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DIE WELTGESELLSCHAFT IM SPANNUNGSFELD VON FUNKTIONALER,

STRATIFIKATORISCHER UND SEGMENTÄRER DIFFERENZIERUNG

Richard Münch

Zusammenfassung: Die funktionale Differenzierung der Weltgesellschaft ist die Richtung, in


der sich die Evolution bewegt. Sie löst die segmentäre und stratifikatorische Differenzierung
im Primat ab. Das ist der Hauptlehrsatz von Niklas Luhmanns Gesellschaftstheorie. In diesem
Aufsatz soll gezeigt werden, dass dieser Lehrsatz zwar eine richtige Einsicht enthält, aber in
seiner Allgemeinheit einer empirischen Prüfung nicht standhält. Er beinhaltet eine
Unterschätzung der segmentären und stratifikatorischen Differenzierung als konstitutive
Strukturen der Weltgesellschaft. In dieser erweiterten Perspektive wird erst sichtbar, dass in
erster Linie die Wirtschaft eine zweckspezifische Ausdifferenzierung auf
Weltgesellschaftsniveau erfährt, während Politik, Recht, Verwaltung und Bildung weitgehend
nationalstaatlich gebunden bleiben, aber zunehmend weniger die wirtschaftliche Dynamik mit
anderen Zwecksetzungen harmonisieren können. Auf diesem Weg der Evolution wandelt sich
der Interventionsstaat zum Wettbewerbsstaat, zum Agenten der Weltkultur und
Transmissionsriemen der Ökonomisierung der nicht-ökonomischen Funktionsbereiche.

1. Funktionale versus segmentäre Differenzierung der Weltgesellschaft

Die funktionale Differenzierung ist das Kernstück von Niklas Luhmanns Theorie der
modernen Gesellschaft, die letztlich als Weltgesellschaft zu denken ist. Es ist eine
Gesellschaft ohne Spitze und Zentrum, ohne zentrale Steuerung. Politik, Recht, Wirtschaft,
Wissenschaft und Kunst bilden nach je eigenem Code autopoietisch operierende Teilsysteme
der Gesellschaft (Luhmann 1988, 1991, 1993, 1995, 2001). Die Evolution der Gesellschaft
bewegt sich vom Primat der segmentären Differenzierung in Familien, Sippen und Stämme in
den Stammesgesellschaften über das Primat der stratifikatorischen Differenzierung in Stände
in der traditionalen Ständegesellschaft zum Primat der funktionalen Differenzierung in der
modernen Weltgesellschaft. Das heißt nicht, dass die segmentäre und die stratifikatorische
Differenzierung in der Moderne völlig beseitigt werden. Sie verlieren angesichts des Primats
der funktionalen Differenzierung aber an Bedeutung (Luhmann 1997: 595-865; Tyrell 1998;
Stichweh 2000; Nassehi 2006; Schimank 2007).

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Eine besondere, ebenfalls erst in der Moderne sich entwickelnde Form der segmentären
Differenzierung ist die Differenzierung der Weltgesellschaft in Nationalstaaten (Schimank
2005). In Luhmanns funktionalistischer Perspektive erfüllt die Herausbildung von
Nationalstaaten die Funktion der Unsicherheitsbewältigung durch Identitätskonstruktionen,
die angesichts der fortschreitenden funktionalen Differenzierung und der damit
einhergehenden Steigerung von Unsicherheiten an die Stelle der alten lokalen und ständischen
Identitäten treten. Betrachtet man die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, dann muss
man feststellen, dass die segmentäre Differenzierung in Nationalstaaten in der Tat in ganz
erheblichem Maße der funktionalen Differenzierung der Weltgesellschaft Grenzen gesetzt hat.
Trotz der Anfänge des kapitalistischen Weltsystems im 16. Jahrhundert (Wallerstein 1976)
und eines ersten Höhepunktes der weltwirtschaftlichen Verflechtung zwischen 1870 und 1914
muss man der segmentären Differenzierung der Weltgesellschaft in Nationalstaaten
ausreichend Beachtung schenken, um zu einer angemessenen Einschätzung der funktionalen
Differenzierung zu gelangen. Man kann sogar mit guten Gründen behaupten, dass die
funktionale Differenzierung im 19. und 20. Jahrhundert noch so weit von der segmentären
Differenzierung in Nationalstaaten überlagert wurde, dass sie ihre eigene
Entwicklungsdynamik nur sehr begrenzt entfalten konnte. Das impliziert, dass der
Nationalstaat durch die Ausübung des legitimen Gewaltmonopols die souveräne Herrschaft
über ein genau abgegrenztes Territorium, einen bürokratischen Verwaltungsapparat,
nationales Recht, ein nationales Bildungssystem und ein nationales, die öffentliche
Meinungsbildung bestimmendes Mediensystem eine Art Organisationszentrum einer
nationalen Gesellschaft gebildet hat, der gegenüber die Weltgesellschaft und die Dynamik
ihrer funktionalen Differenzierung eine untergeordnete Rolle gespielt haben.

Die Weltgesellschaft bildete im System der nationalen Gesellschaften lediglich ein Potential
für die Generierung wirtschaftlicher Ressourcen und für den Absatz von Wirtschaftsgütern,
für Arbeitskräfte, Informationen, Wissen und Werte, auf die sich die Legitimation der
nationalstaatlichen Institutionen bezog. Realistischerweise sieht der von John Meyer (2005)
und seiner Forschergruppe vertretene Forschungsansatz die Weltgesellschaft nur als Träger
einer Weltkultur – repräsentiert durch internationale Institutionen, Regierungs- und
Nichtregierungsorganisationen, durch Berater als kulturelle Andere –, durch die
Nationalstaaten als legitime Akteure konstituiert und strukturiert werden. Dementsprechend
ist die Weltgesellschaft nach wie vor vorrangig segmentär und nur nachrangig funktional
differenziert. Luhmann (2001) selbst hat festgestellt, dass das politische System der

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Weltgesellschaft durch die segmentäre Differenzierung in Staaten geprägt ist (vgl. Albert
2002). Führt man diesen Gedanken zu Ende und verbindet man ihn mit dem hochgradig
organisierten Charakter des Nationalstaats, dann muss man sogar konzedieren, dass, anders
als differenzierungstheoretisch gedacht (Willke 1992), nationale Gesellschaften über eine
Spitze und ein Zentrum verfügen.

