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Leviathan Oder Lucifer Reinhart Kosellecks 'Kritik Und Krise' Revisited
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Religions- und Geistesgeschichte
4 Vgl. Helmut Kuhn, Rez. zu Koselleck, Kritik und Krise, in: HZ 192, 1961, S. 666
668, hier S. 668.
5 Vgl. Rolf Wiggershaus, Die Frankfurter Schule. Geschichte - Theoretische Ent
wicklung - Politische Bedeutung, Frankfurt/M. 1988, S. 367.
6 Vgl. Rudolf Vierhaus, „Laudatio auf Reinhart Koselleck", in: HZ 251, 1990, S.
529-538, insb. S. 532f.
7 Vgl. Hans Tietgens, „Der Ursprung der Soziologie", in: NPL 5,1960, S. 418-424,
insb. S. 418.
■ Vgl. Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen, Berlin 1932, ND 1963, S. 53, S.
65ff.
' In neuester Zeit ist es etwa Bernhard Willms, der jene harte, wirklichkeitsgerechte
„Wahrheit der faktisch realisierten Ordnung", wie sie im „Reich des Leviathan" sich
realisiere, gegen die nach wie vorals pseudo-politisch definierte Kritik aus der 'Gesellschaft'
verteidigt; vgl. Bernhard Willms, Thomas Hobbes. Das Reich des Leviathan, München
1987; dazu auch die kritische Rezension von Wolfgang Huber in: Merkur 42, 1988, S.
320-324.
10 Vgl. Helmut Kuhn, Rez. zu Koselleck (wie Anm. 4), S. 668.
11 Bezeichnenderweise ordnet Peter Pütz, Die deutsche Aufklärung (wie Anm. 1), S.
166, Kosellecks Studie als sozialgeschichtlichen Beitrag zur Geschichte der Aufklärung
ein, was die grundlegend geschichtsphilosophisch-kulturpessimistische Dimension die
ser Arbeit zwar verfehlt, gleichzeitig jedoch verdeutlicht, als wie bahnbrechend gerade
die sozialhistorischen Komponenten der Studie Kosellecks im Sinne einer 'Sozial
geschichte der Ideen' gewertet wurden.
12 Vgl. Konrad Engelbert Oelsner, Lucifer oder Gereinigte Beiträge zur Geschichte
der Französischen Revolution, 1797-1799; der Girondist Oelsner hat mit der Bezeich
nung der Revolution als 'Lucifer' treffend den Doppelcharakter der Erleuchtung und des
Terrors skizziert.
13 Im folgenden werden die sich auf 'Kritik und Krise' beziehenden Nachweise der
Übersichtlichkeit halber dem Text in eckigen Klammem beigefügt; zitiert wird nach der
Frankfurter Taschenbuchausgabe von 1973, die 1989 neu aufgelegt wurde.
14 Vgl. Reinhard Koselleck, „Standortbindung und Zeitlichkeit. Ein Beitrag zur
historiographischen Erschließung der geschichtlichen Welt", in: ders., Vergangene
Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt/M. 41985, S. 176-207, hier S.
207.
15 Koselleck ist von der Tragfähigkeit dieser Methode, der eine recht eigenwillige
Adaption der Französischen Strukturgeschichte zugrunde liegt, allerdings nach wie vor
überzeugt; vgl. etwa: ders., „Wie neu ist die Neuzeit?", in: HZ 251, 1990, S. 539-553,
insb. S. 550ff.
16 Vgl. Leonhard Bauer/Herbert Matis, Geburt der Neuzeit. Vom Feudalsystem zur
Marktgesellschaft, München 21989, S. 199, S. 206; Emst Hinrichs, „Die Voraussetzun
gen gesellschaftlicher Stabilität im Absolutismus", in: ders., Ancien Regime und
Revolution. Studien zur Verfassungsgeschichte Frankreichs zwischen 1589 und 1789,
Frankfurt/M. 1989, S. 63-80, insb. S. 78f.; Perry Anderson, Die Entstehung des
absolutistischen Staates, Frankfurt/M. 1979, S. 122.
17 Die Fürsten verhinderten eher die politischen Auswirkungen dieser freien Gewissens
entscheidung für ihren Staat; eine abweichende Gewissensentscheidung blieb weiterhin
mögl ich, nur konnte man dann nicht mehr Untertan des betreffenden Fürsten bleiben und
halte dessen Machtbereich zu verlassen.
" Vgl. Günter Barudio, Das Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung 1648
1779, Frankfurt/M. 1981, S. 386.
