Gefährdungs­ Maßnahme angeregt hat, Zeitpunkt
einschätzung nach § 8a Absatz 1, des Beginns und Dauer der Maß­
k) Einleitung der Hilfe im Anschluss nahme, Durchführung auf Grund
an eine vorläufige Maßnahme zum einer vorangegangenen Gefährdungs-
Schutz von Kindern und Jugend- einschätzung nach § 8a Absatz 1,
lichen im Fall des § 42 Absatz 1 Maßnahmeanlass, Art der anschlie-
Satz 1 Nummer 3 sowie ßenden Hilfe,
2. bei Kindern und Jugendlichen
2. im Hinblick auf junge Menschen zusätzlich zu den unter Nummer 1
a) Geschlecht, genannten Merkmalen nach
b) Geburtsmonat und ­Geburtsjahr, Geschlecht, Altersgruppe zu Beginn
c) Lebenssituation bei Beginn der der Maßnahme, Migrationshinter-
Hilfe, grund, Art des Aufenthalts vor
Beginn der Maßnahme.

154
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Erhebungsmerkmale bei den Erhe- untergebrachten Kinder und


bungen über die Annahme als Kind sind Jugendlichen zusätzlich nach
1. angenommene Kinder und Jugend- ihrem Geschlecht, gegliedert nach
liche, gegliedert Art des Trägers des Adoptions­
a) nach nationaler Adoption und vermittlungsdienstes.
internationaler Adoption nach § 2a
des Adoptions­vermittlungs­gesetzes, (4) Erhebungsmerkmal bei den Erhebun-
b) nach Geschlecht, Geburtsjahr, gen über die Amtspflegschaft und die
Staatsangehörigkeit und Art des Amtsvormundschaft sowie die Beistand-
Trägers des Adoptions­vermitt­ schaft ist die Zahl der Kinder und
lungs­dienstes, Jugendlichen unter
c) nach Herkunft des ange­nommenen 1. gesetzlicher Amtsvormundschaft,
Kindes, Art der Unterbringung vor 2. bestellter Amtsvormundschaft,
der Adoptionspflege, Familienstand 3. bestellter Amtspflegschaft sowie
der Eltern oder des sorgeberechtig- 4. Beistandschaft,
ten Elternteils oder Tod der Eltern gegliedert nach Geschlecht, Art des Tätig-
zu Beginn der Adoptionspflege werdens des Jugendamts sowie nach
sowie Ersetzung der Einwilligung deutscher und ausländischer Staats­ange­
zur Annahme als Kind, hörigkeit (Deutsche/Ausländer).
d) zusätzlich bei der internationalen
Adoption (§ 2a des Adoptionsver- (5) Erhebungsmerkmal bei den Erhebun-
mittlungsgesetzes) nach Staats­ gen über
angehörigkeit vor Ausspruch der 1. die Pflegeerlaubnis nach § 43 ist die
Adoption und nach Herkunftsland, Zahl der Tagespflege­personen,
e) nach Staatsangehörigkeit der oder 2. die Pflegeerlaubnis nach § 44 ist die
des Annehmenden und Verwandt- Zahl der Kinder und Jugendlichen,
schaftsverhältnis zu dem Kind, gegliedert nach Geschlecht und Art
der Pflege.
2. die Zahl der
a) ausgesprochenen und aufgehobe- (6) Erhebungsmerkmale bei der Erhebung
nen Annahmen sowie der zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefähr-
abgebrochenen Adoptionspflegen, dung nach § 8a sind Kinder und Jugend-
gegliedert nach Art des Trägers des liche, bei denen eine Gefährdungsein-
Adoptionsvermittlungsdienstes, schätzung nach Absatz 1 vorgenommen
b) vorgemerkten Adoptions­bewerber, worden ist, gegliedert
die zur Annahme als Kind vorge- 1. nach der die Gefährdungseinschät-
merkten und in Adoptionspflege zung anregenden Institution oder

155
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Person, der Art der Kindeswohl­ 1. den Personensorgeberechtigten


