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FORTBILDUNG .

SCHWERPUNK T

Prof. Dr. med. Heinrich Worth


Facharztforum Fürth
Fürth

Bluthusten – Atemnot – Fieber ≥ 38,5 °C

Bei diesen Alarmzeichen müssen


Sie rasch handeln!
Zur adäquaten Diagnostik und Therapie des Symptoms Husten ist die Einteilung nach der
Dauer (akut: bis zu 3 Wochen, subakut: 3–8 Wochen, chronisch: > 8 Wochen) zweckmäßig. Bei
akutem oder subakutem Husten ist z. B. eine Ursachensuche nur bei Alarmzeichen für eine be-
drohliche Erkrankung (Atemnot, Hämoptoe, Thoraxschmerz, Fieber, Pneumonie) erforderlich.

_ Husten ist weltweit eines der häufigs- Wochen bis zum Beginn der Stufendia- de Alarmzeichen (Tab. 2) gegeben. Diese
ten Symptome, die zur Vorstellung beim gnostik abzuwarten (s. Beitrag ab S. 36), erfordern eine unverzügliche Abklärung
Arzt führen [1]. Hierfür ist hauptsäch- falls eine für einen akuten Infekt der der Ursachen [2].
lich der im Rahmen von Erkältungsin- Atemwege typische Anamnese und ein
fekten auftretende akute Husten verant- passender körperlicher Untersuchungs- Diagnostische Vorgehen
wortlich. Husten stellt einen wichtigen befund vorliegen [2]. Ausnahmen sind In einem ersten Schritt kann anhand
Schutzreflex der Atemwege dar. Er kann durch zusätzlich zum Husten auftreten- des anamnestisch leicht zu erhebenden
aber auch zur Verbreitung von Infek-
tionskrankheiten beitragen. Bei der Aus-
lösung von Husten spielt eine neuronale
Hypersensitivität des Hustenreflexes Tab. 1 Ursachen des akuten und des subakuten Hustens
eine wesentliche Rolle. Akut (< 2 Wochen) Subakut (2–8 Wochen)
Erkrankungen der Atemwege Erkrankungen der Atemwege
Einteilung in akuten bzw.
subakuten Husten • Obere Atemwege: • Postvirale Rhinosinusitis
– (Virale) Erkältungsinfekte • Postinfektiöser Husten mit vorübergehen-
Der meist viral induzierte akute Husten – Allergische Rhinokonjunktivitis der bronchialer Hyperreagibilität
klingt nach ca. zwei Wochen spontan ab • Asthma • Pertussis, Adenoviren- oder Myko-
(Tab. 1) [2]. Adenoviren und Mykoplas- • Aspiration: oft Kinder (1–3 Jahre) plasmeninfekt
men, insbesondere B. pertussis, eine • Inhalative Intoxikation: Unfälle, Brände
postvirale Rhinosinusitis oder eine in- Erkrankungen der Lungen/Pleura Erkrankungen der Lungen/Pleura
fektbedingte vorübergehende bronchia- • Lungenembolie • Pneumonie
le Hyperreagibilität können einen lang- • Pneumothorax • Pleuritis
samer abklingenden Husten verursa- Extrapulmonale Ursachen
chen. Dieser wird als subakuter Husten • Kardiale Erkrankungen mit akuter
mit einer Dauer von zwei bis acht Wo- Lungenstauung
chen definiert [2]. Es ist sinnvoll, acht

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in Diagnostik und Therapie, der Thera- wie Pneumonie, akute Linksherzinsuffi-


Tab. 2 Alarmzeichen für eine pietreue des Patienten und ggf. die Fort- zienz oder inhalative Intoxikation (Abb.
bedrohliche Situation bei akutem setzung der Diagnostik im nächsten 1). Eine Röntgenaufnahme der Thoraxor-
und subakutem Husten Schritt des Algorithmus notwendig. gane, Laboruntersuchungen einschließ-
lich mikrobiologischer und serologischer
• Hämoptoe (z. B. Lungenembolie)
Akuter Husten Untersuchungen sind i. d. R. bei einem
• Ruhedyspnoe Werden bei akutem Husten die in Tab. 2 akuten Infekt bei ansonsten gesunden
• Heiserkeit angegebenen Alarmzeichen anamnes- Patienten nicht notwendig.
• Verdacht auf Pneumonie tisch angegeben, sind unverzüglich, mit Auf einen bakteriellen Infekt weist
Ausnahme marginaler blutiger Beimen- gelb/grüner Auswurf hin. Nur Patienten
• Verdacht auf Tuberkulose
gungen bei Virusinfekten, eine oft sta- mit eitrigem (gelb-grün) gefärbtem Aus-
• Fieber ≥ 38,5 °C tionär durchzuführende Abklärung der wurf und chronischer Grundkrankheit
• Zyanose Ursachen und eine sich daraus ergeben- (COPD, KHK, Diabetes mellitus, Nie-
de kausale Therapie erforderlich. reninsuffizienz, Immuninkompetenz
• Herzinsuffizienz
Häufigste Ursachen von akutem Hus- bei Malignomen usw.) und/oder hohem
mod. nach [2]