Die Ausübung souveräner Territorialherrschaft mittels Gesetzgebung, Rechtsprechung und


bürokratischer Verwaltung hat den nationalen Regierungen erlaubt, in einem Umfang in die
nationale Gesellschaft zu intervenieren, dass dadurch die Eigendynamik der
Funktionssysteme in viel engeren Grenzen gehalten wurde, als dies ohne den Vorrang der
segmentären Differenzierung der Weltgesellschaft in nationale Gesellschaften der Fall
gewesen wäre. Nur so lässt sich insbesondere die Zähmung des Kapitalismus im nationalen
Wohlfahrtsstaat und die Sozialpartnerschaft von Kapital und Arbeit erklären. Die Begriffe des
Fordismus, des organisierten Kapitalismus, des Wohlfahrtskapitalismus, des Keynesianischen
Interventionsstaates, des Rheinischen Kapitalismus oder des Neokorporatismus haben das
institutionelle Arrangement zum Ausdruck gebracht, das der vollständigen funktionalen
Ausdifferenzierung der Wirtschaft enge Grenzen gesetzt hat (Streeck 1999; Windolf 2002).
Die Wirtschaft konnte als Volkswirtschaft begriffen werden, die es wirtschaftspolitisch zu
steuern, finanzpolitisch zu nutzen und sozialpolitisch zu gestalten galt. Dazu gehörten
Grenzkontrollen des Kapitalverkehrs, Schutzzölle sowie Subventionen für gefährdete und für
zukunftsträchtige Wirtschaftszweige. Unternehmen haben in Deutschland im Geflecht mit
Banken, Gewerkschaften und Staat nicht nur nach ökonomischer Rationalität, sondern auch in
öffentlicher Verantwortung agiert und konnten sich in Krisensituationen auch der öffentlichen
Unterstützung und der Hilfe durch Banken und Regierung sicher sein.

Betrachten wir mit Luhmann (1988) den Code der Wirtschaft als binäres Schema von
zahlen/nicht zahlen und wirtschaftliche Kommunikation als Zahlung zum Zweck der
Wiederherstellung von Zahlungsfähigkeit, dann war der organisierte Kapitalismus durch
einen außergewöhnlich großen Umfang von Zahlungen ohne absehbare Wiederherstellung
von Zahlungsfähigkeit, das heißt durch Zahlungen zum reinen Konsum bestimmt.
Flächentarife für die Entlohnung von Arbeitnehmern, begrenzte Lohnspreizung,
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Sozialabgaben und Steuern sind gesetzlich oder durch
kollektive Vereinbarungen der Sozialpartner bestimmt und erzwingen Zahlungen ohne
Aussicht auf die direkte Wiederherstellung von Zahlungsfähigkeit bei den Zahlenden.

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Allenfalls indirekt kann die Zahlung als Investition in die Erhaltung einer zahlungsfähigen
Bevölkerung politisch legitimiert werden. Das ist jedoch ein politischer und kein unmittelbar
wirtschaftlicher Vorgang. Er ist Teil der politischen Kommunikation.

An dieser Stelle könnte man behaupten, dass sich zu viel staatlich oder sozialpartnerschaftlich
verordnete Umverteilung gegen die Wiederherstellung von Zahlungsfähigkeit am Ende durch
sinkende Zahlungsfähigkeit rächt, das heißt in Gestalt von insolventen Unternehmen,
sinkenden Steuereinnahmen und Überschuldung der öffentlichen Haushalte, sich also die
Autopoiesis, das heißt die Operation der Wirtschaft allein nach dem Code zahlen/nicht zahlen
und dem Prinzip der Wiederherstellung von Zahlungsfähigkeit rächt. Man könnte auch sagen,
dass die ganzen politisch oder sozialpartnerschaftlich bedingten Zahlungen gar nicht Teil des
Wirtschaftssystems sind, sondern Teil des politischen Systems bzw. des Solidarsystems der
Zivilgesellschaft und dementsprechend nach deren Code Macht haben/Macht nicht haben
bzw. – Luhmann weiterdenkend – solidarisch/nicht solidarisch erfolgen. Damit verliert
allerdings die Aussage, dass die Wirtschaft in der modernen Gesellschaft funktional
ausdifferenziert sei, jeglichen empirischen Gehalt. So gesehen hätte auch die sowjetische
Zentralverwaltungswirtschaft insoweit autopoietisch operiert, als die politisch administrierten
Zahlungsvorgänge am Ende in der Tat in die Zahlungsunfähigkeit geführt haben.

Soll die Theorie der funktionalen Differenzierung einen empirischen Gehalt haben, dann
müsste sie mehr sagen, als den Allgemeinsatz, dass jegliche Art der Zahlung dem Gesetz der
Knappheit unterworfen ist. Dieser Satz gilt für alle historischen Epochen, nicht nur für die
moderne, „funktional differenzierte“ Gesellschaft. Einen empirischen Gehalt hat die Theorie
der funktionalen Differenzierung, wenn sie prognostizieren kann, unter welchen Bedingungen
Zahlungen allein der Wiederherstellung von Zahlungsfähigkeit dienen und welche Ursachen
den Umfang derjenigen Zahlungen ausweiten, die allein zu diesem Zweck getätigt werden. In
diesem Sinne wäre die Theorie der funktionalen Differenzierung so zu verstehen, dass sie
solche Bedingungen und Ursachen zu identifizieren vermag und zeigen kann, dass aufgrund
dieser Bedingungen und Ursachen in der Moderne, das heißt ab dem 18. Jahrhundert, in dem
Sinne eine Ausdifferenzierung der Wirtschaft als autopoietisch operierendes Funktionssystem
zu beobachten ist, dass der Umfang von Zahlungen zum Zweck der Wiederherstellung von
Zahlungsfähigkeit deutlich zunimmt. Man kann auf diese Frage eine sehr abstrakte
evolutionstheoretisch-funktionalistische oder eine historisch-kausale Antwort geben. Für
beide Arten der Antwort finden sich Hinweise bei Luhmann, wobei allerdings die Führung bei

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der evolutionstheoretisch-funktionalistischen Erklärung liegt. In dieser Perspektive ist die
funktionale Differenzierung zwar höchst unwahrscheinlich und deshalb auch nur in einer
bestimmten historischen Epoche, nämlich in Europa ab dem 18. Jahrhundert auf Grundlagen
entstanden, die sich schon im späten Mittelalter herausgebildet haben. Einmal
institutionalisiert hat sie aber den Vorteil der Verarbeitung von höherer Komplexität im
Rücken und wird durch die jeweils interne Steigerungsdynamik der Funktionssysteme
vorangetrieben. Man kann demnach annehmen, dass der gesetzliche Schutz des
Privateigentums und der freien Verfügung darüber und der Vertragsfreiheit eine
wirtschaftliche Wachstumsdynamik in Gang setzt, die sich zunehmend selbst trägt und auf die
umfassende Institutionalisierung des Prinzips der Zahlung zum Zweck der Wiederherstellung
von Zahlungsfähigkeit zusteuert. Der evolutionäre Vorteil dieser Entwicklung wäre die
fortschreitend umfangreichere Bewältigung von Knappheit, die überdies ein spiralförmiges
Vorantreiben der Erzeugung und Bewältigung von Knappheit beinhaltet (Luhmann 1988:
177-229). Die funktional ausdifferenzierte Wirtschaft erzeugt durch Angebote neue Wünsche
und damit Knappheiten, die sie durch gesteigerte Angebote bewältigt.

