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dido

poem von torsten schwanke

erster gesang

auf dem gipfel des olymps jupiter


der vater der götter stand
und starrte auf die afrikanische küste
das libysche königreich der königin dido
wo aeneas gerade gelandet war
als er über meer land und leute geflohen war
seine tochter VENUS kam zur besinnung
tränen schwammen in ihren leuchtenden augen
und sie sagte traurig
was hat dir mein aeneas angetan
allmächtiger herrscher über menschen und götter
dass nachdem er so viel böses ertragen hat
die ganze welt um italiens willen
ihm gegenüber geschlossen sein sollte
hast du mir nicht versprochen
dass aus dem erneuerten blut
des trojanischen vorfahren im laufe der jahre
das römische volk eines tages dorthin kommen
und über land und meer herrschen würde
nur dieses versprechen versöhnte mich
mit dem fall trojas
was hat deine meinung so plötzlich geändert

der vater lächelte die göttin


mit einem wohlwollenden lächeln an
er küsste sie mit einem kuss
und sprach mit dem blick
mit dem er die wolken vom himmel verscheucht
sei zuversichtlich kleine tochter
das schicksal deines protegés bleibt ungestört
die mauern von lavinium
in italien werden sich erheben
im mächtigen krieg wird aeneas dort triumphieren
trotzende völker zähmen
recht und ordnung schaffen
drei jahre lang wird er in latium regieren
sein sohn askanius oder julus
wird den sitz der herrschaft von lavinium
nach alba longa verlegen
drei jahrhunderte lang wird priamus‘ familie
auf dem thron sitzen
bis eine vesta-priesterin
aus dem königshaus zwillingsjungen
dem kriegsgott zur welt bringt
von diesen wird romulus
von einer wölfin gesäugt
neue mauern für seinen vater mars bauen
und der gründer des römischen volkes werden
aber ich mache die römer zu den herren der welt
und ihrer herrschaft ist kein ziel
juno selbst die deinen sohn jetzt quält
wird sich mit diesen seinen enkeln versöhnen
und sie mit mir bevorzugen
und der größte römer wird
ein nachkomme von julus sein
und julius heißen
seine herrlichkeit wird zu den sternen aufsteigen
er selbst dein nachkomme o tochter
wird unter die götter
in den himmel aufgenommen werden
aber unter den menschen
wird nach dem ende der kriege
der ewige friede wohnen
eisenstangen werden die tore
der zwietracht schließen
die gebunden an hundert ketten
vergeblich mit blutigen zähnen knirschen werden

so sprach jupiter
und schickte sofort seinen sohn
den gesandten der götter
merkur nach karthago
um den trojanern einen gastfreundlichen
unterschlupf zu bieten
dieses land war ein alter sitz phönizischer pflanzer
und juno schützte das reich mit besonderer anmut
ihre rüstung ihr wagen wurden dort aufbewahrt
und es war lange zeit der wunsch
und das bestreben der göttin gewesen
hier ein weltreich zu errichten
aber jetzt regierte dieses libysche reich
dido die witwe des phönizischen sychaeus
die hier die neue stadt
und das schloss karthago erbaut hatte

am nächsten morgen machte sich aeneas


nur von seinem freund achates begleitet
auf den weg um das neue land zu erkunden
in das ihn der sturm geworfen hatte
da mitten im wald traf ihn seine mutter VENUS
in form einer bewaffneten jägerin
wie es spartanische jungfrauen gewohnt sind
ein bogen hing über ihre schultern
ihr haar flatterte frei in der luft
ihr leichter rock war hochgezogen
sagt es mir junge männer
wandte sie sich an die wandelnden helden
habt ihr nicht eine meine spielkameradinnen gesehen
die mit luchspelz bekleidet sind
und deren köcher über ihnen hängen
nein antwortete aeneas
aber wer bist du o jungfrau
in deinem gesicht und deiner stimme
ist etwas übermenschliches
bist du eine nymphe bist du eine göttin
aber wer auch immer du bist
sag uns in welchem land sind wir
der sturm hat uns an diese küste gebracht
und wir sind schon seit langem in der welt unterwegs VENUS antwortete mit einem lächeln
wir tyrischen mädchen tragen uns immer so
und deshalb bin ich nicht apollos schwester
denn du siehst mich bewaffnet mit dem köcher
ihr seid unter tyriern o fremde
in einem phönizischen königreich
in der nähe der stadt des agenor
deshalb ist der teil der welt in dem ihr seid
afrika das land ist libysch
und die menschen wild und kriegerisch
eine königin regiert über uns dido
sie kommt auch aus tyrus
und war dort die geliebte frau
des reichen phönizischen sychaeus
aber ihr bruder pygmalion der könig von tyrus
ein unmenschlicher tyrann
hasste den schwager
und geblendet von der gier nach gold
und unbesorgt aus liebe zu seiner schwester
tötete er heimlich ihren mann
auf dem altar der götter
der blasse schatten des ermordeten
erschien im traum seiner frau
mit einer tiefen schwertwunde in der brust
die das geheime verbrechen enthüllte
er riet ihr schnell aus ihrer heimat zu fliehen
und markierte den unterirdischen ort
an dem der alte verborgene reichtum des königs
silber und gold bereit sein würde
ihre reise zu unterstützen
dido folgte seinem rat
der hass des tyrannen versammelte
viele gefährten um sich herum
was von schiffen bereit war
wurde mit dem gold des kargen pygmalion gefüllt
so erreichten sie die küste afrikas
und den ort an dem du bald
die mächtigen mauern der neuen stadt karthago
mit ihrer himmelhohen burg sehen wirst
hier kaufte sie zunächst nur ein stück land
namens byrsa oder ochsenhaut
aber bei diesem namen verhielt es sich so
dido die in afrika ankam
verlangte nur so viel feld
wie sie mit einem ochsenfell überspannen konnte
diese haut jedoch schnitt sie in so dünne bänder
dass sie den gesamten raum umgaben
der heute von byrsa der burg
von karthago besetzt ist
von dort aus erwarb sie mit ihren schätzen
ein immer größeres territorium
und ihr königlicher geist
gründete das mächtige reich
das sie heute beherrscht
jetzt wisst ihr wo ihr seid o männer
aber wer bist du denn
woher kommst du und wohin gehst du
mit diesen fragen veranlasste die göttin
aus dem mund ihres sohnes
dessen klage sie jedoch bald unterbrach
einen berührenden bericht über sein schicksal
wenn meine eltern mir nicht vergeblich
die interpretation des vogelfluges
beigebracht haben sagte sie
dann kündige ich dir die rettung
deiner schlauen schiffe
und die rückkehr deiner freunde an
denn am offenen himmel sah ich
zwölf schwäne in freudigem flug
die ein adler der vogel jupiters
kürzlich auseinander gejagt hatte
in einem langen prozess versuchten sie teilweise
das land zu gewinnen
teilweise schwebten sie bereits über dem land
das sie gewonnen hatten
so erreichten auch deine kameraden
teilweise den hafen
teilweise näherten sie sich ihm mit vollen segeln
aber wenigstens gehst du
auf dem rechten weg weiter
so sprach die jungfrau und drehte sich um
ihr rosiger hals strahlte von übernatürlichem licht
ihre ambrosischen locken verbreiteten
einen himmlischen duft
ihr kleid winkte blendend bis zu ihren oberschenkeln
ihre gestalt erschien übermenschlich
die göttin kündigte ihren vollständigen abschied an
nun erkannte aeneas plötzlich seine mutter
und rief die flüchtige vergeblich zurück
aber aeneas hüllte sie in einen dichten nebel
so dass niemand ihn sehen
und seine absichten erforschen konnte
sie selbst schwebte hoch durch die luft
zu ihren lieblingsplätzen in paphos

