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Eine Schriftenreihe des Instituts zur Erforschung der religiösen Gegenwartskultur

an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth


Herausgegeben von
Christoph Bochinger, Stefan Kurth, Karsten Lehmann und Bernhard Wolf
Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

Inhalt
1 Einleitung, Inhalt und Aufbau ............................................ 4
2 Gladigows „Religionswissenschaft als Kulturwissen-
schaft“: Die vergleichende Perspektive............................. 8
2.1 Kontext und Entstehung kulturwissenschatlicher
Religionswissenschat .....................................................................10
2.2 Religion als kulturelles Phänomen:
Deutungs- und Symbolsystem ......................................................13
2.3 Vergleich in der Religionswissenschat:
Perspektive als Methode.................................................................19
2.4 Kultur und Vergleich ......................................................................21
3 Religion als Funktionssystem: Luhmanns systemtheore-
tische Betrachtung der Religion ....................................... 23
3.1 Der Kontext der Religionssoziologie Luhmanns:
Soziale Systeme – Systemtheoretische Grundlagen....................25
3.1.1 System und Umwelt ........................................................................26
3.1.2 Kommunikation und Codierung ..................................................27
3.1.3 Gesellschat und funktionale Ausdiferenzierung ......................30
3.2 Religion als Kommunikation:
Der Religionsbegrif von Niklas Luhmann..................................31
3.3 Funktionale Analyse – Evolution – Säkularisierung:
Systemtheoretische Perspektiven für Religion in der
modernen Gesellschat ...................................................................36
4 Systemtheorie in der kulturwissenschaftlichen Religions-
forschung: Chancen wechselseitiger Beobachtung........ 41
4.1 heoriedeizit in der Religionswissenschat:
die Systemtheorie als importiertes Objektiv................................41
4.2 Der religionswissenschatliche Vergleich als methodisches
Komplement der Systemtheorie ....................................................44
4.3 Interdisziplinarität in den Kulturwissenschaten:
Systemtheorie als transdisziplinäres Paradigma – Chancen der
Anschlusskommunikation durch wechselseitiges,
konstruktives Verstehen der Fächer! ............................................47
5 Literaturverzeichnis 51
Bildnachweis Titelblatt: 417773_R_K_B_by_Rainer-Sturm_pixelio.de Zum Verfasser 62
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

1 Einleitung, Inhalt und Aufbau auf, man bewege sich au�erhalb des Faches oder zwischen den Stühlen.
Fächer haben so ihre ganz eigenen Schutz- und Kontrollmechanismen
Die Religionswissenschat in Deutschland kann auf eine bewegte Ver- der Identitätskonstruktion und -bewahrung entwickelt. Man kann ver-
gangenheit zurückblicken und sich vieler berühmter Klassiker rühmen. mutlich nicht ganz ausschlie�en, dass hier die Sorge um die Deutungs-
Seit den 1970er Jahren greifen nun verschiedene turns in den Geistes- hoheit des eigenen Gegenstandes auch eine Rolle spielt.
wissenschaten um sich und die Kulturwissenschaten gewinnen an Be- Meines Erachtens ist eine der faszinierenden heorien, die das ver-
deutung; viele Fächer und Disziplinen vollziehen eine mehr oder weni- gangene Jahrhundert hervorgebracht hat, die Systemtheorie Niklas
ger radikale Wende.1 Luhmanns. Angetreten mit dem Anspruch, eine Supertheorie der Ge-
Auch die Religionswissenschat (und nicht nur in Deutschland) ist die- sellschat zu erarbeiten (vgl.: Luhmann [1998] 1998, 11), hinterlie�
sen Einlüssen ausgesetzt. In der Logik der Entwicklungen ist es nur Luhmann mit seinem Tod 1998 einen der komplexesten Ansätze zu
konsequent, dass sich eine stärker werdende kulturwissenschatliche Erklärung sozialer Sachverhalte. Bis zuletzt beschätigte Luhmann sich
Religionswissenschat etablieren konnte. Jedoch auch neuere Religions- u.a. auch mit der „Religion der Gesellschat“ und schrieb m.E. eines der
wissenschat war nicht in der Lage, eine einheitliche heorie oder auch wichtigsten theoretischen Werke unserer Zeit über Religion (gemeint
nur einen weithin anerkannten Begrif von Religion zu schafen.2 Der ist hier: Luhmann 2002). Wenngleich die Systemtheorie weithin Beach-
Diskurs über den Gegenstand scheint in der Religionswissenschat wie tung fand und besonders zu Lebzeiten Luhmanns, riesige Hörsäle zu
in vielen anderen Fächern symptomatisch für moderne Geisteswissen- füllen vermochte, so ist sie trotz allem auch für soziologisch interessierte
schat. Leser und selbst für Spezialisten eine gro�e Herausforderung (vgl. z.B.
Zumindest in dieser, auf Religion bezogenen Hinsicht3 zeigen Ge- Pollack 1988, 1)5. Ihrer Komplexität, einem akademischen Rahmen, der
sellschatswissenschaten, besonders die Soziologie, weniger fachim- kleineren heorieanlagen und überschaubare und kurzfristigere For-
manente Hemmungen. So wundert es auch nicht, wenn ihre heo- schungsdesigns begünstigt (vgl. z.B. Luhmann 2005b, 27), und nicht zu-
rieleistungen in vielen Bereichen der Religionswissenschat Geltung letzt der sprachlichen Hürde haben wir es vielleicht zu ‚verdanken‘, dass
erreichen. Die Religionswissenschat rezipiert, wenn es z.B. um Sä- sich nur wenige Religionswissenschatler6 für diesen Zugang einsetzen7.
kularisierungstheorien geht, gerne religionssoziologische Ansätze als 5 Pollack beschreibt hier in der Vorbemerkung seiner Dissertation aus dem Jahr 1984
wären es die eigenen.4 Jedoch handelt es sich bei solchen Nutzungen seine eigene Lektüreerfahrungen mit Luhmanns Werk. Er vergleicht es mit einer Berg-
besteigung, bei der man sich wieder und wieder kurz vor dem Gipfel wähnt, nach der
fachfremder heorien meist nur um Ausschnitte. Umfassende Religi- nächsten Biegung jedoch erkennen muss, dass es bis dort noch ein weiter Weg ist.
onstheorien, die in einem umgreifenden Kontext soziologischer heorie 6 Anm.: Gemeint sind hier explizit Religionswissenschat
Religionswissenschatler,
ler, keine Religionssoziolo-
gen, auch nicht solche, die ihre Arbeit selbst als Religionswissenschat bezeichnen. Auch
stehen, werden eher gemieden. Schnell (ot zu schnell) tritt der Vorwurf heologen oder nach Selbsteinschätzung ‚religionswissenschatlich‘ arbeitende heologen
sind hier nicht gemeint, was zu betonen für Religionswissenschatler (besonders kultur-
1 Anm.: Zu den verschiedenen Veränderungen im Zuge des/der cultural turns in den wissenschatliche Religionswissenschatler) hier und andernorts schon zur Plicht gewor-
Geisteswissenschatlichen Fächern siehe auch: Nünning und Nünning 2008 sowie: Bach- den ist.
mann-Medick 2009. 7 Selbstverständlich gibt es auch in der Religionswissenschat einige, die systemtheo-
2 Anm.: Ob letztes Ziel von jeder Religionswissenschat sein muss sei dahingestellt – retisch arbeiten oder zumindest diese heorieanlage nicht grundsätzlich ablehnen (vgl.
geschat ist es zumindest nicht. z.B. Berner 1982) oder einige, die systemische Begrife zumindest als Versatzstücke (sog.
3 Anm.: Die Feststellung bezieht sich lediglich auf Religion. Geht es um ihren eige- ‚Anwendungen’) verarbeiten. Es ist jedoch aufallend, dass kaum eine Einführung in die
nen, genuinen Gegenstand, also um den Gesellschatsbegrif, so zeigen sich auch hier die Religionswissenschat oder Fachlexika und Handwörterbücher Luhmanns Systemtheorie
heute scheinbar obligatorischen Deinitionsverweigerungskommunikationen zu Zwecken in ihrer aktuellen Form vorstellen (vgl.: Hock 2002, Stolz 2001, Döbert 2001). Wenn Luh-
des boundary work. mann erwähnt wird, so nur das überholte Buch Funktion der Religion. Dies kann als Be-
4 Anm.: So inden
inden sich u.a. im RGG unter Säkularisierung ausschlie�lich soziologi- fund gewertet werden, der durchaus Rückschlüsse über die Rezeption und die Bedeutung
sche heoretiker (vgl.: Bergunder 2004). der heorie für die Religionswissenschat erlaubt. Im Fachlexikon „Religion in Geschichte
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Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

In diesem Artikel versuche ich aufzuzeigen, dass und wie die umfang- von herausragender Bedeutung für die Etablierung und das boundary
reichen heorieleistungen Luhmanns für die kulturwissenschatliche work des Faches (vgl.: Aufarth und Rüpke 2005a). Diese Position soll
Religionswissenschat fruchtbar gemacht werden können.8 Am Beginn mit der Niklas Luhmanns als Begründer einer systemtheoretischen (Re-
der Arbeit steht daher die Vorstellung der beiden Konzepte. Stellvertre- ligions-) Soziologie konfrontiert werden. Die einzelnen Ansätze wer-
tend für die kulturwissenschatliche Religionswissenschat in Deutsch- den, nach Kontext, Religionskonzept und Perspektive/Methode gegli-
land habe ich mit Burkhard Gladigow einen der führenden Vertreter edert, vorgestellt. Den letzten Teil der Arbeit bildet der Versuch einer
dieser Fachrichtung für die Gegenüberstellung ausgewählt. Er ist vor Synthese der Ansätze anhand ausgewählter Aspekte.
allem aufgrund seiner zahlreichen Werke zu unterschiedlichsten he- Dieser Artikel ist eine gekürzte und überarbeitete Version meiner Ba-
men aber auch wegen seiner programmatischen Aufsätze und Bücher, chelorarbeit. Es handelt sich bei der vorliegenden um eine rein theo-
und Gegenwart“ indet sich zwar ein Artikel zur Systemtheorie (Pollack 2004), und es retische Arbeit, die aufgrund des vorab gesteckten Rahmens keinerlei
könnte gar der irreführende Eindruck entstehen, dass die Systemtheorie in der Religi- Empiriebezug zu leisten vermag. Man möge daraus nicht vorschnell auf
onswissenschat gro�e Beachtung erfährt. Dies ist jedoch einzig darauf zurückzuführen,
dass der Autor des Abschnitts „1. Religionswissenschatlich“, Detlef Pollack, Religionswis- eine generelle Empirieunverträglichkeit des Ansatzes schlie�en. Die Be-
senschat als Bezeichnung für die Religionsforschung und damit als Überbegrif für u.a. schränkungen sind nur den formalen Vorgaben des Rahmens geschul-
religionssoziologische Arbeiten versteht. Über die Bedeutung der Systemtheorie für das
Fach Religionswissenschat wird hier nichts ausgesagt. Als Ausnahme kann die Einfüh-
det. Die Arbeit konzentriert sich aus diesen Gründen auf eine rein argu-
rung von Kippenberg und von Stuckrad hervorgehoben werden (vgl.: Kippenberg und mentative Analyse der Synthesechancen.
Stuckrad 2003). In ihrer Darstellung verzichten sie zwar auf eine umfangreiche Darstel-
lung der heorie, jedoch vermeiden sie auch eine verzerrte und dadurch falsche Interpre-
tation durch die Verwendung blo�er Versatzstücke. Solche in der Religionswissenschat
ot als ‚Anwendungen’ bezeichneten Interpretationen sollten m.E. jedoch vermieden wer-
den, denn bei gro�en heorieanlagen wie der Systemtheorie werden Teil-Verwendungen
fast immer mit Verzerrungen und Fehlern bezahlt. Die heorie gewinnt ja nicht zuletzt
durch ihr in sich konsistentes Begrifsgefüge ihre Schärfe und ihr Aulösevermögen. Ein-
zelne Begrife und heorieteile in einen anderen (theoretischen) Kontext zu transferieren
birgt daher meist nicht berücksichtigte Gefahren. Zu erörtern, warum diese Gefahren in
der Religionswissenschat nicht relektiert werden, möchte ich vermeiden, weil ich hier
nur spekulieren könnte. Als eine Hypothese könnte aber formuliert werden, dass dieser
Relexionsmangel zu den blinden Flecken eines stark empiriebezogenen Faches gehört.
Selbstverständlich kann die Bedeutung einer heorie nicht nur an Ihrer Rezeption und
Behandlung in Einführungen und Lexika beurteilt werden. Meine Einschätzung der
geringen Rezeption und Bedeutung der Systemtheorie in der Religionswissenschat in
Deutschland stützt sich allerdings noch auf weitere Beobachtungen. So gibt es beispiels-
weise keine institutionalisierte systemische/systemtheoretische Religionswissenschat,
(soweit mir bekannt) keine Lehrstühle für „systemische Religionswissenschat“ oder Insti-
tute/Forschungszentren, die Systemtheorie als heorie der Religionswissenschat betreiben.
8 Anm.: Dass ich hier so formuliere und nicht umgekehrt liegt lediglich an der Tat-
sache, dass die Arbeit im Rahmen eines Religionswissenschatsstudiums entstand. Wäre
eine persönliche Neigung Ausgangspunkt der Überlegungen gewesen, so hätte die Ent-
scheidung auch zugunsten eines Primats der Soziologie ausfallen können. Diese Ent-
scheidung hat jedoch auch weitere Konsequenzen für den Aubau der Arbeit. Dass der
Ausgangs- und Zielpunkt die kulturwissenschatliche Religionswissenschat ist und bleibt,
erklärt meine Entscheidung der Vorstellung Luhmanns Systemtheoretischer Ansätze ei-
nen grö�eren Platz einzuräumen. Dieser eher fachfremde Zugang muss selbstverständ-
lich stärker expliziert werden als der eigene, in dessen Einzugsgebiet auch die Leserschat
vermutet werden darf. Man könnte natürlich überlegen, ob es nicht nützlich wäre, diese
Arbeit (zusätzlich) auch aus der umgekehrten Perspektive zu formulieren.
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Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

2 Gladigows „Religionswissenschaft als Kultur- Reihe von Einzelwissenschaten verhindert“ (vgl.: Seiwert 1977, 16).
wissenschaft“: Die vergleichende Perspektive Ihre Aufgaben sind nach Seiwert v.a. Begrifsbildung, Ordnung des Ma-
terials und die Formulierung empirisch überprübarer heorien (vgl.
Als ein relativ junges Fach ist die Religionswissenschat in vielerlei ebd.). Diese als programmatische Forderung formulierte Zusammen-
Hinsicht bemerkenswert, besonders interessant ist jedoch, dass weder fassung kann jedoch auch nach mehr als 30 Jahren nach ihrer Veröfent-
über einen genuinen Gegenstand noch über eine genuine Methode lichung noch nicht als erreicht betrachtet werden.
(vgl.: Krech 2006, 99)9 noch über andere eindeutig exklusive Kriterien Was letztlich die Selbstbeschreibung („die“ Fachidentität ist…) „der“13
Konsens besteht, die sie als eigenständiges Fach oder gar Disziplin aus- Religionswissenschat ausmacht, kann und soll an dieser Stelle nicht
zeichnet (vgl. auch: Koch 2007b, 7). Andere sehen zwar eine disziplin- abschlie�end geklärt werden.14 In Anbetracht der Vielzahl von Wissen-
konstituierende Besonderheit des Faches in der „riskanten Nähe“ (Pye schatlern, Instituten, Forscherverbänden, Studiengängen, Projekten
2004) des Forschers/Faches zu seinem Gegenstand; die „beobachtende und Tagungen unterschiedlichster Ausrichtung, die alle unter dem La-
Teilnahme“10 statt der „teilnehmenden Beobachtung“ schreiben sich je- bel Religionswissenschat irmieren, kann ein solches Vorhaben schnell
doch auch andere Fächer gerne als das Besondere des eigenen Zugangs buchfüllend werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit möchte ich
auf die Fahne.11 Ot wird auch einfach die Selbstdistanzierung zur he- mich mit der Selbstbeschreibung und Relexion des Faches, das sich
ologie als „boundary work“ benutzt, um dadurch – Inklusion durch selbst „als Kulturwissenschat“ versteht, beschätigen.15 Ich habe dafür
Exklusion – eine eigene Identität zu konsolidieren. Identitätsstitend ist Burkhard Gladigow als einen einlussreichen Religionswissenschatler
hier dann, deskriptiv im Sinne von nicht normativ zu sein. Dass auch ausgewählt, da er entscheidend bei der Entwicklung dieser Fachrich-
diese Deinition zu kurz greit, konnten u.a. Oliver Freiberger an histo- tung durch programmatische, theoretische und/oder methodologische
rischen Beispielen ( vgl.: Freiberger 2000) und (aus aktuellem Anlass) Aufsätze und Bücher mitgewirkt hat.16 Seine Position kann damit in ge-
auch die zirkulär wiederkehrenden, z.T. sehr hitzig geführten Debatten
auf Yggdrasil12 zeigen. 13 Anm.: Sicherlich nicht ganz ernst gemeint bemerkte Oliver Freiberger in einem
Vortrag, Religionswissenschatler würde man an der inlationären Verwendung von An-
Als ein weiterer und vielzitierter Versuch der Bestimmung muss noch
führungszeichen erkennen – Für meine „Zwecke“ dürte aber auch das kein besonders
der von Hubert Seiwert genannt werden, der die „Identität der Religi- hilfreiches „Abgrenzungskriterium“ sein.
onswissenschat als eigenständige Disziplin [...] durch die systematische 14 Anm.: Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass dieses Unterfangen bereits zufrieden-
stellend abgehandelt wurde. Der Pluralismus und die hitzigen Debatten innerhalb der
Religionsforschung [gewährleistet sieht], die die Ergebnisse der histo- Religionswissenschat lassen m.E. auch nicht den Schluss zu, dass es sich um ein abgrenz-
rischen Religionsforschung integriert und so eine Aufspaltung in eine bares Fach mit einer festen oder zumindest halbwegs festen Identität handelt. Anders als
unverständlich optimistische Religionswissenschatler behaupten, kann ich Religions-
9 Krech weist auf, dass Religion selbstverständlich auch von vielen anderen Diszi- wissenschat auch unmöglich als „methodisch präzise aufeinander abgestimmtes Netz-
plinen Gegenstand ist, aber auch, was als methodischer Zugang „zu nennen wäre [wie] werk von Perspektiven auf kulturelle und in Gesellschaten historisch bedingt ablaufende
– hermeneutische, funktionalistische, strukturalistische, semiotische, komparatistische, Prozesse“ erkennen. Schon oben aufgezeigte Positionen widersprechen dieser Einschät-
postkolonialistische, diskursanalytische, konstruktivistische und dekonstruktivistische zung von Brücks (vgl.: von Brück 2007, 74). Die Aussagen sind damit wohl auch eher als
Ansätze und vieles mehr – nur ‚ausgeliehen‘“ seien. boundary work durch Behauptung zu betrachten.
10 Anm.: Ein Begrif dessen Prägung wohl unabhängig voneinander verschiedene 15 Anm.: Man muss an dieser Stelle der Vollständigkeit halber anmerken, dass es sich
Wissenschatler als den eigenen verbuchen (können), vgl. z.B. Pye 2004 und aus der Wis- dabei um einen jungen und kleinen, wenn auch schnell wachsenden Teil der Religions-
senssoziologie u.a. Hitzler 2009, 214. wissenschat (was immer man darunter verstehen mag) handelt. Daneben sind besonders
11 Anm.: Besonders ist hier auf neuere Ansätze der ethnographischen Feldforschung, historische, philologische, phänomenologische, religionspsychologische usw. Ansätze zu
nicht nur innerhalb der Ethnologie, sondern beispielsweise auch innerhalb der Soziologie, erwähnen, die in einem rein quantitativen Vergleich stärkere Aufmerksamkeit verdient
bes. der Wissenssoziologie, zu verweisen. (Vgl. auch Anm. 14). hätten.
12 Vgl. zuletzt: religionswissenschat
religionswissenschatliche
liche Emailliste Yggdrasil vom 01.10.2009 (ange- 16 Anm.: So ist er beispielsweise auch Herausgeber des Handbuchs religionswissen-
sto�en durch Manfred Hutter aus Bonn) bis 11.10.2009 insgesamt 100 Emails zum hema. schatlicher Grundbegrife.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

