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2697 Polypheides Polyphemos 2698

sind, so ist auch der s i k y o n i s c h e P o l y ­ dem bei Euseb. Chron. 1, 175 Schöne erwähnten
p h e i d e s (s. unten nr. 2), der in Sikyon als vierundzwanzigsten Könige von Sikyon, unter
K ö n i g erscheint, wie Polyeidos K ö n i g von dessen Regierung Troja erobert wurde. [Höfer.]
A r g o s (s. oben Argos) genannt wird, mit ihnen Polypheme (Πολνφήμη), 1) Tochter des Auto-
identisch. In betreff des eigentümlichen Ver­ lykos, Gemahlin des Aison, Mutter des Iason,
hältnisses der Mythen von Sikyon zu denen Herodor. b. Schol. Ap. Bhod. 1, 45. Iasons
von Argos und Korinth genügt es, auf die unter Mutter heifst auch Polymele, Polymede, Ain-
Polybos gemachten Ausführungen zu verweisen. phinome, Alkimede, Laodike, s. Iason. — 2)
W i e steht es aber mit der oben a. A. erwähnten S. Polyphe. [Stoll.]
Gattin des Polypheides, Α'ίχμη, und seinem 10 Polypheinetos (Πολνφήμητος). Eine in Privat­
Wohnsitze in Eleusis? besitz in Smyrna befindliche, zerbrochene Vase
Der Name Αίχμη = L a n z e weist in Ver­ unbekannten Fundortes mit der Darstellung
bindung mit dem Namen ihres Vaters H a im ο η einer Dionysosbüste trägt die metrische (?) In­
auf das thebanische Spartengeschlecht, schrift Αιόννβε πολνφήμητε Κλνμενέων την
dessen Mitglieder als Muttermal eine L a n z e αΐγά μον φύλαβε χαι την χυπέλην, Corr. hell.
trugen, Tragiker bei Aristot. Poet. 16. Dio 15 (1891), 455. — Gruppe bei Bursian 85 (1895),
Chrysost. or. 4 p. 68, 2 Dindorf. Iulian p. 81 c. 219 f. (vgl. Gr. Mythol. 68, 9) sieht in dem Bei­
Plut, de ser. num. vind. 21. Tümpel, Ares u. namen Polyphemetos eine Bestätigung für die
Aphrodite, Jahrb. f. klass. Phil. Suppl 11, 714 (Wochenschr. f. klass. Philol. 2 [1885], S. 1545**)
(wo irrtümlich statt des Bildes einer Lanze das 2< geäufserte Vermutung, dafs Πολύφημος eine
Bild eines Drachen angenommen wird). Be­ Parodie des Dionysos sei. Die Erwähnung der
merkungen zu einig. Fragen d. griech. Beligions- Κλνμενεϊς weist auf Tenos hin, wo eine Phyle,
geschichte (Progr. Neustettin 1887) 18. Nach Hyg. ΚΧνμενεΙς (C. I. G. 2, 2338) und Dionysoskult
f. 72 p. 76 Schm. erkannte Kreon seinen Sohn (Kaibel, Epigr. 871. Monat Anthesterion, New­
H a i m o n an diesem Zeichen (vgl. Bd. 1 Sp. 372, ton, Inscr. Brit. Mus. 2, 377, 48. E. Bischoff,
65 ff.). Es wäre also sehr wohl möglich, dafs De fast. Graec. ant. 390 f.) bezeugt ist. — Man
Aichme eine Tochter des Kreonsohnes Haimon könnte Πολνφήμητος auch als πολννμνητος
ist, obwohl unsere Überlieferung nur einen 'hochgepriesen' deuten. [Höfer.]
Sohn des Haimon, den Maion (s. d. nr. 1) kennt. Polyphemos 1) Sohn des larissäischen La-
Es kann aber noch ein zweiter Haimon in Be- 3 ) pithen Elatos (Είλατείαης Apollon. Bhod. 1, 41,
tracht kommen, bei dessen Annahme freilich ΕΙλατίβης Pind. Pyth. 3, 14) und der Hippe
chronologische Schwierigkeiten entstehen, da oder Hippeia (Hygin. fab. 14) oder auch dieser
er jünger ist als Polypheides; aber auch dieser und des Poseidon (Schol. Apoll. Bhod. 1, 40,
schwankt, wie wir oben sahen, in der Chrono­ wo diese Version auf Sokrates und Euphorien
logie. Menekrates im Schol. Pind. Ol. 2, 16 zurückgeführt wird), Bruder oder Halbbruder
nennt einen H a i m o n , Sohn des Polydoros, des Kaineue, vermählt mit Laonome, einer
Enkel des Eteokles, Urenkel des Oidipus, der Schwester des Herakles (Schol. Apollon. Bhod.
also dem Stamme des K a d m o s angehört. Nun 1, 1241). Am Kampfe der Lapithen (s. d.) und
ist nach Hesych. s. ν. 'Εγχώ dies ein anderer Kentauren nimmt er wie Vater und Bruder teil
Name der S e m e l e , der Tochter des K a d m o s , 41 (Horn. II. 264 ff. nennt den άντί&εος Πολύφη­
des Beherrschers 'des spe er gerüsteten Volkes', μος ausdrücklich unter den Besiegern der φήρες
der 'Εγχελεις (Ε. Maafs, Hermes 26 [1891], ορεβχφοι), ohne dafs wir Näheres von seinen
190); also auch hier wieder Beziehung zum Heldentaten erfahren. Als Schwager des Hera­
Speere oder zur Lanze. Von diesem Haimon kles ist er Doppelgänger des Euphemos (s. d.),
berichtet Menekrates a. a. 0., dafs er auf der des Ahnherrn der kyrenäischen Könige. W i e
Jagd ίμφύλιόν τινα άποχτείνας nach dieser nimmt er am Zuge der Argonauten teil
A t h e n ausgewandert sei und seine Nachkom­ (Apollod. 1, 9, 16. Apollon. Bhod. 4, 1470.
men ovv τοϊςΑργείοις Rhodos besiedelt hätten. Orph. Argonaut. 168 Abel. Valer.Flaccus Argon.
