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artige Kunst
Kunst und Politik
im Nationalsozialismus
artige Kunst
Kunst und Politik
im Nationalsozialismus

Compliant Art
Art and politics in the
National Socialist era

SAAR-RHEIN
Transportgesellschaft mbH
Dank Inhalt

Leihgeber Förderer Dank der Herausgeber an 6 Preface | Grußwort


8 Vorwort

Deutsches Historisches Museum, Berlin Beate und Thomas Bodemann, Berlin Susanne Anger, Susanne Anna, Silke von Berswordt-Wallrabe
Museum für Vor- und Frühgeschichte, SRT Saar-Rhein Transportgesellschaft, Hermann Arnhold, Cynthia Baer, 10 »Artige Kunst« — zur Einführung
Berlin Duisburg Felicitas Baumeister, Willi Beier, Max Imdahl
Nationalgalerie Berlin Verein der Freunde und Förderer von Peter Beye, Marion Bertram, 17 Pose und Indoktrination. Zu Werken der Plastik und Malerei im Dritten Reich
Bettina und Peter Eickhoff, Bochum Situation Kunst e.V., Bochum Carola Breker, Dieter Disko,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden sowie weitere Förderer, die ungenannt Marc Fehlmann, Gerhard Finckh, Karen van den Berg
Atelier Breker, Düsseldorf bleiben möchten. Monika Flacke, Hadwig Goez-Sturm, 25 Abrichtung der Volksseele. NS-Kunst und das politisch Unbewusste
Museum Kunstpalast, Düsseldorf Chris de Groot, Jochen Gutbrod,
Annika Wienert
Stadtmuseum Landeshauptstadt Georg Imdahl, Joachim Jäger,
49 Artige, bösartige Kunst
Düsseldorf Caren Jones, Alexander Klar,
LWL Museum für Kunst und Kultur, Karen Klein, Susanne Knuth,
Münster
58 Bildtafeln I
Anne Dorte Krause, Bernd Kreuter,
German Art Gallery, The Netherlands Irina Lammert, Heinz Liesbrock,
Felix-Nussbaum-Haus, Osnabrück Stephanie Marchal, Andreas Zeising
Inge Maruyama, Dorota Monkiewicz,
Kunsthalle Recklinghausen Brigitte Müller, Tanja Pirsig-Marshall,
89 »Aus des Blutes Stimme«. Vermittlung und (Re)Kontextualisierung
Kulturhistorisches Museum, Rostock von NS-Kunst in der Zeitschrift NS-Frauenwarte
Peter Raue, Flavia Sommer,
Archiv Baumeister im Kunstmuseum Maria Schulte, Hans-Jürgen Schwalm, Christian Fuhrmeister
Stuttgart Anne Sybille Schwetter, Steffen Stuth, 103 Die (mindestens) doppelte Zurichtung der »gewordenen Kunst«
Von der Heydt-Museum, Wuppertal Ferdinand Ullrich, Hilke Wagner,
Museum Wiesbaden Ulrike Weinbrenner, Peter Wirtz, 118 Bildtafeln II
sowie weitere Leihgeber, die ungenannt Beat Wismer, Roman Zieglgänsberger
bleiben möchten.
Alexander von Berswordt-Wallrabe
182 Fragen, nicht als Fragen… — ein persönliches Nachwort

192 Englische Übersetzungen der Katalog-Essays


English translations of catalogue essays

## Bildnachweis
## Impressum
Karen van den Berg

Abrichtung der Volksseele


NS-Kunst und das politisch Unbewusste

Die Neuen Rechten und der Blick gefährdeter Demokratien


Kunst ist nach dem Verständnis der gegenwärtigen globalen Kunstwelt nicht ohne Freiheit
und Demokratie zu denken. Und umgekehrt gehört es – bei aller Dominanz des Kunst-
marktes – doch weitestgehend zum Selbstverständnis der Kunstwelt, für Freiheit und
Demokratie einzutreten. Inmitten der derzeitigen »Krise des Liberalismus«1 scheint es
deshalb immer dringlicher, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, mit welchen Kunst-
und Kulturbegriffen rassistische und nationalistische Politikauffassungen operieren. In
Zeiten, in denen eine von Ressentiments getriebene Politik und ein wiedererstarkender
Nationalismus immer stärker die politischen Debatten bestimmen, ist auch in der Kunst-
welt eine neue Positionsbestimmung vonnöten. Es gilt nicht nur zu verstehen, woran es
liegt, dass die Anzahl der Stimmen wächst, die demokratischen und rechtstaatlichen
Grundfesten mit Vorbehalten oder gar Verachtung begegnen, es gilt auch robuste Argu-
mente zu entwickeln, um diesen Tendenzen entgegentreten zu können. Eine Vorausset-
zung dafür ist aber, ihre Denkmuster zunächst einmal zu durchdringen und das eigene
Beobachtungsinstrumentarium zu schärfen.
Die liberalen Demokratien, die über einige Jahrzehnte hinweg beinahe schon als
natürliche Gesellschaftsform der Moderne betrachtetet wurden, erscheinen in jüngster
Zeit immer zerbrechlicher und gefährdeter. Sie werden erschüttert durch verschiedenste
Radikalisierungstendenzen und das Erstarken der »Neuen Rechten«. Will man diese ver-
stehen, so ist es ganz offensichtlich zu kurz gegriffen, sie allein als »ewig Gestrige« oder
sozial randständige Enttäuschte anzusehen. Der neue Rechtsextremismus ist unüberseh-
bar ein Phänomen des 21. Jahrhunderts und richtet sich auch in bürgerlichen Kreisen ein.
Wenngleich das Politik- und Geschichtsverständnis von Rechtsextremen oft auf einer
grundsätzlich unhinterfragten, unterstellten völkischen Tradition basiert, so hat die
erneute Entfesselung von Ressentiments und Fremdenfeindlichkeit dennoch Ursachen,
die in der Gegenwart zu suchen sind. In diesem Sinne hat der slowenische Philosoph Sla- 1 Thomas Assheuer: »Krise des Liberalismus. Ein
Albert Janesch (1889–1973)
voj Žižek 2012, kurz nach den Occupy-Protesten und dem Attentat des Rechtradikalen autoritäres Angebot«, in: Die Zeit, Nr. 23, 27. Mai 2016,
Anders Breivik, argumentiert, dass sich nicht nur in den Protesten von links, sondern auch http://www.zeit.de/2016/23/krise-liberalismus-donald-
Wassersport, vor 1936
trump-kapitalismus-patriotismus-rechtspopulismus
Öl auf Leinwand, 153 x 208 cm in rechten und religiös motivierten Terrorakten ein Widerstand gegen einen globalen neo- 2 Slavoj Žižek: Das Jahr der gefährlichen Träume,
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin
Inv.-Nr. Gm 98/254
liberalen Mainstream artikuliert.2 Frankfurt/M. 2013.
GDK 1937

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Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

Irritierende Allianzen wie der linke Nationalismus in Griechenland mit rechtspopu- 3 Armin Nassehi: Die letzte Stunde der Wahrheit. sogenannten »Gottbegnadeten« – zugrunde liegt. Sie prüft, welche Bildtraditionen, Stil- 9 Vgl. Susanna Partsch: »Janesch, Albert«, in:
Warum rechts und links keine Alternativen mehr sind Andreas Beyer u. a. (Hrsg.): Allgemeines Künstler-Lexi-
listischer Regierungsbeteiligung zeigen, dass die gegenwärtige politische Gemengelage elemente und Semantiken hier erkennbar werden und welche politischen Implikationen
und Gesellschaft ganz anders beschrieben werden kon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten, Berlin/Bos-
paradoxe Konstellationen bereithält, denen gerade nicht mit einfachen Erklärungsmus- muss, Hamburg 2015. damit verbunden sein könnten. ton 2013, S. 282.
tern und simplen politischen Landkarten beizukommen ist.3 Vor diesem Hintergrund gilt 4 Vgl. zu den Identitären die erhellenden Ausfüh-
rungen von Micha Brumlik: »Das alte Denken der
es, gängige historische Narrative zu hinterfragen und auch die NS-Vergangenheit aus
neuen Rechten. Mit Heidegger und Evola gegen die
einem anderen Blickwinkel zu betrachten, erscheinen viele Bilder und Semantiken der offene Gesellschaft«, in: Blätter für deutsche und Volkskörper und Anstrengungsgemeinschaft
NS-Zeit doch plötzlich nicht mehr in einem sicheren historischen Endlager überwundener internationale Politik, März 2016, S. 81–92, hier S. 92. Für eine Annäherung an diese Fragen könnte man verschiedenste Anfänge wählen. Begin-
5 Zit. bei Thomas Assheuer: »Geistiger Staats-
Irrtümer abgelegt. Mit den »Identitären« etwa ist eine Jugendbewegung entstanden, die schutz«, in: Die Zeit, Nr. 20, 4. Mai 2016, S. 42; zum
nen möchte ich mit der Analyse eines Bildes, das gerade für politische Tendenzen der
eine Art Kultur-Apartheid vertritt und dabei rechtes und linkes Gedankengut aufgreift.4 Begriff des Thymotischen vgl. Peter Sloterdijk: Zorn Gegenwart höchst aufschlussreich erscheint, zumal es entfernt auch an gegenwärtige
Auch treten zunehmend rechte Intellektuelle wie der Philosoph und Sloterdijk-Schüler und Zeit. Politisch-psychologischer Versuch, Frank- Malereistile erinnert: Gemeint ist das Bild Wassersport (S. 24) des 1889 in Wien gebore-
furt/M. 2006, S. 22 ff.
Marc de Jongen auf die Bühne. Dieser vertritt offen einen Antiliberalismus mit völki- 6 Eine solche Argumentation, NS-Kunst als »Nicht- nen Malers Albert Janesch.9
schem Beigeschmack und raunt, dass gerade Deutschland an einem Mangel an Wut, Zorn Kunst« zu betrachten, findet sich etwa bei Olaf Peters Das Werk des österreichischen Künstlers zeigt mehr als ein Dutzend muskulöse
in seiner Rezension des Katalogs Taking Positions.
und Empörung leide. De Jongen nennt dies eine »thymotische Unterversorgung«5. So ist Ruderer und Kanuten in verschiedenen Wettkampfbooten. Im Vordergrund taucht ein
Figurative Sculpture and the Third Reich/Figürliche
Wut zu einem immer beliebteren politischen Stilmittel geworden und scheint mittlerweile Bildhauerei und das Dritte Reich, Ausst.-Kat. Leeds; hellblonder Athlet gerade sein Paddel tief ins Wasser. Seine Muskeln zeichnen sich auf
– gesteigert bis hin zu unverblümtem Hass gegenüber Andersdenkenden – salonfähig; Berlin, Bremen 2001, in: Kunstchronik, 55, 2002, S. 291. dem nackten Oberköper wie scharf hervortretende Inseln ab und markieren so höchste
Vgl. Klaus Staeck u. a.: »Keine Nazi-Kunst in unsere
hierfür stehen Politiker wie Donald Trump, Marine Le Pen und der rechte Flügel der AfD Kraftanstrengung. Sein Mund steht offen, als würde er schwer atmen und im Modus hoch-
Museen«, in: Ders. (Hrsg.): Nazi-Kunst ins Museum?
in Deutschland. Göttingen 1988, S. 19 und Sonja Weishaupt: »Nazi- gradigster Verausgabung und Körperspannung das Holz durch das Wasser ziehen (Abb. 1).
Für die Kulturarbeit im 21. Jahrhundert bedeutet das, dass viele Gremien jetzt mit Kunst ins Museum? Zum Umgang mit NS-Künstlern in In den dahinterliegenden Booten vollziehen Männer fast lehrbuchartig unterschiedliche
deutschen Ausstellungen«, in: Falk Blask und Thomas
parlamentarischen Vertretern besetzt werden, die das vielstimmige pluralistische Kultur- Friedrich (Hrsg.): Menschenbild und Volksgesicht.
Phasen der Ruderbewegung. Im vorderen Boot beugen sich die Athleten gerade mit
verständnis der Verhandlungsdemokratie nicht teilen. Sah es vor einigen Jahren noch so Positionen zur Porträtfotografie im Nationalsozialis- durchgestreckten Armen nach vorne, im Boot dahinter ziehen sie das Ruder an den
aus, als ob die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit langsam an Relevanz ver- mus, Münster 2005, S. 32–33 und Martin Warnke: zurückgelehnten Oberköper heran.
»Bittere Felder«, in: Kritische Berichte, Jg. 18, H. 3, 1990,
löre und als sei diese Thematik nur noch etwas für Schulcurricula und spezialisierte Histo- S. 77. Alle Männer tragen enganliegende weiße Badehosen und weisen einen auffallend
rikerkreise, so haben sich diese Verhältnisse nun geändert. Mit Blick auf den neuen 7 Vgl. hierzu Berthold Hinz: Die Malerei im deut- ähnlichen Haarschnitt auf. Auch gleichen sie sich in Körperbau und Physiognomie, fast so
schen Faschismus. Kunst und Konterrevolution, Mün-
»thymotischen« Stil gilt es deshalb genauer zu verstehen, wo rechtes Denken beginnt völ- als wären sie enge Verwandte. Selbst ihr Gesichtsausdruck unterscheidet sich kaum. Die-
chen 1974, S. 7. Saul Friedländer: Kitsch und Tod. Der
kisch und rassistisch zu werden. Wodurch zeichnet sich ein diskriminierendes Kunst- und Widerschein des Nazismus, München 1986 und NGBK ses uniforme Moment wird durch die Komposition des Bildes noch gesteigert. Die schma-
Kulturverständnis aus? Gibt es Grundformen, Ikonografien und Semantiken einer faschis- (Hrsg.): Erbeutete Sinne. Nachträge zur Berliner Aus- len Boote sind beinahe ganz parallel zum Bildrand und in fast gleichen Abständen
stellung »Inszenierung der Macht. Ästhetische Faszi-
tischen Ästhetik? Gibt es Bilder, die für liberale Demokratien womöglich eine ernsthafte horizontal ins Bild gesetzt, sodass sich eine regelmäßige Streifenstruktur ergibt.
nation im Faschismus«, Berlin 1988.
Gefahr darstellen? 8 Berthold Hinz: »Malerei des deutschen Faschis- Das Bild ist mit schnellen Pinselstrichen gemalt. Wie bei einer Comiczeichnung oder
Wie mit NS-Kunst umzugehen ist, ob und wie man sie zeigt, ob sie ins Kunstmuseum mus«, in: Georg Bussmann (Hrsg.): Kunst im Dritten einer Buchillustration sind die Körper und Muskelpartien durch braune Konturlinien
Reich. Dokumente der Unterwerfung, Frankfurt/M.
gehört oder als »Nicht-Kunst«6 zu gelten hat, all diese Fragen sind keineswegs neu. Sie 1980, S. 261–279, S. 261.
umrissen. Die insgesamt zurückhaltend ausgearbeitete Plastizität wird durch Schraffuren
wurden bereits in den 1970er und 1980er Jahren sowie im Umfeld des Historikerstreits
intensiv diskutiert.7 Damals schlugen Viele vor, sie als Unkultur, Kitsch, Propaganda zu
betrachten und besser in Archiven zu lagern. Doch rufen der erneute Rückgriff auf das
sogenannte »Deutsche« und gerade auch das unverkennbare Wiederaufleben eines sub-
stantialistischen Kulturbegriffs diese Themen eben aus einer anderen Perspektive wieder
auf den Plan. Deshalb ist es an der Zeit, diese Bilder aus dem Giftschrank zu holen, um sie
mentalitätsgeschichtlich erneut auszuleuchten und ihre ästhetischen Prinzipien zu analy-
sieren. Dabei gilt es zu eruieren, wie sich in der NS-Kunst der inbrünstige Glaube an alles
Deutsche artikuliert und zu fragen, ob sich hier überhaupt eine klare Vorstellung des
Deutschen manifestiert oder ob das stärkste Moment der Identifizierung die Diskriminie-
rung und »publikumswirksam inszenierte Liquidierung« der modernen Avantgardekunst
ist.8 1

