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Politische Literatur 

ist ein unscharfer Sammelbegriff für literarische Werke, die sich mit politischen Themen,


Ideen oder Ereignissen befassen und diese unterschiedlich reflektieren.
Begriffsumfang 
Geht man von einem weiten Funktionsbegriff aus, kann jeder literarische Text wegen seiner
gesellschaftlichen Hintergründe als politische Literatur interpretiert werden. [1] Auf diese Weise umfasst er
sowohl Texte, die sich auf politische Fragestellungen beziehen als auch solche, die sich bewusst apolitisch
geben.
Das Spektrum der politischen Literatur reicht von historischen Avantgarden – wie etwa dem Vormärz – bis
zu Beispielen staatlicher Propaganda, so in der nationalsozialistischenoder DDR-Literatur.
Zwar bedient sich die im engeren Sinne politische Literatur aller Gattungen; dennoch werden kleinere
Formen mit parodistischem, satirisch-polemischem Potential bevorzugt. Hierzu
gehören Lied und Chanson, Epigramm und Flugblatt, Essay, Traktat und Reportage.
Hintergrund und Entwicklung
Ohne die schrittweise Loslösung der Literatur und Kunst aus bestimmten gesellschaftlichen Zwecken seit
dem späten 18. Jahrhundert (Autonomie des Kunstwerks) hätte sich politische Literatur nicht entwickeln
können.
Aus literaturwissenschaftlicher Sicht ist sie nur eine Form neben anderen, so dass es eine durchgängige
Geschichte diese Gattung nicht gibt. Dennoch lässt sich in gesellschaftlichen Umbruchsphasen
beobachten, dass die dort relevanten Themen bevorzugt literarisch verarbeitet werden. [1]
So kennzeichneten die Auseinandersetzungen zwischen Kirche, Adel und aufstrebendem Bürgertum die
politische Lyrik des 14. und 15. Jahrhunderts, während im 17. Jahrhundert die Politisierung mit
der Konfessionalisierung einherging. Im Mittelpunkt der literarischen Verarbeitung standen territoriale
Machtkämpfe, vor allem aber der Dreißigjährige Krieg.
Im Zusammenhang mit der Französischen Revolution lenkte der Wandel von der literarischen zur
politischen Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert das Interesse auf die Institutionen der Macht.
Anfang des 19. Jahrhunderts bildeten sich die für die kommende Zeit relevanten Themen heraus. Hierzu
gehörten die nationalen Einheit, Fragen der Demokratie und soziale Aspekte. In unterschiedlichen
Publikationen des Vormärz, die sich vom Biedermeier absetzten, sollte das politische Bewusstsein der
Menschen erreicht werden.
Rezeption Zeitgleich mit den Schriften des Jungen Deutschland, zu denen unterschiedliche Autoren
wie Heinrich Heine, Karl Gutzkow und Heinrich Laube gezählt werden, erheben sich bis in die heutige Zeit
Stimmen, die „politische Literatur“ als Tendenzdichtung abwerten und sie aus unterschiedlichen Gründen
angreifen. Ein häufig vorgebrachtes Argument geht in die Richtung, dass ihre Parteilichkeit nicht mit den
Ansprüchen autonomer Kunst zu vereinbaren sei, ein Ansatz, der später von Theodor W.
Adorno aufgegriffen wurde.
Seit dieser Zeit steht die politische Literatur im Spannungsfeld der Kritik. Man hält ihr auf der einen Seite
affirmative Rhetorik und politische Agitation vor und wendet ein, sie würde sich von unterschiedlichen
Macht- und Interessengruppen instrumentalisieren lassen. Auf der anderen Seite steht die auf Friedrich
Schiller zurückgehende Vorstellung vomautonomen Individuum, das durch Bildung und ästhetische
Erziehung den kantischen Gegensatz von Neigung und Pflicht und die Rigorosität des moralischen
Gesetzes überwinde und so ästhetischen Widerstand leisten könne.
Der empfundene Widerspruch des Begriffs klingt beispielhaft in Johann Wolfgang von Goethes Faust an,
als der Studiosus Brander in Auerbachs Keller das politische Lied als „garstig Lied“ bezeichnet. [2]
Die in Deutschland geäußerten Vorbehalte beziehen sich – in unterschiedlichen Positionen – auf den Wert
der Verbindung von Politik und Dichtung im Allgemeinen oder die Begründbarkeit des Textes im
Besonderen. So sei Dichtung kein angemessenes Medium für Politik, Politik kein angemessener Inhalt für
Dichtung.[3]
Adornos Kritik nimmt - ausgehend und sich abgrenzend von Sartres Konzept der „engagierten Literatur“ –
eine Mittelstellung ein: Zwar entzauberten engagierte Werke solche des L’art pour l’art, die, im „Pantheon
unverbindlicher Bildung“ nebeneinander aufgebahrt, zu Kulturgütern verwest(en)“, wo ihr Wert (der
Differenz) durch falsche Harmonie gerade gefährdet sei. Das reine Kunstwerk werde als Fetisch und
„müßige Spielerei“ derer entlarvt, „welche die drohende Sintflut gern verschliefen“ und erscheine so
dialektisch als „politisches Apolitisches“.[4] Auf der anderen Seite widersprächen diese Überlegungen
den autonomen Werken, ja stellten für sie gerade die Katastrophe dar, vor der die „engagierten“ warnen.
Der Gegensatz, der sich in dieser Antithese zeige, deute auf die Fragwürdigkeit heutiger Kunst. Beide
Alternativen negierten sich selbst: „Engagierte Kunst, weil sie, als Kunst notwendig von der Realität
abgesetzt, die Differenz von dieser durchstreicht; die des l'art pour l'art, weil sie durch ihre Verabsolutierung
auch jene unauslöschliche Beziehung auf die Realität leugnet, die in der Verselbständigung von Kunst
gegen das Reale als ihr polemisches Apriori enthalten ist.

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