Sie sind auf Seite 1von 40

Das Steinkohlerevier an der Saar

Eine Zeitreise durch mehr als 250 Jahre Industrie- und Landesgeschichte
Titelbild
Ensdorf: Fördereinrichtungen
der Anlage Duhamel (1935).
Das Steinkohlerevier an der Saar

Von Delf Slotta, Saarbrücken

Saarbrücken 2011
Lebach-Falscheid:
Anlage Nordschacht,
Bergwerk Saar.

2
Inhalt

5 Das Steinkohlerevier an der Saar


Eine Zeitreise durch mehr als 250 Jahre Industrie- und Landesgeschichte

7 Anfänge des Steinkohlenbergbaus an der Saar

8 Verstaatlichung der Kohlengruben durch Fürst Wilhelm Heinrich zu Nassau-Saarbrücken

10 Wirtschaftlicher und sozialer Aufbruch in der Napoleonischen Ära

10 Preußische und Bayerische Bergverwaltung nach 1815 bis zum Ersten Weltkrieg

18 Zweite französische Verwaltungszeit – Mines Domaniales Françaises de la Sarre

19 Deutsche Verwaltung von 1935 bis 1945 durch die Saargruben AG

20 Nach dem Zweiten Weltkrieg unter alliierter Militärverwaltung

21 Régie des Mines de la Sarre und Saarbergwerke – Dritte französische Verwaltungszeit

22 Der Saarbergbau unter der Saarbergwerke AG

31 Deutsche Steinkohle AG bis zum Ende des Saarbergbaus

35 Literatur

3
Neunkirchen-Heinitz: Malakoff-
turm über Schacht III der Grube
Heinitz (1866).

4
Delf Slotta

Das Steinkohlerevier an der Saar

Eine Zeitreise durch mehr als 250 Jahre Industrie- und Landesgeschichte

König und Viktoria! Aber auch des Saarbergbaus. Schon dieses die die Geschicke in die eine oder
Brefeld, Camphausen, Dechen, Beispiel zeigt auf: Bergbauge- auch in die andere Richtung ge-
Gerhard, Heinitz, Itzenplitz, May- schichte und Bergbaukultur an lenkt haben. Der vielfache Besitz-
bach, Mellin, Reden, Serlo, Vel- der Saar sind auf der einen Seite und Eigentumswechsel hat somit
sen, Veltheim, Von der Heydt, stets geprägt und abhängig von auch in den Namen der Gruben-
Duhamel, Beaunier, Calmelet, technischen, ökonomischen und betriebe seinen Niederschlag ge-
Pascal oder Marcel Bertrand – gesellschaftspolitischen Kräften funden. An ihnen kann fast spie-
stolze Namen! Sie gehören be- und Strömungen gewesen. Be- gelbildlich abgelesen werden,
deutenden Persönlichkeiten aus sondere politische Veränderun- welche Kräfte zu welcher Zeit in
Politik, Administration und Berg- gen traten im Saarrevier hinzu. der Region bestimmend waren.
bau. Diese wurden namensge- Auf der anderen Seite waren – Doch Hand aufs Herz: Wer
bend für wichtige Grubenbetriebe und sind – es immer Menschen, kennt heute schon noch diese Na-

Harte Arbeit unter Tage mit Keilhaue (links) und Schippe. (ohne Angabe)

5
Saarbergmann (1947).
Menschen zum Bergbau ist im
Saarland noch immer, wenn auch
nicht immer offenkundig, vorhan-
den. Es waren schließlich Gene-
rationen von Bergleuten, die in
mensgeber? Wer weiß noch, den Gruben über Jahrhunderte
dass Friedrich Wilhelm Graf von hinweg unter schwersten Bedin-
Reden (1752-1815) preußischer gungen gearbeitet haben. In den
Staatsminister, Heinrich von De- Hochzeiten des Saarbergbaus,
chen (1800-1889) im Rang eines zum Beispiel in den Aufbaupha-
Oberberghauptmannes Direktor sen nach den beiden Weltkriegen,
des Oberbergamtes in Bonn und waren auf den Saargruben mehr
Graf Heinrich August von Itzen- als 60.000, kurzfristig sogar mehr
plitz (1799-1883) preußischer als 70.000 Menschen angelegt.
Handelsminister und oberster Lei- Rechnen wir die Familienangehö-
ter des Berg-, Hütten- und Sali- rigen und all diejenigen, die dem
nenwesens des preußischen Bergbau zulieferten oder von ihm
Staa­tes gewesen sind? Wir müs- abhängig waren, hinzu, wird
sen festhalten: Vieles an Wissen, nachvollziehbar, dass der Berg-
was die bergbauliche Vergangen- bau als „die“ Schlüsselindustrie
heit des Landes an der Saar an- und als „der“ Leitsektor der ge-
geht, ist bei den Menschen in Ver- samten Region galt. Entspre-
gessenheit geraten und mittler- chend war der Bergbau, der
weile nicht mehr Allgemeingut. „Staat im Staate“, im gesamten
Trotz alledem: der Bezug der Land wahrnehm- und spürbar.

Friedrichsthal-Maybach: Luftbild der Tagesanlagen der Grube Maybach (1950).

6
Darstellungen mit bergbaulicher denes, und zwar in Haltung und der heutigen Situation des Saar-
Symbolik fanden sich nicht nur in Handlung innerhalb einer be- landes und seiner Strukturen. Er
den Zentren des Steinkohlen- stimmten Gemeinschaft, beson- ist der Schlüssel zum Verständ-
bergbaus, also dem Saarkohlen- ders einer solchen, die geistige nis der Menschen, ihrer Wesens-
wald, im Ensdorfer Raum oder im und kulturelle Belange in den züge und ihrer Gewohnheiten.
Warndt. Schlägel und Eisen, die Vordergrund stellt und deren ein- Und er ist der Schlüssel, um dem
Symbole des Bergbaus, grüßten zelne Glieder bewusst oder un- Saarland und seinen Menschen
auch in solchen Orten, die weit bewusst am Herkömmlichen einen Weg und eine Perspektive
außerhalb des eigentlichen Koh- festhalten“. Der (Rück-)Blick in in eine hoffentlich erfolgreiche
leabbaugebietes lagen, von Häu- die Geschichte ist wieder einmal und lebenswerte Zukunft nach
serwänden herab. In den Sied- der Schlüssel zum Verständnis dem Bergbau zu weisen.
lungsbildern huldigen unzählige
Straßennamen bergbaulichen
Phäno­menen und Sachverhalten.
An den Hauptzufahrtsstraßen
sind Transportwagen und Seil- Anfänge des Steinkohlenbergbaus an der Saar
scheiben aufgestellt, in einigen
Orten sind regelrechte „Bergbau-
ecken“ entstanden. Und selbst in Der Bergbau auf Steinkohlen Neun­kirchen-Heinitz am Ried-
vielen Gemeindewappen hat hat im Land an der Saar auf Grund berg ansteht. Der historische Ab-
bergbauliches Motivgut Aufnah- der besonderen geologischen baubereich der „Heinitzer Kelten-
me gefunden. Auf Briefmarken Verhältnisse nachweislich sehr grub“ gilt als der bislang älteste
sind Fördertürme und Förderge- früh eingesetzt. Keltischer Berg- Nachweis für den Abbau von
rüste, untertägige Arbeitsvorgän- bau auf Steinkohlen aus dem Steinkohlen in Deutschland. Auch
ge wie Arbeiten mit dem Pickham- 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. ist die Kännelkohle-Ringe aus dem
mer oder aber Grubenpferde im durch eine Perle aus so genann- Grab der Ursula von Roden aus
Einsatz, abgebildet. Einige Apo- ter Kännelkohle, einer schnitzba- der Zeit des 3. Jahrhunderts n.
theken führen die Schutzheilige ren Steinkohle, die im Grab der Chr. konnten dem Flöz Tauen­t-
der Bergleute, die Heilige Barba- Keltenfürstin in Rubenheim als zien zugeordnet werden. Römi-
ra, im Namen. Grabbeigabe gefunden wurde, scher Bergbau auf Eisenstein und
Aus all dem lässt sich ablei- belegt. Diese Kännelkohle stammt andere Mineralien sind zudem
ten, dass der Bergbau in quasi al- nachweislich aus dem ausgehen- durch weitere Bodenfunde belegt,
le Bereiche des menschlichen den Flöz Tauentzien, das bei Reste von Steinkohlen fanden
(Zusammen-)Lebens eingewirkt
hat. Selbst in die Sprache hat der
Bergbau Eingang gefunden. Die
Saarkohle war das Fundament
für all jene kulturellen Phänome-
ne und Leistungen, die uns heu-
te wie selbstverständlich erschei-
nen. Der Bergbau ist somit unbe-
streitbar das, was sich als „die
Wurzel der saarländischen Ge-
samtkultur“ bezeichnen lässt.
„Kultur“ lässt sich definieren als
„die Gesamtheit der geistigen
und künstlerischen Lebensäuße-
rungen einer Gemeinschaft“.
Die­se bergmännisch geprägte
Kultur hat im Saarland mittlerwei-
le eine lange Tradition. Darunter
versteht der Duden „im Laufe der
Zeit (durch Generationen hin-
durch) Entwickeltes, Weiterge-
gebenes und auf diese Weise Völklingen: Nebeneinander von Landwirtschaft und Industrie – charakte-
herkömmlich und üblich Gewor- ristisch für das Saarland (um 1950).