Die Ausstellung »Artige Kunst« setzt sich mit der merkwürdigen Melange aus finste- Albert Janesch, Wassersport,
Detail, vor 1936, Öl auf Leinwand,
rem Heroismus, biederer Idylle, raunender Krypto-Religiosität und der Verherrlichung 153 x 208 cm, Deutsches
von Arbeit, Sport und Kampf auseinander, die den Bildern aus Adolf Hitlers Hitliste – den Historisches Museum, Berlin

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Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

und kontrastierende Weißhöhungen erzeugt. Dabei wirken die Körperhaltungen stark 10 Peter Sloterdijk: Sphären III, Frankfurt/M. 2004, Man darf sich diesen Kauf jedoch nicht als allzu exklusives Ereignis vorstellen, denn von 12 Vgl. Ines Schlenker: »Die ›Großen Deutschen
S. 412 f. Kunstausstellungen‹«, in: Hans-Jörg Czech und
geometrisiert. Die entindividualisierten Figuren und Bewegungsabläufe folgen einer den insgesamt rund 11.000 Werken, die zwischen 1937 und 1944 im Haus der Kunst in Mün-
11 Georg Simmel: Die Großstädte und das Geistes- Nikola Doll (Hrsg.): Kunst und Propaganda im Streit
gleichgeschalteten Choreographie. Überall bilden sich Dreiecke und parallele Linien aus. leben (1903), Frankfurt/M. 2006 chen gezeigt wurden, kaufte Hitler immerhin 1314 – also mehr als jedes zehnte – für seine der Nationen, Ausst.-Kat. Deutsches Historisches
Nichts wirkt organisch. Vorne rechts kreuzen sich Paddel und Ruder im rechten Winkel. Sammlung. Damit war er der mit Abstand wichtigste Kunstkäufer dieser Ausstellungen.12 Museum, Dresden 2007, S. 258–267, hier S. 260 und
die Online-Bilddatenbank zur Erforschung und Doku-
Offenbar sollen die Männer gerade nicht als lebendige Einzelwesen plausibel werden. Dass Janesch bereits im Ersten Weltkrieg als Kriegsmaler an der Front im Einsatz
mentation der Großen Deutschen Kunstausstellung,
Vielmehr werden die verschiedenen gestählten Männerkörper gleichsam zu einem seriell war und auch im Zweiten Weltkrieg in Frankreich, Russland und Griechenland als Maler http://www.gdk-research.de/db/apsisa.dll/ete.
multiplizierten Körper. an der Front diente, sagt einiges über sein Selbstverständnis. Janesch war Student des 13 Partsch 2013 (wie Anm. 9), S. 282.
14 Für Soldaten galt »die Subordination der produkti-
Auch die Wasseroberfläche ist in einfachen seriellen Linien oder Wellen gezeichnet. Historien- und Schlachtenmalers Siegmund L’Allemand13, übersetzt aber dessen Tradition ven Kräfte unter das Prinzip des Krieges« als charak-
So entsteht kaum räumliche Tiefe und die Figuren bleiben der Fläche verhaftet. Die pas- der Historienmalerei in das Formenrepertoire eines Illustrators, der die massenmediale teristisch. Klaus Wolbert: »Programmatische Malerei«,
tellige Farbigkeit und das Weiß der Leinwandgrundierung mit der stumpfen Materialität Reproduktionsfähigkeit im Auge hat. So erzählt er die Schlachten des 20. Jahrhunderts in: Bussmann 1980 (wie Anm. 8), S. 280–309, hier
S. 299.
der Temperafarbe tragen dazu bei, dass Janeschs Bild wie eine Plakatmalerei anmutet. nicht als heldenhafte, individuelle Einzeltaten, sondern als Sieg der Anstrengungsgemein- 15 Vgl. hierzu die Online-Dokumentation der GDK
Damit wird an populäre Kunstformen angeknüpft, die auf eine bestimmte Form öffent- schaft. Janeschs entindividualisierte Heroik ist unübersehbar verbunden mit einer Bild- (wie Anm. 12) und Hinz 1974 (wie Anm. 7), S. 44.
16 Vgl. Dieter Bartetzko u. a.: »Die Darstellung des
licher Repräsentation und Verbreitung ausgerichtet sind. Entsprechend scheint die sprache der Werbeästhetik und verbildlicht so auch deren Idee eines Kollektivkörpers
Bauern«, in: Bussmann 1980 (wie Anm. 8), S. 310–346,
153 x 208 cm große Leinwand denn auch keinen intimen Blick zu adressieren, sondern mit gleichgeschalteten Bedürfnissen und Empfindungen. hier S. 310; sowie Wolfgang Ruppert: »Bildende Kunst
eine öffentliche Form der Betrachtung. Die Hoffnungen und Ideale eines solchen Selbstverständnisses knüpfen an das Kon- im NS-Staat«, in: Wolfgang Benz u. a. (Hrsg.): Kunst im
NS-Staat. Ideologie – Ästhetik – Protagonisten, Berlin
Die Synchronizität und Mechanik der stark schematisierten Athletenkörper verbild- zept einer substantialistisch und uniform gedachten, kompetitiv ausgerichteten Gemein-
2015, S. 29–47, hier S. 43 und die Online-Dokumenta-
licht wohl das, was Peter Sloterdjik als Ergotop10 bezeichnet hat – jene Wettbewerbs- und schaft an. Dabei wird der für den medialen Auftritt geformte Kollektivkörper als unhinter- tion der GDK (wie Anm. 12).
Anstrengungsgemeinschaft, die ihre Zusammengehörigkeit vor allem aus der kollektiven gehbare Wahrheit vorgestellt. Die – immer schon als Bild für die anderen gedachte –
Verausgabung bezieht, aus dem unhinterfragten Zusteuern auf ein gemeinsames Ziel. Die kollektive Verausgabung gilt als das Gesunde, Heile und Richtige. Individualität, ein kom-
Intensität der kollektiven Anstrengung sorgt im Ergotop dafür, individuelle Befindlich- plexes Innenleben und Reflexivität sind dabei nicht vorgesehen. Der Ergotop folgt dem
keiten und Bedürfnisse auszublenden. Hieraus ergibt sich die Stabilität dieser Gemein- Phantasma des unbedingten Aufopferungswillens. Seine Sprache ist der subordinierende
schaft. Imperativ, sich zum Bild eines kollektiven Selbst zu formen. Reflexion, Melancholie und
Die hier dargestellte Verknüpfung von uniformer Ganzheit und Serialität mit der Entfremdungsgefühle würden dieses Kollektiv nur stören. Janeschs Bild der Wettkampf-
vollkommen unhinterfragten heroischen Verausgabung für ein als »heil« idealisiertes Kol- boote mit ihrer geklonten, gestählten und sich selbst verausgabenden Besatzung artiku-
lektiv ist ein für das nationalsozialistische Selbstverständnis charakteristischer Aspekt. liert genau dieses Phantasma. Diese Kollektiv-Kämpfer gelten, ähnlich wie Soldaten, als
Und dieses Selbstverständnis wird erst dann begreiflich, wenn man es als Gegenbild zu wahre Repräsentanten dessen, was als »Volk« verstanden wird. Für den NS-Staat waren
jenem entfremdeten, brüchigen, höchst sensibilisierten, dünnhäutigen Individuum der sie die wünschenswerten »Primärmenschen«, weil sie ihre gesamte Existenz nach dem
Moderne in den Blick nimmt, das Georg Simmel in seinem Aufsatz »Die Großstädte und Bild des kompetitiv-exkludierenden deutschen »Wir« ausrichteten.14
das Geistesleben« als Existenzform des beginnenden 20. Jahrhunderts beschrieb.11
Janesch hingegen interessierte sich – schon von seinen Bildgegenständen her –
gerade nicht für die feinnervige psychisch ausdifferenzierte Einzelexistenz, die in der Regression und Idylle
Kunst und Literatur der Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf vielfältigste Es ist bemerkenswert, dass die Darstellung von Soldaten und Krieg in der NS-Kunst nur eine
Weise ausgeleuchtet wurde. Er schließt an ganz andere Traditionen an. Der Malduktus verhältnismäßig untergeordnete Rolle spielte. Das Gros der Bilder, die in den sogenannten
dieses Bildes erinnert etwa an Ferdinand Hodlers stilisierte, sich heroisch aufbäumende Großen Deutschen Kunstaustellungen im Haus der Kunst in München seit 1937 gezeigt wur-
Figur des Holzfällers von 1910 (Abb. 2). Ähnlich ist dabei auch der Einsatz von Umrisslinien den, waren Landschaftsdarstellungen und Porträts beziehungsweise traditionelle Genre-
und weißem Grund. darstellungen.15 Beinahe ein Viertel der dort vertretenen Werke spiegelten ein bäuerliches
Eine entfernte Verwandtschaft besteht aber auch zu den für den Wiener Jugendstil Milieu wieder. Gemessen daran, dass die in der Landwirtschaft beschäftigte Bevölkerung
so typischen flächigen Ornamentalisierungstendenzen und den dort ebenfalls zu finden- im stark industrialisierten Deutschland nur wenig mehr als 10 Prozent der Gesellschaft
den schematischen Körperhaltungen. Doch greift Janesch nichts von dessen dekorativ- ausmachte, handelte es sich um eine klare Überrepräsentation des Landlebens.16
vornehmer Eleganz auf. Vielmehr paart er das Ornamentale mit einem schnellen Während Janeschs Bild Wassersport in Formensprache, Farbklang und Bildgegen-
mechanisierten Duktus, wie man ihn aus Comics, Buchillustration und Werbemalerei der stand offensichtlich noch in gewisse formale, alltagsästhetische und künstlerische Ent-
1930er Jahre kennt. 2 wicklungen der Moderne eingebunden scheint, gilt dies für einen Großteil der NS-Kunst
Der Maler Albert Janesch malte das Bild im Kontext der Olympischen Spiele 1936. Ferdinand Hodler (1853–1918), nicht. Mit Blick auf Rudolf Ottos Bild Bauernfamilie (S. 31) etwa oder Paul Junghanns’ Bild
Der Holzfäller, 1910,
Ein Jahr später reichte er es in die erste Große Deutsche Kunstausstellung im neu eröff- Öl auf Leinwand, 130 x 101 cm, Pflügen (S. 37) kann man nur eine Regressivität feststellen, und zwar sowohl in formaler
neten Haus der Kunst in München ein. Dort kaufte es Hitler für seine private Sammlung. Musée d’Orsay, Paris Hinsicht wie auch den Gegenstand betreffend.

