16 | #2 SoSe 2021

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Inhalt
Bewusst das Unbewusste erleben S. 14
Konflikt in Myanmar: Ein Exklusiveinblick S.14
Mit Anika von „Feels like Erfurt“ im Gespräch S.24

Bewusstsein

4 Unbewusst bewusst. Jeden Moment erleben
14 Myanmar: Zwischen Krise und Revolution
(c) Feels like Erfurt
22 Let's Talk: Universal das Radiomagazin
Äääääääääh......ditorial
I
6 Achtsamkeit im Alltag n dieser Ausgabe dreht sich
alles um unser Bewusstsein.
(c) Anne Liczkowski
Gerade in der Corona-Kri-
se und der sozialen Distan-
zierung haben wir neue (Selbst-)
Beschäftigungen finden müssen,
die gleichzeitig unseren menta-
len Zustand ausbalancieren. Denn
auch wenn es viele abstreiten, die
schier endlosen Lockdowns und
Kontaktbeschränkungen haben
auf jeden Einzelnen von uns ei-
nen psychischen Einfluss. Parallel
dazu sitzen wir immer mehr vor
Bildschirmen, erst eine Vorlesung,
dann eine Videokonferenz mit
Kommolitonen dazu am Handy
tillern und am Abend noch einen
Film schauen. Auch zu viel Bild-
schirmzeit kann in unserem Körper
Stress auslösen. Da lohnt es sich als
Ausgleich einen entspannten Spa-
ziergang zu machen und einfach
die Natur bewusst zu genießen.
20 E-Burg: Vielfalt für Erfurts Kulturszene
Doch es gibt nicht nur das menta-
le Bewusstsein, sondern auch das
sich bewusst sein. Also von etwas
Bescheid wissen. Politisch hoch-
relevant, doch medial scheinbar
höchst uninteressant ist der ak-
24 Auf einen Kaffee mit "Feels like Erfurt"
tuelle Konflikt in Myanmar. Wir
geben euch einen exklusiven
Einblick in das Geschehen und
wie es das Leben ein paar jun-
ger Männer prägt und beeinflusst.
Auch Erfurt hat so seine ganz ei-
genen Probleme. Gerade durch die
Lockdowns hat die Partyszene und
das kulturelle Angebot stark gelit-
ten. Es mussten neue Ideen her. Ein
online Club? 2019 hätte man einem
noch den Vogel gezeigt. Die digita-
le Hochkultur zwingt auch zum an-
deren Arbeiten etwa in den Hoch-
schulgruppen. Grundsätzlich ist es
manchmal sehr angenehm von zu-
hause aus zu arbeiten und sich per
Videokonferenz schnell auszutau-
schen. Ich denke aber auch, dass
dadurch viele wertvolle Momente
und Informationen verloren ge-
hen. Jeder macht zwar sein Ding.
Aber kann das langristig gut gehen?
Robin Seel
Impressum
campus:echo erscheint einmal im Se-
mester. Alle Artikel spiegeln die Mei-
nung der einzelnen Autoren und nicht
zwingend die der gesamten Redaktion
wider. Es ist den Autoren freigestellt,
das generische Maskulinum zur Ver-
besserung der Lesbarkeit zu verwen-
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für alle Geschlechter. Die Redaktion
orientiert sich an den vom deutschen
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Die Autoren nicht namentlich gekenn-
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Robin Seel (V.i.S.d.P.)
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Mareike Ohlendorf, Max Krannich, Paul
Schubert, Robin Seel, Salomon Kpodo,
Sophie Morár, Tabea Meisterfeld
Bildredaktion, Satz und Layout:
Robin Seel
Cover:
Motoki Tonn
Mit freundlicher Unterstützung
des Studierendenrates der
Universität Erfurt
Achtsamkeit

“Mindfulness is the aware, balanced

acceptance of the present
experience. It isn’t more complicated
than that. It is opening to or receiving
the present moment, pleasant or
unpleasant, just as it is, without either
clinging to it or rejecting it.”
Sylvia Boorstein

