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Herausgeber

Österreichischer Integrationsfonds

ÖIF-ForschungsBericht

Anerkennung
von Qualifikationen
Fakten, Erfahrungen, PerspektiveN
Eine theoretische und empirische Auseinandersetzung
zu im Ausland erworbenen Qualifikationen in Österreich

Sofia Kirilova
Gudrun Biffl
Thomas Pfeffer
Isabella Skrivanek
Andrea Egger-Subotitsch
Monira Kerler
Evelyn Doll

März 2016
ÖIF-ForschungsBericht
Anerkennung
von Qualifikationen
Fakten, Erfahrungen, PerspektiveN

Eine theoretische und empirische Auseinandersetzung


zu im Ausland erworbenen Qualifikationen in Österreich

Sofia Kirilova
Gudrun Biffl
Thomas Pfeffer
Isabella Skrivanek
Andrea Egger-Subotitsch
Monira Kerler
Evelyn Doll

März 2016
ÖIF-ForschungsBericht
Anerkennung von Qualifikationen
Fakten, Erfahrungen, Perspektiven

Sofia Kirilova
Gudrun Biffl
Thomas Pfeffer
Isabella Skrivanek
Andrea Egger-Subotitsch
Monira Kerler
Evelyn Doll

März 2016
Stand der Recherche: August 2015

© Österreichischer Integrationsfonds

IMPRESSUM
Medieninhaber, Herausgeber, Redaktion und Hersteller: Österreichischer Integrationsfonds – Fonds zur Integration von Flüchtlingen und
MigrantInnen (ÖIF)/Schlachthausgasse 30, 1030 Wien, Tel.: +43(0)1/710 12 03-0, mail@integrationsfonds.at; Verlags- und Herstellungs­ort:
Schlachthausgasse 30, 1030 Wien; Lektorat: Alexander Sprung; Layout: Marion Dorner Grafik Design; Druck: TriSys DI Hans A. Gruber KG,
Gumpendorfer Straße 5,1060 Wien ; grund­legende Richtung: w ­ issenschaftliche Publikation zu den Themen Migration und Integration; Offen­
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Inhaltsverzeichnis

8 Vorwort

11 1. Zusammenfassung

17 2. Einleitung
Sofia Kirilova

21 3. Studien und Statistiken zum Thema Bildung, Beruf und Dequalifizierung


Sofia Kirilova, Gudrun Biffl

21 3.1. Überblick zur jüngeren Migrationsgeschichte Österreichs (Sofia Kirilova)
22 3.2. Bevölkerungsstand Österreichs (Sofia Kirilova)
24 3.3. Bildung & Arbeitsmarktintegration (Sofia Kirilova)
29 3.4. Erklärungsansätze von Arbeitsmarktpositionierung und Dequalifizierung (Sofia Kirilova)
33 3.5. Betroffenheit von Überqualifikation (Gudrun Biffl)
36 3.6. Exkurs: Überqualifikation der erwerbstätigen Wiener/innen (Sofia Kirilova)

39 4. Statistiken und Forschung zur Anerkennung


Sofia Kirilova, Gudrun Biffl
39 4.1. Internationaler Forschungsstand (Sofia Kirilova)
41 4.2. Forschungsstand in Österreich (Sofia Kirilova)
43 4.3. Ausbildungsabschlüsse und allgemeine Zahlen zu Anerkennungsanträgen (Gudrun Biffl)
45 4.4. Exkurs: Anerkennung von formalen Bildungsabschlüssen der erwerbstätigen Migrant/innen
in Wien (Sofia Kirilova)

47 5. Zugänge und Verfahren zur Anerkennung von im Ausland erworbenen


Qualifikationen und Kompetenzen
Gudrun Biffl, Thomas Pfeffer, Isabella Skrivanek
50 5.1. Ausführliche Definitionen und Unterscheidungskriterien
54 5.2. Anerkennungs- und Validierungsverfahren in Österreich
60 5.3. Jüngere Entwicklungen im Kontext von Anerkennungs- und Validierungsverfahren
61 5.4. Europäische Initiativen zur Mobilität von Qualifikationen und Kompetenzen
65 5.5. Zusammenfassung

5
67 6. Der Anerkennungsprozess in der Praxis
Sofia Kirilova
67 6.1. Regelungen und Erfahrungen
71 6.2. Anerkannt! Fokusgruppenerhebung 2015

77 7. Quantitative Erhebung zu aktuellen Fallzahlen bei Anerkennungs- und Validierungsverfahren


Andrea Egger-Subotitsch, Monira Kerler, Evelyn Doll

77 7.1. Forschungsdesign
78 7.2. Ergebnisse der quantitativen Erhebung
99 7.3. Zusammenfassung

101 8. Empirische Untersuchung: Qualitative Interviews mit Migrant/innen


Sofia Kirilova

101 8.1. Forschungsdesign
106 8.2. Darstellung der Forschungsergebnisse
127 8.3. Zusammenfassung der qualitativen Erhebung

129 9. Schlussfolgerungen und Empfehlungen


Gudrun Biffl, Thomas Pfeffer, Isabella Skrivanek

130 9.1. Standardisierte Qualifikationen: Anerkennungs- und Bewertungsverfahren
131 9.2. Individuelle Kompetenzen: Validierungsverfahren
132 9.3. Begleitende Maßnahmen
133 9.4. Weiterführender Forschungsbedarf

135 10. Literaturverzeichnis



135 10.1. Kapitel 2, 3, 4, 6, 8
138 10.2. Kapitel 5, 9
140 10.3. Kapitel 7

6
Inhaltsverzeichnis

7
Vorwort

Die Anerkennung von Qualifikationen ist in unserer dy- Die vorliegende Publikation schließt eine Lücke in der
namischen und international mobilen Gesellschaft ein Forschungslandschaft. Sie vereint auf einen Blick theore-
wichtiger Aspekt der gesellschaftlichen und wirtschaftli- tische mit empirischen Erkenntnissen zu Anerkennungs-
chen Entwicklung und Teilhabe. Sie ist die Voraussetzung verfahren in Österreich, bietet einen Rahmen für die Sys-
für eine bildungsadäquate Beschäftigung und sichert die tematisierung der institutionellen Verfahren an, gewährt
Anschlussfähigkeit der Aus- und Weiterbildung im euro- erstmals einen strukturierten Einblick in die Zahl der An-
päischen Umfeld ebenso wie im globalen Kontext. Schon suchen um Anerkennung von im Ausland erworbenen
1997 haben der Europarat und die UNESCO die Lissabon- Qualifikationen und liefert Anhaltspunkte für die Aner-
Konvention initiiert, die das erste allgemeine völkerrecht- kennungschancen in einzelnen Qualifikationsbereichen.
liche Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von
Studienleistungen und Studienabschlüssen darstellt. Die Publikation gewährt aber nicht nur einen Überblick
Anerkennungsfragen gehen aber über die universitär er- über die gesamte Komplexität der Anerkennung von Qua-
worbenen Qualifikationen hinaus und umfassen berufli- lifikationen, die im Ausland erworben worden sind, son-
che Kompetenzen und Fähigkeiten, die die große Masse dern liefert auch Anregungen für die Weiterentwicklung
der Arbeitskräfte betreffen. In diese komplexe Welt der des Systems. Diese Anregungen haben nicht nur das Ziel
Berufsanerkennung einzudringen und die Organisati- der institutionellen Effizienzsteigerung und Ressourcen-
onslogik zu verstehen, ist schwierig, nicht zuletzt weil die schonung, sondern auch der Rückenstärkung für einzelne
gesellschaftlichen und beruflichen Organisationsformen Menschen, die ihre Qualifikationen sichtbar machen und
und Strukturen historisch gewachsen sind und sich daher anerkannt sehen wollen und die nicht genau wissen, wel-
von einem Land zum anderen unterscheiden. Die vorlie- che Wege sie am besten beschreiten sollen.
gende Publikation bringt Licht in das österreichische An-
erkennungssystem, die theoretischen Überlegungen, die Man kann aber eine Publikation, die die Anerkennung zum
Logik der beruflichen Qualitätssicherung sowie die Logik Thema hat, nicht ohne anerkennende Worte für all die
der Zuständigkeiten. Sie liefert aber auch einen Einblick in Personen beenden, die dazu beigetragen haben, dass sie
die Erfahrungen von Menschen, die das eine oder andere geschrieben und fertiggestellt wurde. Hiermit will ich mich
Anerkennungsverfahren durchlaufen haben. im Namen der Herausgeberinnen und Herausgeber ge-
samthaft für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der
Publikation bedanken und den Leserinnen und Lesern viel
Freude und Erkenntnisgewinn bei der Lektüre wünschen.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Gudrun Biffl


Leiterin des Departments für Migration und Globalisierung, Donau-Universität Krems

8
Vorwort

Die Integration von Flüchtlingen und Migrant/innen am Der Österreichische Integrationsfonds hat im Bereich der
Arbeitsmarkt und die damit verbundene Selbsterhal- beruflichen Anerkennung von Qualifikationen und Ab-
tungsfähigkeit ist eine der bedeutendsten Herausforde- schlüssen bereits mehrere Angebote entwickelt. Neben
rungen im Integrationsbereich. Sodass von Flüchtlingen dem Onlineportal berufsanerkennung.at informiert auch
und Migrant/innen mitgebrachte Qualifikationen am die kostenlos zu bestellende Broschüre „Anerkennungs-
österreichischen Arbeitsmarkt eingesetzt werden kön- ABC“ über alle Anlaufstellen und Kontaktmöglichkeiten
nen, bedarf es erst einer Anerkennung. Verfahren zur zu Behörden. Der ÖIF koordiniert das „Netzwerk Anerken-
Anerkennung ausländischer Abschlüsse sind jedoch oft nung“, welches aus den Verantwortungsträgern aus den
kompliziert und Zuständigkeiten nicht immer klar. Der verschiedenen Kompetenzbereichen besteht und Lösun-
vorliegende Forschungsbericht des Österreichischen Inte- gen zur Vereinfachung und Beschleunigung rund um den
grationsfonds (ÖIF), der in Zusammenarbeit mit der Do- Anerkennungsprozess erarbeitet. Mit dem vorliegenden
nau Universität Krems und dem Forschungsinstitut „abif“ Forschungsbericht wird eine Informationsbasis für den
entstanden ist, gibt einen Einblick in das österreichische Bereich der Anerkennung ausländischer Qualifikationen
Anerkennungssystem. Dazu werden theoretische Ansät- geschaffen.
ze, Statistiken sowie konkrete Fallbeispiele von Betroffe-
nen miteinander in Bezug gesetzt. So kann ein übergrei-
fendes Bild der Herausforderungen sowie der derzeitigen
Anerkennungsverfahren in Österreich gezeichnet wer-
den. Dabei werden auch die Potenziale und Herausforde-
rungen in diesem Bereich sichtbar und Empfehlungen zu
einer verbesserten Anerkennungspraxis abgeleitet.

Franz Wolf
Geschäftsführer des Österreichischen Integrationsfonds

9
10
1
Zusammenfassung

Derzeit sind die bestehenden Verfahren zur Anerken- Empfehlungen formuliert, welche zukünftige Maßnah-
nung von im Ausland erworbenen Qualifikationen durch men zur Verbesserung der Anerkennungsregelungen an-
einen hohen Grad an Fragmentierung gekennzeichnet. regen können.
Insbesondere die Komplexität des Verfahrens, die sich
aufgrund der unterschiedlichen Regelungen bzw. der
Unübersichtlichkeit von Zuständigkeiten ergibt, stellt sich Statistiken aus dem Ad-hoc-Modul
als schwierig heraus. In Österreich gilt die Forschungs-
zur Erwerbsituation der
Migrant/innen
landschaft zum Thema Anerkennung von im Ausland er- 1

worbenen Qualifikationen als wenig etabliert, wobei die


Thematik in den vergangenen Jahren stärkere Beachtung
gefunden hat. Von den 719.400 erwerbstätigen Migrant/innen der ersten
Generation des Jahres 2014 (17,8% aller Erwerbstätigen)
Der vorliegende Forschungsbericht soll einen fundier- gab ein Viertel an, für den Job, den sie ausübten, überqua-
ten theoretischen und empirischen Beitrag zur wissen- lifiziert zu sein. Das war zwar ein etwas geringerer Prozent-
schaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Aner- satz als noch im Jahr 2008 (28,3%), aber doch ein doppelt
kennung in Österreich leisten. Dazu wurden Studien und so hoher als im Schnitt aller Erwerbstätigen. Die Überqua-
Statistiken zum Thema Bildung, Beruf und Anerkennung lifizierung ist unter Frauen deutlich ausgeprägter als unter
zusammengefasst (Österreichischer Integrationsfonds Männern. Am höchsten ist die Überqualifizierungstendenz
ÖIF). In einer theoretischen Ausarbeitung wurden die Zu- bei Personen, die aus den EU-Beitrittsländern nach 2004
gänge und Verfahren zur Anerkennung von im Ausland kommen. Das Zusammenwirken von geographischer
erworbenen Qualifikationen und Kompetenzen in Öster- Nähe und hohen Lohnunterschieden trägt dazu bei, dass
reich analysiert (Donau-Universität Krems). Im ersten em- Jobs angenommen werden, die nicht den eigenen Quali-
pirischen Teil des Forschungsberichts wurde das quanti- fikationen entsprechen. Es sind ganz bestimmte Branchen
tative Ausmaß der jährlich in Österreich durchgeführten und Berufsfelder, in denen Migrant/innen häufig unter ih-
Anerkennungsverfahren erhoben, um den Bedarf an ren Qualifikationen eine Beschäftigung finden. Das sind in
Unterstützungsangeboten zu eruieren (Forschungsinsti- erster Linie sonstige wirtschaftliche Dienste, gefolgt vom
tut abif). Der zweite empirische Teil fasst Ergebnisse aus Beherbergungswesen und der Gastronomie, dem Kunst-
qualitativen Interviews mit Migrant/innen zum Thema und Unterhaltungsbereich, dem Verkehr sowie dem Han-
Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikati- del. Besonders hoch ist die Überqualifizierungsquote
onen zusammen (ÖIF). Basierend auf der theoretischen unter Personen mit keinen oder geringen Deutschkennt-
Ausarbeitung und den empirischen Ergebnissen wurden nissen (Männer 29,3%, Frauen 42,7%).

1
Ad-hoc-Modul der Arbeitskräfteerhebung 2014, publiziert am 30.11.2015

11
Der Meinung der Migrant/innen zufolge waren viele Fak- Diese traditionellen Formen der Anerkennungsverfahren
toren dafür verantwortlich, dass sie keine bildungsad- sind zwar immer noch wichtig (für Drittstaatsangehörige),
äquate Beschäftigung fanden. 15% machten ihre mangel- aber innerhalb der EU gewinnen automatisierte Formen
haften Deutschkenntnisse dafür verantwortlich, weitere der Berufsanerkennung an Bedeutung und gleichzei-
13% die Nichtanerkennung ihrer im Ausland erworbenen tig wurde der Zugang zur Nostrifizierung ausländischer
Qualifikationen. In der Verbesserung der Rahmenbe- akademischer Grade auf Fälle der zwingenden Berufsre-
dingungen für die Anerkennung von im Ausland erwor- levanz (= Zugang zu reglementierten Berufen) begrenzt.
benen Qualifikationen liegt ein großes Potenzial für die
Verringerung der Überqualifikation von Migrant/innen Im Umgang mit ausländischen Qualifikationen gewin-
auf dem österreichischen Arbeitsmarkt. Daher gilt es, den nen zunehmend rechtlich nicht-bindende Verfahren an
Anteil der Migrant/innen, die um eine Anerkennung ihrer Bedeutung, konkret die Bewertung ausländischer Hoch-
im Ausland erworbenen Qualifikationen ansuchen, zu schuldiplome oder die Bewertung ausländischer Schul-
erhöhen. Im Jahr 2014 hat ein Viertel aller Migrant/innen zeugnisse. Auch wenn sie keine rechtliche Voraussetzung
mit einer ausländischen Qualifikation einen Antrag auf für die Berufsausübung darstellen, bieten diese Verfah-
Anerkennung gestellt. Mehr als 80% der Anträge wurden ren trotzdem wichtige, von Antragssteller/innen immer
positiv abgeschlossen. häufiger nachgefragte, offizielle Einschätzungen ihrer
Qualifikationen, die die Kommunikation am Arbeitsmarkt
erleichtern.
Zugänge und Verfahren zur
Anerkennung von im Ausland Viele Migrant/innen und insbesondere Flüchtlinge kön-
erworbenen Qualifikationen und nen ihre Qualifikationen entweder nicht dokumentieren

Kompetenzen
oder haben ihre individuellen Kompetenzen auf nicht-
formalem oder informellem Weg erworben. Vor allem for-
mative Verfahren der Validierung könnten dabei helfen,
Basierend auf der Unterscheidung von Lernkontexten individuelle Kompetenzen rasch zu dokumentieren und
(formales, nicht-formales und informelles Lernen) so- damit besser kommunizierbar zu machen. Solche Verfah-
wie von Lernergebnissen (individuelle Kompetenzen ren müssten aber erst breit etabliert und institutionalisiert
und standardisierte Qualifikationen) wird ein theoreti- werden, etwa indem man die gesamte Bevölkerung ein-
scher Rahmen entwickelt, der es ermöglicht, die in der bindet, nicht zuletzt weil ja die laufende Weiterbildung in
Praxis vorgefundenen Verfahren der Anerkennung von hohem Maße auf nicht-formalem oder informellem Ler-
formalen Qualifikationen und der Validierung von nicht- nen beruht.
formalen oder informellen Kompetenzen miteinander zu
vergleichen und zu analysieren. Diese Analyse kommt zu
einigen wichtigen Ergebnissen. Die bekanntesten Ver- Formale Anerkennungs-
fahren zur Anerkennung (Nostrifikation von schulischen zuständigkeiten, Fallzahlen und
Zeugnissen, die Nostrifizierung von akademischen Ab-
Beratungsbedarf
schlüssen, die Gleichhaltung ausländischer Berufsqualifi-
kationen mit der österreichischen Lehrabschlussprüfung
und die Anerkennung von Berufsqualifikationen im Be- Die reglementierten Gewerbe stellten im Jahr 2014 mit
reich der reglementierten Berufe) zielen auf die Überprü- rund 4.000 Antragsstellungen die größte Zahl an forma-
fung der Gleichwertigkeit von ausländischen Abschlüssen len Anerkennungen unter den reglementierten Berufen
mit heimischen Qualifikationen ab. Auf Gleichwertigkeit dar. Sie wurden durch das Bundesministerium für Wissen-
zielende Verfahren können aber nur ähnliche Qualifikati- schaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) (3.369) sowie
onen erfassen und sind gegenüber unbekannten Qualifi- die Ämter der Landesregierungen bearbeitet (650). Mit
kationen systematisch blind. rund 2.600 Antragstellungen im Bereich der nicht-ärztli-

12
1
Zusammenfassung

chen Gesundheitsberufe waren das Bundesministerium für Ergebnisse der qualitativen


Gesundheit (BMG) (2.028)2, die Ämter der Landesregierun- Interviews mit Migrant/innen
gen (563)3 sowie die Fachhochschulen (FH) (33) beschäftigt
(2013/2014). Weiters erledigte das BMWFW 773 Anträge Basierend auf acht problemzentrierten Interviews können
bezüglich Gleichhaltung mit der österreichischen Lehrab- folgende Erkenntnisse bezüglich Beschäftigung und An-
schlussprüfung (2014). Die Österreichische Ärztekammer erkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen
bearbeitete 2014 insgesamt rund 750 Anträge bezüglich gewonnen werden:
Anerkennung (250) und 494 Ansuchen zur Anrechnung
von ausländischen Ausbildungszeiten von Ärzte/innen. Gründe für Migration und
Deutschkenntnisse
Davon unabhängig erhielt das Nationale Informations- Es werden unterschiedliche Motive für die Einreise nach
zentrum für akademische Anerkennung (ENIC NARIC Österreich genannt, wobei insbesondere bei Drittstaats-
Austria) ca. 6.000 Anträge und nahm 2014 mehr als 4.400 angehörigen die Familienzusammenführung eine wesen­
Bewertungen vor (2014). tliche Rolle spielt. Migrant/innen, die aufgrund der Fami-
lienzusammenführung nach Österreich kommen, streben
Deutlich wachsende Beratungszahlen in den Anlaufstel- tendenziell einen langfristigen Aufenthalt in Österreich
len (AST) sowie die Angaben von Ministerien, einigen an. Gleichzeitig ist es jedoch für diese Gruppe im Vergleich
Kammern und Ämtern der Landesregierungen weisen auf zu EU-Bürger/innen aktuell schwieriger, ihre mitgebrach-
einen gestiegenen Beratungsbedarf hin. Von den 6.210 ten Qualifikationen zu verwerten. Weiters wurden gute
beratenen Personen in den AST 2014 waren 53% Dritt- Deutschsprachenkenntnisse von den befragten Personen
staatsangehörige. für die Orientierung in der österreichischen Gesellschaft
sowie die berufliche Integration als sehr wichtig erachtet.
Um die Möglichkeit einer zentralen Datenerfassung zu
prüfen, wurde nach der Bereitschaft der Organisationen Beschäftigungssituation
gefragt, regelmäßig Zahlen an eine zentrale Stelle zu über- Der Wunsch nach einer berufsadäquaten Beschäftigung
mitteln. Tendenziell sind jene (meist großen) Institutionen scheint bei den Befragten sehr groß zu sein. Allerdings
bereit, Statistiken zu Anerkennungsanträgen weiterzuleiten. ist der Arbeitsmarkteinstieg oftmals durch die Annahme
Teilweise erfolgt dies bereits durch die Eintragung in die EU- einer dequalifizierten Tätigkeit gekennzeichnet. Dequali-
Datenbank zu reglementierten Berufen oder Meldungen fikation kann hierbei eine Folge der Nicht-Anerkennung
an Statistik Austria. Insbesondere bei den Ämtern der Lan- der Ausbildung bzw. der schwierigen Arbeitsmarktbe-
desregierungen sowie den land- und forstwirtschaftlichen dingungen oder der mangelnden Deutschkenntnisse
Lehrlings- und Fachausbildungsstellen (LFA) herrscht eher sein. Darüber hinaus kristallisierten sich aus den Inter-
Skepsis. Dies wird hauptsächlich mit zu viel Aufwand bzw. zu views Motive für die Annahme einer dequalifizierten
wenig Kapazität sowie mit fehlender gesetzlicher Grundla- Beschäftigung heraus. Zentral ist hierbei die Sicherung
ge begründet. Bei den Universitäten und Fachhochschulen des Lebensunterhalts der Familie, die vor der beruflichen
– soweit erreicht – bzw. bei den Kammern wird tendenziell Erfüllung Vorrang hat. Weitere Motive sind der Wunsch,
die Möglichkeit gesehen, solche Zahlen zu übermitteln. die Deutschkenntnisse zu verbessern, die Pflege sozialer
Kontakte sowie das Gefühl von „Nützlichkeit“.

Zahlen der Abt. II/A.2 aus 2014, Zahlen der Abt.II/A/3 aus 2013
2

Zahlen aus 2014 mit Ausnahme der Zahlen der MA40 (2013)
3

13
Migrant/innen entwickeln Handlungsstrategien, um ihre Insbesondere die Anerkennungs- und Weiterbildungs-
berufliche Situation zu verbessern. Dazu zählt beispiels- beratungsstelle „Perspektive“/AST bietet umfassende
weise die Absolvierung einer Weiterbildung (z.B. Kurs, Beratung in Bezug auf Anerkennungsregelungen. In ei-
Lehrgang, Studium). Wenn keine berufsadäquate Be- nigen Fällen erfuhren Personen jedoch erst nach dem
schäftigung gefunden werden kann, können Neuzuwan- Anerkennungsverfahren von dieser Beratungsstelle. Die
der/innen versuchen, zumindest in der gleichen Berufs- Tätigkeit von ENIC NARIC wurde ebenfalls angesprochen.
sparte oder Branche tätig zu werden. Eine weitere Option Manchmal ist der Unterschied zwischen dem durchge-
wäre der vollkommene Bruch mit der bisherigen Tätigkeit führten Bewertungsprozess seitens ENIC NARIC und einer
und Branche und eine Umorientierung in ein anderes Be- tatsächlichen Anerkennung des Abschlusses für die Studi-
rufsfeld. enteilnehmer/innen nicht immer verständlich.

Ferner erweist sich das soziale Netzwerk für die Neuzu- Motive für und gegen eine Antragstellung
wander/innen auf unterschiedliche Arten als nützlich. und Erfahrungen mit dem Anerkennungs-
Beispielsweise können durch die Kontakte Informationen prozess
zum Arbeitsmarkt oder zum Anerkennungsprozess ein- Das wichtigste Motiv, weshalb eine formale Anerkennung
geholt werden. angestrebt wird, ist der Wunsch, im erlernten Beruf zu
arbeiten. Darüber hinaus wurden bessere Verdienstmög-
Informationseinholung zum lichkeiten sowie der Studienzugang, welcher durch die
Anerkennungsverfahren Nostrifikation des Maturaabschlusses ermöglicht wird, als
Die Informationseinholung über die Möglichkeit zur Aus- Motive für Anerkennung der Ausbildung angeführt. Fak-
übung des erlernten Berufs in Österreich vor der Einreise toren, welche in den Interviews gegen die Anerkennung
ist keine Selbstverständlichkeit. Vor allem in Situationen, der Qualifikationen genannt wurden, sind fehlende Infor-
in denen Neuzuwander/innen annehmen, hinsichtlich ih- mationen über den Anerkennungsprozess, die Langwie-
rer Berufsausübung keine Einschränkungen befürchten rigkeit des Verfahrens, der damit verbundene Energie-,
zu müssen bzw. einen schnellen Abschluss des Anerken- Kosten- und Zeitaufwand sowie die nicht abschätzbare
nungsprozesses erwarten, werden keine Informationen Aussicht auf Erfolg. Ferner hat die Sicherung des Lebens-
vor der Einreise eingeholt. unterhalts der Familie Vorrang vor einer berufsadäquaten
Beschäftigung bzw. dem vorangehenden Anerkennungs-
Ein wesentliches Ergebnis der Interviews ist, dass die Er- prozess.
wartungen hinsichtlich der zukünftigen Berufstätigkeit
in Österreich sowie des Anerkennungsprozesses nicht Wenn sich in Beratungsgesprächen herausstellt, dass vie-
zwingend den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort ent- le Zusatzprüfungen für die Nostrifizierung anfallen, kann
sprechen. Die Migrant/innen berichten über unterschied- von einem Anerkennungsantrag abgesehen werden.
liche Erfahrungen bezüglich der Informationen vor Ort. In bestimmten Berufen stellt eine praxisorientierte He-
Thematisiert wurden Fehlinformationen und veraltete rangehensweise eine gute Möglichkeit dar, im erlernten
Informationen im Internet. Des Weiteren kann es Schwie- Beruf Berufserfahrung zu sammeln und gleichzeitig für
rigkeiten geben, die zuständige Stelle für den Anerken- Ergänzungsprüfungen, welche eine Voraussetzung für
nungsantrag zu finden. Nach Angaben einiger Befrag- die Nostrifikation sein können, zu lernen. Dadurch verrin-
ten wären aktuelle Informationen über Zuständigkeiten gert sich die Wartezeit auf eine berufsadäquate Beschäf-
hauptsächlich in deutscher Sprache zu finden, jedoch tigung. Die Neuzuwander/innen können ihr Wissen sowie
selten in Fremdsprachen. In einem Interview wird jedoch ihre Fähigkeiten einsetzen und es kommt zu keinem Kom-
darauf verwiesen, dass sich die Informationsverfügbarkeit petenzverlust.
rund um das Thema Anerkennung von im Ausland erwor-
benen Qualifikationen im Vergleich zu vor einigen Jahren
deutlich verbessert hat.

14
1
Zusammenfassung

Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Ausbil- Schlussfolgerungen und


dung ist aus verschiedenen Gründen nicht immer mög- Empfehlungen
lich. Begründungen wie unvollständige Nachweise zur
Ausbildung oder keine vergleichbare Ausbildung in Für die österreichischen Strukturen zur Anerkennung von
Österreich wurden genannt. In anderen Fällen kann der im Ausland erworbenen Qualifikationen und Kompeten-
Antrag auf Anerkennung abgelehnt werden, obwohl der/ zen lassen sich die folgenden Empfehlungen zusammen-
die Antragssteller/in Anspruch auf ein Anerkennungsver- fassen:
fahren hat. Eine Ursache für die Nicht-Zulassung zum An-
erkennungsverfahren kann die mangelnde Flexibilität im Standardisierte Qualifikationen
Umgang mit Prüfungs- und Praktikanachweisen, die im — Bei den reglementierten Berufen wäre eine schrittwei-
Ausland in einer abweichenden Form ausgestellt werden, se Angleichung der Verfahren für EU-Qualifika­tio­­nen
sein. (Berufszulassung) und für Drittstaats-Quali­fikationen
(Nostrifizierung/Gleichstellung) em­­­­­­­­­p­­­­fehlenswert.
Die unterschiedlichen bundesweiten Vorgehensweisen — Es empfiehlt sich, einen Anspruch auf Bewertung für
zum Anerkennungsprozess können dazu führen, dass die schulische und akademische Qualifikationen gesetz-
gleiche Ausbildung in einem Bundesland mit einigen we- lich zu verankern.
nigen Ergänzungsprüfungen anerkannt wird, anderorts — Prozesse zur Abstimmung zwischen Websites, Doku-
kann der Antrag abgelehnt/zurückgewiesen werden. mentation und Anerkennungsberatung sollten ver-
mehrt entwickelt und gefördert werden.
In bisherigen Studien wird deutlich, dass Migrant/in-
nen bei der Arbeitssuche mehr Bewerbungen schreiben Individuelle Kompetenzen
müssen als Personen ohne Migrationshintergrund, um — In die österreichische Strategie zur Validierung nicht-
zu einem Jobinterview eingeladen zu werden. Dieser formal und informell erworbener Kompetenzen
Umstand wird auch in den Interviews angesprochen.
­ sollte eine internationale Perspektive einfließen, die
Aus den Erfahrungen der Anerkennungsberatung der Migrant/innen als potenzielle Zielgruppe in den Blick
AST wird ersichtlich, dass Arbeitgeber/innen Vorbehalte nimmt.
gegenüber ausländischen Abschlüssen haben können. — Gerade im Zusammenhang mit Fluchtmigration soll-
Arbeit­­­geber/innen sind oftmals mit den ausländischen ten Verfahren zur formativen Validierung konsolidiert
Ausbildungssystemen nicht vertraut und können häufig werden, die (noch) nicht zertifizierte, individuelle
den „Wert“ der ausländischen Ausbildung nicht einschät- Kompetenzen dokumentieren, um sie für den Ar-
zen (Bichl 2015: 2). beitsmarkt und das Bildungssystem anschlussfähi-
ger zu machen.

BegleitmaSSnahmen
— Der Spracherwerb sollte durch ein möglichst flä-
chendeckendes Angebot an allgemeinen und fach-
spezifischen Sprachkursen erleichtert werden.
— Tatsächliche Tätigkeit statt formale Qualifikation als
Grundlage für Kollektivverträge und ASVG-Berufs-
schutz zu nehmen, könnte dabei helfen, die Notwen-
digkeit der formalen Anerkennung zu reduzieren.
— Öffentlichkeitsarbeit über Verfahren der Anerkennung,
Bewertung und Validierung kann dabei helfen, diese
Verfahren auch am Arbeitsmarkt bekannt zu machen.

15
— Diversitäts- und Antidiskriminierungsstrategien sind
wichtige Begleitmaßnahmen, um sicherzustellen,
dass formale Anerkennungen auch am Arbeitsmarkt
wirksam werden.

Weiterführender Forschungsbedarf
— Eine Übersicht über die Angebote sowie Förderungen
von Sprachkursen in Österreich sollte erstellt werden,
um Synergien heben und Lücken schließen zu kön-
nen.
— Die Wirkung der Bewertung von ausländischen Qualifi-
kationen am Arbeitsmarkt sollte untersucht werden,
um Erkenntnisse für die Weiterentwicklung des Ver-
fahrens zu gewinnen.
— Eine international vergleichende Studie zu Anerken-
nungs- und Validierungssystemen könnte die Sicht-
barkeit der österreichischen Entwicklungen erhöhen
und die internationale Kooperation in Anerken-
nungsfragen verbessern.

16
2
Einleitung
4

Sofia Kirilova

Eine qualifizierte Ausbildung ist eine wichtige Vorausset- formalen Ausbildung gestellt wird. Statistiken zeigen,
zung, um sich am österreichischen Arbeitsmarkt erfolg- dass 76% der Personen mit ausländischem Abschluss kei-
reich zu positionieren. Im Ausland geborene Migrant/innen nen Antrag auf Anerkennung dieser Ausbildung stellen
haben vielfach auch ihre Ausbildung im Ausland erwor- (Wiedenhofer-Galik/Fasching 2015: 144; 50f ).
ben. Demnach weisen rund 75% der im Ausland gebore-
nen Personen zwischen 15 und 64 Jahren einen ausländi- Aus bisherigen Forschungen wird deutlich, dass Migrant/
schen Bildungsabschluss auf (Wiedenhofer-Galik/Fasching innen aufgrund unterschiedlicher Hürden oftmals von
2015: 50). Aktuelle Forschungen und Statistiken über das einer Anerkennung ihrer Qualifikationen absehen. Feh-
Qualifikationsniveau und die Beschäftigungssituation von lende Informationen über den Anerkennungsprozess,
Migrant/innen zeigen deutlich, dass Migrant/innen der re- Unklarheit über die zuständigen Stellen bzw. Anforde-
zenten Zuwanderungsphase hohe Qualifikationen mitbrin- rungen, fehlende Unterlagen oder der Zweifel, dass eine
gen. Beispielsweise besitzen über 28% der Migrant/innen Anerkennung bessere Chancen am Arbeitsmarkt nach
aus dem EU-Raum einen Hochschulabschluss, weitere 24% sich zieht etc., sind unter anderem Gründe, die bei dieser
eine Matura. Damit sind die Anteile von Migrant/innen mit Entscheidung eine Rolle spielen.
weiterführenden Bildungsabschlüssen höher als bei Perso-
nen ohne Migrationshintergrund. Von ihnen verfügen 16% Die fehlende Anerkennung der Qualifikationen stellt eine
über eine akademische Ausbildung und 15% über einen „Lose-lose-Situation“ für alle Beteiligten dar. Auf individu-
Maturaabschluss (Statistik Austria 2015a: 49). eller Ebene verlieren Zuwander/innen ihre Qualifikationen
und volkswirtschaftlich verlieren die Aufnahmeländer,
Problematisch ist, dass diese im Ausland erworbenen da sie nicht vom vorhandenen Humankapital profitieren
Qualifikationen oftmals nicht adäquat am österreichi- können (Englmann/Müller 2007: 18). Die Diskussion um
schen Arbeitsmarkt verwertet werden können. Rund 24% die Ressourcen, die Zuwander/innen mitbringen, bzw.
der Migrant/innen der ersten Generation gaben im Rah- deren adäquate Nutzung, rückt EU-weit sowie auf nati-
men des Ad-hoc-Moduls der Arbeitskräfteerhebung von onaler Ebene ins Zentrum der politischen Aufmerksam-
Statistik Austria (2014) an, dass sie ihrer Meinung nach keit. Demographische Trends zeigen, dass nicht nur in
für den Job überqualifiziert waren. Dies traf nur auf 9% der Europäischen Union, sondern auch in Österreich die
der Erwerbstätigen ohne Migrationshintergrund zu. Ein Anzahl der Personen im Haupterwerbsalter stagniert bzw.
wesentlicher Grund für die Annahme einer qualifizierten schrumpfen wird (Englmann/Müller 2007: 16; Münz/Syn-
Beschäftigung ist, dass kein Antrag auf Anerkennung der thesis Forschung 2014: 10). Ohne Zuwanderung „drohen

4
Literaturverzeichnis siehe S. 135

17
die verfügbaren Humanressourcen zu ,veralten‘“ (Münz/ gende Forschungsbericht soll diesen Herausforderungen
Synthesis Forschung 2014: 10). Durch die bessere Nut- durch unterschiedliche Herangehensweisen begegnen:
zung des Humankapitals der Zuwander/innen im Sinne Zu Beginn des Forschungsberichts gibt Sofia Kirilova (ÖIF)
einer adäquaten Beschäftigung und Entlohnung sowie einen Überblick über Zuwanderung und die Bevölkerung
der Forcierung der Anerkennung mitgebrachter Bildungs- Österreichs. Anschließend werden Statistiken und Studi-
abschlüsse kann dem Brain Waste entgegengewirkt wer- en zum Thema Bildung und Arbeitsmarktintegration von
den. Migrant/innen können am Arbeitsmarkt ihr volles Migrant/innen dargestellt. Hierbei wird insbesondere auf
Potenzial entfalten, was wiederum den wirtschaftlichen das Thema Dequalifizierung am Arbeitsmarkt eingegan-
Nutzen von Zuwanderung erhöht. gen. Auch werden Statistiken und Forschungen zum The-
ma Anerkennung beschrieben werden.
In Österreich wurden in den vergangenen Jahren unter-
schiedliche Maßnahmen gesetzt, welche insbesondere Um den Status quo der in Österreich bestehenden An-
die Informationslage bezüglich des Anerkennungsprozes- erkennungs- und Validierungsverfahren zu beschreiben
ses verbesserten. Neben der Anerkennung ausländischer und zu systematisieren, werden von Gudrun Biffl, Thomas
Hochschuldiplome besteht die Möglichkeit, den Lehrplan Pfeffer und Isabella Skrivanek (DUK) die unterschiedlichen
des Studienabschlusses mit Lehrplänen österreichischer Anerkennungsverfahren in Österreich aus theoretischer
Bildungseinrichtungen vergleichen zu lassen. Die dafür Perspektive skizziert. Es werden relevante Definitionen
zuständige Stelle ist ENIC NARIC. Durch die Bewertung des zum Thema Anerkennung von Qualifikationen und Validie-
ausländischen Diploms kann der Einstieg in den Arbeits- rung von Kompetenzen dargestellt sowie ein thematischer
markt erleichtert werden (BMWFW 2014). Einen weiteren Schwerpunkt auf reglementierte Berufe gelegt. Eine Erläu-
Schritt in Richtung verbesserter Anerkennung von im Aus- terung der Europäischen Rahmenbedingungen und Leit-
land erworbenen Qualifikationen stellt das im Jahr 2013 neu linien findet in der theoretischen Umrahmung der Studie
gegründete interministerielle „Netzwerk Anerkennung“ ebenfalls statt.
dar. Auch wurde die Online-Plattform www.berufsanerken-
nung.at ins Leben gerufen, welche eine Orientierung über Sofia Kirilova legt im anschließenden Kapitel den Fokus auf
die richtige Anlaufstelle für im Ausland erworbene Qualifi- die praktische Umsetzung der Anerkennungsregelungen
kationen geben soll (ÖIF 2015). Ferner bieten seit Anfang in Österreich. Hierbei werden zum einen verstärkt die Erfah-
2013 österreichweit vier Anlaufstellen (AST) in Graz, Inns- rungen mit dem Anerkennungsprozess aus der Perspektive
bruck, Linz und Wien Beratung zum Thema Anerkennung von Stakeholder/innen beschrieben. Zum anderen werden
von im Ausland erworbenen Qualifikationen an (AST 2015). Untersuchungen dargestellt, welche die Erfahrungen der
betroffenen Migrant/innen erforschen.
Nichtsdestotrotz sind die bestehenden Verfahren zur An-
erkennung im Ausland erworbener Qualifikationen durch Den ersten, empirischen Teil bildet die Analyse des quan-
einen hohen Grad an Fragmentierung sowie Lücken ge- titativen Ausmaßes der jährlich in Österreich durchgeführ-
kennzeichnet. Neben einer Vereinfachung und Vereinheit- ten Anerkennungs- und Validierungsverfahren, welche von
lichung der unterschiedlichen Verfahren bilden entspre- Andrea Egger-Subotitsch, Monira Kerler und Evelyn Doll
chende Unterstützungs- und Beratungsstrukturen eine (Forschungsinstitut abif - analyse, beratung und interdiszi-
wichtige Voraussetzung dafür, dass mehr Personen von plinäre forschung) durchgeführt wurde. Dadurch kann eru-
Möglichkeiten der Anerkennung im Ausland erworbener iert werden, ob ein Bedarf an zusätzlichen Beratungs- und
Qualifikationen Gebrauch machen. Die operative Arbeit Unterstützungsangeboten besteht. Die Analyse fokussiert
des ÖIF im Bereich der Anerkennung von ausländischen dabei auf die Bereiche Hochschule und Lehrausbildung
Bildungsabschlüssen hat gezeigt, dass es zu dieser The- und hier wiederum auf reglementierte und nicht-regle-
matik in Österreich nicht genügend Daten sowie generell mentierte Berufe5. Für die Erhebung kontaktierte abif etwa
zu wenige wissenschaftliche Erkenntnisse gibt. Der vorlie- 200 Stellen und Personen telefonisch und per E-Mail.

5
Ohne pädagogische Berufe und Berufe im öffentlichen Dienst.

18
2
Einleitung

Es gibt bis dato wenig Forschung über die Bedürfnislagen


aus Sicht derer, die am meisten betroffen sind, nämlich die
Zuwander/innen selbst (Weichbold et al. 2015: 11). Um
einen Gesamtüberblick über das Thema Anerkennung
bieten zu können, ist folglich die Perspektive der betrof-
fenen Migrant/innen einzubeziehen. Dazu wurden acht
qualitative Interviews mit Migrant/innen zum Thema An-
erkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen
geführt. Ziel war es, die Erfahrungen der Migrant/innen in
Bezug auf die Anerkennung der in ihrem Heimatland er-
worbenen Qualifikationen zu untersuchen, um auf mögli-
che Herausforderungen in diesem Zusammenhang hinzu-
weisen. Auch sollten ihre Motivationen und Bedürfnisse
hinsichtlich eines Anerkennungsverfahrens erschlossen
werden. Darauf aufbauend können mögliche Ableitungen
für eine notwendige Unterstützung getroffen werden.

Den Abschluss des Forschungsberichts bilden Schluss­


folgerungen und Empfehlungen von Prof. Gudrun Biffl,
Thomas Pfeffer und Isabella Skrivanek, die auf Basis der
theoretischen Aufbereitung sowie der empirischen Ana-
lysen erarbeitet wurden.

19
20
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung,
Beruf und Dequalifizierung
6

Sofia Kirilova, Gudrun Biffl

3.1. Überblick zur jüngeren ­ nfang der 1960er Jahre mit dem Raab-Olah-Abkom-
A
Migrationsgeschichte Österreichs men die Phase des aktiven Anwerbens ausländischer
Arbeiter/innen. Insbesondere Arbeitsmigrant/innen aus
Sofia Kirilova der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien kamen in
den folgenden Jahren nach Österreich (Münz et al. 2003:
Zuwanderung nach Österreich ist kein rezentes Phänomen, 22). Die zentrale Idee bestand darin, mittels kurzfristiger
sondern stellt seit Jahrhunderten einen wesentlichen de- Arbeitsaufenthalte („Rotationsprinzip“) arbeitswillige und
mographischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen -fähige, männliche und vor allem billige Arbeitskräfte nach
Faktor in Österreich dar. Lediglich die Intensität und Dyna- Österreich zu holen (Jandl/Kraler 2003; Fassmann/Münz
mik von Migrationsbewegungen haben sich geändert. Da- 1995: 41). Bei der Auswahl der Arbeitskräfte spielte weni-
mit ist Migration in gewisser Weise zu einer gesellschaftli- ger die Qualifikation der Arbeitskräfte als die körperliche
chen Normalität geworden (ÖIF/ICMPD 2015: 9). Ein Blick in Eignung eine Rolle, zumal die Arbeiter/innen angelernte
die Vergangenheit kann jedoch einen Beitrag dazu leisten, Arbeiten oder Hilfstätigkeiten verrichten sollten. Die aus-
heutige Entwicklungen besser zu verstehen. Österreich ländischen Arbeitskräfte wurden „Gastarbeiter/innen“ ge-
war lange Zeit kein Einwanderungs-, sondern ein Auswan- nannt, da ihr Aufenthalt in Österreich von vorübergehen-
derungsland. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als die gro- der Dauer sein sollte (Butterwegge 2005; Fassmann 1998
ßen Flüchtlingsströme zurückgingen, änderte sich diese in Sel 2009: 29). 1974 kam es im Gefolge der Konjunktur-
Situation (Stadler/Wiedenhofer-Galik 2011: 384). krise zu einer merklichen Verringerung der Zahl ausländi-
scher Arbeitskräfte. Österreich implementierte im Gegen-
Durch das hohe Wirtschaftswachstum in der Nachkriegs- satz zu Deutschland keinen Anwerbestopp sondern ließ
zeit und die Migration österreichischer Arbeitskräfte nach einen großen Anteil der Jahresbeschäftigungsverträge
Deutschland und in die Schweiz, kam es in Österreich ohne weitere Verlängerung auslaufen. Der Arbeitsmarkt-
zu einem Arbeitskräftemangel. Im Zuge dessen begann zugang der geburtenstarken Jahrgänge sowie die Einfüh-

6
Literaturverzeichnis siehe S. 135

21
rung der Individualbesteuerung 1974, die die Frauener- in Folge ebenfalls geändert. Generell haben die Migrant/
werbsbeteiligung anhob, sorgten für ein ausreichendes innen aus den EU-/EWR-Staaten und der Schweiz eine hö-
Arbeitsangebot. Die Politik verfolgte das Ziel, die Anzahl here Qualifikation als der Durchschnitt der einheimischen
der ausländischen Arbeiter/innen zu verringern und diese Bevölkerung, der Drittstaatsangehörigen und Migrant/
zu einer Rückkehr zu bewegen. Tatsächlich reduzierte sich innen von früheren Zuwanderungsperioden (Münz/­
die Gesamtzahl der ausländischen Arbeitskräfte, jene der Synthesis Forschung 2014: 14f).
ausländischen Bevölkerung blieb jedoch relativ konstant.
Durch den Familiennachzug wurde die Rückwanderung Ferner wird seit dem Jahr 2011 die qualifizierte Zuwan-
der ausländischen Arbeitskräfte zu einem großen Teil derung aus Drittstaaten neu geregelt. Mittels der Rot-
kompensiert (Bauer 2008: 6; Münz et al. 2003: 23). Weiß-Rot – Karte (RWR-Karte) wurde in Österreich ein
kriteriengeleitetes Zuwanderungssystem etabliert. „Ziel
Relevant für die Bevölkerungsstruktur in Österreich ist ist, qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten und ih-
weiters die Aufnahme von Flüchtlingen aus ehemals ren Familienangehörigen eine nach personenbezogenen
kommunistischen mittel- und osteuropäischen Ländern. und arbeitsmarktpolitischen Kriterien gesteuerte und auf
Insbesondere die politischen Krisen in Ungarn (1956), in Dauer ausgerichtete Zuwanderung nach Österreich zu
der Tschechoslowakei (1968) und in Polen (1981) hatten ermöglichen“ (migration.gv.at 2015). Die Karte wird für
zur Folge, dass vermehrt Flüchtlinge dieser Länder nach zwölf Monate ausgestellt. Zuwander/innen aus Drittstaa-
Österreich kamen (Bauer 2008: 5; Jandl/Kraler 2003). ten werden dadurch zum befristeten Aufenthalt und zur
Beschäftigung bei einem/einer bestimmten Arbeitgeber/
Durch den Fall des Eisernen Vorhanges im Jahr 1989 und in berechtigt. Die RWR – Karte kann für folgende Per­
der damit verbundenen Steigerung des Handelsvolu- sonen ausgestellt werden:
mens, der Investitionen und der Vernetzung mit Ländern
aus dem Osten, kam es erneut zu einer Arbeitskraft- — Besonders Hochqualifizierte
knappheit. Im Zuge dessen aktivierten Unternehmer/ — Studienabsolvent/innen einer österreichischen
innen erneut ihre Netzwerke, vor allem zu ex-jugoslawi- Hochschule
schen, aber auch türkischen Arbeiter/innen im Ausland — Sonstige Schlüsselkräfte
(Jandl/Kraler 2003; Münz et al. 2003: 25). Daneben kam es — Fachkräfte in Mangelberufen
in Folge des Zusammenbruchs des jugoslawischen Staa- — Selbstständige Schlüsselkräfte
tes und der darauf folgenden kriegerischen Auseinander-
setzungen und ethnischen Säuberungen im ehemaligen (migration.gv.at 2015)
Jugoslawien zu einer hohen Fluchtbewegung vom Balkan
nach Westeuropa und damit auch nach Österreich (Bauer
2008: 7; Fassmann/Münz 1995: 37). Diese Entwicklungen 3.2. Bevölkerungsstand Österreichs
resultierten in einer neuen Hochphase der Zuwanderung.
Sofia Kirilova
Seit der Jahrtausendwende ist ein erneuter Anstieg der
Wanderungsbewegungen nach Österreich zu beobach- Zum Stichtag 1. Jänner 2015 hatten 1.146.078 Personen
ten. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Zuwande- in Österreich eine ausländische Staatsbürgerschaft, das
rungsphasen dominiert seit einigen Jahren vor allem macht einen Anteil von 13,3% der Gesamtbevölkerung
die Arbeits- und Bildungsmigration im Rahmen der EU- aus. Seit dem Jahr 2001 wird neben der Staatsbürger-
Freizügigkeit (Münz/Synthesis Forschung 2014: 13): „Dies schaft das Geburtsland der Zuwander/innen erfasst. Im
ist in erster Linie ein Resultat der Freizügigkeit innerhalb Jahr 2002 lag der Anteil der Personen mit ausländischem
der EU sowie der Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten durch Geburtsort bei 13,8%, für das Jahr 2015 stieg er auf 17,3%
EU-Erweiterungen“ (Münz/Synthesis Forschung 2014: 13). (1.484.595 Personen) (Statistik Austria 2015a: 35).
Die Qualifikationsprofile der Zuwander/innen haben sich

22
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung, Beruf
und Dequalifizierung

Eine andere Möglichkeit, den Bevölkerungsstand zu kate- in ­Österreich geborenen Nachkommen von im Ausland
gorisieren, ist die Einteilung nach Migrationshintergrund. geborenen Personen. Die Anzahl der Personen der zwei-
In Österreich lebten im Jahr 2014 1.714.597 Personen mit ten Z­ uwanderergeneration betrug für das Jahr 2014 ca.
Migrationshintergrund7. Diese machten 20,4% der Bevöl- 460.000 Personen (Abbildung 1). Die Statistiken zeigen,
kerung in Österreich aus. Beim Migrationshintergrund dass mittlerweile zwei Fünftel der Bevölkerung mit Migra-
wird eine Unterscheidung zwischen erster und zweiter tionshintergrund aus der Europäischen Union stammen.
Zuwanderergeneration vorgenommen. Bei Personen, Die größte Migrantengruppe bilden wie auch schon die
die selbst im Ausland geboren wurden, spricht man von Jahre davor Personen mit ex-jugoslawischen Migrati-
der ersten Zuwanderergeneration. Für das Jahr 2014 onshintergrund (außerhalb der EU) (ca. 495.000 Perso-
lag diese Zahl in Österreich bei ca. 1,25 Millionen Per- nen) (Statistik Austria 2015a: 26f; Statistik Austria 2015a,
sonen. Zur zweiten Zuwanderergeneration zählen die ­STATcube).

Abbildung 1: Bevölkerung nach Migrationshintergrund


und Zuwanderergeneration 2014

● Erste Generation
● Zweite Generation
EU-Staaten vor 2004/EWR/Schweiz 210,9 33,1
Quelle: Statistik Austria 2015a: 27,
EU-Beitrittsstatten 2004 178,5 52,7 Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2014,
Jahresdurchschnitt über alle Wochen. –
EU-Beitrittsstatten ab 2007 149,4 47,5 Bevölkerung in Privathaushalten.

Ehem. Jugoslawien (außerhalb der EU) 342,4 152,7

Türkei 157,3 105,5

Sonstige Staaten 216,0 68,7

0 100 200 300 400 500


Personen (in 1.000)

Nach Geburtsland stellten im Jahr 2015 Personen aus trugen zur Nettozuwanderung bei (77.743 Personen). ­Ca.
Deutschland (214.998 Personen), der Türkei (160.039) und 62% aller Zuwander/innen in jenem Jahr stammten aus
Bosnien und Herzegowina (158.853) die größten Migran- EU-/EWR-Staaten sowie der Schweiz. Daneben spielte vor
tengruppen in Österreich. Auch Zuwander/innen aus Ser- allem die Netto-Zuwanderung aus den EU-Beitrittsstaa-
bien (134.679), Rumänien (91.271) und Polen (69.898) zäh- ten ab 2004 quantitativ eine bedeutende Rolle (37.460
len zu den größeren Migrantencommunities in Österreich Personen). Wie in den Jahren zuvor fiel der Wanderungs-
(Statistik Austria 2015a, STATcube). saldo für österreichische Staatsbürger/innen negativ aus
(-5.419 Personen). Die größten Zuwanderungsgruppen
Im Jahr 2014 sind 170.115 Personen nach Österreich zu- für das Jahr 2014 stellten Personen aus Rumänien (12.710),
gewandert, zeitgleich sind 97.791 Menschen abgewan- gefolgt von Personen aus Ungarn (7.798), Deutschland
dert. Das ergibt eine Netto-Zuwanderung von 72.324 (5.562) und Kroatien (4.022) (Statistik Austria 2015b,
Personen. Insbesondere ausländische Staatsbürger/innen ­STATcube).

7
Eine Person hat Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder beide Elternteile im Ausland geboren wurden.

23
Abbildung 2: Wanderungsbewegungen nach Staatsbürgerschaft 2014

400.000 ● Wanderungssaldo
● Wegzüge aus
350.000 72.324
Österreich
77.743 ● Zuzüge nach
300.000
Österreich
250.000
Quelle: Statistik Austria
200.000 47.841 2015b, STATcube

150.000 37.460
29.902
100.000
10.152 10.823
50.000

0
-5.419
-50.000
Insgesamt Österreich Ausland EU, EWR, EU-Staaten EU-Beitritts- Drittstaaten Europäische
Schweiz vor 2004 staaten ab Drittstaaten
2004 (inkl. Türkei) 

3.3. Bildung & Personen mit Migrationshintergrund weisen ein anderes


Arbeitsmarktintegration Bildungsprofil auf als die Bevölkerung ohne Migrations-
hintergrund. Zugewanderte sind sowohl in den höchs-
Sofia Kirilova ten als auch in den niedrigsten Bildungsstufen über-
durchschnittlich oft vertreten, während Personen ohne
3.3.1. Bildung Migrationshintergrund überproportional oft mittlere
Eine gute Ausbildung, die am Arbeitsmarkt eingesetzt Bildungsstufen, wie einen Lehr- oder Fachschulabschluss
werden kann, bildet die Grundvoraussetzung einer er- aufweisen. Im Zeitverlauf sind diese Unterschiede in der
folgreichen Arbeitsmarktintegration. In den folgenden Bildungsstruktur relativ konstant, obwohl deutlich wird,
Kapi­­­­teln wird daher näher auf die formale Ausbildung dass sich in den vergangenen Jahrzehnten sowohl bei der
von Personen mit und ohne Migrationshintergrund ein- ausländischen als auch bei der inländischen Bevölkerung
gegangen. das Bildungsniveau verbessert hat. Wie bereits angeführt,
ist der Anstieg der ausländischen Bevölkerung in der Pe-
Wie bereits kurz skizziert wurde, wanderten je nach Zu- riode von 1991 bis 2014 großteils auf die qualifizierte Zu-
wanderungsperiode Menschen mit unterschiedlichen wanderung von Personen aus der EU, dem EWR und der
Bildungsniveaus nach Österreich zu. So verfügte fast die Schweiz zurückzuführen (Statistik Austria 2015a: 48).
Hälfte jener Zuwander/innen, welche bis 1985 nach Ös-
terreich kamen, ausschließlich über einen Pflichtschul- Tabelle 1 stellt im Detail den Bildungsgrad der in Öster-
abschluss. Interessant ist, dass Zuwander/innen, welche reich lebenden Bevölkerung im Alter zwischen 25 bis 64
zwischen 1985 und 1997 nach Österreich zuzogen, beson- Jahren dar. 2014 verfügten etwas mehr Personen mit Mi-
ders häufig einen Lehr- und/oder Fachschulabschluss auf- grationshintergrund (18,6%) über einen Maturaabschluss
wiesen (40%). Seit 1998 dominiert eindeutig die Migration als Personen ohne Migrationshintergrund (15,4%). Mehr
von Personen mit Matura bzw. Hochschulabschluss (37%) als die Hälfte der Personen ohne Migrationshintergrund
(Gächter 2007: 1f). hat eine Lehre oder eine Berufsbildende Mittlere Schule

24
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung, Beruf
und Dequalifizierung

Tabelle 1: Bildungsstand der 25- bis 64-jährigen Bevölkerung 2014


nach Migrationshintergrund
Mit Migrationshintergrund
Bevölkerung Ohne Insgesamt Erste Zweite EU/EWR/ Ehem. Türkei Sonstige
insgesamt Migrations- Generation Generation Schweiz Jugoslawien Staaten
hintergrund (außerhalb
der EU)
Insgesamt abs. (in 1.000) 4.699,9 3.650,9 1.049,0 941,4 107,6 412,6 312,1 159,0 165,3
Pflichtschule 15,0% 11,5% 27,2% 28,1% 18,7% 9,6% 33,9% 59,7% 26,9%
Lehre, BMS 52,1% 56,8% 35,7% 33,8% 52,2% 38,8% 46,7% 24,5% 17,9%
AHS, BHS, Kolleg 16,1% 15,4% 18,6% 18,8% 17,1% 23,7% 14,2% 10,5% 21,9%
Universität, FH, Akademie1 16,8% 16,4% 18,6% 19,3% 11,9% 27,9% 5,1% 5,4% 33,3%

Quelle: Statistik Austria 2015a: 49, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2014, Jahresdurchschnitt über alle Wochen. – Bevölkerung in Privathaushalten. –
1
Inkl. Universitätslehrgänge.

absolviert (ca. 57%), hier wird die starke Tradition des du- Wird eine Differenzierung zwischen erster und zweiter
alen Ausbildungssystems in Österreich deutlich (Statistik Migrantengeneration vorgenommen, zeigt sich, dass sich
Austria 2015a: 49; Weichbold et al. 2015: 6). der Bildungsstand der zweiten Migrantengeneration an
jenen der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund an-
Wie bereits erwähnt, werden deutliche Unterschiede nähert (Tabelle 1). So haben 18,7% der zweiten Generati-
bei den Pflichtschulabschlüssen sichtbar. 11,5% der Per- on nur einen Pflichtschulabschluss, während es bei ihrer
sonen ohne Migrationshintergrund, jedoch 27,2% der Elterngeneration rund 28% waren (ebd.).
Migrant/innen besitzen maximal einen Pflichtschulab-
schluss. Rund 19% der Zuwander/innen weisen einen Besonders im Bereich der Lehre bzw. der Berufsbildenden
Hochschulabschluss8 auf, bei Personen ohne Migrations- Mittleren Schulen haben Kinder von Zuwander/innen
hintergrund waren es ca. 16%. Innerhalb der Gruppe der aufgeholt (ebd.). Die Bildungsstruktur von Männern und
Migrant/innen lassen sich abermals Unterschiede fest- Frauen gestaltet sich ebenfalls unterschiedlich. Frauen
stellen. Während Zuwander/innen mit Geburtsland Türkei mit und ohne Migrationshintergrund weisen deutlich
(5,4%) oder ehemaliges Jugoslawien9 (5,1%) sehr selten häufiger maximal einen Pflichtschulabschluss auf als
über eine akademische Ausbildung verfügen, weisen Per- Männer mit und ohne Migrationshintergrund. Allerdings
sonen aus EU-Ländern (27,9%) einen hohen Akademiker- ist der weibliche Anteil der Hochschulabsolvent/innen in
anteil auf. Beinahe zwei Drittel der Personen mit Geburts- beiden Gruppen höher als der männliche. Beispielsweise
land Türkei und ca. ein Drittel der Zuwander/innen aus wiesen im Ausland geborene Frauen eine Akademiker-
dem ehemaligen Jugoslawien haben ausschließlich die quote von 20,3% auf, während diese bei Männern bei
Pflichtschule besucht. Letztere besaßen vermehrt mittle- 18,3% lag (­ Statistik Austria 2015a: 49).
re Abschlüsse. Ca. 47% der Migrant/innen aus dem ehe-
maligen Jugoslawien absolvierten eine Lehre oder eine
Berufsbildende Mittlere Schule. Der Anteil der Maturant/
innen ist bei dieser Gruppe (14,2%) beinahe so hoch wie
bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (15,4%)
(Statistik A
­ ustria 2015a: 49).

