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Europa Deutschland
Bis zu 25 Prozent weniger Kraftstoffver- Aschaffenburg/Miltenberg — Hybride An- Westfrankenbahn und MTU gemeinsam an ei-
brauch und emissionsfreies Fahren sind mit triebssysteme bieten die Chance, den Kraft- nem Hybridantrieb für den Schienenpersonen-
dem MTU-Hybrid-Powerpack möglich. Die stoffverbrauch deutlich zu senken. Vor allem verkehr — und betreten damit Neuland in Europa.
Deutsche Bahn und MTU erproben einen Anwendungen, in denen Hilfsantriebe einen
Nahverkehrstriebwagen der Baureihe 642, großen Teil der Leistung beanspruchen, kön- Komponenten und Funktionsweise
der mit dem Prototyp des von MTU entwi- nen von dieser Technologie profitieren. Neben Bei dem Hybrid-Powerpack handelt es sich um
ckelten Hybrid-Powerpacks angetrieben Baumaschinen oder landwirtschaftlichen Fahr- einen Unterflurantrieb, der von MTU entwickelt
wird. Der Test soll beweisen, dass diese zeugen trifft dies auch auf Züge zu, insbeson- und am Prüfstand in Friedrichshafen erprobt wur-
Technik alltagstauglich ist und ökologische dere Nahverkehrszüge. „Da Nahverkehrszüge de. Der Dieselmotor des Typs 6H 1800 R75 hat
und ökonomische Vorteile gegenüber dem auf eine relativ hohe Endgeschwindigkeit kom- eine Leistung von 315 Kilowatt bei 1.800 min -1,
derzeitigen Stand der Technik bietet. men und Strecken bedienen, auf denen in kur- der Elektromotor eine Leistung von bis zu
zen Abständen Haltepunkte liegen, können 400 Kilowatt. Zusätzlich integrierte MTU in das
Hybridantriebe ihre Stärken in solchen Fahr- Hybrid-Powerpack eine SCR-Abgasnachbehand-
zeugen ganz besonders ausspielen“, erläutert lung mit Harnstofftank, mit der die seit 2012
MTU-Projektleiter Ingo Lehmann. Um herauszu- geltende Emissionsstufe EU IIIB erfüllt wird. Der
finden, inwieweit sich die Hybridtechnologie für grundlegende Vorteil eines Powerpacks liegt
den alltäglichen Bahnverkehr eignet, arbeiteten darin, dass es alle Einzelkomponenten des An-
die Bahntochter DB RegioNetz Verkehrs GmbH triebs in einen gemeinsamen Tragr ahmen zu
1 Dieselmotor
2 E-Motor/-Generator
3 Getriebe
4 Abgasnachbehandlung
5 AdBlue® -Tank
6 Lithium-Ionen-Batterie
7 Traktionsumrichter
8 Anlagensteuerung
9 Bordnetzversorgung
einer gemeinsamen kompakten Einheit integ- Besonders wirtschaftlich ist diese Technik auf
riert. Die Antriebskomponenten müssen so Nahverkehrsstrecken mit häufigem Bremsen
nicht einzeln in das Fahrzeug eingebaut und zu und Beschleunigen im Stop-and-Go-Betrieb.
einem Antriebssystem kombiniert werden. Au- Die Energiereserven liefern dabei nicht nur die
ßerdem lassen sich die verschiedenen Kompo- nötige Kraft, um anzufahren oder zu beschleu-
nenten so über wenige Schnittstellen in das nigen, sondern versorgen auch die elektrischen
Gesamtsystem einbinden. Nebenverbraucher wie die Klimakompressoren
des Fahrzeugs mit Strom. Indem die bisher
Als Parallelhybrid kann das Antriebssystem ent- mechanisch angetriebenen Klimaverdichter
weder mit dem Dieselmotor, mit dem Elektromo- elektrifiziert wurden, rollt das Fahrzeug noch
tor oder mit einer Kombination aus Diesel- und energieeffizienter über die Schienen. Generell
Elektromotor betrieben werden: Eine speziell für können mit Hybridtechnologie der Kraftstoff-
MTU entwickelte Elektromaschine wird an der verbrauch und Kohlendioxidausstoß um bis zu
Kurbelwelle montiert und kann als Generator 25 Prozent gesenkt werden. In sensiblen Berei-
oder als Elektromotor fungieren. Ein Frequenzum- chen ist so ein geräusch- und emissionsarmer
richter steuert je nach Bedarf den Energiefluss Bahnbetrieb möglich.