2 3

Unbewusst
bewusst
Neulich habe ich im Garten eine kleine
Schnecke gefunden, die auf dem Blatt
eines Radieschens saß. Ich habe sie
auf meinen Finger genommen und
beobachtet. Ich konnte Minuten damit
verbringen dieses kleine Wesen bei
seinen Bewegungen zu betrachten.
Auch als ich sie zurück in das Gras
gesetzt habe, hat es mich interessiert,
wo der Weg der kleinen Schnecke hin-
führt. Plötzlich habe ich auch Ameisen
4 5
D
as Semester ist in vollem Gang. Was
das heißt, wissen wir alle: Notizen
machen, Videos schauen, Vorträge
erarbeiten, Texte lesen, den Anfang
für einen Lernplan suchen – und, ab und an,
eine verdiente Pause einlegen. Doch das ist
manchmal gar nicht so einfach. Insbesondere,
wenn der gesamte Stoff ziemlich erdrückend
wirkt, kann es passieren, dass es schwer ist,
seine Gedanken von der Uni wegzulenken.
Unglaublich viele Menschen machen deswe-
gen darauf aufmerksam, wie wichtig es sei,
neben der Alltagsbelastung einen Ausgleich
zu finden. Anstatt sich jedoch mit den Dingen
zu beschäftigen, die einen bewegen, etwas für
seinen Körper zu tun und sich für Yoga oder
Meditation zu entscheiden, passiert es immer
häufiger, dass wir uns in das „Internetnir-
vana“ begeben oder in ein „Netflixdelirium“
VON HANNA ZEISLER
fallen. Dabei ist es doch eigentlich gar nicht
so schwer achtsam zu sein. Es gibt Dinge, die
jeder macht und die einen, ohne dass man es
merkt, unwissentlich und rein gefühlsmäßig
näher zu sich selbst bringen. Doch was kann
das sein?
1. Schaukeln
Schaukeln ziehen mich, genauso wie
Schnecken, immer wieder in ihren Bann.
Oder könnt ihr, ohne dass es euch in den
Zehen kribbelt, an den Schaukeln auf
dem Petersberg vorbeilaufen?
Ich kann das nicht. Schaukeln bringen
mich zum Fliegen, zurück in meine
Kindheit und irgendwie auch zurück zu
„Disneys Große Pause“. Noch besser ist
es, angeschubst zu werden, jemanden
hinter sich zu haben, auf den man sich
verlassen kann. Sobald man so weit ab-
gehoben ist, dass man fast den Himmel
anfassen kann und das berühmte „Krib-
beln im Bauch“ verspürt, merkt man,
dass man gerade nur für den Moment
lebt.
2. Etwas Hören
Vögel, Wind, rauschende Bäume, Regen-
tropfen am Fenster, Hörbücher, Lieb-
lingsmusik, Wellenrauschen, …
Letztens habe ich im Radio durch Zufall
Klaviermusik gehört. Ich spiele seit
Jahren Klavier, aber höre Klaviermusik
sehr selten. Mir Dinge anzuhören, die
ich selbst in Kindheitstagen gespielt
habe und andere Stücke, die ich heute
kann, ist sehr faszinierend. Es ist so,
als ob ich vor meinen Augen auf dem
Klavierhocker wachsen und verschiede-
ne Phasen meines Ichs erneut erleben
zwischen den Halmen entdeckt, die würde. Seitdem höre ich immer öfter
fleißig ihre Spuren abliefen und alles diese Musik, die mich in eine andere
Mögliche transportierten. Als ich fast Welt versetzt. Aber nicht nur mir geht es
so – meine Mitbewohnerin ist von der
eine halbe Stunde mit den kleinen
Hintergrundmusik aus „Animal Cros-
Tierchen verbracht hatte, habe ich sing“ gepackt worden. Ein Spiel, welches
mitbekommen, dass ich ganz unbe- sie auch seit der Jugend begleitet. Es hilft
wusst bewusst gelebt habe. Ich habe ihr abzuschalten und sich dabei besser
mich geerdet und ganz klein gefühlt. zu konzentrieren.
Genau das ist es, was mich bewegt,
darüber zu schreiben, wie man unbe-
wusst bewusster leben kann.
Illustrationen von Anne Liczkowski
3. Spazieren
Ich glaube diesen Punkt kann seit der
Lockdown–Phase keiner mehr hören.
Oder doch? Spazieren gehen hat einen
absoluten Hype erlebt. Jegliche Aktivität
fiel flach, aber Spazierengehen bleibt
uns allen. Aus der Not wurde, zumin-
dest meinerseits, eine Tugend. Ich finde
Spaziergänge unglaublich befreiend und
habe super viele neue Ecken dadurch
entdeckt. Ich habe Erfurt noch besser
kennengelernt und ganz unbewusst
treibt es mich zu neuen Plätzen, die ich
dann bewusst wahrnehme. Jedoch neh-
me ich auch umgekehrt Dinge stärker
wahr, die für mich bisher nichts Beson-
deres waren. Der Dom, Klein Venedig
oder die Parkanlagen auf dem Campus
sind wunderschöne Plätze direkt vor
unserer Nase, die es zu nutzen gilt!
4. Kreativ sein
Ein Projekt zu finden, in dem man
aufgehen kann, ist ein unglaubliches
Gefühl. Irgendwie habe ich es mir zu
meiner Aufgabe gemacht mein Zimmer
und unsere WG zu dekorieren, jede Ecke
interessant zu gestalten und meinen
Mitbewohnern und mir Abwechslung
zu bieten. Es erfüllt mich mit Freude, zu
sehen, dass nicht nur ich die neuen Din-
ge stetig mit anderen Augen betrachte,
sondern auch, dass meine Mitmenschen
davor stehen bleiben und sich Gedan-
ken über die gestaltete Ecke, das Bild
oder die neue Pflanze machen. Meine
Mitbewohnerin hat letztens ein Grup-
penbild unserer Wohngemeinschaft als
Karikatur verarbeitet. Genau diese Art
von Kreativität sorgt dafür, dass sie sich
unbewusst bewusst mit Kleinigkeiten
befassen musste, die uns ausmachen.
5. Essen
Bei mir ist es das, was mich erfüllt: alles
mit Zucchini, Nudeln, Tomatensoße
oder Schokopudding. Ich esse gerne und
Essen ist für mich auch ein wichtiger
Punkt meines Tagesplans. Essen be-
deutet für mich ein gewisses „zur Ruhe
kommen“ oder „Zusammenkommen“.
Es bedeutet Informationsaustausch oder
auch Tagesabschluss. Auf das Essen
kann ich mich freuen und ich nehme
sehr viele Momente beim Essen, wenn
auch erst im Nachhinein, als Besonders
wahr. Dazu gehören unzählige Gesprä-
che, Erfahrungen, Erkenntnisse oder
Vorlieben. Deswegen erlebe ich das
Essen oft unbewusst bewusst.
6. Regen riechen und Sonne
spüren
Besonders dieses Jahr ließ mich ein
nasser Frühling oft den Regen riechen.
Die grauen Tage sorgten jedoch dafür,
dass ich umso besser die Sonne spüren
konnte. So hat es an der Bahnhaltestelle
auf einmal aufgehört zu regnen und die
Sonne kam hinter den Wolken hervor.
Fast alle Menschen um mich herum
haben die Gesichter in Richtung Sonne
gereckt und ich bin mir sicher, dass wir
alle die Sonnenstrahlen gespürt haben.
Ich denke, dass viele Menschen sol-
che kleinen Momente in ihrem Alltag
erleben und besitzen, sie jedoch erst im
Nachhinein wertschätzen. Achtsamkeit
ist in unserem Leben vorhanden, wird
nur nicht immer aktiv wahrgenommen.
Ich bin der Meinung, dass es nicht
immer die aktive Meditation sein muss,
sondern manchmal auch eine Schnecke
reicht, die einen in eine meditative Hal-
tung versetzt. Wichtig ist nur, dass jeder
von uns seinen persönlichen „Schne-
ckenmoment“ hat, diesen zu schätzen
weiß und darin vollkommen versinken
kann. )))
 Dass die vermeintlich zur Unterhaltung
dienenden Apps aber nicht ausschließlich für
unseren Spaß konzipiert wurden, sondern präzise
abgestimmte Algorithmen eine Schleife an
Dopamin mit Suchtpotential auslösen können,
wird spätestens nach Dokus wie „The Social
Dilemma“ klar. Vielleicht ist es also kein Zufall,
dass Achtsamkeit, eine kleine Gegenbewegung
zur überfordernden Alltagswelt, aktuell überall zu
sehen ist?

Achtsam sein im Alltag. Im Hier und

Jetzt leben. Klingt gar nicht so schwer.
Aber ist es wirklich so einfach?

Achtsamkeit ist aktuell überall. Egal, ob

ein neuer Mindfulness-Podcast die
Charts erobert, Werbung für eine
weitere Meditations-App auftaucht
oder ein neuer Achtsamkeitsratgeber
im Bestseller-Regal steht.

Achtsam sein ist In.

Verständlich in einer Welt, die von

Leistungsdruck, Schnelllebigkeit und
Überforderung geprägt ist. In der jeder
kleine Moment, sei es das Warten an der
Ampel, die kurze Werbeunterbrechung
eines Films oder die Mittagspause auf Achtsamkeit ist eine Geisteshaltung. Wir schulen unseren Geist, im gegenwärtigen Moment zu sein.
der Arbeit, mit dem Handy verbracht Das klingt erst einmal banal – ist es aber nicht. Ich glaube, viele kennen das Gefühl, sich gedanklich in
wird. In der die Langeweile gefüllt wird Gesprächen zu verlieren, die noch bevorstehen oder die vielleicht nie eintreten werden. Sich im Kopf
mit aktualisierten Newsfeeds, mit besonders schlagfertige Antworten zurecht zu legen, Diskussionen zu führen oder sich immer wieder
fremden Personen auf Bildschirmen für die fast vergessene, peinliche Situation vor zehn Jahren zu kritisieren. Getrieben von
oder dem nächsten Level bei Reizüberflutungen, Gedankenspielen, Bewertungsschleifen und Selbstbeurteilungen, redet unser
Candycrush. innerer Kritiker unaufhörlich auf uns ein. Ob das anstehende Bewerbungsgespräch nächste Woche
durchgespielt wird oder endlose To-Do’s vor dem inneren Auge aufgelistet werden – unsere innere
Stimme ist immer aktiv. Und natürlich darf sie das auch – aber manchmal wäre etwas weniger
vielleicht gut, oder?

