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Aus dem Englis en von Hartmut S i ert und Birgit Brandau Ein Joost-
Elffers-Bu
© 1998, 2002, Robert Greene und Joost Elffers Alle Re te der deuts en
Ausgabe: © 2013 Carl Hanser Verlag Mün en Internet: h p://www.hanser-
literaturverlage.de
INHALT
VORWORT
GESETZ 1
GESETZ 3
GESETZ 4
GESETZ 5
OHNE EINEN GUTEN RUF GEHT NICHTS – SCHÜTZE IHN MIT ALLEN
MITTELN
GESETZ 6
GESETZ 8
LASS DIE ANDEREN ZU DIR KOMMEN – KÖDERE SIE, WENN ES
NÖTIG IST
GESETZ 9
GESETZ 10
GESETZ 11
GESETZ 12
GESETZ 13
GIB DICH WIE EIN FREUND, ABER HANDLE WIE EIN SPION GESETZ
15
GESETZ 16
GESETZ 17
VERSETZE ANDERE IN STÄNDIGE UNGEWISSHEIT – KULTIVIERE
DIE AURA DER UNBERECHENBARKEIT
GESETZ 18
GESETZ 19
GESETZ 20
GESETZ 21
GESETZ 22
GESETZ 23
GESETZ 24
GESETZ 25
ERSCHAFFE DICH NEU
GESETZ 26
GESETZ 27
GESETZ 28
GESETZ 29
GESETZ 30
GESETZ 31
GESETZ 33
GESETZ 36
GESETZ 37
GESETZ 38
GESETZ 39
GESETZ 40
GESETZ 41
GESETZ 43
GESETZ 46
GESETZ 47
SCHIESSE NIE ÜBER DAS ZIEL HINAUS – DER SIEG IST DER
ZEITPUNKT ZUM AUFHÖREN
GESETZ 48
AUSWAHLBIOGRAPHIE
VORWORT
Das Gefühl, über Mens en und Vorgänge keine Ma t zu haben, ist uns im
Allgemeinen unerträgli – wenn wir hilflos sind, fühlen wir uns elend.
Niemand will Ma t abgeben, alle wollen mehr. In der heutigen Welt ist es
jedo gefährli , als zu ma thungrig zu ers einen, zu unverhohlen seine
Ma tspiel en zu treiben. Fairness und Anstand werden von uns erwartet,
also müssen wir subtil vorgehen – s i li , aber s lau, demokratis , aber
diabolis .
s ützen, die allzeit Pläne s miedeten, sie aus ihrer Position zu verdrängen.
Glei zeitig sollte der Hof den Zenit an Zivilisiertheit und Raffi nement
repräsentieren. Über ein zu rüdes oder zu offenkundiges Vorgehen beim Spiel
um die Ma t rümp e man die Nase; Höflinge pflegten heimli , still und
leise gegen jeden unter ihnen vorzugehen, der mit Gewalt sein Ziel errei en
wollte. Das war das Dilemma des Höflings: Er musste si als ein Ausbund an
Eleganz geben und zuglei seine Gegner auf subtilste Weise austri sen und
ihnen einen Stri dur die Re nung ma en. Der erfolgrei e Höfling lernte
im Lauf der Zeit, sämtli e S a züge nur indirekt auszuführen; wenn er
jemandem das Messer auf die Brust setzte, trug er Samthands uhe und stellte
sein liebli stes Lä eln zur S au. Sta mit Gewalt oder Verrat errei te der
perfekte Höfling seine Ziele mit
Heute leben wir in einer ähnli paradoxen Situation: Alles muss zivilisiert,
anständig, demokratis und fair ers einen. Aber wenn wir uns zu strikt an
diese Regeln halten, wenn wir sie zu wörtli nehmen, werden wir von denen
verni tet, die ni t so dumm sind. Der berühmte Renaissance-Diplomat und
Höfling Niccolò Ma iavelli s rieb: »Ein Mens , der immer nur das Gute
mö te, wird zwangsläufig zugrunde gehen inmi en von so vielen Mens en,
die ni t gut sind.«
Der Hof betra tete si selbst als die Speerspitze des Raffinements, do
unter seiner glitzernden Oberflä e ko te und brodelte ein Kessel dunkelster
Gefühle – Gier, Neid, Lust, Hass. Ähnli betra tet si unsere heutige Welt
als den Höhepunkt der Fairness, do genauso wallen au in uns wie seit
Urzeiten hässli e Emotionen. Das Spiel ist dasselbe geblieben. Na außen
muss man si den Ans ein geben, die Regeln des Anstands zu respektieren,
do innerli lernt man ras – wenn man kein Narr ist –, auf der Hut zu sein
und Napoleons Rat zu befolgen: Ste e deine eiserne Faust in einen
Samthands uh. Wenn Sie wie die Höflinge vergangener Tage die Kunst des
indirekten Vorgehens beherrs en, wenn Sie lernen, zu verführen,
si einzus mei eln, zu täus en und Ihre Gegner subtil auszutri sen, dann
werden Sie den Gipfel der Ma t erlangen. Sie werden Mens en dazu
bringen können, si Ihrem Willen zu unterwerfen, ohne dass diese merken,
was Sie getan haben. Und solange dies ihnen ni t aufgeht, werden sie si
weder über Sie ärgern no Ihnen Widerstand entgegensetzen.
Betra ten Sie Power. Die 48 Gesetze der Ma t als eine Art Handbu für die
Kunst des indirekten Vorgehens. Dur das Studium dieses Bu es werden Sie
Ma t und deren Wirkung verstehen. Und dur die praktis e Anwendung
werden Sie in der heutigen Welt Erfolg haben, ers einen als Vorbild an
Ehrli keit, während Sie der vollendete Manipulator sind.
GESETZ
Ihre Vorgesetzten müssen si Ihnen immer überlegen fühlen können. Wenn Sie
sie beeindru en wollen, dürfen Sie Ihre eigenen Talente ni t zu sehr zur
Jeder ist gelegentli unsi er. Wenn man si der Welt präsentiert und seine
Talente zur S au stellt, we t man natürli alle mögli en Arten von
Ressentiments, Neid und andere Manifestationen von Unsi erheit. Das ist
ni t anders zu erwarten. Aber Sie können ni t Ihr Leben lang auf die
kleinkarierten Gefühle anderer Rü si t nehmen. Mit denen, die über Ihnen
stehen, müssen Sie jedo anders umgehen: Wenn es um die Ma t geht, ist der
s limmste Fehler von allen viellei t, den Herrn und Meister in den
S a en zu stellen.
Seien Sie ni t so töri t, zu glauben, dass si die Welt seit den Tagen von
Ludwig XIV. und den Medici groß verändert hä e. Die, die in ihrem Leben zu
Rang und Namen kommen, sind wie Könige und Königinnen: Sie wollen si in
ihrer Position si er fühlen und an Intelligenz, Witz und Charme ihrer
Umgebung überlegen sein. Es ist ein tödli er, aber weitverbreiteter Irrtum, zu
glauben, man könne die Zuneigung derer da oben dadur gewinnen, dass man
die eigenen Gaben und Begabungen zur S au stellt und si damit brüstet.
Viellei t heu elt der Herr Wohlwollen, do bei der allerersten Gelegenheit
wird er Sie dur jemanden ersetzen, der weniger intelligent, weniger
a raktiv, weniger bedrohli ist.
Dieses Gesetz erfordert die Bea tung zweier Regeln, die Sie si merken
müssen. Erstens: Sie können unfreiwillig einen Herrn und Meister in den
S a en stellen, einfa nur, indem Sie Sie selbst sind. Einige Herren sind
unsi erer als andere, ers re end unsi er; Sie übertrumpfen sie viellei t
s on mit Ihrem natürli en Charme und Witz. Wenn Sie ni t anders können,
als armant und überlegen zu wirken, müssen Sie lernen, sol e Monster an
Eitelkeit zu meiden. Oder Sie müssen eine Mögli keit fi nden, Ihre guten
alitäten zu unterdrü en, wenn Sie si in deren Gesells a befi nden.
Zweitens: Bilden Sie si niemals ein, dass Sie tun und lassen können, was Sie
wollen, bloß weil Ihr Gebieter Sie liebt. Ganze Bü er wurden über
Favoriten ges rieben, die in Ungnade fielen, weil sie ihren Status als
gesi ert ansahen, weil sie es wagten, ihren Meister in den S a en zu
stellen.
Wenn Sie die Gefahren kennen, die mit dem Übertrumpfen des Herrn und
Meisters verbunden sind, können Sie dieses Gesetz zu Ihrem Vorteil
anwenden. Vor allem müssen Sie ihn umgarnen und aufs Podest heben. Offene
S mei elei kann nützli sein, hat aber ihre Grenzen; sie ist zu direkt und
lei t zu dur s auen, und das sieht in den Augen der anderen Höflinge ni t
gut aus. Diskrete S mei elei ist viel mä tiger. Wenn Sie beispielsweise
intelligenter sind als Ihr Gebieter, inszenieren Sie das Gegenteil: Lassen Sie
ihn intelligenter ers einen als si selbst. Geben Sie si naiv. Lassen Sie es so
aussehen, als ob Sie seinen Rat brau en. Begehen Sie harmlose Fehler, die
Ihnen auf lange Si t ni t s aden, Ihnen aber Gelegenheit geben, seine Hilfe
zu erbi en. Die Mä tigen sind von sol en Ersu en begeistert. Ein Meister,
der Ihnen ni t das Ges enk seiner Erfahrung zuteilwerden lassen kann, wird
sta dessen Ihnen grollen und übelwollen.
Wenn Sie kreativere Einfälle haben als der über Ihnen, s reiben Sie so
öffentli wie nur mögli diese ihm zu. Stellen Sie klar, dass Ihr Rat nur das
E o seines Rats ist.
Wenn Sie von Natur aus umgängli er und großzügiger sind als er, a ten Sie
darauf, ni t die Wolke zu sein, die seine Ausstrahlung von den anderen
abhält. Er muss als die Sonne ers einen, um die si alles andere dreht, Ma t
und Brillanz verströmen, das Zentrum der Aufmerksamkeit sein. In all diesen
Fällen ist es keine S wä e, die eigenen Stärken zu bemänteln, wenn das
letzten Endes zur Ma t führt. Wenn Sie si von anderen in den S a en
stellen lassen, behalten Sie selbst die Kontrolle, sta zum Opfer ihrer
Unsi erheiten zu werden. An dem Tag, da Sie bes ließen, Ihren
unterlegenen Status zu überwinden, wird si das alles auszahlen. Wenn es
Ihnen gelingt, Ihren Herrn in den Augen anderer no strahlender aussehen zu
lassen, dann sind Sie ein Go esges enk und werden umgehend befördert.
Symbol: die Sterne am Himmel. In einem gegebenen Moment kann es immer
nur eine Sonne geben. Verdunkeln Sie die Sonne nie, und versu en Sie
Garant: Si vor dem Siege über Vorgesetzte hüten. Alles Übertreffen ist
verhaßt, aber seinen Herrn zu übertreffen, ist entweder ein dummer oder ein
GESETZ
Hüten Sie si vor Freunden: Sie werden von ihnen s neller verraten, als
Ihnen lieb ist. Denn der Neid nagt an ihnen, und sie werden zu
Spielverderbern, wenn ni t zu Tyrannen. Werben Sie lieber einen früheren
Feind an. Er wird si loyaler verhalten als ein Freund, denn er muss mehr
beweisen. In
Wirkli keit müssen Sie Ihre Freunde mehr für ten als Ihre Feinde. Wenn Sie
keine Feinde haben, fi nden Sie Mi el und Wege, si wel e zu ma en.
Es ist nur natürli , wenn Sie si in Zeiten der Not Ihrer Freunde bedienen
wollen. Das Leben ist hart, und Freunde ma en die Härte erträgli er.
Abgesehen davon kennen Sie sie. Warum auf einen Fremden vertrauen, wenn
Sie einen Freund zur Hand haben?
Das Problem ist nur, dass Sie o Ihre Freunde ni t so gut kennen, wie Sie
glauben. Freunde stimmen einander häufig zu, um Diskussionen aus dem Weg
zu gehen. Sie verbergen ihre unangenehmen Eigens a en, um si ni t
gegenseitig zu verletzen. Über die Späße des anderen la en sie extra laut.
Weil Ehrli keit kaum Freunds a en stärkt, wissen Sie im Zweifelsfall nie,
wie ein Freund tatsä li empfindet. Freunde sagen, dass Sie Ihre
Gedi te lieben, Ihre Musik bewundern, auf Ihren guten Ges ma neidis
sind – viellei t meinen sie es ehrli , o aber ni t.
Als König Hieron einst mit einem seiner Feinde spra , warf der ihm vor, er
hä e einen stinkenden Atem. Der gute König war einigermaßen bestürzt
darob, und sobald er na Hause kam, s alt er seine Frau: »Wie ist das
mögli , warum hast selbst du mir das nie gesagt?« Die Frau, eine liebe,
einfältige und tugendha e Person, antwortete: »Herr, i habe an-genommen,
der Atem aller Männer müsse so rie en.« Damit ist klar, daß wir über Fehler,
die alle Welt rie t, sieht oder sonst wie wahrnimmt, eher von unseren
Feinden unterri tet werden als von unseren Freun-den oder Verwandten.
Wenn Sie einen Freund oder eine Freundin anheuern, finden Sie na und
na Eigens a en heraus, die er oder sie verborgen ha e. Paradoxerweise
ist es gerade Ihre Großzügigkeit, die alles aus dem Glei gewi t bringt.
Mens en wollen spüren, dass sie ihr Glü au verdienen. Gunst
ges enkt zu bekommen, kann bedrü end sein: Es bedeutet, dass man erwählt
worden ist, weil man ein Freund ist, ni t notwendigerweise, weil man
gebrau t wird. Es liegt eine gewisse Herablassung darin, Freunde für
si arbeiten zu lassen, und die quält sie im Stillen.
Das Problem mit Freunden ist, dass sie unauswei li Ihre Ma t
eins ränken. Der Freund ist kaum derjenige, der Ihnen am besten helfen
kann; letzten Endes aber sind Können und Kompetenz viel wi tiger als
freunds a li e Gefühle.
Soviel mehr ist man geneigt, ein Unre t zu erwidern als eine Wohltat zu
vergelten, wie ja Dankespfli t als Last, Befriedigung der Ra e als Gewinn
betra tet wird.
Ihre Feinde hingegen sind eine uners lossene Goldgrube, die Sie auszubeuten
lernen müssen. Als Talleyrand, Napoleons Außenminister, 1807 meinte, sein
Chef würde Frankrei in den Ruin treiben, und die Zeit wäre gekommen,
si gegen ihn zu wenden, wusste er, wie gefährli es war, si gegen den
Kaiser zu vers wören; er brau te einen Partner, einen Verbündeten. Wel em
Freund könnte er bei sol einem Vorhaben vertrauen? Er erwählte Fou é,
Leiter der Geheimpolizei, seinen verhasstesten Feind, der ihn sogar s on
einmal zu ermorden versu t ha e. Er wusste, dass ihr früherer Hass
Gelegenheit für eine emotionale Versöhnung bot. Er wusste, dass Fou é ni ts
von ihm erwartete, sondern vielmehr zu beweisen versu en würde, dass er
Talleyrands Wahl wert war; wer etwas zu beweisen hat, versetzt Berge für
Sie. S ließli wusste er, dass die Beziehung zwis en Fou é und ihm auf
we selseitigen Eigeninteressen gründen würde und somit ni t von
persönli en Gefühlen getrübt wäre. Die Wahl erwies si als perfekt; die
Vers wörer s a en es zwar ni t, Napoleon zu stürzen, do die Verbindung
von so mä tigen, aber unwahrs einli en Partnern führte dazu, dass na und
na der
Regen Sie si über die Gegenwart eines Feindes niemals auf, und lassen Sie
si von ihr au ni t entmutigen – mit einem oder zwei erklärten Gegnern sind
Sie viel besser dran, als wenn Sie ni t wissen, wer Ihre wahren Feinde sind.
Ma tmens en begrüßen Konflikte, sie bedienen si ihrer Feinde, um ihren
Ruhm zu mehren, dass sie standfeste Krieger sind, auf die man si in
unsi eren Zeiten verlassen kann.
Symbol: die Fänge der Undankbarkeit. Weil Sie wissen, was passiert, wenn
Sie den Finger in das Maul eines Löwen ste en, halten Sie zu ihm genügend
Abstand. Bei Freunden aber lässt man keine sol e Vorsi t walten, und wenn
Sie si ihrer bedienen, werden diese Sie dereinst mit ihrer Undankbarkeit bei
lebendigem Leib auff ressen.
bes ützen; am meisten aber das Treiben der Widersa er. Dem Klugen nützen
seine Feinde mehr, als dem Dummen seine Freunde. (Baltasar Gracián, 1601–
1658)
GESETZ
3
HALTE DEINE ABSICHTEN STETS GEHEIM
Verunsi ern Sie die Leute und lassen Sie sie im Dunkeln tappen. Enthüllen
Sie niemals den Zwe Ihres Handelns. Wenn die anderen keine Ahnung
haben, was Sie vorhaben, können sie si ni t auf die Verteidigung
vorbereiten. Bringen Sie sie auf
fals e Fährten, vernebeln Sie ihnen den Bli . Wenn die anderen Ihre wahren
Absi ten erkennen, wird es zu spät sein.
Die meisten Mens en sind wie ein offenes Bu . Sie sagen, was sie denken,
posaunen bei jeder Gelegenheit ihre Meinung heraus und geben ständig ihre
Pläne und Absi ten preis. Das tun sie aus mehreren Gründen. Erstens ist es
nur natürli , dass man über seine Gedanken und Pläne spre en will. Es ist
anstrengend, seinen Mund zu kontrollieren und aufzupassen, was man
preisgibt. Zweitens glauben viele, dass man mit Ehrli keit und Off enheit
die Herzen der Mens en gewinnt und seinen guten Charakter offenbart. Sie
geben si Illusionen hin. Ehrli keit ist eine stumpfe Waffe, die mehr
zers lägt, als dass sie s neidet. Ihre Ehrli keit beleidigt wahrs einli die
Leute; viel klüger ist es, mit wohlgesetzten Worten den Leuten das zu sagen,
was sie hören wollen, und ni t die na te, hässli e Wahrheit. Mehr no :
Wenn Sie si uners ro en offen geben, ma en Sie si so
bere enbar und vertraut, dass es fast unmögli ist, Sie zu respektieren oder
zu für ten; Ma t aber wird nur dem zuteil, der sol e Emotionen we en
kann.
Man darf di ni t für einen Betrüger halten, au wenn man heute ni t leben
kann, ohne einer zu sein. Deine größte List muss sein, zu verbergen, was als
List ers eint.
BALTASAR GRACIÁN, 1601– 1658
Wenn Sie na Ma t streben, lassen Sie die Ehrli keit beiseite, und üben Sie
si in der Kunst, Ihre Absi ten zu verbergen. Wenn Sie das
beherrs en, behalten Sie immer die Oberhand. Dieser Strategie liegt ein
s li ter Wesenszug des Mens en zugrunde: Instinktiv vertrauen wir immer
der äußeren Ers einung. Wir können ni t ständig die Realität dessen
anzweifeln, was wir sehen und hören – ständig zu überlegen, ob hinter den
Ers einungen etwas anderes ste t, ers öp und ers re t uns. Das ma t es
relativ lei t, die eigenen Absi ten zu verbergen. Präsentieren Sie den Leuten
ein Objekt, das Sie s einbar haben wollen, ein Ziel, das Sie
s einbar errei en wollen, und sie werden dies für real nehmen.
Verbergen Sie Ihre Absi ten ni t, indem Sie si vers lossen geben (das
ma t die Leute nur misstrauis ), sondern indem Sie pausenlos von Ihren
Absi ten und Zielen erzählen – allerdings ni t den wahren. Damit
s lagen Sie drei Fliegen auf einen Strei : Sie wirken freundli , offen und
vertrauenswürdig; Sie verbergen Ihre Absi ten; und Sie s i en Ihre Rivalen
auf die zeitraubende Jagd na dem fals en Köder.
Eine weitere Methode, fals e Spuren zu legen, ist die geheu elte
Aufri tigkeit. Nur allzu lei t kaufen die Leute Ihnen das als Ehrli keit ab.
Wenn Sie si den Ans ein geben, dass Sie glauben, was Sie sagen, gibt das
Ihren Worten großes Gewi t. So hat Jago Othello getäus t und verni tet:
Da er tief bewegt war, da er offensi tli aufri tig um Desdemonas vermutete
Untreue besorgt war, wie konnte ihm Othello misstrauen? Wenn Sie glauben,
Betrüger seien auffällige Leute, die andere mit ausgefeilten Lügen und
gigantis en Ges i ten auf die fals e Fährte lo en, dann irren Sie si . Die
besten von ihnen bedienen si eines banalen, unverdä tigen Äußeren, das
keinerlei Aufmerksamkeit auf sie zieht. Sie wissen, dass extravagante Worte
und Gesten sofort Verda t erregen. Sta dessen maskieren sie ihre Ziele mit
dem Vertrauten, dem Banalen, dem Harmlosen.
Das bedeutet, eine Fassade zu s affen, die letztli dur drungen ist mit dem
Ans ein oder der Atmosphäre des Vertrauten, hinter der der Stratege
ungesehen manövrieren kann, weil alle Augen gelernt haben, si an offenbar
Vertrautes zu halten.,
Wenn Sie die Aufmerksamkeit Ihrer gutgläubigen Opfer erst einmal mit etwas
Vertrautem gefesselt haben, werden sie ni t bemerken, wie sie hinter ihrem
Rü en getäus t werden. Je grauer und glei förmiger Ihre Nebelwand ist,
desto besser verbirgt sie Ihre Absi ten.
Die einfa ste Form der Nebelwand ist der Gesi tsausdru . Hinter einer
verbindli en, aber undur dringli en Miene kann man alles Mögli e an
Ungema aushe en, ohne entde t zu werden. Die mä tigsten Männer der
Ges i te haben dies perfektioniert. Niemandem soll es gelungen sein, aus
Franklin D. Roosevelts Gesi tsausdru etwas herauszulesen. Baron James
Roths ild hat sein Leben lang seine wahren Gedanken hinter einem
verbindli en Lä eln und einem ni tssagenden Äußeren verborgen.
Denken Sie daran: Es erfordert Geduld und Demut, seine brillanten Farben zu
dämpfen, die Maske des Unverdä tigen zu tragen. Verzweifeln Sie ni t
daran, eine so langweilige Maske tragen zu müssen – o ist es gerade Ihre
Undur si tigkeit, die die Leute anziehend finden und Sie als einen Mens en
mit Ma t dastehen lässt.
Symbol: ein S affell. Ein S af räubert niemals, ein S af täus t niemals, ein
S af ist entsetzli dumm und fügsam. In ein S affell gehüllt, kann der Fu s
direkt bis in den Hühnerstall gelangen.
Garant: Hat man je gehört, daß ein fähiger General, der einen
Überras ungsangriff auf eine Festung vorhat, seine Pläne den Feinden
verkündet hä e? Verbergen Sie Ihre Absi ten und vers weigen Sie Ihre
Forts ri e; enthüllen Sie so lange ni t das Ausmaß Ihrer Pläne, bis Ihnen
kein Widerstand mehr entgegengesetzt werden kann, bis die S la t
ges lagen ist. Erringen Sie den Sieg, no ehe Sie den Krieg erklären. Kurz
gesagt: Imitieren Sie jene kriegeris en Mens en, deren Pläne man erst
anhand des verwüsteten Landes erkennt, dur das sie gezogen sind. (Ninon de
Lenclos, 1620– 1705)
GESETZ
Versu en Sie ni t, Mens en mit vielen Worten zu beeindru en. Je mehr Sie
reden, desto
dur s ni li er und ma tloser wirken Sie. Selbst wenn Sie nur Banales
sagen, wirkt es origineller, wenn Sie es mit Andeutungen, offenem S luss,
kryptis tun. Mä tige Mens en beeindru en und s ü tern ein, indem sie
wenig sagen. Je mehr Sie reden, desto eher wird Ihnen eine Dummheit
herausruts en.
Ma t ist in vieler Hinsi t ein Spiel mit der äußeren Ers einung, und wenn
Sie weniger als nötig sagen, wirken Sie unvermeidli größer und mä tiger,
als Sie sind. Ihr S weigen wirkt auf andere beunruhigend. Mens en sind
Mas inen, die na Interpretationen und Erklärungen verlangen; sie müssen
wissen, was Sie denken. Wenn Sie sorgfältig abwägen, was Sie preisgeben,
können andere Ihre Absi ten oder Ihre Ansi ten ni t dur dringen.
Mit kurzen Antworten und Stills weigen treiben Sie sie in die Defensive, und
bereitwillig nehmen sie die Rolle an, nervös füllen sie die Stille mit allen
mögli en Kommentaren, die Ihnen ihre S wä en und wertvolle
Informationen über sie enthüllen. Na einer Unterredung mit Ihnen haben sie
das Gefühl, als hä e man sie ausgeraubt, und sie werden heimgehen und über
jedes einzelne Wort von Ihnen na denken. Diese vermehrte Aufmerksamkeit,
die Ihren knappen Kommentaren zuteilwird, verstärkt nur Ihre Ma t.
Am Boden zerstört fuhr [der Drehbu s reiber] Mi ael Arlen 1944 na New
York. Um seine Sorgen zu ertränken, ging er in das berühmte Restaurant 21. In
der Eingangshalle traf er Sam Goldwyn, der ihm den ni t so re t zu
verwirkli enden Rat gab, Rennpferde zu kaufen. An der Bar stand Arlens
alter Freund Louis B. Mayer und fragte ihn na seinen Plänen. »I habe
gerade mit Sam Goldwyn gespro en …«, hob Arlen an. »Wie viel hat er dir
geboten?«, unterbra ihn Mayer. »Ni t genug«, wi Arlen aus. »Wärst du mit
15.000 für 30 Wo en einverstanden?«, fragte Mayer. Arlen zögerte ni t:
»Ja«, sagte er.
Als junger Mann entde te der Künstler Andy Warhol, dass es in der Regel
unmögli ist, andere mit Worten dazu zu bringen, das zu tun, was man von
ihnen will. Sie wenden si gegen einen, unterminieren die eigenen
Indem Sie weniger als nötig sagen, geben Sie si den Ans ein von Größe und
Ma t. Je weniger Sie reden, desto weniger riskieren Sie au , etwas
Dummes, viellei t Gefährli es zu äußern. 1825 bestieg ein neuer Zar,
Nikolaus I., den russis en ron. Unmi elbar darauf bra ein Aufstand aus,
der von Liberalen angeführt wurde, wel e verlangten, das Land zu
modernisieren – seine Industrien und seine staatli en Strukturen müssten zum
restli en Europa aufs ließen. Brutal s lug Nikolaus I. diese Rebellion
nieder (den Dekabristen-Aufstand), einer der Anführer wurde zum Tode
verurteilt. Am Tag der Hinri tung stand Kondratij Rylejew mit der
S linge um den Hals unter dem Galgen; die Falltür öffnete si , do der
Stri riss und Rylejew stürzte zu Boden. Damals hielt man sol e
Vorkommnisse für ein Zei en der Vorsehung oder des gö li en Willens, und
ein Mens , der auf diese Weise der Hinri tung entging, wurde in der Regel
begnadigt. Als Rylejew übel zugeri tet und verdre t wieder auf die Beine
kam, glaubte er seinen Kopf gere et, und er rief der Menge zu: »Seht ihr, in
Russland können sie gar ni ts ri tig ma en, no ni t einmal einen Stri
drehen!«
Sofort eilte ein Bote mit der Na ri t von der fehlges lagenen
Lernen Sie diese Lektion: Wenn die Worte erst einmal heraus sind, können Sie
sie ni t wieder zurü nehmen. Also halten Sie sie unter Kontrolle. Seien Sie
mit Sarkasmen besonders vorsi tig: Die momentane Befriedigung, die Sie mit
Ihren beißenden Worten erlangen, wiegt ni t den Preis auf, den Sie dafür
zahlen müssen.
Symbol: das Orakel von Delphi. Wenn Besu er das Orakel befragten, äußerte
die Priesterin ein paar geheimnisvolle Worte, die bedeutungsvoll und wi tig
klangen. Niemand widersetzte si den Worten des Orakels – es ha e Ma t
über Leben und Tod.
Garant: Bewege niemals deine Lippen und Zähne, ehe die Untergebenen dies
tun. Je länger i still bleibe, desto eher werden andere ihre Lippen und Zähne
bewegen. Und wenn sie ihre Lippen und Zähne bewegen, kann i verstehen,
was ihre wahren Ab-si ten sind … Wenn der Herrs er ni t von Geheimnis
umgeben ist, finden die Minister Gelegenheit, si immer mehr
herauszunehmen. (Han Fei-tzu, inesis er Philosoph, 3. Jh. v. Chr.)
GESETZ
OHNE EINEN GUTEN RUF GEHT NICHTS – SCHÜTZE IHN MIT ALLEN
MITTELN
Die Mens en um uns herum, sogar unsere engsten Freunde, werden bis zu
einem gewissen Grad immer mysteriös und unergründli bleiben. In ihrem
Charakter gibt es dunkle Winkel, die sie niemals zu erkennen geben. Über die
Unergründli keit anderer zu lange na zudenken wäre hinderli , denn das
würde es uns unmögli ma en, andere Mens en einzus ätzen. Also
ignorieren wir diese Tatsa e lieber und beurteilen die Mens en na ihrem
Äußeren, na dem, was uns klar vor Augen liegt: Kleidung, Gesten, Worte,
Taten. Lassen Sie si niemals zu dem Irrglauben verleiten, dass die
Mens en im Umgang miteinander ihr Urteil auf etwas anderes stützen würden
als auf die äußere Ers einung. Ein kleiner Ausruts er, eine ungünstige oder
zu plötzli e Veränderung Ihres Ers einungsbilds kann si als verheerend
erweisen.
Das ist der Grund für die überragende Bedeutung, die dem guten Ruf
zukommt, den Sie selbst ers affen und erhalten müssen.
Ers einungsbilder s ützen, denn es lenkt den fors enden Bli der anderen
von dem ab, was Sie in Wirkli keit sind, und das gibt Ihnen im gewissen
Umfang die Kontrolle darüber, wie die Welt Sie eins ätzt – eine ma tvolle,
erstrebenswerte Position.
Selbst jene, die sie bekämpfen, wollen denno , wie Cicero sagt, dass die von
ihnen darüber ges riebnen Bü er auf dem Titelbla ihren Namen tragen; sie
su en si also dur ihre
Vera tung des Ruhmes Ruhm zu erwerben. Über alles andre lässt si reden.
Wir stellen unsern Freunden notfalls Gut und Leben zur Verfügung; dass aber
jemand die Ehre, die er errungen hat, mit andern teilt und ihnen etwas vom
eignen Ruhm s enkt, beoba tet man kaum.
Zunä st müssen Sie daran arbeiten, Ihren Ruf auf eine herausragende alität
zu gründen, sei es Großzügigkeit oder Ehrli keit oder S läue. Diese alität
hebt Sie aus der Masse und bringt andere Mens en dazu, über Sie zu
spre en. Dann sorgen Sie dafür, dass Ihr Ruf so vielen
Mens en wie mögli bekannt wird (allerdings subtil, bauen Sie na und
na auf dem festen Fundament auf); ans ließend können Sie zusehen, wie er
si wie ein Bus feuer verbreitet.