gefährdung sowie dem Ergebnis auferlegt worden ist, Leistungen nach
der Gefährdungseinschätzung, diesem Buch in Anspruch zu nehmen,
2. bei Kindern und Jugendlichen zusätz- 2. andere Gebote oder Verbote gegenüber
lich zu den in Nummer 1 genannten den Personensorgeberechtigten oder
Merkmalen nach Geschlecht, Alter Dritten ausgesprochen worden sind,
und Aufenthaltsort des Kindes oder 3. Erklärungen der Personensorgebe-
Jugendlichen zum Zeitpunkt der rechtigten ersetzt worden sind,
Meldung sowie dem Alter der Eltern 4. die elterliche Sorge ganz oder teilweise
und der Inanspruchnahme einer entzogen und auf das Jugendamt
Leistung gemäß den §§ 16 bis 19 sowie oder einen Dritten als Vormund
27 bis 35a und der Durchführung einer oder Pfleger übertragen worden ist,
Maßnahme nach § 42. gegliedert nach Geschlecht, Alter und
zusätzlich bei Nummer 4 nach dem
(6a) Erhebungsmerkmal bei den Erhe­ Umfang der übertragenen Angelegenheit.
bungen über Sorgeerklärungen und die
gerichtliche Übertragung der gemeins­ (7) Erhebungsmerkmale bei den Erhe-
amen elterlichen Sorge nach § 1626a bungen über Kinder und tätige Personen
Absatz 1 Nummer 3 des Bürgerlichen in Tageseinrichtungen sind
Gesetzbuchs ist die gemeinsame elterliche 1. die Einrichtungen, gegliedert nach
Sorge nicht miteinander verheirateter a) der Art und Name des Trägers und
Eltern, gegliedert danach, ob Sorgeerklä- der Rechtsform sowie besonderen
rungen beider Eltern vorliegen oder den Merkmalen,
Eltern die elterliche Sorge aufgrund einer b) Zahl der genehmigten Plätze,
gerichtlichen Entscheidung ganz oder zum c) der Art und Anzahl der Gruppen
Teil gemeinsam übertragen worden ist. sowie
d) die Anzahl der Kinder insgesamt,
(6b) Erhebungsmerkmal bei den Erhe­
bungen über Maßnahmen des Familien­ 2. für jede dort tätige Person
gerichts ist die Zahl der Kinder und a) Geschlecht und Beschäf­tigungs­
Jugendlichen, bei denen wegen einer umfang,
Gefährdung ihres Wohls das familien­ b) für das pädagogisch und in der
gerichtliche Verfahren auf Grund einer Verwaltung tätige Personal zusätz-
Anrufung durch das Jugendamt nach § 8a lich Geburtsmonat und Geburts-
Absatz 2 Satz 1 oder § 42 Absatz 3 Satz 2 jahr, die Art des Berufsausbildungs­
Nummer 2 oder auf andere Weise einge­ abschlusses, Stellung im Beruf, Art
leitet worden ist und der Beschäftigung und Arbeits­
bereich,

156
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

3. für die dort geförderten Kinder g) gleichzeitig bestehende andere


a) Geschlecht, Geburtsmonat und Betreuungsengagements,
Geburtsjahr sowie Schulbesuch, h) Monat und Jahr der Aufnahme
b) Migrationshintergrund, in Kindertagespflege.
c) Betreuungszeit und Mittags­
verpflegung (7b) Erhebungsmerkmale bei den Erhe-
d) erhöhter Förderbedarf, bungen über Personen, die mit öffentli-
e) Gruppenzugehörigkeit, chen Mitteln geförderte Kindertagespflege
f) Monat und Jahr der Aufnahme gemeinsam oder auf Grund einer Erlaub-
in der Tageseinrichtung. nis nach § 43 Absatz 3 Satz 3 durchführen
und die von diesen betreuten Kinder sind
(7a) Erhebungsmerkmale bei den Erhe- die Zahl der Tagespflegepersonen und die
bungen über Kinder in mit öffentlichen Zahl der von diesen betreuten Kinder
Mitteln geförderter Kindertagespflege jeweils gegliedert nach Pflegestellen.
sowie die die Kindertagespflege durch­
führenden Personen sind:
(8) Erhebungsmerkmale bei den Erhe-
1. für jede tätige Person bungen über die Angebote der Jugend-
a) Geschlecht, Geburtsmonat und arbeit nach § 11 sowie bei den Erhebungen
Geburtsjahr, über Fortbildungsmaßnahmen für ehren-
b) Art und Umfang der Qua­lifikation, amtliche Mitarbeiter anerkannter Träger
Anzahl der betreuten Kinder der Jugendhilfe nach § 74 Absatz 6 sind
(Betreuungsverhältnisse am offene und Gruppenangebote sowie Ver­
Stichtag) insgesamt und nach an­staltungen und Projekte der Jugend-
dem Ort der Betreuung, arbeit, soweit diese mit öffentlichen Mitteln
pauschal oder maßnahmenbezogen geför-
2. für die dort geförderten Kinder dert werden oder der Träger eine öffent­
a) Geschlecht, Geburtsmonat und liche Förderung erhält, gegliedert nach
Geburtsjahr sowie Schulbesuch, 1. Art und Rechtsform des Trägers,
b) Migrationshintergrund, 2. Dauer, Häufigkeit, Durchführungsort
c) Betreuungszeit und Mittags­ und Art des Angebots; zusätzlich bei
verpflegung, schulbezogenen Angeboten die Art
d) Art und Umfang der öffentlichen der kooperierenden Schule,
Finanzierung und Förderung, 3. Alter, Geschlecht sowie Art der
e) erhöhter Förderbedarf, Beschäftigung und Tätigkeit der bei
f) Verwandtschaftsverhältnis zur der Durchführung des Angebots
Pflegeperson, tätigen Personen,