An dieser evolutionär-funktionalistischen Argumentation befriedigt nicht, dass sie weder den


unwahrscheinlichen Schritt zur funktionalen Ausdifferenzierung der Wirtschaft noch deren
Begrenzung durch die nationalstaatliche Organisation der Wirtschaft erklären kann. Es gibt
allerdings ergänzende Erklärungsansätze bei Luhmann, die sich dafür nutzen lassen. Was den
intensiviert ab dem 18. Jahrhundert festzustellenden Schritt von der ständischen zur
funktional-differenzierten Gesellschaft betrifft, nennt Luhmann eher en passant eine
entscheidende strukturelle Veränderung, nämlich die Entgrenzung von Märkten:

„Die lokale bzw. regionale Differenzierung der Märkte wird überformt oder sogar ersetzt
durch eine warenspezifische (also rein ökonomische) Differenzierung der Märkte für Seide,
für Getreide, schließlich sogar für Bilder, Graphiken, Skulpturen. Entsprechend löst sich der
Begriff des Marktes ab von der Bezeichnung bestimmter für Transaktionen freigegebener
Plätze und wird zum Formbegriff, der die Eigenlogik der Transaktionen bezeichnet, die von
keinen weiteren Sozialmerkmalen abhängen. Damit beginnt die seitdem anhaltende
Orientierung der Wirtschaft am Konsum, also an sich selbst… Die Wirtschaft lernt es, sich
mit systemeigenen Mitteln, das heißt: über Preise (inklusive Geldpreise = Zinsen) zu
regenerieren“ (Luhmann 1997: 724-725).

Einen maßgeblichen Anteil an der Herauslösung der Wirtschaft aus lokalen und regionalen
Märkten hat die Finanzierung von Investitionen durch Kredite, die durch internationale
Finanzmärkte bereitgestellt werden (Luhmann 1997: 727). Das Aufblühen der Wirtschaft in

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einem so ressourcenarmen Land wie Holland wurde durch die Erfindung neuer
Finanzinstrumente zur Geldschöpfung ermöglicht (Luhmann 1997: 726). Die mit der
Entgrenzung der Märkte einhergehende Steigerung der Unsicherheit und die Entlassung aus
ständischem und lokalem Schutz erzeugt nach Luhmann einen Bedarf an neuen Sicherheiten,
der durch die Identifikation mit dem neuen Kollektivkonstrukt der Nation befriedigt wird.
Luhmann schließt daraus jedoch nicht, dass dadurch die funktionale Ausdifferenzierung der
Wirtschaft in engen Grenzen gehalten wird. Stattdessen verweist er auf die Brüchigkeit dieses
Konstrukts, was durch die mangelnde Ausbildung nationaler Identitäten in den postkolonialen
Staaten bewiesen werde. Dementsprechend erscheint ihm die nationale Begrenzung der
funktionalen Differenzierung als ein Arrangement von begrenzter Dauer, das den Keim der
Auflösung in sich trägt, weil die Evolution in eine andere Richtung weist (Luhmann 1997:
1052-1055).

2. Das Spannungsverhältnis zwischen segmentärer und funktionaler Differenzierung der


Weltgesellschaft

Für Luhmann ist klar, dass das Primat der funktionalen Differenzierung der räumlichen
Differenzierung in Regionalgesellschaften bzw. Nationalstaaten entgegenwirkt:

„Eine primär regionale Differenzierung widerspräche dem modernen Primat funktionaler


Differenzierung. Sie würde daran scheitern, dass es unmöglich ist, alle Funktionssysteme an
einheitliche Raumgrenzen zu binden, die für alle gemeinsam gelten“ (Luhmann 1997: 166).

Es entgeht ihm bei der Betonung des Primats der funktionalen Differenzierung nicht die
segmentäre Differenzierung in Staaten. Das politische System und das Rechtssystem bilden
zusammen den Kern der segmentären Differenzierung in Staaten:

„Regional differenzierbar in der Form von Staaten ist nur das politische System und mit ihm
das Rechtssystem der modernen Gesellschaft. Alle anderen operieren unabhängig von
Raumgrenzen“ (Luhmann 1997: 166).

Er sieht sogar, dass das Zusammenwirken von Politik und Recht im Staat in Verbindung mit
staatlichen Notenbanken und der Nutzung von Währungsdifferenzen sowie
Bildungszertifikaten ein direktes staatliches Einwirken auf die Wirtschaft, auf die Erziehung
und die Berufsordnungen ermöglicht:

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„Die Bedeutung der Raumgrenzen liegt in den Interdependenzen zwischen dem politischen
System und dem Rechtssystem auf der einen und den übrigen Funktionssystemen auf der
anderen Seite. Sie wirken vermittelt durch Einflüsse der Währungsunterschiede und
Notenbanksysteme auf die Wirtschaft, vermittelt durch Bildungszertifikate auf Erziehung und
Berufsordnungen“ (Luhmann 1997: 167).

Diese regionale bzw. segmentäre Differenzierung ändert jedoch in Luhmanns Augen nichts
am Primat der funktionalen Differenzierung der Weltgesellschaft. Er meint, sie ließe sich
zwar durch Politik verstärken oder abschwächen. Das mache aber die regionale/segmentäre
Differenzierung nicht zu einem Prinzip der Weltgesellschaft. Daraus ist zu schließen, dass
Luhmann der funktionalen Differenzierung der Weltgesellschaft eine durch die Evolution
begünstigte Eigendynamik zuschreibt, die von der segmentären Differenzierung in
Nationalstaaten nur abgebremst und begrenzt, aber letztlich nicht vollständig unter Kontrolle
gehalten werden kann. Was das für die historische Entwicklung bedeutet, lässt er allerdings
offen. In diesem Punkt ist seine These des Primats funktionaler Differenzierung der
Weltgesellschaft nahezu mit jedem Zustand der Wirklichkeit vereinbar und damit empirisch
gehaltlos. Auch gut 30 Jahre Bändigung der Weltwirtschaft durch die Wohlfahrtsstaaten
sagen nichts gegen das Primat der funktionalen Differenzierung der Weltgesellschaft. Deren
Eigendynamik ist dann eben durch eine ausreichende Kraft der Gegensteuerung durch die
Nationalstaaten beschränkt worden. Prinzipiell könnte diese Gegensteuerung auf unbestimmte
Zeit weiter bestehen. Luhmann geht zu wenig auf diese Spannung zwischen funktionaler und
segmentärer Differenzierung ein, zumal er die segmentäre nur als eine Residualkategorie in
seinem Theoriegebäude mitführt, um an dieser Stelle präzisere Aussagen darüber machen zu
können, unter welchen Bedingungen die funktionale – oder besser gesagt: zweckspezifische –
Differenzierung der Weltgesellschaft in der Tat so weit die Oberhand gewinnt, dass die Kraft
der Nationalstaaten zur Gegensteuerung sichtbar schwindet. Weil das so ist, kann mit
Luhmanns Werkzeug kein Unterschied zwischen der Epoche der handlungsfähigen
Wohlfahrtsstaaten im System von Bretton Woods und der gegenwärtigen Situation ihrer
offensichtlich schwindenden Handlungsfähigkeit erkannt werden. Um das zu leisten, lässt
sich Luhmann zu wenig auf empirische Fragen und daraus resultierende Zwänge zur
Schärfung der theoretischen Instrumente ein. Das führt zur Fehleinschätzung des Systems der
Nationalstaaten und zugleich auch seiner gravierenden Veränderung in der Gegenwart.