Ein solider Ruf steigert Ihre Präsenz und unterstrei t Ihre Stärken, ohne dass
Sie allzu viel Energie darauf verwenden müssen. Er kann au eine Aura um
Sie s affen, die Respekt erheis t, ja sogar Fur t. Der deuts e General
Erwin Rommel, der im Zweiten Weltkrieg in der nordafrikanis en Wüste
kämp e, war bekannt für seine S läue und die Täus ungsmanöver, die
seine Gegner in Angst und S re en versetzten. Selbst als seine Truppen
ges wä t waren und die Briten fünfmal mehr Panzer besaßen als er, wurden
no ganz Städte evakuiert, wenn bekannt wurde, dass er si näherte.
Sorgen Sie dafür, dass Ihr Ruf einfa und klar ist, und gründen Sie ihn auf eine
gediegene alität. Diese eine alität – Effizienz beispielsweise oder
Verführungskunst – wird zu einer Art Visitenkarte, die Ihre Gegenwart
ankündigt und andere in Ihren Bann s lägt.
Der gute Ruf ist ein S atz, den man umsi tig au auen und pfl egen muss. Vor
allem wenn Sie ihn si erstmals erwerben, müssen Sie ihn aufs Strengste
behüten und alle mögli en A a en darauf antizipieren. Ist er erst einmal
gefestigt, lassen Sie si von den Verleumdungen Ihrer Feinde ni t verärgern
oder in die Defensive drängen – das zeigt Unsi erheit, kein Vertrauen in Ihre
Reputation. Setzen Sie si sta dessen aufs hohe Ross und lassen Sie nie den
Eindru au ommen, Sie müssten si verzweifelt verteidigen. Andererseits
ist ein Angriff auf den Ruf eines anderen Mannes eine potente Waffe, vor
allem wenn Sie weniger Ma t haben als er. In sol einer S la t hat er
mehr zu verlieren, und Ihre eigene, a so bes eidene Reputation bietet ihm
nur ein kleines Ziel, wenn er zurü zufeuern versu t. Diese Strategie muss
man aber mit Fingerspitzengefühl verfolgen; Sie dürfen ni t den
Eindru erwe en, kleinli en Ra egelüsten na zugeben. Wenn Sie den Ruf
Ihres Feindes ni t clever ruinieren, werden Sie unvermeidli Ihren eigenen
s ädigen.
Man wird mit seinem s le ten Gewissen lei ter fertig, als mit seinem
s le ten Rufe.
Gehen Sie bei A a en niemals zu weit, denn dadur lenken Sie mehr
Aufmerksamkeit auf Ihre eigene Ra su t als auf die Person, die Sie
verleumden wollen. Ist Ihr eigener Ruf gefestigt, verwenden Sie subtilere
Strategien wie die Satire oder das Lä erli ma en, um Ihren Opponenten zu
s wä en, während Sie si selbst als armanten S elm darstellen. Der
mä tige Löwe spielt mit der Maus, die seinen Weg kreuzt – alles andere
würde seinen Fur t einflößenden Ruf bes ädigen.
gesi ert. S ützen Sie den S atz mit Ihrem Leben. Überall tau en Räuber
und Diebe auf. Nehmen Sie Ihren Wohlstand nie als gegeben hin, erneuern Sie
ihn ständig – die Zeit stump den Glanz der Juwelen ab und entzieht sie dem
Bli .
so gut er kann, außer auf den Wert au auf Geist und Kunst stützt. Wenn er an
einen Ort zu gehen hat, wo er neu und unbekannt ist, sorge er stets dafür, daß
vor ihm selbst s on die gute Meinung über ihn dahin gelangt … Denn dieser
Ruhm, der aus vielerlei Urteilen zu entstehen s eint, erzeugt einen gewissen
festen Glauben an einen Wert, der dann bei derart geneigten und vorbereiteten
Herzen si lei t dur Taten aufre terhalten und vermehren läßt.
(Baldassare Castiglione, 1478– 1529)
GESETZ
Heller zu leu ten als die anderen um Sie herum ist eine Fertigkeit, die keinem
angeboren ist. Sie müssen es lernen, die Aufmerksamkeit auf si zu lenken.
Am Anfang Ihrer Karriere sollten Sie Ihren Namen und Ihren Ruf mit einem
Merkmal, einem Image verknüpfen, das Sie von anderen Leuten unters eidet.
Dieses Image kann so etwas sein wie ein arakteristis er Kleidungsstil oder
ein Persönli keitszug, der die Leute amüsiert und über den man spri t.
Sobald das Image etabliert ist, sind Sie eine Ers einung, haben Sie für Ihren
Stern einen Platz am Himmel.
Zu glauben, Ihre besondere Ers einung dürfe ni t zum Widerspru reizen
und Kritik sei etwas S le tes, ist ein weitverbreiteter Irrtum. Ni ts
entspri t weniger der Wahrheit. Damit Sie keine Eintagsfliege bleiben und
Ihre Bekanntheit ni t von der anderer überlagert wird, muss es Ihnen egal
sein, wel e Art von Aufmerksamkeit Sie erregen. Letztendli wird jede Form
zu Ihrem Vorteil sein.
Eine Wespe namens Pin Tail überlegte lange, was sie tun könnte, um
unsterbli e Berühmtheit zu erlangen. Also flog sie eines Tages in den
Königspalast und sta den kleinen Prinzen, der in seinem Be lag. Der Prinz
erwa te mit lautem Ges rei. Der König und die Höflinge eilten herbei, um
zu sehen, was denn passiert sei. Der Prinz heulte, während ihn die Wespe
wieder und wieder sta . Die Höflinge versu ten, die Wespe zu fangen, und
alle wurden sie gesto en. Der gesamte Hofstaat kam hinzu, die Na ri t
verbreitete si ras , und alle Leute eilten zum Palast. Die ganze Stadt war in
Aufruhr, alle Ges ä e blieben liegen. Die Wespe aber sagte si , ehe sie ob
der Anstrengung ihr Leben aushau te: »Ein Name ohne Ruhm ist wie ein
Feuer ohne Flamme. Ni ts ist wi tiger, als Aufmerksamkeit zu erringen, egal
um wel en Preis.«
INDISCHE FABEL
Zum Hof Ludwigs XIV. gehörten viele begabte S ri steller, Künstler, große
S önheiten, Männer und Frauen mit unbestreitbaren Talenten, do über
keinen wurde so viel gespro en wie über den einzigartigen Duc de Lauzun.
Der Herzog war klein, fast zwergenha , und neigte zu einem äußerst
anmaßenden Benehmen – er s lief mit der Mätresse des Königs und
bes imp e ni t nur andere Höflinge, sondern sogar den König selbst in aller
Öffentli keit. Do Ludwig war so entzü t von den Überspanntheiten
ha e, wollten sie um keinen Preis mehr auf seine Gegenwart verzi ten. Die
Gesells a verlangt na überlebensgroßen Figuren, na Leuten, die si vom
allgemeinen Mi elmaß abheben. Haben Sie deshalb keine Angst vor
alitäten, die Sie von anderen unters eiden, und lenken Sie die
Aufmerksamkeit auf si . Pflegen Sie die Kontroverse, sogar den Skandal. Es
ist besser, angegriffen und sogar verleumdet als ignoriert zu werden.
Selbst wenn man über mi herzieht, bekomme i mein antum an Ruhm ab.
mä tigste Person anzugreifen, die Sie finden können. Als Pietro Aretino, ein
junger römis er Dienstjunge Anfang des 16. Jahrhunderts, als Di ter
Bea tung finden wollte, veröffentli te er eine Reihe von satiris en
Gedi ten, mit denen er den Papst und dessen Vorliebe für einen Elefanten
lä erli ma te. Der Angriff rü te Aretino sofort ins Bli feld der
Wenn Sie einmal im Rampenli t stehen, müssen Sie beständig dur andere
und we selnde Methoden neue Aufmerksamkeit zu erlangen su en. Tun Sie
das ni t, langweilt si das Publikum, nimmt Sie als gegeben hin und wendet
si einem neuen Star zu. Das Spiel erfordert ständige Wa samkeit und
Kreativität. Pablo Picasso lies nie zu, dass er im Hintergrund vers wand;
wenn sein Name zu sehr mit einem bestimmten Stil in Verbindung gebra t
wurde, s o ierte er sein Publikum absi tli mit einer neuen Serie von
Bildern, die allen Erwartungen widerspra en. Seiner Überzeugung na war
es besser, etwas Hässli es und Irritierendes
zu s affen, als zuzulassen, dass den Betra tern seine Werke zu vertraut
würden. Begreifen Sie: Die Leute fühlen si einer Person, deren
Handlungsweisen sie vorhersagen können, überlegen. Do wenn Sie ihnen
zeigen, wer am Drü er sitzt, indem Sie entgegen den Erwartungen agieren,
erlangen Sie ihren Respekt und halten au ihre flü tige Aufmerksamkeit fest
im Griff .
GESETZ
Bedienen Sie si der Intelligenz, des Know-hows und der Beinarbeit anderer,
um Ihre eigene Sa e voranzubringen. Sol ein Beistand spart ni t nur Zeit
und Energie, er gibt Ihnen au eine go glei e Aura der Effizienz und des
Tempos. Ihre Helfer wird man irgendwann vergessen, an Sie aber wird man
si erinnern. Nehmen Sie nie selbst in die Hand, was andere für Sie erledigen
können.
In der Welt der Ma t herrs t die Dynamik des Ds ungels: Die einen leben
vom Jagen und Töten, und dann gibt es au no zahlrei e Kreaturen (Hyänen,
Geier), die vom Jagdglü anderer leben. Diese letzteren, weniger
einfallsrei en Typen sind o ni t in der Lage, die Leistungen zu erbringen,
die zur Erlangung einer Ma tposition nötig sind. Aber sie haben früh
begriffen, dass sie nur lang genug warten müssen; dann finden sie immer ein
anderes Tier, das die Arbeit für sie erledigt. Seien Sie ni t naiv: Just in
diesem Moment, da Sie si mit irgendeinem Projekt abplagen, kreisen über
Ihnen s on die Geier, die na Wegen su en, zu überleben und si dazu Ihrer
Kreativität zu bedienen. Es hat keinen Zwe , si darüber zu beklagen oder
si der Verbi erung hinzugeben. S ützen Sie si lieber und nehmen Sie an
diesem Spiel teil. Haben Sie si erst einmal eine Ma tbasis ges affen,
können Sie selbst ein Geier werden und viel Zeit und Energie sparen.
Eine blind gewordene Henne, die des S arrens gewohnt war, hörte au blind
no ni t auf, fl eißig zu s arren. Was half es der arbeitsamen Närrin? Eine
andre sehende Henne, wel e ihre zarten Füße s onte, wi nie von ihrer
Seite, und genoss, ohne zu s arren, die Fru t des S arrens. Denn so o die
blinde Henne ein Korn aufges arret ha e, fraß es die sehende weg.
Der Maler Peter Paul Rubens konnte si auf dem Höhepunkt seiner Karriere
vor Au rägen für Gemälde ni t mehr re en. Er entwi elte ein System: In
seinem großen Atelier bes ä igte er Dutzende von herausragenden Malern,
von denen si der eine auf Roben spezialisiert ha e, der nä ste auf
Hintergründe und so weiter. Wie am Fließband wurden zahllose Leinwände
glei zeitig bearbeitet. Wenn ein wi tiger Au raggeber das Atelier besu te,
s i te Rubens seine angeheuerten Maler für diesen Tag weg. Unter den
Augen des Au raggebers arbeitete Rubens mit unglaubli er Energie und in
unvorstellbarem Tempo. Wenn der Au raggeber wieder ging, war er voller
Ehrfur t für diesen großartigen Mann, der so viele Meisterwerke in so kurzer
Zeit malen konnte.
Es ist für einen Jäger ganz mühelos und einfa , ein lei tfüßiges Tier
einzufangen, wenn er auf die Si erheit seines Wagens vertraut, die Stärke von
se s Pferden nutzt und einen Wang Liang die Zügel halten lässt. Würde er
aber auf die Vorteile des Wagens, die Kra der se s Pferde und die
Fahrkünste des Wang Liang verzi ten und dem Tier zu Fuß na jagen, würde
er selbst mit Lou Chis s nellen Beinen das Tier niemals einholen können.
Mit guten Pferden und einem stabilen Wagen sind aber sogar Sklaven dazu in
der Lage.
Der Kern dieses Gesetzes lautet: Lassen Sie andere die Arbeit tun, und
strei en Sie selbst den Ruhm dafür ein, dann wirken Sie als von go glei er
Stärke und Ma t erfüllt. Wenn es Ihnen wi tig ist, all die Arbeit selbst zu
erledigen, werden Sie Energie vers wenden und si selbst aufarbeiten.
Su en Sie Mens en, die über die kreativen Fähigkeiten verfügen, die Ihnen
abgehen. Heuern Sie sie entweder an, und s reiben Sie dann Ihren Namen
über den der anderen, oder su en Sie na Mögli keiten, ihnen ihre
Leistungen abzunehmen und sie zu eigenen zu ma en. Dann wird deren
Kreativität Ihre eigene, und der Welt ers einen Sie als Genie.
Es gibt no eine weitere Mögli keit, dieses Gesetz zu befolgen. Bei der
müssen Sie si ni t parasitär der Arbeit von Zeitgenossen bemä tigen:
Bedienen Sie si der Vergangenheit. Sie ist ein riesiger Spei er des Wissens
und der Weisheit. Isaac Newton nannte das »auf den S ultern von Giganten
stehen«. Damit meinte er, dass er seine Entde ungen ledigli auf die
Leistungen anderer gegründet habe. Seine Aura der Genialität verdankte er,
wie er wusste, der pfiffigen Fähigkeit, aus den Erkenntnissen seiner Vorgänger
in der Antike, im Mi elalter und in der Renaissance den größtmögli en
Nutzen zu ziehen. Shakespeare borgte si – wie andere Autoren au – Plots,
Charaktere und sogar Dialoge von Plutar , denn er wusste, dass es
hinsi tli subtiler Psy ologie und gewitzter Wortspiele keiner mit
Plutar aufnehmen konnte. Wie viele spätere S ri steller haben
si ihrerseits bei Shakespeare bedient – ihn wiederum plagiiert ?
S ri steller, die die mens li e Natur ausgelotet haben, alte Meister der
Strategie, Chronisten mens li er Dummheit und Narretei – das Wissen all
jener Mens en verstaubt immer mehr, do es wartet nur darauf, dass Sie
kommen und si auf die S ultern jener stellen. Deren Gewitztheiten können
Ihre Gewitztheit werden, deren Fähigkeiten Ihre Fähigkeiten, und
von jenen kann zudem keiner mehr kommen und den Mens en erklären, wie
wenig originell Sie in Wirkli keit sind. Sie können si dur s Leben s lagen,
Fehler um Fehler ma en, Zeit und Energie vers wenden und versu en, alle
nötigen Erfahrungen selbst zu ma en. Oder Sie bedienen si der Heers aren
der Vergangenheit. Bismar hat einmal gesagt, nur Narren behaupteten, aus
Erfahrungen zu lernen. Er ziehe es vor, von der Erfahrung anderer zu profi
tieren.
Garant: Das Wissen ist lang, das Leben ist kurz, und wer ni ts weiß, der lebt
au ni t. Da ist es denn ungemein ges i t, ohne Müheaufwand zu studieren
und zwar viel dur Viele, um dur sie Alle gelehrt zu seyn … So erlangt man,
dur fremden S weiß, den Ruf eines Orakels. (Baltasar Gracián, 1601–
1658)
GESETZ
Wenn Sie Mens en zum Handeln zwingen, behalten Sie die Kontrolle. Es ist
immer besser, wenn Sie Ihren Gegner zu si kommen lassen und damit seine
eigenen Pläne dur kreuzen. Lo en Sie ihn mit fabelha en Verspre ungen –
und greifen Sie ihn dann an. Behalten Sie das He in der Hand.
Wie o ist dieses Szenario in der Ges i te s on dur gespielt worden: Ein
aggressiver Führer beginnt mit einer Reihe von mutigen S ri en, die ihn an
die Ma t bringen. Na und na errei t jedo seine Ma t einen Höhepunkt,
und bald darauf wendet si alles gegen ihn. Seine zahllosen Feinde verbünden
si ; bei den Versu en, si an der Ma t zu halten, ers öp er si , indem er
mal in diese, mal in jene Ri tung zieht, und unvermeidli erweise kommt es
zum Zusammenbru . Der Grund für dieses immer glei e Muster ist, dass die
aggressive Person kaum alles zuglei unter Kontrolle haben kann. Sie kann
ni t weiter als ein paar Züge voraussehen, erkennt ni t die Konsequenzen
dieses mutigen S ri es oder jenes. Weil sie ständig gezwungen ist, auf die
Züge ihrer si ras mehrenden Feinde und auf die unvorhergesehenen Folgen
der eigenen übereilten Aktionen zu reagieren, wendet si ihre aggressive
Energie s ließli gegen sie selbst.
s nellen Sieg.
Denken Sie daran: Das Wesen der Ma t besteht in der Fähigkeit, die
Initiative zu ergreifen, andere auf Ihre Züge reagieren zu lassen, Ihre Gegner
und die anderen Mens en um Sie herum in der Defensive zu halten. Wenn
Sie andere Mens en zu si kommen lassen, sind Sie derjenige, der die
Situation kontrolliert. Und wer die Kontrolle hat, hat die Ma t. Zwei Dinge
sind nötig, damit Sie in diese Position gelangen: Sie selbst müssen lernen,
Ihre Gefühle zu beherrs en und si niemals von Zorn beeinflussen zu lassen;
glei zeitig müssen Sie jedo mit der den Mens en angeborenen Neigung
spielen, zornig zu reagieren, wenn man sie bedrängt und quält. Langfristig
betra tet ist die Fähigkeit, andere zu si kommen zu lassen, eine
wesentli ma tvollere Waffe als jedes aggressive Mi el.
S weiß von der Stirn zu wis en. Aus dem Tas entu fiel ein Notizze el
heraus, was er ni t zu bemerken s ien. Die Klubmitglieder wollten
natürli wissen, was Drew im S ilde führte, und stürzten si auf das Papier,
auf dem wie immer ein Insidertipp stand. Die Neuigkeit ma te die Runde,
und die Klubmitglieder kau en beziehungsweise verkau en die fragli en
Wertpapiere in S aren und spielten damit Drew direkt in die Hände.
Alles kommt darauf an, wie süß Ihr Köder s me t. Ist Ihre Falle
a raktiv genug, werden die si übers lagenden Gefühle und Gelüste Ihrer
Feinde sie für die Realität blind ma en. Je gieriger sie werden, desto besser
können Sie sie an der Nase herumführen.
Symbol: der Honig in der Bärenfalle. Der kluge Bärenjäger verfolgt seine
Beute ni t; einen Bären auf der Flu t kann man kaum fangen, und wenn man
ihn in die E e drängt, kämp er mit wilder Ents lossenheit. Sta dessen
stellt der Jäger Fallen auf und nimmt Honig als Köder. Er zehrt ni t an seinen
Krä en und riskiert ni t sein Leben. Er ködert und wartet.
Garant: Der gute Krieger veranlaßt die anderen, auf ihn zuzukommen, und geht
ni t von si auf andere zu. Dies ist das Prinzip von Leere und Fülle des
anderen und seiner selbst. Wenn du den Gegner veranlaßt, auf di zuzugehen,
dann ist seine Kra immer leer; solange du ni t auf ihn zugehst, ist deine
Kra immer erfüllt. Leere mit Fülle anzugreifen ist, als würdest du Steine auf
Eier werfen – die Eier können ni t anders als zerbre en. (Zhang Yu im 11.
Jh. über die Kunst des Krieges)
GESETZ
Jeder Triumph, den Sie mit Argumenten errungen haben, ist in Wirkli keit ein
Pyrrhussieg: Der Zorn, den Sie damit auf si ziehen, ist stärker und hält länger
vor als jede kurzfristige Meinungsänderung. Viel wirkungsvoller ist es, ohne
viel Worte andere dur Taten zu überzeugen. Erklären Sie ni ts,
demonstrieren Sie es.
KÖNIG AMASIS
Na dem Apries auf diese Weise gestürzt war, herrs te Amasis. Er stammte
au aus dem Gau von Saïs aus der Stadt Siuph. Zunä st s ätzten die Ägypter
Amasis ni t sehr ho und a teten ihn wenig, weil er vorher ein einfa er
Mann aus dem Volke war und aus keinem angesehenen Hause stammte. Später
aber gewann Amasis die Mens en dur eine kluge, gar ni t unges i te Art.
Neben anderen zahllosen Kostbarkeiten besaß er eine goldene Wanne, in der
er selbst und alle seine Gäste jeweils die Füße zu was en pflegten. Diese
Wanne zers lug er, ließ das Bild einer Go heit daraus ma en und stellte es
an der passendsten Stelle der Stadt auf. Die Ägypter gingen zum
Gö erbild und beteten andä tig davor. Als Amasis von diesem Verhalten der
Bürger erfuhr, ließ er sie zu si rufen und erklärte ihnen, dass er es aus dem
Was be en habe herstellen lassen, in das sie früher gespien, ihr Wasser
gelassen und si die Füße gewas en hä en; jetzt aber verehrten sie es
derartig. Dann fuhr er fort: Ähnli wie dem Was be en sei es ihm gegangen.
Früher sei er nur einer aus dem Volke gewesen, jetzt aber ihr König. Er
forderte sie auf, ihm Ehre und A tung zu erweisen. So gewann er die Ägypter
für si , so daß sie es als re t anerkannten, ihm willig zu dienen.
HISTORIEN VON HERODOT, 5. JH. V. CHR.
Begreifen Sie: Worte gibt es im Dutzend billiger. Jeder weiß, dass wir im
Eifer des Wortgefe ts alles Mögli e sagen, um unsere Ansi t zu
untermauern. Wir zitieren die Bibel oder berufen uns auf ni t verifi zierbare
Statistiken. Wer lässt si von so einem Sa heißer Lu überzeugen? Taten und
Demonstrationen überzeugen da viel ma tvoller. Sie sind einfa da, vor
unseren Augen, wir können sie sehen. Keine beleidigenden Worte, keine
1688 entwarf Wren ein prä tiges Rathaus für Westminster. Der Bürgermeister
war jedo ni t zufrieden, vielmehr ha e er Angst. Er befür te, sagte er zu
Wren, dass der zweite Sto ni t si er sei, dass er in sein Büro im ersten
Sto herabstürzen könne. Er verlangte, dass Wren zwei Steinsäulen als
zusätzli e Stützen vorsah. Als leidens a li er Baumeister wusste Wren,
dass diese beiden Säulen genauso überflüssig waren wie die Ängste des
Bürgermeisters gegenstandslos. Denno baute er sie, und der Bürgermeister
war dankbar. Erst Jahre später stellten Arbeiter auf einem hohen Gerüst fest,
dass die Säulen kurz unterhalb der De e endeten.
Wenn Sie na der Ma t greifen oder sie si zu bewahren su en, dann halten
Sie immer na dem indirekten Weg Auss au. Und überlegen Sie gut, ob und
wann Sie in die S la t ziehen. Wenn es langfristig keine Rolle spielt, ob die
andere Person Ihnen zustimmt – oder wenn sie mit der Zeit aufgrund eigener
Erfahrung herausfinden wird, was Sie gemeint haben – ,
dann halten Sie si am besten ni t mit einer Demonstration auf. Sparen Sie
Ihre Energie und gehen Sie einfa weg.
Symbol: die Kinderwippe. Auf und ab, auf und ab, ohne dass man
irgendwohin gelangt – so geht es den Argumentierern. Verlassen Sie die
Wippe und zeigen Sie ihnen, was Sie meinen, ohne zu beißen oder zu kratzen.
Lassen Sie sie einfa oben hängen und
s auen Sie ganz gelassen zu, wie die S werkra sie san zu Boden bringt.
GESETZ
10
Man kann an den Leiden anderer sterben – Seelenzustände sind so anste end
wie Infektionskrankheiten. Sie glauben viellei t, einen Ertrinkenden re en zu
müssen, do in Wahrheit bes wören Sie nur Ihren eigenen Untergang herauf.
Die Glü losen ziehen das Unglü an, und sie werden es au über Sie
bringen. Su en Sie sta dessen die Gesells a der Glü li en.
Jene Unglü li en, die dur Umstände zu Fall gebra t wurden, die außerhalb
ihrer Kontrolle lagen, verdienen all unsere Hilfe und unser Mitgefühl. Aber es
gibt andere, denen Pe und Unglü ni t in die Wiege gelegt wurden, sondern
es dur ihr zerstöreris es Handeln und ihren destabilisierenden Effekt auf
andere selbst herau es wören. Es wäre großartig, wenn wir ihnen au elfen
und ihre Verhaltensmuster ändern könnten, do in den weitaus meisten Fällen
werden wir selbst diese Muster übernehmen und uns verändern. Dafür gibt es
einen einfa en Grund – Mens en reagieren extrem empfängli auf die
Stimmungen, Emotionen und sogar die Denkweisen derer, mit denen sie ihre
Zeit verbringen. Merken Sie si : Beim Spiel um die Ma t sind die
Mens en, mit denen Sie si umgeben, von ents eidender Bedeutung. Lassen
Sie si auf den Umgang mit infektiösen Typen ein, so besteht das Risiko, dass
Sie viel wertvolle Zeit und Energie benötigen, um si wieder zu befreien. Und
Sie werden au , aufgrund einer Art Sippenha , in den Augen anderer leiden.
Unters ätzen Sie nie die Gefahren der Anste ung.
Bei Anste ung gibt es nur einen Ausweg: arantäne. Die Gefahr ist, dass
diese infektiösen Typen si selbst als Opfer präsentieren. Sie ma en es
s wierig, als Erstes Ihr Selbstvers ulden an Ihrem Unglü zu sehen. Do zu
dem Zeitpunkt, da Sie das Problem erkennen, ist es häufig zu spät. Wie können
Sie si vor sol heimtü is en Viren s ützen? Die Antwort lautet: Beurteilen
Sie Mens en na den Auswirkungen, die sie auf ihre Umgebung haben, und
ni t na den Gründen, die sie für ihre Probleme anführen. Infektiöse Typen
können Sie an dem Unglü erkennen, das sie auf si ziehen, an ihrer
turbulenten Vergangenheit, an der langen Reihe ihrer s iefgegangenen
Beziehungen, an ihrem we selha en Berufsleben und an ihrem starken
Charakter, der einen mitreißt und einem den Verstand nimmt. Seien Sie
vorgewarnt bei diesen Anzei en für einen infektiösen Typ; lernen Sie, die
Unzufriedenheit in seinen Augen zu erkennen. Und, am allerwi tigsten, haben
Sie kein Mitleid. Verstri en Sie si ni t, indem Sie zu helfen versu en.
Fliehen Sie aus dem Umfeld des Infizierten, oder leiden Sie an den
Konsequenzen.
Es begab si , dass die Nuss von einer Krähe auf einen hohen Glo enturm
getragen wurde und dort dur eine Mauerritze, in die sie fiel, vor dem
todbringenden S nabel gere et wurde. Sie bat die Mauer, dass sie ihr
beistehen möge um der Gnade willen, die ihr Go mit so hervorragenden,
großartigen und s önen Glo en und deren ehrenvollen Klängen bes ert
habe. Denn da sie ni t unter die grünen Zweige ihres alten Vaters ha e
fallen können, um in der fe en Erde einen Ruheplatz unter seinen
herabfallenden Blä ern zu finden, so solle die Mauer sie do ni t im
Sti lassen; als sie si nämli im rauen S nabel der Krähe befunden ha e,
habe sie si gelobt, dass, wenn sie aus diesem S nabel glü li entkomme,
ihr Leben in einem kleinen Lo beenden wolle. Na diesen Worten nahm sie
die zu Mitleid gerührte Mauer gern an dem Ort auf, in den sie gefallen. Und
binnen kurzer Zeit begann die Nuss si zu öffnen und ihre Wurzeln zwis en
die Ritzen und Steine zu
ste en, sie auszubreiten, und ihre Triebe aus der Höhle emporzustre en; und
bald, als die Zweige über das Gebäude hinausgewa sen waren und die
gewundenen Wurzeln si verdi t ha en, begann sie, die Mauer zu sprengen
und die alten Steine aus ihren gewohnten Plätzen zu treiben. Da beweinte die
Mauer zu spät und vergebli die Ursa e ihres S adens, und bald darauf barst
sie und mit ihr ein großer Teil ihres Gefüges.
Die Kehrseite bei der Anste ung ist ebenso wi tig, und wahrs einli
lei ter zu verstehen. Es gibt Mens en, die mit ihrer Fröhli keit, ihrem
natürli en S wung und ihrer Intelligenz das Glü anziehen. Sie sind eine
elle der Freude, pflegen Sie den Umgang mit ihnen, um an den
Dies gilt ni t nur für Fröhli keit und Erfolg: Alle positiven alitäten
können uns anste en. Talleyrand ha e viele merkwürdige und vor allem
eins ü ternde Züge, do man ist si allgemein einig, dass er alle Franzosen
an Freundli keit, aristokratis em Charme und Witz übertraf. Er stammte in
der Tat aus einer der ältesten Adelsfamilien des Landes und
Nutzen Sie die positiven Seiten der emotionalen Osmose zu Ihrem Vorteil.
Wenn Sie beispielsweise von Natur aus geizig sind, so su en Sie den
Umgang mit den Großzügigen, und sie werden Sie anste en, Ihren Geiz und
Ihre Begrenztheit au re en. Streben Sie zu den Fröhli en, wenn Sie
s wermütig sind. Zwingen Sie si , si mit den Geselligen anzufreunden,
wenn Sie zum Einzelgängertum neigen. S ließen Sie si nie jenen an, die
dasselbe Manko wie Sie haben – sie werden alles, was Sie niederhält,
verstärken. S affen Sie einzig Verbindungen zu positiven Eigens a en.
Ma en Sie si das zur Lebensregel, und Sie werden mehr davon profi tieren
als von allen erapien dieser Welt.
Symbol: ein Virus. Unsi tbar dur dringt es Ihre Poren, breitet si still und
langsam aus. Ehe Sie die Anste ung bemerken, ist sie s on tief in Ihrem
Inneren.
orheit, und für die eilnehmer ist keine Krankheit anste ender. Man darf
nie dem kleineren Uebel die ür öffnen: denn hinter ihm werden si stets
viele andere und größere eins lei en … Nie, aus Mitleid gegen den
Unglü li en, sein S i sal au si zuziehen. (Baltasar Gracián, 1601–
1658)
GESETZ
11
Seien Sie ni t so dumm wie viele, die irrtümli annehmen, die äußerste
Ma t bestünde in der Unabhängigkeit. Ma t involviert immer eine
Beziehung zwis en Mens en; stets brau en Sie andere als Alliierte oder
als Unterpfand oder au als s wa en Herrs er, der Ihnen als Fassade
dient.
Wenn Sie kein Verlangen na si selbst au auen, wird Sie Ihr erster Gegner
verdrängen. Jemand, der jünger, fris er, billiger und weniger bedrohli ist,
wird Sie ersetzen. Lassen Sie keinem diese Mögli keit,
Zwei Pferde trugen jedes eine Last. Das erste Pferd ging gut, do das zweite
war faul. Die Kne te begannen, die Last des hinteren dem vorderen Pferd
aufzubürden; na dem sie dem vorderen Pferd beide Lasten aufgeladen
ha en, fand das hintere das bequem und es sagte zum vorderen: »Ra ere
di nur ab und s witze! Je mehr du di anstrengst, um so mehr musst du
leiden.« Als sie zum Gasthaus kamen, sagte der Besitzer: »Warum soll
i zwei Pferde dur fü ern, wenn eines die ganze
Last trägt? I gebe besser dem einen so viel zu fressen, wie es mag, und
s neide dem anderen den Hals dur ; dann habe i wenigstens sein Fell.«
Und das tat er.
