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Musikgeschichte 1 - Fernlehre Band 12

Barock in Frankreich im 17. Jhdt.

Schloss Versaille bei Paris


Inhalt:

1) Allgemeines:

- Kunst und Ludwig XIV.

- Vingt-quatre Violons du Roy

- Musik für Cembalo

- Musik für Laute

- Entwicklung Flöten, Oboen

- Das „französische Trio“

2) J.B. Lully (und die französische Oper)

3) Die barocke Orchestersuite (zur „Ouverture“)

4) Weitere Komponisten (Charpentier, Couperin etc.)

(Durch die zentrale Stellung Lullys gibt der Artikel über ihn stellvertretend
einen fundamentalen Einblick in die Entwicklung der französischen
Barockmusik.)
Frankreich Barockmusik im 17. Jhdt.
Kunst und Ludwig XIV.

Die Herrschaft Ludwig XIV. nennt man zu Recht das


„Grand Siècle“. Der König hatte die Absicht, die
besten Künstler, Architekten, Maler, Poeten, Musiker
und Schriftsteller für Frankreich arbeiten zu lassen.
Er entfaltete ein noch nie dagewesenes Mäzenatentum
mit der Absicht die gesamte Kunstlandschaft
Frankreichs zu beeinflussen, zu prägen und zu
lenken, um sie im Interesse königlicher Politik zu
instrumentalisieren. Die Kunst stand im Dienste der
Verherrlichung des Königs und seiner Ziele, ganz
nach barocker Manier. Das Ansehen des Königs und
des Staates sollte gesteigert werden; dazu wurde
Ludwigs Minister Colbert damit beauftragt Literatur,
Kunst und Wissenschaft zu fördern. Dem Minister
wurde die Organisation der Gloire des Königs
überlassen. Zahlreiche Königliche Akademien
wurden auf allen Gebieten der Kunst und
Wissenschaft gegründet:

• 1663 die Akademie der Inschriften und die


Akademie für Malerei und Skulptur
• 1666 die Akademie der Wissenschaften
• 1671 die Akademie der Architektur
• 1672 die Akademie der Musik (Académie royale de Musique heute Opéra National
de Paris)

Im Sinne der Selbstdarstellung des Monarchen sind auch die Feste in Versailles zu
verstehen. Die Repräsentation des Königs diente dem Ansehen des Staates in aller Welt.
Einige Künstler erklommen im Dienste des Königs ungeahnte Höhen; hier wären besonders
Lully auf dem Gebiet der Musik und des Tanzes zu nennen, aber auch Molière, der für
Ludwig XIV. zahllose Bühnenstücke verfasste. Beide Künstler zusammen zeigten sich für die
Organisation der königlichen Spektakel verantwortlich. Daneben förderte Ludwig XIV. noch
zahlreiche berühmte Künstler: Darunter auf dem Gebiet der Literatur Boileau, La Fontaine
und Racine, in der Malerei Le Brun, Rigaud und Mignard, im Bereich der Musik – die
Ludwig besonders wichtig war – unter anderem Charpentier, Couperin, Delalande und
Marais, in der Architektur Le Vau, Perrault, de Cotte, als auch Hardouin-Mansart, die
im Auftrag des Königs den französischen klassizistischen Barock prägten, und im
Kunsthandwerk Coysevox sowie insbesondere Boulle. Auf dem Gebiet der Wissenschaft
konnte Ludwig XIV. einige bekannte Forscher für Paris gewinnen, darunter Cassini, Huygens
und Coronelli, deren Arbeiten er mit hohen Pensionen unterstützte.
Schloss Versaille bei Paris
Schloss Versailles (ganz oben) und seine gigantische Gartenanlage aus der
Vogelperspektive. Die Symetrie in allem ist ein wesentliches Merkmal des Barocks. In
Frankreich fiel diese Art zu denken auf besonders fruchtbaren Boden.
Vingt-quatre Violons du Roy
Die Vingt-quatre Violons du Roy, in heutiger Schreibweise auch Vingt-quatre Violons du
roi, waren ein berühmtes, fünfstimmig besetztes Streichorchester am französischen
Königshof, das zwischen 1626 und 1761 bestand.

Die Vingt-quatre Violons du Roy (zu deutsch: „24 Streicher des Königs“) wurden 1626 unter
Ludwig XIII. gegründet. Als wichtiger Bestandteil der Musique de la Chambre hatten sie
wesentlichen Anteil an der musikalischen Gestaltung von Festlichkeiten und offiziellen
Anlässen am französischen Hof in Schloss Versailles. Bedarfsweise wurden sie verstärkt
durch Bläser der Grande Ecurie (ein Ensemble, das in erster Linie für Freiluftveranstaltungen
und militärische Anlässe zuständig war), oder traten gemeinsam mit dem Orchester der Oper
auf. Mitglieder der Vingt-quatre Violons mussten über einen einwandfreien Ruf verfügen und
römisch-katholisch sein. Zu ihren Privilegien zählte neben Steuererlass die Erlaubnis, einen
Degen zu tragen. Die Mitglieder des Ensembles nannten sich „Violon du Roy“ der Leiter „Roi
des Violons“, die Zugehörigkeit konnte erkauft oder vererbt werden. Unter den
Ensemblemitgliedern waren beispielsweise Jean-Baptiste Lully, Jean-Marie Leclair, Jean-
Féry Rebel und dessen Sohn François Rebel sowie Jacques Aubert.

Jean-Baptiste Lully, „Surintendant (Oberaufseher) de la musique instrumentale“ und „Maitre


de la musique de la famille royale“ (Musiklehrer der königlichen Familie), war mit Leistung
und Disziplin der Violons nicht zufrieden und erwirkte bei seinem Dienstherrn Ludwig XIV.
die Erlaubnis, 1655/56 ein separates, kleineres Ensemble zu gründen, Les Petits Violons
de Lully. Es war mit 16, später 21 Streichern sowie zwei Sopranzinken und zwei
Fagotten besetzt. Das zu den Vingt-quatre Violons in Konkurrenz tretende Orchester wurde
auch als La petite bande bezeichnet; die Vingt-quatre Violons erhielten demgegenüber den
Beinamen La grande bande.[3]

1761 wurde das Orchester, vor allem aus finanziellen Gründen, aufgelöst und mit der
Chapelle Royale (dem bis dahin für religiöse Feierlichkeiten zuständigen Ensemble)
fusioniert.

Besetzung

Quinte de Violon

Die fünfstimmige Besetzung der Vingt-quatre Violons wurde durch fünf verschieden große
Streichinstrumente mit folgender Bezeichnung gebildet:

• 6 premiers violons (erste Violinen, Stimmung: g – d1 – a1 – e2)


• 4 hautes-contre, 37,5 cm Korpuslänge: (Stimmung: c – g – d1 – a1)
• 4 tailles, 45 cm Korpuslänge: (Stimmung: c – g – d1 – a1)
• 4 quintes, 52,5 cm Korpuslänge: (Stimmung: c – g – d1 – a1)
• 6 basses de violon (Stimmung: ‚B – F – c – g)

Die Violinen waren sogenannte „Violino alla francese“ oder „Violino piccolo“ und hatten
einen etwas kleineren Korpus als das italienische Modell. Die Mittelstimmen wurden von drei
Violen in gleicher Stimmung, jedoch verschiedener Größe mit entsprechend unterschiedlicher
Klangfarbe und Volumen gespielt, die aus der heutigen Musikpraxis verschwunden sind. Die
beiden tieferen Violen entsprachen in etwa dem anderweitig als Tenor-Viola bezeichneten
Instrument. Das Bassinstrument (ein dem Violone ähnliches Instrument) war einen Ganzton
tiefer gestimmt als das heutige Violoncello. Lully änderte die Besetzung später; die vierte
Stimme wurde nur dreifach, die Bassstimme fünffach besetzt und durch zwei Kontrabässe
ergänzt. Die Besetzung der Vingt-quatre Violons wirkte stilbildend für den fünfstimmigen
Streichersatz, der im Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts dominierte.

Französischer Violinschlüssel (Clé de sol) ist der g'-Schlüssel auf


der untersten Linie.

Musik für Cembalo - „Pieces de Clavecin”


„Pieces de Clavecin“ beginnt man in Frankreich mit dem Frühbarock zu spielen:

Jacques Champion de Chambonnières (* Ende 1601 oder 1602 in Paris; † vor dem 4. Mai
1672 ebenda) war ein französischer Cembalist und Komponist des Barock.

Er war der Begründer der französischen Cembaloschule (Clavecinisten).

Chambonnières - Suite in F - Mark Edwards, harpsichord

https://www.youtube.com/watch?v=k4cVrWQPXI0

Als Vollender dieser Tradition gilt im Hochbarock

Francois Couperin
- Pieces de Clavecin, Rafael Puyana

https://www.youtube.com/watch?v=Gm3Ep0_-cpc
Auf dem Gebiet der Laute
ist besonders die Familie Gaultier hervorzuheben:

Ennemond Gaultier (Gautier le Vieux, Gaultier de Lyon) (* um 1575 in Villette,


Dauphiné; † 17. Dezember 1651 in Nèves)

Denis Gaultier (auch Gaultier le Jeune, Gaultier de Paris; * 1597 oder 1603 (Geburtsort
unbekannt, möglicherweise Marseille); † Januar 1672 in Paris)

Die Musik von Denis Gaultier ist in zwei Drucken überliefert:

• Pièces de luth sur trois différens modes nouveaux (1669) (Alle Kompositionen von
Denis Gaultier)
• Livre de tablature ... de Mr. Gaultier Sr. de Nève et de Mr. Gaultier son cousin
(posthum 1672 von der Witwe und M. de Montarcis fertiggestellt)
Flöten, Oboen:

Im Bereich der Holzblasinstrumente ist die Familie Hotteterre besonders zu erwähnen:

Jean de Hotteterre
(* im 16. oder 17. Jahrhundert; † 1691) war ein französischer Drechslermeister und
Instrumentenbauer aus Paris.
Er gehörte zur weitverzweigten Familie der Hotteterres, die nach 1640 in
Zusammenarbeit mit der königlichen Kapelle in Paris als Musiker und
Instrumentenbauer die neuen Barockblockflöten, Traversflöten und Oboen
wegweisend mitkreierten.

Auch geht das „Trio“ auf das „Französische Trio“ (bei Lully) zurück: Besetzung
2 Oboen und Fagott.

Paris ist natürlich seit jeher ein bedeutendes Zentrum für Instrumentenbau und
Notendruck (nach 1500).
2) - Jean-Baptiste Lully

Jean-Baptiste Lully (ursprünglich Giovanni Battista


Lulli; * 28. November 1632 in Florenz; † 22. März 1687
in Paris) war ein italienischer Komponist, der den größten
Teil seines Lebens für den Hof Ludwigs XIV. arbeitete.
Er wurde 1661 französischer Bürger.

