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BILDATLAS 70
www.dumontreise.de

Niederlande
Windmühlen und Blütenzauber
KAMPF GEGEN DAS WASSER Jahrhundertprojekt Deltaplan
BLÜHENDE GESCHÄFTE Blumenhandel in großem Stil
RADELN GEGEN DEN WIND Kultroute ums IJsselmeer

Der Fotograf Arthur F.
Selbach aus Hamburg ist
überall in der Welt zu
Hause und war für diesen
Bildatlas mehrfach in den
Niederlanden.
Die Reisejournalistin und
Buchautorin Ute Fischer
aus Reinheim am Oden-
wald kennt die Nieder-
lande besser als die meis-
ten Niederländer und
spricht auch deren Sprache.
Editorial
3
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Die Klischees, an die jeder bei den Niederlanden gleich denkt, Käse, Tulpen, ganze
Reihen von Windmühlen, lügen nicht. Alles das gibt es tatsächlich in den Nieder-
landen, allerdings auf das ganze Land verteilt, und man muss wissen, wo und zu
welcher Jahreszeit.
Routen durch das Tulpenland
Wer im Frühling in der Gegend um Haarlem und Leiden unterwegs ist, wird gera-
dezu berauscht sein von der Blüten- und Farbenpracht. Vielerorts ist die Land-
schaft ein einziges wogendes Tulpenfeld. Ausgeschilderte Routen führen durch das
„Tulpenland“, doch schöner ist es, wenn man per Rad unterwegs ist, dann kann
man die Farbenpracht und auch den Duft noch besser in sich aufnehmen. Aber
apropos Tulpenland: Die Tulpe steht hinter der Rose nur an zweiter Stelle der
Schnittblumen. Mehr über den „Blumenhandel in großem Stil“ erfahren Sie im Du-
Mont Thema auf S. 42 f.
Gelebte Toleranz
Aber natürlich haben die Niederlande weit mehr zu bieten. Während Amsterdam,
Alkmaar und viele andere Städtchen mit hübschen Grachtenhäusern beeindru-
cken, überzeugt beispielsweise Rotterdam mit seinen modernen Bauten. Höchste
Anerkennung kam bereits von der New York Times: „Rotterdam wird für die Ar-
chitektur mehr und mehr zu dem, was Paris für die Mode und Los Angeles für das
Entertainment ist.“ Hier baute und baut die Weltelite der Architekten: Norman
Foster, Renzo Piano, Peter Wilson, Álvaro Siza oder Rem Koolhaas. Egal, wo Ihre
Interessensschwerpunkte liegen, die Niederlande werden Sie begeistern – und viel-
leicht auch die Niederländer selbst. Ich genieße jeden Aufenthalt dort nicht nur we-
gen der eindrucksvollen Sehenswürdigkeiten, wegen der malerischen Städtchen
oder der weiten Nordseestrände, nein, vor allem beeindruckt mich immer wieder
die Aufgeschlossenheit der Menschen. Toleranz wird hier wirklich gelebt ...
Herzlich Ihre
Birgit Borowski
Programmleiterin DuMont Bildatlas
 74 – 87
ZAUBER DES NORDENS
Groningen schwelgt in Farben und
Lebendigkeit, Drenthe in Wald und
Moor. Überall ist Raum zum
Durchatmen.
48 – 61
AM IJSSELMEER
Der kräftige Wind beflügelt Surfer
und Segler an der Nordsee und bringt
die Windmühlen von Lemmer im
Schwung.

DuMont Aktiv

31 Fingerfood in Zeeland
Muscheln satt in Philippine

47 Rembrandts Brücken
Auf den Spuren des Meisters
durch Leiden

61 Kultroute ums IJsselmeer

Autofrei und windgeschützt
am Meer entlangradeln

73 Schnitzeljagd zur Kunst

auf der Insel Ameland

87 Zu den Seehund-Babys
Kleine Heuler im Glück

115 Flucht in die Tiefe

Limburgs Mergelhöhlen

DuMont Thema DuMont Thema

108 – 111
ALLES KÄSE
In mächtigen Laiben wird der
Käse auf den Käsemärkten ver-
handelt – und bestaunt.

56 – 57
KAMPF DEN FLUTEN
Projekt Deltaplan: Ein gigantisches
Bollwerk schützt die mehrere Meter
unter Meereshöhe liegenden Gebiete
der Niederlande.
 Inhalt
4–5

Titelthemen
56 KAMPF GEGEN DAS WASSER Jahrhundertprojekt Deltaplan
42 BLÜHENDE GESCHÄFTE Blumenhandel in großem Stil
61 RADELN GEGEN DEN WIND Kultroute ums IJsselmeer

IMPRESSIONEN FRIESLAND ∙ GRONINGEN

8 Holland, ein Bilderbuch: Tulpen bis 74 Herber Charme im Norden

zum Horizont, futuristische Metropolen
und die Mühlen am Kinderdijk.
ZUID-HOLLAND UND ZEELAND
18 Strände und pulsierende Metropolen
Modern und weltoffen zeigen sich die
Metropolen Den Haag und Rotterdam.
28 Straßenkarte
29 Infos
Die unendliche Weite der Nord-Nieder-
lande ist legendär. Moorsiedlungen ent-
falten einen besonderen Zauber. Mit-
tendrin die quirlige Stadt Groningen.
DuMont Thema
80 Hochprozentiges mit reicher Tradition
Goldgelb funkelt der Oude Jenever im
Glas. Niederländische Spirituosen sind
auch jenseits der Grenzen beliebt.
84 Straßenkarte
85 Infos

AMSTERDAM UND UMGEBUNG OVERIJSSEL ∙ GELDERLAND

32 Ein perfektes Stück Holland 88 Schlösserpracht im Herzen des Landes

Kalendermotive werden hier lebendig Sieben Hansestädte gilt es zu ent-
von Tulpen bis zu den Grachten. decken und ihre malerischen Parks.
DuMont Thema DuMont Thema
42 Blühende Geschäfte 96 Im Glashaus
Blumenhandel im ganz großen Stil Rund 40 Sorten Tomaten reifen unter
Hollands Gewächshausdächern.
44 Straßenkarte
45 Infos 98 Straßenkarte
99 Infos

NORDEN UND IJSSELMEER

LIMBURG ∙ NOORD-BRABANT
48 Kampf ums Land
Faulenzen in den Dünen und Staunen 102 Provinzen für Feinschmecker
über die Eindeichungen. Ein Hauch von Belgien durchzieht die
Feinschmeckerprovinzen an der Grenze.
DuMont Thema
56 Jahrhundertprojekt Deltaplan DuMont Thema
Sturmflutwehre schützen das Land. 108 Von Kaaskop und Gouda
Käse ist die berühmteste kulinarische
58 Straßenkarte
Spezialität der Niederlande.
59 Infos
112 Straßenkarte
113 Infos
WESTFRIESISCHE INSELN

62 Fünf Paradiese im Wind ANHANG

Kleine Inseln mit feinsandigem Strand
und Walfänger-Dörfern. 116 Service – Daten und Fakten
121 Register
70 Straßenkarte 121 Impressum
71 Infos 122 Lieferbare Ausgaben
 Friesland, Groningen 74 –87
Westfriesische Inseln 62 –73

Norden und IJsselmeer 48 –61

10

6
8

2
7

1 5

Amsterdam und Umgebung 32 –47

Overijssel, Gelderland 88 – 101

Zuid-Holland und Zeeland 18 – 31

9

Limburg, Noord-Brabant 102 – 115

Topziele Inhalt
6–7

Die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten des Landes und Erlebnisse, die

Sie auf keinen Fall versäumen sollten, haben wir auf dieser Seite für
Sie zusammengestellt. Auf den Infoseiten ist das jeweilige Highlight als
TOP ZIEL gekennzeichnet.

ERLEBEN

8 Zuiderzee-Museum
Fischer flicken Netze, Wäsche weht im
Wind: Laienspieler zeigen in diesem
Museumspark hautnah, wie früher ge-
lebt und gearbeitet wurde.
Seite 59

9 Maastricht
KULTUR
Tief im Süden des Landes vereint die
vor über 2000 Jahren gegründete Stadt
1 Schiedam
Tradition mit urbanem Chic.
Die Stadt des Jenevers prunkt mit den
Seite 114
höchsten Getreidemühlen der Welt.
Seite 30

2 Amsterdam
Es sind nicht nur die Grachten, die
Giebelhäuser und die Museumsland-
schaft – es ist die Weltoffenheit, die
der Stadt ihr gewisses Flair verleiht.
Seite 46

3 Zaanse Schans
Die Niederlande von einst zeigt
dieses riesige Freilichtmuseum.
Seite 45
AKTIV
4 Festung Bourtange
Eine mit viel Engagement und
10 Texel
Aufwand restaurierte Anlage.
Radeln, surfen oder die Wanderschuhe
Seite 86
anziehen? Auf der berühmten Nordsee-
insel ist so ziemlich alles möglich.
5 Kröller-Müller Museum
Seite 71
Kunstgenuss vom Feinsten mitten
in einem weitläufigen Nationalpark.
Seite 100

6 Giethorn
Im „kleinen Venedig des Nordens“
liegt fast jedes Haus auf einer Insel.
Seite 99

NATUR

7 Keukenhof
Im Frühling blühen hier die
Tulpenfelder in allen Farben.
Seite 45
 Impressionen
8–9

TULPOMANIE
Frühling erblüht an Hollands Nordseestrand. Die Farbenpracht der kilometerlangen Tulpenfelder sättigt das Auge so, dass
man sich hinterher nach langweiligem Beige sehnt. Superlativ-Denken ist trotzdem nicht angebracht. Die Tulpe steht hinter
der Rose nur an zweiter Stelle der Schnittblumen.
LEUCHTFEUER DER GROSSSTADT
Wie Phoenix aus der Asche erhob sich Rotterdam nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zu einem „Manhattan
an der Maas“. Vom Euromast Tower aus tastet sich der Blick über das Glitzern der Stadt, die den größten Hafen Europas
besitzt. „Der Schwan“ nennen die Rotterdamer die Erasmusbrücke mit ihrem schneeweißen Pylon aus Stahl.
Impressionen
10 – 11
ENDSTATION DELFT
Die Geschichte der Niederlande begann in Delft mit Willem van Oranie, der sich 1572 an die Spitze der Aufständischen
gegen Philipp II. von Spanien stellte. 1584 von zwei Pistolenschüssen eines vermeintlichen Freundes gemeuchelt, ruht er
heute im Mausoleum der Neuen Kirche (Foto: Blick vom Kirchturm auf das Delfter Rathaus). Alle verstorbenen Mitglieder
der Königsfamilie werden hier bestattet – was den Delftern teuer ist, weil sie die Kosten zu tragen haben.
Impressionen
12 – 13
TRIUMPH DER TECHNIK UND UNESCO-WELTERBE
Seit dem Mittelalter organisieren sich die Anrainer, unabhängig von Herrschaft und Staat, zu Wasserschutz-Organisationen.
Im 18. Jh. entstand zum Schutz der Handelsstadt Dordrecht das zum Welterbe der UNESCO zählende Entwässerungssystem
Kinderdijk mit 19 Windmühlen. Zum Glück funktionierte 1945, als die Ölversorgung der Pumpwerke zusammenbrach, und
1953, bei einer schlimmen Sturmflut, die primitive Drainagetechnik völlig problemlos – ein Triumph der Technik, zum Stau-
nen der Ingenieure.
Impressionen
14 – 15
 Impressionen
16 –1 7

DER DUFT DER WEITEN WELT

Markttage in Groningen: Auf dem Grote Markt und dem Vismarkt stehen Obst, Gemüse und Blumen dicht an dicht. Nicht
alles stammt aus heimischen Gewächshäusern, aber schmucke Häuserzeilen bilden die richtige Kulisse, um mal hier zu
schnuppern, dort zu kosten und genüsslich die Zeit zu vertrödeln.
 Zuid-Holland ∙ Zeeland
18 – 19

Strände und
pulsierende
Metropolen
Wohlstand, Pioniergeist und Tragödien prä-
gen die südwestliche Ecke der Niederlande.
Bombastische Bollwerke trotzen in den Mün-
dungen von Maas, Rhein und Schelde der See,
die oft genug zum Feind geworden war. An
den Stränden Scheveningens dagegen hat das
Ferienglück Tradition. Und die Metropolen
Den Haag und Rotterdam pulsieren dicht
neben der „Gläsernen Stadt“ mit ihren
kilometerlangen Treibhauskolonien.

Repräsentativer geht es kaum: Scheveningens beeindruckendes

Kurhaus an der Seaside
Rotterdam, zweitgrößte Stadt der Niederlande,
wird vom Wasser geprägt: Das Maritiem Museum
(oben links) zeigt, was sich auf dem Wasser tut,
das Oceanium (unten links) erlaubt einen Blick
unter das Wasser, und übers Wasser führt die 1996
erbaute Erasmusbrug (rechts).