Sie müssen kein Genie sein; Sie müssen jedo eine Fähigkeit entwi eln, die
Sie von der Menge abhebt. Sie müssen Ihre Situation so einri ten, dass Sie
si jederzeit einem anderen Herrn oder Patron zuwenden können, dass Ihr
Herr aber ni t so lei t einen anderen Diener mit Ihrem spezifis en Talent
finden kann. Und wenn Sie in Wirkli keit gar ni t so unverzi tbar sind,
dann müssen Sie alles aussehen lassen, als sei dem so. Die Aura speziellen
Wissens und besonderer Fähigkeiten gibt Ihnen Freiraum, Ihre Vorgesetzten
dahin gehend zu täus en, dass sie glauben, sie würden ohne Sie ni t
zure tkommen.
Eine letzte Warnung: Glauben Sie ni t, dass die Abhängigkeit Ihres Herrn
von Ihnen diesen dazu bringt, Sie zu lieben. Vielmehr wird er Sie vera ten
und für ten. Do wie s on Ma iavelli sagte, ist es besser, man wird
gefür tet als geliebt. Die Fur t können Sie kontrollieren, die Liebe niemals.
Symbol: Ranken mit vielen Dornen. Unten dringen die Wurzeln tief und weit
in den Boden. Oben zwängen si die Ranken dur Büs e, winden si um
Bäume und Pfosten und Fenstersimse. Sie loszuwerden würde so viel
Blutzoll kosten, dass man sie besser wa sen lässt.
Garant: Abhängigkeit begründen. Man erlangt mehr von der Abhängigkeit als
von der verpfli teten
glei der elle den Rü en … Hat die Abhängigkeit ein Ende, so wird das
gute Vernehmen es au bald
finden und mit diesem die Ho a tung. Es sei also eine Hauptlehre aus der
Erfahrung, dass man die Hoffnung zu erhalten, nie aber ganz zu befriedigen
hat, vielmehr dafür sorgen soll, immerdar nothwendig zu bleiben, sogar dem
gekrönten Herrn. (Baltasar Gracián, 1601– 1658)
GESETZ
12
Ein einziger aufri tiger S a zug kann Dutzende von Täus ungstri s
verbergen. Offenherzige Gesten der Ehrli keit und Großzügigkeit lullen
selbst die misstrauis sten Mens en ein. Sobald Ihre gezielte Aufri tigkeit
ein Lo in deren Panzer ges lagen hat, können Sie sie na Gutdünken
hintergehen und manipulieren. Ein Ges enk zur re ten Zeit – ein
trojanis es Pferd – kann demselben Zwe dienen.
Das Wesen des Betrugs ist Ablenkung. Wenn Sie die Leute ablenken, die Sie
betrügen wollen, gewinnen Sie Raum und Zeit für Aktionen, die jene ni t
bemerken. Eine freundli e, großzügige oder ehrli e Geste ist häufig die
stärkste Form der Ablenkung, weil sie den Mens en ihr Misstrauen nimmt.
Sie ma t sie zu Kindern, die gierig jede Zuwendung aufnehmen.
Im alten China nannte man das »geben, bevor man nimmt« – die Gabe ma t
es dem anderen s wer, das Nehmen zu erkennen. Sie ist ein Kniff mit
unendli em praktis em Nutzen. Jemandem offenkundig etwas wegzunehmen
ist selbst für Mä tige gefährli . Das Opfer wird auf Ra e sinnen. Genauso
gefährli ist es, einfa darum zu bi en, egal wie höfli Sie das au tun:
Solange der andere si keinen Vorteil davon verspri t, kann er Ihnen Ihr
Begehren übel nehmen. Lernen Sie zu geben, bevor Sie nehmen. Das bereitet
den Boden, nimmt einem kün igen Begehren die
S ärfe oder bewirkt einfa eine Ablenkung. Dabei kann Ihre Gabe in
vers iedener Form daherkommen: als tatsä li es Ges enk, als großzügige
Geste, als freundli er Gefallen, als »ehrli es« Eingeständnis oder was
immer gerade nötig ist.
Am besten setzen Sie die gezielte Ehrli keit glei bei der ersten Begegnung
ein. Wir alle sind Gewohnheitstiere, und unser erster Eindru hält si am
längsten. Wenn jemand von Anfang an glaubt, Sie seien ehrli , dauert es
lange, bis er vom Gegenteil überzeugt ist. Das gibt Ihnen Spielraum.
Häufig rei t eine einzelne ehrli e Handlung ni t aus. Was Sie benötigen, ist
ein ehrli er Ruf, der auf einer Reihe sol er Gesten basiert. Diese können
dur aus zusammenhanglos sein. Sobald der Ruf etabliert ist, lässt er si ,
genau wie der erste Eindru , ni t so lei t ers ü ern.
Im alten China bes loss der Herrs er Wu von Chêng, si das immer
mä tiger werdende Königrei Hu einzuverleiben. Ohne etwas von seinen
Plänen zu verraten, verheiratete er seine To ter mit dem Herrs er von Hu.
Dann berief er sein Kabine ein und fragte seine Minister: »I habe vor,
einen Feldzug zu unternehmen. In wel es Land sollten wir
mars ierten Soldaten aus Chêng in Hu ein, eroberten das Land und gaben es
nie wieder frei.
Ehrli keit ist eine sehr gute Mögli keit, die Wa samen zu entwaff nen, aber
ni t die einzige. Jede noble, s einbar selbstlose Handlung dient diesem
Zwe . Mit am besten ist viellei t Großzügigkeit. Wenige Mens en können
einem Ges enk widerstehen, selbst wenn es von ihrem s limmsten Feind
kommt. Deshalb ist es häufig der perfekte Weg, andere zu entwaff nen. Ein
Ges enk lo t das Kind in uns hervor, das auf der Stelle seine
S utzs ilde fallen lässt. Obwohl wir die Handlungen anderer o in einem
sehr zynis en Li t betra ten, erkennen wir selten das ma iavellistis e
Element bei einem Ges enk, bleiben uns die tiefer liegenden Motive
verborgen. Ein Ges enk ist das perfekte Objekt, um eine Täus ung darin zu
verste en.
Diese Taktik muss mit Vorsi t angewandt werden: Wenn die Leute sie
dur s auen, entwi eln sie sta Dankbarkeit und Wärme vehementen Hass
und tiefes Misstrauen. Spielen Sie ni t mit dem Feuer, solange Ihre Geste
ni t aufri tig und herzli wirkt.
Garant: Als Herzog Hsien von Chi si den Staat Yü aneignen wollte,
bes enkte er zuerst den Herrs er von Yü mit Jade und Pferden. Und als
Graf Chih si Ch’ou-yu einverleiben wollte, bes enkte er zuerst den
Herrs er mit großen Kampfwagen. Deshalb heißt es: »Willst du jemandem
etwas nehmen, mußt du ihm zuerst etwas geben.« (Han Fei-tzu,
GESETZ
13
EIGENNUTZ
Wenn Sie einen Verbündeten um Hilfe angehen, erinnern Sie ihn ni t daran,
dass Sie ihm einst Unterstützung zukommen ließen oder Gutes taten. Er wird
eine Mögli keit finden, Sie zu überhören. Zeigen Sie ihm sta dessen, dass
es au ihm nützt, wenn er Ihnen beisteht – und strei en Sie das groß heraus.
Er wird begeistert mitma en, wenn er glaubt, davon zu profi tieren.
Den meisten Mens en gelingt das ni t, weil sie zu tief in ihre eigenen
Wüns e und Hoffnungen verstri t sind. Sie gehen von der Annahme aus,
dass die Leute, an die sie si wenden, ein selbstloses Interesse haben, ihnen
zu helfen. Sie reden mit diesen Leuten, als seien ihre Bedürfnisse für die
Adressaten von Bedeutung – obwohl es wahrs einli kaum etwas gibt, was
diese weniger interessiert. Man mal beziehen sie si auf ein großes Ganzes,
einen wi tigen Fall, hehre Gefühle wie Liebe und Dankbarkeit. Sie zielen
auf das Gesamtbild, wenn einfa e, alltägli e Fakten viel wirkungsvoller
wären. Sie erkennen ni t, dass selbst der Mä tigste in seine eigenen
Bedürfnisse verstri t ist, und dass er, solange man ni t an seine
Eigeninteressen appelliert, einen Bi steller als hoffnungslosen Fall,
bestenfalls als Zeitvers wendung betra tet.
Ein Bauer ha e in seinem Garten einen Apfelbaum, der keine Frü te trug,
sondern nur den Spatzen und Grillen als Heimsta diente. Er bes loß ihn zu
fällen, holte seine Axt und hieb mit einem
krä igen S lag in die Wurzel. Die Grillen und Spatzen flehten ihn an, den
Baum zu vers onen, der ihnen S utz bot. Als Dank wollten sie für ihn
singen und so seine Arbeit lei ter ma en. Der Bauer kümmerte si ni t um
die Bi e, sondern hieb ein zweites und dri es Mal mit seiner Axt in den
Baum. Dabei stieß er auf einen Hohlraum mit einem Bienensto voller
Honig. Na dem er von der Wabe gekostet ha e, warf er seine Axt beiseite.
Von da an betra tete er den Baum als heilig und ließ ihm eine gute Pflege
angedeihen. Eigennutz allein ist es, was man e Mens en bewegen kann.
FABELN VON ÄSOP, 6. JH. V. CHR.
Der ents eidende Punkt bei diesem Prozess ist, die Psy e des anderen zu
verstehen. Ist er eitel? Sorgt er si um seine Reputation oder seinen
gesells a li en Ruf? Hat er Feinde, bei deren Überwindung Sie ihm helfen
können? Zählen bei ihm einfa nur Geld und Ma t?
Als die Mongolen im 13. Jahrhundert in China einfielen, drohten sie, eine
über 2.000 Jahre alte, blühende Kultur zu zerstören. Ihr Anführer Ds ingis
Khan sah in China nur ein Land, das keine Weiden für ihre Pferde bot, und so
wollten sie na dem Mo o »Es ist besser, die Chinesen zu verni ten und
Gras wa sen zu lassen« die Städte dem Erdboden glei ma en. Gere et
wurde China von keinem Soldaten, keinem Feldherrn und au keinem
König, sondern von einem Mann namens Yelu Ch’u-Ts’ai. Au er war ein
Fremder, do er ha e die Überlegenheit der inesis en Kultur erkannt. Er
s a e es, zum Berater des Mongolenherrs ers aufzusteigen und ihn davon
zu überzeugen, dass ihm das Land ungeheure Rei tümer bringen würde,
wenn er, sta es zu zerstören, einfa die gesamte Bevölkerung mit einer
Kopfsteuer belegte. Der Khan erkannte die Klugheit dieses Rats und befolgte
ihn.
Als der Khan die Stadt Kaifeng na einer langen Belagerung eroberte und die
Einwohner niedermetzeln lassen wollte (wie er das au in anderen Städten
getan ha e, die si ihm widersetzt ha en), erklärte ihm Ch’u-Ts’ ai, dass
si die besten Handwerker und Te niker Chinas na Kaifeng
s erte oder überhaupt um etwas anderes als die Kriegführung und handfeste
Ergebnisse. Ch’u-Ts’ai bes loss, an die einzige Emotion zu appellieren, die
sol einen Mann bewegen konnte: Gier.
Die meisten Mens en sind so subjektiv, daß sie bei Allem, was gesagt wird,
soglei an si denken und jede zufällige, no so entfernte Beziehung auf
irgend etwas ihnen Persönli es ihre ganze Aufmerk-samkeit an si reißt.
ARTHUR SCHOPENHAUER, 1788– 1860
Eigennutz ist der Hebel, um Leute in Bewegung zu setzen. Sobald Sie ihnen
aufzeigen, wie Sie ihren Bedürfnissen dienen oder ihr Anliegen vorantreiben
können, wird ihr Widerstand Ihrer Bi e gegenüber wie mit Zauberhand
weggewis t sein. Bei jedem S ri auf Ihrem Weg zur Ma t müssen Sie
trainieren, si in den anderen hineinzuversetzen, seine Bedürfnisse und
Interessen zu erkennen und die Mauer aus Ihren eigenen Gefühlen
loszuwerden, die die Wahrheit verde t. Wenn Sie diese Kunst beherrs en,
sind Ihrem Erfolg keine Grenzen gesetzt.
Symbol: ein Seil, das verbindet. Das Seil aus Gnade und Dankbarkeit ist
dünn und wird bei der ersten Belastung reißen. Halten Sie si ni t an diese
Re ungsleine. Das Seil der we selseitigen Eigeninteressen ist aus vielen
Fasern gedreht und kann ni t lei t dur trennt werden. Es wird Ihnen viele
Jahre sehr gute Dienste leisten.
GESETZ
14
SPION
Geht es um Ma t, muss Ihr Ziel sein, zukün ige Ereignisse ein Stü weit zu
beeinflussen. Damit stehen Sie vor dem Problem, dass andere Ihnen ni t
alle ihre Gedanken, Gefühle und Pläne mi eilen. Indem sie umsi tig darauf
a ten, was sie sagen, verbergen sie o den ents eidenden Teil ihres
Charakters – ihre S wä en, Obsessionen und tieferen Beweggründe.
Folgli können Sie die S a züge der anderen ni t voraussehen und tappen
konstant im Dunkeln. Der Tri besteht darin, sie irgendwie
auszukunds a en, ihre Geheimnisse und verborgenen Intentionen
herauszufinden, ohne dass sie merken, worauf Sie aus sind.
Wenn man argwöhnt, dass Einer lüge, stelle man si gläubig: da wird er
dreist, lügt stärker und ist ent-larvt. Merkt man hingegen, daß eine Wahrheit,
die er ver-hehlen mö te, ihm zum eil
ents lüp , so stelle man si darüber ungläubig, damit er, dur den
Widerspru provociert, die Ariergarde der ganzen Wahrheit na rü en lasse.
Das ist ni t so s wierig, wie Sie viellei t denken. Mit einer freundli en
Fassade können Sie heimli Informationen sowohl über Freunde als au
über Feinde sammeln. Lassen Sie andere Horoskope lesen oder die
Tarotkarten befragen – Sie haben konkretere Mi el, die Zukun
vorherzusehen.
Bei der Spionage bedient man si am häufigsten anderer Mens en. Diese
Methode ist einfa und effizient, aber riskant: Mit Si erheit werden Sie an
Informationen gelangen, do über die Mens en, die die Arbeit für Sie tun,
haben Sie wenig Kontrolle. Viellei t offenbaren sie Ihre Spionage oder
wenden si womögli gegen Sie. Besser ist es, selbst der Spion zu sein,
si als Freund zu geben, während Sie heimli Informationen sammeln.
Die Herrs er sehen dur ihre Spione, wie Kühe dur den Geru ssinn sehen,
Brahmanen dur die S ri en und der Rest der Mens en dur ihre
normalen Augen.
Denno müssen Sie diese Strategie mit Vorsi t verfolgen. Wenn die anderen
den Verda t hegen, dass Sie unter dem Vorwand der Konversation versu en,
ihnen Geheimnisse zu entlo en, werden sie Sie strikt meiden. Legen Sie die
Emphase auf das freunds a li e Geplauder, ni t auf die für Sie
interessanten Gesprä sgegenstände. Ihre Su e na wertvollen
Informationen darf ni t zu offensi tli sein, sonst werden Ihre sondierenden
Fragen mehr über Sie selbst und Ihre Absi ten verraten als über die Dinge,
die Sie herauszufinden hoff en.
auss ü en, bringen Sie ihn lei ter dazu, seine eigenen Geheimnisse
preiszugeben. Legen Sie ein fals es Geständnis ab, und Sie werden ein
e tes erhalten. Einen weiteren Tri hat der Philosoph Arthur
unterhalten, vehement widerspre en, irritieren Sie sie und regen sie so sehr
auf, dass sie ein Stü weit die Kontrolle über das verlieren, was sie sagen.
Da sie emotional reagieren, werden sie alle mögli en Wahrheiten über si
selbst preisgeben – Wahrheiten, die Sie später gegen sie verwenden können.
Symbol: das dri e Auge des Spions. Im Land der Zweiäugigen verleiht
Ihnen das dri e Auge das Allwissen eines Go es. Sie sehen weiter als
andere, und Sie dur s auen andere besser. Niemand ist vor diesem Auge
si er – außer Ihnen.
Garant: Was also eine kluge Regierung und eine weise militäris e Führung
dazu befähigt, andere zu besiegen und außerordentli e Leistungen zu
vollbringen, ist ihr Vorherwissen. Vorherwissen kann ni t Geistern und
Dämonen entlo t werden; es kann ni t dur Bere nungen ermi elt werden.
Es muß von Mens en erworben werden, von
Mens en, die die Bedingungen beim Gegner kennen – von Spionen. (Die
Kunst des Krieges von Sun-tzu, 4. Jh. v. Chr.)
GESETZ
15
Auf Ihrem Weg zur Ma t werden Sie Rivalen aufs eu en und si Feinde
ma en. Mens en werden darunter sein, die Sie ni t besiegen können, die
Ihre Feinde bleiben werden, was immer Sie tun. Sol e Feinde wollen Ihnen
Böses. Ni ts wüns en sie si mehr, als Sie zu eliminieren. Wenn Sie daher
aus Milde oder aus Hoffnung auf Wiederversöhnung den Kampf gegen sie nur
zur Häl e oder zu drei Vierteln führen, fördern Sie damit bloß ihre
Ents lossenheit und Verbi erung. Eines Tages werden sie Ra e nehmen. Im
Moment mögen sie si viellei t friedfertig geben, aber nur, weil Sie sie
besiegt haben. Sie haben keine andere Wahl und müssen si gedulden, bis
ihre Zeit gekommen ist.
Die Reste von Feinden können ebenso wie eine Krankheit oder ein Feuer
wieder aufleben. Deshalb muss man sie komple auslös en … Man sollte
nie einen Feind ignorieren, weil man ihn ges wä t weiß. Er wird
unweigerli wieder gefährli werden, wie der Funke im Heus ober.
Die Lösung: Kennen Sie keine Gnade. Nehmen Sie deren Hass ni t
persönli . Verni ten Sie Ihre Feinde so vollständig, wie jene das mit Ihnen
tun würden. Frieden und Si erheit vor Ihren Feinden finden Sie letztli nur,
wenn diese vers wunden sind.
Mao Tse-tung wusste, wie wi tig dieses Gesetz ist. 1934 floh der
Kommunistenführer mit rund 75.000 s le t ausgerüsteten Soldaten in die
öden Berge im westli en China, um Ts iang Kai-s eks viel größerer
Armee zu entkommen; das Unternehmen sollte als »Langer Mars « in die
Ges i te eingehen.
Ts iang war ents lossen, die Kommunisten bis auf den letzten Mann zu
eliminieren, und ein paar Jahre später ha e Mao nur no weniger als 10.000
Soldaten übrig. Als 1937 jedo Japan China überfiel, re nete Ts iang si
aus, dass die Kommunisten keine Bedrohung mehr darstellten. Er ents ied
si dafür, die Jagd sein zu lassen und si auf die Japaner zu konzentrieren.
Zehn Jahre später ha en si die Kommunisten genügend erholt, um
lange gejagt, bis er si mit seiner ganzen Armee auf die Insel Taiwan
flü tete. Und ni ts erinnert im heutigen China an sein Regime.
Der totale Sieg ist eine der Grundlagen der modernen Kriegführung; als
Dogma wurde diese Erkenntnis erstmals von Carl von Clausewitz formuliert,
dem berühmten Kriegshistoriker und -theoretiker. In seiner Analyse der
Feldzüge Napoleons s rieb Clausewitz, der »die Verni tung der
feindli en Streitkra « als Haupthandlung bezei net: »Ist nun der große
Sieg erfo ten, so soll von keiner Rast, von keinem Atemholen … die Rede
sein, sondern nur von der Verfolgung, von neuen Stößen, wo sie nötig sind,
von der Einnahme der feindli en Hauptstadt, von dem Angriff der
feindli en Hilfsheere, oder was sonst als der Unterstützungspunkt des
feindli en Staates ers eint.« Der Grund dafür ist, dass na einem Krieg
verhandelt und das Territorium aufgeteilt wird. Wenn Sie nur einen Teilsieg
errungen haben, werden Sie unweigerli bei den Verhandlungen das
verlieren, was Sie dur den Krieg gewonnen ha en.
Die Lösung ist einfa : Lassen Sie Ihren Feinden keine Optionen. Lös en
Sie sie aus, dann gehört ihr Territorium Ihnen. Das Ziel des Ma tstrebens
Symbol: Eine S lange, die Sie mit dem Fuß zertreten, aber am Leben lassen,
wird Sie hinterrü s mit einer doppelten Gi dosis beißen. Einen Feind, den
Sie in Ihrer Nähe lassen, ist wie eine halb tote
S lange, die Sie wieder gesund pflegen. Mit der Zeit wird das Gi nur no
stärker.
Garant: Man muß si daher merken, daß man die Mens en entweder mit
Freundli keit behandeln oder uns ädli ma en muss; denn wegen
geringfügiger Kränkungen nehmen sie Ra e, wegen s werer S ädigungen
können sie es ni t. Wenn man also jemand s le t behandelt, dann muß dies
in einer Weise ges ehen, daß man ni t seine Ra e zu für ten brau t.
(Niccolò Ma iavelli, 1469– 1527)
GESETZ
16
Jedes Überangebot senkt den Preis: Je mehr man von Ihnen hört und sieht,
desto alltägli er werden Sie. Wenn Sie in einer Gruppe fest etabliert sind,
wird bei Ihrer zeitweiligen Abwesenheit mehr über Sie
Welten hängen ab von Abwesenheit und Gegenwart. Eine starke Präsenz wird
Ihnen Ma t verleihen und die Aufmerksamkeit auf Sie lenken – Sie strahlen
heller als die um Sie herum. Do irgendwann kommt
Um das zu verhindern, müssen Sie dafür sorgen, dass die andere Person
einen Heißhunger auf Ihre Gegenwart bekommt. Erzwingen Sie ihren
Respekt, indem Sie mit der Mögli keit drohen, dass sie Sie für immer
verlieren wird.
Eine andere, alltägli ere Seite dieses Gesetzes – und eine, die seine
Gültigkeit no deutli er ma t – ist das Gesetz der Seltenheit im Berei
Wirts a . Ziehen Sie etwas vom Markt zurü , steigern Sie auf der Stelle
Der erste, der ein Dromedar Ges aut, entfloh, weil’s neu ihm war; Der
zweite trat ihm nah, der dri e war verwegen Genug, ’nen Zaum ihm
anzulegen. So ma t Gewohnheit uns mit allem lei t vertraut; Mit dem, was
fremd uns s ien, wovor uns selbst gegraut, Wird unser Aug si bald
versöhnen, Wenn wir’s nur erst daran gewöhnen. Da mein Gedanke just bei
diesem ema hält: Einst waren Wa en aufgestellt; Als ihnen auf dem Meer
ein Ding ins Auge fällt, So s wuren sie beinah auf Ehre, Dass es ein mä tig
Kriegss iff wäre. Ganz kurz darauf sahn sie’s nur für ‚nen Brander an, Bald
war’s ein Kahn, ein Ballen dann, Zuletzt Holz, in der Wellen Spiele. In
dieser Welt passt auf gar viele Die Spitze dieses Lehrgedi ts: Von fern
s eint’s was zu sein, do nah besehn ist’s ni ts.
übers ri en haben. Wir sind ihrer müde geworden und haben den Respekt
vor ihnen verloren; sie ers einen uns ni t mehr anders als der Rest der
Mens heit – was de facto heißt, dass wir sie als s le ter ansehen, denn
wir verglei en unweigerli unser gegenwärtiges Bild von ihnen mit unserem
früheren. Es ist eine Kunst, zu wissen, wann man si zurü ziehen muss.
Wenn Sie es ri tig anstellen, werden Sie den Respekt, den Sie verloren
haben, wiedererlangen und Ihre Ma t bewahren.
Wenn Sie zu lei t errei bar sind, wird si die Aura von Ma t, die Sie um
si ges affen haben, abnutzen. Drehen Sie den Spieß um: Steigern Sie den
Wert Ihrer Gegenwart, indem Sie si s wer errei bar ma en.
Garant: Dur Abwesenheit seine Ho s ätzung
Ruhm vermindert, so vermehrt ihn die Abwesenheit. Wer abwesend für einen
Löwen galt, war bei seiner Anwesenheit nur die lä erli e Ausgeburt des
Berges. Die großen Talente verlieren dur die Berührung ihren Glanz: denn
es ist lei ter die Rinde der Außenseite, als den großen Gehalt des Geistes zu
sehn … Der Phönix selbst benutzt seine
Symbol: die Sonne. Gewürdigt wird sie nur, wenn sie fehlt. Je mehr
Regentage, desto mehr wird die Sonne herbeigesehnt. Do na zu vielen
heißen Tagen erdrü t die Sonne. Lernen Sie es, si zu verfi nstern, sodass
die Leute Ihre Rü kehr verlangen.
GESETZ
17
Das Leben am Hof ist ein langes, trauriges S a spiel, das von uns verlangt,
unsere Figuren und Formationen aufzubauen, einen Plan zu entwerfen, diesen
zu verfolgen und den unseres Gegners zu parieren. Do man mal ist es
besser, Risiken einzugehen und einen hö st kapriziösen, unvorhersehbaren
Zug zu ma en.
Filippo Maria, der letzte Herzog von Mailand aus der Familie Visconti im
15. Jahrhundert, tat bewusst das Gegenteil dessen, was jeder von ihm
erwartete. Beispielsweise ließ er plötzli einem Höfling seine ganze
Aufmerksamkeit zukommen, und wenn der Mann dann erwartete, in ein
höheres Amt befördert zu werden, stra e er ihn genauso plötzli mit größter
Missa tung. Verwirrt wandte si der Mann viellei t vom Hof ab, aber dann
rief der Herzog ihn überras enderweise zurü und behandelte
Dabei ist es ganz einfa , mit so einem Filippo umzugehen: Nehmen Sie nie
an, dass Sie wissen, was er will. Versu en Sie ni t zu erraten, was ihm
gefallen wird. Bringen Sie niemals Ihren Willen ein, beugen Sie si einfa
seinem Willen. Dann warten Sie ab, was passiert. Inmi en all der Konfusion
und Unsi erheit, die er hervorrief, regierte der Herzog überlegen,
unhinterfragt und in Frieden.
Führe wenn mögli den Feind immer in die Irre, überras e ihn, gib ihm
Rätsel auf … diese Taktik bringt immer den Sieg ein, und eine kleine Armee
kann so eine viel größere zers lagen. GENERAL STONEWALL
JACKSON, 1824– 1863
Eine Zeit lang arbeitete Picasso mit dem Kunsthändler Paul Rosenberg
zusammen, dann erklärte er ihm eines Tages ohne ersi tli en Anlass, dass
er ihm keine Werke mehr überlassen würde. Picasso erklärte später: »Die
nä sten 48 Stunden versu te Rosenberg herauszufinden, warum. Hielt i
etwas für einen anderen Kunsthändler zurü ? I arbeitete und s lief
einfa weiter, während Rosenberg seine Zeit mit Grübeln verbra te. Na
zwei Tagen war er wieder da und sagte si tli ängstli und nervös: › Wie
dem au sei, mein guter Freund, Sie werden mi do ni t fallen lassen,
wenn i Ihnen so viel mehr [er nannte eine wesentli höhere Summe] für jene
Gemälde anbiete als das, was i Ihnen bislang dafür bezahlt habe, oder?‹ «
Unbere enbarkeit ist ni t nur eine Eins ü terungswaffe: Wenn Sie Ihre
Verhaltensmuster von Tag zu Tag ändern, erregen Sie Aufsehen und we en
Interesse. Die Leute spre en über Sie, unterstellen Ihnen Motive und liefern
Erklärungen, die ni ts mit der Wahrheit zu tun haben, dank
derer sie aber ständig an Sie denken. Je kapriziöser Sie si geben, desto
mehr Respekt werden Sie letztli erheis en. Nur definitiv Subordinierte
verhalten si bere enbar.
Symbol: ein Sturm, den man ni t vorhersieht. Plötzli e Auss läge des
Barometers, unerklärli e Änderungen der Ri tung und Stärke. Es gibt keine
Verteidigung: Ein Zyklon sät Terror und Konfusion.
GESETZ
18
Die Welt ist böse, und Feinde lauern überall. Jeder muss si s ützen. Eine
Festung s eint da am
Ma iavelli weist na , dass eine Festung militäris betra tet immer ein
Fehler ist. Sie wird zum Symbol für die Isolation der Ma t und ist ein
lei tes Ziel für die Feinde des Erbauers. Die Festung soll s ützen, do in
Wahrheit s neidet sie die Hilfe ab und engt die Flexibilität ein. Sie mag
uneinnehmbar ers einen, do sobald Sie si darin vers anzen, weiß jeder,
wo Sie si befinden. Und eine Belagerung muss no gar ni t
erfolgrei sein, um die Festung s on in ein Gefängnis zu verwandeln. Ihre
räumli e Enge und Bes ränktheit ma t Festungen zudem extrem anfällig für
die Pest und andere Infektionskrankheiten. Strategis gesehen bewirkt die
Isolation in einer Festung keinen S utz, sondern mehr Probleme, als sie löst.
Einsamkeit ist gefährli für den Verstand, ohne der Tugend zu nützen …
Vergiss ni t, dass der einsame Sterbli e si er vers wenderis ,
wahrs einli abergläubis und mögli erweise verrü t ist.
Weil Mens en von Natur aus gesellig sind, hängt Ma t von der sozialen
Interaktion und Zirkulation ab. Um Ma t auszuüben, müssen Sie si ins
Zentrum der Dinge stellen. Alles sollte si um Sie drehen, und Sie sollten
alles im Bli haben, was drum herum ges ieht, und alle beoba ten, die
si gegen Sie vers wören könnten. Die Gefahr beginnt meistens, wenn
jemand si bedroht fühlt. Dann neigt er dazu, si zurü zuziehen und die
Reihen zu s ließen, Si erheit in einer Art Festung zu su en. Do damit
muss er si auf die Informationen dur einen immer kleiner werdenden Kreis
von Leuten verlassen und verliert den Sinn für die Ereignisse draußen. Er
verliert seine Manövrierfähigkeit, wird zur lei ten Beute, und seine
Isolation ma t ihn paranoid. Im Krieg wie bei vielen Strategiespielen folgen
auf Isolation meist Niederlage und Tod.
Der König [Ludwig XIV.] erwartete ni t nur vom Ho adel, dass er am Hof
präsent war, sondern verlangte das au vom niederen Adel. Ni ts entging
ihm, ob bei seinem Lever und Zube gehen, seinen Mahlzeiten oder in den
Gärten von Versailles. Er empfand es als Affront, wenn die Angehörigen des
hö sten Adels ni t ständig am Hof lebten, und jene, die si selten oder gar
ni t
sehen ließen, zogen si seinen äußersten Unmut zu. Wenn so jemand mit einer
Bi e kam, erklärte der König stolz: ›Wir kennen ihn ni t‹, und dieses Urteil
war unwiderrufli .
Wenn Sie si unsi er und gefährdet fühlen, müssen Sie das Bedürfnis, si
zu verkrie en, niederkämpfen und sta dessen no errei barer werden, alte
Verbündete aufsu en und neue gewinnen, si in immer mehr und andere
Kreise drängen. Das war der Tri der Mä tigen s on vor vielen
Jahrhunderten.