7
sich unter anderem in römischen satz der Kohlen. Schmiede zähl- ser Zeit die Kohlengräberei in der
Wohnstätten von Saarbrücken, ten zu den ers­ten Abnehmern, Umgebung von Sulzbach. 1586
Brebach und Beckingen. später kamen die Eisenschmel- erließ Graf Philipp von Nassau-
Erste urkundliche Erwäh- zen und Glashütten hinzu. Und Saarbrücken eine erste Bergord-
nungen des Kohleabbaus im allmählich erlangte die saarländi- nung. Sie regelt die Begrenzung
Saarrevier entstammen dem sche Kohle auch überregionale der privaten Kohlengräbereien
14. und 15. Jahrhundert. Schwer- Bedeutung. Saarkohle wurde nun und enthält Bestimmungen über
punkte dieses „Frühen Berg- bereits über längere Entfernun- Kohlengewinnung und Kohlen-
baus“, der sich als oberflächen- gen mit Pferdefuhrwerken trans- verladung sowie Abgaben und
nahes Schürfen in Form des so portiert. Mit Lastkähnen ver- Strafen. In die gleiche Zeit fällt ei-
genannten „Wilden Kohlengra- schifft, erreichten die Steinkohlen ne Zunftordnung für die Kohlen-
bens am Flözausgehenden“ cha- aus dem Saar­becken saar- und gräber der Gemeinden Dudweiler
rakterisieren lässt, sind innerhalb moselabwärts bereits Trier und und Sulzbach. 1575 wird zum
des Saarkohlenwald-Reviers das Koblenz. Als Beleg für diesen re- ers­ten Mal die später wichtige
Sulzbachtal mit den Bergorten gen Handel gilt eine Erwähnung Grube Wellesweiler genannt, aus
Dudweiler und Sulzbach und der des bei St. Johann errichteten der die Zweibrücker Hofhaltung
Neunkircher Raum sowie die „Kohlrech“, der späteren „Kohl- ihre Kohlen bezog. Und im Jahre
„karbone“ Insel rund um die Orte waage“, aus dem Jahr 1608. Den 1602 wird der Kohlenbergbau in
Ensdorf, Griesborn und Schwal- größten Umfang erreichte zu die- St. Ing­bert erstmalig erwähnt.
bach. Die erste urkundliche Er-
wähnung der Steinkohle ent-
stammt dem Jahr 1357. Damals
untersagten die „Edelleute Fried-
rich und Simon von Saarbrük- Verstaatlichung der Kohlengruben durch
ken“ das Graben von Steinkoh- Fürst Wilhelm Heinrich zu Nassau-Saarbrücken
len auf dem Banne von Dudwei-
ler. Wichtigstes Dokument jener
Zeit ist aber ein Klosterbuch – Die Herrschaft Saarbrücken rechter Abbau, verbunden mit
das aus dem Jahr 1429 stam- hatte es schon früh verstanden, wirksamer Wasserlösung. Zudem
mende „Schöffenweistum zu durch Tausch und Kauf die be- übertrug Wilhelm Heinrich den
Neumünster“ bei Ottweiler. Die kannten Fundstätten von Stein- gesamten Kohlenhandel einem
Schöffen von Neumünster legen kohlen in ihren Besitz zu bringen, Hauptmann Quinn, setzte die
darin fest, dass die Steinkohlen, ein Faktum, das für die nunmehr fürstliche Rentkammer zu Saar-
die in der Umgebung gewonnen beginnende Entwicklung des brücken als oberste Bergbehörde
werden, dem Saarbrücker Gra- Saarbergbaus von entscheiden- fest, ließ eine Bestandsaufnahme
fen gehören und ohne dessen Er- der Bedeutung werden sollte. der vorhandenen Gruben durch-
laubnis nicht abgebaut werden Fürst Wilhelm Heinrich zu Nas- führen, führte die Kohle allgemein
dürfen. sau-Saarbrücken vollzog im Jahr als Hausbrand ein und siedelte
Die Bauern, die am Ausge- 1751 die „Einziehung“ der Stein- neue Industrie­werke wie Glashüt-
henden der Flöze nach Kohlen kohlengruben. Von diesem Zeit- ten, Eisenwerke und die Saarbrü-
gruben, benötigten also eine lan- punkt an steht der Saarbergbau cker Rußhütte an. Durch Verord-
desherrliche Genehmigung und im Wesentlichen ständig unter nung des Fürsten Ludwig von
mussten hierfür den „Grubengült“ einheitlicher Leitung im Staatsbe- Nassau-Saarbrücken wird im
als Abgabe entrichten, was meist sitz – ein Umstand, der ihm sein Jahr 1769 eine „Bruderbüchse“
dem achten Teil der Förderung von allen anderen Bergbaurevie- für die Bergleute sämtlicher lan-
entsprach. Die Kohle aus diesen ren des Kontinents unterschiedli- desherrlicher Gruben eingerich-
Bauerngruben wurde vorwiegend ches, ureigenes und unverkenn- tet, die freie Kur und Arznei sowie
zum Kalkbrennen und somit zur bares Gepräge verliehen hat. Mit Krankengeld und etwa weitere
Düngung der Felder benutzt. Erst der im Jahr 1754 durchgeführten nötige Unterstützungen gewähr-
nach und nach löste die Stein- „Allgemeinen Reservation“ der te. Die Bruderbüchse gilt als die
kohle Holz als Hausbrand ab. Steinkohlengruben und Abbaufel- Vorläuferinstitution des „Saarbrü-
Waren die gewonnenen Kohlen der wird die systematische, wirt- cker Knapp­schaftsvereins“.
zunächst ausschließlich zum schaftliche und rationelle Kohlen- Seit dem 19. Juli 1766 wurden
bäuerlichen Selbstverbrauch be- gewinnung an der Saar eingelei- alle auf herrschaftlichem Gebiet
stimmt, entwickelte sich nach und tet. An die Stelle der planlosen liegenden Kohlengruben auf fürst-
nach auch ein regelrechter Ab- Kohlengräberei tritt ein kunstge- liche Rechnung geführt – zum da-
8
Saarbrücken-Dudweiler und Sulzbach: „Klamme“ auf dem „Brennenden Berg“ (2010).

maligen Zeitpunkt bestanden Gru- len aus dem Berg ab, wodurch kohle förderten. Der Ertrag der
ben in Schwalbach, Stangenmüh- aber das Vordringen des Berg- Steinkohlenwirtschaft blieb in die-
le, Klarenthal, Gersweiler, Rußhüt- baus in größere Tiefen unmöglich ser Phase jedoch gering und er-
te, Jägersfreude, Friedrichsthal, war. Erste Ansätze zum eigentli- brachte nicht die erhofften und an-
Schiffweiler, Wellesweiler, Dud- chen Tiefbau waren in den 60er- gestrebten Verbesserungen für
weiler, Sulzbach und Burbach. und 70er-Jahren des 18. Jahrhun- den fürstlichen Staatshaushalt.
Nach einem Bericht des Bergin- derts in Schwalbach und Gries- Dass der hiesige Bergbau jedoch
spektors Jakobi waren diese Gru- born vorgenommen worden, als bereits einen hohen Bekanntheits-
ben allesamt Stollenbetriebe, die man erstmals versuchte, Pumpen grad erreicht hatte, belegt der
im Flöz ansteigend in den Berg hi- zur Hebung der Wässer einzuset- Saar-Besuch von Johann Wolf-
neingetrieben wurden. Allein die zen: Nach einer Beschreibung der gang von Goethe im Jahr 1770. In
neu angelegte Grube bei der Dud- Jahre 1803/04 soll dort schon im „Dichtung und Wahrheit“, Band X,
weiler Alaunhütte arbeitete erst- Jahre 1773 (oder 1778) eine führt der wohl bekannteste Tourist,
malig mit einem tiefen Stollen, von „pomp à feu“, sprich eine mit der das Land an der Saar je bereist
dem aus die Flöze mit einem Quer- Dampfkraft angetriebene Pumpe, hat, unter anderem aus: „... Hier
schlag aufgeschlossen wurden. im Einsatz gewesen sein. wurde ich nun eigentlich in das In-
Es wurde bereits geschossen, 1773 standen 45 Stollen mit teresse der Berggegenden einge-
sonst verwendete man als Gezähe insgesamt 141 Bergleuten in För- weiht, und die Lust zu ökonomi-
vor allem Schlägel und Eisen. Der derung. An der Spitze der Nassau- schen und technischen Betrach-
Ausbau der schmalen und wenig Saarbrücker Gruben stand die tungen, welche mich einen großen
hohen Strecken erfolgte in Holz, Grube Wellesweiler mit einer Be- Teil meines Lebens beschäftigt ha-
als Geleucht benutzte man offene legschaft von 32 Mann, die sich ben, zuerst erregt. Wir hörten von
Öllampen und zur Förderung zu- auf vier Stollen verteilten. Die Ge- den reichen Dudweiler Steinkoh-
erst kleine Holzschlitten, später samtförderung im Revier betrug in lengruben, von Eisen- und Alaun-
Loren, so genannte „Hunde“. In diesem Jahr 21.000 Tonnen. Im werken, ja sogar von einem bren-
der Regel führte man die Gruben- Jahr 1790 waren bereits 270 Berg- nenden Berge, und rüs­teten uns,
wässer mit Hilfe von Wasserlö- leute auf den staatlichen Gruben diese Wunder in der Nähe zu be-
sungsstollen in Höhe der Talsoh- angelegt, die 50.000 Tonnen Stein- schauen ...“
9
Wirtschaftlicher und sozialer Aufbruch gend verlaufenden Pachtzeit
übernahm er im Jahr 1808 selbst
in der Napoleonischen Ära wieder die Gruben und betrieb sie
auf fiskalische Rechnung. 1813
war die Zahl der Bergleute schon
auf 693 angestiegen, die eine
Jahresförderung von 83.000 Ton-
nen Steinkohle erbrachten.
Besondere Bedeutung er-
langte in dieser Zeit die Eisenhüt-
te Geislautern. Napoleon selbst
hatte den Auftrag erteilt, der Hüt-
te eine praktische Berg- und Hüt-
tenschule zur Ausbildung von In-
genieuren anzugliedern. Ein Aka-
demiegebäude und Beamten-
wohnungen wurden errichtet.
Zum Direktor der Schule wurde
der Ingenieur Jean-Baptiste Guil-
lot Duhamel ernannt. Unter an-
derem erhielt die Geislauterner
Einrichtung den Auftrag, die Koh-
Saarkohlen-Atlas: Karte mit Abbildung der Industrieagglomeration Geis- levorkommen an der Saar karto-
lautern (1810).
grafisch festzuhalten. Im Jahr
1810 hatten die Ingenieurgeodä-
Die Eroberung des linken 1792 zunächst als staatliche Re- ten Beaunier und Calmelet das
Rheinufers und seine Eingliede- giebetriebe geführt und einer „Di- Werk vollendet: der Saarkohlen-
rung in den französischen Staats- rection Générale“ unterstellt wa- atlas, die erste flächendeckende
verband beseitigten die vorheri- ren, die Gruben des Saarreviers Erfassung der industriellen Struk-
gen fürstlichen Kleinwirtschaften. von 1797 bis 1807 an die Compag­ turen in der Saarre­gion, lag nun-
Das Land an der Saar wurde wirt- nie Equer verpachtet. Lediglich mehr vor. Der Atlas wurde in den
schaftlich fest mit Frank­reich ver- die Privatgrube Hostenbach, die Folgejahren zur Grundlage der
bunden, die Handelsbezieh­ungen von dem Gewerken Villeroy und systematischen Erschließung
zum rechtsrheinischen Deutsch- drei anderen Unternehmern be- der saarländischen Steinkohlen-
land wurden hingegen weitestge- trieben wurde, und die Grube lagerstätte. Außerdem wurden in
hend abgetrennt. Während der Bauernwald verblieben in Privat- Geislautern Versuche zur Eisen-
Zugehörigkeit zu Frankreich ent- besitz. Nach Ablauf der für den verhüttung mit Steinkohle durch-
faltete sich das gesellschaftliche französischen Staat unbefriedi- geführt.
Leben und die Aufhebung der
Leibeigenschaft und der Zünfte
führten zu Gleichheit und persön-
licher Freizügigkeit der nun fran-
zösischen Bürger an der Saar. Preußische und Bayerische Bergverwaltung
Dank der erworbenen Frei- nach 1815 bis zum Ersten Weltkrieg
heiten erblühte die Wirtschaft in
der Gegend um Saarbrücken. Es
kam zu einem sichtbaren Auf- Mit der Zuordnung der Saar- brochen. Auch die extreme Rand-
schwung in den Zweigen, die mili- gegend nach dem Zweiten Pari- lage zu Deutschland und die un-
tärisches Material produzierten. ser Frieden 1815 zu vier deut- günstigen Verkehrsverhältnisse
Durch die anhaltenden Kriege schen Staaten zerteilten die Sie- führten in den folgenden zwei
Frankreichs um die Vorherrschaft germächte aufs erste die gerade Jahrzehnten zu schweren wirt-
in Europa prosperierten die Ei- gewonnene politische und wirt- schaftlichen Rückschlägen, zu-
senhütten und der Handel, der schaftliche Einheit. Ein Teil der mal sich die beiden wesentlichen
Steinkohlenbergbau hingegen Rohstoffquellen versiegte, Ab- Partizipanten am Saarrevier,
stagnierte. Frankreich hatte, satzmärkte und Handelsbezie- Preußen und Bayern, anfangs
nachdem die Bergwerke nach hungen waren schlagartig unter- ebenfalls durch Zölle gegenein-
10
ander abschirmten. Im Einzelnen die Preußische Bergschule Saar- tungsmaschine und 1829 eine
war der größte Teil des Saarkoh- brücken gegründet. Bis zum Be- acht PS starke Fördermaschine.
lengebietes mit den 12 Saargru- ginn der 1850er-Jahre wurden die Eine Reihe wichtiger und langer
ben Dudweiler-Sulzbach, Jägers- vielen kleinen Bergwerke betrieb- Stollen wurde aufgefahren, so
freude, Rußhütte, Gersweiler, lich zu größeren Einheiten zu- beispielsweise der Tiefe Stollen
Geislautern, Schwalbach, Ritten- sammengefasst und die privaten (Gersweiler, 1816), der Palm-
hofen, Güchenbach, Wahlschied, Gruben mit Ausnahme der Grube baum-Stollen (Wellesweiler,
Illingen, Kohlwald und Welleswei- Hostenbach eingezogen. Abbau 1816), der Carolinen-Stollen
ler an Preußen gefallen, der klei- und Förderung erfuhren wesentli- (Dudweiler, 1820), der Gerhard-
nere Teil mit den Gruben St. Ing- che Verbesserungen, das Stra- Stollen (Bauernwald, 1821), der
bert und Mittelbexbach war dem ßennetz wurde erweitert. Ein Friedrich-Wilhelm-Stollen (Neun-
Königreich Bayern zugeschlagen spektakuläres Vorhaben war der kirchen, 1821) oder der Venitz-
worden. Bau einer Bahnlinie im From- Stollen (Sulzbach, 1826). Neben
In der Folge ließ der Preußi- mersbachtal, die den Transport der Verbesserung des Grubenbe-
sche Staat durch Oberbergrat der Kohlen der Grube Bauern- triebes verstärkte die preußische
Graf von Beust eine umfangrei- wald nach Luisenthal zur Kohlen- Administration die Bemühungen
che Bestandsaufnahme aller Gru- niederlage an der Saar ermögli- um einen größeren Absatz und ei-
ben durchführen. Zugleich errich- chen sollte (1817/21). Dieser ne Ausweitung des Absatzgebie-
tete man am 8. Dezember 1815 „Traum vom Fahren“ auf dem so tes: Von 1835 bis 1850 erhöhte
eine „Königliche Bergamts-Com- genannten „Friederiken-Schie- sich die Förderung etwa um das
mission zu Saarbrücken“ als eine nenweg“ scheiterte jedoch. Vor al- Dreifache von etwa 232.000 Ton-
dem Königlichen Oberbergamt lem begann der preußische Berg- nen auf nahezu 636.000 Tonnen.
Bonn unterstellte und verantwort- fiskus damit, in größerem Umfang Im gleichen Zeitraum stiegen die
liche Behörde, die ein Jahr später Dampfmaschinen einzusetzen: Belegschaftszahlen der Gruben
in ein Königliches Bergamt umge- 1828 erhielt die Grube Kronprinz Jägersfreude, Prinz Wilhelm
wandelt wurde. Zeitgleich wurde eine 20 PS starke Wasserhal- (Gersweiler), Gerhard, Geislau-