Typisch für Rotterdam: der Hafen ...
In keiner anderen nieder-
ländischen Stadt findet
man mehr und raffiniertere
Hochhäuser.
... und die ungewöhnliche Architektur, hier die Kubuswohnungen von Piet Blom
D ie Siedlung, die sich um 1250 an
einem Damm am Fluss de Rotte
vom Fischfang ernährte, erhielt
bereits 90 Jahre später Stadtrecht. Und
im 15./16. Jahrhundert trug der Huma-
nist, Theologe und Philologe Erasmus
den Namen seiner Heimatstadt nach
ganz Europa. Zugleich arbeiteten die
Schiffswerften rund um die Uhr, um die
Voraussetzungen für den boomenden
Warenverkehr mit den ostindischen Ko-
lonien zu schaffen. Und alle bedeuten-
den Kunstmaler der Zeit kamen und do-
kumentierten eine der ersten Industrie-
regionen Europas. Rotterdam hat
wahrlich eine große Vergangenheit.
MANHATTAN AN DER MAAS
„Ein Hafen mit einer Stadt“ hieß es
früher geringschätzig. Tatsächlich ist er
mit (2013) 440,5 Millionen Tonnen Gü-
terumschlag im Jahr der größte Hafen
Europas – und einer der größen der
Welt. Doch auch die Stadt entwickelte
sich zum Superlativ. Nachdem der deut-
sche Bombenhagel die Innenstadt aus-
radiert hatte, entschied man sich für ei-
nen Neubeginn. Heute gilt die zweit-
größte Stadt des Landes mit der
futuristischen Skyline als Vorbild für
das neue Europa. In keiner anderen nie-
derländischen Stadt findet man mehr
und raffiniertere Hochhäuser. Rem
Koolhaas, Mecanoo, Renzo Piano haben
hier Bauten realisiert.
Kapitel
Zuid-Holland ∙ Zeeland
20 – 21
20 – 21
START IN DIE NEUE WELT
Der kleine historische Stadtteil Delfs-
haven öffnet ein Fenster auf das Rotter-
dam vor rund 300 Jahren. Aus dieser
Zeit stammt das Zakkendragershuisje,
wo sich einst die Säckeschlepper um die
täglichen Jobs beim Be- und Entladen
der Schiffe prügelten. 1620 begannen
die puritanischen Pilgrim Fathers hier
ihre Atlantiküberfahrt in die neue Welt
– der Nachbau ihrer „Mayflower“ liegt
heute in Plymouth/USA. Bis in die
1960er-Jahre folgten ihnen Hunderttau-
sende europäischer Auswanderer, die
ihr Glück in Amerika, Kanada und Aus-
tralien gesucht haben.
FREUND UND FEIND ZUGLEICH
Das Meer gibt, das Meer nimmt. Rotter-
dam durfte bzw. musste beides in seiner
Geschichte bereits zur Genüge erleben.
Der Maasarm Leek war schnell zu
schmal und zu flach für die immer grö-
ßeren Schiffe. Der Ausbau des Nieuwe
Waterweg (Neuer Wasserweg) als
schleusenlose Verbindung zum Meer
„verschluckte“ sich allerdings gern bei
Sturm- und Springfluten. Erst im Jahr
1997 schlossen sich die letzten Lücken
des Mündungsdeltas. Das gigantische
Sturmflutwehr besteht aus zwei in
Form von Kreissegmenten ausgeführ-
ten Stahltoren, jedes mit einem Gewicht
von 15 000 Tonnen doppelt so schwer
wie das Stahlgerüst des Eiffelturms.
Den Haager Schaufenster Der Binnenhof mit dem Hofweiher (Hofvijer):
Sitz des niederländischen Parlaments

Kunstgalerie (oben) und Einkaufspassage in Den Haag Nicht nur die Hauptstadt Amsterdam, auch der Regierungssitz
Den Haag glänzt mit modernen Bauten.
 Zuid-Holland ∙ Zeeland
22 – 23

WELT (OHNE) STADT

„Den Haag ist wie eine Suppe mit Klöß-
chen“, sagen die Haager. Die Suppe sei
zwar nicht so berühmt, aber die Klöß-
chen. Sie messen sich im ewigen Wett-
streit mit Amsterdam um die fantasie-
vollste architektonische Szene. Unter
dem Schlagwort „Nieuw Centrum“ ent-
standen und entstehen futuristische
Bauwerke, unterirdische Parkhäuser,
Straßen- und Bahntunnel, um die In-
nenstadt vom Verkehr zu entlasten. Der
amerikanische Architekt Richard Meier
entwarf das zweiflügelige Stadthaus

Special VREDESPALAIS

Tempel für
den Frieden
In den Medien ist der Internatio-
nale Gerichtshof in Den Haag im
Zusammenhang mit seinen Auf-
gaben häufig präsent. Die Ge-
schichte des Gebäudes selbst
aber ist weniger bekannt.
Der rund 100 Jahre alte Friedens-
palast ist der Großzügigkeit des
schottischen Stahlmagnaten An-
drew Carnegie zu verdanken –
der Idealist stellte 1903 1,5 Mio.
Dollar bereit. 1913 eröffnete Köni-
gin Wilhelmina in Anwesenheit
von Carnegie den Neorenaissan-
cebau. Als Symbol für das Zusam-
menarbeiten am Weltfrieden
steuerten 46 Nationen landestypi-
sches Bau- oder Ausstattungsma-
terial sowie Kunst bei und über-
nahmen die Instandhaltung.
Deutschland kommt für das von
Kaiser Wilhelm II. gestiftete Ei-
sengitter auf. 2007 erfuhr der Bau
eine Erweiterung, die eine Fas-
sade aus Stahl und Glas trägt.
Scheveningen: Was die Fischer an Land bringen, gelangt schnell auf den Teller. Und wird im Vorbeigehen genossen oder mit Muße in einem der
zahllosen Strandrestaurants mit Blick auf die Seebrücke.

Extremsurfer stemmen sich in Scheveningen Wind und Wasser entgegen.


Delfter Rathaus mit seinem gotischen Turm
mit elf Stockwerken und einem Riesen-
Wintergarten von 140 Meter Höhe – das
größte Atrium Europas, in dem gearbei-
tet wird.
LEHRBUCH FÜR ARCHITEKTEN
Die meisten dieser Architekturwunder
stehen zwischen Fluwelen Burgwal, He-
rengracht und Turfmarkt. Zehn interna-
tional bekannte Architekten kreierten
kühne Konstruktionen für Büros und
Wohnungen. Die interessantesten Ob-
jekte sind der Spuihof und das reno-
vierte Kaufhaus Bijenkorf, beide Grote
Marktstraat, das Büro- und Wohnviertel
„Het Haagsche Hof“, Parkstraat, das
dreitürmige, 107 Meter hohe Büroge-
bäude „De Centraale“ in der Nähe des
Bahnhofs, der Bahnhof selbst und „Het
Souterrain“, der Trambahntunnel unter
der Grote Marktstraat. Und der Kom-
plex Castalia, zwei spitzgiebelige, 104
Meter hohe rote Türme von Michael
Graves, gilt heute schon als neues Wahr-
zeichen Den Haags.
STILKUNDE ALLER EPOCHEN
Den Haag war zu allen Zeiten Vorreiter
für Architektur und steht heute im Aus-
bildungsplan angehender Architekten.
Vom 13. Jahrhundert an blieben sämt-
liche Baustile erhalten. Etliche Bau-
werke galten in Westeuropa als Vorbild
und blieben doch einzigartig: die goti-
Auf den ersten Blick Holland: die Delfter Altstadt
sche Jakobskirche, das Renaissance-
Stadthaus, das klassizistische Maurits-
huis. Und Kolonialbürger formten ihre
Wohnquartiere mit Details heimischer
Sehnsucht wie das indonesische Viertel
„Archipeel“.
AUFTRITT DES KÖNIGS
Die Seele Den Haags ruht noch immer
im Binnenhof, dem Sitz der Zwei-Kam-
mern-Regierung. Hierhin fährt der Kö-
nig jeden dritten Dienstag im Septem-
ber – dem sogenannten Prinsjesdag – in
einer goldenen Kutsche, um im Ridder-
zaal die Sitzungsperiode des Parlaments
zu eröffnen. Unmittelbar daneben rei-
hen sich um den viereckigen Hofvijer
Flanieren auf dem Scheveninger
See-Boulevard ist Tradition für
vornehme Den Haager.
(Hofweiher) Den Haags weltberühmte
Gemälde-Kollektionen, als „The Hague-
Collection“ ein Begriff in der Kunst-
szene. Mauritshuis u. a. mit Vermeers
„Mädchen mit dem Perlenohrring“, Ga-
lerie Prinz Willem V und Historisch
Museum sind Sehnsuchtsziele der aus
Zuid-Holland ∙ Zeeland
24 – 25
aller Welt anreisenden Besucher. Ihr
Andrang muss häufig mit Karten für
bestimmte Stunden reglementiert wer-
den.
DEN HAAGS SEASIDE
Den Haags Badewanne plätschert im
modernen Kijkduin mit Strand, Dünen-
welt und Boulevard und vor allem im
ehemaligen Fischerdorf Scheveningen.
Sonntägliches Flanieren auf dem re-
präsentativen See-Boulevard ist – Som-
mer wie Winter – eiserne Tradition für
den vornehmen Den Haager. Und zehn
Millionen Besucher sind es etwa, die
den traditionsreichen Badeort mit dem
unaussprechlichem Namen darüber hi-
naus alljährlich heimsuchen. Das Fortis-
Musicaltheater, das Spielcasino im gi-
gantischen Jugendstil-Kurhaus, Sport-
und Kulturveranstaltungen sowie spek-
takuläre Feuerwerke liefern unzählige
Anreisegründe, zumal es dank großer
Parkhäuser keine Sorgen wegen der ty-
Wacht seit 700 Jahren: Zierikzees Nobelpoort Für Urlauber ist gut vorgesorgt: der Havenplein von Zierikzee.

Grachten prägen auch die kleine Welt von Madurodam in Den Haag.

Yerseke ist für seine Austern bekannt.
pischen niederländischen Reifenkralle
gibt. Und man findet tatsächlich noch
ein paar Fischer, die im Hafen ihren fri-
schen Fang zum Verkauf anbieten.
KRIEGSBEUTE IN BLAU
Eine Ladung chinesischen Porzellans,
portugiesischen Seeleuten abgejagt, in-
spirierte die Delfter Keramiker zu
ihrem berühmten Dekor „Delft Blau“.
Die Sammlung im Delfter Prinsenhof
offenbart, dass auch die Eigenkreation
„Delft Grün“ seinen Reiz besitzt.
DER GEMÜSEGARTEN EUROPAS
Von Hoek van Holland, wo die großen
Fähren nach Harwich abfahren und der
angeblich beste Matjesstand am Fährha-
fen steht, bis nach Den Haag, Delft, Zoe-
termeer und Maassluis breiten sich flä-
chendeckend Treibhäuser aus und bil-
den die „Gläserne Stadt“. Ihr Ursprung
liegt im Typ eines westfälischen Trau-
benhauses, in dem tatsächlich ur-
sprünglich Weintrauben gezüchtet wur-
den. Heute geht es um Tomaten, die am
Nikolaustag gesetzt werden, damit sie
bereits im März Früchte tragen. Vom
Flugzeug sieht das aus wie ein riesiger
Spiegel.
Hoek van Holland ist der Startpunkt für
eine einzigartige Nordseereise durch
die Dünen. Wie grüne Kissengebirge
schirmen die Graspolster Langsam-Rei-
Zuid-Holland ∙ Zeeland
26 – 27
sende zu Fuß und Fahrrad vom hekti-
schen Wirtschaftsverkehr dieser Region
ab. Mit wenigen Unterbrechungen für
Wasser- und Naturschutzgebiete ge-
langt man auf diesem Wege zu bekann-
ten und unbekannten idyllischen Zielen
bis hoch zur Insel Texel.
ZEE HEISST MEER
Tatsächlich gibt es in der Provinz Zee-
land (sprich Seeland) zur Freude der
Wassersportler mehr Wasser als Land.
Schelde, Maas und Rhein bilden ein
großes Delta mit sieben Inseln. Dämme,
Brücken und befahrbare Wassertore, gi-
gantische Jahrhundertbauwerke, vernet-
zen das Inselreich auf einer Länge von
rund 400 Kilometern so geschickt, dass
man gar nicht merkt, wo eine Insel auf-
hört und die nächste anfängt. Schou-
wen und Duiveland oder Walcheren
und Süd-Beveland sind wegen der Pol-
derwirtschaft kaum auseinanderzuhal-
ten. Zeeland ist das Lieblings-Urlaubs-
ziel von Familien, weil die Strände und
Uferstreifen an Wester- und Ooster-
schelde und am Grevelingenmeer fast
überall sanft ins Wasser abfallen, wäh-
rend die Nordseebrandung Sportliche
herausfordert. Der südlichste Sand-
strand der Niederlande befindet sich al-
lerdings jenseits der Westerschelde in
Zeeuws Vlaanderen – ganz nah am
Feinschmeckerland Flandern.
 01