Kindheit in Italien

Jean-Baptiste Lullys Vorfahren väterlicherseits waren


Bauern. Jean-Baptiste erhielt eine gediegene Ausbildung,
ein Franziskanermönch gab ihm ersten Musikunterricht.

Auf seiner Reise von Malta machte Roger de Lorraine,


Chevalier de Guise, im Februar 1646 Station in Florenz.
Er suchte für Anne Marie Louise d’Orléans, duchesse de
Montpensier, genannt La Grande Mademoiselle (Tochter
von Gaston d’Orléans, der ein Bruder von Ludwig XIII. war), einen „hübschen“ Knaben für
italienische Konversation. Er wurde auf den komödiantisch begabten Lully aufmerksam und
nahm ihn im Einverständnis der Eltern mit nach Frankreich.

In Frankreich lebte Lully bei der Grande Mademoiselle Anne Marie Louise d'Orléans im
Palais des Tuileries. Zu seinen Aufgaben gehörte es nicht nur, die Dame des Hauses zu
unterhalten und sie auf der Gitarre zu begleiten, sondern auch, die Garderobe zu sortieren, die
Kamine zu heizen und die Kerzen anzuzünden. Er vervollkommnete weiter sein Geigenspiel,
nahm Cembalo- und Kompositionsunterricht bei Nicolas Métru, François Roberday und
Nicolas Gigault und trat in komischen Rollen auf. Jean Regnault de Segrais, der mit François
de La Rochefoucauld und Mme de Sévigné verkehrte und 1661 in die Académie française
aufgenommen wurde, sorgte für Lullys Ausbildung zum Ballett-Tänzer.

Lully und Ludwig XIV. tanzen zusammen

Der junge Ludwig XIV. in der Hauptrolle des Apollo im „Ballet


royal de la nuit“ 1653

Kardinal Mazarin und Anna von Österreich führten die


Regierungsgeschäfte allein. Solange sie den jungen Ludwig nicht
benötigten, wurde dieser arg vernachlässigt und trieb sich
zusammen mit seinem Bruder im Graben des Louvre herum. Dort
trafen sich die Kinder des Personals, um miteinander zu spielen;
hier mag es auch gewesen sein, dass der zukünftige Sonnenkönig
Giovanni Battista Lully kennenlernte. Kaum mag man den König
und seinen Bruder unter den anderen Kindern vermutet haben,
denn die königlichen Gewänder wurden von Mazarin wie ein
Augapfel gehütet, sein Geiz war legendär. So kam es, dass manch
ein Dienstbotenkind besser angezogen war als der König von Frankreich. Zwischen Lully und
dem König entstand eine enge Freundschaft, sie lernten gemeinsam Tanzen und Gitarre
spielen. Das Verhältnis ging wohl über das Mäzenatentum weit hinaus.

Natürlich blieb es den übrigen Hofmusikern nicht verborgen, wie sehr der König den
italienischen Musiker schätzte. Jean de Cambefort, der bisher zuständig für die Ballettmusik
am französischen Hof war, sah ihn jetzt schon als ernste Bedrohung. Genauso der Leiter der
24 Violinen des Königs (das Orchester wurde von Ludwig XIII. gegründet und ist das erste
feststehende Orchester der Musikgeschichte gewesen), Guillaume Dumanoir. Aber es gab
auch Hofkomponisten, die den jungen Musiker nach Kräften förderten, wie Regnault und
Michel Lambert, der als größter Meister des „Air de Cour“ in die Musikgeschichte einging. Er
wurde später Lullys Schwiegervater.

Am 7. März 1652 trat Lully in der Mascarade de la foire Saint-Germain als Händler auf. Nach
einem kurzen „Intermezzo“ in Saint-Fargeau, wohin Lully der Grande Mademoiselle gefolgt
war, die nach Niederringung der Fronde gezwungen worden war, Paris zu verlassen,
konzentrierte sich Lully seit Ende 1652 ganz auf Ludwig XIV. Im Ballet royal de la nuit,
mehrere Male zwischen dem 23. Februar und 16. März 1653 aufgeführt, war Lully als
Schäfer, Soldat, Bettler, Krüppel und Grazie zu sehen. Der König selbst tanzte hier zum
ersten Male die Rolle der aufgehenden Sonne. Er fand ein solches Gefallen an Lully, dass er
ihn am 16. März 1653 zum Compositeur de la musique instrumentale ernannte. Nicht selten
tanzte Lully an der Seite des Königs, zum Beispiel im Ballet des plaisirs. Er konnte auch erste
Erfolge als Komponist verzeichnen. Für das Ballet de Psyché hatte er ein Concert italien
beigesteuert. Seine erste größere Komposition war die Maskerade La Galanterie du temps, die
im Palais Mazarins unter Mitwirkung der Petits violons aufgeführt wurde. Mit den seit 1648
bestehenden "Petits violons" fand Lully ein Ensemble vor, das flexibler einsetzbar war als die
länger etablierte, aus 24 Violinen bestehende "Grande bande" und ihm zudem ermöglichte,
älteren komponierenden Rivalen, die seinen Erfolg missbilligten, besser aus dem Weg zu
gehen.

Lully gehörte zur Gruppe der in Paris unter Förderung Mazarins tätigen Italiener.
Doch ungeachtet seiner Herkunft war Lully bereits in dieser Zeit der Hauptvertreter
eines französisch geprägten Tanzstils.

Mit Amour malade, am 17. Januar 1657 uraufgeführt, gelang Lully der Durchbruch als
Komponist. Lully brillierte wieder als Tänzer, hier als Scaramouche, dem ein Esel eine
Dissertation widmet.

Karriere am Hof Ludwigs XIV.

Lully gehörte nun unzweifelhaft dem inneren Kreis um den König an. Als der König 1659 mit
Mazarin zur Vorbereitung des Pyrenäen-Friedensvertrages in die Pyrenäen reiste, begleitete
ihn Lully und komponierte unter anderem das Ballet de Toulouse. Am 29. August 1660, drei
Tage nach dem Einzug Ludwigs in Paris, erklang in der Église de la Merci in Anwesenheit
der Königinmutter Anna von Österreich, des Königs, der Königin Maria Theresia von
Spanien und Philippe I. de Bourbons, des Königs Bruder, mit großem Erfolg Lullys
Friedensmotette Jubilate Deo.

Der Kardinal hatte anlässlich der Feierlichkeiten Francesco Cavalli, den berühmtesten
italienischen Opernkomponisten, nach Paris kommen lassen. Auch vorher schon hatte Paris
Aufführungen italienischer Opern erlebt: Luigi Rossis Werke wurden oft gespielt, besonders
eindrucksvoll war die Aufführung der Oper „L'Orfeo“. Cavalli sollte unter dem Titel „Ercole
amante“ (Der verliebte Herkules) eine Festoper zu Ehren des Hochzeitspaares schreiben.
Lully wurde abgestellt, um Balletteinlagen für die Prunkoper zu verfassen, aber er war nicht
unterwegs, um mit Cavalli zusammenzuarbeiten, sondern um als Saboteur im Auftrag des
Königs (der die italienischen Opern hasste) die Aufführung zu untergraben.

Cavalli konnte das Werk nicht rechtzeitig vollenden und musste auf ein älteres Werk
zurückgreifen: „Xerse“, doch auch hierfür komponierte Lully Ballettmusik. Als am 21.
November 1660 Francesco Cavallis Xerse in der Gemäldegalerie des Palais des Tuileries
aufgeführt wurde, überwucherten die von Lully beigesteuerten Tanzeinlagen die Oper
geradezu. Lully, der gebürtige Italiener, hatte eine ganz und gar französische Musik
komponiert, die sich neben die italienische, durchaus mit dem Anspruch der eigenen
Überlegenheit, stellte. Cavallis Oper wurde kaum beachtet, er selbst nicht einmal als
Komponist erwähnt. Doch war nicht Cavalli das eigentliche Ziel dieser Vorkommnisse,
sondern der Kardinal, der durch das Versagen des von ihm protegierten Komponisten
lächerlich gemacht werden sollte.

Nach dem Tod Mazarins am 9. März 1661 verließen viele Italiener Frankreich. Doch obwohl
man die italienische Oper in ihre Schranken verwiesen hatte, wurde „Ercole Amante“ doch
noch aufgeführt. Das Ballett „Hercule amoureux“ sollte eines der denkwürdigsten
Ereignisse der Musikgeschichte werden, denn hier trat der König nun zum zweiten Mal
als Apollo auf, doch diesmal in aller Pracht, der Hof skandierte während seines Tanzes
„Lang lebe der Sonnenkönig!“ Diesen Spitznamen sollte Ludwig XIV. sein Leben lang
behalten. Cavalli kehrte als gebrochener und entehrter Mann nach Venedig zurück, er
schwor, niemals wieder für die Bühne zu komponieren. Lully machte weiter Karriere. Am 5.
Mai 1661 ernannte Ludwig XIV. ihn zum Surintendant de la musique du roi, wobei er auf die
10.000 livre, die das Amt gekostet hätte, verzichtete. Michel Lambert wurde Maître de
musique de la chambre.

Zusammenarbeit mit Molière (1664–1671)

Die „Vergnügungen der verzauberten Insel“ (Les plaisirs de l'île enchantée) in Versailles
1664

Der Finanzminister Nicolas Fouquet hatte sich in Vaux-le-Vicomte einen Palast erbauen
lassen und dafür die besten Künstler Frankreichs verpflichtet: Louis Le Vau als Architekt,
André Le Nôtre für die Gartenanlagen und Charles Lebrun, den ersten Hofmaler und
hervorragenden Dekorateur, für die Gestaltung der Prunkräume. Am 17. August 1661 fand
das große Fest statt, zu dem der König, seine Familie und 6000 [?] Gäste geladen waren. Für
die musikalische Gestaltung sorgten die fähigsten Musiker, darunter Michel Lambert und
Lully. Lully, mit Molière befreundet, hatte diesen wenige Tage zuvor noch in panischer
Stimmung gefunden, da er für seine Komödie „Les Fâcheux“ (Die Lästigen) nicht
genügend Schauspieler zur Verfügung hatte. Abhilfe schuf eine genial einfache Idee:
Zwischen die Szenen wurden Ballettnummern eingefügt, um den Schauspielern Zeit
zum Umkleiden zu geben. Pierre Beauchamp und Lully arrangierten die Ballettnummern, für
die Lully nur eine Courante neu komponierte.