Nehmen wir an, dafs der aus A r g o s ausge­ 1, 457), bleibt aber in Mysien zurück und wird
wanderte Polypheides der Schwiegersohn dieses i ο der Gründer von Kios (Apollod. 1, 9,19. Apollon.
Haimon gewesen ist, so erklärt sich 1) sein Bhod. 4, 1472). Er fällt im Kampf gegen die
Wohnen in dem Athen benachbarten E l e u s i s Chalyber (Apollon. Bhod. 4, 1474 f.).
— 2) die Verbindung ahv τοις 'Αργείοις, die
eben durch des Polypheides Ehe geschaffen 2) Sohn des Poseidon und der Nymphe
war, — 3) ist es vielleicht nicht ganz zufällig, Thoosa, einer Tochter desPhorkys (Od. 1. 71ff.).
dafs des Polypheides Schwiegervater fliehen Er erscheint als der mächtigste unter den
mufste έμφνίιόν τινα à-αοχτείνας und dafs Kyklopen, die als wildes Naturvolk, ohne Recht
des Polypheides Sohn Theoklymenos dasselbe und Sitte, ohne Landbau und Kunde der Schiff­
Schicksal hatte ανάρα χαταχτάς ϊμφνλον fahrt, familienweise in Höhlen des Gebirges
(Horn. Od. 15, 272 f.). hoch über dem Meere wohnen (s*. Kyklopen 2).
60 Dieser Polyphemos hat also nichts zu thun mit
2) König von Sikyon, zu dem Agamemnon den Gewitter- und vulkanischen Dämonen, die
und Menelaos von ihrer Amme vor den Nach­ unermüdlich schaffende Naturgewalten ver­
stellungen des Thyestes geflüchtet werden; körpern; er ist der rohe, dumme und faule,
Polypheides bringt die beiden Atreiden weiter mit primitivster Viehzucht sich begnügende
zu Oineus nach Aitolien, Tzetz. Ohil. 1, 456, ' Riese Tolpatsch ' (Bobert, Strena Helbigiana
vgl. Apollod. Epit. 2, 15. Nach Wagner, Die S. 257). Die h o m e r i s c h e Schilderung (Od. 9,
Sabbait. Apollodorfrgm. 21, 2 = Bhein. Mus. 187 ff. ; vgl. Holland, De Polyphemo et Galatea,
46, 396, 2 ist dieser Polypheides identisch mit Leipz. Studien 7 S. 145 ff.) hat diese vermut-
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lieh dem Schiffennärchen entstammende Figur dung des Berauschten, zur Darstellung kam;
schon sehr im einzelnen durchgearbeitet und auch scheint dieser Polyphem ein Hirtenlied
ihr individuelle Züge gegeben, die spätere angestimmt zu haben. K r a t i n o s (Οάναβής fr.
Dichter zu immer neuen Abwandlungen und 135ff. Kock. Holland a. a. 0. S. 159 ff. Kaibel,
Steigerungen reizten. Unter allen Kyklopen Hermes 1895, S. 71 ff.) variierte die Gestalt,
ist er der furchtbarste; unhold selbst seinen indem er den rohen Fresser zum Feinschmecker
Volksgenossen, geht er seine eigenen Wege und Weinkenner machte. Ausdrücklich wird
und treibt seine Schaf- und Ziegenherden ein­ der Riese hier wie die hesiodischen Kyklopen
sam auf ferne Weiden. In seiner Wohnung, (Theog. 143) einäugig genannt und erschien dem-
einer halbverwachsenen Höhle in der Nähe des 10 gemäfs so auf der Bühne. Das voreuripideische
Meeres, findet seine ganze Herde Unterkunft, Satyrspiel vertritt nur der Polyphem des A r i -
und seine Riesenkraft vermag die Öffnung mit stias (Trag. Graec. fr. ed. Nauck fr. 4. Hol­
einem mächtigen Stein zu verschliefsen, den land S. 165 ff.), der nach den spärlichen Resten
zweiundzwanzig Gespanne nicht bewegen könn­ dem homerischen sehr ähnlich gewesen zu sein
ten. Hoch wie ein Mastbaum ist seine Keule, scheint. In den Hauptzügen gilt das auch von
und ganze Berggipfel schleudert er weit in die dem des E u r i p i d e s (Holland S. 168ff.), der nur
Meerbucht hinab. Als wahres Scheusal zeigt manche raffinierte Neuerung aufweist: er be­
er sich, indem er zwei Gefährten des Odysseus sitzt auch Rinderherden, hält Jagdhunde und
am Boden zerschmettert, zerreifst und auffrifst. bedient sich einer Menge von Küchengerät, und
Dafs er einäugig sei, sagt der Dichter nicht 20 Menschenfleisch schätzt er eben als seltenen

1) Blendung des Polyphem. Von der Vase des Aristonophos (nach Wiener Vorlegebl. 1888 Taf. 1).