Der römis e Staatsmann Cicero gehörte von Haus aus zum niederen Adel
und ha e ohne einen Zugang zu jenen Aristokraten, die die Stadt
beherrs ten, wenig Chancen, an die Ma t zu kommen. Do das gelang ihm
vorzügli ; er fand heraus, wer Einfluss ha e und wel e Verbindungen diese
Leute unterhielten. Er war überall anzutreffen, kannte jeden und ha e ein
sol riesiges Netz an Verbindungen geknüp , dass ein Feind an der einen
Stelle lei t dur einen Verbündeten anderswo ausgegli en wurde. Da
Mens en so gesellig sind, hat das zur Folge, dass die soziale Kunst, uns
anderen angenehm zu ma en, nur dur ständigen Austaus mit ihnen
praktiziert werden kann. Je mehr Kontakt Sie mit anderen pfl egen, umso
anziehender und umgängli er wirken Sie. Isolation hingegen lässt Sie
verspröden und führt nur zu mehr Isolation, da die Leute anfangen, Sie zu
meiden.
Symbol: die Festung. Ho oben auf dem Berg wird sie zum Bild für all das,
was hassenswert an Ma t und Autorität ist. Die Bewohner unten in der
Stadt verraten Sie an den erstbesten Feind, der daherkommt. Abges ni en
von Kommunikation und Au lärung fällt die Zitadelle lei t.
Garant: Ein kluger und ein guter Herrs er wird daher nie eine Festung
bauen, einmal, um selbst gut zu bleiben, und ferner, um au seinen Söhnen
keinen Anlaß zur S le tigkeit zu geben, no sie dazu anzufeuern, damit sie
si ni t auf die Festung, sondern auf die gute Gesinnung der Bürger
verlassen. (Niccolò Ma iavelli, 1469– 1527)
GESETZ
19
Mens en sind immer vers ieden, und Sie dürfen nie davon ausgehen, dass
alle auf Ihre Strategien glei reagieren. Bestimmte Typen werden für den
Rest ihres Lebens Ra egelüste hegen, wenn Sie sie täus en oder
austri sen. Sie sind Wölfe im
S afspelz. Wählen Sie Ihre Opfer mit Beda t – täus en oder kränken Sie
nie die fals e Person.
GEGNER, TROTTEL UND OPFER
Auf Ihrem Weg an die Ma t werden Sie vielen Arten von Gegnern, Tro eln
und Opfern begegnen. Die hö ste Kunst der Ma tausübung besteht darin,
die Wölfe von den S afen unters eiden zu können, die Fü se von den
Hasen, die Falken von den Geiern. Wenn Sie das gut beherrs en, werden Sie
Erfolg haben, ohne andere zu sehr unter Dru setzen zu müssen. Wenn Sie
aber blind mit allen umgehen, die Ihren Weg kreuzen, wird Ihr Leben ein
ständiges Jammertal sein, wenn Sie überhaupt sehr lange leben. Es kommt
ents eidend darauf an, die vers iedenen Mens entypen zu erkennen und
dementspre end zu handeln. Im Ans luss folgen die fünf gefährli sten und
s wierigsten Haup ypen des Ds ungels.
Wenn du einen Krieger triffst, ziehe dein S wert: Trage ein Gedi t nur
einem Poeten vor. AUS EINEM KLASSIKER DES CH’ANBUDDHISMUS,
ZITIERT IN THUNDER IN THE SKY ÜBERSETZT VON THOMAS
CLEARY, 1993
Ra efeldzug voller Gewalt. Sie mögen si denken: »I habe do nur das und
das gesagt bei der Party, wo alle sowieso betrunken waren …« Darauf
kommt es ni t an. Hinter der Überreaktion Ihres Gegners steht keinerlei
gesunder Mens enverstand, also vers wenden Sie ni t Ihre Zeit damit,
si einen Reim auf ihn zu ma en. Wenn Sie im Umgang mit einer anderen
Person einen ho sensiblen und überaktiven Stolz spüren, fliehen Sie deren
Gesells a . Was immer Sie si von ihr erhoffen, sie ist es ni t wert.
Die Krähe.
»Hä ’st du dem bissgen Hund das angetan, Es wäre si er übel dir
bekommen!«
I weiß wohl, wen i reizen darf, i weiß, Wen i mit kluger List
ums mei eln muss. Darum werd i au tausend Jahre alt!«
Der hoffnungslos Unsi ere. Diese Art Mens ist zwar mit dem stolzen und
arroganten Typ verwandt, aber viel weniger gewal ätig und s werer
auszuma en. Das Ego einer sol en Person ist fragil, ihr Selbstwertgefühl
s wa ausgeprägt, und wenn sie si getäus t oder angegriffen fühlt, steigt
der S merz in ihr ho . Ein sol er Mens wird Sie mit winzigen Bissen
a a ieren, sodass es lang dauert, bis Sie sie bemerken. Wenn Sie
herausfinden, dass Sie einen sol en Mens en getäus t oder verletzt haben,
meiden Sie ihn für lange Zeit. Bleiben Sie ni t in seiner Nähe, sonst
knabbert er an Ihnen, bis Sie tot sind.
Der Misstrauis e. Eine weitere Variante der beiden Typen oben, ein kleiner
Stalin. In anderen Mens en sieht er, was er sehen will – in der Regel das
S le teste –, und er bildet si ein, dass alle hinter ihm her sind. Der
Misstrauis e ist allerdings der am wenigsten Gefährli e von diesen dreien:
Da er von si aus ni t im Glei gewi t ist, lässt er si lei t täus en, wie
au Stalin ständig genarrt wurde. Sie können mit seinem
misstrauis en Wesen spielen, um ihn dazu zu bringen, si gegen andere zu
wenden. Do wenn Sie selbst zum Gegenstand seines Misstrauens werden,
passen Sie auf.
Die S lange mit dem langen Gedä tnis. Wenn dieser Typ verletzt oder
getäus t wird, wird er na außen keinen Zorn zeigen; er wird abwägen und
abwarten. Wenn er dann in der Position ist, das Bla wenden zu können,
wird er mit kaltblütiger Verru theit Ra e üben. So einen
Der S li te, Bes eidene und o Dumme. Ja, da hüp Ihnen das Herz vor
Freude, wenn Sie ein so verlo endes Opfer finden. Do so ein Mens
ist s werer zu täus en, als Sie denken. Auf eine List hereinzufallen setzt
meist Intelligenz und Fantasie voraus – ein Gespür für den Nutzen, den man
viellei t aus einer Situation ziehen kann. Der Simple aber nimmt den Köder
ni t an, weil er ihn gar ni t erkennt. So ahnungslos ist er. Das Gefährli e
an diesem Mens en ist ni t, dass er Sie verletzen will oder Ra e su t,
sondern dass Sie einfa bloß Ihre Zeit, Energie, Ressourcen oder au Ihren
Seelenfrieden an ihn vers wenden, wenn Sie versu en, ihn hinters Li t zu
führen. Unterziehen Sie ihn erst einmal einem Test – mit einem Witz, einer
Anekdote. Wenn er absolut prosais darauf reagiert, haben Sie es mit genau
so einem Typ zu tun. Weiterma en auf eigene Gefahr.
Symbol: der Jäger. Für den Wolf baut er ni t dieselbe Falle auf wie für den
Fu s. Er legt keinen Köder dorthin, wo kein Tier anbeißt. Er kennt seine
Beute in- und auswendig, ihre Angewohnheiten wie ihre Unters lupfe, und
er jagt sie dementspre end.
Garant: Glaube fest, keine Mens en sind so
ni tsbedeutend und unbeträ tli , die es ni t zu einer oder der andern Zeit,
in einer oder der andern Sa e, in ihrer Gewalt hä en, dir nützli zu seyn.
Das werden sie aber gewiß ni t seyn, wenn du vormals Vera tung gegen sie
geäußert hast. Unre t wird o vergeben, Vera tung niemals. Unser Stolz
gedenkt ihrer beständig. (Lord Chesterfield, 1694 – 1773)
GESETZ
20
Nur Narren ergreifen immer glei Partei. Legen Sie si auf keine Seite oder
Sa e fest. Vertrauen Sie nur si selbst. Indem Sie Ihre Unabhängigkeit
bewahren, ma en Sie si zum Herrn über andere – so können Sie Mens en
gegeneinander ausspielen und sie zu Ihren Gefolgsleuten ma en.
Da Ma t zu einem großen Teil von der äußeren Ers einung abhängt, müssen
Sie Tri s erlernen, mit denen Sie Ihre A raktivität erhöhen können. Die
Weigerung, si an eine Person oder Gruppe zu binden, gehört dazu. Wenn Sie
si selbst zurü halten, bes wören Sie damit keine Verärgerung herauf,
sondern erheis en eine bestimmte Art von Respekt. Sie wirken
mä tig, weil Sie si dem Zugriff entziehen, sta si einer Gruppe oder
Beziehung hinzugeben, wie es die meisten Mens en tun. Mit der Zeit
In dem Moment, da Sie eine Bindung eingehen, ist der Zauber verfl ogen. Sie
sind bloß no wie alle anderen. Mit allen mögli en hinterlistigen Methoden
werden Leute versu en, Sie zu einer Bindung zu überreden. Sie ma en
Ihnen Ges enke und übers ü en Sie mit ihrer Gunst, und das alles nur, um
Sie in die Pfli t zu nehmen. Ermutigen Sie ihre Aufmerksamkeit, stimulieren
Sie ihr Interesse, aber binden Sie si um keinen Preis an sie. Akzeptieren
Sie die Ges enke und die Ne igkeiten, wenn Sie das wollen, aber bleiben
Sie innerli immer auf Distanz. Sie können es si ni t erlauben, aus
Versehen si plötzli jemandem verpfli tet zu fühlen.
Do denken Sie daran: Ziel ist ni t, andere Leute vor den Kopf zu stoßen
oder den Eindru zu erwe en, dass Sie der Bindung unfähig seien. Wie
Elizabeth I., die jungfräuli e Königin, müssen Sie die Suppe am
Eine arme Frau stand auf dem Markt und verkau e Käse. Da kam eine Katze
vorbei und nahm einen Käse mit. Ein Hund beoba tete die Diebin und
wollte ihr den Käse wegnehmen. Die Katze widersetzte si dem Hund. Also
gingen sie aufeinander los. Der Hund bellte und biss, die Katze
fau te und kratzte, do keiner konnte den Kampf für si ents eiden. »Lass
uns zum Fu s gehen und ihn zum S iedsri ter ma en«, s lug die Katze
s ließli vor. »Einverstanden«, sagte der Hund. Also gingen sie zum Fu s.
Der hörte si beda tsam an, was die beiden vorbra ten. »Ihr dummen
Tiere«, tadelte er sie, »warum hört ihr ni t auf? Wenn beide wollen, teile
i den Käse, und beide sind zufrieden.« »Einverstanden«, sagten die Katze
und der Hund. Der Fu s nahm sein Messer und s ni den Käse in zwei
Teile. Do er setzte das Messer ni t längs, sondern quer an. »Meine Häl e
ist kleiner«, beklagte si der Hund. Der Fu s betra tete das Stü des
Hundes prüfend dur seine Brille. »Du hast re t, ganz re t!«, ents ied er.
Also nahm er einen Bissen von der Häl e der Katze. »Damit sind sie
glei !«, sagte er. Als die Katze sah, was der Fu s tat, heulte sie: »S au
do ! Jetzt ist mein Teil kleiner!« Der Fu s setzte erneut seine Brille auf
und besah si prüfend das Stü der Katze. »Du hast re t!«, sagte der Fu s.
»Einen Moment, das ri te i glei .« Und er biss ein Stü vom Käse des
Hundes ab. Das wiederholte si so lange, bis der Fu s, abwe selnd am
Anteil der Katze und an dem des Hundes nagend, den ganzen Käse vor ihren
Augen aufgegessen ha e.
Mä ten. Verführen Sie die eine Seite mit dem Verspre en, ihr zur helfen;
die andere Seite, die ihren Feind immer übertreffen will, wird Sie glei
falls umwerben. Wenn so beide Seiten um Ihre Aufmerksamkeit buhlen,
werden Sie soglei als Person von großem Einfluss und großer Begehrli
keit
ers einen. Mehr Ma t fällt Ihnen zu, als wenn Sie si vors nell an eine
Seite gebunden hä en.
Garant: Man sei Niemandem für Alles, au nie Allen verbindli gema t.
Denn sonst wird man zum Sklaven, oder gar zum Sklaven Aller. Freiheit ist
viel köstli er, als das Ges enk, wofür man sie hingiebt. Man soll weniger
Wert darauf legen, Viele von si , als darauf, si selbst von Keinem
abhängig zu sehn. Besonders halte man die Verbindli keit, die Einem
auferlegt wird, ni t für eine Gunst: denn meistentheils wird die fremde List
es absi tli so eingeleitet haben, dass man ihrer bedürfen mußte. (Baltasar
Gracián, 1601– 1658)
GESETZ
21
Niemand fühlt si wohl, wenn sein Gegenüber intelligenter ist. Geben Sie
Ihren Opfern das Gefühl, sie seien klug – und zwar klüger als Sie. Wenn die
anderen davon überzeugt sind, werden sie keinen Verda t s öpfen, dass Sie
viellei t niedere Absi ten verfolgen.
Der Eindru , dass ein anderer intelligenter ist als wir, ist uns fast
unerträgli . In der Regel versu en wir, das auf vers iedene Weise zu
re tfertigen: »Er hat sein Wissen nur aus Bü ern, i aber kenne das
wirkli e Leben.« – »Ihre Eltern konnten ihr eine gute Ausbildung bezahlen.
Wenn meine Eltern au so viel Geld gehabt hä en, wäre i ebenfalls so
privilegiert gewesen …« – »Der ist gar ni t so klug, wie er glaubt.«
Da die Intelligenz für die Eitelkeit der Mens en eine so große Rolle spielt,
kommt es ents eidend darauf an, die Verstandeskra eines anderen nie
unbeabsi tigt infrage zu stellen oder gar zu beleidigen. Das ist ein
unverzeihli er Fehler. Wenn Sie diese Regel jedo eisern befolgen, eröff
nen si Ihnen unzählige Mögli keiten der Täus ung. Geben Sie
unters wellig anderen Mens en zu verstehen, dass sie intelligenter sind als
Sie selbst oder dass Sie gar ein biss en s wa sinnig sind, und Sie können
sie na Stri und Faden einwi eln. Das Gefühl intellektueller
Überlegenheit, das Sie ihnen vermi eln, entwaffnet sie, weil es ihr
Misstrauen einlullt.
Auf keine Vorzüge aber ist der Mens so stolz, wie auf die geistigen: beruht
do nur auf ihnen sein Vorrang vor den ieren. Ihm ents iedene
Ueberlegenheit in dieser Hinsi t vorzuhalten, und no dazu vor Zeugen, ist
daher die größte Verwegenheit … Während daher in der Gesells a Stand
und Rei thum stets auf Ho a tung re nen dürfen, haben geistige Vorzüge
sol e keineswegs zu erwarten: im günstigsten Fall werden sie ignorirt; sonst
aber angesehn als eine Art Impertinenz, oder als etwas, wozu ihr Besitzer
unerlaubterweise gekommen ist und nun si untersteht damit zu stolziren;
wofür ihm also irgend eine anderweitige Demüthigung angedeihen zu lassen
Jeder im Stillen beabsi tigt und nur auf die Gelegenheit dazu passt. Kaum
wird es dem demüthigsten Betragen gelingen Verzeihung für die geistige
Ueberlegenheit zu erbe eln. Sadi sagt im Gulistan (S. 146 der Uebersetzung
von Graf): »Man wisse, dass si bei dem Unverständigen hundert Mal mehr
Widerwillen gegen den Verständigen findet, als der Verständige Abneigung
gegen den Unverständigen empfindet.« – Hingegen gerei t geistige
Inferiorität zur wahren Empfehlung. Denn was für den Leib die Wärme, das
ist für den Geist das wohlthuende Gefühl der Ueberlegenheit; daher Jeder, so
instinktmäßig wie dem Ofen, oder dem Sonnens ein, si dem Gegenstande
nähert, der es ihm verheißt. Ein sol er nun ist allein der ents ieden tiefer
Stehende, an Eigens a en des Geistes. ARTHUR SCHOPENHAUER,
1788– 1860
Preußens und kaum denen Österrei s entspra , und dafür musste er eine
Strategie entwerfen, um von den Österrei ern die Zustimmung zu bekommen.
Der österrei is e Unterhändler, Graf Blome, war ein
unters reiben.
Die Chinesen kennen ein Spri wort: »Verkleide di als S wein, um den
Tiger zu töten.« Das bezieht si auf eine alte Jagdte nik, bei der der Jäger
si tatsä li in einen S weinebalg samt Rüssel hüllt und das Grunzen
na ma t. Der mä tige Tiger glaubt, dass ein S wein seines Wegs käme,
und lässt es in Erwartung einer le eren Mahlzeit in Ruhe näher kommen.
Do dann la t der Jäger als Letzter.
Si als S wein zu verkleiden bewirkt Wunder bei jenen, die wie Tiger
arrogant sind und zu viel Selbstvertrauen haben: Je lei ter zu erbeuten Sie
si ihnen gegenüber geben, desto lei ter können Sie das Bla wenden.
Symbol: das Opossum. Es stellt si tot, spielt den Narren. Man ein Räuber
hat es deswegen s on in Ruhe gelassen. Wer sollte meinen, dass sol eine
hässli e, unintelligente, nervöse kleine Kreatur zu sol einem
Täus ungsmanöver fähig ist?
s eine. Man soll ni t unwissend seyn, wohl aber es zu seyn affektiren. Bei
den Dummen weise und bei den Narren ges eut seyn, wird wenig helfen …
Ni t der ist dumm, der Dummheit affektirt … Das einzige Mi el, beliebt zu
seyn, ist, daß man si mit der Haut des einfältigsten der iere bekleide.
(Baltasar Gracián, 1601– 1658)
GESETZ
22
STÄRKE
Kämpfen Sie nie um der Ehre willen, wenn Sie der S wä ere sind. Ergeben
Sie si lieber. Das gibt Ihnen Zeit, si zu erholen, den Sieger zu piesa en
und zu quälen, zu warten, bis seine Stärke s windet. Geben Sie ihm ni t
die Befriedigung, Sie im Kampf besiegt zu haben – kapitulieren Sie vorher.
Indem Sie die andere Wange hinhalten, ma en Sie ihn wütend und unsi er.
Verwandeln Sie die Kapitulation in ein Ma tinstrument.
ÄTHIOPISCHES SPRICHWORT
Das ist der Kern der Kapitulationstaktik: Innerli bleiben Sie standha ,
na außen hin beugen Sie si . Weil Ihre Feinde keinen Grund mehr haben,
Ihnen zu zürnen, sind sie o orientierungslos. Und es ist unwahrs einli ,
dass sie mit mehr Gewalt reagieren, weil Sie ja eben ni t mit Gewalt
reagiert haben. Sta dessen gewinnen Sie Zeit und Spielraum, Ihre
Gegenzüge zu planen, mit denen Sie die anderen s ließli niederma en. In
der S la t der Intelligenz gegen die Brutalität und Aggression ist die
Kapitulationstaktik eine überlegene Waff e.
Voltaire lebte zu einer Zeit im Londoner Exil, als dort der Hass auf die
Franzosen am größten war. Als er eines Tages dur die Straßen ging, fand er
si von einer wütenden Menge umringt. »Hängt ihn! Hängt den Franzosen!«
s rie sie. Ruhig wandte si Voltaire mit folgenden Worten an den Pöbel:
»Männer Englands! Ihr wollt mi töten, weil i Franzose bin. Bin i ni t
gestra genug, dass i
473 v. Chr. verlor im alten China der König Goujian von Yue bei der
Die Ma t ist ständig in Fluss – und weil das Spiel um sie ein Kampf mit
fließenden Fronten ist, werden si die an der Ma t so gut wie immer
irgendwann auf dem absteigenden Ast wiederfinden. Wenn Sie
vorübergehend ges wä t sind, ist die Kapitulationstaktik das perfekte
Mi el, irgendwann wieder na oben zu kommen: Sie verbirgt Ihre
Ambitionen, sie lehrt Sie Geduld und Selbstbeherrs ung – ents eidende
Faktoren bei diesem Spiel –, und sie bringt Sie in die bestmögli e Position,
aus einem plötzli en Ausruts er Ihres Gegners Vorteil zu ziehen. Wenn Sie
weglaufen oder Widerstand leisten, können Sie auf lange Si t ni t
gewinnen. Wenn Sie si ergeben, werden Sie nahezu mit Si erheit eines
Tages der Sieger sein.
Symbol: eine Ei e. Die Ei e, die dem Wind trotzt, verliert einen Ast
na dem anderen, und ohne sie geht dann au der Stamm ein. Die Ei e, die
si dem Wind beugt, lebt länger, ihr Stamm wird di er, ihre Wurzeln
rei en tiefer, sie ist zäher.
Garant: Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für
Zahn. I aber sage eu : Leistet dem, der eu etwas Böses antut, keinen
Widerstand, sondern wenn di einer auf die re te Wange s lägt, dann halt
ihm au die andere hin. Und wenn di einer vor Geri t bringen will, um dir
das Hemd wegzunehmen, dann laß ihm au den Mantel. Und wenn di einer
zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm. (Jesus
Christus in Ma häus 5,38– 41)
GESETZ
23
S onen Sie Ihre Energien, indem Sie sie auf den ents eidenden Punkt
bündeln. Sie gewinnen mehr, wenn Sie in einer ergiebigen Mine tief s ürfen,
als wenn Sie von einem dür igen Tagebau zum nä sten eilen: Intensives
Arbeiten ist immer besser als extensives. Wenn Sie na Ma t streben, wenn
Sie na oben kommen wollen, dann su en Sie si den ents eidenden Patron
– die fe e Kuh, die Ihnen no lange Mil geben wird.
SCHLÜSSEL ZUR MACHT
Die Welt wird von immer größerer Zerspli erung geplagt – innerhalb von
Ländern, politis en Gruppen, Familien, sogar Individuen. Wir leben in
einem Zustand totaler Zerstreuung und Zerfledderung, sind kaum in der Lage,
unseren Verstand in eine Ri tung zu lenken, ehe wir s on wieder in tausend
andere gezogen werden. Konflikte sind in der modernen Welt zahlrei er als
je zuvor, und Konflikte sind zu einem integralen Bestandteil unseres Lebens
geworden.
Die Lösung besteht in einer Art des Rü zugs na innen, in die Vergangenheit,
zu konzentrierteren Formen des Denkens und Handelns. Napoleon wusste,
dass es si lohnt, die eigenen Krä e auf den s wä sten Punkt des Feindes
zu konzentrieren; hierin lag der Grund für seinen Erfolg auf dem S la tfeld.
Do au die Kra seines Willens und seines Verstandes modellierte er
na diesem Gedanken. Zielstrebig einen einzigen Zwe zu verfolgen,
si vollkommen auf das Ziel zu konzentrieren und diese alitäten gegen
Mens en zu wenden, die ni t so fokussiert handeln, die si der Zerstreuung
hingeben – sol e Pfeile werden jedes Mal den Weg zum Opfer finden und
den Feind überwältigen.
Die beste Strategie ist: immer re t stark sein, zuerst überhaupt und
demnä st auf dem
ents eidenden Punkt. Daher gibt es … kein höheres und einfa eres Gesetz
für die Strategie, als das: seine Krä e zusammenzuhalten … es muss die
glei zeitige Anwendung aller für einen Stoß bestimmten Krä e als ein
Urgesetz des Krieges ers einen.
Casanova s rieb seinen Erfolg der Fähigkeit zu, si auf ein einziges Opfer
zu konzentrieren und es so lange zu bestürmen, bis es si ergab. Er konnte
si der Frau, die er begehrte, vollständig ausliefern, und das ma te ihn so
außerordentli verführeris . Während der Wo en oder Monate, die eine
sol e Frau in seinem Umfeld verbra te, da te er an ni ts anderes. Als er
in den berü tigten Bleikammern des Dogenpalasts in Venedig gefangen war
– aus diesem Gefängnis war no niemand entkommen –, konzentrierte er
si Tag für Tag auf ni ts anderes als seine Flu t. Und als man ihn in eine
andere Zelle verlegte und damit Monate des heimli en Grabens umsonst
In der Welt der Ma t brau en Sie ständig die Hilfe anderer Mens en, in
der Regel sol er, die mä tiger sind als Sie. Nur ein Narr we selt
fla erha von einer Person zur nä sten, weil er glaubt, dass eine breite
Basis ihm das Überleben besser si ert. Aus dem Gesetz der Konzentration
folgt zwingend, dass Sie viel Energie sparen und mehr Ma t erlangen
können, indem Sie si an eine einzige, geeignete elle der Ma t he en.
Der Wissens a ler Nikola Tesla ruinierte sein Leben, weil er glaubte, er
könne si irgendwie seine Unabhängigkeit bewahren, wenn er si ni t
einem einzelnen Herrn verpfli tete. Er wies sogar J. P. Morgan zurü , der
ihm einen bestens dotierten Vertrag anbot. Letztli bedeutete Teslas
»Unabhängigkeit«, dass er si ni t an einen einzelnen Patron wenden konnte,
sondern ständig um ein ganzes Dutzend von ihnen
herums arwenzeln musste. Gegen Ende seines Lebens sah er seinen Fehler
ein. Irgendwann wird ein einziger Patron Ihre Loyalität s ätzen lernen und
von Ihren Diensten abhängig werden; auf lange Si t dient der Herr dem
Sklaven.
Überhaupt hüten Sie si vor Zerspli erung und halten Sie Ihre Krä e
zusammen … Das Talent glaubt freili , es könne das au , was es andere
Leute tun sieht, allein es ist ni t so und es wird sein Faux- frais bereuen.
Ludwig XIII. die Ents eidungen traf, sondern dessen Mu er. Und so he ete
er si an ihre Fersen und katapultierte si dur die Ränge der Höfl inge
hinauf bis ganz na oben.
Es rei t, einmal auf eine Ölquelle zu stoßen – Ihr Rei tum und Ihre Ma t
werden für den Rest Ihres Lebens gesi ert sein.
s weifen, treffen Sie den Feind ni t ins Herz. Verstand und Pfeil müssen
eins sein. Nur mit dieser Konzentration der mentalen und physis en Krä e
kann Ihr Pfeil das Opfer treffen – mi en ins Herz.
24
Ein Mens , der si auf den Hof versteht, ist ein Herr seiner Bewegung,
seiner Bli e, seiner Mienen; er ist undur dringli , unergründbar; er weiß
s limmem Tun einen angenehmen S ein zu geben, lä elt seinen Feinden zu,
bezwingt seine Laune, verhehlt seine Leidens a en, verleugnet sein Herz,
spri t und handelt wider seine Gefühle.
Vermeide Protzerei. Es ist nie klug, zu viel Au eben um die eigene Person
zu ma en oder zu viel Aufmerksamkeit auf die eigenen Handlungen zu
lenken. Je mehr Sie über Ihre Taten spre en, desto verdä tiger ma en Sie
si . Sie rufen damit genügend Neid hervor, um Verrat und ein Messer im
Rü en zu provozieren.
Praktiziere Non alance. Erwe en Sie nie den Eindru , dass Sie hart
arbeiten. Es muss ganz natürli wirken, wenn Sie Ihre Talente entfalten, und
mit einer Lei tigkeit ges ehen, dass die Mens en Sie für ein Genie halten
und ni t für einen Workaholic. Es ist besser, wenn die anderen bewundern,
mit wel er Anmut Sie Ihre Leistungen erbringen, als dass sie si fragen,
warum das so viel Arbeit ist.
Knausere mit Komplimenten. Viellei t sieht es so aus, als könnten die über
Ihnen gar ni t genug S mei eleinheiten bekommen, aber wenn man etwas
zu freigebig verteilt – au wenn es etwas Gutes ist –, verliert es an Wert.
Lernen Sie, Ihren Herrn indirekt zu ums mei eln – indem Sie
beispielsweise Ihren eigenen Beitrag herunterspielen, damit er umso größer
dasteht.
Sorge dafür, dass man di bemerkt. Das ist das Paradoxon: Sie dürfen ni t
zu ostentativ au reten, do glei zeitig müssen Sie alles so arrangieren, dass
man Sie bemerkt. Die Chance zu sol einem Aufs tieg bekommen Sie ni t,
wenn Ihr Herr Sie in der Menge der Höflinge gar ni t bemerkt. Das zu
bewerkstelligen ist eine Kunst. Zu Beginn geht es o darum, überhaupt erst
einmal gesehen zu werden – im wörtli en Sinn.
A ten Sie also auf Ihre äußere Ers einung, und sorgen Sie dafür, dass Ihr
Stil und damit Ihr Image unverwe selbar – subtil unverwe selbar –
werden.
We sle Stil und Spra e, je na dem, mit wem du es zu tun hast. Der
Irrglaube an die Glei heit – die Vorstellung, dass man als ein Ausbund an
Zivilisiertheit dasteht, wenn man mit allen anderen unabhängig von ihrer
gesells a li en Stellung auf dieselbe Weise spri t – ist ein s re li er
Fehler. Die unter Ihnen werden das als eine Form der Herablassung
betra ten, was es ja au ist, und die über Ihnen werden Sie damit vor den
Kopf stoßen, au wenn diese das viellei t ni t zugeben. Ihren Stil und Ihre
Redeweise müssen Sie dem jeweiligen Gegenüber anpassen. Das bedeutet
ni t, zu lügen, sondern zu s auspielern, und s auspielern ist eine Kunst,
keine Go esgabe.
Überbringe nie eine s le te Na ri t. Der König lässt den Boten töten, der
s le te Na ri ten bringt: Das ist zwar ein Klis ee, aber es ist etwas
Wahres dran. Sie müssen kämpfen und notfalls lügen und betrügen, um
Diene di deinem Herrn nie als Freund oder Intimus an. Er will keinen
Freund anstelle eines Untergebenen, er will einen Untergebenen. Nähern Sie
si ihm nie auf zu vertrauli e Weise, und bieten Sie si ihm nie als die beste
Wahl an – das zu ents eiden ist sein Vorre t.
Kritisiere die über dir nie direkt. Das s eint auf der Hand zu liegen, aber es
gibt o Situationen, da eine gewisse Art von Kritik nötig ist – ni ts zu sagen
oder keinen Rat zu erteilen wäre in anderer Hinsi t riskant. Sie müssen
jedo lernen, Ihren Rat wie Ihre Kritik so indirekt und so höfli wie
mögli in Worte zu fassen.
Bitte die über dir nur selten um einen Gefallen. Ni ts irritiert einen Herrn
mehr, als die Bi e eines anderen abs lagen zu müssen. Das we t Groll
und S uldgefühle in ihm. Bi en Sie so selten wie mögli um eine
Vergünstigung, und lernen Sie zu erkennen, wann Sie au ören müssen. Und
am wi tigsten: Bi en Sie nie im Namen einer anderen Person um einen
Gefallen, s on gar ni t im Namen eines Freundes.
Ma e keine Witze über Aussehen oder Ges ma . Witz und eine humorvolle
Grunddisposition sind wesentli e alitäten eines guten Höflings, und
gelegentli ist sogar ein gewisses Maß an Vulgarität angemessen.
Do ma en Sie nie Späße über das Aussehen oder den Ges ma anderer;
das sind zwei ho sensible Berei e, vor allem bei denen über Ihnen.
