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SSD-Festplatte: wir klären über die Technik

und die unterschiedlichen Modelle auf


PCs werden immer schneller und dem einen oder anderen zaubert es ein Schmunzeln auf die
Lippen, wenn er einen Blick in die Datenblätter alter Computer-Zeitschriften wirft. Wer aber
genauer hinschaut, wird bemerken, dass die Festplatte als entscheidender Leistungsfaktor
lange Zeit nur wenig Beachtung erhalten hat. AMD, Intel & Co. lieferten sich bei Prozessoren
mit immer höheren Taktraten und Kernen über Jahrzehnte ein Kopf-an-Kopf-Rennen und die
Spiele-Branche forderte von der Computer-Industrie immer bessere Grafikkarten. In unserem
Artikel Leistungsanforderungen von PC-Komponenten zeigen wir aber, dass die Leistung von
Prozessor und Grafikkarte in Standard-Office-PCs vernachlässigbar ist.

Wer einem Office-PC oder einem alten PC einen richtigen Performance-Boost verleihen
möchte, der muss bei der Geschwindigkeit der Festplatte ansetzen, denn diese wird in der
alltäglichen Arbeit am häufigsten beansprucht und ist oftmals der Flaschenhals in einem PC.
Hier einige Anwendungsbeispiele, welche die Festplatte besonders beanspruchen:

 Start eines Programmes


 Start des Betriebssystems
 Windows Update
 Laden der Bildersammlung in Bildbearbeitungsprogramm wie Lightroom
 Kopieren von Dateien
 Virenscan

Im Alltag werden kontinuierlich Daten von der Festplatte gelesen und auf diese geschrieben,
so dass die Festplatte bei nahezu allen Aktivitäten beteiligt ist. Die Leistungsfähigkeit der
Festplatte ist demzufolge der zentrale Baustein eines schnellen und leistungsfähigen PCs, was
sehr oft nicht berücksichtigt wird. Auch die Industrie hat diese Erkenntnis lange Zeit
vernachlässigt und Festplatten nur in ihrer Kapazität, aber nur zaghaft in ihrer
Lese-/Schreibrate erweitert bzw. verbessert.
Seit einigen Jahren bewegt sich auch etwas im Bereich der Festplatten und der Trend geht in
Richtung Flash-Speicher wie SSD oder M.2, obwohl zum Stand Heute (03/2019) Standard-
PCs weiterhin mit der alten Magnet-Speicher-Technik bestückt werden.

Eine SSD-Festplatte und dessen Nachfolger M.2-Festplatte ist eine mittlerweile weit
verbreitete und bewährte Möglichkeit, die Leistung eines PCs spürbar zu beschleunigen. In
diesem Artikel erklären wir die Technik von SSD- und M.2-Festplatten, zeigen die
Unterschiede zwischen beiden Bauformen und verdeutlichen vor allem anhand von
Benchmarks, wie stark sich die Leistung im Vergleich zu klassischen S-ATA Festplatten
unterscheidet.

Technik: SSD, M.2, NVMe PCI-Express, S-ATA


Die klassische Magnet-Festplatte (HDD) bekam ab dem Jahr 2006 einen ernsthaften
Konkurrenten in Form von SSD-Festplatten. SSD ist die Kurzform für Solid-State-Disk. Sie
basiert nicht auf magnetische Scheiben, sondern aus "nicht-flüchtigen" Speicherchips (Flash-
Speicher). Man kann es sich in etwa wie beim Arbeitsspeicher vorstellen, mit dem
Unterschied, dass die Daten nach Ausschalten des PCs nicht verloren gehen.