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6 7
 Achtsamkeit bedeutet im Hier und Jetzt zu leben und sich

Achtsamkeit kann genau das. Durch ein wertfreies Wahrnehmen des aktuellen Moments zu einer inneren Ruhe nicht von Vergangenem und Zukünftigen unter Stress

finden. Der aktuelle Moment und alle Empfindungen, die mit ihm kommen, sollen bewusst wahrgenommen oder Druck setzen zu lassen. Es kann bedeuten, bei einem

werden. Gedanken, Gefühle, Geräusche oder Gerüche dürfen beobachtet werden, ohne sie zu beurteilen. Das Vortrag genau zuzuhören, statt nebenher am Handy zu

bedarf vor allem Geduld und ständiger Übung. Hierfür kann es besonders helfen, immer wieder kleine sein. Es kann bedeuten, am Morgen zehn Minuten liegen

Achtsamkeitsübungen in den Alltag einzubauen. Beispielsweise beim Gehen auf die eigenen Schritte achten, zu bleiben und dich gedanklich auf den Tag

bemerken wie die Füße bei jedem Schritt den Boden berühren oder einfach mal in der Sonne liegen und die vorzubereiten. Worauf freust du dich? Wie geht es dir

warmen Strahlen auf der Haut fühlen. Den Geruch des Morgenkaffees bewusst wahrnehmen und wertschätzen, gerade? Du kannst deinen Kaffee auch genüsslich trinken,

statt ihn im Vorbeigehen reinzuschütten. Statt Coffee to go, Multitasking und Newsfeed-Aktualisierungen, lieber ohne bereits die Mails zu checken oder spazieren gehen,

Innehalten, Wahrnehmen… und Entspannen. ohne Podcast auf den Ohren und bei jedem Schritt die

Was so einfach klingt, kann dennoch zu einer Herausforderung werden. Besonders im hektischen Alltag Natur wahrnehmen. Du darfst ohne Eile Frühstücken und

zwischen Terminen und Mails noch Zeit für Ruhe und Entspannung zu finden. Schwierig. dir die Zeit für dich selbst nehmen, die du brauchst. Du
darfst in all dem Trubel entspannen. Sei es durch die volle
Konzentration auf den Atem, auf eine geliebte Tätigkeit
oder das Gesagte des Gegenübers, ohne sich bereits eine
passende Antwort zu überlegen. Oder das Wahrnehmen
Stell dir vor, es ist Montag. Der Wecker klingelt viel zu früh und du bist noch müde. Du denkst dir, einmal auf der Waldluft, des Windes oder des Duftes der
Snooze drücken, geht schon. Oder zweimal. 20 Minuten später nimmst du dein Handy in die Hand, stellst den Lieblingsteesorte. Achtsamkeit hat viele Formen und kann
Wecker aus und schaust kurz auf deine neuen Nachrichten. Drei Personen wollen etwas von dir, du siehst 15 neue beim Essen, Lesen, Arbeiten, Bewegen oder im Gespräch
Nachrichten im Gruppenchat und zwei Push-Benachrichtigungen deiner News-App. Fast automatisch öffnest du mit Freunden praktiziert werden. Achtsam sein, bedeutet
Instagram, wischst durch endlose Stories und Beiträge. Dein Morgen besteht aus massenhaften Eindrücken, das zu tun, was du eh schon tust – und nichts Anderes
sozialen Anforderungen, Multitasking und unbewusstem Zeitverlust. Dein Geist ist unruhig und voll, noch bevor nebenher.
du das Bett überhaupt verlassen hast. Auch auf dem Weg in die Küche kreisen deine Gedanken um den
bevorstehenden Tag, um deine To-Do’s und die neue Aufgabe für die Arbeit, die du noch nicht perfekt
beherrschst. Eine neue Woche liegt vor dir, du versuchst allen Anforderungen gerecht zu werden und liegst
gefühlt schon hinter dem Zeitplan, noch bevor der Tag begonnen hat. Zeit für ein ausgiebiges Frühstück nimmst
du dir nicht. Der Kaffee wird’s schon richten. Müde und unzufrieden startest du deinen Laptop und fängst an zu
arbeiten. Von Online-Meeting zu Online-Meeting, von Mails zu Hausarbeiten zu Kopfschmerzen. Zeit für
Erholung bleibt kaum.
Setze dich an einen ruhigen, ungestörten Ort. Vielleicht hast du sogar einen Lieblingsort im Park oder
einen besonders sonnigen Platz in deiner Wohnung? Wenn du magst, kannst du deine Beine zu einem
Natürlich wird nicht jeder Tag des Studiums dieser Dystopie
Schneidersitz überschlagen und deine Hände auf deinen Beinen ablegen. Setze dich aufrecht hin.
gerecht. Dennoch glaube ich, kann der Alltag, besonders aktuell, zu
Dein Kopf zieht Richtung Decke und deine Schultern fallen entspannt nach unten. Spüre wie deine
einem anstrengenden Unterfangen voller nie endender Aufgaben
Sitzbeinhöcker den Boden oder deine Unterlage berühren und dich erden.
werden. Und klar, auch Achtsamkeit wird hierfür kein Allheilmittel
Konzentriere dich nun auf deinen Atem. Wie er durch die Nase einfließt, und durch den Mund wieder
sein. Aber es kann ein Anfang für einen bewussteren Umgang mit
heraus. Nimm wahr, wie sich dein Brustkorb im Einklang mit deiner Atmung bewegt und du langsam
sich selbst sein.
ruhiger wirst. Wenn du magst, kannst du beim Einatmen bis vier zählen, kurz innehalten und beim
Durch die Achtsamkeitspraxis soll ein stabiler, klarer und friedvoller
Ausatmen wieder bis vier zählen. Falls Gedanken aufkommen, lass sie ziehen. Sie dürfen wie Wolken
Geist trainiert werden. Versteh’ mich nicht falsch, Achtsamkeit am Himmel kommen und wieder gehen. Wichtig ist nur, immer wieder zu deinem Atem
bedeutet nicht (nur) stundenlang zu meditieren, barfuß im Wald zu zurückzukehren. Atme noch dreimal ruhig ein und aus und beende nun langsam deine kleine
laufen und Mantras zu singen (Wer dies ausprobieren will, go for it – Meditation. Du kannst deine Finger leicht bewegen, wieder ankommen und deine Augen öffnen.
das kann sehr heilsam sein). Achtsamkeit ist nicht gleichzusetzen Diese kleine Übung kannst du im Alltag einbauen, wann immer du sie brauchst. Und seien es nur fünf
mit Spiritualität, sondern kann für Jeden im Alltag und im Umgang Minuten – ganz egal. )))
mit Stress bereichernd sein. Dabei kann auch helfen, es nicht allen
recht machen zu wollen, sich nicht durch den Alltag zu kämpfen
und die Erwartung anderer erfüllen zu wollen. Du kannst dich dazu
entscheiden, friedvoll mit dir, deinem Körper, deinen Gedanken und
deinen Erwartungen umzugehen.