Die Aufführung wurde ein unglaublicher Erfolg, und die „Comedie-ballet“ (Ballett-
Komödie), für die nächsten Jahre ein wichtiges Medium Lullys, war geschaffen. Das
teure Schloss und das verschwenderische Fest hatten jedoch den König verärgert. Bald darauf
ließ er Fouquet verhaften, seine Besitztümer beschlagnahmen – und begann ab sofort das alte
Jagdschloss seines Vaters zur allerprächtigsten Residenz zu erweitern: Schloss Versailles.

Als 1664 die ersten Arbeiten im Park abgeschlossen waren, wurde ein gewaltiges Fest
ausgerichtet: „Les Plaisirs de l'îsle enchantée“, thematisch bezogen auf eine Geschichte aus
Ariosts Orlando furioso, dauerte vom 7. bis 13. Mai. Eröffnet wurde mit einem „Carrousel“,
einem Pferdeballett, in dem sich der Hof in kostbaren Kostümen präsentierte. Der König
selbst führte, als „Roger“ kostümiert, den Zug an. Den Abschluss des Tages bildete das
„Ballet des Saisons“ (Ballett der Jahreszeiten), in dem unter anderem der Frühling auf einem
Pferd, der Sommer auf einem Elefanten, der Herbst auf einem Kamel und der Winter auf
einem Bären einzogen. Musik, die Lully für diesen ersten Tag komponiert hat, ist verschollen.

Es gab Lotterien, Bankette, Bälle, Aufführungen dreier Molière-Lully Ballette, „La Princesse
d’Élide“ (Die Fürstin von Elis, 8. Mai), „Les Fâcheux“ (11. Mai), „Le Mariage forcé“ (Die
Zwangsheirat, 13. Mai), und am 12. die Premiere des Tartuffe, der ein Verbot des Stückes
folgte.

Den Höhepunkt des Festes aber bildete die Erstürmung des „Palastes der Alcina“, einer
großartigen Kulisse auf einer künstlichen Insel im großen Kanal von Versailles, die in einem
sehr aufwändigen Feuerwerk unterging.

In den folgenden Jahren entstanden weitere Ballettkomödien: „George Dandin“ 1668 wurde
im Rahmen des zweiten großen Festes von Versailles gegeben. „Monsieur de Pourceaugnac“
(auch Le Divertissement de Chambord, Chambord 1669). Doch der größte Erfolg sollte den
beiden Ballett-Komödien „Les amants magnifiques“ (Die Fürsten als Brautwerber) und „Le
Bourgeois Gentilhomme“ (Der Bürger als Edelmann) beschieden sein, beide von 1670.
Letztere war auf den türkischen Botschafter gemünzt, der sich bei Hof lächerlich gemacht
hatte.

Neben der Zusammenarbeit mit Molière komponierte Lully weiterhin die Hofballette. 1669
entstand das letzte große Hofballet „Ballet Royal de Flore“, in dem Ludwig XIV. zum dritten
Mal als die Sonne auftrat, in der Ballettkomödie „Les amants magnifiques“ dann zum vierten
und letzten Mal. Angeblich war der König mit der schweren Choreographie überfordert.

1671 schufen Lully und Molière die Tragédie-ballet (Ballett-Tragödie) „Psyché“ (Psyche),
um dem „größten König der Welt“ Heroisches vorzuführen. Aus Zeitnot musste Molière zwei
weitere Librettisten beschäftigen, nämlich Pierre Corneille, und für die Divertissements
Philippe Quinault, der von da an Lullys Librettist erster Wahl werden sollte.

Als der Herzog von Orléans, der Bruder des Königs, sich nach dem Tod seiner ersten Gattin
1671 mit Liselotte von der Pfalz vermählte, wurde das „Ballet des Ballets“ bestellt. Lully und
Molière schufen ein Pasticcio aus erfolgreichen Szenen der letzten gemeinsamen Werke,
gerieten aber während der Arbeiten in Streit und trennten sich im Zorn. Zwar wurde das
Ballett aufgeführt, aber Molières Komödie „La Comtesse d'Escarbagnas“ (Die Gräfin von
Escarbagnas, Dezember 1671) wurde bereits von einem anderen vertont: Marc-Antoine
Charpentier, der auch für Molières letztes Werk „Le malade imaginaire“ (Der eingebildete
Kranke) die umfangreiche Bühnenmusik schrieb.

Der Sonnenkönig der französischen Oper (1672–1685)

Lully in Hoftracht

1672 brachte Robert Cambert, der ehemalige Oberhofmeister


der Musik der Königinmutter, die erste französische Oper auf
die Bühne: „Pomone“. Der Erfolg war wider Erwarten
bombastisch. Pierre Perrin war für das Libretto verantwortlich.
Lully beobachtete den Erfolg der beiden mit Neugier und großem
Neid.

Durch geschickte Intrigen gelang es, Pierre Perrin in den


Ruin zu treiben. Er kam in die Conciergerie, weil er sich vor
Schulden kaum noch retten konnte. Lully suchte den
Unglücklichen auf und unterbreitete ihm ein Angebot: er sorge für die Begleichung der
Schulden und erwirke beim König seine Freilassung, dafür müsse er ihm die
Opernrechte und alles was damit zusammenhängt überlassen. Perrin ging auf den
Handel ein, ohne zu wissen, was er damit in Gang setzte.

Lully hatte nun das Monopol zur Aufführung von Opern, er erwirkte noch weitere
Rechte beim König, der sie bereitwillig einräumte. So war jegliche Aufführung mit
Musik ohne die Genehmigung des Surintendanten untersagt und wurde mit
Konfiszierung sämtlicher Instrumente, Kostüme, Einnahmen etc. geahndet. Dies traf
Molière besonders schwer in seinen letzten Lebensjahren, da alle Texte, zu denen Lully
Musik komponiert hatte, nun Eigentum des Florentiners waren. Die Académie Royale
de musique war fest in den Händen Lullys. Seine Macht ließ er nun jeden spüren, was
zur Folge hatte, dass viele der angesehenen Komponisten und Musiker den Hof
verließen. Bestes Beispiel ist der Begründer der französischen Cembaloschule Jacques
Champion de Chambonnières.

1672, also im Jahr der „Machtübernahme“, brachte Lully seine erste Oper auf die Bühne, eine
Pastorale „Les Fêtes de l'Amour et de Bacchus“. Hier folgte er aus Zeitnot dem Modell des
„Ballet des Ballets“, also ein Pasticcio. Das Werk war äußerst erfolgreich und legte den
Grundstein für seine weitere Karriere als Begründer der französischen Nationaloper.

Im Gegensatz zu Cambert und Perrin räumte er dem Ballet enormen Raum in seinen Werken
ein. So bestehen alle Tragédies Lullys aus einem Prolog und 5 Akten. Jeder Akt verfügt über
ein Divertissement, eine großzügige Szene mit Ballett und Choreinlagen. Der Prolog kann
durchaus als ein eigenständiges Divertissement gesehen werden und diente ausschließlich zur
Verherrlichung des Sonnenkönigs.

1673 kam die Oper „Cadmus et Hermione“ auf die Bühne, sie gilt als Lullys erste Tragödie. 1674 folgte „Alceste“, diese
Prunkoper wurde im Marmorhof von Versailles uraufgeführt. Sie war einer der Höhepunkte des dritten großen Festes von
Versailles. 1675 wurde „Thésée“ gegeben, ebenso prunkvoll, ebenso erfolgreich.

1676 folgte „Atys“. Da der König hier angeblich selbst mitkomponiert haben soll, sowie sehr lange mit Lully zusammensaß,
um dieses Werk zu vollenden, hat diese Tragödie den Untertitel „Die Oper des Königs“. Hier verzichtet Lully auf Pauken und
Trompeten, um einen dunklen rauen Klang zu erzielen. Legendär wurde die Schlummerszene, hier trat der noch junge Marin
Marais als einer der Träume auf.
1677 wurde „Isis“ gegeben. Obwohl Lully hier ein geniales Werk vorgelegt hat, war der Oper wenig Erfolg beschieden. Man
kritisierte die seltsame Handlung, die Philippe Quinault vorgelegt hatte, und empfand Lullys Musik als zu intellektuell. Die
Oper bekam den Untertitel „Die Oper der Musiker“, denn alle Musiker bzw. musikalisch gebildeten Zuschauer waren von
dem Werk begeistert.

1678 arbeitete Lully die Tragédie-ballet (Ballett-Tragödie) „Psyché“ mit Hilfe der Librettisten Thomas Corneille und Bernard
le Bovier de Fontenelle zu einer Oper um; die gesprochenen Dialoge wurden durch Gesang ersetzt.

1679 kam „Bellérophon“ auf die Bühne, wieder in Kooperation mit Thomas Corneille. 1680 folgte „Proserpine“, 1681, auf
Befehl des Königs, ein Hofballett „Le Triomphe de l'Amour“. Ludwig XIV. wünschte sich eine Wiederbelebung der alten
Hofballette. Dieses Werk wurde von den Nachkommen des Königs getanzt, es wurde zu einem der berühmtesten Werke
Lullys überhaupt.

1682 zog der Hof endgültig nach Versailles. Zu diesem Anlass wurde „Persée“ gegeben. Mit diesem Werk wurde am 17. Mai
1770 das Opernhaus zu Versailles eingeweiht, der Anlass: die Hochzeit des zukünftigen Ludwig XVI. mit Marie Antoinette.
Dies spricht für die Bedeutung, welche man den Werken Lullys noch im 18. Jahrhundert zubilligte.

1683 starb die Königin von Frankreich, die Aufführungen von „Phaeton“ wurden verschoben.

1684 kam Lullys erfolgreichstes Werk auf die Bühne: „Amadis“. Zwar schon 1683 komponiert, wurde die Uraufführung
wegen des Todes der Königin um ein Jahr verschoben. Amadis wurde jedes Jahr aufgeführt, so lange der König lebte. Des
Weiteren wandten sich Lully und Quinault von der Mythologie ab und besangen französische Ritterepen, welche die
Verteidigung des Glaubens als höchstes Ideal zum Inhalt haben. Die Aufhebung des Ediktes von Nantes sollte auch in der
Musik seine Spuren hinterlassen.

Der Absturz (1685–1687)

1685 wurde „Roland“ gegeben. Durch die starke Einflussnahme der Madame de Maintenon
befasste sich der König nun weniger mit Lullys Musik; dessen Stern begann zu sinken. Seit
1683 war Madame de Maintenon des Königs geheime Gemahlin, und ihr gefielen weder die
Musik Lullys noch der Komponist selbst, dessen Homosexualität sie als streng religiöse Frau
nicht tolerieren konnte. Als öffentlich ruchbar wurde, dass Lully einen Pagen namens Brunet
liebte, war dies der geeignete Anlass, Lully die Gunst des Königs zu entziehen. Hinzu kam
seine Beteiligung an den Orgien der Herzöge von Orléans und Vendôme. Der König zitierte
Lully zu sich und unterbreitete ihm, dass er nicht weiter gewillt sei, sein Verhalten zu dulden.
Zwar war Lully inzwischen zum Secretaire du Roi ernannt worden, war sogar (zumindest auf
dem Papier) Berater des Königs und hatte die Erhebung in den Adelstand erhalten, doch der
König behandelte seinen ehemaligen Vertrauten und Freund nun mit Kälte.