zweiter gesang

die beiden wanderer gingen lebhaft im nebel


und folgten immer den fußwegen
bald hatten sie den hügel bestiegen
der sich hoch über der stadt erhob
und auf die gegenüberliegende burg hinunterblickte
aeneas war erstaunt
das stolze königshaus zu sehen
das dort stand wo einst
nur arme bauernhäuser gestanden hatten
das hohe steintor der stadt
die breiten gepflasterten straßen
den lärm und das treiben im inneren
aber die stadt befand sich noch im bau
und die tyrer erledigten die arbeit mit ganzem eifer
einige waren mit den stadtmauern beschäftigt
andere mit der fertigstellung der burg
auf deren höhen sie quadersteine rollten
viele bezeichneten zunächst den ort
an dem ihr haus von den furchen aufsteigen sollte
der größte teil der bevölkerung
war auf dem marktplatz versammelt
wählte den senat und die richter des volkes
und diskutierte die gesetze des neuen staates
wieder andere gruben bereits an den häfen
andere legten den boden für ein theater
und schnitten mächtige säulen als dekoration
der zukünftigen bühne aus dem felsen
das ganze war wie ein schwarm
von bienen zu sehen der schwärmt

aeneas und sein begleiter befanden sich


bald inmitten der geschäftigen menschen
versteckt in ihren nebligen gewändern
und gingen unbemerkt hindurch
mitten in der stadt befand sich
ein wunderschöner schattiger hain
in dem die phönizier
nach langen stürmen und seereisen
zuerst ein zeichen des segens ausgegraben hatten
das juno ihnen geschickt hatte
einen pferdekopf der ihnen glück
im krieg und nahrung bedeutete
hier baute königin dido
der juno einen prächtigen tempel
stufen torpfosten und türflügel waren alle aus erz
in diesem hain nahm aeneas der held
wieder mut an
und gab sich in seiner verzweifelten situation
mutigere gedanken der hoffnung
denn als er sich in dem prächtigen tempel umsah
und die prächtigen kunstwerke bestaunte
die darin waren stolperte er
über eine reihe von wandmalereien
die die schlachten von troja darstellten
priamus die atriden achilles rhesus und diomedes
das fliehen der griechen
und wieder der trojaner
der von seinen pferden geschleppte junge troilus
trojanische frauen mit fliegenden haaren
im tempel von pallas
hektors geschleppte leiche
penthesilea mit ihren amazonen
der held aeneas erkannte alles
ja am ende entdeckte er auch
wie er den riesigen stein von der mauer
auf die feinde warf
während er all dies mit erstaunen
schmerz und lust beobachtete
näherte sich königin dido selbst dem tempel
umgeben von einem großen gefolge
tyrischer jugendlicher
in höchster pracht jugendlicher schönheit
unter dem gewölbe des portals
umgeben von bewaffneten männern
setzte sie sich auf einen hohen thron
und verteilte die werke in der neuen stadt
an die menschen die sich um sie herum versammelten
teils nach schätzungen teils nach dem los
sie hatte das recht sie gab gesetze
aeneas und achates sahen plötzlich
ihre verlorenen freunde und kameraden
sergestus kloanthus und viele andere teukrer
die durch den sturm von ihnen getrennt worden waren
und an andere küsten zogen
inmitten des trubels
freude und angst ergriffen sie bei diesem anblick
sie strahlten mit dem wunsch
ihnen ihr recht
auf einen bequemen handschlag zu geben
und doch machte sie das unverständliche
wieder wahnsinnig
sie hielten es deshalb in ihrer nebelwolke aus
und warteten darauf ob sie das schicksal
ihrer freunde nicht im laufe der dinge
aus eigenem antrieb erleben würden
denn wie sie sahen waren sie
auserwählte männer von jedem schiff
sie drängten sich auch bald aus der menge
betraten den portikus des tempels
und als die königin ihnen das wort gewährte
begann ihr anführer ilioneus zu sagen
edle königin wir sind arme trojaner
die der sturm von meer zu meer geworfen hat
wir haben den kurs unserer flotte
auf das ferne italien gerichtet
als uns ein unerwarteter hurrikan
unter die klippen stürzte
wo zweifellos viele unserer schiffe umgekommen sind
die überreste der flotte haben deine küste erreicht
aber unter welche art von menschen sind wir gefallen
welches barbarische volk toleriert solche bräuche
uns ist der zugang zum strand verwehrt
wir sind von kriegen bedroht
von der verbrennung unserer schiffe
wenn du nichts von der menschlichkeit weist
dann scheue wenigstens die götter
aeneas war unser anführer
es gibt keinen größeren und frommeren helden
wenn das schicksal uns diesen mann gegeben hat
wirst du den dienst den du uns erweist
nie bereuen deshalb erlaube uns
die geleckten schiffe an land zu ziehen
schiffsbalken in eurem wald zu hauen
und ruder zu bauen
wenn wir unseren könig
und unsere freunde wiederfinden
dann wird die reise ins versprochene italien
für uns wahrscheinlich erfolgreich sein
aber wenn die libysche flut ihn verschluckt hat
und unsere hoffnung weg ist
dann gib uns jetzt wenigstens ein sicheres geleit
o mächtige königin
damit wir zu unserem gastfreund
am sizilianischen strand
von dem wir kommen zurückkehren können