02

03

04

05
Infos
Hauptstadtflair und Hafenromantik
Abwechslung pur bietet die Region: Als Sitz
der niederländischen Regierung und Resi-
denz des Königs atmet Den Haag interna-
tionales Flair. Rotterdam realisiert städte-
bauliche Visionen in verblüffendem Design.
Delft fasziniert mit seinen Grachten.
01 DEN HAAG
Die königliche Metropole (508 000 Einw.) be-
herbergt ein architektonisches Feuerwerk vom
Mittelalter bis in die Postmoderne.
Sehenswert
Die Gebäudegruppe des Binnenhofs (13. Jh.)
mit dem Ridderzaal (Mo.–Sa. 10.00–16.00 Uhr)
ist das Zentrum der niederländischen Demo-
kratie. Täglich wechselnde Themen-Führungen
rund um den Binnenhof (Mo.–Sa. 9.30–17.00
Uhr, www.proDemos.nl). Das Alte Rathaus galt
zu seiner Zeit als größter Renaissancebau. Ne-
benan in der St. Jacobskerk (14. Jh.) läuten die
Glocken im sechseckigen Turm für königliche
Taufen und Hochzeiten. Madurodam zeigt die
bedeutendsten niederländischen Bauwerke im
Miniaturmaßstab 1:25, im Winter Eisskulpturen
in einer Kühlhalle (Georg Maduroplein 1, tgl.
9.00–20.00 Uhr, nach Sonnenuntergang Mär-
chenshow in Lasertechnik). Wahrzeichen ist
der Friedenspalast, Sitz des Int. Gerichtshofs
(werktäglich Führungen um 10.00, 11.00, 14.00
u. 15.00, Mai–Sept. auch 16.00 Uhr).
Museen
Um den Hofvijer (Schlossweiher) versammeln
sich weltberühmte Galerien: Mauritshuis
(www.mauritshuis.nl) mit der Galerie Prins Wil-
lem V. (Di. bis Sa. 10.00–17.00, So. 11.00–17.00,
Juni–Aug. auch Mo. 10.00–17.00) und das His-
torische Museum (Di.–Fr. 10.00–17.00, Sa.,So.
ab 12.00 Uhr). Das Gemeentemuseum (Stad-
houderslaan 41, www.gemeentemuseum.nl; Di.
bis So. 11.00–17.00 Uhr) zeigt Stadtgeschichtli-
ches und Kunst. Daneben befinden sich das
Museum für Moderne Kunst GEM (www.
gem-online.nl; Di.–So. 12.00–18.00 Uhr). Mu-
seum Escher, im einstigen Palast von Königin
Emma, ist dem Grafiker M.C. Escher gewidmet
(Lange Voorhout 74, Di.–So. 11.00–17.00 Uhr).
Hotel
Das stilvolle Carlton Ambassador, ein histori-
sches Haus, befindet sich mitten im Zentrum
von Den Haag in ruhiger Lage (Sophialaan 2, Tel.
070 3 63 03 63; www.carlton.nl/ambassador; DZ
ab 159 €).
Restaurant
Traditionelle indische Küche mit Gewürzfeuer-
werk serviert das Indian Curry House, (Thom-
Den Haag: Modern und Alt harmonieren am Plein 1813 mit seinem Nationaldenkmal.
sonlaan 69, Tel. 070 3 63 40 36, www.indiancurry
house.nl).
Einkaufen
Schicke Kaufhäuer sind De Bijenkorf, das Mai-
son de Bonneterie (hier kauft die königliche Fa-
milie) sowie die Passagen Hema und Die Pas-
sage am Buitenhof.
Aktivitäten
Der nahe Freizeit- und Bungalowpark Duinrell
in Wassenaar (11 km nordöstl.) ist ein riesiger
In- und Outdoor-Spielplatz mit Bungalows, Zelt-
platz und einem tollen Wasserrutschparadies
(www.duinrell.nl; Jan.–Nov. 10.00–17.00/18.00,
Tikibad 10.00–22.00 Uhr, Erlebnispark Mitte
April–Okt. 10.00–17.00/18.00 Uhr).
Umgebung
„Den Haags Badewanne“, das 5 km entfernte
Scheveningen, begann vor über 100 Jahren
als bescheidenes Fischerdorf. Die berühmte
Seebrücke (381 m; Aussichtsturm 45 m hoch),
das Kurhaus im Jugendstil (1885) und eine Mär-
chenterrasse mit Skulpturengarten schmücken
Tipp
Blütenzauber
Im Westbroekpark, zwischen Den Haag
und Scheveningen, öffnen sich von Mitte
Mai bis Juni die Knospen der Rhododen-
dren und Azaleen im Japanischen Garten
des Landguts Clingendael. Ihnen folgen
bis in den November rund 20 000 Rosen,
die schönsten aus aller Welt. Ein Rosen-
corso huldigt ihnen am 2. Do. im Juli.
tgl. ab 12.00, Mo. ab 15.00 Uhr
Zuid-Holland ∙ Zeeland
28 – 29
den großzügigen Seeboulevard. Das Sealife-
Center am Seeboulevard ist eine Unterwasser-
Wunderwelt mit Haitunnel und Rochen-Strei-
cheln (www.sealife.nl, tgl. 10.00–19.00, Juli/
Aug. bis 20.00 Uhr). Hunderte Holländer begrü-
ßen das neue Jahr (1. Jan. 12.00 Uhr) mit dem
Nieuwjaarsduik, ein Sprung mit oranger Mütze
in die eiskalte Nordsee. Neu: Jeden 1. Fr. um
6.00 Uhr dürfen Besucher bei der Fischauktion
Scheveningen zusehen.
Information
VVV Den Haag, Spui 68, NL- BT Den Haag,
Tel. 0900 3 40 35 05, www.denhaag.nl
02 DELFT
Die alte Universitätsstadt (100 000 Einw.) ist mit
seinen Grachten und Brücken ein lebendes Bild
des Malers Jan Vermeer (17. Jh.).
Sehenswert
Der Grote Markt wird beherrscht von der
Nieuwe Kerk (14. Jh; tolle Aussicht vom Turm)
mit Mausoleum der Königsfamilie. Gegenüber
protzt das Renaissance-Rathaus (13. und 17.
Jh.) mit wuchtigem gotischen Turm. Keine opti-
sche Täuschung ist der sturzschiefe Turm (um
1450) der Oude Kerk (13. Jh.).
Museen
Das Vermeer Centrum informiert über Leben
und Werk von Delfts größtem Sohn, dem Maler
Johannes Vermeer (1632–1675), und „Meister
des Lichts“ (Voldersgracht 21; tgl. 10.00–17.00
Uhr; www.vermeerdelft.nl). Die Sammlung im
Museum Paul Tetar van Elven, u.a. alte Möbel
und Delfter Fayencen, wurde vom gleichnami-
gen Maler zusammengetragen (Koornmarkt 67;
Di.–So. 13.00–17.00 Uhr; www.museumpaultetar
vanelven.nl).
Infos
Delfter Blau – eine Legende in der Welt des Porzellans
Restaurant
Mittelalterlich holländisch schmeckt es in der
Stadsherberg De Mol aus 1563 (Molslaan 104,
Tel. 015 2 121 3 43, www.stadsherbergdemol.nl).
Einkaufen
Delft Blau produziert die Keramikfabrik Porce-
leyne Fles seit über 350 Jahren (Rotterdamse-
weg 196, www.royaldelft.com; tgl. 9.00–17.00,
im Winter 12.00–17.00 Uhr, So. geschl.)
Information
Toeristen Informatie Punt Delft,
Kerkstraat 3 (Markt), NL-2611 GX Delft,
Tel. 015 2 15 40 51, www.delft.nl
03 ROTTERDAM
Die Hafenmetropole (618 000 Einw.) ist ein fas-
zinierendes Mosaik aus modernster Architek-
tur, Welthandel und Spuren der Pilgrim Fathers,
die von hier aus die Neue Welt eroberten.
Sehenswert
Wie ein Schwan überspannt seit 1996 die Eras-
musbrug die Nieuwe Maas. Noch immer ein
Hingucker sind die Kubuswohnungen (1984)
am Oude Haven. Das Witte Huis dort war 1900
Europas erstes Hochhaus (45 m). Das Hotel
New York (Wilhelminakade) entstand um 1880
als Büro der Holland-Amerika-Lijn.
Museen
Der Museumpark, Westzeedijk, versammelt
eine Reihe neuer und alter Museen. Boijmans
Van Beuningen besitzt alte und moderne Ge-
mälde (www.boijmans.nl, Di–So. 11.00–17.00
Uhr.) Die Kunsthal zeigt Installationen und
Kunstobjekte (www.kunsthal.nl, Di.–Sa. 10.00
bis 17.00, So. ab 11.00 Uhr). Im Naturhistori-
schen Museum sind Fauna, Flora, Klima, Wet-
ter lebendig dargestellt (Di.–So. 11.00–17.00
Uhr. Im Chabot Museum sind Werke des ex-
pressionistischen Rotterdamer Künstlers Henk
Chabot (1894–1949) zu sehen (Museumpark 11;
Di.–Fr. 11.00–16.30, Sa. 11.00–17.00, So. 12.00
bis 17.00 Uhr; www.chabot museum.nl). Das
Maritiem Museum mit Museumshafen (Leu-
vehaven 1 u. 50, www.maritiemmuseum.nl, Di.
bis Sa. 10.00–17.00, So. ab 11.00 Uhr, Juli/Aug.
auch Mo.) dokumentiert Rotterdams Hafenkar-
riere. Witzig und gratis sind das Belasting &
Douane Museum (Steuer und Zoll, Parklaan
14-16, Di.–So. 11.00–17.00 Uhr) und das Open-
baarvervoermuseum (Öffentlicher Nahver-
kehr, mit Uniformen, Modellfahrzeugen, Fotos)
in der Metrostation Oostplein (Sa.,So. 11.00 bis
16.00 Uhr, www.open baarvervoermuseum.nl).
Das Nederlands Fotomuseum im ehemaligen
Speicher Las Palmas auf dem Wilhelmapier in-
formiert über die bald 190 Jahre alte (die äl-
teste erhaltene Fotografie stammt von 1826)
Geschichte der Fotografie (Wilhelminakade
332; Di.–Fr. 10.00–17.00, Sa./So. 11.00–17.00
Uhr; www.nederlandsfotomuseum.nl).
Veranstaltungen
Sommer-Karneval am letzten Juli-Wochen-
ende; Welt-Hafentage am 1. September-Wo-
chenende. Ende Sept. steigt mit dem Großen
Zapfenstreich ein dreitägiges Fest mit Straßen-
parade und Militärmusik-Festival.
Hotel
Das Maritime Hotel Rotterdam (DZ ab 70 €)
befindet sich nahe der Erasmusbrücke direkt an
der Maas (Willemskade 13, Tel. 010 2 01 09 00,
www.maritimehotel.nl).
Wie ein Schiff liegt das mit nautischen Anden-
ken ausgestattete Delta Hotel direkt am Was-
ser, wo die großen Pötte nach Rotterdam zie-
hen (Vlaardingen, Maasboulevard 15, Tel.
010 4 34 54 77, www.deltahotel.nl, DZ ab 135 €).
Restaurant
Das Zeezout (deutsch Meersalz) ist ein Fisch-
restaurant, in dem das Preis-Leistungs-Verhält-
nis noch stimmt (Nähe Fährhafen, Westerkade
11, Tel. 010 4 36 50 49, www.restaurantzee
zout.nl).
Umgebung
Schiedamm TOP ZIEL, die Stadt des Jenevers
(6 km westl.) besitzt auf den Wällen Getreide-
mühlen, die mit bis zu 55 m die höchsten der
Welt sind. Im Jenevermuseum kann man ver-
kosten und feiern (www.jenevermuseum.nl,
Lange Haven 74-76, Di.–Fr. 12.00–17.00, Sa.,
So. 12.00–18.00 Uhr). Im Stedelijk Museum sind
u.a. Gemälde der Künstlergruppe CoBrA zu se-
hen (Hoogstraat 112, www.stedelijkmuseum
schiedam.nl; Di.–So. 10.00–17.00 Uhr).
Information
VVV Rotterdam (im Hauptbahnhof)
und Rotterdam Info, Coolsingel 195–197 (Ein-
gang Binnenwegplein), NL–3012 AG Rotterdam
Tel. 010 7 90 01 85, www.rotterdam.info
04 ZIERIKZEE
Der Hauptort (11 000 Einw.) der Insel Schou-
wen-Duiveland besitzt über 500 denkmalge-
schützte Bauten wie den Sint Lievensmonster-
toren, ein mit 61 Meter Höhe die Stadtsilhou-
ette beherrschenden Turm.
Sehenswert/Museum
Drei burghafte Hafentore (14.-16. Jh.), hun-
derte Regentenhäuser, dazu die Gasthuiskerk
(14. Jh.) und kunstvolle Hausportale (Gilde-
poortjes) halten die gute alte Zeit lebendig. Das
Burgerweeshuis (Waisenhaus, Kontakt über
VVV Zierikzee) beherbergt die Regentenkam-
mer mit goldenen Ledertapeten. Das Rathaus
(1554) mit dem hölzernen Glockenturm beher-
bergt das Stadhuismuseum, das die Ge-
schichte der Stadt beleuchtet.
Veranstaltungen
Fünf Dienstage ab Ende Juli feiert der Hafen.
Am letzten August-Wochenende läutet das
Muschelfest die Schalentiersaison ein.
Restaurant
Frischen Fisch und Schalentiere, italienisch an-
gehaucht, gibt es in der Brasserie Maritime
(Nieuwe Haven 21, Tel. 0111 41 21 56).
Umgebung
Die Ortschaft Renesse mit dem bereits im Jahr
1513 errichteten Schloss Moermond (1513) ist
wegen seiner wunderschönen Sandstrände ein
beliebtes Ausflugsziel.
 Zuid-Holland ∙ Zeeland
Kapitel
<Kein(e,r)>
30 – 31