Lully schrieb dem König und bat ihn um Vergebung. Beinahe wäre er erfolgreich gewesen:
Der Marquis de Seignelay, Sohn Jean-Baptiste Colberts, hatte ein Werk bei ihm in Auftrag
gegeben, „Idylle sur la Paix“. Den Text dazu schrieb Jean Racine. Der König, der in Sceaux
der Aufführung beiwohnte, war äußerst angetan von dem neusten Werk seines
Oberhofmeisters, er ließ Lully große Abschnitte wiederholen. Doch Madame de Maintenon
schob der Versöhnung einen Riegel vor.

1686 wurde „Armide“, Lullys neueste Oper, nicht am Hof uraufgeführt, sondern in Paris.
Lully war seit längerem in Ungnade gefallen, und der König empfing ihn nicht mehr. Lully
hoffte jedoch, die Protektion des Königs wieder zu erlangen. Seine nächste Oper, die er für
Louis-Joseph Duc de Vendôme auf ein Libretto des Jean Galbert de Campistron komponierte,
war eine subtile Huldigung an den Thronfolger und damit an den König. Acis et Galatée
erklang am 6. September 1686 im Schloss Anet anlässlich einer Jagdpartie des Dauphins. Vor
der Aufführung hatten Lully und die Sänger zusammen mit den Gästen diniert. Im Vorwort
der dem König gewidmeten Partitur schrieb Lully, er verspüre in sich eine „Gewissheit“, die
ihn „über sich selbst hinaushebe“ und „mit einem göttlichen Funken erfülle“.
1687 arbeitete Lully an seiner Oper „Achille et Polixène“, als der König schwer erkrankte.
Anfangs klagte er nur über Zahnschmerzen; die Ärzte wollten den Zahn ziehen, stellten sich
jedoch so ungeschickt an, dass sie dem König ein Stück des Oberkiefers herausrissen. Die
stark blutende Wunde wurde mit einem glühenden Eisen ausgebrannt. Man rechnete schon
mit dem Tod des Königs, doch dieser erholte sich. Für die Feierlichkeiten über die Genesung
des Königs bearbeitete Lully sein 1678 komponiertes „Te Deum“ und plante eine Aufführung
mit der gesamten Hofmusik, 300 Musikern. Die Arbeiten zu „Achille et Polixène“ wurden
zurückgestellt. Doch als er die Motette am 8. Januar 1687 in der Église des Pères
Feuillants aufführte, passierte ein Unglück: Lully schlug dazu, wie damals üblich, den
Takt mit einem langen, reich verzierten, schweren Stab auf den Boden, wobei er
unglücklich seinen Fuß traf. Die Wunde entzündete sich rasch und infizierte sich mit
Wundbrand. Da sich Lully weigerte, den Zeh amputieren zu lassen, verstarb er wenige
Monate darauf. Er wurde in Notre-Dame-des-Victoires unter großer Anteilnahme
begraben.

Seine letzte Oper wurde von seinem Sekretär Pascall Colasse vollendet. Die Nachfolge im
Amt des Surintendanten übernahmen zuerst seine Söhne Jean und Louis de Lully, zusammen
mit seinem Schüler Marin Marais, bis der König Michel-Richard Delalande das Amt
übertrug.

(Abschließend lässt sich feststellen, dass Lully mit seiner neuen


Orchesterdisziplin nicht nur den französischen Stil weiterführte und maßgeblich
prägte, sondern damit enormen Einfluss auf die europäische Musiklandschaft
des ausgehenden 17. Jahrhunderts ausübte.)

Lullys Musik und Bedeutung


Typisch für den Klang seines Orchester sind die „Vorhalte“, der fünfstimmige
Orchestersatz und die große Besetzung des Orchesters. Die 24 Violinen des Königs
bilden den Kern des Ensembles; hinzu treten die 12 großen Oboen (an der
Weiterentwicklung der Schalmei zur Oboe soll Lully maßgeblich beteiligt gewesen sein –
siehe Jean de Hotteterre), eine umfangreiche Continuogruppe mit Lauten, Gitarren,
Cembalo etc. und recht oft Pauken und Trompeten. Beliebt war auch die ins Werk
eingebundene „Zurschaustellung“ neuer Instrumente, wie der Traversflöte oder das
„französische Trio“ aus 2 Oboen und Fagott. Diese Instrumente hatten in vielen Tänzen
und Instrumentalstücken Soloauftritte, meist sogar auf der Bühne. In der nachfolgenden
deutschen Tradition wurde das französische Trio oft verwendet, besonders von Fasch und
Telemann. In den frühen Jahren spielte Lully selbst bei seinem Ensemble die erste Violine,
oftmals sind in den Partituren der Philidor-Sammlung Vermerke wie „M. de Lully joue“ (der
Herr von Lully spielt) zu lesen, die Violinstimme sollte dann mit möglichst blumigen
Verzierungen dargeboten werden.

Die typisch französische Ouvertüre im punktierten Rhythmus mit anschließender Fuge und
Wiederholung des ersten Teils ist allerdings nur zum Teil eine Neuschöpfung Lullys. Seine
Vorgänger, Lehrer und Zeitgenossen wie Jean de Cambefort, Francois Caroubel, Nicolas
Dugap, Jacques de Montmorency de Bellville, Jacques Cordier, Pierre Beauchamps,
Guillaume Dumanoir, Michel Mazuel, Mignot de la Voye oder Robert Cambert schrieben
bereits Ouvertüren, oder besser gesagt „Eröffnungsmusiken“ für die Hofballette. Diese
Ouvertüren haben nichts mit den italienischen Sinfonias zu tun, wie sie von Monteverdi,
Luigi Rossi oder Francesco Cavalli und Marc' Antonio Cesti komponiert wurden – der typisch
französische Orchesterstil wurde schon zu Zeiten Ludwigs XIII. und seiner
Ballettmeister entwickelt und ist auf die Gründung der „24 Violinen“ zurückzuführen –
Lullys Wirken besteht vornehmlich in der Weiterführung der Tradition seiner Vorgänger.
Doch während die alten Ouvertüren eher nur gravitätisch waren, fügte Lully ihnen noch einen
fugierten Teil hinzu. 1660 wurde eine solche „neue“ Ouvertüre im Ballett „Xerxes“ zum
ersten Male aufgeführt, diese Form wurde seitdem beibehalten. Fast jedes Werk beginnt mit
einer solchen Ouvertüre, eine Ausnahme bildet „Les Fêtes de l’Amour et de Bacchus“,
welches noch mit einem altertümlich anmutenden Ritournell eröffnet wird.

Lully selbst war als Tänzer sehr darauf bedacht, seine Tänze und Ballette so zu gestalten, dass
man allein an der Musik schon erkennt, um welchen Tanz es sich handelt. So steht bei der
Komposition nicht die Musik an erster Stelle – sondern der Tanz, den sie verkörpern soll.

Die französische Oper war von Anfang an als Gegenpol zur italienischen etablierten
Oper gedacht. So wie Ludwig XIV. in allen Bereichen der Kunst eine eigene
französische Ausdrucksform forderte, war es ihm ein persönliches Anliegen, dass das
auch in der Musik geschehen sollte. In Lully fand er einen willigen und talentierten
Meister, der seine Vorstellungen umsetzen konnte.

Besonders auffällig ist im Vergleich zur italienischen Oper das französische Rezitativ.
Dieses von Lully und Lambert entwickelte Rezitativ ist vielmehr eine Weiterentwicklung des
„Air de Cour“ und hat mit den italienischen Rezitativen kaum etwas gemein. So gehen
rezitierte Passagen ohne weiteres in kleine liedhafte Airs über. Diese Airs sind jedoch
nicht zu verwechseln mit den Arien wie sie in der italienischen Oper vorkommen. Die
italienische Da-capo-Arie existiert in der französischen Oper nicht. Die berühmteste Szene
Lullys ist der Monolog der Armide aus der gleichnamigen Tragèdie Lyrique: „Enfin il est à
ma Puissance!“ (Akt II, Szene 5). Zeitgenossen wie später auch Jean-Philippe Rameau
betrachteten diese Passage als das Ideal der französischen Opernkunst. Der größte Verdienst
Lullys liegt in der Begründung der französischen Nationaloper. Mit der von ihm
geschaffenen Opernform schaffte er es, die Erwartungen des Publikums
zufriedenzustellen, eine eigene, verständliche Oper zu kreieren und eine Erhaltung und
Integration des Balletts zu erreichen.

Jede seiner Opern ist in 5 Akte und einen Prolog unterteilt. Der Prolog dient musikalisch zu
Verherrlichung seines Königs. Er besteht in der Regel nur aus Balletten, Chören und Airs,
aber kaum Rezitativen. Die 5 Akte der Tragödien (natürlich wurden nur klassische Stoffe
behandelt wie Ritterepen und Geschichten der griechisch-römischen Mythologie) sind alle in
Versen abgefasst, was dem speziellen französischen Rezitativ sehr entgegenkommt. Jeder der
Akte verfügt über ein Divertissement, also große Chorszenen und Ballette. Bestimmte
Szenen wurden zum Standard wie die beliebten Traumszenen (Sommeil), die pompösen
Schlachten (Combats), die Stürme (Vents) und die abschließenden großen Chaconnen und
Passacaillen, oft mit Solisten und Chor.