8
Universität, Fachhochschule, Akademie
9
Länder außerhalb der EU

25
Die Bildungsunterschiede zwischen den einzelnen Mig- 3.3.2. Erwerbstätigkeit und
rantengruppen hängen zum einen mit den unterschied- berufliche Stellung
lichen Funktionen, welche die Zugewanderten auf dem Finanzielle Mittel sind wesentliche Faktoren für die Le-
österreichischen Arbeitsmarkt innehaben, zusammen. benslage sowie die Teilhabe- und Verwirklichungschan-
Zum anderen spielen die Migrationsgründe eine Rolle. cen von Menschen. Forschungen haben gezeigt, dass
Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Tür- die Arbeitsmarktintegration von Migrant/innen von un-
kei kamen vor allem im Zuge der Anwerbeabkommen terschiedlichen Faktoren, wie den erworbenen Sprach-
nach Österreich bzw. im Falle von Jugoslawien auch auf- kenntnissen, dem Bildungsniveau, der Aufenthaltsdauer,
grund von Flucht in Folge des Zerfalls des früheren Ju- dem Grund der Zuwanderung, dem Herkunftsland, der
goslawiens. In der Zeit der Anwerbeabkommen wurden Anerkennung von im Ausland erworbenen Kompetenzen
insbesondere Arbeitskräfte gebraucht, die überwiegend und, bei manchen Migrantengruppen, dem Geschlecht
wenig qualifizierte Tätigkeiten verrichten. Die rezente Mi- abhängt (Huber 2010: 6). Wie gestaltet sich nun im Kon-
gration aus der EU basiert hingegen auf der verstärkten kreten die Erwerbssituation der Migrant/innen? Welche
EU-Integration, dem zunehmenden Bedarf an qualifizier- Gruppen sind besonders von Arbeitslosigkeit gefährdet?
ten Fachkräften sowie der fortschreitenden Internationa-
lisierung der Wirtschaft und Gesellschaft (Biffl 2007: 268; Laut Angaben der Statistik Austria waren im Jahr 2014
Münz/Synthesis Forschung 2014: 10). ca. 4.112.800 Personen in Österreich erwerbstätig.10 Rund
3.384.300 Personen mit Geburtsland Österreich und wei-
Bisher konnte der Arbeitskräftebedarf in Österreich vor tere 728.500 Personen mit ausländischem Geburtsland
allem durch die EU-Zuwanderung gedeckt werden. Aller- gingen einer Beschäftigung nach (Statistik Austria 2015c,
dings steht Österreich vor der Schwierigkeit, qualifizierte Sonderauswertung).
Zuwander/innen nach Österreich zu holen und diese auch
im Land zu behalten. Als Gründe dafür können mangeln- Im Jahr 2014 lag die Erwerbstätigenquote von 15- bis
de Karriereaufstiegschancen, Hürden bei der Anerken- 64-jährigen Personen bei 71%.11 Sie betrug für Personen
nung von ausländischen Abschlüssen sowie niedrige ohne Migrationshintergrund 73%, für Personen mit Mig-
Einstiegsgehälter oder branchenspezifische Anstellungs- rationshintergrund 64%. Dieser Unterschied erklärt sich
verhältnisse identifiziert werden (Biffl 2011 in Tschiggerl zum Teil durch die niedrigere weibliche Erwerbsbeteili-
2015: 22f). gung (58% gegenüber 70%) (Statistik Austria 2015a: 52).
Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund stellt aller-
dings eine sehr heterogene Gruppe dar. Migrant/innen
aus EU-Ländern vor 2004, aus EWR-Ländern und aus der
Schweiz wiesen mit 75% die höchste Erwerbstätigenquote
auf. Personen aus den EU-Beitrittsstaaten nach 2004 hat-
ten mit 70% eine annähernd so hohe Erwerbsbeteiligung
wie Personen ohne Migrationshintergrund. Die Erwerbs-
tätigenquoten von Personen mit ex-jugoslawischem
(63%) oder türkischem (54%) Migrationshintergrund fiel
im Vergleich geringer aus. Personen aus sonstigen Staa-
ten (55%) wiesen die niedrigste Erwerbstätigenquote auf
(Statistik Austria 2015a: 53).

10
„Die aus dem Mikrozensus bzw. der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung (AKE) stammende Zahl der Arbeitslosen und auch der Erwerbstätigen entspricht dem
ILO-Konzept, dem die internationale Definition von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit zugrunde liegt. Beim ILO-Konzept gilt eine Person als erwerbstätig, wenn
sie in der Referenzwoche mindestens eine Stunde gearbeitet oder wegen Urlaub, Krankheit usw. nicht gearbeitet hat, aber normaler Weise (sic!) einer Beschäftigung
nachgeht“ (Statistik Austria 2015b).
11
Unter Erwerbstätigenquote wird der Anteil der erwerbstätigen 15 bis 64-Jährigen an allen Personen in dieser Altersgruppe verstanden (Statistik Austria 2014: 113).

26
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung, Beruf
und Dequalifizierung

Abbildung 3: Erwerbstätigenquote nach Migrationshintergrund und Geschlecht 2014,


Angaben in %

100

90
In % der Bevölkerung gleichen Geschlechts

80
80 75 77 76
73 75
71 70 70 70
und Migrationshintergrunds

67 69 68
70 66
64 63 64
58 59 60
60 54 55
50
50
42
40

30

20

10

0
Insgesamt Ohne Migra-­ Mit Migra-­ EU-Staaten EU-Beitritts- Ehem. Türkei Sonstige
tionshinter- tionshinter- vor 2004/EWR/ staaten ab Jugoslawien Staaten
grund grund Schweiz 2004 (außerhalb
der EU)
● Insgesamt ● Männer ● Frauen

Quelle: Statistik Austria 2015a: 53

Im Jahr 2014 waren laut dem Österreichischen Arbeits- der Zeitspanne zwischen 1989 und 1993 nach Österreich
marktservice (AMS) 3.503.400 Personen unselbstständig zuzogen sowie Personen mit ausländischem Geburtsort,
beschäftigt. Darunter waren 2.914.678 österreichische die im Alter zwischen 25 und 40 Jahren nach Österreich
und 588.722 ausländische Staatsbürger/innen. Seit dem kamen. Männliche Zuwanderer, die in den 1960er und
Jahr 2011 können vom Hauptverband der Sozialversiche- 1970er Jahren nach Österreich migrierten, weisen die
rungsträger bzw. vom AMS die unselbstständig Beschäf- niedrigsten Erwerbs- und Beschäftigungsquoten auf.
tigten nach Migrationshintergrund ausgewiesen werden. Nicht überraschend ist, dass Migrant/innen, die aus Grün-
Demnach gingen im Jahr 2014 738.349 Personen mit Mi- den der Weiterbildung sowie der Familienzusammen-
grationshintergrund einer unselbstständigen Tätigkeit führung nach Österreich kamen, sich seltener in einem
nach12 (AMS 2015b). Beschäftigungsverhältnis befinden als beispielsweise
Personen, die aus Beschäftigungsgründen zuzogen. Die
Huber zeigt durch die Analyse des Ad-hoc-Moduls der Daten zeigen auch, dass Personen, die ihre Ausbildung
Arbeitskräfteerhebung 2008, dass die Erwerbs- und Be- in Österreich anerkennen ließen, höhere Erwerbsquoten
schäftigungsquoten von Migrant/innen mit dem Zuwan- aufweisen als Migrant/innen, die keine formale Anerken-
derungsalter sowie mit dem Zeitraum der Zuwanderung nung benötigen bzw. ihre Qualifikationen nicht aner-
zusammenhängen. Am stärksten in den Arbeitsmarkt kannt haben (Huber 2010: 7).
eingebunden sind im Ausland geborene Personen, die in

12
Das AMS definiert den Begriff Migrationshintergrund folgendermaßen: „Personen mit Migrationshintergrund der 1. Generation [sind] jene, die entweder keine österrei-
chische Staatsbürgerschaft haben oder seit ihrem Aufenthalt die österreichische Staatsbürgerschaft erworben haben. Die 2. Generation wird durch eine aktuelle oder
frühere Mitversicherung bei Personen der 1. Generation erfasst“ (AMS 2015a).

27
Die berufliche Stellung ist ein weiterer wichtiger Bestandteil Migrantengeneration jener der Bevölkerung ohne Migrati-
der beruflichen Situation. Im Jahr 2014 waren ca. 52% der in onshintergrund annähert (Statistik Austria 2015a: 57).
Österreich geborenen Erwerbstätigen Angestellte (inkl. freie
Dienstnehmer/innen), weitere 23% waren Ar­­­beiter/innen. Hinsichtlich des Einkommens sind zwischen ausländi-
Im Vergleich dazu sind Migrant/innen häufiger als Arbei- schen und österreichischen Staatsangehörigen eben-
ter/innen tätig (44%). Weitere 44% der Personen mit aus- falls Unterschiede zu verzeichnen. Ausgangspunkt ist
ländischem Geburtsort weisen die berufliche Stellung hierbei das Äquivalenzeinkommen13. Für das Jahr 2013
Angestellte auf. Insbesondere Personen aus der Türkei betrug das mittlere Nettojahreseinkommen der ganz-
sowie dem ehemaligen Jugoslawien wiesen die berufliche jährig unselbstständig erwerbstätigen Personen in Ös-
Positionierung Arbeiter/in auf (ca. 66%). Mehr als die Hälf- terreich 23.177€. Während Österreicher/innen in diesem
te der Migrant/innen aus dem EU-Raum sind hingegen als Jahr 23.844€ verdienten, lag das mittlere Einkommen
Angestellte beschäftigt. Große Unterschiede zwischen in von ausländischen Staatsbürger/innen bei 19.164€. Das
Österreich und im Ausland geborenen Personen sind in der heißt, Letztere erreichten nur 80% des Einkommens von
Kategorie Beamt/innen (inkl. Vertragsbedienstete) zu fin- Österreicher/innen. Bürger/innen aus Ländern, die vor
den. Der Anteil lag hier für Zugewanderte bei ca. 2,6%, für 2004 der EU beigetreten sind, aus sonstigen EWR-Staaten
die Vergleichsgruppe betrug der Anteil 11,7%. Weiters wird und der Schweiz (23.531€) verdienten nur gering weniger
deutlich, dass Zugewanderte (9,5%) seltener selbstständig als Österreicher/innen. Deutlich weniger Einkommen lu-
tätig waren als in Österreich Geborene (14%), wobei die krierten Beschäftigte aus dem ehemaligen Jugoslawien
Selbstständigenquote bei Migrant/innen aus sonstigen (18.695€), türkische Staatsbürger/innen (18.659€) sowie
Staaten annähernd gleich hoch war wie jene der Einheimi- Personen aus den neuen EU-Beitrittsländern (ab 2004)
schen (Statistik Austria 2015c, Sonderauswertung). (18.613€). Über den geringsten Verdienst verfügen Per-
sonen aus sonstigen Staaten (16.803€) (Statistik Austria
Unter der zugewanderten Bevölkerung bestanden auffäl- 2015a: 65). Es ist zu beobachten, dass sich seit 2008 die
lige geschlechtsspezifische Differenzen: 35% der Frauen Schere beim Lohnniveau zwischen in- und ausländischen
und 52% der Männern mit ausländischem Geburtsort Staatsangehörigen weiter geöffnet hat: „Während sich
waren Arbeiter/innen. Die Situation der Personen öster- das Netto-Jahreseinkommen der Österreicher/innen von
reichischer Herkunft stellte sich anders dar. Ca. 30% der in 2008 bis 2013 um gut 9,6% erhöhte, nahm es bei Auslän-
Österreich geborenen Männer und 14% der Frauen sind derinnen und Ausländern um nur knapp 6,3% zu“ (Statis-
Arbeiter bzw. Arbeiterinnen (ebd.). tik Austria 2015a: 65).

3.3.3. Beschäftigung nach Branchen und 3.3.4. Arbeitslosigkeit


Einkommen Laut Angaben von Statistik Austria waren im Jahr 2014 ca.
2014 waren die wichtigsten Beschäftigungszweige für Mig- 163.400 in Österreich bzw. 81.400 im Ausland geborene
rant/innen der ersten Generation die Sachgütererzeugung Personen ohne Beschäftigung (Statistik Austria 2015d,
(16,3%) und der Handel (14,8%), gefolgt von der Branche Sonderauswertung). Für die Gruppe der Bevölkerung mit
Beherbergung, Gastronomie (12,2%) und Bauwesen (11,1%). Geburtsland Österreich betrug die Arbeitslosenquote
Beschäftigte ohne Migrationshintergrund wiesen eine ähn- 4,6%, jene der Personen mit ausländischem Geburtsort
liche Branchenverteilung auf: Für sie waren die Sachgüter- lag bei 10,1%. Auch das AMS erfasst Statistiken zu Arbeits-
erzeugung (15,5%) und der Handel (14,4%) die wichtigsten losigkeit. Zu beachten ist hierbei, dass eine andere De-
Beschäftigungszweige sowie die Branche Gesundheit und finition als die von Statistik Austria verwendet wird und
Soziales (10%) und das Bauwesen (8,3%). Interessant ist sich dadurch auch Unterschiede in den Zahlen erkennen
auch hier, dass sich die Branchenverteilung der zweiten lassen.

Es werden die Jahreseinnahmen aus Erwerbsarbeit, Einkommen aus Unterhaltszahlungen, Sozialtransfers und anderen Privateinkommen dazu gezählt (vgl. EU-SILC
13

2009). Es beschreibt das gewichtete verfügbare Haushaltseinkommen. „Die Gewichtung wird auf Basis der EU-Skala berechnet und das verfügbare Haushaltseinkom-
men wird durch die Summe der Gewichte je Haushalt dividiert“ (Statistik Austria 2009: 200).

28
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung, Beruf
und Dequalifizierung

Die Gesamtarbeitslosenquote (nationale Definition)14 konjunkturschwachen Perioden gegebenenfalls als Erste


betrug im Jahr 2014 8,4% (Anstieg um 0,8% im Vergleich entlassen werden (Scheiber 2007 in Kepler 2008: 68; Kal-
zum Vorjahr). Hierbei war die Arbeitslosenquote der aus- ter 2008: 312). (Näheres dazu in Kapitel 3.4.2.)
ländischen Staatsbürger/innen mit 12,1% deutlich höher
als jene der Österreicher/innen (7,6%). Aufgeteilt nach Ferner ist zu bedenken, dass gering qualifizierte ältere
Geschlecht waren die Anteile an arbeitslos gemeldeten Arbeitsmigrant/innen, insbesondere aus der Türkei und
ausländischen Frauen (12,0%) und Männern (12,1%) fast dem ehemaligen Jugoslawien, in Brachen wie der indust-
gleich, während hingegen Österreicher (8,2%) öfters von riellen Massenproduktion, der Schwerindustrie oder dem
Arbeitslosigkeit betroffen waren als Österreicherinnen Bergbau ihre Beschäftigung fanden. Jedoch haben in den
(6,8%) (AMS 2015, Sonderauswertung). vergangenen Jahrzehnten diese Wirtschaftszweige in
Europa an Bedeutung verloren bzw. wurden die mecha-
Generell sind Personen mit höherer Bildung in Öster- nischen Tätigkeiten durch maschinelle ersetzt. „Die frei-
reich seltener von Arbeitslosigkeit betroffen. Im Jahr gesetzten und mittlerweile älteren ehemaligen Arbeits-
2014 wiesen Ausländer/innen mit einer nicht über den migranten treffen auf einen Arbeitsmarkt, auf dem ihre
Pflichtschulabschluss hinausgehenden Ausbildung eine Qualifikationen kaum noch nachgefragt werden“ (Schi-
besonders hohe Arbeitslosenquote auf (ca. 32%). Dies traf many et al. 2012: 147 in Kirilova 2014: 28).
insbesondere auf türkische Migrant/innen und Personen
mit sonstiger Staatsangehörigkeit zu (ca. 31% bzw. ca.
42%). Formal besser gebildete Zuwander/innen (Lehre, 3.4. Erklärungsansätze von
BMS) waren in viel geringerem Maße von Arbeitslosig- Arbeitsmarktpositionierung
keit betroffen (6%). Allerdings zeigen die Statistiken, dass
und Dequalifizierung
auch bei gleichem Bildungsniveau ausländische Staats­
bürger/innen höhere Arbeitslosenquoten aufweisen als Sofia Kirilova
österreichische Staatsbürger/innen. Beispielsweise ist sie
bei Ausländer/innen, die ausschließlich die Pflichtschule 3.4.1. Begriffliche Klärung von
besuchten, mit ca. 32% deutlich höher als jene der inlän- Dequalifizierung
dischen Bevölkerung mit gleichem Bildungsniveau (23%). Die Erwerbstätigkeit bzw. Arbeitslosigkeit ist für die Beur-
Personen mit Maturaniveau bzw. Hochschulabschluss teilung einer erfolgreichen bzw. erfolglosen Arbeitsmarkt-
weisen die geringsten Arbeitslosenquoten auf (Österrei- integration nicht ausreichend. Es sollten ebenso Fragen
cher/innen - 4,1%; Ausländer/innen - 3,7%). (Statistik Aus- zur bildungsadäquaten Beschäftigung und Entlohnung
tria 2015a: 59). sowie die damit einhergehenden (Aufstiegs-)Chancen
einbezogen werden. Ein wichtiges Kriterium ist hierbei
Die unterschiedliche Erwerbsbeteiligung der ausländi- die passende Verwertbarkeit der mitgebrachten Quali-
schen und inländischen Bevölkerung wird nicht nur durch fikationen am Arbeitsmarkt. Wie bereits gezeigt wurde,
den Bildungsgrad beeinflusst. Laut Segmentationstheorie sind Personen mit Migrationshintergrund überproportio-
sind Migrant/innen oftmals im sekundären Arbeitsmarkt, nal oft in den höchsten und niedrigsten Bildungsschich-
und zwar in konjunkturabhängigen Branchen, beschäf- ten vertreten. Gleichzeitig finden ihre Qualifikationen am
tigt. Dieser unterscheidet sich vom primären Arbeitsmarkt österreichischen Arbeitsmarkt nicht immer eine adäqua-
durch schlechtere Arbeitsbedingungen und -entlohnung, te Verwertung. 2014 gaben rund 24% der beschäftigten
fehlende Aufstiegsmöglichkeiten sowie monotone Tätig- Personen der ersten Migrantengeneration an, für die be-
keiten. Nachfrageschwankungen werden direkt an die rufliche Tätigkeit überqualifiziert zu sein. Dies traf nur für
Arbeitnehmer/innen weitergegeben, wodurch diese in 9% der Erwerbstätigen ohne Migrationshintergrund zu

14
„Bei der nationalen Berechnung der Arbeitslosenquote (ALQ) wird der Bestand arbeitsloser Personen (AL) ins Verhältnis zum Arbeitskräftepotential (AKP) gesetzt.
Das Arbeitskräftepotential wiederum ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig beschäftigten Personen laut Hauptverband der Sozialversicherungs-
träger“ (AMS 2015c).

29
(­Wiedenhofer-Galik/Fasching 2015: 144). Oftmals steht Die Publikation fasst die statistischen Ergebnisse des
bei Migrant/innen die Annahme einer dequalifizierten Ad-hoc-Moduls 2008 zusammen, welches im Rahmen
Beschäftigung mit einer fehlenden Anerkennung der for- der Mikrozensusbefragung durchgeführt wurde. Dabei
malen Bildungsabschlüsse in Verbindung. Von Dequalifi- wurden ebenfalls Daten zur bildungsadäquaten Beschäf-
zierung wird gesprochen, „wenn Menschen mit einem be- tigung ermittelt. In der Erhebung wird erstmals der Qua-
stimmten Bildungs- bzw. Qualifizierungsniveau unterhalb lifikationsmismatch durch die Selbsteinschätzung der
dieses Niveaus beschäftigt sind, also für die gegebene Befragten gemessen. Mit dieser Methode können feine-
berufliche Position überqualifiziert sind“ (Stadlmayr 2011: re Unterschiede deutlich gemacht werden. Jedoch muss
2). In der Literatur wird der Begriff oftmals in Zusammen- angenommen werden, dass „die Messung begrenzt re-
hang mit den Begriffen Brain Waste15 oder Qualifikations- liabel ist, da verschiedene Personen die gleiche Arbeits-
oder Bildungsmismatch verwendet (ebd.). marktposition als angemessen oder als unangemessen
einschätzen können“ (Stadler/Wiedenhofer-Galik 2011:
Methodisch gibt es drei unterschiedliche Herangehens- 385). Im Vergleich zu früheren Studien, die sich dabei auf
weisen, um festzustellen, ob Personen entsprechend ih- Job-Analyse-Methoden bezogen, ist dadurch ein höherer
rer formalen Qualifikation beschäftigt sind: Qualifikationsmismatch deutlich geworden16.

— Zum einen kann die Selbsteinschätzung der Befrag- 3.4.2. Theoretische Ansätze
ten herangezogen werden. Diese gibt darüber Aus- Hinsichtlich einer theoretischen Einbettung wird das
kunft, ob sie sich in ihrer beruflichen Tätigkeit ent- Phänomen der Überqualifikation in keiner einheitlichen
sprechend ihrer Ausbildung beschäftigt fühlen. Theorie behandelt, vielmehr gibt es unterschiedliche An-
satzpunkte in einer Reihe von Theorien, die sich mit dem
— Die Jobanalyse misst den Qualifikationsmismatch Thema befassen (Bock-Schappelwein et al. 2014: 340). In
aus „der Differenz von höchster abgeschlossener Bil- diesem Kapitel sollen einige Studien und Theorien darge-
dung des Beschäftigten und der (aus Expertensicht) stellt werden, aus welchen sich einerseits Erklärungsan-
benötigten Ausbildung“ (Huber 2010: 11). sätze für die ungleichen Verteilungsprozesse der Arbeits-
marktpositionierung von Migrant/innen und andererseits
— Die Methode der „Realised Matches“ stellt die em- für Überqualifikation ableiten lassen. Bei Bedarf werden
pirische Verteilung der Bildungsgrade der Erwerbs- die Ansätze neu interpretiert und auf die spezielle Ar-
tätigen innerhalb einer Berufsgruppe in den Mittel- beitsmarktsituation von Migrant/innen angepasst.
punkt. Die erforderliche Ausbildung für jeden Beruf
wird durch den Mittelwert bzw. den Modalwert der 3.4.2.1. Humankapitaltheorie
jeweiligen Verteilung angegeben. Wenn die tatsäch- Gemäß der Humankapitaltheorie können Personen – unab-
liche Ausbildung von diesem Wert abweicht, dann hängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft – in ihre Qua-
entspricht die berufliche Tätigkeit nicht der Qualifi- lifikationen investieren, was wiederum zu einer höheren
kation (Huber 2010: 11). Produktivität und einem höheren Lohn führt. Theoretisch
haben Migrant/innen die gleichen Chancen auf eine bes-
In der Publikation von Stadler und Wiedenhofer-Galik, sere Bezahlung wie Personen ohne Migrationshintergrund.
die von Statistik Austria im Jahr 2009 herausgegeben In der Praxis zeigt sich jedoch oftmals ein differenzierteres
wurde, werden die Arbeits- und Lebenssituationen von Bild. Granato und Kalter (2001) verweisen auf Mechanis-
Migrantinnen und Migranten in Österreich dargestellt. men – wie die Entwertung des Humankapitals sowie spezi-

15
Brain Waste beschreibt den Umstand, dass höher gebildete Migrant/innen in den Aufnahmeländern keine bildungsadäquaten Tätigkeiten ausüben. Volkswirtschaft-
lich gesehen, verlieren dabei sowohl die Heimat- als auch die Aufnahmeländer, da sie das vorhandene Humankapital nicht verwerten. Die Betonung des Begriffes
liegt auf dem Aspekt der Verschwendung bzw. Vergeudung der mitgebrachten Qualifikationen von Migrant/innen (Gächter 2006: 3; Englmann/Müller 2007: 18;
Stadlmayr 2011: 2).
16
Im Rahmen des Ad-hoc-Moduls wurde folgende Frage gestellt: „Entspricht die Arbeit, die Sie derzeit haben, ihrer Qualifikation?“ Die Frage konnte mit „ja“ und „nein“
beantwortet werden. Im Falle einer „nein“-Antwort wurde angenommen, dass die Person überqualifiziert beschäftigt war. Es wurden Erwerbstätige zwischen 15 und
74 Jahren befragt (Stadler/Wiedenhofer-Galik 2011: 395).

30
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung, Beruf
und Dequalifizierung

fische Präferenzen und Motive, welche zu einer benachtei- derart unterscheiden, dass nicht von einem gleichwerti-
ligenden Arbeitsmarktpositionierung von Migrant/innen gen, institutionell vermittelten Bildungsniveau auszuge-
führen können. Die Humankapitalentwertung bezeichnet hen ist“ (Bock-Schappelwein et al. 2008 in Birner 2014: 27f).
den Umstand, dass die im Ausland erworbene Qualifika- Die Humankapitaltheorie steht oftmals in Zusammenhang
tion nicht den formalen Standards des Aufnahmelandes mit dem Phänomen des Brain Waste. Dieses bezeichnet die
entspricht und dadurch die Ausbildung ihren Wert verliert Nicht-Anerkennung und Nutzung von Qualifikationen von
(Granato/Kalter 2001; Kalter 2008 in Hacioglu 2013: 7). Mit Zuwander/innen. In Folge werden Migrant/innen unter
Präferenzen und Motiven beziehen sich die Autor/innen ­ihrem Qualifikationsniveau beschäftigt (EMN 2012: 53).
auf die Bereitschaft bzw. auch die Möglichkeiten von Mig-
rant/innen, in ihre Aus- und Weiterbildung zu investieren. 3.4.2.2. Signal- und Filtertheorie
Wenn Zuwander/innen eine Rückkehrorientierung aufwei- Die Signal- und Filtertheorie geht davon aus, dass Indivi-
sen, kann ihre Humankapitalinvestition gehemmt sein. Je- duen Entscheidungen unter Unsicherheiten treffen. Diese
doch können auch Arbeitgeber/innen wenig Bereitschaft Unsicherheit betrifft vor allem die Einschätzung der Ar-
zeigen, in die Weiterbildung von Zuwander/innen zu inves- beitgeber/innen, wenn es sich um die Einstellung von Be-
tieren. Sie sind an einer langfristigen Beschäftigungsdauer werber/innen mit einem ausländischen Diplom handelt.
von Mitar­beiter/innen interessiert. Die (vermutete) Rück- Gemäß der Filtertheorie nach Arrow
kehrbereitschaft von Migrant/innen kann dazu führen,
dass sie hinsichtlich der Investitionen eine „Risikogruppe“ „fungieren erworbene Zertifikate für den Arbeitgeber nur als
darstellen (ebd.). Signal für die gewünschte Bildungsausstattung (…) und stellen
somit ein Mittel für die Selektion von Arbeitskräften dar, um eine
Die Humankapitaltheorie kann auch als Erklärungsmodell angemessene Zuordnung von Arbeitskräften zu Arbeitsplätzen
von Dequalifizierung auf dem Arbeitsmarkt herangezo- mit einem der Bildung entsprechenden Anforderungsprofil zu
gen werden. Arbeitskräfte entwickeln durch ihre Ausbil- gewährleisten.“ (Becker/Hecken 2008 in Tschiggerl 2015: 44)
dung Kompetenzen, die zu höherer Produktivität führen. Demnach können Migrant/innen mit im Ausland erwor-
Für eine bildungsadäquate Beschäftigung ist jedoch nicht benen Qualifikationen eine Benachteiligung bei der Ar-
nur das spezielle Knowhow entscheidend, es spielen auch beitssuche erfahren, da Arbeitgeber/innen inländische
individuelle Charakteristika bzw. weiterführende Fähigkei- Abschlüsse aufgrund des damit verbundenen größeren
ten eine Rolle. Beispielsweise kann nicht von realer Über- Vertrauens präferieren könnten.
qualifikation gesprochen werden, wenn Arbeitskräfte be-
rufsübergreifende Defizite, wie beispielsweise mangelnde Nach der Signal- und Filtertheorie kann durch erfolgrei-
Kommunikationsfähigkeit oder Teamfähigkeit, aufweisen che berufliche Weiterbildung dem Risiko einer Überqua-
(Becker 1964; Green/Mclntosh 2007 in Bock-Schappelwein lifizierung entgegengearbeitet werden (Becker/Hecken
et al. 2014: 340). Umgelegt auf die adäquate Beschäftigung 2008 in Tschiggerl 2015: 44).
von Migrant/innen können diese beispielsweise die forma-
le Qualifikation für einen bestimmten Job aufweisen, je- 3.4.2.3. Search Theory und Assignment Theory
doch noch nicht die nötigen Sprachkenntnisse aufbringen. Die Search Theory geht davon aus, dass eine Person auf-
Das kulturspezifische Wissen der Aufnahmegesellschaft so- grund unzureichender Informationslage nicht bildungsad-
wie die Kenntnisse der Sprache der Aufnahmegesellschaft äquat beschäftigt wird. Insbesondere Migrant/innen, die
sind Fertigkeiten, die sich Migrant/innen aneignen müs- erst vor kurzer Zeit zugewandert sind, können Informati-
sen, um ihre berufliche Positionierung zu verbessern bzw. onsdefizite erkennen lassen. „Dadurch reduziert die ar-
Dequalifizierung am Arbeitsmarkt zu überwinden. beitssuchende Person ihren Reservationslohn, weshalb die
Wahrscheinlichkeit zunimmt, eine Tätigkeit anzunehmen,
Ferner kann die mangelnde Transferierbarkeit von im Aus- für die man überqualifiziert ist“ (Verhaest/Omey 2009 in
land erworbenen Kompetenzen bei Migrant/innen eben- Bock-Schappelwein et al. 2014: 342). Jedoch muss formale
falls zu einer Überqualifikation führen. Dabei wird davon Überqualifikation kein dauerhaftes Phänomen darstellen.
ausgegangen, dass sich „die Strukturen im Bildungswesen Beispielsweise können Arbeitskräfte ohne Berufserfahrung

31
in Unternehmen vorerst Einstiegstätigkeiten ausüben, wel- Zuge des weiteren Karrierepfads wieder ausgeglichen wird
che nicht unbedingt ihrer formalen Qualifikation entspre- und damit ein temporäres Phänomen darstellt, während
chen müssen, um im Laufe der Zeit innerhalb des internen im zweiten Arbeitsmarkt die Überqualifikation u.a. auf-
Arbeitsmarktes aufzusteigen (Bock-Schappelwein et al. grund von Stigmatisierung persistent sein kann“ (Dekker et
2014: 340f). Dieser Ansatz kann auch auf Neuzuwander/ al. 2002 in Bock-Schappelwein et al. 2014: 341).
innen angewendet werden. Zuwander/innen mit wenig
bis gar keiner Berufserfahrung in Österreich können zur 3.4.2.5. Diskriminierungstheoretische Ansätze
Absicherung ihres Lebensunterhalts zunächst eine nicht Ein weiteres Erklärungsmodell für ungleiche Verteilungs-
bildungsadäquate Beschäftigung aufnehmen und sich in prozesse am Arbeitsmarkt, aber auch für Überqualifikation,
weitere Folge beruflich weiterentwickeln. bieten diskriminierungstheoretische Ansätze. Diese stehen
oftmals in Verbindung mit der Humankapitaltheorie. Nega-
Die Assignment Theory stellt die Präferenzen einer Person tive Diskriminierung liegt dann vor, wenn askriptive Merk-
in den Mittelpunkt. Beispielsweise können sich Arbeitskräf- male wie Geschlecht, Alter, Herkunft – unabhängig von
te für einen nicht ausbildungsadäquaten Job entscheiden, der tatsächlichen Produktivität – einen Einfluss auf die Ar-
der jedoch ihren ökonomischen Erwartungen entspricht. beitsmarktchancen nehmen bzw. in gegebenem Fall diese
Auch eine eingeschränkte individuelle Flexibilität am Ar- verringern. Die Diskriminierungstheorie nach Becker (Prä-
beitsmarkt, wie beispielsweise durch Kinderbetreuungs- ferenzmodell) geht davon aus, dass Arbeitgeber/innen be-
pflichten oder unzureichende Pendelmöglichkeit, kann die stimmte Präferenzen oder Vorlieben bezüglich der Merk-
Möglichkeiten zur bildungsadäquaten Beschäftigung min- male ihrer Arbeitnehmer/innen haben, welche wiederum
dern. Dadurch werden die Fähigkeiten und Fertigkeiten auf Vorurteilen beruhen (Kalter 2008; Keller 1999 in Hacio-
nur unzureichend eingesetzt und in Folge kann Überquali- glu 2011: 14). In Bezug auf arbeitssuchende Migrant/innen
fikation persistent werden (Sattinger 1993; Green/Mclntosh – welche nach dieser Theorie eine benachteiligte Gruppe
2007; Quintini 2011 in Bock-Schappelwein et al. 2014: 342). darstellen – müssen diese mit einer längeren Suchdauer
rechnen, aus welcher sich in weiterer Folge vergleichswei-
3.4.2.4. Segmentationstheorie se höhere Suchkosten ergeben. Die Arbeitssuchenden sind
Nach der Segmentationstheorie (Market Segmentation infolgedessen bereit, trotz gleichen Humankapitals für
Theory) setzt sich der Arbeitsmarkt aus zwei Segmenten niedrigere Löhne zu arbeiten oder eine Beschäftigung an-
zusammen, dem primären und dem sekundären Arbeits- zunehmen, für die sie überqualifiziert sind. Das heißt, dass
markt. Der primäre Arbeitsmarkt ist gekennzeichnet durch diese Präferenzen eine Lohn- oder Einstellungsdiskriminie-
Beschäftigungsstabilität, soziale Absicherung, Weiterbil- rung nach sich ziehen können (Sesselmeier et al. 1998 in
dungsmöglichkeiten, Aufstiegsmöglichkeiten sowie bes- Hacioglu 2011: 14).
sere Bezahlung, während im sekundären Arbeitsmarkt
die gegenteiligen Beschäftigungsverhältnisse gegeben Im Gegensatz dazu stellt die statistische Diskriminierung
sind (Desjardins/Rubenson 2011 in Bock-Schappelwein et die Gruppeneigenschaften (Geschlecht, Ethnie, Religion
al. 2014: 341). Gemäß der Segmentationstheorie sind „Mi- etc.) und die mangelnde Information über die tatsächlichen
grant/innen der ersten Generation Neuankömmlinge auf Kompetenzen von Arbeitssuchenden in den Mittelpunkt.
dem Arbeitsmarkt, weshalb sie eher auf dem sekundären Hierbei verfügen Arbeitgeber/innen über ein lückenhaftes
Segment, am unteren Ende einer Firmenhierarchie und in Wissen über die tatsächlichen Fähigkeiten des/der Bewer-
konjunkturabhängigen Branchen vertreten sind“ (Kalter ber/in. „In diesem Fall werden Entscheidungen getroffen,
2008 in Hacioglu 2013: 8). Die Segmentationstheorie geht die auf stereotypen Vorstellungen über das Verhalten und
davon aus, dass die Arbeitskräftemobilität zwischen diesen die Kompetenzen der Personengruppe, der der Bewerber
beiden Segmenten eingeschränkt ist (Desjardins/Ruben- angehört, basieren“ (Biffl et al. 2013: 11).
son 2011 in Bock-Schappelwein et al. 2014: 341; Kalter 2008:
312). In Bezug auf die Karriereoptionen argumentieren Die unterschiedlichen theoretischen Ansätze zeigen,
Dekker et al., dass im ersten Arbeitsmarkt Überqualifikation dass die Gründe für Überqualifizierung vielschichtig sein
zwar bei Arbeitsmarkteintritt auftreten kann, allerdings im können. Hierbei kann die Dauer der nicht bildungsad-

32
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung, Beruf
und Dequalifizierung

äquaten Beschäftigung, je nach Rahmenbedingungen, und den Qualifikationen der Arbeitskräfte in jungen Jahren
unterschiedlich lang ausfallen. Überqualifikation kann höher sind und mit steigender Berufserfahrung geringer
auftreten, wenn Personen aufgrund höherer Bezahlung werden. In der Folge ist der Anteil der Erwerbstätigen, die
kurzfristig bereit sind, überqualifiziert beschäftigt zu sein angeben, dass sie für den Job überqualifiziert sind, im Al-
oder wenn sie schlichtweg keinen geeigneten Arbeits- ter von 25 bis 34 Jahren mit 15,3% am höchsten (Männer
platz finden können (ebd.). Dequalifizierung kann auch 13,3%, Frauen 17,5%) und bei 55-64 Jährigen mit 8,3% am
auftreten, wenn Arbeitskräfte, im gegebenen Fall Mig- geringsten (Männer 6,4%, Frauen 11%). Die mit steigender
rant/innen, am Arbeitsmarkt diskriminiert werden oder Berufserfahrung schrumpfende Überqualifikationsquote
wenn sie über die formalen Qualifikationen verfügen, kann vielerlei Gründe haben: die Betroffenen können den
aber bestimmte Kompetenzen, wie beispielsweise die Arbeitgeber wechseln, bis sie sich richtig eingesetzt fühlen;
Kenntnisse der deutschen Sprache, mangelhaft sind. es kann aber auch sein, dass der Arbeitgeber den Arbeit-
nehmer erst schrittweise in der gesamten Anforderungspa-
lette des Arbeitsplatzes einsetzt, nicht zuletzt infolge einer
3.5. Betroffenheit von asymmetrischen Information über die Fähigkeiten des Ar-
Überqualifikation beitnehmers, d.h. nur der Arbeitnehmer selbst weiß über
seine tatsächlichen Fähigkeiten genau Bescheid. Die ‚Einar-
Gudrun Biffl beitungsphase‘ kann je nach Komplexität der Anforderun-
gen unterschiedlich lang sein. Wenn sie jedoch dazu führt,
In Österreich gingen im Jahr 2014 etwas mehr als 4 Mil- dass sich der Arbeitnehmer systematisch und längerfristig
lionen Menschen im erwerbsfähigen Alter (15-64) einer unter dem eigenen Wert bzw. den eigenen Fähigkeiten ein-
Erwerbstätigkeit nach. 17,8% (719.400) waren Migrant/ gesetzt fühlt, dann werden die individuelle Arbeitszufrie-
innen der ersten Generation, d.h. sie sind nach Österreich denheit und bei den Migrant/innen auch die Identifizierung
zugewandert. Fast die Hälfte kam aus der EU-28 (330.300), mit dem Aufnahmeland darunter leiden (Green & Yu 2010,
weitere 37% kamen aus dem vormaligen Jugoslawien Hartog 2000, Brynin 2002).
(ohne Slowenien und Kroatien), 10% aus der Türkei und
der Rest aus einer Vielzahl von Drittstaaten. Angesichts einer mehr als doppelt so hohen Überquali-
fizierungsquote unter Migrant/innen dürften besondere
Von den 4.034.400 Erwerbstätigen fühlten sich 460.400 bzw. strukturelle Faktoren zum Tragen kommen. Hierzu zählen
11,4% für den Job, den sie ausübten, nach eigenen Angaben u.a. das Herkunftsland und das spezifische Bildungssys-
überqualifiziert.17 Das bedeutet, dass die tatsächlichen Fä- tem, die Dauer des Aufenthalts, der Bildungsgrad, der
higkeiten im Job nicht zur Gänze genutzt werden konnten. Beschäftigungssektor sowie die deutschen Sprachkennt-
Unter Frauen war der Anteil der Überqualifizierung höher nisse. Auch unter Migrant/innen haben Männer einen
als unter Männern (13,8% gegenüber 9,3%). In dem Zusam- geringeren empfundenen Grad der Höherqualifizierung
menhang ist zu berücksichtigen, dass die Qualifikationen, für den Job als Frauen (19,3% gegenüber 28%). Im Zeitver-
die das Schulsystem vermittelt, nicht immer den Anforde- gleich hat die Überqualifizierungsquote abgenommen.
rungen auf dem Arbeitsmarkt entsprechen. Das ist auch in Sie lag im Jahr 2008 unter den Migrant/innen bei 28,3%
Österreich der Fall, obschon die Überqualifizierungsquote (+4,8 Prozentpunkte gegenüber 2014) und unter den Ein-
im internationalen Vergleich im unteren Mittelfeld ange- heimischen bei 9,8% (+1 Prozentpunkt gegenüber 2014).
siedelt ist, nicht zuletzt weil berufsorientierte Ausbildungs- Die überdurchschnittliche Verringerung unter Migrant/
schienen in Österreich einen höheren Stellenwert als in den innen mag mit dem Wandel der beruflichen Anforde-
meisten entwickelten Industrieländern haben. Es mag da- rungsprofile ebenso zusammen hängen wie mit der ver-
her auch nicht überraschen, dass die Diskrepanz zwischen änderten qualifikationsspezifischen Zusammensetzung
den qualifikationsspezifischen Anforderungen eines Jobs der Migrant/innen.

17
Bei den Daten handelt es sich um die Arbeitskräfteerhebung 2014, d.h. um eine Haushaltsbefragung und damit eine Selbsteinschätzung. Statistik Austria 2014.
Weiterführende Informationen sind in der Publikation „Arbeitsmarktsituation von Migrantinnen und Migranten in Österreich. Modul der Arbeitskräfteerhebung 2014“
von Wiedenhofer-Galik und Fasching, welche von Statistik Austria herausgegeben wurde, enthalten.

33
Abbildung 1: Erwerbstätige (15 bis 64 Jahre) nach Überqualifizierung
und Geburtsland, 2014 und 2008, Angaben in %

35 2014 2008 ● Insgesamt


32,0
● Männer
30 28,0 28,3 ● Frauen
25,1
25 23,5 Quelle: Wiedenhofer Galik/Fasching 2015: 77;
Statistik Austria, Mikrozensus-Arbeits­kräfteerhebung
20 19,3
Ad-hoc-Module „Arbeitsmarkt­situation von
Zuwanderern und ihren direkten Nachkommen“
15 - Jahresdurchschnitt 2014 sowie 2. Quartal 2008. -
11,8
10,7 Bevölkerung in Privathaushalten ohne Präsenz- und
9,8
10 8,8 8,1 Zivildiener. - Überqualifizierung gemäß Selbst­
7,1
einschätzung.
5

0
Österreich Nicht-Österreich Österreich Nicht-Österreich

Die Sondererhebung des Jahres 2014 hat große Unter- rungstendenz bei Personen, die aus den östlichen und
schiede in der Überqualifizierungsquote nach Herkunfts- südöstlichen Beitrittsländern der EU nach 2004 kommen.
regionen ergeben. Am höchsten ist die Überqualifizie-

Abbildung 2: Erwerbstätige (15 bis 64 Jahre) nach Geburtsland und


Überqualifizierung im gegenwärtigen Job (in % der Erwerbstätigen)

● Männer
● Frauen
7,1
Österreich
10,7 Quelle: Wiedenhofer-Galik/Fasching 2015: 71;
Statistik Austria, Mikrozensus-Arbeits­kräfteerhebung
19,3 Ad-hoc-Modul „Arbeitsmarktsitua­tion von Zuwande-
Nicht-Österreich zusammen rern und ihren direkten Nachkommen“ - Jahres-
28,0
durchschnitt 2014. - Bevölkerung in Privathaushalten
ohne Präsenz- und Zivildiener. - Überqualifizierung
14,6
EU15 (ohne Österreich) gemäß Selbsteinschätzung. - (x) Werte mit weniger
18,2 als 5.000 Personen sind statististisch nicht
interpretierbar.
19,7
EU-Beitrittsländer ab 2004
38,3

19,0
Ehem. Jugoslawien
(ohne Slowenien, Kroatien) 28,1

14,4
Türkei
(x)

28,6
Andere
27,2

0 10 20 30 40

34
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung, Beruf
und Dequalifizierung

Hier mag das Zusammenwirken der geographischen Nähe Der Grad der empfundenen Überqualifizierung ist auch
und der hohen Lohnunterschiede zwischen den Herkunfts- vom Bildungsgrad abhängig. Er ist bei Menschen mit
ländern und Österreich dazu beitragen, dass man bereit ist, Pflichtschulabschluss am geringsten – hier ist anzumerken,
zumindest in einer Übergangsphase eine Arbeit aufzuneh- dass auch Menschen mit einem geringen formalen Bil-
men, die nicht den eigenen Qualifikationen entspricht. Es dungsgrad sich für eine bestimmte Tätigkeit als überqua-
sind ganz bestimmte Branchen und Berufsfelder, in denen lifiziert einstufen können, und zwar dann, wenn sie schon
Migrant/innen eine Beschäftigung finden, für die sie oft eine lange Berufserfahrung haben oder eine Vielzahl von
überqualifiziert sind. Das sind in erster Linie sonstige wirt- non-formal und informell erworbenen Kompetenzen er-
schaftliche Dienste (meist Reinigungsdienste) mit 26,1%, worben haben. Das ist bei 4,6% der Erwerbstätigen mit
das Beherbergungswesen und die Gastronomie mit 20,4%, geringer formaler Bildung der Fall, bei Migrant/innen bei
der Kunst- und Unterhaltungsbereich (16,3%), der Verkehr rund 7% dieser Bildungsgruppe. Bei Personen mit mittlerer
(15%) sowie der Handel (13,2%). Besonders hoch ist die Qualifikation (Lehre, BMS) liegt die Quote mit 9,6% (Männer
Überqualifizierungsquote unter Personen mit keinen oder 8,2%, Frauen 11,5%) etwas darüber, unter Migrant/innen ist
geringen Deutschkenntnissen (insgesamt 34,7%, Männer sie etwa doppelt so hoch (21,6%). Am ausgeprägtesten ist
29,3%, Frauen 42,7%). der Grad der Überqualifizierung unter Personen mit einer
höheren allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schul-
Es zeigt sich auch, dass sich die Überqualifizierungsquote bildung, und zwar sowohl bei Einheimischen als auch bei
der Migrant/innen mit steigender Dauer des Aufenthalts Migrant/innen. Der Überqualifizierungsanteil ist unter
verringert. Sie ist unter Migrant/innen mit einer Aufent- Migrant/innen mit 40,9% mehr als doppelt so hoch als
haltsdauer von weniger als 4 Jahren mit 35,5% (Männer im Schnitt der ganzen Bildungsgruppe (insgesamt 19,2%,
29,8%, Frauen 41,5%) am höchsten, sinkt auf 28,3% ­(Männer Männer 15,5%, Frauen 22,7%). Unter Akademiker/innen ist
21,8%, Frauen 34%) bei einer Aufenthaltsdauer von 5 bis ­9 die Überqualifizierung etwas geringer mit 14,2% (Männer
Jahren und weiter auf 21,1% bei einer Aufenthaltsdauer von 10,5%, Frauen 17,6%) im Schnitt und unter Migrant/innen
10-19 Jahren (Männer 18%, Frauen 24,3%). Aber auch nach mit 27% etwa doppelt so hoch.
20 Jahren ist sie mit 17,6% noch immer höher als im Durch-
schnitt aller Erwerbstätigen.

Auch die zweite Generation Migrant/innen, die schon in


Österreich geboren wurde und das österreichische Bil-
dungssystem durchlaufen hat, hat eine höhere empfunde-
ne Überqualifikation im derzeit ausgeübten Job als Einhei-
mische (14,8% gegenüber 8,7%). Unter Frauen der zweiten
Generation ist der Anteil mit 20% doppelt so hoch wie un-
ter Männern der zweiten Generation.

35
Tabelle 1: Überqualifizierte Erwerbstätige (15 bis 64 Jahre) nach Geburtsland
und höchster abgeschlossener Ausbildung

Überqua- Univer- Überqua- Univer-


lifizierte sität, lifizierte sität,
Erwerbs­ Fachhoch- Erwerbs­ Fachhoch-
tätige Höhere schule, tätige Höhere schule,
(15-64) Pflicht- Lehre, Schule hochschul- (15-64) Pflicht- Lehre, Schule hochschul-
insgesamt schule BMS (AHS, BHS) verw. La. insgesamt schule BMS (AHS, BHS) verw. La.

in 1.000 in %
Gesamt 460,4 23,3 205,8 135 96,3 11,4 4,6 9,6 19,2 14,2
Österreich 291,6 13,4 147,2 77,8 53,2 8,8 3,7 7,9 13,8 10,2
Nicht-Österreich zus. 168,8 (9,9) 58,6 57,2 43,1 23,5 (6,6) 21,6 40,9 27,2
EU15 (ohne Österreich) 23,6 (x) (8,8) (6,6) (7,0) 16,3 (x) (17,5) (23,2) (12,6)
EU-Beitrittsländer ab 2004 56,2 (x) 16,1 22,8 14,8 30,2 (x) 24,0 42,0 33,9
Ehem. Jugosl. (ohne Slo., Kro.) 44,2 (x) 23,1 14,6 (x) 23,0 (x) 21,9 51,3 (x)
Türkei 10,3 (x) (x) (x) (x) 14,0 (x) (x) (x) (x)
Andere 34,5 (x) (7,0) (9,4) 15,3 27,9 (x) (25,6) (42,7) 34,1

Quelle: Wiedenhofer Galik/Fasching 2015: 72; Statistik Austria, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung Ad-hoc-Modul „Arbeitsmarktsituation von Zuwanderern und ihren di-
rekten Nachkommen“ - Jahresdurchschnitt 2014. - Bevölkerung in Privathaushalten ohne Präsenz- und Zivildiener. - Überqualifizierung im gegenwärtigen Job gemäß
Selbsteinschätzung. - ( ) Werte mit weniger als hochgerechnet 10.000 Personen für Österreich sind sehr stark zufallsbehaftet. - (x) Werte mit weniger als 5.000 Personen für
Österreich sind statistisch nicht interpretierbar.

Danach gefragt, warum sie für ihren Job überqualifiziert 3.6. Exkurs: Überqualifikation
seien, konnte die Hälfte keine Angaben dazu machen; der erwerbstätigen Wiener/innen
15% machten jedoch ihre mangelhaften Deutschkennt-
nisse dafür verantwortlich, weitere 13% die Nichtanerken- Sofia Kirilova
nung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen, 4%
den aus Gründen des Aufenthaltsstatus eingeschränkten Das Institut L&R Sozialforschung erstellte im Auftrag der
Zugang zum Arbeitsmarkt und 18,3% verschiedenen Fak- Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien eine Studie
toren wie eine eingeschränkte Gesundheit, Betreuungs- zur Beschäftigungssituation von Personen mit Migrations-
aufgaben, Diskriminierung infolge Religion, Herkunft, hintergrund (2011). Im Rahmen der repräsentativen Unter-
Alter und dgl. mehr. suchung wurden über 2000 erwerbstätige Migrant/innen18
der ersten und zweiten Generation und 305 Personen ohne
Migrationshintergrund in Wien telefonisch befragt19. Hier-
bei waren Fragen zum Thema Überqualifikation und Aner-
kennung der im Ausland erworbenen Bildungsabschlüsse
ebenfalls ein Schwerpunkt. Die erhobenen Daten ermög-
lichten es, Überqualifikation aus zwei unterschiedlichen
Perspektiven zu betrachten, nämlich zum einen durch den

18
Ein Migrationshintergrund lag laut Definition der Studie auch dann vor, wenn bereits ein Elternteil im Ausland geboren wurde. Dies traf jedoch auf nur 9% der
Befragten zu (Riesenfelder et al. 2011: 10).
19
Bei der Stichprobe handelte es sich um Mitglieder der Arbeiterkammer in Wien (Riesenfelder et al. 2011: 10). Im Gegensatz zum Ad-hoc-Modul der Arbeitskräfteerhe-
bung fanden in der Stichprobe nur Migrant/innen aus folgenden ausgewählten Herkunftsländern/-regionen Eingang: Ehemaliges Jugoslawien, Türkei, Deutschland,
EU-NMS (Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechien, Ungarn), Sonstiges Europa (Russische Föderation, Ukraine), Iran, China, Philippinen, Afrika, Sonstiges Asien
(Afghanistan, Bangladesch, Indien, Pakistan) und Arabischer Raum (Mitgliedstaaten der Arabischen Liga).

36
3
Studien und Statistiken
zum Thema Bildung, Beruf
und Dequalifizierung

Vergleich von schulischen und beruflichen Qualifikationen, Somit können Unterschiede, die auf deskriptiver Ebene
zum anderen auf Grundlage der subjektiven Einschätzung sichtbar sind, in der multivariaten Analyse verschwin-
der Befragten (vgl. Riesenfelder et al. 2011). den, da sie von anderen Faktoren, die für die Erklärung
von Überqualifikation wichtiger sind, überlagert wer-
Bei einem Vergleich der schulischen und beruflichen Qua- den. Aus der Analyse geht hervor, dass für die Gruppe
lifikationen zeigt sich, dass mit einer besseren formalen der Migrant/innen die Variablen zu den Berufsbereichen
Ausbildung zwar auch eine qualifiziertere Tätigkeit einher- die höchste Vorhersagekraft besitzen. „Arbeiten Migran-
geht, dennoch werden beträchtliche Differenzen deutlich. tInnen in Dienstleistungs-, Produktions-, Handels- und
Demnach üben rund 60% der Migrant/innen mit einer Verkehrsberufen, steigt die Wahrscheinlichkeit der Über-
Lehrausbildung, mit einem mittleren Abschluss oder ei- qualifikation“ (ebd.). Interessanterweise ist für Personen
ner Matura eine Hilfs- oder angelernte Tätigkeit aus, dies ohne Migrationshintergrund der Faktor Wirtschaftsklasse
trifft sogar auf ca. ein Viertel der Personen mit Hochschul- ausschlaggebender. Hierbei wurden die Wirtschaftsklas-
abschluss zu. Ähnlich wie in Statistiken aus dem Mikro- sen „Handel, Kunst und Unterhaltung, Gesundheits- und
zensus Ad-hoc-Modul Arbeitskräfteerhebung 2008 sind Sozialwesen, Verkehr und Lagerei“ (ebd.) als wichtigste
insbesondere weibliche Migrantinnen mit mittleren Ab- vorhersagende Bereiche für Überqualifizierung identi-
schlüssen bzw. Matura von nicht adäquater Beschäftigung fiziert. Aus dem Modell wird deutlich, dass die höchste
betroffen. Im Gegensatz dazu üben knapp ein Viertel der abgeschlossene Ausbildung (Matura, tertiäre Ausbildung)
Personen ohne Migrationshintergrund mit mittlerer Aus- ebenfalls als erklärende Variable hervorgeht, dies aller-
bildung bzw. 12% mit Maturaniveau eine geringqualifizier- dings nur für die Gruppe der Migrant/innen. Das heißt,
te Tätigkeit aus (Riesenfelder et al. 2011: 119f). die Verwertung der formalen Qualifikation im beruflichen
Kontext ist insbesondere für Migrant/innen mit Matura-
Bei der subjektiven Einschätzung bildungsadäquater niveau oder höherer Ausbildung schwierig. Weiters zeigt
Beschäftigung der Studienteilnehmer/innen zeigen die sich, dass Personen, die ihre Ausbildung im Ausland absol-
Ergebnisse der Studie weitgehende Parallelen zum Ad- viert haben, sowie Personen, die diese Ausbildung nicht in
hoc-Modul 2008. Laut den Statistiken des Moduls sind Österreich haben anerkennen lassen, und Migrant/innen,
österreichweit ca. 28% der erwerbstätigen Migrant/innen die über geringe Deutschkenntnisse verfügen, ein signi-
(bis 74 Jahre) überqualifiziert beschäftigt, in Wien sind es fikant höheres Risiko aufweisen, eine Arbeit auszuüben,
27%. Dies traf auf „nur“ 10% der Erwerbstätigen ohne Mi- für die sie überqualifiziert sind. Fehlende Weiterbildungs-
grationshintergrund in Österreich zu. Eine deutlich höhere maßnahmen führen bei Migrant/innen ebenso zu einem
Betroffenheit von Dequalifizierung der Migrant/innen im höheren Risiko, dequalifiziert beschäftigt zu sein. Für die
Vergleich zur Referenzgruppe wurde auch in der Studie der Vergleichsgruppe spielt dieser Umstand keine Rolle (Rie-
Arbeiterkammer deutlich. Dabei gaben 33% der Personen senfelder et al. 2011: 129).
mit Migrationshintergrund an, für ihre berufliche Tätigkeit
überqualifiziert zu sein, in der Referenzgruppe waren es Faktoren wie Herkunft, hauptsächliche Zuwanderungs-
11% (Riesenfelder et al. 2011: 122). Neben einer deskripti- gründe sowie die Staatsbürgerschaft haben ebenfalls Er-
ven Analyse nach Soziodemographie und Beschäftigungs- klärungskraft. Bei letzterem Faktor gilt, dass der Besitz der
merkmalen wurde eine multivariate Analyse, im gegebe- österreichischen Staatsbürgerschaft eine dequalifizierte
nen Fall eine Diskriminanzanalyse, durchgeführt. Dieses Beschäftigung unwahrscheinlicher macht. Die Frage der
Analyseverfahren geht über eine reine Beschreibung von Überqualifikation wird – trotz Berücksichtigung des Bil-
Verteilungen hinaus und es können „Rückschlüsse darauf dungs- und Tätigkeitsniveaus – zum Teil von der Herkunft
gezogen werden, welche der Merkmale wie wahrschein- beeinflusst. „Im Fall der Gruppe Türkei führt die Zugehö-
lich zur Erklärung und Vorhersage von Überqualifizierung rigkeit zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Überqua-
beitragen und welchen Merkmalen ein geringer oder kein lifikation, und im Fall von Personen der Herkunftsgruppe
Erklärungswert zukommt“ (Riesenfelder et al. 2011: 128). Sonstiges Europa und Deutschland zu einer geringeren
Wahrscheinlichkeit“ (Riesenfelder et al. 2011: 129).

37
Auch der Zuwanderungsgrund spielt hinsichtlich der ad-
äquaten Beschäftigung eine Rolle. Sind „arbeitsbezogene
Gründe“ sowie Zuwanderung aufgrund der Suche nach
besserer Lebensqualität die zentralen Motive, dann sinkt
die Wahrscheinlichkeit der Überqualifizierung. Hingegen
steigt bei Personen, die aufgrund von Flucht/Migration
nach Österreich gekommen sind, die Wahrscheinlichkeit,
nicht bildungsadäquat beschäftigt zu sein. Ein überra-
schendes Ergebnis ist, dass Variablen wie das Geschlecht
oder das Alter, welche auf deskriptiver Ebene wesentliche
Unterschiede zeigten, nicht als erklärend ausgeschieden
werden (Riesenfelder et al. 2011: 129).