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Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

Gerade solche Bilder aber spielten eine ganz entscheidende Rolle für die Ausrich- 17 Roswitha Mattausch und Brigitte Wiederspahn:
»Das Bauprogramm der Deutschen Arbeitsfront – die
tung der NS-Kunst. Und auffällig ist dabei, dass sie eben gerade nicht das moderne, indus-
Umwelt der Arbeiter«, in: Bussmann 1980 (wie Anm.
trialisierte Deutschland zeigen, sondern eine vorindustrielle Agrargesellschaft. Während 8), S. 183–216, hier S. 195.
die Industrialisierung der Landwirtschaft etwa mit Dreschmaschinen und Elektrifizierung 18 Hinz 1974 (wie Anm. 7), S. 21.
19 Hinz 1980 (wie Anm. 8), S. 266.
der Wohnräume längst weit verbreitet war, sitzt Rudolf Ottos zwölfköpfige Bauernfamilie
20 Hinz 1974 (wie Anm. 7), S. 126.
in einem Raum mit Möbeln und Gerätschaften, die noch aus dem vorherigen Jahrhundert 21 Vgl. Jan-Werner Müller: »Schatten der Repräsen-
zu stammen scheinen. Der Tonkrug im Vordergrund etwa mit dem danebenliegenden tation: Der Aufstieg des Populismus«, in: Blätter für
deutsche und internationale Politik, 4, 2016, S. 63–74
roten Tuch könnte fast aus einem Barockgemälde stammen. Doch entsprachen genau sol- und Gustav Seibt: »Sprengstoff. Die AfD beruft sich
che Gegenstände einer historisierenden Ästhetik, die man etwa auch im »neuen« NS- unentwegt auf Volk und Volkswillen. Ihr weltanschau-
Design wiederfindet. So wurde für das Amt für »Schönheit der Arbeit« 1938 ein ganz licher Kern ist ein radikaler Antiliberalismus«, in: Süd-
deutsche Zeitung, Nr. 103, 4./5. Mai 2016, S. 11.
ähnlicher Krug als Kantinengeschirr entworfen. (Abb. 3)17 22 Friedländer 1986 (wie Anm. 7), S. 14.
Auch die Helldunkel-Effekte in Ottos Bauerfamilie sind ästhetische Anleihen bei his-
torischen Gemälden. Diese gleichsam auratische Erleuchtung der Familie ist beinahe ein
Klassiker in spätbarocken und historistischen Kirchengemälden. Verstärkt wird diese Histo-
risierung noch durch den braunen Farbklang. Allein die Frisur des offenbar ältesten Soh-
nes, der rechts neben dem Vater sitzt, gibt einen klaren Hinweis auf die zeitgeschichtliche
Situierung des Bildes, entspricht sein Haarschnitt doch ganz unverkennbar – sieht man ein-
mal vom zweifelhaften Revival dieser Frisur im 21. Jahrhundert ab – der Mode der dreißiger
und vierziger Jahre. Es ist dies ein auf vielen Bildern irritierender Effekt, dass ein Großteil
der Bildgegenstände und auch die formale Bildsprache eher der akademischen Genre-
malerei des 17. bis 19. Jahrhunderts und ihrer Motivwelt entspricht, während nur vereinzelt
Kleidungsstücke oder Frisuren auf den tatsächlichen Entstehungszeitraum verweisen.
Der Imperativ, die sogenannte Volksseele als zeitlos und ehern darzustellen, führte
zu der Merkwürdigkeit, dass ein Großteil der vom NS-Staat geförderten Malerei gleich-
sam Historienbilder der eigenen Gegenwart sind. Sie sollten die »ewigen Substanzen«18
des Deutschen ins Bild setzen, aber zugleich auch durchscheinen lassen, dass die abgebil-
deten Menschen die »neuen« Menschen der Gegenwart sind. »Die Bildinhalte selber las-
sen ein jedes positives Verhältnis zur gegenwärtigen Wirklichkeit vermissen«,19 schreibt
der Kunsthistoriker Berthold Hinz. Und doch wäre es verfehlt das Unzeitgemäß-Regres-
sive als die eigentliche Absicht zu betrachten; ging es doch darum, eine idealisierte deut-
sche Alltagsgegenwart heraufzubeschwören, die so erscheinen sollte, als ob sie immer
schon dagewesen wäre und genau deshalb gut und heil ist. Diese Nostalgie und »Krypto-
Kontinuität«20 ist im Übrigen ein Stilmittel, das auch die gegenwärtigen »Neuen Rechten«
nutzen. Gleiches gilt für den Rekurs auf das sogenannte einfache ehrliche Kleinbürger-
tum, das sich durch eine Elite betrogen fühlt und deshalb einen Alleinanspruch auf den
Begriff des Volkes erhebt.21 Mit der Beschwörung nostalgischer Gefühle werden Identitä-
ten konstruiert und jene »verborgenen Formen des Imaginären«, wie Saul Friedländer22 es
nannte, angesprochen, in denen das sogenannte »Volk« sich wiedererkennen soll. Im
Modus ganz traditioneller Bildgattungen werden durch ständige Wiederholung und Varia-
tion triviale Ikonen des Völkischen geschaffen. Dabei sind es gerade die in den ästheti-
Rudolf Otto (1887–1962)
schen Untergrund des Trivialen abgesunkenen Bildformen, die dazu taugen, sie als etwas Bauernfamilie, vor 1944
kollektiv Unbewusstes auszugeben. Insbesondere die tradierte Genre- und Landschafts- Öl auf Leinwand, 171 x 249 cm
malerei dient deshalb als imaginäre Folie einer heilen ungebrochenen Identitätsprojek- Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin
Inv.-Nr. L 98/417
tion. Ihr wird eine Quasi-Religiösität eingeschrieben: Der pflügende Bauer auf dem Acker GDK 1944, Ankauf durch Herbert Backe,
wird zum Glaubensbekenntnis an das einfache Leben. Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft

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Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

Im Hintergrund sieht man eine weite Ebene mit Windmühlen, rechts eine Mauer aus 26 Vgl. Bloth 1994 (wie Anm. 25), S. 43 und Ruppert
2015 (wie Anm. 16), S. 44.
roten Ziegeln und Fachwerk. Diese Hinweise reichen aus, um die Szene sofort in Nord-
27 Vgl. Hans-Ernst Mittig: »Offene Kapitel beim
deutschland lokalisieren zu können. Vor der Großmutter rechts steht eine Tasse, die das Umgang mit NS-Kunst in Museum, Ausstellung und
traditionelle Meissner Strohblumenmuster trägt; daneben liegt ihre Lesebrille. Offenbar Forschung«, in: RIHA Journal, 2014, http://www.riha-
journal.org/articles/2014/2014-oct-dec/mittig-offene-
ist die Großmutter gerade dabei Strümpfe zu stricken und blickt herüber zum Bauern, der
kapitel.
aufgrund der offensichtlichen Ähnlichkeit der Augen-, Nasen und Mundpartie ihr Sohn zu 28 Per Leo: Flut und Boden. Roman einer Familie,
sein scheint. Er überragt die Familie und ist so gleich als ihr Oberhaupt kenntlich. Eltern Reinbek bei Hamburg 2015, S. 257.
29 An dem Wettbewerb nahmen 20 Künstler teil.
und Kinder tragen Sonntagsstaat. Der Vater hat eine Krawatte an, eines der Mädchen Wissel erhielt einen Anerkennungspreis (vgl. Bloth
eine auffällige weiße Festtagsbluse. Auf dem Tisch liegen Buntstifte und Spielzeug für die 1994 (wie Anm. 25), S. 87).
Kinder. 30 Friedländer 1986 (wie Anm. 7), S. 115.
31 Klee 2009 (wie Anm. 25), S. 605.
Wissels Malstil zeigt sich deutlich inspiriert von der Tradition der neuen Sachlich- 32 Vgl. Mittig 2014 (wie Anm. 27).
keit.26 Alles ist gleichmäßig ausgeleuchtet, die Dinge sind scharf umrissen und werfen 33 Kerstin Verbeek: »Bauernfamilie«, in: Czech/Doll
2007 (wie Anm. 12), S. 316.
keine Schatten. Sie stehen als ganze in geradezu greifbarer Nähe vor Augen und tauchen
34 Zu einem anderen Werk von Heymann vgl. Nikola
3 4 nicht in Licht und Dunkel ein. Die Personen sitzen so aufrecht am Tisch, als müsse die Doll: »Sonniges Leben«, in: ebd., S. 320.
Kantinengeschirr, Amt für Schönheit der Arbeit, 1938 Adolf Wissel (1894–1973), Kalenberger Bauernfamilie, 1939,
Öl auf Leinwand, 150 x 200 cm, Deutsches Historisches Museum, Berlin Familie einer orthogonalen Ordnung entsprechen. Auch die Blickbeziehungen bilden ein
geometrisches Gefüge. Die Großmutter und ihr Sohn sehen einander stumm und verson-
nen an. Der Junge mit dem Spielzeugpferdchen blickt starr und frontal aus dem Bild
Da im NS-Staat viele Bemühungen erkennbar sind, ein raunendes Bekenntnis zum 23 Vgl. Peter Steinbach: »Der Nationalsozialismus als heraus. Das Mädchen im Vordergrund schaut schmollmundig versunken und gelangweilt
politische Religion. Inszenierung, Instrumentalisie-
Deutsch-Sein an die Stelle des Bekenntnisses zum Christentum zu setzen, kann man den vor sich hin. Insgesamt wird die Familie in einem seltsam trägen, schweigsamen Beisam-
rung, Funktion«, in: Hans Ulrich Thamer und Simone
Nationalsozialismus denn auch als »politische Religion« bezeichnen.23 Ein jüdischer Mann Erpel (Hrsg.): Hitler und die Deutschen. Volksgemein- mensein gezeigt. Dabei liegt in den Blicken keine psychische Tiefe, sondern eine gleicher-
aus Nazareth durfte im inner circle dieser Ideologie, die nur das Deutsch-Sein für wahr schaft und Verbrechen, Dresden 2010, S. 112–120. maßen öde wie bedrückende Prüderie.27 So wird hier ein merkwürdiger existentieller
24 Entsprechend erfreuten sich Religionsgemein-
hielt, daher letztlich keine Rolle spielen.24 »Ernst als Lebensgefühl«28 erfahrbar, der mit einer kaum zu übersehenden Freudlosigkeit
schaften wie die Unitarier immer größerer Beliebt-
Diese Krypto-Religiosität lässt sich auch in Rudolf Ottos Bauernfamilie nachvoll- heit. und Gleichgültigkeit einhergeht.
ziehen. Nicht von ungefähr sitzen hier zwölf Personen um den Tisch. An die Stelle der 25 Vgl. Ingeborg Bloth: Adolf Wissel. Malerei und Wissels ländlich-bürgerliches Familienidyll, das als Einreichung für einen eingelade-
Kunstpolitik im Nationalsozialismus, Berlin 1994,
christlichen Abendmahlsgemeinschaft (12 + 1) ist die Bauernfamilie mit einer die Szene S. 25 ff. und Ernst Klee: Kulturlexikon zum Dritten
nen Wettbewerb zum Familienbild der Reichskammer für Bildende Kunst entstand,29 ist
überragenden Vaterfigur getreten. Wie von einem kollektiven Heiligenschein erleuchtet Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt/M. nicht religiös aufgeladen und wirkt auch weniger volkstümlich als Ottos Bauernfamilie.
sitzt die Familie um die dampfenden Töpfe. Im Hintergrund strahlt durch das Fenster ein 2009, S. 605. Was in der Kalenberger Bauernfamilie hingegen spürbar wird, ist der Imperativ einer peni-
Alpenpanorama. So wird die Landschaft direkt ins Bild geholt und das Geschehen sofort blen, rigorosen, frigiden moralischen Ordnung, in der alles fast zwanghaft seinen Platz
geografisch verortet. Im Wiederschein des Lichtes an der Wand erkennt man zudem, dass hat. Und dieser Imperativ erlaubt weder Heiterkeit noch Unabhängigkeit noch Verände-
die Familie in einem traditionellen Holzhaus lebt. rung. Er erlaubt nur, das ohnehin Vorbestimmte zu tun und unterstellt »eine geheime Ord-
Eltern und Kinder sitzen eng zusammengerückt auf einer einfachen Bank um einen nung der Dinge«30, in der alles schon entschieden ist.
quadratischen Holztisch herum. Nicht für jedes Familienmitglied steht ein Teller zur Ver- Wissels Bild wurde oft als NS-Ikone angesehen. Auch Wissel zählte zu den »Gott-
fügung. Die Atmosphäre ist ganz durch das warme Licht bestimmt. Keiner scheint zu spre- begnadeten«.31 Der Kunsthistoriker Hans-Ernst Mittig hat jedoch zu Recht darauf auf-
chen. Vater und Mutter wenden sich der Verteilung des Essens zu. Während die Mutter merksam gemacht, dass es problematisch ist, dieses Bild als schlichte Ikone national-
das Jüngste füttert, scheint der Vater das Essen nachzufüllen. Die Gesichter der Kinder sozialistischer Gesinnung zu betrachten; wird hier doch keineswegs der Bauernstand
sehen aus wie alte Bekannte aus Barockgemälden. Die ganze Szene wirkt ausgesprochen heroisiert. Was stattdessen – ob unfreiwillig oder absichtlich – gezeigt wird, ist eine
andächtig. Es liegt eine genügsame Zufriedenheit in den Blicken. Hier werden Menschen erstarrte Tischgesellschaft.32
gezeigt, die stumm und klaglos ihr Tagewerk verrichten. Die große Kinderschar verweist Dagegen setzt Ottos Bergbauernbild eine archetypische quasireligiöse, mythische
dabei zudem implizit auf die nationalsozialistische Familienpolitik. Ordnung ins Bild. Die Familie, die im Nationalsozialismus als Nukleus der Einübung kollek-
Vergleicht man dieses Bild mit einem der bekanntesten Familienporträts der NS- tiver Lebensformen verstanden wurde und dabei als »Keimzelle der ›Volksgemeinschaft‹
Zeit des 1894 im niedersächsischen Velber geborenen Malers Adolf Wissel,25 so wird und Garant sittlicher Ordnung galt«,33 wird im Porträt der ärmlichen Bergbauern auratisch
schnell deutlich, wie traditionalistisch Malstil und Genre bei Otto geraten sind und überhöht.
wie ländlich, einfach und regressiv Ottos Bauernidyll wirkt. Adolf Wissel gibt in seinem Ähnliches lässt sich in Richard Heymanns Des Volkes Lebensquell (S. 75) beobach-
Porträt der Kalenberger Bauernfamilie (Abb. 4) denn auch ein bürgerlich-ländliches ten. Das in sehr dunklen Farben gehaltene Bild des 1900 geborenen Heymann34 zeigt eine
Milieu wieder. Mutter mit drei Kindern. Sie hält einen nackten Säugling auf dem Schoß und ist von