Neunkirchen-Dechen: Liegende Zwillings-Dampffördermaschine am Schacht I der Grube Dechen (1919).

11
Neunkirchen-Heinitz: Preußische Bergbeamte vor dem 1847 angehauenen Heinitz-Stollen (um 1860).

tern, Sulzbach-Dudweiler, Sulz- bahnabsatz. 1850 kam noch der schaft zutrifft. Gleichwohl befand
bach-Altenwald, Kronprinz Fried- Von-der-Heydt-Stollen im östli- sich die Industrialisierung der Re-
rich Wilhelm (Schwalbach, Hirtel, chen Feld der Grube Gerhard hin- gion bereits in vollem Gange. Ei-
Dilsburg), Merchweiler, Quier- zu. Seit 1833 machte auch der ne wichtige Grundlage für diese
schied, Königsgrube, Fried- Übergang zum Tiefbau erhebliche Entwicklung hatte der Deutsche
richsthal und Wellesweiler von Fortschritte: 1838 erreichte die Zollverein geschaffen. Er öffnete
1.383 auf 4.580 Bergleute. Im Grube Geislautern die 1. Tiefbau- einen weiten, zusammenhängen-
gleichen Zeitraum kamen für die sohle, 1842 teufte man die den Binnenmarkt, der Investitio-
weitere Entwicklung wichtige und Schwalbacher Schächte unter die nen mehr denn je lohnenswert er-
ausgedehnte Stollenbetriebe zur Sohle des Ensdorfer Stollens ab, scheinen ließ. Diese wirtschaftli-
Ausführung. 1833 eröffnete man ein Jahr später wurde der Gegen- che Neuordnung überschnitt sich
die Arbeiten am Ensdorfer Stollen ortschacht in Dudweiler als Ge- mit einer Revolution auf dem Ver-
für die Grube Kronprinz bei genort zum Betrieb des 1830 an- kehrssektor. Die Eisenbahn redu-
Schwalbach, 1837 schlug man gehauenen Tiefen Saarstollens zierte den Zeitaufwand zur Über-
den Veltheim-Stollen bei Lui- und als erster Tiefbauschacht im brückung von Distanzen durch-
senthal zur tieferen Aufschlie- Sulzbachtal begonnen, 1844 schnittlich um den Faktor zehn.
ßung der Grube Gerhard an, 1840 setzten die Arbeiten am Wilhelm- Gleichzeitig steigerte sie die
den Flottwell-Stollen für die Grube Schacht I der Königsgrube, 1847 Transportkapazität in Dimensio-
Altenwald und den Bodel- am Reden-Schacht und 1849/50 nen, welche die Vorstellungskraft
schwingh-Stollen für die Grube an den beiden Scalley-Schächten der Zeitgenossen sprengte. Deut-
Merchweiler, 1844 den Dilsburger der Grube Dudweiler ein. scher Zollverein und Eisenbahn
Stollen, 1846 den Reden-Stollen Die Saarwirtschaft war am trieben die Industrialisierung also
bei Landsweiler und 1847 den Vorabend der Reichsgründung entscheidend voran; dies galt ins-
Heinitz-Stollen als neuen Förder- noch weitgehend agrarisch ge- besondere für die Saargegend,
punkt im Felde der Königsgrube prägt, ein Befund, der übrigens milderten sie die bekannten
für den zu erwartenden Eisen- auf die gesamte deutsche Wirt- Standortnachteile, resultierend
12
aus der politischen Randlage und cken-Trier-Luxemburger Bahn schicht an der Saar sank aller-
den geographischen Gegeben- (Saar-Bahn) bis 1860 brachte den dings nicht auf die Stufe des an-
heiten, doch beträchtlich. Einen Anschluss der Gruben Gerhard dernorts nachweisbaren Indus­
besonderen Aufschwung erfuhr und Kronprinz mit sich, und die trieproletariats ab. In der Nähe
der Bergbau durch den Bau der Eröffnung der Rhein-Nahe-Bahn der Produktionsstätten erbauten
das Grubengebiet durchschnei- (Neunkirchen-Bingerbrück) er- die Zuwanderer neue Dörfer und
denden Saarbrücker Eisenbahn möglichte den Transport von vergrößerten vorhandene. Das
in den Jahren 1848-1852, denn Saarkohlen auch ins Mittelrhein- Siedlungsbild in den Kreisen
damit war der Anschluss an die gebiet. Daneben stieg durch die Saarbrücken und Ottweiler verän-
1849 fertiggestellte bayerische Li- Fertigstellung des Saarkohlenka- derte sich so entscheidend. Die
nie Ludwigshafen-Bexbach (Pfäl- nals im Jahr 1866 sowie der Saar- Förderung auf den Saargruben
zische Ludwigsbahn) und auf der Kanalisierungsarbeiten von der stieg bis 1860 auf über 2,02 Milli-
anderen Seite an die 1851 vollen- französischen Grenze bis Ensdorf onen Tonnen an; weit über 12.000
dete Linie Nancy-Metz-Forbach im Jahr 1879 auch das Frachtgut- Bergleute waren „angelegt“. Mit
(Französische Ostbahn) erreicht. aufkommen auf den Wasserstra- der Aufhebung der preußischen
Jetzt entstanden die wichtigen so ßen stark an. Das Saarrevier ver- Bergämter im Jahre 1861 trat an
genannten „Eisenbahngruben“ lor somit seine isolierte Lage. deren Stelle die Königliche Berg-
Heinitz, Reden, AItenwald, Dud- Schifffahrt und Eisenbahn ermög- werksdirektion in Saarbrücken als
weiler und Von der Heydt sowie lichten nun Massenguttransporte. neue Verwaltungsbehörde der
bis 1862 noch Dechen, Fried- Unter den nach 1850 scharenwei- Saargruben. Anstelle der bisher
richsthal, Itzenplitz, Sulzbach und se anrückenden Arbeitern waren bestehenden Bergmeistereien
Ziehwald. Der Aufschwung in der vornehmlich Tagelöhner und traten sieben Berginspektionen,
Stahl- und Eisenindustrie machte Kleinbauern ohne Auskommen deren Zahl bis 1890 auf elf an-
die Errichtung großer Kokereian- aus den ländlichen Regionen. stieg.
lagen auf den Fettkohlengruben Schrittweise lösten sie sich von Der Deutsch-Französische
Dudweiler, Altenwald, Heinitz-De- ihrer bäuerlichen Herkunft und Krieg von 1870/71 bedeutete eine
chen und König-Wellesweiler not- wuchsen in die Rolle des Indus­ arge, wenn auch nur kurzfristige
wendig. Der Bau der Saarbrü- triearbeiters hinein. Die Arbeiter- Zäsur des günstigen Konjunktur-

St. Ingbert: Belegschaft der bayerischen Grube St. Ingbert vor dem A-Stollen der Rischbachanlage (ohne Angabe).

13
rund fünf Milliarden Franken
(= vier Milliarden Mark). Die Anne-
xion Elsass-Lothringens brachte
speziell für die Saar überdies die
Befreiung aus der direkten Grenz-
lage und damit die Integration in
einen größeren Binnenmarkt. Aus
dieser nunmehr günstigen poli-
tisch-wirtschaftlichen Konstella­
tion heraus bezog die berühmt-
berüchtigte deutsche Gründerzeit
ihre Dynamik. Auf den Boom
muss­te die Ernüchterung folgen,
die Reduzierung auf das normale
Maß. Gleichwohl bildeten die so
genannten „Gründerjahre“ den
Auftakt für eine Periode bis dahin
Dudweiler: Malakofftürme über den Schächten der Grube Scalley (später: nicht gekannten wirtschaftlichen
Hirschbach, um 1860). Wachstums und Prosperität, die
– von wenigen Unterbrechungen
klimas. Schließlich war die Regi- menbedingungen entscheidend. abgesehen – bis zum Ersten
on von den Kampfhandlungen di- Die Standardisierung von Maßen Weltkrieg währte.
rekt betroffen. Der Waffengang und Gewichten sowie des Wirt- Nach dem Deutsch-Französi-
endete in der Reichsgründung schaftsrechts und der Währung schen Krieg setzte zunächst
von Versailles. Gleichzeitig ver- wirkten ebenso positiv wie der ein beachtlicher konjunktureller
besserte das politische Ereignis psychologische Effekt des ge- Boom ein, in dessen Zeitabschnitt
der nationalen Einigung Deutsch- wonnenen Krieges und die viel zi- die Neugründung der großen Tief-
lands die wirtschaftlichen Rah- tierte Kriegsentschädigung von bauanlagen im Fischbachtal mit

Saarbrücken-St. Johann: Verladekran auf der Hafeninsel, der früheren „Kohlwaag“ (1960).