von der Batterie zum Antrieb und zurück. Da-
durch lässt sich die Betriebsart flexibel auf das Der Hybridantrieb der Zukunft: gemeinsam
jeweilige Streckenprofil anpassen. Beim Bremsen zum Ziel
wird ein Teil der kinetischen Energie in elektri- Für das Pilotprojekt bündelte MTU seine techni-
sche Energie umgewandelt und in dem Li-Ionen- sche Expertise mit dem Betreiber-Know-how der
Batteriemodul zwischengespeichert. Gegenüber Deutschen Bahn: MTU entwickelte das Hybrid-
hydrostatischen Systemen zur Rückgewinnung Powerpack, testete das Powerpack und die Lithi-
von Energie zeichnen sich Li-Ionen-Zellen vor um-Ionen-Batterien am Prüfstand und lieferte
allem durch ihre deutlich höhere Energiedichte den Prototyp. Die Deutsche Bahn integrierte die
und eine hohe Zyklenfestigkeit aus. Die in den Komponenten und Systeme in ein Bestandsfahr-
Batterien gespeicherte elektrische Energie wird zeug der Baureihe VT 642, führt die Erprobung
beim Anfahren oder Beschleunigen über einen durch und sorgte dafür, dass der Nahverkehrs
Gleichstrom/Wechselstrom-Umrichter an den triebzug für den Fahrgastbetrieb zugelassen
Generator abgegeben, der dann als Elektromotor wird. Gefördert wurde das Vorhaben vom Bun-
das Schienenfahrzeug antreibt. So kann bei Be- desministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-
darf — etwa bei Tunnelfahrten, bei Einfahrten in wicklung im Rahmen des Projektes Modell-
Bahnhöfen oder bei Fahrten durch dicht besiedel- regionen Elektromobilität, das von der NOW
te Gebiete — die Energie aus den Batterien für die GmbH Nationale Organisation für Wasserstoff-
Fahrt verwendet werden. und Brennstoffzellentechnologie koordiniert wird.
AUX Nebenabtriebe
Diesel Dieselmotor
KSG Kurbelwellenstartergenerator
TRU Traktionsumrichter
BAT Lithium-Ionen-Batterie
K Kupplung; W: Wandler
SG Schaltgetriebe
AG Achswendegetriebe
Der umgerüstete Nahverkehrswagen vom Typ VT 642 ist mit Hilfe
eines dieselgetriebenen MTU-Hybrid-Powerpacks auf deutschen
Schienen unterwegs.
Der Zeitpunkt, wann der Kurbelwellen-Startergenerator als Elektromotor und wann als Generator eingesetzt wird, ist von entschei-
dender Bedeutung für die Energiebilanz des Hybridantriebssystems. Die Optimierung übernimmt deshalb das Steuergerät des Hybrid-
Powerpacks: es kann Strecken- und Fahrplandaten von einer externen Quelle nutzen oder die Anforderungen der Strecke und des
Fahrplans während des Betriebs selbständig erlernen.
Streckenprofil Aschaffenburg -
Miltenberg
• Streckenlänge: 37 Kilometer
• Haltestellen: 14
• Rote Bereiche: Der Zugführer
kann die zuvor gespeicherte
Energie (grüne Bereiche) für das
Anfahren oder als boost — also
als Zusatzleistung — beim Be-
schleunigen verwenden.
190 m
10 km 20 km 30 km
170 m
150 m
130 m
110 m
Antriebslösung mit Zukunftspotenzial: Lehmann, Projektleiter für die Entwicklung und nutzen. So könnten Hybridfahrzeuge auf sol-
MTU ist eine Marke der Rolls-Royce Power Systems AG. Schnell
laufende MTU-Motoren und Antriebssysteme sind in Schiffen,
Schienenfahrzeugen, Landwirtschafts-, Industrie- und Bergbaufahr-
zeugen, militärischen Fahrzeugen, in Energiesystemen und in der
Öl- und Gasindustrie im Einsatz. Das Portfolio umfasst Dieselmo-
toren mit einer Leistung bis 10.000 Kilowatt (kW), Gasmotoren bis
2.150 kW und Gasturbinen bis 35.320 kW. Für die Steuerung und
Überwachung der Motoren und Antriebsanlagen entwickelt und
produziert das Unternehmen maßgeschneiderte Elektroniksysteme.
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