32 33
Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

schlaglichtartigen Sonnenstrahlen erleuchtet. Diese lassen sie optisch ganz in den Vorder- 35 Ebd.
36 Ebd.
grund treten; und dies obwohl der Junge vor ihr im Bild steht. Aus dem Hintergrund
37 Friedländer 1986 (wie Anm. 7), S. 19.
drängt sich – beinahe ganz im Dunkel stehend – ein kleines Mädchen dazwischen, das dem 38 Ebd., S. 43.
Jungen einen kleinen Ball herreicht. Dass der Junge ein Spielzeugflugzeug in Händen hält, 39 Ebd.
40 Ebd., S. 118.
erinnert auf eigentümliche Weise an den Krieg. Im Dunkel des Hintergrundes kann man
41 Ebd., S. 33.
eine suburbane Architekturkulisse mit hochaufragenden Schornsteinen erkennen. Welchen 42 Leo 2015 (wie Anm. 28), S. 265.
Bezug die Mutter zu diesem Hintergrund hat, wird nicht deutlich. Ist sie womöglich Arbei-
terin in einer Fabrik?
Zuallererst aber wirkt die Mutter mit ihrem hellblaugrauen Kopftuch und dem Kind
auf dem Arm wie eine Maria-Kind-Gruppe. Wie in anderen Bildern Heymanns erkennt
man hier deutlich die »Anlehnung an den kanonisierten Bildtypus der Madonna mit Jesus
und Johannesknaben«.35 Es klingen also unmissverständlich »übergeordnete Naturge-
setze« des Mütterlichen an.36 Dieser Eindruck wird begünstigt durch die dramatische
Beleuchtung und die Dreiecksform, die die Gruppe ausbildet und dadurch, dass der
Säugling mit seinem aktional gedrehten Körper und seinem eindringlichen Blick wie die
Hauptfigur erscheint. Der Junge mit seinem Flugzeug und die Gebäude im Hintergrund
verlagern die religiöse Ikonografie jedoch in die Gegenwart der NS-Zeit.
Die von Malern wie Raphael entlehnte Dreieckskomposition und das der späten
Barockmalerei abgeschaute Helldunkel führen hier, ähnlich wie bei Ottos Bergbauern, zu
einer mythischen Aufladung der Szene. Christliche Ikonografien und Jahrhunderte alte
Malstile werden angeeignet, um der Gegenwart imaginäre Bedeutungen einzuschreiben.
Die dunklen Wolken am Himmel und die scheinwerferartigen Sonnenstrahlen verlei-
hen der Szene der unbedarften Mutter-Kind-Gruppe zugleich aber auch etwas Unheilvol-
les. Es ist eben doch keine verheißungsvolle christliche Heilsgeschichte, sondern eine
Pseudo-Religiosität. Die einfachen »Harmonien, die der Kleinbürger liebt«, sind mit finste-
ren Stimmungen aufgeladen, und so wird eine unterstellte »allgemeine Gefühlswelt« der
einfachen Menschen, wie es Saul Friedländer formulierte, mit einer mythischen Rhetorik
durchwirkt.37 Diese Rhetorik weist jedoch immer nur ins bedeutungsschwangere Unge-
fähre und eröffnet keinen wirklich sinnhaften Horizont.
Bilder wie dieses zeigen »eine heruntergekommene Form des Mythos«, argumen-
tiert Saul Friedländer.38 Gleichwohl aber beziehen sie – wie jeder Kitsch – aus der verblie-
benen Mythensubstanz einen Teil ihrer »emotionalen Durchschlagskraft«.39
Die doppelte Paradoxie dieser Welt besteht darin, dass zum einen »die ruhige Kraft
moralischer Werte beschworen« wird und dabei »das flackernde Licht der Vernichtungs-
feuer« aufleuchtet40 und dass zum anderen die nazistische Zukunftsgesellschaft immer
nur ein Abglanz des Vergangenen bleibt.41 »Größtes wird angedeutet, Vages beschworen
– und dann mit aller Schärfe geboten. Was dabei entsteht, ist eine irrlichternde Abfolge
von Imperativen, ein Dauerappell zu idealischer Gesinnung, der sich wie eine bis aufs
Knochengerüst ausgezehrte Parodie der protestantischen Gewissensanrufung liest«,
beschreibt der Historiker Per Leo diese Haltung in seinem Roman Flut und Boden.42
In der Glorifizierung der Bauernschaft zeigt sich unmissverständlich ein regressiv- Bernd Templin (Düsseldorf 1894–1974 Düsseldorf)
beharrendes Geschichtsverständnis. In einer stark industrialisierten Gesellschaft werden August-Bierwes-Hütte der Firma Mannesmann
die Bauern nicht nur zum tragenden Fundament der Gesellschaft stilisiert, sondern als in Huckingen, (vor) 1939
Öl auf Leinwand, 100 x 120 cm
solche auch quasi-religiös auratisiert. Der pflügende Bauer auf seiner Scholle wird zum Deutsches Historisches Museum, Berlin, Gm 98/583
Sinnbild für diese heil und naturhaft vorgestellte deutsche Lebensform. GDK 1939, Ankauf durch Adolf Hitler

34 35
Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

Nur selten einmal wird die landwirtschaftliche Arbeit in Zusammenhang gebracht 43 Vgl. http://kunsthandel-koskull.de/kunst-1900-1945/
bernhard-templin/.
mit der Industriegesellschaft. Eines der eher seltenen Beispiele hierfür ist das Bild
44 Vgl. http://www.gdk-research.de unter dem Stich-
August-Bierwes-Hütte der Firma Mannesmann in Huckingen (S. 35) des 1894 in Düsseldorf wort »Templin«.
geborenen Malers Bernd Templin,43 das 1939 auf der Großen Deutschen Kunstausstellung 45 Vgl. Renate Treydel: »Junghanns, Julius Paul«, in:
Beyer u. a. 2013 (wie Anm. 9), S. 512–513 und Klee 2009
gezeigt wurde.44 Auf dem mit 100 x 120 cm vergleichsweise kleinen Gemälde sind ein
(wie Anm. 25), S. 261.
Mann und eine Frau beim Abernten eines Roggenfeldes zu sehen. Vor dem Hintergrund 46 Hans-Jörg Czech: »Pflügen«, in: Czech/Doll 2007
des mit NS-Flagge bekrönten qualmenden Hüttenwerks wirkt ihre Tätigkeit vergleichs- (wie Anm. 12), S. 336–337, hier S. 337. Vgl. auch Bar-
tetzko u. a. 1980 (wie Anm. 16), S. 322.
weise beschaulich. Hier stellt wohl eher die Maschine die Produktivkräfte bereit. Das 47 Ebd., S. 321 und S. 324.
Getreidefeld erscheint im Gegensatz dazu wie eine Art Vorgarten.
Eine wirkliche Ikone der NS-Kunst ist dagegen das Werk Pflügen (S. 37) des 1876 in
Wien geborenen Paul Junghanns.45 Es zeigt das NS-archetypische, tausendfach variierte,
einschlägige Motiv der Erdarbeit. Die Monumentalität des 150 x 245 cm großen Bildes
setzt seinen Blickpunkt in starker Untersicht gleichsam auf der Grasnarbe an. Die fleischi-
gen, beinahe bildfüllenden Arbeitspferde wirken so noch monumentaler. Es scheint, als
würde der für die drei kräftigen Tiere vergleichsweise kleine Pflug gleich die glänzende
kräftige Erde direkt vor den Augen des Betrachters aufwerfen, in so starker Nahsicht prä-
sentiert Junghanns hier den Acker. Zwischen dieser Nahsicht und der schier unendlichen
Weite des flachen Landes ist dabei kein Mittelgrund erkennbar. Auch ist bezeichnend,
dass der Bauer anonym bleibt. Sein Gesicht verschwindet im Schatten. Nur seine von hin-
ten angeleuchteten Arme und sein angespannter Nacken zeichnen sich scharf ab und bil-
den eine formale Einheit mit der Gabel des Pfluges. Die Pferde und das Gras über dem
sich leicht aufwölbendem Boden sind im Vergleich zum Bauern sehr viel differenzierter
wiedergegeben. So steht die Kraft der Tätigkeit im Vordergrund und nicht der Mensch,
der sie ausführt. Die nur leicht nach rechts aus der Bildmitte gerückten Pferde drängen
verhalten nach vorne. Der Schimmel in der Mitte kommt fast zum Stehen. Die langen
Schatten der Abendsonne und die brauntonige Farbigkeit tun dabei ihr übriges zur Ver-
langsamung der Zeitlichkeit im Bilde. Entsprechend artikuliert sich die monumentale
Bewegung von links nach rechts als schleppend und extrem behäbig. Durch die schier
unendliche Weite der Landschaft, in der sich erst in großer Ferne ein Karren, einige wei-
dende Tiere und der noch entferntere Kirchturm einer Ortschaft abzeichnen, werden
Mühsal und Behäbigkeit noch einmal gesteigert. Die Vorstellung, dass es alle diese Felder
umzupflügen gilt, macht das Tun zur Sisyphos-Arbeit. In goldenes Licht eingetaucht wird
Pflügen so zur mythischen, niemals endenden Tätigkeit.
Bezeichnenderweise sind es keine Erntebilder, sondern die Bilder des Umbrechens
und Urbarmachens, in denen sich der Mensch gewissermaßen die Erde untertan macht,
die zu Ikonen der NS-Kunst werden. So wird in diesem Motiv nicht die kommende Ernte
verherrlicht, sondern die kraftzehrende Mühsal der Urbarmachung. Sie wird gleichsam
religiös-zeremonieller »Dienst zum Wohle der ›Volksgemeinschaft‹«, wie es Hans-Jörg
Czech treffend formulierte.46 Die bäuerliche Arbeit wird »zum Gottesdienst erhoben«,
»zu höchster sittlicher Verpflichtung«.47 Doch gibt es keinen Gott, an den dieser Gottes-
dienst sich richtet. An Gottes Stelle tritt der Imperativ, deutsch zu sein und sich der
Arbeit und dem Kampf um diese Gemeinschaft zu verpflichten. Paul Junghanns (1876–1958)
Pflügen, 1940
Öl auf Leinwand, 150 x 245 cm
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin
Inv.-Nr. Gm 98/262

