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Die Geschichte des Pflanzenschutzes ist wohl so alt wie die Geschichte des
Ackerbaus. Bereits in den Schriften der alten Römer und Griechen wird der
Einsatz von chemischen Substanzen zur Verbesserung der Erträge und zum
Schutz vor Schaderregern erwähnt. Schon in den Schriften Homers aus dem
achten Jahrhundert vor Christus, wird von der Verwendung gebrannten Schwefels
(SO2) als Pilzbekämpfungsmittel berichtet. Plinius der Ältere schlug im ersten
Jahrhundert vor Christus die Verwendung von Arsen als Insektizid und die
Saatgutbehandlung von Hülsenfrüchten mit Soda und Olivenöl vor.
In industriellen Maßstäben wurden anorganische Salze ab der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts eingeführt. 1867 wurde „Pariser Grün“ (Kupferarsenitacetat,
Cu(CH3COO)2 · 3 Cu(AsO2)2) und 1878 die Bordeaux-Brühe, eine Mischung aus
Kupfersulfat und Kalk, zur Bekämpfung des falschen Mehltaus im Weinbau,
eingeführt. 1913 erfolgte die Markteinführung von Methylquecksilber, die erste
quecksilberorganische Verbindung, in Deutschland.
Die erste organische Verbindung, die in großem Maße eingesetzt wurde, ist das
1892 von der, damals reinen Farbenfabrik, Bayer entwickelte Dinitro-o-Kresol
(DNOC), das anfangs zur Bekämpfung des Nonnenfalters im Waldbau eingesetzt
wurde. Seit 1932 ist DNOC in Frankreich und in kurzer Folge in vielen anderen
Ländern als selektives Getreideherbizid patentiert.
Seit Mitte der 30er Jahre des 20ten Jahrhunderts wurde die Entwicklung neuer
Wirkstoffe sehr viel systematischer und effizienter vorangetrieben. So folgte 1934
die Patentierung von Thiram (ein Dithiocarbamat) in den USA. 1939 wurde von
Paul Müller die insektizide Wirkung von DDT entdeckt. Zeitgleich wurden während
des zweiten Weltkrieges die ersten Organophosphorverbindungen in Deutschland
und unabhängig voneinander die ersten chlorierten Phenoxyessigsäuren in den
USA und in England entdeckt. 1945 folgte die Entwicklung der ersten Carbamate
in Großbritannien und die Einführung von Chlordan in den USA und in
Deutschland. 1948 wurde 2,4-D in Deutschland zugelassen, ein Herbizid, das
immer noch weltweit sehr große Bedeutung besitzt.
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
Viele dieser frühen Pflanzenschutzmittel besitzen aufgrund ihrer zum Teil sehr
hohen Toxizitäten heute keine Bedeutung mehr oder sind in vielen Ländern
verboten. Pflanzenschutzmittel der neuen Generationen werden meist sehr schnell
in der Umwelt abgebaut. So weisen beispielsweise die Insektizide der Pyrethroid-
Klasse wie Cypermethrin oder Deltamethrin Halbwertszeiten in Böden zwischen
einem und drei Tagen auf während die Halbwertszeiten für die meisten chlorierten
Kohlenwasserstoffe wie Chlordan, Endosulfan oder Dieldrin in Böden in der Regel
mindestens 50 Tagen beträgt (DOMBUSCH 1992). Außerdem wirken moderne
Pflanzenschutzmittel bereits in viel geringeren Dosierungen als es bei den
traditionellen Wirkstoffen der Fall ist. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) als zentrale Zulassungsbehörde für
Pflanzenschutzmittel empfiehlt beispielsweise für die Sulfonylharnstoff-Herbizide
Metsulfuron, Flupyrsulfuron oder Sulfosulfuron Aufwandmengen zwischen zwei
und zehn g/ha während beispielsweise für das Triazin-Herbizid Terbuthylazin 750
– 1000 g/ha empfohlen werden (BVL 2003).
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
3.2.1 Herbizide
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
Cl
HO O
N N
chlorierte Phenoxyessigsäuren H
(2,4-Dichlorphenoxyessigsäure) H N N N
H3C O O Triazine
(Atrazin)
N O
H
O N OH
H
Br Br
Dicarbamate
(Phenmedipham)
HOOC CCl3 CN
Phenolderivate
chlorierte Carbonsäuren (Bromoxynil)
(Trichloressigsäure)
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
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Chlorophyllmolekül O2 Chl
* Carotin
3.2.2 Insektizide
Nach ihrer Einwirkung auf die Insekten werden Insektizide in Fraß-, Atem- und
Berührungsgifte eingeteilt. Substanzen, die auf der Oberfläche der zu
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
Br O
H H CN
O
CH3 H
Pyrethroide
(Deltamethrin)
S
H
Cl C Cl
C2H5 O P O NO2
CCl3 O
chlorierte Kohlenwasserstoffe C2H5
(DDT)
Phosphorsäureester
O (Parathion)
CH3
H
CH3S C N O N
H
CH3
CH3 Carbamate
(Aldicarb)
Die Einteilung der Insektizide erfolgt nach ihrem chemischen Aufbau. Heute nicht
mehr im Einsatz befinden sich die anorganischen Substanzen wie Quecksilber-
und Arsenverbindungen u.ä.. Neben den anorganischen Verbindungen besaßen
bis zur Entwicklung von DDT die Insektizide pflanzlicher Herkunft wie Nicotin und
Pyrethrum eine große Bedeutung.