DuMont Aktiv
Information
VVV Zierikzee, Nieuwe Haven 7,
NL-4301 DJ Zierikzee, Tel. 0900 2 02 02 33,
www.zierikzee-monumentenstad.nl
Fingerfood in Zeeland
05 MIDDELBURG
Der Ort ist winzig. Aber sein Name steht für Gourmets an erster Stelle,
Zeelands Provinzhauptstadt (48 000 Einw.) lässt
wenn es um Muscheln geht. Philippine, ein Minidorf an der belgischen
noch heute die sternförmige Befestigung aus
dem 10. Jh. ahnen.
Grenze. Dafür fahren die Niederländer durch den Tunnel unter der
Westerschelde oder mit der Fähre von Vlissingen nach Breskens. Der
Sehenswert Aufwand für einen Topf Miesmuscheln spricht für sich.
Überdimensioniert spitzt die Kuppel der baro-
cken Oostkerk (17. Jh.) durch schmale Pflas-
Ganz Philippine scheint nur aus
tergassen. Das schlossähnliche spätgotische
Rathaus (15. Jh.) und die mittelalterliche Abtei
Muschelrestaurants zu bestehen.
Onze Lieve Vrouwe bilden das Herz der Stadt. Warum das so ist, weiß niemand;
denn niederländische Muscheln
Museen stammen entweder aus dem Wat-
Das Zeeuws Museum in der Abtei ist das
tenmeer oder der Oosterschelde.
größte Zeeländische Museum für Heimatkunde
(www.zeeuwsmuseum.nl; Di.–So. 11.00–17.00
Das sind die idealen Zuchtgebiete.
Uhr). Hier steht auch der Lange Jan, mit 91 m Muscheln aus dem Wattenmeer
höchster Turm der Niederlande (www.lange- werden zum Entsanden in der
janmiddelburg.nl). Im Mini Mundi verweilen Oosterschelde zwischengelagert. Muschelgenuss in Yerseke
die schönsten Gebäude der Halbinsel Walche-
ren en miniature (www.minimundi.nl; tgl. 10.00
bis 18.00, Juli/Aug. bis 20.00 Uhr).
MUSCHELN MIT POMMES Oosterschelde. Dort existiert die
Das Zentrum der Muschelzucht ist einzige Muschelauktion der Welt,
Hotel jedoch Yerseke am Südufer der in der sogar niedersächsische Mu-
De Nieuwe Doelen liegt am Rand des histori- scheln vermarktet werden. Jeweils
schen Zentrums (Loskade 3-7, hoteldenieuwe
am dritten Samstag im August ist
doelen.nl, DZ ab 103 €)
Muscheltag, an dem bis zu 10 000
Restaurant Menschen durch Yerseke strömen.
De Heeren van St. Jan bietet gehobene Küche Ein besonderer Spaß ist es, auf
auf ehemaligem Klosterterrain (St. Janstraat den Muschelkuttern auf die Oos-
34, Tel. 01 18 63 45 34).
terschelde mitzufahren und beim
Umgebung Ernten zuzuschauen. An Land be-
In Veere (7 km nordöstl.) sind das Rathaus in ginnt die Schlemmerei: Muscheln
Brabanter Spätgotik (um 1470) und die schma- im Sud aus Knoblauch oder Wein
len Gassen mit verzierten Giebelhäusern se- oder Creme Fraiche sind die Favo-
henswert. Die Schottischen Häuser (Kaai
riten. Hier kombiniert man die
25–27, April–Okt. tgl. ab 13.00 Uhr) und das
Museum Vierschaar (Wiedereröffnung 2015;
Miesmuscheln vom Meer auf den Tisch Muscheln mit Pommes Frites.
Markt 5, www.devierschaar.nl) bewahren Vee-
res Historie. Vlissingen (7 km südwestl.) ver-
strömt mit seinem Fährhafen über die Wester- WEITERE INFORMATIONEN
schelde maritime Atmosphäre. Het Arsenal, ein
unübersehbarer Piratenpark mit Seeaquarium,
ist tgl. 10.00–19.00/20.00 Uhr geöffnet (www.
Muschel-Höhepunkte: Gastronomie-Tipp:
arsenaal.com). Das ganze Land südlich der • Fischereitage Auberge des Moules
Westerschelde ist belgisch geprägt. Mitte Juli in Bruinisse Philippine
• Hafentage Tel. 0115 49 12 65
Information Ende August in Zierikzee www.aubergedesmoules.com
VVV Middelburg, Nieuwe Burg 40,
NL-4331 AH Middelburg,
• Muschelfest
Tel. 0118 65 99 00, am dritten Augustwochenende in
www.visitmiddelburg.nl Philippine
 Amsterdam und Umgebung
32 – 33

Ein perfektes
Stück
Holland
Kalendermotive werden hier lebendig.
Tulpen über Tulpen im Frühling, die in bun-
ten Bändern bis zum Horizont wallen.
Ungezählte Mühlen werfen ihre Arme in den
Wind und machen das schwer erkämpfte
Land unter den Füßen bewusst. Edam und
Gouda, diese stadtgewordenen Synonyme
für Käse, sehen und schmecken. Und wenn
der Abend dann im berauschenden Ams-
terdam ausklingen kann, dann hat der Tag
ein perfektes Holland gezeigt.

Wasser prägt die niederländische Hauptstadt Amsterdam sehr

eindrücklich. Hier ein Blick auf die Binnenamstel.
Amsterdam von seiner repräsentativen Seite (von
links oben im Uhrzeigersinn): vor dem Königlichen
Palast, das Museum Von Loon mit seiner großbür-
gerlichen Einrichtung, ein Blick in die Nieuwe Kerk
und einer der schönen Amsterdamer Giebel.

Erinnert an den Zweiten Weltkrieg: das
Nationaal Monument auf dem Dam
Die Amsterdamer Innenstadt
ist ein redseliges offenes
Buch und teilt sich unauf-
hörlich mit.
Amsterdam von seiner mittelalterlichen Seite: De Waag am Nieuwmarkt
A msterdam im 12. Jahrhundert.
Wieder einmal hatte das Meer
die Zuiderzee vollgeschwappt,
Deiche zerfetzt und Dörfer mitgerissen.
Wieder drückte diese klebrige Mi-
schung aus Salzwasser und Erde in die
Amstel und hinterließ einen dicken
Lehmteppich, der nicht ungeschickt
war für Ackerbau. Doch die ständige
Angst vor dem Untergang musste ein
Ende haben. Deshalb bauten die
Bauern, Fischer und Kaufleute gemein-
sam einen schützenden Damm in das
Mündungsdelta der Amstel. So ent-
stand Amsterdam – und der bis heute
herrschende holländische Sinn für Ge-
meinschaft und Konsens. Neun Jahr-
hunderte später gleicht die niederländi-
sche Hauptstadt einem multikulturellen
Kosmos; ein brodelnder Kochtopf aus
geschäftigen Amsterdamern, zaghaften
Touristen, schrillen Vögeln, selbstbe-
wussten Studenten und Exoten aller
Couleur. Sie alle setzen Akzente in Kü-
che, Kultur und Trenddenken. Im Laby-
rinth der einander schneidenden, kon-
zentrisch verlaufenden Grachten, Le-
bensadern gleich, rumort das Leben.
GESCHWÄTZIGE STEINE
Die Amsterdamer Innenstadt ist ein
redseliges offenes Buch und teilt sich
unaufhörlich mit. Ein Haus heißt Peli-
kaan und möchte von langen Reisen er-
Amsterdam und Umgebung
34 – 35
zählen. Ein anderes nennt sich Spitsber-
gen und erinnert an einen Winterauf-
enthalt im Eis. Namen wie Varkensluis
(Schweineschleuse) oder Melkmeisjebrug-
getje Milchmädchenbrücklein) lassen die
Fantasie schweifen. Die Magere Brücke
hingegen entstammt einer Parzellenbe-
zeichnung der Schwestern Mager. Das
Gässchen Gebedzonderend (endloses
Gebet) verdankt seinen Namen einem
spöttischen Amsterdamer und seiner
Überzeugung, es gäbe zu viele Frauenk-
löster in der Stadt.
6000 GEBÄUDE UNTER SCHUTZ
Die meisten Grachtenhäuser sehen noch
aus wie im 17. und 18. Jahrhundert.
Zwar schmal, um Steuern zu sparen,
aber hoch hinaus. Hendrick de Keyser,
Amsterdams Stadtbaumeister, prägte
die Architektur mit dem roten Back-
stein, deren Blüten an Dachfirsten und
Portalen Geschichten erzählen von Gott-
heiten, Indianern und Sklaven. Streng
waren die Auflagen. An Heren- und Kei-
zersgracht durften nur Wohlhabende
bauen, die sich den vorgeschriebenen
Stein leisten konnten. Charakteristisch
ist das Ochsenauge im Giebel, ein
kunstvoll eingerahmter Ausguck. Und:
Wer die Patrizierhäuser mit Andacht fo-
tografieren möchte, genießt vom Water-
fiets (Tretboot) aus Ruhe für die besten
Einstellungen.
Ein gläsernes Dach schützt die Gäste der Amsterdamer Hafenrundfahrten vor Wind und Wetter.

Die Magere Brug, eine berühmte Zugbrücke über die Amstel.

 Amsterdam und Umgebung
36 – 37

MILIEU ERLEBEN
Der Amsterdamer liebt „Bruine Kroe-
gen“ (vom Tabakrauch der Jahrhunderte
gedunkelte Kneipen) und „Proeflo-
kaale“, fensterlose Schläuche mit lan-
gen Theken, Kerzenlicht und blitzenden
Zapfhähnen, in denen Genever, Liköre
und Hunderte Sorten oft seltsam
schmeckenden Bieres ausgeschenkt
werden. Intimer gibt sich der Jordaan,
ein ehemaliges Künstler- und Hand-
werkerviertel aus dem 17. Jahrhundert.
Einst Brutstelle alternativer Ideologien,
ist es heute Amsterdams idyllischstes
Quartier mit Kuriosa-Lädchen, Theatern
und witzigen Cafés, einige sind nur per
Boot zu erreichen. Eine andere Milieu-
studie ergibt der Vondelpark. Die nach
dem niederländischen Dichterfürsten
Joost van den Vondel benannte Bürger-
stiftung beherbergt die schönste Ju-
gendherberge des Landes und gilt über-
wiegend orientalischen Zeitgenossen
als Raum für Meditation.

HAUPTSACHE DRAUSSEN
Rund 3000 Hausboote – von luxuriös
bis verludert – betonen die Lust des Le-
bens im Freien. Aus alten Cafés im Stil
des 18. und 19. Jahrhunderts, mit bemal-
ten Fenstern, schummrigen Nischen
Stararchitekt Renzo Piano entwarf das Gebäude des NEMO genannten Museums für und einem Lektüretisch, werden beim
Wissenschaft und Technologie. ersten Sonnenstrahl Tische und Stühle
auf die Straße geschleppt. Nur die Inter-
netcafés, teilweise mit 300 Terminals
wie das am Rembrandtplein, bevorzu-
gen Dunkelheit.