36 37
Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

Hitlers Kunstverständnis 48 Vgl. Ruppert 2015 (wie Anm. 16), S. 32 und Hinz »Reichskammer der bildenden Künste« 1933.52 Erst hierdurch konnten Ausschlüsse und 52 Nina Kubowitsch: »Die Reichskammer der Bilden-
1974 (wie Anm. 7), S. 32 ff. den Künste«, in: Benz u. a. 2015 (wie Anm. 16), S. 49–57,
In der Kunstpolitik des NS-Staates steht das regressive Verständnis eines angeblich Berufsverbote im großen Stile ins Werk gesetzt werden. Ein weiterer Schritt war die Eli-
49 Vgl. hierzu Ruppert 2015 (wie Anm. 16), S. 29 ff. hier S. 53.
immer schon vorhandenen, ewigen deutschen Volksgeistes in einem irritierenden Wider- 50 Ebd., S. 30. minierung der Kunstkritik 193653 und schließlich 1944 – als letztes Mittel – das Erstellen 53 Vgl. hierzu den Text von Stephanie Marchal und
spruch zur darwinistisch-evolutionär gedachten Idee vom neuen Menschentyp und dem 51 Adolf Hitler: »Rede bei der Eröffnung der ›Ersten einer Liste der »Gottbegnadeten«, welche Künstler aufführte, die als »unverzichtbar« Andreas Zeising im vorliegenden Band, S. 89–101.
Großen Deutschen Kunstausstellung‹ 1937«, in: Völki- 54 Wolfgang Benz: »Verführung und Hingabe«, in:
kompetitiven Fortschrittsglauben einer Industriegesellschaft im beginnenden 20. Jahr- angesehen wurden und deshalb davor geschützt werden sollten, in den Krieg eingezogen
scher Beobachter, Nr. 200, 19.7.1937, wiederabgedruckt ebd., S. 13–26, hier S. 17.
hundert. Dem industriellen Fortschritt war die NS-Führung mit ihrem Wunderwaffenwahn in: Hinz 1974 (wie Anm. 7), S. 152–170, hier S. 169. zu werden.54 55 Zur Zusammensetzung der Großen Deutschen
und der medialen sowie infrastrukturellen Aufrüstung ja keineswegs abgeneigt. In der Gerade Hitlers Reden wie auch die Ausstellungen und Hitlers maßlose Massenein- Kunstausstellungen vgl. Schlenker 2007 (wie Anm. 12)
sowie die Online-Dokumentation der GDK (wie Anm.
Kunst aber kommen diese Motive kaum vor. Genau diese Paradoxie und die Frage der käufe von Kunstwerken sind wohl am aufschlussreichsten, wenn man verstehen möchte, 12).
Formierung des Deutschen war entsprechend in den Anfängen der NS-Kulturpolitik ein worin die neuen ästhetischen Maßgaben bestanden und in welcher Beziehung die völki- 56 James van Dyke: »Über die Beziehungen zwischen
entscheidender Streitpunkt; etwa auch zwischen der klassizistischen Architektursprache sche Ästhetik zu den neuen Massenmedien und ihrer Diffamierungslogik standen. Kunst, Propaganda und Kitsch in Deutschland 1933 bis
1945«, in: Czech/Doll 2007 (wie Anm. 12), S. 250–257,
eines Albert Speer und der sogenannten »Luftwaffenmoderne« eines Ernst Sagebiel. Ein Der Blick in das Archiv des Deutschen Historischen Museums, in dem ein Großteil hier S. 251.
anderes Beispiel ist Hermann Göring, der noch Anfang der 1930er Jahre für einen nordi- der NS-Kunstkäufe gelagert ist, oder auch das Durchforsten der Listen jener Bilder der 57 Ebd.
58 Hitler 1937 (wie Anm. 51), S. 168.
schen Expressionismus als mögliche Variante deutscher Kunst eintrat und eine Reihe Großen Deutschen Kunstausstellungen in München bestätigt zunächst, dass es in der Bil-
59 Adolf Hitler: »Rede auf der Kulturtagung des
»Nationaler Expressionisten«48 förderte. denden Kunst nicht um direkt offensichtliche politische Propaganda ging. In der Kunst Reichsparteitages in Nürnberg«, in: Völkischer Beob-
Nachdem die Künstler von 1933 an gewissermaßen vier Jahre Schonfrist erhielten, selbst wurde kaum einmal diffamiert. Hierzu dienten andere Medien. Etwa ein Viertel achter, Nr. 255, 12.9.1935, wiederabgedruckt in: Hinz
1974 (wie Anm. 7), S. 139–152, hier S. 142.
um sich auf die neuen »Anforderungen« einzustellen, machte Hitler die Kunstpolitik zur aller ausgestellten Werke waren Landschaftsbilder, ein weiterer großer Teil idyllische
60 Ebd.
Chefsache, riss die Definitionsmacht an sich und legte höchstpersönlich fest, was deut- Gruppenporträts oder allegorische Darstellungen und Tiere, und schließlich waren – etwa 61 Ebd., S. 144.
scher Kunst zuzurechnen war und was nicht. Dies geschah nicht nur, indem seither mas- 1000 der insgesamt 11.000 gezeigten Werke – Architekturdarstellungen.55 Dies legt das
senhaft Künstler aus der Kunstkammer ausgeschlossen wurden, sondern auch, indem Gegenteil eines engen Propagandabegriffs in den Künsten nahe. So resümiert James van
Hitler gemeinsam mit seinem Leibfotograf Heinrich Hoffmann und Goebbels die Jury der Dyke in seinem Aufsatz zum Verhältnis von Kunst, Propaganda und Kitsch in der NS-Zeit:
Großen Deutschen Kunstausstellungen anführte.49 Diese Ausstellung, ebenso wie die Aus- »In den Augen einer nicht geringen Anzahl rechtsgerichteter Intellektueller und Künstler
stellung Entartete Kunst, die als parallele Gegenausstellung zur Eröffnung des Haus der durfte es keine propagandistische Kunst geben.«56 Er schreibt weiter: »So behaupteten
Kunst im Sommer 1937 in München eröffnet wurde, diente dazu, einer breiten Massenöf- Joseph Goebbels und Adolf Hitler doch niemals die Gleichsetzung von Kunst und Propa-
fentlichkeit zu illustrieren, welche Kunst als konform und deutsch galt und welche nicht. ganda. Im Gegenteil: Sie betonten den grundsätzlichen Unterschied.«57
Tatsächlich sahen denn auch über zwei Millionen Menschen die Ausstellung Entartete Ziel nationalsozialistischer Kunstpolitik war denn auch – und das mögen die bereits
Kunst – dreimal so viele wie die erste Große Deutsche Kunstausstellung im Münchener exemplarisch vorgestellten Werke schon erahnen lassen – etwas anderes als die explizite
Haus der Kunst. Viele Besucher kamen, weil sie es als die letzte Gelegenheit erachteten, Propaganda. Die Kunst bezog sich gerade nicht auf das Tagesgeschehen, sondern sollte
die Bilder der modernen Avantgarde überhaupt noch einmal sehen zu können. allgemeinere Prinzipien erlebbar machen. In der Bildenden Kunst, dies zumindest kann
Da die Formierung einer völkisch-nationalen Ästhetik keinem eindeutigen Schema man so auch Adolf Hitlers Reden entnehmen, standen fünf andere Aspekte im Vorder-
folgte, war es auch nicht im Handstreich zu erreichen, die moderne Avantgarde aus dem grund.
deutschen Kulturleben auszuschließen.50 Vielmehr bedurfte dies gründlicher Vorberei- Zuallererst ging es darum, eine homogene und NS-konforme Kunstwelt zu entwer-
tung. Es waren erhebliche Anstrengungen und Gewaltakte vonnöten, um einen NS-kon- fen, die »volksnah« sein sollte und »auf die freudigste und innigste Zustimmung der gesun-
formen Kunstbegriff zu konstruieren. Dass diese Anstrengung unternommen wurde, den, breiten Masse des Volkes rechnen kann«, wie Adolf Hitler es anlässlich der
folgte dabei nicht nur der biografischen Zufälligkeit, dass Hitler gescheiterter Künstler Eröffnung der ersten Großen Deutschen Kunstausstellung 1937 formulierte.58 Es wurde
war. Hier sprach nicht einfach Hitlers privater, schlechter Kunstgeschmack, sondern ein also bewusst auf den kleinbürgerlichen Geschmack rekurriert. Zweitens postulierte Hitler
tiefes Verlangen nach Homogenität. Und diese Homogenität baut auf der Behauptung schon auf der Kulturtagung des Reichparteitags in Nürnberg 1935, dass er es als »Ver-
eines angeblich vorhandenen, feststellbaren einheitlichen Volkswillens und auf einen sub- pflichtung der Kunstpflege« verstehe, sich auf die »Verstärkung des inneren Halts einer
stantialistischen Kulturbegriff auf. Dessen Durchsetzung konnte jedoch nur erfolgen, Nation« zu richten und die »unmittelbarste Wiedergabe des Seelenlebens eines Volkes«
indem Minderheiten jeglicher Art gewaltsam verdrängt wurden. Entsprechend kündigte zu leisten.59 Aufgabe der Künstler sei es deshalb »durch die sichtbare Demonstration der
Hitler denn auch unverhohlen einen »unerbittlichen Säuberungskrieg« an.51 höheren Werte eines Volkes« dessen »moralisches Lebensrecht« zu bezeugen.60 Die
Wie aber dieser unterstellte homogene Volksgeschmack selbst aussehen sollte, dies deutsche Kunst sollte deshalb dazu dienen, »dem Staat des deutschen Volkes den kultu-
zu konstruieren bedurfte einiger Mühen. Hitlers programmatische Reden allein reichten rellen Stempel der germanischen Rasse als einem zeitlos gültigen aufzuprägen.«61 Hitler
nicht. Ein wichtiges Instrument zur Konstitution einer Kunst nach dem Volkswillen waren formulierte es deshalb als Imperativ der Kunst, dass sie eine nationale Identität zu artiku-
affirmativ-postulierende Ausstellungen und Schandausstellungen. Diese wurden bekannt- lieren habe. Dabei versteht es sich aus der Logik eines imaginierten 1000-jährigen Reichs
lich flankiert von der Einführung einer Reihe neuer monumentaler Institutionen, wie der von selbst – und das wäre der dritte Aspekt – dass die Kunst einen »Ewigkeitswert« ver-