14
den Gruben Camphausen (1871),
Brefeld (1872) und Maybach
(1873) fiel. Trotz der sich abküh-
lenden Konjunktur kam es im
Saarbergbau zu keiner Krise,
Massenentlassungen wie in an-
deren Revieren konnten ebenso
wie Produktionseinschränkungen
vermieden werden. Dies lag zum
größten Teil an der zunehmenden
Verwendung von Bergwerksma-
schinen im Unter- und Übertage-
bereich: Maschinelle Seilförde-
rung auf ebenen Strecken wurde
erstmals auf dem Kontinent im
Jahre 1862 auf der Grube Von der
Heydt eingesetzt, gleichzeitig ka-
men Schmalspurlokomotiven in
Gebrauch, 1865 begann man
nach der Methode des Strebbaus
den bislang betriebenen Sche-
melbau zu ersetzen und die Flöze
abzubauen; beim Schachtabteu-
fen wurde Dynamit verwendet, die
Verwendung von Druckluft für
Bohr- und Schrämmaschinen,
Häspel, Pumpen und Sonderbe-
wetterungsventilatoren wurde All- Quierschied-Fischbach: Grubenbahnhof des Bergwerks Camphausen an
gemeingut, 1872 richtete man ei- der Fischbachtalbahn (1962).
ne Fahrkunst als singuläre Er-
scheinung im Saarbergbau im
Union-Schacht der Grube Hos- ersetzt. Als Symbol dieser Hoch- dessen wieder ein gewaltiger Auf-
tenbach ein, und die bisher ge- zeit des Bergbaus gilt der schwung ein, der erste Prospekti-
bräuchlichen einzylindrigen Ba- 1877/80 errichtete Monumental- onsarbeiten im Warndt mit sich
lancier-Maschinen wurden durch bau der Königlich-Preußischen brachte und zum Abteufen weite-
liegende Zweizylindermaschinen Bergwerksdirektion in Saarbrü- rer Schächte für Fettkohlengru-
cken-St. Johann. Das am 1. Juli
1870 mit einer Probenummer
erstmalig erschienene Wochen-
blatt „Der Bergmannsfreund“, die
erste bergmännische Werkszeit-
schrift in Deutschland, und der
„Saarbrücker Bergmannskalen-
der“, der 1873 erstmalig heraus-
gegeben wurde, kommentierten
in der Folge stets das bergmänni-
sche Geschehen an der Saar.
Von 1880 bis etwa 1895 stag­
nierte die weitere Entwicklung
aufgrund gesamtwirtschaftlicher
Schwierigkeiten; hinzu kam das
schwere Grubenunglück auf der
jungen Grube Camp­hausen am
17. März 1885, das 180 Opfer for-
„Der Bergmannsfreund“ vom derte und die Grube auf Jahre hi- Der „Saarbrücker Bergmannska-
1. August 1914. naus stilllegte. Seit 1895 setzte in- lender“ für das Jahr 1891.

15
Saargruben bestand im Jahr 1914
aus 3.401 Maschinen mit
226.930,5 PS. Den höchsten Me-
chanisierungsgrad wies im Be-
zugsjahr das Steinkohlenberg-
werk Gerhard mit 481 auf. Im letz-
ten Vorkriegsjahr 1913 betrugen
Förderung und Belegschaft etwa
13,2 Millionen Tonnen und 56.589
Bergleute. Gegen Ende der über
einhundertjährigen preußischen
Verwaltung gehörten 166 Schäch-
te, davon 66 Förderschächte,
zum Saarrevier. 24 Kohlenwä-
schen waren in Betrieb und ver-
sorgten Kokereien und drei Gru-
benkraftwerke in Heinitz, Weiher
und Luisenthal. Das Saarkohlen-
revier hatte durch die kontinuierli-
che preußische Verwaltung eine
Saarbrücken-Von der Heydt: Bergmännisches Leben im Schlafhaus (1905). bedeutende Stellung in der deut-
schen Kohlenwirtschaft erreicht:
Viele technische Erneuerungen
ben führte. Bestehende Gruben stärkten Einsatz von Maschinen gingen mittlerweile vom Saarre-
wurden beträchtlich erweitert, so erreicht werden: Die Zahl der vier aus und der technische Be-
dass im Jahr 1900 die Arbeiter- Dampfmaschinen stieg von 1880 trieb galt als besonders fortschritt-
zahlen auf über 42.000 angestie- bis 1900 von 301 auf 783, die ers- lich. Der 1908/11 errichtete För-
gen waren – bei einer gleichzeiti- ten elektrischen Maschinen derturm Camphausen IV, der als
gen Erhöhung der Förderung von tauchten 1894 auf und bereits weltweit erste Turmförderkons­
7 Millionen Tonnen im Jahre 1895 1904 wurde erstmalig eine elektri- truktion in Stahlbeton und als heu-
auf rund 9,5 Millionen Tonnen im sche Fördermaschine auf dem te ältester Förderturm im deut-
Jahre 1900. Diese gewaltige Stei- Kolonieschacht der Grube Alten- schen Bergbau anzusprechen ist,
gerung der Produk­tion konnte wald aufgestellt. Die Gesamt-Ma- versinnbildlicht den damaligen
wiederum nur durch einen ver- schinenkapazität der fiskalischen Fortschrittsgeist.

Püttlingen: Tagesanlagen der Gru-


be Viktoria (1884/85).

16
Neunkirchen-Heinitz: Tagesanlagen der Grube und Kokerei Heinitz im Holzhauerthal (1960).

Neunkirchen-Dechen: Fördergerüste über den De- Quierschied-Fischbach: Hammerkopf-Förderturm über


chen-Schächten II, I und III (von links, 1935). Schacht IV der Grube Camphausen im Bau (1911).

17
Zweite französische Verwaltungszeit – eingesetzt, die noch betriebene
Pferdeförderung verlor mehr und
Mines Domaniales Françaises de la Sarre mehr an Bedeutung: 1934 waren
insgesamt 134 Druckluft- und 57
Die Artikel 45 bis 50 des suchte die französische Verwal- Diesellokomotiven unter Tage
„Versailler Friedensvertrages“ tung die Förderung im Saarrevier eingesetzt, immerhin taten noch
vom 28. Juni 1919 übertrugen mit allen Mitteln zu steigern. Die 82 Pferde ihren Dienst.
Frankreich das vollständige und betrieblichen Maßnahmen er- Die französische Verwaltung
unbeschränkte Eigentum an den streckten sich im Wesentlichen hatte zunächst die preußische
Saargruben für eine Dauer von auf den verstärkten Einsatz mo- Grubeneinteilung in mittlerweile
15 Jahren. Am 20. Januar 1920 torischer Kraft bei der Gewin- zwölf Inspektionen beibehalten,
wurden die Saargruben an die nung und dem Transport, auf diese aber 1920 in drei Gruppen
„Mines Domaniales Françaises Verkürzung der Wege und den (West, Mitte und Ost) zusammen-
de la Sarre“ übergeben. Da die Einsatz erster Pickhämmer und gefasst. Zu diesen Werksgruppen
nordfranzösischen Kohlengru- Kettenschrämmaschinen. Aus gehörten die Elektrizitäts- und
ben durch die Kriegseinwirkun- Sicherheitsgründen wurden jetzt Wasserwerke, eine Kokerei und
gen größtenteils zerstört waren, Druckluft- und Diesellokomotiven eine Wärme-, Fahrzeug- und Te-
legraphenabteilung.
Bis 1935 setzte dann eine
Betriebszusammenlegung zu-
nächst unter Tage ein, so dass
„Verbundbergwerke“ entstanden.
Weiterhin wurden zehn Förder-
und Wetterschächte neu abge-
teuft. Vor allem die Aufbereitung
der Rohförderung wurde nun-
mehr verstärkt in Wäschen durch-
geführt. 1934 gingen schon 60
Prozent der Kohlen durch die
Kohlenwäschen, 1919 waren es
nur 37 Prozent gewesen.
Der Vertrieb der Kohle ge-
schah über den „Service Com-
mercial“, der über umfangreiche
Handelsvertretungen verfügte.
Die Förderung stieg von 1920
bis 1929 von etwa 9,4 Millionen
Tonnen auf über 13,5 Millionen
Tonnen, sank aber anschließend
infolge der schwierigen wirt-
schaftlichen Gesamtsituation
auf etwa 11,3 Millionen Tonnen
(1934). Gleichzeitig nahm die
Belegschaft von 71.383 im Jah-
re 1920 über 60.793 im Jahr
1929 auf 44.380 Bergleute im
Jahr 1934 ab. Welchen Umfang
die Saargruben in der Zeit der
„Mines Domaniales“ besessen
hatten, geht daraus hervor, dass
die 29 Grubenbetriebe, von de-
nen in den Jahren 1931 und
1932 sieben stillgelegt wurden –
darunter die Bergwerke Dilsburg
(1931), Helene in Friedrichsthal
Der „Saarbrücker Bergmannskalender“ für das Jahr 1926. (1931), Altenwald (1932), Hos-
18
tenbach (1932) und Von der sektor“ der Saarwirtschaft wurde sitz überführt. Das Oberbergamt
Heydt (1932) –, über 65 Förder- aus den Ergebnissen einer Be- Bonn wurde als preußische Mittel-
und 88 Hilfsschächte mit 26 Wä- legschaftszählung deutlich, die behörde auch für das Saarland
schen, einer Kokerei und vier am 1. Dezember 1925 vorge- zuständig, und durch Gesetz vom
Kraftwerken verfügten. Flöze nommen worden war. Daraus 13. Dezember 1935 wurden die
von einem bis 3,50 Meter Mäch- ergab sich, dass insgesamt Gruben in eine Reichsaktienge-
tigkeit wurden in Teufen von 50 211.592 Menschen aus dem sellschaft, die Saar­gruben AG,
bis 700 Meter gebaut. Die Be- Saarbergbau direkt ihren Le- eingebracht, deren gesamter Akti-
deutung des Bergbaus als „Leit- bensunterhalt bezogen. enbestand in Händen des Deut-
schen Reiches lag. Die Eintra-
gung ins Handelsregister erfolgte
am 1. Januar 1937.
Da unter den Mines Doma­
Deutsche Verwaltung von 1935 bis 1945 niales Françaises de la Sarre ins-
durch die Saargruben AG gesamt 733 Millionen Franken in
die Saargrubenbetriebe investiert
worden waren, durchweg moder-
Im so genannten „Rom-Ab- unbeweglichen Vermögens) an ne maschinelle Einrichtungen be-
kommen“ vom 3. Dezember 1934 das Deutsche Reich über. Am standen und eine gesunde Infra-
hatten sich die französische und 1. März 1935 wurde das Saarge- struktur vorhanden war, konnte
die deutsche Regierung über den biet – nach der Volksabstimmung unter der Saargruben AG die ein-
Rückkauf der Saargruben geei- vom 13. Januar 1935, die mit mal eingeleitete Betriebszusam-
nigt. Für 900 Millionen Franken 90,76 Prozent zu Gunsten der menfassung fortgesetzt werden,
oder 150 Millionen Goldmark ging Rückkehr der Saar ins Deutsche so dass der damalige Saarberg-
das Eigentum an den Bergwerken Reich ausfiel – wieder an das bau den modernsten europäi-
(einschließlich der Eisenbahn und Deutsche Reich zurückgegliedert. schen Gewinnungsbetrieben zu-
der Zollbahnhöfe sowie des sons- Die Saargruben wurden in der zurechnen war. Schrämmaschi-
tigen im Saargebiet gelegenen Folge in den Reichsbergwerksbe- nen wurden eingesetzt, zur Ver-

Saarbrücken: Gebäude der Bergwerksdirektion bei der nächtlichen „Befreiungsfeier“ vom 1. März 1935.

19
besserung der Arbeit in den Ge-
steinsbetrieben gab es Ladege-
räte, die Grubensicherheit wurde
verbessert und die Silikosegefahr
verringerte man durch den Ein-
satz von Spülbohrern. Stillgelegt
wurden in dieser Phase die
Anlagen Mittelbexbach (1936),
Wellesweiler (1936) und Brefeld
(1942). Der Zweite Weltkrieg setz-
te der Aufwärtsentwicklung zu-
nächst ein Ende; die Förderung
ging nach einer Spitze von 16,16
Millionen Tonnen 1943 auf 12,4
Millionen Tonnen 1944 zurück.
Die Belegschaft verringerte sich
im gleichen Zeitraum von über
54.000 auf etwa 31.200 Bergleute
und Angestellte. Im Dezember
1942 waren im Saarbergbau be-
reits 3.000 Ostarbeiter, 1.800 rus-
sische Kriegsgefangene, 900 itali-
enische und spanische Fremdar-
beiter sowie 67 Franzosen be-
schäftigt. 1945 betrug die Förde-
rung, die von knapp 34.000 Berg-
leuten erbracht wurde, nur noch Gedenkmedaille zur Volksabstimmung vom 13. Januar 1935 mit Darstel-
3,46 Millionen Tonnen. lung eines Saarbergmannes von Fritz Koelle.