HOCH HINAUS IM SUMPF

Einst skizzierten Kirchtürme und Müh-
len am fernen Horizont das Ziel. Heute
beherrschen kühne Bauwerke die Sil-
houette. Im Osten ragen drei Kolosse in
den Himmel. Rembrandt-, Breitner- und
Mondriaanturm an der Amstel sind je-
weils mehr als hundert Meter hoch. Ar-
chitektonische Meisterleistungen, wenn
man bedenkt, dass sich wegen des
sumpfigen Untergrunds selbst ein klei-
nes Amsterdamer Haus auf mindestens
200 Pfähle krallt.
Amsterdamer Architektur, made in Fernost: Den Erweiterungsbau des berühmten
Van-Gogh-Museums plante der Japaner Kisho Kurokawa.
Utrechts Dom zählt zu den großartigsten Kirchen
des Landes.

Junge Menschen prägen Utrecht entscheidend:

Die Stadt besitzt seit 1636 eine Universität.

Utrechts Altstadt wird von der Oude und der Nieuwe Gracht durchschnitten. Lauschige
Sitzplätze direkt am Wasser machen die Oude Gracht zum bevorzugten Treff im Sommer.
 Amsterdam und Umgebung
38 – 39

UTRECHT: ALT UND IMMER JUNG

Ein wenig fühlt man sich an Amster-
dam erinnert, wenn man durch Utrecht
schlendert. Hier wie dort prägen Grach-
ten die Altstadt, schippern Ausflugs-
boote durch die Stadt und reihen sich
malerische Häuser aneinander. Das ge-
wisse Etwas erhält die Stadt, die eine
der ältesten in den Niederlanden ist,
durch die vielen Studierenden, die die
schmucken Promenadenwege und ein-
ladenden Plätze mit Leben füllen.

UND TULPEN DUFTEN DOCH

Um Haarlem und Leiden ist Tulpen-
land, im Frühling ein ganzes Meer von
Tulpenfeldern, in das Radler bis zum
Bauch eintauchen: Rot, Gelb, Orange
leuchtet es über die Felder hinweg. Aus-
geschilderte Routen, auch für Autofah-
rer, lotsen rechtwinklig durch die wo-
genden Farbfelder, dass dem Besucher
abends die Augen vom Duft der gefüll-
ten Tulpen überlaufen und er sich
selbst schon beinahe für Mondrian hält.
Der Keukenhof, das berühmte Landgut
in Lisse, in dem jedes Jahr um die Oster-
zeit mehr als sechs Millionen Zwiebel-
blumen als Mosaike und Rabatten er-
blühen, gilt vielen als Synonym für Hol-
land. Besonders Haarlem, Blumenstadt
und Endpunkt des jährlichen Blumen-
corsos ab Noordwijk, verdiente sich mit
dem Handel von Blumenzwiebeln eine
goldene Nase. Ausgewanderte Haarle-
mer haben übrigens den gleichnamigen
New Yorker Stadtteil gegründet.

FISCHER-SCHICKSALE
Der Abschlussdeich, 1932 fertiggestellt,
riegelte die Zuiderzee zum Binnensee
IJsselmeer ab. Viele erwerbslos gewor-
dene Fischer widmen sich seitdem der
Typikpflege ihrer Zuiderzee-Häfen –
dem der autofreien Insel Marken etwa,
bekannt für grün-weiße Häuschen auf
Pfählen und Warften. Nur wenige Fah-
rensleute blieben bei ihrem Handwerk
mit dem Fang der kurzen, jungen IJssel-
meer-Aale, Paling genannt und hoch-
kant im Pöttchen serviert. Mehrmals
Die 19 Windmühlen von Kinderdijk wurden zwischen 1738 und 1740 als Teil eines größeren Wasserverwaltungssystems errichtet, um Überflutungen zu
verhindern, indem man das Wasser aus der Polderlandschaft in einen höher gelegenen Fluss pumpte und so das morastige Land nutzbar machte.

Marken, bis zum Bau des Deiches eine Insel im IJsselmeer, ist heute seiner hübschen Häuser wegen ein beliebtes Ziel für Ausflüge.

Special NIEDERLÄNDISCHE MALEREI
Farbige Zeiten
Jacob van Ruisdael, Windmühle am Fluss, Privatsammlung
Das 17. Jahrhundert gilt als Blüte-
zeit der niederländischen Malerei.
Eine ganz eigene Farbigkeit tritt
hervor.
Rembrandt van Rijn ist der wohl be-
rühmteste Maler der Niederlande.
Sein Umgang mit Licht und Schatten
war meisterhaft. 1606 in Leiden ge-
boren, lebte er von 1632 bis 1669 in
Amsterdam. Auch Haarlem war Hei-
mat berühmter Maler. Neben ande-
ren stammt Frans Hals (1580–1666)
Das Freilichtmuseum in der Zaanse Schans bei Edam zeigt, wie die Menschen in der Zaan-Region im
17. und 18. Jh. wohnten und lebten.
von hier. Er gilt wegen seiner „im-
pressionistischen“ Malweise und der
Beachtung auch einfacher Menschen
in seinen Porträts und Genrebildern
als seiner Zeit voraus. Der Haarlemer
Jacob van Ruisdael (1628–1682) wird
für die weiten Blicke seiner Land-
schaftsbilder als unerreicht gerühmt.
Aus Delft stammte Johannes Ver-
meer (1632–1675). Ihm gelang es wie
wenigen anderen, Licht durch Farbe
wiederzugeben.
Amsterdam und Umgebung
40 – 41
am Tag schippert der zierliche Marken-
Express von hier hinüber nach Volen-
dam und nach Monnickendam. Volen-
dam wird am stärksten von Autover-
kehr und Bustouristen heimgesucht –
besonders am 1. Juni, wenn an der
schmalen Hafenmeile der erste Matjes-
fang angelandet, symbolisch dem König
geschenkt und dann für einen guten
Zweck versteigert wird. Viele Frauen
und Männer in diesen Dörfern tragen
die schwarze oder bunte Tracht und
Holzschuhe auch im Alltag. Jedoch nur
das in Volendam dominierende weiße
Flügelhäubchen (Het Hulletje) beweist:
Frau Antje lebt.
KULINARISCHE FÄHRTEN
Die Provinz Südholland gibt sich länd-
lich. Nach Edam am Markermeer nun
die Käseheimat Gouda; ein Stück wei-
ter, in Leerdam, der mit den Löchern.
Auch das Erbgut der ledernen Boskoop-
äpfel stammt von hier. Weltbekannt
sind die 19 Mühlen am Kinderdijk bei
Dordrecht. Wie eine Armee stehen sie
Spalier mit Flügelspannweiten bis zu
28 Metern und schützten das Land vor
dem Volllaufen. Ein Baby, während der
Flut 1421 in einem Körbchen auf dem
Wasser treibend, habe dem Ort seinen
Namen gegeben – so behauptet jeden-
falls eine Fassadenmalerei am Haus
Oost-Kinderdijk Nr. 191.
BLUMEN

Blühende Geschäfte
Aalsmeer ist eine weltweite Drehscheibe für Blumen und Zierpflanzen.
Die Stadt südlich des Großflughafens Schiphol beherbergt die größte
von sechs Blumenversteigerungen der Niederlande.
 DuMont Thema
Amsterdam und Umgebung
42 – 43

I n Aalsmeer läuft die

größte Blumenverstei-
gerung der Welt. Blu-
men, Zimmer- und Gar-
tenpflanzen von mehr
als 8000 Importeuren,
die meisten aus Kenia,
Israel, Äthiopien, Ecua-
dor, auch aus Deutsch-
land und Spanien, wer-
den hier nachts ange-
liefert, morgens an über
600 Einkäufer verstei-
gert und per Flugzeug und Kühlwagen auf Die Käufer bekommen die Blumen heute nur noch auf Fotos gezeigt,
den Weg gebracht. Was hier morgens ver- um die Kühlkette nicht zu unterbrechen.
handelt wurde, ist am Nachmittag schon in
München zu kaufen. Jede Minute wechseln
rund 4000 Schnittblumen den Besitzer, da- noch immer als besonders wertvoll, denn
von etwa 3500 Rosen; jährlich insgesamt nur Ware von höchster Qualität wird für die
circa 2,6 Milliarden Schnittblumen. Der täg- Versteigerung akzeptiert. Um die Kühlkette
liche Umsatz liegt bei 23 Millionen Euro. nicht unterbrechen zu müssen, werden nur
Die wichtigsten Exportländer sind Deutsch- Fotos der Ware auf einem großen Bildschirm
land, Großbritannien und Frankreich. präsentiert und die passende Losnummer im
Inneren des Uhrenkreises angezeigt. Dies er-
GUTE NERVEN – GUTER PREIS höhte den Verkaufstakt zusätzlich. Und auch
Blumenversteigerungen in Aalsmeer gibt es in Aalsmeer hinterließen Globalisierung und
seit über 100 Jahren. Doch die Gigantomanie IT-Technik ihre Spuren. Die meisten Käufer
der heutigen FloraHolland, vormals Verei- sitzen nicht mehr im Auktionssaal, sondern
nigte Bloemenveilingen Aalsmeer (VBA), be- ersteigern ihre Ware übers Internet.
gann 1972 mit einem riesigen Auktionskom-
plex, der zwischenzeitlich auf eine Verstei- ADRESSE & ÖFFNUNGSZEITEN
gerungsfläche von 210 000 Quadratmetern
anwuchs. Der besondere Clou: Eine Art Uhr Blumenversteigerung Mo.–Fr. 7.00–11.00 Uhr
steuert den Verkaufspreis und beginnt ab Führung, auch in Deutsch, dauert eine Stunde.
dem angepeilten Höchstpreis rückwärts zu Eintritt: 6 €, Aalsmeer, Legmeerdijk 313
ticken. Die Einkäufer stoppen die Uhr per www.floraholland.com
Knopfdruck. Je länger die Uhr tickt, umso
billiger ist die Partie. Wer zu früh drückt,
zahlt den höchsten Preis. Wer zu sehr po-
kert, geht leer aus. Insgesamt 14 Uhren in
fünf Auktionssälen führen in vier Stunden
rund 42 000 Transaktionen durch.
Zuschauer sind das ganze Jahr willkom-
men. Um 7.00 Uhr beginnt die Versteige-
rung. Quer durch den gesamten Hallenkom-
plex führt ein Netz von Hochstegen über
dem Blumenmeer, ein sich ständig verän-
derndes Farbenmosaik. Um 11.00 Uhr ist die
Halle leer; Donnerstag noch früher. Blumen,
Sträucher und Bäume aus Aalsmeer gelten
 16

