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Anhang 3

Auszug aus Atiko y (Moré und Itoreauhip)

[Moré]
Nahrungsmittelerwerb
Mit den Mánnern gehe ich auf die Jagd. Lang und kriiftig ist der Bogen aus dem
widerstandsfihigen Holz einer Stachelpalme. Die eine Seite ist verstirkt durch
Umwicklung mit Rindenbast oder eine dichte Umschniirung mit feinen Baumwoll-
fiiden. Durch Abwechslung zweier verschiedener Farben und Einsetzen von kleinen
Federn lassen sich diese Stellen nach dem Geschmack des Eigentiimers schmiicken.
Auch dienen sie den Sehnen aus kriiftiger Baumwolle, seltener aus gedrehten Fasern
zum Halt, die an die zugespitzten Enden geknotet sind.
Ein grofes Pfeilbiindel wird mitgenommen. Dennje nach Grofe und Art des gesich-
teten Tieres ist ein besonderes Geschof§ anzuwenden. Im Giinsemarsch gehen wir
durch den Wald, scheinbar unbekiimmert, lustig miteinander plaudernd. Da wird
einer aufmerksam. Sein scharfes Ohr hat ein Gerâusch gehórt. Jeder von uns bleibt
wie angewurzelt stehen und lauscht. Es ertônt der Ruf eines Inhambus, eines der
hiihnerartigen Vógel, die sich auf dem Waldesboden aufhalten und erst im letzten
Augenblick sich zu einem kurzen Stiick schwerfilligen Fluges aufraffen. Iwowo
nennen ihn die Moré. Und schon ahmt einer den Ruf nach. Leise sucht jeder sich
eine Stelle, wo er die Beute zu erhaschen glaubt. Der hierfiir passende Pfeil mit
einfacher Holzspitze oder daran so befestigtem Splitter aus den Armknochen eines
Menschen, daf sein unteres Ende einen Widerhaken bildet, ist bereits herausgesucht
und steckt auf der Sehne. Aber das Inhambu hat doch schon die Gefahr bemerkt
und driickt sich lautlos.
Mir ist schon lange aufgefallen, da? im Wohngebiet der Indianer das Wild auferor-
dentlich scheu ist. Nur sehr selten bekomme ich jagdbare Tiere zu Gesicht, es seien
denn Hirsche. Diese Tiere werden aber von den Moré und Itoreauhip nicht belástigt.
Wie ich gleich vermute, ist der Grund dafiir eine totemistische Anschauung. Hat
doch Nordenskiéld schon bei den sprachverwandten Huanyam des Rio S. Miguel
festgestellt, daf die Angehórigen dieses Stammes keinen Sumpfhirsch essen, weil
sie sich mit ihm verwandt fúhlen. Ebenso ist es bei den Moré und Itoreaubip. Auch
der Tapir scheint nicht verfolgt zu werden.
Dagegen jagen sie mit Leidenschaft die Wildschweine. Stundenlang folgen sie den
Fáhrten sowohl des gróferen Porco do matto wie des kleineren, aber angriffsfreudi-
geren Caitetu. Zwischen die Siedlungen verirren sich nur noch wenige dieser Vier-
fúSler; sie sind dort wegen der stándigen Verfolgungen selten wie die Affen. Wol-
len die Indianer zum Genuf dieses Fleisches kommen, miissen sie Jagdziige in das

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