157
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

4. Zahl, Geschlecht und Alter der Teil- (10) Erhebungsmerkmale bei der Erhebung
nehmenden sowie der Besucher, der Ausgaben und Einnahmen der öffent­
5. Partnerländer und Veranstal­tungen im lichen Jugendhilfe sind
ln- oder Ausland bei Veranstaltungen 1. die Art des Trägers,
und Projekten der internationalen 2. die Ausgaben für Einzel- und
Jugendarbeit. Gruppenhilfen, gegliedert nach
Ausgabe- und Hilfeart sowie die
(9) Erhebungsmerkmale bei den Erhe- Einnahmen nach Einnahmeart,
bungen über die Einrichtungen, soweit 3. die Ausgaben und Einnahmen für
sie nicht im Absatz 7 erfasst werden, sowie Einrichtungen nach Arten gegliedert
die Behörden und ­Geschäftsstellen in der nach der Einrichtungsart,
Jugendhilfe und die dort tätigen Personen 4. die Ausgaben für das Personal, das bei
sind den örtlichen und den überörtlichen
1. die Einrichtungen, gegliedert nach der Trägern sowie den kreisangehörigen
Art der Einrichtung, der Art und Name Gemeinden und Gemeindeverbänden,
des Trägers, der Rechtsform sowie der die nicht örtliche Träger sind, Auf­
Art und Zahl der verfügbaren Plätze, gaben der Jugendhilfe wahrnimmt.
2. die Behörden der öffentlichen
Jugendhilfe sowie die Geschäftsstellen
der Träger der freien Jugendhilfe, § 100 Hilfsmerkmale
gegliedert nach der Art des Trägers
und der Rechtsform, Hilfsmerkmale sind
3. für jede haupt- und nebenberuflich 1. Name und Anschrift des Auskunfts-
tätige Person pflichtigen,
a) (weggefallen) 2. für die Erhebungen nach § 99 die
b) (weggefallen) Kenn-Nummer der hilfeleistenden
c) Geschlecht und Beschäftigungs- Stelle oder der auskunftsgebenden
umfang, Einrichtung; soweit eine Hilfe nach
d) für das pädagogische und in § 28 gebietsübergreifend erbracht
der Verwaltung tätige Personal wird, die Kenn-Nummer des
zusätzlich Geburtsmonat und Wohnsitzes des Hilfeempfängers,
Geburtsjahr, Art des Berufsaus­ 3. für die Erhebungen nach § 99 Absatz 1,
bildungsabschlusses, Stellung im 2, 3 und 6 die Kenn-Nummer der
Beruf, Art der Beschäftigung und betreffenden Person,
Arbeitsbereich. 4. Name und Telefonnummer sowie
Faxnummer oder E-Mail-Adresse
der für eventuelle Rückfragen zur
Verfügung stehenden Person.

158
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 101 Periodizität und 10. § 99 Absatz 7, 7a und 7b sind zum


­Berichtszeitraum 1. März,
11. § 99 Absatz 6 sind zum Zeitpunkt
(1) Die Erhebungen nach § 99 Absatz 1 bis des Abschlusses der Gefährdungs­
5 sowie nach Absatz 6a bis 7b und 10 sind einschätzung
jährlich durchzuführen, die Erhebungen 12. § 99 Absatz 8 sind für das abgelaufene
nach § 99 Absatz 1, soweit sie die Einglie- Kalenderjahr
derungshilfe für seelisch behinderte Kin- zu erteilen.
der und Jugendliche betreffen, beginnend
2007. Die Erhebung nach § 99 Absatz 6
erfolgt laufend. Die übrigen Erhebungen § 102 Auskunftspflicht
nach § 99 sind alle zwei Jahre durchzufüh-
ren, die Erhebungen nach § 99 Absatz 8 (1) Für die Erhebungen besteht Aus-
erstmalig für das Jahr 2015 und die Erhe- kunftspflicht. Die Angaben zu § 100
bungen nach § 99 Absatz 9 erstmalig für Nummer 4 sind freiwillig.
das Jahr 2014.
(2) Auskunftspflichtig sind
(2) Die Angaben für die Erhebung nach 1. die örtlichen Träger der Jugendhilfe
1. § 99 Absatz 1 sind zu dem Zeitpunkt, für die Erhebungen nach § 99 Absatz 1
zu dem die Hilfe endet, bei fortdauern- bis 10, nach Absatz 8 nur, soweit eigene
der Hilfe zum 31. Dezember, ­Angebote gemacht wurden,
2. (weggefallen) 2. die überörtlichen Träger der Jugend-
3. (weggefallen) hilfe für die Erhebungen nach § 99
4. (weggefallen) Absatz 3 und 7 und 8 bis 10, nach
5. (weggefallen) Absatz 8 nur, soweit eigene Angebote
6. § 99 Absatz 2 sind zum Zeitpunkt des gemacht wurden,
Endes einer vorläufigen Maßnahme, 3. die obersten Landesjugend­behörden
7. § 99 Absatz 3 Nummer 1 sind für die Erhebungen nach § 99 Absatz 7
zum Zeitpunkt der rechtskräftigen und 8 bis 10,
gerichtlichen Entscheidung über 4. die fachlich zuständige oberste
die Annahme als Kind, Bundesbehörde für die Erhebung
8. § 99 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe a nach § 99 Absatz 10,
und Absatz 6a, 6b und 10 sind für das 5. die kreisangehörigen Gemeinden und
abgelaufene Kalenderjahr, die Gemeindeverbände, soweit sie
9. § 99 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe b Aufgaben der Jugendhilfe wahrneh-
und Absatz 4, 5 und 9 sind zum men, für die Erhebungen nach § 99
31. Dezember, Absatz 7 bis 10,