4
3 8 9
Bücher vs E-books
Beschreibung eines Phänomens
Auf meinem Tablet checke ich die
anstehenden Termine für das restliche
Semester. In jeder Woche finde ich
mindestens eine Abgabe, die ich fertig-
stellen muss. Zu Morgen muss ich auch
noch drei Seiten über X schreiben. Ich
schnappe mein Handy und laufe zur
Bibliothek. Mit der digitalen Thoska im
A
ls der Mainzer Goldschmied Johannes
Gutenberg 1450 den modernen Buch-
druck erfand, war seine Erfindung eine
der großartigsten Erfindungen. Nach 571
Jahren scheint es so, als habe diese Erfindung an
Bedeutung verloren. und die heutige Generation
weiß vielleicht gar nicht, ob es einen Gutenberg je-
mals gegeben hat. Diese Tatsache ist der Digitalise-
rung geschuldet. Heutzutage werden immer mehr
elektronische Versionen von Büchern produziert,
die zugunsten gedruckter Bücher viele Anhänger
findet. Wie sieht es angesichts dieser Veränderung
mit der Zukunft des gedruckten Buches aus? Wel-
che Folgen hat dieses Phänomen für das gedruckte
Buch und wie sieht es mit der Zukunft des ge-
druckten Buches aus?
Seitdem E-Books zum ersten Mal auf dem Markt
erschienen sind, steigt jedes Jahr die Anzahl derer
LeserInnen. Immer mehr Menschen - und zwar
junge Leute und StudentInnen - bevorzugen die
elektronische Version eines Buches und kaufen
E-Books. Dies liegt an den Vorteilen der digita-
len Version des Buches. Diese sind vielfältig: Wir
schauen uns die Vorteile aus ökonomischer , öko-
logischer Sicht und anderer Perspektiven an.
Zuerst sind digitale Bücher von Vorteil sowohl für
KonsumentInnen als auch für HerstellerInnen.
Für den KonsumentInnen sind sie im Gegenteil zu
gedruckten Büchern günstiger zu erwerben. Au-
ßerdem entfallen bei der Herstellung von E-Books
Material-, Druck- und Lagerkosten, was diesen
günstigeren Kaufpreis erklärt. Der "Viel-Leser"
würde beim Kauf von fünfzig E-Books mehr spa-
ren als beim Kauf von fünfzig klassischen Büchern.
"E-Books liegen in der Regel etwa 30% unter dem
Preis der Hardcover- bzw. Paperback-Ausgabe".
Außerdem sind digitale Bücher, unabhängig davon,
ob es am Tablett, Smartphone oder mit einem
E-Book-Reader gelesen wird, praktisch. Sie stehen
einem jederzeit zur Verfügung, können schnell
bezogen werden und nehmen keinen Platz weg
und E-Book-Reader wiegen sehr viel weniger.
So muss man beim Packen für den Urlaub nicht
überlegen, welches von den vielen Büchern in den
Koffer passt, da man alle Bücher auf dem Lese-
gerät hat und dieses einfach mitnehmen kann,
was bei der anderen Buchform nicht der Fall ist.
So sind elektronische Bücher z. B. aufgrund des
schnellen Zugangs und der Bequemlichkeit von
großem Vorteil im wissenschaftlichen Bereich. Aus
ökologischer Sicht scheinen die digitalen Lesege-
räte umweltfreundlicher zu sein als die klassischen
Bücher, zumindest bei einem großen Lesepensum.
Bei der Herstellung von einem E-Reader werden
24 Kilogramm CO2 produziert, während bei dem
klassischen Buch 1 Kilogramm anfällt. - Dieses
eine Kilogramm CO2 pro Buch gilt für den Druck
auf Recyclingpapier, denn bei der Verwendung
von Frischfaser fallen höhere CO2 -Emissionen
Handy laufe ich in das Gebäude. Es ist
ein kleiner Raum mit mehreren Bild-
schirmen. Auf einem trage ich meine
Nummer ein, die ich zuvor rausgesucht
habe. Mit einem Piep erscheint die PDF
auf meinem Handy, die ich dann auch
auf meinem Laptop einlesen kann.
Meine große Brille mit X Dioptrien...
an. - Wenn man viel liest, lohnt es sich, eher einen
E-Reader anzuschaffen. Jedoch muss man beden-
ken, dass man beim Lesen auf einem digitalen
Lesegerät mehr verbraucht und beim Aufladen
des Lesegeräts auch mehr Emissionen entstehen,
während bei normalen Büchern kein Aufladen
von einem Lesegerät nötig ist. Die dargestellten
Vorteile wirken sich negativ auf das gedruckte
Buch aus. So fragt man sich, welche Folgen dies
für gedruckte Bücher hat und ob gedruckte Bücher
in den nächsten fünf bis zehn Jahren überhaupt
überleben, bzw. eine Zukunft haben.
Digitale Bücher verdrängen gedruckte Bücher,
insofern als die Zahl der Käufer von gedruckten
Büchern kontinuierlich sinkt. Besonders Schüle-
rInnen, StudentenInnen und der universitäre Be-
reich profitieren von den vielen Vorteilen, Bücher
digital zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dies
stellt ein Problem für den Handel dar: Im Buch-
handel sind die negativen Auswirkungen auf die
gedruckten Bücher am markantesten. Denn die
Verlage, bzw. der Handel, stellt dem universitären
Bereich eine digitale Version von Büchern zur
Verfügung und dies mit einem billigeren Preis als
der eines klassischen Buches. So liegen beispiels-
weise die Preise von elektronischen Büchern bei
etwa 30 % unter dem Preis der Hardcover- bzw.
Paperback-Version (Ausgabe). Damit liegt der
Anteil von E-Books am Umsatz der Verlage bei
einem geringeren Wert als der Anteil von Print-
medien am Umsatz. Diese Tatsache bedeutet für
die Verlage bzw. den Buchhandel einen Umsatz-
verlust. Des Weiteren hat sich das digitale Buch im
universitären Bereich so durchgesetzt -vor allem in
Corona-Zeit -, dass der Buchhandel mit einem Um-
satzverlust rechnen und diesen Verlust außerhalb
des universitären Universums kompensieren muss.
Auch außerhalb der Uni ist der Buchhandel mit
einem anderen Problem konfrontiert. Bei seinem
Kindle-Format von Büchern bietet Amazon den
KundInnen billigere Preise an. Insofern ist Ama-
zon dem Buchhandel ein Dorn im Auge, was den
Kampf des Buchhandels um einen Umsatz nicht
einfacher macht. Nicht zu übersehen ist auch, dass
LektorInnen, ÜbersetzerInnen und das Personal
des Buchhandels und Verlagwesens von diesem
Phänomen negativ betroffen sind. Angesichts der
beschriebenen negativen Auswirkungen stehen
Printmedien vor dem Aussterben. Es besteht die
Gefahr, dass in fünf oder zehn Jahren nur wenige
vllt. kaum gedruckte Bücher gibt, da die Nachfrage
an gedruckten Büchern sowieso kontinuierlich
sinkt.
Wäre eine Welt ohne gedrückte Bücher überhapt
vorstellbar? )))
VON SALOMON KPODO
11
Bewusst
sein