ausdrücklich, es ergibt sich nur aus der Ge- 40 Leckerbissen neben den gewohnten Fleisch­
schichte von der Blendung. Bemerkenswert speisen, die seine Herden und die Jagdbeute
ist auch, dafs diesem Polyphem der Wein nicht ihm liefern. Indem Euripides den Unhold als
unbekannt ist, dafs also nur seine Unmäfsig- Weiberverächter schildert, giebt er dem home­
keit ihn ins Verderben stürzt. In dem mit rischen Urbild einen fremden Zug, den kein
konsequenter Abscheulichkeit durchgeführten Späterer beibehalten hat.
Bilde giebt es nur einen freundlicheren Zug, Entscheidend für die Weiterentwickelung
das gemütliche Verhältnis zu seiner Herde, der dichterischen Gestalt wird der jüngere
insbesondere zu seinem Lieblingswidder; es ist D i t h y r a m b o s , wenn nicht schon der defs
der unscheinbare Keim einer milderen, mensch­ T i m o t h e u s (Poetae lyr. ed. Bergk fr. 4. 5. Hol­
licheren Auffassung des Ungeheuers, _die spä- 50 land S. 176 ff.), den Aristoteles als Beispiel von
teren Dichtern vorbehalten blieb. Uber die idealisierender Auffassung anführt (Poet. 2),
mancherlei Widersprüche in dem Kyklopen- so doch sicher der populärer gewordene des
gedicht der Odyssee und die vermutliche älteste P h i l o x e n o s (Poetae lyr. ed. Bergk fr. 6ff. Hol­
Gestalt desselben hat Muelder, Hermes 1903 land S. 184 ff.), der, in Sizilien entstanden,
S. 414 ff. eingehend gehandelt, speziell über vielleicht von neuem aus dem Volksmärchen
die Charakteristik Polyphems S. 431 ff. schöpfte. Neben künstlichen Neuerungen, die
Der groteske Humor des ungeschlachten, stark parodistisch wirken mufsten, weil sie die
gefräfsigen und sauflustigen Tölpels, den die alte Gestalt des Märchens und des Epos im
einfachste Mlnschenlist betört, und verdirbt, Kern angriffen — dazu gehört vor allem, dafs
empfahl ihn der derbkomischen alten Komödie, eo der Menschenfresser sich zur Pflanzenkost be­
E p i c h a r m (Fragm. philos. Graec. ed. Mullach kehrt, musikalisch wird und sich im Tanzen
1 S. 139 ff. Holland a. a. 0. S. 150 ff.) war versucht — tritt hier ein Zug hinzu, der trotz
unseres Wissens der erste, der ihn auf die seiner Kühnheit sich behauptet hat: die Ver­
Bühne brachte ; er wird in seiner neuen Heimat liebtheit des Riesen. Die Nereide Galateia
Sizilien die volkstümliche Gestalt kennen ge­ hat ihn zur Liebe entflammt, ihr singt er sein
lernt haben. Das grausige Mahl erschien nicht Lied zur selbstverfertigten Leier, ihre Schön­
auf der Bühne, sondern wurde nur geschildert, heit rühmt er, soweit er sie zu würdigen weifs,
während der Rausch, also wohl auch die Blen- ihr zu Liebe möchte er schwimmen lernen, um
Polyphemos 2702
2701 Polyphemos
der von Bhiloxenos begonnenen Umwertung der
der Spröden in ihr eigenes Element folgen zu
alten Polyphemgestalt die bei T i m a i o s (Etym.
können. In dieser neuen, widerspruchsvollen,
Μ. θ. s. νν.. Γαλάτεια.
aber ergötzlichen Gestalt geht Polyphem durch
die m i t t l e r e ('Galateia' des Nikochare», fr. Appian, Blyr. 2 ;
2. 3 Kock, 'Kyklops' des Antiphanes fr. 131 ff. vgl. Geffcken, Ti­
1
Kock, 'Galateia des Alexis, fr. 36ff. Kock; vgl. maios" Geogr. d.
Holland S. 211—223) und n e u e r e K o m ö d i e Westens S. 78. 151)
{Holland S. 223 ff.). vorliegende Genea­
Die vom Dithyrambus begonnene Umbil­ logie Anteil hat,
dung der Polyphemgestalt wird energisch und lo nach der Keltos,
konsequent erst durchgeführt in der hellenisti­ Hlyrios und Gala-
schen Dichtung. H e r m e s i a n a x (Schneidewin tes die Söhne des
delectus fr. 1. Holland S. 228), K a l l i m a c h o s Polyphemos und
(Galateia, Schneider 2 fr. 37. Holland S. 246 f. der Galateia sind,
Epigramm 47, 1. 2 Schneider; 46, 1. 2 Wilamo­ entzieht sich un­
witz), B i o n (fr. 15 Ahrens. Holland S.249ff.), be­ serer Kenntnis.
sonders a b e r T h e o k r i t bringen das belustigende Polyphemos
Bild des verliebten Kyklopen zur Vollendung, in d e r K u n s t .
indem sie die Halbheiten und Widersprüche In fast ununter-
der ersten Neuerer beseitigen und durch feinste 20 brochener Folge
Motivierung und durch die Reize einer zwar begleiten und er­
raffinierten, aber immer geschmackvollen Kunst läutern interes­
das Ungeheuerliche des Gegenstandes glaub­ sante Kunstwerke
haft machen. Bei Theokrit, der den homeri­ die Wandlungen,
schen Kyklopen indes nicht ganz ignoriert (Id. welche die Poly­
7, 151 ff. τον κοατεοον Πολνψαμ,ον, og ώριοι phemgestalt in der
v&ces ΐβαλλε), ist Polyphemos (Id. 11 u. 6; vgl. Litteratur durch­
Holland S. 276 ff.) ein verliebter junger Schäfer macht. Deutlich
lind keinem Fremden mehr gefährlich. Er weifs, heben zwei Grund-
wie grauenerregend häfslich er in Galateias so typen, der home­
Augen ist, und versucht sie durch reiche Gaben, rische Menschen­
wie sein Haushalt sie bietet, umzustimmen; fresser und der ver­
aber auch stolz kann er sein und sich vor­ liebte Polyphem
nehmen, die spröde Spötterin durch Gleich­ des Idylls, sich ge­
gültigkeit und Kälte zu kirren. W i e dieses selt­ gen einander ab.