159
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

6. die Träger der freien Jugendhilfe für § 103 Übermittlung


Erhebungen nach § 99 Absatz 1, soweit
sie eine Beratung nach § 28 oder § 41 (1) An die fachlich zuständigen obersten
betreffen, nach § 99 Absatz 8, soweit Bundes- oder Landesbehörden dürfen für
sie aner­kannte Träger der freien die Verwendung gegenüber den gesetz­
Jugendhilfe nach § 75 Absatz 1 oder gebenden Körperschaften und für Zwecke
Absatz 3 sind, und nach § 99 Absatz 3, der Planung, jedoch nicht für die Regelung
7 und 9, von Einzelfällen, vom Statistischen Bun-
7. Adoptionsvermittlungsstellen nach § 2 desamt und den statistischen Ämtern der
Absatz 2 des Adoptionsvermittlungs- Länder Tabellen mit statistischen Ergeb-
gesetzes aufgrund ihrer Tätigkeit nach nissen übermittelt werden, auch soweit
§ 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes Tabellenfelder nur einen einzigen Fall
sowie anerkannte Auslandsvermitt- ausweisen. Tabellen, deren Tabellenfelder
lungsstellen nach § 4 Absatz 2 Satz 2 nur einen einzigen Fall ausweisen, dürfen
des Adoptionsvermittlungsgesetzes nur dann übermittelt werden, wenn sie
aufgrund ihrer Tätigkeit nach § 2a nicht differenzierter als auf Regierungs­
Absatz 3 Nummer 3 des Adoptionsver- bezirksebene, im Fall der Stadtstaaten auf
mittlungsgesetzes gemäß § 99 Absatz 3 Bezirksebene, aufbereitet sind.
Nummer 1 sowie gemäß § 99 Absatz 3
Nummer 2a für die Zahl der ausge- (2) Für ausschließlich statistische Zwecke
sprochenen Annahmen und gemäß dürfen den zur Durch­führung statistischer
§ 99 Absatz 3 Nummer 2b für die Zahl Aufgaben zuständigen Stellen der Gemein-
der vorgemerkten Adoptions­bewerber, den und Gemeindeverbände für ihren
8. die Leiter der Einrichtungen, Zuständigkeitsbereich Einzelangaben aus
Behörden und Geschäftsstellen in der der Erhebung nach § 99 mit Ausnahme
Jugendhilfe für die Erhebungen nach der Hilfsmerkmale übermittelt werden,
§ 99 Absatz 7 und 9. soweit die Voraussetzungen nach § 16
Absatz 5 des Bundesstatistikgesetzes gege-
(3) Zur Durchführung der Erhebungen ben sind.
nach § 99 Absatz 1, 2, 3, 7, 8 und 9 übermit-
teln die Träger der öffent­lichen Jugendhilfe (3) Die Ergebnisse der Kinder- und
den statistischen Ämtern der Länder auf Jugendhilfestatistiken gemäß den §§ 98
Anforderung die erforderlichen Anschrif- und 99 dürfen auf der Ebene der einzelnen
ten der übrigen Auskunftspflichtigen. Gemeinde oder des einzelnen Jugend­
amtsbezirkes veröffentlicht werden.

160
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Zehntes Kapitel – Straf- und § 105 Strafvorschriften


Bußgeldvorschriften
Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder
mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. eine in § 104 Absatz 1 Nummer 1 oder
§ 104 Bußgeldvorschriften 2 bezeichnete Handlung begeht und
dadurch leichtfertig ein Kind oder
(1) Ordnungswidrig handelt, wer einen Jugendlichen in seiner
1. ohne Erlaubnis nach § 43 Absatz 1 körperlichen, geistigen oder sittlichen
oder § 44 Absatz 1 Satz 1 ein Kind Entwicklung schwer gefährdet oder
oder einen Jugendlichen betreut 2. eine in § 104 Absatz 1 Nummer 1 oder
oder ihm Unterkunft gewährt, 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung
2. entgegen § 45 Absatz 1 Satz 1, auch in beharrlich wiederholt.
Verbindung mit § 48a Absatz 1, ohne
Erlaubnis eine Einrichtung oder eine
sonstige Wohnform betreibt oder
3. entgegen § 47 eine Anzeige nicht, nicht Elftes Kapitel –
richtig, nicht vollständig oder nicht ­Schlussvorschriften
rechtzeitig erstattet oder eine Meldung
nicht, nicht richtig, nicht vollständig
oder nicht rechtzeitig macht oder
4. entgegen § 97a Absatz 4 vorsätzlich § 106 Einschränkung eines Grund-
oder fahrlässig als Arbeit­geber eine rechts
Auskunft nicht, nicht richtig oder
nicht vollständig erteilt. Durch § 42 Absatz 5 und § 42a Absatz 1
Satz 2 wird das Grundrecht auf Freiheit
(2) Die Ordnungswidrigkeiten nach der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 3 des
Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 können mit Grundgesetzes) eingeschränkt.
einer Geldbuße bis zu 500 Euro, die
Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1
Nummer 2 kann mit einer Geldbuße bis zu
15.000 Euro geahndet werden.

161
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Gesetz zur Kooperation und Information im


K
­ inderschutz (KKG)

(in der Fassung vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2975), zuletzt geändert durch Artikel 20
Absatz 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234))

§ 1 Kinderschutz und staatliche ist, eine weitere Gefährdung oder


Mitverantwortung Schädigung abgewendet werden kann.