wisser Weise als paradigmatisch17 für die deutschsprachige kulturwis- schaten denn eine Mode der Kulturwissenschat“ (Aufarth und Rüpke
senschatliche Religionswissenschat gelesen werden. 2005b, 10) Vorbild gewesen sei, sollen zunächst die Begrife Kulturwis-
Im Nachfolgenden werde ich zunächst kurz auf den Kontext und die senschat/Kulturwissenschaten und damit der Kontext der Entwick-
Entwicklung des „kulturwissenschatlichen Modells“ eingehen. Daran lungen geklärt werden.
anschlie�end wird der Gladigowsche Religionsbegrif von Religion als Der Singular Kulturwissenschat bezeichnet im Wesentlichen ein inter-
kulturelles Phänomen und die Bedeutung der für die Religionswissen- disziplinäres „Fach“, unter dem sich Wissenschatler aus zahlreichen
schat wichtigen vergleichenden Perspektive vorgestellt. Fachkontexten zusammeninden und den gemeinsamen Gegenstand
„Kultur“, was immer darunter verstanden wird bzw. werden kann, zur
Grundlage gemeinsamen Arbeitens erheben. Das „Fach“ ist weiter ein
2.1 Kontext und Entstehung modernes Phänomen des 20. Jahrhunderts, das sowohl dem gestiegenen
kulturwissenschaftlicher Religionswissenschaft Prestige und Interesse an Interdisziplinarität als auch den tiefgreifenden
Möchte man die Entwicklung der Religionswissenschat hin zu einer Veränderungen durch die verschiedenen cultural turns Rechnung trägt.
bzw. als eine Kulturwissenschat verstehen, so ist es zunächst wichtig, Der Plural Kulturwissenschaten dagegen bezeichnet all jene Fächer die
sich das wissenschatliche und intellektuelle Umfeld dieser Entwick- sich durch eine Neuausrichtung im Zuge der cultural turns als Gemein-
lungen zu verdeutlichen. An dieser Stelle kann keine Erläuterung über sames unter einem solchen Überbegrif fassen lassen.20 Es handelt sich
die gesamte Fachgeschichte der Religionswissenschat mit all ihren Vor- also eher um ein „interdisziplinäres Feld“ (Bachmann-Medick 2009,
läufern und wichtigsten Vertretern (vgl.: Michaels 2004) folgen, was 16), weniger durch einen gemeinsamen Gegenstand als durch eine ge-
aber auch schon an anderer Stelle18 umfangreich ausgeführt wurde. teilte perspektivische Neuausrichtung der je individuellen Fachperspek-
Uns interessiert hier vor allem das Umfeld und die Entwicklung eines tive vereint.
kulturwissenschatlichen Religionsverständnisses, besonders was als Grundlegend beeinlusst, wenn nicht sogar „entscheidend […] ausge-
„cultural turn“19, als „eine grundsätzliche Umorientierung auf ‚Kultur‘“ löst“ wurde der cultural turn durch die Kulturanthropologie, „die dann
(Bachmann-Medick 2009, 13), die Geistes- und Sozialwissenschaten, wiederum über weite Strecken Leitdisziplin dieser heoriewende gewe-
aber auch darüber hinausgehend viele Disziplinen der Wissenschat sen ist.“ (Bachmann-Medick 2008, 86) Schon deshalb kann die Wende
des 20./21. Jahrhunderts nachhaltig geprägt hat. Auch wenn man in der auch als anthropologische Wende beschrieben werden.
Einleitung des Buches „Religionswissenschat als Kulturwissenschat“ In diesem Zusammenhang ist besonders auf das einlussreiche Werk
erfährt, dass für Gladigow „weit mehr das Modell der Altertumswissen- Cliford Geertz‘ hinzuweisen, der nicht nur als „Vater der modernen
17 Anm.: Paradigmatisch hier in einem doppelten Sinne, meint sowohl Gladigows Kulturanthropologie“ (Bachmann-Medick 2008, 90) gilt, sondern mit
Ansatz als quasi paradigmatisch für die kulturwissenschatliche Religionswissenschat als
auch kulturwissenschatliche Religionswissenschat als neues Paradigma, nachdem sich „Dichte Beschreibung“ (vgl.: Geertz 1987b)21 in den 1970er Jahren für
die Religionswissenschat bestimmen lässt. (Vgl. auch, als einen ähnlichen Versuch, Re- 20 Anm.: Um Missverständnisse zu vermeiden sollte an dieser Stelle noch darauf hinge-
ligionswissenschat paradigmentheoretisch zu bestimmen, Anne Koch im Anschluss an wiesen werden, dass trotz starker Ähnlichkeit der Namen, zwischen Kulturwissenschat(-
Anne Stensvolds: Koch 2007b, 7–10). en) und den im anglophonen Raum seit den 1960er Jahren weit verbreiteten cultural stu-
18 Vgl. hierzu vor allem im Rahmen dieser Arbeit von Bedeutung: Gladigow 2005a, dies unterschieden werden muss. Im Wesentlichen, neben rein sprachlich-geographischen
23–34, aber auch: Kippenberg und Stuckrad 2003, 24–36 oder, wie bereits weiter oben Unterschieden, besteht der Unterschied im gesellschats- und herrschatskritische Impe-
zitiert, ein Überblick über die Fachgeschichte der Religionswissenschat anhand der wich- tus und einer dadurch deutlich normativ-politischen (politisch links zu verortenden) Aus-
tigsten Vertreter und deren Wirkung bei: Michaels 2004. richtung der cultural studies im Gegensatz zu „neutraler Distanz“ der Kulturwissenschat(-
19 Anm.: Simpliizierend ot zu einem zusammengefasst, handelt es sich dabei jedoch en) des europäischen Festlandes. Vgl. zum Verhältnis von Kulturwissenschat(-en) und
vielmehr um verschiedene, aufeinanderfolgende oder nebeneinander verlaufende turns cultural studies u.a.: Ba�ler 2008, 150–53; Hof 2008, 341–44.
(vgl.: Bachmann-Medick 2009). 21 Anm.: im englischen Original bereits 1973 erschienen.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

viele Disziplinen richtungweisende Perspektiven aufzeigte. Sein Werk teln quasi in letzter Konsequenz des interpretive turns zur Seite gestellt.
leitete ein, was man als interpretive turn bezeichnen kann und formu- Der radikal erweiterte Textbegrif der Kulturanthropologie wandte
liert eine Hinwendung „zu Fallstudien, Einzelfällen, Details und vor sich damit letztlich gegen sich selbst. Als letzter, auch für heutige kul-
allem zu Interpretationen“ (Bachmann-Medick 2009, 59) „gegen die turwissenschatliche Forschungen bedeutsamer Punkt muss noch die
vorherrschende Strukturixierung[, die] ausdrücklich auf die Rückge- Neigung von Kulturwissenschat zum Kulturalismus, zum Kulturreduk-
winnung der Kulturdimension zielte“ (Bachmann-Medick 2009, 61). Es tionismus als Ideologie erwähnt werden (vgl.: Bachmann-Medick 2008,
bahnte sich hier eine Dominanz des Textes an, jedoch mit einem um- 102–04).23 Schon in Geertz‘ „Beiträge[n] zum Verstehen kultureller Sy-
fassend erweiterten Textbegrif von „Kultur als Text“22: „Text wird hier steme“, insbesondere seines darin veröfentlichten und für die Religi-
mit seiner Lesbarkeit verknüpt, gleichzeitig aber über Schritlichkeit onswissenschat richtungweisenden Aufsatzes zur „Religion als kultu-
hinausgeführt.“ (Bachmann-Medick 2009, 70) Vor diesem Hintergrund rellem System“ ist diese Neigung in ihren Ansätzen zu erkennen, wenn
kann auch Geertz‘ Kulturbegrif verstanden werden als „ein historisch er schreibt, dass von den „kulturellen Funktionen“ der Religion „ihre
überliefertes System überkommener Vorstellungen, die sich in symbo- sozialen und psychologischen Funktionen“ (Geertz 1987c, 92) herrüh-
lischen Formen ausdrücken, ein System, mit dessen Hilfe die Menschen ren. Trotz der darin verborgenen Gefahren24 und gerade aufgrund der
ihr Wissen vom Leben und ihre Einstellungen zum Leben mitteilen, er- Schärfe der Forderungen hatten die Autoren der cultural turns, beson-
halten und weiterentwickeln.“ (Geertz 1987c, 46) ders Cliford Geertz, nachhaltig Einluss auf die moderne kulturwis-
Doch nicht nur über diesen Kulturbegrif, sondern auch und beson- senschatliche Religionswissenschat. Es erstaunt somit auch nicht, dass
ders durch ihre „Grundposition des Kulturrelativismus“ (Bachmann- Burkhard Gladigow bei der Vorstellung seines Religionsbegrifs ihn als
Medick 2008, 102) wurde die anthropologische Wende nicht zuletzt für ersten einer Reihe von Vordenkern nennt. (Vgl.: Gladigow 2005a, 34)25
die Religionswissenschat bedeutsam. Das Eigene und das Fremde und Erst vor diesem Hintergrund lassen sich Gladigows Perspektive und
besonders die Diferenz und Konstruktion des Anderen wurden zu Pro- Verständnis auf/von Religion verstehen.
blemen der Ethnographie. Der Kultur(-en-)vergleich, der in der Ethno-
logie schon seit jeher mehr oder weniger explizit eine gro�e Bedeutung
gespielt hatte, wurde durch epistemologische Kritik an den eigenen Be- 2.2 Religion als kulturelles Phänomen:
schreibungs- und Analysekategorien sowie dem Universalitätsanspruch Deutungs- und Symbolsystem
im Allgemeinen zur Ebene relexiver Selbstbeobachtung. Weitreichende Auch kulturwissenschatliche Religionswissenschat kann keinen ex-
Konsequenzen für geisteswissenschatliche Fächer und Disziplinen hat- klusiven Gegenstand im eigentlichen Sinne beanspruchen, ist doch, wie
te in diesem Zusammenhang auch die sog. writing-culture-Debatte, die eingangs bereits bemerkt, Religion Gegenstand und hema zahlreicher
noch allgemeiner und ganz grundsätzlich Probleme der Kulturbeschrei- Disziplinen. (Vgl. nicht zuletzt auch: Gladigow 2005a, 47) Es muss je-
bung als „Krise der Repräsentation“ aufasste. (Bachmann-Medick 2008, doch berücksichtigt werden, dass auch die Methode, mit der eine Dis-
93–96) Kultur als Text wurde jetzt als „Ethnographies as Text“ (Marcus
23 Siehe auch Bemerkungen zum Begrif Reduktionismus weiter unten.
und Cushman 1982) erweitert und als Kritik an Textkonstruktionen 24 Anm.: Gemeint ist hier eine mögliche Vermischung von psychischen und sozialen
ethnograischer Beschreibung verstanden. Der vergleichenden Metho- Phänomenen. Eine epistemologisch klarere Deinition wäre hier hilfreicher.
25 Anm.: Für die Analyse ebenfalls sehr interessant ist die Nennung im Weiteren dreier
de/Perspektive wurde die Forderung nach texthermeneutischen Mit- Systemtheoretiker (Parsons, Luhmann und Döbert). Vor dem Hintergrund der ursprüng-
lich antistrukturalistischen Bestrebung von Geertz kann dies zunächst verwundern, klärt
22 Anm.: Auch die „Kultur als Text“ Metapher geht auf einen Aufsatz von Cliford sich jedoch wenn man weitere turns (performativ turn, communication turn) in der Ent-
Geertz zurück, im bereits oben zitierten Werk (vgl.: Geertz 1987a). wicklung der kulturwissenschatlichen Perspektive berücksichtigt.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

ziplin/ein Fach auf einen bestimmten Gegenstand blickt, diesen ko- zu nennen. Mit seinem oben bereits vorgestellten Kulturverständnis
konstituiert; in diesem Sinne entsteht mit dem cultural turn ein ‚neuer‘, und besonders seinem Aufsatz „Religion als kulturelles System“ (Geertz
wenn auch nicht explizit religionswissenschatlicher Gegenstand Reli- 1987c) legt er den Grundstein für Gladigows Religionsbegrif. Mit Zei-
gion. chen und Symbolen erweitert dieser jedoch die Geertz`sche Deinition
Schon Ende der 1980er Jahre verfasste Burkhard Gladigow erste pro- dahingehend, dass nicht nur Symbole Teil des Kommunikationssystems
grammatische Aufsätze über Religionswissenschat als Kulturwissen- sind, d.h. nach Geertz eigentlich nur etwas, das für eine Vorstellung
schat26, in denen er sein mit dem heutigen weitestgehend identisches steht, „wobei diese Vorstellung die ‚Bedeutung‘ des Symbols ist“ (Ge-
Religions(-wissenschats-)verständnis vorstellt. Mit Sabbatucci (Sab- ertz 1987c, 49). Gladigow richtet seinen Fokus mehr auf die (psychische,
batucci 2001, 57f) plädiert er für einen radikalen ‚Reduktionismus‘27 soziale und kulturelle) Wirkmächtigkeit der Zeichen selbst, wenn er
von Religion auf Kultur, für eine „Aulösung des religionshistorischen schreibt, dass „[v]on Bedeutung ist, da� Zeichen kognitive, emotionale,
Gegenstands in kulturwissenschatliche Parameter“. Das bedeutet für normative, soziale und kulturelle Prozesse auslösen, steuern und in
ihn nicht, dass Religion und Kultur identisch sind, sondern vielmehr Relationen zueinander setzen können.“ (Gladigow 2005a, 35) Die re-
versteht Gladigow Religionen, aufgelöst in kulturelle Parameter, als ei- ligiösen Vorstellungen sind natürlich weiter von besonderem Interesse,
nen „besonderen Typ eines kulturspeziischen Deutungs- und Symbol- ebenso wie die Konstellationen der Elemente des Zeichensystems und
systems […], d.h. als Kommunikationssysteme mit einem bestimmten ihre „‚Bedeutungen‘ für ‚Geber‘ und ‚Empfänger‘.“ (Gladigow 2005a,
Zeichenvorrat und einer Reihe angebbarer Funktionen“ (Gladigow 35) Was genau jedoch mit den Bedeutungen gemeint ist, lässt er an
2005a, 34f.)28. dieser Stelle ofen.30 Über Bedeutungen und Wirkung von Zeichen und
Mit dieser Rahmung seiner Religionsdeinition bezieht sich Gladigow Symbolen hinausgehend fordert Gladigow für und von Religionswis-
auf verschiedene Vorläufer und -denker29, u.a. ist hier vor allem Geertz senschat eine auszubildende Religionssemiotik, welche die ‚zur Wahl‘
26 Vgl. hier v.a. Gladigow 2001. Zu einer vollständigen Bibliograie vgl.: Aufarth und stehenden religiösen Zeichen erfasst. Erst diese Totalerhebung würde
Rüpke 2005a.
27 Anm.: Reduktionismus ist trotz des –ismus nicht als Ideologievorwurf zu lesen. Ich dem systemfremden Betrachter das Verstehen der Bedeutungen der
hätte an dieser Stelle, um solche Assoziationen zu vermeiden, auch Reduktion als deutsche Zeichen ermöglichen. Dies gilt auch auf höheren Abstraktionsebenen
Substantivierung des lateinische reducere (zurückführen (auf)) verwenden können, habe
mich jedoch uns aus zwei Gründen dagegen entschieden: (1) impliziert Reduktionismus für Rituale und sogar Religionen: erst die Betrachtung der existierenden
im Gegensatz zu Reduktion den Charakter der Programmatik der kulturwissenschat- Wahlmöglichkeiten „bindet jede wissenschatliche Beschreibung an den
lichen Behandlung von Religion und (2) verstehe ich mit Luhmann wissenschatliches
Arbeiten aus systemtheoretischer Sicht als Kommunikation zwangsläuig als komple- historischen Kontext, die Benutzer- oder Trägergruppe, ihre Wünsche
xitätsreduzierend, also reduktionistisch (gleiches lässt sich natürlich auch von anderen und Ziele und präzisiert das historisch Konkrete und wissenschatlich
Funktionssystemen der modernen Gesellschat sagen).
28 Anm.: Ich stütze mich im Folgenden auf den bereits erwähnten programmatischen Fa�bare“ (Gladigow 2005a, 35). Darin zeigt sich deutlich der konse-
Band Gladigows „Religionswissenschat als Kulturwissenschat“, wohl wissend, dass Gla- quent kulturwissenschatliche turn seiner Deinition: die Einbindung
digow neben diesem noch viele vor allem gegenstandsbezogene Bücher und Texte verfas-
ste, aus denen sein Fachverständnis und sein Ansatz deutlich werden. Meine Beschrän- und Rückführung eines Phänomens in/auf seinen Kontext, ob historisch,
kung auf dieses Buch halte ich jedoch gerechtfertigt, da es sich um eine Monographie mit
programmatischem Anspruch handelt. Der Anspruch aber muss sich dann auch an der 2005). Diese bleiben in der Fassung von 2005 unerwähnt; die systemtheoretischen Vor-
Programmschrit messen lassen. Auf eine umfangreiche Werkanalyse kann aus diesem denker (Parsons/Luhmann) dagegen behält Gladigow auch in der aktuellen Fassung (vgl.:
Grund und aufgrund der Zielsetzung meiner Arbeit lediglich Perspektiven aufzuzeigen, Gladigow 2001 sowie: Gladigow 2005a).
verzichtet werden. 30 Anm.: Vor allem bleibt fraglich, ob er sich hier tatsächlich auf Geertz`sche Bedeu-
29 Anm.: Sie werden in der Fu�note erwähnt. Für diese Untersuchung von besonde- tungen im Sinne von den dahinter stehenden Vorstellungen bezieht. Unklar bleibt der
rem Interesse ist die Tatsache, dass in seinem Artikel im Handbuch religionswissenschat- Begrif, da die erwähnten Vordenker zumindest stark unterschiedliche, wenn nicht gar
licher Grundbegrife von 1988 noch die Namen Peter Berger und homas Luckmann auf- inkompatible Ideen von „Zeichen“ und ihren „Bedeutungen“ präferierten. Möglicherweise
tauchen (genannt werden hier die Werke Berger und Luckmann 2004 sowie Luckmann meint Bedeutung aber auch eher das, was er mit Wirkmächtigkeit bezeichnet.
14 15
Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