same Liebesverhältnis endet, hat der Dichter Doch fehlen da­
weise verschwiegen; er läfst der Phantasie neben nicht die
Spielraum, sich den Werber endlich erhört und mancherlei Vari­
beglückt oder verschmäht und zur Rache ent­ anten, die wir in
flammt zu denken. 40 der Litteratur an
Vorläufern und
Späteren Dichtern blieb es überlassen, diese Nachzüglern der
Andeutungen auszuführen. Der verschmähte Hauptgestalten be­
Liebhaber wird zum eifersüchtigen, und alle obachten konnten.
seine ursprüngliche Wildheit kommt wieder
zum Vorschein : mit einem Felsblock zerschmet­ Der h o m e r i ­
tert er seinen Nebenbuhler Akis ( O v i d , Metam. sche P o l y p h e m
13, 759 ff. Holland S. 263 ff.). Es scheint auch hat schon frühzei­
in dieser neuen Gestalt wieder Volksüberliefe­ tig bildliche Dar­
rung aufzutauchen, wenn auch nur in dem stellung gefunden
Sinne, dafs nun das in der Gegend des Aetna 50 und zwar, wie zu
lokalisierte Liebespaar, wie einst durch Pliilo- erwarten, über­
xenos Galateia allein, mit dem sizilischen Ky­ wiegend in dem
klopen in Vorbindung gebracht wurde. V e r g i l Kreis ionischer
schildert nach alten Mustern sowohl den homeri­ Kunst. Er erscheint
schen (Aen. 3, 628ff.) als den idyllischen Poly­ auf der ältesten,
phem (Ecl. 9, 39 ff.). Ganz unvolkstümlich, nur dem 7. Jahrh. an-
spielende Weiterbildung der zarten Andeu­ gehörigen Meister­
tungen Iheokrits erscheint die Auffassung im vase, deren Heimat
ersten Meergöttergespräch L u k i a n s , wo Ga­ bis jetzt noch nicht
lateia ernstlich in Polyphem verliebt ist (anders 60 genau ermittelt,
beurteilt diese Schilderung Heibig, Symb. philol. sicher aber in Io­
Bonn. S. 361 ff. Holland S. 276 ff.), und vollends nien zu suchen ist.
bei N o n n o s (Dionys. 6, 322; 39, 257; 40, 555; Aristonophos malt
43, 392. Holland S. 283ff.), wo sie ihn in seiner das Bild der Blen­
Höhle besucht, von ihm Syrinx spielen lernt dung des Riesen I
und ihn so zu fesseln weifs, dafs er es auf- mit behaglicher
giebt, mit Dionysos gegen die Inder zu ziehen. Ausführlichkeit aus (Mon. delV Inst. 9,
W i e weit an diesen äufsersten Konsequenzen Wien.Vorlegebl. 1888, Taf. 1, danach Fig. 1)
Polyphemos 2704
2703 Polyphemos

zeigt uns Polyphem als nackten Biesen, dessen schen, dessen übriger Leib im Feuer daneben
Stirnauge, in das sich eben der glühende Pfahl schmort, in den Händen hält, trifft ihn der
hineinbohrt, mehr zu erraten als wirklich dar- glühende Pfahl, nicht ins Auge, sondern in die
Brust, was viel-
leicht ohne tie-
fere Bedeutung
ist, vielleicht aber
auch auf eine
litterarische Vor-
lage zurückgeht,
die man in diesem
Falle in der sizi-
lischen Komödie,
etwa bei Epi-
charm suchen
möchte (Sauer
a.a.O. S.46). Die
älteren r. f. Vasen
bringen nichts
Erhebliches hin-
zu (Sauer S. 46
mit Anm.).
Wertvolle Po-
•^Polypnem und Odysseus (nebst Gefährten und Satyrn), Vasenbild In Eichmond
(nach Jahrb. d. Inst. 6 Taf. 6).
lyphemdarstel-
lungen im An-
schlufs an das Satyrspiel liefert das 5. Jahrh.
gestellt ist. Im einzelnen ist das Gesicht leider in einem r. f. Vasenbild jüngeren Stils (in
zerstört. Dem ionischen Kulturkreis darf man u
auch die kyrenäische Schale zuweisen (Mon.
d. Inst. 1, 7 , 1 ) , auf der Polyphem, zwei mensch­
liche Unterschenkel in den Händen haltend, 30
geschlossenen Auges dasitzt, während seine
Feinde den Pfahl auf das nicht ausdrücklich
dargestellte Stirnauge richten und ihr Führer
gleichzeitig den Becher zum Munde des Riesen
erhebt. Mehrere andere archaische Vasen, unter
denen Brit.
Mus. Β 154
= Mon. deir
ikii.10,53,3
von Loesch- 40
cke (observ.
archaeol.
1880, S.6)u.