Samsung
Samsung 960 EVO Samsung 860 EVO WD 3TB 5.200U/Min
860 EVO
M.2 SSD HDD
M.2

Bauform M.2 M.2 SSD HDD


Schnittstell
e
PCIe 3.0 x4 S-ATA S-ATA S-ATA
Protokoll NVMe AHCI AHCI AHCI
Leserate 3.200 MB/s 550 MB/s 550 MB/s 133 MB/s
Schreibrate 1.500 MB/s 520 MB/s 520 MB/s 132 MB/s

M.2 ist analog zur SSD ein Flashspeicher, aber in einer anderen Bauform. Hierbei handelt es
sich um eine Steckkarte, welche in den PCI-Express-Anschluss des Mainboards eingesteckt
wird. Dies ist dieselbe Schnittstelle, die von anderen Steckkarten wie beispielsweise moderne
Grafikkarten verwendet wird. Die Begriffe M.2, SSD und HDD beziehen sich im
umgangssprachlichen Sinne um die Aspekte Bauform (Steckkarte, Festplattengehäuse) und
dem Speichermedium (Flashspeicher, Magnetspeicher):

 M.2 = Flashspeicher, Steckkarte (PCI-Express)


 SSD = Flashspeicher, 2,5" Festplattengehäuse
 HDD = Magnetspeicher, 3,5" oder 2,5" Festplattengehäuse

Und jetzt muss man etwas aufpassen, denn mit Einführung von M.2 hat man zeitgleich ein
neues Protokoll namens NVMe (Non-Volatile Memory Express) eingeführt, ein sehr
schlankes und performantes Übertragungsprotokoll, was bei Flashspeichern in Verbindung
mit PCI-Express erst so richtig den Turbo zündet.

Das Protokoll (NVMe, AHCI) und die Schnittstelle (PCIe, S-ATA) symbolisieren die
Datenautobahn. Die Gesamtperformance ergibt sich demzufolge aus der
Lese-/Schreibgeschwindigkeit der Festplatte und der maximalen Übertragungsrate der
"Datenautobahn".

Bei S-ATA 3 und klassischem AHCI-Protokoll ist die Rede von 6 GB pro Sekunde. Hier ist
Vorsicht geboten, da man Gigabit und Gigabyte voneinander unterscheiden muss. Außerdem
werden technisch bedingt nur 80% der Bandbreite für die Datenübertragung genutzt, so dass
bei S-ATA maximal 600 MByte pro Sekunde übertragen werden können.

davon
Schnittstell Protokol Bandbreite
nutzbar in MByte/s
e l (brutto)
(netto)
S-ATA 1 AHCI 1,5 GBit/s 1,2 GBit/s 150 MByte/s
S-ATA 2 AHCI 3 GBit/s 2,4 GBit/s 300 MByte/s
S-ATA 3 AHCI 6 GBit/s 4,8 GBit/s 600 MByte/s
PCIe x4 NVMe 32 GBit/s 32 GBit/s 4.000 MByte/s

SSD-Festplatten haben sich in Sachen Leistungsfähigkeit enorm weiterentwickelt (siehe SSD-


Test: OCZ ARC 100, Samsung 840 Evo, Intel X25-M), so dass die 600 MB/s mittlerweile das
Nadelöhr darstellen und moderne SSDs sogar ausbremsen. M.2 NVMe in Kombination mit 4
PCI-Express Lanes können die Daten über eine bis zu 4.000 MB/s schnellen Daten-Autobahn
schicken, d.h. die 6fache Übertragungsrate.

M.2 mit NVMe oder mit S-ATA


M.2 wird oft mit dem schnellen NVMe Protokoll und PCI-Express in Verbindung gebracht.
Aber Vorsicht! Es existieren auch M.2-Steckkarten basierend auf S-ATA/AHCI, was
letztendlich dasselbe wie eine normale SSD-Festplatte ist. Man wird kaum
Leistungsunterschiede bemerken.

Damit es keine Verwechslungen gibt, haben die NVMe-Steckkarten eine Kerbe, die S-ATA-
Pendants hingegen zwei Kerben. Viele werden sich an dieser Stelle fragen, ob es tatsächlich
Käufer von M.2 S-ATA-Steckkarten gibt? Die Antwort ist ja, denn M.2-Steckkarten sind
extrem kompakt und finden in kleinen PCs ihren Platz, die das neue NVMe Protokoll noch
nicht unterstützen.