sozial, milieuspeziisch oder kulturell. eher unklares, kulturwissenschatliches Verständnis von Religion brin-
Zuletzt muss noch kurz auf Gladigows Begrif der „Kommunikations- gen kann.33
systeme“ Bezug genommen werden. Diesen bezieht er wahrscheinlich, Diese Deinition hat auch Konsequenzen für mögliche Gegenstände
auch wenn er hier sehr unklar bleibt, von Parsons und Luhmann. Meiner der Religionswissenschat. Ganz besonders betont Gladigow hier eine
Einschätzung nach kann man jedoch den Parsons`schen oder auch den metasprachliche Beschreibung, die sich explizit von objektsprachlichen
dann durch Luhmann erweiterten Systembegrif nicht auf ein ‚Schlag- Deutungsmodellen der heologie absetzen muss. Diese kann und muss
wort‘, als das es Gladigow hier gebraucht, reduzieren. Was Gladigow auf der gleichen Ebene wie beispielsweise eine Ritualsequenz, also als
als ‚Kommunikation‘ bezeichnet, bezieht sich auf ein Alltagsverständ- Gegenstand der Religionswissenschat gesucht werden. (Vgl.: Gladigow
nis von kommunizierenden, interagierenden Individuen – ‚System‘ auf 2005a, 37) Noch etwas allgemeiner erkennt Gladigow an, dass Sprache
ein komplexes ‚Gebilde’ von Kommunikationen, die in einer wie auch an sich „bevorzugtes Medium von Wissenschaten, zumal Geisteswis-
immer gearteten Verbindung oder Beziehung zueinander stehen. Bei- senschaten ist“ und es so auch nicht verwunderlich sei, dass „sprach-
de Betrachtungen entsprechen aber in keiner Weise dem Kommuni- lich ixierte Elemente von Religionen im Zentrum der Aufmerksamkeit
kations- und Systemverständnis von Niklas Luhmann.31 Das bedeutet stehen.“ (Gladigow 2005a, 37) Das darf jedoch nicht zu einem ideolo-
nicht, dass Gladigows Religionsdeinition mit der systemtheoretischen gischen Ausschluss nichtsprachlicher Elemente von Religion führen.
Perspektive inkompatibel wäre; dazu bleibt dieser Rahmen zu unscharf Wie man dem jedoch in der empirischen Forschung gerecht werden
und zu weit gefasst. kann, bleibt hier zunächst noch ofen, bzw. in den Aufgabenbereich ei-
Als Kernelement seiner Religionsdeinition formuliert Burkhard Gladi- ner Religionsästhetik verwiesen. Zuletzt plädiert Gladigow wiederholt
gow die Abgrenzung religiöser von nichtreligiösen Deutungssystemen für die Einbindung der Religion in ihren historischen und regionalen
vermeintlich scharf, indem er festhält, dass der „Geltungsgrund [erster] Kontext als auch für eine umfangreiche Analyse, die erst im Zusammen-
von den ‚Benutzern‘ auf unbezweifelbare, kollektiv verbindliche und au- hang aller Phänomene einer Religion eine „genauere Bewertung des
toritativ vorgegebene Prinzipien zurückgeführt wird.“ (Gladigow 2005a, konkreten Funktionierens“ (Gladigow 2005a, 38) leisten kann. Es muss
35) Als mögliche Alternativen dieser Prinzipien werden Setzung, Stif- betont werden, dass nicht zuletzt dadurch der Gegenstandsbereich reli-
tung oder Berufung auf Alter und Tradition genannt. Auch das macht gionswissenschatlicher Untersuchungen dramatisch umfangreich wird.
für Gladigow die Kontextualisierung von Religion in der Forschung „Hier verbinden sich […] politische, soziologische, juristische, archi-
unabdingbar. (Gladigow 2005a, 36) Wie jedoch die genannten Prin- tektonische, ökonomische, ikonographische und rituelle Perspektiven“
zipien diese Wirkung entfalten, bzw. auf welche Ursachen ihre Wirkung (Gladigow 2005a, 38). Besonders für eine „Analyse von Opfer, Kultbild
zurückzuführen ist, bleibt an dieser Stelle wiederum sehr unklar. Ver- und Tempel“ (Gladigow 2005a, 38) kann aber in der Religionswissen-
muten kann der Leser die schon oben genannte Mischung psychischer, schat auf keine dieser Perspektiven verzichtet werden. Darüber hinaus
sozialer und kultureller Ursache-Wirkungszusammenhänge.32 Schon weist Gladigow auch auf Schwierigkeiten bei der Beschreibung der Ge-
hier zeigt sich, dass es Schnittpunkte geben könnte, an denen die kon- schichte einer Religion hin, wenn diese sich von klassischen Buchreligi-
sequente Einbindung der Systemtheorie Schärfe und Präzision in ein onen Europas unterscheidet. Für Kulte oder polytheistische Religionen
31 Vgl. hierzu auch weiter unten Erläuterungen zur Systemtheorie. müssen erst noch tragfähige Beschreibungen gefunden werden34 – die
32 Anm.: Auch hier bleiben m.E. einige epistemologische Fragen und Probleme ofen,
bei deren Lösung die Systemtheorie helfen kann: Wie lässt sich das empirisch feststellen? 33 Vgl. hierzu auch Abschnitt 4.1
Kann man tatsächlich von psychischen auf soziale Zusammenhänge oder Phänomene 34 Anm.: Auch hier könnte sich eine interdisziplinäre, multivariable Analysen mittels
schlie�en? Kann man tatsächlich erklären, wie diese Prinzipien zu den beschriebenen sozialer Evolutionstheorie anbieten um eventuell das bisher erreichte Aulösungspotential
Wirkungen führen, worin der Mechanismus liegt und warum? zu steigern (siehe auch Kapitel 5.2 in dieser Arbeit).
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

konsequent kulturwissenschatliche Einbindung der konkreten Religion 2.3 Vergleich in der Religionswissenschaft:
in ihren Kontext (sozial, regional, kulturell) sei „hier ein erster wichtiger Perspektive als Methode
– und gangbarer – Weg.“ (Gladigow 2005a, 39) Die Geschichte und zentrale Bedeutung des Vergleichs in der Religions-
Gladigows Religionsbegrif, aber auch die Konsequenzen, die er für die wissenschat darzustellen hat u.a. beispielhat Burkhard Gladigow selbst
Bestimmung der möglichen Gegenstände feststellt, lassen eine Frage unternommen. (Vgl.: Gladigow 2005b) Ich kann mich deshalb hier auf
weitgehend unbeantwortet35: Die Frage nach ‚der‘/ den Methode(-n)36 einige wichtige Aspekte beschränken die im Rahmen der Arbeit ent-
der kulturwissenschatlichen Religionswissenschat. Das bedeutet je- scheidend sind.38
doch nicht, dass die vorgestellte Konzeption von Religion keine Metho- Die Einführung der vergleichenden Methode durch Friedrich Max Mül-
den impliziert oder einige nahe legt und andere ausschlie�t, nur wird ler kann – „nach allgemeiner Überzeugung“ (Bochinger 2003, 257) – als
die Methodologie nicht expliziert. Das kann auf verschiedene Ursachen der Anfang der Religionswissenschat (vgl.: Müller 1874 oder sekundär:
zurückgeführt werden, die gewisserma�en gleichbedeutend als verant- Klimkeit 2004) bezeichnet werden, war aber bereits von Beginn an der
wortlich gelten können. Zum einen kann man sich bei einer Betrach- Kritik ausgesetzt39. Auch Gladigow setzt sich in erster Linie kritisch mit
tung von Religion als kulturellem Bedeutungs- und Symbolsystem, der Methode des Vergleichs in der Religionswissenschatsgeschichte
schon aufgrund der Vielzahl der möglichen empirischen Ausprägungen auseinander. Vor allem interessiert ihn hier das hinter dem Vergleich
von ‚Symbolen‘ oder Objektivierungen von Semantik kaum auf eine/‚die‘ stehende Interesse, also die Frage, worauf der Vergleich zielt – verglei-
Methode der Religionswissenschat festlegen. Es ist ofensichtlich, dass chen, aber wozu? Seine Kritik gilt hier besonders einem Vergleichen,
Texte anders als performative Rituale einer wissenschatlichen Analyse das nach der Bestimmung des Wesens von Religion trachtet, sei es in den
erschlossen werden müssen. Aber auch wissenschatshistorisch ist leicht Anfängen der Religionswissenschat als Fach, sei es im Rahmen einer
erkennbar, warum sich trotz aller Bemühungen von Anfang an keine ‚kryptotheologischen‘ Phänomenologie. Der heutigen, zweifelsfrei noch
genuine Methode der Religionswissenschat herauskristallisiert hat, die immer ot zentralen Bedeutung des Vergleichs in der Religionswissen-
dann nur noch in das kulturwissenschatliche Modell überführt hätte schat widmet er verhältnismä�ig geringe Aufmerksamkeit. Mit Carsten
werden müssen. Die mal theologisch, mal soziologisch, philosophisch Colpe fordert Gladigow eine „neue Komparatistik“, die ihre „Orientie-
oder linguistisch, historisch oder phänomenologisch orientierte Reli- rung – nach Interesse und Sprache – von einer true religion of the future
gionswissenschat hat durch ihre Multiperspektivität die Homogenisie- [Herv. im Org.] und einem ‚Wesen der Religion‘ weg auf eine Systema-
rung der Methodik erschwert. Wenn es überhaupt möglich ist, so kann basale Strukturierung konkreter Forschungsoperationen begründet werden. Im Sinne
homas S. Kuhns hat der Vergleich paradigmatische Funktion indem er heoriebildung,
nur eine Perspektive als allen Positionen gemeinsame Methode der Re- Methode und Beschreibung grundlegend ko-konstituiert. (Paradigmata als Modelle von
ligionswissenschat beschrieben werden: der Vergleich.37 „Gesetz, heorie, Anwendung und Hilfsmittel“ (vgl.: Kuhn 1967, 29)). Auch tendieren
35 Zumindest in den hier verwandten, programmatischen Schriten. einige kulturwissenschatlich orientierte Religionswissenschatler dazu den Vergleich auf-
36 Methode hier verstanden als etablierte, anerkannte Werkzeuge zur Überprüfung grund seines impliziten Handlungscharakters (‚vergleichen‘) als Methode zu bezeichnen
und Feststellung wissenschatlicher Aussagen. Systemtheoretisch ausgedrückt müssen (vgl.: Bochinger 2003; aber auch – mehr diskurstheoretisch ausgerichtet: von Brück 2007,
Methoden als Programme des Wissenschatssystems verstanden werden, welche die Zu- 82–85).
ordnung der Aussagen zu den Codewerten wahr/unwahr ermöglichen. 38 Anm.: Auch bin ich mir bewusst, dass ich damit streng genommen schon über
37 Anm.: Ob es möglich ist, den Vergleich als Methode zu behandeln, ist nicht un- Gladigows Ansatz hinausgehe, der sich in dem hier zugrunde gelegten Programm nicht
umstritten. Er ist zwar sicherlich perspektivierend und erschlie�t neue Gegenstände oder systematisch zur aktuellen Bedeutung des Vergleichs als Methode der Religionswissen-
neue Aspekte ursprünglich ‚alter‘ Gegenstände, jedoch kann er nicht als alleinige Metho- schat äu�ert. Nichtsdestotrotz halte ich den Vergleich für ein zentrales Element der Reli-
de dienen. Der Werkzeug- und Methodencharakter des Vergleichs ist auf einer abstrak- gionswissenschat und sehe vor allem hier Anknüpfungspunkte und Synthesechancen für
teren Ebene der Forschungspraxis zu suchen als beispielsweise das narrative Interview, Systemtheorie (siehe auch Kapitel 4.2)
die teilnehmende Beobachtung oder die reine historische Quellentexthermeneutik. Das 39 Anm.: Wie Klimkeit an Beispielen von wiederholten Rechtfertigungen dieser Posi-
Festhalten an der Beschreibung des Vergleichens als Methode kann jedoch durch seine tion belegt (Vgl.: Klimkeit 2004, 34).
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

tik hin ausrichten“(Gladigow 2005b, 61) muss. Auch hier ist ihm eine 2.4 Kultur und Vergleich
konsequente kulturwissenschatliche Reduktion (auf den Kontext, bzw. Niklas Luhmann folgend muss Kultur und was wir heute darunter ver-
Einbindung des selben in die Analyse), besonders die implizierten sinn- stehen als moderne ‚Erindung‘ verstanden werden.41 Seit der zweiten
stitenden Potenziale sehr wichtig. (Vgl.: Gladigow 2005b, 61) Es bleibt Hälte des 18. Jh.s wird mit ‚Kultur‘ von ‚Natur‘ ein Phänomenbereich
also zusammenfassend festzustellen, dass trotz aller, aus kulturwissen- unterschieden, der „sich nach eigenen Bedingungen, wenn nicht Lo-
schatlicher Sicht berechtigter Kritik an der Methode des Vergleichs, giken entwickelt.“ (Luhmann 2002, 310) Kultur ist nach Luhmann im
dieser „[a]ls kulturwissenschatlich relektierte Methode […] im Me- Wesentlichen die moderne Errungenschat, „ohne räumliche und zeit-
thodenbestand der Religionswissenschat“ (Aufarth und Rüpke 2005b, liche Beschränkungen“ (Luhmann 2002, 310) zu vergleichen. Kultur wird
12) bleibt. Das zeigt zwar eine gewisse ‚Akzeptanz‘, indes die zentrale als Phänomen für alle Zeiten und alle Gesellschaten „als ein mensch-
Bedeutung des Vergleichs innerhalb der Religionswissenschat bleibt heitsuniversales Phänomen“ betrachtet, ist aber ein „entschieden neu-
m.E., besonders auch für eine kulturreduktionistische Ausrichtung, bei zeitliches und zunächst speziisch europäisches Phänomen“ (Luhmann
Gladigow unterschätzt. 2002, 310). „Die Modernität dieses Syndroms ‚Kultur‘ besteht letztlich
Neben aller Kritik an dieser Methode wird vor allem durch die neue- darin, da� ein sehr speziischer Universalismus entsteht, der auch das
re Religionswissenschat40 von vielen die Kontinuität (vgl.: Bochinger Seltsamste und Entfernteste, Befremdlichste und Unverständlichste
2003, 255 Anm. 9) oder gar eine Renaissance (vgl.: Freiberger 2009, noch einbezieht, sofern es nur ‚interessant‘ gemacht, und das hei�t:
33) der Methode nicht nur in der Religionswissenschat konstatiert. vergleichend dargestellt werden kann.“ (Luhmann 2002, 310 f.) Ver-
„‚Vergleichen‘ ist neben ‚Verstehen‘ nach klassischer Vorstellung das gleiche gab es selbstverständlich auch vor dem 18./19. Jh., mit Kultur
entscheidende Moment [der] Arbeitsweise“ (Bochinger 2003, 255) der jedoch erlangt der Vergleich einen bis dahin unerreichten Abstrakti-
Religionswissenschat und wurde über viele Jahre damit quasi als iden- onsgrad und hohe Universalität. Er wird quasi als symbolisch genera-
titätskonstituierend kontinuiert. Ein besonders aktuelles und überzeu- lisiertes Kommunikationsmedium42 gesellschatlich institutionalisiert.
gendes Beispiel für die Perspektive des Vergleichs konnte Oliver Frei- Kultur ist nach Luhmann somit eine „Verdopplung aller Phänomene“
berger mit seiner jüngst veröfentlichten Habilitationsschrit liefern. Er durch „eine Wiederbeschreibung der Beschreibungen, die das tägliche
argumentiert darin u.a. mit William E. Paden, dass „kaum eine Eigen- Leben orientieren“. (Luhmann 2002, 311) Diese Verdopplung zeigt sich
schat die Existenz eines selbstständigen Fachs ‚Religionswissenschat‘ besonders durch eine neue Perspektive der immer mitgedachten oder
so überzeugend rechtfertigt wie eine vergleichende Perspektive“ (Frei- kommunizierten Fragen. Man muss immer „einen Beobachter mitbe-
berger 2009, 21). Dabei muss die religionswissenschatliche Arbeit nicht obachten, wenn man verstehen will […], warum und für wen etwas so
zwangsläuig eine vergleichende sein und ist es in den wenigsten Fällen. ist, wie es ist.“ (Luhmann 2002, 311) „Alles in allem: Kultur ist eine Per-
Alleine die grundlegende Perspektive „[d]er ‚vergleichende Blick‘“ un- spektive der Beobachtung von Beobachtern.“ (Luhmann 1999, 54) Im
terscheidet eine religionswissenschatliche „von Fragestellungen ande- 41 Anm.: Der moderne Begrif von Kultur (nicht: Kulturbegrif
Kulturbegrif!)!) entstand nach Luh-
rer Disziplinen.“ (Freiberger 2009, 22) Der Vergleich bildet auf dieser mann in der zweiten Hälte des 18. Jahrhunderts aus einer starken Erweiterung der „re-
gionalen und historischen Beobachtungshorizonte“ und entwickelte sich seitdem zu ei-
Ebene „die Ausgangsperspektive für die Entwicklung jeder Art von re- nem der bedeutendsten Begrife unserer Zeit. Interessanterweise wurde, was sich letztlich
ligionswissenschatlicher heorie und Methodologie“ (Freiberger 2009, zum wichtigsten Merkmal von Kultur entwickelte – nämlich das Auinden von entfernten
Ähnlichkeiten – damals noch als Witz bezeichnet. Die mögliche Anschlussüberlegung:
22), seine Zentralität zu übersehen ist nahezu unmöglich. „Kulturwissenschat ist doch ein Witz!“ hielte ich jedoch für verfehlt. Vgl. auch: Luhmann
40 Vgl.: primär (weil in diesem Zusammenhang besonders von Interesse): Gladigow 1999 oder auch: Luhmann 2002, 309–17.
2005b, sekundär: Bochinger 2003, 264–67 oder auch: Freiberger 2009, 30–91, der trotz der 42 Anm.: Zum Begrif der symbolisch generalisierten Kommunikationsmedium vgl.:
Kritik an der Zentralität der Methode festhält. Siehe dazu auch unten. Baraldi 2008b.
20 21
Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