Zahn (brief­
lich) als
ionisch be­
zeichnet
wird, sind
bei Sauer,
Torso von 50
Belvédère
Anm. 128
4) Odysseus und Polyphem, Lampenrelief angeführt ;
(nach Ann. delV Inst. 1863 Taf. 03). hinzuge-
kommen ist
das nicht uninteressante Bild eines böotischen
Napfes, Arch. Am. 1895 S. 35, in dem Poly-
phem normal zweiäugig ist und <Jer Pfahl ihm
in das rechte Auge gebohrt wird. Das eigen-
artigste s. f. Bild, das sich auf einer Vase unter- 60
italischer Herkunft und unverkennbar ionischen
Charakters findet (Berlin 2123, abgeb. Abhandl.
d. Berl. Akad. 1851 Taf. 3, 1), ist hier (Fig. 2) 5) Odysseus und Polyphem; Sarkophagfragment in Neapel
zum ersten Male stiltreu (nach Zeichnung (nach Robert, Sarkophagreliefs 2, 53, 148).
Lübkes) abgebildet. Flüchtig, aber gewandt
ist darin dargestellt, wie den Menschenfresser Richmond), das hier (Fig. 3 ) nach Jahrb. d. Inst.
mitten in seinem Frevel die Rache ereilt: wäh- 6 ( 1 8 9 1 ) Taf. 6 abgebildet ist; hier ist (vgl Winter
rend er einen Arm und ein Bein eines Men- a a O. S. 2 7 1 ff.) die Vorbereitung zur Blendung
Polyphemos 2706
2705 Polyphemos
wie Polyphem, eben geblendet, sich aufrafft
des Kyklopen und dieser selbst schlafend, in
und seine Peiniger zu erhaschen sucht. Ob
derb realistischer Auffassung, mit Glück vor­
der Polyphem- und der Odysseuskopf eines Neu-
geführt, eine Darstellung, die besonderen Wert
magener Reliefs im Trierer Provinzialmuseum
gewinnt als erhaltenes Seitenstück zu dem nur
einer ähnlichen Komposition angehört hat, mufs
beschriebenen Bildchen des Timanthes, in dem
dahingestellt bleiben. Den vom Wein über­
Satyrn mit einem Thyrsos die Länge des Riesen­
wältigten, schlafenden Kyklopen stellte eine
daumens mafsen und dadurch sinnreich die
andere, wohl auch von einem Maler erfundene
Grofse des schlafenden Ungeheuers andeuteten
Komposition dar, die wir aus einem Relief in
((Blin.
P i k 35,
35, 74;
74; vgl.
vgl. Brunn
Brunn K.
it. G.
ix. 2, S. 123). Kleina
2, s. i z o j . ja.un.ius Τ Ι Υ Ι Ι Ι ^ Υ Ο Ι Ω Ν Ι Ι — — — __.
· — - • 7. 7 . · „ Λ , 4, ΠΊΊ
Zweifel an einem Zusammenhang des Bildes 10 Catania (Bobert, Böm. Sarkophagreliefs 2, 53,
mit dem Satyrspiel (Arch.-epigr. Mitt. aus Ost. 147) und dem einer etruskischen Aschenkiste
11 [1887] S. 124) erledigen sich zum Teil schon (Urne etrusche 87, 3) kennen. Ein steinschleu-
durch das Bekanntwerden des Richmond-
schen Vasenbildes; seine eigene Annahme
aber, dafs das Bild von einem jüngeren
Timanthes war und den Polyphem des
Idylls darstellte, schwebt ganz in der Luft.
Abseits von diesen launig, aber zugleich
mafsvoll charakterisierenden Bildern steht
das etruskische Wandbild von Corneto (M.
d. 1. 9, 15, 7; Engelmann, Bilder atlas zu
Homer 2, 38, s. ob. Bd. 2 Sp. 1686), dessen
Abscheulichkeit besonders darin beruht,
dafs die normalen Augen ganz verschwin­
den und nur das eine aus der Stirn her­
vorquellende Auge übrig bleibt.
Verfolgen wir zunächst den homeri­
schen Polyphem weiter durch die jüngere
griechische Kunst, so stofsen wir auf meh­
rere interessante Kompositionen, die wir
aus bescheiden handwerklichen Nachbil­
dungen erschliefsen. Die eine ist eine
statuarische Gruppe, die nicht die Blen­
dung, sondern deren verhängnisvolles Vor­
spiel darstellt. Polyphem — dessen Kopf
w i r hier nicht genauer kennen — safs auf
einem Felsen, den Leichnam eines viel
kleiner gebildeten Griechen neben sich;
ihm nahte sich, vorsichtig beobachtend,
Odysseus, um ihm den berauschenden
Trank darzureichen (Marmorfigur des kapi­
2
tolinischen Museums, Heibig, Führer 415,
abgeb. Böm. Sarkophagreliefs 2 S. 160,
von Brunn, Ann. d. Inst. 1863 S. 241 ff.;
überzeugend kombiniert mit einer vati­
kanischen Odysseusstatuette A b b . Bd. 3,
1 Sp. 675; Engelmann, Bilderatlas zu
Homer 2, 34; Amelung, Kat. Mus. Chiar.
704, Taf 85; ähnlich eine kleine Bronze­ 6) Aeneas im Kyklopenlande.
gruppe bei Baoul-Pochette, Mon. inëd. Pompejan. Wandbild (nach Λ»»!, dell 'Inst. 1S79 Taf. H).
62, 2, etruskische Aschenkisten, Urne
etr. 86, 2. 1 , ein Lampenrelief Ann. d. Inst. dernder Polyphem, ebenfalls auf einer etrus­
1863 Taf. 0 3 ; Heibig, Führer 1 S. 74, wo­1
kischen Aschenkiste (Urne etrusche 87, 4), steht
nach hier [Fig. 4] abgebildet; Engelmann 2, 35, vereinzelt, palst aber gut zu den eben genannten
das Relief an einem Krater im Reliefschmuck Darstellungen und gehörte vielleicht mit ihnen
eines Bechers von Bernay, Baoul - Bochette zu jenem zusammenhängenden Zyklus 'homeri­
S. 338, endlich Sarkophagreliefe: Bobert, Böm. scher' Bilder. Ganz für sich steht ein Relief
Sark. 2, 53, 148. 148 a; s. Abbildung 5). An der Münchener Glyptothek (Furtwängler 260;
abgeb.
abgeb. Lützow, Lützow, Münch.