13
12
(c) Lillian Suwanrumpha/AFP

Myanmar
Eine Generation
zwischen Revolution
und Repression
VON PAUL SCHUBERT
Fox* lernte ich im März 2019 in der
thailändischen Grenzstadt Mae Sot ken-
nen. Ein Freund und ich befanden uns
auf der Durchreise nach Myanmar. Der
Plan: Eine Nacht in der 50.000-Einwoh-
nerstadt verbringen, um am nächsten
Morgen die Grenze zu überqueren. Doch
es sollte anders kommen. Am Abend
lernten wir in einem Supermarkt Fox
kennen. Aus einer geplanten Übernach-
tung wurden acht - aus einer flüchtigen
Bekanntschaft eine gute Freundschaft.
Fox lebt als burmesischer Migrant in
Mae Sot und arbeitet freiberuflich als
Foto- und Videograf. Er ist ehrgeizig, in-
teressiert, kritisch und weltoffen. Eigen-
schaften, die einem alle Türe offenhalten
sollten. Leider ist das nicht die Realität –
zumindest nicht seine. Ein burmesischer
Pass bedeutet für junge Menschen ein
eng abgestecktes Territorium an Mög-
lichkeiten, was insbesondere mit der po-
14
W
as genau war pas-
siert? Am 1. Februar
dieses Jahres putsch-
te sich das Militär
unter der Leitung von General Min
Aung Hlaing gegen die demokra-
tisch gewählte Regierungschefin
Aung an Suu Kyi an die Macht. Die
NLD (Nationale Liga für Demokra-
tie) soll die Parlamentswahl - so
lautet der Vorwurf des Militärs -
durch Wahlbetrug gewonnen haben.
Doch dieser Vorwurf erweist sich
als haltlos. Denn weder konnte die
Junta ihre Behauptung mit Beweisen
untermauern, noch stellten unab-
hängige internationale Wahlbeob-
achter*innen Unregelmäßigkeiten
im Wahlprozess fest. Somit führte
der Putsch zum sofortigen Erliegen
des erst vor wenigen Jahren in Gang
gesetzten Demokratisierungsprozes-
ses. Nach Schätzungen der Gefange-
nenhilfsorganisation AAPP zufolge
kamen seit dem 1. Februar bis zum
heutigen Tag (Stand: 22. Juni) 875
Menschen ums Leben. Zusätzlich
gab es um die 5400 Verhaftungen.
Bedrückende Zahlen, die von Tag zu
Tag ansteigen. Das Ausmaß der Bru-
litischen Geschichte des Landes zusam-
menhängt. Über ein halbes Jahrhundert
befand sich der südostasiatische Staat
im Würgegriff einer eisenharten Militär-
diktatur. Erste Demokratisierungsprozess
2011 und die wirtschaftliche Öffnung
des Landes gaben Anlass zur Hoffnung
auf eine bessere Zukunft. Doch rund
10 Jahre später, am 1. Februar 2021,
putschte sich Myanmars Junta erneut
an die Macht. Seitdem geht das Militär
mit einer beispiellosen Brutalität gegen
die Bevölkerung vor. Im Zuge der „spring
revolution“ kämpfen Demonstrierende
mit allen Mitteln gegen die anhaltende
Machtübernahme an. Unter ihnen: Fox
und seine Brüder. Ich sprach mit dem
heute 21-Jährigen über die lebensbe-
drohlichen Erlebnisse, seine ungewisse
Zukunft als auch über die unbändige
Willenskraft einer Gruppe junger Ge-
schwister im Kampf für die Demokratie.
* NAME VON DER REDAKTION GEÄNDERT
talität, was sich in der Niederschla-
gung von friedlichen Protesten und
in der Ermordung von unschuldigen
Zivilisten, unter ihnen Frauen und
Kinder, äußert, war anfangs nicht
abzusehen. Für Fox ebenso wenig,
wie die mittlerweile knapp vier Mo-
nate anhaltende Machtübernahme.
Mir gegenüber erzählt er, wie er am
ersten Tag des Putsches überzeugt
war, dass sich schnell alles wieder
zum Guten wenden wird. Wir seien
im Jahr 2021 und das Militär könne
nicht einfach die Macht überneh-
men und Menschen umbringen,
während die ganze Welt dabei zu-
schaut. Doch genau das ist momen-
tan die bittere Wahrheit. Friedliche
Bürger*innen werden erschossen,
Häftlingen gefoltert und Standge-
richte errichtet. Währenddessen
blockieren China, der größte Waf-
fenlieferant der Junta, und Russland
Resolutionen im UN-Sicherheitsrat
gegen die Militärregierung und
verhindern damit eine internatio-
nal koordinierte Vorgehensweise.
Während am blutigsten Tag der
Revolution über hundert Menschen
ermordet werden, nehmen diplo-
matische Vertreter*innen Russlands
und Chinas an einer pompösen Mi-
litärparade der Junta teil. Mit einem
Waffenembargo und wirtschaftli-
chen Sanktionen könnten die beiden
Länder enormen Druck ausüben.
Doch bisher ist noch nichts passiert.
Die EU hat derweil nur einen recht
kleinen Handlungsspielraum. Ihr ge-
ringer Einfluss gepaart mit der man-
gelnden Kooperationsbereitschaft
Russlands und Chinas verbietet ein
wirksames Vorgehen. Dessen ist
sich auch der Außenbeauftrage der
Europäischen Union, Josep Borrell,
bewusst. Und dennoch betont er:
„Aber wir haben eine Pflicht, es zu
versuchen.“ Bislang ist davon nichts
zu sehen.
Die Pflicht etwas gegen die Militär-
regierung zu unternehmen, hat sich
Fox selbst auferlegt. Als die ersten
Protestbewegungen sich auf den
Straßen Yangons einfanden, sah Fox
ein Video seiner Brüder in Yangon,
wie sie lautstark demonstrierten.
Er entschied sich schnell, auch Teil
der Bewegung sein zu wollen und
Fox mit seiner
Gruppe mitten
im Geschehen
15
„Sometimes you have
to pick up the gun to
put down the gun.“
passierte die Grenze gen Myanmar. In
den ersten Tagen gingen Hundertausen-
de von Menschen in zahlreichen Städten
des Landes friedlich auf die Straße und
forderten die Freilassung der designier-
ten Regierungschefin und die Rückkehr
zur Demokratie. Fox dokumentierte die
Geschehnisse rund um Myawaddy, der
Grenzstadt auf burmesischer Seite, und
verbreitete sein Material auf den gängi-
gen Social-Media Plattformen. Nachdem
er einer Verhaftung nur knapp entkom-
men war, beschloss er seine drei Brüder
in Yangon aufzusuchen, um fortan nicht
mehr allein unterwegs sein zu müssen.
Angekommen in der größten Stadt
16
Malcom X
Myanmars wurden die Jungen im Alter
von 15 bis 21 Jahren Teil einer Nachtstrei-
fe, die Frauen, Kindern und ältere Men-
schen vor nächtlichen Raubzügen der Si-
cherheitskräfte schützte. Im Rahmen der
andauernden Proteste wurde das Militär
gegen Ende Februar zunehmend brutaler
und schreckte nicht vor dem Gebrauch
scharfer Munition zurück. Als eine Form
der Selbstverteidigung wehrte sich die
„Bewegung des zivilen Ungehorsams“
mit Steinschleudern und selbstgebau-
ten, hochentzündlichen Molotov-Cock-
tails. „Ich kam zurück nach Yangon als
friedlicher Demonstrant...aber wenn ich
wer anders sein muss, dann bin ich das
auch (Anm. d. Red.: Die Zitate sind aus
dem Englischen übersetzt)“, gibt Fox zu
verstehen und verweist auf die Angriffe
seiner Gruppe. Er und weitere De-
monstrierende, die an vorderster Front
laufen, hatten probiert, Polizeistationen
in Brand zu setzten, um dem Militär
entscheidend entgegenzutreten. Die Ak-
tionen waren allerdings nicht von Erfolg
gekrönt. Vor Ort spitzte sich die Lage
immer mehr zu. Das Militär begann, ge-
zielt auf die Köpfe der Protestierenden zu
schießen und machte dabei keinen Halt
vor Frauen und Kindern. Politische Ge-
fangene wurden zum Tode verurteilt und
gefoltert - Terror als Mittel der Nieder-
Für die Dokumentation
riskieren sie ihr Leben
schlagung. Was treibt Menschen an, sich
in eine solche lebensbedrohliche Lage zu
geben? Fox erklärt, dass die Folgen einer
bestehenden Militärdiktatur ungemeine
negative Auswirkungen auf die Zukunft
der jungen Menschen hätten. Sie wollen
die Machtergreifung nicht einfach hin-
nehmen, sondern im Kollektiv für die
Demokratie und eine bessere Zukunft
kämpfen. Gegen Ende März entschloss
sich die Gruppe, Yangon umgehend zu
verlassen. Nachdem ein Freund im Ge-
wahrsam des Militärs durch Folter starb
und sie davon ausgehen mussten, dass
die Junta ihre Namen und Aufenthaltsort
wusste, war ein Verbleib ausgeschlos-
sen. Es war die richtige Entscheidung,
da laut einer Nachbarin ihre Wohnung
am Folgetag durchsucht worden war.
Die Rückkehr nach Thailand gelang nur
mit Hilfe von bewaffneten Schmugglern,
die gegen Bezahlung die Jungen auf die
thailändische Seite brachten. Zurück
in Mae Sot arbeitet Fox aktuell an einer
Dokumentation über die Geschehnisse
in Myanmar der letzten Monate und
probiert seinen Brüdern Englisch und
Foto-/Videografie beizubringen. Die
Veröffentlichungen der Dokumentation
könnte schwerwiegende Folgen für ihn
und seine Gruppe haben. Sowohl die
Militärregierung in Myanmar als auch
die thailändische Regierung dürfte
durch das exklusive Material „stinksauer
werden,“ zeigt sich Fox besorgt. Er wisse
um die Gefahren einer Veröffentlichung,
verspüre jedoch auch das Bedürfnis der
Welt die Aufnahmen zu zeigen – ein Tanz
auf Messers Schneide. Auch deshalb
befinden sich die Jungen momentan auf
der Informationssuche nach politischem
Asyl. Große Chancen rechnet sich Fox
aber nicht aus: „Wir sind irgendwer, ich
glaube nicht, dass die internationale Ge-
meinschaft irgendetwas für uns macht,“
und fährt fort: „Wenn das nicht funktio-
nieren sollte und ich die Dokumentation
veröffentliche, müssen wir zurück nach
Myanmar und einer der ethnischen
Armeen (Amn. d. Red.: die Widerstand
gegen die Junta leisten) beitreten. Das
ist sicherer, als wenn ich in Thailand
während der Veröffentlichung bin. Wir
wollen nicht der Armee beitreten, aber
wir haben dann keine andere Wahl.“ Auf
Fox Instagram-Account, dem mittler-
weile mehr als 5000 Menschen folgen,
kursieren bereits Bilder der Jungen mit
Maschinengewehren. Was es damit auf
sich hat, kann er mir nicht verraten. Mir
bleibt vor allem Fox Bemerkung unter
einem Bild mit Waffe in Kopf – er zitiert
Malcom X: „Sometimes you have to pick
up the gun to put down the gun.“
Vier Monate dauert die Schreckensherr-
schaft des Militärs nun schon an. Die
letzten Monate haben Fox Leben und
das seiner Brüder komplett auf den Kopf
gestellt: „Ich kann gar nicht beschreiben,
wie ich mich fühle. Über 800 Menschen
wurden getötet, so viele verhaftet und
so viele verletzt. Das Land fällt ausein-
ander.“
Mich bedrückt es zutiefst, von all dem
Leid und den Ungerechtigkeiten aus
Myanmar zu hören. Es ist mir daher ein
tiefes Bedürfnis, mit dieser Geschichte
auf die in Myanmar vorherrschenden
Zustände aufmerksam zu machen. Und
auch auf den Mut junger Menschen, die
ihr Leben für eine bessere Zukunft aufs
Spiel setzten, weil ihnen Chancen und
Privilegien nicht in die Wiege gelegt
worden sind. Auf dem einen Arm von
Fox sticht ein frisch gestochenes „Spring
Revolution – The Boys in Yangon“ Tattoo
hervor. Unter der Haut auf seinem
anderen Arm steht schon seit mehreren
Jahren geschrieben: „all will be well“. Es
sei ihm, seinen Brüdern und der bur-
mesischen Bevölkverung von Herzen zu
wünschen. )))
17
Lokales