Zusammenhang meiner Arbeit sind diese Überlegungen Luhmanns zu 3 Religion als Funktionssystem:
Kultur als einem historischen Begrif von entscheidender Relevanz: Die Luhmanns systemtheoretische Betrachtung
vergleichende Perspektive der Religionswissenschat scheint, in diesem der Religion
Zusammenhang betrachtet, nahezu als konsequent in das kulturwis-
senschatliche Modell, wie Gladigow es formuliert, zu münden. Es setzt Die Systemtheorie Niklas Luhmanns ist seit 1969, mit der Berufung
sich hier innerhalb der Religionswissenschat eine Entwicklung fort, die Luhmanns zum Professor für Soziologie an der damals neugegründeten
gesellschatlich in der Erindung des modernen Kulturbegrifs ihren Ur- Universität in Bielefeld eine polarisierende aber vielbeachtete heorie.
sprung hat und perfekt mit der besonderen Perspektive der Religions- Von Anfang an ging es Luhmann um die Entwicklung einer „heorie
wissenschat harmoniert.43 der Gesellschat“44, doch waren die Ausgangssituation schwierig und
Im letzten Teil der Arbeit werde ich nochmals auf den Aspekt des Ver- die Widerstände gro�. (Vgl.: Luhmann [1998] 1998, 11) Wie Luhmann
gleichs zurückkommen, um näher auf Synthesemöglichkeiten und An- selbst schreibt hat „es […] symptomatische Bedeutung, da� der Platz ei-
schlussfähigkeiten der vergleichenden kulturwissenschatlichen Reli- ner heorie der Gesellschat in der öfentlichen Wahrnehmung zunächst
gionswissenschat und der Systemtheorie einzugehen. Zunächst muss nicht durch eine heorie, sondern durch eine Kontroverse eingenommen
jedoch noch die systemtheoretische Religionssoziologie Niklas Luh- wurde.“ (Luhmann [1998] 1998, 11)45 Darüber hinaus könnte jedoch
manns vorgestellt werden. diese Symptomatik auch der Systemtheorie selbst zugerechnet werden,
denn die Widerstände gegen und die Kritik an Luhmanns heorie sind
nach wie vor laut. Auch wenn man den Kritikern nicht notwendig man-
gelndes Verständnis der heorie unterstellen kann, so können sicher-
lich zum Teil die Komplexität und der hohe, auch sprachliche Abstrak-
tionsgrad von Luhmanns Schriten als zwei der wichtigsten Ursachen
für diese anhaltenden Tendenzen innerhalb der Sozialwissenschaten
bezeichnet werden. Dabei wird ot unterschätzt oder übersehen, dass
die Unverständlichkeit der soziologischen Beschreibung bei Luhmann
Programm ist: „Probleme einer theorieeigenen Sprache“ (Luhmann
1981) sind nach Luhmanns Verständnis unumgänglich, ja sogar hilf-
reich um komplexe heorieanlagen genau zu verstehen. Die bewusste
Neu-Bestimmung zahlreicher alltagssprachlicher Begrife ist weder
wissenschatssprachliches Ungeschick oder gar absichtliche ‚Frechheit‘,
sondern lediglich Folge wissenschatsinterner Zwänge: „die Sprache
[wird] in wissenschatsspeziische Anforderungen hineingezwungen“
43 Anm.: An dieser Stelle würde es sich lohnen neuere, komplexe Anwendungen des
religionswissenschatlichen Vergleichs zu betrachten. So nimmt die vergleichende Religi- 44 Anm.: So schreibt Luhmann im Vorwort seines Hauptwerkes „Die Gesellschat der
onswissenschat als „heorieschmiede der Kulturwissenschaten“, folgt man Anne Koch, Gesellschat“: „Mein Projekt lautete damals [zur Zeit seiner Berufung; Anm. M.K.] und
die Meta-Diskurs-Position einer komplexen Relexionsinstanz der Kulturwissenschaten seitdem: heorie der Gesellschat; Laufzeit: 30 Jahre; Kosten: keine“ (vgl.: Luhmann [1998]
ein. Dies kann als Fortentwicklung des kultur- und religionswissenschatlichen Vergleichs 1998, 11).
gedeutet werden. Auch in diesem Zusammenhang kann die Systemtheorie der durch 45 Anm.: gemeint ist hier die als Luhmann-Habermas-Debatte bekannte Auseinander-
Koch neu formulierten Aufgabe der Religionswissenschat zuträglich sein. Aus Platzgrün- setzung der systemtheoretischen mit der marxistisch-gesellschatskritischen Sozialwis-
den kann auch auf diese Überlegungen nur verwiesen werden. (Vgl. hierzu: Koch 2007a). senschat im Jahr 1981.
22 23
Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

(Luhmann 1981, 171). Zum einen ist es bei „weit abstrahierter heo- und heoriezusammenhänge müssen jedoch erwähnt werden. Ich be-
riearbeit, aber auch bei komplizierter methodenbewu�ter Forschung schränke mich also, v.a. weil die Religionstheorie Luhmanns im Fokus
[…] fast zwingend, da� die Sprache sich dem Operationsbewu�tsein des Interesses steht, auf den Kontext seiner Religionstheorie und nicht
der Forschung anpa�t.“ (Luhmann 1981, 173) Zum anderen müssen, der Systemtheorie Bielefelder Provenienz im Allgemeinen.
um wissenschatlichen Fortschritt zu erreichen, Traditionsanschlüsse Kontext der Religionstheorie Niklas Luhmanns ist die ma�geblich von
bei veränderter Semantik verhindert werden können. Es ist ferner frag- ihm48 entwickelte heorie sozialer Systeme. Diese heorie geht davon
lich, ob es bei gro�en heorien wirklich immer zweckmä�ig sein kann, aus, „da� es Systeme gibt“. Dieser ot zitierte Satz ist deshalb von so ent-
eine Sequenzierung des heorieaubaus und die ihr angepasste sprach- scheidender Bedeutung, weil er den Anspruch und Geltungsgrad der
liche Struktur zu fordern. Der vermutlich tritigste Grund für eine so heorie festschreibt. Gemeint ist weder eine „Rückzugsposition einer
anspruchsvolle theorieeigene Sprache ist ein mit der Ausdiferenzierung ‚lediglich analytischen Relevanz‘“ noch ist diese heorie „eine blo�e
des Wissenschatssystems seit dem 17. Jh. immens gesteigertes „Aulö- Methode der Wirklichkeitsanalyse“ (Luhmann [1984] 2008, 30). Niklas
se- und Rekombinationsvermögen“ und das damit verbundene Problem: Luhmann bezeichnet deshalb die Systemtheorie auch als „allgemeine
„Wie erzeuge ich mit sprachlichen Mitteln hinreichende Simultanprä- heorie sozialer Systeme [, denn sie] erhebt, mit anderen Worten den
senz komplexer Sachverhalte und damit hinreichende Kontrolle über Anspruch, den gesamten Gegenstandsbereich der Soziologie zu erfassen
die Anschlu�bewegung des Redens und Verstehens?“ (Luhmann 1981, und in diesem Sinne universelle soziologische heorie zu sein.“ (Luh-
175) Dies zu erreichen ist – implizit oder explizit – Ziel einer jeden wis- mann [1984] 2008, 33) „Der Systembegrif bezeichnet also etwas, was
senschatlichen Arbeit. 46 So komme auch ich nicht umhin, in diesem wirklich ein System ist, und lä�t sich damit auf eine Verantwortung für
Bestreben den systemtheoretischen Kontext und einige der wichtigsten Bewährung seiner Aussagen an der Wirklichkeit ein.“ (Luhmann [1984]
Begrife für Luhmanns heorie der Religion vorzustellen. 2008, 30)49 Zu klären ist nun, was mit System bezeichnet wird.

3.1 Der Kontext der Religionssoziologie Luhmanns: Soziale


Systeme – Systemtheoretische Grundlagen kann ist somit an bedeutenderer Stelle bereits umfassend erfolgt und als Vorlesung auch
sprachlich leichter zugänglich, ohne unterkomplex zu bleiben.
Es soll an dieser Stelle keine grundlegende Einführung in die System-
48 Anm.: Wie jeder hheoretiker
eoretiker vor und nach ihm kann auch Luhmann in einen h heo-
eo-
theorie gegeben werden, und anders als bei der Vorstellung des Ansatzes riehintergrund und wissenschatshistorischen Horizont eingeordnet werden. Ebenfalls
von Gladigow ist auch eine Einordnung in die umfangreiche heoriege- wie jeder heoretiker bezieht Luhmann sich auf viele Vordenker sein Denken und Werk
bedeutend geprägt haben (z.B. Weber, Durkheim, Parsons, Spencer-Brown, Maturana,
schichte aus Platzgründen unmöglich.47 Einige zentrale Rahmenbegrife Günther, u.a.). Nichtsdestotrotz kann und muss Luhmann als Vater der soziologischen
Systemtheorie in ihrem heutigen Kleid verstanden werden, und seine Bedeutung für das
46 Anm.: Nicht zuletzt in der Religionswissenschat wird an prominenter Stelle fest-
Fach und dessen heorieleistung kann kaum unterschätzt werden.
gestellt, dass die Bedeutung von Begrifsbildung „in wissenschatspraktischer wie auch
49 Anm.: Sich auf eine Überprübarkeit an Wirklichkeit einzulassen, entspricht auch
–theoretischer Hinsicht nicht überschätzt werden kann“ vgl.: Seiwert 1977, 5.
der Forderung Hubert Seiwerts, der in seinem oben bereits erwähnten Aufsatz über „Sy-
47 Anm.: Obwohl es nicht zuletzt auch für diese Arbeit erhellend wäre, verhindert der
stematische Religionswissenschat: heoriebildung und Empiriebezug“ fordert, „da� reli-
formale Rahmen auf die Vorläufer und Vor- oder Mitdenker Luhmanns einzugehen und
gionswissenschatliche heorien – wie die aller Erfahrungswissenschaten – intersubjektiv
so die heorie kontextualisieren. Da Luhmann Anleihen aus vielen und sehr unterschied-
überprübar sein müssen.“ (vgl.: Seiwert 1977, 10) Das bedeutet, dass sie sich auf eine em-
lichen Disziplinen genommen hat, wäre ein solches Unternehmen alleine schon buch-
pirische Überprübarkeit einlassen müssen. Damit ist jedoch noch nichts über erkenntnis-
füllend. Vorläufer wie Parsons, Spencer-Brown oder Maturana müssten hier detailliert
theoretische Grundvoraussetzungen von jeder Beobachtung gesagt. Für alle heorien gilt:
vorgestellt und so in ihrer Bedeutung für die Systemtheorie gewürdigt werden. In seiner
sie müssen eine Anfangsunterscheidung trefen („draw a distinction“, vgl.:Spencer-Brown
Vorlesung „Einführung in die Systemtheorie“ (Luhmann 2008a) behandelte Luhmann
1999. Besonders S. 1; 3). Der blinde Fleck der ersten Unterscheidung bleibt, verhindert
diese heorieressourcen jedoch ausführlich. Was an dieser Stelle nicht geleistet werden
jedoch eine heoriebildung im Seiwert’schen Sinne nicht, sondern ermöglicht diese erst.
24 25
Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

3.1.1 System und Umwelt auf die Vorstellung letztgenannter sozialer Systeme beschränken.54 Sie
Nach George Spencer-Brown steht am Anfang aller Bezeichnung, sei es bestehen letztelementar (vgl.: Luhmann [1984] 2008, 43) aus Kommu-
durch Kommunikation oder Bewusstsein, eine Unterscheidung. (Spen- nikationen55 als ihrem exklusiven56 Operationstyp.
cer-Brown 1999 besonders S. 1; 3) So indet sich auch am Anfang einer
jeden heorie eine Unterscheidung, für die Systemtheorie die Leitdif-
ferenz System/Umwelt. Die Systemtheorie vollzieht damit einen Para- 3.1.2 Kommunikation und Codierung
digmenwechsel, weg von einem Teil/Ganzes-Problem und schwer zu Auch den Kommunikationsbegrif deiniert Luhmann abweichend
begrenzenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen hin zur System/ vom Alltagsverständnis, das Kommunikation an Sprachlichkeit bindet:
Umwelt-Diferenz. Wie Luhmann ausführt, kann „Sprachlichkeit nicht zur Deinition des
Es kann allgemein „zwischen allopoietischen und autopoietischen50 Sy- Kommunikationsbegrifs [verwendet]“ (Luhmann [1984] 2008, 208f)
stemen sowie unter den autopoietischen Systemen zwischen lebenden werden 57, es kommt ihr jedoch eine bedeutende Rolle58 beim Zustande-
und Sinnsystemen“ (Krause 2001b, 23) unterschieden werden. Letztge- kommen von Kommunikation zu. Die Systemtheorie begreit Kommu-
nannte, also psychische und v.a. soziale Systeme sind der eigentliche Ge- nikation als „Synthese dreier Selektionen, als Einheit aus Information,
genstand einer systemtheoretischen Soziologie, wie sie Luhmann ent- ausschlie�t.“ Sinn erhält jedoch auch Komplexität, da er Aktualität immer im Bezug zum
warf. Psychische und soziale Systeme sind autopoietische (vgl.:Luhmann Möglichen arrangiert und dadurch auf weitere Möglichkeiten folgender Aktualisierung
verweist. „Die Gesamtheit der vom sinnhat intendierten Gegenstand ausgehenden Ver-
2008a, 109f; oder auch: Esposito 2008a), operativ-geschlossene51, weisungen gibt mehr an die Hand, als faktisch im nächsten Zug aktualisiert werden kann.
selbstreferentielle52 Sinnsysteme53. Für die weitere Analyse will ich mich Also zwingt die Sinnform durch ihre Verweisstruktur den nächsten Schritt zur Selektion.“
So kommt dem Sinn, wie gezeigt, auch die Funktion zu, den Fortbestand der Kommuni-
50 Anm.: der Begrif der Autopoiesis stammt von Humberto R. Maturana, mit dem kation zu sichern (vgl.: Luhmann [1984] 2008, 93f).
Luhmann sich intensiv auseinandergesetzt und auch zusammengearbeitet hat. Vgl.: Luh- 54 Anm.: Zwar ist das Verhältnis struktureller Kopplung von Bewusstsein und sozi-
mann 2008a, 109ff. Mit Autopoiesis wird bezeichnet, dass das System sein eigenes Werk alem System bei Luhmann vernachlässigt worden, es kann aber im Rahmen dieser Arbeit
ist (vgl. hier bes.: Luhmann 2008a, 111f). nicht näher ausgeführt werden. Systemtheoretisch betrachtet können psychische Systeme
51 Anm.: operative Geschlossenheit bedeutet, dass in ihren Letztelementen, den Ope- in ihrer eigenen Operationsweise weitestgehend für die Analyse sozialer Tatbestände ver-
rationen, und in der Typik des Operierens Systeme absolut autonom sind. Operation und nachlässigt werden. „Die Trennlinie von System und Umwelt kann nicht als Isolierung
Operationsweise sind ausnahmslos selbstbestimmt und müssen von Umwelteinlüssen und Zusammenfassung der ‚wichtigsten‘ Ursachen im System begrifen werden, sie zer-
streng getrennt gedacht werden. Das bedeutet aber nicht, dass Systeme unabhängig von schneidet vielmehr Kausalzusammenhänge“ (vgl.: Luhmann [1984] 2008, 40).
ihrer Umwelt sind oder anders ausgedrückt: autopoietische, operativ geschlossene Syste- 55 Anm.: Am Anfang der h heorie
eorie sozialer Systeme sprach Luhmann noch von Hand-
me sind autonom aber nicht autark. Im Gegenteil sind z.B. soziale Systeme „total“ abhän- lungssystemen. Mit dem Einbau von Maturanas Autopoiesis-Konzepts wird der Begrif
gig von Bewusstsein, also „in jeder Operation“, denn nur durch Bewusstseine lassen sich der Handlung zwar nicht aufgegeben aber nachrangig in die heorie integriert (als kom-
soziale Systeme irritieren (vgl.: Luhmann [1998] 1998, 103, Luhmann 2008a, 272). Dieses plexitätsreduzierende Zuschreibung von Kommunikation auf Personen, bzw. auf die Se-
Verhältnis der Systeme beschreibt Luhmann als strukturelle Kopplung (vgl. dazu auch: lektion der Mitteilung).
Luhmann [1998] 1998, 92–120, Esposito 2008f). Luhmann betont in seinem späteren 56 Anm.: Das bedeutet in der Konsequenz: Ein System besteht ausschließlich aus Kom-
Schafen diesen Begrif sehr stark und ersetzt damit sowohl den vorangegangenen Begrif munikation und es gibt keine Kommunikation außerhalb sozialer Systeme.
der Interpenetration als auch die, die Gesellschats- und Geisteswissenschaten bis heute 57 Luhmann zeigt hier, dass „Kommunikation […] auch ohne Sprache möglich [ist],
ma�geblich prägende Konstruktion des Subjekts (vgl.: Luhmann 2008a, 268; 274). Um die etwa durch ein Lächeln, durch fragende Blicke, durch Kleidung, durch Abwesenheit und
Veränderungen der heorieanlage und das Mehr an Erkenntnisgewinn nachvollziehen zu ganz allgemein und typisch durch Abweichen von Erwartungen, deren Bekanntsein man
können, ist dies zu berücksichtigen unabdingbar. unterstellen kann.“ (vgl.: ebd.).
52 Anm.: Siehe weiter unten. 58 Anm.: Es würde deutlich zu weit führen die Bedeutung von Sprache hier näher aus-
53 Anm.: Sinn ist ein universales Medium jeder psychischen oder sozialen Operati- zuführen, deshalb sei nur kurz erwähnt, dass sie besonders als Medium der strukturellen
on. Sinn bezeichnet die Diferenz von Aktualität und Potentialität, d.h. etwas verweist auf Kopplung von Kommunikation und Bewusstsein von Bedeutung ist. Sie ist es auch, die
Bestimmtes und schlie�t Anderes aus. Sinn reduziert dadurch Komplexität. Sinn redu- Mitteilungen als solche eindeutig ausweist: Ein Zwinkern oder Schulterzucken kann auch
ziert somit Komplexität, indem er etwas „im Blickpunkt, im Zentrum der Intention“ er- als Verhalten gedeutet werden, sprachliche Äu�erung dagegen nur schwer (Vgl. u.a. Es-
scheinen lässt, „bestimmte Anschlussmöglichkeiten nahelegt“ und andere für Folgekom- posito 2008e, Luhmann 2008a, 122f, Fuchs 2002, besonders interessant im Hinblick auf
munikationen „unwahrscheinlich oder schwierig oder weitläuig macht oder (vorläuig) paradoxe Kommunikation des Zen-Buddhismus:Fuchs und Luhmann 2008).
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