Nach dem Zweiten Weltkrieg tärregierung die Verwaltung des


unter alliierter Militärverwaltung Saarlandes. Im Verlauf der
nächsten Jahre ging es darum,
die Kriegsschäden zu ersetzen,
Am 21. März 1945 besetzten on Française des Mines de la um so allmählich wieder Bergleu-
die Amerikaner das Saarland. Sarre“ über, zum selben Datum te anlegen und die Förderung er-
Die zum Teil stark zerstörten übernahm die französische Mili- höhen zu können.
Bergwerke unterstanden darauf-
hin zunächst der amerikanischen
Kontroll-Kommission, der „Saar
Mining Mission“. Die Förderung
der noch arbeitenden Saargru-
ben erreichte damals ihren nied-
rigsten Stand mit nur noch 1.310
Tages-Tonnen, untertage waren
gerade noch 5.500 Bergleute be-
schäftigt. Am 10. Juli 1945 been-
dete die amerikanische Kohlen-
kommission ihre Tätigkeit und
die Kontrolle ging auf die „Missi-

Schiffweiler-Landsweiler/Reden:
Frauen und Männer am Leseband
auf Grube Reden (1954).

20
Schiffweiler-Landsweiler/Reden: Kriegsschäden an den Gebäuden und am Grubenbahnhof des Bergwerks Re-
den (1944).

Régie des Mines de la Sarre und Saarbergwerke ohne Auflagen und Beschränkun-
– Dritte französische Verwaltungszeit gen abgesetzt werden konnte.
Damit war das Signal zum konse-
quenten Ausbau der Saar-Gru-
Da Frankreich aus wirtschaft- 1. Januar 1948 alle Güter und ben gegeben worden.
lichen Gründen das Saarrevier Rechte der in Liquidation befindli- Die Verantwortung und Zu-
enger als die übrigen Teile seiner chen Saargruben AG. 1948, im ständigkeit für den Abbau der
Besatzungszone an sich binden ersten Jahr der neuen Verwal- Saarkohle wurde in der Franzö-
wollte, arbeitete die französische tung, konnten bereits wieder 84 sisch-Saarländischen Gruben-
Regierung auf eine Wirtschafts- Prozent der Vorkriegsleistung er- konvention vom 3. März 1950 be-
und Währungsunion der Saar mit bracht werden. Das bedeutete, stätigt. Eine weitere Konvention,
Frankreich hin. Mit dem Inkraft- dass knapp 12,5 Millionen Ton- der „Vertrag zwischen Frankreich
treten der Saarländischen Ver- nen Steinkohlen bei einer Beleg- und dem Saarland über den ge-
fassung am 15. Dezember 1947 schaft von 62.524 Bergleuten ge- meinsamen Betrieb der Saargru-
wurde der wirtschaftliche An- fördert werden konnten. Die För- ben“ vom 20. Mai 1953 (Saargru-
schluss an Frankreich vollzogen derung der Saargruben wurde benvertrag), trug dem immer wie-
und so die Trennung von Deutsch- nach dem Ende des Krieges zu- der vorgetragenen Wunsch der
land verwirklicht. Im Rahmen die- nächst in einen interalliierten Saarländischen Regierung Rech-
ses wirtschaftlichen Anschlusses Kohlen-„Pool“ eingebracht, aus nung, das Saarland mehr als bis-
an Frankreich wurde auch die dem die Kohlen nach gemeinwirt- her an der Verwaltung der Saar-
Verwaltung der Saargruben neu schaftlichen Richtlinien verteilt gruben zu beteiligen. So wurde
geordnet. Auf Grund des Geset- wurden. Ein am 20. Februar 1948 auf der Grundlage des Saargru-
zes über die Einführung der fran- in Berlin abgeschlossenes Wirt- benvertrages am 1. Januar 1954
zösischen Währung im Saarland schaftsabkommen über die Saar das Unternehmen „Saarbergwer-
vom 15.11.1947 wurde die Ein- verfügte unter anderem, dass die ke“ gegründet, dessen Vorstand
richtung einer Regie der Saargru- Saarkohle aus dem Pool aus- von einem paritätisch besetzten
ben verfügt. Diese „Régie des Mi- scheiden und nach dem 1. April zwanzigköpfigen „Saargrubenrat“
nes de la Sarre“ übernahm am 1949 von der Régie des Mines überwacht wurde.
21
Der Widerstand gegen die
Politik eines wirtschaftlichen An-
schlusses des Saarlandes an
Frankreich wurde in der Folgezeit
im Saarland zunehmend stärker.
Am 23. Oktober 1955 sprachen
sich 67,7 Prozent der Saarbevöl-
kerung gegen das so genannte
„Saarstatut“ vom 23. Oktober
1954 aus.
Ein Jahr später, am 27. Okto-
ber 1956, wurde dann zwischen
Frankreich und der Bundesrepub-
lik Deutschland in Luxemburg der
„Vertrag zwischen der Bundesre-
publik Deutschland und der Fran-
zösischen Republik zur Regelung
der Saarfrage“ (Saarvertrag) un-
terzeichnet. Dieser Vertrag been-
dete endgültig die Auseinander- Bexbach: Französische Architektur im Zechensaal der neuen Grube
setzungen zwischen beiden Län- St. Barbara (1954).
dern um die Saarkohle auf eine
für beide Seiten zufriedenstellen-
de Weise. Denn ein wesentlicher
Teil des Luxemburger Vertrags
war der Saarkohle gewidmet. Ne-
ben Vereinbarungen über den Ab-
bau der Kohlefelder im Warndtge-
biet und die zukünftige Organisa-
tion des Kohleverkaufs enthielt
der Vertrag auch die Grundsätze
zur Neuordnung des Steinkohlen-
bergbaus im Saarland.
In Artikel 85 legte er der
Bundesrepublik Deutschland
auf, innerhalb einer bestimmten
Frist einen neuen Rechtsträger
für die Saarbergwerke zu be-
nennen. Gleichzeitig wurde das
Saarland berechtigt, sich an der
neuen Gesellschaft durch Über-
nahme der Aktien in Höhe von Schiffweiler-Landsweiler/Reden: Bergwerk Reden der Saarbergwerke AG
26 Prozent des Grundkapitals zu mit Umfeld (1960).
beteiligen.
Am 30. September 1957 wur-
de das neue bundes- und landes-
eigene Unternehmen Saarberg- Der Saarbergbau unter der Saarbergwerke AG
werke AG gegründet, am 1. Okto-
ber 1957 erfolgte der Übergang
der Saarbergwerke auf den neu- Die neu gegründete Saar- ten Jahr des Geschäftsbetriebs
en Rechtsträger Saarbergwerke bergwerke AG bewirtschaftete des Unternehmens hatte sich die
Aktiengesellschaft. Das Grundka- 1958 insgesamt 99 in Betrieb be- Absatzlage für die deutsche
pital in Höhe von 35 Milliarden findliche Schächte, von denen 24 Steinkohle zusehends ver-
Franken wurde zu 74 Prozent der als Förder-, die übrigen als Seil- schlechtert. Billiges Mineralöl
Bundesrepublik und zu 26 Pro- fahrt-, Material- und Wetter- drängte auf den Markt, zudem
zent dem Saarland zugeteilt. schächte dienten. Schon im ers­ wurde Importkohle zunehmend
22
Saarbrücken-Velsen: Kohle-Hal-
den der Grube Velsen im Rossel-
tal (1960).

23
Neunkirchen-Dechen:„Altes fällt“ –
Fördergerüst Dechen III (1978).
in den folgenden Jahren auf der
Grundlage der Saarberg-Gene-
ralpläne I (1962) und II (1968), die
die zukünftige Betriebsgestaltung
der Grubenbetriebe festschrie-
ben, weitere Anlagen stillgelegt:
St. Ingbert (1959), Heinitz (1962),
Victoria (1963), Dechen (1964),
Maybach (1964), Velsen (1965),
Kohlwald (1966), Jägersfreude
(1968) und König (1968).
Durch diese Schließung von
Standorten konnte die Förderung
von 16,2 Millionen Tonnen (1960)
auf 10,6 Millionen Tonnen (1970)
zurückgeführt werden. Die Ge-
samtbelegschaft ging im gleichen
Zeitraum von 52.964 fast um die
Hälfte auf 26.883 Mitarbeiter zu-
rück. Gleichzeitig stieg in diesen
zehn Jahren die Untertageleis-
tung von 2.013 Kilogramm pro
Mann und Schicht (kg/MS) auf
3.632 kg/MS.
Parallel zum Abbau dieser
Kapazitäten wurde in neue Anla-
gen investiert. 1959 nahm die Ko-
kerei in Völklingen-Fürstenhau-
sen den Betrieb auf, 1966 wurde
die Kapazität der Anlage verdop-
pelt. Nach fast fünfjähriger Bau-
zeit konnte 1963 das Bergwerk
Warndt die Förderung aufneh-
men. Die schon 1938 von der
Saargruben AG im Warndt vorge-
sehene Großschachtanlage war
Großrosseln-Karlsbrunn:
damals durch den Krieg unausge-
„Neues wächst“ – Förderturm führt geblieben. Der Saarvertrag
des Bergwerks Warndt (1962). erlaubte nunmehr der Saarberg-
werke AG den Bau und den Be-
trieb einer Schachtanlage im
Warndtkohlengebiet.
Bundesfinanzminister Fritz
konkurrenzfähig. So mussten Förderkapazitäten wurde unaus- Schäffner vollzog am 2. März
auch im Saarbergbau Feier- weichlich: Schon 1952 war die 1957 den symbolischen ersten
schichten eingelegt werden, die Dudweiler Hauptgrube Hirsch- Spatenstich zur 1.200 Meter tie-
erste wurde am 14. Juli 1958 ge- bach (vormals: Scalley) geschlos- fen Warndt-Kernbohrung. Von der
fahren. Die Haldenbestände sen worden. 1959 wurde unter nahen Grube Velsen aus wurden
wuchsen auf fast eine Million Ton- der Saarbergwerke AG als erste Aus- und Vorrichtungsarbeiten
nen Kohle sowie 44.700 Tonnen Anlage die Bexbacher Grube St. getrieben. Lothringische Bergleu-
Koks und Schwelkoks an. Die Barbara stillgelegt, es folgte un- te führten im Auftrag und auf
Steinkohlenreviere Ruhr, Saar, mittelbar danach die Anlage Mel- Rechnung des deutschen Berg-
Aachen und Niedersachsen lin in Sulzbach. Die Kohlehalden bauunternehmens Gesteins­­
schlossen sich zur Notgemein- an der Saar erreichten im Jahr arbeiten für die neue Grube vom
schaft deutscher Kohlenbergbau 1960 die zwei Millionen Tonnen- Schacht St. Charles IV aus durch.
GmbH zusammen. Ein Abbau der Grenze. Als Konsequenz wurden Nur so war es möglich, dass
24
Im Kraftwerksbereich sorgten die
Zubauten auf den Standorten St.
Barbara in Bexbach, Weiher in
Quierschied und Fenne für eine
Steigerung der elektrischen Ener-
gieerzeugung von 1,7 Milliarden
Kilowattstunden (1957) auf 4,1
Milliarden Kilowattstunden (1970).
Zusätzlich erschloss die Saar-
bergwerke Aktiengesellschaft
neue Geschäftsfelder. Schwer-
punkt der Konzernaktivitäten blieb
der Steinkohlenbergbau sowie
die Veredelung der Kohle zu Koks
und Gas und vor allem die Strom-
wirtschaft.
Saarberg gründete mehrere
Tochtergesellschaften – so die
Saarländische Fernwärme GmbH
Großrosseln-Karlsbrunn: Luftbild der Großschachtanlage Warndt (1966). (SFW, 1961) – und beteilig­te sich
an Firmen der Mineralölindustrie,
schon im Mai 1963 die ersten beiten an der hochmodernen An- der Werkzeugherstellung und der
Kohlen aus dem neuen Schacht lage ereignete sich auf dem be- chemischen Industrie (Saarland-
gefördert werden konnten. Die nachbarten Bergwerk Luisenthal Raffinerie, 1965; Erdölwerke
Grube Warndt lieferte vor allem die folgenreichste Katas­trophe in Fisia, 1965; Deminex, 1966;
wertvolle Kokskohle für die Ver- der Geschichte des Saarberg- Harnstoffwerk Besch, 1967; Foli-
sorgung der saarländischen Stahl- baus. 299 Bergleute fanden am enwerke Saar, 1969; Werkzeug
industrie. Während der letzten Ar- 7. Februar 1962 dort den Tod. Union, 1971; Belzer-Dowidat,

Völklingen-Luisenthal: Trauerfeier aus Anlass des Luisenthaler Grubenunglücks, 10. Februar 1962.