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Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

körpern solle.62 Immer wieder ist die Rede von einer »Unvergänglichkeit« der Kunst und 62 Ebd., S. 149. Kampf auf dem Atlantik und das Nachleben der Künstler 73 Hinz 1980 (wie Anm. 8), S. 264.
63 Hitler 1937 (wie Anm. 51), S. 165. 74 Vgl. Max Imdahl: »Pose und Indoktrination. Zu
von einer ewigen Sprache der Kunst.63 Vor dem Hintergrund der hier bislang erfolgten Argumentation zur Konstitution der NS-
64 Ebd., S. 155 und Adolf Hitler: »Rede bei der Eröff- Werken der Plastik und Malerei im Dritten Reich«
Die moderne Vorstellung kunstgeschichtlicher Entwicklungen und der damit ver- nung der ›Zweiten Großen Deutschen Kunstausstel- Kunst lässt sich nun fragen, welche Rolle die Künstler selbst darin eigentlich spielten. Die (1988), in: Ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 3: Refle-
bundene Anspruch auf Neuheit und Individualität war Hitler deshalb überaus suspekt. lung‹ 1938«, in: Die Kunst im Dritten Reich, Jg. 2, H. 8, Bildbetrachtungen konnten zeigen, dass sie aus den verschiedensten Schulen und Stil- xion, Theorie, Methode, Frankfurt/M. 1996, S. 575–
1938, S. 229 ff., wiederabgedruckt in: Hinz 1974 (wie 590.
Entsprechend diffamierte er sie denn auch als Modeerscheinung aufeinanderfolgender richtungen kamen. »Wer hier eine spezifisch faschistische, eklatant besondere Kunst
Anm. 7), S. 170–177, hier S. 171. 75 Vgl. Partsch 2013 (wie Anm. 9), S. 282.
närrischer »Ismen«, als Phrasen einer kunstbeflissenen Elite und der »international-jüdi- 65 Hitler 1937 (wie Anm. 51), S. 152 und 166. erwartet, sieht sich getäuscht« schrieb Bertold Hinz schon 1980.73 Und was die Bemühun- 76 Bloth 1994 (wie Anm. 25), S. 27.
schen Kulturgeschäftemacher«.64 66 Hitler 1935 (wie Anm. 59), S. 150. gen um eine Homogenisierung bewirkten, war denn auch weniger ein einheitlicher Stil als 77 Vgl. Klee 2009 (wie Anm. 25), S. 261.
67 Friedländer 1986 (wie Anm. 7), S. 59. 78 Vgl. Dietmar Eisold: Lexikon: Künstler in der DDR,
Im Verhältnis zum Fortschritt bestand wohl der widersprüchlichste Aspekt dieser 68 Ebd., S. 33.
das Verhindern der Entwicklung von Künstlerpersönlichkeiten. Entwickeln konnten sich Berlin 2010, S. 684.
völkischen und rassistisch-diskriminierenden Kunstpolitik, denn Hitler forderte in seinen 69 Hitler 1935 (wie Anm. 59), S. 146. nicht einmal solche, deren Werke gleichsam zu Ikonen der NS-Kunst wurden. Die einzigen 79 Vgl. Berta Kiefer: Der Maler Michael Mathias
Reden zugleich immer wieder eine »neue und wahre deutsche Kunst«, die »einen neuen 70 Adolf Hitler: »Rede bei der Eröffnung der ›Zweiten Ausnahmen mögen hier die Bildhauer Arno Breker und Josef Thorak sein, die mit ihren Kiefer 1902–1980, Bad Wörishofen 1982.
Deutschen Architektur- und Kunstwerkausstellung‹
Menschentyp« und ein »neues Lebensgefühl« visualisieren sollte.65 Kunst sollte dazu da 1938«, in: Völkischer Beobachter, Nr. 345, 11.12.1938/ kraftstrotzenden entindividualisierten übergroßen Heldenfiguren, welche ekstatisch
sein, »neue Gedanken auszudrücken«.66 Auf der anderen Seite aber sollte die deutsche Berliner Ausgabe, wiederabgedruckt in: Hinz 1974 (wie angespannte heroische Posen einnehmen, Ikonen eines aggressiven, in allgemeinen
Anm. 7), S. 177–188, hier S. 186
Kunst etwas immer schon Da-Gewesenes behaupten. Hierin zeigt sich der verzweifelte Handlungsprinzipien erstarrten Menschenbildes schufen.74 Das Konzept des Künstlers,
71 Sigrid Schade: »Ist Nationalsozialismus darstell-
Versuch, gegen alle Zumutungen und Kränkungen, welche die Erkenntnis der Kontingenz bar? Ein Streifzug durch die Kritiken an der Ausstel- der eigene Weltentwürfe entwickelt, war denn auch das Gegenteil jenes zwanghaften NS-
von Geschichte im beginnenden 20. Jahrhundert mit sich führte, selbst »Herr der eigenen lung ›Inszenierung der Macht‹«, in: NGBK 1988 (wie spezifischen Belieferungszusammenhanges, der im Grunde eine trivialisierte Fortführung
Anm. 7), S. 49–58, hier S. 58.
Geschichte bleiben«67 zu wollen. Saul Friedländer beschrieb dieses Geschichtsverständ- der traditionellen Genremalerei darstellte, die sich in den Niederlanden des 17. Jahrhun-
72 Hinz 1974 (wie Anm. 7), S. 180.
nis des Nazismus als geprägt von einer heftigen »Sehnsucht nach dem Vergangenen«. derts ausgebildet hatte. Im Unterschied zu dieser operierte die NS-Kunstpolitik nun
Diese stecke »sozusagen per definitionem« im Nazismus, »denn er schaut zurück auf die jedoch mit einem festgeschriebenen Themenkanon und orientierte sich nicht mehr an
verlorene Welt der Prämoderne, auf das archaische Universum vor der Sintflut.«68 einer bürgerlichen Käuferschicht, sondern an dem Konzept des sogenannten Volkswil-
Der vierte entscheidende Aspekt, den Hitler in den Künsten verkörpert sehen lens. So wundert es kaum, dass viele der geförderten und prominent ausgestellten Künst-
wollte, war die Idee eines substantialistischen unhintergehbaren Kollektivkörpers. Dieser ler nach dem Ende der NS-Diktatur wieder in jener Belanglosigkeit versanken, aus der sie
sollte an die Stelle jener brüchigen, gefährdeten und sich selbst als unverfügbar wahr- aufgetaucht waren.
nehmenden Einzelexistenz treten, die in der Kunst der modernen Avantgarde formuliert Janesch gelang es, als angesehener und »unbescholtener« Maler seine Karriere in
worden war. Hitler selbst spricht davon, dass die Kunst die Aufgabe habe, ein »Gemein- Wien fortzusetzen75, Wissel lebte von lokalen Aufträgen als Porträtmaler, sah sich in der
schaftsgefühl« zu stiften.69 Die offizielle NS-Kunst lehnt die Auseinandersetzung mit Indi- Nachkriegszeit allerdings erheblicher Kritik ausgesetzt, die er als »Verkennung« zurück-
vidualität und existentialistischen Fragen des Einzelnen ab. Selbst im Porträt gilt es das wies, da er sich als unpolitischer Künstler verstand.76 Junghanns, der seit 1906 Professor
Allgemeine zu zeigen, das sich im Besonderen spiegelt. An die Stelle der komplexen, an der Düsseldorfer Akademie für Tier- und Freilichtmalerei war, blieb in den Jahren nach
unverfügbaren Einzelexistenz tritt die Idee einer als heil und ganz gedachten Gemein- seiner Pensionierung 1945 und bis zu seinem Tod traditioneller Tiermaler. Als kommissari-
schaft und das, was Hitler die »einheitliche Ausrichtung« nannte.70 So liefert die NS-Kunst scher Rektor der Akademie war er 1933 an der Entlassung zahlreicher Kollegen beteiligt;
– wie Sigrid Schade es formulierte – Bilder des Heil-Werdens und Ganz-Werdens, das sich er wurde in die »Führerliste« der »Gottbegnadeten« aufgenommen und mit der Goethe-
durch ein »Sich-Aufrichten im Blick der anderen, im heroischen Handeln für die Gemein- Medaille 1941 vom NS-Regime als bester Tiermaler Deutschlands ausgezeichnet.77 Er
schaft«71 zu realisieren meint. erwies sich aber für die Nachwelt als unbedeutend. Der in Großschönau geborene Maler
Und ein fünfter Aspekt schließlich, der durch die Kunst geleistet werden sollte, war Rudolf Otto lebte bis 1962 in Dresden, war bis zu seinem Tode Mitglied im Verband der
eine mythologische Quasi-Religiosität und eine Verdrängung der christlichen Religion. So Bildenden Künstler der DDR und wurde nach 1945 vor allem als wenig bedeutender Maler
findet man nicht nur in der Bildauswahl unzählige Werke, in denen christliche Ikonogra- von Stadtansichten und Blumenstilleben gehandelt.78
fien in krypto-religiöse Idyllen überführt werden; auch gefiel sich Hitler in einer Polemik Michael Mathias Kiefer, der auf den ersten Blick eines der düstersten Symbolbilder
gegen die Kirche, der er beispielsweise kleinliche Baugesinnung unterstellte, und behaup- des Krieges malte, war, nachdem er zu einem der Postkartenmotivmaler der NS-Zeit
tete, dass sich hierin zeige, dass das Christentum keine wirkliche Volksbewegung sei – im aufgestiegen war, in der Nachkriegszeit als Illustrator von Tierbüchern und Tiermaler
Gegensatz zum Nationalsozialismus, der für seine »Bauwerke das Volk im Auge behalten« beschäftigt.79 Sieht man sich heute sein monumental-düsteres, aggressives Bild zweier
würde und deshalb Hallen baue, »wo 150.000 oder 200.000 Menschen hineingehen.« Adler über Helgoland an (S. 43), so kann man kaum anders als hier jenes durch den NS-
Dies nannte Hitler denn auch »bauen für eine Ewigkeit«.72 Staat finster aufgeladene Wappentier zu erkennen. Auch der Titel des 1940 in der Großen
Deutsche Kunstausstellung präsentierten, 200 x 316 cm großen Bildes – Die Wacht – lässt
kaum etwas anderes als eine symbolische Lesart zu. Helgoland als umkämpfte Insel in der
Nordsee wird von imposanten, grimmigen Seeadlern überflogen, so als wären diese die
Flugabwehr der von düsteren Wolken und stürmischem Meer umtosten Insel.

40 41
Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

Das Bild des 1902 in München geborenen und 1980 am Chiemsee verstorbenen 80 Friedländer 1986 (wie Anm. 7), S. 20.
81 Der einzige monographische Bildband zu seinen
Malers erscheint uns heute wie die bedeutungsschwangere Beschwörung dunkelster
Arbeiten war ein von Kiefers Witwe Berta herausge-
Kriegsfantasien eines glühenden Nazis. Es entspricht jenem »Todes- und Katastrophen- gebener Band, den neben dem NS-Kunstexperten
kitsch«80, der für zahlreiche NS-konforme Kriegsbilder charakteristisch ist. Nach dem Reinhard Müller-Mehlis der Zoologe Ernst Josef Fitt-
kau einleitete (Kiefer 1982, wie Anm. 79).
Krieg war der ursprünglich als Tierpräparator ausgebildete Kiefer dann aber Illustrator für
82 Vgl. zu Bergen Jörg-M. Hormann und Eberhard
Jagdzeitschriften.81 Diese Nachkriegssituierung in Bildgenres, die nicht als Teil des Kunst- Kliem: Claus Bergen. Marinemaler beider Weltkriege,
feldes wahrgenommen werden, scheint symptomatisch für jene Maler, die in der NS-Zeit München 2014.
83 Ebd., S. 48.
als erfolgreich galten. 84 Christoph Gunkel: »Seeschlachten ausgeschlach-
Ähnlich genrefixiert verläuft auch die Karriere des 1885 in Stuttgart geborenen Mari- tet. Marinemaler Claus Bergen«, in: Der Spiegel,
nemalers Claus Bergen. Der an der Akademie der Künste in München zunächst als Land- 22.10.2015, http://www.spiegel.de/einestages/claus-ber-
gen-marine-maler-im-ersten-und-zweiten-weltkrieg-a-
schaftsmaler ausgebildete Bergen fand, nachdem er zwischenzeitlich Karl Mays 1055880.html.
Reiseerzählungen illustrierte, durch eine Reise ans Meer schnell zu seiner eigentlichen
Berufung.82 Bereits im Ersten Weltkrieg war er als Marinemaler im Einsatz und suchte
möglichst oft die Gelegenheit bei Einsätzen selbst dabei sein zu können. 1916 erlangte er
dann anfänglichen Ruhm als Maler der Skagerrakschlacht.83 Seine erste U-Boot-Reise trat
er am 17. Juni 1917 an; »nach Überwindung eines ›großen Lampenfiebers‹, so notierte er,
habe er sich an Bord begeben.«84 In der Folge bereiste er immer wieder das Meer und
fuhr nach Norwegen und England, ans Mittelmeer und 1929 nach Amerika, wo seine Bilder
in Chicago und New York ausgestellt wurden. Immer wieder interviewte Bergen bei sei-
nen Reisen die Besatzung von Kriegsschiffen und befragte sie etwa zu den Farben und
Formen von Explosionen und Feuergefechten.
Sein 1941 bei der Großen Deutschen Kunstausstellung eingeliefertes 180 x 320 cm
großes Bild Im Kampfgebiet des Atlantik (S. 79) hat vor diesem Hintergrund eine ganz
besondere Geschichte. Auch das, der schäumenden Gischt nach zu urteilen, mit hoher
Geschwindigkeit auf schwerer See wogende U-Boot wurde, ähnlich wie Kiefers Die
Wacht, zu einem Postkartenmotiv der Kriegszeit. Begeistert wurde noch in den 1960er
Jahren Bergens geradezu fotorealistische Genauigkeit gefeiert. Der in Orange-, Rosa- und
Grautönen gehaltene Himmel wird in dem Bild kontrastiert durch das dunkelblau und
weiß aufschäumende Meer, wobei das Gelb des Himmels im Weiß der Gischt reflektiert
wird. Auf Deck des U-Bootes ist die graue Tarnfarbe von orangen Rostflecken durchsetzt,
die wiederum die Tonigkeit des Himmels aufnehmen. Diesem spannungsreichen, hochäs-
thetischen Farbspiel entspricht die raffinierte, stark dynamisierte Komposition. Es wird
ein Blickwinkel konstruiert, der von links unten in das Bild hineinführt; so als würde man
hinten auf dem Deck des Bootes stehen.
Das Meer bildet keine gerade Horizontlinie aus, sondern türmt sich in der Fahrtrich-
tung vor dem Boot auf. So fährt das Boot einerseits mit hoher Dynamik auf den Flucht-
punkt des Bildes zu, trifft dabei aber durch den nach links kippenden Horizont zugleich
auf einen Widerstand, der das Wogen des Meeres beinahe spürbar werden lässt. Dabei
ist just der Punkt, auf den das U-Boot zusteuert, der Ort, wo die Unwetterwolken aufrei-
ßen und sich eine Gloriole von Sonnenstrahlen bildet. Hier erhält die Fahrt etwas
Heroisches. Das Boot fährt dem Heilsversprechen entgegen. An Deck sieht man einige Michael Mathias Kiefer (1902–1980)
Seemänner in Regenmänteln und Süd-Western, die sich auf dem kleinen Aussichtsturm Die Wacht (Seeadler), 1940
drängen. Sie halten mit Ferngläsern in alle Richtungen Ausschau (Abb. 5). Öl auf Leinwand, 200 x 316 cm
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin
Aus dem Bild spricht sowohl Kampfbegeisterung wie auch ein romantisierter Blick Inv.-Nr. Gm 98/298
auf die Seefahrt und ihr Versprechen von Weite und Abenteuer. Die Geschichte dieses GDK 1940, Ankauf durch Adolf Hitler