Benchmarks und Leistungstests


Die folgende Grafik fasst noch einmal zusammen, wie das Protokoll und die Schnittstelle
moderne Flashspeicher und klassische Magnet-Festplatten beeinflussen. Wir haben
festgehalten, dass SSD- und M2.-Festplatten über eine hohe Lese-/Schreibrate verfügen. Zum
heutigen Stand ist aber nur die PCI-Express / NVMe in der Lage, die großen Datenmengen zu
übertragen.

S-ATA drosselt die Leistung einer M.2-Steckkarte künstlich auf eine Leserrate von 550 MB/s
pro Sekunde. Auch moderne SSD-Festplatten werden auf 550 MB/s gebremst.
Anders ist es bei klassischen Magnet-Festplatten, deren Leistung irgendwo zwischen 100 bis
300 MB/s liegen. Hier ist S-ATA vollkommen ausreichend und bremst die Leistung nicht.

Praxis-Benchmarks: HDD vs. SSD vs. M.2 (NVMe)


Theorie ist die eine Sache, aber welche Leistungsunterschiede sind in der Praxis zu erwarten.
In ein und demselben PC wurde eine Windows 10 Installation auf eine M.2 NVMe
Steckkarte, eine SSD und eine klassische Magnetfestplatte mit 5.400 U/Min geklont. Vor
allem der Leistungsunterschied zwischen Magnet- und Flashspeicher-Festplatte sind teilweise
gravierend.

Windows 10 Boot-Zeit

Wie lange dauert ein vollständiger Start von Windows 10? Gemessen wurde die Zeit
beginnend beim Drücken des Einschaltknopfes bis zum vollständigen Laden des Windows
Desktops (Passwort-Abfrage wurde deaktiviert). Sowohl M.2 als auch SSD sind das 2 bis
3fache schneller als die HDD, die fast 1 1/2 Minuten benötigt.

Der Unterschied zwischen M.2 und SSD ist gering. Ein Grund dafür ist, dass das UEFI des
Mainboards länger gebraucht hat, die M.2 als Bootmedium zu finden.

Festplatte Ergebnis in Sekunden


HDD S-ATA "WD 3 TB 5.400 U/Min" 85
SSD S-ATA "Samsung 860 EVO 6 GB/s" 38
M.2 NVMe "Samsung 960 EVO 3500 MB/s" 31

Battlefield 1 Ladezeit

Mal schnell eine Runde Battlefield "zocken"? Das Laden der Spielewelten fühlt sich auf der
HDD wie eine gefühlte Ewigkeit an. Gerade im Bereich PC-Games kann sich die Aufrüstung
auf eine M.2 oder SSD lohnen, da die Spielewelten mehrfach in einer Session geladen
werden.

Festplatte Ergebnis in Sekunden


HDD S-ATA "WD 3 TB 5.400 U/Min" 45
SSD S-ATA "Samsung 860 EVO 6 GB/s" 19
M.2 NVMe "Samsung 960 EVO 3500 MB/s" 16

Chrome Ladezeit

Erschreckend langsam! Oder fantastisch schnell. Wer nach einem frisch gebooteten Windows
10 auf einem Standard-Office-PC den Chrome Browser startet, der darf mit einer HDD fast
eine Minute (!) warten. Mit einer SSD oder M.2 eine Sache von wenigen Sekunden. Klare
Kaufempfehlung!

Festplatte Ergebnis in Sekunden


HDD S-ATA "WD 3 TB 5.400 U/Min" 42
SSD S-ATA "Samsung 860 EVO 6 GB/s" 5
M.2 NVMe "Samsung 960 EVO 3500 MB/s" 3

40 GB Datei kopieren

Die Parade-Disziplin von Flashspeichern ist das Kopieren bzw. Lesen von großen Dateien.
Das Testergebnis ist eindeutig.

Festplatte Ergebnis in Sekunden


HDD S-ATA "WD 3 TB 5.400 U/Min" 463
SSD S-ATA "Samsung 860 EVO 6 GB/s" 126
M.2 NVMe "Samsung 960 EVO 3500 MB/s" 48

Das Fazit dieses Tests ist eindeutig. Die Gesamtleistung eines PCs kann durch ein Upgrade
auf eine SSD oder M.2 deutlich beschleunigt werden, was sich im Alltag spürbar bemerkbar
macht.