25
Technik im Saarbergbau: Streb mit Schildausbau und Walzenschrämlader (ohne Angabe).

Figur der Heiligen Barbara „Unter Tage“: Bei aller Technik – die Tradition wird hochgehalten (ohne Angabe).

26
1979). Die Tochtergesellschaft Jahre waren gekennzeichnet
Saarberg-Interplan GmbH for- durch weitere Rationalisierung
mierte sich als Consulting-Gesell- und Rückführung der Beleg-
schaft mit dem Schwerpunkt auf schaft, aber auch durch eine Stei-
der Lagerstättenprospektion. gerung der Schichtleistung. In
Im Steinkohlenbereich betrie- Folge der Ölkrisen in den Jahren
ben die Saarbergwerke AG zum 1973 und 1979 war der deutsche
Ende der 1970er-Jahre die Ver- Steinkohlenbergbau von der
bundbergwerke Reden, Camp­ staatlichen Energiepolitik aufge-
hausen, Luisenthal und Warndt, fordert worden, die Förderkapazi-
die überwiegend Fettkohle förder- täten wieder aufzubauen und so
ten, sowie die Gruben Göttelborn zur Sicherheit der deutschen
und Ensdorf, die Flammkohle ge- Energieversorgung beizutragen.
wannen. Im Untertagebetrieb er- Die Saarbergwerke AG erhöhte
folgte die Erschließung und die daraufhin die Steinkohlenförde-
Gewinnung der Kohle auf vollme- rung kurzfristig von über zehn Mil-
chanisiertem Weg mit Hilfe von lionen Tonnen (1980) auf über elf
Streckenvortriebsmaschinen und Millionen Tonnen (1982). Die Ge-
Streben mit Schildausbau und samtbelegschaft des Unterneh- Bexbach: Kraftwerk Bexbach (vor-
Walzenschrämladern, die auf mens betrug 1980 rund 24.700 mals Kraftwerk St. Barbara, 1990).
Panzerförderer laden. Zum da- und im Jahr 1982 wieder etwa
maligen Zeitpunkt bestanden 24 26.000 Mitarbeiter. Außerdem
Gewinnungsbetriebe mit einer hatte sich das Unternehmen ver- den der Kraftwerksblock Weiher
durchschnittlichen Tagesförde- pflichtet, jedes Jahr über 1.000 III in Quierschied (1976), das Mo-
rung von 1.400 Tonnen; etwa 80 Auszubildende neu einzustellen. dellkraftwerk Fenne in Völklingen
Bergleute arbeiteten in vier In diese Zeit fällt auch der weitere (1982) und, zusammen mit süd-
Schichten rund um die Uhr in ei- Ausbau der Kokerei- und Kraft- deutschen Partnern, das Kraft-
nem solchen Streb. Die 1970er- werkskapazitäten, neu entstan- werk Bexbach (1983). 1984 wur-

Völklingen-Fenne: Kraftwerk Fenne mit den alten (Mitte) und neuen Betriebsteilen (2010).

27
Lebach-Falscheid: Teufgerüst des neuen Nordschachts des Bergwerks Ensdorf (1982).

de nach zweijähriger Bauzeit der kurze Renaissance der deut- der Kokskohle an die Stahlindus­
erste Koks in der Zentralkokerei schen Steinkohle: Der Preisverfall trie führten dazu, dass viele gera-
Dillingen erzeugt. Mitte der des Rohöls, die Stagnation des de begonnene Maßnahmen wie-
1980er-Jahre beendeten dann Primärenergieverbrauchs, der an- der in Frage gestellt wurden. Die
verschiedene, weitestgehend un- haltende Kursrückgang des US- nunmehr folgenden Jahre waren
vorhersehbare Entwicklungen die Dollars und ein stetiger Rückgang somit erneut von umfassenden
Anpassungsmaßnahmen ge-
prägt. Der Beteiligungsbereich
der Saarbergwerke AG wurde auf
Unternehmen mit den Schwer-
punkten Energie und Umwelt-
technik zurückgeführt. Die Förde-
rung der Bergwerke verringerte
sich auf rund neun Millionen Ton-
nen in 1992, gleichzeitig ging die
Zahl der Mitarbeiter auf rund
18.000 zurück.
1988 hatte die Saarbergwer-
ke AG ihr „Drei-Standorte-Kon-
zept“ als Rahmenplanung für die
zukünftige Behandlung der Stein-
kohlenlagerstätte an der Saar ver-
abschiedet. Dieses sah zum ei-
nen die Schaffung des „Verbund-
bergwerkes Göttelborn/Reden“
Lebach-Falscheid: Anlage Nordschacht des Bergwerks Saar 2011 (Inbe- („Verbund Ost“) mit dem Förder­
triebnahme 1987). standort Göttelborn durch die Zu-
28
Quierschied-Göttelborn: Fördergerüst über dem Großschacht Göttelborn IV des früheren Verbundbergwerks
Göttelborn/Reden (2010).

sammenlegung der Gruben Camp- „Konzentrations- und Optimie- über den „Kohlepfennig“ der
hausen, Göttelborn und Reden rungsmodelle“ der einzelnen Re- Stromverbraucher die Finanzie-
vor. Daneben sollten durch die viere erreicht werden. Für den rung der deutschen Steinkohle
Zusammenlegung der ehemals Saarbergbau bedeutete dies: Er- ermöglichte, neue Veränderun-
selbstständigen Anlagen Lui- reicht werden soll eine Jahresför- gen zu Lasten der deutschen
senthal und Warndt der „Verbund derung von rund 8,2 Millionen Steinkohlenwirtschaft abge-
West“ mit Konzentra­tion der För- Tonnen Steinkohle – und das zu zeichnet.
derung im Warndt (auch bezeich- erheblich güns­tigeren Kosten. Die vom Bundesverfas-
net „Warndt/Luisenthal“) und die 15.000 Menschen sollten dauer- sungsgericht rechtlich nicht län-
Erschließung neuer Feldesteile haft im Unternehmen beschäftigt ger mitgetragene Finanzierung
für das Bergwerk Ensdorf zwei bleiben. der Steinkohlenhilfen über den
weitere leis­tungsfähige Betriebs- Im Vertrauen auf den Be- „Kohlepfennig“ wurde durch die
einheiten gebildet werden. Die Er- stand der Vereinbarung von 1991 Bestimmungen des „Energie-Ar-
gebnisse einer ersten Kohlerunde sind an der Saar daraufhin we- tikelgesetzes“ ersetzt. An die
1989, an denen die Bundesregie- sentliche Teile des „Drei-Stand- Stelle der Mengengarantie trat
rung, die Kohleländer Nord­rhein- orte-Konzeptes“ umgesetzt wor- ein fester Finanzplafond, der so
Westfalen und Saarland, die Ge- den. Mit dem Zusammenschluss gestaltet war, dass er für die
werkschaften und die Bergbauun- der Gruben Göttelborn und Re- Saarbergwerke eine weitere För-
ternehmen beteiligt waren, hatten den zum Verbundbergwerk Ost derrücknahme um eine Million
kaum zwei Jahre Bestand. In der im November 1995 wurde die Tonnen nach sich zog. Die gerin-
zweiten Kohlerunde 1991 einig- Optimierung des Saarbergbaus gere Fördermenge konnte im
ten sich die Verhandlungsteilneh- abgeschlossen. Doch schon ein Jahr 1996 noch auf die drei Berg-
mer auf eine weitere Rückführung Jahr zuvor hatten sich im Zusam- werke Ensdorf, Warndt/Lui-
der Fördermengen. Verstärk­te menhang mit der Diskussion um senthal und Göttelborn/Reden
Rationalisierung und Kostenredu- die Anschlussfinanzierung an verteilt werden und so das „Drei-
zierung sollten durch neuerliche den „Jahrhundertvertrag“, der Standorte-Konzept“ zunächst
29
weitergeführt werden. Doch die
politische Diskussion um die
Kohlebeihilfen dauerte an und
endete – nach langen und zum
Teil heftig geführten Auseinan-
dersetzungen vor allem im Rah-
men des „März-1997-Streiks“ –
mit dem Kohlekompromiss vom
13. März 1997.
Dieser Kompromiss bedeute-
te den bis dahin schmerzlich­s­ten
Eingriff für den deutschen Stein-
kohlebergbau: Bis 2005 sollten
sechs bis sieben von insgesamt
17 noch fördernden Anlagen still-
gelegt werden. Und bis dahin soll-
ten mehr als die Hälfte der Arbeits-
plätze im Bergbau wegfallen und
die Förderung von 50 auf 30 Milli-
onen Tonnen reduziert werden.
Für den Saarbergbau bedeu-
tete diese Entscheidung die Auf-
gabe des gerade abgeschlosse-
nen „Drei-Standorte-Konzepts“,
da jetzt auch eine saarländische
Grube bis Ende 2000 schließen
musste. Die Wahl, welches Berg-
werk an der Saar stillzulegen sei, Lebendige Tradition – Saarknappenchor vor dem Mahnmal für die Opfer
fiel auf den Verbund Ost. des Luisenthaler Grubenunglücks (1973).