M « A Antiken
i r t t e42, n Schreiber,
diese Komposition, die' ursprünglich vielleicht
E H M S D
einem V R C I I I ^ C
ANGEHÖRTE
g j
(Brunn a. a. O. eo Beliefbilder 18, das m Form und!
Ι Ν Γ +
Η Λ Λ 0 so Nungewöhnliche
NCRP.wnVmhr.iie Zuffe
Züge aufweist,
prosit
aufweist, dais
^ M « r
dafs ich
on
ich
Petersen, Festschr. f. Benndorf S. 132), schlielst
(Torso von Belvédère S. 49) seine Echtheit be-
sich auch das in einen Dreifufs hineinkom­
zweifelt habe; doch hat eine erneute Unter-
ponierte Relief des Louvre an (Clarac 2, 223,
suchung durch Furtwängler, Arndt und L.
249, besser bei Petersen a. a. 0. S. 131), diesem
Curtius solche Zweifel niedergeschlagen. Poly-
wieder, vermutlich auf denselben Odysseezyklus
phem hat hier nicht, wie sonst der homerische,
zurückgehend, ein ähnliches vatikanisches
ein Schaf- oder Ziegen-, sondern ein Löwenfell
(Mus. Pio. Clem. 5, 15, gut zum ersten Male
und zwar von auffallend gesuchter Anordnung,
bei Petersen S. 129), in dem dargestellt ist,
Polyphemos 2708
2707 Polyphemos

auch versteht mau nicht recht die Aktion des (vgl. Furtwängler, Jahrb. d. Inst. 6S. 110 ff.)
Biesen, der mit hocherhobener Rechten auf bakchischen Schwärm verdankt.
einen schon toten Griechen einhaut, vielleicht Keines der Bilder des v e r l i e b t e n P o l y ­
p h e m gehört in vorhellenistische Zeit;
die Neuerung des Philoxenos scheint also
nicht sogleich auf die Kunst gewirkt zu
haben, die eigentliche Anregung vielmehr
erst von der gereifteren poetischen Figur
des Idylls, speziell Theokrits ausgegangen
zu sein, ob schon in hellenistischer, ob
erst in römischer Zeit, ist nicht mit Be­
stimmtheit zu sagen. Man sieht Polyphem
jetzt am Strande stehen, öfter noch sitzen,
wie ihn auch ein Gemälde des älteren
Philostrat (2, 18) schildert: sehnsuchtsvoll
blickt er auf das Meer hinaus, wo Galateia
allein oder von anderen Nereiden umgeben,
ihm lockend erscheint und sich über ihn
lustig macht (Helbig, Wandgemälde 1042
bis 1046. 1053? Sogliano, Pitt, murali 470.
471. 473). Oder er wird nach philoxenisch-
theokritischer Auffassung als Musiker dar­
gestellt, indem er zur Leier, die er aus
Hirschgeweihen oder Baumästen sich selbst
verfertigt hat, sein Liebesleid singt, be­
sonders schön in dem albanischen Relief,
das am ehesten Anspruch hat als helle­
nistisches Original zu gelten (Zoëga, Bas-
sirilievi 57. Schreiber, Beliefbilder 65 [da­
nach hier Fig. 7 ] , Sauer Taf. 2, wo die
häfslich ergänzte r. Hand beseitigt ist.
Wandbild ähnlicher Auffassung Helbig
1047. Gemmen: Jahn, Arch. Beitr. Taf. 2,
7) Verliebter Polyphem. Relief in V. Albani
(nach Schreiber, Relief bilder 65.)
2 und die Sauer Anm. 147 genannten), oder
er bietet dem spröden Meermädchen Ge­
schenke dar, so auf dem Matteischen Sarkophag
um ihn zu zerstückeln. Die Darstellung geht (Böm. Sarkophagreliefs 2, 60, 182 rechts, ver-
ihrem Stil nach auf toreutische Vorbilder zu­ gröfsert Sauer S. 52, wonach unsere Fig. 8),
rück. Die jüngste Weiterbildung des homeri­
schen Polyphem findet sich in
einem pompejanischen Wand­
bild (hier unt. Fig. 6 nach Ann.
d. Inst. 1879 Taf. H), in dem
die Landung des Aeneas, un­
sichtbar für den am Strande
stehenden Kyklopen, sich voll­
zieht.
' t Die Typik innerhalb dieser
Denkmälerreihe ist sehr kon­
sequent. Die Kleidung des
Riesen ist ein Fell, das seine
Herde ihm liefert; das Fell
eines katzenartigen Tieres cha­
rakterisiert ihn nur in späteren
und abgeleiteten Darstellungen
(Pompejan. Gemälde mit der
Landung des Aeneas, vatika­
nisches Dreifufsrelief) ; sicher
ein Löwenfell ist es nur in dem
von einem sehr eigenwilligen
Künstler erfundenen Münche­ S) Galateia und Polyphem (anwesend eine Lokalgottheit).
ner Relief bild. Dagegen finden Von einer Sarkophagplatte in Pal. Mattei (nach Sauer, Torso S. 52).