Eine markante Fehleinschätzung betrifft das Ausmaß, in dem die demokratischen Rechts- und
Wohlfahrtsstaaten die Eigendynamik der einzelnen Funktionsbereiche der Gesellschaft unter
Kontrolle gehalten haben (vgl. Münch 1980, 1990, 1994). Dazu gehört z.B. die zentrale

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These, dass die funktionale Differenzierung der Gesellschaft dafür sorge, dass es anders als in
der Ständegesellschaft keine Akkumulation von Ungleichheiten über die Funktionsbereiche
hinweg gäbe, d.h. alle gleichen Zugang zu den Funktionsbeeichen hätten und erst innerhalb
der Funktionsbereiche nach deren eigenen Operationen funktionsspezifische Ungleichheiten
entstünden (Luhmann 1997: 624-630). Das ist empirisch schlicht falsch und wird auch
dadurch nicht richtig, dass wieder nur als Residualkategorie Klassenunterschiede und für
Entwicklungsländer eine „Meta-Differenz“ der Inklusion/Exklusion mitgeführt werden
(Luhmann 1997: 631-634). Erstens sind bis heute bzw. heute wieder verstärkt
Klassenunterschiede im Zugang zur Politik, zur Wirtschaft, zur Bildung, zur Kunst und sogar
zum Recht gegeben, und zweitens ergibt sich deren Nivellierung nicht aus den Operationen
der Funktionssysteme, sondern aus dem Gleichheitsversprechen des modernen
demokratischen Rechts- und Wohlfahrtsstaates und aus dessen Verankerung in den nationalen
Verfassungen. Die Bürger können in erheblichem Maße Gleichheit einklagen. Wenn
Arbeiternehmer und Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht gleich behandelt werden, dann ergibt
sich das – wie man im historischen und weltweiten Vergleich sehen kann – nicht aus dem
Funktionieren des Rechtssystems an sich, sondern aus der verfassungsmäßig garantierten
Bindung der Rechtsprechung an den Grundsatz der Gleichbehandlung. Wo das nicht
garantiert und verbindlich durchgesetzt wird, können Arbeitnehmer auch dauerhaft dem
Arbeitgeber unterlegen sein. Ebenso ergibt sich ein chancengleicher Zugang zum
Wirtschaftssystem nur durch eine umfassende staatlich garantierte und forcierte Bildung, und
der Zugang zum Bildungssystem selbst ist nur dann annähernd gleich, wenn der Staat –
angefangen in der Kinderkrippe – gezielt Ungleichheiten der familialen Herkunft bekämpft.
Das heißt, der gleiche Zugang zu den Funktionssystemen und der Ausschluss der Übertragung
von Ungleichheiten eines Funktionsbereichs auf einen anderen ist nicht der funktionalen
Differenzierung per se geschuldet, sondern einer umfangreichen staatlichen Politik der
Herstellung von Gleichheit. Und das beschränkt sich nicht nur auf Chancengleichheit,
sondern in einem gewissen Maße auch auf Resultatsgleichheit. Es ist ja keine Frage, dass z.B.
eine durch starke Gewerkschaften erkämpfte geringere Einkommensspreizung, staatliche
Umverteilung und Bildungseinrichtungen auch die Chancengleichheit des Zugangs zu Politik,
Recht, Bildung und Wirtschaft erhöhen.

Ohne diese tiefgreifende Intervention des Staates in die Funktionsbereiche würde gerade
deren Eigendynamik wachsende Ungleichheiten erzeugen und insbesondere die Übertragung
ökonomischer Ungleichheiten und ihrer Verfestigung in Klassendifferenzen auf andere

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Funktionsbereiche befördern. Interessanterweise wird das von Luhmann mit Blick auf die
zweckspezifische bzw. funktionale Ausdifferenzierung der Weltwirtschaft gesehen:

„Unter dem Regime der Funktionssysteme wirken sich gerade rationale Selektionsweisen
abweichungsverstärkend (also nicht: egalisierend) aus. Wer schon Geld oder Einkommen hat,
bekommt umso leichter Kredit. Kleine Leistungsdifferenzen am Beginn einer Schulerziehung
verstärken sich im Laufe fortschreitender Ausbildung. Wer nicht in Zentren
wissenschaftlicher Forschung mit jeweils aktuellen Informationsmöglichkeiten arbeitet,
verliert den Anschluss und kann bestenfalls mit erheblicher Verspätung zur Kenntnis nehmen,
was anderswo erarbeitet worden ist. Nobelpreise zeigen in den wissenschaftlichen Fächern
eine deutlich regionale Verteilung. Die Folge ist ein Zentrum/Peripherie-Muster, das jedoch
nicht notwendig stabil bleibt, sondern sich in seinen Schwerpunkten verschieben kann“
(Luhmann 1997: 167-168).

Luhmann führt in diesem Zusammenhang weiterhin aus, dass regionale Kulturen im Kontext
der Weltwirtschaft nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen selektiert werden und dass die
Ungleichheiten der Partizipation am Weltwirtschaftswachstum auch Machtungleichheiten mit
sich bringen und in den peripheren Regionen die Masse der Bevölkerung weder einen Anteil
am wachsenden Weltwohlstand hat noch mit einer Gleichbehandlung durch das Recht
rechnen kann (Luhmann 1997: 168-171). Dabei spricht er allerdings zu weitgehend von der
funktionalen Differenzierung der Weltgesellschaft, wo er de facto die zweckspezifische
Ausdifferenzierung der Weltwirtschaft bei gleichzeitigem Fortbestand ihrer segmentären
Differenzierung in Nationalstaaten beschreibt. Genau genommen beobachtet er, wie die
Wirtschaft peripherer Regionen durch die Ausdifferenzierung der Weltwirtschaft zerstört
wird, ohne dass sie am wachsenden Weltsozialprodukt partizipieren, und wie sich innerhalb
der marginalisierten Entwicklungsländer Ungleichheiten verschärfen und akkumulieren. Die
Ursache für das Abhängen der peripheren Regionen ist der Mangel an Gegenkräften gegen die
Ungleichheit produzierende Eigendynamik der Weltwirtschaft, weil es auf dieser Ebene nichts
Vergleichbares zur staatlichen Intervention in Wirtschaft und Gesellschaft auf der nationalen
Ebene gibt. Für die verschärfte Ungleichheit innerhalb der Entwicklungsländer ist das Fehlen
einer den westlichen Wohlfahrtsstaaten nahekommenden staatlichen Intervention in
Wirtschaft und Gesellschaft nach dem Leitbild der staatsbürgerlichen Gleichheit
verantwortlich zu machen. Die Ursachen sind demnach sehr spezifisch in einem
Ungleichgewicht der Kräfte der zweckspezifisch operierenden Weltwirtschaft und der nicht
zweckspezifisch, sondern nach normativen Leitbildern handelnden Nationalstaaten und nicht
allgemein in der funktionalen Differenzierung der Weltgesellschaft zu erkennen.