Ihr Marktanteil geht seit der Einführung synthetischer Insektizide jedoch
kontinuierlich zurück. Lediglich Pyrethrum besitzt heute noch eine gewisse
Bedeutung. Sehr große Bedeutung besitzen hingegen die synthetischen Analoga
des Pyrethrums, die sogenannten Pyrethroide, wie Deltamthrin und Permethrin.
Zur Klasse der chlorierten Kohlenwasserstoffe mit insektizider Wirkung zählen die
bekannten Verbindungen wie Endosulfan, DDT und Lindan. Des weiteren werden
die Organophosphorverbindungen wie z.B. Parathion-ethyl (E 605) und
Chlorpyrivos und die Carbamate, wie Aldicarb oder Carbofuran den Insektiziden
zugerechnet.
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
3.2.3 Fungizide
Wie bei den Insektiziden unterscheidet man auch bei den Fungiziden zwischen
protektiven und systemischen Wirkstoffen.
CH3 Cl
OH
COOCH3
Sn
(CH2)3
NH Cl
Cl
NH
O
N N
O CH2 zinnorganische Verbindungen
(Fentinhydroxid)
CH2
H3C
(CH2)2 N O
Benzimidazole
(Benomyl) N H
N O C
Cl
O
C(CH3)3
Cl
OH N
Imidazole
N
Cl (Prochloraz)
N
Triazole
O
(Triadimefon)
N N
N C S
H
Pyrimidine
(Fenarimol)
H3C O
Carbonsäureamide
(Carboxin)
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
3.3.1 Run-Off
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
Auf kleinen Versuchsflächen von etwa 7 m2 wurden hingegen Verluste durch run-
off bis 17% für Isoproturon und Dichlorprop-p und sogar bis 22% für Bifenox
bestimmt (KLÖPPEL 1994). SCHNEIDER ET AL. (1997) führen diese, in Abhängigkeit
von der Größe der Versuchsfläche, unterschiedlichen Befunde auf die Möglichkeit
der Re-Adsorption und Re-Sedimentation gelöster und partikelgebundener
Teilchen in realitätsnahen Flächengrößen zurück.
3.3.2 Leaching
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
3.3.3 Spraydrift
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
Verdampfen von der Bodenoberfläche spielt vor allem während der ersten 24
Stunden eine bedeutende Rolle (KLÖPPEL 1997). Die Verdampfung hängt natürlich
sehr stark vom Dampfdruck der Substanz ab. So wurde für die flüchtigen
Substanzen Parathion-Ethyl, Endosulfan, Fenpropimorph, Lindan und Trifluralin
unter definierten Bedingungen in Gewächshausexperimenten gute Korrelationen
zwischen den Dampfdrücken der Wirkstoffe und ihrer Verflüchtigung von Böden
ermittelt. Die
75%
Verflüchtigungsraten
Verlust in % der Applikationsmenge
Trifluralin
variieren für diese
Substanzen zwischen 5 50%
Lindan
Dampfdruck der
Abbildung 6: Verluste verschiedener Substanzen durch
untersuchten Substanz
Verdampfung von einer Bodenoberfläche in Abhängigkeit vom
ist. Gute Korrelationen
Dampfdruck nach RÜDEL (1997)
lassen sich jedoch
ausschließlich bei Untersuchungen unter kontrollierten Bedingungen finden. So
bestimmte STORK (1994) für Parathion-Methyl 73% Verdampfung innerhalb von 6
Tagen. Substanzen, die einen deutlich niedrigeren Dampfdruck aufweisen,
verdampfen in geringerem Maße von Böden und Pflanzenoberflächen. Isoproturon
(Dampfdruck < 1 mPa) zeigte in einem Windkanal-Experiment
Verflüchtigungsraten von Böden von weniger als einem Prozent innerhalb der
ersten 24 Stunden (KUBIAK 1993). Auch für Terbuthylazin (Dampfdruck 0.15 mPa)
und Pendimethalin (Dampfdruck 15 mPa) wurde lediglich ein Verlust durch
Verdampfung von 0.4 bis 0.6 bzw. 1.8 bis 2.0 Prozent der Applikationsmenge
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Pflanzenschutzmittel – Anwendung, Wirkung und Verbleib in der Umwelt
Für die Aufnahme von 2,4-D in die Blätter einer Ficus-Pflanze wurde
beispielsweise eine Diffusionsgeschwindigkeit von 1x10-10 m/sec bestimmt
(SCHÖNHERR 1989). Substanzen, die trocken oder feucht auf der Blattoberfläche
deponiert werden diffundieren also nur sehr langsam in das Blattinnere. Durch
höhere Windgeschwindigkeiten zwischen den Blättern als auf dem Boden und
den, zwischen den Pflanzen entstehenden Turbulenzen verdampfen die
Substanzen besser von Blattoberflächen als von Böden (RÜDEL 1997). In der von
RÜDEL durchgeführten Untersuchung wurden jedoch ausschließlich Substanzen
untersucht, die Dampfdrücke zwischen 2x10-4 und 1,4x10-2 Pa aufweisen,
wohingegen die meisten Herbizide Dampfdrücke zwischen 1x10-7 und 1x10-5 Pa
aufweisen. In einer Untersuchung, die die Verflüchtigung von Substanzen deutlich
unterschiedlicher Dampfdrücke untersuchten, wurde tatsächlich festgestellt, dass
das Herbizid Diflufenican (Dampfdruck: 3x10-5 Pa) während des
Untersuchungszeitraumes von 14 Tagen nur zu 0.1 % der applizierten Menge in
der Gasphase gefunden werden konnte während Parathion-Methyl (Dampfdruck:
1x10-3 Pa) zu 73 % verdampfte (STORK 1994).
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