Schon seit den Plaisirs de l’Îsle de enchantée war der französische Musikstil in Europa
populär geworden, und so zog es recht viele junge Musiker nach Paris, um bei Lully zu
studieren. Diese Schüler sollten zu den europäischen „Lullisten“ werden: Pelham Humfrey,
Johann Sigismund Kusser, Johann Caspar Ferdinand Fischer, Agostino Steffani, Georg
Muffat… Diese jungen Musiker machten den Stil Lullys vor allem in Deutschland und
England populär. Die Orchesterstücke seiner Opern und Ballette kursierten als Suiten in
gedruckter Form in ganz Europa. So wundert es nicht, dass diese Suiten die barocke
Orchestersuite maßgeblich prägten. In fast jeder Musikbibliothek eines Fürsten fanden sich
Abschriften der Werke Lullys. In Deutschland sind es vor allem die Höfe in Hannover, Celle,
Düsseldorf, Kassel, Darmstadt, Rastatt und München gewesen die nicht nur Lullys Musik
sammelten, sondern auch französische Musiker importierten. Selbst wenn Lullys Opern noch
in der Entstehungsphase waren, so gab es schon Raubkopien seiner fertiggestellten Szenen,
die auf dem Schwarzmarkt verkauft wurden. Sein Stil fand etliche Nachahmungen, so sind
selbst die berühmten Orchestersuiten von Johann Sebastian Bach Nachahmungen der von
Lully begründeten Formen. Weitere deutsche Komponisten schrieben französische Suiten in
der Manier Lullys: Georg Philipp Telemann, Johann Friedrich Fasch, Johann Joseph Fux und
Philipp Heinrich Erlebach. (Und schließlich beruhen auch die beiden berühmten Werke
Händels, die Wassermusik und die Music for the Royal Fireworks auf Einflüssen Lullys.
Gerade in England wurde sein Stil durch den frankophilen Geschmack der Stuartkönige
gepflegt, der Einfluss Lullys ist in der Musik von Locke, Humfrey, Blow und Purcell nicht zu
überhören. Aber schon zu Zeiten Karls I. war der französische Musikstil am Hof etabliert,
unter anderem durch den französischen Komponisten und Geiger Stephen Nau.)

In Frankreich blieb der Stil Lullys etwa für weitere hundert Jahre bindend. Die
Formen, die er dem Ballett, der Oper und der geistlichen Musik gab, wurden nicht
angetastet. Es war selbst tabu, einen Text, den Lully bereits vertont hatte, ein weiteres Mal zu
vertonen. So komponierten die französischen Komponisten in der direkten Nachfolge Lullys
ihre Opern ganz in seinem Stil: Marin Marais, André Cardinald Destouches, Pascal Collasse,
Michel-Richard Delalande, André Campra, Jean-Philippe Rameau, François Francœur,
Antoine Dauvergne, Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville, Jean Marie Leclair….

Erst mit der Gründung des „Concert spirituel“ in Paris (ab 1725) und den immer öfter
aufgeführten italienischen Konzerten wich die Abneigung gegen die italienische Musik.
Als dann eine italienische Truppe Pergolesis „La serva padrona“ in Paris aufführte,
brach ein offener Konflikt zwischen den Anhängern der frz. traditionellen Oper und
den Anhängern der neuen Opera buffa aus. Zeitgenossen berichten, dass es dort des
Öfteren wie bei Religionskriegen zugegangen sei… zumindest was die Schmähschriften
betrifft. Dieser Buffonistenstreit ging in die Geschichte ein und wurde erst Jahre später
durch die ersten Aufführungen der Opern Glucks beigelegt. Mit Gluck verschwand
auch allmählich die Oper des Ancien Regime, Lully, Campra und Rameau wurden
kaum noch gespielt.

Das Werk
Geistliche Vokalwerke

Grands motets

• 1. Jubilate Deo (29. August 1660)


• 2. Miserere (23. (?) März 1663)
• 3. Benedictus (1663 oder 64)
• 4. O lachrymae (1664 (?))
• 5. Plaude laetare Gallia (24. März 1668)
• 6. Te Deum (9. September 1677)
• 7. De profundis (Mai 1683)
• 8. Dies irae (1. September 1683)
• 9. Quare fremuerunt (19. April 1685)
• 10. Domine salvum fac regem (1685 (?))
• 11. Notus in Judea (1685 oder 86)
• 12. Exaudiat Te Domine (1687).

Petits motets

• 1. Anima Christi
• 2. Ave coeli munus supernum
• 3. Dixit Dominus
• 4. Domine salvum fac regem
• 5. Exaudi Deus deprecationem
• 6. Laudate pueri Dominum
• 7. O dulcissime Domine
• 8. Omnes gentes
• 9. O sapientia in misterio
• 10. Regina Coeli
• 11. Salve Regina.

Weltliche Vokalwerke

• 1. Dialogue de la guerre avec la paix (1655, Musik verschollen)


• 2. Ingrate bergère (1664, Text: Octave de Périgny)
• 3. Anunque podigoas
• 4. Scoca pur tutti
• 5. A la fin petit Desfarges
• 6. D’un beau pêcheur la pêche malheureux
• 7. Un tendre coeur rempli d’ardeur
• 8. Courage, Amour, le paix est faite (1661, Text: Benserade)
• 9. Non vi è più piacer (Musik verschollen)
• 10. Le printemps, aimable Sylvie (Text: Benserade; Musik verschollen)
• 11. Tous les jours cent bergères (Text: Perrin, Musik verschollen)
• 12. Viens, mon aimable bergère (Text: Perrin, Musik verschollen)
• 13. Qui les saura, mes secrètes amours (Text: Perrin)
• 14. Où êtes-vous allé, les belles amourettes
• 15. Vous mêlons toute notre gloria
• 16. Pendant que ces flambeaux
• 17. Le langueur des beaux yeux (Musik verschollen)
• 18. On dit que vos yeux sont trompeurs (Text: Octave de Périgny, Musik
verschollen)
• 19. Que vous connaissez peu trop aimable Chimène (Text: Quinault, Musik
verschollen)
• 20. Si je n’ai parlé de ma flamme (Musik verschollen)
• 21. En ces lieux je ne vois que de promenades (Text: Lully, Musik verschollen)
• 22. Ah qu’il est doux de se rendre (Text: Quinault, Musik verschollen)
• 23. J’ai fait serment, cruelle (Text: Quinault, Musik verschollen)
• 24. Le printemps ramène la verdure (Text: Lully (?); Musik verschollen)
• 25. Depuis que l’on soupire (Text: Quinault, Musik verschollen)
• 26. Sans mentir on est bien misérable (Musik verschollen)
• 27. Venerabilis barba capucinorum
• 28. Il faut mourir, pécheur (1687).

Bühnenwerke

Ballets de cour, Mascarades & Divertissements


• 1. Mascarade de la foire Saint-Germain (Textdichter unbekannt, 7. März 1652,
Musik verschollen)
• 2. Ballet du temps (Gemeinschaftsarbeit, Text: Benserade 3. Dezember 1654)
• 3. Ballet des plaisirs (Gemeinschaftsarbeit mit Louis de Mollier, Text: Benserade,
4. Februar 1655)
• 4. Le Grand Ballet des bienvenus (Gemeinschaftsarbeit, Text: Benserade, 30. Mai
1655, Musik verschollen)
• 5. Ballet de Psyché ou la puissance de l’Amour (Gemeinschaftsarbeit, Text:
Benserade, 16. Januar 1656, Musik verschollen)
• 6. La Galanterie du temps (Text: Francesco Buti, 3. Februar 1656, Musik
verschollen)
• 7. Amour malade (Text. Francesco Buti, 17. Januar 1657)
• 8. Ballet d’Alcidiane (Gemeinschaftsarbeit mit J.-B. Boesser und L. de Mollier,
Text: Benserade, 14. Februar 1658)
• 9. Ballet de la raillerie (Gemeinschaftsarbeit mit L. de Mollier, Text: Benserade,
19. Februar 1659)
• 10. Les Débris du ballet du Roy (Musik aus dem Ballet de la raillerie, 1659 (?))
• 11. Ballet de Toulouse (November/Dezember 1659 (?))
• 12. Ballet de la revente des habits de ballet et de comédie (Text: Benserade, 15.
Dezember 1660)
• 13. Ballet de l’impatience (Gemeinschaftsarbeit mit Pierre Beauchamps und
Francois Hillaire d’Olivet, Text: Benserade, Buti, 19. Februar 1661)
• 14. Ballet des saisons (Text: Benserade, 26. Juli 1661)
• 15. Ballet des arts (Gemeinschaftsarbeit mit M. Lambert, Text: Benserade, 8.
Januar 1663)
• 16. Les Noces de village (Text: Benserade, 3, oder 4. Oktober 1663)
• 17. Les Amours déguisés (Gemeinschaftsarbeit mit M. Lambert, Text: Octave de
Périgny, 13. Februar 1664)
• 18. Divertissement pour la collation des Plaisirs de l’île enchanté (7. Mai 1664)
• 19. Ballet du palais d’Alcine (Text: Molière, 9. Mai 1664)
• 20. Ballet de la naissance de Vénus (Gemeinschaftsarbeit mit M. Lambert und L.
de Mollier, Text: Benserade, 28. Januar 1665)
• 21. La Réception faite par un gentilhomme de campagne à une compagnie choisie
à sa mode qui le vient visiter (Text: Benserade, Februar 1665, Musik verschollen)
• 22. Le Triomphe de Bacchus dans les Indes (Textdichter unbekannt, 9. Januar
1666)
• 23. Ballet des Muses (Text: Benserade, 2. Dezember 1666)
• 24. Le Carnaval (Text: Benserade, 18. Januar 1668)
• 25. La Grotte de Versailles (Text: Quinault, April (?) 1668)
• 26. Ballet de Flore (Text: Benserade, 13. Februar 1669)
• 27. Le Triomphe de l’Amour (Text: Benserade, Quinault, 21. Januar 1681)
• 28. Le Noce de village (März 1683)
• 29. L’Idylle sur la paix (Text: Jean Racine, 16. Juli 1685)
• 30. Le Temple de la paix (Text: Quinault, 20. Oktober 1685).

Intermedien, Comédies-ballets

• 1. Xerxès (6 Entrées für Francesco Cavallis Oper, 22. November 1660)


• 2. Hercule amoureux (18 Entrées für Cavallis Oper Hercules amante, 7. Februar
1662)
• 3. Le Mariage forcé (Text: Molière, 29. Januar 1664)
• 4. Les Plaisirs de l’île enchantée/La Princesse d’Elide (Gemeinschaftswerk mit M.
Lambert, Text: Molière, 7./8. Mai 1664)
• 5. Oedipe (Text: Pierre Corneille, 3. August 1664)
• 6. Le Favori/Le Ballet des grands ou les délices de la campagne (Text: Marie-
Catherine Desjardins; Prolog und intermédes von Molière, 13. Juni 1665)
• 7. L’Amour médecin (Text: Molière, 14. September 1665)
• 8. La Pastorale comique (Text: Molière, 5. Januar 1667)
• 9. Les Sicilien ou l’Amour peintre (Text: Molière, 8(?). Februar 1667)
• 10. George Dandin/Le Grand divertissement de Versailles (Text: Molière, 18. Juli
1668)
• 11. Monsieur de Pourceaugnac/Le divertissement de Chambord (Text: Molière,
Lully, 6. Oktober 1669)
• 12. Les Amants magnifiques (Text: Molière, 4. Februar 1670)
• 13. Le Bourgeois gentilhomme (Text: Molière, 14. Oktober 1670)
• 14. Britannicus (Text: Racine, 1670, Musik verschollen)
• 15. Psyché (Text: Molière, Corneille, Quinault, Lully, 17. Januar 1671)
• 16. Le Comtesse d’Escarbagnas/Ballet des ballets (Text: Molière, 2. Dezember
1671).