(1) Ziel des Gesetzes ist es, das Wohl (4) Zu diesem Zweck umfasst die Unter-
von Kindern und Jugendlichen zu stützung der Eltern bei der Wahrnehmung
schützen und ihre körperliche, geistige ihres Erziehungsrechts und ihrer Erzie-
und seelische Entwicklung zu fördern. hungsverantwortung durch die staatliche
Gemeinschaft insbesondere auch Infor­
(2) Pflege und Erziehung der Kinder und mation, Beratung und Hilfe. Kern ist die
Jugendlichen sind das natürliche Recht der Vorhaltung eines möglichst früh­zeitigen,
Eltern und die zuvörderst ihnen obliegen- koordinierten und multiprofessionellen
de Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die Angebots im Hinblick auf die Entwicklung
staatliche Gemeinschaft. von Kindern vor allem in den ersten
Lebensjahren für Mütter und Väter sowie
(3) Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft schwangere Frauen und werdende Väter
ist es, soweit erforderlich, Eltern bei der (Frühe Hilfen).
Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts
und ihrer Erziehungsverantwortung zu
unterstützen, damit § 2 Information der Eltern über
1. sie im Einzelfall dieser Verantwortung Unterstützungsangebote in
besser gerecht werden können, Fragen der Kindesentwicklung
2. im Einzelfall Risiken für die Entwick-
lung von Kindern und Jugendlichen (1) Eltern sowie werdende Mütter und
frühzeitig erkannt werden und Väter sollen über Leistungsangebote im
3. im Einzelfall eine Gefährdung des örtlichen Einzugsbereich zur Beratung
Wohls eines Kindes oder eines und Hilfe in Fragen der Schwangerschaft,
Jugendlichen vermieden oder, falls Geburt und der Entwicklung des Kindes in
dies im Einzelfall nicht mehr möglich den ersten Lebensjahren informiert werden.

162
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(2) Zu diesem Zweck sind die nach Ordnungsbehörden, Agenturen für Arbeit,
Landesrecht für die Information der Eltern Krankenhäuser, Sozialpädia­trische
nach Absatz 1 zuständigen Stellen befugt, Zentren, Frühförderstellen, Beratungsstel-
den Eltern ein persönliches Gespräch len für soziale Problemlagen, Beratungs-
anzubieten. Dieses kann auf Wunsch der stellen nach den §§ 3 und 8 des Schwan-
Eltern in ihrer Wohnung stattfinden. So- gerschaftskonfliktgesetzes, Einrichtungen
fern Landesrecht keine andere Regelung und Dienste zur Müttergenesung sowie
trifft, bezieht sich die in Satz 1 geregelte zum Schutz gegen Gewalt in engen
Befugnis auf die örtlichen Träger der sozialen Beziehungen, Familienbildungs-
Jugendhilfe. stätten, Familiengerichte und Angehörige
der Heilberufe einbezogen werden.

§ 3 Rahmenbedingungen für (3) Sofern Landesrecht keine andere


verbindliche Netzwerk­ Regelung trifft, soll die verbindliche
strukturen im Kinderschutz Zusammenarbeit im Kinderschutz als
Netzwerk durch den örtlichen Träger
(1) In den Ländern werden insbeson­dere der Jugendhilfe organisiert werden. Die
im Bereich Früher Hilfen flächendeckend Beteiligten sollen die Grundsätze für eine
verbindliche Strukturen der Zusammen- verbindliche Zusammenarbeit in Verein-
arbeit der zuständigen Leistungsträger barungen festlegen. Auf vorhandene
und Institutionen im Kinderschutz mit ­Strukturen soll zurückgegriffen werden.
dem Ziel aufgebaut und weiterentwickelt,
sich gegenseitig über das jeweilige (4) Dieses Netzwerk soll zur Beförderung
Angebots- und Aufgabenspektrum zu Früher Hilfen durch den Einsatz von
informieren, strukturelle Fragen der Familienhebammen gestärkt werden. Das
Angebotsgestaltung und -entwicklung Bundes­ministerium für Familie, Senioren,
zu klären sowie Verfahren im Kinder- Frauen und Jugend unterstützt den Aus-
schutz aufeinander abzustimmen. und Aufbau der Netzwerke Frühe Hilfen
und des Einsatzes von Familienhebammen,
(2) In das Netzwerk sollen insbesondere auch unter Einbeziehung ehrenamtlicher
Einrichtungen und Dienste der öffent­ Strukturen durch eine zeitlich auf vier
lichen und freien Jugendhilfe, Einrich­ Jahre befristete Bundesinitiative, die im
tungen und Dienste, mit denen Verträge Jahr 2012 mit 30 Millionen Euro, im Jahr
nach § 75 Absatz 3 des Zwölften Buches 2013 mit 45 Millionen Euro und in den
Sozialgesetzbuch bestehen, Gesundheits- Jahren 2014 und 2015 mit 51 Millionen
ämter, Sozialämter, Schulen, Polizei- und Euro aus­gestattet wird. Nach Ablauf dieser

163
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Befristung wird der Bund einen Fonds zur schaft, Anstalt oder Stiftung des
Sicherstellung der Netzwerke Frühe Hilfen öffentlichen Rechts anerkannt ist,
und der psychosozialen Unterstützung 5. Mitgliedern oder Beauftragten einer
von Familien einrichten, für den er jährlich anerkannten Beratungsstelle nach den
51 Millionen Euro zur Verfügung stellen §§ 3 und 8 des
wird. Die Ausgestaltung der Bundesinitia- Schwangerschaftskonflikt­gesetzes,
tive und des Fonds wird in Verwaltungs- 6. staatlich anerkannten Sozialarbeite-
vereinbarungen geregelt, die das Bundes- rinnen oder -arbeitern oder staatlich
ministerium für Familie, Senioren, Frauen anerkannten Sozialpädagoginnen oder
und Jugend im Einvernehmen mit dem -pädagogen oder
Bundesministerium der Finanzen mit den 7. Lehrerinnen oder Lehrern an öffent­
Ländern schließt. lichen und an staatlich anerkannten
privaten Schulen
in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit
§ 4 Beratung und Übermittlung gewichtige Anhaltspunkte für die Gefähr-
von Informationen durch dung des Wohls eines Kindes oder eines
Geheimnisträger bei Kindes- Jugendlichen bekannt, so sollen sie mit
wohlgefährdung dem Kind oder Jugendlichen und den
Personensorgeberechtigten die Situation
(1) Werden erörtern und, soweit erforderlich, bei
1. Ärztinnen oder Ärzten, Hebammen den Personensorgeberechtigten auf die
oder Entbindungspflegern oder Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken,
Angehörigen eines anderen Heil­ soweit hierdurch der wirk­same Schutz
berufes, der für die Berufsausübung des Kindes oder des Jugendlichen nicht
oder die Führung der Berufsbezeich- in Frage gestellt wird.
nung eine staatlich geregelte Ausbil-
dung erfordert, (2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur
2. Berufspsychologinnen oder -psycho- Einschätzung der Kindeswohlgefährdung
logen mit staatlich anerkannter gegenüber dem Träger der öffentlichen
wissenschaftlicher Abschlussprüfung, Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch
3. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder eine insoweit erfahrene Fachkraft. Sie sind
Jugendberaterinnen oder -beratern zu diesem Zweck befugt, dieser Person die
sowie dafür erforderlichen Daten zu übermitteln;
4. Beraterinnen oder Beratern für vor einer Übermittlung der Daten sind
Suchtfragen in einer Beratungsstelle, diese zu pseudonymisieren.
die von einer Behörde oder Körper-