die königin senkte ihren blick auf die erde


vor den menschen und antwortete kurz
verbannt die angst aus euren herzen trojaner
mein schicksal ist so hart
mein königreich ist so jung
dass ich gezwungen bin
die grenzen des landes um mich herum
durch strenge wachen zu sichern
aber trojas stadt und ihr unglückliches volk
ihre helden ihre waffen
ihre schreckliche zerstörung
die kennen wir gut
unsere stadt ist nicht so abgelegen
dass sie nichts von ihrem schicksal weiß
unsere herzen sind nicht so unempfindlich
dass sie uns nicht berührt hat
möget ihr dann hesperien
oder die insel sizilien als euren wohnsitz wählen
in beiden fällen tröstet euch mit meiner hilfe
ich werde euch alles notwendige
zur verfügung stellen
und euch in frieden gehen lassen
es wäre mir lieber ihr würdet euch
hier im land niederlassen
wenn ihr das wollt steht es euch frei
eine stadt zu gründen
und meine gesetze werden euch
den gleichen schutz bieten
wie meinen eigenen untertanen
was euren könig betrifft
so werde ich sofort sichere männer
an meine küsten und in das land schicken
um ihn auszuspionieren
egal ob er irgendwo im wald
oder in den städten festsitzt

die beiden helden in der wolke


brannten vor dem wunsch
den nebel zu durchbrechen
als sie das hörten hörst du es
sohn der göttin
flüsterte achates zuerst seinem erhabenen freund zu
die schiffe die freunde sind alle gerettet
nur einer fehlt
den wir selbst im meer versenkt sahen
sonst entspricht alles den versprechungen
deiner mutter
dies wurde kaum gesagt
als sich die nebelwolke in sich selbst aufteilte
und im offenen äther verschwand
aeneas stand dort im fröhlichen licht
wie ein gott
das auf seine schultern und seinen kopf scheint
seine mutter hatte schöne fließende lockige haare
auf seinen kopf gezaubert
das purpurne licht der jugend auf seine wangen
und den gnadenstrahl in das fröhliche auge
wie ein wunder stand er vor allen anderen da
wandte sich an die königin und sagte
da bin ich nach dem ihr verlangt
gerettet von den wellen libyens
ich der trojanische aeneas
edle großherzige königin
die du barmherzig in deine stadt
die ruinen eines unglücklichen volkes
aufgenommen hast
keiner von allen trojanern
die über die ganze erde verstreut sind
kann dir würdigen dank zahlen
mögen die himmlischen es dir zurückzahlen
selig sind die eltern die dich zeugten
solange die erde steht
wird dein name bei uns in herrlichkeit leuchten
wie auch immer das land uns nennen mag
so sprach aeneas
und eilte zu seinen freunden
rechter hand linker hand
die ihm eine rasse anbot
als dido sich von ihrem ersten erstaunen
erholt hatte sagte sie
o sohn der göttin
welches schicksal verfolgt dich
durch solche gefahren
ihr seid also aeneas anchises der trojaner
den einst die erhabene göttin VENUS
auf den wellen des simois geboren hat
ich habe von meinem vater belus viel
über das schicksal deiner familie
und deines volkes gehört
als er es in zypern erfuhr
kam der argiver teucer telamons sohn zu ihm
der dort nach dem trojanischen krieg
eine siedlung gegründet hatte
er erzählte viel über deine heldentaten
er war dein feind im krieg
aber gleichzeitig dein blutsverwandter
denn auch er prahlte damit
aus den alten familien der teukrer herabzusteigen
seine mutter hesione die telamon
als kriegsgefangene von seinem freund herkules
als geschenk erhalten hatte war eine tochter
des trojanischen königs laomedon
aber jetzt ihr menschen
betretet unsere häuser mit zuversicht
auch ich bin im exil
auch ich habe nach einem langen kampf
erst in diesem land frieden gefunden
ich bin mit dem elend gut vertraut
und verstehe die hilfe der unglücklichen

so sprach dido
und führte den helden sofort in ihren palast
auch veranstaltete sie ein prächtiges opferfest
in allen tempeln
das innere der burg
war mit königlicher pracht geschmückt
und in den schönsten sälen des schlosses
wurde ein fest vorbereitet
überall wurden künstlerische
purpur-teppiche ausgestellt
schweres silber lag auf den tischen
goldene trophäen mit erhabenen
künstlerischen arbeiten schimmerten überall