Tragédies en musique, Pastorale, Pastoralé héroïque

• 1. Les Fêtes de l’Amour et de Bacchus (Libretto: Quinault, Benserade, Perigny,


Molière, Lully, 11. November 1672)
• 2. Cadmus et Hermione (Libretto: Quinault, um den 15. April 1673)
• 3. Alceste ou Le Triomphe d'Alcide (Libretto: Quinault, 28(?). Januar 1674)
• 4. Thésée (Libretto: Quinault, 11. Januar 1675)
• 5. Atys (Libretto. Quinault, 10. Januar 1676)
• 6. Isis (Libretto: Quinault, 5. Januar 1677)
• 7. Psyché (Libretto: Thomas Corneille, 19. April 1678) Choeur des divinités de la
terre et des eaux, from Psyché (1687) - Midi file?/i
• 8. Bellérophon (Libretto: Thomas Corneille, B. le Bovier de Fontenelle, 31. Januar
1679)
• 9. Proserpine (Libretto: Quinault, 3. Februar 1680)
• 10. Persée (Libretto: Quinault, 18. April 1682)
• 11. Phaëton (Libretto: Quinault, 6. Januar 1683)
• 12. Amadis (Libretto: Quinault, 18. Januar 1684)
• 13. Roland (Libretto: Quinault, 8. Januar 1685)
• 14. Armide (Libretto: Quinault, 15. Februar 1686)
• 15. Acis et Galatée (Libretto: J.G. de Campistron, 6. September 1686)
• 16. Achille et Polixène (Libretto: J.G. de Campistron, nur Ouvertüre und 1. Akt
von Lully, Akt 2–5 von P. Colasse, 7. November 1687).

Instrumentalwerke

• 1. Première marche des mousquetaires (1658)


• 2. 10 Branles (1665)
• 3. 3 Gavottes (1665)
• 4. Passacaille (1665)
• 5. 3 Courantes (1665)
• 6. 3 Bourrées (1665)
• 7. Allemande (1665)
• 8. Boutade (1665)
• 9. Gaillarde (1665)
• 10. 3 Sarabanden (1665)
• 11. 18 Trios de la chambre du roi
• 12. Marches et batteries de Tambour (1670)
• 13. Folie d’Espagne, Marsch (1672)
• 14. Marche de Savoye, Airs, L’Asemblée, La Retraite
• 15. Pleusiers (6) pièces de symphonie (1685)
• 16. Airs pour le carrousel de Monseigneur (28. Mai 1685)
• 17. 17 Airs
• 18. La descente des armes (Marsch)
• 19. Marches des gardes de la marine, des fusillers, des dragons, du prince
d’Orange
• 20. verschiedene Einzelstücke (3 Allemanden, 14 Couranten, 4 Sarabanden, 2
Bourrées, 4 Chaconnes, La Bourse, Trio, Menuet, La Trivelinade, Gigue).

Hörbeispiele :

Jean Baptiste Lully Armide Ouverture:

https://www.youtube.com/watch?v=HWIaanFmhYY

(Diese Form der « Französischen Ouvertüre » bleibt in Frankreich über


Generationen verbindlich :

A - B - A´

wobei A den typischen « Punktierten Rhythmus » aufweist

und B ein Fugato ist.

Darüber hinaus ist das ein Stilbegriff. Alles, was so gebaut ist, ist eine
« französische Ouvertüre ».

Les Grands Motets de Lully - Musiques Baroques à Versailles

https://www.youtube.com/watch?v=hEgoqtLzHEI

Film « Der König tanzt » :

https://www.youtube.com/watch?v=PdeqbpfXaK8

https://www.youtube.com/watch?v=uL6EtdH3bho&list=RDPdeqbpfXaK8
&index=10

Der Film ist einfach unglaublich gut gemacht.

ARMIDE, ganze Oper :

https://www.youtube.com/watch?v=2zrbaEHomag
3) Die barocke Orchestersuite
Eine Orchestersuite ist eine Ansammlung von Instrumentalsätzen, meist Tänze wie Menuett,
Bourree, Gigue etc. die von einer Ouverture, wie sie auch Opern der Zeit eröffnen, eingeleitet
werden, daher werden diese Werke auch sehr oft als "Ouvertures" bezeichnet.

Geschichte

Die Orchestersuite nach französischem Vorbild ist neben dem ital. Concerto Grosso die
wichtigste Gattung der Orchestermusik im Barock.
Entstanden ist die Suite in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts am Hofe Louis XIII
von Frankreich.
Der Musikbegeisterte Monarch gründete die 24 Violons du Roi als erstes feststehendes
Orchester der Musikgeschichte – nicht nur um kurzfristig die beliebten Hofballette
aufführen zu lassen, sondern eben auch Einzelsätze aus den Balletten zu unterhaltsamen
„Suiten“ zusammenstellen und für sich spielen zu lassen.
Eine solche Suite findet sich glücklicherweise in der „Philidor-Sammlung“ :

Concert donnée a Louis XIII en 1627 par les 24 Violons et les 12 Grands Hautbois

Diese dürfte wahrscheinlich die älteste erhaltene Orchestersuite der Musikgeschichte sein.

Es gab bereits um 1600 eine Suitentradition, schon zu Zeiten Henri IV. von Navarra waren
Konzerte mit Tanzsätzen beliebt.
Im 19. und 20. jahrhundert sprach man dieser Musik jegliche Berechtigung ab, da sie nur
"höfisches Divertissement" (Adorno) sei.
Doch dies wurde im 17. und 18. jahrhundert natürlich anders gesehen, diese Tänze wurden als
"absolute Musik" im Konzert gegeben und auch getanzt, man sah da keinen Widerspuch.

Nach Deutschland kamen diese Suiten durch die Tanzsammlungen von Praetorius und dem
franz. Geiger Francois Caroubel, der verschiedene deutsche Residenzen besuchte.
In der Folgezeit entstanden sehr rasch Werke nach diesen Vorbildern aus Frankreich.

Das berühmteste dürfte zweifellos Scheins Banchetto Musicale von 1617 sein.
Diese frühen Suiten wurden von Intradas oder Pavanen eingeleitet, es folgten Allemanden,
Couranten und endeten meist mit einer Gigue oder einer Sarabande.
Sarabanden wurden bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts übrigens in einem sehr raschen Tempo
gespielt, durch neue choreographien der Tanzmeister Louis XIV wurde der Charakter des
Tanzes völlig verändert.

Diese Suiten haben auch die Cembalisten und Lautenisten inspiriert, fast die gesamte Literatur
des 17. Jahrhunderts für diese Instrumente ist in Suitenform.
Mit der Zeit zeichnete sich auch hier ein allgemeingültiges Schema ab. Eine Prelude eröffnet
stets die Suite, es folgen die Tänze Allemande – Courante – Gigue. Oft noch durch weitere
Tänze oder „Charakterstücke“ ergänzt.
Ebenso wurde in der frz. geprägten Kammermusik verfahren.
Am französischen Hof war es üblich geworden solche Suiten aus den Tänzen der Hofballette
zusammen zustellen, später unter Lully auch aus den Opern.
Dann aber als Eröffnung stets eine Ouverture.

Die franz. Ouverture (Lully)

Eine Ouverture nach dem Vorbild Lullys hat stets einen gravitätischen ersten Teil, dann
einen schnelleren fugierten zweiten Teil, oft wird der erste Teil noch mal wiederholt.
Diese Form der Ouvertüre entstand um 1660, die ersten Ouvertüren in diesem neuen
Stil finden sich im Ballet d’Alcidiane et Polexander (1659) und dem Ballet de Xerxes
(1660) von Lully. Die Ouverturen davor waren einfache gravitätische Stücke, die große
Ähnlichkeit mit den gewöhnlichen Entrées der Ballette hatten.

Diese neue Ouverturen-Form Lullys blieb bis weit ins 18. Jahrhundert hinein
verbindlich.
Händels Ouvertüren zu seinen Opern folgen alle diesem Vorbild. Händel lernte den frz.
Orchestersil an der Hamburger Oper kennen, dort wurde Ballett und
Instrumentalmusik nach frz. Vorbild gefordert, zudem standen Opern von Lully
regelmäßig auf dem Spielplan, das prägte Händels frühe Schaffensphase entscheidend.
So wurde er von seinem Meister Agostino Steffani kritisiert, dass er nicht in der Lage sei
auch den italienischen Stil zu bewältigen.
Händel widerlegte dies gründlich nach seiner fulminanten Italien-Reise, hielt aber an
der französischen Art der Ouvertüre bei seinen Opern fest.
Und aus einer Sarabande aus seinen frühen Jahren schuf er schließlich eine seiner
schönsten Arien "L'ascia ch'io pianga" aus Rinaldo.

Am französischen Hof ließ Louis XIV eine Sammlung anlegen mit den „Hof - Melodien“
gewissermaßen eine Art "Best of" der Musik seiner Zeit: „Les plusieurs Airs“
Von Philidor in mehreren Suiten geordnet und teilweise mit Stücken zusammengestellt die
von mehreren Komponisten stammten.
Die berühmteste Sammlung solcher Orchestersuiten sind die „Symphonies pour les Soupers
du Roi“ von Delalande, die sich ebenfalls zum großen Teil in dieser Sammlung wiederfinden.
Und gerade im damaligen Deutschen Raum erfreuten sich die Suiten aus französischen
Opern und Balletten von Lully, Campra, Destouches etc. höchster Beliebtheit und
Abschriften finden sich fast in allen Schlossbibliotheken.
Die deutschen Fürsten verfügten oft nicht über die Mittel ganze Opern aufzuführen,
und so war dies eine Möglichkeit diese Musik zu erleben – zumal der französische
Gesang hingegen in Deutschland weniger geschätzt wurde.
So lässt sich Graun auf ganzer Bahn gegen den französischen Stil aus, spricht sogar
davon, dass der französische Gesang (bei im als Recitatif bezeichnet) nirgends gefalle
außer in Frankreich und andernorts bestenfalls "ekel" auslösen würde.

Aber nicht alle teilten die Meinung von Graun und Quantz, die wohl auch ein persönliches
Problem mit französischen Musikern hatten.
In Hamburg, in Hannover, Celle, Darmstadt und München wurden auch vollständige Opern
von Lully aufgeführt.

Die deutschen Komponisten schufen für ihre Auftraggeber dann gleich solche Suiten,
ohne eine zugehörige Oper.
Entweder waren es komplette Neuschöpfungen, oder aber Zusammenstellungen aus
Hofballetten, die an vielen Höfen üblich waren.