164
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

(3) Scheidet eine Abwendung der Gefähr- informieren; hierauf sind die Betroffenen
dung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vor­ vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit
gehen nach Absatz 1 erfolglos und halten der wirksame Schutz des Kindes oder des
die in Absatz 1 genannten Personen ein Jugendlichen in Frage gestellt wird. Zu
Tätigwerden des Jugendamtes für erforder- diesem Zweck sind die Personen nach
lich, um eine Gefährdung des Wohls eines Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforder-
Kindes oder eines Jugend­lichen abzuwen- lichen Daten mitzuteilen.
den, so sind sie befugt, das Jugendamt zu

Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge


für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der
Kinder- und Jugendhilfe
(Kostenbeitragsverordnung – KostenbeitragsV)

(vom 1. Oktober 2005 (BGBl. I S. 2907), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung
vom 5. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4040))

Auf Grund des § 94 Absatz 5 Satz 1 a. der Einkommensgruppe in Spalte 1 der
des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Anlage, der das nach § 93 des Achten
Kinder- und Jugendhilfe – in der Fassung Buches Sozialgesetzbuch zu ermitteln-
der Bekanntmachung vom 11. September de Einkommen zuzuordnen ist, und
2012 (BGBl. I S. 2022) verordnet das Bun- b. der Beitragsstufe in den Spalten 2 bis 5
desministerium für Familie, Senioren, der Anlage, die nach Maßgabe dieser
Frauen und Jugend: Verordnung zu ermitteln ist.

§ 1 Festsetzung des (2) Für jede kostenbeitragspflichtige


­Kostenbeitrags Person wird der jeweilige Kostenbeitrag
getrennt ermittelt und erhoben.
(1) Die Höhe des Kostenbeitrags, den
Elternteile, Ehegatten oder Lebenspartner
junger Menschen zu entrichten haben,
richtet sich nach

165
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 2 Wahl der Beitragsstufe bei § 4 Berücksichtigung weiterer


vollstationären Leistungen Unterhaltspflichten

(1) Die Höhe des Beitrags zu den Kosten (1) Ist die kostenbeitragspflichtige Person
einer vollstationären Leistung nach § 91 gegenüber anderen Personen nach § 1609
Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetz- des Bürgerlichen Gesetzbuchs im mindes-
buch ergibt sich aus den Beitragsstufen tens gleichen Rang wie dem untergebrach-
zur jeweiligen Einkommensgruppe in den ten jungen Menschen oder Leistungs­
Spalten 2 bis 4 der Anlage. berechtigten nach § 19 des Achten Buches
Sozialgesetzbuch zum Unterhalt ver­
(2) Wird die kostenbeitragspflichtige pflichtet und lebt sie mit ihnen in einem
Person zu den Kosten vollstationärer gemeinsamen Haushalt oder weist sie
Leistungen für eine Person nach dem nach, dass sie ihren Unterhaltspflichten
Achten Buch Sozialgesetzbuch herangezo- regelmäßig nachkommt, so ist sie
gen, so ergibt sich die Höhe des Kosten­ 1. bei einer Zuordnung des maßgeblichen
beitrags aus Spalte 2. Wird sie für mehrere Einkommens zu einer der Einkom-
Per­sonen zu den Kosten herangezogen, so mensgruppen 2 bis 6 je Unterhalts-
ergibt sich die Höhe des Kostenbeitrags pflicht einer um zwei Stufen niedrige-
für die zweite Person aus Spalte 3, für die ren Ein­kommens­gruppe zuzuordnen,
dritte Person aus Spalte 4. Ab der vierten 2. bei einer Zuordnung des maßgeblichen
vollstationär untergebrachten Person wird Einkommens zu einer der Einkom-
nur noch ein Kostenbeitrag nach Maßgabe mensgruppen 7 bis 18 je Unterhalts-
von § 7 erhoben. pflicht einer um eine Stufe niedrigeren
Einkommensgruppe zuzuordnen und
zu einem entsprechend niedrigeren
§ 3 Wahl der Beitragsstufe bei Kostenbeitrag heranzuziehen.
teilstationären Leistungen
(2) Würden die Unterhaltsansprüche
Die Höhe des Kostenbeitrags für teil­statio­ vorrangig oder gleichrangig Berechtigter
näre Leistungen nach § 91 Absatz 2 des trotz einer niedrigeren Einstufung nach
Achten Buches Sozial­gesetzbuch ergibt Absatz 1 auf Grund der Höhe des Kosten-
sich aus der Beitragsstufe zur jeweiligen beitrags geschmälert, so ist der Kosten­
Einkommensgruppe in der Spalte fünf beitrag entsprechend zu reduzieren. Lebt
der Anlage. die kostenbeitragspflichtige Person nicht
in einem Haushalt mit der Person, gegen-
über der sie mindestens im gleichen Rang
zum Unterhalt verpflichtet ist, findet eine