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Auf den Punkt gebracht, kann man sagen, dass innerhalb der Grenzen des Nationalstaats die
zweckspezifische Ausdifferenzierung des Wirtschaftens mit anderen Zwecken koordiniert
wird, und zwar dadurch, dass diese Zwecke, vertreten durch einen Minister/eine Ministerin,
auf gleicher Augenhöhe am Kabinettstisch der Regierung sitzen. Auf diese Weise konnte eine
ganzheitliche Abstimmung zwischen unterschiedlichen Zwecken vorgenommen werden. Die
Weltgesellschaft ist dagegen durch das Spannungsverhältnis zwischen der unkoordinierten
zweckspezifischen und globalen Ausdifferenzierung von Wirtschaft, Umwelt-, Klimaschutz
und Menschenrechten und der ganzheitlichen nationalen Koordinierung unterschiedlicher
Zwecke geprägt (Abb. 1).

Es bleibt nach wie vor die Frage zu beantworten, wodurch die Kräfte der staatlichen
Intervention in die Gesellschaft schwinden, wenn wir das als eine Erscheinung der Gegenwart
so konstatieren wollen. Dabei geht es sowohl um die Intervention in die Weltgesellschaft als
auch um die Intervention in die nationalen Gesellschaften. Das eine ist eine Sache der
Kooperation von Einzelstaaten, das andere eine Sache der Einzelstaaten selbst. Die

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vollständige zweckspezifische bzw. funktionale Differenzierung der Weltgesellschaft ist
offensichtlich nicht die Ursache, weil ja gerade die zentralen Funktionsbereiche von Politik,
Recht und Verwaltung nationalstaatlich gebunden bleiben und allenfalls in zunehmendem
Maße zu einer Sache der zwischenstaatlichen Kooperation werden. Die Ursachen sind
stattdessen in der Kraft der Weltwirtschaft und in der Schwäche der Nationalstaaten zu
lokalisieren. Luhmanns Vorentscheidung für das Primat der funktionalen Differenzierung
impliziert, dass der Nationalstaat ohnehin nur als eine Residualkategorie zu betrachten ist, die
im Kontext der Weltgesellschaft nur eine retardierende, aber keine aus deren Grundstruktur
resultierende und damit fortlaufend bestätigte Kraft entfalten kann. Deshalb ist für ihn die
mangelnde Fähigkeit der nachkolonialen Entwicklungsstaaten, homogene Einheiten wie die
europäischen Nationalstaaten zu bilden, ein ausreichendes Indiz dafür, dass das Modell des
Nationalstaats in der Weltgesellschaft keine Dauererscheinung sein kann (Luhmann 1997:
1054-1055). Damit kann man erklären, warum in den nachkolonialen Entwicklungsländern
keine den europäischen Wohlfahrtsstaaten nahekommende staatliche Intervention in
Wirtschaft und Gesellschaft nach dem normativen Leitbild des demokratischen Rechts- und
Wohlfahrtsstaates möglich ist. Es ist damit aber nicht gesagt, dass die westlichen
Wohlfahrtsstaaten diese Handlungsfähigkeit im Kontext der Weltgesellschaft zwangsläufig
verlieren müssen. Im Gegenteil lassen sich sogar in den Schwellenländern im Zeitraum der
letzten drei Jahrzehnte Annäherungen an das europäische Modell des demokratischen Rechts-
und Wohlfahrtsstaates beobachten. In der globalen Durchsetzung von Bürger- und
Menschenrechten sind ohne Zweifel Fortschritte zu verzeichnen. Die Weltkultur und ihre
Durchsetzung durch internationale Institutionen, Regime und Konventionen sowie ihre
weltöffentliche Bewusstmachung durch humanitäre Nichtregierungsorganisationen zeigen
Wirkungen, wenn auch vieles noch Fassade ist, von der die tatsächliche Praxis entkoppelt
bleibt (Meyer und Rowan 1977).

Trotzdem ist eine abnehmende Kraft der westlichen Wohlfahrtsstaaten zur Intervention in
Wirtschaft und Gesellschaft nach den historisch ausgeprägten normativen Leitbildern zu
diagnostizieren, und zwar auffälligerweise im Gegenzug zur Aufholbewegung der
Schwellenländer. Das ist möglicherweise kein Zufall, sondern systematisch bedingt (vgl.
Münch 2009b). Der Ausbau des Freihandels im Rahmen der Welthandelsorganisation gibt
den Schwellenländern wachsende Entwicklungschancen und zwingt die Industrieländer zu
wirtschaftlichen Anpassungen in Gestalt des Abbaus alter Industrien, ohne dass ein Ersatz der
verloren gehenden Arbeitsplätze garantiert wäre. Die Demokratien in den Schwellenländern

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werden durch das ökonomische Wachstum stabilisiert, während sich die westlichen
Wohlfahrtsstaaten zu Wettbewerbsstaaten wandeln (Hirsch 1995), die ihre Bürger durch
lebenslanges Lernen für den verschärften wirtschaftlichen Wettbewerb fit machen müssen,
statt ihnen eine leistungsunabhängige Rundumversorgung zu garantieren (Streeck 2009). Der
Wettbewerbsstaat kann außerdem das mobile Kapital aufgrund der globalen
Investitionsmöglichkeiten nicht mehr umfangreich besteuern, stattdessen ist er umso mehr auf
die Besteuerung der immobilen Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeit, und des
Konsums (hohe Lohneinkommens- und Mehrwertsteuersätze) angewiesen.

Hier sind wir am entscheidenden Punkt angelangt. Warum wandelt sich der Wohlfahrtsstaat
zum Wettbewerbsstaat und warum setzt dieser an die Stelle von Interventionen die Anpassung
an die Wirtschaft? Ist das der funktionalen Differenzierung der Weltgesellschaft geschuldet?
Das ist sicherlich nicht funktionalistisch durch die Stabilisierung höherer Komplexität zu
erklären. Luhmann verweist selbst auf die hohen Transaktionskosten dieser Entwicklung und
die damit einhergehenden fundamentalistischen Gegenbewegungen.