42 43
Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

Regimes und aufgrund seines frühen Eintritts in die NSDAP steht zu vermuten, dass er 93 Ebd., S. 101
94 Ebd., S. 125.
nicht nur versuchte, sich wie angeblich »die meisten Deutschen […] mit den Nazis zu
95 Vgl. Christian Saehrendt: »Die Brücke« zwischen
arrangieren«, wie Hormann und Kliem reichlich beschönigend resümieren.93 Eher war er Staatskunst und Verfemung: Expressionistische Kunst
als Marine- und Schlachtenmaler jemand, der sich für die aufwühlende Ästhetik des See- als Politikum in der Weimarer Republik, im »Dritten
Reich« und im Kalten Krieg, Stuttgart 2005.
krieges, die Naturgewalt des Meeres und die maritime Kriegstechnik rückhaltlos begeis-
96 Vgl. Klee 2009 (wie Anm. 25), S. 395 und auführ-
terte. Nach dem Krieg malte er eine Reihe unverfängliche Seestücke, die nur mehr Meer licher Aya Soika und Bernd Fulda: »German Down to
zeigten, und stiftete sie der »Marine-Offizier-Hilfe«, um erneut Käufer seiner für Arbeiten the Deepest Mystery of Origins. Emil Nolde and the
National Socialist Dictatorship«, in: Felix Krämer
anzuwerben.94 (Hrsg.): Emil Nolde. Retrospektive, Ausst.-Kat. Städel
Die Frage, wie nah von den Nationalsozialisten geschätzte und geförderte Künstler Museum Frankfurt, München 2014, S. 45–58, hier
der NS-Ideologie standen, ist im Einzelfall nicht immer klar zu entscheiden und entspre- S. 45 ff.
97 Ebd., S. 46 f.
chend kontrovers diskutiert worden.95 Das bekannteste und extremste Beispiel dafür ist 98 Dies schreibt Nolde in einem Brief an Hans Fehr
wohl Emil Nolde. Er scheint eine hinreichend widersprüchliche Figur gewesen zu sein, war November 1933 (ebd., S. 49).
99 Saehrendt 2005 (wie Anm. 95), S. 49 ff.; Barbara
er doch als »entarteter Künstler« zugleich glühender Nationalsozialist. Anfangs hegte er
Hein: »Noldes dunkle Seite«, in: Art, März 2014, S. 30–
5 6 noch große Hoffnungen, seine expressionistische Malerei würde sich als spezifisch deut- 39.
Claus Bergen, Im Kampfgebiet des Atlantik (Detail), vor 1941, Bergens Im Kampfgebiet des Atlantik in der Offiziersmesse
sche »nordische« Staatskunst durchsetzen. 1934 unterschrieb Nolde einen Aufruf der Kul- 100 Wolfgang Benz: »Verfemte Kunst – Verfolgte
Öl auf Leinwand, 180 x 320 cm, Deutsches Historisches Museum, Berlin des Marinestützpunkts Norfolk, 1970er Jahre
Künstler«, in: Benz u. a. 2015 (wie Anm. 16), S. 437.
turschaffenden, mit dem er sich zur Gefolgschaft des »Führers« bekannte und trat in die
101 Vgl. Schlenker 2007 (wie Anm. 12), S. 260.
NSDAP ein.96 In seinem 1934 erschienenen Memoirenband Jahre der Kämpfe äußerte er 102 Ein Wiederabdruck des Briefes vom Präsident
sich deutlich antisemitisch.97 Und in Briefen an einen Freund schwärmte Nolde von Hitler der Reichkammer Adolf Ziegler findet sich in Krämer
2014 (wie Anm. 96), S. 44; vgl. auch Hinz 1974 (wie
Bildes ist vor allem deshalb interessant, weil es 1945 von der amerikanischen Regierung 85 Vgl. Klee 2009 (wie Anm. 25), S. 42. als »genialem Tatmensch«.98 Auch wurde er zunächst von Goebbels und Kulturminister Anm. 7), S. 28, und Benz 2015 (wie Anm. 100), S. 436 f.
konfisziert wurde. Bergen, der 1922 bereits in die NSDAP eintrat und auf der Liste der 86 Vgl. http://www.germanartgallery.eu/en/Webshop/ Bernhard Rust unterstützt.99 Goebbels hatte sogar einige Aquarelle in seiner Dienstwoh- 103 Vgl. Uwe Danker: »›Vorkämpfer des Deutschtum‹
0/product/info/Claus_Bergen,_Gegen_England&id=155.
»Gottbegnadeten« geführt wurde,85 hatte auch ökonomisch ungemein von den Ankäufen nung aufhängen lassen, die – wie der Architekt Albert Speer in seinen Memoiren festhielt oder ›entarteter Künstler‹? Nachdenken über Emil
87 Hormann/Kliem 2014 (wie Anm. 82), S. 123.
Nolde in der NS-Zeit«, in: Demokratische Geschichte,
seiner Bilder aus den Großen Deutschen Kunstausstellungen profitiert und hohe Ver- 88 Ebd., S. 156. – nach einem Besuch Hitlers allerdings wieder eilig entfernt wurden, da sie dem »Führer« Nr. 14, 2001, S. 149–188, hier S. 158–161.
89 Ebd., S. 155 f.
kaufspreise erzielen können. So kaufte Hitler Im Kampfgebiet des Atlantik für 12.000 aufs äußerte missfielen.100 104 Stefan Koldehoff: »Noldes Bekenntnis«, in: Die
90 Ebd., S. 161.
Zeit, 10. Oktober 2013, http://www.zeit.de/2013/2042/
Reichsmark.86 Nach dem Zweiten Weltkrieg galt Bergen entsprechend als »Belasteter«. 91 Ebd., S. 129; George P. Hunt: »Most Adventurous Bis 1935 gab es noch einen deutlichen Richtungskampf in der NS-Führung darüber,
emil-nolde-nationalsozialismus.
Sein Vermögen wurde eingezogen, die US-Streitkräfte beschlagnahmten aus seinem Haus Sea Painter of His Day«, in: LIFE, 17. April 1964, S. 3 und was als adäquate Deutsche Kunst gelten könne. Dieser Richtungsstreit fand ein jähes
Edward Kern: »World War I, Part III«, in: LIFE, 17. April
in Lenggries in Oberbayern zahlreiche Gemälde und beliehen das Haus.87 Ende, nachdem Adolf Hitler zunächst in seiner »Kunstrede« am 11. September 1935 seine
1964, S. 58–82.
Das Bild Im Kampfgebiet des Atlantik gehörte zu ca. 8.700 Gemälden, die 1947 unter 92 Hormann/Kliem 2014 (wie Anm. 82), S. 132. Position deutlich gemacht hatte, und schließlich 1937 gleichzeitig zur Eröffnung des Hau-
der Bezeichnung »German War Art Collection« konfisziert wurden und in das Eigentum ses der Kunst in München mit dem Mittel der Schandausstellung eine unmissverständli-
der USA übergingen. Zu Beginn der 1950er Jahre gaben die Amerikaner dann circa 1.700 che Position formulierte und über Jahre hinweg höchst persönlich die Auswahl traf.101
Gemälde an die deutschen Eigentümer oder den deutschen Staat zurück.88 Doch hatte Völlig konsterniert findet Nolde fast 50 seiner Bilder 1937 in der Ausstellung Entartete
die Amerikanische Navy sich vor der Rückgabe aus dem Depot einige Bilder von Bergen Kunst wieder. Zwar erwirkt der Künstler durch einen Brief an Goebbels die Herausgabe
ausgeliehen. Das Bild Im Kampfgebiet des Atlantik fand deshalb zunächst in der Offiziers- der beschlagnahmten Bilder unter Berufung auf seine deutsche Gesinnung; aus der
messe des Marienstützpunkt in Norfolk (Abb. 6) seinen Platz und hing dort bis Ende der Reichskammer der Bildenden Kunst wird er gleichwohl im August 1941 wegen »mangeln-
1970er Jahre, von wo aus es nach einigen Umwegen schließlich an das Deutsche Histo- der Zuverlässigkeit« ausgeschlossen.102
rische Museum in Berlin zurückgegeben wurde.89 Nach dem Ende der NS-Herrschaft hatte Nolde sich eilig daran gemacht, die anti-
In den USA erfuhr Claus Bergen – insbesondere in der US-Navy – auch nach dem semitischen und völkischen Stellen aus seinen Memoiren zu tilgen.103 Das Argument,
Krieg eine besondere Wertschätzung. Dort galt er in den 1960er Jahren, als er in Deutsch- Künstler wie Nolde seien im Grunde unpolitische Mitläufer gewesen und mehr oder
land fast ganz in Vergessenheit geraten war, noch als »the best living Marine Painter of the weniger zu ihren ideologischen Bekenntnissen durch eine politische Zwangslage
European continent«.90 Im April 1964 erfolgte sogar ein mehrseitiger Report im LIFE gezwungen, ist wohl das gängigste Argument, das nach 1945 eine Reihe von Künstlern zur
Magazine, für den der Fotograf Erich Lessing eine Reihe Porträtaufnahmen des alten eigenen Verteidigung ins Feld führte. Nolde jedenfalls erhielt in den Folgejahren zahl-
Malers machte.91 Kurz vor dessen Tod, 1963, schenkte Bergen sogar dem amerikanischen reiche Ehrungen und Auszeichnungen. Obwohl seine Rolle lange bekannt war, gab es ein
Präsidenten John F. Kennedy ein monumentales Seestück, das dort in das Archiv der »Beschweige- und Beschönigungskartell«, wie Stefan Koldehoff es formulierte.104 Walter
Kennedy Library aufgenommen wurde.92 Jens, lange Jahre Mitglied des Kuratoriums der Nolde-Stiftung, verlässt dieses 1988
Man kann davon ausgehen, dass Bergen die NS-Zeit und die Wertschätzung, die er unter öffentlichem Protest, nachdem er bereits 1967 in seiner Festrede zu Noldes
damals erfuhr, als Hochzeit seines Schaffens empfand. Sicher war er kein Opfer des NS- 100. Geburtstag über dessen ambivalente Rolle in der NS-Zeit gesprochen hatte und die

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Karen van den Berg Abrichtung der Volksseele

Stiftung nach wie vor die antisemitischen Stellen von Nolde selbst gekürzte Editionen 105 Ebd. und Anna Brenken: »Flaches Land mit Heili-
gem. Ein Besuch im Nolde-Museum und Anmerkun-
seiner Memoiren verbreitete.105
gen zu einer Kontroverse«, in: Die ZEIT, 29. April 1988,
Dieses Beispiel wie auch die Geschichte des Bildes von Claus Bergen verdeutlicht, http://www.zeit.de/1988/18/flaches-land-mit-heiligem
wie unterschiedlich Künstler sich zur Kulturpolitik des NS-Staates verhielten und auf
welch verschiedene Weise sie in die Ideenwelt verstrickt waren. Bergen war bekennender
Nazi und Profiteur, seine Bilder aber folgen nicht im engeren Sinne einer NS-Ideologie,
sondern einer Kriegs- und Marinebegeisterung, die in der amerikanischen Nachkriegsge-
sellschaft auf große Resonanz stieß.
Nolde wurde geächtet und verstand sich doch selbst als Vertreter einer Blut-und-
Boden-Ideologie, die man später in seinen Bildern nicht mehr erkannte. Dies, wie auch die
stilistische Uneinheitlichkeit der NS-Kunst zeigt, wie anspruchsvoll die Aufklärungsarbeit
über die NS-Vergangenheit ist. Für das Verständnis des neuen rechten Denkens lässt sich
daraus lernen, dass mit einer ähnlichen Ausdifferenziertheit zu rechnen ist und man
genauer hinschauen muss, um die neuen Codes zu dechiffrieren und zu verstehen, was
mit Begriffen wie »Volkswillen« heute gemeint ist.