38
4
Statistiken und Forschung
zu Anerkennung
20

Sofia Kirilova, Gudrun Biffl

Traditionelle Formen der Anerkennung zielen auf die 4.1. Internationaler Forschungsstand
Überprüfung der Gleichwertigkeit ausländischer Ab-
schlüsse mit österreichischen Qualifikationen ab. Die in Sofia Kirilova
Österreich gebräuchlichsten Verfahren zur Überprüfung
von Gleichwertigkeit ausländischer Qualifikationen sind Anerkennungsforschung benötigt einen interdiszipli-
die Nostrifikation von schulischen Zeugnissen, die Nost- nären Ansatz, da zum einen Erkenntnisse aus der Bil-
rifizierung von akademischen Abschlüssen, die Gleichhal- dungs- und Arbeitsforschung, zum anderen aus der Mi-
tung ausländischer Berufsqualifikationen mit der öster- grationsforschung einbezogen werden. In Kanada und
reichischen Lehrabschlussprüfung und die Anerkennung Australien gibt es aufgrund der hohen Bedeutung der
von Berufsqualifikationen im Bereich der reglementierten Zuwanderung von hochqualifizierten Migrant/innen eine
Berufe (Bichl 2015: 2). jahrzehntelange wissenschaftliche Auseinandersetzung
zu Anerkennungsfragen. Im Vergleich zu den klassischen
Diese traditionellen auf Gleichwertigkeit abzielenden Ver- Einwanderungsländern sind die Erkenntnisse der Aner-
fahren bilden zumeist auch die Grundlage für Statistiken kennungsforschung im europäischen Kontext stark durch
und empirische Studien zum Stand der Anerkennung im den europäischen Integrationsprozess geprägt. Dieser
vorliegenden Forschungsbericht. Ein theoretischer Rah- brachte „multilaterale Vereinbarungen zur gegenseitigen
men, der diese traditionellen Formen der Anerkennung Anerkennung von nationalen Qualifikationen mit sich,
genauer definiert und in den größeren Kontext weiterer, deren Genese bis in die 70er Jahre zurückreicht und von
auch nicht-traditioneller Zugänge des Umgangs mit im einem kontinuierlichen Prozess der Qualitätsentwicklung
Ausland erworbenen Qualifikationen und Kompetenzen geprägt wird“ (Englmann/Müller-Wacker 2014: 15f). EU-
stellt, wird in Kapitel 5, Tabelle 4 vorgestellt. weit ist die Daten- und Forschungslage zum Thema Aner-
kennung vergleichsweise rudimentär. In den letzten Jah-
ren hat sich jedoch der Forschungsstand verbessert. Die
umfangreiche Evaluierung der Anerkennungsrichtlinie
2005/36/EG brachte für die EU-Mitgliedsstaaten wichtige
Ergebnisse zu den Erfolgen bzw. auch zu den Mängeln der

20
Literaturverzeichnis siehe S. 135

39
Anerkennungspraxis mit sich. In diesem Zusammenhang und Kanada aufgrund der längeren Forschungstradition
veröffentlichte die EU diverse Stellungnahmen, Berichte, und der differenzierteren Datensammlung der Kenntnis-
Beschwerden und Statistiken, die einen tieferen Einblick stand über die Anerkennungsbedingungen weiter fortge-
in die praktische Umsetzung von Anerkennungspolitiken schritten ist als in der Europäischen Union. In Kanada und
bieten. In Folge wurde im Jahr 2013 die neue Richtlinie Australien „ist ein stetiger Prozess der Qualitätsentwick-
2013/55/EU beschlossen, welche in den nächsten Jahren lung und der Flexibilisierung der Anerkennungsbedin-
von den Mitgliedstaaten zu implementieren ist. Auf Ebe- gungen zu beobachten, der durch die Kritik an bestehen-
ne der einzelnen EU-Mitgliedstaaten ist das Thema Aner- den Barrieren für Migrant/innen motiviert wird“ (Schuster
kennung bisher – bis auf vereinzelte Studien – ein wenig et al. 2013 in Englmann/Müller-Wacker 2014: 16). Länder
erschlossener Bereich (Englmann/Müller-Wacker 2014: der Europäischen Union sind vielfach damit beschäftigt,
15f; Englmann/Müller 2007: 18f). ­Anerkennungssysteme zu etablieren. Hierbei unterschie-
den sich im internationalen Kontext die Rahmenbedin-
International ist ein Trend transnationaler Vergleiche be- gungen der Akteur/innen (internationale Fachkräfte,
obachtbar. In den vergangenen Jahren haben Organisa- Arbeit­­­­­geber/innen, Gesetzgeber/innen etc.) und bieten
tionen wie OECD, IOM oder das Migration Policy Institute Raum, voneinander zu lernen. Ein wichtiger Punkt, wel-
(MPI) wissenschaftliche Publikationen vorgelegt, die mit- cher aus unterschiedlichen Empfehlungen hervorgeht,
tels ihrer vergleichenden Methodik wichtige Erkenntnisse ist die Rolle der Arbeitgeber/innen. Diese sind kaum bis
zur Fachkräftemigration liefern. 2013 publizierte das MPI in gar nicht bei der Entwicklung sowie Implementierung
Washington mehrere Berichte zum Bildungstransfer aus- von Bewertungsmethoden zur Beurteilung ausländischer
ländischer Fachkräfte im internationalen Vergleich. Hier- Qualifikationen eingebunden. Durch die stärkere Einbe-
bei wurden nicht nur Anerkennungsrechte, sondern auch ziehung von Arbeitgeber/innen könnten Beurteilungspro-
ihre Auswirkungen und Rahmenbedingungen analysiert zesse von Qualifikationen besser an die tatsächlichen Ar-
(Englmann/Müller-Wacker 2014: 15f). Eine zentrale Aussage beitsmarktanforderungen angepasst werden. Ein zweiter
lautet, dass es mit der Beratung und Informationsbeschaf- Punkt betrifft Informationskampagnen, die sich in erster
fung zum Anerkennungsprozess sowie der Übersetzung Linie an Migrant/innen richten und diese zur Anerken-
von ausländischen Dokumenten alleine nicht getan ist. Ein nung ihrer Qualifikationen motivieren. Ein positiver Aner-
kohärentes Maßnahmenpaket ist nötig. Dieses müsste zu- kennungsbescheid ist jedoch nicht immer nützlich, wenn
sätzliche Weiterbildungen beinhalten, um spezifische Qua- „Arbeitgeber/innen oder Personalverantwortliche von In-
lifikationslücken zu schließen. Zusätzlich bedarf es einer formationsdefiziten zu Anerkennungsprozessen betroffen
Unterstützung beim Erlernen der Sprache im fachspezifi- sind“ (Englmann/Müller-Wacker 2014: 16).
schen Kontext sowie beim Aufbau professioneller Netzwer-
ke und von Berufserfahrung im Aufnahmeland (Sumtion In Deutschland bietet die Studie „Brain Waste“ (2007) von
2013 in Englmann/Müller-Wacker 2014: 15f). Das bedeutet, Englmann und Müller einen ersten umfassenden wissen-
dass zwar das Recht auf einen Anerkennungsantrag eine schaftlichen Beitrag zum Thema Anerkennung. Durch
wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche berufliche Ar- die Einbindung sowohl von Inhaber/innen ausländischer
beitsmarktintegration ist, es allerdings zusätzlicher Instru- Qualifikationen als auch von Mitarbeiter/innen von Aner-
mente für einen effizienten Prozess des Bildungstransfers kennungsstellen konnten erste empirische Erkenntnisse
bedarf (Englmann/Müller-Wacker 2014: 15f). gewonnen werden, auf Basis derer Handlungsempfehlun-
gen formuliert wurden, die auf politischer Ebene frucht-
In einer länderübergreifenden Studie21 des MPIs wurde baren Boden gefunden haben (Englmann/Müller-Wacker
der Frage nachgegangen, wie sich die Anerkennung von 2014: 15). Die Folgestudie „Bewirken die Anerkennungs-
im Ausland erworbenen Qualifikationen jeweils weiterent- gesetze eine Verbesserung des Bildungstransfers?“ (2014)
wickelt. Die Untersuchung hat ergeben, dass in Australien beschäftigt sich hingegen mit der Nutzung von Bera-

21
Folgende Länder wurden in die Untersuchung einbezogen: Dänemark, Deutschland, Italien, Niederlande, Schweden, Großbritannien, Australien und Kanada
(Englmann/Müller-Wacker 2014: 15f ).

40
4
Statistiken und Forschung
zu Anerkennung

tungsangeboten und der Beschäftigungssituation nach Die bereits zitierte Studie von Riesenfelder, Schelepa
einem positiven Anerkennungsbescheid. Die Ergebnisse und Wetzel (L&R Sozialforschung 2011) konzentriert sich
verdeutlichen, dass zwei Drittel der Beschäftigten, die in auf unselbstständig beschäftigte Personen mit Migrati-
ihrem erworbenen Beruf tätig sind, ihre Ausbildung an- onshintergrund in Wien, die Arbeiterkammer-Mitglieder
erkennen ließen und einen positiven Bescheid erhielten. sind. Neben deskriptiven Auswertungen wurden in der
Unter den Erwerbstätigen, die nicht in ihrem erlernten Untersuchung multivariate Analysen durchgeführt. Die-
Beruf arbeiteten, bekamen 44% einen positiven Aner- se verdeutlichen, welche Faktoren Migrant/innen signifi-
kennungsbescheid. Den höchsten Anteil an positiven kant beeinflussen, ihre im Ausland erworbenen formalen
Bescheiden wiesen Selbstständige auf (71%) (Englmann Bildungsabschlüsse in Österreich anerkennen zu lassen.
2015). Diese Erkenntnisse aus Deutschland zeigen, dass Die detaillierten Resultate sollen im Kapitel 3.6. näher be-
die Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifika- schrieben werden.
tionen die Chancen auf eine berufsadäquate Beschäfti-
gung erhöhen, jedoch keinen Garant dafür darstellen. Die Publikation „Anerkennung ausländischer Qualifikati-
onen und informeller Kompetenzen in Österreich“ (2012)
von Biffl, Pfeffer und Skrivanek stellt eine wesentliche
4.2. Forschungsstand in Österreich Grundlagenarbeit zum Thema Anerkennung in Österreich
dar (Weichbold et al. 2015). Die Studie gibt einen guten
Sofia Kirilova Überblick über die in Österreich gängigen Verfahren zur
Anerkennung ausländischer Qualifikationen und der Vali-
In Österreich gilt die empirische Forschungslandschaft dierung von informellen Kompetenzen. Die Studie evalu-
zum Thema Anerkennung von im Ausland erworbenen iert die Qualifikationsniveaus von Migrant/innen. Weiters
Qualifikationen als wenig etabliert, wobei die Thematik wurde auf den begrifflichen und konzeptionellen Rahmen
in den vergangenen Jahren stärkere Beachtung gefunden zu den Themen Anerkennung und Validierung eingegan-
hat. Im Folgenden soll in kurzen Zusammenfassungen auf gen sowie auf die derzeitigen Gegebenheiten in diesen
einige wesentliche Studien und Informationsgrundlagen beiden Themengebieten. Weitere Schwerpunkte waren
eingegangen werden, welche sich dem Thema Anerken- die Migrantenberatung in Österreich sowie internationale
nung in Österreich widmen. Erfahrungen und Praktiken zum Thema Anerkennung. Ba-
sierend auf den Ausführungen wurden Handlungsempfeh-
Im bereits erwähnten Bericht „Arbeits- und Lebenssitu- lungen und Schlussfolgerungen formuliert (Biffl et al. 2012).
ation von Migrantinnen und Migranten in Österreich.
Modul der Arbeitskräfteerhebung 2008“ von Stadler und Die Studie MIQUAM (Migrantinnen, Qualifizierung, Ar-
Wiedenhofer-Galik (Hg. Statistik Austria) wird unter ande- beitsmarkt) von Weiss und Kepeller (2011) erforscht die
rem auch auf die Ausbildungsabschlüsse und die Aner- Erfahrungen zum Anerkennungsprozess von hochqua-
kennung der Ausbildung von Migrant/innen in Österreich lifizierten Migrantinnen in der Steiermark. Neben der
eingegangen. Im Jahr 2014 wurden erneut Daten zur Be- schwer durchschaubaren Anerkennungsstruktur und der
schäftigungssituation von Migrant/innen in Österreich er- langen Verfahrensdauer machen die Ergebnisse der Stu-
hoben. Die umfassenden Statistiken wurden in der Studie die auf „geschlechtsspezifische Erwerbsunterbrechungen
„Arbeitsmarktsituation von Migrantinnen und Migranten bei hochqualifizierten MigrantInnen und traditionelle
in Österreich. Modul der Arbeitskräfteerhebung 2014“ von Rollenbilder als Barrieren für eine qualifikationsadäquate
Wiedenhofer-Galik und Fasching (Hg. Statistik Austria) zu- Tätigkeit“ (Girlasu/Zitz 2012: 6) aufmerksam. Des Weite-
sammengefasst. Die Statistiken bilden einen soliden und ren wurden Erfahrungen von Arbeitgeber/innen und Ar-
repräsentativen Überblick über die derzeitige Anerken- beitsmarktexpert/innen mit der Verwertung von auslän-
nung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und dischen Qualifikationen untersucht und Empfehlungen
werden in Kapitel 3.4. näher beschrieben. formuliert, wie Qualifikationen von Migrant/innen besser
genutzt werden können (Weichbold 2015: 23f; Weiss/­
Kapeller 2011: 1).

41
Um die Beratungssituation zum Thema Anerkennung von gehörigen konnten die Herausforderungen im Anerken-
ausländischen Qualifikationen zu verbessern, wurden im nungsprozess analysiert werden. Vor allem die Ergebnisse
Jahr 2013 die „bundesweiten Anlaufstellen für Personen aus den Experteninterviews erweisen sich als besonders
mit im Ausland erworbenen Qualifikationen (AST) ins aufschlussreich und werden für die Interpretation der
Leben gerufen“ (AST Mai 2015). Auf Basis ihrer mehrjäh- qualitativen Ergebnisse der vorliegenden Studie heran-
rigen Anerkennungsberatung erstellen die AST Informa- gezogen und näher dargestellt.
tionsunterlagen zu unterschiedlichen Schwerpunkten
im Anerkennungsbereich. Als Beispiele können hierfür Die Studie „Anerkennungshürden bei MigrantInnen in
folgende Dokumente genannt werden: „Umsetzung der Salzburg“ (2015) von Weichbold et al. stellt eine erste
EU-Anerkennungsrichtlinie – Anerkennungsgesetze der fundierte Forschungsarbeit dar, welche sich der Her-
Bundesländer – Reformvorschläge“ (Juni 2015), „Eckpunk- ausforderungen im Anerkennungsprozess von auslän-
te für ein österreichisches Anerkennungsgesetz“ (April dischen Qualifikationen im Land Salzburg annimmt. Die
2015), „Bewertung von aus dem Ausland mitgebrachten Untersuchung wurde von der Arbeiterkammer Salzburg
formalen Bildungsabschlüssen“ (November 2014) etc. Die in Auftrag gegeben und von der Soziologieabteilung der
Informationsunterlagen werden im theoretischen Teil Universität Salzburg erstellt. Es wird untersucht, welche
grob umrissen und bilden für die Interpretation der empi- Erfahrungen Migrant/innen mit dem System der Aner-
rischen Erkenntnisse eine wichtige Grundlage. kennung in Salzburg gemacht haben und wie sie damit
zurechtkommen. Für die Untersuchung wurde eine Kom-
Ferner sind zwei Diplomarbeiten zu nennen, die sich mit bination unterschiedlicher Methodenzugänge gewählt.
dem Thema Anerkennung in Österreich beschäftigen.
Mescic untersucht in ihrer Diplomarbeit die Aspekte Im ersten Schritt wurden die statistischen Daten des Mi-
der Nostrifizierung ausländischer Diplome in Österreich krozensus Ad-hoc-Moduls 2008 für das Land Salzburg
(2012). Basierend auf Interviews mit 20 Migrant/innen aus analysiert, wobei ein alternativer Fokus auf das Material
dem ehemaligen Jugoslawien wurden die Erfahrungen gelegt wurde (Weichbold et al. 2015). Es wurde eine Clus-
von Migrant/innen in Bezug auf die Anerkennung ihrer teranalyse durchgeführt, bei der vier Typen von Zuwander/
in der Heimat erworbenen Qualifikationen untersucht. innen identifiziert werden konnten (Weichbold et al. 2015:
Mescic fasst zusammen, „dass die Thematik der Nost- 12). Bei jüngeren Migrant/innen ist „eine klare Trennung
rifizierung ausländischer Diploma [sic!] zwar in einigen in progressiv-aufstiegsorientierte und weitgehend eth-
Bereichen klar strukturiert und geregelt ist, jedoch auch nisch abgeschottete (und beruflich oft desillusionierte)
noch sehr viel Potenzial für Verbesserungen und Neuge- MigrantInnen“ (Weichbold et al. 2015: 53) beobachtbar. Die
staltung aufweist“ (Mescic 2012: 199). Weiters kristallisie- progressiv-aufstiegsorientierte Gruppe weist die höchsten
ren sich aus den Ergebnissen der Interviews hemmende Anteile an positiv anerkannten Anerkennungsverfahren
Faktoren für die Entscheidung, die Ausbildung nostrifizie- auf. In diesem Cluster sind insbesondere deutsche Zuwan-
ren zu lassen, heraus. Hierbei wurden v.a. Existenzängste, der/innen vorzufinden. Ferner ergeben sich zwei weitere
unzureichende Deutschkenntnisse oder mangelnde In- Gruppen, die sich durch ein hohes Durchschnittsalter aus-
formationsbeschaffung genannt (ebd.). zeichnen. Einerseits handelt es sich hier um weitgehend
integrierte Zugewanderte der ersten Einwanderungswelle
Die Diplomarbeit von Tschiggerl „‘Brain Waste?‘ Dequa- („Gastarbeitermigration“), die sich vorwiegend mit niedri-
lifizierung von Migrantinnen und Migranten am oberös- geren Berufspositionen arrangiert haben und bei denen
terreichischen Arbeitsmarkt“ (2015) untersucht, inwieweit die Anerkennung der Bildungsqualifikationen nicht mehr
höherqualifizierte Migrant/innen aus Drittstaaten von relevant zu sein scheint (Weichbold et al. 2015: 55, 56, 58).
Dequalifizierung betroffen sind. Das Anerkennungsthe- Andererseits kristallisierte sich eine Gruppe von älteren
ma spielt in ihrer Arbeit ebenfalls eine wichtige Rolle. Migrant/innen heraus, die sich „eher defensiv-angepasst
Durch Experteninterviews mit Vertreter/innen von Bera- am Arbeitsmarkt orientieren“ (Weichbold et al. 2015: 53). Es
tungs- und Unterstützungsstellen für Zuwander/innen in handelt sich hierbei vorwiegend um Flüchtlinge aus dem
Oberösterreich sowie durch Interviews mit Drittstaatsan- ehemaligen Jugoslawien.

42
4
Statistiken und Forschung
zu Anerkennung

In einem zweiten Schritt wurden die vier Typen als Grund- Aus den bereits zitierten Daten des Ad-hoc-Moduls 2014
lage für eine gezielte Auswahl von Interviewpartner/innen stellen 24% der Zuwander/innen, die die höchste abge-
für qualitative Interviews in Salzburg herangezogen. Den schlossenen Ausbildung im Ausland erworben haben, einen
Kern der Forschungsarbeit stellt ein Treppenmodell dar, Antrag auf Anerkennung ihrer formalen Qualifika­tion. Jene
welches Prozessverläufe der Anerkennung skizziert und 76% der Personen, die keinen Antrag eingereicht haben,
förderliche sowie hinderliche Faktoren der Arbeitsmarktin- können dafür unterschiedliche Gründe haben. In diesem
tegration transparent darstellt (Weichbold et al. 2015: 103). Anteil sind auch Migrant/innen enthalten, deren Ausbildung
aufgrund von EU-Abkommen automatisch anerkannt wird.
Im Rahmen des Projektes „Anerkannt!“ wurde von ­Girlasu Darüber hinaus existieren bilaterale Ankommen zwischen
und Zitz (2012) der Status quo der Anerkennungsland- Österreich und Drittstaaten, in denen ebenfalls eine automa-
schaft in der Steiermark untersucht. Zu Beginn wurde tische Anerkennung von Abschlüssen geschieht. In anderen
eine strukturierte Bedarfserhebung durchgeführt. Da- Fällen wird von dem/der Arbeitgeber/in keine Anerkennung
durch kon­­­­nten aktuelle Rahmenbedingungen, Hürden der Qualifikationen verlangt. Es lässt sich daher nur schwer
und ­Ressourcen im Bereich der Anerkennung von aus- abschätzen, wie groß die Gruppe der Migrant/innen ist, für
ländischen Abschlüssen identifiziert werden. Dazu er- die eine Anerkennung der Ausbildung möglich und sinnvoll
folgte eine umfassende Literaturrecherche bzw. wurden wäre, diesen Schritt jedoch unterlassen haben. Dennoch
Fokusgruppen und Einzelinterviews mit relevanten Stake­ verdeutlichen mehrere Studien in Österreich, dass sich der
holder/innen abgehalten. Darüber hinaus wurde eine Antrag auf Anerkennung für viele Betroffene als schwierig
Analyse von Online-Angeboten zu Anerkennungsangele- erweisen kann (Stadler/Wiedenhofer-Galik 2009: 63).
genheiten sowie eine Bestandsaufnahme von Projekten
der letzten Jahre durchgeführt. Ein weiteres Anliegen des 4.3.1. Antrag auf Anerkennung
Projektes war es, projektrelevante Kontaktpersonen in der Von allen 15-64-jährigen Migrant/innen der ersten Gene-
Steiermark zu identifizieren sowie ein tragfähiges Netz- ration, das waren 1.108.600 Personen im Jahr 2014, hat-
werk im Anerkennungsbereich aufzubauen (Weichbold et ten 75% bzw. 827.700 ihre Ausbildung im Ausland abge-
al. 2015: 17; Girlasu/Zitz 2012: 24). Im Jahr 2015 wurde von schlossen. Nur ein Viertel (198.300) stellte einen Antrag
Zitz das Thema Anerkennung erneut empirisch aufgegrif- auf Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifi-
fen. Es wurde eine österreichweite Bestandsaufnahme kationen. Erwartungsgemäß wurde die Ausbildung umso
der derzeitigen Anerkennungsstrukturen durchgeführt. häufiger im Ausland absolviert, je älter die zugewanderte
Die Ergebnisse leisten einen wertvollen Beitrag zur Aner- Person bei ihrer Einreise nach Österreich war. Wenn man
kennungsforschung in Österreich und sollen daher in der jedoch die Dauer des Aufenthalts in Österreich berück-
vorliegenden Studie näher beschrieben werden (Näheres sichtigt, so zeigt sich, dass bei einer langen Dauer des
dazu im Kapitel 6.2.). Aufenthalts viele eine höhere Qualifikation in Österreich
erworben haben. So ist es zu verstehen, dass bei einer
Aufenthaltsdauer von 20 oder mehr Jahren nur 62% den
4.3. Ausbildungsabschlüsse höchsten Ausbildungsgrad im Ausland erworben haben,
und allgemeine Zahlen zu während das bei 95% der Migrant/innen der Fall ist, die
Anerkennungsanträgen zwischen 2011 und 2014 nach Österreich gekommen sind
22

(Wiedenhofer-Galik/Fasching 2015: 50-54).


Gudrun Biffl
Am höchsten war die Bereitschaft zur Antragstellung um
Um in Österreich eine dem Ausbildungsniveau entsprechen- Anerkennung bei Personen aus der EU15 (34,2%), gefolgt
de Tätigkeit ausüben zu können, ist es oftmals erforderlich, von den EU-Beitrittsländern ab 2004 (30,3%) sowie Ande-
die Ausbildung in Österreich formal anerkennen zu lassen. ren (Drittstaatsangehörigen) mit 24,6%.

22
Weiterführende Statistiken sind in der Publikation „Arbeitsmarktsituation von Migrantinnen und Migranten in Österreich. Modul der Arbeitskräfteerhebung 2014“ von
Wiedenhofer-Galik und Fasching (Hg. Statistik Austria) zu finden.

43
Abbildung 1: Im Ausland Geborene (15 bis 64 Jahre) mit Ausbildungsabschluss im Ausland
nach Antragstellung sowie Anerkennung der Ausbildung und Geburtsland, Angaben in %

40 ● Antrag auf Anerkennung wurde gestellt


34,2 ● dar.: Ausbildung wurde anerkannt
32,6
30,3
Quelle: Wiedenhofer Galik/Fasching 2015: 52; Statistik
30
Austria, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung Ad-hoc-
24,2 24,6 Modul „Arbeitsmarktsituation von Zuwanderern und
ihren direkten Nachkommen“ - Jahresdurchschnitt
20 18,6 18,0 2014. - Bevölkerung in Privathaushalten ohne Präsenz-
15,1 und Zivildiener. - Insgesamt haben 74,6% (827.200)
der im Ausland Geborenen die höchste Ausbildung
im Ausland abgeschlossen. - ( ) Werte mit weniger
10
(6,2) als hochgerechnet 10.000 Personen sind sehr stark
(x) zufallsbehaftet. - (x) Werte mit weniger als 5.000 Per­
sonen sind statististisch nicht interpretierbar.
0
EU15 EU-Beitritts­ Ehem. Türkei Andere
länder ab 2004 Jugoslawien
(o. Slowenien,
Kroatien)

Im Vergleich dazu hatten im Jahr 2008 von den 966.200 Unterrichtswesen arbeiten (57%), gefolgt vom Gesund-
Migrant/innen der ersten Generation nur 73% oder heitsbereich (43%) und Migrant/innen in Informations-
701.300 ihren höchsten Bildungsabschluss im Ausland er- und Kommunikationsberufen sowie im Energiebereich
worben. Der Anteil der Migrant/innen, die ihre im Ausland (40%). Es sind vor allem Führungskräfte, insbesondere
erworbenen Qualifikationen in Österreich anerkennen Akademiker/innen (48%) und Techniker/innen (47%), die
ließen, ist allerdings zwischen 2008 und 2014 leicht von einen Antrag auf Anerkennung stellen, nicht zuletzt weil
18,2% auf 24% gestiegen. diese Qualifikationen meist für die Berufsausübung erfor-
derlich sind.
Die Wahrscheinlichkeit, einen Antrag auf Anerkennung
von im Ausland erworbenen Qualifikationen zu stellen, 4.3.2. Positive Abschlüsse
steigt mit dem Bildungsgrad. Der Anteil lag 2014 bei 48% Die Anerkennungsquote lag im Schnitt bei 82,2% der
unter Akademiker/innen, verringerte sich auf 33% bei Anträge. Sie war im Fall von EU-15 Angehörigen mit 95%
Migrant/innen mit einer höheren Schule und auf 27% am höchsten, gefolgt von Personen aus dem ehemaligen
bei Absolvent/innen einer mittleren Ausbildung. Die Jugoslawien (ohne Slowenien und Kroatien) mit 81% und
Anerkennungsquote war in allen Bildungsgruppen etwa Personen aus EU-13 mit 80%. Die Anerkennungsquote
gleich hoch mit rund 82%. hat sich innerhalb der letzten 6 Jahre etwas von 85% auf
82% verringert. Die absolute Zahl ist jedoch deutlich von
Weiters war die Wahrscheinlichkeit, einen Antrag auf An- 108.400 auf 163.000 gestiegen, was zumindest zum Teil
erkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen auf verbesserte Rahmenbedingungen für eine Anerken-
zu stellen, im Fall von Erwerbstätigkeit höher als unter Be- nung wie zentrale Anlaufstellen und Beratungseinrich-
schäftigungslosigkeit. So hatten 2014 27% aller erwerbs- tungen zurückzuführen sein dürfte.
tätigen Migrant/innen einen Antrag auf Anerkennung
gestellt gegenüber 19% aller Migrant/innen ohne Job. Es Die Anerkennungsquote war unter erwerbstätigen Mig-
waren auch eher Angestellte, die eine Anerkennung ihrer rant/innen höher als unter Erwerbslosen (85% gegenüber
Qualifikationen anstrebten (36%) sowie Selbstständige 77%). Sie war unter Personen in Führungsfunktionen mit
(26%) und weniger Arbeiter/innen (14%). Besonders hoch 91% am höchsten, und unter Migrant/innen in Hilfs- und
ist die Antragstellungsquote unter Migrant/innen, die im Anlerntätigkeiten mit 63% am geringsten.

44
4
Statistiken und Forschung
zu Anerkennung

Männer unter den Migrant/innen haben 2014 eher einen dungswunsch nach Österreich kamen, lassen überdurch-
Antrag auf Anerkennung der Qualifikation gestellt als schnittlich oft ihre formalen Abschlüsse anerkennen.
Frauen (25% gegenüber 22%). Die Anerkennungswahr- Hierbei ist der Grund naheliegend, dass die Anerkennung
scheinlichkeit war unter Männern etwas höher als unter der Bildungsabschlüsse in vielen Fällen die Grundlage
Frauen (84% gegenüber 81%). für eine weitere Ausbildung in Österreich sein kann, wie
beispielsweise den Beginn eines Studiums. Andererseits
wirken primär arbeitsbezogene Zuwanderungsgründe
4.4. Exkurs: Anerkennung einer Anerkennung entgegen. Interessant ist, dass das
von formalen Bildungsabschlüssen Tätigkeitsniveau eine starke Erklärungskraft sowohl für
der erwerbstätigen Migrant/innen als auch gegen eine Anerkennung darstellt (Riesenfelder

in Wien
2011: 136). „Demnach erhöht die Tatsache, in einer mittle-
ren beziehungsweise FacharbeiterInnentätigkeit beschäf-
Sofia Kirilova tigt zu sein, die Wahrscheinlichkeit einer Nostrifikation
deutlich, während eine Tätigkeit auf der Ebene von Hilfs-
Die bereits zitierte Studie von L&R Sozialforschung zur und angelernten Tätigkeiten diese Chance sehr stark ein-
Beschäftigungssituation von Personen mit Migrationshin- schränkt“ (Riesenfelder 2011: 136).
tergrund in Wien (2011) verdeutlicht, welche soziodemo-
graphischen Faktoren einen Einfluss darauf ausüben, dass Interessant ist, dass das formale Ausbildungsniveau kein
Migrant/innen ihre im Ausland erworbene Qualifikation erklärender Faktor ist. Das heißt, ob eine Person einen
in Österreich anerkennen lassen. Dazu wurde in der Stu- Hochschulabschluss oder einen mittleren Abschluss be-
die neben der deskriptiven Analyse eine Diskriminanz- sitzt, ist hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, einen Antrag
analyse durchgeführt. Hierbei wurde der Begriff der An- auf Anerkennung zu stellen, nicht von Relevanz. Demnach
erkennung synonym zu jener der Nostrifikation und der hat dieses Merkmal keine „eigenständige Erklärungskraft,
Nostrifizierung verwendet23. sondern wird von anderen Faktoren – insbesondere vom
Tätigkeitsniveau – überlagert“ (Riesenfelder 2011: 137).
Es zeigt sich, dass einige Berufsbereiche eine sehr hohe
Erklärungskraft für ein Nostrifikationsansuchen aufwei- Ferner zeigt sich ein differenziertes Bild hinsichtlich des
sen. Bei Erwerbstätigen in technischen Berufen sowie Einflusses der Wahrnehmung beruflicher Entwicklungs-
in den Bereichen Gesundheits-, Lehr- und Kulturberufe perspektiven. Bei Migrant/innen, die ihre Aufstiegs- und
ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass diese einen Karrieremöglichkeiten sehr/eher schlecht aber auch sehr/
Anerkennungsantrag stellen. Hingegen ist es bei einer eher gut einschätzen, verringert sich die Wahrscheinlich-
Beschäftigung im Feld der Handels- und Verkehrsberu- keit einer Antragstellung. Schlechte berufliche Perspekti-
fe weniger wahrscheinlich, die Ausbildung anerkennen ven – welche vermehrt bei Migrant/innen mit niedrigeren
zu lassen. Diese hohe Erklärungskraft bzw. Wichtigkeit Tätigkeitsniveaus vorkommen – lassen die Befragten von
deutet darauf hin, dass es möglicherweise in den beiden einer Anerkennung absehen, möglicherweise, da sich da-
erstgenannten Bereichen einerseits notwendiger ist, die von keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten ableiten
Ausbildung anerkennen zu lassen, und andererseits das lassen. Bei Personen mit guten beruflichen Perspektiven
Anerkennungsverfahren routinierter sein könnte, sodass ist die Anerkennung ebenfalls unwahrscheinlicher, zu-
es zu höheren Anerkennungsquoten kommt. Auch nach mal hier die formale Anerkennung der Bildungsabschlüs-
Einwanderungsgrund lassen sich signifikante Ergebnisse se nicht unbedingt berufliche Vorteile mit sich bringt
identifizieren. Zuwander/innen, die mit einem Ausbil- ­(Riesenfelder 2011: 137).

23
Mit Hilfe der Diskriminanzanalyse wurde berechnet, welche Variablen sich signifikant zwischen der Gruppe der Migrant/innen, die ihren ausländischen Abschluss
anerkennen ließen, und jener Gruppe, die keinen Antrag gestellt hat, unterscheiden. Dabei wurden Migrant/innen, die höchstens einen Pflichtschulabschluss
vorweisen, bei der Analyse ausgelassen.

45
Das Modell zeigt auch, dass Migrant/innen aus dem ehe-
maligen Jugoslawien überdurchschnittlich häufig einen
Anerkennungsantrag stellen. Hingegen verringert sich
die Wahrscheinlichkeit, ein Anerkennungsverfahren zu
initiieren, wenn die Personen einen deutschen Migrati-
onshintergrund haben. Hier wird womöglich die automa-
tische Anerkennung des deutschen Abiturs in Österreich
eine zentrale Rolle spielen (Riesenfelder 2011: 137). Inter-
essanterweise stehen diese Ergebnisse im Gegensatz zu
jenen des Ad-hoc-Moduls der Arbeitskräfteerhebung,
nach denen insbesondere Personen mit Geburtsland
Deutschland einen Antrag auf Anerkennung stellen. Die-
se Differenzen könnten auf die Unterschiede in der Stich-
probe, auf die unterschiedliche Kategorisierung der Her-
kunftsländer bzw. auf die Analysemethode in den beiden
Erhebungen basieren.

46
5
Zugänge und Verfahren zur
Anerkennung von im Ausland
erworbenen Qualifikationen
und Kompetenzen
24

Gudrun Biffl, Thomas Pfeffer, Isabella Skrivanek

Obwohl in den letzten Jahren deutliche Verbesserungen Bei dem Versuch, eine Aufzählung aller in Österreich ge-
erzielt werden konnten und weitere Maßnahmen gerade bräuchlichen, institutionalisierten Formen der Anerken-
in Vorbereitung sind, gilt auf weiten Strecken immer noch nung zu erstellen, sieht man sich mit einer großen Zahl
der Befund der OECD für Österreich, dass ein zu geringer an Verfahren konfrontiert. Diese Zahl wird von der noch
Teil der Migrant/innen Anträge auf Anerkennung ihrer im größeren Zahl an zuständigen Institutionen übertroffen.
Ausland erworbenen formalen Qualifikationen stellt und Die Darstellung in Tabelle 1 gibt einen ersten Eindruck
dass kein umfassendes strukturiertes System für die Vali- von der Komplexität des Themas. Aus dieser Darstellung
dierung nicht-formal oder informell erworbener Kompe- allein kann man aber noch kein analytisches Verständnis
tenzen zur Verfügung steht (Krause/Liebig 2011: 50ff.). für die Gesamtsituation gewinnen, die zu einer Weiterent-
wicklung der Anerkennungspraxis beitragen könnte. Um
Personen, die formale Qualifikationen und individuelle dieses Ziel zu erreichen, wird in einem weiteren Schritt
Kompetenzen im Ausland erworben haben, suchen in Ös- die Fülle an Einzelprozessen in einen systematischen Ver-
terreich vor allem nach gesellschaftlicher Anerkennung gleichszusammenhang gebracht. In weiterer Folge wird
dieser Qualifikationen und Kompetenzen, um sich auf ein theoretischer Rahmen skizziert, in den die in der Pra-
dem Arbeitsmarkt leichter und erfolgreicher entfalten zu xis vorgefundenen bzw. gesetzlich vorgegebenen Namen
können. Meist setzt diese gesellschaftliche Anerkennung und Bezeichnungen für die verschiedenen Verfahren ein-
jedoch institutionalisierte Formen der Anerkennung vo- geordnet werden.
raus, und dafür müssen die Institutionen des Bildungs-
und Qualifikationssystems adäquate Rahmenbedingun-
gen schaffen.

24
Literaturverzeichnis siehe S. 138

47
Tabelle 1: Zuständigkeiten für Anerkennungs- und Validierungsverfahren in Österreich

schule Hochschule Lehre

Nostrifikation ausländischer Nostrifizierung ausländischer Gleichhaltung des ausländischen


Schul- und Reifezeugnisse akademischer Grade Berufsausbildungszeugnisses mit der
BMBF Universitäten; FHS österreichischen Lehrabschlussprüfung
(LAP)
Gleichwertigkeit von Reifezeugnissen Gleichwertigkeit aufgrund BMWFW
durch Abkommen bilateraler Abkommen
BMWFW (NARIC) BMWFW (NARIC) Gleichhaltung von Reifezeugnissen
für LAP oder Gewerbeberechtigung
Einstufungsprüfungen Gleichwertigkeit von Reifezeugnissen BMWFW
Schulen für Zugang zu Hochschulstudium
Universitäten, FHS
Bewertungen von Schulzeugnissen
BMBF Anerkennung von Prüfungen und
Diplomen für das (Weiter-)Studium
Universitäten; FHS

Empfehlung für die Bewertung


ausländischer Hochschuldiplome
BMWFW (NARIC)

ExternistInnenreifeprüfung Studienberechtigungsprüfung Außerordentliche Zulassung zur


Landesschulräte Universitäten, FHS Lehrabschlussprüfung (LAP)
im zweiten Bildungsweg
Berufsreifeprüfung Berufliche Qualifikation als Bezirksverwaltungsbehörden
Öffentliche höhere Schulen Zugangsvoraussetzung an FHS
FHS
Nachholen des Pflichtschulabschlusses
Öffentliche Neue Mittelschule/Neue
Mittelschule mit Öffentlichkeitsrecht

Aus bildungsforscherischer Sicht geht es um die Frage, Autor/innen mit der Validierung nicht-formaler und in-
wie die Themenbereiche „Anerkennung ausländischer formeller Kompetenzen und ihrer Zuordnung zu natio-
Qualifikationen“ und „Validierung nicht-formaler und nalen Qualifikationsrahmen (z.B. Colardyn/Bjornavold
informeller Kompetenzen“ unterschieden und sinnvoll 2004; Bohlinger/Münchhausen 2011; Petrini 2011; Seidel
aufeinander bezogen werden können, um die Anerken- 2011) oder mit dem internationalen Vergleich nationaler
nungs- und Validierungsverfahren möglichst umfassend Qualifikationsrahmen (z.B. Bjornavold/Coles 2008; Boh-
und in zusammenhängender Weise beschreiben und linger 2011). In der genannten Literatur werden aus dem
damit einem internationalen Vergleich unterziehen zu Ausland mitgebrachte Qualifikationen und Kompetenzen
können. Die wissenschaftliche Literatur bietet eine Fülle weitestgehend ausgeblendet. Mit konkreten Verfahren
an Arbeiten zu diesen Themen, die für Österreich relevant der Anerkennung ausländischer Qualifikationen befasst
sind. Jedoch werden meist nur Teilaspekte des breiten sich eine deutlich geringere Zahl an Autor/innen (OECD
Themenfelds untersucht. So beschäftigen sich etliche 2012; Schuster et al. 2013).

48
5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

Reglementierte Berufe

EU/EWR, Schweiz Drittstaaten

Freie Berufe
Ö. Apothekerkammer Universitäten
Ö. Ärztekammer Universitäten
Bundeskammer der Architekten und Universitäten
Ingenieurkonsulenten
Kammer der Wirtschaftstreuhänder Universitäten; FHS
Ö. Notariatskammer Universitäten
Ö. Patentanwaltskammer Universitäten
Ö. Rechtsanwaltskammertag Universitäten
Ö. Tierärztekammer Veterinärmedizinische Universität
Ö. Zahnärztekammer Medizinische Universität

Reglementierte Gewerbe
BMWFW regionale Gewerbebehörde
(Bezirkshauptm., Magistrat Wien)

Nichtärztliche Gesundheitsberufe
Ö. Hebammengremium FHS
BMG, Abt II/A/3 Universitäten
BMG, Abt II/A/2 FHS
BMG, Abt II/A/2 BMG, Abt II/A/2
BMG, Abt II/A/2 Amt der Landesregierung, Magistrat Wien

Pädagogische Berufe und Berufe im öffentlichen Dienst


BMWFW Universitäten
BMBF Universitäten
Landesschulrat, Landesregierung PH
Alle Bundesministerien; Universitäten, FHR (FHS-Kollegium)
Landesregierungen/ Gemeinden
Landesregierung/ Gemeinden Landesregierung/ Gemeinden
Landesregierung/ Gemeinden FHR (FHS-Kollegium)

Land- und forstwirtschaftliche Berufe


BMLFUW Universität für Bodenkultur
BMLFUW BMLFUW
Landesregierung Landesregierung

Buchhaltungsberufe
Kammer der Wirtschaftstreuhänder Universitäten, FHR (FHS-Kollegium)
Paritätische Kommission Paritätische Kommission

Sonstige reglementierte Berufe


Landesregierung Landesregierung

Verleihung des Berufstitels Ingenieur


BMWFW
BMLFUW

Meisterprüfung – Befähigungsprüfung – Unternehmerprüfung – Ausbildnerprüfung Quelle: in Anlehnung an


Biffl/Pfeffer/Skrivanek
Länderkammern der WKO, Meisterprüfstellen 2012: 67

49
Sie entwickeln auch keine theoretischen Instrumente, Lernen bezeichnet zu werden. Informelles Lernen kann
um die Anerkennungsverfahren mit der Validierung von im Alltag stattfinden, muss aber nicht ausdrücklich beab-
nicht-formalen und informellen Kompetenzen in Verbin- sichtigt sein. Diese Ausführung macht unter anderem die
dung zu bringen. Daraus ergibt sich das Problem, dass fehlende Unterscheidungskraft und die geringe Operatio-
zentrale Begriffe (etwa Qualifikation und Kompetenz oder nalisierbarkeit dieser Definitionen bzw. Kriterien deutlich.
Anerkennung und Validierung) oft sowohl im Alltag als Damit wird auch die wiederholte Kritik an dieser Klassi-
auch in der wissenschaftlichen Literatur zum Teil syno- fikation verständlich, die einerseits auf die Künstlichkeit
nym, jedenfalls aber uneinheitlich verwendet werden. und geringe Wissenschaftlichkeit verweist (Bohlinger/
Münchhausen 2011: 11), oder auf die eingeschränkten
Möglichkeiten, damit die Gegebenheiten des österreichi-
5.1. Ausführliche Definitionen schen Bildungssystems abzubilden (Schlögl 2009: 9).
und Unterscheidungskriterien
Viel praktikabler erscheint dagegen die von der UNESCO
Um einen kohärenten theoretischen Rahmen zu erarbei- schon 1996 vorgeschlagene Klassifikation, die für statisti-
ten, der es ermöglicht, die Themenbereiche „Anerken- sche Erhebungszwecke entworfen wurde (UNESCO 1996)
nung ausländischer Qualifikationen“ und „Validierung und die später von Eurostat zitiert und weiterentwickelt
nicht-formaler und informeller Kompetenzen“ zu unter- wurde (Eurostat 2005: 22f.)25. Dieser Definition bzw. Klas-
scheiden und aufeinander zu beziehen, ist es notwendig, sifizierung zufolge findet formales Lernen überwiegend in
mehrere Begriffe in Bezug zueinander zu setzen und zu traditionellen Bildungseinrichtungen statt (z.B. Schulen,
definieren. Wir greifen dabei auf unsere eigenen Arbeiten Universitäten), jedenfalls aber im Rahmen von Bildungs-
zurück (im Besonderen auf Biffl/Pfeffer/Skrivanek 2012; angeboten, die im sequentiell gestuften, formalen Bil-
Pfeffer/Skrivanek 2013; sowie Biffl/Pfeffer 2013). dungssystem eines Landes verortet sind. Im Gegensatz
dazu ist nicht-formales Lernen zwar ebenfalls als explizites
5.1.1. Lernkontexte: formales, Bildungsangebot (etwa in der Erwachsenenbildung oder
nicht-formales und informelles Lernen in der betrieblichen Weiterbildung) konzipiert, das Lernen
Für die Klassifizierung von Lernkontexten in formales, findet aber außerhalb des formalen, sequentiell gestuf-
nicht-formales und informelles Lernen ist der organisa- ten Bildungssystems statt. Informelles Lernen ist hingegen
torische Rahmen, in dem die jeweiligen Lernaktivitäten vom Lernenden selbst beabsichtigt, findet aber außerhalb
stattfinden, das entscheidende Kriterium. Ein derzeit sehr organisierter Bildungsangebote statt, z.B. durch Mitarbeit
prominenter und daher auch häufig benutzter Klassifi- im familiären Betrieb, Medienkonsum oder die Tätigkeit in
zierungsvorschlag basiert auf einem Arbeitspapier der Vereinen.
Europäischen Kommission (2000), der später vom Euro-
päischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung Das Bestechende an dieser Klassifikation ist, dass sie zur
(Cedefop) in sein Glossar zur europäischen Bildungspo- Definition nicht nur den institutionellen Ort heranzieht,
litik aufgenommen wurde (Cedefop 2008) und auf die- an dem Lernen stattfindet, sondern auch das Verhältnis
sem Weg große Verbreitung in vielen wichtigen Policy- der jeweiligen Lernaktivität zum sequentiell gestuften
Dokumenten fand. Etwas vereinfacht dargestellt, findet Bildungssystem eines Landes berücksichtigt.26 Damit wird
formales Lernen nach der Cedefop-Klassifikation in orga- auch schon die nächste Unterscheidung, nämlich die zwi-
nisierten Kontexten (inklusive Bildungsinstitutionen und schen individuellen Lernergebnissen und standardisier-
Arbeitsplatz) statt. Nicht-formales Lernen kann in plan- ten Qualifikationen vorbereitet.
volle Tätigkeiten eingebunden sein, ohne unbedingt als

25
Sie entspricht auch weitestgehend der Definition, die in den Empfehlungen des Rates der Europäischen Union zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens
(Rat der Europäischen Union 2012: 5) verwendet werden.
26
Das macht es etwa möglich, die an Universitäten und Fachhochschulen angebotenen ordentlichen Studien dem sequentiell gestuften, formalen Bildungssystem
zuzurechnen, und dafür die außerordentlichen Studien (z.B. Universitätslehrgänge) als nicht-formale Bildungsangebote zu identifizieren. Ebenso lässt sich der Führer-
schein als nicht-formale Qualifikation einstufen, die außerhalb des sequentiell gestuften Bildungssystems eines Landes erworben werden kann.

50
5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

5.1.2. Lernergebnisse: individuelle Bei Kompetenzen (individuellen Lernergebnissen) han-


Kompetenzen und standardisierte delt es sich also um Eigenschaften der jeweiligen Person,
Qualifikationen während Qualifikationen (Zertifikate, Abschlüsse etc.)
Folgt man einer weiteren Definition von Cedefop, dann allgemein gültige und anerkannte Darstellungsformen
bezeichnet der Begriff Lernergebnis „… die Gesamtheit von individuellen Kompetenzen sind.27 Mit dieser Unter-
der Kenntnisse, Fähigkeiten und/oder Kompetenzen, die scheidung wird auch die besondere Aufgabe von Qualifi-
eine Person nach dem Durchlaufen eines formalen, nicht- kationen deutlich sichtbar, nämlich die der Schaffung von
formalen oder informellen Lernprozesses erworben hat Transparenz, Kommunizierbarkeit und Übertragbarkeit
und/oder nachzuweisen in der Lage ist“ (Cedefop 2008: individueller Kompetenzen. „Zertifikate machen nicht nur
120). Gerade im Zusammenhang mit der Validierung das erworbene Wissen allgemeiner beobachtbar, sie kom-
nicht-formalen und informellen Lernens wird häufig Kom- munizieren auch seine soziale Anerkennung und seine
petenz als Sammelbegriff für die Gesamtheit der Lerner- potenziellen Einsatzmöglichkeiten“ (Kade 2005: 505). Eine
gebnisse einer Person verwendet. Qualifikation (Zertifikat, Abschluss) ist ein mächtiges Inst-
rument, das die Erwartungen an die Einsatzmöglichkeiten
An anderer Stelle definiert Cedefop eine Qualifikation künftiger Mitarbeiter/innen oder Studierender über weite
(bzw. alternativ: Befähigungsnachweis, Bescheinigung, Distanzen transparent machte. Ihre Reichweite wird nur
Diplom, Zertifikat, Zeugnis, Titel, oder – im österreichi- durch zwei Faktoren eingeschränkt, nämlich die Kenntnis
schen Sprachgebrauch – Abschluss) als das Ergebnis ei- der und das Verständnis für die Qualifikation seitens der
nes Validierungsverfahrens, in dem eine Institution einer Adressaten, und die territoriale (meist nationalstaatlich)
Person bestätigt, dass ihre individuellen Lernergebnis- begrenzte Gültigkeit der mit ihr verknüpften Berechti-
se einem bestimmten Standard entsprechen (Cedefop gungen.
2008: 145). Zusätzlich können Qualifikationen auch mit
Berechtigungen verbunden sein, etwa für den Zugang zu 5.1.3. Validierung und Anerkennung
bestimmten reglementierten Berufen oder zu weiterfüh- Cedefop definiert den Begriff der Validierung als
renden Bildungsangeboten.
„Bestätigung durch eine zuständige Behörde oder Stelle, dass
Vergleicht man nun die beiden Begriffe, dann wird deut- Lernergebnisse (Kenntnisse, Fähigkeiten und/oder Kompe-
lich, dass man zwar Kompetenzen (individuelle Lerner- tenzen), die eine Person in einem formalen, nicht-formalen
gebnisse) durchaus ohne Qualifikationen erworben ha- oder informellen Kontext erzielt hat, gemäß festgelegten
ben kann, allerdings umgekehrt keine Qualifikation ohne Kriterien bewertet wurden und den Anforderungen eines Va-
Kompetenzen. Meist beschreiben bestimmte Qualifikati- lidierungsstandards entsprechen. Die Validierung führt übli-
onen ganze Bündel an vordefinierten Lernergebnissen. cherweise zur Zertifizierung.“ (Cedefop 2008: 200)
Typischerweise zeichnen sich formale und nicht-formale
Lernprozesse dadurch aus, dass sie in Hinblick auf ein (oft Prinzipiell könnte der Begriff der Validierung auch auf
schon den Lernprozess begleitendes) Validierungsverfah- formale Lernaktivitäten angewandt werden, um die dort
ren und die damit verbundene Bestätigungen geplant üblichen Verfahren der Prüfung und Zertifizierung zu be-
werden. Informelle Lernprozesse finden dagegen oft auch schreiben. Praktisch und für den Zweck dieses Textes soll
ohne geplante Validierungsverfahren statt. Sollen die in- er hier vor allem für den Umgang mit individuellen Lern-
formell erworbenen Lernergebnisse zu einem späteren ergebnissen, die in nicht-formalen und informellen Lern-
Zeitpunkt bestätigt werden, muss die Validierung und Be- kontexten erworben wurden, reserviert werden. Folgt
stätigung nachträglich erfolgen. man der Empfehlung des Rates der Europäischen Union,

27
Wir grenzen uns mit dieser Definition deutlich von einer alternativen Konzeption ab, in der Qualifikationen und Kompetenzen auf gleicher Ebene verglichen werden,
was bedeutet, dass der Erwerb von Qualifikationen nur in formalen und der von Kompetenzen nur in informellen Lernprozessen möglich ist. Eine solche Konzeptiona-
lisierung wird etwa von Colardyn & Bjornavold (2005: 107f.) oder von Bohlinger (2011: 135) vertreten.

51
dann kann die Validierung der Lernergebnisse, die eine Bei der Anerkennung von Qualifikationen handelt es sich
Person auf nicht-formalem und/oder informellem Weg er- um den direkten Vergleich ausländischer mit inländischen
worben hat, eines oder mehrere der folgenden Elemente Qualifikationen, mit dem Ziel, formale Gleichwertigkeit
enthalten (Rat der Europäischen Union 2012: 3): herzustellen. In der Regel werden bei diesem Ansatz aus-
ländische mit inländischen Curricula verglichen, sowie
— Identifizierung der Lernergebnisse die Äquivalenz beider Curricula in Hinblick auf Inhalte
— Dokumentation der Lernergebnisse und Studiendauer überprüft. Sollten Abweichungen der
— Bewertung der Lernergebnisse ausländischen von den inländischen Curricula entdeckt
— Zertifizierung der Bewertung in Form einer werden, können Ergänzungsprüfungen vorgeschrieben
Qualifikation oder auf eine Qualifikation werden, um Äquivalenz mit den heimischen Abschlüssen
anrechenbarer Leistungspunkte herzustellen. Eine Sonderform dieser Form der Anerken-
nung ist die Anerkennung aufgrund zwischenstaatlicher
Von der Validierung individueller Lernergebnisse (Kompe- Abkommen, bei der die Gleichwertigkeit von Abschlüssen
tenzen) zu unterscheiden ist die Anerkennung von Qua- politisch festgelegt wurde und später nur noch adminis-
lifikationen (Befähigungsnachweisen, Bescheinigungen, trativ bestätigt werden muss. In jedem Fall führt diese
Diplome, Zertifikate, Zeugnisse oder Titel), die in oder von traditionelle Form der Anerkennung ausländischer Quali-
einem/einer oder mehreren Staaten oder Organisationen fikationen zu gleichen Berechtigungen, wie bei den ent-
verliehen wurden, durch einen/eine oder mehrere Staa- sprechenden inländischen Abschlüssen.
ten oder Organisationen“ (Cedefop 2008: 131). Es handelt
sich dabei eindeutig um eine andere Ebene der Kom- Eine andere Möglichkeit des Umgangs mit ausländischen
munikation. Während im Fall der Validierung direkt (und Qualifikationen ist die zweckgebundene Anrechnung von
meist auch in persönlicher Interaktion) über die individu- Qualifikationen, die zu keinen eigenständigen Bildungs-
ellen Lernergebnisse einer Person so kommuniziert wird, abschlüssen führt, sondern nur zu sehr spezifischen Be-
sodass meist auch eine Qualifikation ausgestellt werden rechtigungen. So können etwa im Ausland erworbene
kann, wird im Fall der Anerkennung von Qualifikationen Qualifikationen auf zu erfüllende Zugangsvoraussetzun-
vorrangig über Aussagekraft, Relevanz und Vergleichbar- gen angerechnet werden, oder im Ausland absolvierte
keit von Qualifikationen des Herkunftslandes im Zielland Studienleistungen auf Teile des im Inland abzuschließen-
kommuniziert. den Studiums. Solche Anrechnungen werden meist direkt
von der jeweiligen Bildungsinstitution vorgenommen.
Diese grundlegende Unterscheidung zwischen der Va-
lidierung von Kompetenzen und der Anerkennung von Ein dritter Verfahrenstyp ist die Bewertung von im Ausland
Qualifikationen ermöglicht es, eine Typologie zu entwi- erworbenen Qualifikationen durch offizielle Stellen im Emp-
ckeln, die insgesamt jeweils zwischen drei Formen der An- fängerland. Inhalt einer solchen Bewertung kann etwa sein,
erkennung und drei Formen der Validierung differenziert ob die Qualifikation von einer im Herkunftsland staatlich
(vgl. Tabelle 2). anerkannten Bildungseinrichtung vergeben wurde, mit
welchen Berechtigungen sie verbunden ist, und – sofern es
5.1.4. Anerkennung im Ausland einen Qualifikationsrahmen gibt – auf welchem Niveau sie
erworbener Qualifikationen dort einzuordnen wäre. Bewertungen sind in der Regel mit
Es lassen sich drei unterschiedliche Formen der Anerken- keinen formalen Berechtigungen verbunden.
nung von Qualifikationen identifizieren, nämlich die tradi-
tionelle Anerkennung, die Anrechnung von Qualifikatio-
nen für weitere Bildungsschritte, und die Bewertung von
Qualifikationen durch offizielle Stellen.

52
5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

Tabelle 2: Typologie institutioneller Verfahren der Anerkennung und Validierung

Anerkennung von Qualifikationen Anerkennung von Qualifikationen


(formal erworben) formale Gleichwertigkeit mit österreichischen Qualifikationen (Abschlüssen),
gleiche Berechtigungen (z.B. Nostrifizierung)

Anrechnung von Qualifikationen


zweckgebundene Gleichwertigkeit mit österreichischen Qualifikationen,
eingeschränkte Berechtigungen (z.B. Weiterstudium, Erasmus)

Bewertung von Qualifikationen


offizielle Empfehlung ohne direkte Entsprechung zu österreichischen Qualifikationen,
keine formalen Berechtigungen

Validierung von Kompetenzen Formale Validierung von Kompetenzen


(nicht-formal oder informell erworben) Gleichwertigkeit mit Qualifikationen des formalen Bildungssystems angestrebt
(z.B. außerordentliche Lehrabschlussprüfung, Externistenmatura, Berufsreifeprüfung)

Summative Validierung von Kompetenzen


Zertifikate außerhalb des formalen Bildungssystems (z.B. Universitätslehrgänge,
Sprachzertifikate, Führerschein)

Formative Validierung von Kompetenzen


Beschreibung und Bewertung individueller Kompetenzen, ohne standardisierte
Zertifikate (z.B. Europass-Lebenslauf, Portfolio)

Quelle: in Anlehnung an Biffl/Pfeffer/Skrivanek 2012: 30

5.1.5. Validierung nicht-formal oder Der Begriff der summativen Validierung bezeichnet solche
informell erworbener Kompetenzen Verfahren, die zwar auch das Erreichen standardisierter
Aufbauend auf der von Colardyn & Bjornavold (2005: Kriterien überprüfen, deren Zertifikate aber nicht Teil des
109ff.) vorgeschlagenen zweiteiligen Unterscheidung zwi- sequentiell gestuften, formalen Bildungssystems sind.
schen formativen und summativen Bewertungsverfahren, Darunter fallen etwa Zertifikate der Erwachsenenbildung,
entwickelten Schneeberger et al. (2009: 113f.) eine dreitei- auf Basis von Berufserfahrungen verliehene Qualifikatio-
lige Typologie, um zwischen formalen, summativen und nen, die Zertifizierung von Einzelpersonen nach ISO-Stan-
formativen Formen der Validierung von nicht-formal oder dards, aber auch der Führerschein.
informell erworbenen Kompetenzen zu unterscheiden.
Die niederschwelligste Form der Validierung in dieser
Als formale Validierung kann in dieser Systematik der Um- Systematik ist die der formativen Validierung, die auf die
gang mit Kompetenzen verstanden werden, die zwar au- Identifizierung und Dokumentation individueller Kompe-
ßerhalb des formalen Bildungssystems erworben wurden, tenzen und Erfahrungen abzielt, aber noch ohne formale
die aber zu Zertifikaten führen, die Qualifikationen des Bewertung und Zertifizierung im Vergleich zu vorgegebe-
formalen Bildungssystems direkt entsprechen. Darunter nen Standards auskommt.
fallen etwa alle Abschlüsse, die im zweiten Bildungsweg
erworben werden.

53
5.1.6. Rechtsstatus von Anerkennungs- aber auch die Anrechnung von Qualifikationen für das
und Validierungsverfahren (Weiter-)Studium den Status von rechtlich bindenden,
Ein wichtiger Aspekt, den man beim Vergleich von unter- amtlichen Bescheiden, mit denen bestimmte Berechti-
schiedlichen Anerkennungs- und Validierungsverfahren gungen verbunden sein können. Anders verhält es sich im
beachten muss, ist die Frage, welche rechtlichen Konse- Fall der Bewertung von Qualifikationen. Diese Bewertung
quenzen mit einem bestimmten Verfahrenstyp verbun- wird zwar von offiziellen Stellen durchgeführt, sie hat aber
den sind (vgl. Tabelle 3). Juristisch gesehen, haben die nur den Status eines Gutachtens, aus dem sich keine Be-
traditionelle Anerkennung auf Basis von Gleichwertigkeit, rechtigungen ableiten lassen.