„Der Universalismus der weltgesellschaftlich operierenden Funktionssysteme schließt


Partikularismen der verschiedensten Art nicht etwa aus, sondern regt sie geradezu an.“
(Luhmann 1997: 170)

Auch hier setzt Luhmann zu allgemein auf funktionale Differenzierung und verbucht die
„Partikularismen“ als Residualkategorie, statt spezifischer die Ursache im Widerspruch
zwischen der zweckspezifischen Ausdifferenzierung der Weltwirtschaft und der segmentären
Differenzierung der Weltgesellschaft in Nationalstaaten zu erkennen. Um den gegenwärtigen
Schub zu Gunsten der Weltwirtschaft und zu Ungunsten der Nationalstaaten besser erklären
zu können, müssen wir das Modell für die Gegenwart aktualisieren, das sich schon für die
Erklärung der zweckspezifischen Ausdifferenzierung des modernen Kapitalismus im
Übergang von der traditionalen Ständegesellschaft zur modernen Klassengesellschaft als
hilfreich erwiesen hat. War es dort die Befreiung des Wirtschaftens aus lokalen und
regionalen Bindungen, zuerst durch eine Avantgarde von Fernhandelskaufleuten und
Bankiers, später durch eine Avantgarde des Industriekapitalismus, so ist es jetzt ein neuer
Schub der Befreiung des Wirtschaftens aus den vom Interventionsstaat kontrollierten
nationalen Märkten durch global operierende Finanzinstitute und Wirtschaftsunternehmen.
Entscheidende Schritte auf diesem Weg waren die Auflösung des 1944 in Bretton Woods
vereinbarten Systems der an den US-Dollar gebundenen Wechselkurse im Jahr 1973, die

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Beseitigung der Kapitalverkehrskontrollen und der zunehmende Abbau von
Handelsschranken, weltweit im Rahmen des GATT und dessen Überführung in die WTO,
regional im Rahmen der EU und ihr folgend NAFTA, ASEAN und SADC. Dazu kommt die
Beschleunigung von Transport und Kommunikation durch neue Technologien. Die dadurch
eröffneten wirtschaftlichen Chancen werden von einer Avantgarde genutzt, die eine
wachsende globale Vernetzung von Produktion, Distribution und Konsumtion bewerkstelligt.
Die Staaten fördern diesen Prozess der zweckspezifischen Ausdifferenzierung des
Wirtschaftens allein nach den Prinzipien der Nutzen- und Gewinnmaximierung, indem sie in
zwischenstaatlichen Vereinbarungen Internationale Organisationen (IO) schaffen, die einen
möglichst schranken- und reibungslosen Wirtschaftsverkehr garantieren. Das ist die Rolle der
WTO auf globaler Ebene und der EU wie auch der anderen erwähnten Zusammenschlüsse auf
regionaler Ebene.

Von entscheidender Bedeutung ist der Grad der Verselbständigung der Internationalen
Organisationen mit eigenen Organen und bürokratischen Apparaten und ihre Spezialisierung
auf einen spezifischen Zweck. Hier ist es die Gewährleistung des freien Wirtschaftsverkehrs
als spezifischer Zweck und die Unabhängigkeit der Internationalen Organisation von den
Einzelstaaten. Diese Unabhängigkeit ist umso mehr ausgeprägt, je mehr die Entscheidungen
von Organen getroffen werden, die sich von der Zwischenstaatlichkeit weg und zur
Suprastaatlichkeit hinbewegen, und je größer der bürokratische Apparat ist, auf den sich die
Internationale Organisation stützten kann. Von allen Internationalen Organisationen ist die
EU auf diesem Weg am weitesten vorangeschritten (Münch 2008). Entscheidend dafür ist das
Initiativrecht der Kommission, der qualifizierte Mehrheitsentscheid im Rat in allen Fragen,
die mit dem Ausbau des Binnenmarktes zusammenhängen, und die rigorose Durchsetzung der
auf den freien Wirtschaftsverkehr und den Abbau jeglicher Diskriminierung zielenden
Leitlinien des Vertragswerkes der EU durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Aber
auch die WTO ist gegenüber dem GATT einen erheblichen Schritt weg von der
Zwischenstaatlichkeit und hin zur Suprastaatlichkeit gegangen (Münch 2005). Das gilt
insbesondere für den Streitbeilegungsmechanismus. Während von der EU von vielen
Kommentatoren spätestens seit dem Maastricht-Vertrag eine Ergänzung der
zweckspezifischen Erleichterung des Wirtschaftsverkehrs durch soziale Komponenten und
der Ausbau zur Politischen Union eingeklagt wird – allerdings bislang und auf absehbare Zeit
ohne Erfolg –, ist bei der WTO ganz klar, dass sie nur auf einen einzigen Zweck spezialisiert
ist, nämlich auf die Befreiung des Welthandels von wirtschaftlich unzweckmäßigen

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Restriktionen. Das heißt, dass Verantwortlichkeiten auf der Ebene der Weltgesellschaft
ausnahmslos zweckspezifisch auf Internationale Organisationen übertragen werden. Das gilt
genauso für die Weltbank (wirtschaftliche Entwicklung) und den Internationalen
Währungsfonds (wirtschaftliche Stabilität). Und es ist unverkennbar, dass dies in der
Förderung des Welthandels weitgehend vollzogen wurde, bezüglich anderer Zwecke jedoch
nur rudimentär. Sie verbleiben in der Regel auf der Ebene von Konventionen oder Regimen
und damit auch noch mehr in der Hand zwischenstaatlicher Kooperation, so etwa im Bereich
des zunehmend als bedeutsam erkannten Umwelt- und Klimaschutzes in den Ozon- und
Klimaschutzregimen.

Die sozialpolitische Gestaltung der Weltgesellschaft ist weit weniger entwickelt als der
Welthandel. Die International Labor Organisation (ILO) hat seit ihrer Gründung im Jahre
1919 aber immerhin nicht weniger als 188 Konventionen verabschiedet. Im Durchschnitt
haben die Mitgliedstaaten aber nur 41 davon ratifiziert. Der Fokus liegt in der Gegenwart auf
der globalen Durchsetzung der grundlegenden Arbeitnehmerrechte (Kernarbeitsnormen), d.h.
der Vereinigungsfreiheit und des Verbots von Zwangsarbeit, Kinderarbeit und
Diskriminierung.

NGOs haben begonnen, die Weltbank und auch die WTO zu einem Dialog über die
sozialpolitische Nachhaltigkeit ihrer Wirtschaftsförderung zu bewegen. Sie haben auch
transnational operierende Unternehmen zum Dialog gebracht und dazu beigetragen, dass
Corporate Social Responsibility (CSR) zu einem wichtigen Imagefaktor geworden ist (Hiß
2006; Curbach 2008). Das hat mit bewirkt, dass sich etwa im Global Compact Unternehmen
zur Einhaltung der elementaren Arbeitnehmerrechte (Koalitionsfreiheit, keine Zwangsarbeit,
keine Kinderarbeit, Gleichbehandlung der Geschlechter) verpflichtet haben. Die Unternehmen
betätigen sich dabei als moralische Pioniere. Sie können den Abbau von Arbeitsplätzen in den
Industrieländern und den Aufbau von Arbeitsplätzen in den Entwicklungs-, Transformations-
und Schwellenländern als sozialen Ausgleich im globalen Maßstab feiern und dabei auch
noch mit Stolz auf ihre moralische Leistung in der globalen Verbreitung elementarer
Arbeitnehmerrechte verweisen.