unterdessen wurde der edle aeneas


durch seine väterliche liebe nicht ruhig gelassen
er schickte den treuen diener achates hastig zur flotte
um dem jungen askanius
die gute nachricht zu verkünden
und ihm selbst zu überbringen
er befahl auch alle möglichen ehrengeschenke
die er von den trümmern trojas gerettet hatte mitzubringen
einen prächtigen umhang
mit goldverarbeiteten bildern
den schleier der helena
ein wunderbares geschenk ihrer mutter leda
das sie aus sparta mitbrachte
das zepter ilions
priams ältester tochter
einen halsschmuck aus perlen
und eine krone die von gold
und edelsteinen glänzte
mit diesen befehlen eilte achates zu den schiffen

dritter gesang

aber die himmlische mutter


des helden war über sein schicksal nicht beruhigt
sie fürchtete die zweisprachigen tyrier
und das betrügerische königshaus
juno die tödliche feindin von aeneas
war auch die schutzgöttin des landes
und das machte VENUS große sorge
deshalb dachte sie an einen völlig neuen trick
ihr sohn der gott der liebe
sollte die gestalt des jungen askanius annehmen
und an seiner stelle
in der hofburg von karthago erscheinen
wenn dido nun den schönen jungen
beim königlichen fest
auf den schoß nehmen würde
und ihn harmlos hören und küssen würde
würde ihr amor das geheime feuer
und das verführerische gift der liebe einatmen

der gott der liebe gehorchte


dem gebot seiner mutter
er wurde hastig seine flügel los
und ging in kurzer zeit
amüsiert über die rolle die er spielen musste
trügerisch ähnlich dem kleinen julus oder askanius
in richtung der königlichen stadt
an der hand des achates
der keine täuschung vermutete
VENUS hatte den wahren askanius in seinem schlaf
in ihr eigenes gebiet den idalienhain entführt
und ihn dort in duftendem majoran
unter kühlem schatten platziert

als achates mit dem kleinen gott an der hand


in karthagos schloss ankam
hatte sich die königin bereits
auf einem goldenen thron
mit weichen teppichen
in der mitte des saales niedergelassen
aeneas und die trojanischen helden
kamen von allen seiten
und legten sich zu tische
entlang der violetten kissen nieder
diener boten wasser zur reinigung und handtücher an
und sie holten das brot aus den körben
fünfzig dienstmädchen standen in langen reihen
in der küche vor dem dampfenden essen
auf den flammenden herden
andere hundert dienstmädchen
und ebenso viele hübsche dienstmädchen
stapelten die speisen auf die tische
und stellten die goldenen becher vor die gäste
auch die tyrer kamen nun von den herden
und legten sich nach dem gebot
ihrer königin an die tische
die geschenke von aeneas wurden
herumgereicht und bewundert
dann wandten sich alle augen
dem kleinen vermeintlichen julus zu
der sich mit heuchlerischen umarmungen
an den hals seines vaters warf
seinen mund mit küssen bedeckte
und wunderbar weise worte sprach
vor allem die arme dido
die bereits von gott
ihrer zerstörung geweiht worden war
konnte ihren geist überhaupt nicht befriedigen
und sah bald den jungen an
bald die geschenke mit immer strahlenden augen
der kleine gott der liebe
löste sich schließlich heuchlerisch vom vater
und eilte zur königin
die königin nahm ihn unschuldig auf ihre arme
sah ihn zärtlich und liebevoll an
ohne zu ahnen was für ein mächtiger gott
an ihr festhielt amor jedoch
gehorsam gegenüber den befehlen seiner mutter
verwischte allmählich das bild
des verstorbenen mannes in ihrem kopf
und stimulierte die toten gefühle ihrer brust
zu einer neuen lebenseinstellung

das fest endete


die speisen wurden von den tischen genommen
riesige weinkrüge aufgestellt
und die becher wieder gefüllt
lautes rascheln rollte durch die säle des palastes
die nacht war gekommen
und flammende kronleuchter hingen
von der goldenen deckenplatte herunter
nun lies dido die herrlichste schale
schwer mit gold und edelsteinen
von seiner hand ergreifen
und füllte sie bis zum rand mit wein
sie war einst der mundbecher
aller tyrischen könige gewesen
ihn hielt die königin hoch in ihrer rechten hand
und erhob sich von ihrem thron
und in diesem moment hörte das geräusch
in den hallen des palastes auf
o jupiter sagte sie mit feierlicher stimme
mächtiger beschützer des rechts auf gastfreundschaft
möge dieser tag den tyriern
und unseren trojanischen freunden günstig sein
und unsere ungeborenen enkelkinder
sollen sich mit freude daran erinnern
du auch o bacchus spender der freude
und du auch o gnädige juno sei mit uns
auf diese weise sprach sie
goss das trankopfer auf den tisch
dann trank sie aus der goldenen schale selbst
und bot es dem tyrannischen häuptling an
der sich zuerst zu ihr setzte
nun machte die trophäe die runde
bei tyrern und trojanern
und in der zwischenzeit sang ein lockiger sänger
sinnvolle lieder über die ursprünge der welt
menschen und tiere zur goldenen zither
als der gesang vorbei war
hing dido am mund des erzählenden aeneas
hörte sein schicksal mit pochendem herzen
und schlürfte das gift
der süßen liebe in langen stößen
vierter gesang

die miene die worte des helden


gruben sich tief in das herz der königin
als die gäste den palast längst verlassen hatten
und sie ein paar schlaflose stunden
auf ihrem lager verbracht hatte
besuchte sie die kammer
ihrer geliebten schwester
und treuen freundin anna
und begann ihr ganzes herz zu öffnen
schwester anna sagte sie
ich habe angst vor wunderbaren träumen
was für ein seltener gast
hat unsere wohnungen betreten
welche waffen welcher mut welcher blick
du kannst sehen dass er von den göttern abstammt
und welche taten hat er erlebt
welche kriege wurden ausgefochten
welche reisen wurden unternommen
wahrlich schwester anna
wenn ich mich nicht unwiderruflich
entschieden hätte mich keinem mann
durch das band der ehe anzuschließen
da der tod mich um meine erste liebe betrogen hat
könnte ich vielleicht dieser einzigen schwäche erliegen
aber eher die erde sollte mich verschlingen
eher der blitz sollte mich treffen
bevor ich meine treue
zu meinem ermordeten mann breche
er hat mir meine liebe zu ihm genommen
er bewahrt sie auch im grab auf
tränen erstickten ihre stimme
und sie konnte nicht weitersprechen