166
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Reduzierung nur statt, wenn die kosten- oberhalb der Einkommensgruppe 27 der
beitragspflichtige Person nachweist, dass Anlage, so kann eine Heranziehung bis
sie ihren Unterhaltspflichten regelmäßig zur vollen Höhe der Kosten für stationäre
nachkommt. Leistungen erfolgen.

(3) Die Höhe des Kostenbeitrags für


§ 5 Behandlung hoher E
­ inkommen teilstationäre Leistungen beträgt fünf Pro-
zent des maßgeblichen Einkommens.
(1) Liegt das nach § 93 des Achten Buches
Sozialgesetzbuch maßgebliche Einkom- (4) Die Kostenbeiträge dürfen die Höhe
men eines Elternteils, Ehegatten oder der tatsächlichen Aufwendungen nicht
Lebenspartners oberhalb der Einkommens­ überschreiten.
gruppe 27 der Anlage, so ist der Kosten­
beitrag nach den folgenden Grundsätzen
zu errechnen. § 6 Heranziehung der Eltern
bei Leistungen für junge
(2) Die Höhe des Kostenbeitrags für Volljährige
vollstationäre Leistungen beträgt
1. 25 Prozent des maßgeblichen Ein­ Bei Leistungen für junge Volljährige ist
kommens, wenn der Kostenpflichtige ein kostenbeitragspflichtiger Elternteil
zu den Kosten für eine Person heran- höchstens zu einem Kostenbeitrag auf
gezogen wird, Grund der Einkommensgruppe 13 heran-
2. zusätzlich 15 Prozent des maßgebli- zuziehen. Der kostenbeitragspflichtige
chen Einkommens, wenn der Kosten- Elternteil ist bei einer Zuordnung des
pflichtige zu den Kosten für eine maßgeblichen Einkommens zu der Ein-
zweite Person herangezogen wird, kommensgruppe 2 oder 3 der Einkom-
3. zusätzlich zehn Prozent des maßgeb- mensgruppe 1 zuzuordnen. Bei einer
lichen Einkommens, wenn der Kos- Zuordnung des maßgeblichen Einkom-
tenpflichtige für eine dritte Person he- mens zu der Einkommensgruppe 4 ist der
rangezogen wird. kostenpflichtige Elternteil der Einkom-
mensgruppe 2 zuzuordnen. Die Zuord-
Ab der vierten vollstationär untergebrach- nung nach den Sätzen 1 und 2 erfolgt nach
ten Person wird nur noch ein Kostenbei- Berücksichtigung der Zuordnung nach § 4
trag nach Maßgabe von § 7 erhoben. Liegt Absatz 1.
das nach § 93 des Achten Buches Sozialge-
setzbuch maßgebende Einkommen eines
Elternteils, Ehegatten oder Lebenspartners

167
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

§ 7 Einsatz des Kindergelds

Ein Elternteil hat unabhängig von einer


einkommensabhängigen Heranziehung
nach den §§ 1 bis 6 einen Kostenbeitrag in
Höhe des Kindergelds zu zahlen, wenn
1. vollstationäre Leistungen erbracht
werden,
2. er Kindergeld für den jungen
Menschen bezieht und
3. seine Heranziehung nicht nach­rangig
nach § 94 Absatz 1 Satz 3 und 4 des
Achten Buches Sozialgesetzbuch ist.

Schlussformel
Der Bundesrat hat zugestimmt.

168
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII): Kinder- und Jugendhilfe

Anlage
Maßgebliches Einkommen Beitragsstufe 1 Beitragsstufe 2 Beitragsstufe 3 Beitragsstufe 4
nach § 93 des Achten vollstationär vollstationär vollstationär teilstationär
Buches Sozialgesetzbuch erste Person zweite Person dritte Person
Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3 Spalte 4 Spalte 5
Ein­kom­mens­gruppe und Euro Euro Euro Euro
Eingrenzung in Euro
1 bis 1.100,99 0 0 0 0
2 1.101,00 bis 1.200,99 50 0 0 40
3 1.201,00 bis 1.300,99 130 0 0 50
4 1.301,00 bis 1.450,99 210 30 0 60
5 1.451,00 bis 1.600,99 259 60 30 70
6 1.601,00 bis 1.800,99 289 85 40 85
7 1.801,00 bis 2.000,99 342 105 50 95
8 2.001,00 bis 2.200,99 378 140 60 105
9 2.201,00 bis 2.400,99 437 175 80 115
10 2.401,00 bis 2.700,99 510 220 120 130
11 2.701,00 bis 3.000,99 570 275 165 145
12 3.001,00 bis 3.300,99 630 335 210 160
13 3.301,00 bis 3.600,99 725 410 260 175
14 3.601,00 bis 3.900,99 825 485 320 190
15 3.901,00 bis 4.200,99 932 560 380 205
16 4.201,00 bis 4.600,99 1.056 635 440 220
17 4.601,00 bis 5.000,99 1.152 715 500 240
18 5.001,00 bis 5.500,99 1.313 790 555 265
19 5.501,00 bis 6.000,99 1.438 865 605 290
20 6.001,00 bis 6.500,99 1.563 940 658 315
21 6.501,00 bis 7.000,99 1.688 1.015 710 340
22 7.001,00 bis 7.500,99 1.813 1.090 763 365
23 7.501,00 bis 8.000,99 1.938 1.165 815 390
24 8.001,00 bis 8.500,99 2.063 1.240 868 415
25 8.501,00 bis 9.000,99 2.188 1.315 920 440
26 9.001,00 bis 9.500,99 2.313 1.390 973 465
27 9.501,00 bis 10.000,99 2.438 1.465 1.025 490