Tabelle 3: Rechtsstatus von Anerkennungs- und Validierungsverfahren

Rechtlich bindend Rechtlich nicht-bindend

Anerkennung von Qualifikationen Anerkennung Bewertung


(formal erworben) formale Gleichwertigkeit (z.B. Gutachten, Empfehlungen)

Anrechnung
für (Weiter-)Studium (z.B. Erasmus)

Validierung von Kompetenzen Formale Valdierung Formative Validierung


(nicht-formal oder informell (z.B. Externistenmatura, außerordentliche (z.B. Europass)
erworben) Lehrabschlussprüfung (LAP),
Berufsreifeprüfung)

Summative Validierung
(z.B. Weiterbildungszertifikate)

Quelle: in Anlehnung an Biffl/Pfeffer 2013: 9

Ähnlich verhält es sich auch bei den unterschiedlichen auf dem Arbeitsmarkt von großer Bedeutung sein kön-
Formen der Validierung von Kompetenzen. Am klarsten nen, da sie eine vertrauenswürdige Information über die
ist die Berechtigung bei der formalen Validierung erkenn- individuellen Kompetenzen der Person liefern, was die
bar, die auf die Äquivalenz mit Abschlüssen des formalen Suchkosten auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite stark
Bildungssystems abstellt. Auch summative Validierungen reduziert und das Jobmatching effizienter gestaltet.
können zu Berechtigungen führen. Keine Berechtigung ist
dagegen mit der individuell zu erstellenden, formativen
Validierung verbunden. 5.2. Anerkennungs- und Validie-
rungsverfahren in Österreich
Beachtenswert ist bei den rechtlich nicht-bindenden Ver-
fahren der Umstand, dass sowohl die Bewertung von Qua- Der im vorangegangenen Abschnitt entwickelte konzep-
lifikationen als auch die formative Validierung von Kom- tuelle Rahmen dient der Einordnung der in der österrei-
petenzen Dokumente produzieren, die zwar zu keinen chischen Praxis existierenden Verfahren. Bevor die gegen-
Berechtigungen führen, die aber für die Erwerbschancen seitigen Bezüge beschrieben werden können, braucht es

54
5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

eine Definition der vier institutionellen Zielsysteme insti- Die Nostrifikation oder Gleichhaltung von Zeugnissen ist
tutioneller Anerkennungs- und Validierungsverfahren in dann nicht erforderlich, wenn sie durch andere Verfahren
Österreich. Die beiden Dimensionen stellen den Rahmen ersetzt wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Auf-
einer Matrix dar, die vertikal nach den Typen der Anerken- nahme in eine Schule angestrebt wird und die Ablegung
nungs- und Validierungsverfahren und horizontal nach von Einstufungsprüfungen nach § 3 Abs. 6 des Schulun-
Zielsystemen der institutionellen Anerkennung und Vali- terrichtsgesetzes (SchUG) möglich ist. Ein anderer Fall ist
dierung aufgebaut ist (Tabelle 4). dann gegeben, wenn der unmittelbare Berufszugang an-
gestrebt wird, der durch die Richtlinie 2005/36/EG schon
5.2.1. Zielsysteme der institutionellen geregelt wird.
Anerkennung und Validierung
Unter den Zielsystemen institutioneller Anerkennungs- Ein relativ junges Verfahren ist die Bewertung ausländi-
und Validierungsverfahren kann man diejenigen institu- scher Schulzeugnisse, das ebenfalls durch das BMBF durch-
tionellen Kontexte verstehen, in denen bzw. für die An- geführt wird. Es soll die Einschätzung des Werts von im
erkennungen und Validierungen vorgenommen werden. Ausland erworbenen Schulabschlüssen erleichtern und
Es handelt sich dabei um unterschiedliche Bereiche des auch bei der Arbeitssuche helfen; es ersetzt aber nicht die
nationalen Bildungs- und Qualifikationssystems. Das sind Nostrifizierung von Zeugnissen oder die Anerkennung
jene Stellen, die für die Vergabe von Qualifikationen und von Berufsqualifikationen, die eine Voraussetzung für den
die damit verbundenen Berechtigungen zuständig sind. Zugang zu reglementierten Berufen sein kann.
Für Österreich schlägt Lachmayr (2008) die sehr hilfreiche
Unterscheidung zwischen den vier Zielsystemen Schule, Für die Validierung von Kompetenzen, die außerhalb
Hochschule, Lehre und reglementierte Berufe vor, mit der des formalen Schulsystems, also in nicht-formalen oder
wir unseren konzeptionellen Rahmen vervollständigen. informellen Kontexten, erworben wurden, gibt es eine
Andere Länder könnten vermutlich auch mit weniger Ziel- ganze Reihe bekannter Verfahren. Dazu gehört die Exter-
systemen beschrieben werden (z.B. formales Bildungssys- nistenreifeprüfung, mit der das Reifezeugnis für allgemein
tem und reglementierte Berufe). bildende höhere Schulen auf dem zweiten Bildungsweg
nachgeholt werden kann. Im Einzelfall unterscheiden sich
5.2.2. Schulische Anerkennung die Anforderungen je nach Lehrplan des jeweiligen Schul-
und Validierung typs, Ansuchen auf Zulassung zur Prüfung sind beim zu-
Die bekannteste Form der Anerkennung ausländischer ständigen Landesschulrat einzuholen.
Qualifikationen im Schulbereich ist die Nostrifikation
ausländischer Zeugnisse, die sowohl Jahres- als auch Ab- Auch die Berufsreifeprüfung führt zur allgemeinen Hoch-
schluss-(Reife-)Zeugnisse betreffen kann. Je nach Schul- schulreife. Kandidat/innen müssen Abschlüsse von be-
typ ist eine von sieben Abteilungen des Bundesministeri- rufsorientierten Ausbildungen vorweisen können und
ums für Bildung und Frauen (BMBF) zuständig. eine Prüfung aus vier Teilbereichen (Mathematik, Deutsch,
eine Fremdsprache, eigenes Berufsfeld) absolvieren. An-
Zu gleichen Berechtigungen wie das heimische Reifezeug- träge auf Zulassung zur Berufsreifeprüfung können bei
nis führt auch die Gleichwertigkeit von Reifezeugnissen durch einer öffentlichen höheren Schule eingebracht werden.
Abkommen, die Österreich in bilateralen oder multilateralen
Verträgen mit 48 Ländern geschlossen hat. Sie wird in der Re- Externistenprüfungen für das Nachholen des Pflichtschul-
gel durch die aufnehmende Hochschule im Rahmen der indi- abschlusses (bis 2012 Hauptschulabschluss) sind bei einer
viduellen Zulassung zu einem Studium vorgenommen. Da- öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestat-
von unabhängige, selbstständige Bestätigungen sind zwar teten Neuen Mittelschule zu beantragen. Die Prüfung be-
rechtlich nicht notwendig, können aber vom Nationalen In- steht aus vier Pflichtfächern (Deutsch, Mathematik, Eng-
formationszentrum für akademische Anerkennung (NARIC), lisch, Berufsorientierung) und zwei Wahlfächern, die aus
das im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und vier Themengebieten auszuwählen sind (Kreativität und
Wirtschaft (BMWFW) angesiedelt ist, ausgestellt werden. Gestaltung, Gesundheit und Soziales, Weitere ­Sprache,

55
Natur und Technik). Bereits positiv absolvierte Fächer kön­ An österreichischen Hochschulen gibt es zumindest zwei
nen angerechnet werden. Möglichkeiten, nicht-formal und informell erworbene
Kompetenzen validieren zu lassen. So ist die Studienbe-
5.2.3. Hochschulische Anerkennung rechtigungsprüfung eine Möglichkeit, keine allgemeine,
und Validierung aber zumindest eine auf bestimmte Fächergruppen ein-
Die Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade ist geschränkte Studienberechtigung zu erwerben. Studi-
zwar die bekannteste Form der Anerkennung ausländi- enberechtigungsprüfungen werden an Universitäten,
scher Qualifikationen im akademischen Bereich, sie hat Fachhochschulen (FHS), Pädagogischen Hochschulen
aber in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung verlo- und Kollegs angeboten. Nur an den FHS besteht die Mög-
ren. Dies hängt vor allem mit der Richtlinie 2005/36/EG zur lichkeit, berufliche Qualifikationen als Zulassungsvoraus-
Anerkennung von Berufsqualifikationen (Europäisches setzung anerkennen zu lassen, wobei die zuständige FHS
Parlament & Rat der Europäischen Union 2005) zusam- noch Zusatzprüfungen einfordern kann.
men, die die Anerkennung vieler beruflicher Qualifikati-
onen innerhalb der EU automatisiert. Da es sich bei der 5.2.4. Anerkennung und Validierung
Nostrifizierung um ein aufwändiges Verfahren handelt, in der Lehre
kann sie nur dann beantragt werden, wenn nachgewiesen Das duale Berufsbildungssystem in der Form der Lehre, das
wird, dass sie zwingend für die Berufsausübung oder die insgesamt 205 Lehrberufe kennt, hat im österreichischen
Fortsetzung der Ausbildung notwendig ist. Anträge auf Bildungssystem einen besonders hohen Stellenwert und
Nostrifizierung, die direkt an die dafür zuständigen, au- genießt auf dem Arbeitsmarkt besondere Reputation, auch
tonomen Hochschulen zu richten sind, werden vor allem wenn es noch andere Formen der Berufsausbildung und
in Zusammenhang mit Abschlüssen aus Drittstaaten ge- der Berufszugänge gibt. Im Zusammenhang mit der Aner-
stellt, da diese nicht von der Richtlinie 2005/36/EG erfasst kennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen ist
werden. Eine andere Form der auf Gleichwertigkeit abzie- die Gleichhaltung eines Berufsausbildungszeugnisses mit der
lenden Anerkennung ist die Gleichwertigkeit aufgrund von österreichischen Lehrabschlussprüfung (LAP) ein beson-
Abkommen, die von NARIC bestätigt werden kann. ders wichtiges Verfahren, für das das BMWFW zuständig
ist. Daneben existiert noch das Instrument der Gleichhal-
In die Kategorie Anrechnung von Qualifikationen fällt die tung auf Basis von Berufsbildungsabkommen. Da aber nur
Bestätigung der Gleichwertigkeit von Reifezeugnissen durch wenige Länder (v.a. Deutschland und die Schweiz) über ein
Entscheid der Hochschule, die im Zuge von individuellen vergleichbares, duales Berufsbildungssystem verfügen, hat
Zulassungsverfahren erfolgen kann. Hochschulen haben dieses Instrument nur geringe Bedeutung, Bestätigungen
auch die Möglichkeit zur Anerkennung von Prüfungen für können vom BMWFW ausgestellt werden.
das (Weiter-)Studium. Aus Sicht der betroffenen Hoch-
schule fällt darunter einerseits die Entscheidung, welche Auch im Bereich der Lehre gibt es die Möglichkeit zur Va-
ausländischen Qualifikationen zur Erfüllung der Zulas- lidierung nicht-formal oder informell erworbener Kompe-
sungsvoraussetzungen für ein weiterführendes Studium tenzen, nämlich durch die außerordentliche Zulassung zur
(Master, PhD) anerkannt werden und andererseits die Lehrabschlussprüfung (LAP) im zweiten Bildungsweg. An-
Möglichkeit, im Ausland erworbene Prüfungszeugnisse suchen auf Zulassung zur Prüfung sind an die Bezirksver-
auf Teile des im Inland zu absolvierenden Studiums anzu- waltungsbehörde zu richten, durchgeführt wird sie von
rechnen. der zuständigen Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer
(WKO) im jeweiligen Bundesland.

56
5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

5.2.5. Anerkennung und Validierung — die automatische Anerkennung auf Basis


reglementierter Berufe harmonisierter Ausbildungserfordernisse
Während das vom Arbeitsmarktservice erstellte Berufslexi- (die vor allem in den Gesundheitsberufen zur
kon derzeit 1.79828 Berufe auflistet, sind in der Reglemen- Anwendung kommt und auf einer taxativen Auf-
tierte Berufe Datenbank der Europäischen Kommission29 listung der innerhalb der EU gleichzuhaltenden
nur 22930 reglementierte Berufe für Österreich registriert. Ausbildungsnachweise basiert).
Reglementierte Berufe stellen somit nur eine Minderheit
unter allen Berufen dar, aber die Mehrheit aller instituti- Für Qualifikationen aus Drittstaaten gelten andere Re-
onalisierten Verfahren zur Anerkennung und Validierung. gelungen und oft auch andere Zuständigkeiten. Für
Das ist nicht verwunderlich, ist doch für die Ausübung ei- akademische Berufsqualifikationen sind zumeist Nostrifi-
nes reglementierten Berufes ein Diplom oder ein anderer zierungen zu erbringen, die von den zuständigen Berufs-
Befähigungsnachweis zu erbringen. behörden als Entscheidungsgrundlagen herangezogen
werden. Bei anderen Berufsqualifikationen werden meist
Reglementierte Berufe sind also dadurch gekennzeichnet, Gleichhaltungsverfahren durchgeführt. Die genannte
dass Rechts- und Verwaltungsvorschriften den Nachweis Richtlinie 2005/36/EG legt fest, dass in einem Drittland
bestimmter Qualifikationen als Voraussetzung für den ausgestellte Ausbildungsnachweise gleichgestellt sind,
Berufszugang und das Recht der Berufsausübung festle- sofern der/die Inhaber/in in dem betreffenden Beruf über
gen. Da es für nicht reglementierte Berufe keine solchen drei Jahre Berufserfahrung im Hoheitsgebiet des EU-Mit-
Vorschriften gibt, die den Berufszugang rechtlich regeln, gliedstaates, der diesen Ausbildungsnachweis anerkannt
kann es auch keine verbindlichen Vorschriften für die An- hat, verfügt und dieser EU-Mitgliedstaat diese Berufser-
erkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen fahrung bescheinigt (Artikel 3, Absatz 3).
geben.
Insgesamt sind die Zuständigkeiten in den reglemen-
Im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer tierten Berufen aufgrund der Vielzahl der betroffenen
Berufsqualifikationen ist zwischen Qualifikationen aus der Berufsbehörden vergleichsweise unübersichtlich. Im öf-
EU und Qualifikationen aus Drittstaaten zu unterscheiden. fentlichen Bereich spielen oft auch die Arbeitgeber (Bund,
Für EU-/EWR-Länder und die Schweiz definiert die Richtli- Länder) eine Rolle bei der Berufszulassung. Um aus dieser
nie 2005/36/EG vier Formen der Anerkennung von Berufs- Vielzahl der Zuständigkeiten eine gewisse Übersicht her-
qualifikationen: zustellen, wird im Folgenden auf größere Cluster relevan-
ter Berufsgruppen eingegangen.
— die Anzeige grenzüberschreitender Dienstleistungen
für Personen, die keine Niederlassung anstreben Der am eindeutigsten zu definierende Cluster ist die
und nur vorübergehend Dienstleistungen Gruppe der freien Berufe, zu denen neun Berufsstände ge-
erbringen; hören, die jeweils auch in eigenen Kammern organisiert
— die Gleichhaltung von Ausbildungsnachweisen, sind: Apotheker/in, Arzt/Ärztin, Notar/in, Patentanwalt/
die den Vergleich der ausländischen Ausbildungs- Patentanwältin, Rechtsanwalt/Rechtsanwältin, Tierarzt/
nachweise mit im Inland geforderten Ausbildungen Tierärztin, Wirtschaftstreuhänder/in, Zahnarzt/Zahnärztin
anstellt; und Ziviltechniker/in. Innerhalb der EU werden die meis-
— die Anerkennung von Berufserfahrungen, ten dieser Berufe auf Basis harmonisierter Qualifikations-
wenn sie im Herkunftsland als Nachweis für voraussetzungen automatisch anerkannt, Qualifikationen
die Berufsbefähigung genügt; und aus Drittstaaten müssen nostrifiziert werden, bevor die

28
http://www.berufslexikon.at/berufsliste?lexikonauswahl&alle
29
http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/regprof/index.cfm?action=map
30
Es handelt sich hier zwar um die wohl umfassendste Liste reglementierter Berufe in Österreich, die aber trotzdem noch unvollständig ist, da einige Berufe, v.a. aus dem
staatsnahen Bereich (z.B. Bahn, Flugverkehr) oder aus der Hoheitsverwaltung (z.B. Polizei, Justizwache) fehlen.

57
zuständige Berufsbehörde oder Kammer über ihre Aner- ständigkeit des Bundes, während Lehrende an FHS und
kennung entscheiden. neueintretende Universitätslehrende (seit dem UG 2002)
nicht als öffentlich Bedienstete gelten. Bei den öffentlich
Während in den meisten reglementierten Berufen die Bediensteten gibt es jedenfalls, abhängig vom jeweiligen
Qualifikationsvoraussetzung für den Berufszugang ad Arbeitgeber, entweder Länder- oder Bundeszuständig-
personam gilt, gilt die Qualifikationsvoraussetzung im keiten für die Anerkennung von im Ausland erworbenen
Fall der reglementierten Gewerbe nur für den Betriebsleiter Qualifikationen.
oder Meister. Die österreichische Gewerbeordnung kennt
derzeit 80 reglementierte Gewerbe. Für die Anerkennung Auch viele land- und forstwirtschaftliche Berufe sind re-
von Berufsqualifikationen aus EU-Staaten ist das BMWFW glementiert. Die Zuständigkeit für die Anerkennung
zuständig, das auch detaillierte Statistiken über alle Ver- ausländischer Qualifikationen untersteht dem Bundes-
fahrenstypen führt. Für Personen aus Drittstaaten ist der ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
individuelle Befähigungsnachweis ein Weg, um in Öster- Wasserwirtschaft (BMLFUW), nur die land- und forstwirt-
reich eine Berufszulassung als Betriebsleiter in einem re- schaftlichen Meisterberufe fallen in die Kompetenz der
glementierten Gewerbe zu erlangen. Anträge dafür sind Länder.
bei der regionalen Gewerbehörde (Bezirkshauptmann-
schaft, Magistrat) zu stellen, die gemeinsam mit der regi- Eine besonders differenzierte Struktur weist auch die
onalen Wirtschaftskammer die Gleichwertigkeit von Aus- kleine Gruppe der Buchhaltungsberufe auf. Selbstständi-
bildungsnachweisen überprüft. ge Buchhalter/innen können entweder zur Paritätischen
Kommission oder zur Kammer der Wirtschaftstreuhänder
Für die Ausübung eines nichtärztlichen Gesundheitsberu- ressortieren. Bilanzbuchhalter/innen, Personalverrech-
fes bedarf es der individuellen Berufsberechtigung der ner/innen und Buchhalter/innen fallen ausschließlich in
ausübenden Person. Mit Ausnahme der Apotheker/innen die Zuständigkeit der Paritätischen Kommission, während
und der Hebammen, bei denen die jeweiligen Berufsver- gewerbliche Buchhalter/innen dem BMWFW unterstehen.
tretungen zuständig sind, fällt die Berufszulassung nach In einigen wenigen reglementierten Berufen kann die Be-
der Richtlinie 2005/36/EG in die Verantwortung des Bun- rufszulassung durch die Validierung nicht-formaler oder
desministeriums für Gesundheit (BMG). Bei Qualifikatio- informell angeeigneter Kompetenzen, im Besonderen
nen aus Drittstaaten sind die Bundesländer für die Aner- durch die Validierung von Berufserfahrung, erworben
kennung zuständig. werden. Dies gilt vor allem für die in der Gewerbeordnung
geregelten Verfahren der Meisterprüfung, Befähigungs-
Eine besondere Kategorie ist die Gruppe der pädagogi- prüfung, Unternehmerprüfung und Ausbildnerprüfung,
schen Berufe und der Berufe im öffentlichen Dienst, da in die als Formen der summativen Verfahren angesehen
beiden Fällen (meist) öffentliche Arbeitgeber, also Bund werden können. Ein weiteres summatives Validierungs-
oder Länder, über die Berufszulassung entscheiden und verfahren ist die Verleihung des Berufstitels Ingenieur/in,
dementsprechende juristische Regelungen erlassen. Leh- die ein österreichisches HTL-Zeugnis (oder den Nachweis
rende an Volks-, Haupt- und Berufsschulen fallen in die gleichwertiger Qualifikation) sowie ein Mindestmaß an
Zuständigkeit der Länder, Lehrende an allgemeinbilden- einschlägiger Praxis voraussetzt. Je nach Sparte wird die-
den oder berufsbildenden höheren Schulen in die Zu- ser Berufstitel vom BMWFW oder vom BMLFUW verliehen.

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5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

Tabelle 4: Institutionalisierte Anerkennungs- und Validierungsverfahren in Österreich

schule Hochschule Lehre Reglementierte Berufe

EU/EWR, Schweiz Drittstaaten

Anerkennung Nostrifikation Nostrifizierung Gleichhaltung Anzeige Nostrifizierung


von Qualifikationen ausländischer ausländischer des Berufsausbil- grenzüber- Gleichhaltung
Schul- und Reife- akademischer dungszeugnisses mit schreitender
zeugnisse Grade der österreichischen Dienstleistungen
Lehrabschluss-
Gleichwertigkeit Gleichwertigkeit prüfung (LAP) Gleichhaltung
von Reifezeugnissen durch Abkommen on Ausbildungs­
aufgrund von Gleichhaltung nachweisen
Abkommen auf Basis von
Berufsausbildungs­ Anerkennung
abkommen von Berufs­
erfahrungen

Automatische
Anerkennung
auf Basis harmoni­
sierter Ausbildungs­
erfordernisse

Anrechnung Einstufungs­- Gleichwertigkeit Gleichhaltung Gleichhaltung


von Qualifikationen prüfungen von Reifezeugnissen von Reifezeugnissen von Reifezeugnissen für die
durch Entscheid der für die Lehrab- Gewerbe­berechtigung
Hochschule schlussprüfung (LAP)

Anerkennung
von Prüfungen und
Diplomen für das
(Weiter-)Studium

Bewertung Bewertung Empfehlung zur


von Qualifikationen ausländischer Bewertung
Zeugnisse ausländischer
Hochschuldiplome

Formale – Externisten­ – Studienberechti- Außerordentliche


Validierung reifeprüfung gungsprüfung Zulassung zur
von Kompetenzen – Berufsreifeprüfung – Berufliche Lehrabschlussprü-
– Nachholen des Qualifikation fung (LAP)
Pflichtschulab- als Zugangsvoraus- im zweiten
schlusses setzung für FHS Bildungsweg

Summative Verleihung des Berufstitels Ingenieur


Validierung Meisterprüfung – Befähigungsprüfung –
von Kompetenzen Unternehmerprüfung – Ausbilderprüfung

Formative
Validierung
von Kompetenzen

Quelle: in Anlehnung an Pfeffer/Skrivanek 2013: 69

59
5.3. Jüngere Entwicklungen im Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsu-
Kontext von Anerkennungs- und mentenschutz (BMASK) finanzierte im Jänner 2013 die
Validierungsverfahren Gründung der ersten Anlaufstellen für Personen mit im Aus-
land erworbenen Qualifikationen – AST34, die sich als Bera-
Während sich die vorangegangenen Abschnitte vor allem tungs- und Unterstützungseinrichtungen für Antragsstel-
mit den konkreten, sehr differenzierten Anerkennungs- ler/innen verstehen, nicht aber selbst Anerkennungen
und Validierungsverfahren beschäftigt haben, muss vornehmen können. Insgesamt wurden die AST sowohl in
darauf hingewiesen werden, dass spätestens seit 2011 der arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Praxis als auch
einige wichtige Veränderungen im Umfeld dieser Aner- international sehr positiv aufgenommen.
kennungs- und Validierungsverfahren stattgefunden ha-
ben. Bemerkenswerterweise sind die Initiativen dazu von Die Bewertung ausländischer Qualifikationen wurde ur-
zwei fachfremden Ministerien gekommen, die zwar nicht sprünglich von NARIC (früher BMWF, jetzt BMWFW) für
direkt mit der Durchführung von Anerkennungs- und Va- den Bereich der akademischen Abschlüsse entwickelt und
lidierungsverfahren befasst sind, aber umso stärker vom erfreute sich schon bald einer großen Nachfrage bei den
Erfolg dieser Verfahren betroffen sind. Antragssteller/innen. Die Bewertung soll „Grundlage für
eine zielgerechte und qualifikationsadäquate Betreuung
Das damals noch junge Staatssekretariat für Integration durch das Arbeitsmarktservice sein und in erster Linie zur
im Bundesministerium für Inneres (BMI) beauftragte 2011 Orientierung und Positionierung für ArbeitnehmerInnen
eine Studie zum Thema Anerkennung ausländischer Qua- und ArbeitgeberInnen dienen“ (AST Jänner 2014). Zu be-
lifikationen und informeller Kompetenzen (Biffl/Pfeffer/ achten ist, dass die Bewertung nicht mit einer Anerken-
Skrivanek 2012), die die Grundlage für die sehr erfolgrei- nung gleichzusetzen ist. Bewertungen haben keine un-
che Website zur Berufsanerkennung31 sowie die Broschüre mittelbare Rechtswirkung. Die Bewertung kennzeichnet
Anerkennungs-ABC32 bilden sollte. sich durch drei wesentliche Inhalte aus. Es wird der Status
der ausländischen Hochschule überprüft, der Lehrplan
Auf dieser Website befinden sich Informationen zum An- des Studienabschlusses mit Lehrplänen österreichischer
erkennungsprozess von über 1.800 Berufen. Ferner kön- Bildungseinrichtungen verglichen und die Führung des
nen Benutzer/innen in wenigen Schritten durch Eingabe ausländischen akademischen Grades geklärt (AST No-
ihres Berufes bzw. ihrer Ausbildung sowie ihres Herkunfts- vember 2014).
landes erfahren, ob eine formale Anerkennung in Öster-
reich für die Ausübung des Berufs nötig ist bzw. welche Die große Nachfrage nach Bewertungen von ausländi-
Stelle für den Anerkennungsprozess zuständig ist (ÖIF schen Hochschuldiplomen veranlasste das BMBF dazu,
2015; Bichl 2015: 3). nach dem gleichen Muster ähnliche Bewertungen für
ausländische Schulabschlüsse anzubieten. Um die Nach-
Darüber hinaus wurde auch das Netzwerk Anerkennung33 frage durch elektronisch unterstützte Prozesse leichter
als zentrale Kommunikationsdrehscheibe für sämtliche bewältigen zu können, wurde für beide Verfahren jeweils
institutionelle Partner/innen im Bereich der beruflichen eine Website zur elektronischen Antragsstellung und Ein-
Anerkennung in Österreich eingerichtet. Es wird vom Ös- reichung von Unterlagen entwickelt. Für die Bewertung
terreichischen Integrationsfonds in Kooperation mit dem akademischer Abschlüsse ist dies www.aais.at, für die Be-
Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres wertung schulischer Abschlüsse www.asbb.at.
koordiniert. In zwei- bis dreimal jährlich stattfindenden
Treffen werden Informationen ausgetauscht, die das The-
ma Anerkennung weiter vorantreiben.

31
http://www.berufsanerkennung.at/
32
http://www.integrationsfonds.at/themen/publikationen/anerkennungs-abc/
33
http://web.integrationsfonds.at/news/aktuelle_news/netzwerk_anerkennung/
34
http://www.anlaufstelle-anerkennung.at/anlaufstellen

60
5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

In direktem Zusammenhang mit den Initiativen des gliedern unterzeichnet. Das Lissabonner Übereinkommen
Staatssekretariats für Integration (nunmehr aufgegan- ersetzt eine Reihe von älteren Dokumenten, die bis in die
gen im Bundesministerium für Europa, Integration und 1950er und 1960er zurückreichen und die sich mit Fragen
Äußeres – BMEIA) und des BMASK steht auch die derzeit der Qualifikation zum Hochschulstudium und der Aner-
stattfindende Vorbereitung eines österreichischen Aner- kennung ausländischer Hochschuldiplome beschäftigten.
kennungsgesetzes, wie es auch im Regierungsprogramm In Bezug auf Hochschuldiplome regelt das Übereinkom-
vorgesehen ist. Ebenfalls wichtige Impulse können von men die verbindliche Anerkennung von Diplomen aus
der Entwicklung einer nationalen Strategie zur Validierung anderen Ländern, solange keine signifikanten Unterschie-
nicht-formalen und informellen Lernens ausgehen. Zur Um- de zur jeweiligen heimischen Qualifikation bestehen. Da-
setzung der Ratsempfehlung 2012/C 398/01 (Rat der Eu- durch wird die Beweislast vom/von der Antragssteller/in
ropäischen Union 2012) wird in diesem Zusammenhang zur zuständigen Behörde verschoben. In einigen Ländern
gerade35 ein Konsultationsdokument (BMBF 2015) disku- (z.B. Österreich) wird diese Regelung als automatische
tiert, in dem allerdings die Dimension der aus dem Aus- Anerkennung interpretiert, die in den meisten Fällen kei-
land mitgebrachten, nicht-formal oder informell erworbe- ne weiteren administrativen Aktivitäten nach sich zieht.
nen Kompetenzen fehlt. Das Lissabonner Übereinkommen unterscheidet auch
zwischen der Anerkennung von Qualifikationen (die im
Zweifelsfall verweigert werden kann) und dem generellen
5.4. Europäische Initiativen Recht auf eine schriftliche Beurteilung von mitgebrachten
zur Mobilität von Qualifikationen Qualifikationen. Dieser Passus bildete die Grundlage für
und Kompetenzen das Verfahren zur Bewertung von ausländischen Hoch-
schuldiplomen, das vom österreichischen NARIC-Büro
Die österreichischen Aktivitäten stehen im Kontext euro- entwickelt wurde.
päischer Initiativen zur Mobilität von Qualifikationen und
Kompetenzen. Auch hier kann wieder die Unterscheidung Auf Vorschlag der EU-Kommission beschlossen das Euro-
zwischen ‚rechtlich bindend‘ und ‚rechtlich nicht-bindend‘ päische Parlament und der Rat der Europäischen Union
angewandt werden, allerdings auf einer zwischenstaat- 2005 die Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikatio-
lichen Ebene. In der vorliegenden Ausarbeitung wird nen 2005/36/EG (Europäisches Parlament & Rat der Euro-
zwischen politisch-legistischen Regelungen zur Anerken- päischen Union 2005). Die Richtlinie ersetzte 15 fachspezi-
nung und Validierung, der Harmonisierung von Qualifi- fische Regelungen und führte sie in einem gemeinsamen
kationssystemen, der Etablierung von Qualifikationsrah- Dokument zusammen. Die Richtlinie beschäftigt sich aus-
men, der Einführung von Transparenzinstrumenten sowie schließlich mit reglementierten Berufen und definiert für
dem Aufbau institutioneller Infrastruktur unterschieden diese vier Arten der Anerkennung, nämlich die Anzeige
(Tabelle 5). grenzüberschreitender Dienstleistungen, die Gleichhal-
tung von Ausbildungsnachweisen, die Anerkennung von
5.4.1. Regelungen zu Anerkennung Berufserfahrungen und die automatische Anerkennung
und Validierung auf Basis harmonisierter Ausbildungserfordernisse (vgl.
Das Lissabonner Anerkennungsübereinkommen (Überein- dazu auch den obigen Abschnitt zur Anerkennung und
kommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Validierung reglementierter Berufe). Solange die in der
Hochschulbereich in der Europäischen Region, Europarat Richtlinie angeführten Kriterien erfüllt werden, haben An-
& UNESCO 1997) wurde 1997 im Rahmen einer diploma- tragssteller/innen das verbriefte Recht auf Anerkennung
tischen Konferenz unterzeichnet und bisher von 45 (der ihrer Berufsqualifikationen.
47) Mitgliedern des Europarats, sowie von 8 Nicht-Mit-

35
Stand: August 2015

61
Anders verhält es sich mit den Empfehlungen des Rates (Bachelor/Master/PhD), gemeinsame Prinzipien der Qua-
der Europäischen Union zur Validierung nichtformalen und litätssicherung und Maßnahmen zur erleichterten Aner-
informellen Lernens 2012/C 398/01 (Rat der Europäischen kennung von Diplomen und Studienzeiten. Zu diesem
Union 2012), mit denen Mitgliedsstaaten der Europäi- Zweck wurde das European Credit Transfer System (ECTS)
schen Union in unverbindlicher (nicht einklagbarer) Wei- eingeführt, um die Arbeitsbelastung von Studierenden in
se dazu angehalten werden, nach eigenem Ermessen bis einer allgemein verständlichen Weise darstellen zu kön-
2018 einzelstaatliche Verfahren für die Validierung nicht- nen. Das Diploma Supplement als Anhang zum jeweiligen
formal oder informell erworbener Kompetenzen zu entwi- Hochschuldiplom soll in standardisierter Weise Lerner-
ckeln. In Österreich wird derzeit an der Entwicklung einer gebnisse und die Inhalte individueller Studienleistungen
nationalen Strategie zur Umsetzung dieser Ratsempfeh- beschreiben und somit die Transparenz und Vergleichbar-
lung gearbeitet (BMBF 2015). keit zwischen Studienabschlüssen unterstützen.

5.4.2. Harmonisierung von Bildungs- In Anlehnung an den Bologna Prozess haben die für Be-
und Qualifikationssystemen rufsbildung zuständigen Minister/innen gemeinsam mit
Der Bologna Prozess wurde 1998 von der Sorbonner der EU-Kommission 2002 den Kopenhagen Prozess ge-
Erklärung ausgelöst und 1999 mit der Bologna Erklä-
­ startet. Die entsprechende Erklärung wurde bisher von
rung offiziell gestartet. Er basiert auf der multilateralen 27 EU-Mitgliedsländern und 6 Drittstaaten unterzeichnet.
und nicht-bindenden Übereinkunft der Hochschul­­­­- Die wichtigsten Themen des Kopenhagen Prozesses sind
minis­­­­­­­­ter/innen aus gegenwärtig 47 europäischen Län- die Stärkung der europäischen Dimension in der Berufs-
dern zur ­ Harmonisierung der beteiligten nationalen bildung, Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung,
Hochschulsysteme. Ein wichtiges Element des Bologna Transparenz und Informationsaustausch sowie die Aner-
Prozesses sind die zweijährig stattfindenden Treffen der kennung von Qualifikationen und Kompetenzen. Ergeb-
Hochschul­minister/innen, in denen nicht nur bisherige Er- nisse des Kopenhagen Prozesses sind der Europass zur
gebnisse reflektiert, sondern auch künftige Zielsetzungen Dokumentation individueller Qualifikationen und Kom-
entwickelt werden. Das übergeordnete Ziel ist die Schaf- petenzen, der Europäische Qualifikationsrahmen EQR, ein
fung eines Europäischen Hochschulraums, der Mobilität, gemeinsamer Rahmen für die Qualitätssicherung in der
Beschäftigungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit in Eu- Berufsbildung (EQAVET) und ein für den Berufsbildungs-
ropa fördern soll (Biffl 2003). Die wichtigsten Instrumen- bereich geschaffenes Credit Transfer System (ECVET).
te sind die Harmonisierung der Qualifikationsarchitektur

62
5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

Tabelle 5: Europäische Initiativen zur Mobilität von Qualifikationen:


Regelungen, Instrumente, Infrastruktur

Rechtlich bindend Rechtlich nicht-bindend

Regelungen zu Lissabonner Anerkennungsübereinkommen Empfehlung zur Validierung nicht-formalen


Anerkennung und Validierung und informellen Lernens
Richtlinie 2005/36/EG
Anerkennung Berufsqualifikationen

Harmonisierung von Bologna Prozess


Qualifikationssystemen
Kopenhagen Prozess

Qualifikationsrahmen QR-EHEA

EQR/NQR

Transparenzinstrumente ECTS (+ ECVET)

Europass/Diploma Supplement

European Professional Card

Institutionelle Infrastruktur, Nationale Büros des ENIC-NARIC Netzwerks


EU
Nationale Bologna Servicestellen, Expert/innen, Koordinator/innen

Nationale Kontaktstelle für Richtlinie 2005/36/EG

Nationale Koordinierungsstellen für den NQR

Institutionelle Infrastruktur, Berufsanerkennungsportal www.berufsanerkennung.at und Broschüre Anerkennungs-ABC


österreichische Besonderheiten
Netzwerk Anerkennung

Anlaufstellen für Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen - AST

Bewertungsportale www.aais.at, www.asbb.at

Quelle: in Anlehnung an Biffl/Pfeffer 2013: 10

5.4.3. Qualifikationsrahmen wechsel vollzogen. Statt wie vormals die Inputs, wie z.B.
Das Konzept für einen Qualifikationsrahmen für den Euro- Kursinhalte, Curricula, heranzuziehen, wurden Qualifika-
päischen Hochschulraum (QF-EHEA) wurde während der tionsebenen anhand von Outputs, nämlich unterschied-
Bergen Konferenz 2005 von den zuständigen Hochschul- lichen Lernergebnissen, unterscheidbar gemacht. Das
minister/innen beschlossen (European Ministers Respon- Konzept sah vor, Lernergebnisse anhand von 5 Deskrip-
sible for Higher Education 2005). Der QF-EHEA wurde im toren darzustellen. Diese sind Wissen und Verständnis;
Verlauf des Bologna Prozesses entwickelt und sollte drei die Fähigkeit, Wissen und Verständnis anzuwenden; die
Qualifikationsebenen unterscheiden: Bachelor, Master Fähigkeit, sich ein informiertes Urteil bilden zu können;
und PhD. Um Qualifikationen diesen drei Ebenen zuord- Kommunikationsfähigkeit und die Fähigkeit zu lernen.
nen zu können, wurde gewissermaßen ein Paradigmen-

63
Nur drei Jahre nach der Einführung des QF-EHEA veröf- des jeweiligen Hochschuldiploms erworben hat;
fentlichten das Europäische Parlament und der Rat der — die Europass-Zeugniserklärung,
Europäischen Union ihre Empfehlung zur Einrichtung die die Lernergebnisse des/der Inhabers/in des
des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges jeweiligen Berufsabschlusszeugnisses erklärt.
Lernen – EQR (Europäisches Parlament & Rat der Europäi-
schen Union 2008). Im Gegensatz zum QF-EHEA umfasste Während die ersten beiden Dokumente nach standardi-
der EQR nunmehr alle Stufen des formalen Bildungssys- sierten Formvorgaben von der Person selbst erstellt wer-
tems, von der Grundschule bis zur Hochschule, wobei die den, sind die letzten drei Dokumente von den jeweils zu-
Ebenen des QF-EHEA die höchsten drei der insgesamt ständigen Bildungsinstitutionen auszustellen.
acht Ebenen des EQR darstellen. Ähnlich wie der QF-EHEA
hat auch der EQR einen starken Fokus auf die Lernergeb- Ausgehend von einer Evaluierung der Berufsanerken-
nisse, wobei er nur drei Deskriptoren zur Beschreibung nungsrichtlinie veröffentlichte die EU-Kommission ein
von Lernergebnissen vorschlägt: Wissen (theoretisches Grünbuch zur Modernisierung der Berufsanerkennungs-
und faktenbezogenes Wissen), Fähigkeiten (kognitive und richtlinie, in dem die Einführung einer European Professi-
praktische Fähigkeiten) und Kompetenzen (Verantwor- onal Card zur Beschleunigung der Anerkennung in den
tung und Autonomie). reglementierten Berufen vorgeschlagen wurde (European
Commission, 2011). Diese Karte soll auf dem Internal Mar-
Sowohl der QF-EHEA als auch der EQR sind Instrumente, ket Information System – IMI aufbauen, einem Tool zur
die nur dann realisiert werden können, wenn sie auf natio- Verbesserung der zwischenstaatlichen Kommunikation
naler Ebene in Form von Nationalen Qualifikationsrahmen unter den zuständigen Behörden. Während derzeit die
(NQR) implementiert werden. Bis jetzt ist das erst in eini- Berufsbehörde im aufnehmenden Land für die Beglaubi-
gen Ländern der Fall (z.B. in Irland, Malta, Großbritannien gung von aus dem Ausland mitgebrachten Qualifikatio-
und Frankreich), während unter anderem in Österreich die nen zuständig ist, würde die European Professional Card
Vorarbeiten zur Implementierung eines Nationalen Quali- diese Zuständigkeit auf die Berufsbehörden im Herkunfts-
fikationsrahmens noch nicht abgeschlossen sind. land verlagern, die dann für die Ausstellung dieser Karte
verantwortlich wären. Im Aufnahmeland müsste nur mehr
5.4.4. Transparenzinstrumente die Gültigkeit der Karte, aber nicht mehr der Wert der
Mit der Entscheidung 2241/2004/EC des Europäischen Qualifikation überprüft werden. Das Konzept wird im Rah-
Parlaments und des Rates der Europäischen Union wur- men von Fallstudien mit sieben unterschiedlichen Pro-
de der Europass als verbindliches Rahmendokument für fessionen getestet. Während die definitive Entscheidung
die transparente Kommunikation über Kompetenzen und über die Einführung der Karte noch aussteht, scheint klar
Qualifikationen von Einzelpersonen etabliert (European zu sein, dass sich die EU-Kommission um Konvergenz bei
Parliament & Council 2004). Der Europass ist als Portfolio den reglementierten Berufen in der EU bemüht, indem sie
aufgebaut, das verschiedene Dokumente umfasst, etwa: die transnationale Zusammenarbeit der zuständigen Be-
rufsbehörden fördert.
— den Europass-Lebenslauf,
mit dem Personen ihre Fähigkeiten und Qualifika­ 5.4.5. Institutionelle Infrastruktur
tionen in einheitlicher Form darstellen können; Viele dieser europäischen Initiativen haben auf direktem
— das Europass-Sprachenportfolio, oder indirektem Weg den Aufbau institutioneller Unter-
ein Instrument zur Selbsteinschätzung in Bezug stützungsstrukturen zur Folge.
auf die eigenen Sprachkenntnisse;
— den Europass-Mobilitätsnachweis, Die Netzwerke von ENIC und NARIC haben ähnliche Funkti-
mit dem Lernzeiten in anderen Ländern onen, aber unterschiedliche Wurzeln. Das Europäische Netz-
dokumentiert werden; werk der Nationalen Informationszentren für Akademische An-
— den Europass-Diplomzusatz, erkennung und Mobilität (ENIC) wurde im Zusammenhang
der erklärt, welche Lernergebnisse der/die Inhaber/in mit dem Lissabonner Anerkennungsübereinkommen vom

64
5
Zugänge und Verfahren
zur Anerkennung von
im Ausland erworbenen
Qualifikationen und
Kompetenzen

Europarat und der UNESCO gegründet und erstreckt sich Zum Netzwerk der European Employment Services (EURES)
auf alle Mitgliedstaaten der Europäischen Kulturkonvention gehören öffentliche Arbeitsverwaltungen, Gewerkschaf-
bzw. auf die Region Europa nach der Definition der UNESCO. ten und Arbeitgeberverbände in der EU. Es wird von der
Im Gegensatz dazu geht das Netzwerk der Nationalen Infor- EU-Kommission koordiniert. EURES bietet Unterstützung
mationszentren für akademische Anerkennung (NARIC) auf für mobilitätswillige Arbeitskräfte innerhalb der EU und
eine Initiative der EU-Kommission im Jahr 1984 zurück und Unterstützung von Arbeitgeber/innen bei der internatio-
erstreckt sich über alle Mitgliedsländer des Europäischen nalen Rekrutierung von Arbeitskräften. Einen besonderen
Wirtschaftsraums (EWR) und die Türkei. Beide Netzwerke Schwerpunkt legt EURES dabei auf grenzüberschreitende
kooperieren eng und haben 2004 eine gemeinsame ENIC-­ Regionen. Mit der Unterstützung von mehr als 850 spe-
NARIC Charta unterzeichnet. In der Regel beraten ENIC- zialisierten Berater/innen in den nationalen Arbeitsver-
NARIC Zentren in Bezug auf die Anerkennung von Hoch- waltungen wartet EURES auch das Europäische Portal zur
schuldiplomen, in manchen Ländern beschäftigen sie sich beruflichen Mobilität.36
darüber hinaus auch mit anderen Arten von Qualifikationen.
Neben diesen Infrastrukturen, die in direktem Zusam-
Der Artikel 57 der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/ menhang mit europäischen Initiativen stehen, gibt es
EG legt fest, dass jedes EU-Mitgliedsland eine Anlaufstel- auch eine Reihe von österreichischen Besonderheiten,
le zu bestimmen hat, die als Nationaler Kontaktpunkt für die in den letzten Jahren entwickelt wurden und die die
die Berufsanerkennungsrichtlinie relevante Informationen Mobilität von im Ausland erworbenen Kompetenzen und
über reglementierte Berufe und ihre Anerkennung be- Qualifikationen unterstützen sollen, etwa das Berufs-
reitstellt. In Österreich ist der Nationale Kontaktpunkt im anerkennungsportal, das Netzwerk Anerkennung, die
BMWFW angesiedelt. In dieser Funktion ist der Nationa- Anlaufstellen für Personen mit im Ausland erworbenen
le Kontaktpunkt auch für die Verwaltung der nationalen Qualifikationen und die Websites zur elektronischen An-
Einträge in die Europäische Datenbank für reglementierte tragstellung. Sie wurden schon weiter oben in diesem Text
Berufe zuständig. Ähnlich wie die ENIC-NARIC Büros sind ausführlicher dargestellt.
auch die Nationalen Kontaktpunkte für die Berufsaner-
kennungsrichtlinie nicht selbst für Anerkennungsent-
scheidungen zuständig, sondern vermitteln den Zugang 5.5. Zusammenfassung
zu den zuständigen Berufsbehörden.
Im vorliegenden Text wurde ein theoretischer Rahmen
Teil der Empfehlungen für die Errichtung des Europäi- entworfen, der es erlaubt, einen ganzheitlichen Überblick
schen Qualifikationsrahmens war auch der Rat an die Mit- über die Gesamtheit aller Anerkennungsverfahren eines
gliedsstaaten, Nationale Koordinationspunkte für den EQR Landes zu erhalten. Dazu war es notwendig, komplexe
einzurichten. Die Aufgaben dieser Nationalen Koordinati- Definitionen von Lernkontexten und Lernergebnissen
onspunkte umfassen: darzustellen und eine differenzierte Typologie von Aner-
kennungs- und Validierungsverfahren zu entwickeln, die
— die Verknüpfung der nationalen Qualifikationsebe- auf unterschiedliche Zielsysteme anwendbar ist.
nen mit den acht Ebenen des Europäischen Qualifi-
kationsrahmens; Mithilfe dieses theoretischen Rahmens war es möglich,
— die Gewährleistung einer nachvollziehbaren Metho- eine Übersicht über die in Österreich gebräuchlichen ins-
dik für die Verknüpfung der nationalen mit den euro- titutionellen Verfahren der Anerkennung und Validierung
päischen Niveaus; zu erstellen. In der Analyse der fragmentierten österrei-
— die Sicherstellung des Zugangs der Betroffenen zu chischen Situation wird rasch deutlich, dass in Anerken-
relevanten Informationen; nungsfragen traditionell die institutionelle Logik der Bil-
— die Einbindung aller betroffenen Institutionen. dungseinrichtungen und Berufsbehörden dominiert, die

36
https://ec.europa.eu/eures/main.jsp

65
auf den Schutz bzw. die Abgrenzung der eigenen Quali- Validierung nicht-formal oder informell erworbener Kom-
fikationen abzielt. Für den Fall Österreich lässt sich sagen, petenzen, besonders deutlich im Bereich der formativen
dass in den letzten Jahren die wichtigsten Impulse zur Validierung. Auf beide Defizite wurde in der Zwischenzeit
Weiterentwicklung der Anerkennungs- und Validierungs- nicht zuletzt infolge des Vorstoßes des Staatssekretärs für
verfahren von Akteuren außerhalb des Bildungs- und Qua- Integration und späteren Ministers für Europa, Integration
lifikationssystems kamen, nämlich vom Staats­sekretariat und Äußeres reagiert. So wurde vor kurzem die Bewer-
für Integration (mittlerweile BMEIA) und vom BMASK. tung von Schulzeugnissen eingeführt und ein Konsulta-
tionspapier für eine nationale Strategie zur Validierung
Der theoretische Rahmen ermöglichte auch die Verdeut- nicht-formaler und informeller Kompetenzen befindet
lichung der Tatsache, dass es sich bei den traditionellen, sich in Begutachtung.
auf Gleichwertigkeit und der formalen Entsprechung von
Curricula abzielenden Formen der Anerkennung insofern Als sehr hilfreich hat sich auch die Differenzierung zwi-
um ein ‚Minderheitenprogramm‘ handelt, als es nur für re- schen rechtlich bindenden und rechtlich nicht-bindenden
glementierte Berufe zur Anwendung kommt. Diese Form Verfahren erwiesen. Diese Unterscheidung verdeutlicht,
der Anerkennung, der ein auf formale Äquivalenz abzie- dass mit traditionellen Anerkennungsverfahren restrikti-
lendes Verständnis von Qualifikationen zugrunde liegt, ist ver umgegangen werden muss, da an sie direkte Rechts-
systematisch blind für andere Aspekte ausländischer Qua- ansprüche geknüpft sind. Bewertungsverfahren, denen
lifikationen sowie nicht-formaler und informeller Kompe- diese Verantwortung nicht auferlegt ist, können flexibler
tenzen. Alles was nicht vollständig inländischen, formalen eingesetzt werden.
Qualifikationen entspricht, wird nicht als Qualifikation
oder Kompetenz wahrgenommen. Die Unterscheidung zwischen rechtlich bindend und
rechtlich nicht-bindend kann auch auf die Ebene euro-
Eine fundierte Untersuchung der österreichischen Ge- päischer Initiativen übertragen werden. Rechtlich bin-
samtsituation mithilfe des theoretischen Rahmens erlaubt dende Verfahren haben auch hier ihre Bedeutung. Noch
die Identifizierung von Lücken im Gesamtsystem der An- deutlicher ist aber das Bemühen auf europäischer Ebene,
erkennungs- und Validierungsverfahren in Österreich. nicht-bindende Verfahren zu entwickeln, die die Kommu-
Eine der Lücken war bis vor kurzem der Mangel einer nikation über individuelle Kompetenzen und generalisier-
Bewertungsmöglichkeit von ausländischen Schulzeug- te Qualifikationen erleichtern sollen, um auf diesem Weg
nissen. Auch fehlten breiter etablierte Möglichkeiten zur Transparenz und internationale Mobilität zu steigern.

66
6
Der Anerkennungsprozess
in der Praxis
37

Sofia Kirilova

6.1. Regelungen und Erfahrungen übung durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an


den Nachweis einer bestimmten Qualifikation gebunden
In Kapitel 5 wurden Zugänge und Verfahren zur Anerken- sind“ (Bichl 2015: 1).
nung aus theoretischer Perspektive untersucht. In diesem
Kapitel wird der Fokus hingegen auf das Thema Anerken- Eine weitere Unterscheidung wird hinsichtlich des Landes
nung in Österreich in der Praxis gelegt. Es werden Unter- vorgenommen, in welchem die Ausbildung abgeschlos-
suchungen zu den Erfahrungen von Betroffenen im Aner- sen wurde. In Fällen, in denen diese in einem EU-/EWR-
kennungsverfahren sowie von Stakeholder/innen, die im Land durch eine/n EU-/EWR-Bürger/in erworben wurde,
Bereich der Anerkennung tätig sind, beschrieben. gelten die europarechtlichen Auflagen. Dabei spielte „ins-
besondere die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen
Wie bereits dargestellt wurde, gibt es in Österreich keine Parlaments und des Rates vom 7. September über die
einheitliche Regelung hinsichtlich der Anerkennung von Anerkennung von Berufsqualifikationen“ (Bichl 2015: 1)38
im Ausland erworbenen Qualifikationen. Der Anerken- eine zentrale Rolle. Unter bestimmten Voraussetzungen
nungsprozess ist durch eine Vielzahl von Bundes- und können diese Regelungen auch auf Zuwander/innen aus
Landesgesetzen geregelt. Für die Anerkennung sind un- Drittstaaten Anwendung finden, die in einem EWR-Staat
terschiedliche Behörden und (Bildungs-)Institutionen zu- ihren Abschluss absolviert haben.
ständig. Hierbei wird unterschieden, ob es sich um eine
Anerkennung von Zeugnissen/Abschlüssen, z.B. zum Im Bereich der nicht-reglementierten Berufe ist keine
Zweck einer Weiterbildung oder einer Berufsausübung Anerkennung nötig und es liegt am Ermessen des Ar-
handelt. Hinsichtlich der beruflichen Anerkennung wird beitsgebers, wie der/die Bewerber/in arbeitsvertraglich
die Unterscheidung vorgenommen, ob es sich bei der be- eingestuft wird. Hierbei hängt der Wert der erworbenen
ruflichen Tätigkeit um einen reglementierten Beruf oder Qualifikation nicht von speziellen Rechtsvorschriften
um eine Beschäftigung in einem nicht-reglementierten ab, sondern vom Verhalten des Arbeitsmarktes bzw. der
Bereich handelt (Bichl 2015: 1). „Ein Beruf ist dann reg- generellen Arbeitsmarktlage. Problematisch ist jedoch,
lementiert, wenn der Berufszugang und die Berufsaus- dass in der Praxis der Arbeitsmarkt oftmals eine formale

37
Literaturverzeichnis siehe S. 135
Richtlinie wurde novelliert durch 2013/55/EU
38

67
Anerkennung „erfordert“. Dies wird an folgenden Gege- dem „Wert“ einer österreichischen Ausbildung zu große
benheiten sichtbar: Kollektivverträge und insbesondere Bedeutung beigemessen. Wirksame Antidiskriminierungs-­
deren reale Auslegung zielen zum Teil immer noch auf und Gleichbehandlungsregelungen sind hier gefordert
einheimische Bildungsabschlüsse ab. Das AMS erfasst erst (Bichl 2015: 2).
seit dem Jahr 2011 ausländische Abschlüsse. Die „neue“
Maßnahme muss jedoch im Alltag noch verinnerlicht wer- Die Nicht-Anerkennung von ausländischen Abschlüssen
den. Ferner ist zum Teil noch für eine Beschäftigung im öf- ist auch unter dem Gesichtspunkt der ausländerrechtli-
fentlichen Dienst eine formale Anerkennung von Ausbil- chen Rahmenbedingungen zu betrachten.
dungsabschlüssen, welche in einem Drittstaat erworben
wurden, nötig. Auch sind Personen mit ausländischen „Dies gilt vor allem für die ersten Jahre in Österreich, in denen
Abschlüssen mit dem Problem konfrontiert, dass Arbeit- primär die Erlangung und die Sicherung des Aufenthalts-
geber/innen im Ausland erworbene Qualifikationen mit und Beschäftigungsrechts und die notwendige Aufrechter-
Skepsis betrachten. Entscheidungsträger/innen können haltung der Einkommens- und Wohnsituation (aus Eigenem
oftmals den „Wert“ der Ausbildung nicht einschätzen und – ohne Inanspruchnahme von Mitteln der Bedarfsorientier-
verfügen auch nicht über das nötige Wissen über auslän- ten Mindestsicherung) Bedeutung haben.“ (Bichl 2015: 1)
dische Bildungssysteme. Hier braucht es unterstützende
Maßnahmen wie beispielsweise Informationen über aus- Wie bereits erwähnt, wurden in den letzten Jahren viele
ländische Abschlüsse und generelle Vergleiche mit dem Maßnahmen zur Verbesserung der Anerkennung gesetzt
österreichischen Pendant bzw. eine „Bewertung“. Bis heu- (Tomic 2014: 1). Als Beispiele wurden das Anerkennungs-
te gibt es im privaten Sektor keine klaren Richtlinien, wie handbuch Anerkennungs-ABC, das Onlineportal www.
mit ausländischen Qualifikationen umgegangen werden berufsanerkennung.at sowie das „Netzwerk Anerken-
soll (Bichl 2015: 1; Tomic 2014: 3). Eine Ausweitung der nung“ genannt (Bichl 2015: 3). Die AST nahmen im Jänner
Bewertung wäre eine Möglichkeit, die Unsicherheit der 2013 in Wien, Graz, Linz und Innsbruck ihren Betrieb auf
Arbeitgeber/innen in Bezug auf ausländische Abschlüs- und bieten seitdem mehrsprachige Beratungen an. Die
se zu entschärfen. Derzeit besteht die Möglichkeit einer neugegründeten Beratungsstellen wurden in bestehende
Bewertung der Ausbildung im Hochschulbereich durch Migrantenvereine integriert, da diese auf eine langjährige
ENIC NARIC. Eine Ausweitung der Bewertung (statt Aner- Erfahrung zurückgreifen können sowie bereits eigene re-
kennung) auf sekundäre Abschlüsse im nicht-reglemen- gionale Netzwerke aufwiesen (Tomic 2014: 2). Mit dem/
tierten Bereich wurde vor kurzem neu eingeführt (BMBF der Kund/in wird abgeklärt, ob ein Anerkennungsprozess
2015). möglich und nötig ist. Ferner bieten die Berater/innen Un-
terstützung bei beglaubigten Übersetzungen von Zeug-
Auch wenn Arbeitgeber/innen Zuwander/innen ohne An- nissen und Diplomen an. Bei Bedarf werden Kund/innen
erkennung ihrer ausländischen Qualifikationen einstellen, im Anerkennungsprozess begleitet. Des Weiteren wurden
„besteht hier die Gefahr einer niedrigeren Einstufung be- durch die AST regionale Netzwerke mit arbeitsmarkt- und
treffend Gehalt oder/und Arbeitsposition und damit pre- bildungspolitischen Playern gegründet bzw. bestehende
kärer Arbeitsbedingungen und verringerter Karrierechan- Netzwerke erweitert (Bichl 2015: 3).
cen“ (Weichbold et al. 2015: 26). Aus der Untersuchung von
Girlasu und Zitz wird deutlich, dass die maximale Dauer Erste Erfahrungen und Erkenntnisse zeigen, dass die
eines Anerkennungsverfahrens mit vier bis sechs Mona- Anlaufstellen von der Zielgruppe gut und schnell ange-
ten angesetzt ist, jedoch dauert der Prozess in der Regel nommen wurden. Laut Statistiken nahmen 2013 ca. 4.600
länger und ist sehr fordernd. Häufig sind unvollständige Personen eine persönliche Beratung in Anspruch. Im Jahr
Unterlagen der Grund für die Verzögerung (Girlasu/Zitz 2014 stieg die Zahl auf 6.200 Personen. Die Ratsuchenden
2013 in Weichbold et al. 2015: 9; Auskunft BMEIA 2015). kommen aus über 100 unterschiedlichen Ländern; mehr
als die Hälfte kommt aus einem Drittstaat. Dabei weisen
Nicht zu unterschätzen ist auch die bewusste und unbe- ca. 50% der Klient/innen einen Hochschulabschluss auf,
wusste Diskriminierung am Arbeitsmarkt. Vielfach wird weitere 30% besitzen Maturaniveau (AST Mai 2015).