Herman Otto Hoyer


(geb. 1893, Todesjahr und -ort unbekannt)
Bauernmahl, 1935
Öl auf Leinwand, 104 x 161 cm
Deutsches Historisches Museum, Berlin
Inv.-Nr. Gm 98/249
GDK 1940

46 47
Claus Bergen
(Stuttgart 1885–1964 Lenggries)

Darstellungen von Kriegsschiffen und U-Booten waren schon seit dem Ersten Weltkrieg Hans Ries: »Bergen, Claus«, in: Allgemeines Künstler-
lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völ-
und auch nach 1945 ein Schwerpunkt des Marinemalers Claus Bergen, für den er jedoch
ker, Leipzig/München 1994, Bd. 9, S. 334.
nur ein sehr beschränktes Repertoire an Bildkompositionen zustande brachte. Die Varia-
tionen erschöpfen sich zumeist in »U-Boot fährt diagonal nach links« bzw. »diagonal nach
rechts«. Immerzu schäumen die Wellen, denen die heroische Besatzung grimmig trotzt.
Im Gemälde Im Kampfgebiet des Atlantik lässt sich inhaltlich weniger eine NS-spezi-
fische als eine allgemein militärische Aufladung beobachten. Die Bekleidung der ver-
gleichsweise klein und undeutlich abgebildeten Figuren verhindert jegliche staatliche
Zuordnung, auch Kriegs- und Landesflaggen sind nicht zu finden. Möglicherweise zeugt
der Fahnenmast links auf dem Turmaufbau davon, dass eine Flagge durch den starken
Wind weggerissen wurde.
Somit liegt der Fokus vordergründig auf der Auseinandersetzung des Menschen mit
der Naturgewalt, die er durch den Einsatz von Militärtechnik zu beherrschen weiß. Der
durch das fortdauernde Einwirken des Salzwassers rostige und vernarbten Turmaufbau
sowie das Deck zeugen von dem langen Dienstzeitraum, den das Boot bereits absolviert
haben muss. Hierin »verbirgt« sich aber auch eine propagandistische Botschaft des frü-
hen NSDAP-Mitglieds (seit 1922) Bergen: Den Elementen wird ob aller Umstände getrotzt,
Durchhaltewillen bewiesen.
Bergen versucht weiterhin auch, das Boot in einen romantisch-abenteuerlichen
Kontext zu setzen: Am von der Meeresfläche bildmittig unterteilten Himmel zieht ein von
hell bis dunkel schattierter, recht plastischer Wolkenraum vorbei. Der Bootsbug schwenkt
auf die hellere Fläche ein und dient bei diesem »Ritt in die Sonne« als Verbindungsele-
ment für die Bildteile.
Zum anderen werden die Soldaten glorifiziert: Dramatisch brechen Sonnenstrahlen
durch die Wolken und zeichnen kleine goldene Felder auf ihre Köpfe. Von einer Erleuch-
tung zu sprechen ginge wohl zu weit, doch zumindest sollen sie in ihrer militärischen
Schlüsselrolle betont und ihre Aufgabe als wichtig deklariert werden. Nebenher sind die
von jeder Individualität entblößten Soldaten ein Beispiel für die vom Regime beschwo-
rene Kameradschaft, die auf ein gemeinsames Ziel fokussierte Masse.
Das Bild positioniert sich somit nicht nur als Darstellung eines Elementarschauspiels,
sondern auch als Träger zeitgenössischer Ideologie; als Befürworter militaristischer Gesin-
nung, deren stumpfe Werte Bergen aus der Zeit des Kaiserreiches schöpfen und ohne
Probleme, nicht einmal mit Notwendigkeit zum Wandel in der Darstellungsweise verbun- Im Kampfgebiet des Atlantik, vor 1941
den, an den Geschmack des NS-Regimes anpassen konnte. Öl auf Leinwand, 180 x 320 cm
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin
Inv.-Nr. Gm 98/74
Tibor Krauß GDK 1941, Ankauf durch Adolf Hitler

78 79
Impressum | Colophon Diese Publikation erscheint anlässlich der
Ausstellung:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet
diese Publikation in der Deutschen National-
© 2016 Kerber Verlag, Bielefeld/Berlin, Stiftung
Situation Kunst, Bochum, Künstler und Auto-
Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg:
S. 119, 157, 169, 177
Abb. 2: Berliner Illustrierte, 22. Juli 1937.
Abb. 3: Prospekt der Großen Deutschen Kunst-
This publication is published to accompany bibliografie; detaillierte bibliografische Daten ren/Artist and Authors/für die Werke von/for Kulturhistorisches Museum Rostock: S. 130. ausstellung, 1940.
the exhibition: sind im Internet über http://www.dnb.de abruf- the works of Josef Albers, Willi Baumeister, Archiv Baumeister im Kunstmuseum Stuttgart:
bar. Max Beckmann, Claus Bergen, Arno Breker, S. 141. Christian Fuhrmeister: »Die (mindestens) dop-
»Artige Kunst« – Kunst und Politik im The Deutsche Nationalbibliothek lists this pub- Auguste Chabaud, Otto Dix, Adolf Erbslöh, Von der Heydt-Museum, Wuppertal, Medien- pelte Zurichtung der ›gewordenen Kunst‹«
Nationalsozialismus lication in the Deutsche Nationalbibliografie; Conrad Felixmüller, George Grosz, Karl Hofer, zentrum, Antje Zeis-Loi: S. 125, 126, 128, 129, 166. Abb. 1: Paladine des Pan???
“Compliant Art”—Art and Politics in detailed bibliographic data are available on the Michael Mathias Kiefer, Erich Mercker, László Von der Heydt-Museum, Wuppertal, Medien- Abb. 2: Katalog Grosse Münchner Kunstausstel-
the National Socialist era Internet at http://www.dnb.de. Moholy-Nagy, Marg Moll, Franz Radziwill, Karl zentrum, Antje Zeis-Loi: S. xxx (Grossberg)??? lung, 1949.
Schmidt-Rottluff, Robert Schwarz, Kurt Schwit- Museum Wiesbaden: S. 69, 145, 147, 153.
Situation Kunst (für Max Imdahl), ters, Horst Strempel, Arnold Topp, Fritz Winter, Stiftung Vordemberge-Gildewart, Rapperswil Stephanie Marchal, Andreas Zeising: »›Aus des
Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Gesamtherstellung und Vertrieb Ossip Zadkine: VG Bild-Kunst, Bonn (CH)/Museum Wiesbaden: S. 163. Blutes Stimme‹. Vermittlung und (Re)Kontex-
Bochum Printed and published by Archiv LRP: S. 66. tualisierung von NS-Kunst in der Zeitschrift
5. November 2016 bis 9. April 2017 Kerber Verlag, Bielefeld Getty Images: S. 71. NS-Frauenwarte«
Windelsbleicher Str. 166–170 © Abbildungen bzw. Reprofotografie: Abb. 1: N.S. Frauenwarte, Jg. 4, Heft, 15, 1935/36.
Kunsthalle Rostock 33659 Bielefeld Deutsches Historisches Museum, Berlin, Sebas- Abb. 2: N.S. Frauenwarte, Jg. 4, Heft 22, 1935/36,
27. April bis 18. Juni 2017 Germany tian Ahlers: S. 47, 68, 73, 82. Abbildungsnachweise Referenzabbildungen: Titel.
Tel. +49 (0) 5 21/9 50 08-10 Deutsches Historisches Museum, Berlin, Arne Max Imdahl: »Pose und Indoktrination. Zu Wer- Abb. 3: N.S. Frauenwarte, Jg. 4, Heft 20, 1935/
Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg Fax +49 (0) 5 21/9 50 08-88 Psille: S. 24, 35, 37, 43, 48, 57, 59, 63, 75, 87, 102. ken der Plastik und Malerei im Dritten Reich« 36.
14. Juli bis 29. Oktober 2017 info@kerberverlag.com Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- Abb. 1: Die Kunst im Dritten Reich, 3. Jg., Folge 8, Abb. 4: N.S. Frauenwarte, Jg. 7, Heft 5, 1938/39,
und Frühgeschichte, Achim Kleuker: S. 143. August 1939, S. 261. Titel.
Kerber, US Distribution Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Abb. 2: Frank Zöllner, Christof Thoenes, Thomas Abb. 5: N.S. Frauenwarte, Jg. 6, Heft 15, 1937/38.
Herausgeber | Editors D.A.P., Distributed Art Publishers, Inc. bpk/Jörg P. Anders: S. 155. Pöpper (Hrsg.): Michelangelo 1475–1564. Das Abb. 6: Adolf Wamper, Genius des Sieges, um
Silke von Berswordt-Wallrabe, 155 Sixth Avenue, 2nd Floor Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Vollständige Werk, Köln 2007, S. 42. 1939/40
Jörg-Uwe Neumann New York, NY 10013 Roman März: S. 180. Abb. 3: Die Kunst im Dritten Reich, 3. Jg., Folge 1, Abb. 7: N.S. Frauenwarte, Jg. 10, Heft 5, 1941/42,
Agnes Tieze Tel. +1 (212) 627-1999 Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Januar 1939, S. 10. Titel.
Fax +1 (212) 627-9484 Christoph Schmidt: S. 154. Abb. 4: Lorenz, Thuri: Polyklet. Doryhoros, Abb. 8: Franz Eichhorst, Polenkämpfer, um 1939/
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Redaktionsassistenz | Editorial assistants angeboten (Vertrieb in Europa, Asien, Nord- Bochum, Thorsten Koch: S. 67, 81, 121–123, 148– Enzyklopädie der Kunst im Dritten Reich, Tübin- (Trotz intensiver Recherche konnten nicht in
Tibor Krauß, Maren Schleimer und Südamerika). | Kerber publications are 149, 151, 164. gen 1991, Bd. 2/2 Malerei R–Z, Abb. 1197. allen Fällen die Urheberrechte zweifelsfrei ge-
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Gestaltung | Design shops worldwide (distributed in Europe, Asia, 88. Karen van den Berg: »Abrichtung der Volks- nenfalls um Nachsicht und entsprechende
Saskia Helena Kruse, Berlin South and North America). Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie seele. NS-Kunst und das politisch Unbewusste« Hinweise.)
Neue Meister: S. 65. Abb. 1: Deutsches Historisches Museum, Berlin.
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Norbert Lammert) vervielfältigt oder verbreitet werden. Imperial War Museums, London: S. 185. Abb. 4: Michalski, Sergiusz: Neue Sachlichkeit.
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Alexander von Berswordt, Christian Fuhrmeister) All rights reserved. No part of this publication Sabine Ahlbrand-Dornseif: S. 127 land 1919–1933, Köln 1992, S. 197.
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Donald Goodwin, Bochum (Max Imdahl, retrieval system or transmitted in any form or Hanna Neander: S. 128. Abb. 6: Hormann, Jörg-Michael; Kliem, Eber-
Stephanie Marchal/Andreas Zeising) by any means, electronic, mechanical, photo- LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, hard (Hg.): Claus Bergen. Marinemaler über vier
Rebecca M. Stuart, Berlin (Vorwort; copying or recording or otherwise, without the Rudolf Wakonigg: S. 165. Epochen, Hamburg 2002, S. 270.
Annika Wienert) prior permission of the publisher. National Archives and Records Administration:
S. 83. Annika Wienert: »Artige, bösartige Kunst«
Felix-Nussbaum-Haus Osnabrück: S. 159–161. Abb. 1: Horst Ludwig u. a. (Hrsg.): Münchner
Kunsthalle Recklinghausen: S. 131. Maler im 19./20. Jh., Bd. 6, München 1994, S. 196.

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