Hier könnt ihr den Blog von

Feels like Erfurt entdecken:
Illustration: (c) Feels like Erfurt
18 19
 Vielfalt
für Erfurts
Kulturszene
VON FREDERIEKE KEIL
Triefendes Gewölbe, lange
bunte Nächte und immer mit
einem Astra an der Seite - so
kannten wir das Kulturzentrum
Engelsburg vor Corona. Dabei
sind die klassischen Disco-
abende nur ein Teil des breit
gefächerten Programms.
20
D
er Biergarten und die Räume
der Eburg sind noch dicht,
während ich mich mit Andreas
dort treffe. Absperrbänder säu-
men den Weg zum Schnelltestzentrum.
An Partyabende ist hier zurzeit nicht
mehr zu denken. Andreas übernimmt
seit circa vier Jahren hier so einige
Aufgaben im Vorder- sowie Hintergrund
und hat vor kurzem erst das (hoffentlich)
letzte Online-Kneipenquiz hinter sich
gebracht. Für anderthalb Jahre fand die-
ses Format anfangs wöchentlich, dann
im Zwei-Wochen-Takt, statt und brachte
Abwechslung zwischen Home Office
und Binge-Watching.
Von Woche zu Woche hatten die Teil-
nehmenden immer mehr das Gefühl,
man würde sich kennen, obwohl man
sich total fremd war. Durch die virtuel-
len Quizabende wurden zwischen den
Online-Usern eine besondere Nähe
geschaffen und eine gewisse Art von
Distanz überwunden, welche durch die
Pandemie entstand. Ebenfalls konnte
sich die Internetwelt über aufregende
Online-Veranstaltungen freuen, wie den
24h-Livestream, bei dem eine Vielzahl
von DJs die Hörenden 24 Stunden lang
unterhalten haben.
„Die Erfurter Kultur- und
Partyszene hat sich in den
letzten 10 Jahren ziemlich
weiterentwickelt“
))) Andreas Busch
Wir haben uns mit Andreas
Busch getroffen, der unter
anderem als Booker Teil des
Eburg-Teams ist und während
der Lockdowns an vielfältigen
und neuen Veranstaltungsfor-
maten beteiligt war.
Anmerkung: Das Treffen sowie das Entwickeln des Texts fanden zu einer Zeit statt, in welcher die Inzidenzen weder die Außengastronomie, noch das Planen
des Programms zum Stattstrand Erfurt zugelassen haben. Das aktuelle Veranstaltungsprogramm des Stattstrands findet ihr auf deren Facebookseite.
Bald soll dies alles aber wieder in der
realen Welt stattfinden. Am Stattstrand,
der am 4. Juni eröffnet hat, gibt es auf-
grund der aktuellen Corona-Lage zwar
nur ein paar kühle Getränke, aber sobald
es die Inzidenz zulässt, gibt es wieder
ein buntes Programm. Neben regelmä-
ßigen Quiz- und Spieleabenden soll es
auch spannende Veranstaltungen, wie
die DJ-Europameisterschaft, Konzerte
oder auch Public Viewing zur diesjäh-
rigen Fußball-Europameisterschaft der
Männer geben.
Auch vor der Pandemie hat die Eburg
ein abwechslungsreiches Programm
geboten. Neben klassischen Clubaben-
den, wie den Mädchen- oder Indiedis-
kos, gab es Konzerte aus allen möglichen
Genres. Die Vielfältigkeit ist laut Andreas
auch das, was die Eburg auszeichnet. In
Zukunft soll dies noch mehr ausgewei-
tet werden. Dabei sollen beispielsweise
auch andere Veranstaltungsformate wie
Lesungen oder Theaterabende einen
Platz finden. „Die Erfurter Kultur- und
Partyszene hat sich in den letzten 10 Jah-
ren ziemlich weiterentwickelt,“ davon ist
Andreas überzeugt. Dennoch wünscht er
sich aber noch eine Location, die für die
Allgemeinheit zur Miete steht und man
dort selbst Partys veranstalten kann.
Dadurch wäre noch mehr Vielfalt in
Thüringens Landeshauptstadt gegeben.
Ebenfalls erhofft er sich, insbesondere
nach der langen Lockdown-Zeit, von
vielen Menschen mehr Offenheit und
Gelassenheit bezüglich der Angebote
der Party- und Kulturszene. Es gibt so
viele Variationen, neue Genres oder Mu-
sik, die man einfach mal auf sich wirken
lassen sollte.
„Was war dein schönstes Erlebnis in
der Eburg?“ habe ich Andreas gefragt
und er erzählte mir von einigen coolen
Konzerten, wie von der Band Leoniden
oder auch das Kulturkiezfestival, bei
welchem die Eburg ihr Jubiläum gefeiert
hat. „Es ist schon besonders, mit Bands
und Künstler*innen abzuhängen und
kennenzulernen, die wir geil finden.“
Auch wenn der Grat zwischen „gut be-
sucht“ und „zu voll“ in den Kellergewöl-
ben sehr schmal ist, denkt ihr bestimmt
sofort alle beim Lesen dieser Zeilen an
unvergessene und wunderschöne Clu-
babende! Und auch das Team der Eburg
kann es kaum erwarten, das erste Mal
wieder die Astras für euch zu öffnen! )))
21
 Was macht ihr denn bei Universal?
Ganz viel Radio (lacht). Wir sind ein re-
lativ neues Ersti-Team, das ist vielleicht
das besondere an uns. Wir haben alle
Bock vor dem Mikro zu sprechen und
etwas zu sagen. Manche haben mehr
Erfahrung, andere weniger, deswegen
tasten wir uns da alle gemeinsam ran
und unterstützen uns gegenseitig. Das
macht sehr viel Spaß.
Seid ihr dann jetzt alle neu nach
Erfurt gezogen?
Ja, die meisten von uns sind erst im No-
vember letzten Jahres hierhergezogen.
Ich kannte zum Beispiel noch keinen,
als ich hierherkam. Und wir müssen
halt alles von zuhause machen, deswe-
gen kennen sich manche auch nur über
Webex und haben sich noch nie live
Habt ihr direkt von Anfang an im
Radio gesprochen?
Ja, wir senden wirklich schon seit No-
vember. Am Anfang noch mit den Alten
zusammen, aber seit Anfang Dezember
haben wir Neuen das komplett über-
nommen. Es gibt immer feste Beiträge
wie die Horoskope und die Uni News
um halb neun und sonst schauen wir,
was uns so einfällt. Wir haben ganz oft
Interviews mit Professor*innen, mit
Künstler*innen, einmal mit der Sozial-
beratung in Erfurt, oder mit der Late
Night Show Protze Glotze.
Und wie entsteht dann daraus am
Ende die Sendung?
Wir nehmen die Interviews oder
Beiträge Zuhause auf, und jede Woche
Was passiert, wenn ihr eine Sen-
dung mal nicht schafft?
Das will ich gar nicht wissen. Bisher
haben wir es immer geschafft, auch
wenn es in den Ferien schon mal an-
strengend war und wir auch manchmal
nur zu zweit dasaßen. Aber wir haben
halt diesen Sendeplatz, den wir füllen
müssen, und ich will es ehrlich gesagt
nicht erleben, dass wir das mal nicht
hinbekommen. Aber ich denke, im
schlimmsten Fall würde Radio F.R.E.I.
da schon einspringen können.
Kann man eure Sendungen nach-
hören?
Ja auf radio-frei.de gibt es alle Sendun-
gen. Eigentlich hatten wir auch einen
Podcast, aber der wurde aus irgend-
welchen Gründen von Spotify gelöscht
und wir wissen nicht warum. Aber wir