Mitteilung und Verstehen“ (Luhmann [1984] 2008, 203), wobei die In- linien entwickeln Systeme sog. Programme59. Im Wissenschatssystem
formation als der Inhalt der Kommunikation (vgl.: Pohl 2005, 27), die beispielsweise dienen heorien und Methoden als Programme (vgl.
Mitteilung dagegen als zur Bezeichnung der „Intention von Alter, ein hierzu auch: Esposito 2008c, 139f), die entscheidbar machen, ob eine
Ego zu informieren“ (Pohl 2005, 28) gewählte Form (eines Mediums) Kommunikation wahr oder unwahr60 ist. Diese ‚Programmierung‘ der
betrachtet werden kann. Von Kommunikation kann jedoch erst dann wissenschatlichen Kommunikation macht es möglich, trotz streng bi-
gesprochen werden, wenn auch Verstehen zustande gekommen ist, d.h. närem Code „systemfremde Kriterien“ (Esposito 2008c, 140) und damit
Anschlusskommunikation entsteht, die sich auf vorangegangene Selek- auch den durch den Code ausgeschlossenen dritten Wert wieder in das
tionen von Information und Mitteilung bezieht. „Die Kommunikation System einzuführen, ohne dadurch jedoch den binären Code und damit
wird sozusagen von hinten her ermöglicht.“ (Luhmann [1984] 2008, die Operationen des Systems aufzuweichen. Zudem können über Pro-
198) Dieser Umstand hat weitreichende Konsequenzen: „Daraus folgt gramme einige Handlungen (Kommunikationen) erwartbarer gemacht
nämlich, da� Kommunikation nur als selbstreferentieller Prozeß möglich werden als andere und dienen somit der Kontingenzbewältigung und
ist.“ (Luhmann [1984] 2008, 198) Diese Selbstreferentialität von Sinn- Komplexitätsreduktion. Über ihre Eigenschat aber, auch die in anderen
systemen indet sich auf verschiedenen Ebenen wieder. So ist neben Gesellschatsbereichen (anderen sozialen Systemen) geltenden Krite-
basaler Selbstreferenz auch Fremdreferenz immer nur im Selbstkontakt rien berücksichtigbar zu machen, dienen sie gleichzeitig wiederum der
möglich. Soziale Systeme können damit ihre Umwelt ausschlie�lich im Erhöhung der Eigenkomplexität des Systems und damit der Ausdife-
Selbstkontakt beobachten; auch das ist Folge operationaler Geschlos- renzierung.61
senheit sozialer Systeme und trägt zu deren Schlie�ung weiter bei.
Ein letzter entscheidender Aspekt, der hier noch Erwähnung inden soll,
ist die Systemdiferenzierung durch Codierung. Jedes soziale System 3.1.3 Gesellschaft und funktionale Ausdiferenzierung
zeichnet sich durch eine ihm eigene Leitdiferenz, einen binären Code als Die Ausdiferenzierung ist nun der letzte Punkt, der im Vorfeld der Re-
einem besonderen Typ von Unterscheidung aus. Diese binäre Codierung ligionstheorie geklärt werden muss, jedoch streng genommen schon
„erlaubt […] dem System, jede Kommunikation als Unterscheidung – über eine allgemeine heorie sozialer Systeme hinausführt. Eine der
also als Information – zu verarbeiten.“ (Esposito 2008b, 35) Tritt zur wichtigsten hesen Niklas Luhmanns ist die Betrachtung der modernen
Codierung der Aspekt der operativen Schlie�ung hinzu, so kann sich Gesellschat als funktional ausdiferenziert. Zwar hat auch diese hese
ein autopoietisches System ausdiferenzieren. (Vgl.: Esposito 2008b, 35) und ihre Bestandteile Vorläufer, doch auch hier hat Luhmann Entschei-
Codes erfüllen über ihre exklusive Zuordnung zu genau einem System dendes beigetragen.
eine einheitsstitende Funktion, d.h. das System kann über den Code Nach verschiedenen primären62 Diferenzierungsformen (segmentär,
die eigenen von systemfremden Operationen unterscheiden. (Vgl.: Es- Diferenzierung nach Zentrum-Peripherie, stratiikatorisch) hat sich im
posito 2008b, 36) Das System orientiert sich ausschlie�lich an einem 59 Anm.: „Programme werden allgemein als Komplexe von Richtigkeitsbedingungen
binären Code, tertium non datur. In einem binären Code liegt jedoch deiniert.“ (vgl.: Esposito 2008c, 139) Sie fungieren als Kompensation der strengen Binari-
tät der Codierung „dadurch, da� sie in die Entscheidung systemfremde Kriterien einfüh-
noch keine Handlungsanweisung für Zuordnungen, keine Präferenz für ren“ (vgl.: Esposito 2008c, 140).
den positiven Wert, auch wenn dieser positive Wert Anschlussfähigkeit 60 Anm.: wahr/unwahr als der Code des Wissenschatssystems.
61 Anm.: Über diesen Zusammenhang kann systemtheoretisch erklärt werden, wie
weiterer Kommunikation impliziert und der negative einen Relexions- heorien soziale Wirklichkeit verstehbar machen können, eine wie sich hier zeigt nur
wert darstellt, der andere vorangegangene Operationen/ Kommunika- scheinbare Binsenweisheit der Wissenschat.
62 Anm.: D.h. auf der allgemeinsten, gesellschatssystematischen Ebene alle weiteren
tionen revidiert. (Vgl.: Esposito 2008b, 37) Zur Orientierung an Richt- nachgeordneten Diferenzierungsformen grundlegend prägend.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

Laufe sozialer Evolution63 die funktionale Diferenzierung entwickelt, rungen der Darstellung weniger dramatisch wirken. Auf den einen oder
die bislang die grö�te Eigenkomplexität und damit die grö�tmögliche anderen nichtgenannten Aspekt werde ich im weiteren Verlauf noch zu
Verarbeitungskapazität von Umweltkomplexität ermöglicht.64 Funktio- sprechen kommen.
nale Diferenzierung meint eine grundlegendende Form der Ausdife-
renzierung der Gesellschat in Teilsysteme, einem Systemtyp, der eine
bestimmte gesellschatliche Funktion65 erfüllt. Im Zuge dieser Ausdife- 3.2 Religion als Kommunikation:
renzierung bilden Funktionssysteme ot symbolisch generalisierte Kom- Der Religionsbegrif von Niklas Luhmann
munikationsmedien66 aus. Diese haben die Aufgabe, die aus bestimmten Die vorangegangene Vorstellung des systemtheoretischen Settings von
Gründen unwahrscheinlich gewordene Kommunikation, besonders die Luhmanns späteren Werken68 ermöglicht mir nun eine verkürzte und
Annahme der Selektionen wahrscheinlich zu machen. Dadurch erfüllen gerate Darstellung des Religionsbegrifes. Ich beschränke mich dabei
sie einen entscheidenden Beitrag zur Autopoiesis der Systeme. auch auf die für einen Vergleich mit dem kulturwissenschatlichen Mo-
Diese Bemerkungen sollen als ein grober Überblick über den Kontext dell wesentlichen Gesichtspunkte.
der Religionssoziologie Niklas Luhmanns genügen. Es ist nahezu un- In Abgrenzung zu den beinahe zahllosen Religionsdeinitionen (vgl.
möglich, eine ‚ausreichende’ Auswahl vorzunehmen, die trotzdem der u.a. auch: Pollack 1995) der Religionsforschung deiniert Niklas Luh-
Komplexität der heorie gerecht wird. Konzentriert man sich auf die mann Religion systemtheoretisch als funktionales Kommunikationssy-
Frage: ‚ausreichend wofür?‘67 lässt das aber die drastischen Simpliizie- stem der Gesellschat.69 Es besteht aus Kommunikationen, die sich am
63 Anm.: Auf diesen Aspekt der Gesellschatstheorie werde ich im letzten Teil näher
eingehen. Die soziale Evolution soll und kann deshalb an dieser Stelle nur genannt und
nicht ausgeführt bleiben. Näheres siehe unten. lung des theoretischen Kontextes bei Burkhard Gladigow, nur einen Zugang skizzieren.
64 Vgl. hierzu vor allem: Luhmann [1998] 1998, 595–865, Baraldi 2008a im Bezug auf Aulösungs- und Rekombinationsvermögen der Systemtheorie - nicht im Ansatz ausge-
Religion auch: Luhmann 2002, 250–77. schöpt - ermöglichen weitaus tiefere Analysen. Auf diese Möglichkeit kann hier nur ver-
65 Anm.: Für Luhmann sind „Funktionen […] immer Konstruktionen eines Beob- wiesen werden.
achters“. (Luhmann 2002, 118) Das bedeutet, auch die Funktion der Religion ist an die 68 Anm.: Das hier vorgestellte Buch „Die Religion der Gesellschat“ zählt, posthum
Systemtheorie gebunden und kann genauso gut anders oder gar nicht beobachtet wer- veröfentlich, unbedingt zu Luhmanns Spätwerk und ist aus eben diesem Grund von Be-
den. Allgemein bezeichnet Funktion nach Luhmann das Verhältnis von Teilsystemen deutung für unsere Analyse: Wie man der editorischen Notiz des Herausgebers André
zum Gesellschatssystem (im Unterschied zu Leistung: Verhältnis System zu System oder Kieserling (Luhmanns Schüler und Nachfolger auf seinem Lehrstuhl an der Universität in
System-Umwelt-Verhältnis). Es muss betont werden, „da� die Funktion eines Funktions- Bielefeld) entnehmen kann, so stand das Buch vermutlich kurz vor der Veröfentlichung,
systems nicht im Funktionssystem selber liegt, sondern im umfassenden Sozialsystem war jedoch noch nicht abgeschlossen. Randbemerkungen am Manuskript Luhmanns las-
Gesellschat“ (vgl.: Luhmann 2002, 142). Die Funktion bestimmt sich am Bezugsproblem, sen „erkennen, da� der Text noch anwachsen sollte.“ Auch wollte Luhmann wohl noch
welches das System für die Gesellschat exklusiv löst. Dieses Problem wird ausschlie�lich einigen Hinweisen auf „neuere Literatur“ nachgehen. (Vgl.: Kieserling 2002). Doch auch
im Funktionssystem behandelt, wodurch eine Steigerung der Eigenkomplexität erreicht in diesem unfertigen Zustand stellt das Buch meiner Meinung nach einen Meilenstein der
wird. Die funktionale Diferenzierung entlastet somit das Gesellschatssystem und die Religionssoziologie dar. Ich hätte auch das Buch „Funktion der Religion“, das schon 1977
darin enthaltenen anderen Systeme und Systemarten von der Behandlung und Lösung al- veröfentlicht wurde, zum Gegenstand der Analyse machen können, doch sind durch das
ler möglichen oder relevanten Probleme (vgl. im Bezug auf Religion bes.: Luhmann 2002, Manuskript viele seiner damaligen Aussagen überholt und überarbeitet. Entscheidender
115–46). aber ist die Tatsache, dass „Funktion der Religion“ noch vor dem kommunikativen turn
66 Anm.: Medium/Form Diferenz ist eine der entscheidenden Unterscheidungen bei erschien und damit vor den paradigmatischen Wandel in Luhmanns Werk einzuordnen
der Betrachtung von Kommunikation. Ein Medium ist eine lose gekoppelte Menge von ist. Von Systemtheorie, wie sie heute von so entscheidender Bedeutung ist, kann damals
Elementen, denen eine bestimmte Form eingeprägt werden kann, d.h. eine temporäre feste noch nicht gesprochen werden. Auch ein Vergleich erübrigt sich aus diesem Grund, zumal
Kopplung bestimmter Elemente hergestellt werden kann. „Nichts ist ‚an sich‘ Form oder aufgrund der gebotenen Kürze dem hier kein Platz geboten werden kann.
Medium, sondern immer nur Medium in Bezug auf eine sich durchsetzende Form oder 69 Anm.: In dieser Form ist Religion jedoch noch nicht besonders alt, da es erst mit der
Form, die sich in einem Medium niedriger Ebene durchsetzt.“(Vgl.: Corsi und Esposi- funktionalen Ausdiferenzierung, also mit der modernen Gesellschat entstanden ist. Das
to 2008, 59); zu symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien vgl.: Baraldi 2008b; schlie�t jedoch nicht aus, sondern fordert vielmehr dazu auf, historische Vorläufer oder
zum Medium der Religion siehe auch: Luhmann 2000). funktionale Äquivalente zu suchen und zu inden. Siehe dazu auch: Luhmann 2002, 94f,
67 Anm.: In diesem Fall möchte ich mit dem Setting, wie schon zuvor bei der Darstel- Luhmann 2002, 250–77.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