Es gab zwei unterschiedliche Gruppen von Musikern, einmal diejenigen die sich zwar an
den französischen Vorbildern orientierten, aber eigene (deutsche) und vor allem
italienische Einflüsse verstärkt in ihre Werke einfließen ließen.
Telemanns unzählige Orchestersuiten, Bachs 4 Orchestersuiten und Händels
Wassermusik & Feuerwerksmusik sind dafür die besten Beispiele.
Georg Muffat suchte bereits im 17. Jahrhundert einen Weg, die beiden großen
nationalstile zu verbinden.

Und es gab die "deutschen Lullisten", die versuchten den französischen Stil bis zur
Perfektion zu imitieren, vor allem Kusser, der nach eigenen Aussagen direkt bei Lully
studierte sowie Erlebach und J.C.F. Fischer.

Lullisten wurden die Anhänger Lullys genannt, die vehement den Stil ihres großen
Meisters verteidigten und vernichtende Kritiken gegen andersartige Musiken
verfassten.
In Frankreich hatten sie erheblichen Einfluss auf das Musik- und Kulturleben in der
Hauptstadt, sie förderten und vernichteten Karrieren.

In Deutschland war man jedoch gemäßigter und suchte nach dem Ideal der „goûts
reunis“ der vereinigten Geschmäcker“ Man versuchte das Beste aus beiden großen
Nationalstilen mit der deutschen Musik zu vereinen.
Hierzu muss man wissen, dass zwischen den beiden großen Musikstilen im damaligen
Europa, dem italienischen und den französischen Stil ein heftiger intellektueller Kampf
tobte, der von Lully und Louis XIV ausgelöst wurde und bis zur französischen
Revolution andauerte.
Dies betraf vor allem die Oper, die Instrumentalmusik galt als niedere Gattung.

Die Orchestersuite verlor schließlich zur gleichen Zeit an Bedeutung wie das italienische
Concerto.
In den letzten Werken dieser Art zeichnete sich bereits der neue Weg ab, aus beiden
Gattungen ging schließlich die klassische Sinfonie hervor.
Diese Übergangsphase wird z.B. von Werken wie den Ouvertures von Arne und Boyce
oder Pugnani deutlich.
Wichtigste Tanzformen der Suite:

1.1. Allemande
1. 2. Courante
1. 3. Sarabande
1.4. Gigue
1.5. Menuett
1. 6. Gavotte
1.7. Bourrée
1.8. Passepied
1.9. Polonaise
1.10. Loure
1.11. Siciliano

(mehr dazu später)

Hörbeispiele:
French Baroque Suite Music (Lully, Marais, Campra, Destouches)

https://www.youtube.com/watch?v=GSSLAJmsdSY
4) Weitere Komponisten :
- Marc-Antoine Charpentier
„Monsieur Charpentier“ aus Pierre Landrys Almanach
Royale (1682);
vermutlich Marc-Antoine Charpentier

Marc-Antoine Charpentier [maʁk ɑ̃ˈtwan ʃaʁpɑ̃ˈtje] (*


um 1643 in Paris; † 24. Februar 1704 ebenda) war ein
französischer Komponist zur Zeit Ludwigs XIV.

Doch angezogen von italienischen Bildern, reiste er 1665


nach Rom, um dort Malerei zu studieren. Er kam in
Kontakt mit Giacomo Carissimi, dem damals
berühmtesten römischen Komponisten, und wurde
dessen Schüler.

1670 erhielt er eine Anstellung bei Marie de Lorraine


(1615–1688), genannt Mademoiselle de Guise, die an
ihrem Hof ein berühmtes Musiker- und Sängerensemble unterhielt. 1672 folgte er der Bitte
von Molière, die Stelle von Jean-Baptiste Lully zu übernehmen, um den musikalischen
Teil seiner Ballett-Komödien am théatre français zu gestalten.

Nach dem Tode von Mademoiselle de Guise 1688 erhielt Charpentier eine Anstellung bei den
Jesuiten als maître de chapelle (Kapellmeister) an der Kirche Saint Louis und dem Kolleg
Louis-le-Grand. Trotz seiner Bemühungen erhielt Charpentier keine Anstellung beim König,
wurde jedoch oft mit Aufträgen bedacht. Ab 1698 erhielt er eine feste Anstellung mit
herrschaftlicher Wohnung als Musiklehrer der Kinder der Sainte Chapelle innerhalb des
königlichen Palastes. Außerdem hatte er zu allen feierlichen Anlässen Musiken zu
komponieren.

Werk
Seine Musik beruht auf einer Mischung von italienischen und französischen
Stilelementen. Für Molière komponierte er die Zwischenmusiken. Darüber hinaus schuf er
eine Vielzahl kirchlicher Werke, Oratorien, Messen, Psalmen, ein Magnificat, vier Te
Deum, wovon das Präludium des Te Deum in D-Dur, bzw. dessen Hauptthema, seit 1954
als Eurovisions-Melodie allgemein bekannt ist, sowie eine Anzahl weltlicher Werke wie
Opern, Divertissements, Pastoralen und Sonaten. Charpentiers penibler Sorgfalt, alle Kopien
seiner Werke binden und datieren zu lassen, ist es zu verdanken, dass der Nachwelt mehr als
drei Viertel seiner Werke erhalten blieben. Sein Erbe umfasst 28 handschriftliche Bände mit
rund 550 Werken, die im Hitchcock-Verzeichnis (Kürzel: H) katalogisiert sind.

Sehr bekannt: Prelude aus dem „Te deum“

https://www.youtube.com/watch?v=iwU37osOkQA
Und hier einmal das ganze Werk:

https://www.youtube.com/watch?v=MxZQ1ODN1iU

- François Couperin

François Couperin

François Couperin (* 10. November 1668 in Paris; † 11.


September 1733 ebenda), auch „Le Grand“ genannt, war
ein französischer Organist und Komponist. Er gilt als der
bedeutendste Vertreter der französischen Organisten-,
Cembalisten- und Komponistenfamilie Couperin und
war als Hofkomponist Ludwigs XIV. die wichtigste
musikalische Persönlichkeit in Frankreich zwischen
Lully und Rameau.

1693 erhielt Couperin die Stelle des Organisten an der


Königlichen Kapelle in Versailles. Als Lully 1687 starb
und Ludwig XIV. schwer erkrankte, wandelte sich der
Musikgeschmack des Königs und seines Hofes. Ludwigs
zweite Frau, Madame de Maintenon, lenkte sein Interesse
auf die bedächtigere Kirchen- und Kammermusik. Beim offiziellen Vorspielwettbewerb für
eine der drei Organistenstellen setzten sich Spiel und Kompositionen Couperins gegen sieben
andere Kandidaten durch; der König ließ ihn allerdings (wie üblich) drei Tage im
Ungewissen.François Couperins Amt war sehr vielschichtig: Er wurde in Versailles Lehrer
der königlichen Familie, hatte Orchester- und Organistendienst für drei Monate pro Jahr und
blieb auch in der Kirche St-Gervais tätig. Als ihn Ludwig noch zum Hofkomponisten für
sakrale Musik ernannte, bedeutete das einen erheblichen Zeitaufwand: Der musikalisch
hochbegabte König wollte jedes Stück nur einmal bei den Festlichkeiten, den Konzerten und
dem täglichen Zeremoniell in der Schlosskapelle hören. Während Lalande als „maître“ des
Orchesters im Stile Lullys die großen Chor- und Instrumentalwerke komponierte, schrieb
Couperin vor allem Motetten und Psalmen im Stil der Kammermusik

Neben der Orgel war Couperin auch ein begnadeter Cembalist, wurde bald „Maître de
Clavecin du Duc de Bourgogne“ genannt und Lehrer der Prinzen und Prinzessinnen.

Als Ludwig 1715 starb, fand Couperin zwar neue Gönner am Hofe, doch wurde es unter dem
Interimsregenten Kardinal Fleury in Versailles sehr ruhig. Der Kardinal hielt nicht viel von
Repräsentation und Festen und reduzierte sie auf ein Mindestmaß. So konnte sich François
Couperin abermals auf sein Organistenamt in St-Gervais konzentrieren, bis er es aus
gesundheitlichen Gründen 1723 aufgab.
Werke
Im Mittelpunkt seines Schaffens stehen über 240 reich verzierte Cembalowerke, die er
zu 27 Suiten zusammenfasste. Die einzelnen Sätze dieser „Ordres“ hat er mit
Überschriften versehen, die den Charakter des Stückes andeuten sollen. Zudem
komponierte er Motetten, Chansons, zwei Orgelmessen, Triosonaten und die
programmatischen Kammermusikwerke Apothéose de Corelli und Apothéose de Lully. Sein
einziges theoretisches Werk ist „L'art de toucher le clavecin“.

Francois Couperin 3rd Book of Harpsichord Pieces, Christophe Rousset 1/3

https://www.youtube.com/watch?v=9SNF1--Jm0w

- Michel-Richard Delalande

Michel-Richard Delalande

Michel-Richard Delalande (auch Lalande oder de


Lalande genannt) (* 15. Dezember 1657 in Paris; † 18.
Juni 1726 in Versailles) war ein französischer Violinist,
Organist und Komponist.

1689, zwei Jahre nach dem Tod von Jean-Baptiste Lully,


wurde Delalande der musikalische Günstling des Königs.
Er erfüllte ab sofort die Funktion des Superintendenten der Hofmusik. Sein kompositorisches
Schaffen erstreckte sich hauptsächlich auf durch den König bestellte Kirchenmusiken.

Die Musik Delalandes „vollzieht“ die Synthese des französischen und italienischen Stils
und setzt das Werk von Marc-Antoine Charpentier fort. Seine Musik erreicht ihren
Höhepunkt in den Grands Motets für Solisten, Chor und Instrumentalensemble, bei denen bis
zu 120 Ausführende vorgesehen waren. Bei den geistlichen Konzerten (Concert spirituel
repräsentieren seine Werke die musikalische Ästhetik des Hofes von Versailles.

Sein Schaffen umfasst mehr als 300 bekannte Werke, die 71 Grands Motets, aber auch
unterhaltende Musik wie seine bekannten "Sinfonies pour les Soupers du Roy", 18
Orchestersuiten, Ballette und Variationen über französische Weihnachtslieder, die damals
beliebten "Noëls".
Grand Motet, De Profundis

Raphael Pichon Ensemble Pygmalion

https://www.youtube.com/watch?v=B0-AssEdEAM

Suite from «Les Fontaines de Versailles»

https://www.youtube.com/watch?v=Caxm61qTPgI

- Marin Marais
Marin Marais (* 31. Mai 1656 in Paris; † 15. August 1728 ebenda) war ein französischer
Gambist und Komponist.