18
07 08

15 17

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11
10

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06
13

01

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02
04

03
Infos
Städte schön wie Gemälde alter Meister
Internet-Cafés, plüschige Kneipen, schrille
Typen und Nadelstreifen per Rad, High-
Business und Kunst auf allen Ebenen – das
gehört zu Amsterdam. Mehr Postkartenro-
mantik strahlen Städte wie Leiden mit
Rembrandt-Motiven aus oder Gouda, Hei-
mat der goldenen Käseräder.
01 HAARLEM
Die über 750 Jahre alte Provinzhauptstadt
Noord-Hollands (155 000 Einw.), durch Tulpen,
Bier, Schiffbau und Textilindustrie zu Wohl-
stand gekommen, versammelt ihr historisches
Erbe auf einem Quadratkilometer.
Sehenswert
Um den Grote Markt reihen sich die Grote
Kerk (14.–17.Jh., Barockorgel), das Renais-
sance-Rathaus (urspr. 13. Jh.) und die Haupt-
wache (1650).
Museen
Meisterwerke holländischer Renaissance sind
De Hallen und De Vishal (Fischhalle), beide
mit wechselnder moderner Kunst (Grote Markt,
www.dehallen.nl, www.devishal.nl; Di.–Sa. 11.00
bis 17.00, So. ab 13.00 Uhr). Teylers Museum
hortet auch eine umfangreiche Kunstsamm-
lung und eine naturkundliche Abteilung; Inte-
rieur von 1784 (Spaarne 16, www.teylersmu-
seum.eu; Di.–Sa. 10.00 bis 17.00, So. ab 12.00
Uhr). Im Frans-Hals-Museum hängen die zwölf
wichtigsten Gemälde des Haarlemer Künstlers
(1580–1666, Groot Heiligland 62, www.frans
halsmuseum.nl; Di.–Sa. 11.00–17.00, So. erst
ab 12.00 Uhr).
Tipp
So teuer wie ein Haus
Carolus Clusius, Hofbotaniker in Wien,
brachte 1593 einige Tulpenzwiebeln nach
Leiden. Während man in Deutschland
vergebens versuchte, die Zwiebeln zur
Delikatesse zu erklären, lösten sie in Hol-
land einen Spekulationswahn aus, der als
„Tulpomanie“ in die Geschichte einging.
Auf dem Höhepunkt um 1633 wurde ein
einzelnes Exemplar mit 10 000 Gulden
gehandelt, dem Wert der teuersten Häu-
ser. Heute widmet sich „De Zwarte Tulp“
in Lisse der Tulpe und ihrer Kultur.
Di.–So. 13.00–17.00 Uhr,
Grachtweg 2a,
www.museumdezwartetulp.nl
Unzertrennlich: Edam und Käse
Restaurant
Very british, deftig mit Fisch, Käse und Ginger-
wine, speist man in Ma Brown’s Restaurant,
Nieuwe Groenmarkt 31, Tel. 023 5 31 58 29,
www.mabrownsrestaurant.nl.
Umgebung
Mit roten Käsekugeln und als Gemäldemotiv
erlangte Edam (50 km nordöstl.) Weltruhm und
Wohlstand. Die oft gemalte Kwakelbrücke, der
spätgotische Glockenturm (16. Jh.), auch mal
mit Popklängen, und das sturzschiefe Museum
in einem Kapitänshaus aus 1530 (Damplein 8),
stehen nah beieinander. Malerischer Käse-
markt ist jeden Mittwoch von 10.30 bis 12.30
Uhr im Juli und August an der Waage aus 1778.
Im Freilichtdorf Zaanse Schans TOP ZIEL (31
km nordöstl.) drehen sich viele Mühlen für Ge-
treide, Ölsaat und Farben und es leben die al-
ten Handwerke wieder auf (www.dezaanse
schans.nl; tgl. 10.00–17.00 Uhr).
Information
VVV Harlem, Grote Markt 2; NL–2011 RD Haarlem,
Tel. 023 5 31 73 25, www.haarlemmarketing.nl
02 LEIDEN
Die Rembrandt-Stadt (121 000 Einw.) mit der äl-
testen niederländischen Universität (1575) ist
in berühmten Gemälde-Motiven erkennbar.
Sehenswert
In den Giebelhäusern der Rapenburggracht
residieren seit Jahrhunderten royale Studen-
ten. Die St. Pieterskerk (13., 14. Jh.) ist die
Keimzelle der engwinkeligen Altstadt. Der Bo-
tanische Garten Hortus Botanicus, wo die
erste Tulpe erblühte, ist noch heute eine Lehr-
einheit der medizinischen Fakultät (www.hor
Amsterdam und Umgebung
44 – 45
tusleiden.nl; April–Okt. tgl. 10.00–18.00, sonst
tgl. außer Mo. bis 16.00 Uhr). Die Burcht
(12. Jh.), eine Ringmauer auf einem 12 m hohen
Sandberg, bietet Panoramablick.
Museen
Die Lakenhal, ehemalige Tuchhalle, zeigt be-
deutende Gemälde der Moderne (Oude Singel,
www.lakenhal.nl; Di.–Fr. 10.00–17.00, Sa.,/So.
ab 12.00 Uhr). Archäologisches aus Ägypten,
Naher Osten und frühe Niederlande, steht im
Reichsmuseum van Oudheden (Rapenburg
28, www.rmo.nl, Di.–So. 10.00–17.00 Uhr, in
den Ferien auch Mo.).
Hotel
Das Rembrandt Hotel liegt im historischen
Zentrum mit Blick auf die Mühle De Valk
(Nieuwe Beestenmarkt 10, www.rembrandt
hotel.nl, Tel. 071 5 14 42 33, DZ ab 105 €).
Umgebung
30 km Farbenpracht verspricht die Bollen-
streek zwischen Leiden und Haarlem. Der
Keukenhof (32 ha) TOP ZIEL ist der ein-
drucksvollste Zwiebelblumenpark der Welt
(Stationsweg 166 a, www.keukenhof.nl; Mitte
März bis Mitte Mai tgl. 8.00–19.30 Uhr).
Information
VVV Leiden, Visitor Centre Leiden,
Stationsweg 41, NL-2312 AT Leiden,
Tel. 071 5 16 60 00, portal.leiden.nl
03 DORDRECHT
Die älteste (1220) Stadt Hollands (119 000 Einw.),
mit noch sichtbarem Patrizier-Wohlstand, wird
von vier Wasserwegen umschlungen.
Sehenswert/Museum
Die gotische Grote Kerk (13.–17. Jh.) besitzt
ein Renaissance-Chorgestühl. Das Groot-
hoofdspoort ist Rest der mittelalterlichen
Stadtbefestigung (14. und 17. Jh.; Fotomotiv).
Das Herz des klassizistischen Rathauses
(1842; Voorstraat) stammt aus dem 16. Jh. Das
Dordrechts Museum zeigt heimische Impres-
sionisten und Gemälde der Romantik (Muse-
umstraat 40; Di.–So. 10.00–17.00 Uhr; www.
dordrechtsmuseum.nl). Einblick in ein typisches
Herrenhaus des 18./19. Jahrhunderts gibt das
Museum Simon van Gijn (Nieuwe Haven 29;
Di.–So. 11.00–17.00 Uhr; www.huisvangijn.nl).
Restaurant
Das Fisch-Restaurant De Stroper gehört zu
den 100 Besten der Niederlande. Lunchmenü
ab 25 € (Wijnbrug 1, Tel. 078 6 13 00 94, www.
destroper.com).
Infos
Müßiggang in Utrechts Oude Gracht
Umgebung
Die 19 Windmühlen (18. Jh.) von Kinderdijk
wurden von der UNESCO zum schützenswer-
ten Erbe der Welt erklärt. Der Name (dt. „Kin-
derdeich“) bezieht sich auf eine Legende, nach
der ein Kind bei einer Flut 1421 wohlbehalten
in einem Körbchen am Deich angeschwemmt
worden sein soll (Bootsrundfahrten April–Okt.,
www.kinderdijk.nl; Mitte März–Okt. tgl. 9.00
bis 17.30, Nov./Dez. tgl. 11.00–16.00 Uhr). Auch
der von Kanälen und Seen durchströmte Natio-
nale Park Biesbosch lädt zum Naturerlebnis ein.
Information
VVV Dordrecht, Spuiboulevard 99,
NL-3311 GN Dordrecht, Tel. 0900 4 63 68 88,
www.vvvdordrecht.nl
04 GOUDA
Die Herstellung von Bier, Tuch und Käse schuf
den Wohlstand von Gouda (71 000 Einw.), ei-
nem typischen holländischen Bilderbuch-
Städtchen.
Sehenswert/Museum
Das freistehende spätgotische Rathaus (1459)
auf dem dreieckigen Markt erinnert an Zucker-
bäcker-Architektur. Einzigartige Glasfenster
und Kirchenkunst überstanden in der St. Jans-
kerk (15.,16. Jh.) den protestantischen Bilder-
sturm von 1566. Sie ist mit 123 Meter die
längste Kirche der Niederlande. Das Museum
Gouda im ehemaligen Krankenhaus Het Catha-
rina Gasthuis zeigt u.a. Exponate zur Stadtge-
schichte und Wohnungseinrichtung sowie Apo-
theken- und Arztgeräte (Achter de Kerk 14, Di.
bis So. 11.00–17.00 Uhr; museumgouda.nl).
Information
VVV Gouda
Markt 35, NL–2801 JK Gouda
Tel. 0182 589110;
www.welkomingouda.nl
05 UTRECHT
Die Provinzhauptstadt (328 000) ist eine faszi-
nierende Mischung aus Metropole, Studenten-
flair und innerstädtischen Wasserwegen.
Sehenswert
Der imponierende Dom, über 600 Jahre alt, be-
sitzt mit 112 m den höchsten Kirchturm der
Niederlande. Einmalig sind die zwei Etagen der
Oude Gracht mit Cafés und Restaurants in al-
ten Lagerhäusern unter der Straße.
Museen
Nach musizierenden Dreschmaschinen klingt
es im Drehorgelmuseum Speelkloks tot Piere-
ment (Steenweg 6, www.museumspeelklok.nl,
Di.–So. 10.00–17.00 Uhr). Kunst aller Gattungen
wird im Centraal Museum gezeigt (Nicolaas-
kerkhof 10, www.centraalmuseum.nl; Di.–So,
11.00–17.00 Uhr). Gegenüber hortet das Dick-
Bruna-Huis die Illustrationen des gleichnami-
gen Künstlers, Erfinder des Häschens Nijntje
(Di.–So. 11.00–17.00 Uhr, www.centraalmuseum.
nl). UNESCO-Welterbe ist das würfelförmige
Rietveld-Schröderhuis (1924) des Architekten
Gerrit Rietveld (Prins Hendriklaan 50, www.riet
veldschroederhuis.nl; Mi.–So. 11.00–17.00 Uhr).
Hotel
Zwischen Luxushotels glänzt das Strowis, ein
charmantes Hostel in einem Haus aus dem 17.
Jh., das eine Stiftung vor dem Verfall gerettet
hat (Boothstraat 8, Tel. 030 2 38 02 80, www.
strowis.nl; Mehrpersonenzimmer p.P. ab 20 €,
DZ 72 €).
Restaurant
Im Paradijs speisen Feinschmecker-Chinesen
und Studenten der nahen Musikhochschule ex-
zellent und preiswert (Vredenburg 28,Tel. 030
2 31 62 36).
Das Aal Restaurant bietet internationale Ge-
richte an. Innen genießt man diese in einem
traditionellen Grachtenkeller aus dem 14. Jh.;
schön sitzt man aber auch auf der Außenter-
rasse direkt neben der Gracht (Oudegracht aan
de Werf 159; Tel. 030 2334826; www.aalrestau
rant.nl).
Einkaufen
Atemberaubendes Shopping verspricht Hoog
Catherijne, eines der größten Einkaufscenter
Europas.
Umgebung
Die nur scheinbar unspektakuläre Stadt Amers-
foot (27 km östl.) versteckt ihr intimes Alt-
stadtquartier hinter einem doppelten mittelal-
terlichen Befestigungsring. Das Kamperbinnen-
poort (13. Jh.), ältestes Stadttor, führt zur Grote
Kerk (13.–16. Jh.). Prunkstück für Kunstfreunde
ist das Piet Mondriaanhuis, das Geburtshaus
(1872–1944) des bekannten Malers, mit den
wichtigsten Exponaten seines Schaffens (Kor-
tegracht 11, www.mondriaanhuis.nl; Di–Fr. 11.00
bis 17.00 Uhr; Sa./So. ab 12.00 Uhr), Die Kunst-
VaarRoute besucht per Grachtenboot (Apr. bis
Nov.) Künstler, ihre Werke und Motive.
Bunschoten-Spakenburg (35 km nördl.) ist
der Heimathafen der Botter, hölzerne Flachbo-
densegler. Einzigartig ist der sogenannte Kra-
plapp, der steife Trachtenkragen der Spaken-
burgerin auch im Alltag.
Information
VVV Utrecht, Domplein 9, NL-3512 JC Utrecht,
Tel. 0900 1 28 87 32, www.bezoek–utrecht.nl
06 – 18 AMSTERDAM
Die Hauptstadt der Niederlande (809 000 Einw.)
TOP ZIEL schluckt ihre Besucher als multikul-
tureller Koloss, der kitschige Erwartungen er-
füllt und gleich ad absurdum führt. Nichts ist
normal. Alles ist erregend. Vieles verblüfft. Au-
gen auf und durch.
Sehenswert
Der 17 Königliche Palast am Dam (17. Jh.;
Juni–Aug. tgl. 11.00–17.00, ab Sept. Di.–So.
12.00–17.00 Uhr) steht auf 13 658 Schweizer Ei-
chenpfählen. Nebenan, die Nieuwe Kerk (15. Jh.)
Das „Magna Plaza“ in Amsterdam
 Amsterdam und Umgebung
Kapitel
<Kein(e,r)>
46 – 47