68
6
Der Anerkennungsprozess
in der Praxis

Trotz dieser neuen Entwicklungen stellt in Österreich die Behördenzuständigkeit sowie im Anerkennungsverfah-
Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikati- ren große Unterschiede. Drittstaatsausbildungen müssen
onen noch eine Herausforderung dar. Aus unterschied- öfters formal anerkannt werden, die Verfahren gestalten
lichen Gründen werden oftmals formale Ausbildungen sich komplizierter. Zu wünschen wäre hier Gleichbehand-
nicht anerkannt, der Anerkennungsprozess zieht sich lung im Sinne der EU-Anerkennungsrichtlinie auf Dritt-
über einen langen Zeitraum oder ist mit hohen Kosten staatsausbildungen. Diesen Vorschlag hat bereits der
verbunden. Wie dargestellt wurde, nehmen Migrant/in- ehemalige Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle im
nen als Folge oftmals eine dequalifizierte Tätigkeit an, die Jahr 2011 geäußert. Gemeinsam mit dem damaligen Inte-
jedoch weitreichende Auswirkungen auf ihren gesamten grationsstaatssekretär Sebastian Kurz hatte er ein zeitge-
Lebensverlauf und ihre Lebensqualität haben kann. Auch mäßes sowie rasches und effizientes Anerkennungsver-
psychisch kann die längerfristige „Entwertung“ der Kom- fahren gefordert (AST Jänner 2014a).
petenzen nur schwer zu ertragen sein (Biffl et al. 2012;
Stadler/Wiedenhofer-Galik 2011 in Tschiggerl 2015: 26). „Konkret sollte künftig der Zugang zu gesetzlich reglemen-
Nach Angaben der Anlaufstellen für Personen mit im Aus- tierten Berufen, die eine akademische Voraussetzung haben
land erworbenen Qualifikationen können aus der Bera- (zum Beispiel Ärzte, Anwälte, Architekten, Steuerberater), für
tungserfahrung ähnliche Gründe resümiert werden. „Un- Drittstaatsangehörige ebenso rasch, effizient und unbüro-
übersichtliche gesetzliche Regelungen, zu hohe Kosten, kratisch werden wie derzeit schon für Bürger der EU, des EWR
regional geringe Angebote für Ergänzungsmaßnahmen und aus der Schweiz.“ (AST Jänner 2014a)
und der hohe Komplexitätsgrad“ (Tomic 2014: 2) werden
dabei genannt. Hierbei soll die generelle Gleichwertigkeit der Ausbildung
überprüft werden und nur bei „wesentlichen Unterschie-
Stadlmayer untersucht in ihrer Dissertation zur Arbeits­ den“ sollen Anpassungsqualifizierungen verlangt werden
marktintegration und Dequalifizierung von Menschen (Bichl 2015: 3). Dies würde in Österreich vor allem Gesund-
mit Migrationshintergrund die Gründe, weshalb Migrant/ heitsberufe betreffen (AST April 2015).
innen keinen Antrag auf Anerkennung stellen, obwohl für
eine verbesserte Beschäftigungssituation eine Anerken- Problematisch ist, dass einschlägige Berufserfahrung so-
nung ausschlaggebend wäre. Der Großteil der Personen wie sonstige Qualifikationsnachweise im Anerkennungs-
in ihrer Stichprobe meinte, dass sie nicht daran gedacht verfahren nicht berücksichtigt werden. Durch die Mitein-
haben bzw. nicht über diese Möglichkeit informiert waren beziehung könnten jedoch „wesentliche Unterschiede“
oder keine Erfolgsaussicht auf Anerkennung hatten. Von bei der formalen Anerkennung ausgeglichen werden
den Anerkennungsanwärter/innen gab die Hälfte an, auf- (AST April 2015).
grund „der gegebenen Rahmenbedingungen (fehlende
Unterlagen, viele Prüfungen nachzuholen, kompliziertes Zusätzliche Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der
Verfahren) die Anerkennung nicht angestrebt oder aufge- Anerkennung führen, betreffen das Angebot an Fach-
geben zu haben“ (Stadlmayer 2012: 11). deutschkursen sowie Deutschkurse auf hohem Niveau.
Ferner würden auch Brückenkurse39, Anpassungsquali-
Beim Prozess der Anerkennung spielt die Unterschei- fizierungen sowie betreute Praktika den qualifikations-
dung, ob die Ausbildung im EWR-Raum oder in einem adäquaten Berufseinstieg erleichtern. Neben diesen ar-
Drittstaat absolviert wurde, eine große Rolle. Wie bereits beitsmarktpolitischen Instrumenten wäre eine generelle
erwähnt, erfolgt die Anerkennung bei Ersteren nach der interkulturelle Öffnung sowie Aufklärung am Arbeits-
EU-Berufsanerkennungsrichtlinie. Bei Qualifikationen aus markt notwendig (Tomic 2014: 4; Bichl 2015: 3).
Drittländern existieren im Vergleich dazu hinsichtlich der

39
Ein Beispiel für ein Brückenangebot wäre das „New Skills“-Qualifizierungsprogramm des AMS, welches auf die Gruppe der Migrant/innen und der Flüchtlinge
ausgeweitet werden könnte. Dabei sollen künftig nachgefragte Qualifikationen frühzeitig erkannt und passende Weiterbildungsangebote entwickelt werden
(AMS New Skills 2015d; Bichl 2015: 3).

69
Neuzuwander/innen fehlt oftmals das Wissen über die Zielgruppe stärker unterstützt werden und das Thema
Berufsfelder und die „Spielregeln“ des Arbeitsmarktes Anerkennung in die jeweiligen Weiterbildungsförderun-
in Österreich. (Weiter-)Bildungsmöglichkeiten sowie de- gen der Bundesländer implementiert wird. In manchen
ren Förderbarkeit und die damit verbundenen Zugangs­ Bundesländern wird bei der Förderung zwischen EU-/
voraussetzungen sind ihnen nur teilweise bekannt (Bichl EWR-Bürger/innen und Drittstaatsangehörigen unter-
o.J.). Ferner verfügen sie oft nicht über ausreichende schieden, wobei Letztere (mit Ausnahme von Flüchtlin-
Informationen zum Thema Anerkennung von ihren im gen) keinen Anspruch auf Fördergelder haben. Ferner ist
Ausland erworbenen Qualifikationen sowie die Voraus- mancherorts die Fördermittelvergabe nur für berufsspe-
setzungen für diese Anerkennung (Bichl o.J.). zifische Weiterbildungen erlaubt. Dies ist insbesondere
für Neuzuwander/innen problematisch. Sie müssen aus
Neben den Anerkennungsverfahren der Berufszulassung, existenziellen Gründen oftmals zu Beginn ihres Aufent-
Nostrifikation, Nostrifizierung und Gleichhaltung Aner- halts in Österreich einer dequalifizierten Tätigkeit in ei-
kennung ausländischer Hochschuldiplome besteht, wie nem anderen Berufsfeld nachgehen. Gerade in solchen
erwähnt, die Möglichkeit, eine Bewertung des Abschlus- Fällen wäre eine Förderung bzw. Fortbildung im erlernten
ses vornehmen zu lassen (www.aais.at; www.asbb.at). Beruf nötig, wovon sie jedoch ausgeschlossen sind. „So
Durch die Bewertung des ausländischen Diploms können können in Niederösterreich ausgebildete Krankenpfleger­
Arbeitgeber/innen die im Ausland erworbene Ausbildung Innen aus dem Ausland nicht gefördert werden, wenn sie
besser mit dem österreichischen Pendant vergleichen beispielsweise als RegalbetreuerIn in einem Supermarkt
und einschätzen (AST November 2014). In weiterer Folge beschäftigt sind und eine Nostrifikation beabsichtigen“
kann dadurch der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert (AST Dezember 2014, Jänner 2014b).
werden.
Der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (WAFF)
Darüber hinaus gibt es in Österreich keine bundesweite ist mit gutem Beispiel vorangegangen und hat das Thema
Regelung hinsichtlich der Anerkennung von ausländi- Anerkennung in seine Förderrichtlinien implementiert.
schen Qualifikationen. Der Großteil der Berufsbestim- Diesem Prozess ging jedoch ein intensiver Austausch
mungen ist zwar Bundeskompetenz, der Vollzug ist aller- mit der Wiener Anlaufstelle (Perspektive) voran, sodass
dings teilweise Länderkompetenz (Weichbold 2015: 10). die Herausforderungen, die in Verbindung mit „aner-
Die AST haben im Laufe der Anerkennungsberatung so- kennungstechnischen Fragen“ bestehen, berücksichtigt
wie in Folge des gegenseitigen Austausches untereinan- werden konnten (AST Dezember 2014). Die Erfahrungen
der festgestellt, dass es in den Bundesländern eine Vielfalt der AST aus der Anerkennungsberatung zeigen, dass Mi-
an Fördermöglichkeiten in Bezug auf Weiterbildungen grant/innen Fördermittel größtenteils für den Spracher-
gibt. Diese Fördermöglichkeiten, aber auch die damit ver- werb verwenden (AST Dezember 2014).
bundenen Voraussetzungen unterscheiden sich jedoch
stark voneinander. Derzeit werden manche Gruppen, Es wäre wünschenswert, die jeweiligen Förderrichtlinien
wie niedrigqualifizierte Personen oder Wiedereinsteiger/ der Länder dahingehend zu adaptieren, „dass auch Aus-
innen, nach der Elternkarenz als besondere Zielgruppen und Weiterbildungsmaßnahmen, die zu einer formalen
bei der (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt gesehen. Es Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikatio-
wäre zielführend, wenn Migrant/innen und die Anerken- nen dienen, unterstützt werden“ (AST Dezember 2014).
nung ihrer ausländischen Qualifikationen ebenfalls als

70
6
Der Anerkennungsprozess
in der Praxis

6.2. Anerkannt! Die Fokusgruppenteilnehmer/innen beobachten seit ei-


Fokusgruppenerhebung 2015 nigen Jahren eine positive Entwicklung im Bereich der
Anerkennung von international erworbenen Qualifikatio-
Im Rahmen des Projekts „Anerkannt!“40 wurde von Zitz nen. Diese Veränderung wird auf unterschiedlichen Ebe-
die Untersuchung „Anerkannt! Fokusgruppenerhebung nen sichtbar: „Das Bewusstsein für Anerkennung steigt,
2015“ veröffentlicht, welche sich mit den aktuellen An- neben der Wirtschaft auch in der Erwachsenenbildung.
erkennungsstrukturen in Österreich aus der Perspek- Teils ist eine gesellschaftliche Offenheit dem Thema ge-
tive von wichtigen Stakeholder/innen befasst. Ziel der genüber zu bemerken. Die Sensibilität von verfahrens-
Untersuchung war herauszufinden, was hinsichtlich der durchführenden Stellen intern ist ebenfalls gestiegen“
aktuellen österreichischen Anerkennungsstrukturen gut (Zitz 2015: 3). Die von den Stakeholder/innen beschrie-
funktioniert bzw. in welchen Bereichen ein Verbesse- benen Angebote decken sich größtenteils mit jenen, die
rungsbedarf besteht. Ferner wurde der Frage nachgegan- bereits in K­ apitel 5 geschildert wurden.
gen, welche Angebote und Tools bekannt sind. Weitere
Forschungsschwerpunkte betrafen die Einschätzung der Insbesondere die Etablierung der Anlaufstellen (AST)
rechtlichen Rahmenbedingungen sowie mögliche Ver- wird von den Fokusgruppenteilnehmer/innen als positiv
änderungsvorschläge. Um diesen Fragen nachzugehen, bewertet. Dabei wird die Kompetenz der Berater/innen
wurden Fokusgruppen mit Entscheidungsträger/innen sowie das Angebot an muttersprachlicher Beratung her-
aus Behörden, einschlägigen Fachstellen, AMS, NGOs und vorgehoben. Insgesamt erweisen sich die AST als eine
Sozialpartner durchgeführt, die einen Bezug zum Thema große Hilfe hinsichtlich Aufklärung und Begleitung im
Anerkennung aufweisen. Die Methode der Fokusgruppe Anerkennungsverfahren. Sie genießen einen guten Ruf
wurde gewählt, da sie sich besonders gut dafür eignet, In- und weisen einen hohen Bekanntheitsgrad bei Entschei-
teressen und Bilder einer komplexen Thematik darzustel- dungsträger/innen auf (Zitz 2015: 4).
len sowie Lösungsansätze und neue Ideen zu erarbeiten.
Insgesamt fanden fünf Fokusgruppen mit 61 Teilnehmer/ Weitere positive Maßnahmen bzw. Entwicklungen, die
innen aus allen Bundesländern statt. Die Gespräche wur- von den Befragten genannt wurden, sind die Zusammen-
den Ende April in Graz, Wien (zwei Fokusgruppen), Linz arbeit und Unterstützung von ENIC NARIC, die EU-behör-
und Innsbruck abgehalten. Ergänzend zu den Fokusgrup- deninterne Kommunikationsplattform IMI (International
pen füllten die Teilnehmer/innen einen Fragebogen aus. Market Information System), das „Netzwerk Anerken-
Die Ergebnisse der Untersuchung setzen sich aus den nung“, Informationsmöglichkeiten durch Broschüren (An-
Auswertungen der fünf Fokusgruppen und der Antwor- erkennungs-ABC) und Internetseiten (z.B. www.berufs-
ten des Fragebogens zusammen (Zitz 2015: 2).41 anerkennung.at) sowie das Programm „Mentoring für
MigrantInnen“. Des Weiteren wird die seit dem Jahr 2011
6.2.1. Informationsstand und positive eingeführte Einspeisung von aus dem Ausland mitge-
Entwicklungen im Anerkennungsbereich brachten Qualifikationen durch das AMS als erfreulich an-
Knapp die Hälfte der Fokusgruppenteilnehmer/innen gesehen. Zuvor wurden die formalen Abschlüsse von Zu-
schätzt ihren eigenen Informationsstand als gut ein, et- wander/innen nicht berücksichtigt und hochqualifizierte
was mehr als ein Drittel bewertet ihn als „in Grundzügen Personen wurden oftmals als Hilfsarbeiter/innen in die
vorhanden“. Nur 13% der Gesprächsteilnehmer/innen Datenbank eingetragen. Als weitere erfolgreiche Punkte
bezeichnen das eigene Wissen rund um das Thema Aner- wurden die neu eingeführte elektronische Bewertung für
kennung als hervorragend und ca. 7% als lückenhaft (Zitz sekundäre Abschlüsse des Bundesministeriums für Bil-
2015: 3). dung und Frauen sowie das one-stop-System des Bundes-
ministeriums für Gesundheit zu Gesundheitsberufen ge-

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres und dem Integrationsreferat der Stadt Graz gefördert.
40

Weiterführende Informationen zum Projekt Anernannt! zu finden unter www.anerkannt.at


41

71
nannt. Zudem werden die rezenten Entwicklungen in der Teilbereiche zu absolvieren. Wie erwähnt, wird im Bereich
Anerkennungspraxis im Hochschul- und Lehrlingswesen der Lehre die Berücksichtigung der Praxiserfahrung im
angeführt. Insbesondere bei Letzterer können Praxis und Anerkennungsprozess als positiv gesehen. Jedoch gestal-
Berufserfahrung im Anerkennungsprozess berücksichtigt tet sich der Vergleich zu anderen ausländischen Abschlüs-
werden und dadurch die Anerkennung erleichtern (ebd.). sen – aufgrund des dualen Ausbildungssystems in Öster-
reich – als schwierig (Zitz 2015: 5).
Weiters wird von vielen Stakeholder/innen „die erhöhte
Sensibilisierung für das Thema Anerkennung genannt Im Rahmen des Anerkennungsprozesses erweist sich der
und insgesamt eine ‚Bewegung der Sichtbarmachung‘ der fehlende Rechtsanspruch auf Teilnahme an Kursen und
Qualifikationen und eine Professionalisierung der Akteure Lehrgängen für die Absolvierung von Ergänzungsmaß-
als konstruktiver Schritt gewertet“ (Zitz 2015: 4). Es wird nahmen als eine Hürde. Mangelnde Sprachkenntnisse
bemerkt, dass das Thema Anerkennung von im Ausland erschweren ebenso das Anerkennungsverfahren. Dies
erworbenen Qualifikationen in der Gesellschaft positiv wird am Beispiel der Lehrabschlussprüfung verdeutlicht,
besetzt ist, zumal Anerkennung neben dem individuellen bei der Ansuchende den praktischen Teil der Prüfung mit
Nutzen auch volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Leichtigkeit bestehen, der theoretische Teil jedoch wegen
Chancen bringt. Nach Meinung der Teilnehmer/innen ist geringer Deutschkenntnisse nicht mehr abgelegt wird.
die Wertschätzung gegenüber ausländischen Qualifikati- Generell wird ein Mangel an verfügbaren Deutschkursen
onen gestiegen. Insbesondere in Bereichen, in denen ein geäußert. Hinzu kommt, dass oftmals Deutschkurse zeit-
Fachkräftemangel herrscht, ist die Anerkennung von mit- gleich mit den Arbeitszeiten der Betroffenen angeboten
gebrachten Qualifikationen interessant. Der Erfahrungs- werden. In vielen Bereichen reichen allgemeine Deutsch-
austausch in Netzwerken und unter verfahrensdurchfüh- kenntnisse nicht aus, um den jeweiligen Beruf auszuüben,
renden Stellen selbst wird als äußerst fruchtbar gesehen. es werden Fachsprachkenntnisse benötigt. Allerdings
Die Akzeptanz sowie die Vernetzung im Anerkennungs- werden diesbezügliche Kurse oftmals nicht angeboten
bereich wächst somit stark (Zitz 2015: 4f). (Zitz 2015: 6).

6.2.2. Herausforderungen im Eine weitere Hürde wird im sogenannten „Amtsdeutsch“


Anerkennungsbereich – insbesondere bei Formulierungen bei Bescheiden – ge-
Die Stakeholder/innen identifizierten unterschiedliche He- sehen. Nicht selten sind diese für Antragssteller/innen
rausforderungen im Anerkennungsprozess. Insbesondere bzw. für potenzielle Arbeitgeber/innen unverständlich.
die Komplexität des Verfahrens, die sich aufgrund der un- Dies kann bei Letzteren zu Unsicherheiten führen, da aus
terschiedlichen Regelungen bzw. der Unübersichtlichkeit den Bescheiden für die Arbeitgeber/innen nicht ersicht-
von Zuständigkeiten ergibt, stellt sich als schwierig her- lich wird, welche Kompetenzen die/der Bewerber/in mit-
aus. Es wurde thematisiert, dass die Anerkennungs-ABC- bringt (Zitz 2015: 6).
Broschüre zwar einen Überblick über die zuständigen Stel-
len in Österreich gibt, allerdings werden nicht alle Berufe Der Umgang mit fehlenden Dokumenten stellt sich eben-
dargestellt. Darüber hinaus ist ein sogenannter „Anerken- falls als schwierig heraus, zumal es keine festgelegten
nungstourismus“ zwischen Bundesländern beobachtbar Standards gibt, wie mit fehlenden Zeugnissen umgegan-
(Zitz 2015: 5). Dieser ist als eine Folge der „unterschiedli- gen werden soll (z.B. fehlende Bildungsnachweise von
chen Auslegungen von Vorschriften bzw. dem Vorhanden- Flüchtlingen). In manchen Fällen ist es schwierig, Lehrplä-
sein unterschiedlicher Kriterien etwa bei landesgesetzlich ne aus den Heimatländern zu erhalten bzw. ist mit einer
geregelten Berufen (z.B. Sozialbetreuungsberufe inkl. der längeren Wartezeit zu rechnen. Als herausfordernd wird
Heimhilfen)“ (Zitz 2015: 5) zu sehen. der Umstand gesehen, dass manche Ausbildungsstätten
in Heimatländern wie beispielsweise Afghanistan keine
Bemängelt wird, dass es im Bereich der Facharbeit bzw. Lehrpläne beilegen bzw. dies nicht mehr möglich ist, weil
der Meisterprüfung nicht möglich ist, Prüfungen über die Institution nicht mehr existiert (Zitz 2015: 6).

72
6
Der Anerkennungsprozess
in der Praxis

Als kritisch wird die fehlende Abstimmung zwischen rensrecht umfassende Bestimmungen beinhalten:
Anerkennungsregelungen und Arbeitsmarktzugang bei
Drittstaatsangehörigen gesehen. Durch die Anerkennung „Geregelt werden sollen beidseitig gültige, bindende Fristen,
der Ausbildung wird nicht automatisch eine Beschäfti- Fristenläufe und die Verfahrensdauern, nicht nur für die An-
gungsbewilligung erteilt. Diese getrennte Handhabung tragstellerinnen und Antragsteller sondern auch für die ver-
sollte nach Meinung der Fokusgruppenteilnehmer/innen fahrensdurchführenden Stellen. Geregelt werden sollte auch
besser aufeinander abgestimmt werden. Außerdem ver- in welcher Form welche Dokumentenart beizubringen ist.“
binden manche Migrant/innen mit der Anerkennung ih- (Zitz 2015: 8)
rer Ausbildung sehr hohe Erwartungen in Bezug auf ihre
Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten. Ein An- Inwieweit Gebühren für den Anerkennungsprozess erho-
erkennungsbescheid führt jedoch nicht sofort zu einem ben werden sollten bzw. die Art der Kostenbeteiligung
berufsadäquaten Job (Zitz 2015: 7). sollte ebenso bestimmt werden. Im Hinblick darauf soll-
ten auch Überlegungen über die Art der finanziellen För-
Auf Seite der potenziellen Arbeitgeber/innen wurden derungen, die beansprucht werden können, angestellt
ebenfalls Herausforderungen sichtbar. Teilweise sind werden. Außerdem soll die Aufnahme einer Anerken-
diese nicht genügend darüber informiert, wann eine nungsberatung gesetzlich verankert werden. Inwieweit
Anerkennung der formalen Ausbildung erforderlich ist. eine statistische Erfassung bzw. ein Monitoring der Aner-
Generell sind viele Arbeitgeber/innen nicht ausreichend kennungsverfahren erfolgen soll, war ebenfalls ein The-
über die nötigen rechtlichen Möglichkeiten und Schritte ma in den Fokusgruppen (Zitz 2015: 8).
hinsichtlich der Beschäftigung von Zuwander/innen mit
ausländischer Ausbildung informiert (ebd.). Die zum Teil 6.2.4. Gleichstellung von EU-/EWR-
vorherrschende mangelnde Akzeptanz von potenziellen Bürger/innen und Drittstaatsangehörigen
Arbeitgeber/innen, Migrant/innen mit ausländischen for- In den Diskussionen wurde die Frage gestellt, ob Dritt-
malen Bildungsabschlüssen zu beschäftigen, war in den staatsangehörige beim Anerkennungsverfahren EU- und
Fokusgruppen ebenfalls ein Thema. Als eine mögliche EWR-Bürger/innen gleichgestellt werden sollen. In den
Erklärung wurde die höhere Gehaltseinstufung von „an- Fokusgruppen wurde die Komplexität dieses Themas
erkannten“ Fachkräften genannt. Dadurch würden die deutlich. Aufgrund der gegenwärtigen Regelungen ist
ausländischen Fachkräfte jedoch teurer werden und das neben der Staatsbürgerschaft der Zuwander/innen ins-
Interesse von Betrieben sie einzustellen, würde sich ver- besondere das Land, in welchem die Ausbildung abge-
ringern (ebd.). schlossen wurde, relevant. Darüber hinaus führen bila-
terale Übereinkommen zu einer noch größeren Vielzahl
Des Weiteren wurde darauf verwiesen, dass eine positive von Regelungen. Die Frage nach der Gleichstellung von
Anerkennung nicht automatisch zum Ausüben eines Ge- Drittstaatsangehörigen und EU-/EWR-Bürger/innen im
werbes berechtigt (Zitz 2015: 7). Anerkennungsverfahren wurde ebenfalls im Fragebogen
gestellt. Ca. 35% der Befragten stimmten einer Gleichstel-
6.2.3. Veränderungsbedarf der lung zu, rund 12% lehnten diese ab und ca. 21% befür-
aktuellen gesetzlichen Regelungen worteten diese bedingt. Über 31% der Teilnehmer/innen
Generell besteht der Wunsch nach einheitlichen Anerken- enthielten sich einer Antwort, was die Komplexität des
nungsregelungen, welche unabhängig vom Ort oder von Themas widerspiegelt (Zitz 2015: 8).
der „Herkunft“ der Ausbildung sind. Darüber hinaus wird
ein Rechtsanspruch auf ein Anerkennungs- bzw. Bewer- Argumente für eine Gleichstellung betreffen vor allem die
tungsverfahren als notwendig erachtet. Hierbei sollte die Verfahrensklarheit und -einfachheit.
Formulierung der Regelung klar festgehalten sein, es sol-
len Maßnahmen getroffen werden, die eine einheitliche
Interpretation gewährleisten. Generell sollte das Verfah-

73
„Anerkennungswerberinnen und Anerkennungswerber hät- Hinsichtlich der Anerkennungspraxis wurden unter-
ten dann immer dasselbe Verfahren, die Verfahrensdurch- schiedliche Empfehlungen abgegeben. Diese wurden
führung würde auch den Stellen selbst erleichtert [werden], nach Häufigkeit und Priorität gereiht. An erster Stelle steht
es gäbe mehr Transparenz. Durch eine divergente Behand- der Vorschlag nach einer Vereinheitlichung. Diese betrifft
lung kann es ja dazu kommen, dass [sic!] ein und dieselbe nicht nur die gegebenen und umzusetzenden „Regelun-
Ausbildung unterschiedlich behandelt wird, je nach der gen (…), sondern zudem die Komplexität jeder einzelnen
Staatsangehörigkeit der Anerkennungswerberin bzw. des Vorschrift bzw. des Verfahrens generell (…) (fehlende ein-
Anerkennungswerbers.“ (Zitz 2015: 9) heitliche Standards, fehlende einheitliche Regelung hin-
sichtlich der Dokumente, komplizierte Zuständigkeiten
Darüber hinaus ist bei einem einheitlichen Verfahrensab- der verfahrensdurchführenden Stellen)“ (Zitz 2015: 12).
lauf eine inhaltliche Prüfung bezüglich der Kompetenzen
und des Wissens nicht ausgeschlossen. Positive Erfahrun- Die Förderung der Sprachkenntnisse wird an zweiter
gen dazu gibt es bei der Anerkennung von Lehrabschlüs- Stelle genannt. Zum einen sollte das Kursangebot für
sen, bei der es bereits ein einheitliches Verfahren bei EU- „Alltagsdeutsch“ ausgebaut werden. Zum anderen wird
und Drittstaatsabschlüssen gibt (Zitz 2015: 9). der Ausbau von Fachdeutschkenntnissen, die berufsspe-
zifische Begriffe vermitteln sollen, als wichtig erachtet.
Für Befragte, die einem einheitlichen Verfahren bedingt Hierbei wird empfohlen, verstärkt Abendkurse anzubie-
zustimmen, ist die Vergleichbarkeit der Ausbildungen ten, da sich sonst der Unterricht mit den Arbeitszeiten der
ausschlaggebend. Wenn diese ähnlich sind, dann soll kei- Beschäftigen überschneidet (ebd.).
ne Unterscheidung in der Beurteilung getroffen werden
(ebd.). Außerdem wurde der Wunsch nach einfacheren Ver-
fahren geäußert. Wie bereits erwähnt, werden die An-
Personen, die sich gegen eine Harmonisierung ausspra- erkennungsprozesse als unüberschaubar, langwierig,
chen, verwiesen darauf, dass bereits bestehende Ab- kompliziert und intransparent beschrieben. Durch eine
kommen zwischen Österreich und einigen Drittstaaten Vereinfachung der Anerkennungspraxis würden Migrant/
existieren bzw. dass Drittstaatsausbildungen nicht mit innen diese nicht als unüberwindbare Hürde sehen und
EU-Ausbildungen kompatibel seien. Hierbei wurde auf verstärkt eine Anerkennung ihrer Ausbildung anstreben
die Pflichten Österreichs gegenüber der EU hingewiesen. (ebd.).
„Sofern nun eine EU-Richtlinie eine Ungleichbehandlung
von EU-BürgerInnen und Drittstaatsangehörigen vor- Obwohl die Fokusgruppenteilnehmer/innen eine erhöh-
sieht, sei diese „Pflicht“ auch von Österreich als Mitglied- te Sensibilisierung für das Thema Anerkennung wahr-
staat der EU zu erfüllen“ (Zitz 2015: 9). nehmen, besteht das Anliegen, diese noch weiter zu
verstärken. Die Thematik ist in der Wirtschaft noch ein
6.2.5. Unterstützende MaSSnahmen und Randthema. Durch ein erhöhtes Informationsangebot
Empfehlungen zur zukünftigen könnte das Bewusstsein von potenziellen Arbeitgeber/
Anerkennungspraxis innen hinsichtlich der Beschäftigung von Personen mit
Als unterstützende Tools, Strukturen und Angebote zum ausländischen Abschlüssen gesteigert werden. Darüber
Thema Anerkennung wurden die AST, die Broschüre hinaus sollte auch die Gesellschaft mehr Informationen
Anerkennungs-ABC, die Website berufsanerkennung.at, über das Thema internationale Qualifikationen erhalten.
ENIC NARIC, der Österreichische Integrationsfonds und Dadurch kann vermittelt werden, dass die Anerkennung
das AMS genannt. Weitere Nennungen betrafen einzel- von im Ausland erworbenen Qualifikationen sowohl für
ne Websites wie jene der „Wirtschaftskammer, (…) oder die Betroffenen als auch für die Gesellschaft von Nutzen
der Ministerien generell sowie einzelne Abteilungen der ist (Zitz 2015: 13).
­Ministerien oder der Bundesländer“ (Zitz 2015: 10).

74
6
Der Anerkennungsprozess
in der Praxis

Weitere Empfehlungen betrafen unterschiedliche Bereiche:

„Die Schaffung einer guten Datengrundlage mit Hilfe von


Statistiken und einem darauf aufbauenden Monitoring,
mehrsprachige Informationen sowohl für Antragstellerinnen
und Antragsteller also auch für Behörden und Organisatio-
nen, die Harmonisierung der Ausbildungen auf EU-Ebene,
die stärkere Regionalisierung der Angebote von Expertinnen
und Experten, verbesserte Vernetzungsinitiativen, ein ver-
stärktes Zusammenspiel von Anerkennung und Beschäfti-
gung, die Schaffung von Beratungseinrichtungen im Vorfeld
der Anerkennung, die Einrichtung von Willkommens- und
Servicestellen, die Schaffung und Nutzung von Ermessens-
spielräumen für Behörden und generell Maßnahmen zur er-
höhten Transparenz der Verfahren.“ (Zitz 2015: 13)

75
76
7
Quantitative Erhebung der
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren
42

Andrea Egger-Subotitsch, Monira Kerler und Evelyn Doll

7.1. Forschungsdesign — Gleichhaltung von Lehrabschlüssen


— Nostrifizierung von akademischen Abschlüssen zur
Im Mittelpunkt des Interesses stand die Frage, wie hoch Berufsausübung
die Fallzahlen von Anerkennungen, Gleichhaltungen, — Nostrifizierung von Schul- und Reifezeugnissen
Nostrifizierungen, Bewertungen etc. sind, welche in Ös- — Berufliche Anerkennung reglementierter Berufe im
terreich entweder Voraussetzung zur Ausübung eines Sinne der EU-Anerkennungsrichtlinie
im Ausland erlernten Berufs oder von Vorteil auf dem — Bewertung von akademischen Zeugnissen durch
Arbeitsmarkt sind. Zugleich wurden die Zuständigkeiten ENIC NARIC Austria
(Institutionen) für berufliche Anerkennungen recher-
chiert und werden in den folgenden Kapiteln dargestellt. Wie erwähnt, bedeutet eine „formale Anerkennung“ in
Die Recherche wurde im ersten Halbjahr 2015 durchge- einigen Berufen nicht automatisch eine Berechtigung
führt und bezog sich auf folgende Bereiche: Hochschule, zur selbstständigen Berufsausübung. In den freien Be-
Lehrberufe und reglementierte Berufe (ohne pädago- rufen ist es in den meisten Fällen notwendig, sich – wie
gische Berufe und Berufe im öffentlichen Dienst – siehe die Inländer/innen auch – in die Liste der entsprechenden
Darstellung Kapitel 7.2.2.) Kammer eintragen zu lassen (z.B. Ärzt/innen, Psychothe-
rapeut/innen u.a.).
Eine Reihe von unterschiedlichen Begriffen bezeichnet
„Anerkennungsprozesse“ im weitesten Sinn (ÖIF 2014): Für die Recherche der Fallzahlen wurden durch abif mehr
als 200 Stellen und Personen telefonisch und per E-Mail
kontaktiert.

42
Literaturverzeichnis siehe S. 140

77
Den für die Anerkennungsprozesse zuständigen Behör- Ebenso liegen die Fallzahlen zum allergrößten Teil vor.
den wurden folgende Fragen gestellt: Der Rücklauf war sehr hoch und die allermeisten Institu-
tionen stellten die Zahlen zur Verfügung bzw. bemühten
— Werden Fallzahlen dokumentiert? sich, einen Überblick über ihre Fallzahlen zusammenzu-
— Sind Zahlen für 2014 (oder 2013) verfügbar? stellen. Nur von sehr wenigen der angefragten Instituti-
— Für welche Ereignisse sind Zahlen verfügbar? onen konnten keine Zahlen bzw. Angaben erhoben wer-
— Für welche Bereiche und in welcher Detailliertheit den (keine Antwort).
sind Zahlen verfügbar?
— Wie viele Antragsstellungen gab es insgesamt? Die Zahlen beziehen sich zumeist auf das Jahr 2014,
— Wie viele Verfahren waren positiv, wie viele negativ, manchmal auf 2013 oder 2012. Dies hing von der Verfüg-
wie viele waren mit Auflagen positiv, wie viele Abtre- barkeit innerhalb der Institutionen ab und wird in der
tungen/Zurückziehungen gab es? ­Tabelle kenntlich gemacht.
— Können die Zahlen an abif übermittelt werden?
— Besteht die Möglichkeit einer systematischen Erfas- Der Grad der Detailliertheit der zur Verfügung gestellten
sung und könnten die Zahlen jährlich von der Stel- Zahlen und Informationen variiert teilweise recht stark
le weitergegeben werden (zentrale Erfassung, z.B. zwischen den Institutionen. Häufiger Grund hierfür ist
durch Eingabe in eine Datenbank, jährliche Befra- die Tatsache, dass einzelne Akten durchgeschaut werden
gung o.Ä.)? mussten, um die Fälle zu finden, und dass eine größere
Detailliertheit (Aufgliederung) de facto die Erstellung ei-
ner Statistik bedeutet hätte, wofür viele der kontaktierten
7.2. Ergebnisse der Stellen weder die Zeit noch die Kapazität hatten.
quantitativen Erhebung
Auch wenn die vorliegenden Zahlen keinen Anspruch
7.2.1. Allgemeine Erläuterungen zu den auf absolute Vollständigkeit erheben können (so der aus-
vorliegenden Fallzahlen drückliche Hinweis mehrerer Institutionen), so ist den-
Sämtliche Zuständigkeiten für die ausgewählten Bereiche noch klar festzustellen, dass die erhaltenen Zahlen insge-
konnten vollständig recherchiert werden und wurden samt eine hohe Verlässlichkeit besitzen und das aktuelle
in Abbildung 1 zusammengefasst. Im Vergleich zu der Gesamtbild der Quantität von Anerkennungsprozessen in
in Kapitel 5, Tabelle 4 angeführten Übersicht an institu- Österreich gut wiedergeben.
tionalisierten Anerkennungs- und Validierungsverfahren
stellt diese Abbildung eine bewusste Auswahl dar. Durch
den Fokus auf die direkte Berufsrelevanz wurden etwa
Verfahren der Anerkennung im Schulbereich oder der
Anrechnung für weitere Qualifikationsschritte ausgeblen-
det. Verfahren zur Validierung von Kompetenzen wurden
aus forschungspraktischen Gründen nicht berücksichtigt,
da die Zielgruppe nicht nur Migrant/innen sind und eine
Trennung zwischen Antragssteller/innen mit und ohne
Migrationshintergrund vom Aufwand her nicht zu leisten
gewesen wäre.

78
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

79
7.2.2. Zuständigkeiten für die Bearbeitung von Anträgen

Abbildung 1: Zuständigkeiten im Überblick

hochschulen

Nostrifizierung Reglementierte Gewerbe


ausländischer
akademischer Grade
Grenzüberschreitende Anerkennung und
Dienstleistungen Gleichhaltung
Universitäten, FH — Anerkennung nach — EU-/EWR-Bürger/innen
Richtlinie 2005/36/EG — Gleichgestellte Dritt-
(EU/EWR/CH) staatsangehörige:
Nostrifizierung — Bilaterale Abkommen g § 373b, c, d und e GewO 1994
der Gleichwertigkeit
g Gemäß § 373a und b — Nicht-gleichgestellte
aufgrund bilateraler GewO 1994
Abkommen Drittstaatsangehörige:
g Individuelle Befähigungs-
prüfung gemäß §19 GewO
ENIC NARIC Austria
(BMWFW)
Ämter der
BMWFW Alle Berufe
Landes-
Abt. I/5.a der reglementierten
Empfehlung regierung,
Gewerbe*
für Bewertung MA 63
ausländischer
Hochschuldiplome
Land- und forstwirtschaftliche Berufe
Lehre

Anerkennung nach Nostrifizierungen


Gleichhaltung Richtlinie 2005/36/EG (Drittstaaten)
mit österreichischer
LAP
Forstwirt/in
Forstassistent/in BOKU
BMWFW Abt. I/4 Förster/in
BMLFUW Forstadjunkt/in
Berufsbildende Schulen Abt. III/2 Forstwart/in
Land- u. forstwirt-
schaftliche Berater/in
Nostrifikationen für: BMLFUW
Meister/in Land- und
— Technische, gewerbliche und Forstwirtschaft
kunstgewerbliche Lehranstalten
— BA Kindergarten- und
Sozialpädagogik Berufsjäger/in
— Humanberufliche Lehranstalten * Eine vollständige
Jagdaufseher/in
und land- und forstwirt. Liste der Berufe der
reglementierten Sachkundige für giftige
Höhere Lehranstalten Pflanzenschutzmittel
Gewerbe ist auf dem
— Kaufmännische Lehranstalten Unternehmensservice- Jagdverwalter/in
portal einsehbar (vgl. LFA LFA
https://www.usp.gv.at/ Landwirt/in
BMBF Abt. II/2, Portal.Node/usp/ Besamungstechniker/in
II/2.d, II/3, II/4, I/7 public/content/ Übertragungstechniker/in
gruendung/gewerbe/
reglementierte_ Eigenbestandsbesamer/in
gewerbe/liste/ Forstaufsichtsorgan
40883.html).

80
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

Reglementierte Berufe

Sozialbetreuungsberufe Nicht-ärztliche Gesundheitsberufe

Anerkennung nach Nostrifizierungen Anerkennung nach Richtlinie Nostrifizierungen


Richtlinie 2005/36/EG (Drittstaaten) 2005/36/EG (Drittstaaten)

OEHG Hebammen FH
Altenhilfe, Fachbetreuung
Ämter Heimhilfe Ämter
der Familienhilfe der Gesundheitspsychologie
BMG BMG
Landes- Kindergartenhilfe Landes- Klinische Psychologie
Abt. II/A.3 Abt. II/A.3
regierung, Sozialbetreuung regierung, Musiktherapie
MA 40 Altenarbeit MA 40 Psychotherapie
Fachsozialbetreuung
Behindertenarbeit
Kardiotechn. Dienst
BMG
Abt. II/A.2

Freie Berufe Gehobener


med.-techn. Dienst:
Diätologie
Anerkennung nach Nostrifizierungen Ergotherapie
Richtlinie 2005/36/EG (Drittstaaten) Logopädie
MT-Laborassistenz FH
Apotheker/in Orthoptistik
Physiotherapie
Ärzt/in
Kammern Radiologietechnologie
Zahnärzt/in

Patentanwält/in Uni- Krankenpflege


versitäten BMG
Notar/in Abt. II/A.2
OLG Med. Assistenzberufe:
Rechtsanwält/in
Desinfektionsassistenz
Gipsassistenz
EU-weit Tierärzt/in
automatisch Operationsassistenz
anerkannt Röntgenassistenz Ämter
Laborassistenz der Landes-
Obduktionsassistenz regierung,
Buchhaltungsberufe Ordinationsassistenz MA 40

Anerkennung nach Nostrifizierungen


Richtlinie 2005/36/EG (Drittstaaten) Med. Massage
Pflegehilfe
Sanitätsdienst
Kammern Wirtschaftstreuhänder/in Uni-
Zahnarztassistenz
versi­täten,
Paritätische Bilanzbuchhaltungsberufe FH
Kommission
BBB

81
7.2.3. Detaillierte Zuständigkeiten größte Zahl von Anträgen den Bereich „Gesundheits- und
und Fallzahlen Krankenpflege“ (rund 657)46, wobei davon in mehr als 80%
Die folgende Tabelle bietet eine detaillierte Gesamtdar- eine automatische Anerkennung erfolgte. Die beiden an-
stellung der Fallzahlen in den einzelnen Berufsbereichen deren „großen“ Bereiche sind der physiotherapeutische
und gibt darüber hinaus Informationen über Zuständig- Dienst mit rund 387 Anerkennungen und die Pflegehilfe
keiten, Art der Anerkennung und zur Detailliertheit der mit rund 327 Anerkennungen.47
erhaltenen Daten.
Geht es um nicht-ärztliche Gesundheitsberufe, die in
Zählt man die übermittelten Zahlen (zu dem jeweils an- Drittstaaten erlernt wurden, so ist es quasi die Regel, dass
gegebenen Zeitraum) zusammen, kommt man insgesamt ausgleichende Prüfungen nachgeholt werden müssen.
auf rund 9.400 Fälle bzw. Antragsstellungen in den be- Dies war bei rund drei Viertel der Personen der Bescheid,
trachteten Bereichen im Rahmen dieser Studie. Einige der die Anträge bei den Ämtern der Landesregierungen stell-
Hauptergebnisse sollen hier kurz dargestellt werden. ten. Bei nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen, bei denen
die FHs für Nostrifizierungen zuständig sind, lag dieser
Geht man nach der Zahl von Fällen für einen bestimmten Anteil bei etwa 38%.
Berufsbereich, ergibt sich folgendes Bild: Die reglemen-
tierten Gewerbe machten 2014 mit rund 4.000 Antrags- Das BMWFW erledigte 773 Anträge zur Gleichhaltung
stellungen die größte Zahl an formalen Anerkennungen mit der österreichischen Lehrabschlussprüfung. Dabei
aus, die durch das BMWFW sowie die Ämter der Landesre- waren etwas mehr als die Hälfte Ausbildungen, die in
gierungen bearbeitet wurden.43 Dabei sind die individu- Dritt­staaten absolviert wurden. Diese bekamen mehr als
ellen Befähigungsprüfungen, die ebenfalls zur Ausübung doppelt so häufig die Auflage, zu einer verkleinerten LAP
eines Gewerbes berechtigen, nicht mit eingerechnet, da anzutreten, wie Personen mit Abschlüssen aus der EU/CH,
hier formal keine Unterscheidung zwischen In- und Aus- nämlich rund 45% im Vergleich zu 20%.
länder/innen getroffen wird und daher auch keine Anga-
ben entlang dieses Kriteriums möglich sind.44 Die Österreichische Ärztekammer bzw. die Landeskam-
mern bearbeiteten 2014 insgesamt rund 750 Anträge be-
Bei den reglementierten Gewerben wurden vor allem An- züglich Anerkennung gemäß Richtlinie 2005/35/EG (250)
träge nach §373a und b GewO 1994 gestellt (rund 86%). oder bezüglich Anrechnung von ausländischen Ausbil-
Am häufigsten waren dabei Anträge von Personen aus dungszeiten (494) von Ärzt/innen.
den Bereichen Baugewerbe hinsichtlich der ausführenden
Tätigkeiten Malen/Anstreichen, Stuckatur/Trockenausbau, Bei den Berufskammern fielen insgesamt etwa 887 Fälle
Tischlerei sowie Elektrotechnik und Metalltechnik. Zu den an, wobei auf die Ärztekammer 83% der Fälle entfielen.
14%, die Anträge nach §373c bis e GewO 1994 stellten, für Zahnärztekammer (8%), Apothekerkammer (5%) und die
die die Ämter der Landesregierungen zuständig sind, lie- Kammer für Architekten und Ingenieurskonsulenten (4%)
gen keine Informationen zu einzelnen Berufen vor. folgten entsprechend mit großem Abstand.

Mit rund 2.600 Antragsstellungen im Bereich der nicht- Rechnet man die Zahlen bei den Ämtern der Landesre-
ärztlichen Gesundheitsberufe waren das BMG (2.028), gierungen (bzw. Magistrate) aus den unterschiedlichen
die Ämter der Landesregierungen (563)45 sowie die FH Berufsbereichen, für die ihre Abteilungen zuständig sind,
(33) beschäftigt. Beim BMG betraf dabei die mit Abstand zusammen, so ergibt sich eine Gesamtzahl von mehr als

43
Summe der Fälle des BMWFW (3.369) und der Ämter der Landesregierungen (650)
44
Die Zahl der abgelegten individuellen Befähigungen wurde daher nicht erhoben.
45
2013/2014
46
Ohne Zurückziehungen (n=47)
47
Das BMG ist nur für Anerkennung nach Nostrifizierungen nach Richtlinie 2005/35/EG bzw. die automatische Anerkennung zuständig.

82
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

1.600 Fällen.48 Mehr als 400 Antragsstellungen betrafen Betrachtet man die vorliegenden Fallzahlen bei den Uni-
dabei Sozialbetreuungsberufe. Hier stellen die Bereiche versitäten und Fachhochschulen, die für Nostrifizierun-
Heimhilfe, gefolgt von Altenarbeit und Behindertenar- gen von in Drittstaaten erworbenen Diplomen zuständig
beit, den größten Anteil dar. sind, in Gesamtheit und unabhängig vom Fachbereich52,
ergibt sich annäherungsweise eine Gesamtzahl von 150.53
In Hinblick auf Nostrifikationen von Zeugnissen aus be- Dabei machte die Humanmedizin etwa 50% der Fälle aus,
rufsbildenden Schulen ist festzustellen, dass gemessen nicht-ärztliche Gesundheitsberufe etwa 20%.
an der Zahl gestellter Anträge die Zahl der tatsächlich
abgeschlossenen Nostrifikationen (Beurkundungen) ge- Anmerkungen:
ring ist. Dies gilt für „technische, gewerblich und kunst- — Reglementierte Berufe, Anerkennung bei Lehrberu-
gewerbliche Lehranstalten“ sowie „Humanberufliche fen sowie Nostrifikation von Hochschulzeugnissen
Lehranstalten und land- und forstwirtschaftliche Höhere und berufsbildenden Schulen sind in der Studie und
Lehranstalten“ und „Kaufmännische Lehranstalten“: Bei damit in der Tabelle erfasst (ohne pädagogische Be-
Ersteren werden pro Jahr 95 bis 130 Anträge verzeichnet; rufe und öffentlichen Dienst).
ausgestellt wurden im Jahr 2014 allerdings nur 24 Beur- — Es wurden ausschließlich öffentliche Universitäten
kundungen, was einen Anteil von 21% ausmacht, wenn und Fachhochschulen erfasst/kontaktiert.
man sich auf den Mittelwert von Antragsstellungen be- — Die Erklärungen zu * befinden sich jeweils in dersel-
zieht.49 Im zweiten Bereich gehen schätzungsweise 40 ben Zeile, in der Spalte „Anmerkungen“.
Anträge pro Jahr ein und sieben Beurkundungen wurden — Kursiv geschriebene Zahlen bedeuten, dass eine
2014 ausgestellt (das sind etwa 18%).50 Bei letzterer Grup- ganz eindeutige Zuordnung von übermittelten Zah-
pe, Nostrifikation von Zeugnissen kaufmännischer Lehr- len nach Ausgang nicht möglich ist. Dies wird auch
anstalten51, resultieren nur etwa 6% der Anträge in einer in der Spalte „Anmerkungen“ oder in Klammern je-
Beurkundung. weils kurz erklärt.

Die geringen Zahlen an Beurkundungen/Nostrifikatio-


nen im berufsbildenden Bereich liegen darin begründet,
dass Lehrpläne und Inhalte der schulischen Ausbildungen
zwischen Österreich und dem anderen Land verglichen
werden und in der Notwendigkeit, dass Unterschiede
ausgeglichen werden müssen, in der Regel durch Exter-
nistenprüfungen, um die Gleichwertigkeit und damit die
Nostrifikation zu erlangen. Viele der Antragssteller/innen
schaffen es jedoch nicht, diese Prüfungen (vollzählig) ab-
zulegen. Dadurch bleiben Verfahren häufiger offen oder
werden eingestellt.

48
Bereiche „reglementierte Gewerbe“, „Sozialbetreuungsberufe“ und „nicht-ärztliche Gesundheitsberufe“ summiert
49
Vor allem in den Bereichen Bautechnik, Elektronik, Maschinenbau und Chemie
50
Vor allem in den Bereichen Tourismus und Mode
51
HAK und HAS
52
Nur in der Studie berücksichtigte Berufe, siehe Grafik
53
Bezogen auf den jeweils angegebenen Zeitraum

83
Tabelle 1: Informationen zur Zuständigkeit und zu Fallzahlen von Anerkennungen
im Ausland erworbener Qualifikationen in Österreich

Gesamtzahl
Zuständigkeit* Werden Fälle von Fällen/ Jahr/ Detailliertheit
Stelle/ * (tw. nur für bestimmte Berufe statistisch Antrags­ Zeitraum der erhaltenen
Berufsbehörde in einem Bereich, siehe Grafik) erfasst? stellungen 2014 Daten

ENIC NARIC Austria Bewertung von akademischen ja, monatlich ca. 6.000 2014 nach Aus­
(BMWFW) Abschlüssen für Nostrifizierungen zusammen- bildungsland
gestellt

EU

Drittstaaten

BMWFW, Abt. I/4 Gleichhaltungen mit öst. LAP ja 773 2014 nach Ausbildungs-
land, Art des
Ausgangs, nach
Lehrberuf, nach
Bundesländern

EU

Drittstaaten

BMWFW, Abt. I/5.a Grenzüberschreitende ja 3.369 2014 nach Aus­


Reglementierte Gewerbe Dienstleistungen, Anerkennung bildungsland,
reglementierte Gewerbe gemäß nach Gewerbe
§ 373a und b GewO 1994
(Dienstleistungsanzeigen)
(EU/EWR/CH)

Ämter der Landesregierungen, Anerkennung und Gleichhaltung unter­ 650* 2014 teilweise nach
MA 63 reglementierte Gewerbe gemäß schiedlich Ausgang der Ent­­­­­­­
Reglementierte Gewerbe §373c bis e GewO 1994 scheidung; in einem
- EU/EWR/CH-Staatsangehörige Fall sehr detailliert
- gleichgestellte Drittstaats­ nach Beruf, Art des
angehörige Verfahrens, Nationa-
lität und Ausgang

Ämter der Landesregierungen, Individuelle Befähigungsprüfung ja nicht verfügbar keine, da bei dem
MA 63 gemäß §19 GewO Verfahren nicht
Reglementierte Gewerbe zwischen In- und
(alle Staatsangehörigkeiten) Ausländer/innen
unterschieden wird.

BMG, Abt. II/A/2 Nostrifizierungen nach Richtlinie ja 2.019 2014 Ausbildungsland,


Nicht-ärztliche 2005/35/EG und automatische Fachrichtung,
Gesundheitsberufe* Anerkennung** Bearbeitungs-
dauer, Ausgang,
Nostrifikation ja 0 2014 Geschlecht

84
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

Positiv unter
Auflagen Abtretungen,
Positiv (Nachholen Zurück­
Bearbei­ erledigt von Prüfungen, ziehungen,
tungen/ (ohne Ausgleichs­ Negativ Verfahrens­
Verfahren Auflagen) offen maßnahmen) erledigt wechsel Anmerkungen

4.472 ca. 95% der unter 5% der ca. 10%


Verfahren Verfahren Abtretungen
(in Bezug auf
Gesamtzahl
der Anträge)

2.271* * Summe aus „Staaten-Ranking“ (EU), enthält nicht


alle Fälle. Top 3: Ungarn, Polen, Rumänien.

1.827* * Summe aus „Staaten-Ranking“ (Drittstaaten),


enthält nicht alle Fälle. Top 3: Ukraine, Russische
Föderation, Serbien.

773 481* 230** 62 62 Negative Bescheide und Abtretungen nicht


(zusammen (zusammen getrennt übermittelt bzw. aufgezeichnet.
mit Abtre­- mit negativen) * Enthält 32 automatische Anerkennungen auf-
t­ungen) grund von Bildungsabkommen.
** Zulassung zur „verkleinerten“ LAP

302* 242 60 * Nur Fälle, die gleichgehalten oder zur


verkleinerten LAP zugelassen wurden.

377* 207 170 * Nur Fälle, die gleichgehalten oder zur


verkleinerten LAP zugelassen wurden.

3.369 3.216 153

622 287 47 121 Laut Auskunft des ALR NÖ werden seit März 2015
alle Entscheidungen (§ 373 c, d GewO) nach positiv
und negativ in das GISA eingegeben (Gewerbein­
formationssystem Austria). Verwaltet durch MA63.
* Für das Land Kärnten liegt die Zahl der Fälle für
Ausbildungen in Drittstaaten vor: 4. Davon 3
negativ, 1 positiv beschieden.

1.303 1.041 198 64 * Berufe siehe Grafik


Top 4: Deutschland, Slowakei, Slowenien, Ungarn
** EU-konforme Ausbildung oder „erworbene Rechte“

85
Gesamtzahl
Zuständigkeit* Werden Fälle von Fällen/ Jahr/ Detailliertheit
Stelle/ * (tw. nur für bestimmte Berufe statistisch Antrags­ Zeitraum der erhaltenen
Berufsbehörde in einem Bereich, siehe Grafik) erfasst? stellungen 2014 Daten

BMG, Abt. II/A/3 Anerkennung nach Richtlinie ja 4 2013 nach Fachrichtung,


Nicht-ärztliche 2005/35/EG nach Ausbildungs-
Gesundheitsberufe* land

Nostrifikation ja 5 2013 nach Fachrichtung,


nach Ausbildungs-
land

Ämter der Landesregierungen, Nostrifikation von Abschlüssen nein 563 2013/ unterschiedlich
MA 40 in nicht-ärztlichen Gesundheits­ 2014**
Sachgebiete: Soziales, Gesund- berufen aus Drittstaaten
heitsrecht, Krankenanstalten u.Ä. (bestimmte Berufe)*

FH Nostrifizierung von Abschlüssen 33 2014 unterschiedlich, tw.


in nicht-ärztlichen Gesund- nach Fachrichtung
heitsberufen aus Drittstaaten + Ausbildungsland
(bestimmte Berufe)*

Ämter der Landesregierungen, Nostrifikation von Abschlüssen nein (i.d.R. 428 2014 unterschiedlich,
MA 40 in Sozialbetreuungsberufen aus nur einzelne tw. nach einzelnen
Drittstaaten Personen­ Fachrichtungen
akten);
eine Ausnah-
me: Kataster/
Excel)

BMLFUW III/2 Anerkennung nach Richtlinie ja 1* 2014


2005/35/EG und Nostrifizierung
(bestimmte Berufe)*

Hochschule für Agrar- und Nostrifizierung nein 0 2013/


Umweltpädagogik Wien 2014

BOKU Wien Nostrifizierung nein 0 2014


Agrar- und forstwirtschaftliche
Berufe*

Land- und forstwirtschaftliche Gleichhaltung von im Ausland nein 5 2014 teilweise nach
Lehrlings- und Fachausbil- erworbenen Ausbildungen, Ausbildungsland +
dungsstellen der Bundesländer Anerkennung von Berufserfah- Beruf
(LFA) rung (bestimmte Berufe)*,
EU/EWR/CH und Nostrifizierung
bei Drittstaaten

BMBF* Nostrifikation (Anträge) nein ca. 95 – nach Aus­


Technische, gewerbliche und (alle Staatsangehörigkeiten) 130 pro Jahr bildungsland,
kunstgewerbliche Lehranstalten nach Fachrichtung

Nostrifikation (Bescheide) ca. 80 –


90 pro Jahr

Nostrifikation (Beurkundung) 24 10/2013 – nach Fachrichtung


9/2014

86
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

Positiv unter
Auflagen Abtretungen,
Positiv (Nachholen Zurück­
Bearbei­ erledigt von Prüfungen, ziehungen,
tungen/ (ohne Ausgleichs­ Negativ Verfahrens­
Verfahren Auflagen) offen maßnahmen) erledigt wechsel Anmerkungen

4* 4* * Berufe siehe Grafik


** keine Angabe, ob mit oder ohne Auflagen positiv.

5** 5** Eine Zurückweisung (ohne Angabe


zur Staatsangehörigkeit).

563 22 79 420 1 41 Häufige Gründe für Zurückziehungen sind familiär


oder aufenthaltsrechtlich bedingt.
* siehe Grafik
** Die übermittelten Zahlen der MA 40 sind aus 2013,
von allen anderen Stellen aus 2014.

55** 14** 21** 20** * siehe Grafik


** Enthalten auch Fälle von 2013 einer FH
(keine Trennung zw. 2013/14 vorgelegen).

k.A. 80 23 180 3 60 Bei der LAD Salzburg waren auch einige Fälle von
Inländer/innen, die um Anerkennung ihrer Ausbil-
dung ersucht haben, enthalten.
Zudem wurde der Ausgang der Anträge nicht
mitgeteilt.
Fast die Hälfte der Fälle fallen bei der MA 40 an.
Der größte Teil der Fälle geht auf Heimhilfe zurück.

1 1 *Antragsteller/in aus EU-/EWR-/CH-Land

1 1 1 *siehe Grafik

6 6 *siehe Grafik
Da die Daten nur teilweise mit Angaben zum Aus­
bildungsland übermittelt wurden, kann nur annähe-
rungsweise festgestellt werden, dass etwa doppelt so
viele Anträge von EU-Bürger/innen kommen wie von
Nicht-EU-Bürger/innen.

Der Ausgleich von Unterschieden hängt von der


Ablegung von Externistenprüfungen ab. Diese wird
vom überwiegenden Teil nicht (zur Gänze) absolviert.
Daher keine Beurkundung möglich.
* BMBF ausschließlich für die Nostrifizierung von
Berufsschulzeugnissen zuständig.

24* 24* * k.A. wie viele positiv mit und ohne Auflagen.

87
Gesamtzahl
Zuständigkeit* Werden Fälle von Fällen/ Jahr/ Detailliertheit
Stelle/ * (tw. nur für bestimmte Berufe statistisch Antrags­ Zeitraum der erhaltenen
Berufsbehörde in einem Bereich, siehe Grafik) erfasst? stellungen 2014 Daten

BMBF Nostrifikation nein 2 10/2013 – nach Ausbildungs-


BA Kindergartenpädagogik (alle Staatsangehörigkeiten) 9/2014 land (Ranking
ohne Zahlen),
nach Fachrichtung

BMBF Nostrifikation (Anträge) nein ca. 40 pro Jahr nach Ausbildungs-


Humanberufliche Lehranstalten (alle Staatsangehörigkeiten) land (Ranking
und land- und f orstwirt. Höhere ohne Zahlen),
Lehranstalten nach Fachrichtung

Nostrifikation (Bescheide) ca. 9 pro Jahr

Nostrifikation (Beurkundung) 7 10/2013 - nach Ausbildungs-


9/2014 land (Ranking
ohne Zahlen),
nach Fachrichtung

BMBF Nostrifikation nein 41 10/2013 –


Kaufmännische Lehranstalten (Anträge bzw. Bescheide) (bezieht sich auf 9/2014
(alle Staatsangehörigkeiten) Antragsdatum)

Nostrifikation (Beurkundung) 10/2013–


9/2014

EU 68 10/2013– nach Herkunft


9/2014

Drittstaaten 109 10/2013– nach Herkunft


9/2014

OLG (Oberlandesgerichte) Anerkennung nach Richtlinie nein 6 2014


2005/35/EG (bezieht sich auf
RECHTSANWÄLTE und NOTARE Antragsdatum)

Universitäten Nostrifizierungen k.A. k.A. 2012/13


Rechtswissenschaften (Studien-
jahr)

OEHG Anerkennung nach Richtlinie ja 28 2014 nach Ausbildungs-


2005/35/EG land

FH Nostrifikation (Drittstaaten) ja Im 2-stelligen 2013/ Ausbildungsland


Hebammenstudiengang Bereich pro Jahr 2014 auf Anfrage
in Form von Vor-
gesprächen, ob
Antragsstellung
aussichtsreich

88
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

Positiv unter
Auflagen Abtretungen,
Positiv (Nachholen Zurück­
Bearbei­ erledigt von Prüfungen, ziehungen,
tungen/ (ohne Ausgleichs­ Negativ Verfahrens­
Verfahren Auflagen) offen maßnahmen) erledigt wechsel Anmerkungen

2 Zahlen beziehen sich auf durchgeführte


Nostrifikationen.

9 7 Der Ausgleich von Unterschieden hängt von der


Ablegung von der Externistenprüfung ab. Diese wird
vom überwiegenden Teil nicht (zur Gänze) absolviert.
Daher keine Beurkundung möglich.

7 7* 7* * k.A. wie viele positiv mit und ohne Auflagen.

47 5 Der Ausgleich von Unterschieden hängt von der


(bezieht sich (bezieht sich Ablegung der Externistenprüfung ab. Diese wird vom
auf Genehmi- auf Genehmi- überwiegenden Teil nicht (zur Gänze) absolviert.
gungsdatum) gungsdatum) Daher keine Beurkundung möglich.

4 4* 4* * k.A. wie viele positiv mit und ohne Auflagen.