169
Weitere Publikationen
Weitere Publikationen

Bundesministerium für Familie, Senioren,


­Frauen und Jugend
www.bmfsfj.de

•• Gute Betreuung ist keine Frage •• Jugendschutz – verständlich


der Uhrzeit erklärt
•• Kindertagesbetreuung Kompakt •• Neue Familienzeit
•• Kindertagespflege: die familien- •• Elterngeld, ElterngeldPlus und
nahe Alternative – Elternzeit
•• Ein Leitfaden für Eltern •• Elterngeld, ElterngeldPlus und
•• Ein Leitfaden für Partnerschaftsbonus
­Tagespflegepersonen •• Beratung für schwangere Frauen
•• Ein Leitfaden für •• Leitfaden zum Mutterschutz
­Unternehmen •• Bundesstiftung Mutter und Kind
•• Ein Leitfaden für Jugendämter •• Alleinerziehend – Tipps und
Informationen
•• Die Beistandschaft •• Merkblatt Kindergeld
•• Jugendschutzgesetz und •• Infoblatt Kinderzuschlag –
Jugendmedienschutz-Staats­ Unterstützung für Familien mit
vertrag der Länder kleinem Einkommen
•• Gutes Aufwachsen mit Medien •• Der Unterhaltsvorschuss
•• Der einfache Einstieg in die •• Übereinkommen über die Rechte
Medienerziehung des Kindes
•• Jugend ermöglichen! •• Was ihr tun könnt, wenn
Kinderrechte verletzt werden

Bundesministerium der Justiz und


V
­ erbraucherschutz
www.bmjv.de

•• Das Kindschaftsrecht •• Das Eherecht


•• Beratungs- und Prozess­ •• Gemeinsam leben
kostenhilfe

171
Weitere Publikationen

Bundesministerium
für Arbeit und Soziales
www.bmas.bund.de

•• Sozialhilfe und Grundsicherung


•• Grundsicherung für Arbeits­suchende SGB II: Fragen und Antworten
•• Klare Sache – Jugendarbeitsschutz und Kinderarbeitsschutzverordnung
•• Übergang von der Schule in die Berufsausbildung
•• Ausbildungsbegleitende Hilfen

172
Impressum

Dieses PDF ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung;


es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt.

Herausgeber:
Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Referat Öffentlichkeitsarbeit
11018 Berlin
www.bmfsfj.de

An dem Einführungstext zum SGB VIII haben folgende Autoren mitgearbeitet:


Prof. Ullrich Gintzel, Dr. Erwin Jordan, Dr. Reinhold Schone, Reinhard Schwalbach,
Norbert Struck; vollständige inhaltliche Überarbeitung der 2. Auflage durch Diana
Eschelbach und Lydia Schönecker

Für weitere Fragen nutzen Sie unser


Servicetelefon: 030 201 791 30
Montag–Donnerstag 9–18 Uhr
Fax: 030 18 555-4400
E-Mail: info@bmfsfjservice.bund.de

Einheitliche Behördennummer: 115*

Stand: Januar 2020


Gestaltung: www.zweiband.de
Bildnachweis Frau Dr. Giffey: Bundesregierung/Jesco Denzel
Bildnachweis: Titelseite: www.istock.com, © iofoto; Seite 11, 19, 57, 170: BMFSFJ/Phillip
Arnold; Seite 24: www.istock.com, © igor_kell; Seite 29: www.istock.com, © nd3000;
Seite 33: www.istock.com, © FluxFactory; Seite 35: www.istock.com, © fizkes;
Seite 43: www.istock.com, © jacoblund; Seite 47: www.istock.com, © kali9; Seite 51:
www.istock.com, © MStudioImages; Seite 55: www.istock.com, © NoSystem images;
­Seite 59: www.istock.com, © Mikolette; Seite 66: www.istock.com, © SDI Productions

* Für allgemeine Fragen an alle Ämter und Behörden steht Ihnen auch die einheitliche Behördenruf­
nummer 115 zur Verfügung. In den teilnehmenden Regionen erreichen Sie die 115 von Montag bis F ­ reitag
zwischen 8 und 18 Uhr. Die 115 ist sowohl aus dem Festnetz als auch aus vielen Mobilfunk­netzen zum Orts­
tarif und damit kostenlos über Flatrates erreichbar. Gehörlose haben die Möglichkeit, über die SIP-Adresse
115@gebaerdentelefon.d115.de Informationen zu erhalten. Ob in Ihrer Region die 115 erreichbar ist und
­weitere Informationen zur einheitlichen Behördenrufnummer finden Sie unter http://www.d115.de.
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