• Raucher ≥ 35 Packungsjahre ten sind Infekte der Atemwege, in erster Alter können von einer antibiotischen
• Intoxikation durch inhalative Noxen Linie Virusinfekte, gefolgt von Exazer- Therapie profitieren.
bationen bei Asthma und COPD sowie Zur Abschätzung der Hustenintensi-
Pneumonien. Der Husten infolge eines tät können validierte Fragebögen einge-
Symptoms eine Einteilung in akuten und akuten Virusinfektes kann nach Abklin- setzt werden [3]. Diese scheinen zum
subakuten Husten erfolgen, wobei eine gen des Infektes bis zu acht Wochen Management des akuten Hustens im All-
klare Trennung nicht immer möglich ist. (subakuter Husten) oder auch länger tag jedoch entbehrlich.
Es wurden Algorithmen für die Dia- (chronischer Husten) persistieren, falls
gnostik des akuten und subakuten Hus- eine infektinduzierte bronchiale Hyper- Subakuter Husten
tens entwickelt [2] (Abb. 1, Abb. 2). Nach reagibilität auftritt oder die Entzündung Der Algorithmus zur Abklärung des
Anwendung dieser Algorithmen kann in der Bronchialschleimhaut fortbesteht. subakuten Hustens (Abb. 2) gilt für Pa-
einigen Fällen nur eine Verdachtsdia- Die Diagnose eines infektbedingten tienten, die drei bis acht Wochen lang
gnose gestellt und darauf basierend ein akuten Hustens erfordert i. d. R. nur die husten. Auch bei diesen ist vorrangig
Therapieversuch begonnen werden. Ist Anamnese unter Einschluss der Berufs- nach den Alarmzeichen für eine bedroh-
dieser erfolgreich, steht die endgültige anamnese und etwaiger Umweltbelas- liche Situation (Tab. 2) zu fahnden [2].
Diagnose fest. Bei erfolgloser Therapie tungen sowie eine körperliche Untersu- Hauptursachen des subakuten Hustens
ist eine Überprüfung möglicher Fehler chung zum Ausschluss anderer Ursachen sind der postinfektiöse Husten und Exa-
zerbationen von Grundkrankheiten wie
Asthma, COPD oder dem „Upper air-
ways cough syndrome“ mit Rhinosinu-
Abb. 1 Algorithmus zur Diagnostik des akuten Hustens sitis, Pharyngitis und Laryngitis. Nach
3 der initialen Anamnese und körperli-
1 2 4
chen Untersuchung ist eine Verlaufskon-
Anamnese Alarmzeichen* Sofortige
Patient mit Ja trolle nach vier bis sechs Wochen emp-
Körperliche Bedrohliche weiterführende
akutem Husten
Untersuchung Befunde? Diagnostik/Therapie fehlenswert.
Nein
8 Management des akuten Hustens
5
Nein Exazerbation chr. Häufigste Ursache des akuten Hustens
Infekt? Erkrankungen, Asthma,
COPD, Bronchiektasie
sind virale Erkältungsinfekte. Bei pri-
Ja mär gesunden Personen ist die Diagno-
6 se anhand von Anamnese und körperli-
7
Hinweis Ja
cher Untersuchung zu stellen (s. o.). Falls
Ggf. weiterführende
auf bakteriellen Diagnostik/Therapie keine Alarmsymptome vorliegen, ist kei-
Infekt? ne weitere Diagnostik erforderlich. Bei
Nein Fieber > 38,5 °C, Atemnot, Hämoptoe,
9 Verdacht auf Pneumonie, Herzinsuffi-
• Akute virale Bronchitis zienz, Lungenembolie, Immundefizienz
• Rhinosinusitis (viral, allergisch)
oder inhalative Intoxikation sind eine
mod. nach [2]

• Pharyngo-Laryngitis
* siehe Tab. 2 • Erkältungsinfekt weiterführende Diagnostik und gezielte
Therapie unverzüglich einzuleiten.

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Antibiotika sind bei akutem Husten


aufgrund eines Erkältungsinfektes nicht Abb. 2 Algorithmus zur Diagnostik des subakuten Hustens
indiziert. Mehrere pflanzliche Präparate 2
1 3
(Cineol, Myrtol, Efeu, Pelargonium sido- Anamnese Alarmzeichen*
Patient mit sub- Ja Sofortige weitere
ides sowie Kombinationen aus Primeln akutem Husten
Körperliche Bedrohliche Diagnostik + Therapie
Untersuchung Befunde?
und Thymian bzw. Efeu und Thymian),
Dextromethorphan und Ambroxol kön- Nein
nen die Hustendauer verkürzen und zu 4 5
einer Abnahme der Hustenintensität Umweltfaktoren?
Ja Expositionskarenz
und Beobachtung
führen. Außerdem können Medikamen-
te zur Reduktion des Reizes der Husten- Nein
rezeptoren in der symptomatischen The- 6
rapie des akuten, subakuten und chroni-
Exazerbation 7
schen Hustens eingesetzt werden. Asthma Ja Ggf. weiterführende
Demulzenzien wirken durch Um- Sinusitis (z.B. Infekt, Diagnostik/Therapie
Allergenexposition),
mantelung der im Rachen befindlichen
COPD?
Hustenrezeptoren. Antitussive Sirups,
Hustensäfte, Gurgellösungen, Lutschta- Nein
bletten, Honig und Hustenbonbons ent- 8
halten Zuckersirup. Die Wirkdauer be- Postinfektiöser Husten
• Virale/postvirale Rhinosinusitis
schränkt sich auf die Verweildauer des

mod. nach [2]