68

109

7 2 3 2

* Zahlen von Statistik Austria; es werden nur positive


9* Ausgänge erfasst. Es wird davon ausgegangen,
dass österreichspezifische Prüfungen gemacht
werden müssen.

28 28

2 2 Alle Nostrifikations-„Kandidat/innen“ müssen


mind. das Fach „berufsspezifische Rechtsgrundlagen“
belegen.

89
Gesamtzahl
Zuständigkeit* Werden Fälle von Fällen/ Jahr/ Detailliertheit
Stelle/ * (tw. nur für bestimmte Berufe statistisch Antrags­ Zeitraum der erhaltenen
Berufsbehörde in einem Bereich, siehe Grafik) erfasst? stellungen 2014 Daten

Ärztekammer Anerkennung nach Richtlinie ja 250* 2014 nach: Appr.


2005/35/EG Ärzt/innen /
Ärzt/innen f. Allg.
medizin / Fach-
ärzt/innen; Ausbil-
dung in EWR und
nicht-EWR; Herkunft
auf Nachfrage;

Anrechnung von ausländischen ja 494** 2014 nach EWR


Ausbildungszeiten gem. §14 EWR (assoziier- (assoziierten)
ÄrzteG te) Länder: 445 Ländern und
Nicht-EWR- Nicht-EWR-Ländern
Länder: 49

Universitäten Nostrifizierung nein 73* 2013/14


Medizin (Studien-
jahr)

Zahnärztekammer Anerkennung nach Zahnärzte- ja 67* 2014 nach Ausbildungs-


EWR-Qualifikationsnachweis- EU: 66 land, nach Staats-
Verordnung 2008 Nicht-EU: 1 bürgerschaft

Universitäten Nostrifizierung k.A. k.A. 2012/13


Zahnmedizin (Studien-
jahr)

Apothekerkammer Anerkennung nach Richtlinie ja 44 2014


2005/35/EG

Universitäten Nostrifizierung k.A. 2012/13


Pharmazie (Studien-
jahr)

Universität (VET MEDWien) Nostrifizierung nein 8 2014


Tiermedizin

Kammern der Architekten und Niederlassungsanträge auf Basis nein 32 2014


Ingenieurskonsulenten einer EU-Berufsberechtigung iSd
(Kammer für Wien, NÖ, Bgl + §§ 33 bzw. 34 ZTG
Kammer T, V + Kammer ST,K)

Universitäten/FHs Nostrifizierung nein 0 2014


Architekten/Ingenieurskonsulenten

Paritätische Kommission Anerkennung nach Richtlinie nein 0 2013/


Bilanzbuchhaltungsberufe 2005/35/EG 2014

Kammer der Anerkennung nach Richtlinie


Wirtschaftstreuhänder 2005/35/EG

90
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

Positiv unter
Auflagen Abtretungen,
Positiv (Nachholen Zurück­
Bearbei­ erledigt von Prüfungen, ziehungen,
tungen/ (ohne Ausgleichs­ Negativ Verfahrens­
Verfahren Auflagen) offen maßnahmen) erledigt wechsel Anmerkungen

250 * Anerkennung ausländischer Berufsqualifikation


(Ersteintragung in Ärzteliste)

494 ** Anrechnung von ausländischen


Ausbildungszeiten

73 65 8 * Ausschließlich Zahlen der Universität Wien


erhalten (fehlend: Innsbruck, Graz);
Es müssen IMMER mind. 4 Ergänzungsprüfungen
gemacht werden.

67 67 * Zahl der neu eingetragenenZahnärzt/innen


(ohne Personen, die ihre Ausbildung in AT
gemacht haben).

2* * Zahlen von Statistik Austria, nur positive.


Es wird angenommen, dass Prüfungen gemacht
werden müssen (wie bei Humanmedizin).

44 39 2

9* * Zahlen von Statistik Austria, nur positive. K.A.,


ob mit oder ohne Auflagen.

8 8 Bei einem Nostrifizierungsverfahren müssen sich die


Personen immer Ergänzungsprüfungen unterziehen.

32 30 1 1

Es gab 5 Anfragen, aber keine Anträge. Es müssen im-


mer österreichspezifische Prüfungen gemacht werden.

Keine Rückmeldung erhalten.

91
7.2.4. Dokumentation der Fälle
In der Tabelle befinden sich alle Angaben, die von den
kontaktierten Institutionen zu den Fragestellungen ge-
macht wurden. Nicht alle Institutionen haben dazu Anga-
ben gemacht.

Tabelle 2: Informationen zur Dokumentation, Datenverfügbarkeit und -weitergabe


sowie Beratungsbedarf bei den anerkennenden Stellen

Stelle/ Art der Detailliertheit der


Berufsbehörde Zuständigkeit Dokumentation erhaltenen Fallzahlen

ENIC NARIC Austria (BMWFW) Bewertung von akademischen Elektronisch gesammelt und nach Ausbildungsland, nach
Abschlüssen für Nostrifizierungen monatlich zusammengestellt Ausgang
(alle Länder)

BMWFW, Abt. I/4 Gleichhaltung mit öst. LAP nach Ausbildungsland, nach Beruf,
(alle Länder) nach Ausgang, nach Bundesland

BMWFW, Abt. I/5 Grenzüberschreitende Dienstleis- nach Fachrichtung,


Gewerberechtvollziehung tungen, Anerkennung reglemen- nach Ausbildungsland
tierte Gewerbe gemäß § 373a
und b GewO 1994 (Dienst­
leistungsanzeigen)
(EU/EWR/CH)

BMG, Abt. II/A/2 – Anerkennung laut Richtlinie nach Ausbildungsland,


2005/36/EG nach Fachrichtung
– Nostrifikation
(nur kardiotechn. Dienst)

BMG, Abt. II/A/3 – Anerkennung nach Richtlinie


2005/35/EG
– Nostrifikation

92
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

Bereitschaft, Bereitschaft zur


Bereits praktizierte Zahlen Übermittlung von
Übermittlung von statistisch Zahlen 1x jährlich Bedarf an mehr Beratung
Zahlen an andere Stellen zu erfassen an zentrale Stelle (über die bestehende hinaus)

ÖIF, BMEIA ja ja (anonymisiert) nein

Jahresanalyse wird an ja ja (anonymisiert) Anzahl der Verfahren hat seit 2009 um knapp 59% zugenommen
Bundesberufsausbildungsbeirat (von 2013 auf 2014 um rund 18%). Beratung ist in den letzten Monaten
übermittelt zeitintensiver und inhaltlich anspruchsvoller geworden. Die Beratung
innerhalb des Ministeriums nimmt zunehmend mehr Zeit in Anspruch,
weil Migrantenberatungsstellen, Weiterbildungsinstitute und Dienst-
geber/innen vermehrt Anfragen stellen.

Bei Anträgen syrischer, irakischer und iranischer Ausbildungen fehlen


einerseits Erfahrungswerte, andererseits sind die Sprachkenntnisse
der Antragsteller/innen teilweise noch mangelhaft, sodass die Bera-
tung und Bearbeitung der Anträge schwieriger ist und länger dauert.

Hilfreich sind die Anlaufstellen für Migrant/innen, die die


Antragsteller/­innen mehr­­­sprachig beraten und ggf. während des
Anerkennungsprozesses unterstützen.

ja ja Beratungsaufwand ist hoch und intensiv. Dies wird darauf zurück-


geführt, dass oftmals die Infos auf der Website nicht (genau) gelesen
werden, Informationen werden meist telefonisch eingeholt.

Netzwerk Anerkennung, ja ja (anonymisiert) Im Bereich Berufsanerkennung von nichtärztlichen Gesundheits­


Datenbank der Europäischen berufen wird an 3 Tagen/Woche Parteienverkehr angeboten.
Kommission Der persönliche Kontakt mit den Sachbearbeiter/innen wird sehr
geschätzt. Es gibt fast nie Verfahren, denen nicht ein persönliches
Gespräch vorangegangen ist. Da die Zahl der Anträge stetig steigt,
wächst auch die Zahl der Anfragen/Anrufe.

93
Stelle/ Art der Detailliertheit der
Berufsbehörde Zuständigkeit Dokumentation erhaltenen Fallzahlen

Land- und forstwirtschaftliche


Lehrlings- und Fachausbildungs-
stellen der Bundesländer (LFA)

BMLFUW Abt. III/2 ELAK

BMBF, Abt. II/2.d, II/4, Nostrifikation von ausländischen nach Fachrichtungen, Ranking
II/3, II/1, I/7 Zeugnissen für berufsbildende nach Ausbildungsland
Schulen

OEHG Anerkennung nach Richtlinie nach Ausbildungsland


(Öst. Hebammengremium) 2005/36/EG

FH Nostrifikation (Drittstaaten)
Hebammenstudiengang

Ärztekammer Anerkennung nach Richtlinie elektronisch


2005/35/EG

Zahnärztekammer Anerkennung nach Zahnärzte- elektronisch nach Ausbildungsland


EWR-Qualifikationsnachweis-
Verordnung 2008

Apothekerkammer Anerkennung nach Richtlinie elektronisch


2005/35/EG

Universität VET MED Nostrifizierung

Universitäten Nostrifizierung elektronisch nach Ausgang


Medizin

94
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

Bereitschaft, Bereitschaft zur


Bereits praktizierte Zahlen Übermittlung von
Übermittlung von statistisch Zahlen 1x jährlich Bedarf an mehr Beratung
Zahlen an andere Stellen zu erfassen an zentrale Stelle (über die bestehende hinaus)

unterschiedlich, Unterschiedlich, je nach LFA


je nach LFA LFA Wien, LFA St.: eine Beratung für die betroffenen Personen wäre hilfreich
(hinsichtlich notwendiger Voraussetzungen wie z. B. beglaubigte, über-
setzte Zeugnisse, Informationen über Dauer + Inhalte ihrer Ausbildung)

an BMWFW, Abt. I/7, zur Ein­ ja nein


speisung in die EU-Datenbank
der reglementierten Berufe

Statistik Austria ja ja k.A.


an zwei Tagen der Woche Parteienverkehr

EU-Datenbank der ja ja nein


reglementierten Berufe

1x/Jahr BIS-Meldung (Bereitstel- k.A. ja nein


lung bestimmter Informationen Vor der Antragsstellung werden individuelle Beratungsgespräche
betreffend des Studienbetriebes) darüber geführt, ob eine Nostrifikation sinnvoll bzw. möglich ist.
an AQ Austria

keine Beratung erfolgt praktisch ausschließlich durch die Landeszahnärz-


tekammer oder die öst. Zahnärztekammer. Mit der stetig steigenden
Zuwanderung wächst auch der Beratungsbedarf. Zwei Problemfelder
stehen bei der Beratung im Vordergrund: 1. nach welchen Regeln die
Zulassung zum Beruf erfolgen kann und 2. unter welchen Umständen
der Beruf in Österreich ausgeübt werden kann.

1x/Jahr an BMWFW und BMG ja Es wird insgesamt ein recht hoher Beratungsbedarf festgestellt. Zudem
hat sich dieser in den letzten Jahren erhöht, d.h. die Zahl der Anfragen
ist gestiegen. Dies lässt sich teilweise auch auf die Änderung der Ausbil-
dungsordnung mit 1.6.2015 zurückführen.

Die Beratung erfolgt telefonisch und per Mail, tw. persönlich. Häufig
hat bereits eine Erstberatung in einer Landesärztekammer stattgefun-
den, bevor eine Beratung durch die ÖAK erfolgt.

1x/Jahr Eintragung in die Migrati- ja nein


onsstatistik zur Niederlassung in Es werden Beratungsgespräche geführt, in denen über die Anerken-
die EU-Datenbank Reglementierte nung zur Ausübung des Apothekerberufs informiert wird.
Berufe (Aufforderung durch BMG)

Statistik Austria, eventuell möglich nein


aber nur positive Fälle Personen werden persönlich beraten.

Statistik Austria, eventuell möglich Es erfolgt immer ein ausführliches Beratungsgespräch vor Antragsstel-
aber nur positive Fälle lung, es wird darüber hinaus kein weiterer Beratungsbedarf gesehen.

95
Stelle/ Art der Detailliertheit der
Berufsbehörde Zuständigkeit Dokumentation erhaltenen Fallzahlen

FH Nostrifizierung von Abschlüssen unterschiedlich („Listenführung“; nach Ausbildungsland/


bei nicht-ärztlichen Gesundheits- im Studienverwaltungssystem Fachrichtung
berufen VESE)

Ämter der Landesregierungen, Nostrifikation von Abschlüssen in i.d.R. als einzelne Personenakten unterschiedlich; tw. nach
Magistrate nicht-ärztlichen Gesundheitsbe- g Es ist für sie mühsam, nach­ Ausbildungsland, Fachrichtung
rufen aus Drittstaaten (bestimmte träglich Statistiken zu erstellen. oder Ausgang
Berufe)* sowie Sozialbetreuungs- Ein Fall: Excel; tabellarisch, weiter:
berufe elektronisch

Abdeckung verschiedener Berufs-


bereiche durch unterschiedliche
Abteilungen/Direktionen

Kammern für Architekten, Niederlassungsanträge auf Basis


Ingenieure, ZT einer EU-Berufsberechtigung iSd
§§ 33 bzw. 34 ZTG

7.2.5. Gewerbeausübung: Die individuelle Befähigungsprüfung ist gleichermaßen


Individuelle Befähigung für In- als auch Ausländer/innen möglich (Aufenthalts-
Für die selbstständige Ausübung eines reglementierten titel) und ist in letzter Zeit für Personen mit im Ausland
Gewerbes (Einzelunternehmen) ist ein Befähigungsnach- erworbenen Qualifikationen bzw. Berufserfahrungen im
weis notwendig. Diesen muss entweder der/die (künfti- Herkunftsland immer wichtiger geworden (WKÖ 2015).
ge) Inhaber/in oder der/die Geschäftsführer/in vorlegen.
Der Befähigungsnachweis kann auf viele verschiedene Statistisch wird allerdings nicht festgehalten, wie viele
Weisen erbracht werden. Kann allerdings keiner der for- Personen welcher Staatsbürgerschaft die Prüfung able-
malen Nachweise erbracht werden, ist es möglich, eine gen (siehe Tabelle Ämter der Landesregierungen, regle-
sogenannte „Feststellung der individuellen Befähigung“ mentierte Gewerbe).
durchzuführen. Dies kann zum Beispiel durch ein Fachge-
spräch oder mittels Arbeitsproben geschehen. Mit einem 7.2.6. Bereitschaft zur Übermittlung
solchen positiven Bescheid kann eine Person, die sonst von Zahlen an eine zentrale Stelle
nicht ausreichend formale Zeugnisse über ihre Ausbil- Tendenziell sind es jene (meist großen) Institutionen, die
dung und/oder Berufserfahrung vorlegen kann, mit einer ohnehin schon jährlich Zahlen weitergeben, die bereit
entsprechenden Aufenthaltsberechtigung ein reglemen- sind, jährlich auch eine zentrale Stelle zu informieren. Ins-
tiertes Gewerbe selbstständig ausüben. besondere bei den Ämtern der Landesregierungen sowie

96
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

Bereitschaft, Bereitschaft zur


Bereits praktizierte Zahlen Übermittlung von
Übermittlung von statistisch Zahlen 1x jährlich Bedarf an mehr Beratung
Zahlen an andere Stellen zu erfassen an zentrale Stelle (über die bestehende hinaus)

an Statistik Austria; Unterschiedlich – Unterschiedliche Einschätzungen/Anmerkungen:


BIS-Meldung an AQ Austria Einschätzung FH Campus: Es besteht Bedarf in Hinblick auf Fragen
zur Aufenthalts- bzw. zur Arbeitserlaubnis sowie zum Arbeitsmarkt.
– Einschätzungen FH Campus, FH Tirol: Das Nostrifizierungsverfahren
selbst wird durch FH betreut. Es besteht kein weiterer Bedarf. Ggf.
Verweis an Beratungsstelle („ZeMiT“).
– Einschätzungen FH OÖ: Ja, es besteht Bedarf, Antragsteller/innen
werden oft an Beratungsstellen verwiesen („migrare“).
Beratungsbedarf enorm groß.

keine; überwie- überwiegend nein Die Einschätzungen sind unterschiedlich, überwiegend wird kein wei-
laut Brgl. Landesregierung: gend nein (nur mit entspre- terer Beratungsbedarf gesehen. Exemplarisch einige Anmerkungen:
alle nostrifizierenden Stellen sind (zu aufwän- chender gesetzlicher – Im Zuge der Antragsstellung erfolgt grundsätzlich eine umfassende
nach Bildungsdokumentationsge- dig) Vorgabe) Beratung in Bezug auf Verfahrensablauf und Kosten. Auch werden
setz (BGBI I Nr. 12/2002 idgF § 10 (manche ein ja: jährlich, digital, Infobroschüren ausgehändigt.
Abs.3) verpflichtet, jährlich spezifi- schreiben anonymisiert, mit – Vorschlag: Für Personen aus Ländern, die besonders häufig Anträge
sche Daten an Statistik Austria zu „elektroni- genormter Vorlage stellen (z.B. Bosnien und Herzegowina) Einrichtung einer digitalen
übermitteln sche“ Erfas- Plattform, die darüber informiert, was anerkannt werden kann und
sung wäre welche Dokumente benötigt werden (ALR Kärnten).
denkbar...) – Trotz häufig schon vorab erfolgten Beratungen bei diversen interkul­
turellen Beratungszentren stellen sich beim Erstgespräch zur Antrags-
stellung zahlreiche, gleiche grundlegende Fragen (ALR Steiermark).

Kammer W, NÖ, Bgl.: ja nein


Kammer T, V: nein Es erfolgen Beratungsgespräche vor einer Antragsstellung mit Infos zu
erforderlichen Dokumenten, zum Ablauf und zur Dauer.

den land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fach- angegeben wird, keinen weiteren Beratungsbedarf zu se-
ausbildungsstellen (LFA) herrscht eher Skepsis. Dies wird hen. Inwiefern Antragsteller/innen bereits im Vorfeld der
hauptsächlich mit zu viel Aufwand bzw. zu wenig Kapa- Anerkennung beraten wurden, um überhaupt zu der rich-
zität sowie mit einer fehlenden gesetzlichen Grundlage tigen Anerkennungsstelle zu kommen, kann nicht gesagt
begründet. Dies unterscheidet sich von Bundesland zu werden.
Bundesland. Bei den Universitäten und Fachhochschu-
len – soweit erreicht – sowie bei den Kammern wird ten- Insbesondere das BMG und das BMWFW konstatieren
denziell die Möglichkeit gesehen, solche Zahlen zu über­ eine steigende Zahl von Anträgen und daher auch einen
mitteln. steigenden Beratungsbedarf und Arbeitsaufwand für die
Mitarbeiter/innen der Ministerien.
7.2.7. Beratungsbedarf
Der Gesamteindruck ist, dass alle Institutionen Informati- Auch wenn bei den meisten Ämtern der Landesregierun-
onsmöglichkeiten bieten. Nostrifizierende Einrichtungen, gen sowie bei den FHs tendenziell kein weiterer Bedarf an
wie z.B. Universitäten oder Fachhochschulen, klären vor Beratung gesehen wird, gab es Rückmeldungen, dass Fra-
einer Antragsstellung über den Ablauf auf und berück- gen betreffend Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsberechti-
sichtigen die individuellen Voraussetzungen. Zugleich gung sowie zu weiteren grundlegenden Themen bei den
haben sie eher geringe Fallzahlen, sodass hier zum Teil Personen bestehen. Darauf weisen auch Anmerkungen

97
hin, wie zum Beispiel, dass Antragsteller/innen oft schon ein Anstieg in den Fallzahlen: Im Jahr 2013 suchten 4.599
bei einer Informationsstelle waren und dennoch nicht Personen persönlich eine AST auf, um sich beraten zu las-
alle Fragen geklärt waren, oder dass umgekehrt Sachbe- sen. 2014 stieg die Zahl auf 6.210 Personen an, wobei eine
arbeiter/innen Personen zusätzlich zu Beratungsstellen kleine Anzahl von Beratenen sowohl 2013 als auch 2014
schicken. Explizit werden Stellen wie ZeMiT, migrare bzw. in die Beratungsstellen kam. In den überwiegenden Fäl-
die AST genannt, wobei die dort gegebene Möglichkeit len kamen Personen nur einmal zu einer Beratung, selten
von Beratung in verschiedenen Sprachen als besonders zwei- bis dreimal. Dies erklärt den Unterschied zwischen
hilfreich erachtet wird. Generell deutet die eine oder an- Gesprächs- und Fallzahlen.
dere Bemerkung einer Anerkennungsstelle im Zuge der
Recherche darauf hin, dass Sprachkenntnisse häufig eine Von Seiten der AST ist man bemüht, bereits im Vorfeld
Barriere darstellen – und zwar sowohl in der Beratung als einer persönlichen Beratung telefonisch Anliegen und
auch für eine mögliche Anerkennung. Formalitäten zu klären, um nach Möglichkeit den Rat-
suchenden eine (mehrfache) weite Anreise zu ersparen.
Die Beratungszahlen der AST zeigen eine Zunahme von Auch wird darauf hingewiesen, dass nicht nur ein steigen-
26% bei den persönlich geführten Beratungsgesprächen der Bedarf an Beratung, sondern auch an Weiterbildungs-
von 2013 (7.226 Gespräche) auf 2014 (9.121 Gespräche). möglichkeiten zur Ausbildungsergänzung gesehen wird,
Die E-Mail- und Telefonkontakte wurden dabei nicht mit- was vor allem im ländlichen Raum eine Hürde im Aner-
gezählt. Hinter dem Anstieg der Gesprächszahlen steht kennungsprozess darstellt.

Tabelle 3: Beratungsfälle (Personen) nach Staatsbürgerschaft


bei AST – EWR-Drittstaatsbürgerschaft

2013 absolut 2013 in Prozent 2014 absolut 2014 in Prozent

Beratungssuchende gesamt 4.599 100,00 6.210 100,00


Drittstaatsbürgerschaft 2.646 57,53 3.297 53,09
EWR-Bürgerschaft inkl. Kroatien, Österreich, Schweiz 1.947 42,34 2.875 46,30
Unbekannt 6 0,13 38 0,61

Quelle: Auskunft der AST, Norbert Bichl, März 2015.

Insgesamt lässt sich aus den Informationen und Darstel- grund von Vorarbeiten in spezialisierten Beratungsstellen
lungen folgern: So gut wie alle Stellen bieten den (poten- schneller abgearbeitet werden bzw. sind automatisiert
ziellen) Antragssteller/innen Informationen zu den Anfor- (BMG). Sind Beratungsstellen in den Prozess der Anerken-
derungen, zum Ablauf und zur Dauer des Prozesses, sei es nung erstmalig, z.B. bei Landesbehörden eingebunden,
in einer persönlichen oder telefonischen Beratung bzw. ist dies anfangs möglicherweise mit Irritation auf Seiten
durch Broschüren und Informationen auf den Websites. der Behörde verbunden, führt meistens aber dauerhaft
Migrant/innen haben jedoch darüber hinaus manchmal zu einem effizienteren Ablauf, nach Einschätzung der AST.
grundsätzliche rechtliche Fragen zur Aufenthalts- und Darüber hinaus können auf Basis der Angaben nur weni-
Arbeitserlaubnis. Intensität und Dauer der Beratung bzw. ge Aussagen dazu gemacht werden, wie (gut) die Per-
Fallbearbeitung nimmt teilweise aufgrund der Komple- sonen überhaupt zur richtigen Stelle/Institution finden.
xität zu, teilweise können aber Antragstellungen auf- Die teilweise erfasste Zahl der Abtretungen und Zurück-

98
7
Quantitative Erhebung zu
aktuellen Fallzahlen bei
Anerkennungs- und
Validierungsverfahren

weisungen aufgrund von Nicht-Zuständigkeit, die in der Darüber hinaus erledigte das BMWFW 773 Anträge be-
Tabelle im Kapitel 7.2.3. enthalten ist, deutet darauf hin, züglich Gleichhaltung mit der österreichischen Lehrab-
dass die Orientierung nach wie vor ein für die Betroffenen schlussprüfung (2014).
mühsamer Prozess ist.54
Die Österreichische Ärztekammer bearbeitete 2014 insge-
samt rund 750 Anträge bezüglich Anerkennung (250) und
7.3. Zusammenfassung 494 Ansuchen zur Anrechnung von ausländischen Ausbil-
dungszeiten von Ärzt/innen.
Unter den reglementierten Berufen sind es die regle-
mentierten Gewerbe, die 2014 mit rund 4.020 Antrags- Davon unabhängig erhielt ENIC NARIC Austria rund 6.000
stellungen die größte Zahl an formalen Anerkennungen Anträge und nahm 2014 mehr als 4.400 Bewertungen vor.
ausmachten und die durch das BMWFW sowie die Ämter Deutlich wachsende Beratungszahlen in den AST sowie
der Landesregierungen bearbeitet wurden.55 Dabei sind die Angaben von Ministerien, einigen Kammern sowie
die individuellen Befähigungsprüfungen, die ebenfalls Ämtern der Landesregierungen weisen auf einen gestie-
zur Ausübung eines Gewerbes berechtigen, nicht mit ein- genen Beratungsbedarf hin. Von den 6.210 beratenen Per-
gerechnet. sonen in den AST 2014 waren 53% Drittstaatsangehörige.

Mit rund 2.600 Antragsstellungen im Bereich der nicht-


ärztlichen Gesundheitsberufe waren das BMG (2.028), die
Ämter der Landesregierungen (563)56 sowie die FH (33)
beschäftigt (2013/2014).

54
Ein äußerst praktischer Wegweiser ist eine Broschüre des Landes Salzburg, auf die hier ausdrücklich hingewiesen sei. Sollte sie auch in anderen Sprachen vorliegen,
wäre dies umso vorteilhafter. Land Salzburg, Abteilung 12 (Fachreferat Migration) (2013): Nostrifizierung Berufszulassung - Anerkennung der Gleichwertigkeit von
Qualifikationen. http://www.salzburg.gv.at/nostrifizierung-2.pdf (Zugriff am 20.07.2015).
55
Summe der Fälle des BMWFW (3.369) und der Ämter der Landesregierungen (650)
56
2013/2014

99
100
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen
57

Sofia Kirilova

8.1. Forschungsdesign gen der Migrant/innen in Bezug auf die Anerkennung der
in ihrem Heimatland erworbenen Qualifikationen in Ös-
Im theoretischen Teil der vorliegenden Studie wurde terreich zu untersuchen, um mögliche Herausforderun-
bereits eine Reihe von Herausforderungen aufgezeigt, gen in diesem Prozess zu erkennen und Ableitungen für
die mit der Anerkennung von im Ausland erworbenen weitere Maßnahmen zu treffen.
Qualifikationen verbunden sind. In den vergangenen
drei Jahren wurden jedoch Maßnahmen gesetzt, die zu Zu vermerken ist, dass die qualitative Erhebung keine nä-
höherer Transparenz und Erleichterungen im Anerken- here Auseinandersetzung mit der Thematik der Validie-
nungsprozess führen sollten. In bisherigen empirischen rung informeller Kompetenzen beinhaltet. Prozesse der
Untersuchungen wurden allerdings stets Migrant/innen Validierung beziehen sich auf Kompetenzen, die in nicht-
befragt, die eine längere Aufenthaltsdauer in Österreich formalen oder informellen Lernkontexten erworben wur-
aufweisen (z.B. seit 15 Jahren) bzw. deren Anerken- den und unterscheiden nicht, ob diese Kompetenzen im
nungsverfahren bereits längere Zeit zurückliegen. Diese In- oder im Ausland erworben wurden. Die Anerkennung
Migrant/innen waren mit strukturellen Gegebenheiten von im Ausland angeeignet Qualifikationen ist vor allem
im Anerkennungsprozess konfrontiert, die sich seither für Zuwander/innen relevant (Biffl et al. 2012: 29).
teilweise geändert haben. Um aktuelle Erkenntnisse zu
Anerkennungsangelegenheiten zu gewinnen, soll daher 8.1.1. Forschungsinteresse
die Perspektive von Neuzuwander/innen miteinbezogen Das primäre Forschungsinteresse der qualitativen Analy-
werden. In den folgenden Kapiteln wird die methodische se liegt in der Frage, welche Erfahrungen Neuzuwander/
Vorgehensweise zu den qualitativen Interviews skizziert. innen in Österreich mit dem Anerkennungsprozess ihrer
Anschließend werden die Erkenntnisse aus den Interviews ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüsse aufweisen.
beschrieben und mit den theoretischen Ansätzen und Aufgrund von zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten
empirischen Befunden verdichtet. Ziel ist es, die Erfahrun- wurden die Interviews auf Wien eingegrenzt. Von beson-

57
Literaturverzeichnis siehe S. 135

101
derem Interesse sind dabei die Erfahrungen der Befrag- — Wie gestaltete sich der Informationsbeschaffungspro-
ten, die Motive, welche für und gegen eine Anerkennung zess zum Thema Anerkennung? Wurden bereits im
sprechen, sowie wichtige Akteur/innen bzw. Quellen, die Heimatland Informationen gesucht und welche Quel-
Informationen zum Thema Anerkennung liefern. len standen den Zuwander/innen zur Verfügung?
— Gab es in Österreich bestimmte Quellen oder Ak-
Aus diesen Überlegungen ergab sich folgende for- teur/innen, die besonders nützliches Wissen ver-
schungsleitende Frage: mittelten bzw. Unterstützung boten? Wie klar und
Welche Erfahrungen weisen Migrant/innen mit dem Aner- verständlich waren diese Informationen? Wie wurde
kennungsprozess ihrer im Ausland erworbenen formalen die Beratung hinsichtlich der Anerkennung der Qua-
Qualifikationen in Wien auf? Welche Gründe sprechen für lifikationen erlebt?
und welche gegen eine Anerkennung und wie erhalten Mi- — Welche Erfahrungen haben die Betroffenen mit dem
grant/innen die nötigen Informationen über den Anerken- Anerkennungsprozess gemacht, welche Hemmnisse
nungsprozess? und Hürden können bei der Anerkennung konsta-
tiert werden?
Der Begriff „Anerkennung“ ist als Überbegriff zu verste- — Welche Wünsche und Bedürfnisse äußern die Betrof-
hen. Darunter fallen Nostrifizierungen (Hochschule), Nos- fenen hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens?
trifikationen (Schule, Berufe), Gleichhaltungen (Lehre) — Hat sich durch die Anerkennung die berufliche Situa-
und berufliche Anerkennung (Berufszulassung) (Girlasu/ tion verändert? Wenn ja, in welcher Hinsicht?
Zitz 2012: 4). — Wird nach Meinung der Befragten die ausländische
Qualifikation vom/von der Arbeitgeber/in als gleich-
Mit dem Begriff Neuzuwanderer bzw. Neuzuwanderin wertig mit einer in Österreich erworbenen Qualifi-
werden in der vorliegenden Untersuchung Migrant/innen kation gesehen oder wird sie als nicht gleichwertig
bezeichnet, die in den letzten fünf Jahren nach Österreich empfunden?
gezogen sind. Die Einschränkung der Aufenthaltsdauer
in Österreich auf maximal fünf Jahre wurde getroffen, da 8.1.2. Auswahl der Stichprobe
arbeitsbezogene rechtliche Rahmenbedingungen einem Die Auswahl der Interviewpartner/innen erfolgte nach
schnellen Wandel unterliegen. Mit der Einschränkung bestimmten Kriterien, welche größtenteils auf theoriege-
wird versucht, die Erfahrungen der Befragten möglichst leiteten Überlegungen basieren. Zu vermerken ist jedoch,
aktuell zu halten. dass „interessante“ Personen, auf die nicht alle Kriterien
zutrafen, ebenfalls für die Auswahl in Frage kamen.
Im Zusammenhang mit der forschungsleitenden Frage
wurden folgende Unterfragen formuliert58: — Dem Forschungsinteresse entsprechend konzent-
riert sich die empirische Untersuchung auf Migrant/
— Welche formellen und informellen Qualifikationen innen, die einen Antrag auf Anerkennung ihrer im
bringen Migrant/innen aus ihren Herkunftsländern Ausland formal erworbenen Qualifikationen gestellt
mit? haben.
— Welche Herausforderungen ergeben sich beim Ein- — Wie aus den Forschungsfragen ersichtlich, waren
satz ihrer Qualifikationen am Arbeitsmarkt und wel- auch Interviewpartner/innen von Interesse, die ihre
che Handlungsstrategien entwickeln sie, um diesen Ausbildung nicht anerkennen lassen wollten bzw.
zu begegnen? bei denen eine Anerkennung ihrer Ausbildung auf-
— Was waren die Motive für eine Anerkennung der im grund rechtlicher Regelungen nicht nötig ist.
Ausland erworbenen Qualifikationen und welche — Eine Voraussetzung für die Teilnahme an einem In-
Gründe äußern Migrant/innen gegen eine Anerken- terview waren Deutschkenntnisse auf mindestens
nung? B2-Niveau des Europäischen Referenzrahmens für

58
Einige der Leitfragen stützen sich auf den Leitfaden, der von Mescic verwendet wurde (Mescic 2012: 215-227).

102
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

Sprachen. Diese Anforderung der Sprachenkennt- tive Aspekte der Forscher sich vor der Interviewphase
nisse basiert auf der Erfahrung, dass sich Interview- erarbeitet“ (Mayring 2002 in Schweighofer 2014: 53). Der/
partner/innen mit diesen Sprachkompetenzen frei Die Befragte soll möglichst frei erzählen können. Der/Die
ausdrücken können und kein/e Dolmetscher/in zum Interviewer/in zielt auf eine bestimmte Problemstellung
Gespräch hinzugezogen werden muss. ab, auf die er/sie immer wieder zurückkommt. Es handelt
— Die Aufenthaltsdauer in Österreich sollte zwei bis sich bei dieser Interviewform um eine offene Gesprächs-
fünf Jahre betragen. Hierbei wurde angenommen, technik, bei welcher der/die Interviewer/in anregend pas-
dass Personen, die seit mindestens zwei Jahren in siv bleibt (ebd.). Für das Interview wurde ein Leitfaden
Österreich leben, bereits über Wissen und Erfah- erstellt, welcher zentrale, theoriegeleitete Leitfragen be-
rungen mit dem österreichischen Arbeitsmarkt und inhaltet.
dem Anerkennungsprozess verfügen. Ferner wird
vermutet, dass diese Personen bereits eine gewisse Ein weiteres Merkmal des problemzentrierten Interviews
„Orientierungsphase“ hinter sich haben (Erlernen ist der Kurzfragebogen, der nach dem Interview ausgefüllt
der deutschen Sprache, kulturspezifische Kenntnisse wird. Dieser dient der Ermittlung soziodemographischer
und Verhaltensweisen etc.). Merkmale (Alter, Geschlecht, Beruf, Bildungsgrad etc.).
— Von besonderem Interesse waren Personen, die in
Österreich in reglementierten Berufen – speziell Bei der Auswahl der Befragten wurde das Verfahren des
technische Berufe sowie ärztliche und nichtärztliche theoretischen Samplings angewandt. Demnach werden
Gesundheitsberufe – beschäftigt sein wollen bzw. die Interviewpartner/innen bewusst (nicht zufällig) nach
bereits tätig sind. der inhaltlichen Relevanz ihrer soziodemographischen
— Eine weitere Anforderung an die Stichprobe war ein Merkmale und (zugeschriebenen) Erfahrungen für das
unterschiedliches Bildungsniveau der Befragten. Forschungsdesign ausgewählt. Dabei ging es um die
— Hinsichtlich der Herkunftsländer der Interviewpart- Abbildung einer möglichst großen Vielfalt innerhalb der
ner/innen wurde ebenso auf Heterogenität Wert Population, sodass besonders heterogene Fälle für ein In-
gelegt. Es sollten insbesondere Personen aus Dritt- terview gewählt wurden (Kaupa 2015).
staaten zu einem Gespräch eingeladen werden. Auf-
grund der rechtlichen Rahmenbedingungen und Der qualitativen Forschung entsprechend, wurde mit
bisherigen Untersuchungen scheint diese Gruppe kleinen Stichproben gearbeitet. Insgesamt wurden acht
mit größeren Herausforderungen im Anerkennungs- persönliche Interviews geführt. Dadurch wird ein kleiner
prozess konfrontiert zu sein als EU-Bürger/innen. Ausschnitt einer komplexen Realität wiedergegeben, wo-
— Ein weiteres Kriterium war eine ausgewogene Ge- durch die Untersuchung keinen Anspruch auf Repräsen-
schlechterverteilung. tativität erhebt (Zettler 2015: 27f).
— Das Alter der Stichprobe wurde zwischen 25 und
64 Jahren festgelegt. Hierbei wurde angenommen, 8.1.4. Feldzugang und Auswertungsmethode
dass Personen über 24 Jahre im Allgemeinen bereits Der Feldzugang gestaltete sich in Kooperation mit dem
ihre Ausbildung abgeschlossen haben. bereits erwähnten Forschungsinstitut abif. Aufgrund des
breiten Kontaktpools zu möglichen Interviewpartner/in-
8.1.3. Erhebungsmethode nen war abif für die Gewinnung von Gesprächspartner/
Als Erhebungsmethode wurde das leitfadengestützte innen zuständig. Dazu wurden an unterschiedlichen In-
problemzentrierte Interview gewählt. „Die Problemzen- stitutionen59 Einladungen zur Teilnahme an einem Inter-
trierung meint, dass an gesellschaftlichen Problemstel- view ausgehängt. abif erstellte zu den Personen, die sich
lungen angesetzt werden soll, deren wesentliche objek- für ein Interview online anmeldeten, Datenblätter. Diese

Österreichischer Austauschdienst; FH Campus Wien/Vinzentinum, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Wien; ABC Bildungszentrum; abz Austria; Alfa Zentrum/
59

lernraum.wien; AST Wien; Asylkoordination; auslaender.at; Bildungszentrum für chinesische Sprache in Wien; Fonds Soziales Wien; IBIS ACAM; Integrationshaus, Verein
„Projekt Integrationshaus“; Lorenz Böhler UKH Pflegeabteilung; MA63; VHS Brigittenau; VHS Polycollege Margareten etc.

103
erfassten insbesondere Angaben zu Ausbildung, Beruf 8.1.5. Beschreibung der
und Herkunft, Informationen zum Anerkennungsprozess Interviewpartner/innen
sowie biographische Basisdaten. Der ÖIF hat gemeinsam Die Auswahl der Interviewpartner/innen erfolgte in Ab-
mit abif die Interviewpartner/innen für ein Interview aus- stimmung mit den zuvor beschriebenen Kriterien. Wie
gewählt und kontaktiert. Die Interviews fanden in den bereits erwähnt, wurden acht Interviews mit in Wien
Räumlichkeiten von abif und dem ÖIF-Standort Schlacht- wohnhaften Migrant/innen geführt. Im Folgenden wird
hausgasse statt und dauerten im Durchschnitt ca. 35 Mi- in anonymisierter Form ein kurzer Überblick über die So-
nuten. Mit Ausnahme eines Gespräches, welches in eng- ziodemographie der Befragten gegeben.
lischer Sprache geführt wurde, fanden die Interviews auf
Deutsch statt. Hinsichtlich der Bereitschaft der Befragten für ein Inter-
view ist der selection bias, d.h. eine Verzerrung bei der
Die transkribierten Interviews wurden in Anlehnung an Auswahl der Interviewpartner/innen zu bedenken. Die
die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring und mit Hilfe Gesprächspartner/innen zeigten ein großes Interesse
der Software MAXQDA ausgewertet. Ziel der qualitativen an der Weitergabe ihrer Erfahrungen und sind auch am
Inhaltsanalyse ist es, „die Texte systematisch [zu] analysie- Thema Anerkennung sehr interessiert. Ferner wird aus
ren, indem das Material schrittweise mit theoriegeleitet der Beschreibung der soziodemographischen Merkmale
am Material entwickelten Kategoriesystemen bearbeitet ersichtlich, dass der Großteil der Befragten qualifikations-
[wird]“ (Mayring 2002: 114). Mayring unterscheidet drei adäquat beschäftigt ist. Dies ist als durchaus positiv zu
Grundformen qualitativer Inhaltsanalyse: die Zusam- sehen. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass es hinsichtlich
menfassung60, die Explikation61 und die Strukturierung. der Bereitschaft für ein Interview ebenfalls zu Selbstselek-
Der Vorgangsweise der strukturierenden Inhaltsanaly- tionsprozessen kommen kann, indem sich jene Personen
se liegt der Gedanke zugrunde, aus dem Material eine für ein Interview zur Verfügung stellen, die eine erfolgrei-
bestimmte Struktur herauszuarbeiten bzw. bestimmte che berufliche Biographie hinter sich haben.
Themen zusammenzufassen. Das Ordnen des Textmate-
rials kann dabei nach formalen, inhaltlichen, typisieren- Insgesamt wurden drei Männer und fünf Frauen im Alter
den oder skalierenden Kriterien erfolgen (Kaupa 2015). zwischen 29 und 46 Jahren interviewt. Sieben Befragte
In der vorliegenden Untersuchung wurde nach dieser sind Drittstaatsangehörige und in den letzten fünf Jahren
strukturierenden Inhaltsanalyse vorgegangen. Zu Beginn nach Österreich gezogen. Ein Interviewpartner (Herr E)
wurde induktiv gearbeitet, indem aus dem Textmaterial lebt bereits seit 2006 in Österreich. Aufgrund seiner inter-
bestimmte Kategorien, Codes bzw. Subcodes gebildet essanten Biographie wurde er dennoch in die Stichprobe
wurden. Im weiteren Analyseverlauf wurden Passagen, aufgenommen. Die Einschränkung hinsichtlich des Ein-
die zu einer Kategorie oder zu einem Code passen, dieser/ wanderungszeitpunktes wurde getroffen, da sich in den
diesem zugeordnet (deduktiver Zugang). Die Kategorien letzten Jahren einige wichtige arbeitsbezogene rechtli-
wurden immer wieder überarbeitet, bis letztendlich ein che Rahmenbedingungen geändert haben (z.B. Einfüh-
finales Kategoriensystem festgelegt wurde. rung der RWR – Karte, gesetzliche Änderungen im An-
erkennungsbereich etc.). Die Mehrheit der Befragten ist
Die angeführten Zitate der Interviewpartner/innen sind im Zuge der Familienzusammenführung nach Österreich
sprachlich geglättet und so nah wie möglich an den Origi- gekommen. Interviewpartner/innen, welche den Aufent-
nalaussagen gehalten. Es ist wichtig festzuhalten, dass es haltstitel „Familienangehörige/r“ aufweisen sowie Frau C,
sich bei den Erkenntnissen um die subjektiven Wahrneh- die eine RWR – Karte Plus besitzt, fallen in diese Kategorie.
mungen der Befragten handelt. Deren Aussagen wurden Ein Befragter besitzt einen Asylstatus und eine Befragte
nicht auf inhaltliche Richtigkeit geprüft. kam im Rahmen der EU-Freizügigkeit nach Österreich.

60
Bei der Zusammenfassung wird das Material auf die wesentlichen Inhalte reduziert (Mayring 1996: 73f ).
Dabei wird zusätzliches Textmaterial herangezogen, um bestimmte Passagen verständlicher darzustellen und genauer zu interpretieren (Flick 2002 in imb 2015).
61

104
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

Die Gesprächspartner/innen sind gut qualifiziert, der Die „Verwertung“ der Ausbildung am Arbeitsmarkt ist den
Großteil hat im Heimatland eine Hochschule besucht. Interviewpartner/innen unterschiedlich gelungen. Jene
Fünf Interviewteilnehmer/innen waren im jeweiligen Personen, die ihre Ausbildung erfolgreich nostrifiziert ha-
Heimatland im Gesundheitsbereich, zwei Personen im ben, konnten eine qualifikationsadäquate Beschäftigung
technischen Bereich und eine Interviewpartnerin im So- finden. Andere wiederum üben einen dequalifizierten
zialbereich tätig. Drei Interviewpartner/innen haben ihre Job aus. Frau A wurde beispielsweise aufgrund fehlen-
Ausbildung nostrifizieren lassen; wobei Zusatzprüfungen der Ausbildungsnachweise sowie keinem vergleichbaren
in sehr unterschiedlichem Umfang angefallen sind. Frau Studium in Österreich von einem Nostrifizierungsprozess
B musste beispielsweise nur eine Zusatzprüfung able- abgeraten. Dies sollte jedoch theoretisch kein Hindernis
gen, Herr H musste als Allgemeinmediziner eine Vielzahl für eine berufsadäquate Beschäftigung darstellen, da
an Prüfungen und Test absolvieren, um in Österreich als für eine Beschäftigung im nicht-reglementierten techni-
Arzt tätig sein zu können. Weitere zwei Gesprächspart- schen Bereich keine Anerkennung der Ausbildung nötig
ner/innen wollten ihre Ausbildung nostrifizieren lassen, ist. Die „Anerkennung“ erfolgt in diesem Fall durch den/
was jedoch aufgrund fehlender Ausbildungsnachweise die Arbeitgeber/in. Dies gestaltet sich in der Praxis jedoch
nicht möglich war. Bei einer Interviewpartnerin ist das schwieriger als erwartet. Frau A arbeitet zurzeit als Ver-
Anerkennungsverfahren noch nicht abgeschlossen und käuferin, bewirbt sich jedoch weiterhin für Jobs im tech-
ein Gesprächspartner ist im Rahmen der RWR – Karte für nischen Bereich.
Mangelberufe nach Österreich gekommen. In seinem Fall
war eine Nostrifizierung der Ausbildung nicht nötig, da Frau C ist derzeit arbeitssuchend, davor war sie drei Jahre
sein Beruf, wie erwähnt, als Mangelberuf angeführt war in Karenz. Sie hätte bereits ein Jobangebot, kann dieses
und sein Abschluss vom AMS überprüft wurde. Bei Herrn aber nicht annehmen, da sie noch immer auf die Zulassung
E wurde die Anerkennung des Maturaabschlusses auf- zum Anerkennungsverfahren wartet. Erst wenn sie diesen
grund eines bilateralen Abkommens zwischen Österreich erhält, kann sie eine Tätigkeit in ihrem Berufsfeld ausüben
und dem Herkunftsland Mazedonien (FYROM) rasch posi- und gleichzeitig die Ergänzungsprüfungen absolvieren,
tiv erledigt. Seine Berufsausbildung als veterinärmedizini- die sie für die vollständige Nostrifikation benötigt.
scher Techniker wurde hingegen nicht anerkannt, zumal
es in Österreich eine solche Ausbildung nicht gibt. Zwei Interviewpartner/innen wollten sich in Österreich
beruflich umorientieren und etwas Neues beginnen. Un-
ter großen Anstrengungen ist es Herrn E und Frau F ge-
lungen, einen Job zu finden, mit dem sie zufrieden sind.
Hinsichtlich der familiären Situation sind fast alle
Interview­partner/innen verheiratet und manche haben
Kinder.

105
Tabelle 1: Überblick Interviewpartner/innen

Interviewpartner/
in (IP) IP A IP B IP C IP D IP E

Herkunftsland Russland Polen Bosnien & Ukraine Mazedonien


Herzegowina (FYROM)

Alter 34 40 29 33 38

Geschlecht weiblich weiblich weiblich männlich männlich

In Österreich seit 2011 2012 2011 2013 2006

Aufenthaltstitel Familien- EU-Freizügigkeit Rot-Weiß-Rot – Rot-Weiß-Rot – Familien-


angehörige Karte Plus Karte Plus angehöriger

Staatsbürgerschaft russisch polnisch bosnisch ukrainisch mazedonisch

Ausbildung Diplomingenieurin Diplomierte Diplomierte Computer Sciences Berufsbildende


im Fach „Steuerung Sozialarbeiterin Medizinerin der Höhere Schule mit
und Informatik Physiotherapie Matura im Bereich
in Technischen „Veterinärmedizini-
Systemen” sche Technik”

Letzte Beschäfti- Diplomingenieurin Sozialarbeiterin im Keine, Zuwan- Software Engineer Keine, nach Matura-
gung im Her- in der Abteilung Bereich Jugend- derung nach abschluss in der
kunftsland Automatik und arbeit Österreich nach Gastronomie auf
Mechanik Studiumabschluss Kreta gearbeitet

Anerkennung der Nein Ja, mit einer Ja, Antrag gestellt, Nicht nötig Anerkennung des
Ausbildung/des Zusatzprüfung aber Verfahren ist Maturaniveaus,
Berufs noch nicht abge- jedoch nicht der
schlossen Berufsausbildung

Aktuelle Tätigkeit Verkäuferin Diplomierte Arbeitssuchend Software Engineer Jugendarbeits-


Sozialarbeiterin assistent

Familienstand verheiratet verheiratet verheiratet verheiratet verheiratet

Kind(er) keine keine ein Kind keine ein Kind

8.2. Darstellung der schiedlichen Erfahrungen der Migrant/innen widerspie-


Forschungsergebnisse geln könnten. Generell sind die vorliegenden qualitativen
Ergebnisse nicht als generalisierende Aussagen über eine
In diesem Kapitel werden die qualitativen Ergebnisse aus bestimmte Gruppe zu sehen, es werden somit auch keine
den problemzentrierten Interviews zusammengefasst. Hypothesen getestet.
Im Zuge der Auswertung kristallisierten sich wesentliche
Kategorien und Subkategorien heraus. Aufgrund dessen, 8.2.1. Motive für die Migration
dass die Interviews in Wien geführt wurden, ist auch der nach Österreich
räumliche Aspekt bei der Interpretation zu berücksich- Studien haben gezeigt, dass sich je nach Zuwanderungs-
tigen. So könnten beispielsweise andere Bundesländer motiv die Beschäftigungssituation von Neuzuwander/
unterschiedliche Beratungs- und Unterstützungsleistun- innen unterscheidet. In der vorliegenden Untersuchung
gen zum Thema Anerkennung anbieten, die sich in unter- wurde daher auch die Thematik der Zuwanderungsgrün-

106
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

Als ein weiterer Auswanderungsgrund werden berufli-


che Gründe genannt. Der Wunsch nach einem „besseren
Leben“ bzw. generell das Sammeln von Auslandserfah-
rung wurde ebenfalls erwähnt. Ein Beispiel dafür stellt
Interview­partner D dar. Er hatte als selbstständiger Soft-
IP F IP G IP H
wareentwickler einen sehr gut bezahlten Job in seinem
Chile China Syrien Heimatland, der Ukraine. Seine Frau besetzte ebenfalls
eine gute Position in einem Unternehmen. Beide hatten
37 46 30 den Wunsch, ihr Heimatland zu verlassen und sich ein
weiblich weiblich männlich
neues Leben in einem anderen Land aufzubauen. Vor
allem der Erwerb von internationaler Berufserfahrung,
2010 2012 2013
die Erweiterung der professionellen Expertise sowie die
Familien- Familien- Asylberechtigter Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse wurden in
angehöriger angehörige
diesem Zusammenhang angeführt.
chilenisch chinesisch syrisch

Psychologie Diplomierte Allgemein-


In manchen Fällen basiert die Entscheidung, in ein be-
Krankenschwester mediziner stimmtes Land zu ziehen, auf bisherigen positiven Le-
benserfahrungen in diesem Land. Beispielsweise waren
Herr D und seine Frau in Österreich bzw. Wien auf Hoch-
zeitsreise. Die Stadt hat ihnen sehr gut gefallen, weswe-
Psychologin im Diplomierte Allgemein-
Bereich Human Krankenschwester mediziner gen sie bei ihren Überlegungen auszuwandern die erste
Resources Wahl war. Interessant ist der Fall von Frau G, die von Beruf
diplomierte Krankenschwester ist und vor zwanzig Jahren
Nein, kein Antrag Ja, mit Ja, mit als Pflegehelferin für zwei Jahre in Österreich gearbeitet
gestellt Zusatzprüfungen Zusatzprüfungen
hat. „Damals hat mir sehr gefallen. Weil hier ist viel Frei-
heit. Bei uns in China ist es anders. Die Politik ist ganz an-
Beraterin im Diplomierte Jobbeginn als Tur- ders. Ich wollte damals hier bleiben. Aber leider// Aber mit
AMS-Kontext Krankenschwester nusarzt zwei Tage diesem Vertrag dürften wir nur zwei Jahre hier bleiben“
nach Interview
(IP Frau G). Vor zwei Jahren hat Frau G die Chance ergrif-
verheiratet verheiratet ledig fen, erneut nach Österreich zu kommen. Sie hat mit einer
keine ein Kind keine
Firma einen Vertrag abgeschlossen, um in Österreich für
einige Monate befristet zu arbeiten. Anschließend hat sie
ein Studentenvisum für die Dauer von sechs Monaten er-
halten, um ihre Ausbildung nostrifizieren zu lassen.
de angesprochen. Die Interviewpartner/innen berichten
von unterschiedlichen Motiven für die Einreise nach Ös- Es ist davon auszugehen, dass Migrant/innen, die in ihrer
terreich. Einen wichtigen Grund stellt der/die Partner/in Biographie bereits langjährige Auslandserfahrungen auf-
dar, welche/r entweder selbst zugewandert ist oder kei- weisen, bereiter sind, erneut zu migrieren als Personen,
nen Migrationshintergrund aufweist. Die Entscheidung die über keine Lebenserfahrung in einem anderen Land
des Paares, in welchem Land ein gemeinsamer Lebens- verfügen. Die Ergebnisse legen die Interpretation nahe,
mittelpunkt gewählt wird, hängt zu einem großen Teil dass durch die primäre Auslandserfahrung Personen ih-
von dem Lebensstandard des Landes sowie den beruf- ren Lebenshorizont breiter fassen und ihre Hemmschwel-
lichen Möglichkeiten des Partners bzw. der Partnerin in le erneut auszuwandern, niedriger ist.
diesem Land ab.