„Wir haben unser

gesehen, was auch bisschen schade ist.
Ich stelle es mir sehr schwierig vor,
als ganz neue Gruppe und dann
auch noch als Ersti so etwas wie
das Uniradio weiterzuführen, Struk-
tur reinzubekommen und sich zu
arbeiten dran und wir wollen ihn auf
schneidet jemand anderes von uns aus
jeden Fall zurückkriegen!
den verschiedenen Beiträgen die Sen-
dung zusammen. Die Person moderiert
dann auch die einzelnen Beiträge an
Was macht dir persönlich am meis-
und gibt einen Themenausblick. Das ist
ten Spaß bei Universal?
aber schon ganz schön aufwendig, der
Alles, das triffts ganz gut (lacht). Aber

eigenes Ding draus

orientieren…
Das Problem am Anfang war echt, dass
uns keiner wirklich etwas beigebracht
hat, weil man halt nicht in den Sender
von Radio F.R.E.I. darf und man keine
Einführung kriegt. Über Webex war
Schnitt kann schon mal drei Stunden
dauern. Dann schicken wir die gesamte
Sendung an Radio F.R.E.I. und die bau-
en das dann in ihren Sendeplan ein.
Wie findet ihr eure Themen?
ich glaube auf Punkt eins sind wirklich
die Leute, die ich dort kennengelernt
habe. Das sind keine Kollegen, sondern
Freunde und es kommt schonmal vor,
dass wir dann nach der Sitzung noch
eine Stunde quatschen oder so. Wir
sind einfach eine ganz neue Freundes-

gemacht“
es schwierig, die Aufgaben da richtig
übertragen zu bekommen von den
Älteren. Deswegen haben wir uns das
alles selber aufgebaut, was ich auch
das Besondere an uns finde. Wir haben
unser eigenes Ding draus gemacht und
führen es nicht genauso weiter, wie die
Älteren.
Was genau macht ihr anders als
eure Vorgänger*innen?
Interview mit dem studentischen Zum Beispiel das Format ‚Dummheit
der Woche‘. Da erzählt einfach jede*r,
was einem so Dummes in der Woche
Radiomagazin UNIversal passiert ist. Von Hinfallen bis Einkauf-
schip vergessen für den Einkaufswagen.
Also so kleine Sachen, die immer mal
passieren. Oder eben das Horoskop,
VON SOPHIE MORÁR das in jeder Sendung vorgelesen wird.
Wie kann man sich das vorstellen
mit dem Horoskop? Erfindet ihr da
Viel über Instagram oder die Uni Web-
gruppe dadurch geworden – mit Corona
site. Und man muss einfach mit offenen
gibt es grade ja auch keine andere Mög-
Augen durch die Welt gehen, es kann
lichkeit, Leute kennenzulernen.
ja alles wichtig sein. Das war im No-
vember echt schwierig, weil es wegen
Corona keine Veranstaltungen gab und
Wer kann bei euch mitmachen?
wir auch nicht immer nur über Lock- Jede und Jeder! Bei uns wird niemand
down und Pandemie reden wollten. ins kalte Wasser geworfen. Wer mo-
Was uns immer wieder auffällt ist, dass derieren will, der darf das natürlich
man als Team noch viel mehr Themen machen, aber das ist kein Muss. Wir
findet als allein. Und wir achten schon
wollen jetzt auf Social Media ein biss-
darauf, was unsere Hörer*innen auch chen mehr machen, also wer gerne zum
hören wollen. Wir sind vor allem für die
Studis da und wollen dann über die Uni
Radio will aber nicht direkt moderie-
ren mag kann auch erst Mal bisschen
News über Uni Themen informieren. Instagram machen und so den Weg
In der Sendung läuft ja auch Musik.
reinfinden. Wir freuen uns auf jeden
Fall immer, wenn jemand Neues dazu-
Gibt es da irgendwelche Vorgaben, kommt, egal ob mit Vorerfahrung oder
welche Lieder ihr spielen dürft? ohne! )))
Nö, wir haben Berechtigung für alles.
Die Person, die schneidet, sucht meis-
tens auch die Musik aus, und da wech-