19 Vgl. ebd., S. 385, unter direkter Bezugnahme auf Koselleck.
20 Vgl. ebd., S. 205ff.; einen Gesamtüberblick für Deutschland bietet: Hans-Ulrich
Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 1: 1700-1815, München 21989, S. 218
230.
21 Vgl. etwa: Horst Günther, Freiheit, Herrschaft und Geschichte. Semantik der
historisch-politischen Welt, Frankfurt/M. 1979, S. 144; Hobbes' 'Leviathan' wurde in
den Niederlanden des Oranier-Absolutismus gar verboten: vgl. Günter Barudio, Das
Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung 1648-1779 (wie Anm. 18), S. 347f.
Schuld an dieser Katastrophe ist jedoch für Koselleck nicht der, der
diese Lücke in der absolutistischen 'Mauer' ließ, sondern jener, der
durch diese Bresche geschlüpft sei: „Die Aufklärung nimmt ihren Siegeszug
im gleichen Maße, als sie den privaten Innenraum zur Öffentlichkeit
ausweitet. Ohne sich ihres privaten Charakters zu begeben, wird die
Öffentlichkeit zum Forum der Gesellschaft, die den gesamten Staat
durchsetzt." [41] Weniger der damit einsetzende Prozeß einer
lutismus", in: ders.. Ancien Regime und Revolution. Studien zur Verfassungsgeschichte
Frankreichs zwischen 1589 und 1789, Frankfurt/M. 1989, S. 63-80, hier S. 65.
30 Vgl. Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit (wie Anm. 26), S. 44,
S. 51, unter direktem Rückgriff auf Thesen C. Schmitts und R. Kosellecks.
31 Vgl. Richard van Dülmen, Die Gesellschaft der Aufklärer. Zur bürgerlichen
Emanzipation und aufklärerischen Kultur in Deutschland, Frankfurt/M. 1986, S. 182.
32 Vgl. Klaus Eder, Geschichte als Lernprozeß? Zur Pathogenese politischer Modernität
in Deutschland, Frankfurt/M. 1991, S. 156.
33 Vgl. Hans-Ulrich Thamer, „Die Republik der Gebildeten" (wie Anm. 22), S. 129.
34 Vgl. Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte (wie Anm. 20), S.
324.
35 Vgl. Klaus Eder, Geschichte als Lernprozeß? (wie Anm. 32), S. 165.
der Humanität, der an seine Stelle tritt, dem Kritiker, der wie Gott
Jüngsten Tage das Universum seinen Richtsprüchen unterwer
können glaubt" [98]. Die anmaßende Hypokrisie habe erst dann ei
gefunden, als nicht nur der König, sondern auch der hypokri
Kritiker der Guillotine unterworfen worden sei [101]. Ein
klammheimliche Freude über die Revolution, die endlich auch ihre
Kinder fraß, muß sich artikulieren.
Doch soll hier nicht erneut Kosellecks offenkundige Parteinahme für
die in seinen Augen einzig 'politische' Seite jenes Dualismus zur
Sprache kommen, deren höchsteigene 'Usurpationsgeschichte' der Bre
chung des 'alten Rechts' von vornherein gerechtfertigt erscheint. Viel
mehr muß auf eine bemerkenswerte logische Inkonsequenz hingewiesen
werden: Immer wieder trifft man bei Koselleck auf eine spezifisch
moralische Ab-Qualifizierung der Aufklärung. Doch aufgrund welcher
Kriterien wird der Angriff auf den absoluten Monarchen als Schuld,
Selbstgerechtigkeit, Hypokrisie, Unrecht oder Usurpation gewertet?
Hobbes kann hierfür jedenfalls nicht herangezogen werden, denn für den
Fall, daß ein Staat „durch innere Empörung zerstört" würde, sind in
seinen Augen nicht die Empörer, sondern klar die Lenker des Staates
selbst schuldig (Leviathan, XXIX). Und wenn Kosellecks These zuträfe,
daß die Aufklärung unbewußt, der 'Heterogonie der Zwecke' unterlie
gend, ihre eigene politische Rolle auch vor sich selbst verbergend die
Revolution herbeigeführt hätte - welchen Sinn und welche Berechtigung
macht dann auf der anderen Seite ihre Beurteilung in moralischen
Kategorien von Unrecht und Schuld? Die Ironie ist unverkennbar:
gerade der Apologet der Autonomie des Politischen gegenüber dem
Totalitätsanspruch des Moralischen vermag seinen Schützling nur noch
dadurch zu verteidigen, daß er seinerseits mit den gleichen Mitteln zur
Gegenoffensive schreitet und die Aufklärung moralisch zu diskreditieren
sucht. Zu keinem Zeitpunkt wird die Frage reflektiert, ob dadurch der
bekämpfte, aber implizit bestätigte Anspruch des Moralischen nicht an
Einsichtigkeit gewinne. Auch verkennt der beredte Ankläger der
hypokritischen Grenzüberschreitung der Aufklärung das eigene
hypokritische Unrecht, das er mit der schematisierenden Verzerrung der
Aufklärung zum Zwecke ihrer 'Entlarvung' begeht.