Code Transzendenz/Immanenz orientieren70. Dieser Code bietet die 53, Luhmann 2002, 142), also mit jeder Form von Sinn gegeben ist, je-
Möglichkeit, allem Immanenten ein (iktives) Transzendentes gegenü- doch nicht die ganze Zeit thematisiert werden kann und muss (vgl. u.a.
ber zu stellen, wodurch alles Immanente in der Welt beobachtbar, weil Luhmann 2002, 125)75. Das Sinnproblem als Bezugsproblem ist somit
unterscheidbar wird, einschlie�lich der Welt selbst71. Diese Codierung ein Problem von Paradoxie, genauer der Paradoxieentfaltung. Doch
ist also eine besondere Fassung einer anderen Unterscheidung, nämlich „Religion ist nicht einfach die Lösung eines Problems, das die Logik an-
der grundlegenden und „formuniversalen“ Unterscheidung von mar- geht“, vielmehr ist sie „der exemplarische Vollzug der Paradoxierung/
ked/unmarked.72 „Sinnformen werden als religiös erlebt, wenn ihr Sinn Entparadoxierung, wenn immer sich dazu ein Anla� bietet.“ (Luhmann
zurückverweist auf die Einheit der Diferenz von beobachtbar/unbeo- 2002, 137)76
bachtbar und dafür eine Form indet.“ (Luhmann 2002, 35) Diese para- Religiöse Kommunikation bestimmt sich durch die Orientierung am
doxe Einheit der Diferenz wird von Religion durch einen re-entry73 der Code, oder präziser ausgedrückt: „Religion ist, was als Religion beo-
Unterscheidung in die Unterscheidung (‚beobachtbar /unbeobachtbar‘ bachtet werden kann; und dies auf der Ebene einer Beobachtung zwei-
in ‚beobachtbar‘) wieder eingeführt und „als Einheit […] mysteriös und ter Ordnung.“ (Luhmann 2002, 308) Wie gezeigt behandelt sie das al-
paradox bezeichnet“. (Corsi 2008b) ler Kommunikation zugrundeliegende Sinnproblem und diferenziert
In diesem Zusammenhang sieht Luhmann auch die Funktion74 der Re- sich im Laufe der sozialen Evolution aus.77 Dabei wird bei steigender
ligion. (Vgl.: Luhmann 2002, 53) Das Bezugsproblem der Religion sind Umweltkomplexität eine Steigerung der Eigenkomplexität zur Stei-
die fundamentalen Paradoxien von Kommunikation, die Unbeobacht- gerung der Komplexitätsreduktion notwendig, wie sie beispielsweise
barkeit der in der Beobachtung verwendeten Unterscheidung, kurz der durch die Einführung einer Kontingenzformel78 erreicht wird. Luhmann
Einheit der Diferenz. Sie behandelt damit ein generelles Problem von beschränkt sich aus verschiedenen Gründen79 auf eine exemplarische
Sinn. Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Problem potentiell in und 75 Anm.: Andere Funktionssysteme entwickeln ihre je eigene Form der Paradoxieent-
faltung. Damit Kommunikation funktioniert muss gewährleistet sein, dass diese Sinnpro-
mit jeder Kommunikation aubrechen kann (vgl. auch: Luhmann 1990, blematik in anderen Systemen selbst verarbeitet werden kann.
76 Anm.: Der häui
häuigg genannte Vorwurf, diese Dei
Deinition
nition wäre zu abstrakt und gleich-
70 Anm.: Zu Beginn deinierte Luhmann noch rein über die Funktion (siehe unten), zeitig zu eng, trit m.E. nicht zu. Genauer betrachtet, liegt in dieser funktionalen Deini-
später beschritt er den Weg einer Kombination aus funktionaler und substanzieller (an- tion und ihrer kommunikationstheoretischen Erklärung der Funktionsweisen eine ganz
hand des Codes) Religionsdeinition. (Vgl. auch: Kött 2003, 145f, sowie im Anschluss an konkrete Möglichkeit den kulturwissenschatlichen Religionsbegrif von Gladigow zu
Luhmann ein ähnlicher Versuch der Kombination: Pollack 2003, 46f) . präzisieren. Vgl. hierzu v.a. Abschnitt 4.1.
71 Anm.: Streng genommen ist die Welt als solche nicht beobachtbar, da sie keine Um- 77 Anm.: Die Ausdiferenzierung der Religion beinhaltet selbstverständlich auch die
Welt hat und so von nichts unterscheidbar ist. Dieses ist ein Problem, was religiöse Co- Ausbildung von Programmen; ich kann hier nur darauf verweisen. Als Programme kön-
dierung kommunikativ löst, z.B. indem ihr Gott als Beobachter gegenübergestellt wird: nen z.B. Trancedeutungen, heilige Texte, Ofenbarungen, Kommunikation mystischer Er-
„Wenn man über einen Gottesbegrif verfügt, der sich von der Welt unterscheiden lä�t fahrung, etc. dienen (vgl. darüber hinaus auch: Luhmann 2002, 187–225). Darüber hinaus
(weil dies unverzichtbar ist, wenn man sagen will, da� Gott die Welt beobachtet), gewinnt muss ich auch darauf verzichten näher auf ein mögliches, symbolisch generalisiertes Kom-
man umgekehrt die Möglichkeit, die Welt von Gott zu unterscheiden und sie durch diesen munikationsmedium der Religion einzugehen. Ob überhaupt ein solches für das welt-
Unterschied zu bestimmen.“ (vgl.: Luhmann 2002, 159). gesellschatliche Funktionssystem Religion festgestellt werden kann, hielt Luhmann für
72 Anm.: Auch hier bezieht Luhmann sich wieder auf Spencer-Brown. Vgl.: Luhmann umstritten (vgl.: Luhmann 2002, 201–10). Für den Versuch der Analyse eines Mediums
2002, 53f. für monotheistische Hochreligionen vgl. auch: Luhmann 2000.
73 Anm.: Ebenfalls ein Begrif von Spencer-Brown. Vgl. dazu auch: Esposito 2008d. 78 Vgl. dazu auch: Luhmann 2002, 147–86, Krause 2001a, Kött 2003, 185–96, Seibert
74 Anm.: Die Funktion und das Bezugsproblem, was eine Funktion zeigt, werden in 2004, 106–10. Das Medium Sinn stellt soziale Systeme vor das Problem „endlose Verwei-
den verschiedenen Arbeiten Luhmanns zur Religion unterschiedlich formuliert. Gemeint sungsüberschüsse“ zu appräsentieren. Auf die Frage wie diese „unendliche Informations-
ist jedoch trotz Abweichungen prinzipiell das Gleiche. „Die verschiedenen Darstellungen last in endliche Informationslast“ überführt werden kann, bieten Kontingenzformeln die
des Bezugsproblems sind letztlich Anpassungen der Religionstheorie an die Weiterent- Antwort. Luhmann 2002, 147.
wicklung der Systemtheorie, insbesondere die Aufnahme des logischen Kalküls Spencer- 79 Anm.: Hauptgrund für eine Einschränkung sieht Luhmann darin, dass monothe-
Browns“ (vgl. auch für eine nähere Analyse der unterschiedlichen Darstellungen: Kött istische Religionen und der Buddhismus die erfolgreichsten Kontingenzformeln her-
2003, 130–42). vorgebracht haben. Die Wahl zugunsten der monotheistischen Kontingenzformel fällt
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

Analyse der Kontingenzformel Gott und damit auf die monotheis- zwangsläuig ihre eigene Kontingenz mit, impliziert immer, dass auch
tischen Hochreligionen. Als kommunikatives Konstrukt erfüllt Gott die anders entschieden hätte werden können. „Entscheidungen untergra-
Funktion Letztantworten zu liefern, hinter die nicht mehr (zumindest ben daher Wahrheitsansprüche“ (Luhmann 2002, 240).83
nicht sinnvoll) weiter gefragt werden kann.80 Diese ausgewählten Aspekte des Luhmann’schen Religionskonzepts sol-
Auch wenn im Rahmen dieser Arbeit nur auf einen stark begrenzten len zur Skizzierung zum Zwecke des Vergleichs genügen. Das grundle-
Ausschnitt von Luhmanns Religionstheorie eingegangen werden kann, gend neue Paradigma der Systemtheorie kann dabei kaum gewürdigt
so sollte zumindest noch ein Aspekt erwähnt werden: die Funktion re- werden und kommt im Gegensatz zu einer in einem langen Kontext von
ligiöser Organisationen81. Ihnen kommt eine nicht zu unterschätzende Religionsbegrifen stehenden kulturwissenschatlichen Perspektive zu
Bedeutung für das Teilsystem zu: „Organisation ist vorherrschende und kurz. Die Arbeit soll jedoch auch nicht die systemtheoretische Betrach-
wirkungsvolle Form der Funktionserfüllung und Leistungserbringung tung von Religion im Ganzen oder gar die Systemtheorie selbst vorstel-
in fast allen funktional ausdiferenzierten Teilsystemen.“ (Krause 2001c) len, sondern lediglich einige Aspekte vergleichend veranschaulichen,
Durch die Ausbildung von Organisationen werden die operationsfähige um eine mögliche Synthese aufzuzeigen. Zuvor muss jedoch noch ein
Kontingenz und die Eigendynamik sowohl auf Ebene der Teilsysteme Blick auf Luhmanns Perspektive/Methode geworfen werden.
als auch auf gesellschatlicher Ebene gesteigert. (Vgl.: Luhmann 2002,
233) Am Beispiel der Kirchen82 zeigt Luhmann die Funktion von Orga-
nisation „zwischen der religiösen Sinngebung, die Mythen oder Dogma- 3.3 Funktionale Analyse – Evolution – Säkularisierung:
tiken erzeugt, und der täglichen Praxis speziisch religiösen Verhaltens“ Systemtheoretische Perspektiven für Religion in der
(Luhmann 2002, 227) zu vermitteln. Allerdings sei auf eine mögliche modernen Gesellschaft
Inkompatibilität von Religion und Organisation hingewiesen: Da Or- Der Systemtheorie wird ot der fehlende Empiriebezug vorgeworfen84,
ganisationen Entscheidungen kommunizieren, treten sie damit in einen was jedoch meiner Einschätzung nach zu kurz greit. Zwar ist es richtig,
Widerspruch zur Funktion der Religion, Letztwahrheiten zu liefern und dass Luhmann selbst kein gro�er Empiriker war85, das war jedoch dem
Kontingenzprobleme zu verhindern. Eine Entscheidung kommuniziert 83 Anm.: Dieser Punkt der möglichen Inkompatibilität von Religion und Organisati-
unbegründet aus, man darf hier aber sicherlich seine europäische Herkunt und die on ist besonders für die Analyse moderner, sekundärer Institutionalisierungsformen von
Selbstverortung seiner potentiellen Zielgruppe als Ursache vermuten. Meiner Einschät- Religion spannend. In der oben geschilderten Problematik dürfen interessante Erklärun-
zung nach liegen hier noch einige ‚Felder‘ ‚brach‘ für religionswissenschatliche Untersu- gen für Dynamiken der Entwicklung von Organisationsformen vermutet werden.
chungen. 84 Anm.: Ot klingt der Vorwurf so, als hätte Luhmann ‚ins Blaue hinein‘ theoretisiert,
80 Anm.: Letztlich stellt sich durch die Annahme Gottes als Allbeobachter die Frage ohne Bezug auf Daten und Fakten zu nehmen. Das ist jedoch grundlegend falsch und ein
nach der Beobachtbarkeit Gottes. Auch hier handelt es sich wieder um eine Paradoxie die kurzer Blick in nahezu jedes beliebige Werk Luhmanns zeigt, dass er sehr wohl besonders
entfaltet werden muss. (Vgl.: Luhmann 2002, 163); ‚Lösung‘ des Problems ist die Para- historische Daten, Texte und andere Quellen verwendet, um seine hesen zu erarbeiten.
doxieentfaltung durch die Postulierung der „Selbstofenbarung Gottes“ (vgl.: Luhmann Der Vorwurf stellt sich so also eher als eine Bevorzugung von Feldforschung denn als
2002, 164f). eine Kritik der Unüberprübarkeit oder gar der Unwissenschatlichkeit systemtheoreti-
81 Anm.: Organisationen sind ein besonderer Typ sozialer Systeme. Sie bestehen scher Beschreibung dar. System- und erkenntnistheoretisch ist diese Bevorzugung jedoch
„operativ aus (der Kommunikation von) Entscheidungen“ (vgl.: Luhmann 2006, 123f). höchst kritisch zu betrachten, da es sich bei historischen Daten, Texten und Quellen min-
Organisationen ziehen ihre Systemgrenze durch die Unterscheidung von Mitgliedschat/ destens ebenso um Kommunikationen, also um die Objekt-Grundlage von Soziologie
Nichtmitgliedschat. Für weitere Informationen siehe: Luhmann 2006; Corsi 2008a, und handelt, wie bei im Feld beobachteten, erhobenen Daten. Im Übrigen genau die Art von
in Bezug auf Religion Luhmann 2002, 226–49. Daten, die Hubert Seiwert als empirische „Basis“ zur „Überprüfung von heorien“ fordert
82 Anm.: Es sei darauf hingewiesen, dass Luhmann, anders als Pollack, einem seiner (vgl. Seiwert 1977, 16).
Schüler, nicht der Vorwurf der Kirchensoziologie nahezustehen gemacht werden kann. So 85 Anm.: Dies zeigt sich u.a. auch an seiner Wertschätzung für Feldforschung: „For-
bemerkt beispielsweise Seibert, „da� religiöse Organisationen […] im Vergleich zu ‚klas- scher, die man mit dem Autrag, festzustellen, wie es wirklich war, ins Feld jagt, kommen
sischen‘ religionssoziologischen Ansätzen [bei Luhmann] eher stiefmütterlich behandelt nicht zurück; sie apportieren nicht, sie rapportieren nicht, sie bleiben stehen und schnup-
werden“ (vgl.: Seibert 2004, 135). pern entzückt an den Details.“ (vgl.: Luhmann 2008b, 234).
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

anspruchsvollen Umfang seines Forschungsvorhabens eine heorie der postulierte funktionale Ausdiferenzierung der Gesellschat. Damit, so
Gesellschat zu entwickeln, geschuldet (vgl.: Luhmann [1998] 1998, 11 könnte man formulieren, stellt die Methode ein zur Form der gesell-
und v.a. auch Luhmann 2005b, 27). Die Systemtheorie hat als eine junge schatlichen Diferenzierung analoges Analysewerkzeug dar, das nicht
heorie dadurch ein Deizit an empirischen Methoden zu verzeichnen zuletzt dadurch seine Wirkmächtigkeit und Nützlichkeit für das Wis-
(vgl. u.a.: Pfefer 2001, 13–17). Die Tatsache allerdings, dass Luhmann senschatssystem erhält.
selbst keine empirischen Untersuchungen seiner theoretischen Gegen- Es muss darüber hinaus jedoch noch eine weitere Perspektive der sozio-
stände vorgelegt hat, widerspricht noch lange nicht der Möglichkeit, logischen Systemtheorie berücksichtigt werden. Sich gegenseitig konsti-
heorie und Empirie auch in systemtheoretischen Vorhaben zu verei- tuierend ist neben der funktionalen Analyse besonders Luhmanns heo-
nen. Viele Arbeiten gerade jüngerer Systemtheoretiker behandeln die- rie sozialer Evolution (vgl.: Luhmann [1998] 1998, 413–94; im Hinblick
se Problematik und suchen nach Lösungen.86 Berücksichtigung dabei auf Religion: Luhmann 2002, 210-216; 250-277) von Bedeutung. Soziale
muss besonders die kommunikative Wende inden, also die Ausrich- Systeme wie auch das Religionssystem, sind nach Luhmann weder ge-
tung aller Forschungsmethoden auf den Gegenstand soziologischer setzt noch (gar von Menschen) geschafen, sondern haben sich im Lau-
Untersuchungen, nämlich Kommunikation. Jedoch auf einer ähnlich fe der Jahrtausende der Menschheitsgeschichte in Form einer sozialen
abstrakten und zugleich paradigmatischen Ebene verfügt die System- Evolution entwickelt. Sie erfolgt über die Funktionen Variation, Selekti-
theorie wie auch die Religionswissenschat über verschiedene interes- on und Restabilisierung, die je unterschiedliche Bezugspunkte innerhalb
sante Objektive. der Systemtheorie aufweisen.89 Im Rahmen von Luhmanns Evolutions-
Kann man für die Religionswissenschat den Vergleich als Methode be- theorie muss auch ein weiterer Erklärungsmodelle relativierender As-
zeichnen, so hat die primäre Unterscheidung der Systemtheorie von Sy- pekt betont werden, der von besonderer Bedeutung ist. Im Gegensatz
stem/Umwelt eine ähnlich strukturierende Funktion wie der Vergleich zu Weber (da dessen Forschung zu einer Zeit entstanden sind, in der
der Religionswissenschat. Dem Vergleich ‚als Methode‘ näher steht Evolutionstheorie noch keine gro�e Bedeutung hatte für die Soziolo-
jedoch die ‚Methode‘ des Äquivalenzfunktionalismus oder der funkti- gie) setzt die Evolutionstheorie der Systemtheorie auf „‚Zufall‘ – vor
onalen Analyse.87 Luhmanns Analysen sozialer Sachverhalte beziehen allem auf ein zufälliges (nicht systemgesteuertes) Zusammenwirken von
sich nicht länger auf ein klassisches Kausalverhältnis von Ursache und Variation und Selektion, aber auch auf ein zufälliges Bereitstehen von
Wirkung88, sondern „orientieren sich vielmehr an dem Zusammenhang hilfreichen Umständen, die genutzt werden können, bis die neu entstan-
von Problemen und Problemlösungen.“ (Kneer und Nassehi 2000, 39) dene Form ihre eigenen Bedürfnisse, Motive, Semantiken, Stabilitäten
Diese Art der Analyse setzt einen obersten Bezugspunkt voraus; im
89 Anm.: So beziehen sich Variationen auf Operationen, Selektionen auf Struktur
Fall der Systemtheorie ist dies Welt. (Vgl.: Kneer und Nassehi 2000, und Restabilisierung auf das Verhältnis von System und Umwelt (vgl.: Luhmann 2002,
39f) Verschärte Brisanz erhält diese Methode durch die von Luhmann 212f). Variationen sind als unerwartet aufallende Kommunikation, welche Strukturmu-
ster aufweisen, „die vom Gewohnten abweichen“ (vgl.: ebd. S.213): z.B. ein hema verliert
86 Anm.: Für vielversprechende Ansätze siehe (für eine Ergänzung der Systemtheorie religiöse Sinndeutung, wenn bessere Erklärungen kommuniziert werden; es kommt zu
durch Methoden der Familientherapie): Pfefer 2001, (für die gegenseitige Nutzbarma- „Verlegenheiten […], denen man nur durch Abweichung von Gewohnheiten abhelfen
chung der Konversationsanalyse und der Systemtheorie): Baraldi und Gavioli 2007, (für kann“; „Oder Zufallskoinzidenzen können so überzeugend ausfallen, da� man sich um
Systemtheoretische Feldforschung durch teilnehmende Beobachtung): Lee 2007, (allge- ritualisierende Wiederholung bemüht.“ (vgl.: ebd.). es muss betont werden, dass sich sy-
meiner für Luhmann in der Ethnographie): Gershon 2005. stemtheoretische heorie sozialer Evolution in wichtigen Punkten von klassischen evo-
87 Anm.: Ähnlich wie beim Vergleich bleibt aber auch hier nicht eindeutig zu klären, lutionsbiologischen Modellen unterscheidet, diese heute sogar rückwirkend bereichert.
ob es sich um eine Methode, reine heorie oder Perspektive handelt. (zur Problematik So können die systemtheoretischen Betrachtungen auch erklären, warum zahlreiche Fäl-
siehe auch: 2.2; Anm. 54). le von Schlechtanpassung trotz ‚angeblichem‘ Selektionsdruck aus der Umwelt bestehen
88 Anm.: Wenn dann eher auf ein zirkuläres und damit weitaus komplexeres Verständ- bleiben können (à durch operative Geschlossenheit autopoietischer Systeme!) (vgl. auch:
nis dieser Zurechnungen. (Vgl. auch: Pfefer 2001, 27f). Luhmann 2002, 214; siehe auch ebd. Anm. 33).
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