ihre schwester anna sah sie mitleidig an


und antwortete dido ich liebe dich
mehr als mein leben
willst du deine schöne jugend
im witwengram verjammern
glaubst du der staub deines mannes
wird sich um deinen verzicht kümmern
kommt es dir nicht einmal in den sinn
in welchem gebiet du lebst
dass du auf der einen seite von kriegerischen gatulen
von unbändigen numidierstämmen
von unwirtlichen sandbänken
auf der anderen seite von wasserlosen
wüsten eingeschlossen bist
und welche kriege drohen dir von tyrus
von deinem unversöhnlichen bruder
glaube mir durch die gunst unserer schutzgöttin juno
sind die trojanischen schiffe hier gelandet
schwester wie mächtig unsere stadt
wie mächtig würde das königreich
durch eine solche ehe werden
wie wird die herrlichkeit der phönizier zunehmen
begleitet von den waffen der troer
sei weise liebe schwester
opfere den göttern bringe gästeopfer dar
verwandle die helden mit zögern aller art
während ihre flotte noch zerbrochen ist
und die winde den schiffen entgegengesetzt sind
mit diesen worten entzündete anna
didos glühende seele noch mehr
und legte all ihre schüchternheit
in ihrem herzen schlafen
sie gingen zusammen zu den tempeln
und opferten den göttern
dann führte dido den geliebten helden
durch ihre stadt zeigte ihm
die sidonische königliche pracht
und feierte ein neues mahl zu ehren ihres gastes
wieder hörte sie den askanius
das bild seines vaters
wieder konnte sie nicht müde werden
den helden von trojas leiden erzählen zu hören

all dies war der mutter der götter


juno auf dem olympus nicht entgangen
der richtige zeitpunkt den helden
für immer um das versprochene italien zu betrügen
und das trojanische volk
sich in fremden stämmen verlieren zu lassen
schien ihr gekommen zu sein
sie ging zu ihrer tochter VENUS
und begann heftig aber freundlich zu ihr
wirklich du und dein junge
ihr habt einen schönen sieg errungen
aber warum noch länger streiten
lass uns einen ehevertrag schließen
und damit den ewigen frieden
du hast das was du gesucht hast mit ganzer seele
dido leuchtet von der liebe zu aeneas
lass uns die nationen zusammenführen
sie kann dem trojanischen mann dienen
und die tyrier werden sein hochzeitsgeschenk sein

VENUS bemerkte die geheime absicht der heuchlerin


aber sie antwortete ganz genau
wie könnte ich so dumm sein
dir das zu verweigern o mutter
wie könnte ich es wagen
mich im endlosen kampf mit dir zu messen
ich fürchte nur dass jupiter
die vereinigung beider völker nicht zulassen wird
aber du bist seine frau
es passt zu dir dass sein herz geneigt wird
indem du bittest
was du erreichst ist für mich richtig
lass das meine sorge sein antwortete juno fröhlich
vor allem muss der bund geschlossen werden
lass mich nur das schicksal steuern
jupiter wird seine zustimmung
zu dem was geschehen ist nicht verleugnen
VENUS nickte anerkennend und freundlich
aber in ihrem herzen verspottete sie den betrug

am nächsten morgen organisierte die königin


eine große jagd zu ehren
ihrer ausländischen gäste
exquisite jugendliche
mit schlaufen netzen breiten jagdspeeren
begleitet von reitern und spürhunden
verließen die tore
vor dem palast stand das pferd der königin
mit gold und purpurnen decken verziert
tapfer auf seinen schäumenden zähnen kauend
am tor wartete der prinz der götter
schließlich trat dido heraus
umgeben von einer großen jägerschar
sie trug ein bunt besticktes jägerkleid
darüber einen violetten rock
mit einer goldenen schnalle
ein goldenes diadem umarmte ihre stirn
und an ihrer schulter hing der goldene köcher
vier trojaner waren in ihrem zug
darunter der lebendige julus
endlich kam auch der schönste von allen aeneas
mit seinen bekanntesten helden
zu dem unternehmen

als die kompanie die berge erreicht hatte


zerstreuten sie sich bald
auf dem unwegsamen wilden kurs
gämsen wurden bald gesehen
wie sie von den felsigen gipfeln
über die hügel stürzten
auf der anderen seite verließen rehe
ihre berge in einem staubigen flug
drängten sich in ängstlichen haufen zusammen
und liefen durch die offenen felder
mitten im tal tummelte sich der junge julus
mit seinem mutigen pferd
und flog bald an ihnen vorbei
bald an den jägern vorbei
das schüchterne pferd war viel zu klein für ihn
er hoffte immer
dass ein schäumendes wildschwein auftauchen würde
oder ein löwe mit einer gelben mähne
hinter dem hügel herauskommen würde.

die jäger waren so sehr in ihre lust vertieft


dass sie nicht bemerkten
wie sich der himmel zu verdunkeln begann
und erst das drohende gewitter entdeckten
das sich in den wolken sammelte
als der wind durch die bäume eilte
und plötzlich regen und hagel herabströmten
tyrier und trojaner verstreut und verloren
durchsuchten felder und wälder
nach verschiedenen schutzgebieten vor dem sturm
während nun geschwollene waldflüsse
aus den bergen fielen
und eine zuflucht isoliert
und von den anderen abgeschnitten war
trafen sich königin dido
und der trojanische held aeneas
gleichzeitig in derselben grotte
um schutz vor dem immer heftigeren
gewitter zu finden
mit dem aufruhr der natur
dem glühen des blitzes
und dem rauschen des donners
entfesselte sich die zuvor zurückgehaltene
neigung der königin
sie vergaß all ihre weibliche schüchternheit
und bekannte ihre glühende liebe zum helden
dann verschwanden die göttlichen verheißungen
aus dem verhexten aeneas
er erwiderte ihre zärtlichkeit
und versiegelte die ausbrüche ihrer leidenschaft
mit einem rücksichtslosen eid.

