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Fall der Berliner Mauer: November 1989


Stefan Greschik

Der Fall der Berliner Mauer

"Tor auf! Tor auf!" Es ist der Abend des 9. November 1989, als Harald Jägers Welt
ins Wanken gerät. Wie an vielen Tagen zuvor bewacht der Offizier den Übergang
Bornholmer Straße in Berlin, der den Ost- vom Westteil der Stadt trennt. Doch
diesmal ist alles anders: Statt – wie sonst – respektvoll Abstand zu halten, stürmen
Menschen in Massen auf ihn zu, immer näher an den Schlagbaum heran, an dem Jäger
und weitere bewaffnete Grenzsoldaten stehen. Tausende Frauen und Männer drängen
sich und schreien durcheinander: „Endlich frei!“ – „Aufmachen! Aufmachen!“

Was Jäger zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Wenige Stunden zuvor hat ein hoher
Politiker der DDR verkündet, dass die Bürger Ostdeutschlands künftig in den Westen
reisen dürfen. 28 Jahre war das den meisten streng verboten. So lange waren die
DDR-Bürger hinter Mauern eingesperrt. Fast wie in einem Gefängnis. Wie kam es
dazu?

Der Mauerbau: Die Berliner Mauer wird zur unüberwindlichen Barriere

Springen wir zurück in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals teilen die
Siegermächte Deutschland in zwei Teile auf: Der Osten steht künftig unter den
Einfluss der Sowjetunion; ab 1949 heißt er Deutsche Demokratische Republik
(abgekürzt DDR). Der Westen (und Westberlin) wird zur Bundesrepublik
Deutschland (BRD). Die beiden deutschen Staaten stehen sich nun feindlich
gegenüber.

Viele Bürger sind mit dieser Trennung nicht einverstanden. Vor allem junge
Ostdeutsche möchten nicht in der DDR leben, wo immer dieselbe Partei die Macht hat
und der Staat fast alles regelt, sogar, welche Produkte in welcher Menge hergestellt
werden. Millionen fliehen in den Westen, wo man frei wählen darf und sich der Staat
weniger in die Wirtschaft einmischt. Die DDR droht zusammenzubrechen.

Schon 1954 wird die Flucht aus Ostdeutschland deshalb mit Gefängnis bestraft. 1961
entscheiden die Führer der Sowjetunion und der DDR: Wir schließen die Grenze zu
Westberlin!

Am 13. August 1961 beginnen Arbeiter, rund um den Westteil Berlins eine
Mauer zu errichten. Bis 1989 wird sie zu einer fast unüberwindlichen Barriere aus
Beton, Elektrozäunen und Wachtürmen. Auch die Grenze zu den westdeutschen
Bundesländern wie Hessen wird immer stärker gesichert.

Zwar gelingt einigen Wagemutigen dennoch die Flucht: Sie schweben mit
Heißluftballons über die Grenze oder buddeln in Berlin Tunnel unter der Mauer
hindurch. Doch viele werden bei Fluchtversuchen geschnappt und bestraft, etwa 300
Menschen auf der Flucht getötet.

Erst Ende der 1980er-Jahre än dert sich die Lage: In der Sowjetunion kommt Michail
Gorbatschow an die Macht. Und der möchte sich mit dem Westen versöhnen. Er
ermahnt auch die DDR-Regierung, ihre Politik zu ändern. Doch niemand ahnt, wie
schnell nun alles geht.

Der Mauerfall: Die berühmte Grenze fällt

Und dann, an jenem 9. November 1989, dürfen die DDR-Bürger plötzlich ausreisen!
In Berlin wollen Tausende das Wunder mit eigenen Augen sehen: Sie strömen auf die
Grenzübergänge zu. Was soll Jäger tun? Panisch telefoniert er mit seinen
Vorgesetzten. Doch die geben nur unklare Anweisungen. Und tauchen bald ganz ab.

„Aufmachen! Aufmachen!“ Immer heftiger bedrängt die Menge die Grenzsoldaten,


bis Jäger um 23.29 Uhr eigenmächtig beschließt, den Übergang Bornholmer Straße zu
öffnen. Jubelnd strömen die Menschen durch die offenen Tore. Noch in der Nacht
fallen andere Grenzübergänge, klettern Feiernde singend auf die Mauer oder schlagen
mit Hämmern darauf ein. Die bekannteste Barriere der Welt ist gefallen.

Ein prima Schutz

Eine Mauer, um ein Volk einzusperren? Lange hätten Menschen diese Idee wohl für
ziemlich schräg gehalten. Denn Jahrtausende dienen Mauern vor allem zum Schutz:
Sie sind für Angreifer schwer zu überwinden und lassen deren Geschosse abprallen,
während die Verteidiger dahinter Pfeile, Speere oder Steine auf die Feinde abfeuern
können.

Schon im Jahr 7000 vor Christus umgeben die Bewohner Jerichos im heutigen
Westjordanland ihre Stadt darum mit einer Steinmauer. Ein paar Jahrtausende später
kommen solche Sperren auch in Europa in Mode. Wobei die Steinwälle zu immer
raffinierteren Anlagen werden: mit Wehrgängen und -türmen, Zinnen, Schießscharten,
Gräben, Vormauern und vielem mehr. Gegen solche Bollwerke haben Feinde bei
Angriffen kaum eine Chance.

Manchmal schützen Mauern sogar ganze Reiche – etwa in China. Dort ziehen
Abertausende von Arbeitern Mauern über Berge und durch Wüsten, um Reiterhorden
aus der benachbarten Mongolei zu stoppen. Die chinesische Mauer ist bis heute das
größte Bauwerk der Welt.

Neben Chinesen sind auch die Römer Mauerfans: Im Norden der Provinz Britannia
bauen sie den Hadrianswall, um den Zugang von Fremden zu kontrollieren. Zudem
sichern sie günstige Stellen mit Burgen und Kastellen – etwa auf Bergen, wo sie
schwer anzugreifen sind. Diese Taktik übernehmen im Mittelalter viele
Rittergeschlechter.

Wälle gegen die Armut


Heute leben wir in einer Welt, die mehr und mehr zusammenrückt. Wir kaufen Kiwis
aus Neuseeland und fliegen in den Ferien in entfernte Länder. Eigentlich, sollte man
da denken, müssten Mauern doch langsam verschwinden. Doch Irrtum: Seit einigen
Jahren wachsen an vielen Orten neue Hindernisse empor. Sie sollen nicht Feinde
stoppen – sondern arme Menschen. Flüchtlinge, die ihre Heimat wegen Krieg,
Verfolgung oder Armut verlassen.

Doch kaum ein reiches Land möchte diese Menschen aufnehmen. In den USA plant
Präsident Donald Trump, an der Grenze zu Mexiko eine 3000 Kilometer lange Mauer
zu errichten, um so Menschen aus Mittelamerika den Weg in die USA zu versperren.

In Europa schotten sich Ungarn, Slowenien und weitere Länder mit Grenzzäunen ab.
Und auch um die spanische Stadt Melilla in Nordafrika zieht sich ein sieben Meter
hoher Zaun. Immer wieder stürmen junge Männer darauf zu und versuchen
darüberzuklettern – die reiche Welt vor Augen. Doch dahinter warten Polizisten, um
sie abzufangen.

Seit dem Fall der Berliner Mauer sind nun 30 Jahre vergangen. Doch die Welt ist
leider noch immer nicht frei geworden.

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