107
Flucht bzw. Asyl wurde im Fall von Interviewpartner H Aus den Anekdoten der Gespräche kann gefolgert wer-
ebenfalls als Einwanderungsmotiv genannt. Er hat in Da- den, dass das Erlernen der deutschen Sprache ein zentrales
maskus, Syrien, als Allgemeinchirurg gearbeitet und im Element in der Orientierungsphase bzw. im Integrations-
Zuge seiner Tätigkeit medizinische Hilfe an regierungs- prozess der Neuzuwander/innen darstellt. Gute Deutsch-
feindlichen Personen geleistet. Die Nichtverweigerung sprachkenntnisse werden von den befragten Personen
der Hilfeleistung bzw. das Nichtmelden dieser Personen für die Orientierung in der österreichischen Gesellschaft
hat zu einer lebensbedrohlichen Situation für ihn geführt. sowie die berufliche Integration als sehr wichtig erachtet.
Ferner wird aus den Interviews deutlich, dass die Voraus­ Dies äußert sich in der hohen Motivation und dem Ener-
setzungen für eine Anerkennung der Ausbildung und gie- und Zeitaufwand der Interviewpartner/innen, die für
der Anerkennungsprozess die Befragten nicht in ihrer den Deutsch­ erwerb aufgebraucht werden. Neben dem
Entscheidung beeinflussen, ob sie nach Österreich aus- „Deutschlernen“ sind auch kulturelle Unterschiede zwischen
wandern oder nicht. Die Entscheidung zur Migration Herkunfts- und Aufnahmegesellschaft gewöhnungsbedürf-
wird vorwiegend von dem Wunsch nach einem besse- tig und erfordern Anstrengungen von den Interviewpart-
ren Lebensstandard beeinflusst. Gleichzeitig wird eine ner/innen. Beispielsweise fiel es Frau F, einer gebürtigen
bildungsadäquate Beschäftigung angestrebt, da dies die ­Chilenin, schwer, sich an „Körpersprache und die Distanz“
Zufriedenheit mit der beruflichen Situation maßgeblich der österreichischen Bevölkerung zu gewöhnen.
erhöht. Die meisten Interviewpartner/innen kamen je-
doch wegen der „Liebe“ oder formell gesagt, im Rahmen Nicht überraschend ist, dass mehrheitlich insbesondere
der „Familienzusammenführung“ nach Österreich. im ersten bzw. zweiten Jahr nach Ankunft in Österreich
viel Aufwand in das Erlernen der deutschen Sprache
Wie bereits im theoretischen Teil beschrieben, resultiert investiert wird. Für einige Befragte stellte der Deutsch­
der Großteil der Zuwanderung der letzten Jahre nach spracherwerb eine große Herausforderung dar. Frau F,
Österreich aus der Arbeitnehmerfreizügigkeit der Staats- die mittlerweile vier Sprachen spricht, berichtet sogar
bürger/innen aus der EU, dem EWR oder der Schweiz. Im von einem „Überraschungsschock“ bezüglich der Sprach-
Jahr 2014 kam ca. ein Drittel der Zuwander/innen aus ei- schwierigkeiten.
nem Drittstaat. Von diesen reiste nur ein geringer Teil auf
Grundlage der RWR – Karte nach Österreich ein, die meis- „Ich konnte gar nicht Deutsch und das war sehr schwierig mit
ten kamen im Rahmen der Familienzusammenführung der Sprache. Ich bin mit Erwartungen gekommen, wie viele
(Statistik Austria 2015a: 34; Biffl 2011: 62). Aufgrund ihres Migrant/innen, die ich kenne. Wegen der Sprache, ja das ist,
Status als Familienangehörige ist davon auszugehen, dass ich konnte Englisch und Französisch und Spanisch natürlich
diese Personen langfristig in Österreich bleiben werden. und ich habe mir gedacht, das wird schnell, 6 Monate und
Die Mobilität von EU-Bürger/innen gestaltet sich hinge- aus. Und mein größter Überraschungsschock war, dass ich
gen dynamischer. Gleichzeitig genießen EU-Bürger/innen überhaupt nicht mit der Sprache etwas anfangen konnte.
aufgrund der EU-Richtlinie 2005/36/EG im Anerkennungs- Und das war, also ich war deprimiert und frustriert und diese
prozess Erleichterungen, während jene Gruppe mit Aufent- ganzen Erwartungen sind pooch (zerplatzt).“ (IP Frau F)
haltsstatus „Familienangehörige/r“, trotz ihres dauerhaften
Lebensmittelpunktes in Österreich, ihre mitgebrachten Frau B verfügte bereits vor ihrer Einreise nach Österreich
Qualifikationen aktuell schwieriger verwerten kann. über Deutschkenntnisse. Diese wurden vor 20 Jahren
in der Schule erlernt. Ferner konnte die Befragte diese
8.2.2. „Deutschlernen“ und Deutsch- Sprachenkenntnisse in einer späteren Arbeitsstelle in ih-
kenntnisse als Schlüsselkategorien rem Heimatland etwas vertiefen, da sie mit Kund/innen
Deutschkenntnisse sowie kulturspezifisches Wissen der aus dem deutschsprachigen Raum Kontakt hatte. Nicht
Aufnahmegesellschaft sind Humankapitalausstattungen, überraschend ist, dass die Sprache des Aufnahmelandes
die die Arbeitsmarktintegration von Migrant/innen we- leichter erlernt wird, wenn der/die Lernende Gefallen an
sentlich beeinflussen (Granato et al. 2001; Kalter 2008 in der Sprache hat, sprachaffin ist sowie einen Vergleich zur
Hacioglu 2011: 20f). Muttersprache ziehen kann. Die Sprache des Aufnahme-

108
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

landes kann sogar als Teil der eigenen Identität gesehen bestimmte Branchen bzw. Berufe, in denen Kenntnisse
werden. Herr H äußert sich dazu folgendermaßen: „Ähm, der deutschen Sprache von geringerer Bedeutung sind.
ich, ich mag Sprachen und vielleicht ich spreche nicht so Dies kann im Fall von Herrn D, der in Österreich als Soft-
gut, aber ich weiß schon, dass, dass Deutsch gehört zu mir wareentwickler tätig ist und bei seiner Einreise nach Ös-
weil deutsche Sprache...Diese Sprache gefällt mir sehr. terreich keine Deutschkenntnisse hatte, illustriert werden.
Und, ja. Und eine reiche Sprache weil gibt es viele Wörter- Weltweit gibt es eine starke Nachfrage nach dieser Berufs-
strukturen“ (IP Herr H). gruppe. Auch in Österreich stellen Softwareentwickler ei-
nen Mangelberuf dar und sind als solche für den Erwerb
Die Interviewpartner/innen berichten von unterschiedli- einer RWR – Karte gelistet. Für die Ausstellung der RWR
chen Möglichkeiten des Spracherwerbs. Der Besuch eines – Karte für Mangelberufe sind Englischkenntnisse auf B1-
Deutschkurses, das Selbststudium sowie die Arbeitsstät- Niveau ausreichend. Es müssen keine Deutschkenntnisse
te wurden hierbei oftmals genannt. Aber auch der Part- nachgewiesen werden.
ner/die Partnerin oder der Medienkonsum können beim
Deutschlernen hilfreich sein. Auch die Annahme einer de- Neben den Basiskenntnissen der deutschen Sprache wur-
qualifizierten Beschäftigung wird in Erwägung gezogen, de das Fehlen von fachspezifischen Deutschkenntnissen
um die Sprachkompetenzen zu verbessern bzw. den ös- von einigen Interviewpartner/innen als problematisch
terreichischen Dialekt besser zu verstehen. Das Verstehen gesehen. Obwohl die Befragten eine langjährige Berufs-
der regionalen Dialekte stellt sich als besondere Heraus- erfahrung aufweisen können, sind ihnen die deutschen
forderung dar. Ein Beispiel dafür ist Frau A, welche einen Fachbegriffe, die in ihrem Metier verwendet werden,
Diplomingenieurstitel aufweist, jedoch eine Stelle als Ver- nicht immer geläufig. Hier besteht ein Interesse am An-
käuferin angenommen hat. „Und ich habe gesagt, okay gebot fachspezifischer Deutschkurse, welche den berufs-
dann gehe ich halt ein bisschen und weiter Deutsch ler- adäquaten Arbeitseinstieg erleichtern könnten. Die Be-
nen. Und das ist auch gut, weil zum Beispiel im Deutsch- fragten weisen eine sehr hohe Eigenmotivation auf, sich
kurs waren auch Hochdeutsch und in weniger Gespräche Deutschfachsprachkenntnisse anzueignen. Das Selbst-
auf Dialekt das ist aber interessant, weil ich habe gedacht studium sowie der Versuch zumindest in der gleichen
ich gehe und lerne Dialekt“ (IP Frau A). Branche tätig zu sein, in der die Ausbildung erworben
wurde, spielt dabei eine bedeutende Rolle.
Eine Förderung zur Finanzierung des Deutschkurses kann
durch unterschiedliche Akteur/innen erfolgen. Seitens „Aber das finde ich ist auch ein Problem, weil ich brauche
der Interviewpartner/innen wurden hierbei Gutscheine technische Deutsch. Und im Kurs habe ich gelernt, ganz nor-
zum Spracherwerb von der Stadt Wien, finanzielle Un- male Deutsch, das ist genug. Aber technische Deutsch ich
terstützungen vom AMS sowie dem Österreichischen habe nie gelernt (…). Aber ich habe schon ein technisches
Integrationsfonds oder dem Wiener ArbeitnehmerInnen Wörterbuch. Und das alles benutzen. Bis jetzt waren keine
Förderungsfonds (waff) genannt. In einem Fall wurde ein Schwierigkeiten.“ (IP Frau A)
weiterer Bedarf an Deutschkursen geäußert. Der Kurs
konnte jedoch aus Finanzierungsgründen nicht belegt Aus der Beratungserfahrung der AST wird ebenfalls deut-
werden. Aus der Beratungserfahrung der AST wird deut- lich, dass fachspezifische Deutschkurse für Neuzuwander/
lich, dass Neuzuwander/innen Fördermittel größtenteils innen eine große Unterstützung beim Arbeitsmarktein-
für den Spracherwerb verwenden. Dadurch werden je- stieg darstellen würden (Tomic 2014: 3).
doch weniger Fördermittel für berufliche Weiterbildun-
gen bereitgestellt (AST Dezember 2014). Ein ausreichendes Sprachniveau kann nicht nur eine Vo-
raussetzung für die Arbeitsmarktintegration, sondern
Deutschkenntnisse sind für einen erfolgreichen Einstieg auch für die Zulassung zum Nostrifizierungsprozess sein.
in den Arbeitsmarkt fundamental. Mangelnde oder nicht Beispielsweise musste Frau C ein B2-Sprachniveau errei-
vorhandene Deutschkenntnisse können zu einer verlän- chen, um einen Nostrifizierungsantrag stellen zu dürfen.
gerten Arbeitssuche führen. Gleichzeitig gibt es jedoch

109
8.2.3. Arbeitssuche und Arbeitserfahrung nen treffen sich und was gibt's Neues wird besprochen. Und
in Österreich ich war immer dabei, auch wenn ich ohne Job war. Und dann
8.2.3.1. Unterstützung bei der Arbeitssuche ich hab sie gefragt, ich will drei Monate Arbeitstraining ma-
und förderliche Faktoren chen.“ (IP Herr E)
Der Wunsch nach einer berufsadäquaten Beschäftigung
scheint bei den Befragten sehr groß zu sein. Der Arbeits- Durch die Teilnahme an diesen freiwilligen Treffen konn-
markteinstieg ist allerdings oftmals durch die Annahme te Herr E für ein Arbeitstraining eingestellt werden. Die
einer dequalifizierten Tätigkeit, die eine hohe Frustration befristete Tätigkeit ging in weiterer Folge in eine fixe Ein-
mit sich bringen kann, gekennzeichnet (Näheres dazu im stellung über. In diesem Zusammenhang ist das soziale
Kapitel 8.2.3.4. ). Wenn keine berufsadäquate Anstellung Netzwerk zu erwähnen, durch welches eine Anstellung
gefunden wird, wird zumindest versucht, in der gleichen vermittelt bzw. nützliche Informationen zum Arbeits-
Branche bzw. in einem ähnlichen Berufsfeld Fuß zu fas- markt weitergegeben werden können (Näheres dazu in
sen. Bei der Arbeitssuche wurden das AMS, das Projekt Kapitel 8.2.4.).
„Check in und nütze deine Qualifikationen!“62 sowie der
waff genannt, welche Unterstützung bei der Suche einer 8.2.3.2. Erleichterter Erwerbseinstieg in
geeigneten bzw. generell einer Beschäftigung leisten bestimmten Branchen und Berufen
können. Hierbei kann insbesondere das AMS Einfluss auf Wie im theoretischen Teil der vorliegenden Studie bereits
die beruflichen Möglichkeiten nehmen. Die AMS-Berater/ angemerkt, gestaltet sich der Arbeitsmarkteinstieg in be-
in zeigt die Möglichkeiten am Arbeitsmarkt auf und setzt stimmten Branchen leichter als in anderen. Aus den Inter-
hierbei auch Grenzen, die sich darin äußern können, dass views konnten der Handel, der Pflege- und Gesundheits-
gewünschte Kurse nicht gefördert werden. bereich sowie die Gastronomie als Branchen identifiziert
werden, in denen leichter ein Job gefunden werden kann.
In Bezug auf förderliche Faktoren können neben guten Die Statistiken zur Beschäftigungssituation von Migrant/
Deutschkenntnissen weitere Fremdsprachenkenntnisse innen zeigen, dass in diesen Branchen ein hoher Anteil
die beruflichen Möglichkeiten erweitern. Herr E, der ne- der Erwerbstätigen einen Migrationshintergrund hat. Der
ben fünf weiteren Sprachen auch Griechisch spricht, hat Berufseinstieg in den angeführten Bereichen spiegelt die
gleich zu Beginn seines Österreichaufenthaltes einen Job Theorie des dualen Arbeitsmarktes wider. Migrant/innen
in einem griechischen Restaurant gefunden. Auch Frau sind dabei vorwiegend im sekundären Arbeitsmarkt be-
B, eine gebürtige Polin, konnte von ihren Russischkennt- schäftigt, welcher sich durch schlechtere Arbeitsbedin-
nissen profitieren. „Mit Job haben mir auch viel andere gungen und Entlohnung sowie durch konjunkturbeding-
Sprachkenntnisse geholfen. Ich arbeite immer mit Flücht- te Schwankungen auszeichnet (Scheiber 2007 in Kepler
lingen und ich kann auch sehr gut Russisch und vielleicht 2008: 68; Kalter 2008: 312).
war das wichtig“ (IP Frau B).
Zudem verdeutlichen die Ergebnisse der Gespräche, dass
Neben weiteren Sprachkenntnissen kann auch eine eh- Zuwander/innen leichter eine Beschäftigung in Berufsfel-
renamtliche Tätigkeit bzw. das Sammeln von berufsre- dern finden, in denen viele Kund/innen ebenfalls einen
levanter Arbeitserfahrung durch ein Praktikum Türen zu Migrationshintergrund aufweisen.
einer bildungsadäquaten Beschäftigung öffnen.
Auch wird aus den Interviews deutlich, dass die rechtli-
„Und dann ich habe ein Arbeitstraining gesucht und ich hab chen Rahmenbedingungen maßgeblich die Möglichkei-
die Leiterin vom [Institution anonymisiert], wo ich arbeite ten am Arbeitsmarkt bestimmen. Je nach Aufenthaltstitel
jetzt, getroffen beim [Institution anonymisiert], das ist im gestaltet sich der berufsadäquate Jobeinstig unterschied-
VHS im 16. Bezirk. Dort gibt’s oft Treffen, Bildungsberater/in- lich schwer bzw. leicht. Maßgeblich ist ebenso, ob eine

62
Hierbei wird versucht, individuelle Weiterbildungslösungen zu finden, die auf bereits im Ausland erworbenen Qualifikationen aufbauen. Das Projekt wird vom AMS
finanziert (AST 2014).

110
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

Beschäftigung in einem reglementierten Beruf ange- Ein erleichterter Erwerbseinstieg kann in Branchen ge-
strebt wird und diese anerkannt bzw. ob die akademische geben sein, in denen keine speziellen Qualifikationen
Ausbildung nostrifiziert werden kann. oder Erfahrungen gefordert werden. „Und dann ich habe
versucht als Verkäuferin schicken [Bewerbung], weil mei-
Ein Interviewpartner hat relativ leicht in Österreich eine ne Freundin hat mir das gesagt, ich habe gedacht, nein,
Anstellung als Softwareentwickler gefunden, da der Be- passiert nichts. Weil ich keine Ausbildung als Verkäuferin
darf an solchen Spezialist/innen nicht durch die heimi- habe, ich bin Ingenieurin. Aber dann haben sie mich so-
schen Arbeitskräfteressourcen abgedeckt werden kann. fort genommen“ (IP Frau A). Auch bei Frau B, die diplo­
In IT-Berufen scheint der akademische Abschluss weniger mierte Sozialarbeiterin ist, war ihre damals noch nicht
relevant zu sein als die tatsächlichen Fachkenntnisse und nostrifizierte Ausbildung für die Tätigkeit als Altenbetreu-
die Berufserfahrung. Beispielsweise wurde Herr E, der erin nicht von Bedeutung. Vielmehr spielten ihre langjäh-
mittels der RWR – Karte für Mangelberufe nach Österreich rigen beruflichen Erfahrungen eine Rolle. Die Beschäfti-
gekommen ist, bei den Bewerbungsgesprächen kaum gung entsprach zwar nicht ihrem erlernten Beruf, sie war
nach seinen Abschlüssen gefragt, sondern nach den Pro- jedoch in einer ähnlichen Branche tätig.
jekten, die er bereits abgeschlossen hatte.
8.2.3.3. Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche
„So yeah and during these interviews nobody actually asked und Handlungsstrategien
me about the education. I'm not sure why but I can say from Bei der Arbeitssuche kristallisieren sich in den Gesprächen
my perspective education is important in my sphere but the unterschiedliche Schwierigkeiten heraus. Genannt wur-
knowledge and experience, what I haven't done and what is den mangelnde Deutschkenntnisse, Überqualifikation für
the job responsibilities in this case. There, yeah, education is die Tätigkeit oder keine relevante Berufserfahrung in Ös-
important but I think but the main point is experience in this terreich. Die Nichtanerkennung der formalen Ausbildung
case.“ (IP Herr E) kann dabei einen zentralen Grund für die Annahme einer
dequalifizierten Tätigkeit sowie eine Unzufriedenheit mit
Wie erwähnt, wird mittels der RWR – Karte die Arbeits- dem Job darstellen.
migration für (hoch)qualifizierte Drittstaatsangehörige
ermöglicht. Dadurch soll unter anderem dem Fachkräf- Studien haben gezeigt, dass Migrant/innen bei der Ar-
temangel, der sich in einigen Bereichen zeigt (z.B. Pfle- beitssuche mehr Bewerbungen schreiben müssen als
gebereich, IT-Bereich), entgegengewirkt werden. Frau G, Personen ohne Migrationshintergrund, um zu einem
die, wie bereits erwähnt, diplomierte Krankenschwester Job­interview eingeladen zu werden (vgl. Verwiebe/Haci-
ist, hat ebenfalls gleich im Pflegebereich eine Anstellung oglu 2014). Dieser Umstand wird auch in den Interviews
gefunden. angesprochen. Trotz der zahlreichen Absagen wiesen die
Interviewpartner/innen eine hohe Motivation auf, ihre
Die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes nehmen in gewisser berufliche Situation zu verbessern. „Es war so, dass ich
Weise auf die Anerkennungsregelungen Einfluss, da in habe im [Organisation anonymisiert] meine Ausbildung
Berufsfeldern, in denen ein Fachkräftemangel besteht, absolviert, dann habe ich mich beworben überall, aber es
Erleichterungen im Anerkennungsprozess durchgeführt war schwierig, ein Jahr über hundert Bewerbungen. Und
worden sind. Dies kann insbesondere am Beispiel der dann äh ich habe gesucht nach Strategien, wie bekomme
Pflegekräfte aus Drittstaaten gut verdeutlicht werden. ich Arbeit“ (IP Herr E).
In den letzten Jahren erfolgten hinsichtlich der Anerken-
nung von Ausbildungen im Gesundheitsbereich einige Die zitierte Passage verweist auch darauf, dass Migrant/
Gesetzesänderungen, die eine vereinfachte Form der innen Handlungsstrategien entwickeln, wenn sie beruf-
Anerkennung zur Folge hatten (Interviews mit Caritas, lich nicht weiterkommen. Es lässt sich dabei die Tendenz
Volkshilfe, BFI in Tschiggerl 2015: 86). beobachten, dass es den Befragten sehr wichtig ist, sich
kontinuierlich beruflich weiterzuentwickeln und auf dem
letzten Wissensstand zu sein; insbesondere dann, wenn

111
sie ein hohes Engagement für ihre Tätigkeit aufbringen. „Oder zum Beispiel nicht mehr, ich bekomme etwas, aber
Nach der Signal- und Filtertheorie können Weiterbildun- nicht Kurs, weil Kurs ist zu wenig. Vielleicht etwas, zum Bei-
gen das Dequalifizierungsrisiko reduzieren (Becker/He- spiel etwas Kurs dauert nicht ein Monat, sondern zum Bei-
cken 2008 in Tschiggerl 2015: 91). Auch in den Interviews spiel dauert ein Jahr, oder zwei Jahre. Und dann denke ich,
wird deutlich, dass die Absolvierung einer Weiterbildung kann ich auch technisch arbeiten.“ (IP Frau A)
eine Möglichkeit darstellt, die beruflichen Chancen zu
verbessern. Unter Weiterbildung können unterschiedli- Ferner wird die Inskription eines Studiums als Möglichkeit
che Maßnahmen verstanden werden. Eine Art der Weiter- gesehen, die beruflichen Chancen zu verbessern. „Es war
bildung ist der Besuch von Deutschkursen: die Überlegung, studieren direkt Sozialarbeiter, dass ich
mehr Chancen habe für Job“ (IP Herr E). Darüber hinaus
„(…) weil ich habe so viele bis von 2006 bis 2011 ah habe ich können die Beschäftigungsoptionen durch Praktika bzw.
wahnsinnig so viele Weiterbildungen gemacht, äh Deutsch- ehrenamtliche Tätigkeiten erhöht werden: „Ein Jahr habe
kurse insgesamt also. Meine Schwester ruft mich an: ‚Was ich gesucht, immer im Finale in Vorstellungsgespräche.
machst du?‘ –‚Ja ich muss jetzt das machen‘ - und hat am Ende Aber dann habe ich endlich auch im [Institution anonymi-
gemeint: ‚Ja, bis jetzt könntest du doktorieren‘.“ (IP Herr E) siert] bekommen eine Stelle. Das Projekt, wo ich zweites
Mal geschnuppert habe, hat sich verbreitert“ (IP Herr E).
Die obige Textpassage legt jedoch auch die Interpreta-
tion nahe, dass Weiterbildung kein persönlicher Wunsch Eine weitere Option wäre der vollkommene Bruch mit
sein muss, sondern aus praktischen Gründen notwendig der bisherigen Tätigkeit und Branche und eine Umorien-
ist, da keine anderen Optionen zum beruflichen Fort- tierung in ein anderes Berufsfeld. Beispielsweise könnte
schritt offenstehen. sich Frau A, die in Russland als Programmiererin tätig war,
vorstellen, in Österreich als Beraterin für Migrant/innen zu
Es stellt sich auch die Frage, ob es sich bei den absolvier- arbeiten, da sie aufgrund unterschiedlicher Gründe keine
ten Weiterbildungen um „brauchbare“ berufsspezifische Möglichkeit hat, ihre Ausbildung nostrifizieren zu lassen.
Kurse handelt. Ein qualifikationsadäquater Berufsein-
stieg gestaltet sich auch deswegen schwierig, da es oft- Der Bruch mit dem bisherigen Job kann auch freiwillig erfol-
mals an speziellen regionalen Weiterbildungsangeboten gen, insbesondere dann, wenn eine gewisse Unzufrieden-
fehlt. Dazu würden, wie bereits erwähnt, fachspezifische heit mit der Tätigkeit im Heimatland gegeben war. Durch
Deutschkurse, Vorbereitungskurse oder berufsbeglei- die Migrationserfahrung und dem damit verbundenen be-
tende Kurse zählen. Wie bereits im theoretischen Teil der ruflichen Neubeginn kann eine berufliche Neuorientierung
Forschungsarbeit beschrieben, sind in manchen Bundes- im Job gesetzt werden. „Ich bin, also, ich habe gekündigt
ländern bestimmte Personengruppen, wie beispielsweise [im Heimatland] und ja, das war schön. Ich würde das nicht
Drittstaatsangehörige, für Weiterbildungen nicht zuge- mehr machen. In Human Resources würde ich nicht mehr
lassen (AST Jänner 2014b). arbeiten und deswegen habe ich auch die Möglichkeit ge-
sehen, auch hier in Österreich etwas Neues anzufangen“
Wenn keine berufsadäquate Beschäftigung gefunden (IP Frau F). Interessant ist hierbei auch der Lebenslauf von
werden kann, versuchen Neuzuwander/innen, in der glei- Herrn E, der eine Ausbildung zum veterinärmedizinischen
chen Berufssparte oder Branche tätig zu werden. Eine Techniker in Mazedonien absolviert hat. Damals entschied
Weiterbildung kann sich auch auf den Besuch eines Lehr- sein Vater über seinen Bildungsweg.
gangs beziehen:
„Nur mein Berufswunsch war, schon seit Kind (LACHT), mit
„Und dann habe ich schnell eine Weiterbildung bekom- Menschen zu arbeiten und ich habe einen langen Weg gehen
men, ‚Migratrain' hat sie geheißen. Jetzt gibt's nicht müssen. Aber ich habe es geschafft, deswegen bin ich auch
mehr und das war vom Integrationshaus.“ (IP Herr E) in der Jugendarbeit, in dem Jugendbereich. Weil damals mit
15 hat mein Vater für mich entschieden: ‚Du wirst das lernen,
passt. Ich bin Jäger, ich habe Hunde.‘“ (IP Herr E)

112
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

Herr E hat viele Jahre gebraucht, um seinen Traumjob zu Ferner wurde in einem anderen Interview berichtet, dass
finden. Durch seine neue Ausbildung ist er jedoch dort ein Antrag auf Anerkennung von der zuständigen Stelle
angekommen, wo er sich selbst sieht: „Und ich bin in der abgelehnt wurde, obwohl ein Rechtsanspruch auf Aner-
Jugendarbeitsassistenz. Und jetzt das vierte Jahr bin ich kennung bestand. Neuzuwander/innen können jedoch
drinnen und ich bin zu mein wirklich Traumberuf gekom- bei unrechtmäßiger Behandlung die Ablehnung anfech-
men“ (IP Herr E). ten und ihre Rechte einfordern. Beispielsweise hat Frau
C, deren Antrag auf Nostrifizierung ihres Berufes als dip-
Wenn ein neuer beruflicher Weg eingeschlagen wird, ist lomierte Physiotherapeutin abgelehnt wurde, Berufung
die Auseinandersetzung mit den eigenen Fähigkeiten eingelegt. Das Gericht hat zu ihren Gunsten entschieden
und Wünschen eine Voraussetzung. Hierbei können Bera- und die zuständige Stelle wird sie zum Anerkennungspro-
tungsstellen eine gute Unterstützung darstellen. Als Bei- zess zulassen müssen. Beim Anfechten von behördlichen
spiel wurde in einem Interview die Kompetenzenbilanz Entscheidungen spielt die Unterstützung von beraten-
des waff genannt. Dabei handelt es sich um ein systema- den Institutionen eine zentrale Rolle. „Und dann habe ich
tisches Coachingverfahren, bei dem formale und nicht- mich beschwert. Ich habe meine Beraterin in Perspektive
formale Kompetenzen von Personen erhoben werden und Check in und sie haben alles mit mir zusammen mit
(SORA o.J.). mir Beschwerde und Stellungnahme geschrieben wegen
dem Deutsch“ (IP Frau C).
Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikati-
on erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt wesentlich. Basierend auf den vorliegenden Erkenntnissen ist davon
Beispielsweise hat es Herr H, der vor einigen Jahren aus auszugehen, dass die Interviewpartner/innen eine hohe
Syrien nach Österreich geflohen ist, trotz großer Hürden aktive Lebensgestaltung vorweisen bzw. auf keinen Fall
geschafft, seine Ausbildung als Allgemeinmediziner nos- eine passive Haltung hinsichtlich der Verbesserung ihrer
trifizieren zu lassen. Zwei Tage nach dem Interview hat er beruflichen Situation einnehmen.
eine Turnusstelle in einem Wiener Krankenhaus angefan-
gen. 8.2.3.4. Dequalifikation am Arbeitsmarkt
Bereits im theoretischen Teil der vorliegenden Studie
Allerdings führt die Anerkennung der Ausbildung nicht wurde darauf verwiesen, dass Migrant/innen verstärkt
per se zu besseren Jobmöglichkeiten. Auch wenn die von Dequalifizierung betroffen sind. Gründe dafür kön-
Ausbildung nostrifiziert werden konnte, würde dies nicht nen sprachliche Hürden, Diskriminierung, fehlende An-
zwangsläufig zu einer Anerkennung der Zuwander/innen erkennung der Ausbildung, Sicherung des Lebensunter-
durch die Aufnahmegesellschaft bzw. die Arbeitgeber/in- halts etc. sein (Bock-Schappelwein et al. 2014).
nen führen (Biffl et al. 2012; Slepcevic-Zach/Pagger 2009
in Tschiggerl 2015: 115). Wichtig sind ebenso berufsrele- Tendenziell ist bei den Befragten zu beobachten, dass
vante Arbeitserfahrung, gute Deutschkenntnisse sowie der Berufseinstieg meist durch eine dequalifizierte Tä-
eine Vernetzung im Arbeitsbereich. tigkeit erfolgt. Dequalifikation kann hierbei eine Folge
der Migration, der möglicherweise damit verbundenen
In anderen Fällen kann aufgrund geringer Chancen auf Nicht-Anerkennung der Ausbildung bzw. der schwieri-
Erfolg von einem Anerkennungsprozess abgeraten oder gen Arbeitsmarktbedingungen oder der mangelnden
abgesehen werden. Dies kann am Beispiel von Frau A Deutschkenntnisse sein. Je höher die Ausbildung und
näher erläutert werden. Bei der zuständigen Anerken- die ehemalige berufliche Stellung im Heimatland bzw. je
nungsstelle wurde ihr mitgeteilt, dass eine Nostrifizierung größer die Berufserfahrung, desto größer kann die Wahr-
zu kompliziert sei, da es in Österreich kein vergleichbares scheinlichkeit einer Überqualifikation sein.
Studium gibt und die Befragte auch nicht ihre Diplomar-
beit vorweisen kann. Es wurde ihr empfohlen, auf Arbeits- Es wurden unterschiedliche Gründe genannt, weshalb
suche zu gehen und keinen Antrag auf Nostrifizierung zu eine dequalifizierte Beschäftigung angenommen wird.
stellen. Dies kann z.B. auf dem Wunsch basieren, die Deutsch-

113
kenntnisse zu verbessern. Hierbei bezieht sich eine Be- manchen Fällen stellt die Überqualifizierung eine Über-
fragte konkret auf das Verstehen und Erlernen der regi- gangsphase dar. Jedoch kann ein längerfristiger Verbleib
onalen Dialekte der deutschen Sprache. Weiters wurde in einer inadäquaten Beschäftigung zu einem Verlust der
auf die Problematik der Untätigkeit und der „Nutzlosig- Kompetenzen führen. Wenn keine berufs- und bildungs-
keit“ verwiesen. Es wurde geäußert, dass es besser ist „ir- adäquate Tätigkeit ausgeübt werden kann, kann zumin-
gendetwas“ zu arbeiten, als „nichts zu tun“ und „nur zu dest die Beschäftigung in einem ähnlichen Berufsfeld
Hause zu sitzen“ (IP Frau A). Weiters können soziale Kon- Abhilfe schaffen.
takte gepflegt bzw. kann durch die Beschäftigung auch
zum Haushaltseinkommen beigetragen werden. Die Si- 8.2.4. Soziales Netzwerk
cherung des Lebensunterhalts der Familie dürfte vor der Soziale Verflechtungen und Kontakte nehmen in einem
persönlichen beruflichen Erfüllung Vorrang haben. „Und großen Ausmaß nicht nur auf die Handlungsmöglichkeiten
dann man hört: ‚Noch zwei-drei Jahre brauche ich für das von Individuen Einfluss, sondern wirken sich auch auf die
Nostrifizieren.‘ Und es ist schwierig mit der Arbeit auch. soziale Integration sowie die gesellschaftliche Partizipation
Wie finanziere ich meine Familie?“ (IP Herr E). Die zitierte von Individuen aus. Soziale Netzwerke stellen Ressourcen
Stelle verweist auch auf den Umstand, dass eine schnelle und Unterstützungsleistungen für ihre Mitglieder bereit
Arbeitsmarktintegration wichtiger sein kann als ein Nos- (Angermeyer/Klusmann 1989, Nestmann 1988 in Zettler
trifizierungsprozess und die Aussicht auf eine berufsad- 2015: 9). Eine wichtige Funktion sozialer Netzwerke ist die
äquate Beschäftigung (Nähers dazu im Kapitel 8.2.6.). Die soziale Unterstützung. Hinsichtlich der Formen sozialer
Annahme einer dequalifizierten Tätigkeit zum Zweck der Unterstützung besteht wenig Einigkeit in der Forschungs-
Existenzsicherung steht auch in Verbindung mit aufent- landschaft. Eine Möglichkeit, die Dimensionen sozialer Hil-
haltsrechtlichen Rahmenbedingungen wie der Familien- festellungen zu systematisieren, ist jene nach Laireiter. Er
zusammenführung sowie der Erlangung der österreichi- unterscheidet zwischen psychischen und instrumentellen
schen Staatsbürgerschaft (Bichl 2015: 1). Formen sozialer Unterstützung. Die psychische Dimension
umfasst beispielsweise Bindung, emotionale Unterstüt-
Besonders frustrierend für Befragte kann der Umstand zung, kognitive Unterstützung oder Kontakt (z.B. Gesellig-
sein, dass sie nicht nur für qualifizierte bildungsadäquate keit, Zugehörigkeit etc.). Als instrumentelle Formen können
Tätigkeiten Absagen bekommen, sondern auch für Stel- Informationen und Ratschläge, finanzielle Hilfen, Sachleis-
lenbewerbungen, die niedrige Qualifikationen erfordern. tungen, Interventionen oder praktische Hilfen bzw. Arbeit
„Man schreibt ich habe große Erfahrung, wegen das pas- gesehen werden (Laireiter 1993 in Zettler 2015: 19f). Viele
se ich nicht. Und so große Ausbildung und so manchmal der aufgezählten Dimensionen lassen sich auch in den In-
passe ich, aber sie oft schreiben ich bin so überqualifi- terviews wiederfinden. Das soziale Netzwerk erweist sich
ziert“ (IP Frau A). für die Neuzuwander/innen auf unterschiedliche Arten als
nützlich. Durch die Kontakte werden Informationen zum
Weiters zeigt sich, dass es für Migrant/innen, die sich stark Arbeitsmarkt oder zum Anerkennungsprozess eingeholt.
mit ihrem Beruf identifizieren und in ihrem Heimatland In manchen Fällen kann durch das Netzwerk eine Anstel-
hochqualifizierten und verantwortungsvollen Tätigkeiten lung vermittelt werden. Seitens der Interviewpartner/in-
nachgegangen sind, besonders frustrierend sein kann, nen wird ein hohes Bewusstsein über die Bedeutung sozi-
wenn keine gleichwertige Tätigkeit gefunden wird. „Und aler Netzwerke insbesondere bei der Neuorientierung im
da zum Beispiel ist das Gehalt nicht so gut [als Verkäu- Aufnahmeland geäußert.
ferin]. Nicht so lustig, weil ich habe Uni in Russland und
habe gearbeitet auch, habe große Projekte gemacht, ich In der Regel spielt hinsichtlich sozialer Unterstützung der/
denke das ist zu wenig für mich“ (IP Frau A). die Partner/in eine wichtige Rolle. Auch in Bezug auf das
Erlernen der deutschen Sprache kommt dem/der Part-
In den Gesprächen wird deutlich, dass durch die Aner- ner/in eine essenzielle Bedeutung zu. „Ja, ich habe fast
kennung der Ausbildung die Möglichkeiten, eine berufs- alles verstanden. Wenn ich nicht alles verstanden habe,
adäquate Erwerbstätigkeit zu finden, realistischer sind. In dann frage ich immer meinen Mann, weil er ist ja richti-

114
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

ger Österreicher“ (IP Frau G). Ferner werden Neuzuwan- Bekannte und Freunde erweisen sich hinsichtlich der In-
der/innen vom/von der Partner/in bei Behördenwegen formationsbeschaffung zum Anerkennungsprozess sowie
begleitet oder erhalten bei der Arbeitssuche und im der Arbeitssuche ebenfalls als nützlich. Beispielsweise hat
Anerkennungsprozess Unterstützung. Dies wird in den Frau B durch Zufall von einer Bekannten aus Russland von
Interviews dadurch deutlich, dass die Partner/innen der der Anlaufstelle Perspektive erfahren. Frau A hat hinge-
Befragten gemeinsam mit dem/der Zugewanderten Be- gen durch ihre Freundin einen Job vermittelt bekommen:
werbungsschreiben verfassen oder gemeinsam die Un-
terlagen zum Anerkennungsprozess besprechen. Auch „Ja, das ist auch sehr interessant. Weil eine meiner Freundin
die Begleitung zu Beratungsterminen wurde als eine Hil- hat gearbeitet als Verkäuferin, aber sie ist auch nicht Verkäu-
festellung durch den/die Partner/in genannt. Durch die ferin [von ihrer ursprünglichen Ausbildung], und dann sie hat
Hilfe bei der Informationsbeschaffung können sprach- gesagt, in diesem Geschäft brauchen sie neue Verkäuferin.“
liche Barrieren überwunden werden. Ferner ziehen die (IP Frau A)
einheimischen Partner/innen ihr persönliches Netzwerk
hinzu, um zu wichtigen arbeitsmarktbezogenen Informa- Innerethnische Kontakte können somit einen unkompli-
tionen zu gelangen. Ohne die Unterstützung vom/von zierten Berufseinstieg in einer dequalifizierten Tätigkeit
der Partner/in gestaltet sich die Jobsuche sowie die In- vermitteln, aber dadurch kann der berufliche Aufstieg be-
formationseinholung zum Anerkennungsprozess schwie- hindert werden (Weichbold et al. 2015: 88).
riger. Nicht zu unterschätzen ist die emotionale Unter-
stützung durch den/die Partner/in sowie Ratschläge und Außerdem wird die eigene berufliche Situation mit jener
Reflexionsmöglichkeiten. von Bekannten, die eine ähnliche Ausbildung absolviert
haben, verglichen. Durch den Vergleich mit anderen kön-
Auch bei der Sicherung des Lebensunterhalts nimmt der/ nen Migrant/innen ihre beruflichen Möglichkeiten aufge-
die Partner/in eine wichtige Rolle ein. Vor allem zu Beginn zeigt werden. Wenn Personen aus dem Bekanntenkreis
des Aufenthalts in Österreich kann aufgrund einer fehlen- eine bessere Jobsituation aufweisen, kann dies einerseits
den Beschäftigung eine finanzielle Abhängigkeit vom/ Neuzuwander/innen motivieren, weiterhin in dem ge-
von der Partner/in bestehen. Dies kann für Neuzuwan- wünschten Berufsfeld eine Anstellung zu suchen. Ande-
der/innen, die vor ihrer Migrationserfahrung hinsichtlich rerseits können aber auch durch den persönlich ausblei-
ihrer finanziellen und beruflichen Situation unabhängig benden Erfolg Frustrationen ausgelöst werden.
waren, eine Herausforderung darstellen. „Und ja und da
auch diese Abhängigkeit von meinem Mann. Das habe ich Um zu relevanten Informationen zum Thema Anerken-
noch nie in meinem Leben erlebt als Erwachsene und das nung zu gelangen, sind Informationen aus der „österrei-
war sehr schwierig zu ertragen“ (IP Frau F). chischen Community“ nützlich. Wenn Neuzuwander/in-
nen ausschließlich in ihrem eigenen ethnischen Netzwerk
Weitere Unterstützungsleistungen können auch von der verkehren, dann können ihnen relevante Kanäle, die für
erweiterten Familie bezogen werden. So kann auch die sie nützlich wären, fehlen. Infolgedessen ist anzunehmen,
Familie des/der Partner/in eine Unterstützung beim Spra- dass ethnisch homogene Netzwerke unter Migrant/innen
chenlernen bieten. Im Falle von Frau F konnte ihr durch weniger hilfreich sind als Beziehungen zu Personen aus
die Familie des Partners zu einer ersten Beschäftigung der Aufnahmegesellschaft (Kalter 2005: 313f).
verholfen werden. Des Weiteren kann die Familie im Her-
kunftsland ebenfalls Hilfestellung leisten. Frau G musste „Ich habe Glück gehabt, dass ich mehr in der österreichischen
sich beispielsweise von ihrer Mutter in China Geld borgen, Community lebe. Meine Frau ist Journalistin, viele Kollegin-
um nach Österreich zu kommen. nen auch Journalisten, Informationen von überall. Oder von
anderen Branchen auch, Leute von...in Wien. Ich habe viele
Wie zuvor beschrieben kann durch ehrenamtliche Tätig- Informationen. Aber wenn jemand nur in eine mazedonische
keit sowie durch Praktika ein berufliches Netzwerk aufge- Community lebt, schaut auch Fernsehen nur mazedonisch, ist
baut werden, das den Arbeitseinstieg erleichtert. es schwierig, zu diesen Informationen zu kommen.“ (IP Herr E)

115
In der Studie von Weichbold et al. wird die Ambivalenz Die Informationsbeschaffung erfolgt für gewöhnlich
innerethnischer Netzwerke ebenfalls angesprochen. „In vor der Einreise in Form von Internetrecherche. Neben
manchen Fällen bieten sie [innerethnische Netzwerke] Homepageseiten der Botschaften und Behörden in Ös-
Impulse und wichtige Unterstützungsleistungen im An- terreich können soziale Foren ebenfalls eine wesentliche
erkennungsprozess und der beruflichen Karriere, in an- Rolle spielen. In den Online-Foren berichten Personen
deren halten sie die Betroffenen aber auch innerhalb der über ihre persönlichen Erfahrungen und geben Empfeh-
ethnischen Gemeinschaft und können eine Integration so lungen und Informationen weiter. Dadurch können po-
auch behindern“ (Wichbold et al. 2015: 74). tenzielle Neuzuwander/innen aktuelle und ausführliche
Informationen rund um das Thema Einreise nach und
Ferner kann durch soziale Foren eine Informationsbe- Beschäftigung in Österreich gewinnen. Diese Auskünfte
schaffung zur Einreise nach Österreich sowie zur Aus- können sich in manchen Fällen als verlässlicher bzw. ak-
übung des Berufs erfolgen (Näheres dazu im nächsten tueller herausstellen als Mitteilungen, die durch formale
Kapitel 8.2.5.). Soziale Medien wie beispielsweise Face- Kanäle erhalten werden (z.B. Botschaften). Laut den An-
book wurden genannt, da sie zu einer Anstellung verhel- merkungen eines Interviewpartners gibt es an den Aus-
fen können. landsvertretungen unterschiedliche Informationsstände
hinsichtlich gesetzlicher Regelungen rund um Einreise,
„Das war sehr lustig. Als ich als Teilnehmerin in [Institution Aufenthalt und Beschäftigung in Österreich. Die Informa-
anonymisiert] war, meine Beraterin wir haben uns sehr gut tionsbeschaffung durch Foren wird als rascher als jene bei
verstanden, wir sind Facebook-Freundinnen und ich habe, Botschaften bewertet, zumal diese manchmal selbst die
ich benutze Facebook fast nie, aber ich habe einmal, ich war Informationen einholen müssen.
so frustriert, ich habe so viel Arbeit gesucht und nur Absagen
bekommen blablabla und ich habe das in Facebook ge- „People from there [Internetforum] just exchange the infor-
schrieben und sie hat mich kontaktiert und gesagt komm zu mation how they did this. So and they just share the know-
mir, wir machen eine Beratungsstunde und ich war in diesem ledge, what they submit, how the process was, what was
Moment bei [Institution anonymisiert] tätig als Trainerin.“ mandatory what is not, how it should done, in which way
(IP Frau F) and so on and so on. Because when we did this, even em-
bassy did not have all information what we need to apply,
8.2.5. Informationsbeschaffung because you call to embassy they say ok we don't know we
8.2.5.1. Vorbereitung bzw. Informations­ have to call to Magistrat in Wien and takes one week and so
einholung bereits vor Abreise on.“ (IP Herr D)
Einige Befragte berichten, dass sie sich bereits vor ihrer
Einreise nach Österreich über den Anerkennungsprozess Ferner können Vorabinformationen über die Nostrifizie-
informiert haben. Jedoch stellt die vorzeitige Informati- rung durch die Hochschule im Heimatland eingeholt wer-
onseinholung keine Selbstverständlichkeit dar. Vor allem den.
in Situationen, in denen Neuzuwander/innen glauben,
hinsichtlich ihrer Berufsausübung keine Einschränkungen Charakteristisch für die Vorbereitungsphase zur Auswan-
befürchten zu müssen bzw. der Anerkennungsprozess derung ist die Übersetzung und Beglaubigung der Ab-
schnell abgeschlossen werden kann, werden keine Infor- schlusszeugnisse. In manchen Fällen, wie beispielsweise
mationen vor der Einreise eingeholt. bei Frau B, eine diplomierte Sozialarbeiterin, müssen Neu-
zuwander/innen eine zusätzliche Bestätigung zur Berech-
Nach dem Verhaltens- oder Interpretativen Ansatz fehlen tigung der Berufsausübung bei einer Behörde anfordern.
Migrant/innen Informationen über die Arbeitsbedingun- Diese Vorgehensweise bewertet die Befragte als zusätzli-
gen im Zielland. Eine Folge davon ist, dass sich Migrant/ chen bürokratischen Aufwand.
innen ihren Arbeitsmarkteinstieg im Aufnahmeland oft-
mals leichter vorstellen, als er tatsächlich ist (Pries 1997 in
Tschiggerl 2015: 71).

116
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

8.2.5.2. Informationen in Österreich ten geben, die zuständige Stelle für den Anerkennungs-
Im folgenden Kapitel soll näher auf die Erfahrungen mit antrag zu finden. Dies wird im Falle von Frau B deutlich.
dem Anerkennungsprozess eingegangen werden. Hier- Die angegebene Behörde, die laut Informationen aus dem
bei wurde der Schwerpunkt auf die Schwierigkeiten bei Internet für die Nostrifizierung zuständig war, erklärte ihr
der Informationsrecherche gelegt, um zu erheben, in wel- vor Ort, dass sie ihr nicht weiterhelfen können: „Auch in
chen Bereichen es Nachbesserungsbedarf gibt. Internet wurde geschrieben, dass bestimmte Namen, be-
stimmte Person war dort zuständig, dort zuständig sein
Vor Ort zeigen die Befragten ein sehr proaktives Verhalten für soziale Arbeit. Leider die Dame wusste nicht, wie und
zur Informationsbeschaffung auf. Auch hierzulande ist die was ich machen soll. Wohin soll ich gehen“ (IP Frau B).
Internetrecherche für die Informationseinholung unum-
gänglich. Befragte berichteten jedoch von unterschied- Neben Fehlinformationen aus dem Internet kann sich he-
lichen Erfahrungen bezüglich des verfügbaren Informa- rausstellen, dass aktuelle Informationen über Zuständig-
tionsmaterials. Dem sozialen Netzwerk kommt hierbei keiten hauptsächlich in deutscher Sprache zu finden sind,
ebenfalls eine Bedeutung zu. Wenn Neuzuwander/innen jedoch nicht in Fremdsprachen. „Ja, das war alles in deut-
im Aufnahmeland niemanden kennen, der einen hinsicht- scher Sprache. Ich habe in deutscher Sprache, ich habe
lich Informationsbeschaffung unterstützen kann, dann versucht (…) diese Informationen sind einfach besser...
gestaltet sich diese deutlich schwieriger (Näheres dazu in Aktuell...“ (IP Frau B). Auch andere Befragte berichteten,
Kapitel 8.2.4.). Weitere wichtige Akteur/innen sind Bera- dass es schwierig war, die relevanten Informationen zum
tungsstellen sowie die Behörde, die für den Anerkennungs- Berufsanerkennungsprozess zu finden.
prozess zuständig ist. In einem Fall wurde die Arbeitsver-
mittlungsfirma, durch welche die Befragte nach Österreich In diesem Zusammenhang ist jedoch zu vermerken, dass
gekommen ist, als informierende Stelle genannt. sich die Informationsverfügbarkeit rund um das Thema
Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikatio-
Ein wesentliches Ergebnis der Interviews ist, dass die Er- nen im Vergleich zu vor einigen Jahren deutlich verbes-
wartungen hinsichtlich der zukünftigen Berufstätigkeit sert hat. Eine Befragte hat auf diese Veränderung hinge-
in Österreich sowie des Anerkennungsprozesses nicht wiesen:
zwingend den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort ent-
sprechen. Frau F wollte beispielsweise in Österreich ein „Aber jetzt kommen neue Informationen. Es gibt auch ein
Masterstudium belegen. Vor Ort erfuhr sie jedoch, dass Programm [Verweis auf Homepage berufsanerkennung.at]
sie dafür ihr Studium der Psychologie, welches sie in Chi- wo man kann gleich finden in diesen letzten zwei, oder drei
le absolvierte, nostrifizieren muss. Dies stellte sich für sie Jahren viel besser. Man kann leichter Informationen finden.
letztlich, aufgrund der fehlenden Dokumentation ihrer (…) Alles klarer, was kann ich und wohin sollte ich mit dem
Prüfungen, als unmöglich heraus. gehen. Sowas habe ich nicht [damals] gefunden. Und ich
muss sagen, jetzt funktioniert das besser.“ (IP Frau B)
Frau C hingegen informierte sich bereits vor der Abreise
bei ihrer Hochschule, ob ihre Ausbildung als Physiothera- Die angesprochene Verbesserung im Anerkennungsbe-
peutin nostrifizierbar ist. Die zuständige Person versicher- reich wurde, wie bereits im theoretischen Teil beschrie-
te ihr, dass sie ihre Ausbildung in Österreich anerkennen ben, auch in den Fokusgruppen von Zitz thematisiert.
lassen kann und dafür ein paar Prüfungen absolvieren Zum einen bestehen bereits unterschiedliche Angebote
soll. In Österreich bekam sie trotz Anspruch auf Zulassung und Maßnahmen, die Informationseinholung und die
zum Nostrifizierungsprozess von der zuständigen Stelle Transparenz des Anerkennungsverfahrens erleichtern.
einen negativen Bescheid. Zum anderen berichten die Stakeholder/innen von einem
gestiegenen Bewusstsein am Arbeitsmarkt und in der
Aufgrund von Fehlinformationen und veralteten Informa- Gesellschaft betreffend der Anerkennungsthematik. Des
tionen offizieller Homepageseiten im Internet kann es zu Weiteren wird von einer gestiegenen Sensibilität von ver-
Beginn der Informationsrecherche vor Ort Schwierigkei- fahrensdurchführenden Stellen berichtet (Zitz 2015: 3f).

117
Darüber hinaus wurde in den Interviews auf die Proble- für die Interviewpartner/innen eine wesentliche Rolle.
matik hingewiesen, dass es zuständige Stellen gibt, die Sie gehört zum Beratungszentrum für Migrantinnen und
nicht vollständig über die beruflichen Möglichkeiten vor Migranten, ist allerdings im Beratungszentrum für Beruf-
der Nostrifizierung aufklären. Beispielsweise hat Frau und Weiterbildung des waff (Wiener ArbeitnehmerInnen
C (ausgebildete Physiotherapeutin) erst bei einem Vor- Förderungsfonds) angesiedelt (Beratungszentrum für Mi-
stellungsgespräch erfahren, dass sie bereits vor einer granten und Migrantinnen o.J.)63.
abgeschlossenen Nostrifizierung berechtigt ist, in ihrem
Beruf tätig zu sein. „Dort war ich an einem Vorstellungs- Perspektive bietet Beratung für Asylberechtigte und Neu-
gespräch und die Dame dort hat mir gesagt, dass ich zuwander/innen. Es wird geklärt, ob eine formale Aner-
ohne Nostrifizierung arbeiten kann, aber ich habe das kennung notwendig bzw. möglich ist und der/die Kund/
nicht gewusst, bis jetzt. Niemand hat mir das gesagt“ (IP in wird bei Bedarf im Anerkennungsverfahren begleitet.
Frau C). Voraussetzung für eine vorzeitige Beschäftigung Perspektive bietet die Beratung in diversen Sprachen
als Physiotherapeutin ist die Zulassung zum Nostrifikati- an (Beratungazentrum für Migranten und Migrantinnen
onsprozess und ein Jobangebot. In solch einem Fall erhält o.J.)64. Diese vielfältige Sprachabdeckung wird von den
sie eine Bestätigung von der MA 40 und sie kann gleich- befragten Neuzuwander/innen sehr geschätzt. Es gab
zeitig erwerbstätig sein und die Ergänzungsprüfungen daher keine sprachlichen Barrieren bei der Beratung. „Die
absolvieren, um ihre Nostrifizierung abzuschließen. In Zu- [Perspektive] haben viele Sprachen abdeckt, Türkisch
sammenhang mit einer schnelleren Eingliederung in den und asiatische Sprachen Dari, ich glaube Paschtu, solche
Arbeitsmarkt ist es sinnvoll, wenn Antragsteller/innen von Sachen gibt’s auch. Englisch, Deutsch. Die meisten Spra-
den zuständigen Stellen umfassend über ihre beruflichen chen sind schon abgedeckt“ (IP Herr E).
Möglichkeiten sowie über den Verlauf der Anerkennung
informiert werden. Dadurch wird den Antragsteller/innen Durch muttersprachliche Beratung können nicht nur
unnötige Wartezeit erspart, sie könnten bereits in ihrem sprachliche Barrieren vermieden werden, sondern es
Berufsfeld arbeiten und müssen nicht zwangsweise eine kann auch das Vertrauen zwischen Berater/innen und Kli-
dequalifizierende Tätigkeit annehmen. ent/innen gesteigert werden. Des Weiteren sind Berater/
innen mit der Kultur und Bildungsstruktur des jeweiligen
Es wird jedoch auch von positiven Erfahrungen hinsicht- Herkunftslandes vertraut (AST Jänner 2014b).
lich der Informationsbeschaffung berichtet:
Von der Beratungsstelle können Migrant/innen auf un-
„Das [Voraussetzungen zur Nostrifizierung] habe ich selber terschiedliche Weise erfahren. Hierbei wurden Bekannte
recherchiert an der Uni Wien. Das ist eigentlich sehr gut, das oder die Internetrecherche genannt. Auch das AMS Wien
gibt es auch auf Englisch und man kann auch viel Informa- verweist zu Fragen rund um das Thema Anerkennung
tionen bekommen – wie ist das Prozess? Wie viel Geld muss von im Ausland erworbenen Qualifikationen auf Pers-
man investieren? Und solche Sachen (…).“ (IP Frau F) pektive. Weiters berichtete eine Interviewpartnerin, dass
die Magistratsabteilung 35 (MA 35) in einer Mappe mit
8.2.5.3. Akteur/innen bei der allgemeinen Informationen zum Thema „Leben in Wien“
Informationseinholung einen Folder von Perspektive enthalten hat. Durch diese
Die unterschiedlichen Beratungsstellen ermöglichen eine Vorgehensweise können Neuzuwander/innen bereits zu
bessere Transparenz hinsichtlich der Vielzahl an Behör- Beginn ihres Aufenthalts in Wien Unterstützung zum An-
den, Ämtern und Ministerien, welche für den Anerken- erkennungsverfahren erhalten.
nungsberuf zuständig sein können. Die Anerkennungs-
und Weiterbildungsberatungsstelle Perspektive/AST „Als ich mein erstes Visum bekommen habe, habe ich auch
spielt hinsichtlich der Beratung im Anerkennungsprozess eine Mappe bekommen, wo alle wichtigen Informationen

63
http://www.migrant.at/homepage-2006/folder/bz-broschuere-2008.pdf
64
http://www.migrant.at/austria_vindobona/erreichbarkeit/perspektive.html

118
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

stehen für Nostrifizierung, für Wohnen, Arbeit und alles. Das, die Anerkennungsschritte. Abgesehen von Perspektive
glaube ich, heißt Wien Bildungspass [sic!]. Vom Magistrat 35 und ENIC NARIC bietet die zuständige Stelle, die für den
für Visum, glaube ich. Und ich habe mich dort informiert, Anerkennungsprozess verantwortlich ist, Informationen
ich habe mir alles durchgelesen und dann habe ich meine zum Verfahren. Ferner wurde auch das Projekt „Check in
Beraterin von Perspektive kontaktiert und dann alles leicht.“ und nutze deine Qualifikationen!“ genannt, welches zu-
(IP Frau C) vor beschrieben wurde.

Die Daten lassen den Schluss zu, dass die Beratungsstelle Hierbei ist anzumerken, dass der Unterschied zwischen
einen hohen Kompetenzgrad aufweist. Die Mitarbeiter/ dem durchgeführten Bewertungsprozess seitens ENIC
innen haben einen guten Überblick über die Stellen, wel- NARIC und einer tatsächlichen Anerkennung des Ab-
che je nach Herkunftsland und Ausbildung für den An- schlusses für die Studienteilnehmer/innen nicht immer
erkennungsprozess zuständig sind. Positiv ist auch, dass verständlich ist. Wie bereits erwähnt, bewertet ENIC
die Berater/innen, nach Angaben von Interviewpartner/ NARIC hauptsächlich, ob das angegebene Studium im
innen sehr freundlich und hilfsbereit sind. Herkunftsland existiert. Der tatsächliche Nostrifizierungs-
prozess erfolgt hingegen durch die jeweilige Hochschul-
Die Beratung zum Anerkennungsverfahren und zur Ar- einrichtung. Diese unterschiedliche Funktion scheint bei
beitssuche wird seitens der Neuzuwander/innen sehr ge- Neuzuwander/innen nicht ganz nachvollziehbar zu sein.
schätzt und dankbar angenommen. „Gott sei Dank gibt Infolgedessen kann es zu Missverständnissen kommen.
es so viele Beraterinnen; das sind alles nette Frauen, net- Beispielsweise versteht Frau C nicht, wie es möglich ist,
te Leute, meine Beraterin von Check in ist auch eine sehr dass ihre Ausbildung als Physiotherapeutin, die sie in Bos-
nette und ich kann nicht erklären, wie viel meine Berate- nien und Herzegowina absolviert hat, von ENIC NARIC als
rinnen geholfen haben“ (IP Frau C). gleichwertig zu der österreichischen Ausbildung gesehen
wird, sie jedoch trotzdem ihre Ausbildung nostrifizieren
Auch in der Untersuchung von Zitz wird die Etablierung muss, wenn sie ihren Beruf ausüben will. „Und ich habe
der AST als eine äußerst positive Entwicklung gesehen. einen Brief bekommen, wo gestanden ist, dass mein Stu-
Die Mitarbeiter/innen der AST stellen sich als kompetente dium anerkannt ist und ich kann meinen Titel vor meinen
Ansprechpartner/innen heraus, die insgesamt eine große Namen schreiben, aber trotzdem brauche ich die Nostri-
Unterstützung in der Aufklärung hinsichtlich des Aner- fizierung, damit ich als Physiotherapeutin arbeiten kann“
kennungsverfahrens bieten (Zitz 2015: 4). (IP Frau C). Ein Unverständnis kann auch hinsichtlich der
Titelführung herrschen. Frau A hat beispielsweise von
Zusätzlich zur Beratungstätigkeit leitet Perspektive auch ENIC NARIC ein Schreiben erhalten, in dem steht, dass
die nötigen Dokumente an das Nationale Informations- ihre Universität anerkannt ist, sie jedoch nicht berechtigt
zentrum für akademische Anerkennung (ENIC NARIC) zur ist, den Titel „Diplomingenieurin“ zu führen. Nach ihren
Bewertung des Hochschulabschlusses weiter. Angaben darf sie ausschließlich den Titel „russische Inge-
nieurin“ angeben. Für Frau A fällt es schwer zu verstehen,
„Und ich war bei dieser Stelle Perspektive und die Berate- wie ihre Ausbildungsstätte zwar als anerkannt gilt, jedoch
rin hat alles für mich erledigt. Also sie hat alles kopiert, ich nicht ihre Ausbildung. Aus der Beratungserfahrung der
habe meine Dokumente schon übersetzt in Chile, das habe AST wird deutlich, dass auch das AMS sowie Arbeitgeber/
ich schon gemacht und beglaubigt. (…). Sie hat nur das ge- innen nicht immer entsprechend der Bedeutung einer
schickt, weiter geschickt und 2,3 Wochen später habe ich die- Bewertung der Ausbildung informiert bzw. sensibilisiert
sen Brief bekommen von ENIC NARIC.“ (IP Frau F) sind (AST Jänner 2014a).

In manchen Fällen erfuhren Personen jedoch erst nach Auch Frau F verweist auf ENIC NARIC und die Erläuterun-
dem Anerkennungsverfahren von dieser Beratungsstelle. gen hinsichtlich ihrer Titelführung:
In diesen Fällen wurden Informationen durch das Internet „Und ja ich bin Psychologin, aber ich bin keine [anerkannte]
recherchiert bzw. informierte die zuständige Stelle über Magistra, obwohl ich genauso Magistra bin ja, genau und

119
ich darf eigentlich nicht als Psychologin arbeiten. Ich kann Auch bessere Verdienstmöglichkeiten sowie der Studien-
mich licenciada en psicologia, das ist Spanisch für Psycho- zugang, der durch die Nostrifikation des Maturaabschlus-
login, nennen aber Psychologin darf ich mich nicht nennen, ses ermöglicht wird, wurden in den Interviews als Motive
weil das ist verboten.“ (IP Frau F) für eine Anerkennung der Ausbildung angeführt.

Bildungstitel sind unter dem Gesichtspunkt des instituti- Aus der beschriebenen Literatur konnten bereits unter-
onalisierten kulturellen Kapitals zu sehen. Durch die Aus- schiedliche Gründe eruiert werden, weshalb Migrant/
zeichnung mit Titeln werden einer Person nicht nur ein innen keinen Anerkennungsantrag stellen. Genannt
spezielles Wissen und besondere Kompetenzen, sondern wurden unübersichtliche gesetzliche Regelungen, keine
„auch eine bestimmte Art die Dinge zu sehen“ (Müller Information über die Möglichkeiten, die Ausbildung aner-
1986 in Tschiggerl 2015: 51) zugeschrieben. Hierbei ent- kennen zu lassen, mangelnde Erfolgsaussichten, zu hohe
scheiden Institutionen darüber, ob eine Person, im gege- Kosten, regional geringe Angebote für Ergänzungsmaß-
benen Fall Zuwander/innen, über Kompetenzen bzw. kul- nahmen, fehlende Unterlagen, hoher zeitlicher Aufwand,
turelles Kapital verfügt oder nicht (Bourdieu 1983 zit. nach um Prüfungen nachzuholen, oder der hohe Komplexitäts-
Kreckel 1990 in Tschiggerl 2015: 50). Neuzuwander/innen, grad des Verfahrens. Weitere Hürden, die den Anerken-
deren akademischer Titel nicht anerkannt wird, stehen nungsprozess hemmen, sind unklare und unübersichtli-
vor der Herausforderung, sich „einheimisches kulturelles che Zuständigkeiten, ein strenger inhaltlicher Vergleich
Kapital“ anzueignen. Dies äußert sich verstärkt darin, dass der Bildungsabschlüsse, fehlende Beratungsangebote,
inländische Bildungstitel erworben werden bzw. Weiter- eine lange Verfahrensdauer sowie Unterschiede im Bil-
bildungen in Österreich absolviert werden müssen (Hau- dungs- und Qualifikationssystem (Tomic 2014: 2; Stadl-
sen 2010 in Tschiggerl 2015: 51). mayer 2012: 11; Biffl et al. 2012 und Medienservicestelle
2013 in Tschiggerl 2015: 79; Interview Caritas in Tschiggerl
8.2.6. Der Anerkennungsprozess 2015: 79).
8.2.6.1. Gründe für und gegen
eine Antragstellung Mit einigen der angeführten Umstände waren auch die
Ein weiteres Forschungsinteresse bezog sich auf die Moti- Interviewpartner/innen konfrontiert. Faktoren, welche
ve, welche für bzw. gegen eine Anerkennung der Ausbil- in den Interviews gegen die Anerkennung der Qualifi-
dung sprechen. kationen genannt wurden, sind die Langwierigkeit des
Verfahrens, die damit verbundene Energie, Kosten und
Das wichtigste Motiv, weshalb eine formale Anerkennung Zeitaufwand sowie die nicht abschätzbare Aussicht auf
angestrebt wird, ist der Wunsch, im erlernten Beruf zu ar- Erfolg. Ferner hat die Sicherung des Lebensunterhalts
beiten. Die erlernte Profession kann als sehr sinnstiftend der Familie Vorrang vor einer berufsadäquaten Beschäfti-
empfunden werden und eine wichtige Bedeutung im Le- gung bzw. dem vorausgehenden Anerkennungsprozess.
ben einnehmen. Frau C, die in ihrem Heimatland die Aus-
bildung zur Physiotherapeutin abgeschlossen hat, äußert „Aber viele Bekannte mit hoher Ausbildung wussten nicht,
sich folgendermaßen: „Meine große Liebe [der Beruf]. wie funktioniert überhaupt Nostrifizieren und haben gesagt,
Das ist mein Leben, das ist mein Beruf. Ich habe vier Jahre ‚Na ich will nicht, weil dauert vier Jahre, muss ich viele Prü-
Mittelschule besucht, dann Studium, das bin ich. Das ist fungen extra machen und das kostet mich Geld und ich muss
mein Beruf“ (IP Frau C). Eine andere Befragte äußert sich arbeiten etwas schnell. (…) Wie finanziere ich meine Fami-
folgendermaßen: „Weil ich habe gedacht, ich muss diese lie?‘“ (IP Herr E)
Nostrifikation machen. Da kriege ich einen richtigen Job.
Sonst krieg ich keinen richtigen Job“ (IP Frau G). Ein weite- Der vorläufige Verzicht auf ein Anerkennungsverfahren
rer Grund, weshalb ein Anerkennungsantrag eingereicht basiert somit oftmals auf Gründen der Existenzsicherung
wird, ist, dass bei einem positiven Nostrifizierungsverfah- (Gächter 2006: 9).
ren der Hochschulgang in Österreich ermöglicht wird.