fünfter gesang

der sturm war vorbei


die jagdgesellschaft war wieder vereint
und aeneas kehrte zu didos seite zurück
in die stadt und in den palast
ein fest der freude folgte dem anderen
man dachte nicht an eine abreise
und der winter nahte

nun machte sich fama die göttin des gerüchts


auf den weg und flog durch die städte libyens
diese kreatur von seltsam beweglicher gestalt
ist die tochter von mutter erde
und die jüngste schwester der riesen
so oft sie aus ihrer verborgenheit auftaucht
ist sie zunächst sehr klein und schüchtern
aber im laufe ihres fortschreitens
wächst sie in stärke und größe
und steigt bald in die luft
und wenn ihre füße über den boden gleiten
versteckt sich ihre krone in den wolken
ihre form ist schrecklich
ihr kopf vollständig mit daunenfedern bedeckt
so viele federn so viele funkelnde augen darunter
so viele zungen und münder die nie still bleiben
so viele immer spitze ohren
in der nacht fliegt sie zwischen erde und himmel
stürmt durch die schatten
und ihre augenlider sind nie in der nähe von schläfern
den ganzen tag über hockt sie sich jedoch hinunter
bald an den giebeln der häuser
bald auf den zinnen der türme
und erschreckt stadt und land
mit ihren quietschenden schreien
und es spielt für sie keine rolle
ob sie die wahrheit verkündet
oder lügen und täuschung berichtet

diese hässliche kreatur erfüllte die länder afrikas


mit vielen gerüchten
und erzählte ihnen alles darüber
was passiert war und was nicht
ein fremder war gekommen
ein mann trojanischer abstammung
aeneas namentlich
den die bezaubernde königin dido
als ihren mann gewählt hatte
sie vergaß ihre fürsorge für ihre herrschaft
die zügel der regierung glitten aus ihren händen
und das paar verbrachte den winter
in pracht und fülle
solche legenden lässt die hässliche göttin
durch den mund der menschen gehen
dann richtete sie plötzlich ihren kurs
auf numidien an den könig von jarbas
dessen hand kürzlich von dido abgelehnt worden war
sie entflammte sein beleidigtes herz
mit ihrem flüstern zum wildesten grimme
er war ein sohn des jupiter
und einer libyschen nymphe
und hatte seinem vater hundert prächtige tempel
in numidien gebaut
wo fleißige priester immer opferten
und die tore immer mit blumen bekleidet waren
dieser verärgert von den bitteren gerüchten
warf sich nun vor die altäre
und flehte mit erhobenen händen zum himmel
allmächtiger jupiter
dem die maurischen völker alle dienen
siehst du das und schickst nicht deinen blitz
eine frau die aus dem land geflohen ist
die eine kleine stadt für geld gegründet hat
der ich in meinem gebiet das ufer zum pflügen
das land zur herrschaft geliehen habe
eine solche frau hat meine hand trotzig abgelehnt
sich dem glatten trojaner hingegeben
und die weicheier ihren raub geniesen lassen
und wir sind solche narren
und hören nicht auf dir geschenke
in deinen tempeln anzubieten
und glauben an deine weltregierung
also betete er und griff nach dem altar seines vaters
jupiter hörte ihn und wandte seinen blick
vom olympus nach karthago
dann rief er seinen sohn merkur
was hat aeneas sagte er wütend
im land des feindes zu tun
ich habe ihn nicht zweimal
aus den waffen der griechen
und so oft aus den stürmen herausgeholt
lass ihn rom für mich finden
an ort und stelle soll er wegsegeln
ich will es
und dass du ihm von mir erzählen sollst
wie ein vogel eilte der gott
mit seinen fliegenden sohlen durch die luft
bald war er in karthago
und fand hier den helden aeneas
als er den bau neuer paläste überwachte
sein schwert funkelte mit edelsteinen
sein mantel den dido selbst anfertigte leuchtete violett
von kopf bis fu0 glich er einem tyrischen prinzen
und nicht mehr einem trojaner
dann stand merkur
der für alle anderen unsichtbar war
neben ihm und legte ihn ihm ins ohr
sklave hier stehst du vergisst dein schicksal
und dein königreich und baust die stadt
für eine fremde
erinnerst du dich nicht an deinen sohn askanius
und die römische herrschaft
die du zu finden hast
wisse jupiter schickt mich vom olymp
um dich zu bestrafen um dich zu vertreiben
der gott war weggeflogen bevor aeneas
sich von seinem stumpfsinn erholen konnte
aber das gebot der götter
hallte in seiner seele wider
und erlaubte ihm nicht mehr
an andere dinge zu denken
als an eine hastige flucht
nachdem er seine lösung von allen seiten geprüft
und erwogen hatte,
rief er seine vertrauten kameraden
an einen einsamen ort
und befahl ihnen die flotte still zu bewaffnen
die kameraden am strand zu versammeln
die waffen bereit zu halten
aber die ursache für diesen neuanfang
vorsichtig zu verbergen
noch bevor dido den ihm vom himmel
aufgezwungenen verrat vermutet
will er selbst die günstigste stunde ausspionieren
um ihr so milde wie möglich
die schicksalsentscheidung beizubringen