Es hat sich parallel zum Welthandel immerhin in rudimentären Zügen eine von NGOs und
Wissenschaftlernetzwerken gestaltete Weltöffentlichkeit und ein globaler Diskurs über die
Verwirklichung von Menschenrechten und elementaren Bürger- und Arbeitnehmerrechten

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herausgebildet. Das heißt, dass die Öffentlichkeit als Plattform des Agendasettings und der
kritischen Auseinandersetzung mit der Politik näher an ein weltgesellschaftliches Niveau
heranreicht als der Großteil der noch national bzw. auf unserem Kontinent europäisch
gebundenen Gesetzgebung. Die Weltöffentlichkeit bildet einen viel weiteren Horizont für die
Erörterung moralischer Fragen der normativen Richtigkeit und ethischer Fragen des guten
Lebens, vor dem beispielsweise der Zugang der Entwicklungsländer zu den Absatzmärkten
für landwirtschaftliche und arbeitsintensive industrielle Produkte in den Industrieländern vor
dem Schutz der Landwirtschaft und der arbeitsintensiven Industrie in den Industrieländern vor
der Konkurrenz aus den Entwicklungsländern Vorrang bekommen kann. Das bedeutet, dass
der durch den freien Welthandel verursachte Druck auf Einkommen und Arbeitsplätze in den
Industrieländern nicht nur ökonomischer Natur ist, sondern im Horizont globaler Maßstäbe
auch als moralisch gerechtfertigt erscheinen kann. Daran würde auch eine weitergehende
Anhebung der politischen Gesetzgebung auf das Niveau der Weltgesellschaft nichts ändern.
Der sozialpolitische Wandel in den Industrieländern ist demnach nicht einfach einem
Missverhältnis von globaler Ökonomie und nationaler Sozialpolitik geschuldet, sondern auch
einer Ausdifferenzierung moralischer Diskurse aus der Binnenmoral des Nationalstaats. Die
Trennung zwischen Binnen- und Außenmoral wird aufgehoben. Die global (außen) und
national (innen) geltende Moral ist abstrakter und mehr als zuvor an die Gewährleistung von
Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit auf dem Markt durch eine Politik des
Empowerment angenähert. Sie steht in einem homologen Verhältnis zum Welthandel. Um das
zu erkennen, müssen wir einen anderen Begriff der Ausdifferenzierung als die Systemtheorie
verwenden. Wir verstehen darunter nicht die Ausdifferenzierung autopoietisch operierender
Teilsysteme, die spezifische Funktionen erfüllen, sondern die Befreiung von Handeln,
Handlungsfeldern, Institutionen und Diskursen aus lokalen, regionalen und nationalen
Begrenzungen. Das impliziert, dass wir diesen Befreiungsakt auch als einen Konflikt
zwischen globalen und nationalen Handlungsfeldern, Horizonten und Diskursen und ihren
Repräsentanten betrachten können. Während die Vereinigungen von Wissenschaftlern und
NGOs die globalen Maßstäbe von Umwelt-, Klimaschutz, Moral und Gerechtigkeit zur
Geltung bringen wollen, sind Parteien und Verbände in der Repräsentation ihrer nationalen
Klientel noch gewohnt, in nationalen Kategorien zu denken, und können nur auf Kosten der
Entfremdung von ihrer Klientel eine globale Programmatik verfolgen. Am ehesten können
das die Repräsentanten der neuen globalen Eliten erreichen. So repräsentieren etwa in
Deutschland die Freie Demokratische Partei (FDP) die herrschenden globalen Wirtschafts-
und Wissenseliten und die Grünen die nicht herrschende global denkende Alternativelite,

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während die Christdemokraten (CDU) und noch mehr die Sozialdemokraten (SPD) für die
schrumpfende nationale Mittelschicht stehen und sich die Linke als Fürsprecher der
gewachsenen, ethnisch heterogen zusammengesetzten Unterschicht sieht.

3. Funktionale, segmentäre und stratifikatorische Differenzierung als konstitutive


Strukturen der Weltgesellschaft

Wir sehen, dass die Weltgesellschaft nicht durch eine komplette funktionale Differenzierung
geprägt ist, sondern durch die einseitige zweckspezifische Ausdifferenzierung der Wirtschaft,
ergänzt durch eine deutlich schwächere globale Ausdifferenzierung des Umwelt- und
Klimaschutzes, der elementaren Arbeitnehmerrechte, der Menschen- und Bürgerrechte.
Parallel dazu findet eine globale Ausdifferenzierung des Wirtschafts- und Umweltrechts statt.
Im Kielwasser des ökonomischen Primats der Weltwirtschaft ergibt sich unter der Führung
der OECD auch eine globale Ausdifferenzierung der Bildung als Humankapitalproduktion
(Münch 2009a). Kennzeichen der Ausdifferenzierung von Wirtschaft, Bildung, Umwelt- und
Klimaschutz ist ihr zweckspezifischer Charakter, der eine Entscheidung nach wahr/nicht wahr
oder effektiv/nicht effektiv durch den Diskurs spezialisierter Experten erlaubt. Dabei findet
keine Harmonisierung mit anderen Zwecksetzungen auf der Ebene der Weltgesellschaft statt,
wie es die Rolle des noch souveränen Nationalstaats war. An deren Stelle tritt eine
Fragmentierung in unabhängig voneinander verfolgte Zwecke und eine Anpassung nicht-
ökonomischer Zwecke durch den nationalen Wettbewerbsstaat an die Dynamik der globalen
Wirtschaft. Insbesondere die soziale Integration erreicht keine globale Ausdifferenzierung
derart, dass sie auf gleicher Augenhöhe in Verhandlung mit den ökonomischen
Anpassungszwängen treten könnte. Sie vollzieht sich unter der Hand und unter dem Regime
des Welthandels. Das bedeutet, dass die starke soziale Integration innerhalb der
Nationalstaaten bei gleichzeitig schwacher globaler Integration von einer wachsenden
globalen Integration abgelöst wird, die unter dem Regime des Welthandels und seines eigenen
Maßstabs der Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit bei gleichzeitiger Toleranz für
die aus den Marktprozessen hervorgehende Ungleichheit der Resultate des Wettbewerbs steht.
Der in die Weltgesellschaft eingepflanzte Antagonismus zwischen funktionaler und
segmentärer Differenzierung verschiebt sich in die Richtung der zweckspezifischen
Ausdifferenzierung der Ökonomie, zu Lasten der segmentären Differenzierung und mit der
Konsequenz der Mutation des Interventionsstaates zum Wettbewerbsstaat.

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Die Folge dieser Entwicklung ist eine neu akzentuierte Klassendifferenzierung. Die alte, das
Ganze der in sich ruhenden nationalen Gesellschaft repräsentierende Mittelschicht schrumpft
und sieht sich zerrieben zwischen der erstarkten globalen Elite und der fragmentierten neuen
Unterschicht (Münch 2009a). Diese Klassenstruktur der nationalen Gesellschaften wird in der
Weltgesellschaft überlagert von einer Differenzierung in Zentrum, Semiperipherie
(Schwellenländer, Transformationsländer) und Peripherie (Entwicklungsländer). Aus der
Überkreuzung dieser beiden Achsen der Stratifikation ergibt sich eine Neunfeldermatrix der
Verknüpfung von Klassenposition und regionaler Position (Abb. 2).