• Bronchiale Hyperreagibilität
Zuckers am Rezeptor (etwa 20–30 Min.). * siehe Tab. 2 • Pertussis
Diese Medikamente sind in Form von
Sirups (z. B. Spitzwegerich, Isländisch
Moos, Eibischwurzel u. a.) oder als
Lutschtabletten schneller und besser PCR ist sensitiv, schnell erhältlich und → Literatur: springermedizin.de/mmw
wirksam als Kapseln oder Tabletten. damit diagnostisch hilfreich, allerdings → Title and Keywords: Management of
Die Reizung der Hustenrezeptoren kostenintensiv. Therapie der Wahl sind acute and subacute cough 
im Bereich der oberen Atemwege durch Makrolid-Antibiotika, die nach Abklin- Causes of acute and subacute cough /
eine Schleimhautschwellung kann mit gen der akuten exsudativen Phase keine diagnosis of acute cough by algorithms /
einem Kombinationspräparat aus dem Wirkung mehr auf Heilung und Husten medication of acute/subacute cough
α-Adrenergikum Pseudoephedrin und haben. Antitussiva können Linderung
→ Anschrift des Verfassers:
dem Antihistaminikum Triprolidin be- verschaffen. Prof. Dr. med. Heinrich Worth 
handelt werden. Bahnhofplatz 6
Postinfektiöser Husten D-90762 Fürth
Management des subakuten Hustens Der postinfektiöse Husten nach akutem E-Mail: h.worth49@gmail.com
Häufigste Ursachen des subakuten Hus- Infekt der oberen/unteren Atemwege
tens sind verzögert spontan ausheilende wird anhand einer sorgfältigen Anam-
Virusinfekte (ausgelöst durch Adenovi- nese und durch Ausschluss anderer Ur-
FAZIT FÜR DIE PRAXIS
ren, Respiratory Syncytial Virus, Influ- sachen diagnostiziert. Solche Patienten
enzavirus und Bordetella pertussis). mit persistierender Entzündung spre- 1. Die Einteilung des Hustens nach
chen im Gegensatz zu denen mit einer seiner Dauer in akuten, subakuten
Pertussis Pertussis-Infektion gut auf inhalative und chronischen Husten ist für eine
Neben der bei nicht geimpften Kindern Kortikosteroide (ICS) an. Es kann im zielgerichtete Diagnostik und Be-
handlung sinnvoll.
akuten fieberhaften Erkrankung mit Rahmen eines Infektes eine bronchiale
charakteristischem, anhaltendem Stak- Hyperreaktivität mit Triggerung des 2. Häufigste Ursache des akuten Hus-
kato-Husten kann auch bei Erwachse- Hustenreflexes entstehen. Dieser Husten tens sind virale Infekte der oberen
und unteren Atemwege, die i. d. R.
nen ohne und mit Impfung bei verloren spricht ebenfalls gut auf ICS an sowie
spontan abklingen und keiner Be-
gegangener Schutzwirkung der Impfung auf Beta-2-Sympathikomimetika [4]. handlung mit Antibiotika bedürfen.
eine Infektion mit Husten und Erbre- Montelukast hatte allerding keinen Ef-
3. Tritt akuter oder subakuter Husten
chen auftreten. Der Direktnachweis von fekt bei unselektionierten Patienten mit
zusammen mit Warnzeichen wie
B. pertussis auf der Agarplatte nach An- postinfektiösem Husten [5]. Hohe FeNO Hämoptoe, Atemnot u. a. auf, ist
husten gelingt bei der Erstuntersuchung (exspiratorische NO-Fraktion)-Werte eine sofortige Diagnostik der Ur-
nur selten. Die serologische Diagnostik sind ein Indikator für ein gutes Anspre- sache notwendig.
ist oft schwierig zu interpretieren. Eine chen auf ICS. ■

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Literatur
1. Morrell DC. Symptom interpretation in ge-
neral practice. J R Coll Gen Pract.
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2. Irwin RS, French CL, Chang AB et al. Classifi-
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Tools for assessing outcomes in studies of
chronic cough: Chest guideline and expert
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components of the diagnostic
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5. Wang K, Birring SS, Taylor K et al. Montelu-
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double-blind randomised placebo-cont-
rolled trial. The Lancet Respiratory Medicine
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