120
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

Obwohl es im Nostrifizierungsprozess viele Herausfor- In der Literatur werden Kinderbetreuungspflichten ins-


derungen geben kann, verweist die zuvor angeführte besondere bei weiblichen Migrantinnen als Faktoren ge-
Interviewpassage darauf, dass Neuzuwander/innen nicht nannt, die den Berufseinstieg von Migrant/innen sowie
immer über ihre Möglichkeiten und die Anforderungen das Bestreben, die Ausbildung anerkennen zu lassen,
zum Nostrifizierungsprozess Bescheid wissen. Hierbei negativ beeinflussen (Weichbold et al. 2015: 78). In den
kann das „sich nicht Auskennen“ über den Prozess zu fal- geführten Interviews wurde jedoch auf diese Umstände
schen Vorannahmen über die Dauer und den Verlauf des nicht eingegangen. Dies kann daran liegen, dass die Mehr-
Anerkennungsprozesses führen. Dieser kann in Folge als heit der Befragten keine Kinder hat bzw. diese bereits
hürdenreicher bewertet werden, als er tatsächlich wäre. erwachsen sind oder die Kinderbetreuung durch andere
Personen bzw. Betreuungseinrichtungen gesichert ist.
Um seine Qualifikationen formal anerkennen zu lassen,
braucht es eine hohe Motivation, Mut und im Zweifelsfall Der Nostrifizierungsprozess wird oftmals zeitlich hin-
auch die Bereitschaft zum Scheitern. Wie bereits erwähnt ausgeschoben, da andere Herausforderungen im Leben
wurde, geht eine Nicht-Anerkennung der Ausbildung oft- zu meistern sind. Problematisch ist, dass das Warten auf
mals mit einer Dequalifizierung am Arbeitsmarkt einher. einen besseren Zeitpunkt manchmal zur Folge hat, dass
„Viele [Migrant/innen] trauen sich das nicht und gehen von einer Antragsstellung prinzipiell abgesehen wird
arbeiten was anderes und für manche Stellen haben dann bzw. es zu einem Humankapitalverlust kommt. Da der Ar-
meine Kolleginnen auch Antwort bekommen, sie sind beitsmarkt einer permanenten Entwicklung unterzogen
überqualifiziert jetzt, weil manche haben Doktortitel und ist, kann bei einem „zu langen Fernbleiben“ vom erlern-
jetzt arbeiten sie als Trainer zum Beispiel“ (IP Herr E). Auch ten Beruf das Wissen an Aktualität verloren gehen bzw.
Frau B verweist auf den Zusammenhang zwischen Über- werden die erlernten Kompetenzen nicht mehr nachge-
qualifikation und fehlender Nostrifikation: „Ich habe mir fragt. Als Folge kommt es oft dazu, dass die betroffenen
einfach bevor ich nach Österreich, habe ich auch in Polen Personen resignieren, da sie nicht mehr daran glauben,
andere Ausbildung gehabt. Diese Ausbildung und diese diesen Kreislauf durchbrechen zu können (Hausen 2010 in
Beruf Seniorenbetreuerin konnte ich nicht ohne Nostrifi- Tschiggerl 2015: 32).
zierung hier in Österreich ausüben“ (IP Frau B).
8.2.6.2. Erfahrungen mit dem
Ferner kann das Nachholen von Prüfungen vor einem Anerkennungsprozess
Nostrifizierungsprozess abschrecken. „Ich muss alles wie- Entscheiden sich Migrant/innen für eine Anerkennung,
der machen. Sicher nicht Statistik, das mache ich nie wie- gibt es wiederum unterschiedliche Faktoren, welche auf
der. Ich habe 2 Jahre Statistik gehabt das reicht“ (IP Frau das Anerkennungsverfahren Einfluss nehmen. Der Verlauf
F). Die Auswahl der Prüfungen, die nachgeholt werden des Anerkennungsprozesses „hängt oft mit der aktuellen
müssen, hängt vom Zeitpunkt des Studiums, von den Gesetzgebung (Migrationsrecht, Anerkennungsregelun-
Lehrplänen und von der Ausbildungsdauer im Heimat- gen, Schulrecht, Arbeitsmarktförderungs- und Arbeits-
land ab. Eine große Rolle spielt auch, ob das Studium in losenversicherungsregeln etc.) zusammen, aber auch
einem Drittstaat oder in einem EU-Land abgeschlossen mit den (informellen) Regeln und Bestimmungen der
wurde (AST Jänner 2014; Interviews mit Caritas, Migra- jeweiligen Branche“ (AST Jänner 2014b). Ferner sind die
re in Tschiggerl 2015: 83). Ob sich Migrant/innen für die Berufsperspektiven sowie die Nachfrage am Arbeitsmarkt
Prüfungsnachholung entscheiden, hängt zumeist von entscheidend (ebd.).
einer Kosten-Nutzen-Rechnung ab. Die Absolvierung ei-
nes Studiums benötigt viel Durchhaltevermögen, Energie Die interviewten Personen berichten von unterschiedli-
und Zeit. Für viele Neuzuwander/innen ist dies aufgrund chen Erfahrungen. In manchen Fällen scheint das Finden
von fehlenden finanziellen Mitteln, familiären Verpflich- der zuständigen Antragsstelle eine größere Herausfor-
tungen, Berufstätigkeit sowie sprachlichen Ressourcen derung zu sein als die tatsächlichen Anforderungen für
oft nicht möglich (Abraham/Hinz 2008; Hausen 2010 in einen positiven Anerkennungsbescheid. Ferner spiegeln
Tschiggerl 2015: 93). sich die rechtlichen Rahmenbedingungen rund um das

121
Thema Anerkennung in den einzelnen Interviews wider. „Weil ich habe es geschickt [den Antrag] per Mail und es war
Je nachdem, in welchem Land die Ausbildung absolviert sehr leicht. Ich habe meine Matura aus Mazedonien kopiert,
wurde, welcher Ausbildungsgrad anerkannt werden soll eben per Mail ihm geschickt und er hat mir dann zurückge-
bzw. ob sich die Berufstätigkeit auf einen reglementier- schrieben Bestätigung, dass vom Ministerium mit Stempel
ten Beruf bezieht, existieren unterschiedliche Rechts- und alles, dass die Jahre, die Matura anerkennt wird und ich kann
Verwaltungsvorschriften. Für EU-Bürger/innen „gibt es im studieren oder Weiterbildungen machen, das ist kein Prob-
Rahmen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit lem.“ (IP Herr E)
in der EU differenzierte Regelungen und Erleichterun-
gen, um die berufliche Mobilität zu sichern“ (Eiersebner Auch in den Experteninterviews von Tschiggerl wird be-
2013). Im Vergleich zu Drittstaatsangehörigen können schrieben, dass es bei Berufsabschlüssen, insbesondere
EU-Bürger/innen, die im EU-Raum ihre Ausbildung absol- bei solchen aus Drittstaaten, bei der Anerkennung ver-
viert haben, in reglementierten Berufen eine Prüfung der mehrt zu Schwierigkeiten kommt. Österreich verfügt über
Gleichwertigkeit beantragen. Dies war beispielsweise bei ein duales Ausbildungssystem, während in vielen ande-
Frau B der Fall, die als diplomierte Sozialarbeiterin tätig ren Ländern Berufsausbildungen über Kurse oder Schul-
ist (reglementierter Beruf). Ihre Ausbildung wurde einer besuche erfolgen. Durch die unterschiedlichen Systeme
Gleichwertigkeitsprüfung unterzogen. Ihre Unterlagen wird die Vergleichbarkeit der Berufsausbildung erschwert
wurden sehr schnell geprüft und es wurde ihr mitgeteilt, (Interviews mit BFI, Caritas, Migrare in Tschiggerl 2015: 83).
dass sie für einen Anerkennungsprozess zugelassen ist. In solchen Fällen ist das Humankapital von Neuzuwander/
innen schwer sichtbar und international nicht transferier-
In der Untersuchung von Tschiggerl wurde in den Exper- bar (Kalter 2008 in Tschiggerl 2015: 81).
teninterviews mit Vertreter/innen von Beratungs- und
Unterstützungsstellen für Zuwander/innen in Oberös- Eine weitere Problematik beim Vergleich von Bildungsab-
terreich ebenfalls auf den Anerkennungsprozess einge- schlüssen bezieht sich auf den Zeitpunkt der Ausbildung.
gangen. Dieser wird von den befragten Expert/innen als Bei Bildungsabschlüssen bzw. akademischen Abschlüs-
schwierig, komplex und aufwändig beschrieben. Große sen werden die Lehrpläne der Ausbildung mit den aktuel-
Unterschiede im Anerkennungsverfahren lassen sich hier len inländischen Lehrplänen verglichen. Curricula sind je-
ebenfalls darauf zurückführen, ob die Ausbildung im ei- doch auch einem Wandel unterzogen. Das heißt, je länger
nem EU-Land oder einem Drittstaat absolviert wurde. die Ausbildung zurück liegt, desto schwieriger wird der
Vergleich sein bzw. desto geringer die Übereinstimmung
„MigrantInnen aus Drittstaaten erfahren demnach unab- der Lehrpläne (Gächter 2006; Hausen 2010 in Tschiggerl
hängig von ihrer Grundqualifikation sehr oft eine geringere 2015: 82).
Anerkennung als EU-BinnenmigrantInnen. Für EU-Binnenmi-
grantInnen gibt es ein erleichtertes Nostrifizierungsverfahren 8.2.6.3. Ergänzungsprüfungen
und flexiblere Möglichkeiten, in Österreich tätig zu sein.“ (AST und sonstige Tests
Jänner 2014a; Interviews Caritas, Maiz in Tschiggerl 2015: 77) Um die Ausbildung anerkennen zu lassen, können Ergän-
zungsprüfungen verlangt werden. Beispielsweise hat Frau
Erleichterungen im Anerkennungsprozess gibt es auch B für die Nostrifizierung ihrer Ausbildung als diplomierte
dann, wenn zwischen Österreich und dem Herkunftsland Sozialarbeiterin eine Prüfung über Familienrecht beste-
ein zwischenstaatliches Abkommen zur automatischen hen müssen. Für Frau B war es nachvollziehbar, dass diese
Anerkennung besteht. Prüfung gefordert wird, da sie sich auf die österreichische
Rechtssituation bezieht. Für sie war es kein Problem die
Dies wird am Fall von Herrn E deutlich. Sein Maturaab- Prüfung zu bestehen, da sie genug Zeit hatte, sich darauf
schluss wurde zwar anerkannt, jedoch nicht seine Berufs- vorzubereiten. Die Zusatzprüfung hat in ihrem Fall keine
ausbildung zum veterinärmedizinischen Techniker. Grund Kosten verursacht.
dafür ist, dass es in Österreich keine vergleichbare Ausbil-
dung gibt.

122
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

Im Fall von Frau G, die bereits über 20 Jahre Berufser- Eine praxisorientierte Herangehensweise stellt eine gute
fahrung als Krankenschwester aufweist, wurde für die Möglichkeit dar, im erlernten Beruf Erfahrung zu sam-
Nostrifizierung zur diplomierten Krankenschwester ein meln und gleichzeitig für die Ergänzungsprüfungen zu
zweimonatiger ganztägiger Besuch einer Pflegeschule lernen, die eine Voraussetzung für die Nostrifikation sein
sowie das Ablegen von zehn Prüfungen verlangt. An- können. Dies ist bei Frau C möglich. Sie darf nach Zulas-
schließend musste sie ein Pflichtpraktikum im Ausmaß sung zum Nostrifizierungsprozess eine berufsadäquate
von 320 Stunden absolvieren. Den Kurs empfand sie als Beschäftigung ausüben und gleichzeitig ihre ausstehen-
sehr intensiv und sie hatte Probleme, dem Unterricht zu den Ergänzungsprüfungen absolvieren. Voraussetzung
folgen, da manche Vortragenden Dialekt sprachen. „Naja, dafür ist, wie bereits beschrieben, die Zulassung zum
die Schule war für mich schon schwer. Manche der Lehrer Nostrifikationsprozess und ein Jobangebot. Die Forde-
sprechen ein bisschen Dialekt. Ich habe nicht alles ver- rung von Ergänzungsprüfungen wird hierbei als sinnvoll
standen. Es ist schon schwer und ich war auch die Älteste und nachvollziehbar bewertet. Durch diese Regelung
im Kurs“ (IP Frau G). Zwei der Prüfungen hat sie nochmals verringert sich die Wartezeit auf eine berufsadäquate Be-
wiederholen müssen, aber letzten Endes konnte sie ihre schäftigung. Die Neuzuwander/innen können ihr Wissen
Ausbildung erfolgreich nostrifizieren lassen. und ihre Fähigkeiten einsetzen und es kommt zu keinem
Kompetenzverlust. „Aber inzwischen kann ich gleichzei-
Der Fall von Frau G illustriert sehr gut, dass durch ihre tig studieren und arbeiten. Das ist sehr gut für mich, weil
Ausbildung in einem Drittstaat ihre langjährige Berufs- es ist besser in diesem Bereich zu arbeiten, als so putzen,
erfahrung im Herkunftsland im Anerkennungsverfahren kochen oder so, weil das ist mein Beruf“ (IP Frau C).
keine Berücksichtigung gefunden hat. Migrant/innen mit
EU-Ausbildungen haben hingegen die Möglichkeit, ihre In anderen Fällen sind praktische und bedarfsorientierte
Berufserfahrung anerkennen zu lassen bzw. erfolgt bei Regelungen nicht in diesem Ausmaß gegeben. Dies soll
ihnen eine automatische Anerkennung der Ausbildung an der Lebensgeschichte von Herrn H detaillierter be-
als diplomierte/r Krankenschwester/Krankenpfleger. Frau schrieben werden. Herr H kommt aus Syrien und ist da-
G fehlt es nicht an Berufserfahrung, sondern an Anpas- mals in die Ukraine gezogen, um Medizin zu studieren.
sungsmaßnahmen bzw. fachspezifischen Deutschkursen. Nach Abschluss seines Medizinstudiums kehrte er nach
Dadurch könnten bestimmte fehlende Kompetenzen, die Syrien zurück, um in einem Krankenhaus als Chirurg zu
für die Berufsausübung in Österreich notwendig wären, arbeiten. Aufgrund des Konfliktes in Syrien ist er nach
minimiert und gleichzeitig finanzielle Belastungen und Österreich geflohen und hat es geschafft, in zwei Jahren
Aufwände vermieden werden. seine Ausbildung anerkennen zu lassen. Er beschreibt
den Anerkennungsprozess in Österreich als schwierig. Zu
In manchen Fällen ist der Nachweis eines B2-Sprachni- Beginn musste er einen Stichprobentest über zehn unter-
veaus in Deutsch eine Voraussetzung für die Antragsstel- schiedliche Themenbereiche und über 300 Fragen beste-
lung für einen Nostrifikationsprozess. „Ich war in Karenz hen. Auf diesen Test hat er sich vier Monate vorbereitet.
und ich habe Deutsch gelernt, den ganzen Tag natürlich Anschließend musste er zwei Monate auf einen Brief der
und ich habe auf die B2-Prüfung gewartet. Ohne B2 konn- Medizinischen Universität warten. Nach Erhalt des Briefes
te ich nicht den Nostrifizierungsantrag stellen“ (IP Frau C). musste er eine Prüfung über fünf Fächer ablegen. Des
Weiteren musste er ein Pflichtpraktikum absolvieren und
Wenn viele Zusatzprüfungen für die Nostrifizierung an- erhielt erst nach Abschluss des Praktikums den Nostrifi-
fallen, kann von einem Anerkennungsantrag abgesehen zierungsbescheid. Um jedoch als Arzt tätig zu sein, war
werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die eine kommissionelle Prüfung bei der Ärztekammer über
Deutschkenntnisse für das Nachholen der Prüfungen seine Deutschkenntnisse nötig. Nach erfolgreichem Be-
noch nicht ausreichend sind. „Und ich habe das sofort stehen der Prüfung dauerte es weitere zwei Monate, bis
gewusst, ich nostrifiziere nicht. Das dauert lange und das er in die Ärzteliste der Ärztekammer eingetragen wurde
will ich nicht. Und außerdem meine Sprache, das war, und dadurch berechtigt war, seinen Beruf auszuüben.
nein, das war total unmöglich“ (IP Frau F).

123
Da der beschriebene Anerkennungsprozess sehr langwie- Auch die AST sehen aufgrund der steigenden Anzahl von
rig und hürdenreich war, schlägt Herr H als eine mögliche Ärzt/innen aus Syrien einen besonderen Handlungsbe-
Alternative ein Approbationsverfahren vor, welches bei- darf. Die wertvollen mitgebrachten Qualifikationen die-
spielsweise in Deutschland üblich ist. Nach seinen Anga- ser Berufsgruppe sollen rasch genutzt werden, um einen
ben haben dort Migrant/innen, die ihre Ausbildung in ei- „Brain Waste“ zu verhindern. „Ein schnelleres und verein-
nem Drittstaat absolviert haben, bereits nach kurzer Zeit fachtes Verfahren wäre im Sinne einer Willkommenskultur
die Möglichkeit, in einem Krankenhaus Berufserfahrung und ein wichtiges Zeichen für eine bessere Verwertung
zu sammeln. Möglicherweise bezieht sich Herr H auf die von im Ausland erworbenen Qualifikationen“ (AST Mai
„befristete Berufserlaubnis“ für Ärzte und Ärztinnen, die 2015). Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Gründung
in Deutschland für zwei Jahre ausgestellt und im Einzelfall von „Berufsspezifischen KlientInnennetzwerken“. In der
verlängert werden kann. Diese Erlaubnis setzt ein abge- Anerkennungsberatung kommen manche Berufsfelder
schlossenes Medizinstudium voraus, kann auf bestimm- öfter vor, sie betreffen vor allem die Bereiche Gesundheit,
te Tätigkeiten und Beschäftigungsstellen beschränkt Soziales, Erziehung und Bildung. Aufgrund des hohen Be-
sein und kann parallel bzw. unabhängig vom Antrag ratungsbedarfs in diesen Bereichen wurden berufsspezi-
auf Approbation (Anerkennung des Medizinstudiums) fische KlientInnennetzwerke im Gesundheitsbereich ge-
beantragt werden (Anerkennung in Deutschland 2015). gründet. Die erste Gruppe wurde für Krankenschwestern
Nach einer gewissen Zeit besteht für Zuwander/innen aus dem ehemaligen Jugoslawien eingerichtet. Hierbei
die „Möglichkeit, an einer Prüfung teilzunehmen, um die stand der Informationsaustausch und die Vernetzung der
Gleichwertigkeit ihres Kenntnisstandes nachzuweisen“ Betroffenen im Vordergrund. Ferner wurden wichtige Un-
(Anerkennung in Deutschland 2015). Dies stellt eine pra- terlagen für die Teilnehmer/innen (z.B. das Formular „An-
xisorientierte Herangehensweise der Anerkennung dar. trag auf Anerkennung“, Informationen über Ergänzungs-
Die vorhandenen Kompetenzen der Zuwander/in gehen prüfungen etc.) zusammengestellt. Aufgrund des großen
dabei nicht verloren und fehlende Kompetenzen können Erfolgs und der Nachfrage wurden mittlerweile auch
vor Ort erworben werden. andere Netzwerke, wie jene der Humanmediziner/innen
oder der Zahnärzt/innen, geschaffen und auf mehrere
„Wie, wie in Deutschland zum Beispiel. In Deutschland, mit Bundesländer ausgedehnt (AST Mai 2015). Die Bekannt-
Approbation man besucht das Krankenhaus und danach heit solcher berufsspezifischen Netzwerke sollte gestärkt
macht man ein Prüfung und nach den Prüfung sagt der Pro- werden, sodass Betroffene leichter zu den wesentlichen
fessor ‚Du brauchst noch sechs Monate oder fünf Monate Informationen zum Anerkennungsverfahren gelangen.
oder ein Jahr und danach. Das ist besser. Weil [ansonsten]
man sitzt und nach dem Studium noch zwei Jahre, drei Jah- 8.2.6.4. Keine Anerkennungsmöglichkeiten
re, man muss diese Fächer machen.“ (IP Herr H) Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Ausbildung
ist aus verschiedenen Gründen nicht immer möglich. Be-
Bei dem derzeit in Österreich gängigen Anerkennungs- gründungen wie unvollständige Nachweise der Ausbil-
verfahren haben ältere Ärzt/innen, die jedoch in der Re- dung oder das Fehlen einer vergleichbaren Ausbildung
gel mehr Arbeitserfahrung aufweisen, einen Nachteil. In in Österreich wurden genannt. Im Falle von Frau A treffen
diesem anwendungsorientierten Feld ist das Abfragen beide Situationen zu. Sie hat ein Studium im Fach Steue-
von Wissen weniger zielführend als die praktische Um- rung und Informatik in Technischen Systemen in Russland
setzung bzw. das Aufzeigen von Kenntnissen. Der Fokus absolviert. Ihre Heimatuniversität hat ihre Diplomarbeit
sollte verstärkt auf den Output, d.h. auf die tatsächlichen vor Jahren entsorgt, da die Hochschuleinrichtung die Ab-
Fähigkeiten und Kompetenzen, gelegt werden (Bichl schlussarbeiten nur fünf Jahre aufbewahrt. Eine digitale
2012). Durch eine praktische Herangehensweise können Version existiert nicht. Die zuständige Anerkennungsstel-
erfahrene Ärzt/innen ihr Können unter Beweis stellen. Der le an der Technischen Universität Wien hat ihr mitgeteilt,
Bedarf an Ärzt/innen ist gegeben. dass ein Anerkennungsprozess „zu kompliziert sei“, da ihr
nicht nur ihre Abschlussarbeit fehlt, sondern in Österreich

124
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

auch kein vergleichbares Studium existiert. Sie müsste dige Stelle von ihr einen Nachweis zur Absolvierung von
sich faktisch für ein neues Studium inskribieren. Praxisstunden (als gesondert ausgestellten Bescheid) ver-
langt, welcher in ihrem Heimatland in dieser Dokumenta-
In anderen Fällen ist nur eine teilweise Anerkennung tionsform nicht existiert. Dies stellt sich für die Antragstel-
der Qualifikationen möglich. Ein Beispiel dafür ist Herr E, lerin als problematisch heraus, da in ihrem Heimatland
dessen Fall bereits oben beschrieben wurde. Herr E hat der Nachweis zur Absolvierung des Praktikums im Sam-
eine Ausbildung zum veterinärmedizinischen Techniker melzeugnis angeführt wird bzw. wurde. Infolgedessen
in Mazedonien abgeschlossen. Da es keine vergleichba- wurde ihr Antrag auf ein Anerkennungsverfahren abge-
re Schulausbildung in Österreich gibt, wurde zwar sein lehnt, da nur eine 55%ige Übereinstimmung der Studien
Maturaniveau anerkannt, jedoch nicht seine berufliche geschätzt wurde. Trotz Nachreichung dieses Bescheides,
Qualifikation. Auch die AST verweisen bei der Beratungs- der von ihrer Ausbildungsstätte im Nachhinein auf Bitten
tätigkeit auf die Herausforderung, dass bei einigen Aus- der Antragstellerin eigens angefertigt wurde, wurde die-
bildungen kein entsprechendes Äquivalent in Österreich ser von der zuständigen Stelle nicht berücksichtigt. Diese
gefunden werden kann (AST Jänner 2014b). Schilderung lässt den Schluss zu, dass die zuständigen
Anerkennungsstellen eine äußerst bürokratische Vorge-
Je länger das Studium im Herkunftsland zurück liegt, des- hensweise aufweisen können und minimale Abweichun-
to schwieriger ist es, die Prüfungsnachweise bzw. generell gen hinsichtlich der Dokumentation von Prüfungsleis-
die Studienpläne vorzuweisen. Dies kann am Beispiel von tungen und Praktika nicht anerkennen. Die Ursache für
Frau F illustriert werden, die ihr Psychologiestudium in die Nicht-Zulassung zum Anerkennungsverfahren liegt
Chile vor 15 Jahren abgeschlossen hat. hierbei in der mangelnden Flexibilität bzw. Bürokratie der
zuständigen Stelle begründet.
„Ich habe in Chile studiert in einer Zeit, wo Internet, also es
hat es schon gegeben aber es hat angefangen. Ich bin fertig Durch die Vernetzung mit anderen Migrant/innen, die
geworden 2000 und hab angefangen 1992, mit dem Studi- eine ähnliche Migrationsgeschichte bzw. einem ähnlichen
um. Und die [die Universitäten] waren und sind noch sehr Ausbildungsgrad aufweisen, können wertvolle Informati-
schlampig. Und die Hälfte von den Beschreibungen meiner onen zum Anerkennungsprozess weitergegeben werden
Fächer existieren nicht.“ (IP Frau F) (Näheres dazu im Kapitel 8.2.4.). Beispielsweise hat die so-
eben genannte Interviewpartnerin, Frau C, eine Bekannte,
Aufgrund dessen, dass Frau F keine vollständigen Nach- die ebenfalls aus Bosnien und Herzegowina stammt und
weise ihres Studiums vorlegen kann, müsste sie den Physiotherapie an der gleichen Schule im Heimatland stu-
Großteil ihres Studiums nachholen. Frau F ist nicht be- diert hat. Ihre Kollegin hat in Linz einen Antrag auf Aner-
reit, diesen Aufwand auf sich zu nehmen. Auch aus der kennung gestellt und wurde zum Anerkennungsprozess
Beratungserfahrung der AST wird deutlich, dass fehlen- zugelassen.
de Unterlangen für Neuzuwander/innen und vor allem
für Flüchtlinge einen Grund darstellen, keinen Anerken- „Sie muss nur sechs Prüfungen nachmachen und bekommt
nungsantrag zu stellen (AST Jänner 2014b). österreichische Diplom. Aber mit dem gleichen Studium wie
ich, alles gleich, so wie ich, nur ist sie in Linz. Ich verstehe das
Ferner kann es passieren, dass ein negativer Anerken- nicht, dass es hier so viel Unterschied zwischen Stadt und
nungsbescheid ausgestellt wird, obwohl der/die Antrags- Länder gibt. 94 Prozent ist die Übereinstimmung in Linz. Für
steller/in einen Anspruch auf ein Anerkennungsverfahren das gleiche Studium. Aber hier wegen dieser Schwierigkeiten
hat. Diese Problematik soll anhand von Frau C näher ver- mit Bestätigung habe ich nur 55 Prozent bekommen.“ (IP
deutlicht werden. Frau C hat in Bosnien und Herzegowina Frau C)
einen Abschluss in Physiotherapie absolviert. Ihre Schule
im Heimatland hat ihr versichert, dass ihre Ausbildung in Mit einer Übereinstimmung von 55% ist Frau C nicht zum
Österreich anerkannt wird, sie muss jedoch einige Ergän- Nostrifizierungsprozess zugelassen. Wie bereits zuvor
zungsprüfungen ablegen. In Österreich hat die zustän- beschrieben, war jedoch der negative Bescheid rechtlich

125
nicht zulässig. Nachdem Frau C gegen diese Entschei- laufen, sodass sie nach einiger Zeit aus Österreich hätte
dung Berufung eingelegt hatte, muss ihr die zuständige ausreisen müssen. Mittlerweile hat Frau G, die mit einem
Stelle einen positiven Bescheid ausstellen. Die Interview­ Österreicher verheiratet ist, den Status „Familienangehö-
passage lässt den Schluss zu, dass es regionale Abwei- rige“ erhalten. Aufgrund dessen, dass Frau G ihren Freund
chungen hinsichtlich der behördlichen Entscheidungen heiratete, konnte sie ihren Aufenthaltsstatus auf „Fami-
geben kann. lienangehörige“ ändern und in Österreich als Kranken-
schwester eine Beschäftigung finden.
Diese Problematik wird ebenfalls in den Fokusgruppen
von Zitz thematisiert. Das Vorhandensein von unter- Die Erfahrung von Frau G scheint kein Einzelfall zu sein. In
schiedlichen Kriterien zum Anerkennungsprozess führt der Untersuchung von Zitz sehen die Entscheidungsträ-
zu einer Intransparenz der Verfahren. Nicht selten kann es ger/innen in der Trennung von Berufsanerkennung und
durch die unterschiedlichen Auslegungen zu einem so- Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen viele Stolper-
genannten „Anerkennungstourismus von einem Bundes- steine. Es wurde in diesem Zusammenhang eine größere
land ins nächste“ (Zitz 2015: 5) kommen. Eine bundeswei- Abstimmung zwischen diesen Bereichen empfohlen (Zitz
te Vereinheitlichung der Anerkennungsverfahren würde 2015: 7).
zu mehr Fairness und Übersichtlichkeit in den Anerken-
nungsverfahren führen. 8.2.6.5. Wahrnehmung der Arbeitgeber/innen
Ein weiteres Forschungsinteresse bezog sich auf die Frage,
Frau C ist sehr motiviert, in ihrem Beruf tätig zu sein, ob die Interviewpartner/innen das Gefühl haben, dass ihr
gleichzeitig ist sie über ihre Situation frustriert, da sie be- anerkannter Bildungsabschluss seitens der Arbeitgeber/
reits über ein Jahr auf den positiven Nostrifizierungsbe- innen als gleichwertig zu einer in Österreich erworbenen
scheid wartet. Je länger der Anerkennungsprozess dau- Qualifikation gesehen wird. Die Befragen haben diese
ert, desto höher ist auch die Frustration der Antragsteller/ Frage unterschiedlich verstanden. Es wurden verschiede-
innen. Durch die Nicht-Anerkennung von Qualifikationen ne Erfahrungen bei der Arbeitssuche und dem derzeiti-
können Gefühle der Frustration, Leere, Demütigung so- gen Arbeitsplatz gemacht. Für manche ist das Gefühl der
wie des „Nicht-Abschließen-Könnens“ erlebt werden. In Gleichwertigkeit gegeben. Sie fühlen sich am Arbeitsplatz
diesem Zusammenhang steht auch der Verlust des Selbst- gleich behandelt wie Personen ohne Migrationshinter-
wertgefühls. Demnach können Betroffene sich auch ge- grund. Frau G äußert sich folgendermaßen dazu: „Ja ja,
sellschaftlich nicht anerkannt fühlen und sich dadurch das stimmt, ganz gleich. Das ist alles ganz gleich. Wir sind
Exklusionsempfindungen äußern (Tschiggerl 2015: 94; gleiches Niveau. Wir arbeiten zusammen in Gruppe. Diese
Weichbold et al. 2015: 104). andere diplomierte Krankenschwester oder Pfleger. Gibt
keine Unterschied“ (IP Frau G). Auch Frau B, diplomierte
Problematisch ist, dass es in bestimmten Fällen keine Ab- Sozialarbeiterin, hat das Gefühl, dass ihre Qualifikation
stimmung zwischen arbeitsrechtlichen Regelungen und von ihrem jetzigen Arbeitgeber gleichermaßen geschätzt
dem Anerkennungsgesetz gibt. Dies kann am Beispiel wird. Gleichzeitig hat sie jedoch in Bewerbungsgesprä-
von Frau G näher beschrieben werden. Sie hat in China chen auch andere Erfahrungen gemacht. Dabei wurde
bereits 20 Jahre als Krankenschwester gearbeitet und ist seitens Arbeitgeber/innen der Verdacht geäußert, dass
durch eine Arbeitsvermittlungsfirma nach Österreich ge- nach zwei Jahren Aufenthalt in Österreich ihre Deutsch-
kommen. Nach einem Jahr hat sie ihre Ausbildung nostri- kenntnisse nicht ausreichend sein können, um den Beruf
fiziert und eine RWR – Karte für Mangelberufe beantragt, auszuüben bzw. sie sich nicht gut genug mit der „Sozialar-
um in Österreich als diplomierte Krankenschwester tätig beitslandschaft“ auskennen kann. Frau B hat diese Äuße-
sein zu können. Da sie jedoch zum Zeitpunkt der Antrags- rungen als Signal des „Nicht-Willkommen-Seins“ interpre-
stellung bereits 45 Jahre alt war, es jedoch für die Aus- tiert, nachdem ihre Ausbildung und ihre über 15-jährige
stellung der RWR – Karte eine Altersgrenze von 40 Jahren Berufserfahrung in der Sozialarbeit für die Einstellung bei
gibt, wurde ihr Antrag abgelehnt. Mit dem Abschluss des ihrem jetzigen Arbeitgeber sehr wohl ausreichend waren.
Nostrifizierungsprozesses ist ihr Studentenvisum ausge- Auch Herr H berichtet, dass er in Bewerbungsgesprächen

126
8
Empirische Untersuchung:
Qualitative Interviews
mit Migrant/innen

gewisse Schwierigkeiten erlebt hat. Er hat das Gefühl, schwierig nachzuweisen (Manolakos 2006 in Tschiggerl
dass Einheimische zu ihm „immer in Distanz“ bleiben. Er 2015: 117). Arbeitgeber/innen äußern hinsichtlich ihrer Ar-
sieht dies darin begründet, dass er ein „Ausländer“ ist. beitnehmer/innen bestimmte Präferenzen. Diese basie-
ren oftmals auf der Wahrnehmung von Vertrautheit bzw.
Die Gleichwertigkeit der Qualifikationen kann sich auch Ähnlichkeit. „Je weniger ähnlich ein/e Bewerber/in wahr-
darauf beziehen, ob seitens des Arbeitgebers bzw. der genommen wird, desto stärker können sich unbewusste
Arbeitgeberin Vorverdienstzeiten hinsichtlich Gehalt und Vorteile auswirken, die signalisieren, dass unpassende,
Einstufung mitbedacht werden. Da die Berufserfahrung da unähnliche Personen aussortiert werden sollen“ (Engl-
im Ausland erworben wurde, scheint diese vom Arbeit- mann/Müller-Wacker 2015: 102).
geber keine Berücksichtigung zu finden. Ein Grund da-
für könnte sein, dass die ehemaligen Arbeitgeber/innen Benachteiligung kann jedoch nicht nur auf die Präferen-
im Herkunftsland dem/der jetzigen Vorgesetzten nicht zen und Vorlieben der Arbeitgeber/innen zurückgeführt
bekannt sind. Dadurch könnte es für Arbeitgeber/innen werden, sondern eine Folge von Informationsmangel und
schwieriger nachzuvollziehen sein, ob es sich um eine be- Unsicherheit sein. Hierbei verfügt der/die Arbeitgeber/in
rufsrelevante Arbeitserfahrung handelt. bei einer bestimmten Arbeitnehmergruppe über positive
Erfahrungen und bessere Informationen als über eine an-
Die Arbeitssuche für Neuzuwander/innen gestaltet sich dere Gruppe. „In so einem Fall wird die Person bevorzugt,
nicht nur im reglementierten Bereich als schwierig, son- bei der es eine geringere ‚statistische’ Unsicherheit über
dern auch im nicht-reglementierten Bereich, in dem eine das Gruppenverhalten gibt“ (Biffl et al. 2013: 11). In sol-
formale Anerkennung der Ausbildung nicht notwendig chen Fällen spricht man von statistischer Diskriminierung.
ist. Dies wird am Fall von Frau A deutlich, die auch im tech- Eine interkulturelle Öffnung des Arbeitsmarktes sowie
nischen nicht-reglementierten Bereich Arbeit gesucht eine Änderung der öffentlichen Wahrnehmung gegen-
hat. Trotz der Bewertung ihres Diploms von ENIC NARIC über Migrant/innen ist hier gefordert (Tomic 2014: 4).
und einer Vielzahl an Bewerbungsschreiben wurde sie
nie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Aus den
Erfahrungen der Anerkennungsberatung der AST wird 8.3. Zusammenfassung
deutlich, dass Arbeitgeber/innen Vorbehalte gegenüber der qualitativen Erhebung
ausländischen Abschlüssen haben können. Arbeitgeber/
innen sind oftmals mit den ausländischen Ausbildungs- Ziel dieses Kapitels war es, die unterschiedlichen Arbeits-
systemen nicht vertraut und können den „Wert“ der aus- markterfahrungen und Erfahrungen im Anerkennungs-
ländischen Ausbildung häufig nicht einschätzen (Bichl prozess von Neuzuwander/innen aufzuzeigen. Dazu wur-
2015: 2). Sensibilisierungsmaßnahmen zum Thema Aner- den acht problemzentrierte Interviews mit Neuzuwander/
kennung und Bewertung auf der Arbeitgeberseite sowie innen in Wien geführt. Im Zuge der Auswertung wurden
Unterstützungsmaßnahmen für „Betriebe und Betriebsrä- wesentliche Kategorien und Subkategorien gebildet und
tInnen können zumindest in konkreten Einzelfällen hilf- bei Möglichkeit theoretisch unterfüttert.
reich sein“ (AST Jänner 2014b). Eine weitere Möglichkeit,
Entscheidungsträger/innen für das Thema Anerkennung Die erste Kategorie beschreibt die Migrationsgründe der
zu sensibilisieren, ist deren Einbeziehung bei der Ent- Interviewpartner/innen nach Österreich. Eine weitere Ka-
wicklung und Implementierung von Bewertungsmetho- tegorie ist „Deutschlernen und Deutschkenntnisse“ als
den zur Beurteilung ausländischer Qualifikationen (Engl- ein zentrales Element in der Orientierungsphase bzw. der
mann/Müller-Wacker 2014: 16). erfolgreichen Arbeitsmarktintegration in Österreich. Fer-
ner wurde auf die Kategorie Arbeitssuche und die Arbeits-
Ferner sind Mechanismen der unbewussten oder be- erfahrung in Österreich eingegangen. Es konnten unter-
wussten Diskriminierung gegenüber Migrant/innen schiedliche Akteure und Faktoren identifiziert werden, die
am Arbeitsmarkt nicht zu unterschätzen (Bichl 2015: 1f). bei der Arbeitssuche eine Unterstützung darstellen. Aus
Da Diskriminierung oftmals verdeckt geschieht, ist sie den Ergebnissen wird ersichtlich, dass sich in bestimmten

127
Branchen und Berufen der Arbeitsmarkteinstieg leichter Bisherige Studien haben gezeigt, dass die Anerkennung
als in anderen gestaltet. Darüber hinaus kristallisieren der im Ausland erworbenen Qualifikationen die Chancen
sich bei der Arbeitssuche unterschiedliche Schwierig- auf eine berufs- und bildungsadäquate Beschäftigung
keiten heraus. Hierbei wurde insbesondere auf das The- tendenziell erhöht. Es wurde allerdings bisher noch nicht
ma der Dequalifizierung am Arbeitsmarkt eingegangen. untersucht, inwieweit eine formale Anerkennung zu einer
Allerdings entwickeln Migrant/innen unterschiedliche Verbesserung der beruflichen Situation führt (z.B. Einstel-
Handlungsstrategien, um den Herausforderungen am lung, Gehaltseinstufung, Aufstiegschancen etc.), da eine
Arbeitsmarkt zu begegnen. Es konnte gezeigt werden, formale Anerkennung nicht unbedingt mit einer Aner-
dass soziale Netzwerke der Befragten in verschiedenen kennung am Arbeitsmarkt einhergehen muss.
Bereichen Ressourcen mobilisieren und Unterstützungs-
leistungen bieten können. Eine weitere Frage bezieht sich auf die Aussagekraft der
Bewertungen von ausländischen Abschlüssen. Inwieweit
Eine weitere Kategorie bezieht sich auf die unterschied- können Zuwander/innen eine Bewertung ihrer ausländi-
lichen Formen der Informationsbeschaffung zum Aner- schen Ausbildung am Arbeitsmarkt verwerten?
kennungsverfahren der im Ausland erworbenen Qualifi-
kationen. Die Unterkategorien beschreiben die Themen Ferner ist die Perspektive der Arbeitgeber/innen in
der Vorbereitung bzw. Informationseinholung vor der ­Österreich kaum erforscht. Wie gehen Arbeitgeber/innen
Einreise, die verfügbaren Informationen in Österreich mit ausländischen Abschlüssen/Anerkennungsbeschei-
sowie wichtige Akteur/innen bei der Informationseinho- den/Bewertungen um? Welche Herausforderungen be-
lung. Eine Kategorie stellt konkret den Anerkennungspro- stehen aus Sicht der Arbeitgeber/innen hinsichtlich der
zess in den Mittelpunkt. Hierbei können unterschiedliche Anerkennungspraxis? Wie können mögliche Vorbehalte
Gründe für und gegen eine Antragsstellung für die Aner- seitens der Arbeitgeber/innen in Bezug auf die Einstel-
kennung des ausländischen Bildungsabschlusses eruiert lung von ausländischen Bewerber/innen mit formal aner-
werden. Entscheiden sich Migrant/innen für eine Aner- kannten Ausbildungen abgebaut werden?
kennung, gibt es wiederum unterschiedliche Faktoren,
welche auf das Anerkennungsverfahren Einfluss nehmen. Basierend auf den empirischen und theoretischen Ergeb-
In den Interviews wurden ebenfalls Ergänzungsprüfun- nissen werden im nächsten Kapitel Schlussfolgerungen
gen und sonstige Tests angesprochen, welche eine Vor- und Handlungsempfehlungen formuliert.
aussetzung für die Anerkennung sein können. Die Aner-
kennung der im Ausland erworbenen Ausbildung ist aus
verschiedenen Gründen nicht immer möglich. Als Be-
gründungen wurden unvollständige Nachweise der Aus-
bildung oder das Fehlen einer vergleichbaren Ausbildung
in Österreich genannt. Abschließend wurde auf die Frage
eingegangen, ob die Interviewpartner/innen das Gefühl
haben, dass ihr anerkannter Bildungsabschluss seitens
der Arbeitgeber/innen als gleichwertig zu einer in Öster-
reich erworbenen Qualifikation gesehen wird.

Im Laufe der Forschungen haben sich unterschiedliche


spannende Fragen ergeben, die als Anknüpfungspunkte
für weitere wissenschaftliche Auseinandersetzungen die-
nen können.

128
9
Schlussfolgerungen
und Empfehlungen
65

Gudrun Biffl, Thomas Pfeffer und Isabella Skrivanek

Der vorliegende Forschungsbericht zur Anerkennung von wird auf die komplexe Institutionenlandschaft und Ver-
im Ausland erworbenen Qualifikationen ist einerseits vor fahrensvielfalt hingewiesen, was zum Teil die vergleichs-
dem Hintergrund der zunehmenden Zuwanderung und weise geringe Zahl an Anträgen um Anerkennung von
dem hohen Ausmaß der nicht-qualifikationsadäquaten ausländischen Qualifikationen erklären mag. Da es an
Beschäftigung von Migranten/innen zu sehen, anderer- validen und umfassenden Daten zur Anzahl und Struktur
seits vor dem Hintergrund der Veränderungen von Bil- von Anerkennungsansuchen und positiven Erledigungen
dungs- und Qualifikationssystemen. Letztere gehen Hand fehlt, wurden Erhebungen bei den relevanten Institutio-
in Hand mit der Entstehung internationaler Arbeitsmärkte nen vorgenommen. In der Folge gibt es erstmals einen
und der Notwendigkeit, ein Matching zwischen Bildung Einblick in die qualifikatorischen Schwerpunkte der Mi-
bzw. Qualifikationen und Arbeitsplätzen sicherzustellen. granten/innen und die mengenmäßige Anforderung an
Daraus resultiert ein inhaltlicher Paradigmenwechsel weg die anerkennenden Einrichtungen. Es wird auch deutlich,
von eher input-orientierten hin zu stärker output-orien- dass Hand in Hand mit der Verbesserung der Qualifikati-
tierten Beschreibungen von Qualifikationen, wie wir sie onsstruktur der Migranten/innen die Ansuchen um Aner-
im Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) finden. kennung zunehmen, was eine Optimierung der Verfahren
und Strukturen nahelegt. Um dieses Ziel zu erreichen,
Der Forschungsbericht beschäftigt sich somit nicht nur braucht es allerdings eine Reihe von Maßnahmen, wie
mit der Frage der Anerkennung von Qualifikationen und in den folgenden Handlungsempfehlungen vorgeschla-
den Erfahrungen, die Migranten/innen in Österreich ma- gen. Die Empfehlungen teilen sich in die folgenden Ab­
chen, sondern vor allem mit dem österreichischen Bil- schnitte:
dungs- und Qualifikationssystem. In einem ersten Schritt
wird, aufbauend auf einem Kurzüberblick über die Mig- 1. Standardisierte Qualifikationen:
rationslage in Österreich, ein umfassender Einblick in die Anerkennungs- und Bewertungsverfahren
Literatur zu diesem Thema vermittelt. Dabei wird auch auf 2. Individuelle Kompetenzen: Validierungsverfahren
das Ausmaß der qualifikationsbezogenen Beschäftigung 3. Begleitende Maßnahmen
von Migranten/innen eingegangen. In weiterer Folge 4. Forschungsbedarf

65
Literaturverzeichnis siehe S. 138

129
9.1. Standardisierte oder Universitäten/FHS, etc.) könnte die Abstimmung er-
Qualifikationen: Anerkennungs- leichtern und das Problem des „Anerkennungstourismus“
und Bewertungsverfahren reduzieren.

Im Umgang mit formalen Qualifikationen, die im Ausland Auf der Ebene der Verfahren selbst sollten die Grundsätze
erworben wurden, zielen traditionelle Anerkennungsver- der Europäischen Berufsanerkennungsrichtlinie als gene-
fahren auf die Überprüfung der Gleichwertigkeit auslän- relle Verfahrensgrundsätze übernommen werden, unab-
discher Abschlüsse mit österreichischen Qualifikationen hängig von der Herkunft der Qualifikation. Generell sollte
ab. Eine neue Form des Umgangs mit formalen Abschlüs- also die Überprüfung auf „wesentliche Unterschiede“ im
sen ist die Bewertung von ausländischen Qualifikationen, Vordergrund stehen.
die in ein rechtlich nicht-bindendes Gutachten münden,
wie es im Hochschul- und zuletzt auch im Schulbereich
angeboten wird. Akademische und schulische Qualifikationen:
Rechtliche Verankerung des Anspruchs auf Bewertung
Betrachtet man einerseits diese traditionellen Anerken-
nungsverfahren und andererseits die Bewertung von Ab- Da formale Anerkennung im oben definierten Sinn nur
schlüssen, dann lassen sich die folgenden Empfehlungen dann durchgeführt werden kann, wenn der Berufszugang
abgeben: durch Rechtsvorschriften geregelt ist (also in einer ab-
soluten Minderheit der Fälle), wäre ein generelles Recht
auf die viel niederschwelligere Bewertung aller aus dem
Reglementierte Berufe: Sukzessive Angleichung Ausland mitgebrachten formalen Bildungsabschlüsse, die
der Verfahren im Umgang mit EU-Qualifikationen über die Pflichtschule hinausgehen, gesetzlich zu veran-
Drittstaatsqualifikationen kern. Künftige Entwicklungen sollten dem Prinzip „Bewer-
tung statt Anerkennung“ Folge leisten, d.h. tendenziell
Anzustreben wäre ein kontinuierlicher Abbau der Unter- eher auf Bewertungsverfahren (Gutachten) als auf Aner-
schiede zwischen Verfahren für den Umgang mit EU- bzw. kennungsverfahren (Bescheide) abzielen.
Drittstaats-Qualifikationen, soweit dies möglich ist.

Auf der Ebene der Zuständigkeiten könnte dies bedeuten, Prozessdefinitionen zu Abstimmung von Websites,
dass derzeit parallel existierende Zuständigkeiten (Be- Dokumentation und Anerkennungsberatung
rufszulassung für EU-Qualifikationen vs. Nostrifizierung/
Gleichstellung für Drittstaats-Qualifikationen) in eine Es gibt den Wunsch nach einer möglichst lückenlosen
sequenzielle Ordnung gebracht werden, sodass Anträge Dokumentation aller Anerkennungs- und Bewertungs-
in jedem Fall bei den derzeit nur für EU-Qualifikationen verfahren und ihrer Ergebnisse, um darauf aufbauend
zuständigen Stellen eingereicht werden, Drittstaatsquali- statistische Auswertungen vornehmen zu können. So ver-
fikationen aber an die dafür zuständigen Stellen weiter- ständlich diese Wünsche nach Vereinfachung der Verfah-
gereicht und von diesen entschieden werden. Derzeit be- ren und umfassender Dokumentation sind, so groß sind
stehen solche Unterschiede etwa bei den freien Berufen auch die Herausforderungen bei ihrer Umsetzung. Wie
(Kammern vs. Universitäten/FHS), den reglementierten schon in den Kapiteln 5 und 7 dargestellt, gibt es eine sehr
Gewerben (BMWFW vs. regionale Gewerbebehörde), den große Zahl an Institutionen mit weitgehend autonomen
nichtärztlichen Gesundheitsberufen (BMG vs. Universi- Entscheidungsbefugnissen. Im Gegensatz zu reinen Infor-
täten/FHS oder Landesregierungen) oder den Berufen mationsinstrumenten, die von einer einzelnen Institution
im öffentlichen Dienst. Ein klar geregelter Instanzenzug erstellt und gepflegt werden können, würde eine breitere
zwischen Berufszulassung und Nostrifizierung/Gleich- Plattform, die intensive Kooperation mit den betroffenen
stellung (bzw. Kammern > Universitäten/FHS, BMWFW > verfahrensführenden Stellen erfordern.
regionale Gewerbebehörden, BMG > Landesregierungen

130
9
Schlussfolgerungen
und Empfehlungen

Für die verfahrensführenden Stellen (= Institutionen, die ­ igrant/innen als Zielgruppe für zu entwickelnde Validie-
M
Anerkennungen oder Bewertungen vornehmen) bedeu- rungsverfahren in den Blick zu nehmen.
tet diese Konstellation auch, dass sie nunmehr mit wei-
teren Akteuren zusammenarbeiten müssen, etwa den
Betreibern der gemeinsamen Plattform, den beratenden Formative und formale Validierung
Einrichtungen und den Einrichtungen, die zum Zweck der
Erstellung von Statistiken eine Dokumentation verfassen. Formative Validierung beschäftigt sich mit der Dokumen-
tation (noch) nicht zertifizierter individueller Kompeten-
Eine stärkere Koordinierung und Dokumentation der An- zen, während es bei Verfahren der formalen Validierung
erkennungs- und Bewertungsverfahren ist mit einer Viel- um die Umwandlung nicht-formal oder informell erwor-
zahl an Herausforderungen verbunden, denen nur durch bener Kompetenzen in formale, standardisierte Qualifika-
eine sorgfältige Entwicklung von Prozessen (Abläufen) tionen geht.
für die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure und
Institutionen begegnet werden kann. Dies setzt die Ver- Gerade (aber nicht nur) in Zusammenhang mit Fluchtmig-
handlungsbereitschaft verschiedenster Institutionen und ration ist formative Validierung die dringlichere Aufgabe,
kontinuierliche Entwicklungsarbeit voraus. bei der möglichst rasch Beschreibungen von individuel-
len Kompetenzen, Bildungs- und Berufserfahrungen er-
stellt werden sollen. Eine solche Beschreibung kann und
9.2. Individuelle Kompetenzen: sollte laufend ergänzbar sein. Für formative Validierungen
Validierungsverfahren sollte ein Format gefunden werden, das Anschlussfähig-
keit gegenüber potenziellen Arbeitgeber/innen, dem
Fokussiert man nur auf standardisierte Qualifikationen, AMS, aber auch gegenüber Bildungsinstitutionen und
wie das bei traditionellen Anerkennungsverfahren, aber Ausbildungsstätten herstellt.
auch bei den neu geschaffenen Bewertungsverfahren der
Fall ist, dann übersieht man, dass viele Menschen indivi- In manchen Fällen kann formative Validierung auch zu
duelle, (noch) nicht zertifizierte Kompetenzen erworben Verfahren der formalen Validierung führen, also darauf
haben, oder dass viele Menschen nicht über die not- vorbereiten, individuelle Kompetenzen auch in formale
wendigen Zeugnisse und Dokumente verfügen, um ihre Qualifikationen umzuwandeln. (Die Externistenreifeprü-
Qualifikationen zu belegen. Letzteres trifft vor allem auf fung, die außerordentliche Zulassung zur Lehrabschluss-
Flüchtlinge und Asylsuchende zu. Um diese Menschen in prüfung oder die Feststellung der individuellen Befähi-
den Arbeitsmarkt und/oder das Bildungssystem integrie- gung zur Gewerbeausübung sind Beispiele für formale
ren zu können, ist es notwendig, ihre individuellen Kom- Validierungsverfahren). Es ist wichtig, auf die Übergänge
petenzen kommunizierbar zu machen. und Abstimmung zwischen den verschiedenen Verfahren
zu achten.

Internationale Perspektive in die österreichische


Validierungsstrategie einmahnen 9.3. Begleitende Maßnahmen
Der österreichischen LifeLongLearning (LLL) Strategie im Bei den oben beschriebenen Verfahren der Anerkennung
Allgemeinen und der (in Entwicklung befindlichen) öster- von Qualifikationen und der Validierung von Kompeten-
reichische Validierungsstrategie im Besonderen fehlt eine zen geht es um Anerkennung durch Institutionen des Bil-
internationale Perspektive, die zur Kenntnis nimmt, dass dungs- und Qualifikationssystems. Diese institutionellen­
individuelle Kompetenzen auch außerhalb des österrei- Formen der Anerkennung sind oft Voraussetzung für,
chischen Nationalstaates erworben oder genutzt werden aber nicht ident mit gesellschaftlicher Anerkennung,
können. Deshalb ist es dringend erforderlich, eine solche etwa durch Akteure auf dem Arbeitsmarkt. Der Erfolg von
internationale Perspektive einzumahnen und speziell Anerkennungs- und Validierungsmaßnahmen im Sinne

131
einer gesellschaftlichen Anerkennung kann durch ver-
schiedene begleitende Maßnahmen gesteigert werden. Öffentlichkeitsarbeit zu Verfahren der
Anerkennung, Bewertung und Validierung

Spracherwerb, allgemeine und fachspezifische In den letzten Jahren haben sich einige Veränderungen
Sprachkurse bei den Verfahren der Anerkennung, Bewertung und Vali-
dierung ergeben. Wenn diese Veränderung die intendier-
Auch wenn Kenntnisse der deutschen Sprache im Prinzip te Wirkung entfalten sollen, müssen sie nicht nur an po-
keine Vorbedingung für die institutionelle Anerkennung tenzielle Antragssteller/innen, sondern auch an Akteur/
von Qualifikationen oder die Validierung von Kompeten- innen am Arbeitsmarkt, wie etwa an Arbeitgeber/innen,
zen sind, so sind ausreichende Sprachkenntnisse auf alle AMS und Berufsbehörden kommuniziert werden, um den
Fälle Voraussetzung für den Erfolg am Arbeitsmarkt. In Inhalt und den Stellenwert der Verfahren und ihrer Ergeb-
den Kapiteln 6 und 9 dieser Studie wird auf den Bedarf nisse bekannt zu machen.
nach Unterstützung beim Spracherwerb eingegangen.
Dabei wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, sowohl Positiv abgeschlossene Verfahren der Anerkennung, Be-
den Erwerb von Alltagssprache, als auch (in manchen Fel- wertung und Validierung erleichtern die Kommunikation
dern) den Erwerb von Fachsprache zu unterstützen. Die über Kompetenzen und den Zugang zum Arbeitsmarkt,
Szene der Kurs- und Förderangebote in diesem Bereich ist sie sind aber keine Garantie für adäquate Beschäftigung.
aber stark fragmentiert und unübersichtlich. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten kann es
trotzdem schwierig sein, geeignete Arbeit zu finden und
dafür angemessen entlohnt zu werden.
Förderung von Anerkennungsverfahren
und von Aufschulungsmaßnahmen Darüber hinausgehend ist aber nachweisbar, dass Perso-
nen mit Migrationshintergrund selbst bei gleicher Qua-
Sowohl Anerkennungs-, Bewertungs- und Validierungs- lifikation deutlich schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt
verfahren als auch Aufschulungsmaßnahmen zur Bewäl- haben und Opfer von Diskriminierung werden können
tigung von Ergänzungsprüfungen sind häufig mit Kosten (vgl. Hofer et al. 2013). Andererseits stellt die zunehmen-
für die Antragssteller/innen verbunden. Aus arbeitsmarkt- de Diversität am Arbeitsmarkt und in der Kundenstruktur
politischer Sicht kann es Sinn machen, solche Kosten nicht arbeitgebende Organisationen auch vor neue Herausfor-
allein den Antragssteller/innen zu überlassen. derungen (vgl. Biffl/Altenburg/Pfeffer/2013).

Es ist also zu wenig, erfolgreiche Integration am Arbeits-


Tatsächliche Tätigkeit statt formale Qualifikation markt nur in der Verantwortung von Migrant/innen und
als Grundlage für Kollektivverträge und ihrer Anpassungsleistungen zu sehen. Es müssen auch die
ASVG-Berufsschutz Verantwortung und die Handlungsmöglichkeiten von Ar-
beitgeber/innen – gleich ob private oder öffentliche – in
Es kann argumentiert werden, dass kollektivvertragliche den Blick genommen werden. Dann wird sichtbar, dass
Gehaltseinstufungen, die auf formalen Qualifikationen statt Diversitäts- und Antidiskriminierungsmaßnahmen zum
auf tatsächlichen Tätigkeiten beruhen, ein Motiv für Arbeit- Gesamtportfolio gehören müssen, mit dem die möglichst
geber/innen darstellen können, reserviert gegenüber der erfolgreiche, bildungsadäquate und gerechte Integration
Anerkennung von ausländischen Qualifikationen oder der von Migrant/innen am Arbeitsmarkt erreicht werden kann.
formalen Validierung informell erworbener Kompetenzen
zu sein. Ähnlich problematisch ist es, wenn der ASVG-Be-
rufsschutz die formale Qualifikation statt der tatsächlichen
Tätigkeit als Grundlage heranzieht. In beiden Fällen wäre es
förderlich, auf tatsächliche Tätigkeiten abzustellen.

132
9
Schlussfolgerungen
und Empfehlungen

9.4. Weiterführender
Forschungsbedarf
Der Ausbau und die Weiterentwicklung des österreichi-
schen Anerkennungssystems befinden sich auf einem
guten Weg, vieles ist in den letzten Jahren entwickelt und
erfolgreich implementiert worden. Um diese Erfolge zu si-
chern und weitere Entwicklungsschritte gehen zu können,
besteht aber auch noch ein gewisser Forschungsbedarf.

Angebote von und Förderungen für Sprachkurse

Derzeit gibt es einen unklaren, aber scheinbar ungesät-


tigten Bedarf an Sprachkursen, dem eine unüberschau-
bare Vielfalt an zumeist sehr kleinteiligen Angeboten
und Fördermöglichkeiten unterschiedlicher öffentlicher
Hände gegenübersteht. Ziel könnte es sein, einen Über-
blick über diese Angebote und Fördermöglichkeiten zu
schaffen, um Synergien heben und Lücken schließen zu
können.

Wirkungen der Bewertung von ausländischen


Qualifikationen

Bei der Bewertung ausländischer Qualifikationen handelt


es sich um ein vergleichsweise junges Verfahren, dass sich
aber einer großen Nachfrage bei Antragssteller/innen er-
freut. Unklar ist aber, wie diese Bewertungsgutachten am
Arbeitsmarkt ankommen, welchen Nutzen Jobsuchende
und Arbeitgeber/innen aus ihnen ziehen.

International vergleichende Studie zu


Anerkennungs- und Validierungssystemen

Die in Kapitel 5 vorgestellte Typologie unterschiedlicher


Anerkennungs- und Validierungsverfahren hat sich als
analytisches Raster zur Untersuchung des österreichi-
schen Gesamtsystems als nützlich erwiesen. Es bietet sich
an, dieses Raster auch für den internationalen Vergleich
heranzuziehen, vor allem dann, wenn damit der transna-
tionale Erfahrungsaustausch zuständiger Stellen einher-
geht. Für österreichische Institutionen böte sich die Gele-
genheit, hier international federführend tätig zu werden.

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Österreichischer Integrationsfonds
März 2016

© Österreichischer Integrationsfonds

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