Sei ni t der Zyniker des Hofes. Bewundern Sie die Leistungen anderer.
Wenn Sie die Ihnen Glei gestellten oder Na geordneten ständig kritisieren,
färbt einiges von dieser Kritik auf Ihre Person ab und s webt wie eine
graue Wolke über Ihnen, wo immer Sie hingehen. Die Leute werden bei
jedem neuen zynis en Kommentar aufstöhnen und si über Sie ärgern.
Indem Sie Bewunderung – ni t zu viel – für die Leistungen anderer Leute
zum Ausdru bringen, lenken Sie paradoxerweise die Aufmerksamkeit auf
si .
Beoba te di selbst. Der Spiegel ist eine wunderbare Erfindung; ohne ihn
würden Sie si gegen S önheit und Etike e s wer versündigen. Sie
Meistere deine Gefühle. Wie ein großer S auspieler müssen Sie lernen, auf
Kommando zu weinen oder zu la en, wenn es die Situation verlangt. Sie
müssen in der Lage sein, Ärger und Frustration zu verbergen und
Zufriedenheit und Zustimmung zu heu eln. Seien Sie stets Herr Ihres eigenen
Gesi ts.
Pass di dem Zeitgeist an. Eine kleine Vorliebe für die Vergangenheit zu
entwi eln kann armant wirken, solange Sie eine Periode wählen, die
mindestens zwei Jahrzehnte zurü liegt; die Mode von vor zehn Jahren zu
tragen wäre grotesk, solange Sie si ni t in der Rolle des Hofnarren
wohlfühlen. Ihr Denken aber muss mit dem Zeitgeist S ri halten, selbst
wenn er bei Ihnen wunde Punkte berührt. Wenn Sie jedo zu weit
vorausdenken, wird Sie niemand verstehen.
Sei ein ell der Freude. Das ist ents eidend. Ganz offensi tli liegt es im
Wesen des Mens en, dass wir das Unangenehme und Hässli e fl iehen,
während wir von dem Angenehmen und der Aussi t auf Vergnügungen wie
Mo en vom Li t angezogen werden. Von diesem Gesetz gibt es
Abstufungen: Ni t jedem liegt die Rolle des Favoriten, ni t jeder ist mit so
viel Charme und Geist gesegnet. Do unsere unangenehmen Eigens a en
können wir alle unter Kontrolle halten und sie wenn nötig verbergen.
Höfli keit ist Klugheit; folgli ist Unhöfli keit Dummheit: si mi elst ihrer
unnöthiger- und muthwilligerweise Feinde ma en ist Raserei, wie wenn man
sein Haus in Brand ste t. Denn
Höfli keit ist, wie die Re enpfennige, eine offenkundig fals e Münze: mit
einer sol en sparsam zu seyn, beweist Unverstand; hingegen Freigebigkeit
mit ihr Verstand … Wie das Wa s, von Natur hart und spröde, dur ein
wenig Wärme so ges meidig wird, daß es jede beliebige Gestalt annimmt;
so kann man selbst störris e und feindsälige Mens en, dur etwas
Höfli keit und Freundli keit, biegsam und gefällig ma en. Sona ist die
Höfli keit dem Mens en, was die Wärme dem Wa s. ARTHUR
SCHOPENHAUER, 1788– 1860
GESETZ
25
Au reten und Wirken: Sie ers einen überlebensgroß, und Ihre Ma t mehrt
si .
Die Persönli keit, mit der Sie s einbar geboren wurden, ist ni t
notwendigerweise das, was Sie sind; jenseits der ererbten Charakteristika
haben Ihre Eltern, Ihre Freunde und andere Bezugspersonen dazu beigetragen,
Ihren Charakter zu formen. Die Mä tigen sehen si vor die prometheis e
Aufgabe gestellt, die Kontrolle über diesen Prozess zu erlangen, anderen die
Mögli keit zu versagen, sie zu formen und einzugrenzen. S affen Sie
si einen neuen Charakter – den der Ma t. An si selbst zu arbeiten wie mit
Ton muss eine Ihrer größten und
Wer in der alten Hauptstadt der Welt [Rom] sein Glü zu ma en berufen ist,
der muss ein Chamäleon sein, dessen Haut in allen Farben seiner Umgebung
zu s illern vermag, er muss ein Proteus sein, der alle Gestalten anzunehmen
weiß. Ges meidig muss er sein, eins mei elnd, fals , undur dringli ,
o niedrig, voll hinterlistiger Offenherzigkeit; stets muss er si stellen,
weniger zu wissen, als er wirkli weiß; er muss nur einen Ton der Stimme
haben, muss geduldig sein, seine Gesi tszüge in der Gewalt haben, kalt wie
Eis sein, während ein anderer an seiner Stelle aufl odern würde. Fehlt ihm
unglü li erweise die Religion des Herzens – was bei einem Charakter der
Der erste S ri auf dem Weg zur Selbsters affung ist die
Gute S auspieler haben si besser unter Kontrolle. Sie spielen Ernst und
Aufri tigkeit, sie können zu Tränen rühren und Leidens a en we en, ohne
diese Gefühle zu empfinden. Sie externalisieren Emotionen in einer Form,
die andere verstehen. Das Aufgehen des S auspielers in seiner Rolle ist im
wirkli en Leben ein fataler Fehler. Kein Herrs er oder Führer könnte
seinen Part wohl ausfüllen, wenn alle Gefühle, die er zeigt, e t sein
müssten. Lernen Sie also, si selbst zu beherrs en. Übernehmen Sie die
Plastizität des S auspielers, der sein Gesi t je na verlangter Emotion
modelliert.
Der zweite S ri auf dem Weg zur Selbsters affung ist das Kreieren eines
denkwürdigen Charakters, der Aufmerksamkeit erheis t und die anderen
Akteure auf der Bühne überragt. Das war das Spiel, das Abraham Lincoln
betrieb. Einen einfa gestri ten, ehrli en Mann vom Land, so wusste er,
ha e Amerika als Präsident no nie gehabt, aber man würde ihn voll Freude
wählen. Obwohl viele dieser alitäten ihm von Natur aus zu eigen waren,
übertrieb er sie spieleris – mit Hut, Anzug, Bart. (Kein Präsident vor ihm
ha e jemals einen Bart getragen.)
Zu einem guten S auspiel gehört jedo mehr als nur ein interessantes
Äußeres oder ein einziger herausragender Moment. Dramatik entwi elt si
in der Zeit – sie ist ein si entfaltendes Ereignis. Rhythmus und Timing sind
von ents eidender Bedeutung. Und eines der wi tigsten Elemente zur
Entfaltung einer dramatis en Wirkung ist die Spannung. Um das Publikum zu
fesseln, müssen Sie die Ereignisse si langsam entfalten lassen und sie dann
na einem von Ihnen vorgegebenen Tempo und Muster
bes leunigen. Große Herrs er wie Napoleon oder Mao Tse-tung haben mit
ihrem theatralis en Timing immer wieder ihr Publikum überras t und
unterhalten.
Denken Sie aber daran, dass zu viel des Guten au kontraproduktiv sein
kann. Es läu auf dasselbe hinaus, wie zu viel Energie darauf zu
Sie tun, als vielmehr, wie Sie es tun. Anmut und eine bezwingende Ruhe
bringen auf der sozialen Bühne viel mehr ein, als wenn Sie Ihren Part
übertreiben und zu sehr in Bewegung sind.
S ließli : Üben Sie viele Rollen ein, seien Sie, was immer der
Augenbli erfordert. Passen Sie Ihre Maske der Situation an, proteis
müssen die Gesi ter sein, die Sie aufsetzen. Bismar beherrs te dieses
Spiel perfekt: Gegenüber einem Liberalen war er ein Liberaler, gegenüber
einem Falken war er ein Falke. Er war ni t zu fassen, und wer ni t zu
fassen ist, der kann ni t gefressen werden.
Garant: Si Allen zu fügen zu wissen: ein kluger Proteus: gelehrt mit dem
Gelehrten, heilig mit dem Heiligen. Eine große Kunst, um Alle zu gewinnen:
denn die Uebereinstimmung erwirbt Wohlwollen. Man beoba te die
Gemüther und stimme si na dem eines Jeden. Man laße si vom Ernsten
und vom Jovialen mit fortreißen, indem man eine
26
Geben Sie si so zivilisiert und effizient wie mögli : Keine Fehler und
keine Missetaten dürfen Ihre weiße Weste befle en. Vers affen Sie si ein
makelloses Ers einungsbild, indem Sie andere zu Handlangern und
Sündenbö en ma en, hinter denen Sie Ihre eigenen Ma ens a en
verste en können.
Ents uldigungen we en Sie bloß alle mögli en Zweifel hinsi tli Ihrer
Kompetenz, Ihrer weiteren Pläne und mögli er anderer Fehler, die Sie ni t
eingestanden haben. Ausflü te stellen niemanden zufrieden, und bei einer
Ents uldigung fühlt si keiner wohl. Der Fehler vers windet dadur
na zudenken.
Es empfiehlt si , als Sündenbo ein mögli st uns uldiges Opfer zu su en.
Sol e Leute sind meist ni t mä tig genug, um si zu wehren,
und ihre naiven Proteste wirken, als protestierten sie zu he ig – mit anderen
Worten, als seien sie Anzei en für ihre S uld. Passen Sie jedo auf, dass
Sie keinen Märtyrer s affen. Es ist wi tig, dass Sie das Opfer bleiben, der
bemitleidenswerte Führer, der von all den Inkompetenten um si herum im
Sti gelassen wurde. Wenn der Sündenbo zu s wa ers eint und seine
Bestrafung zu grausam, sind am Ende Sie viellei t das Opfer Ihrer eigenen
Inszenierung. Man mal müssen Sie si als Sündenbo einen Mä tigeren
su en – einen, der auf lange Si t weniger Sympathien we en wird. Immer
wieder hat die Ges i te gezeigt, dass es Sinn ma t, einen Nahestehenden
zum Sündenbo zu ma en. Das ist als der »Sturz des Favoriten« bekannt.
Als Anführer dürfen Sie si die Hände nie dur hässli e Aufgaben oder
blutige Ges ä e bes mutzen, alles, das Ihre hohe Stellung s le t
aussehen lässt oder als Missbrau wahrgenommen wird. Die Ma t kann
andererseits ni t überleben, ohne dass ständig Feinde zers me ert werden
– immer wieder müssen kleine, s mutzige Jobs erledigt werden, damit Sie
an der Ma t bleiben. Sie brau en einen Handlanger, jemand, der die
dre ige und gefährli e Arbeit für Sie erledigt. Wie ein Sündenbo wird
der Handlanger Ihnen helfen, Ihren makellosen Ruf zu bewahren.
In der Regel wird das eine Person sein, die ni t Ihrem unmi elbaren
Umfeld angehört, und der aus diesem Grund hö stwahrs einli ni t
aufgehen wird, dass sie nur benutzt wird. Sol e Gimpel lassen si in der
Regel lei t finden – Mens en, denen es Spaß ma t, Ihnen einen Gefallen zu
tun, vor allem wenn als Gegenleistung mal ein, zwei Kno en für sie
abfallen. Sie erledigen Dinge für Sie, die sie für völlig harmlos, zumindest
aber für gere tfertigt halten, in Wirkli keit aber räumen sie Ihnen Gegner
aus dem Weg, verbreiten die Informationen, mit denen Sie sie gefü ert
haben, graben Mens en das Wasser ab, von denen sie ni t wissen, dass sie
Ihre Rivalen sind, treiben Ihre Sa e ungewollt weiter voran, wobei sie si
die Finger s mutzig ma en, während die Ihren makellos rein bleiben.
Uns uldslamm zu spielen und ni t als elle der Information in Ers einung
zu treten.
Was Gunst erwirbt, selbst verri ten, was Ungunst, dur Andre. Dur das
erstere gewinnt man die Liebe, dur das Andre entgeht man dem
Uebelwollen … Von Oben kann man nur dur Lohn und Strafe wirken: da
ertheile man das Gute unmi elbar, das S limme mi elbar.
Sie müssen für jeden Vorfall einen Ausführenden oder einen Überbringer von
s le ten Na ri ten haben, während Sie selbst nur Freude und frohe
Bots a en überbringen.
den Tempel, legt seine Hände auf seinen Kopf und bekennt die Sünden des
Volkes, wodur er die
S uld auf das uns uldige Tier überträgt, wel es dann in die Wüste geführt
und fortgejagt wird, sodass diese Sünden und die S ande der Mens en mit
ihm vers winden.
Garant: Dumm ist ni t, wer eine Dummheit begeht; sondern wer sie na her
ni t zu bede en versteht … Alle Mens en begehn Fehltri e, jedo mit
dem Unters iede, daß die Klugen die begangenen verhehlen, die Dummen
aber die, wel e sie erst begehn wollen, s on zum voraus lügen. Unser
Ansehn beruht auf dem Geheimhalten, mehr als auf dem un: denn nisi caste,
tamen caute. (Baltasar Gracián, 1601– 1658)
GESETZ
27
Wenn Sie na Mögli keiten su en – und das werden Sie si erli –, wie Sie
aus der geringsten Anstrengung die größtmögli e Ma t gewinnen können,
werden Sie irgendwann auf die sektenglei e Anhängers a stoßen, die zu
den effizientesten gehört. Eine große S ar Mens en um si herum zu haben
eröffnet viele Gelegenheiten für Täus ungsmanöver; Ihre Anhänger verehren
Sie ja ni t nur, sie werden Sie au vor Ihren Feinden verteidigen und
au no freiwillig die Aufgabe übernehmen, andere für Ihre eben flügge
gewordene kleine Sekte zu gewinnen. Sol eine Ma t hebt Sie in eine
andere Sphäre: Sie brau en keine Drohungen und keine
an, sodass sie dann ihre eigenen Zusammenhänge herstellen und das sehen,
was sie sehen wollen.
S ritt 2: Gib dem Visuellen und dem Sinnli en den Vorzug vor dem
Intellektuellen. Wenn si die Mens en erst einmal um Sie zu s aren
begonnen haben, bringt das zwei Gefahren mit si : Langeweile und Skepsis.
Langeweile lässt die Mens en woandershin abwandern; Skepsis gibt ihnen
die Distanz, rational über das na zudenken, was Sie ihnen anbieten. Mit
anderen Worten: Die Skepsis bläst den Nebel fort, mit dem Sie so tri rei
Ihre Ideen verhüllt haben, sodass sie plötzli als das dastehen, was sie sind.
Sie müssen also dafür sorgen, dass si die Leute amüsieren und ni t
langweilen, und Sie müssen si die Zyniker vom Leib halten.
Am besten gelingt das mit großem eater und anderen verglei baren
Mi eln. Umgeben Sie si mit Luxus, blenden Sie Ihre Anhänger mit
visuellem Glanz, geben Sie ihnen ein Spektakel, das ihre Augen fesselt. Dann
sehen sie ni t nur ni t die Lä erli keit Ihrer Ideen, die Lö er in Ihrem
Glaubenssystem, sondern Sie gewinnen au no mehr Aufmerksamkeit,
no mehr Anhänger.
aufgeklärten Zeitalter ist es no immer so. Denken Sie si Rituale für Ihre
Anhänger aus; organisieren Sie sie in einer Hierar ie, verleihen Sie ihnen
Namen und Titel, in denen stets das Religiöse mits wingt; verlangen Sie von
ihnen Opfer, die Ihre Truhen füllen und Ihre Ma t mehren werden.
S ritt 4: Verheimli e deine Einkommensquelle. Ihre Anhängers a ist
gewa sen, und Sie haben sie wie eine Kir e strukturiert. Ihre Truhen füllen
si nun mit dem Geld der Gläubigen. Do Sie dürfen niemals den
Eindru erwe en, als hä en Sie es auf dieses Geld abgesehen – und auf die
daraus resultierende Ma t. Genau an diesem Punkt müssen Sie
Ihre Anhänger wollen glauben, dass ihnen alle mögli en Güter in den
S oß fallen, wenn sie Ihnen folgen. Umgeben Sie si daher mit Luxus und
ma en Sie si zum lebenden Beweis für die Gültigkeit Ihres
Glaubenssystems. Enthüllen Sie niemals, dass Ihr Rei tum in Wirkli keit
den Tas en und Sparstrümpfen Ihrer Anhänger entstammt; stellen Sie
vielmehr alles so dar, dass es die Ri tigkeit Ihrer Methoden bestätigt.
S ritt 5: S affe eine »Wir gegen sie«-Dynamik. Ihre Sekte ist jetzt groß und
stark, ein Magnet, der immer mehr Partikel anzieht. Wenn Sie jedo
Stellen Sie zunä st si er, dass Ihre Anhänger überzeugt sind, einem
exklusiven Zirkel anzugehören, der von einem Band gemeinsamer Ziele
geeint wird. Um dieses Band zu festigen, bringen Sie die Vorstellung auf, da
draußen lauere ein vers lagener Feind, der Sie verni ten will. Wenn Sie
keinen Feind haben, erfinden Sie einen.
Dem Charlatan muss daran gelegen sein, den disponierten Mens entyp, der
seine Erfolgsgarantie bedeutet, zu standardisieren, er soll als Individuum so
zahlrei vorkommen, dass er zur Masse wird und somit einen no größeren
Spielraum garantiert.
DIE MACHT DES CHARLATANS VON GRETE DE FRANCESCO, 1937
GESETZ
28
Wenn Sie si einer Sa e unsi er sind, lassen Sie die Finger davon.
Zweifeln und Zögern würde die Dur führung behindern. Angst ist gefährli
. Ergreifen Sie lieber beherzt die Initiative. Von Wagemut verursa te Fehler
lassen si dur no mehr Wagemut korrigieren. Alle bewundern den
Tapferen; niemand verehrt den Feigling.
Die meisten Mens en sind ängstli . Wir wollen Spannungen und Konfl ikte
vermeiden, und wir wollen von allen geliebt werden. Wir überlegen uns
zwar viellei t ein beherztes Vorgehen, do wir setzen das kaum in die Tat
um. Wir für ten die Konsequenzen, was andere von uns denken mögen, die
Feindseligkeiten, die wir herau es wören, wenn wir über das uns für
gewöhnli Zustehende hinausgehen.
Unsere Ängstli keit verkleiden wir zwar gern als Sorge um andere, denen
wir ni t wehtun und die wir ni t beleidigen wollen, do in Wirkli keit
ste t das Gegenteil dahinter – wir bes ä igen uns eigentli nur mit uns
selbst, haben um uns Angst und ma en uns Sorgen, wie andere uns
wahrnehmen. Tapferkeit hingegen ist na außen geri tet, und die Mens en
gehen o lei ter damit um, denn sie ist weniger selbstbewusst und
zuglei weniger unterdrü t. Ni ts an ihr ist unges i t oder
peinli . Und so bewundern wir die Tapferen und genießen ihre Gegenwart,
weil ihr Selbstvertrauen uns anste t und uns aus unserem S ne enhaus und
unseren Reflexionen na außen zieht.
I habe jedo festgestellt, dass du bei jenen zögerli bist, die dein Herz
beeindru t haben. Eine Bürgerli e mag das goutieren, aber das Herz einer
Frau von Welt musst du mit anderen Waff en angreifen … I erkläre dir im
Namen der Frauen: Unter uns gibt es keine, die ni t ein wenig Ungestüm zu
großer Bedä tigkeit vorzieht. Männer verlieren dur Stümperei mehr
Herzen, als sie dur Ri erli keit gewinnen. Je mehr Zögerli keit der
Liebhaber uns gegenüber an den Tag legt, umso mehr sieht si unser Stolz
veranlasst, ihn anzusta eln; je mehr Respekt er vor unserem Widerstand hat,
um so mehr Respekt verlangen wir von ihm. Nur zu gern würden wir den
Männern sagen: »Unterstellt uns do um Himmels willen ni t soviel
Tugendha igkeit; ihr zwingt uns ja, zu viel davon zu haben …« Ständig
kämpfen wir, um die Tatsa e zu verbergen, dass wir uns erlaubt haben,
geliebt zu werden. Versetze eine Frau in die Lage, sagen zu können, dass sie
si nur der Gewalt oder der Überras ung ergeben hat: Überzeuge sie, dass
du sie ho genug s ätzt, und dann werde i für ihr Herz antworten … Ein
biss en mehr Kühnheit deinerseits wird eu beiden wohltun. Denke daran,
was Monsieur de La Ro efoucauld dir neuli gesagt hat: »Ein vernün iger
Mann, der verliebt ist, kann si viellei t wie ein Verrü ter benehmen, aber
er sollte und kann si ni t wie ein Idiot benehmen.«
Kühnheit müssen Sie üben, und Sie müssen lernen, no kühner zu werden.
Passende Gelegenheiten finden Sie rei li . Ein guter Ausgangspunkt sind
meist Verhandlungen, vor allem sol e Diskussionen, bei denen Sie
aufgefordert werden, Ihren Preis zu nennen. Wie o verkaufen wir uns zu
billig, indem wir zu wenig verlangen. Als Christoph Kolumbus den Vors lag
ma te, der spanis e Hof sollte seine Reise na Amerika finanzieren,
verband er das mit der irrwitzig kühnen Forderung, den Titel »Großadmiral
des Ozeans« zu erhalten. Der Hof stimmte zu. Er bekam den Preis, den er
verlangt ha e – er wollte mit Respekt behandelt werden, und so ges ah es.
Au Henry Kissinger wusste, dass si bei Verhandlungen kühne Forderungen
mehr auszahlen, sta zu Beginn Stü um Stü kleine Konzessionen zu
ma en und zu hoffen, den anderen auf halbem Weg zu treffen. Setzen Sie
einen hohen Preis fest, und dann erhöhen Sie ihn no einmal.
Mens en haben einen se sten Sinn für die S wä en anderer. Wenn Sie
beim ersten Treffen Ihre Bereits a zum Kompromiss, zum
Zurü ste en, zum Rü zug demonstrieren, lo en Sie den Löwen sogar bei
jenen Mens en hervor, die ni t unbedingt blutrünstig sind. Alles hängt vom
ersten Eindru ab. Nimmt man Sie als Person wahr, die s nell in der
Defensive ist, die verhandlungsbereit und willfährig ist, wird man Sie ohne
Gnade herums ubsen. Es ist darum das Beste, mit Ihrem ersten Au ri
einen bleibenden Eindru zu s affen; das Handeln mit Mut zu kombinieren.
Die beherzte Aktion lässt Sie größer und mä tiger ers einen, als Sie sind.
Wenn sie plötzli erfolgt, mit der Heimli keit und S nelligkeit einer
S lange, erwe t sie umso mehr Angst. Indem Sie dur eine kühne Aktion
eins ü tern, s affen Sie einen Präzedenzfall: Bei jedem weiteren Treff en
werden die anderen in der Defensive sein, voll Angst vor Ihrem nä sten
S lag.
Symbol: der Löwe und der Hase. Der Löwe lässt kein Lo – seine
Bewegungen sind zu ges meidig, seine Fänge sind zu s nell und zu stark.
Der ängstli e Hase versu t alles, der Gefahr zu entkommen, do bei
seinem überstürzten Versu , si zurü zuziehen und zu fliehen, geht er nur in
die Falle und springt seinem Feind genau in den Ra en.
Garant: I bin aber der Meinung, daß es besser ist, draufgängeris als
bedä tig zu sein. Denn Fortuna ist ein Weib; um es unterzukriegen, muß man
es
s lagen und stoßen. Man sieht au , daß es si lei ter von Draufgängern
bezwingen läßt als von denen, die kühl abwägend vorgehen. Daher ist
Fortuna immer, wie jedes Weib, den jungen
Mens en freund; denn diese sind weniger bedä tig und draufgängeris er
und befehlen ihr mit größerer Kühnheit. (Niccolò Ma iavelli, 1469– 1527)
GESETZ
29
Das Ziel ist das Ents eidende. Planen Sie den ganzen Weg dorthin.
Berü si tigen Sie alle
mögli en Folgen, Hindernisse und S i salss läge, die Ihre harte Arbeit
zuni tema en oder anderen die Ehre dafür eintragen könnten. Wenn Sie
alles bis zum S luss planen, können Sie ni t von Zufällen überras t
werden. Dann wissen Sie, wann Sie aufhören müssen. Helfen Sie dem
Glü na . Bestimmen Sie die Zukun mit, indem Sie weit vorausdenken.
DIE FRÖSCHE
Als der Tei austro nete, ma ten si zwei Frös e auf den Weg und su ten
eine Bleibe. Wie sie nun an einen Brunnen kamen, war der eine dafür, ohne
weiteres hinunterzuspringen. Der andere aber meinte: »Wenn nun au hier
das Wasser austro net, wie kommen wir dann wieder herauf?« Die Fabel
lehrt uns, ni t unüberlegt an die Dinge heranzutreten.
415 v. Chr. griffen die Athener Sizilien an; sie glaubten, dieser Feldzug
würde ihnen Rei tümer, Ma t und ein ruhmrei es Ende des 16-jährigen
Peloponnesis en Krieges einbringen. Sie unters ätzten die Gefahren einer
Invasion so weit von zu Hause; sie sahen ni t voraus, dass die Sizilianer auf
eigenem Grund und Boden nur umso ents lossener kämpfen würden und dass
alle Feinde Athens si gegen sie verbünden würden, und sie erkannten
au ni t, dass der Krieg an mehreren Fronten zuglei geführt werden musste,
sodass sie ihre Krä e viel zu sehr auseinanderziehen mussten. Die
Invasion Siziliens war ein vollständiger Fehls lag und führte zur Zerstörung
einer der großartigsten Kulturen aller Zeiten. Ihr Herz ha e die Athener in
den Untergang geführt, ni t ihr Verstand. Sie sahen nur die Aussi t auf
Ruhm, ni t die Gefahren, die am Horizont lauerten.
Wer weise Frauen na der Zukun fragt, gibt ohne es zu wissen, eine innere
Kunde vom Kommenden preis, die tausendmal präziser ist als alles, was er
dort zu hören bekommt.
»Der gewöhnli ste Grund für die Fehler der Mens en ist«, s rieb
Kardinal de Retz, »dass sie zu viel Angst vor den gegenwärtigen Gefahren
haben und ni t genug vor jenen, die no in weiter Ferne sind.« Die
entfernten Gefahren, die irgendwo im Hintergrund lauern – wenn wir die
Gestalt annehmen sehen können, wie viel Fehler können wir dann vermeiden!
Wie viel Pläne mögen wir sofort aufgeben, wenn uns klar würde, dass wir
eine kleine Gefahr meiden, nur um in eine viel größere hineinzugeraten. Ein
Gu eil der Ma t resultiert ni t aus dem, was Sie tun, sondern aus dem, was
Sie ni t tun – die überstürzten, närris en Aktionen, die Sie lieber sein
lassen, ehe sie Sie in S wierigkeiten bringen. Planen Sie jedes Detail, ehe
Sie handeln – und lassen Sie si ni t von vagen Plänen in die Irre führen.
Wird das unbeabsi tigte Konsequenzen haben? Werde i mir neue Feinde
ma en? Wird si ein anderer meiner Arbeit bemä tigen? Die Dinge gehen
sehr viel häufiger unglü li als glü li aus – also lassen Sie si ni t von
dem Happy End einlullen, das Ihnen im Geiste viellei t vors webt.
Wenn Sie mehrere S ri e voraussehen und alle Ihre Züge bis zum Ende
planen, werden Sie ni t länger von Emotionen in Versu ung geführt oder
von der Lust am Improvisieren. Ihre Klarheit befreit Sie von der Angst und
der Unbestimmtheit, die der Hauptgrund sind, warum es so vielen ni t
gelingt, ihre Pläne erfolgrei zum Abs luss zu bringen. Haben Sie das Ende
fest im Bli , und dulden Sie keine Abwei ung.
Symbol: die Gö er auf dem Olymp. Aus den Wolken
sie erkennen vorab das Ende all der großen Träume, die zu Desastern und
Tragödien führen. Und sie
Wirkli keit jedo haben wir die Führung unsrer Ges ä e nur anfangs fest
im Griff; herna aber, einmal in Gang gesetzt, sind sie es, die uns führen und
mit si reißen, und wir müssen ihnen folgen. (Mi el de Montaigne, 1533–
1592)
GESETZ
30
Was Sie leisten, muss selbstverständli und mühelos wirken. Verbergen Sie,
wie viel Pla erei, wie viel Erfahrung und wie viele clevere Tri s
dahinterste en. Wenn Sie loslegen, tun Sie es unangestrengt, als könnten Sie
no viel mehr leisten. Widerstehen Sie der Versu ung, zu enthüllen, wie hart
Sie arbeiten – das wir nur Fragen auf. Bringen Sie niemandem Ihre Tri s
bei, sonst werden sie gegen Sie verwandt.
Die ersten Vorstellungen von Ma t entwi elte die Mens heit anhand
primitiver Naturerlebnisse – ein Blitz am Himmel, eine plötzli e Flut, das
Ungestüm eines wilden Tieres. Sol e Krä e erforderten kein Na denken,
keine Vorausplanung – sie ers re ten uns einfa mit ihrer plötzli en
Ers einung, ihrer Großartigkeit, ihrer Ma t über Leben und Tod. Und dies
ist die Art von Ma t, die wir no immer zu imitieren versu en. Dank
Wissens a und Te nik konnten wir die erhabenen Krä e der Natur
na ahmen, do es fehlt etwas: Unsere Mas inen sind laut und
grobs lä tig, sie lassen die Anstrengung erkennen. Selbst die besten
empfinden, das weniger reflektiert als wir, aber über größere natürli e
Anmut verfügt. Wir können zu diesem Zustand ni t zurü kehren, do wenn
wir den Ans ein dieser Art von Lei tigkeit erwe en können, rufen wir bei
anderen jene primitive Bewunderung hervor, die die Natur s on immer in
den Mens en erwe t hat.
Eine Zeile [zu di ten] dauert Stunden viellei t; Do wirkt sie ni t wie ein
Geistesblitz, Hat unser Tun und Tra ten gar ni ts errei t.
bes rieb. Und do müsse der Höfling, erklärt Castiglione, diese Gesten mit
äußerster sprezzatura ausführen, der Fähigkeit, alles ganz lei t aussehen zu
lassen. Er bes wört den Höfling, »eine gewisse Art von Lässigkeit
anzuwenden, die die Kunst verbirgt und bezeigt, dass das, was man tut oder
sagt, ans einend mühelos und fast ohne Na denken zustande gekommen ist«.
Wir alle bewundern die Vollbringung eines ungewöhnli en
Die Idee der sprezzatura ist für alle Arten von Ma t relevant, denn
Ma t hängt ents eidend von den Ers einungen und Illusionen ab, die Sie
erzeugen. Ihr öffentli es Wirken muss wie ein Kunstwerk sein: Es muss
visuell anspre en, Erwartungen we en, ja unterhalten. Wenn Sie die inneren
Me anismen Ihrer S öpfung enthüllen, sind Sie bloß ein weiterer
Sterbli er unter vielen. Was man versteht, bestaunt man ni t – mit genügend
Zeit und Geld, sagen wir uns, könnten wir das au hinbekommen.
Widerstehen Sie der Versu ung, Ihre Cleverness preiszugeben – viel klüger
ist es, die Me anismen Ihrer Cleverness zu verbergen.
Unergründli keit der Fähigkeiten. Der Kluge verhüte, daß man sein Wissen
und sein Können bis auf den Grund ermesse, wenn er von Allen verehrt seyn
will. Er lasse zu, daß man ihn kenne, aber ni t daß man ihn ergründe.