Leben

Marin Marais

Wahrscheinlich hatte Marais schon als Chorschüler das Spiel


auf der Viola da gamba erlernt, denn als er 1672 wegen
seines Stimmbruchs den Chor verlassen musste, wurde er
von den berühmtesten Gambenspielern seiner Zeit, von
Nicolas Hotman und Monsieur de Sainte-Colombe,
unterrichtet.

Ab 1676 spielte Marais im petit Choeur für König Ludwig


XIV.; Jean-Baptiste Lully hatte seine Aufnahme befürwortet.
Die Aufgabe des kleinen Ensembles bestand darin, Sänger zu
begleiten. Bei der Uraufführung von Lullys Atys trat Marais als allegorischer Traum
verkleidet und gambespielend auf.

Von Lully hochgeschätzt, war Marais auch später an den Aufführungen aller großen
Opern Lullys beteiligt (meistens in der Continuo-Gruppe) und vertrat Lully sogar als
Dirigent. Marais hat sich als Kompositionsschüler Lullys betrachtet und ihm voller
Dankbarkeit den 1. Band seiner "Pièces de viole" (1686) gewidmet.
Dieser Band zeichnet sich nicht durch den obligatorischen Basso continuo aus, sondern durch
die Verwendung präzise erklärter, für die Interpretation nicht nur der Gambenmusik
Marais wertvoller Interpretationszeichen. Zu den gebräuchlichsten zählen: „)“ =
Tremblement (Triller); „x“ = Battement (Mordent); „√“ = Coulé de doigt (Semiton-
Glissando); „t“ = Tiré d'archet (Zurückziehen des Bogens) etc..

Es gehörte zu seinen Aufgaben, dem König regelmäßig auf der Gambe vorzuspielen. 1685
wurde er Mitglied im Orchester der „Acadèmie Royale de Musique“.

Nach Lullys Tod beherrschte der „Musik-Krieg“ zwischen dem italienischen und dem
französischen Gusto die Öffentlichkeit. Der Streit erhob sich über die Frage, ob die
hochentwickelte, unter anderem von Alessandro Stradella, Alessandro Scarlatti oder
Arcangelo Corelli entwickelte Affektdarstellung der italienischen Musik und ihrer
Formgesetze auf die französische Musik übertragen werden könne. Bedeutende
Komponisten wie François Couperin, Marc-Antoine Charpentier und André Campra
experimentierten mit der Vermischung der Stile. Die Traditionalisten lehnten die
verfeinerte Harmonik, Chromatik und Koloraturen der Italiener vehement ab. Zu
diesen Traditionalisten gehörte Marais. Er ging sogar so weit, seinen Schülern das
Spielen der als italienisch verschrienen „Sonate“ zu verbieten. Marais' Opern verfolgten
strikt den von Lully, seinem Lehrmeister, eingeschlagenen Weg.

Das Ziel war Klarheit und eine der französischen Prosodie angepasste Melodik, leicht
zum Melodischen neigende Rezitative, schlichte und klare Harmonik, eine die
Dramaturgie der Szene unterstreichende, vielgestaltige Musik, die in der Oper nicht nur
aus dem ewigen Wechsel von Rezitativ und Dacapo-Arie bestand, sondern Chöre, Tänze,
Arietten, Ariosi, Rezitative und deskriptive Musikstücke umfasste. Damit hatte Marais Erfolg:
Seine Opern, insbesondere die Opern „Alcide“ und „Alcyone“ waren ähnlich große Erfolge
wie die Opern Lullys.

Auf Empfehlung des Königs wurde Marais 1705 als Nachfolger André Campras zum Leiter
des Orchesters der „Acadèmie Royale de Musique“ ernannt. 1725 gab Marais sein Amt als
„Gambiste de la chambre du Roi“ auf.

Marin Marais (1656-1728) - Tombeau pour Monsieur de Sainte-Colombe

https://www.youtube.com/watch?v=5A9O5BqvJB8

„Tombeau“ - „Grabmal“: dem Gedächtnis eines Verstorbenen gewidmete


Komposition unterschiedlicher Formgebung
- André Campra
André Campra

André Campra (getauft am 4. Dezember 1660 in Aix-en-


Provence; † 29. Juni 1744 in Versailles) war ein
französischer Komponist.

Leben
Campra wird in keiner Quelle als ein umgänglicher
Charakter bezeichnet, er wird als cholerisch, zynisch, dem
Alkohol zugetan und mit der italienischen Partei
sympathisierend beschrieben. Aus diesen Gründen verlor
er seine Stelle in Arles, auch seine Tätigkeit in Toulouse
war nicht problemlos. 1691 verlangte das Domkapitel,
dass er seine Werke dem Kapitel vor jeder Aufführung
vorlegen musste. Auf dem Höhepunkt dieser Spannungen wurde Campra 1694 durch die Hilfe
des Abtes Lagrange-Trianon Leiter der Singschule an Notre Dame de Paris.

Ab 1697 begann Campra mit der Vertonung lyrischer Werke, der Ballett-Oper L'Europe
Galante und Le Carnaval de Venise (1699). In dieser Zeit ließ er seinen Bruder Joseph
(1662−1744) seine weltlichen Werke unterzeichnen, um seine Stelle an Notre Dame nicht zu
verlieren, bat jedoch schließlich im Oktober 1700 um die Entlassung aus dem für ihn
lukrativen Dienst der Kirche.[1]

Die späteren Jahre

Bis 1720 komponierte er rund fünfzehn „opéras-ballets“ und „tragédies lyriques“, von denen
einige mehrfach zu seinen Lebzeiten aufgeführt wurden. Inzwischen war er ein bekannter
Musiker und wurde zum Kapellmeister der Académie Royale de musique in Paris berufen,
nicht zuletzt weil der Geschmack des Regenten, eines Schülers Marc-Antoine Charpentiers,
italienisch geprägt war. Nach dem Tode von Louis XIV. und dem Rücktritt von Michel-
Richard Delalande wurde Campra, gemeinsam mit Charles-Hubert Gervais (1671–1744) und
Nicolas Bernier (1664–1734), „sous-maître“ der Chapelle Royale in Versailles.

Ab 1721 stand Campra ebenfalls in den Diensten der Jesuiten an deren Kirche St. Louis und
am Collège Louis-le-Grand. Mit Ausnahme einer Oper Achille et Déidamie (1735) und zweier
vom Prinzen de Conti bestellter Gelegenheitswerke (La Fête de l'Isle-Adam, 1722) zur
Hochzeit des Herzogs von Chartres (Le Lis et la Rose, 1724) komponierte er nur noch
Kirchenmusik, darunter etwa 30 Motetten, ein Requiem, zahlreiche Psalmen und für die
Aufführung am Collège Louis-Le-Grand bestimmte Kantaten.

Zeitlich ist Campra zwischen Jean-Baptiste Lully und Jean-Philippe Rameau


einzuordnen. Während die meisten Komponisten unmittelbar nach der Französischen
Revolution vollständig in Vergessenheit gerieten, wurden die Werke von Campra, Lully
und Rameau gelegentlich aufgeführt. Campra zählt zu den bedeutenden französischen
Komponisten der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er etablierte das damals neuartige
musikalische Genre Opéra-Ballet. Seine Musik ist gekennzeichnet von einer gewissen
franco-italienischen Leichtigkeit und Schlichtheit, die das weltliche genauso wie das
kirchliche Schaffen durchzieht.

1740 trat er mit 79 Jahren von seinen Ämtern zurück, die letzten vier Jahre seines Lebens
verbrachte er zurückgezogen in Versailles.

Ballet Suite from Les Fêtes Vénitiennes William Christie

https://www.youtube.com/watch?v=2BD_t9-8sIQ

Sein „Requiem“ ist sehr bemerkenswert, allerdings sind wir hier schon im 18. Jhdt.!

https://www.youtube.com/watch?v=yXld9ZXDY6o

- André Danican Philidor

Anonymes Portrait von André Danican Philidor «l’ainé»

André Danican Philidor, genannt „l’ainé“ (* 1652 in


Versailles; † 11. August 1730 in Dreux) war ein
französischer Komponist, Hofmusiker und Musikarchivar
unter König Ludwig XIV.

Leben
André Danican trat am 12. Oktober 1659 in „Grande
Ecurie“ des Königs als Cromorne- und Trumscheitspieler
ein. Er folgte in dieser Position seinem Onkel Michel II.
Er war von 1667 bis 1677 Oboist der Musketiere. Als
solcher folgte er dem König auf dessen
Eroberungszügen nach Flandern und den spanischen
Niederlanden, wo er an der Belagerung von Maastricht teilnahm, sowie in das Elsass
und nach Lothringen. Während dieser Zeit komponierte er hauptsächlich
Militärmärsche.

1702 übertrug man ihm die Verantwortung über die Musik-Bibliothek des Königs und er
erhielt gleichzeitig das königliche Privileg, seine Kompositionen zu veröffentlichen. Bis heute
bildet Danicans reichhaltige, sorgsame Zusammenstellung den Grundstock der Musik-
Bibliothek von Versailles und der Musiksammlung der Nationalbibliothek. Diese
umfangreiche Sammlung enthält höfische Opern, Ballette, Instrumentalmusik und
Kirchenmusik des gesamten 17. Jahrhunderts, teils als Autograph, teils als
handschriftliche Kopien Danicans. Zu seinen Lebzeiten umfasste sie bereits mehr als
10.000 handschriftliche Bände, die noch nicht gedruckt waren, darunter fast alle Werke
von Lully und die Vokalmusik von Delalande.
Sein Sohn François-André Danican Philidor wurde als Komponist und Schachspieler
bekannt.

a b c d e f g h
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
a b c d e f g h

Die Grundstellung der Philidor-Verteidigung nach 2. … d7–d6

- Jean-Baptiste Morin
Jean-Baptiste Morin (* 2. Februar 1677 in Orléans; † 27. April 1745 in Paris) war ein
französischer Komponist der Barockzeit, der als ein Schöpfer der weltlichen französischen
Kantate gilt.

Aus Morins Feder stammen zahlreiche Werke, darunter zwei Bände mit ein- bis
zweistimmigen kleine Motetten (1704 und 1709) und drei Bände mit ein- bis
dreistimmigen französischen Kantaten „Cantate françoise“ (1706, 1707 und 1712), die er
im sogenannten „vermischten Stil“ oder „les goûts réunis“ komponierte : in diesem
vermischen sich französische Elemente mit dem italienischen Stil. Im Vorwort der
Ausgabe der Kantaten von 1706 beschrieb Morin seine diesbezüglichen Bemühungen.

Jean-Baptiste Morin - Air: Ouvre vou sombres precipices

https://www.youtube.com/watch?v=2HJRWraGyNE

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