DuMont Aktiv
ist die Krönungskirche der Oranier. In der 15
Herengracht, einst Amsterdams vornehmste
Straße, stehen mit 8 m Breite die schmalsten
Häuser. Als nicht weniger fein galt die 16 Prin-
sengracht; vom 85 m hohen Turm der Wester-
kerk, „Langer Jan“ genannt, bietet sich ein
Rembrandts Brücken
prächtiger Stadtblick. Der 11 Munttoren
(Münzturm) von 1627 beeindruckt als markan- Rembrandt würde sich nicht fremd fühlen im heutigen Leiden. Noch
tes Überbleibsel der mittelalterlichen Stadt-
immer spannen sich ungezählte Brücklein über die aufgefieselten Was-
mauer. Die 18 Beurs van Berlage (1903) gilt als
Meisterstück des Backstein-Architekten Hen-
ser des Rhein-Altarms. Folgen wir den Spuren des Meisters vom Bahn-
drik Petrus Berlage, ein Semper-Schüler (Beurs- hof zum Korte Galgenwater, einst mittelalterliche Richtstätte.
plein; www.beursvanberlage.nl; Mo.–Sa. 9.00
bis 17.00, So. ab 11.00 Uhr). KNSM-Eiland, eine In der hier ansässigen „Stadstim-
futuristische Wohninsel im Fluss IJ, ist die Re-
merwerf“ von 1612 vermuten die
naissance eines Ostindien-Clipper-Hafen.
Leidener Rembrandts Werkstatt.
Museen Schon als Kind habe er von sei-
Im 12 Rijksmuseum hängt Rembrandts Nacht- nem Elternhaus übers Wasser ge-
wache (Museumstraat 1, www.rijksmuseum.nl, schaut, auch auf die Mühle „De
tgl. 9.00–17.00 Uhr). Impressionisten-Fans sind
Put“, deren Vorgängerbau Rem-
im 13 Van Gogh-Museum (tgl. 10.00–18.00,
Fr. bis 22.00 Uhr, www.vangoghmuseum.nl)
brandts Großvater gehörte.
und im 06 Stedelijk Museum gut bedient
(Museumplein 10, www.stedelijk.nl; tgl. 10.00 ZU HÖHEREM BERUFEN
bis 18.00, Do. bis 22.00 r). Im 09 Rembrandt- Auf der Hälfte der Groenhazen- Rembrandts Blick ruht auf Leiden.
huis verbrachte der Leidener Künstler fast 20
gracht, Quartier der Prostituierten
Jahre; hier hängen mehr als 200 seiner Radie-
rungen und Zeichnungen (Jodenbreestraat 4,
„Grünes Häschen“, markiert das nerzeit Treffpunkt der bedeutend-
www. rembrandthuis.nl, tgl. 10.00–18.00 Uhr). Stadttor Doelenpoort das Übungs- sten Gelehrten, sah Rembrandt
07 NEMO, in der Form eines halben Ozean- gelände der Schützengilde, ver- nur von Außen. Er versuchte sich
kreuzers, erklärt Wissenschaft und Technik inter- ewigt in Rembrandts „Nachtwa- 1614–1620 in der Lateinschule
aktiv (Oosterdok 2, www.e-nemo.nl, Di.–So.
che“. Vorbei an Leidens Pracht- (rote Fensterläden am Treppengie-
10.00–17.00 Uhr, Juni–Sept. tgl.). Das 08 Schiff-
fahrtsmuseum ist eines der weltgrößten (Kat-
gracht Rapenburg kommt man bel) Ecke Schoolsteeg im Pieters-
tenburgerplein, www.hetscheepvaartmuseum. zum Hortus Botanicus, wo zu quartier, schwänzte aber das letzte
nl; tgl. 9.00–17.30 Uhr, im Sommer teils auch Rembrandts Knabenzeit die ers- Jahr und zog – zu Höherem beru-
Mo. geöffnet). 16 Anne Frank Huis liegt an ten Tulpen erblühten. Die älteste fen – von dannen. Zu seiner Zeit
der Prinsengracht Nr. 263 (Nov.–März tgl. 9.00
Universität der Niederlande, sei- war die Lakenhall, heute Gemälde-
bis 19.00, Sa. bis 22.00, Apr.–Okt. 9.00–21.00,
Sa. bis 22.00, Juli/Aug. tgl. bis 22.00 Uhr,
galerie, noch die Tuchhalle. Auch
www.annefrank.org). die noch 35 Hofjes, einst die Tu-
gend alleinstehender Damen be-
Veranstaltungen hütenden Wohnhöfe, gab es
Die Opern- und Ballettaufführungen der 10
schon. Nicht mehr erlebt hat er
Stopera am Waterlooplein beeindrucken mit
einer extrabreiten Bühne, um die die Zu-
wohl die hübscheste Ausrede fürs
schauer wie in einer Arena Platz nehmen (Kar- Zuspätkommen am Zusammen-
ten- und Programminfo unter Tel. 020 5518117 fluss von Oude und Jonge Rijn.
oder operaballet.nl, Amstel 3). Im 14 Vondel- Man sei in der Kneipe „Annis Ver-
park laufen von Mai–Aug. kostenlose Open-
jaardag“, bei Annis Geburtstag
Air-Musik- und Theaterfestivals. Jährlich wie-
derkehrende Festivals findet man unter:
Hier sah der Meister die Tulpen blühen. hängen geblieben.
www.amsterdam.nl, Stichwort evenementen
en herdenkingen.
WEITERE INFORMATIONEN
Information
VVV Amsterdam, Stationsplein 10
NL-1012 AB Amsterdam, Die Gilde Leiden bietet Stadtführungen auf Rembrandts Spuren ein-
Tel. 020 7 02 60 00, schließlich Lunch und Museumsbesuch ab 15,50 € an. Tel. 06 12 20 91 20
www.iamsterdam.com Mo.–Fr., 9.00–17.00 Uhr, www.gildeleiden.nl
 Norden und IJsselmeer
48 – 49

Kampf ums
Land
Im Norden Hollands und rund ums IJsselmeer
spielt der spannende Wettstreit zwischen
Mensch und Wasser. Es sind Geschichten von
Reichtum und Leidenschaft, von Pioniergeist
und Toleranz, bei der sich Holländer und
Friesen blutige Nasen holten. Doch als
Lebenskünstler verwandeln sie Wasser zu
Tulpenfeldern und abgelegene Inseln zu Fest-
land. Sie bauen Berge auf dem platten Land
und zähmen einen für seine Unberechenbar-
keit bekannten Meeresbusen.

Immer hart am Wind: In Sneek findet jährlich Anfang August

eine bedeutende Regatta statt.
Wie haben die Menschen vor gut 100 Jahren ge- in den bildhübschen Wohnhäusern spiegelt sich der Glanz der alten Handels- und Fischerstadt
lebt? Das zeigt das Zuiderzeemuseum Enkhuizen. Enkhuizen wieder.

Möwen schreien, Taue knarren, ein buntes Gewirr von Schiffen wogt mit den Wellen, der Wind wispert vom Aufbruch in die Ferne:
Der wuchtige Doppelturm Dromedaris ist das Wahrzeichen des Enkhuizer Hafens.

„Stahlmeer“, ein Kunstprojekt in den Dünen
von Wijk aan Zee.
D IN DER HEIMAT DER VOC
ie Provinz Noord-Holland
schmeichelt sich seit einigen
Jahren als Halbinsel Holland –
umspült von Nordsee, Wattenmeer und
IJsselmeer. Im Westen der Niederlande
malmt die Nordsee breite Sandstrände.
Über 100 Jahre alt sind die meisten Ba-
deorte und lang die Liste der prominen-
ten Gäste von anno dazumal. Heute
plantschen hier Familien mit ihren Kin-
dern im sanft abfallenden Wasser, sie
bauen Sandburgen, surfen auf den Wel-
lenbergen hinter der Brandung mit See-
hunden um die Wette und träumen
vom Sommer, der nie vergeht. Übri-
gens: Mit Ausnahme von Bergen kenn-
zeichnet das „... aan Zee“ die früheren
Hafenviertel der tiefer im Land liegen-
den Wohndörfer.
Der teilweise bewaldete Dünengürtel
zieht sich fast die gesamte Nordsee-
küste entlang. Flora und Fauna schufen
idyllische Nischen und die beschilder-
ten Radwege Alternativen zum Strand-
leben. Jenseits der Dünen markieren
Deichrippen, Entwässerungskanäle und
Namen wie Beemster, Wormer, Scher-
mer und Wieringermeer die ehemals
riesigen Wasserflächen des 16. Jahrhun-
derts. Heute grasen hier – teilweise
mehrere Meter unter Straßenniveau –
Schäfchen und Kühe und es gedeihen
leckere Kartoffeln der Sorte Opper-
doezer Ronde.
Zwischen Küste und Stadt erstreckt sich in Bergen aan Zee eine zauberhafte Dünenlandschaft,
die über weite Teile von Pinien und Heidekraut bedeckt ist.
Noch heute spiegeln Hoorn, Enkhuizen
und Medemblik mit verzierten Fassa-
den und Giebeln den Reichtum der
Kaufleute wider, die sich der VOC (Ver-
einigte Ostindische Compagnie) ange-
schlossen hatten. Vor allem Enkhuizen
hält mit seinem Zuiderzeemuseum die
Vergangenheit lebendig. Etwa 130, in
Zuiderzee-Dörfern zerlegte und hier
wieder aufgebaute Häuser romantisie-
ren das Leben der Vorfahren.
EIN MEER WIRD BINNENSEE
Einst war die Zuiderzee („Südliche See“)
eine Meeresbucht. 1929 begann man
mit dem Bau des Abschlussdeichs an
Der bewaldete Dünengürtel
zieht sich fast die gesamte
Nordseeküste entlang.
sechs seichten Stellen und einer künstli-
chen Betoninsel in der Mitte. Rund 500
Schiffe und Schleppkähne legten rie-
sige Matten aus Weidenruten aus, da-
mit Steine und Träger nicht im Meeres-
grund versanken. Am 28. Mai 1932 war
mit Schließung des Deiches die Zuider-
Norden und IJsselmeer
50 – 51
zee ein Binnensee geworden, das IJssel-
meer. Zwei Schleusen halten den Weg in
die Nordsee offen für Schiffe und für
Aale. Kosten: rund 60 Millionen Gulden
(36 700 Euro). Länge: 32 Kilometer. Rund
10 000 Autos befahren täglich den Deich.
DAUERKAMPF MIT DEM WASSER
Ob der Kampf gegen das Wasser end-
gültig gelungen ist, daran zweifeln viele
Umweltforscher. Nicht ohne Grund sto-
cken die Niederländer ihre Deiche per-
manent auf und versuchen sich mit
Hilfe der Sturmflutwehre abzusichern.
Immer wieder traten Flüsse über die
Ufer, rissen Deiche, verschlang das Was-
ser Dörfer und Städte, tötete Menschen
und Tiere und vernichtete Ernten. Die
Bilanz des jahrhundertelangen Kamp-
fes gegen das Wasser sieht ernüchternd
aus: 520 400 Hektar seit dem 13. Jahr-
hundert durch Trockenlegung gewon-
nen, aber 566 600 Hektar im gleichen
Zeitraum verloren.
Bei Frost erschafft das zugefrorene IJsselmeer die bizzarsten Formen ...

.... etwas sortierter mag es der Mensch, so im modernen Lelystad.

 Norden und IJsselmeer
52 – 53

Tierische Begegnung im Naturpark Lelystad

„IJsselmeer und Wattenmeer erlauben

einen gezähmten Vorgeschmack auf
die raue Nordsee.“
Lemmer, ein wichtiger Binnenhafen am IJsselmeer, besitzt mit der Windmühle Woudegemaal einen besonderen Blickfang.

Hindeloopens Schleusenhaus passieren Schiffe schon seit 1619. Ihre größte Blüte erlebte die Stadt Auch im kleinsten Städtchen Frieslands, in
während der Kolonialzeit. Sloten, dreht sich eine Windmühle.