Keiner muß die Grenzen seiner Fähigkeiten auffinden können; wegen der
augens einli en Gefahr einer En äus ung. Nie gebe er Gelegenheit, daß
Einer ihm ganz auf den Grund komme. Denn größre Verehrung erregt die
Muthmaaßung und der Zweifel über die Ausdehnung der Talente eines jeden,
als die genaue Kunds a davon, so große sie au immer seyn mögen.
BALTASAR GRACIÁN,1601– 1658
Leistungen mit Anmut und Lei tigkeit erbringen, glauben die Mens en
s ließli , dass Sie no mehr vollbringen könnten, wenn Sie nur wollen.
Symbol: das Rennpferd. Aus der Nähe sehen wir die Anspannung, den
s weren Atem, die Kra , die es kostet, das Pferd zu beherrs en. Do aus
der Distanz, auf der Tribüne wirkt alles graziös, ein Flug dur die Lü e.
Halten Sie andere auf Abstand, und sie sehen nur die Lei tigkeit, mit der Sie
agieren.
31
AUSTEILST
Die besten Täus ungsmanöver sind die, bei denen der Gegner s einbar eine
Wahl hat: Ihr Opfer glaubt, es hielte das He in der Hand – in Wirkli keit
ist es Ihre Marione e. Räumen Sie anderen nur
Wahlmögli keiten ein, bei denen jede Ents eidung für Sie günstig ausfällt.
Zwingen Sie sie, das kleinere von zwei Übeln zu wählen, die beide Ihren
Zwe en dienen. Bringen Sie andere in eine Zwi mühle: Wohin sie
si au wenden, sie gehen in die Falle.
Mit Begriffen wie »Freiheit«, »Optionen« und »Wahl« assoziieren wir in der
Regel ein Spektrum von Mögli keiten, das weit über das hinausgeht,
wel es die Realität für uns bereithält. Bei näherer Betra tung tendieren
unsere Wahlmögli keiten dazu – auf dem Markt, bei Wahlen, im Berufsleben
–, ras an erhebli e Grenzen zu stoßen: O geht es nur darum, si zwis en
A und B ents eiden zu können, wobei der Rest des Alphabets ausgeblendet
bleibt. Do solange au nur ein Hau der Wahlfreiheit bleibt, kümmern wir
uns kaum um die fehlenden Optionen. Den S lauen und Gerissenen eröffnet
das ungeahnte Gelegenheiten für Täus ungsmanöver. Denn Mens en, die
si zwis en Alternativen
ents eiden können, wollen kaum glauben, dass sie manipuliert oder getäus t
werden; sie sehen einfa ni t, dass Sie ihnen eine kleine Menge freien
Willens zugestehen und im Austaus dafür ihnen in viel
ma tvollerem Umfang Ihren eigenen Willen aufzwingen. Ihrem Opfer ein
kleines Auswahlspektrum zu lassen sollte also immer Teil Ihrer
Frisiere die Optionen. Das war eine Lieblingste nik von Henry Kissinger.
Als Präsident Ri ard Nixons Außenminister hielt si Kissinger in der Regel
für besser informiert als sein Boss. Do wenn er versu te, die Ri tlinien
der Politik zu bestimmen, würde er seinen stets unsi eren Chef vor den
Kopf stoßen oder gar gegen si au ringen. Folgli s lug Kissinger in jeder
Situation drei oder vier Optionen zur Auswahl vor, die er so präsentierte,
dass die von ihm bevorzugte im Verglei zu den anderen immer am besten
dastand. Jedes Mal nahm Nixon den Köder an, und nie kam ihm der Verda t,
dass er das tat, was Kissinger wollte.
Erzwinge Widerstand. Das ist eine gute Te nik für Kinder und andere
eigenwillige Mens en, die gern das Gegenteil dessen tun, worum man sie
bi et: Zwingen Sie sie, die Option zu »wählen«, die Sie wollen, indem Sie
ihnen zum S ein zum Gegenteil raten.
Der deuts e Kanzler Bismar war derartig erbost über die ständige Kritik,
die Rudolf Vir ow (der berühmte Pathologe und Abgeordnete der
Forts ri spartei) an ihm übte, dass er seine Sekundanten zu dem Mediziner
s i te, um ihn zum Duell zu fordern. »Als der Geforderte habe i die Wahl
der Waffen«, sagte Vir ow, »und i wähle diese.« Er hielt zwei große und
offenbar glei e Würste ho . »Eine davon«, fuhr er fort, »ist mit
todbringenden Keimen versetzt, die andere ist absolut in Ordnung. Seine
Exzellenz soll ents eiden, wel e er essen will, und i werde die andere
essen.« Unverzügli kam die Na ri t zurü , der Kanzler habe
ents ieden, das Duell abzusagen.
Die s rumpfenden Optionen. Setzen Sie den Preis herauf, jedes Mal, wenn
der Kaufinteressent zögert und ein weiterer Tag verstri en ist. Das ist eine
ausgezei nete Verhandlungsstrategie gegenüber ronis
Bes reiben Sie alle Arten von Gefahren, und übertreiben Sie so viel wie
mögli , bis das Opfer in jeder Ri tung einen gähnenden Abgrund sieht,
außer in einer: die, in die Sie sie drängen.
Die Hörner des Dilemmas. Das ist eine klassis e Te nik von
Prozessanwälten: Der Anwalt zwingt die Zeugen, si zwis en zwei
mögli en Erklärungen eines Ereignisses zu ents eiden, die beide ihre
Ges i te dur lö ern. Sie müssen auf die Fragen des Anwalts antworten,
do was immer sie sagen, s adet ihnen selbst. Ents eidend ist bei dieser
Taktik die S nelligkeit: Geben Sie dem Opfer ni t die Zeit, über eine
Symbol: die Hörner des Stiers. Der Stier zwingt Sie mit sei nen Hörnern in
die Enge: Ni t mit einem Horn, dem Sie viellei t no entkommen können,
son dern mit einem Paar Hör nern, in dessen Spann weite Sie gefangen sind.
Laufen Sie na re ts oder na links: In je de Ri tung rennen Sie dann in
eine der Spitzen und werden unweigerli von ihm aufgespießt.
Garant: Wunden und jedes andere Übel, das si der Mens aus freien
Stü en und aus eigener Wahl selber zufügt, s merzen viel weniger als
Wunden und Übel, wel e ihm von anderen zugefügt werden. (Niccolò
Ma iavelli, 1469– 1527)
GESETZ
32
Die Wahrheit ist o unangenehm und hässli . Berufen Sie si nie auf die
Realität, sonst handeln Sie si Ärger ein, weil Desillusionierung s merzt.
Das Leben ist so hart, dass Mens en, die Träume heraufbes wören und
romantis e Gefühle we en können, wie Oasen in der Wüste sind: Alle s
aren si um sie. Wenn Sie die Fantasie der Massen
zei nen, ni t irritieren; su en und finden Sie, was die anderen wirkli
fesselt. Wenn Sie das gefunden haben, haben Sie den magis en S lüssel,
der Ihnen große Ma t an die Hand gibt.
Mens en und Zeiten ändern si , do wir wollen uns ein paar typis e,
nieders me ernde Realitäten ans auen – und die Mögli keiten, die sie
dem eröffnen, der na Ma t strebt:
Die Fantasie: Eine plötzli e Verwandlung, die das S i sal ohne Arbeit,
ohne Glü , ohne Opfer vollkommen ins Gegenteil verkehrt – und das alles
auf einen fantastis en Strei .
Das ist natürli die Lieblingsfantasie der S arlatane, die si bis auf den
heutigen Tag unverdrossen unter uns herumtreiben. Verspre en Sie den
großen, den totalen Wandel – Rei tum sta Armut, Gesundheit sta
Sie tum, Ekstase sta Elend –, und Sie werden Ihre Anhänger fi nden.
Die Realität: Die Gesells a hat feste Verhaltensregeln und Grenzen. Wir
kennen diese Eins ränkungen und wissen, dass wir uns tagein, tagaus in
denselben gewohnten Bahnen bewegen müssen.
Anfang des 18. Jahrhunderts spra ganz London von einem mysteriösen
Fremden, einem jungen Mann namens George Psalmanazar. Seine Heimat
war für die meisten Engländer wirkli ein fantastis es Land: die Insel
Formosa (heute Taiwan) vor der Küste Chinas. Die Universität Oxford
engagierte Psalmanazar, die Spra e der Insel zu lehren; ein paar Jahre später
s rieb er ein Bu – es wurde sofort ein Bestseller – über die
Wirkli keit bloß ein Franzose mit viel Vorstellungskra gewesen war.
Alles, was er von Formosa beri tet ha e, ha e er si ausgeda t. Er ha e
eine elaborierte Ges i te erfunden, die die Sehnsu t der britis en
Bevölkerung na dem Exotis en und Fremdartigen befriedigte. Dass die
britis e Kultur die gefährli en Träume der Mens en so streng kontrollierte,
eröffnete ihm die perfekte Gelegenheit, ihre Fantasien auszubeuten.
Die Realität: Tod. Was tot ist, kehrt ni t zurü , die Vergangenheit kann ni t
verändert werden.
Die Stellung Vermeers in der Kunstges i te ist seit Langem unbestri en,
do leider hat er nur wenige Gemälde hinterlassen, sie sind extrem selten. In
den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts begannen jedo auf den
Kunstmärkten Vermeers aufzutau en. Experten wurden hinzugezogen, um sie
zu beguta ten, und sie erklärten sie für e t. Es war wie die
Wiederauferstehung des Lazarus: Auf seltsame Weise war Vermeer wieder
ins Leben zurü gebra t worden. Die Vergangenheit war verändert worden.
Erst später stellte si heraus, dass die neuen Vermeers das Werk eines
holländis en Fäls ers namens Hans van Meegeren waren. Und er ha e
si bewusst Vermeer für seinen S windel ausgesu t, denn er verstand etwas
von Fantasie: Die Gemälde würden für e t gehalten werden, eben weil die
Öffentli keit wie die Experten so inständig ho en, dass sie e t waren.
Wenn du Lügen erzählen willst, die geglaubt werden sollen, dann sage keine
Wahrheiten, die ni t geglaubt werden.
Denken Sie daran: Der S lüssel zur Fantasie ist die Ferne. Die Ferne hat
etwas Verführeris es und Vielverspre endes, sie ers eint einfa und
problemlos. Was Sie anzubieten haben, sollte also ni t zu fassen sein.
Lassen Sie es niemals so vertraut werden, dass es bedrü end wirkt; aus der
Ferne lo t das Verspre en, und es wei t zurü , wenn der Tro el si
nähert. Lassen Sie Ihr Opfer nah genug herankommen, um in Versu ung zu
geraten, do halten Sie es genügend auf Abstand, dass es weiterhin davon
träumt und si dana verzehrt.
Symbol: der Mond. Unerrei bar, ständig die Form we selnd, vers windet
er und tau t wieder auf. Wir sehen ihn an, staunen, träumen und s ma ten
na ihm – dem nie ganz vertrauten ständigen Provokateur der Träume. Bieten
Sie ni t etwas Banales an. Verspre en Sie glei den Mond.
Garant: Eine Lüge ist ein Lo mi el, etwas Erfundenes, das zu einer
Phantasie ausges mü t werden kann. Sie läßt si in das Gewand eines
mystis en Konzepts kleiden. Die Wahrheit ist eine kalte, nü terne Tatsa e,
die läßt si ni t so lei t s lu en. Eine Lüge s me t besser. Der
verhaßteste Mens auf der Welt ist der, der immer die Wahrheit sagt, der
niemals fabuliert … I habe es immer interessanter und gewinnbringender
gefunden, s öne Ges i ten zu erzählen, als die Wahrheit zu sagen. (Joseph
Weil, genannt » e Yellow Kid«, 1875– 1976)
GESETZ
33
DAUMENSCHRAUBE
Wir alle leisten Widerstand. Wir leben in einem Panzer, mit dem wir uns vor
Veränderungen und vor Übergriffen unserer Freunde und Feinde s ützen.
Mit zum Wi tigsten, was Sie über Mens en wissen müssen, gehört daher,
dass sie alle eine S wä e haben, irgendeinen Teil in ihrem psy is en
Panzer, der keinen Widerstand leistet, sondern si Ihrem Willen beugt, wenn
Sie die Stelle finden und dagegendrü en. Bei einigen Mens en liegen diese
S wä en frei zutage, andere halten sie verste t. Letztere sind aber meist
besonders lei t zu kna en, wenn man den S wa punkt in ihrem Panzer fi
ndet.
Der Löwe jagt die Gams auf Felsenstegen, fast pa t er sie s on im Geni ,
das le re Mahl s lingt s on sein gierig heißer Bli – wie kam es ihm
gelegen! Die Gemse konnte si , so s ien’s, ni t
ni t am Heile. Es sammelt seine letzte Kra , und wie ein Pfeil vom Bogen
s nellt übern Abgrund es, der unten klafft, und stehet drüben auf der
Felsensteile; der Leu sieht si betrogen. Da kommt sein Freund, der Fu s,
heranges li en, wir einen Bli auf diese s roffen Wände. Und spri t:
»Wie, du, der Starke, der Behende, wärst einer sol en Ziege ausgewi en?
Wenn’s dir beliebt, kannst Wunder du vollbringen. Wenn au der Abgrund
gähnt, nur ein Ents luss, und flugs wirst du hinüberspringen. Glaub mir aufs
Wort, i sage, was i muss, und setzte ni t, als Freund, aufs Spiel dein
Leben, wär’ es mir ni t bekannt, wie kra voll du und wie gewandt.« Im
Löwen ko t das Blut, die Pulse beben, dreist wagt er den gewalt’gen
Sprung, do nimmer rei t so weit sein S wung. – Er überstürzt si , fällt,
si nie mehr zu erheben. Was hat sein edler Freund getan? Er su t zur Tiefe
sa t si eine Bahn, und da er sieht, dass S mei eln und Hofieren beim Leu
zu ni ts mehr führen, so hat die Totenfeier er vollbra t – und binnen
Monatsfrist den Freund ganz kahl genagt.
Bei der Planung Ihres Ans lages halten Sie si die folgenden Prinzipien in
Gedanken:
Ents eidend ist ni t nur, wona Sie su en, sondern au , wo und wie Sie
su en. Alltagsgesprä e bieten einen besonders rei en Fundus von
Wenn Sie Verda t hegen, dass eine Person einen bestimmten wunden Punkt
hat, sondieren Sie das indirekt. Ri ten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Details
– wie jemand Trinkgelder verteilt, was eine Person erfreut, wel e
verste ten Signale ihre Kleidung aussendet. Finden Sie die Idole anderer,
die Dinge, die sie bewundern und unbedingt haben wollen – viellei t
können Sie ihren Fantasien Nahrung geben. Denken Sie daran: Da wir alle
versu en, unsere S wä en zu verbergen, lässt si anhand unseres
bewussten Verhaltens kaum etwas erkennen. Was bei den kleinen Dingen
außerhalb unserer bewussten Kontrolle dur si ert, das ist es, was Sie
finden müssen.
Ein si eres Anzei en für sol eine S wa stelle ist, wenn eine Person
si auf einmal kindis verhält, wenn dieser Punkt berührt wird. A ten Sie
daher auf Verhaltensweisen, die eigentli s on längst abgelegt sein müssten.
Fülle die Leere. Unsi erheit und Unglü li sein sind die beiden
Dies ist die Kunst den Willen Andrer in Bewegung zu setzen. Es gehört mehr
Ges i als Festigkeit dazu. Man muß wissen, wo einem Jeden beizukommen
sei. Es giebt keinen Willen der ni t einen
GESETZ
34
Wie man mit Ihnen umgeht, hängt davon ab, wie Sie si geben: Vulgär oder
gewöhnli zu wirken führt auf lange Si t dazu, dass die Mens en Sie ni t
respektieren. Denn ein König respektiert si selbst und we t damit dasselbe
Gefühl bei anderen. Handeln Sie fürstli und im Vertrauen auf Ihre Ma t,
dann s einen Sie dazu bestimmt, die Krone zu tragen.
Als Kinder beginnen wir unser Leben im Überfluss, wir erwarten und
fordern von der Welt einfa alles. Gewöhnli bewahren wir uns etwas
davon, bis wir erste Ausflüge in die Gesells a unternehmen und unsere
Karriere beginnen. Do wenn wir älter werden, setzen uns Rü s läge und
Zurü weisungen Grenzen, die si mit der Zeit immer mehr verfestigen. Wir
beginnen, weniger von der Welt zu erwarten, und akzeptieren
s affen, müssen wir eine bestimmte Strategie verfolgen. Nennen wir sie die
Strategie der Krone.
Die Strategie der Krone beruht auf einer einfa en Verknüpfung von Ursa e
und Wirkung: Wenn wir daran glauben, dass wir zu Großem
bestimmt sind, strahlt diese Überzeugung na außen, genau wie eine Krone
um den König herum eine Aura s a . Diese Ausstrahlung reißt die
Mens en um uns mit, die zu der Überzeugung gelangen, dass wir Gründe
dafür haben, so selbstbewusst zu sein.
Bei allen grossen Betrügern ist ein Vorgang bemerkenswerth, dem sie ihre
Ma t verdanken. Im eigentli en Acte des Betruges unter all den
Vorbereitungen, dem S auerli en in Stimme, Ausdru , Gebärden, inmi en
der wirkungsvollen Scenerie, überkommt sie der Glaube an si selbst: dieser
ist es, der dann so wunderglei und bezwingend zu den Umgebenden spri t.
weit einer Selbs äus ung hingeben, müssen Sie wie ein König handeln,
dann werden Sie au wie ein König behandelt.
Die Krone kann den Unters ied zwis en Ihnen und anderen Mens en
ausma en, do Sie müssen selbst dafür sorgen, dass dieser Unters ied
Nie setze man die A tung gegen si selbst aus den Augen, und ma e
si ni t mit si selbst gemein. Unsre eigene Makellosigkeit muß die
Ri ts nur für unsern untadelha en Wandel seyn, und die Strenge unsers
eigenen Urtheils muß mehr über uns vermögen, als alle äußeren Vors ri en.
Das Ungeziemende unterlasse man mehr aus S eu vor seiner eigenen
Einsi t, als aus der vor der strengsten fremden Autorität. Man gelange dahin,
si selbst zu für ten; so wird man ni t Seneka’ s imaginären Hofmeister
nöthig haben.
Ma en Sie dri ens denen über Ihnen Ges enke. Das ist die Strategie derer,
die einen Patron haben: Wenn Sie Ihrem Patron etwas s enken, zeigen Sie
damit im Grunde, dass Sie und er glei rangig sind.
Denken Sie daran: Es ist an Ihnen, Ihren Preis festzusetzen. Wenn Sie
weniger verlangen, dann werden Sie au weniger bekommen. Verlangen Sie
jedo mehr, signalisieren Sie damit, dass Sie eine königli e Summe wert
sind. Selbst diejenigen, die auf Ihr Angebot ni t eingehen, werden Sie
wegen Ihres Selbstvertrauens respektieren, und dieser Respekt wird si
letzten Endes auf eine Weise auszahlen, die Sie si no ni t vorstellen
können.
Symbol: die Krone. Setzen Sie sie si aufs Haupt, und sofort wirken Sie ganz
anders: Gelassen, aber Selbstsi erheit ausstrahlend. Zeigen Sie niemals
Zweifel, verlieren Sie nie unter Ihrer Krone die Würde, sonst passt Sie Ihnen
ni t. Sonst s eint sie für jemanden bestimmt, der ihrer würdiger ist. Warten
Sie ni t auf eine Krönung; wirkli große Herrs er krönen si selbst.
Garant: Jeder sei, in seiner Art, majestätis . Wenn er au kein König ist,
müssen do alle seine Handlungen, na seiner Sphäre, eines Königs würdig
seyn und sein un, in den Grenzen seines Standes und Berufs, königli .
Erhaben seien seine Handlungen, von hohem Flug seine Gedanken und in
allem seinem Treiben stelle er einen König an Verdienst, wenn au ni t an
Ma t dar. (Baltasar Gracián, 1601– 1658)
GESETZ
35
Geben Sie si nie den Ans ein, in Eile zu sein. Hast verrät, dass Sie
si selbst – und die Zeit – ni t
unter Kontrolle haben. Zeigen Sie immer Geduld, als wüssten Sie, dass
letzten Endes alles zu Ihren Gunsten ausgeht. Spähen Sie den ri tigen
Moment aus. Erspüren Sie den Zeitgeist, die Trends, die Sie an die Ma t
bringen werden. Lernen Sie, si
zurü zuhalten, solange Ihre Zeit no ni t gekommen ist, und ents lossen
zuzus lagen, wenn sie reif ist.
Zeit ist ein künstli es Konzept, das wir uns selbst ges affen haben, um die
Grenzenlosigkeit der Ewigkeit und des Universums besser zu ertragen,
mens li er zu ma en. Da die Zeit also ein Konstrukt ist, können wir sie ein
Stü weit gestalten, Tri s mit ihr spielen. Die Zeit eines Kindes ist lang und
langsam, hat ungeheure Ausmaße; die Zeit eines Erwa senen saust
ers re end s nell vorbei. Die Zeit hängt also von der Wahrnehmung ab, die
wir, wie wir wissen, willentli ändern können. Das ist das Erste, was Sie
wissen müssen, wenn Sie die Kunst des Timings meistern wollen.
Drei Arten von Zeit sind es, mit denen wir umgehen müssen; jede stellt uns
vor Probleme, die si mit Können und Erfahrung lösen lassen. Erstens gibt es
die lange Zeit: die ausgedehnte, jahrelange Art von Zeit, die wir mit Geduld
und san er Lenkung meistern müssen. Sodann gibt es die forcierte Zeit:
kurze Zeiträume, die wir zu einer Offensivwaffe umgestalten können, indem
wir das Timing unserer Gegner dur einanderbringen. S ließli gibt es
no die Endzeit: die Spanne, innerhalb derer ein Plan s nell und tatkrä ig
zu Ende gebra t werden muss. Wir haben gewartet, den ri tigen Moment
abgepasst, und jetzt dürfen wir ni t zögern.
Lange Zeit. Wenn Sie das Tempo aus Angst oder Ungeduld forcieren, s affen
Sie ein Bündel von Problemen, die Sie beseitigen müssen, und letzten Endes
brau en Sie dafür viel länger, als wenn Sie si Zeit
genommen hä en. Wer si beeilt, kommt man mal s neller ans Ziel,
do überall können neue Gefahren entstehen, und die Eiligen sind ständig
mit Krisenmanagement bes ä igt und müssen Probleme lösen, die sie si
selbst erst ges affen haben. Im Angesi t der Gefahr ist es man mal am
besten, überhaupt ni t zu agieren – warten Sie ab, nehmen Sie bewusst das
Tempo heraus. Im Lauf der Zeit werden si Gelegenheiten ergeben, von
denen Sie ni t einmal geträumt hä en.
Der Sultan [von Persien] ha e zwei Männer zum Tode verurteilt. Der eine,
der wusste, wie sehr der Sultan seinen Hengst liebte, bot an, dem Pferd
binnen eines Jahres das Fliegen beizubringen, wenn ihm dafür das Leben
ges enkt würde. Der Sultan willigte ein, denn die Vorstellung gefiel ihm, der
Reiter des einzi-gen fliegenden Pferds auf der Welt zu sein. Der andere
Gefangene sah seinen Freund
ungläubig an. »Du weißt, dass Pferde ni t fliegen können. Wieso kommst du
dann mit so einer verrü ten Idee? Du s iebst das Unvermeidli e nur
hinaus.« – »Ni t ganz«, sagte der [erste Gefangene]. »I habe mir vier
Chancen ausgere net, die Freiheit zu erlangen. Erstens könnte der Sultan im
Lauf des Jahres sterben. Zweitens könnte i sterben. Dri ens könnte das
Pferd sterben. Und viertens … könnte i dem Pferd das Fliegen beibringen!«
Forcierte Zeit. Der Tri beim Forcieren der Zeit besteht darin, das Timing
anderer dur einanderzubringen – sie zur Eile anzutreiben, sie warten zu
lassen, ihnen ihren eigenen Rhythmus zu nehmen, ihre Wahrnehmung der Zeit
zu verzerren. Indem Sie das Timing Ihres Gegners
Andere warten zu lassen ist eine hö st wirkungsvolle Art und Weise, die
Zeit zu forcieren, solange sie ni t merken, was Sie vorhaben. Sie sind der
Herr der Uhren, während die anderen im Fegefeuer s moren – und
zunehmend die Fassung verlieren, was Ihnen Gelegenheit zum Zus lagen
gibt. Der entgegengesetzte Effekt ist genauso wirkungsvoll: Treiben Sie Ihre
Gegner zur Eile an. Beginnen Sie Ihre Händel mit ihnen langsam, und
ma en Sie dann plötzli Dru , geben Sie ihnen das Gefühl, dass alles
glei zeitig passiert. Wer keine Zeit zum Na denken hat, begeht Fehler –
also setzen Sie ihnen knappe Fristen.
Endzeit. Sie beherrs en das Spiel mit absoluter Könners a – Sie warten
geduldig auf den ri tigen Moment, bringen Ihre Konkurrenten außer Fassung,
indem Sie an ihrem Timing herumpfus en –, do all das bedeutet no gar
ni ts, solange Sie ni t wissen, wie Sie eine Sa e zum Abs luss bringen.
Geduld ist nutzlos, solange Sie sie ni t mit dem festen Willen kombinieren,
im ri tigen Moment rü si tslos über Ihren Gegner herzufallen. Warten Sie
so lange, wie es nötig ist, aber wenn das Ende nahe ist, müssen Sie es
ras herbeiführen. Legen Sie ein großes Tempo vor, um Ihre Gegner zu
lähmen.
Symbol: der Falke. Geduldig und still kreist er ho oben am Himmel und
sieht mit seinen s arfen Augen einfa alles. Die da unten merken ni t, dass
er ihnen auf der Spur ist. Wenn der ri tige Moment gekommen ist, stößt der
Falke plötzli mit einem Tempo herab, gegen das es keine Gegenwehr gibt;
bevor die Beute bemerkt, was ges ieht, wird sie in den s raubsto glei en
Klauen des Vogels bereits in den Himmel emporgetragen.
we selt: / Nimmt man die Flut wahr, führet sie zum Glü ; / Versäumt man
sie, so muss die ganze Reise / Des Lebens si dur Noth und Klippen
winden.
GESETZ
36
vers limmert, dass Sie ihn auszubügeln versu en. Man mal lässt man
besser alles so, wie es ist. Wenn Sie si etwas wüns en, das Sie ni t haben
können, dann s enken Sie ihm keine Bea tung. Je weniger Interesse Sie
zeigen, desto überlegener wirken Sie.
Gerings ätzung und Vera tung zeigen. Das ist die Reaktion des
Vera tung zu zeigen ist das Vorre t des Königs. Wohin er seine Augen
wendet, was zu sehen er bes ließt, nur das hat Realität; was er ignoriert, das
ist so gut wie tot. Das war die Waffe König Ludwigs XIV. – wenn er
jemanden ni t mo te, verhielt er si , als gäbe es ihn gar ni t, und so
wahrte er seine Überlegenheit, indem er die Dynamik der Interaktion kappte.
Sie verfügen über dieselbe Ma t, wenn Sie die Karte der Vera tung
ausspielen und hin und wieder den Leuten zeigen, dass Sie sie ni t
brau en.
Eine zweite Gefahr: Wenn Sie einen kleinen Störenfried verni ten oder
au nur verletzen, we en Sie damit Sympathie für die s wä ere Seite.
Ständig sind wir in Versu ung, unsere Fehler wieder we zuma en,
vers limmern, dass Sie öffentli ma en, wie viel Sorge und Verdruss es
Ihnen bereitet, ist es o weit klüger, es mit aristokratis er Vera tung zu
strafen, si ni t dazu herabzulassen, die Existenz des Problems überhaupt
anzuerkennen. Diese Strategie können Sie auf vers iedene Weise verfolgen.
Dieserwegen ist es rathsam, Jedem, es sei Mann oder Weib, von Zeit zu Zeit
fühlbar zu ma en, dass man seiner sehr wohl entrathen könne: das befestigt
die Freunds a ; ja, bei den meisten Leuten kann es ni t s aden, wenn man
ein Gran Gerings ätzung gegen sie, dann und wann, mit einfließen lässt: sie
legen desto mehr Werth auf unsere Freunds a : i non istima vien stimato
(wer ni t a tet wird gea tet) sagt ein feines italiänis es Spri wort. Ist
aber Einer uns wirkli sehr viel werth; so müssen wir dies vor ihm
verhehlen, als wäre es ein Verbre en. Das ist nun eben ni t erfreuli ; dafür
aber wahr. Kaum dass Hunde die zu große Freundli keit vertragen;
ges weige Mens en.
Erstens können Sie es halten wie der Fu s mit den Trauben. Wenn Sie si
etwas wüns en, es aber ni t bekommen können, wäre es am s limmsten,
wenn Sie si darüber beklagen und die Aufmerksamkeit auf Ihre
En äus ung lenken. Sie festigen Ihre Ma t viel besser, wenn Sie so tun, als
hä en Sie si überhaupt nie dafür interessiert.
Zweitens: Wenn Sie von einem Unterlegenen angegriffen werden, lenken Sie
die Aufmerksamkeit der Mens en ab, indem Sie klarma en, dass Sie die
A a e no ni t einmal bemerkt haben. Wenden Sie Ihren Bli ab oder
reagieren Sie freundli , zeigen Sie, wie wenig Sie dieser Angriff s ert.
Wenn Sie einen S nitzer ma en, besteht in ähnli er Weise die beste
Reaktion o darin, den Fehler herunterzuspielen, indem Sie ihn auf die
lei te S ulter nehmen.
Symbol: die winzige Wunde.Sie ist nur klein, aber sie irritiert und s merzt.
Sie versu en alle mögli en Medikamente, Sie jammern, Sie kratzen und
pulen am S orf herum. Ärzte ma en alles nur no
s limmer, weil sie aus der winzigen Wunde ein todernstes Problem ma en.
Wenn Sie nur die Wunde in Ruhe gelassen, ihr Zeit zum Heilen gegeben und
si so von Sorgen frei gema t hä en.
Garant: Die Vera tung zu handhaben verstehn … Die Vera tung ist ferner
au die klügste Ra e … und von Vielen würden wir nie Kunde erhalten
GESETZ
37
INSZENIERE PACKENDE SCHAUSPIELE
Eindringli e Bilder und ausdru sstarke Gesten s affen die Aura der Ma t
– jeder spri t auf so
etwas an. Bieten Sie großartige Spektakel, nutzen Sie optis e A raktionen
und strahlende Symbole. Das stärkt Ihre Präsenz. Geblendet vom s önen S
ein wird niemand merken, was Sie in Wirkli keit tun.
Die eigene Sa e mit Worten zu vertreten ist riskant: Worte sind gefährli e
Instrumente, und sie führen o in die Irre. Die Worte, mit denen andere uns
überzeugen wollen, laden dazu ein, sie mit eigenen Worten zu refl ektieren,
wir denken über sie na , und o glauben wir am Ende das Gegenteil
dessen, was sie ausdrü en. (Das ist Teil unserer perversen Natur.) Es
kommt au vor, dass Worte uns vor den Kopf stoßen, weil sie Assoziationen
Das Visuelle hingegen eröffnet Abkürzungen dur das Labyrinth der Worte.
Es tri uns mit einer emotionalen Überzeugungskra und
Unmi elbarkeit, die keinen Raum für Reflexion und Zweifel lassen. Wie die
Musik überspringt es das rationale, vernün ige Denken.