wir ein solches dem Hirten
ursprünglich fremdes Fell und zwar, so oft es wiederum nach theokritischem Vorbild, einen
genau kenntlich ist, ein Panther- oder Leo­ kleinen Bären. Zu diesen Darstellungen des am
pardenfell, regelmäfsig in den nun zu be­ Strande sitzenden, nach Galateia ausblickenden
sprechenden Darstellungen des verliebten Poly­ oder in irgend einer Form um sie werbenden
phem, der dieses Attribut wahrscheinlich der Polyphem gehört nach Sauers bisher nicht wider­
erneuten Berührung mit dem ihm urverwandten legter Deutung die unter dem Namen des Torso
2709 Polyphemos Polyphemos 2710
di Belvédère berühmt gewordene,
verstümmelte Marmorfigur des
Atheners Apollonios (Brunn-
Bruckmann 240) aus späthelle-
nistischer Zeit, vermutlich dem
letzten vorchristlichen Jahrhun-
dert (vgl. Sauer, Torso von Bel-
védère; Preiser, Zum T. ν. B.
[1901], wo jene Deutung ange­
nommen ist; Bobert, Strena Hel-
bigiana S. 257 ff., der die Un­
möglichkeit des Heraklesnamens
anerkennt, seinerseits aber Pro­
metheus vorschlägt; Petersen,
Festschr. f. Benndorf S. 135 ff., der
den alten Namen mit schwachen
Gründen verteidigt, seinen Wider­
spruch gegen die Benennung Poly­
phem einseitig auf Bilder des
homerischen Menschenfressers
stützt), deren überzeugende Re­
konstruktion jedoch noch aussteht.
In weiterer Ausbildung der dank­
baren Erfindungen des Dichters
führt die Kunst ferner die Liebes­
botschaft der neckischen Galateia
vor (Heibig 1048, hier Fig. 9
nach Photographie ; Mau, Bull. d.
Inst. 1885 S. 258 = Engelmann, 9) Galateias Liebesbotschaft. Pompejan. "Wandbild Selbig, 1048
(nach. Photographie).
Bilderatlas zu Ovids Metam. 156;
Heibig 1049; Sogliano 472) und
setzt in die That um, was der theokritische Galateia. allerdings vergeblich, verfolgen läfst:
Polyphem sich erst vornimmt, indem sie den so hat ein gewifs bedeutender Maler ihn dar­
Riesenjüngling ins Meer hineinwaten und gestellt, dessen Gemälde das bekannte palatini-
sche Wandbild (Bev. archéol. 1870/71 Taf. 18,
wonach in diesem Lexikon 1, 2 Sp. 1587.
Mon. d. Inst. 11, 23. Sauer S. 54) wiedergiebt.
Endlich schildern uns pompejanische Wand­
gemälde (edler Auffassung Heibig 1050, in
revidierter Abbildung bei Sauer S. 56, u. 1051
zusammen mit seinem Gegenstück 1037; derb­
sinnlich Sogliano 474, abgeb. Sauer S. 59, die
beiden einander ähnlichen Heibig 1052 [Atlas
13, 1] und Sogliano 475 [farbig bei Niccolini,
Case di Pomp., descr. gen. 46 und Amelio-
Cerillo, dipinti murali Taf. 1] und das so­
wohl an diese wie an Sogl. 474 sich
ansehliefsende Mau, Bull. d. Inst.
1884 S. 20, 1), denen sich wenig­
stens eines der'hellenistischen'
Reliefbilder zugesellt
(Turin, Bütschke 4,172,
abgeb. Schreiber, Be-
liefbilder
55, danach
Kig. 10 -
Sauer S. 58;
die Kigurin
dem Ka-
pcllchenim
Hinter­
grund er­
kannte
Weizsäcker,
Wochen­
schr. f.klass.
10) Polyphem und Galateia (im Hintergrund eine KapeUe des Poseidon), Heliefbild In Turin
Phil. 1894
(nach Schreiber, Relief bilder 55). S. 1088 als
2711 Polyphemos Polyphetes 2712

Poseidon und bestätigte damit die Deutung des Dreifufsrelief, die Gemme Jahn, Arch. Beiträge
satyrhaften Gesellen auf Polyphem) in mehreren 2, 2, eine kilikische Bronzemaske des Britischen
Wiederholungen und Varianten, wie Galateia Museums (Walters, Cat. of Bronzes 1447) und die
zu Polyphem an den Strand kommt und sehliefs- an und für sich rohen und entstellten, aber auf
lich sogar in trauter Liebesvereinigung sich ihm gute Originale zurückgehenden Marmorköpfe
hingiebt. Der Versuch Rofsbachs (Jahrb. d. in Turin (Bütschke 4, 158. Tischbein, Homer
Inst. 8 S. 51 ff.), ein Bild der letzten Gruppe nach Antiken, Odyssee 7) und im Florentiner
(Selbig 1052) und damit wohl alle diese Liebes- Nationalmuseum (vgl. Sauer S. 60 f.) zeigen
paare auf Satyr (oder Silen) und Nymphe zu diese letztere Bildung, die man wohl auch für
deuten scheitert schon an dem Attribut des 10 die zerstörten Köpfe der kapitolinischen Statue
Widders,
' der Satyrn und Silenen nicht
. . . zukommt,
. .