erzeugt.“ (Luhmann 2002, 252) Besonders „an den Bruchstellen der 83) Die Religion beschreibt also ihre soziale Umwelt als ‚säkularisiert‘,
evolutionären Mechanismen für Variation, Selektion und Restabilisie- was wiederum u.a. von Soziologen beschrieben werden kann. Säkulari-
rung [kann] der Zufall einwirken […], und das hei�t: [dass] das, was im sierung ist damit jedoch kein Erklärungsmodell der Au�enperspektive.
Moment aus vorübergehenden Gründen besonders stark einleuchtet, in „So verstanden führt der Begrif der Säkularisierung den, der ihn trotz
der Kommunikation plausibel vertreten werden kann.“ (Luhmann 2002, allem benutzt, nicht zu der Hypothese, Religion habe in der moder-
261–62) Die systemtheoretischen Analysen zeigen dadurch ein deutlich nen Gesellschat an Bedeutung verloren.“ (Luhmann 2002, 284) Hierin
anderes Proil als klassische wie auch modern-kulturwissenschatliche zeigt sich die konsequente Ausrichtung Luhmanns auf Kommunikati-
Ansätze. Evolution als heorie und Perspektive erlaubt eine komplexe, on als Gegenstand und auch Begründung seiner funktionalen Analyse.
multivariate Analyse von System-zu-System als auch von System-Um- Doch auch sein evolutionstheoretischer Blick wird deutlich, wenn er
welt-Beziehungen. schreibt, hinter Säkularisierung stehe wohl eher eine „vorübergehende
Aus dieser Perspektive erklärt sich auch Luhmanns Beschreibung der Schlechtanpassung an die Bedingungen der modernen Gesellschat.“
modernen Religion. Die letzten Kapitel stellten die wichtigsten Analy- (Luhmann 2002, 301) Er vermutet, „da� die moderne Gesellschat ‚ihre
sewerkzeuge vor, die Luhmann zur Beschreibung moderner Religion Religion‘, da� sie eine für sich passende Religion noch nicht gefunden
gebraucht: System/Umwelt Unterscheidung, funktionale Analyse der habe und folglich experimentiere“ (Luhmann 2002, 307).91
Ausdiferenzierung der Gesellschat (-ssysteme) sowie die heorie so- Dieses Kapitel sollte zeigen, welche Analysewerkzeuge und ‚Methoden‘
zialer Evolution als Makro-Beschreibungsinstrument. Am Beispiel von der Systemtheorie zur Verfügung stehen und wie sich ihr Blick begrün-
Luhmanns Säkularisierungskonzept möchte ich nun in aller gebotenen det. Der soziologische Ansatz Niklas Luhmanns ist damit, wenn nicht
Kürze zeigen, wie diese Faktoren in Luhmanns Erklärungen zusam- umfassend, so doch schlaglichtartig so dargestellt, dass im folgenden
menwirken.90 Soziologische Beschreibungen moderner Gesellschaten Abschnitt der Arbeit der Versuch unternommen werden kann, Schnitt-
meinen mit dem Begrif der Säkularisierung meist den Prozess des punkte und Möglichkeiten gegenseitiger Ergänzung aufzuzeigen.
Verschwindens von Religion aus der Öfentlichkeit, Bedeutungs- oder
Funktionsverlust und/oder eine Individualisierung der Religiosität.
Luhmann dagegen verwirt diesen unscharf gewordenen Begrif und re-
deiniert ihn als „eine Beschreibung der anderen Seite der gesellschat-
lichen Form der Religion, […] die Beschreibung ihrer innergesellschat- 91 Anm.: Leider kann ich auf Formen dieser Experimente und ihren gesamtgesell-
lichen Umwelt. […] Und es handelt sich um eine Beschreibung durch schatlichen Problem-Problemlösungs-Zusammenhang nicht näher eingehen, ich will je-
doch zumindest noch auf einige interessante Vermutungen Luhmanns verweisen. So sieht
einen bestimmten Beobachter, nämlich die Religion; oder genauer: um er einen wichtigen Punkt der Veränderung des Verhältnisses von Religion und Gesell-
eine Beschreibung der Beschreibung der gesellschatlichen Umwelt schat im Inklusions-Exklusions-Verhältnis der Gesellschat und der Teilsysteme. Religion
bildet hier eine aufallende Ausnahme, denn im Exklusionsbereich ist Religion nicht wie
durch diesen und keinen anderen Beobachter“ (Luhmann 2002, 282– die anderen Teilsysteme fest in die Gesellschat integriert: wer aus anderen Teilsystemen
ausgeschlossen wird, muss deshalb noch nicht den Zugang zur Religion verwehrt vorin-
90 Anm.: Ich greife dieses hema zum Schluss der methodisch-analytischen Aspekte
den und umgekehrt fällt auch nicht, wer aus dem Religionssystem ausgeschlossen wird,
von Luhmanns heoriekonstruktion aus verschiedenen Gründen auf: Zum einen stellt
aus den übrigen Teilsystemen heraus. Neue Formen von Religiosität sieht Luhmann hier
die Säkularisierungsthese ein klassisches religionssoziologisches hema dar, zu dem na-
als einen Versuch der Nutzbarmachung eben dieses Zusammenhangs für die Religion.
hezu jeder Religionssoziologe Stellung nehmen muss, sei es unterstützend – sei es konträr.
(Vgl.: „Wenn man die Möglichkeiten hat, entstehende und sich ausbreitende Religiosität
So z.B. auch als Beispiel für Säkularisierungstheoretiker in systemtheoretischer Tradition
zu beobachten, sieht man (bei entsprechend theoretisch präparierter Blickweise) Mög-
Detlef Pollack (vgl.: Pollack 2003, Pollack und Pickel 1999), der dafür stark kritisiert wur-
lichkeiten religiöser Inklusion, die mit Exklusion im übrigen kompatibel zu sein scheinen.
de (vgl. u.a.: Wohlrab-Sahr und Krüggeler 2000). Aber zum anderen zeigt sich an diesem
Man sieht auch: die Organisation wird es und kann es nicht als ihre Angelegenheit zulas-
Phänomen ein Zusammenspiel der oben beschriebenen Analysewerkzeuge und soll v.a.
sen. Aber die Gesellschat lä�t es zu“ (vgl.: Luhmann 2002, 244).
deshalb im Rahmen dieser Arbeit als illustrierendes Beispiel dienen.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

4 Systemtheorie in der kulturwissenschaft- Luhmann genannt wird, hat meiner Einschätzung nach noch keine be-
lichen Religionsforschung: Chancen wechsel- sondere Beachtung verdient, bezieht sich dieser Verweis noch auf das äl-
seitiger Beobachtung tere, in weiten Teilen überholte Werk „Die Funktion der Religion“. Einen
Religionsbegrif auf diese Weise als Deutungs- und Symbolsystem zu
Ich will nun auf einer argumentativen, theoretischen Ebene Chancen begründen, ist sicherlich für einige Zugänge und Forschungsinteressen
und Möglichkeiten aufzeigen, wie meiner Einschätzung nach die beiden ein geeigneter Arbeitsbegrif. Jedoch weist der religionswissenschat-
Ansätze von Gladigow und Luhmann zu einer Synthese gebracht wer- liche Religionsbegrif damit noch nicht die Komplexität Luhmann‘scher
den können. Weder können empirische Beispiele noch umfangreiche Religionssoziologie auf, der hier eine erweiternde und zugleich schär-
Folgen für die wissenschatliche Forschungspraxis zur Stützung der Ar- fende Korrektivfunktion zukommen könnte. So kann z.B. der „Gel-
gumente erläutert werden. Dies ist vor allem deshalb bedauerlich, weil tungsgrund“, zurückgeführt „auf unbezweifelbare, kollektiv verbind-
systemtheoretische Ansätze seit jeher dem Vorwurf der Empiriefremde liche und autoritativ vorgegebene Prinzipien“ (Gladigow 2005a, 35),
oder gar -unverträglichkeit ausgesetzt sind. Ich hofe, dass jedoch schon systemtheoretisch näher bestimmt werden als Funktion der Religion,
die skizzenhate Vorstellung zeigen kann, welche Vorteile und Gewinne mit nicht-hinterfragbaren Letztantworten kommunikative Entfaltungen
eine Kombination der Ansätze bringen kann. grundlegender Paradoxieprobleme zu geben. Auch kann das die Auf-
merksamkeit bei der Frage, für wen der Geltungsgrund als unbezweifel-
bar gilt, weg von der problematischen Fokussierung auf Individuen hin
4.1 Theoriedeizit in der Religionswissenschaft: auf soziale Systeme und Kommunikation richten. 94
die Systemtheorie als importiertes Objektiv Es sollte auch auf den gro�en Verdienst der (kulturwissenschatlichen)
Wie in der Einleitung bereits ausgeführt, weist die Religionswissen- Religionswissenschat hingewiesen werden, den Religionsbegrif als
schat aufgrund ihrer schillernden Fachgeschichte ein bemerkbares kulturell dekonstruiert zu haben: Religion als natürliche Religion oder
heoriedeizit auf. Weder kann sie einen genuinen Gegenstand noch eine Kategorie sui generis wird nur noch von einer Minderheit unter-
eine genuine Methode aufweisen, ja es besteht nicht einmal Einigkeit bzw. gesucht. Die konsequente Dekonstruktion der Begrife wider-
über die Deinition des Gegenstands; diese Uneinigkeit betreibt sie spricht jedoch auch nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, einem
bisweilen jedoch selbst fast schon programmatisch. (Vgl.: Kippenberg systemtheoretisch neu-konstruierten und redeinierten starken Reli-
und Stuckrad 2003, 14)92 Mit Burkhard Gladigows Religionsverständnis gionsbegrif, da der Konstruktionschrakter immer im Fokus der the-
kann ein erster Zugang gewonnen werden. Die Verweise auf Vorden- orieinternen Relektion bleibt. Wie die Skizzierung des Kontexts von
ker und heoretiker deuten jedoch auch hier auf einen sehr difusen Luhmanns Religionssoziologie zeigt, kann systemtheoretische Religi-
Ideenvorrat von teils sich widersprechenden heorien hin.93 Auch dass onsbetrachtung – eingebunden in den Kontext der Systemtheorie – ein
92 Ergänzend auch als Übersicht, die dieses Verständnis beinhaltet: Hock 2002, 10–21. weitaus größeres Aulöse- und Rekombinationsvermögen entfalten. Der
93 Anm.: Meine Kritik richtet sich an dieser Stelle nicht gegen die Kombination ver-
schiedener heorien und Ansätze, sondern gegen die kommentarlose Aneinanderreihung kulturwissenschatliche Religionsbegrif ist dadurch jedoch nicht ein-
und blo�e Nennung verschiedener heoretiker als angebliche Vorläufer. Bei Gladigow fach überholt. Luhmanns Systemtheorie kann z.B. eine empirisch aus-
bleibt hier völlig unklar, für welchen ‚Teil’ des Religionsbegrifes die jeweiligen heoretiker
herangezogen wurden. Zum anderen werden hier sich stark widersprechende heorien
gearbeitete Zeichen- und Symboltheorie perfekt integrieren, wie neuere
miteinander kombiniert, ohne dass auf die dabei autretenden Schwierigkeiten oder deren Luhmannrezeptionen in anderen Disziplinen zeigen;95 kulturwissen-
Vermeidung verwiesen wird. In dieser Form muss im besten Falle eine unzulässige Nach-
94 Anm.: vgl. auch Abschnitt 2.2 und 3.2.
lässigkeit, schlimmstenfalls jedoch eine inhaltliche Schwäche der Begrifskonstruktion
95 Anm.: Besonders zu erwähnen ist die kulturwissenschat
kulturwissenschatlich
lich ausgerichtete Inter-
unterstellt werden.
kulturelle Germanistik (vgl.: de Berg 2003), eine neue Semiotik (zweiter Ordnung) (vgl.:
40 41
Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

schatliche Überlegungen können dann in einer komplexen heorie der lassen meiner Einschätzung nach ot eine saubere und konsequente
Gesellschat den fehlenden Rahmen inden. Der Erklärungshorizont re- Ebenendiferenzierung vermissen. Luhmanns systemtheoretische Ana-
ligionswissenschatlicher Analysen wird so um ein Vielfaches erweitert. lysen dagegen begründen implizit als auch explizit (vgl.: (Luhmann
Besonders harmonisch scheint eine Integration des kulturwissenschat- 1972, 245–49) eine strikte Trennung mindestens dreier Analyseebenen
lichen Ansatzes in die Systemtheorie96 auch, betrachtet man die aktu- (Mikro-, Meso-, Makroebene). Systemtheoretisch angeleitet müssen
ellen Entwicklungen verschiedener kommunikativer turns. Besonders danach Interaktions-, Organisations- und Gesellschatsebene von Kom-
die Medialisierung durch das Internet treibt eine verstärkte Orientie- munikationen als emergente Ebenen diferenziert werden. Religion als
rung der Forschung auf Kommunikation [„sekundärer Schritlichkeit“ Gegenstand der Religionswissenschat kann jedoch nicht auf nur einer
(Gladigow 2005c, 287)] voran. Die Systemtheorie als radikal kommuni- Ebene verortet werden. Religionswissenschatliche Forschung könnte
kationskonstruktivistische heorie kann diese Ausrichtung konsequent somit durch diese in der Systemtheorie begründeten und vorgegebenen
und dadurch gewinnbringend fundieren und quasi als Nebenprodukt Strukturen wissenschatlicher Analyse eine tiefere und epistemologisch
einige epistemologische Probleme, die sich bei Gladigow feststellen las- sauberere Beschreibung ihres Gegenstands leisten, ohne Gefahr zu lau-
sen, lösen.97 So muss aus systemtheoretischer Sicht die strikte Trennung fen, unzulässige Schlüsse aus Phänomenen unterschiedlicher Ebenen zu
zwischen psychischen und sozialen Operationen betont werden. Nutzt ziehen.
man die Systemtheorie, so meidet man die erkenntnistheoretische Un-
möglichkeit Bewusstseinsoperationen psychischer Systeme98 und Kom-
munikationen von und in Deutungs- und Symbolsystemen miteinander 4.2 Der religionswissenschaftliche Vergleich als methodisches
zu verrechnen. Wirkmächtigkeiten können dann ‚nur‘ noch sozial, d.h. Komplement der Systemtheorie
Soziales aus Sozialem erklärt werden, die Erklärungen selbst lassen je- Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass Luhmanns Systemtheorie ot
doch weiter denken als bisher. Als letzter Punkt zur hese der Kompen- vorgeworfen wurde und wird, nicht (empirisch) überprübar zu sein.
sation eines heoriedeizits muss noch auf einen wichtigen und ot ver- Meiner Einschätzung nach greit eine solche Kritik jedoch zu kurz,
nachlässigten Aspekt religionswissenschatlicher Forschung verwiesen wenngleich ich nicht umhin komme, einige Korrekturmöglichkeiten
werden. Empirische Analysen religionswissenschatlicher99 Forschung festzustellen. Mit der grundlegenden Perspektive der Systemtheorie,
Luhmann 2008a, 284), moderne systemische Literaturwissenschat oder neuere Ansätze konstituiert durch die Unterscheidung von System/Umwelt, die funk-
in der Kulturanthropologie.
96 Anm.: Man mag sich an dieser Stelle vielleicht wundern, weshalb zu Beginn der tionale Analyse sowie einen evolutionstheoretischen Ansatz, steht ein
Arbeit davon gesprochen wird, die Systemtheorie in die Religionswissenschat zu integrie- fester theoretischer Ausgangspunkt bzw. Rahmen. Auf dieser Grundlage
ren, und nun eine scheinbar gegenteilige Formulierung gewählt wird. Es ist deshalb wich-
tig darauf hinzuweisen, dass mehrere Ebenen unterschieden werden müssen: Es handelt kann nun die Religionswissenschat, besonders kulturwissenschatliche
sich um eine Integration des kulturwissenschatlichen Religionsbegrifes in die System- Religionsforschung, erprobte Methoden konstruktiv einbringen. Mei-
theorie als heoriekomplex, aber gleichzeitig auch um eine Integration höherer Ordnung
von Systemtheorie in das Fach Religionswissenschat.
ner Ansicht nach ist besonders die vergleichende Methode der Religi-
97 Anm.: Vgl. hierzu auch Anm. 32. onswissenschat eine gro�e Bereicherung für die soziologischen Ansät-
98 Anm.: Nach systemtheoretischer Aufassung handelt es sich dabei, wie bei jedem
System um black boxes, die von au�en niemals umfassend beschrieben werden können.
ze Luhmanns. Zum einen fordert eine heorie sozialer Evolution ebenso
Aufgrund der Eigenkomplexität operativ geschlossener Systeme wäre jedes Input-Output- wie eine funktionale Analyse per se schon eine vergleichende Perspek-
Modell eine dramatische und damit in den meisten Fällen unzulässige Simpliizierung.
tive; in Bezug auf evolutive Entwicklungen sind historische Vergleiche
Zur Trennung psychischer und sozialer Systeme vgl. auch: Luhmann 1988, Luhmann
2008a, 118–41, Luhmann [1984] 2008, 346–76. unabdingbar. Gladigows Forderung nach einer konsequenten Rückbin-
99 Anm.: Dieser Vorwurf kann und wird nicht nur religionswissenschat
religionswissenschatlichen
lichen Ar-
beiten gemacht (werden). Für eine Analyse unzulässiger Ebenenreduktionismen in der Soziologie vgl.: Höbsch 2009.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