Man wählte als Emblem die Sonne, die … dur die Leu tkra , die sie
umgibt, dur das Li t, das sie den anderen Gestirnen abgibt, und die ihr eine
Art Hof bilden, dur die glei mäßige und gere te Verteilung des Li ts an
alle … dur die Wohltat, die sie allerorten bringt und so Leben, Freude und
Bewegung s afft … dur ihren beständigen und unveränderten Verlauf, von
dem sie si nie entfernt und abwendet, tatsä li das s önste und lebendigste
Abbild eines großen Monar en ist.
Merken Sie si : Worte drängen Sie in die Defensive. Wenn Sie si erklären
müssen, steht Ihre Ma t bereits infrage. Das Bild hingegen setzt si als
gegeben dur . Es lässt davor zurü s re en, Fragen zu stellen, es
Symbolen wohnt dieselbe Kra inne, seien sie nun visuell oder die verbale
Ums reibung von etwas Visuellem (der Begriff »Sonnenkönig«). Das
symbolis e Objekt steht für etwas anderes, etwas Abstraktes: Der abstrakte
Begriff – Reinheit, Patriotismus, Mut, Liebe – ste t voller emotionaler,
ma tvoller Assoziationen.
Der römis e Kaiser Konstantin verehrte den größten Teil seines Lebens die
Sonne als Go ; eines Tages jedo bli te er zur Sonne ho und sah, dass ein
Kreuz ihr Bild überlagerte. Die Vision des Kreuzes über der Sonne
überzeugte ihn von der Überlegenheit der neuen Religion, und er konvertierte
kurz darauf ni t nur persönli , sondern glei mit dem ganzen Römis en
Rei zum Christentum. Alle Predigten und Bekehrungsversu e der Welt
hä en ni t diese Ma t auf ihn ausüben können. Assoziieren Sie si mit den
Bildern und Symbolen, die heutzutage auf so unmi elbare Weise eine
Bots a vermi eln, und Ihnen wird ungeahnte Ma t zuteil.
Betra ter ihren Assoziationen hin, und sie bekommen das Gefühl, sie hä en
teil an diesem S öpfungsakt.
In der Oberstadt von Kyoto lebte ein Mann namens Sakamotoya He igwan
… Als [Herrs er] Hideyoshi im zehnten Monat des Jahres 1588 in Kitano
sein großes Treffen zum Chanoyu [Teezeremonie] abhielt, spannte He igwan
einen fast drei Meter großen roten Sonnens irm auf, der auf einem über zwei
Meter hohen Stab montiert war. Darum legte er einen etwa 60 Zentimeter
hohen Zaun aus Rohr, der die Sonnenstrahlen reflektierte und die Farbe des
S irms in die gesamte Umgebung streute. Hideyoshi war so entzü t von der
Installation, dass er He igwan zum Dank die Steuern erließ.
Die Ma t der Symbole lässt si au gut nutzen, um die eigenen Truppen, das
eigene Team zu einen, zusammenzus weißen und zu motivieren. Während
eines Aufstands gegen den französis en Absolutismus Mi e des 17.
Jahrhunderts versu ten die Königstreuen, die Rebellen dadur zu
diskriminieren, dass sie sie mit dem Namen fronde belegten, dem
französis en Ausdru für die S leuder, mit der kleine Jungs große Jungs
ers re en. Kardinal de Retz bes loss, diesen abwertenden Ausdru zum
Symbol der Rebellen zu ma en: Der Aufstand ging als Fronde in die
Ges i te ein, die Rebellen als frondeurs. Sie trugen Bänder an den Hüten,
die die S leuder symbolisierten, und der Ausdru wurde zu ihrem
Symbol: das Kreuz und die Sonne. Kreuzigung und totale Ausstrahlung. Wenn
das eine das andere überlagert, nimmt eine neue Realität Gestalt an – eine
neue Ma t steigt auf. Das bedarf keiner weiteren Erklärung.
S ein … Überdies sollte [der Herrs er] zu geeigneten Zeiten des Jahres für
die Unterhaltung des Volkes mit Festen und S auspielen Sorge tragen.
(Niccolò Ma iavelli, 1469– 1527)
GESETZ
38
Wenn Sie si deutli gegen den Strom der Zeit stellen und mit
unkonventionellen Ideen und unorthodoxen Verhaltensweisen protzen, dann
glauben die Mens en, dass Sie um Aufmerksamkeit buhlen – und dass Sie
auf sie herabbli en. Sie werden Sie dafür bestrafen, dass sie si Ihnen
unterlegen fühlen. Es ist viel si erer, si den Ans ein der Normalität zu
geben. Offenbaren Sie Ihre Originalität nur gegenüber toleranten Freunden
und Mens en, denen Ihre Einzigartigkeit mit
Wir alle lügen und verbergen unsere wahren Gefühle, denn si völlig
unverstellt auszudrü en ist eine soziale Unmögli keit. Von klein auf lernen
wir, unsere Gedanken zu verbergen, den Unsi eren und Heiklen zu erzählen,
was sie hören wollen, und sorgfältig darauf zu a ten, dass wir sie ni t
beleidigen. Für die meisten von uns ist das ganz natürli – es gibt
Vorstellungen und Werte, die von der Mehrheit akzeptiert sind, und es hat
keinen Zwe , dagegen zu argumentieren. Wir glauben, was wir wollen,
do na außen hin tragen wir eine Maske.
Es gibt jedo Mens en, die sol e Zurü haltung als unerträgli e
Beeinträ tigung ihrer Freiheit betra ten und ständig das Bedürfnis haben,
die Überlegenheit ihrer Überzeugungen und Werte beweisen zu müssen. Am
Ende jedo überzeugen ihre Argumente nur wenige und stoßen viel, viel
mehr vor den Kopf. Der Grund, warum Argumente fru tlos sind, liegt darin,
dass die meisten Mens en an ihren Vorstellungen und Werten festhalten, ohne
darüber na zudenken. Ihren Überzeugungen ha et ein starkes emotionales
Moment an: Sie haben einfa keine Lust, ihre eingefahrenen Denkbahnen
umzugestalten, und wenn Sie sie dazu
auffordern – sei es direkt mit Argumenten oder indirekt dur Ihr Verhalten –,
dann reagieren sie feindselig.
»S auen Sie si um«, sagte der Einheimis e. »Dies ist der größte Markt der
Welt.« »Oh, bestimmt ni t«, sagte der Reisende. »Nun, viellei t ni t der
größte«, sagte der Einheimis e, »aber gewiss der beste.« »Damit haben Sie
ganz si er Unre t«, sagte der Reisende. »I kann Ihnen sagen …« Sie
begruben den Fremden bei Anbru der Na t.
Isolation oder Verfolgung leiden müssen. Wenn sie si erst einmal eine
Ma tposition vers a haben, können sie versu en, einen größeren Kreis
von der Ri tigkeit ihrer Ideen zu überzeugen – viellei t indem sie indirekt
arbeiten.
Impfstoff ein, ohne die Arbeit von Kollegen anzuerkennen, die ihm den Weg
bereitet ha en, er ma te si zum Star. Die Öffentli keit liebte ihn dafür
viellei t, aber die Wissens a ler gingen ihm aus dem Weg. Mit seiner
Missa tung der wissens a li en Gepflogenheiten isolierte er si , und er
vers wendete Jahre darauf, den Bru wieder zu ki en, Fors ungsgelder
aufzutreiben und die Zusammenarbeit mit anderen wiederherzustellen.
Die Mä tigen hüten si ni t nur vor den Fehlern eines Salk, sie lernen au ,
den s lauen Fu s zu spielen und si den Anstri des gemeinen Mannes zu
geben. Seit vielen Jahrhunderten ist das die List von Politikern und
Tri betrügern glei ermaßen. Führungspersönli keiten wie Julius Cäsar
oder Franklin D. Roosevelt konnten ihre angeborene aristokratis e Haltung
ablegen und eine gewisse Vertrautheit mit dem Mann auf der Straße
herstellen. Diese Vertrautheit bra ten sie in kleinen, o
symbolis en Gesten zum Ausdru und zeigten den Mens en damit, dass ihre
Führer trotz ihrer herausgehobenen gesells a li en Stellung die
gemeinsamen Werte aller teilten.
Die logis e Ausweitung dieser Taktik ist die uns ätzbare Fähigkeit, allen
Mens en immer als das zu ers einen, was sie sehen wollen. Wenn Sie
si in Gesells a begeben, dann lassen Sie Ihre eigenen Vorstellungen
und Werte hinter si , legen Sie die Maske an, die der Gruppe, in die Sie si
begeben, am angemessensten ist. Bismar verfolgte diese Taktik über
Jahre hinweg mit großem Erfolg – es gab zwar Mens en, die halbwegs
Symbol: das s warze S af. Die Herde hält si vom s warzen S af lieber
fern, denn sie ist unsi er, ob es zu ihr gehört oder ni t. Also tro et es
hinterher, oder es entfernt si von der Herde, wo es dann von Wölfen in die
Enge getrieben und prompt gefressen wird. Gehen Sie mit der Herde – die
große Zahl bietet S utz. Bewahren Sie si Ihre Andersartigkeit im Kopf,
aber demonstrieren Sie sie ni t als in der Wolle gefärbt.
Garant: Gebt das Heilige ni t den Hunden, und wer eure Perlen ni t den
S weinen vor, denn sie könnten sie mit ihren Füßen zertreten und si
umwenden und eu zerreißen. (Jesus Christus in Ma häus 7,6)
GESETZ
39
Wut und Ärger sind strategis kontraproduktiv. Sie müssen immer ruhig und
objektiv bleiben. Do wenn Sie Ihre Feinde wütend ma en, während Sie
selbst die Ruhe bewahren, gewinnen Sie einen
ents eidenden Vorteil. Bringen Sie Ihre Feinde aus der Fassung: Finden Sie
die S wa stelle in deren Eitelkeit, dur die Sie Ihr Opfer aus dem Konzept
bringen. Dann halten Sie alle Fäden in der Hand.
Das Problem löst man allerdings ni t dadur , dass man seine Wut oder eine
andere emotionale Reaktion unterdrü t. Denn dieses Unterdrü en zehrt an
unseren Energien und treibt uns zu seltsamem Verhalten.
Sta dessen müssen wir unsere Perspektive we seln: Es muss uns klar
werden, dass im gesells a li en Berei – und beim Spiel um die Ma t –
ni ts persönli gemeint ist.
ihre Reaktion dem, was Sie ihr angetan haben, ni t angemessen s eint),
müssen Sie si daran erinnern, dass diese Wut ni t exklusiv gegen Sie
geri tet ist – so eitel sollten Sie ni t sein. Die Ursa e ist viel umfassender,
rei t weit in die Vergangenheit zurü , bezieht Dutzende von früheren
emotionalen Verletzungen mit ein und ist es wirkli ni t wert, dass Sie
versu en, sie zu verstehen. Sta das Ganze als persönli gemeinten Groll zu
verstehen, sollten Sie den Gefühlsausbru als getarnten Zug beim Spiel um
die Ma t begreifen, als einen Versu , Sie zu kontrollieren oder zu bestrafen,
der in die Form von verletzten Gefühlen oder von Wut gekleidet ist.
Dank eines sol en Perspektivenwe sels können Sie beim Spiel um die
Ma t mit größerer Klarheit und mehr Energie mitmis en. Sta
überzureagieren und si in die Emotionen anderer verstri en zu lassen,
werden Sie deren Verlust der Selbstkontrolle zu Ihrem Vorteil nutzen.
Während einer wi tigen S la t im Krieg der Drei Königrei e im 3.
Jahrhundert n. Chr. entde ten Berater des Heerführers Ts’ao Ts’ ao
Dokumente, denen zufolge einige seiner Generäle si mit dem Feind
vers woren ha en, und drängten darauf, diese gefangen nehmen und
hinri ten zu lassen. Sta dessen befahl der Heerführer, die Dokumente zu
verbrennen und die Angelegenheit zu vergessen. In einem ents eidenden
Moment des Kampfes si aufzuregen und Gere tigkeit zu verlangen wäre auf
Ts’ao Ts’ao zurü ges lagen: Eine wütende Reaktion hä e die
Aufmerksamkeit auf die Illoyalität der Generäle gelenkt, was wiederum die
Moral der Truppe bes ädigt hä e. Die Gere tigkeit konnte warten – mit
den Generälen würde er si befassen, wenn die Zeit dafür gekommen war.
Ts’ao Ts’ao behielt einen kühlen Kopf und traf die ri tige Ents eidung.
Der Bis of Ryôkaku, ein älterer Bruder von Kinyo, der den Zweiten Hofrang
bekleidete, war ein sehr jähzorniger Mann. Da in der Nähe seines Tempels
ein Enoki-Baum stand, ha en ihn die Leute den Enoki-Bis of genannt. Er
wollte aber ni t so heißen und hieb daher den Baum um. Nun war jedo
der Stumpf no übriggeblieben, und man gab ihm den Namen »Stumpf-
Bis of«. In immer größere Wut geratend, ließ er s ließli den Stumpf
ausgraben und wegwerfen. Allein, nun war ein Lo an dieser Stelle, das
si mit Wasser füllte, und so hieß man ihn fortan den »Lo -Bis of«.
TSUREZUREGUSA VON YOSHIDA KENKÔ, 14. JH.
Mit Wut berauben Sie si nur Ihrer Optionen, und das Spiel um die Ma t
können Sie ni t gewinnen, wenn Sie si keine Alternativen off enlassen.
Wenn Sie si erst einmal angewöhnt haben, ni ts persönli zu nehmen und
Ihre Gefühle unter Kontrolle zu haben, sind Sie in einer überlegenen
Ma tposition: Jetzt können Sie mit den emotionalen Reaktionen anderer
spielen. Zwingen Sie die Unsi eren zum Handeln, indem Sie ihren Mut
bezweifeln und sie mit der Aussi t auf einen s nellen Sieg ködern.
Angesi ts eines hitzköpfigen Gegners ist es s ließli au no eine sehr
gute Taktik, überhaupt ni t zu reagieren. Ni ts ma t wütender als eine
Person, die ihren kühlen Kopf wahrt, während die anderen die Nerven
verlieren. Wenn es zu Ihrem Vorteil ist, Leute aus der Fassung zu bringen,
dann wählen Sie die aristokratis e, gelangweilte Pose, ma en Sie si über
die anderen ni t lustig und triumphieren Sie au ni t, sondern geben Sie
si einfa glei gültig. Dann brennen den anderen die Si erungen dur .
Während die anderen si mit Wutausbrü en lä erli ma en, tragen Sie
glei mehrere Siege davon, und einer davon besteht darin, dass Sie im
Gegensatz zu deren kindis em Verhalten Ihre Würde und Fassung gewahrt
haben.
Symbol: der Fis tei . Das Wasser ist klar und ruhig,
und die Fis e s wimmen tief unter der Oberflä e. S lagen Sie Wellen,
und dann kommen sie langsam höher. Wühlen Sie das Wasser no mehr auf,
und sie werden wütend, kommen na oben und s nappen na allem, was
ihnen nahe kommt – eins ließli eines Angelhakens mit fris em Köder.
Garant: Nütze es aus, wenn der Gegner lei t erregbar ist, um ihn
herauszufordern … Gib Unterwürfigkeit vor, um die Arroganz des Gegners
anzusta eln … Daher beziehen jene, die den Gegner ges i t zu
Bewegungen veranlassen, Stellungen, denen si der Gegner anpassen muß;
sie bieten dem
Gegner etwas, was er mit Gewißheit annehmen wird. Sie veranlassen den
Gegner zu Bewegung, indem sie ihm einen Vorteil vorgaukeln, und warten auf
ihn im Hinterhalt. (Sun-tzu, 4. Jh. v. Chr.)
GESETZ
40
Was es umsonst gibt, ist gefährli : Meist ste t ein Tri oder eine
Verpfli tung dahinter, die man ni t glei erkennt. Was von Wert ist, hat au
seinen Preis. Wenn Sie selbst bezahlen, sind Dankbarkeit,
S uld oder Betrug kein ema. Meist ist es klug, den vollen Preis zu
bezahlen – wer Exzellentes zu bieten hat, muss keinen Raba gewähren.
Gehen Sie
vers wenderis mit Geld um, denn Großzügigkeit ist ein Zei en und ein
Magnet der Ma t.
Im Rei der Ma t hat alles seinen Preis, muss alles na den Kosten bewertet
werden, die es verursa t. Was umsonst oder zu
Beim freimütigen und flexiblen Umgang mit Geld lernt man au den Wert der
strategis en Großzügigkeit kennen, einer Variante des alten Tri s »gib,
wenn du vorhast, dir etwas zu nehmen«. Indem Sie ein angemessenes
Ges enk ma en, nehmen Sie den Bes enkten in die Pfli t. Großzügigkeit
stimmt zudem andere Mens en milder – sie lassen si dann lei ter
täus en. Indem Sie si den Ruf der Freigebigkeit zulegen, erlangen Sie die
Bewunderung der Leute, während Sie sie glei zeitig von Ihren
Ma tspielen ablenken.
DER GEIZHALS
sta Gold einen Stein und lege ihn hierhin und bilde dir ein, es sei dein
Gold! Es wird dir den glei en Nutzen bringen; denn soviel i sehe, hast du
au , als das Gold no da war, von deinem Besitz keinen Gebrau gema t.«
Die Fabel zeigt, dass der Besitz ni ts ist, wenn man keinen Nutzen davon
hat.
Für jeden, der das Spiel mit dem Geld beherrs t, gibt es tausend andere, die
in der selbstzerstöreris en Weigerung gefangen sind, Geld kreativ und
strategis einzusetzen. Diese Typen bilden den Gegenpol der Mä tigen, und
Sie müssen lernen, sie zu erkennen – um entweder ihre die Atmosphäre
Der gierige Fis . Der gierige Fis nimmt dem Geld die mens li e Seite.
Kalt und rü si tslos sieht er nur die leblose Bilanz; andere betra tet er nur
als Unterpfand oder Hindernis bei seiner Jagd na dem Rei tum, er trampelt
auf den Gefühlen der Mens en herum und befremdet wertvolle Alliierte.
Niemand will mit einem gierigen Fis zusammenarbeiten, und im Lauf der
Jahre isoliert er si s ließli vollständig, was o seinen Untergang
bedeutet. Lo en Sie sie mit dem Köder des s nellen Geldes, und sie
vers lingen ni t nur den Haken, sondern au die Leine und das Senkblei
glei mit dazu. Sie lassen si lei t täus en. Gehen Sie ihnen aus dem Weg,
ehe sie Ihnen S aden zufügen, oder nutzen Sie ihre Gier zu Ihrem eigenen
Vorteil.
In Japan gibt es eine beliebte Redensart. Sie lautet: »Tada yori takai mono va
nai«, und bedeutet: »Ni ts kostet mehr als das, was es umsonst gibt.«
Der Sadist. Finanzielle Sadisten treiben mit Geld bösartige Ma tspiel en,
weil das ihre Art und Weise ist, si ihrer Ma t zu versi ern.
Beispielsweise lassen sie Sie auf Geld warten, das Ihnen zusteht, indem sie
verspre en, dass der S e s on in der Post sei. Sadisten s einen zu
glauben, für eine Sa e zu bezahlen gäbe ihnen das Re t, den Verkäufer zu
foltern und zu missbrau en. Sie haben kein Gespür für das höfis e Element
des Geldes. Wenn Sie das Pe haben, an diesen Typus zu geraten, ist es auf
lange Si t viellei t besser, einen finanziellen Verlust hinzunehmen, als
si in seine destruktiven Ma tspiel en verwi eln zu lassen.
Der ziellos Spendable. Im Hinbli auf die Ma t hat Großzügigkeit eine ganz
bestimmte Funktion: Sie zieht Leute an, erwei t ihr Herz, ma t sie zu
Verbündeten. Do man muss sie strategis einsetzen, mit einem
definitiven Ziel vor Augen. Wer wahllos sein Geld an andere verteilt, ist
hingegen großzügig, weil er von allen geliebt und bewundert werden will.
Und diese keine Unters iede ma ende Großzügigkeit ist so hilflos, dass sie
ihren Zwe viellei t verfehlt: Wenn man allen und jedem gibt, warum sollte
si der Empfänger dann als etwas Besonderes empfinden? Viellei t
finden Sie den ziellos Spendablen als Opfer a raktiv, do wenn Sie si mit
diesem Typus abgeben, werden Sie seine unstillbaren emotionalen
Bedürfnisse o als Last empfi nden.
Garant: Sehr töri t ist ein hoher Herr, der knauserig ist. / Ein hoher Herr
kann kein Laster haben, / das ihm so sehr s adet wie der Geiz; / denn ein
Geiziger kann keine Herrs a / erwerben no weites Land, /
denn er hat ni t genügend Freunde, / die ihm zu Willen sind. / Wer aber
Freunde haben will, / dem sei sein Gut ni t zu teuer; / vielmehr erwerbe er
si Freunde dur s öne Ges enke; / denn ganz in der Weise, / wie der
Magnetstein / das Eisen ges i t an si zieht, / so zieht das Gold, das man
vers enkt, / und das Silber die Herzen der Leute an. ( Der Rosenroman von
Guillaume de Lorris, um 1200– 1238)
GESETZ
41
TRITT NICHT IN DIE FUSSSTAPFEN EINES GROSSEN MANNES
Was si zum ersten Mal ereignet, wirkt immer origineller und besser als
alles, was dana kommt. Wenn Sie großen Persönli keiten na eifern oder
berühmte Eltern haben, müssen Sie doppelt so viel leisten, um deren Glanz
zu überstrahlen. Meiden Sie den S a en sol er Größen, und kleben Sie
ni t an einer Vergangenheit, für die Sie ni ts können: Etablieren Sie Ihren
eigenen Namen, vers affen Sie si Ihre eigene Identität, ändern Sie den
Kurs.
Ers lagen Sie den Übervater, vera ten Sie sein Erbe, und gewinnen Sie
Ma t, indem Sie Ihren eigenen Glanz erstrahlen lassen.
Vaterfigur kommt au in den Legenden über die Helden zum Ausdru , die
ihren Vater ni t kannten. Moses, der Ar etyp des Ma tmens en, wurde im
S ilf ausgesetzt und erfuhr nie, wer seine Eltern waren. Ohne einen Vater,
mit dem er in We streit treten musste oder der ihn in die S ranken wies,
konnte er die Höhen der Ma t erklimmen. In späteren Jahren behauptete
Alexander der Große, ni t Philipp von Makedonien habe ihn gezeugt,
sondern glei falls Zeus. Legenden und Rituale wie diese eliminieren den
mens li en Vater, der die destruktiven Mä te der Vergangenheit
symbolisiert.
Die Vergangenheit hindert den jungen Helden, si eine eigene Welt zu formen
– er muss so handeln, wie es der Vater getan hat, selbst wenn der bereits tot
oder entma tet ist. Der Held muss vor seinem Vorgänger bu eln und
krie en, si Tradition und Vorgelebtem beugen.
Ma t hängt von der Fähigkeit ab, ein Vakuum zu füllen, ein Feld zu besetzen,
das ni t den toten Ballast der Vergangenheit trägt. Erst wenn die Vaterfigur
gründli beseitigt ist, haben Sie den nötigen Spielraum, eine neue Ordnung zu
entwi eln und zu etablieren. Es gibt mehrere Strategien, um das zu errei
en.
Einige wären ein Phönix gewesen in dem, was sie taten, wären andere ni t
zuvorgekommen. Großer Vorteil: erster zu sein, und wenn mit Vortreffli keit,
doppelt. Bei Glei heit gewinnt, wer als erster gewinnt …
Erheben si die ersten mit dem Erstgeburtsre t des Ruhms, bleiben für die
zweiten nur
s le tbezahlte Renten …
Und unser großer Philipp regierte vom ron seiner Klugheit aus die ganze
Welt zum Erstaunen aller Jahrhunderte. War der Kaiser, sein unbesiegter
Vater, ein Wunder an Energie, so Philipp an Klugheit … Mit diesen
Neuerungen haben si die Klugen immer in das Register der Großen
eingetragen. Ohne die Kunst zu verlassen, weiß der Geist, das Gewöhnli e
hinter si zu lassen und in der ergrauten Profession einen neuen S ri zur
Vortreffli keit zu finden. Horaz überließ das Herois e dem Vergil und
Martial das Lyris e dem Horaz. Dem Komis en widmete si Terenz, dem
Satiris en Persius. Sie alle waren auf das Vergnügen aus, die ersten in ihrer
Ga ung zu sein. Denn der kühne Einfall ergab si nie der einfa en Na
ahmung.
In der gesamten Ges i te findet man eine Art di köpfige Dummheit, die ein
großes Hindernis für die Ma t ist: der Aberglaube, wenn der Vorgänger mit
A, B und C erfolgrei war, könne man seinen Erfolg wiederholen, indem man
das Glei e tut. Dieses Stri muster lo t die Fantasielosen an, denn es ist
einfa und kommt ihrer Zögerli keit und Faulheit entgegen. Do die
Umstände sind nie exakt dieselben. Übernehmen Sie einen rü si tslosen
Umgang mit der Vergangenheit: Verbrennen Sie alle Bü er Ihrer Vorfahren
und üben Sie si darin, auf die Umstände zu reagieren, wie sie Ihnen
begegnen.
Überfluss und Wohlstand ma en uns gern faul und träge: Wenn unsere Ma t
gesi ert ist, besteht keine Notwendigkeit, zu handeln. Das ist eine
ernstha e Gefahr. Sie sollten bereit sein, mental zum Punkt null
zurü zukehren, sta dur den Wohlstand fe und faul zu werden. Wie o
ma en uns frühe Erfolge zu Karikaturen unserer selbst! Die Mä tigen
erkennen diese Fallen; sie kämpfen ständig, um si neu zu s affen. Der Vater
darf ni t zurü kehren; er muss bei jedem S ri unseres Weges
niedergekämp werden.
Symbol: der Vater. Er wir einen riesigen S a en auf seine Kinder, hält
sie no lange na seinem Ende in Bann, fesselt sie an die Vergangenheit,
ersti t ihren jugendli en Geist und zwingt sie auf dieselben ausgetretenen
Pfade, die er selbst bes ri . Seine Tri s sind zahllos. An jeder Gabelung
müssen Sie den Vater niederringen und aus seinem S a en treten.
GESETZ
42
CHINESISCHE REDENSART
Früher wurden ganze Nationen von einem König und wenigen Ministern
beherrs t. Nur eine Elite ha e die Ma t, mitzuspielen. Im Lauf der
Jahrhunderte wurde die Ma t immer mehr demokratisiert und s werer
fassbar. Das hat zu dem verbreiteten Missverständnis geführt, dass Gruppen
kein Ma tzentrum mehr haben – dass die Ma t zerspli ert und auf viele
Köpfe verteilt ist.
In Wahrheit hat die Ma t aber nur die Zahl ihrer Träger geändert, ni t ihr
Wesen. Es mag weniger allmä tige Tyrannen geben, die über Leben und Tod
von Millionen bestimmen, aber es gibt na wie vor Tausende von kleinen
Tyrannen, die kleinere Rei e beherrs en und ihren Willen mithilfe von
indirekten Ma tspiel en, Charisma und Ähnli em dur setzen. In jeder
Gruppe konzentriert si die Ma t in den Händen von ein oder zwei
Personen, denn in dieser Hinsi t ändert si die mens li e Natur nie: Leute
s aren si um die einzelne starke Persönli keit, wie Planeten eine Sonne
umkreisen.
Der Familientherapeut Milton H. Eri son fand heraus, dass meist eine
einzige Person der Störenfried und Unruhesti er ist, wenn die
Familiendynamik aus dem Lot geraten ist und ni t mehr funktioniert. Bei den
Sitzungen isolierte er diesen faulen Apfel symbolis , indem er die
betreffende Person ein Stü von den anderen entfernt sitzen ließ. Langsam,
aber si er erkannten die anderen Familienmitglieder dann in der räumli
separierten Person die elle ihrer Probleme. Sobald Sie wissen, wer der
Unruhesti er ist, können Sie viel errei en, indem Sie ihn vor den anderen
bloßstellen. Vergessen Sie ni t: Störenfriede gedeihen, weil sie si in der
Gruppe verste en und ihre Aktivitäten hinter den Reaktionen der anderen
verbergen. Ma en Sie ihre Aktivitäten si tbar, dann verlieren sie ihre
Ma t, aufzuwiegeln.
Als alle Tiere no eine Spra e redeten, war Krieg zwis en den Wölfen und
S afen, und die Wölfe waren weitaus überlegen. Da verbündeten si die
S afe mit den Hunden, und diese verjagten die Wölfe. Nun aber s i ten die
Wölfe einen Gesandten zu den S afen und ließen ihnen sagen: »Wenn ihr mit
uns in Frieden leben und ni t immer Angst vor einem Krieg haben wollt, so
liefert uns die Hunde aus!« Die dummen S afe aber ließen si von den
Wölfen betören und übergaben ihnen die Hunde. Die Wölfe aber zerrissen
erst die Hunde, und dann fraßen sie au in aller Behagli keit die S afe.
Die effektivste Form der Isolierung besteht darin, Störenfriede auf irgendeine
Weise von seiner Ma tbasis abzus neiden. Mao Tse-tung ging die
betreffende Person nie direkt an, wenn er ein Mitglied der herrs enden
Elite eliminieren wollte; er arbeitete still und heimli an deren Isolierung,
spaltete ihre Verbündeten und sorgte dafür, dass sie si von ihr abwandten,
nahm ihr die Unterstützung. Dann vers wand die betreffende Person alsbald
von selbst.
Der Grund, warum Sie den Hirten ers lagen müssen, ist die Tatsa e, dass
dadur die S afe über alle Maßen verängstigt werden. Wenn der
Führer vers wunden ist, fehlt das Zentrum der S werkra ; es gibt ni ts
mehr, um das man kreisen kann, und alles zerfällt. Zielen Sie auf die Führer,
bringen Sie sie zur Stre e und nutzen Sie dann die zahllosen Gelegenheiten,
die Ihnen die na folgende Verwirrung bieten wird.
Symbol: eine Herde fe er S afe. Vergeuden Sie keine kostbare Zeit damit,
ein oder zwei S afe zu stehlen. Riskieren Sie au ni t Leib und Leben,
indem Sie über die S äferhunde herfallen. Zielen Sie auf den Hirten. Die
Hunde werden ihm folgen, wenn Sie ihn weglo en. Ers lagen Sie ihn, und
die Herde wird auseinanderlaufen – und Sie können sie Stü für Stü
einsammeln.
Garant: Spannt man einen Bogen, dann am besten den stärksten. Benutzt man
einen Pfeil, dann am besten den längsten. Will man einen Reiter
ers ießen, ers ießt man zuerst sein Pferd. Will man eine Räuberbande
fangen, fängt man zuerst den Anführer. Das Töten von Mens en hat seine
Grenzen, und au ein Land hat seine Grenzen. Wenn nur der feindli e Einfall
abgewehrt werden kann, wozu dann darüber hinaus no viele Tote und
Verletzte? (Tu Fu, inesis er Di ter, Tang- Dynastie, 8. Jh.)
GESETZ
43
Zwang erzeugt eine Reaktion, die gegen Sie arbeitet. Sie müssen die
Mens en dazu verführen, Ihren Weg eins lagen zu wollen. Dann werden sie
zu loyalen S a figuren. Und am besten verführt man andere, indem man
si ihre Psy e zunutze ma t, ihre Wüns e und S wä en. Bre en Sie
Widerstand, indem Sie mit den Gefühlen anderer arbeiten, mit dem spielen,
was jenen lieb und teuer ist und was sie für ten. Wenn Sie Geist und Seele
anderer ignorieren, werden sie Sie hassen.