Ob es nun eine SSD oder M.2 wird, muss jeder für sich entscheiden, da die Leistung teilweise
nah beieinander liegt, welche die Mehrkosten nicht immer begründen.

Kosten: IDE extrem günstig, SSD und M.2. teuer


Flashspeicher wie SSD- oder M.2-Festplatten sind bekanntlich wesentlich teurer als
herkömmliche Magnet-Festplatten. Wir haben Markt analysiert und die Preise für 250 GB,
500 GB, 1 TB, 2 TB und 4 TB zusammengefasst (Stand 03/2019):
Deutlich zu sehen ist, dass M.2- und SSD-Festplatten zum einen 2 bis 3 mal so teuer wie eine
klassische HDD ist, zum anderen explodieren die Preise von Flashspeichern ab einer
Kapazität von 500 GB. Daher bestehen typische PC-Konfigurationen aus einer M.2-/SSD-
Festplatte (bspw. 256 GB) für das System (Betriebssystem, Programme & Co.) und einer
HDD als großer Datenspeicher (2 TB und mehr).

Kurze Ergänzung zur Grafik: M.2-Festplatten sind aktuell nur bis zu einer Kapazität von bis
zu 2 TB verfügbar.

M.2 - nicht nur schnell, sondern auch extrem kompakt


In diesem Artikel sind wir sehr tiefgreifend auf die Leistungsfähigkeit von Flashspeichern
eingegangen. Diese haben gleichzeitig noch einen weiteren grundlegende Vorteile:

 Lautlos: anders als bei magnetischen Festplatten gibt es keine beweglichen Teile
 Kompakt: SSD-Festplatten gibt es überwiegend in 2,5" oder 1,8" Bauweise, die
typische M.2 2280 Steckkarte ist 80mm lang und 22mm breit
 Stoßresistent: Festplatte fällt bei laufendem Betrieb herunter? Was bei einer HDD
zum Kopfzylinder-Crash führt, ist bei M.2 oder SSD überhaupt kein Problem.
 Stromsparend: Flashspeicher sind technisch bedingt energieeffizienter

Lebensdauer von SSD, M.2 & Co.


Die Angst, dass durch vielfaches Beschreiben bzw. intensiver Nutzung SSD-Festplatten
ausfallen, hält sich hartnäckig. Grundsätzlich haben SSDs eine begrenzte Lebensdauer, da
eine einzelne Speicherzelle nur bis zu 100.000 mal beschrieben werden darf. Einerseits ist
allein dieser Wert extrem hoch, andererseits verteilt der Speichercontroller der SSD-Festplatte
die Schreibzugriffe intelligent auf alle verfügbaren Speicherzellen, um einzelne Zellen nicht
zu überlasten und somit einen vorzeitigen Defekt hervorzurufen. Die Festplatten-Hersteller
sprechen übrigens von "Terabyte(s) written", kurz TBW.
In der Praxis und unter Normalbedingungen hält eine SSD mindestens genau so lange wie
eine klassische Magnetfestplatte, die in der Regel auch nur eine garantierte Lebensdauer von
ca. 10 Jahren hat.

Fazit, Pro & Contra


M.2 und SSD als System-Festplatte ist einer der effektivsten Leistungssteigerung von PCs, da
die Festplatte bei nahezu allen Aktivitäten eines PCs beteiligt. Die Aufrüstung wird sich
spürbar positiv bemerkbar machen und nicht ohne Grund wird gerade bei älteren PCs "CPU-
Leistung ist ausreichend, 3D-Spiele werden nicht gemacht, dann ersetzen wir die HDD durch
eine SSD und der PC ist wieder auf dem Stand der Zeit." empfohlen.

M.2-Festplatten schrauben nicht nur die Messlatte in Sachen Leistung auf eine neue Ebene,
sie eignen sich aufgrund der kompakten Bauweise hervorragend in ultra kompakte PCs.
Beispiele wären Ultrabooks oder kompakte Wohnzimmer-PCs.

Einziger Haken bei M.2-Festplatten ist der deutlich höhere Preis. Daher wird als
umgangssprachlich "Datengrab" eine klassische HDD empfohlen.

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