Der Aufsichtsrat der Saar- telborn IV 1994 als „Investition für


bergwerke AG stimmte am die Zukunft“ bezeichnet wurde,
25. November 1997 der Einstel- hatte sich ins Gegenteil verkehrt.
lung der Steinkohlenförderung Ausgegangen war der Bergbau
des Verbundbergwerkes Göttel- von einem Bergwerk, das 220 Mil-
born/Reden zum Ende des Jah- lionen Tonnen bauwürdige Vorrä-
res 2000 zu. Am 1. September te hatte. Es hatte 137 Kilometer
2000 wurde die letzte Schicht Grubenräume, war für eine Jah-
auf dem hochmodernen Gruben- resförderung von etwa 2,5 Millio-
standort Göttelborn gefahren. nen Tonnen ausgelegt. Diese soll-
Der Plan, mit Hilfe einer te ihren Absatz im nah gelegenen
Großinvestition von etwa 220 Mil- Kraftwerk Weiher und in anderen
lionen Euro Göttelborn/Reden zu Kraftwerken im süddeutschen
einer der leistungsfähigsten För- Raum finden. Und es sollte vor al-
deranlagen im europäischen lem etwa 4.000 Beschäftigten, da-
Bergbau zu machen, war somit von rund 3.000 im Untertagebe-
gescheitert. Das, was bei der Fer- reich, Arbeit und somit eine beruf-
tigstellung des Fördergerüsts Göt- liche Perspektive sichern. Göttel-
born – gedacht als Ort der Zukunft
– war zum Ort der Tragik, des Ver-
Zunehmend ein selteneres Bild –
lusts von Tausenden von Arbeits-
Bergleute in Reden auf dem Weg plätzen und vieler individueller
zur Schicht (ohne Angabe). Zukunftsträume geworden.
30
Deutsche Steinkohle AG und Warndt/Luisenthal. Die RAG
als die konzernleitende Holding
bis zum Ende des Saarbergbaus wandelte sich danach – unter an-
derem durch die Übernahme der
Degussa – zu einem weltweit täti-
Eine weitere Bedingung des bau AG hervorging. Nach der gen diversifizierten Montan-,
zuvor bezeichneten Kohlekom- Übernahme der Preussag Anthra- Energie- und Chemiekonzern. Am
promisses vom März 1997 war zit GmbH, die in Ibbenbüren ein 14. September 2006 wurden die
die Gründung einer neuen Gesell- Steinkohlebergwerk betrieb, wa- Geschäftsfelder Chemie, Energie
schaft gewesen. Am 1. Oktober ren ab 1. Januar 1999 sämtliche und Immobilien der RAG in Form
1998 übernahm die RAG Aktien- noch fördernde deutsche Berg- der RAG Beteiligungs-AG ausge-
gesellschaft, vormals Ruhrkohle werke unter dem Dach der RAG gliedert, die am 12. September
AG, die Saarbergwerke AG. Die vereint, die deren Betriebsfüh- 2007 in „Evonik Industries AG“
Nichtbergbau-Bereiche der Saar- rung auf die DSK übertrug. Im umbenannt wurde.
bergwerke AG (Energie, Umwelt, Einzelnen übernahm die DSK in Der Bund, die Bundesländer
Handel und Dienstleistungen so- Nordrhein-Westfalen die Berg- Nordrhein-Westfalen und Saarland
wie SaarGummi) waren bereits werke Auguste Victoria, sowie die RAG Aktiengesellschaft
mit Datum vom 1. September Blumenthal/Haard, Ewald/Hugo, und die IG Bergbau, Chemie,
1998 in ein neues Unternehmen, Friedrich Heinrich/Rheinland, Ib- Energie hatten sich im Februar
die Saarberg AG, eingebracht benbüren, Lippe, Lohberg/Oster- 2007 in Form einer so genannten
worden. Die Bergbauaktivitäten feld, Niederberg, Ost, Prosper- „Eckpunktevereinbarung“ darauf
der Saar wurden in die Deutsche Haniel, Walsum und Westfalen verständigt, den subventionierten
Steinkohle AG eingebracht, die sowie im Saarland die Grubenbe- Steinkohlenbergbau in Deutsch­
aus der ehemaligen RAG Berg- triebe Ensdorf, Göttelborn/Reden land bis Ende 2018 zu beschließen.

Schwalbach: Betriebsgebäude des Ney-Schachts und Haupthalde des Bergwerks Saar am Standort Ensdorf-
Duhamel (2009).

31
Aufgabe der neu gegründe-
ten RAG-Stiftung ist es, das poli-
tisch gewollte Ende des subventi-
onierten Steinkohlenbergbaus bis
2018 und seine sozialverträgliche
Umsetzung zu steuern. Außer-
dem hat die RAG-Stiftung die Auf-
gabe, die Evonik erfolgreich zu
entwickeln, mittelfristig an den
Kapitalmarkt zu bringen und die
so entstehenden Einnahmen aus
der Verwertung der Evonik Indus-
tries zu verwalten. Auf diese Wei-
se soll bis zum Jahr 2018 ein Stif-
tungsvermögen aufgebaut wer-
den, das ab dem Jahr 2019 zur Fi-
nanzierung der Ewigkeitskosten,
sprich Dauerbergschäden, Gru-
benwasserhaltung und Grund-
wasserreinigung, verwendet wer-
Symbole einer großen und reichen Vergangenheit – Traditionsfahnen der den soll.
Bergwerke Reden-Merchweiler, Itzenplitz und Reden. Am 10. August 2007 be-
schloss die Bundesregierung
dann den Entwurf des „Gesetzes
zur Finanzierung der Beendigung
des subventionierten Steinkoh-
lenbergbaus zum Jahr 2018“
(Steinkohlefinanzierungsgesetz).
Um die Finanzierung der Ewig-
keitskosten zu sichern, schlossen
Nordrhein-Westfalen, das Saar-
land und die RAG-Stiftung den
Erblastenvertrag zur Übernahme
der Ewigkeitskosten des Stein-
kohlenbergbaus der RAG Aktien-
gesellschaft. Am 28.12.2007 trat
das Steinkohlefinanzierungsge-
setz in Kraft. Gleichzeitig wurde
zwischen der RAG-Stiftung und
der RAG Aktiengesellschaft ein
Beherrschungs- und Ergebnisab-
führungsvertrag geschlossen. Au-
ßerdem erwarb die RAG-Stiftung
die Evonik AG von der RAG Akti-
Früher allgegenwärtig – zukünftig seltener werdend: „Schlägel und Ei- engesellschaft zum Buchwert von
sen“ und der Bergmannsgruß. rund 1,2 Milliarden Euro und wur-
de damit Eigentümerin des so ge-
Die Vereinbarung sah eine Über- die „RAG-Stiftung“ gegründet. Die nannten „weißen“ Bereichs der
prüfung der Beendigung der sub- bisherigen Aktionäre der RAG ehemaligen Ruhrkohle AG. Im Ju-
ventionierten Förderung der Stein- Aktiengesellschaft (E.ON, RWE, ni 2008 verkaufte die RAG-Stif-
kohle durch den Deutschen Bun- ThyssenKrupp und Société Nou- tung 25,01 Prozent der Evonik In-
destag im Jahr 2012 vor. Im Ein- velle Sidéchar) verkauften ihre An- dustries AG für 2,4 Milliarden Eu-
vernehmen mit dem Bund, den teile für je einen Euro an die neue ro an CVC Capital Partners.
Bundesländern Nordrhein-West- Stiftung. Damit wurde die RAG- Im Saarland war das „Berg-
falen und Saarland sowie der Stiftung die alleinige Eigentümerin werk Saar“ zum 1. Januar 2004
IG BCE wurde am 26. Juni 2007 der RAG Aktiengesellschaft. durch die Zusammenführung der
32
beiden Bergwerke Warndt/Lui- In den Jahren, in denen das Grangeleisen und Wahlschied
senthal und Ensdorf zu einer or- Bergwerk Saar Abbau im Flöz einzuholen und ein Konzept für
ganisatorischen Einheit mit – Schwalbach („Primsmulde Süd“ den Betrieb des Bergwerks Saar
zum damaligen Zeitpunkt – noch und „Dilsburg Ost“) tätigte, geriet mit reduzierten Förderkapazitäten
zwei Förderstandorten entstan- es, bedingt durch schwere berg- weiterzuverfolgen. Am 14. März
den. Am 17. Juni 2005 wurde baubedingte Erderschütterungen, 2008 beschloss der Aufsichtsrat
dann auf dem früheren Verbund- vermehrt in die Schlagzeilen. der RAG Deutsche Steinkohle
bergwerk Warndt/Luisenthal die Nach einer Erderschütterung der das Ende der Förderung im Berg-
Steinkohlenförderung einge- Stärke 4,0 auf der Richterskala werk Saar bis 30. Juni 2012. Be-
stellt, am 1. Januar 2006 wurde am 23. Februar 2008 entwickelte schlossen wurde desweiteren,
der Verbund West in Gänze still- sich eine heftige öffentliche Dis- den Betrieb des Bergwerks Saar
gelegt. Seither stellt das „Berg- kussion über die Zukunft des bis zur Stilllegung in reduzierter
werk Saar“ die Fortführung des Saarbergbaus, auch vor dem Hin- Form fortzuführen. Der Abbau im
ehemaligen Bergwerkes Ensdorf tergrund des generellen Abbau- Flöz Schwalbach, Feld Primsmul-
dar. Es ist das letzte aktive Berg- endes für die Deutsche Steinkoh- de Süd, welcher der Auslöser für
werk der RAG Deutsche Stein- le. Nach der bezeichneten Erder- die Erschütterung vom 23. Febru-
kohle AG im Saarland. Das Berg- schütterung verhängte die RAG ar 2008 war, wurde nicht wieder
werk Saar förderte im Jahr 2005 Aktiengesellschaft einen soforti- aufgenommen. Stattdessen kon-
rund 4,7 Millionen Tonnen Stein- gen Abbaustopp in der Primsmul- zentrierte sich in der Folge der
kohle. Die DSK beschäftigte En- de Süd. Zudem meldete sie für Abbau auf die Flöze Grangeleisen
de 2005 an der Saar noch 6.556 4.147 Mitarbeiterinnen und Mitar- und Wahlschied. In den dortigen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, beiter des Bergwerks Saar sowie Flözen ist nicht nur die Abbautiefe
darunter etwa 500 Auszubilden- der Zentral- und Servicebereiche mit rund 800 bis 1.000 Metern we-
de. Im Jahr 2007 betrug die ver- Kurzarbeit an. Auf einer außer- sentlich geringer. Auch der Anteil
wertbare Förderung des Berg- ordentlichen Aufsichtsratssitzung des Sandsteins beträgt dort ledig-
werks rund 3,5 Millionen Tonnen der RAG wurde zudem der Vor- lich rund 20 Prozent und die ein-
Flammkohle. Die Tagesförde- stand beauftragt, die Genehmi- zelnen Sandsteinbänke sind we-
rung lag bei durchschnittlich gungsbescheide für die Aufnah- sentlich schwächer ausgeprägt
rund 14.400 Tonnen. me der Förderung in den Flözen als in den früheren Abbauzonen.

Der Strukturwandel erzeugt schon


jetzt im Saarland neue Bilder – die
Grühlingshalde in Jägersfreude
und die Halde Lydia (kleines Foto)
in Camphausen.