Eine weitere Folge des weltgesellschaftlichen Primats der Ökonomie ist die Ökonomisierung
der unter der Obhut des Interventionsstaates noch im Gleichgewicht zur Ökonomie
gehaltenen Funktionsbereiche. Diese Ökonomisierung der bisher nicht ökonomisch
verstandenen Funktionsbereiche folgt der Ökonomisierung der Ökonomie auf dem Fuße
(Deutschmann 2008). Die Ökonomisierung der Ökonomie ergibt sich aus der Befreiung des
Wirtschaftens aus der nationalstaatlichen Umklammerung. Weil der Wettbewerbsstaat nicht
mehr autonom handeln kann, sondern zum Agenten der Weltkultur, d.h. in erster Linie der
Weltwirtschaft, wird, muss er die Gesetze der Ökonomie in alle anderen Funktionsbereiche

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hineintragen, um die Bevölkerung ökonomisch wettbewerbsfähig zu halten. Nutzen- und
Gewinnmaximierung bzw. in Luhmanns Begriffen Zahlung zur Erhaltung von
Zahlungsfähigkeit werden zum Zweitcode aller Funktionsbereiche. Es wird in Bildung,
Partnerschaften, Liebe, Forschung, Kunst, Sport, Unterhaltung oder Wohlfahrtspflege
investiert, um möglichst hohe Renditen zu erzielen. Über wissenschaftliche Fragen wird zwar
nach wie vor nach wahr/nicht wahr entschieden, welche Fragen überhaupt gestellt werden,
das richtet sich aber nach der Unterscheidung zahlen/nicht zahlen bzw. rentabel/nicht
rentabel. An den weniger reichen amerikanischen Universitäten spielt es in
Berufungsverfahren beispielsweise eine bedeutende Rolle, ob die Forschung, die ein
Bewerber betreibt, fundable oder non-fundable ist, ob man dafür also Geld von Sponsoren
bekommt oder nicht. Auch in Deutschland ist es für die unternehmerisch geführte Universität
bedeutsam, wieviel Drittmittel die Forschung eines Professors einbringt. Unter dem Regime
von PISA verschwinden all jene Komponenten der Bildung, die sich nicht in
wettbewerbsfähiges Humankapital umsetzen lassen. Wenn sich das für Latein entgegen der
von den Altphilologen gepflegten Lehre nicht wissenschaftlich nachweisen lässt, dann wird
der Lateinunterricht aus dem Lehrplan gestrichen. In der Kunst steht längst fest, dass sich der
öffentliche Wert eines Kunstwerks nach dem auf dem globalen Markt erzielten Preis bemisst.
Von einer Autonomie ausdifferenzierter Funktionssysteme kann unter dem Primat der
Ökonomie keine Rede mehr sein.

Was wir demnach in der Gegenwart beobachten können, ist nicht das Primat der funktionalen
Differenzierung in der modernen Weltgesellschaft und das Zurücktreten der
stratifikatorischen und segmentären Differenzierung. Stattdessen erkennen wir eine besonders
spannungsreiche Konstellation aller drei Typen der Differenzierung als konstitutive
Bestandteile der Weltgesellschaft. Die funktionale Differenzierung der Weltgesellschaft wird
von der zweckspezifischen Ausdifferenzierung der Wirtschaft beherrscht. Im Kontext der
ebenso konstitutiven segmentären Differenzierung drängt die zweckspezifische
Ausdifferenzierung der Wirtschaft den Interventionsstaat in die Rolle eines
Wettbewerbsstaates, der die Logik der Ökonomie in die weiteren, national stärker
gebundenen Funktionsbereiche hineinträgt. Zugleich bildet sich eine neue, abermals
konstitutive Klassenstruktur von globaler Elite, geschrumpfter nationaler Mittelschicht und
fragmentierter Unterschicht, sowie eine darüber gelagerte Stratifikation in Zentrum,
Semiperipherie und Peripherie heraus. Eine Theorie, die nur auf die Karte der funktionalen
Differenzierung der Weltgesellschaft setzt, die segmentäre Differenzierung in Nationalstaaten

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und die stratifikatorische Differenzierung in Klassen und Regionen nur als Residualkategorie
mitführt, aber nicht systematisch in das Instrumentarium inkludiert, sieht diese Eigenart der
Weltgesellschaft nicht, kann sie nicht verstehen und kann sie auch nicht erklären und in ihren
Wirkungen erfassen.

Schlussbemerkungen

Die Strukturen der Weltgesellschaft lassen sich mit einem handlungs- und
institutionentheoretischen Vokabular besser beschreiben als mit einem systemtheoretischen.
Die Systemtheorie legt der Beschreibung ein zu enges Korsett an, so dass zu viele Aspekte als
Residualkategorie mitgeführt werden. Es müssen Behauptungen aufgestellt werden, die sich
empirisch nicht belegen lassen. Statt von Systemen, Codes und Programmen sprechen wir
besser von Feldern, Institutionen, Leitideen und Normen (Lepsius 1990; Bach 2008), statt von
funktionaler Differenzierung der Wirtschaft besser von zweckspezifischer Ausdifferenzierung
des Wirtschaftens, statt von Autopoiesis besser von institutionalisierter Autonomie und von
Professionen als Träger (Mayntz et al. 1988; Bourdieu 1998; Kieserling 2008). In dieser
Sprache lassen sich viele interessante Gedanken von Luhmann präziser, empirisch
gehaltvoller und realitätsnäher fassen und auch in empirisch überprüfbaren Aussagen
formulieren. Auf diese Weise ließe sich das Werk Luhmanns besser auf die aktuelle
Forschung zum Wandel der Gesellschaft im Spannungsfeld von funktionaler,
stratifikatorischer und segmentärer Differenzierung beziehen.

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21
Richard Münch: The World Society in the Tension Field of Functional, Stratificatory
and Segmentary Differentiation

Summary: The functional differentiation of world society is the direction towards which
evolution proceeds. It replaces segmentary and stratificatory differentiation in its primacy.
Such is the main doctrine of Niklas Luhmann’s social theory. This article wants to point out
that though this doctrine entails a correct insight, it does not live up to an empirical test in its
general claim. It leads to underestimating segmentary and stratificatory differentiation as
constitutive structures of world society. In this extended perspective, it is evident that, in the
first instance, the economy undergoes a goal-specific differentiation on the level of world
society, while politics, law, administration and education remain largely bound to the nation
state, yet increasingly cannot harmonize the economic dynamic with other ends. Along this
way of evolution, the intervention state is being transformed into the competition state, into an
agent of world culture and into a transmission belt of the economization of non-economic
functional domains.

Key words: world society, nation state, intervention state, competition state, segmentary
differentiation, stratificatory differentiation, functional differentiation, world economy,
centre/periphery differentiation

Stichworte: Weltgesellschaft, Nationalstaat, Interventionsstaat, Wettbewerbsstaat, segmentäre


Differenzierung, stratifikatorische Differenzierung, funktionale Differenzierung,
Weltwirtschaft, Zentrum/Peripherie-Differenzierung

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