aber wer kann sich vor einem liebenden


herzen verstecken
die königin bemerkte die täuschung
sie hatte bereits angst
als alles noch sicher war
nun hatte ihr die tückische fama berichtet
dass die trojaner ihre flotte vorbereiten
und abreisen würden
wie wahnsinnig wanderte sie
durch die strasen ihrer stadt
und schließlich stand sie selbst
vor ihrem geliebten und sagte zu ihm
treuloser du hofftest
dein verbrechen vor mir zu verbergen
und dich schweigend aus meinem land zu schleichen
meine liebe meine hand mein tod
kann dich nicht zurückhalten
fährst du mitten im winter grausamer
und würdest du dich lieber
in die arme der nordwinde stürzen
als in meinen armen zu ruhen
warum fliehst du vor mir aeneas
mit diesen tränen mit deinem handschlag
mit unserer begonnenen ehe beschwöre ich dich
wenn ich gutes für dich verdient habe
wenn etwas in dido süß zu dir war
ändere deine einstellung
habe erbarmen mit meinem sinkenden haus
um deinetwillen hassen mich die völker libyens
ja die tyrier selbst
um deinetwillen habe ich auf die disziplin verzichtet
die mich unsterblich gemacht hat
gastfreundlich zu sein
denn du bist nicht mehr mein ehemann
wem überlässt du die sterbende
soll ich warten bis mein bruder pygmalion
meine mauern stürmt
bis der numidische jarbas mich
in gefangenschaft führt

das sagte die verzweifelte dido


aber aeneas gewarnt vom jupiter
zeigte keine gefühle in seinen augen
und drückte die trauer zurück in sein herz
schließlich antwortete er kurz
solange ich mich selbst kenne königin
solange sich mein geist in diesen gliedern bewegt
werde ich didos segen nicht vergessen
glaube nicht dass ich mich wie ein dieb
wegstehlen wollte
wir sind nicht verheiratet
ich habe nie mit der brautfackel gesprochen
ich bin nicht zu einem solchen bündnis
mit dir gekommen
wenn die fähigkeit es mir erlaubte
mein leben nach meiner freien wahl zu gestalten
würde ich zuerst die geliebte heimat troja
und das priam-haus wieder aufbauen
aber italien bedeutet für mich apollo zu fürchten
da ist mein herz und mein schatz
da ist mein vaterland
darf ich meinen sohn
für das versprochene königreich verraten
jupiter selbst verbietet es mir
merkur sein bote erschien mir im fleisch
deshalb quäle dich und mich nicht mehr mit klagen
ich werde nicht freiwillig nach italien gehen

seitwärts drehend sah die königin


den sprecher lange zeit an
rollte die augen
maß ihn schweigend von der sohle bis zur krone
und brach schließlich in die worte der empörung aus
keine göttin hat dich geboren
dardanus ist nicht dein vorfahre
du bist aus den felsen des kaukasus gesprossen
hyrkanische tiger haben dich gesäugt
seufzte er auch nach meinen tränen
hat er nur die augen gedreht
über die lebende geweint bereut
als bettler der an den strand geworfen wurde
nahm ich ihn auf
die flotte die genossen aus der kehle des todes
gab ihn zurück erhob ihn
zu meiner throngemeinschaft
und jetzt beschützt ihn ein orakel von apollo
jetzt sogar die ankunft eines götterboten
und eine anordnung der himmlischen
als ob ihm der bruch der treue nahe wäre
nun ich werde nicht streiten
ich werde dich nicht festhalten
suche dein italien im sturm
wenn es noch götter gibt
wird meine rache dich in den klippen finden
mein schatten folgt dir
und wenn du bereust
werde ich es in den tiefen des hades hören
atem und stimme versagten der unglücklichen
und sie wurde von den armen
ihrer diener gefangen genommen

aeneas fühlte sich versucht d


idos leid durch liebenden trost zu lindern
und seine eigene große liebe zur königin
bewegte seinen verstand
aber sie konnte ihn nicht taumeln lassen
er blieb den geboten der götter treu
und ging seiner flotte nach
diese war bald segelfertig
und dido musste von der spitze ihrer burg aus zusehen
wie das ufer mit den sich zurückziehenden schwärmte.
anna sagte sie zu der schwester
die gerufen worden war
kannst du die unruhen
auf der ganzen länge der straße sehen
hörst du die segel in der luft summen
siehst du die seeleute die die dächer krönen
oh wenn ich das gewusst hätte
könnte ich es auch ertragen
aber jetzt bitte ich dich schwester anna
tue es um der armen willen
der verräter hat dich immer geehrt
hat dir seine geheimsten gefühle anvertraut
geh zu ihm schwester anna
sprich den stolzen feind mit unterwürfigen worten an
frage ihn ob ich eine griechin bin
die geholfen hat den untergang
von troja zu provozieren
ob ich die asche seines vaters anchises
auf empörende weise in die luft gestreut habe
so dass er beschlossen hat
sich so an mir zu rächen
ich verlange nicht dass er auf italien verzichtet
ich will nur eine zeit für meine verrückte liebe
ich will nur freizeit
bis ich mein schicksal verstanden habe
und gelernt habe zu trauern

so flehte sie anna an


und die verängstigte schwester ging hin
und rezitierte didos tränen dem helden noch einmal
aber kein menschliches wort
konnte ihn noch weiter aufweichen
ein gott schloss das ohr des sensiblen menschen
vor schmerzen
als ob sich die nordwinde
die von beiden seiten den alten stamm
einer eiche packten
selbst ausgraben würden
die baumkronen rascheln der stamm zittert
fallende blätter bedecken den boden
aber er bleibt fest im felsigen boden stecken
und so hoch wie seine krone in die luft steigt
so tief wie seine wurzeln in die tiefe reichen
so wie der held von den beiden schwestern
mit bitten gepresst wurde
und er spürte auch in seinem edlen herzen alle qualen
aber er blieb bewegungslos wie die eiche.