(deren
, -,
Kopf
TT-
Petersen, Festschrift
/ » T l .
f. Benndorf
T.T--J..7. • / ï J ' T l J £
während er eben für Polyphem typisch ist (s. S. 1 3 5 als echt behandelt), des belvederischen
Helbig, Atlas Taf. 31, 1 und Sauer S. 58. 59). Torso und des Münchener Reliefs, sowie für
Von besonderem Interesse ist die Entwick- manches der beschädigten Wandgemälde an-
lung des K o p f t y p u s . Es ist zunächst be- nehmen darf. Besonderes Lob verdienen der
merkenswert, dafs die Kunst Beschränkungen der Erfinder des im Turiner Kopf vertretenen Typus,
Technik, des Mafsstabes, der Komposition oder der das eine sehende Auge an einer stark über-
ähnliche gern in dem Sinne ausnützt, die Haupt- hängenden Stirn anbrachte und ihm dadurch
schwierigkeit, die Darstellung der Einäugigkeit annähernd die Stellung eines normalen verlieh,
ganz zu umgehen: so k a n n m a n Silhouetten- 20 u n d der Meister des albanischen Reliefs, der
haften archaischen i n geschickter Anpassung an die flache Stirn
Vasenbildern , aber auch dem Augapfel schwächere Wölbung gab
auch dem palatini- und auf eigentliche Einbettung und Umrah-
schen und manchen mung durch kräftig entwickelte Lider verzichtete.
pompej anischen Im übrigen mufsten verständige Künstler sich
Wandbildern, auch klar machen, dafs das Bild des homerischen
dem Turiner Relief- Menschenfressers abstofsende Scheufslichkeit
bild, nicht bestimmt vertrage, der verliebte Schäfer aber in irgend
ansehen, wie ihr Er- einem Sinne sich seinem Urbild entfremden und
finder sich den Ein- 30 menschlichere, freundlichere Züge annehmen
äugigen eigentlich müsse. So wird Polyphem in seiner neuen Ge-
dachte. Naiv ratio- stalt je nach dem Lebensalter, das der Künstler
nalistisch verfuhr wählt, silen- oder satyrähnlich, dieses besonders
der böotische Vasen- in dem Riesenjüngling des palatinischen Bildes,
maler (Arch. Anz. jenes in den meisten Wandgemälden, Reliefen,
1895 S. 35), der sei- Gemmenbildern, besonders auch in dem epheu-
nem Polyphem nor- bekränzten Turiner Kopf und dem gemütlichen
11) Kopf des albanischen male Augen gab und Faulenzer des albanischen Reliefbildes.
Polyphem (nach Sauer S. 79). rechte den Uber das mythische Wesen des Kyklopen
Pfahl bohren liefs. 40 Polyphem lernen wir aus den künstlerischen
Einäugig im strengsten Sinne ist Polyphem nur Darstellungen aufser seiner immer wieder zu
in dem etruskischen Wandbild (Bd. 2, 1 Sp.1686), Tage tretenden Urverwandtschaft mit bakchi-
der Terrakottafigur Arch. Am. 1895, S. 128, schen Dämonen ebensowenig wie aus den dich-
die durch den Becher doch wohl als Polyphem terischen. Aus dem mythischen Bereich ist er
gekennzeichnet sein soll, und einer bronzenen (vgl. Laistner, Bätsei der Sphinx 2 S. 39) be-
Henkelattache römischer Zeit des Brit. Museums reits herausgetreten, als er bei Homer uns be-
(Walters, Cat. of Bromes 1448). Daneben giebt gegnet, und erstaunlich frei haben spätere
es dreiäugige Polypheme, die freilich dem Sinne Dichter und Künstler mit ihm geschaltet. Aber
des Märchens nicht streng entsprechen: man darin gerade liegt die Bedeutung dieser Schick-
sehe das oben abgebildete Neapler Sarkophag- so sale der Polyphemgestalt, dafs sie in einer
fragment und den Kopf am Panzer der Odyesee- fast lückenlosen Reihe interessanter Typen zur
statue des Iason (Athen. Mitt. 14 [1889] S. 162, Anschauung kommen und uns ausgiebig dar-
wozu Treu), denen sich der schon erwähnte über belehren, wie mythische Vorstellungen
Neumagener Reliefkopf des Trierer Museums sich in rein litterarische und künstlerische
anreiht. Die beste Lösung war, die normalen umsetzen und als solche sich folgerichtig weiter
Augen zwar beizubehalten, aber aufser Gebrauch entwickeln.
zu setzen und ein drittes Auge als eigentlich L i t t e r a t u r . Jahn, Arch. Beitr. S. 411 ff.
sehendes hinzuzufügen. So erscheinen nun jene Helbig, Symbola philol, Bonn. S. 361 ff. Holland,
zwei geschlossen, zugekniffen oder zugewachsen, Leipz. Studien 7 S. 141 ff. Gruppe, Wochenschr.
das dritte entweder in der Nasenwurzel (kleiner 60 f. klass. Philologie 1885, 1541 ff. Furtwängler,
Marmorkopf in Berlin nr. 244, zwei grofse Stein- Jahrb. d, Inst. 6 S. 110 ff. Laistner, Bätsei der
masken [Akroterien ?] in Lyon, deren eine un- Sphinx 2 S. 39 ff. Sauer, Torso S. 30 ff. —
genügend abgebildet ist bei Miliin, Gal. myth. Spezieil über die künstlerischen Darstellungen
2, 174, 631) oder auf der Stirn angebracht: fast handeln Bolte, de monum. ad Odyss. pertinent.
alle künstlerisch höher stehenden Polyphem- S. 4 ff. Harrison, I. H. S. 4 (1883) S. 248 ff. A.
bilder, insbesondere das Richmondsche Vasen- Schneider, Troischer Sagenkreis S. 51 ff. Sauer,
bild, das Albanische Relief (dessen Kopf hier Torso S. 45 ff. [B. Sauer.]
[Fig. 11] besonders abgebildet), das vatikanische Polyphetes (Ποίυφήτης), 1) Troer s. Peri-

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