39 Vgl. schon die Kritik bei Heinz Gollwitzer, Politische Ideengeschichte und
Historiographie, in: GWU 11, 1960, S. 303-310, insb. S. 304; auch Horst Möller,
Vernunft und Kritik. Deutsche Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert, Frankfurt/M.
1986, S. 306, betont, daß die deutsche Aufklärung „Reform, nicht aber Revolution"
wollte; dabei wurde die partielle Kooperation mit aufgeklärten Despoten häufig zum
grundlegenden Charakteristikum, wie auch Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschafts
geschichte (wie Anm. 20), S. 329ff. aufzeigt; zur sozialen Grundlage dieser Mäßigung:
Hans-Ulrich Thamer, „Die Republik der Gebildeten" (wie Anm. 22), S. 139.
40 Vgl. Michael Stürmer, „Die Suche nach dem Glück. Staatsvernunft und Utopie",
in: ders., Dissonanzen des Fortschritts. Essays über Geschichte und Politik in Deutsch
land, München/Zürich 1986, S. 21-50, insb. S. 24f„ S. 30f„ S. 37.
41 Vgl. Leo Strauss, Naturrecht und Geschichte, Frankfurt/M. 1977, S. 263.
42 Vgl. ebd.; ähnlich argumentierte Koselleck jüngst noch hinsichtlich des Krisen
bewußtseins Diderots; Reinhart Koselleck, „Wie neu ist die Neuzeit?" (wie Anm. 15),
S. 545ff.
43 Vgl. Albert Camus, Der Mensch in der Revolte. Philosophische Essays, Reinbek
bei Hamburg 1983, S. 93.
44 Vgl. Carl Schmitt, Verfassungslehre, Berlin 31957, S. 51.
45 Vgl. zu Tocqueville: François Furet, 1789 - Vom Ereignis zum Gegenstand der
Geschichtswissenschaft (wie Anm. 23), S. 148ff.
44 Vgl. Günter Barudio, Das Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung 1648
1779 (wie Anm. 18), S. 388.
47 Vgl. J.L. Talmon, Die Ursprünge der totalitären Demokratie, Köln/Opladen 1961,
S. 42; Ernst Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 61974;
ferner auch Carl Schmitts Deutung des sowjetischen Totalitarismus als Vollendung der
modernen Geschichte Europas; vgl. Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen (wie Anm.
8), S. 80.
44 Vgl. Iring Fetscher, Rousseaus politische Philosophie, Neuwied 1960, S. 259f.
49 Vgl François Furet, 1789 - Vom Ereignis zum Gegenstand der Geschichtswissen
schaft (wie Anm. 23), S. 43.
53 Vgl. Günter Barudio, Das Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung 1648
1779 (wie Anm. 18), S. 383.
54 Vgl. Odo Marquard, Schwierigkeiten mit der Geschichtsphilosophie, Frankfurt/
M. 1973, S. 19.
33 Vgl. Horst Möller, Vernunft und Kritik (wie Anm. 52), S. 306.
33 Michael Vovelle, Die Französische Revolution. Soziale Bewegung und Umbruch
der Mentalitäten, Frankfurt/M. 1985, S. 19.
normativer Begriff der Öffentlichkeit", in: ders., Die Moderne - ein unvollendetes
Projekt. Philosophisch-politische Aufsätze 1977-1990, Leipzig 1990, S. 180-212, hier
S. 200.
67 Vgl. das Zitat bei Jose Ortega y Gasset, Der Aufstand der Massen (wie Anm. 62),
S. 69.
68 Vgl. Jürgen Habermas, „Die Kulturkritik der Neokonservativen in den USA und
in der Bundesrepublik", in: ders.. Die Moderne (wie Anm. 66), S. 75-104, hier S. 102.
69 Vgl. Hans Tietgens, „Der Ursprung der Soziologie (wie Anm. 7), S. 421.