33
Kohlehobel im Einsatz – neue Technik auf dem Bergwerk Saar (2011).

Das bedeutete: In den Abbaube- beitsplätze im Bergbau und in den land endgültig eingestellt wer-
reichen Grangeleisen und Wahl- Zulieferbetrieben blieb vorerst er- den, eine Zäsur nicht nur für die
schied besteht ein geringes Er- halten. Eine Grundversorgung Wirtschaftsgeschichte des Saar-
schütterungsrisiko. Dadurch re- der Kohlekraftwerke im Saarland landes! Es geht eine große Ära
duzierte sich die Fördermenge wurde sichergestellt. Und somit zu Ende, die das Land an der
des Bergwerks Saar auf rund ein konnte der Auslauf des Steinkoh- Saar und seine Menschen über
Drittel der bisherigen. Jedoch lenbergbaus im Saarland bis Jahrhunderte entscheidend ge-
konnten rund 3.000 Arbeitsplätze 2012 für die Mitarbeiterinnen und prägt hat.
für die nächsten Jahre erhalten Mitarbeiter der RAG Saar sozial- Der wichtigste Bodenschatz
bleiben. verträglich gestaltet werden. des Landes, die Steinkohle, der
Am 31. März 2008 genehmig- 2010 wurden die ersten 175 einen beherrschenden Einfluss
te die saarländische Landesregie- von insgesamt 1.400 Mitarbei- auf die Geschichte des Saarlan-
rung den Abbau im Flöz Grangel- tern des Bergwerks Saar in das des über Jahrhunderte hinweg
eisen unter Auflagen. Am 9. Juni Bergwerk Anthrazit Ibbenbüren ausgeübt und letztlich zum Ent-
2008 beschloss der Aufsichtsrat verlegt. Am 14. Februar 2011 stehen des Bundeslandes Saar-
der RAG die Teilstilllegung des begann das Bergwerk Saar mit land geführt hat, wird Geschichte
Bergwerks Saar rückwirkend zum der Förderung im letzten Streb. sein.
1. Mai 2008 sowie die Schließung 1,8 Millionen Tonnen Steinkohle Eine neue Aufgabe stellt sich
des Bergwerks Saar und aller zu- erbringt das Abarbeiten der bei- nach dem Ende des Bergbaus an
gehörigen Zentral- und Service- den Strebe 8.6 und 8.7 Ost, Flöz der Saar: die Geschichte der
bereiche zum 30. Juni 2012. Mit Wahlschied, Feld Dilsburg Ost. Saarkohle mit ihren mannigfalti-
dieser Lösung wurde das Unter- Dort kam erstmalig ein vollauto- gen Ausprägungen aufzuarbei-
nehmen seiner Verantwortung matisierter und von über Tage ten, differenziert zu würdigen und
gegenüber den Anwohnern, den aus steuerbarer Kohlehobel zum im Sinne einer sozialromantik-
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Einsatz. Dieses weltweit fort- freien Traditionspflege für späte-
und der saarländischen Wirt- schrittlichste und stärkste Ho- re Generationen verfügbar zu
schaft gerecht. Die Verlagerung belsystem ist für niedrige und halten. Die Erfüllung dieser Auf-
der Abbaufelder berücksichtigte mittlere Flöze mit harter Kohle gabe ist bedeutsam: Denn sie
die Interessen aller Betroffenen: besonders geeignet. Am 30. Ju- wird – wenn sie gelingt – dem
Eine Gefahr für Leib und Leben ni 2012 sollen auf dem Bergwerk Saarland dabei helfen können,
der Bevölkerung wurde ausge- Saar die letzten Saarkohlen ge- neue Wege für eine hoffentlich
schlossen. Ein Großteil der Ar- fördert und der Bergbau im Saar- erfolgreiche Zukunft zu weisen.
34
Janssen, Thomas u. Slotta, Delf Schneider, Gerhard (1999): Das
(1996): Fördertürme im Saarbergbau; Revier an der Grenze und sein wech-
Literatur Saarbrücken. selvolles Schicksal – Geschichte des
Kolling, Alfons (1968): Früher Berg- Saarbergbaus eng mit der Entwick-
bau im Saarland; in: Saarbrücker Berg- lung des Saarlandes verbunden; in:
Bauer, Kurt und Ruth, Karl Heinz mannskalender 1968, S. 73 ff., Saarbrü- Bergmannskalender 1999, S. 21 ff.,
(1986): Kohle der Saar; Neunkirchen. cken. Herne.
Best of Nature – Kohle (2008): Aus- Krick, Hans-Werner (1995, Hrsg.): Schuster, Gerd (1955): 200 Jahre
stellungskatalog; Industriekultur Saar Grubenstandort Saarpfalz – das überse- Bergbau an der Saar – Zeittafel; Biele-
GmbH (Hrsg.), Quierschied-Göttelborn. hene Saarrevier. St. Ingbert. feld.
Deutsche Steinkohle AG (2003; Mallmann, Klaus-Michael, Paul, Serwe, Hans-Jürgen (1980): Die
Hrsg.) Bergwerk Warndt/Luisenthal – 40 Gerhard, Schock, Ralph und Klimmt, Grubeninspektion III, Von der Heydt, im
Jahre Grube Warndt; Saarbrücken. Reinhard (1987, Hrsg.): Richtig daheim Direktionsbezirk Saarbrücken; Sonder-
Dülmen, Richard van (1989, Hrsg.): waren wir nie – Entdeckungsreisen ins druck aus Saarbrücker Hefte, Heft 51,
Industriekultur an der Saar – Leben und Saarrevier 1815-1955; Saarbrücken. Saarbrücken (Ms.).
Arbeit in einer Industrieregion 1840- Mathias, Karl (1980, Hrsg.): Wirt- Skalecki, Georg (1992): Denkmal-
1914; unter Mitwirkung zahlreicher Auto- schaftsgeographie des Saarlandes – ein geschützte Zeugnisse der Montanindus-
ren, München. Beitrag zur Landeskunde; Saarbrücken. trie im Saarland; in: Zeitschrift für die Ge-
Dülmen, Richard van u. Labouvie, Oberhauser, Fred (2000): Das schichte der Saargegend 1992, S. 121
Eva (1992, Hrsg.): Die Saar – Geschich- Saarland; DuMont-Kunstreiseführer, ff., Saarbrücken.
te eines Flusses; St. Ingbert. Köln. Slotta, Delf (1985): Der Saarberg-
Dülmen, Richard van u. Klimmt, RAG Saarberg AG (2003, Hrsg.): bau in den Jahren 1955-1957 – Zeittafel;
Reinhard (1995, Hrsg.): Saarländische Zwischen Tradition und Moderne – Ge- Saarbrücken (Ms.).
Geschichte – eine Anthologie; St. Ing- bäude der RAG Saarberg AG im Wandel Slotta, Delf (1986): Die Entwick-
bert. der Zeit; Saarbrücken u. Essen. lung der Saarbergwerke AG in den Jah-
Evonik Power Saar GmbH (2009, Rauber, Franz (2007): 250 Jahre ren 1958-1984 – Zeittafel; Saarbrücken
Hrsg.): Die ehemalige Bergingenieur- Bergbau an der Saar; 1. Teil: Von den (Ms.).
schule in Saarbrücken – Bildungszen- Anfängen bis zum Versailler Vertrag, 2. Slotta, Delf (1998): Bergbau in
trum, Museum, Verwaltung; Saarbrücken. Teil: Von den Mines Domaniales Fran- Neunkirchen; in: Neunkircher Hefte, Bd.
Fehn, Klaus (1981): Preußische çaises de la Sarre bis zur Deutschen 13, Verkehrsverein Neunkirchen e.V.
Siedlungspolitik im saarländischen Berg- Steinkohle AG, Saarbrücken. (Hrsg.), Neunkirchen.
baurevier (1816-1919); Saarbrücken. Roy, Francis (1954): Le Mineur Sar- Slotta, Delf (1999): Der Steinkoh-
Frühauf, Helmut (1980): Eisen- rois; Paris. lenbergbau als prägende Kraft in Saar-
industrie und Steinkohlenbergbau im Ruppersberg, Albert (1923): Ge- brücken – ein Beitrag zur 1000-Jahr-Fei-
Raum Neunkirchen/Saar; in: Forschun- schichte der Gemeinde und Bürgermeis- er der Landeshauptstadt Saarbrücken
gen zur Deutschen Landeskunde, Bd. terei Dudweiler; Saarbrücken. im Jahr 1999; in: Saarbrücker Berg-
217, Trier. Ruth, Karl Heinz (1986): Berg- mannskalender 1999, S. 110 ff., Saar-
Hasslacher, Anton (1884): Ge- mannsuniformen an der Saar – Tradition brücken.
schichtliche Entwicklung des Steinkoh- und Wirklichkeit in der Geschichte des Slotta, Delf (2004): Dampfgetriebe-
lenbergbaus im Saargebiete; Zeitschrift Saarbergbaus; Saarbrücken. ne Fördermaschinen im Saarbergbau
für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen Ruth, Karl Heinz (versch. Jahrgän- – Anmerkungen zur technischen Ent-
32/1884, Berlin. ge): Stollen und Schächte im Steinkoh- wicklung und eine Übersicht des Ob-
Hasslacher, Anton (1904): Der lenbergbau an der Saar – Beilagen zur jektbestands; in: St. Barbara 2004, Ver-
Steinkohlenbergbau des Preussischen Konzernzeitschrift; Saarbergwerke AG einigung Saarländischer Bergingenieure
Staates in der Umgebung von Saarbrü- (Hrsg.), Saarbrücken. (Hrsg.), S. 10 ff., Saarbrücken.
cken, II. Teil: Geschichtliche Entwicklung Saarbergwerke AG (1958, Hrsg.): Slotta, Delf (2006): Mensch und
des Steinkohlenbergbaus im Saarge- Goethes Reise nach Saarbrücken; Son- Bergbau – Kultur und Tradition – das kul-
biet; Berlin. derdruck aus: Dichtung und Wahrheit, turelle Leben an der Saar ist bergmänni-
Helfer, Malte (1990): Technik im Bd. 10, Saarbrücken. schen Ursprungs; in: Bergbaumuseum
Saarbergbau – historische Entwicklung Saarbergwerke AG (1982, Hrsg.): Wurmrevier e.V. (Hrsg.): Anna, Nr. 24,
und regionale Wirkung; Universität des 25 Jahre Saarbergwerke Aktiengesell- S. 4 ff., Alsdorf.
Saarlandes, Saarbrücken. schaft 1957-1982; Saarbrücken. Slotta, Rainer (1979): Förderturm
Herrmann, Hans-Walter (1994, Saarland, Ministerium für Umwelt und Bergmannshaus; Saarbrücken.
Hrsg.): Geschichtliche Landeskunde des (2006, Hrsg.): Denkmäler des Steinkoh- Slotta, Rainer (1987): Bergbau-
Saarlandes. Bd. 3: 2. Teil, Saarbrücken. lenbergbaus im Saarland – Standorte denkmäler im Saarrevier – die Inven-
Hoppstädter, Kurt (1961): Die Ent- und Entwicklung; Landesdenkmalamt, tarisation von Betriebsanlagen der
stehung der Saarländischen Eisenbah- Saarbrücken u. Landsweiler-Reden. Saarbergwerke AG durch das Deut-
nen; Saarbrücken. Saarland, Ministerium für Umwelt sche Bergbau-Museum; in: Der An-
Horch, Hans (1989): Vom Agrar- (2007, Hrsg.): Liebenswertes Saarland – schnitt 1987, Heft 5-6, S. 244 ff., Bo-
land zum Industrierevier – Wirtschaft und fünfzig Anker der Identität; Saarbrücken. chum.
Gesellschaft 1815-1918; in: Landeszen- Schleiden, Karl August (1989): Aus Stadtverband Saarbrücken (2005,
trale für politische Bildung (Hrsg.): Das provinzieller Enge zur Weltoffenheit – Hrsg.): Der Saarkohlenwald – Geschich-
Saarland. Politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung 1815-1957; in: te und Zukunft; Broschüre und Karten-
kulturelle Entwicklung, S. 51 ff., Saarbrü- Das Saarland – politische, wirtschaftli- werk, Saarbrücken.
cken. che und kulturelle Entwicklung, S. 83 ff., Zweckverband Historisches Mu-
Institut für Landeskunde im Saar- Saarbrücken. seum Saar (1996, Hrsg.): IndustrieMen-
land (2007, Hrsg.): 50 Jahre Saarland Schmitt, Armin (1989): Denkmä- schenBilder – Ansichten aus der saarlän-
im Wandel; Veröffentlichungen Band 44, ler saarländischer Industriekultur; Saar- dischen Industrieregion; Ausstellungska-
Saarbrücken. brücken. talog, Saarbrücken.

35
Herausgeber:
RAG Aktiengesellschaft
Shamrockring 1
44623 Herne

Redaktion:
Dr. Karlheinz Pohmer
Annette Weinmann

RAG Aktiengesellschaft
Kommunikation Saar
Hafenstraße 25
66111 Saarbrücken
Telefon: 0681/405-1173
E-Mail: annette.weinmann@rag.de

Autor:
Delf Slotta
Am Niederweg 5
66132 Saarbrücken-Bischmisheim

Fotos:
RAG Aktiengesellschaft, Delf Slotta/Saarbrücken

Gestaltung:
Ralf Anschütz, layout and more

Lithos, Druck und Verarbeitung:


repa-druck, Ensheim

Das könnte Ihnen auch gefallen