T
ipps gegen Stress in der
Prüfungsphase, Neuigkei-
ten aus der Kulturszene
und eine gute Portion
Astrologie. Was auf den ersten
Blick wenig miteinander zu tun
hat, findet beim Radiomagazin
UNIversal einen gemeinsamen
Rahmen – und einen Sendeplatz
beim Erfurter Radio F.R.E.I. Rund
10 aktive Mitgliederinnen und
Mitglieder bereiten momentan
alle zwei Wochen eine Sendung
vor. Jeden zweiten Dienstag
ist die von 20-21 Uhr auf Radio
F.R.E.I. (UKW 96,2) zu hören. Aber
wer steckt hinter der Hochschul-
gruppe, und wie läuft die Arbeit
dort so ab? Alena Wolff hat uns
einen kleinen Einblick gegeben.
einfach was?
Nein, das basiert auf echten Fakten,
wenn man das Fakten nennen kann
(lacht). Also wir denken uns das nicht
alles einfach aus, sondern suchen im
Internet nach ein paar Horoskopen und
passen die dann an, damit es bisschen
unterhaltsamer wird.
seln wir uns immer wieder ab. Was ich
ganz cool finde ist, dass man immer
bisschen heraushört, wer die Sendung
jetzt diese Woche geschnitten hat. Weil
jeder seine eigenen Präferenzen da
reinbringt. Ich gehe zum Beispiel eher
Richtung Rock, manche gehen mehr
Richtung Rap oder Hip Hop. Also ganz
unterschiedlich.

22 23

AUF EINEN KAFFEE MIT
FEELS like ERFURT
V
or fast fünf Jahren wurde Feels like
Erfurt aus einer Laune heraus ge-
gründet. Plötzlich eröffnete sich eine
neue Welt voller Geheimtipps, Abenteuer
und Geschichten, die sich rund um Erfurt
drehen. Der Blog wurde jahrelang mit viel
Liebe umsorgt, immer wieder mit neuen
Erzählungen bestückt und hat dabei vielen
Menschen einen Grund gegeben, um Erfurt
zu erkundigen oder neu zu entdecken. Aber
auch viele Studenten und Neuankömmlin-
ge haben den Blog als Inspiration gesehen,
um dadurch die neue Studentenstadt, ohne
einen Besuch kennenzulernen. Und mit
24
VON LAURA KÜNZEL
einmal hieß es: „Der Letzte macht das Licht
aus“. Die Gründerin beschloss nach langen,
wunderschönen vier Jahren, sich neuen
privaten Abenteuern zu widmen. Die Lei-
denschaft, die am Anfang noch sehr groß
vorhanden war, ging mit der Zeit verloren.
Die Gründe dafür reichten von rechtlichen
Stolpersteinen bis hin zu dem privaten
Gefühl, dass es nun an der Zeit ist für eine
Foto: Anika Luthardt
neue Station im Leben. Feels like Erfurt
wurde daraufhin erst einmal stillgelegt,
doch mit dem Wunsch zurückgelassen,
dass irgendwann eine Person kommen
würde, die den Blog weiterführen möchte.
Daraufhin hat sich Anika auf den Aufruf
gemeldet und nicht lange gefackelt, son-
dern die Gelegenheit am Schopf gepackt
und Feels like Erfurt übernommen. Ich
habe mich mit Anika, der neuen Stim-
me von Feels like Erfurt, getroffen und
wir haben uns über ihre Träume und
Wünsche für die Zukunft aber auch über
die Veränderungen des letzten Jahres
ausgetauscht.
Anika bezeichnet sich selbst als ein
Homebody. Jemand, der seine Wurzeln
kennt, gerne bei seinen Lieben ist und
die Nähe zur Heimat sucht. Durch ihren
Auslandsaufenthalt in England, hat sie
schnell gemerkt, was Heimat für sie re-
präsentiert und wie sehr sie hier veran-
kert ist. Um ihre Sehnsucht zu mildern,
wurde Feels like Erfurt im Handumdre-
hen zu einer Krücke, die ihr gezeigt hat,
dass Erfurt doch mehr zu bieten hat als
die Krämerbrücke oder den Dom. Erfurt
ist eine Stadt, die man so nicht noch
einmal findet und nicht zu vergleichen
ist mit Leipzig oder Berlin.
Was möchtest du mit dem Blog
vermitteln?
Anikas Träume sind groß: Sie möchte
ein Stadtmagazin. Feels like Erfurt soll
mehr als ein persönlicher Blog sein, es
soll ein Zusammenschluss werden aus
vielen verschiedenen Stimmen. Das
Projekt soll sich in unterschiedlichen
Formaten verbreiten, dabei fallen Anikas
Visionen groß aus, von einem eigenen
Verlag bis hin zu Audio – visuellen
Darstellungen. Ihr großes Ziel ist es,
mit dem Blog viele verschiedenartige
Menschen zu erreichen, die sich in ihren
Zeilen wiederfinden. Dabei sollen auch
die Erfurter Puffbohnen mit einbezogen
werden, die seit zwanzig Jahren hier
leben und Erfurt als eine Lebenswerte
Stadt war nehmen.
Die Pandemie zwingt jedoch auch sie
zur Ruhe. Von jetzt auf gleich, ist sie von
voller Euphorie in den Ruhestand gera-
ten. Die Hauptthemen Kultur und Sozi-
ales fallen weg. Die Kreativität bleibt auf
der Strecke und erstmal hieß es abwar-
ten. Doch dieser Ausnahmezustand hat
Anika zum Umdenken gebracht. Sie hat
sich in die Situation ihrer Mitmenschen
hineingedacht und überlegt, welche
Themen sie ansprechen könnten. Was
brauchen sie gerade? Und das Ergebnis
hat sie überrascht. Neue Ideen sprudeln
aus ihr heraus und neue Perspektiven
ergeben sich. Am meisten hat sie die
Offenheit der Menschen vermisst, die
durch die Pandemie einen Dämpfer
bekommen hat. Doch ihren Optimismus
lässt sie sich nicht nehmen.
Für sie selbst ist diese Pandemie, eine
Zeit des Energieauftanken und der
Neuentdeckung. Durch Feels like Erfurt
konnte sie einerseits, sich selbst etwas
beweisen, um kreativ zu bleiben und
nicht die Perspektive zu verlieren und
andererseits konnte sie Erfurt eine
Kleinigkeit zurückgeben. Mit Beiträgen
über Ausflugsziele und Streetart Künste,
hat sie den Erfurter Mitmenschen eine
Möglichkeit gegeben, trotz Pandemie
und aufkommenden Existenzängsten,
ihre Hoffnung nicht zu verlieren und ein
Stück Normalität wiederzufinden.
Anika ist voller Tatendrang und freut
sich auf das, was die Zukunft bringt. Vie-
le große Projekte, wie ein Podcast oder
ein baldiges Stadtmagazin sind geplant.
Wenn etwas in Erfurt passiert, neue
Geschäfte sich niederlassen, ein Event
stattfindet oder erstmalige Projekte sich
ankündigen, dann ist der erste Anlauf-
punkt: Feels like Erfurt.
Dieses Projekt geht Anika aber nicht
alleine an. Mit tatkräftiger Unterstützung
versorgen ihre Co – Redakteurinnen den
Blog mit vielseitigen Themen und Bei-
trägen. Zusammen versuchen sie neuen
Trends nachzujagen, immer aktuell zu
bleiben und mit neuartigen Projekten,
den Blog und auch Erfurt zu beleben. )))
Chefredakteurin Anika
von Feels like Erfurt
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