Beim Spiel um die Ma t sind Sie von Mens en umgeben, die absolut keinen
Grund haben, Ihnen zu helfen, solange das ni t in ihrem eigenen Interesse
liegt. Und wenn Sie deren Eigennutz ni ts anzubieten haben, ist es sehr
wahrs einli , dass sie feindselig reagieren, weil sie in Ihnen nur einen
weiteren Konkurrenten sehen, der ihnen die Zeit stiehlt. Wer die
vorherrs ende Kälte überwindet, findet den S lüssel zu Herz und Geist des
anderen, kann ihn in seine E e lo en und, falls nötig, den Boden für einen
S lag ebnen. Do die meisten Mens en lernen diesen Aspekt des Spiels
nie. Wenn sie jemanden zum ersten Mal treffen, reden sie über si selbst und
beeilen si , ihre eigenen Vorstellungen und Vorurteile in Szene zu setzen,
sta si zurü zuhalten und herauszufinden, was jene Person einzigartig
ma t. Viellei t wissen sie ni t, dass sie si damit insgeheim einen Feind
s affen, Widerstand auslösen, denn ni ts ma t wütender als das Gefühl,
dass jemand unsere Individualität und psy is e Befindli keit ignoriert.
Die Regierungen pflegten die Mens en nur als Masse zu sehen; aber unsere
Leute waren als Irreguläre keine festen Formationen, sondern Individuen …
Unser Königrei lag in der Seele jedes einzelnen.
Denken Sie daran: Der S lüssel zum Herumkriegen eines anderen liegt
darin, ihn san wei zuklopfen und allmähli aufzubre en. Verführen Sie
ihn auf zwei Ebenen: Arbeiten Sie mit seinen Emotionen und nutzen Sie seine
intellektuellen S wä en. A ten Sie sowohl darauf, was ihn einzigartig
ma t (die individuelle Psy e), als au auf das, was er mit allen gemein hat
(die grundlegenden emotionalen Reaktionen). Zielen Sie auf die
Primärgefühle – Liebe, Hass, Eifersu t. Sobald Sie seine Emotionen gewe
t haben, haben Sie zuglei seine Selbstkontrolle verringert, ihn anfälliger für
einen Sinneswandel gema t.
Im Ersten Weltkrieg, während der Kämpfe gegen die Türken in der Wüste,
ha e T. E. Lawrence eine Erleu tung: Es dämmerte ihm, dass die
herkömmli e Kriegführung ihren Wert verloren ha e. Der Soldat alter Art
ging verloren in den riesigen Armeen jener Zeit, wurde vers oben wie eine
leblose S a figur. Lawrence wollte das ändern. Für ihn war die Seele
jedes einzelnen Soldaten das Königrei , das es zu erobern galt. Ein psy is
motivierter Soldat, der si der Sa e vers rieben ha e, würde härter und
einfallsrei er kämpfen als eine Marione e.
Die Männer, die die Welt verändert haben, haben es ni t so weit gebra t,
weil sie Führer beeinfl usst haben, sondern weil sie die Massen bewegt
haben. Führer zu beeinflussen, verlangt die Methode der Intrige und erbringt
nur zweitrangige Resultate. Do die Massen zu bewegen, ist der Strei des
Genies, das das Gesi t der Welt verändert.
NAPOLEON BONAPARTE, 1769– 1821
Lawrences Erkenntnis gilt heute mehr denn je – in einer Welt, in der so viele
von uns unter Entfremdung und Anonymität leiden und misstrauis
gegenüber der Autorität sind. All dies ma t offene Ma tspiele und Gewalt
immer kontraproduktiver und gefährli er. Sta leblose S a figuren zu
manipulieren, sollten Sie Ihre Bundesgenossen überzeugen und für die Sa e
begeistern, der Sie sie zugeteilt haben. Um das zu errei en, müssen Sie die
jeweiligen psy is en Befindli keiten in Re nung stellen. Hängen Sie
dabei nie dem plumpen Glauben an, dass die Taktik, die bei der einen Person
funktioniert hat, notwendigerweise au bei der anderen aufgeht.
Am s nellsten si ern Sie si den Geist der Mens en, indem Sie so
einfa wie mögli aufzeigen, wie sie von einer bestimmten Aktion
profitieren. Eigennutz ist das stärkste Motiv: Eine große Sa e mag in Bann
s lagen, do sobald die erste Begeisterung verflogen ist, ebbt das Interesse
ab – es sei denn, es gibt etwas zu gewinnen. Eigennutz ist die festere Basis.
Die Mens en, die am besten Herz und Geist anderer erobern können, sind
häufig Künstler, Intellektuelle oder jene von eher poetis er Natur, denn
Vorstellungen werden am lei testen dur Metaphern und Bilder vermi elt.
Daher ist es gut, immer mindestens einen Künstler oder Intellektuellen zur
Hand zu haben, der punktgenau Herzen und Geist errei en kann.
Lernen Sie, auf die Zahl zu setzen. Je breiter Ihre Basis ist, umso größer wird
Ihre Ma t. Au Sie müssen ständig weitere Bundesgenossen auf allen
Ebenen gewinnen – der Zeitpunkt, an dem Sie sie brau en, wird
unauswei li kommen.
Garant: Die S wierigkeit des Überzeugens besteht darin, das Innere des zu
Überzeugenden zu kennen, um ihn mit meinen Worten zu errei en … Deshalb
sollte derjenige, der Rats läge, Ermahnungen, Erörterungen oder Hinweise
vorbringen mö te, bevor er dies tut, unbedingt ergründen, ob der
Herrs er Liebe oder Haß ihm gegenüber empfi ndet. (Han Fei-tzu,
inesis er Philosoph, 3. Jh. v. Chr.)
GESETZ
44
SPIEGELEFFEKTE
ma en. Sie werden böse, weil sie das Gefühl haben, dass man si über sie
lustig ma t, sie klont, zum Objekt degradiert, zum seelenlosen Bild. Oder
Sie können sie entwaffnen, wenn Sie dasselbe auf eine etwas andere Weise
tun, sodass sie das Gefühl haben, Sie verstehen ihre Wüns e und
Sehnsü te genau. Dem Effekt wohnt große Ma t inne, weil er auf die
primitivsten Gefühle zielt.
Wenn du mit dem Gegner di t aneinandergerätst, mit ihm ringst und merkst,
dass keine
Ents eidung mögli ist, musst du mit ihm »vers melzen«, musst du eins
werden mit ihm. Versu e, in der Umklammerung eine Taktik zu ergreifen,
die dir den Vorteil bringt und den Sieg … Sofern si wegen der
gegenseitigen Umklammerung eine Ents eidung ni t erzielen lässt, musst du,
sta di vom Gegner zu trennen, einen Zustand no stärkerer, unauflösbarer
Umklammerung herbeiführen, um in diesem Zustand dann die für
di vorteilha e Taktik und damit den Weg zum Sieg
herauszufi nden.
DAS BUCH DER FÜNF RINGE VON MIYAMOTO MUSASHI, 17. JH.
Der neutralisierende Effekt. Tun Sie, was Ihre Feinde tun, ahmen Sie deren
Aktionen so gut wie mögli na , und die anderen können ni t erkennen, was
Sie vorhaben, weil Ihr Spiegel sie blind ma t. Deren Strategie Ihnen
gegenüber geht davon aus, dass Sie in der für Sie arakteristis en Weise
agieren; neutralisieren Sie das, indem Sie eine Art Posse mit ihnen spielen.
Diese Taktik bewirkt das Gefühl, verhöhnt zu werden, und ru sogar Wut
hervor. Die meisten von uns kennen das aus ihrer Kindheit: Wenn uns jemand
gefoppt hat, indem er jedes Wort von uns genau wiederholte, dauerte es in
der Regel ni t lange, bis wir ihm am liebsten ins Gesi t ges lagen hä en.
Au wenn Sie als Erwa sener subtiler vorgehen, können Sie do Ihre
Gegner damit verunsi ern. Sie verbergen Ihre eigene Strategie hinter dem
Spiegel, legen unsi tbare Fallen oder stoßen Ihre Gegner in die Fallen, die
jene für Sie aufgebaut haben.
Wenn i herausfinden will, wie s lau oder wie dumm, wie gut oder wie
böse jemand ist, oder was ihm im Augenbli so dur den Kopf geht, dann
passe i meinen Gesi tsausdru so getreu als mögli dem seinigen an und
warte einfa ab, wel e Gedanken oder Empfindungen nun mir im Kopf oder
im Herzen aufsteigen – glei sam passgere t dazu, in Übereinstimmung mit
diesem Ausdru . EDGAR ALLAN POE, 1809– 1849
Der moralis e Effekt. Beim moralis en Effekt erteilen Sie einfa anderen
eine Lektion, indem Sie sie ihre eigene Medizin s lu en lassen. Spiegeln
Sie wider, was andere Mens en Ihnen angetan haben, indem Sie so, dass
jene das erkennen, ihnen exakt das antun, was sie Ihnen angetan haben. Sta
si über ihr Benehmen zu bes weren und zu jammern, was nur die
Verteidigung auf den Plan ru , lassen Sie sie spüren, dass ihr Verhalten
s le t war. Wenn ihre Handlungen auf sie zurü gespiegelt werden, spüren
sie auf handfeste Weise, wie sehr ihr unsoziales Verhalten andere quält und
verletzt.
man nur auf ein Stü Glas, das, wie jeder weiß, die Welt gar ni t genau
wiedergeben kann: Im Spiegel ist alles seitenverkehrt.
Der halluzinatoris e Effekt entsteht dur die S affung einer perfekten Kopie
von einem Objekt, einem Ort oder einer Person. Diese Kopie fungiert als
eine Art Dummy – die Leute halten ihn für das Original, weil er die physis e
Ers einung des Originals hat. Dies ist die wi tigste Te nik der
Tri betrüger, deren Strategie es ist, die reale Welt na zuahmen, um
Symbol: das S ild des Perseus. Es ist zu einem Spiegel poliert. Medusa
kann Sie ni t sehen, sie erbli t nur ihre eigene Hässli keit. Hinter sol
einem Spiegel können Sie täus en, verhöhnen und Wut auslösen. Mit einem
S lag köpfen Sie die ahnungslose Medusa.
Garant: Daher besteht die Aufgabe bei einer militäris en Operation darin,
vorzugeben, mit der Absi t des Feindes übereinzustimmen … Nimm den Ort
ein, der dem Feind am wi tigsten ist, und komme ihm dabei heimli zuvor.
Halte die Disziplin aufre t und passe di dem Feind an … Anfangs
glei st du einer Jungfrau; daher öffnet dir der Feind sein Tor; dann bist du
flink wie ein entsprungenes Kanin en; daher kann der Feind di ni t
abwehren. (Sun-tzu, 4. Jh. v. Chr.)
GESETZ
45
ma en Sie viel Getue darum, dass Sie die bewährten Mi el und die
eingefahrenen Wege respektieren. Sind Veränderungen notwendig, dann
verkaufen Sie sie als kleine Verbesserungen des Bewährten.
Die Psy e des Mens en kennt viele Widersprü e. Selbst wenn Mens en
die Notwendigkeit des Wandels einsehen, wenn sie wissen, wie wi tig es
für Institutionen wie Individuen ist, dass es ab und an zu Neuerungen kommt,
sind sie do über Veränderungen, die sie persönli betreff en, irritiert und
verärgert. Sie wissen, dass der Wandel no ut und Neues sie vor Langeweile
bewahrt, do tief in ihrem Innern klammern sie si an die Vergangenheit. Sie
streben na abstrakten oder oberflä li en Veränderungen, aber ein
We sel, der ihre Si en und Gebräu e im Kern tri , verwirrt sie zutiefst.
Laut Ma iavelli kann der Prophet, der den Wandel predigt und bringt, nur
überleben, indem er zu den Waffen grei : Wenn die Massen si na der
Vergangenheit zurü sehnen, was unvermeidli ist, muss er bereit sein,
Gewalt anzuwenden. Do au der gewappnete Prophet kann si ni t lang
halten, wenn er ni t ras für neue Werte und Rituale sorgt, die die alten
ersetzen können, und somit die Ängste derjenigen bes wi tigt, die den
Wandel für ten. Viel lei ter und unblutiger ist es da, si einer List zu
bedienen: Predigen Sie Wandel, so viel Sie wollen, und setzen Sie au Ihre
Reformen in Gang, do geben Sie ihnen den vertrauten Anstri früherer
Ereignisse und älterer Traditionen.
Uralt ist freili die Si e, die Zeit des Jahreswe sels festli zu begehen. Die
Römer pflegten zwis en dem 17. und dem 23. Dezember das Fest des
Saturn, des »Go es der Aussaat«, die sogenannten Saturnalien, zu feiern. Es
war das fröhli ste Fest des Jahres: Alle Arbeit und Ges ä e ruhten, und in
den Straßen herrs te ein karnevalähnli es, ausgelassenes Treiben. Die
Sklaven genossen
besu te und bes enkte einander mit Wa skerzen und Tonpüpp en. S on
lange vor Christi Geburt feierten die Juden ein a ägiges Fest der Li ter,
und au von den Germanen wird angenommen, dass sie ni t nur im
Mi sommer, sondern au um die Wintersonnwende ein großes Fest zur Feier
der Wiedergeburt der Sonne und zu Ehren der um diese Zeit dur die Lü e
ziehenden, Fru tbarkeit spendenden Gö er Wodan und Freyja, Donar und
Freyr begingen. Die Bes wörung von Li t und Fru tbarkeit als
wesentli er Bestandteil der vor ristli en Mi winterfeiern ließ
si au na der Einführung des Christentums als Rei sreligion dur Kaiser
Konstantin den Großen (306–337 n. Chr.) ni t glei aus dem Bewusstsein
der Mens en verdrängen. No Kaiser Aurelian (214–275 n. Chr.) ha e 274
einen offiziellen Staatskult für den Sonnengo eingeri tet und dessen
Geburtstag, den 25. Dezember, zum Staatsfeiertag erklärt. Von Persien über
Kleinasien, Grie enland und Rom bis
Mit einfa en Maßnahmen, wie der Verwendung eines alten Titels oder der
Beibehaltung bestimmter Gepflogenheiten, verknüpfen Sie si mit der
Vergangenheit und vers affen si die Autorität der Ges i te.
A ten Sie auf den Zeitgeist. Sind die Umstände turbulent, können Sie Ma t
daraus gewinnen, die Rü kehr zur Vergangenheit, zum Vertrauten,
Symbol: die Katze. Ein Gewohnheitstier: Sie liebt die Wärme des Vertrauten.
Bringen Sie ihren Tagesablauf dur einander und stören Sie ihre Kreise,
reagiert sie unbere enbar und psy otis . Besän igen Sie sie, indem Sie
ihre Rituale a ten. Ist ein Wandel nötig, täus en Sie die Katze, indem Sie
den Geru der Vergangenheit lebendig halten: Platzieren Sie an strategis en
Punkten vertraute Objekte.
Garant: Wer einem Staat eine neue Verfassung geben will und dabei mö te,
daß sie gut aufgenommen und zur Zufriedenheit eines jeden erhalten wird,
muß wenigstens den S ein der alten Formen beibehalten, damit das Volk
glaubt, es hä e si
ni ts geändert, au wenn die neuen Einri tungen mit den früheren ni t das
geringste gemein haben. Denn die Masse der Mens en lässt si mit dem
46
Besser als andere zu sein ist immer gefährli . Do am gefährli sten ist es,
überhaupt keine Fehler oder S wä en zu haben. Neid s afft Feinde. Es ist
daher klug, gelegentli Defizite zu zeigen oder ein harmloses Laster
zuzugeben, um dem Neid den Wind aus den Segeln zu nehmen, um
mens li er und umgängli er zu wirken. Nur Gö ern und Toten wird
makellose Perfektion zugestanden.
unvermeidli . Akzeptieren Sie ni t naiv die Fassade, die sie Ihnen zeigen:
Lesen Sie zwis en den Zeilen ihrer Kritik, a ten Sie auf ihre kleinen
sarkastis en Bemerkungen, auf Anzei en von Hinterhältigkeit, auf Groll in
ihren Augen, auf überzogene Lobreden, die Ihren Sturz einleiten sollen. Das
Hauptproblem mit dem Neid besteht darin, dass wir ihn erst dann erkennen,
wenn es zu spät ist.
Nehmen Sie es zweitens als gegeben hin, dass Mens en, die Sie beneiden,
still und heimli gegen Sie arbeiten werden. Sie werden Ihnen Hindernisse in
den Weg stellen, die Sie ni t vorhersehen können. Gegen sol e A a en
kann man si nur s wer verteidigen. Da es viel einfa er ist, von Anfang an
Neid zu vermeiden, als ihn wieder aus der Welt zu s affen, wenn er erst
einmal da ist, müssen Sie Ihre Strategie darauf ausri ten, ihm
zuvorzukommen, ehe er si einnisten kann. Indem Sie si das bewusst
ma en, wel e Handlungen und Eigens a en Neid hervorrufen, können
Sie verhindern, dass Neid überhaupt erst au ommt, der Ihnen eines Tages
das Messer in den Rü en treibt.
Besonders gefährli ist im Rei der Ma t der plötzli e Glü sfall – eine
unerwartete Beförderung, ein Sieg oder ein Erfolg, der aus dem Ni ts zu
kommen s eint. So etwas erregt mit Si erheit den Neid derer, die zuvor
no auf einer Stufe mit Ihnen standen.
Nur wengen Mens en ist dies angeborne Art, Den Freund, ward Glü ihm
hold, neidlos zu ehren no ; Der Missgunst Gi ja, das im Herzen fest
si setzt, Not ma t’s, zweifa e dem, den überkam
die Su t; Von seinem eignen Leid s on wird er s wer bedrü t, Und bli t
auf fremdes Glü er hin, seufzt er und stöhnt.
Als Erzbis of Retz 1651 Kardinal wurde, war ihm klar, dass viele seiner
früheren Kollegen ihn beneideten. Da er wusste, wie gefährli es war, die
unter ihm vor den Kopf zu stoßen, tat der Kardinal, was er konnte, um seine
Verdienste herunterzuspielen und seinen Erfolg der glü li en Fügung
zuzus reiben. Um die Mens en einzulullen, verhielt er si so ehrerbietig
und unterwürfig, als hä e si ni ts geändert. Er s rieb, diese kluge Politik
»zeigte gute Wirkung, indem sie dem Neid die Kra nahm, der mir
entgegengebra t wurde, was das größte aller Geheimnisse ist«. Folgen Sie
seinem Beispiel. Unterstrei en Sie subtil, wie viel Glü Sie einfa gehabt
haben, und stellen Sie Ihren Erfolg so au anderen Mens en in Aussi t,
damit nehmen Sie ihrem Neid die S ärfe.
Hüten Sie si vor den vielen Maskeraden des Neids. Übergroßes Lob ist ein
fast si eres Anzei en, dass die Lobredner Sie beneiden; entweder bereiten
sie Ihren Sturz vor – es wird unmögli , ihren Lobpreisungen Genüge zu
leisten –, oder sie wetzen hinter Ihrem Rü en s on die Messer. Genauso
beneiden Sie wahrs einli jene, die Sie zu sehr kritisieren oder Sie
öffentli verleumden. Erkennen Sie in deren Verhalten verkappten Neid, dann
gehen Sie ni t in die Falle, si gegenseitig eine S lamms la t zu liefern
oder si ihre Kritik zu Herzen zu nehmen. Rä en Sie si , indem Sie die
Gegenwart dieser Kleinkarierten einfa ignorieren, und Sie in einer selbst
ers affenen Hölle s moren lassen.
GESETZ
47
SCHIESSE NIE ÜBER DAS ZIEL HINAUS – DER SIEG IST DER
ZEITPUNKT ZUM AUFHÖREN
Der Moment des Sieges ist o der Moment größter Gefahr. Im Siegestaumel
kann übergroßes Selbstvertrauen Sie über das Ziel hinauss ießen lassen.
Und damit ma en Sie si viellei t mehr Feinde, als Sie besiegt haben.
Lassen Sie si den Erfolg ni t zu Kopf steigen. Sorgfältige Planung und die
ri tige Strategie sind dur ni ts zu ersetzen. Setzen Sie si ein Ziel, und
wenn Sie es errei t haben, hören Sie auf.
Die Ma t folgt ihren eigenen Rhythmen und Mustern. Wer beim Spiel um sie
den Sieg davonträgt, kontrolliert die Muster und variiert sie na Belieben,
bringt die Leute aus dem Glei gewi t und gibt das Tempo vor. Das Wesen
jeder Strategie besteht darin, zu bestimmen, was als Nä stes ges ieht, und
die Ho stimmung des Sieges kann dazu führen, dass Sie die Fähigkeit
verlieren, strategis zu denken. Das kann auf zweierlei Weise ges ehen.
Erstens verdanken Sie Ihren Erfolg einem Muster, und Sie werden dazu
neigen, dieses zu wiederholen. Sie werden weiter in die
Zwei Hähne kämp en auf einem Misthaufen. Der eine Hahn war stärker: Er
besiegte den anderen und vertrieb ihn vom Misthaufen. Alle Hennen s arten
si um den Hahn und rühmten ihn. Der Hahn wollte, dass seine Stärke und
sein Ruhm au auf dem Na barhof bekannt würden. Er fl og oben auf die
S eune und krähte mit lauter Stimme: »Seht mi alle an! I bin ein
siegrei er Hahn. Kein anderer Hahn auf der Welt ist so stark wie i .« Kaum
ha e der Hahn das gesagt, kam ein Adler, tötete ihn, nahm ihn in die Klauen
und s leppte ihn in seinen Horst.
Lernen Sie eine einfa e Lektion: Die Mä tigen variieren ihre Rhythmen und
Muster, we seln den Kurs, passen si den Umständen an, lernen zu
improvisieren. Sta si vom Tanz ihrer Füße vorwärtstreiben zu lassen,
halten sie inne und s auen, in wel e Ri tung sie gehen. Es ist, als kursiere
in ihrem Blut ein Gegengi gegen den Raus des Sieges, das sie ihre
Emotionen kontrollieren lässt und zu einer Art geistigem Innehalten führt,
wenn sie den Erfolg errungen haben. Sie beruhigen si und erlauben si den
Spielraum, über das Ges ehene na zudenken, zu prüfen, in wel em Maß
sie ihren Sieg den Umständen und dem Glü verdanken.
Glü und Umstände spielen bei der Ma t immer eine Rolle. Au wenn Sie
es ni t glauben: Glü ist gefährli er als Pe . Der Misserfolg lehrt uns, wie
wi tig Geduld, Timing und die Vorbereitung auf das S limmste sind; der
Glü sfall verführt uns zur gegenteiligen Ansi t und lässt uns glauben, dank
unserer Brillanz würden wir das alles s on irgendwie s affen. Do Ihr
Glü wird si unvermeidli wenden, und wenn das ges ieht, werden Sie
darauf völlig unvorbereitet sein. Die glü li en Umstände, die Sie zum
Erfolg tragen, führen au den Moment herbei, da Sie die Augen öff nen
müssen: Das Rad des S i sals bringt Sie genauso lei t na unten wie
na oben. Wenn Sie auf den Sturz vorbereitet sind, werden Sie dabei weniger
S aden nehmen.
abzuwe seln. Zu viel Gewalt führt zu einer Gegenreaktion; zu viel List, wie
listig sie au immer sein mag, wird vorhersehbar. Wenn Sie also den Sieg
errungen haben, dann drosseln Sie das Tempo, und verführen Sie den Gegner
damit zur Untätigkeit. Diesem We sel des Rhythmus wohnt unendli viel
Ma t inne.
Mens en, die ihre Grenzen übers reiten, werden dazu o von dem
Wuns getrieben, ihrem Herrn und Meister zu gefallen, indem sie ihm ihre
Ents lossenheit beweisen. Do mit zu viel Motivation und Engagement geht
man au das Risiko ein, si bei seinem Herrn verdä tig zu ma en.
Mehrfa wurden Heerführer unter Philipp von Makedonien unmi elbar
na großen Siegen degradiert und gedemütigt; no so ein Erfolg, glaubte
Philipp, und dieser Mann würde von einem Untergebenen zu einem Rivalen.
Wenn Sie einem Herrn dienen, ist es o klüger, mit eigenen Siegen
maßzuhalten, ihm den Ruhm dafür zu überlassen und niemals sein
Zu guter Letzt: Dem Moment des Au örens wohnt eine große Dramatik inne.
Was zuletzt ges ah, bleibt wie mit einem Ausrufezei en versehen im
Gedä tnis. Zum Au ören und Weggehen gibt es keinen besseren Zeitpunkt
als den na einem Sieg. Wenn Sie weiterma en, riskieren Sie, dass si
dessen Effekt verflü tigt und Sie s ließli viellei t sogar eine Niederlage
erleiden. Anwälte wissen: »Beende ein Kreuzverhör immer mit einem Sieg.«
Symbol: Ikaros stürzt vom Himmel. Sein Vater Daidalos baut mithilfe von
Wa s künstli e Flügel, die es den beiden erlauben, dem Minotaurus zu
entkommen. Beraus t von der erfolgrei en Flu t und dem Gefühl des
Fliegens s raubt si Ikaros immer höher, bis die Sonne das Wa s der
Flügel zum S melzen bringt, und er dem si eren Tod entgegenrast.
Garant: Alleinherrs ern und Freistaaten muß, wenn sie klug sind, der Sieg
genügen, sonst verlieren sie meist alles. Entehrende Worte gegen den Feind
sind meist auf eine gewisse Vermessenheit
Hoffnung auf den Sieg erzeugen. Gerade diese fals e Hoffnung auf den Sieg
verleitet die Mens en ni t nur in Worten, sondern au in Taten zu Fehlern.
Sind sie davon besessen, so übers reiten sie alle Grenzen und verpassen
meistens die Gelegenheit, etwas Gutes festzuhalten über der Hoffnung auf
etwas Besseres, das unsi er ist. (Niccolò Ma iavelli, 1469– 1527)
GESETZ
48
STREBE NACH
FORMLOSIGKEIT
Das Tier Mens unters eidet si von den anderen dadur , dass es ständig
neue Formen annimmt. Der Mens drü t kaum seine Gefühle direkt aus, er
verleiht ihnen mi els Spra e oder gesells a li akzeptierter Rituale
Gestalt. Ohne Form können wir unsere Emotionen ni t vermi eln. Die von
uns ers affenen Formen ändern si jedo ständig – Mode, Stil, all die
mens li en Phänomene, die die Stimmung des Augenbli s repräsentieren.
Ständig ändern wir die Gepflogenheiten, die wir von der vorhergehenden
Generation übernommen haben, und dieser Wandel ist ein Zei en des
Lebendigseins, der Vitalität. Dinge, die si ni t ändern, erstarrte
Formalitäten wirken auf uns wie tot, und wir verni ten sie. Mä tige sind
o Mens en, die in ihrer Jugend mit unglaubli er Kreativität etwas Neues
mit neuen Formen ausgedrü t haben. Die
In den Kriegskünsten ist es wi tig, dass die Strategie unergründli ist, daß
die Form verborgen bleibt und daß Bewegungen unerwartet kommen, damit
es unmögli ist, si darauf vorzubereiten. Was einen guten General dazu
befähigt, mit Si erheit zu gewinnen, ist seine unergründli e Weisheit und
sein Handeln, das keine Spuren hinterlässt. Nur das Formlose bleibt von
allem unberührt. Die Weisen verbergen si in ihrer Unergründli keit, so daß
ihre Gefühle si jeder Beoba tung entziehen; sie wirken im Formlosen, so
daß ni ts ihre Linien kreuzen kann.
die Defensive. Wenn Sie aus der Defensive kämpfen, zeigen Sie Emotionen
und enthüllen eine klare Form. Ihre Gegner werden merken, dass sie einen
Nerv getroffen, eine A illesferse gefunden haben. Und sie werden immer
wieder auf diesen wunden Punkt eins lagen. Verwandeln Sie Ihr Gesi t in
eine formlose Maske, damit ma en Sie die Ränke s miedenden Kollegen
und Gegner wütend und orientierungslos.
Dieser Te nik bediente si au Baron James Roths ild. Als deuts er Jude
in Paris, wo man damals Ausländer ni t sehr s ätzte, nahm
Roths ild nie einen Angriff persönli . Darüber hinaus passte er si immer
der gerade vorherrs enden politis en Stimmung an. Roths ild akzeptierte
alles und jeden und ging voll und ganz in jeder neuen Ri tung auf. Während
er si anpasste, Erfolg ha e und niemals zu einer fest umrissenen Gestalt
wurde, verarmten all die anderen großen Familien, die mit immensem
Rei tum in das neue Jahrhundert gegangen waren, aufgrund der komplexen
Umwälzungen der Epo e, die sie ni t in der Form überdauern konnten, die
die Vergangenheit sie gelehrt ha e.
Je älter Sie werden, desto weniger dürfen Sie auf Vergangenes bauen. A ten
Sie darauf, dass die Form, die Ihr Charakter angenommen hat, Sie ni t als
Relikt ers einen lässt.
Vergessen Sie aber nie, dass Formlosigkeit nur ein strategis es Mi el und
eine Pose ist. Sie bringt Ihnen den Spielraum, taktis e Überras ungen
vorzubereiten; während Ihre Feinde daran arbeiten, si auf Ihren nä sten
Zug vorzubereiten, geben sie ihre eigene Strategie preis und bringen si
damit in einen ents eidenden Na teil. Sie behalten die Initiative und
versetzen Ihre Feinde in die Lage, nie agieren zu können, sondern immer
reagieren zu müssen. Ihrem Spionieren und Auskunds a en ma en Sie
einen Stri dur die Re nung. Merken Sie si : Formlosigkeit ist ein
Werkzeug. Verwe seln Sie sie nie mit Mitläufertum oder mit religiöser
Ergebenheit in das S i sal. Sie bedienen si der Formlosigkeit ni t, weil
sie innere Harmonie und Frieden bringt, sondern weil sie Ihre Ma t mehrt.
Deshalb hofft ein weiser Herrs er weder auf eine Wiedereinri tung der
Ordnung des Altertums, no erlässt er für alle Zeiten geltende Vors ri en.
Er erörtert die Vorgänge seiner Zeit und triff t entspre ende Maßnahmen.
Einst arbeitete ein Mann aus Sung auf seinem Feld. In der Mi e des Feldes
stand ein Baumstumpf. Da trug es si zu, daß ein Hase über das Feld lief,
gegen den Baumstumpf prallte, si dabei das Geni bra und tot umfiel.
Daraufhin legte der Mann seinen Hakenpflug beiseite und hütete den Stumpf
in der Hoffnung, no einmal einen Hasen zu fangen. Das gelang ihm aber
ni t, und er wurde zum Gespö des Staates Sung. Versu t nun jemand, mit
der Politik der früheren Könige die Mens en von heute zu regieren, so ist
dies dasselbe, als ob er einen Baumstumpf hütet.
ha e er Apollo das Vieh gestohlen. Er dur eilte die Welt und nahm jede
Form an, die ihm gefiel. Wie das e silber, das die Al imisten na ihm
Mercurius nannten, verkörpert er das Ungrei are, das
Garant: Daher besteht die hö ste Vollendung beim Aufstellen einer Armee
darin, Formlosigkeit zu erlangen … Daher ist die Form des Sieges in einem
Krieg ni t wiederholbar, sondern paßt si in
entspre end wandelt und anpaßt, verdient es, ein Genie genannt zu werden.
(Sun-tzu, 4. Jh. v. Chr.)
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