erst jetzt erkannte dido


den willen des schicksals
und wünschte sich den tod
ja sie wollte den himmel über sich nicht mehr sehen
noch ermutigender war ihre entscheidung zu sterben
das schreckliche zeichen
dass der himmel ihr das jüngste opfer brachte
bei dem der leichte wein aus der schale
in schwarzes blut überging
niemand hat ihr dieses zeichen genannt
nicht einmal ihrer schwester anna gegenüber
seitdem dachte sie nur noch daran
wie sie ihre eigenen leute täuschen
und sich auf die sicherste weise
auf die zerstörung vorbereiten konnte
deshalb trat sie auf mit einem fröhlichen gesicht
hoffnung in den augen
und verbirgt sorgfältig ihren schrecklichen plan
trat vor ihre schwester anna und sagte
preise mich liebe anna
ich habe ein mittel gefunden
das mir entweder den ungläubigen zurückgeben
oder mich von meiner liebe befreien muss
eine äthiopische frau
die sich in den hesperidengärten
des tempels dieser göttinnen kultiviert
ist hier und verspricht mir
entweder das herz des geliebten
durch ihren magischen gesang zu gewinnen
oder meine eigene seele unverheiratet
mit der liebe zu machen
aber sie hat dafür bestimmte bräuche vorgeschrieben
nun selbst in einer angelegenheit
die mich so sehr betrifft
möchte ich mich nicht in meine
magischen künste flüchten
deshalb liebe schwester anna beschwöre ich dich
wie es die zauberin vorschreibt
einen heimlichen scheiterhaufen
im innenhof des schlosses zu häufen
lege die waffen des untreuen mannes auf ihn
die er in seiner kammer zurückgelassen hat
seine kleider die betten seines lagers
ich würde alle überreste der schande vernichten
und vor allem die priesterin befiehlt es so

dido sprach und schwieg


und verbreitete tödliche blässe auf ihrem gesicht
ihre schwester anna ahnte jedoch nicht
dass hinter dieser seltsamen
und neuen opfernutzung
der gedanke an selbstmord stand
sie hatte keine ahnung
von welcher raserei der geist
ihrer schwester ergriffen wurde
noch fürchtete sie etwas schlimmeres
als den tod des ersten mannes ihrer schwester
des tyrischen sychaeus
und ging um ihren auftrag loszuwerden

aber sobald der holzstapel in die luft stieg


der aus pinien- und eichenholz gestapelt war
erschien die königin selbst
krönte ihn mit zypressenästen
und zog blumenketten um ihn herum
dann legte sie das schwert das gewand
und das bild von aeneas darauf
und überall wurden altäre aufgestellt
die seltsame seherin mit fliegenden haaren
rief alle götter der unterwelt an
und goss ihren eigenen höllentrank
auf den brennenden scheiterhaufen aus
kräuter die im mondlicht
mit sicheln gemäht worden waren
wurden darauf geworfen
und alle möglichen beschwörungen wurden gemacht
dann kehrte die trauernde königin
in ihren palast zurück
um die letzte nacht auf erden zu verbringen
aeneas jedoch
nachdem die abfahrt beschlossen worden war
lag auf dem heck des schiffes und schlief
da erschien der gott merkur wieder in seinem traum
und schien ihn zu ermahnen
sohn der göttin
wie kannst du in einer so gefährlichen situation schlafen
siehst du nicht wie viele gefahren dich umgeben
hörst du nicht die günstigen westwinde
nemesis die schreckliche bosheit der rache
die verlassene königin rollt in ihrem herzen
wirst du nicht fliehen solange du noch kannst
schockiert sprang der held aus dem lager auf
und forderte seine kameraden auf schnell zu fliehen

die morgendämmerung war inzwischen angebrochen


die königin hatte den söller bestiegen
sah den strand leer
und die flotte mit anschwellenden segeln auf hoher see
sie schlug schmerzhaft mit der hand auf ihre brüste
zog ihre blonden locken heraus
und nach langem klagen
rief sie ihre amme an
und befahl ihrer treuen schwester anna sie zu rufen
sobald sie sich allein sah
stürmte sie in den innenhof der burg
und kletterte getrieben vom wahnsinnstaumel
auf das hohe gerüst
auf dem das schwert ihrer untreuen geliebten lag
dies zog sie aus der scheide
warf sich auf das bett und die kleider des helden
die sich darauf ausbreiteten
und sprach die abschiedsworte vom hohen holz
das in den einsamen himmel hinabstieß
ihr süßen überreste glücklicher tage
nehmt mir dieses leben
erlöst mich von allem leid
dido hat gelebt
hat den vorgeschriebenen verlauf
des schicksals vollendet
nicht als kleiner schatten wird sie
in die unterwelt hinabsteigen
ich habe eine herrliche stadt gegründet
ich habe mauern gesehen
ich habe mauern gebaut
ich habe meinen mann sychaeus gerächt
ich habe meinen feindlichen bruder bestraft
in allem wäre ich froh gewesen
wenn der trojaner mit seiner flotte
nicht an der küste libyens gelandet wäre
sie konnte wegen schmerzen nicht weiter reden
drückte ihr gesicht in die pfütze
und schob sich das schwert in ihre brust

ihre diener eilten mit ihrem stöhnen


aus dem palast und sahen sie sinken
der stahl rötete sich vor blut
ihre hände spritzten
lautes klagen ertönte durch die kammern
und wütete durch die erschütterte stadt
mitten auf dem platz
denn sie hatte sich auf die letzten opfergeräte
auf den ruf der alten frau gehetzt
hörte anna die schreckliche tat
sie schlug mit den fäusten auf die brüste
zerfleischte ihr gesicht mit den nägeln
und tauchte durch die menge
der versammelten menschen
in den hof der königsburg
schwester schwester
rief sie der sterbenden aus der ferne zu
was hast du getan
wie hast du mich verraten
warum hast du mich nicht zur begleiterin
deines todes gewählt
Du hast mich das volk deine väter getötet
Du hast die ganze stadt ermordet
unter solchen klagen kletterte sie
auf die stufen des gerüstes
und umarmte die kaum noch atmende schwester
die mit mühe die augen hob
und deren schwarze wunde wieder zu bluten begann.
dreimal versuchte sie vergeblich aufzustehen
und atmete den geist in den armen
ihrer schwester anna aus

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