dung an historische Kontexte scheint in dieser Verbindung eine harmo- zu Religion in den Blick zu bekommen, ohne dafür den Religionsbe-
nische Antwort zu inden. Eine heorie, die erklärt, vor welchem Deu- grif unbrauchbar ausweiten zu müssen. Schlie�lich als letzter bedeu-
tungshorizont historische Vergleiche ihre Bedeutung gewinnen, kann tender Punkt, gilt es, die religionswissenschatliche Au�enperspektive
dann die volle Macht des Instruments ausschöpfen.100 Auch dabei muss auf Religion als Ergänzung hervorzuheben. In jahrzehntelanger Praxis
jedoch darauf geachtet werden, dass „Vergleichsgesichtspunkte neutral übt sich Religionswissenschat in einer ‚neutralen‘ Au�enperspektive
gewählt werden“ [(Luhmann 2002, 312), (in einem ähnlichen Zusam- und versucht, eurozentrische Erklärungen und heologisierung ihrer
menhang)]. Vergleiche im Rahmen einer evolutionstheoretischen he- Ergebnisse programmatisch zu verhindern. Betrachtet man die gegen-
oriegrundlage bedürfen jedoch auch besonders in der Systemtheorie wärtigen ‚gro�en‘ heorien der Soziologie, so kann eine solche Konse-
einer Ergänzung durch funktionale Vergleiche. Auch wenn diese in die quenz, besonders in Bezug auf die Vermeidung regionaler Zentrismen,
funktionale Analyse Luhmanns integrierte Methode des Vergleichens nicht ausgemacht werden. Auch Luhmann kann man vorwerfen, sich
selten expliziert wird, kann man hier ihre Unabdingbarkeit erkennen. in seinen Erklärungen von Religion (im Singular!) als (weltgesellschat-
Wie schon der Begrif des Äquivalenzfunktionalismus andeutet, können liches) System zu stark auf christlich-monotheistische Religionen Eu-
funktionale Äquivalente, sei es auf historische Vorläufer oder ‚synchro- ropas konzentriert zu haben.102 Die Religionswissenschat vermag hier
ne‘ Alternativen bezogen, nur vergleichend festgestellt werden. Auch einen entscheidenden Beitrag zu leisten. Die konsequente Einbindung
hier kann religionswissenschatliche Forschungserfahrung nutzbar ge- in systemische Kontexte und die vergleichende Betrachtung der Reli-
macht werden.101 Die Kombination mit der systemtheoretischen Per- gionen historisch und weltweit sind somit besonders in Anbetracht des
spektive bietet den entscheidenden Vorteil, nämlich die Möglichkeit, Luhmann‘schen Deutungshorizonts ‚Welt‘ unabdingbar komplementär.
Veränderungen der funktionserfüllenden ‚Organe‘ der Gesellschat in Die Bemerkungen zum religionswissenschatlichen Vergleich als metho-
den Blick zu nehmen. Neben traditionell religiösen Bereichen treten im- disches Komplement zur Systemtheorie sollten, ohne auf weitere, theo-
mer öter Phänomene auf, die funktional äquivalent zu Religion nahezu rieergänzende Methoden eingehen zu können103, ausreichen, Perspekti-
vollkommen ohne ‚religiöse‘ Semantiken auskommen (z.B. Sport, vir- ven der Synthese und die damit verbundenen Synergieefekte deutlich
tuelle Realität & Computerspiele, Kunst, Drogenkonsum oder System- zu machen. So komme ich zum vielleicht wichtigsten Argument für die
theorie). In Zukunt werden diese Formen gesellschatlicher Parado- Berücksichtigung der Systemtheorie in der Religionswissenschat.
xieentfaltung vermutlich stärker in Konkurrenz zu etablierten religiösen
Sinnangeboten treten und so auch als Gegenstand der Religionswissen- 102 Anm.: Der Vorwurf kann jedoch in bestimmten Punkten auch wieder relativiert
schat an Bedeutung gewinnen. Religionsforschung kann diese Verän- werden, betrachtet man z.B. seine Erklärungen zur funktionalen Relevanz von Buddhis-
mus und monotheistischen Religionen und die deshalb getrofene Auswahl (vgl.: Luh-
derungen jedoch nur angemessen beobachten, wenn sie sich auf eine mann 2002, 150). Auch muss die Perspektive auf eine Ausdiferenzierung hin zu einer
systemisch-funktionale Analysemethode einlässt; die Kombination der Weltgesellschat (und damit weltgesellschatlichen Teilsystemen, inkl. Weltreligionen
[Anmerkungs-re-entry: Anm. in der Anm.: Weltreligion ist zumindest in der Religions-
Ansätze ermöglicht der Religionswissenschat dabei, neue Alternativen
wissenschat ot verpönter Ausdruck, gewinnt aber durch Luhmanns Re-Deinition wie
100 Anm.: Meiner Einschätzung nach bietet dieses Modell auch den von Gladigow ver- viele Begrife neue Schärfe und Bedeutung. (Vgl.: Luhmann 2002, 275f)] ) berücksichtigt
missten Ansatz zur historischen Beschreibung polytheistischer Religionen (vgl.: Gladigow werden, um seine Präferenz einiger gegenüber anderen Religionen zu verstehen. Ganz
2005a, 38f). Die Genese und Fortentwicklung von Religionen rückt, durch eine konse- unberechtigt ist und bleibt der Vorwurf trotzdem nicht.
quente Kopplung von Gesellschatsstruktur und Semantik in der Analyse, in ein neues 103 Anm.: Hinzuweisen ist besonders auf die kommunikationstheoretische Ausrich-
Licht; das könnte erweiterte Erklärungskonzepte ermöglichen. tung der methodischen Werkzeuge. Interviewanalyse, aber auch teilnehmende Beobach-
101 Anm.: ich sehe hier u.a. auch die Möglichkeit durch die vergleichende Perspektive tung können die Systemtheorie entscheidend empirisch stützen. Vgl. zu ähnlichen Ansät-
der Religionswissenschat beispielsweise die Überlegungen Luhmanns zur Unverträglich- zen bereits hingewiesene Aufsätze: Gershon 2005, Pfefer 2001, Baraldi und Gavioli 2007,
keit von Religion und Organisation unter besonderer Berücksichtigung moderner For- Lee 2007. Die Vorteile einer methodisch breitgefächerten Religionsforschung können in
men von ‚sekundärer‘ Institutionalisierung empirisch zu überprüfen. diesem Zusammenhang kaum überbewertet werden.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

4.3 Interdisziplinarität in den Kulturwissenschaften: vielmehr wie Interdisziplinarität umgesetzt werden kann.
Systemtheorie als transdisziplinäres Paradigma – Chancen Ich denke, dass die Systemtheorie hier ein integrales Paradigma für inter-
der Anschlusskommunikation durch wechselseitiges, disziplinäre Kommunikation bietet. Luhmann hat im Laufe seines Schaf-
konstruktives Verstehen der Fächer! fens neben den theoretischen Grundlagen (vgl.: Luhmann [1984] 2008)
Schon seit Beginn der cultural turns zeichnet sich in den Geistes- und auch detaillierte Analysen zur „Gesellschat der Gesellschat“ (Luhmann
Kulturwissenschaten eine starke Öfnung disziplinärer Perspektiven für [1998] 1998) und ihren wichtigsten Teilsystemen verfasst, darunter zu
Interdisziplinarität ab. Entscheidend dazu beigetragen hat, wie bereits Wirtschat, Recht, Politik, Erziehung, Religion, Kunst und Wissenschat;
erwähnt, der fächer- und disziplinübergreifende Erfolg der Neuausrich- darüber hinaus legte er mit seinem vier-bändigen Werk „Gesellschats-
tung auf Kultur. Diese Entwicklungen haben einen Dialog mit in Gang struktur und Semantik“ einen Grundstein systemischer Wissenssozio-
gesetzt der sicherlich auch auf die stark gewachsene Komplexität der logie. Seine Werke zur soziologischen Auklärung, sozialen Bewegungen
wissenschatlichen Landschat zurückzuführen ist. Systemtheoretisch und ‚Diskursen‘ oder sein Buch zu „Organisation und Entscheidung“
betrachtet lassen sich dafür vor allem Gründe im Aubau höherer Eigen- müssen hier ebenfalls genannt werden. Selbst die hier erwähnten Titel
komplexität inden: Erst die Ausbildung neuer, sekundär oder schwach stellen aber nur einen kleinen Ausschnitt aus seinem wissenschatlichen
institutionalisierter Formen der fächerübergreifenden Kommunikati- Werk dar und zeigen dennoch schon, dass Anschlusskommunikation in
on kann eine Steigerung der Komplexitätsreduktion wissenschatlicher alle Richtungen ermöglicht wird; ein möglicher zugrundeliegender Zu-
Wahrheitsproduktion ermöglichen.104 Ferner können die durch Ausdif- sammenhang: Luhmann, der als promovierter Jurist aus einem soziolo-
ferenzierung auseinanderdritenden Disziplinen Leistungen für die Ge- giefremden Kontext sich dem Studium der Gesellschat zugewandt hat,
sellschat nur noch in interdisziplinären Ansätzen verwirklichen; somit zeigte in der Konstruktion seiner heorie keine Scheu vor disziplinären
zwingt die funktionale Ausdiferenzierung sich selbst zur Ausbildung Grenzen. Er kombiniert in seiner heorie der Gesellschat theoretische
neuer Kommunikationsformen. Selbstverständlich bleibt auch die Re- Perspektiven aus unterschiedlichsten Fächern wie z.B. der Philosophie,
ligionswissenschat von solchen das Funktionssystem im Ganzen wie heologie, Jura, Wirtschatswissenschaten, aber auch der Biologie, Ma-
auch im Detail betrefenden Entwicklungen nicht ausgelassen. Forde- thematik, Logik und besonders der Kybernetik als „transdisziplinäres
rungen nach Interdisziplinarität werden in Wellen seit 1960 intensiv Fach“ (Luhmann 2005a, 459). Die bis dahin als zum Gro�teil inkompa-
diskutiert, zahlreiche Forschungen und Projekte werden mit ‚interdis- tibel wirkenden Ansätze vereinte Luhmann zu einem interdisziplinären
ziplinär‘ gelabelt, Studiengänge werden interdisziplinär, interinstituti- Paradigma, was seitdem Rückkopplungsefekte in all jenen (Herkunts-
onell verankert, doch es bleibt fraglich, was dies über die tatsächliche fächern) und vielen weiteren Fächern aufweist. Schon vor der sozi-
Relevanz oder das Vermögen von Interdisziplinarität aussagen kann.105 ologischen Adaption des Systembegrifs durch Luhmann zeigten sich
Dass interdisziplinäre Ansätze nichtsdestotrotz immer wichtiger wer- ähnliche interdisziplinäre Verbindungen über das Konzept (vgl.: Kneer
den, bleibt davon unberührt. Die zu klärende Frage ist nicht ob, sondern und Nassehi 2000, 17–31). Mit Luhmann jedoch beginnt eine unver-
gleichbare Rezeption systemischer Perspektiven. So beschätigen sich
104 Vgl. in diesem Zusammenhang auch: Luhmann 2005a, 457f, 642, Stichweh 1984,
etwas allgemeiner: Stichweh 1994.
heute mindestens ebenso viele Juristen oder Wirtschatswissenschatler
105 Anm.: Zumal Interdisziplinarität tatsächlich ot nur Label ist, denn das Konzept tritt mit Luhmanns Systemtheorie wie Soziologen; aber auch die Linguistik,
in ofenen Widerspruch zum etablierten Nebencode der Wissenschat: Reputation. (zu
Fachsprachenforschung, Semiotik, Literaturwissenschat, (interkultu-
Reputation als Nebencode vgl.: Luhmann 2005a, 244f) Reputation lässt sich (zumindest
gegenwärtig!) nahezu ausschlie�lich intradisziplinär erwerben. Beachtung, die eine Arbeit relle) Germanistik, Anthropologie, heologie, Philosophie, Kommu-
au�erhalb des eigenen Faches indet, trägt kaum zum fachinternen Ruf und damit zur
Geltung des betrofenen Wissenschatlers bei.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

nikations- und Medienwissenschat, Erziehungswissenschaten, Poli- these darf nicht als eine Forderung nach Selbstaufgabe der Religionswis-
tikwissenschaten, Psychologie oder Medizin zeigen starkes Interesse senschat gelesen werden. Auch plädiere ich nicht für eine soziologische
und Bereitschat zur Integration von Luhmanns heorie. All dies wird Aulösung kulturwissenschatlicher Begrife. Im Hinblick auf die zur-
durch den Umfang und das Aulöse- und Rekombinationsvermögen der zeit unauhaltsam wirkende Fortsetzung der gesellschatlichen Ausdif-
Systemtheorie ermöglicht. Nach Aufassung Luhmanns lässt sich alles ferenzierung erscheint diese Forderung fast abwegig, ist es doch gerade
Soziale und damit alle Kommunikation mit der Systemtheorie erklären. die gewachsene Komplexitätslast des Weltgesellschatssystems, welche
Kommunikation ist nun aber naheliegenderweise in jeder der genann- die Ausdiferenzierung der Fächer bewirkt hat. Auch die Systemtheorie
ten Disziplinen ein entscheidendes Moment sowohl auf der Objekt- als kann diese Prozesse nicht auhalten. Was aber möglich ist, ist die Mitge-
auch auf der Meta-Ebene. Umso unverständlicher scheint da der gele- staltung wissenschatlichen Fortschritts, das Bemühen um komplexere,
gentlich festzustellende Mangel an Mut zu neuen Wegen sowohl in der ‚wahrere‘ Erklärungsmodelle und Beschreibungen der Wirklichkeit.
Religionswissenschat als auch in anderen Fächern. Hierfür hält die Systemtheorie besonders auch für die Religionswissen-
Durch eine Überführung religionswissenschatlicher Forschung in ei- schat ein noch weitgehend ungenutztes Potenzial bereit.
nen systemtheoretischen Erklärungskontext kann den interdisziplinären
Forderungen und Anforderungen unserer Zeit angemessen begegnet
werden. Als transdisziplinäres Paradigma106 ermöglicht die soziologische
Systemtheorie Luhmanns konstruktives, interdisziplinäres Arbeiten, das
durch seine Rückversicherung durch intradisziplinäre Begründungen
der systemtheoretischen Perspektive auch das Reputationsproblem zu
lösen vermag.107 Intradisziplinäre Forschungsleistungen werden durch
die verbindende Leitdiferenz System/Umwelt vergleichbar und damit
für viele Fächer zugänglich. Auch lassen sich wesentlich komplexere
Beschreibungen der modernen Gesellschat, genauere Berechnungen
von Wahrscheinlichkeiten möglicher evolutiver Entwicklungen und
detailliertere Folgenabschätzungen sozialer Prozesse erreichen. In Zu-
kunt könnte so fachfremden aber theorieverwandten Forschungen eine
besondere Korrektivfunktion zukommen: Ergänzende Analysen ver-
knüpter Teilbereiche können eventuelle Simpliizierungen der einzel-
nen Fächer kritisch hinterfragen. Selbst im Zuge der Bologna-Reform
der Hochschulen in Europa lassen sich Vorteile der Systemtheorie als
transdisziplinäres Paradigma ausmachen.108 Diese Skizzierung der Syn-
106 Anm.: Das meint auch, dass nicht die Fachidentität aufgegeben werden muss und
alles Soziologie wird, was sich der Systemtheorie bedient. Systemtheorie kann sowohl zur
Entwicklung einer heorie der Gesellschat als auch für andere theoretische und fachliche
Interessen verwendet werden.
107 Vgl. auch Fu�note 105 im selben Abschnitt.
108 Anm.: So könnte im Sinne der Reform die Mobilität der Studierenden sowohl in-
nerhalb Europas als auch zwischen den Fächern verbessert und erleichtert werden.
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Moritz Klenk: Überlegungen zu einer Synthese von Systemtheorie
Religionswissenschaft als systemische Kulturwissenschaft und kulturwissenschaftlicher Religionsforschung

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Zum Verfasser

Moritz Klenk wurde 1985 in Nürnberg ge-


boren. 2009 schloss er das Bachelorstudium
„Kulturwissenschat mit Schwerpunkt Religi-
on“ (B.A.) an der Universität Bayreuth ab. Zur
Zeit studiert er parallel im Masterstudiengang
„Religionswissenschat“ (M.A.) an der Uni-
versität Bayreuth sowie im „Taught Master‘s
Programme in Religious Studies“ (M.Sc.) an
der University of Edinburgh, Schottland. Da-
rüber hinaus arbeitet Moritz Klenk seit 2009
als Mitglied der soziologischen Arbeitsgruppe
des gesellschatswissenschatlichen Kollegs der
Studienstitung des deutschen Volkes e.V. zum hema: „Ordnung und Konlikt.
Zur fragilen Stabilisierung von Gesellschaten der Gegenwart“. Seine wissen-
schatlichen Interessensschwerpunkte sind soziologische Systemtheorie, he-
orie der Religion der (Welt-)Gesellschat, Wissenschatstheorie und Prozesse
der Globalisierung.

Impressum
Herausgegeber (v.i.S.d.P.): Die Bayreuther religionswissenschaft-
Institut zur Erforschung der religiösen lichen Beiträge erscheinen in unregel-
Gegenwartskultur (IrG) mäßigen Abständen.
Christoph Bochinger, Stefan Kurth,
Karsten Lehmann, Bernhard Wolf Manuskripte bitte an die Schriftleitung.
Universität Bayreuth Für unverlangt eingesandte Manu-
skripte wird keine Garantie übernom-
men.
Schriftleitung:
Stefan Kurth, Dipl. Päd., M. A.
Universität Bayreuth
Lehrstuhl für Religionswissenschaft II
95440 Bayreuth
Stefan.Kurth@uni-bayreuth.de ISSN: 1867 – 5344

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