In den Häfen wirken sie behäbig und gemütlich – aber bei den beliebten Regatten zeigen die
Platt bodenschiffe ein anderes Gesicht.
Special ENTDECKUNGEN
Hoorn wie
Kap Hoorn
Sir Francis Drake hat als Frei-
beuter die Erde umsegelt, West-
indien erreicht, eine Seestraße
trägt seinen Namen. Eine seiner
Entdeckungen aber wurde ihm
aus Gründen der Staatsraison
nicht zugestanden.
Mut und Pioniergeist bewegten
Kapitän Willem Schouten im
Jahre 1616, als Erster die Süd-
spitze von Feuerland zu um-
segeln. Er benannte das steile Vor-
gebirge nach seiner Heimatstadt
an der Zuiderzee: Hoorn. Erst viel
später wurde bekannt, dass Sir
Francis Drake bereits 1578 sein
Schiff erfolgreich um diese Klip-
pen gelenkt und sie in Verehrung
für Queen Elizabeth I. „Kap Eliza-
betha“ benannt hatte. Weil aber
die Queen die Entdeckung dieses
neuen Seewegs zum Staatsge-
heimnis erklären ließ, blieb es bei
Willem Schoutens Vermächtnis
und dem Ruhm für Hoorn.
SEIN BUNTES WUNDER ERLEBEN
Wer bisher den Keukenhof in Südhol-
land für den Nabel der Tulpenzucht
hielt, wird im April und Mai in Nord-
holland sein buntes Wunder erleben.
Rund um den Polder Anna Paulowna
befindet sich das größte Zwiebelblu-
men-Anbaugebiet der Welt. Einen gan-
zen Tag lang kann man sich per Auto
oder Rad die Augen trunken gucken.
Während der Blüte wetteifern die Orte
Breezand, Limmen, Winkel und Zwaag-
dijk mit berauschenden Blumenfesti-
vals und Mosaiken aus Blütenkelchen.
HOLLAND ODER FRIESLAND?
West-Friesland steht in den Karten zwi-
schen Schagen und Enkhuizen. Das är-
gert die Friesen noch heute, die über
Jahrhunderte mit den Holländern spin-
nefeind waren. Tatsächlich war der Os-
ten von Noord-Holland einst der Wes-
ten von Friesland. Frieslands herz-
lichste Begrüßung flattert. Die sieben
Herzen auf der Fahne sind allerdings
Seerosen und symbolisieren die sieben
freien friesischen Seelande, Wiege auch
der deutschen Friesen. Für Wassersport-
freunde bilden die friesischen Seen und
Wasserstraßen die beliebteste Urlaubs-
region der Niederlande. IJsselmeer und
Wattenmeer erlauben einen gezähmten
Vorgeschmack auf die raue Nordsee.
Selbst ohne Sportbootführerschein darf
Norden und IJsselmeer
54 – 55
Zwei achteckige Verteidigungstürme mit Zwi-
schenbau bilden das Wassertor von Sneek.
man mit dem Kajütboot auf Kanälen
und Seen schippern. Festmachen ist
überall erlaubt, wo es nicht ausdrück-
lich verboten ist; auch mal in der Stadt,
um schnell Butter und Käse zu kaufen.
Friesland ist Bauernland. Rote Dächer,
schwarzbunte Kühe und inmitten wei-
ter grüner Weiden unter dem hohen
Himmel wuchtige Bauernhöfe gravie-
ren sich in die Erinnerung wie Ge-
mälde. Je höher das Uilebord, umso rei-
cher der Bauer. Der Brauch, den Haus-
giebel mit hölzernem Dreieck so zu
verschließen, dass noch eine Eule zur
Mäusejagd durchpasst, stammt aus dem
15. Jahrhundert. Die Ornamente symbo-
lisieren Handfestes. Umgekehrtes
Schnapsglas: Haus ist bezahlt. Grüne
Harfe: Haus ist gemietet. Schwäne:
Recht zur Schwanenzucht. Frosch: Tod.
Tulpe: Hoffnung.
EISIGE ELFSTEDETOCHT
Wenigstens zehn Tage muss es knackig
kalt gewesen sein, damit die 200
Kilometer lange Elf-Städte-Tour stattfin-
den kann. Bis zu 20 000 Eisläufer lockt
es zum Eismarathon auf Frieslands Ka-
nälen. Start ist 5.30 Uhr in Leeuwarden,
Stationen sind Dokkum, Sneek, IJlst,
Sloten, Stavoren, Hindeloopen, Wor-
kum, Bolsward, Harlingen und Frane-
ker. Der Rekord liegt bei unter sieben
Stunden.
DER KAMPF GEGEN DAS WASSER

Jahrhundertprojekt Deltaplan
Nach der verheerenden Sturmflut von 1953 starteten die Niederlande
das Delta-Projekt, ein System aus Dämmen, Brücken und Sturmflut-
wehren, wie es die Welt vorher noch nie gesehen hatte.
 DuMont Thema
Norden und IJsselmeer
56 – 57

E s war der 1. Februar 1953, als eine gewal-

tige Überschwemmung die gesamte Provinz
Zeeland unter Wasser setzte. Die Deiche brö-
ckelten weg wie eingetunkter Streuselku-
chen. Innerhalb weniger Stunden wurde
vernichtet, was über Jahrhunderte aufge-
baut war. Mehr als 1800 Menschen ertran-
ken; 70 000 wurden evakuiert. Über Wochen
fand man angeschwemmte Leichen und
Tierkadaver. 20 Tage später gründete sich
die Delta-Kommission zum Schutz der Pro-
vinzen Zeeland und Zuid-Holland.
Das erste Sturmflutwehr entstand 1958 in
der Hollandse Ijssel, östlich Rotterdams. Links die gewaltigen Tore des Oosterschelde-Küstenschutzes, oben
Zwischen zwei 44 Meter hohen Türmen kämpfen sich die Radlerinnen auf den herkömmlichen Hochwasser-
schutz: einen Deich.
hängen zwei bewegliche stählerne jeweils
80 Meter breite Hubtore, die sich bei Sturm-
flut schließen und den Fluss abriegeln. vor Ort produzierten. Bis 1986 dauerte der
Senkkästen in den Abmessungen eines sie- Bau des Sturmflutwehrs mit 62 gigantischen
benstöckigen Hochhauses bildeten ab 1959 beweglichen Toren, die bei Gefahr innerhalb
das Fundament mehrerer Dämme zwischen einer Stunde geschlossen werden können.
den Inseln Walcheren, Nord- und Südbeve- Als letztes Großprojekt entstand zum
land. Der Bau des 4,5 km langen Ha- Schutz der Rotterdamer die „Maeslandke-
ringvlietdamms zwischen Goeree und ring“. Diese Wassersperre besteht aus zwei
Voorne dauert 14 Jahre. 100 000 Betonblöcke viertelrunden Torsegmenten, jeweils von
sichern das Fundament gegen die ankom- der Größe des Eiffelturms, die bei Gefahr
menden Wasser aus Rhein und Maas. aus dem Trockendock an Land fahren und
sich in die Mitte des Nieuwe Waterwegs
TORE HOCH WIE DER EIFFELTURM schließen.
Die Abriegelung des 6,5 km langen Brou-
wershavense Gat war die Generalprobe für
die Abriegelung der Oosterschelde, das
schwierigste Teilprojekt mit über acht Kilo- FAKTEN
meter Distanz und bis zu 40 Metern Tiefe.
Auf drei Sandbänken wurden Arbeitsinseln Adresse & Öffnungszeiten
angelegt, die Senkkästen und Betonblöcke Die Delta Expo im Kontrollzentrum des Sturmflutwehrs der
Oosterschelde erklärt die Finessen des Deltaplans.

Deltapark Neeltje Jans, Eiland Neeltje Jans

Faelweg 5, 4354 RB Vrouwenpolder, Tel. 0111 65 56 55
April–Okt. tgl. 10.00–17.00 Uhr

www.neeltjejans.nl

1953: Die Deiche bröckelten weg wie

eingetunkter Streuselkuchen …
 04

05
02
03

01

06
Infos
Dünen, Wasser, Meeresstrand
Zwischen dem Fährhafen IJmuiden und Den
Helder reihen sich die Ferienorte, und der
Dünengürtel bildet ein Naturreservat mit
Wäldchen, kleinen Seen und wilden Orchi-
deen. Traditionsreiche Städte haben sich
rund ums IJsselmeer bewahrt. Vor Hoorn
dümpeln Traditionssegler, in Enkhuizen le-
gen Segelschiffe ab. Freilichtmuseen und
auch die Bataviawerft bringen das Leben
aus längst vergangenen Zeiten näher.
01 ALKMAAR
Die über 400 historischen Bauten der Käse-
stadt (94 850 Einw.) sollte man mit einem
Stadtführer besuchen. Unterwegs zwinkert
Rudi Carell als Büste.
Sehenswert
Der Akzisturm (1622) in der Bierkade wurde
1924 bei gehendem Uhrwerk um vier Meter
versetzt. Prächtige Patrizierhäuser, Treppen-
und Halsgiebel, vornehme Portale, die Fisch-
halle und das Rathaus (16. und 17. Jh.) mit
spätgotischem Turm versammeln sich in der
von Grachten umrahmten Altstadt. St. Lau-
rens (1470-1516) ist die größte spätgotische
Kirchen Noordhollands. Der traditionelle Käse-
markt findet Freitags von April bis August statt
(10.00–12.30 Uhr, www.kaasmarkt.nl).
Museen
Käse-Handwerkszeug aus mehreren Jahrhun-
derten stapeln sich im Käsemuseum in der
Waage (www.kaasmuseum.nl; April–Okt. Mo.
bis Sa. 10.00–16.00, während des Käsemarktes
ab 9.00; im Winter nur Sa. 10.00–16.00 Uhr).
Durst meldet sich im nahen Biermuseum
(www.biermuseum.nl, Mo. bis Sa. 13.00–16.00,
während des Käsemarktes ab 10.00 Uhr). Im
Stedelijk Museum präsentieren sich Alkmaars
Stadtgeschichte und sehr moderne Malerei (Ca-
nadaplein 1, www.stedelijk museumalkmaar.nl,
Di.–So. 10.00–17.00 Uhr).
Umgebung
Die Broeker Veiling (weltälteste Gemüsever-
steigerung bis 1973) in Broek op Langedijk ist
ein Freilichtmuseum auf Tausenden von Insel-
chen (www.broekerveiling.nl, April–Okt. Di.–So.
10.00–17.00, Juli/Aug. auch Mo., Nov.–März
Mi.–Sa. 10.00–17.00 Uhr). 9 km östlich öffnet
die Museumsmühle Schermerhorn (April bis
Aug. tgl. 10.00–18.00, Sept./Okt. bis 17.00 Uhr).
Das als Künstlerkolonie entstandene Dorf Ber-
gen (2 km nördl.), einst Sommerfrische für
Wohlhabende, frönt den schönen Musen bis
heute mit Kunstmärkten, Galerien und Musik-
festivals. Das Meeresaquarium (www.zeeaqua-
rium,nl, Apr.–Sept. tgl. 10.00 bis 18.00, Okt.–
Fassadenschmuck in Alkmaar
März 11.00–17.00 Uhr) ordnet seine 44 Aqua-
rien nach vier Lebensräumen. Spannend für
Kinder. Das Fischerdorf Egmond aan Zee mit
seinem Leuchtturm Jan van Speyk ist seit über
100 Jahren ein Lieblingsort für Deutsche. Das
Naturschutzgebiet Het Zwanewater südlich
von Callantsoog, biologischer Garten und zu-
gleich Vogelparadies, ergänzt das Strandleben.
Im Frühling blühen wilde Hyazinthen im Reser-
vat Het Wildrijk, westl. St. Maartensvlotbrug.
Information
VVV Alkmaar, Waagplein 2, NL-1811 JP Alkmaar,
Tel. 072 5 11 42 84, www.vvvalkmaar.nl
02 HOORN
Fast vollständig erhalten blieben Altstadtquar-
tier und Hafen der im 16./17. Jh. wohlhabenden
Seehandels- und Kaufmannsstadt (71 000 Einw.).
Sehenswert
In den Arkaden der wappengeschmückten
Waage von 1609 trinkt man sein Kopje Koffie.
Die Grote Kerk (1883) ist heute Kauf- und Ap-
partementhaus. Das Alte Rathaus stammt aus
1613. Der halbrunde Verteidigungsturm Hoofd-
toren (1532) bewacht den Hafen.
Museen
Bunt bemalte Löwen am Giebel krönen das
Westfries Museum (Rode Steen 1, www.wfm.
nl; Mo.–Fr. 11.00–17.00, Sa./So. ab 13.00 Uhr,
Nov.–März Mo. geschl.). Die Museumsbahn
lädt zu einer Kombitour mit dem Schiff bis Enk-
huizen und zurück (www.museumstoomtram.nl,
Apr.–Okt. mehrmals tägl.)
Hotel
Die familiäre Herberge De Posthoorn liegt nah
am Hafen (www.hotelposthoorn.nl, Tel. 0229
21 40 57, DZ 78 €).
Norden und IJsselmeer
58 – 59
Restaurant
De Rooje Kip (Der rote Hahn) bietet Urhollän-
disches (Breed 25–27, Tel. 02 29 26 66 20; www.
derooiekip.nl).
Information
VVV ANWB Hoorn,
Roode Steen 1, 1621 CV HOORN NH
Tel. 06 33 33 04 20
03 ENKHUIZEN
Enkhuizer Übersee-Kaufleute und der Herings-
fang verhalfen der Stadt (18 000 Einw.) im
17. Jh. zu Wohlstand und Bedeutung.
Sehenswert
Der Hafenturm Dromedaris aus dem 16. Jh.,
einst Jugendherberge, ist heute ein Kulturzen-
trum. Inmitten der vielen historischen Ge-
bäude stehen die Wes terkerk (15. und 16. Jh.;
Chorschranken von 1542), die Zuiderkerk (15.
Jh.) und das Rathaus (17. Jh.).
Museen
Laienspieler werkeln im Museumspark des
Zuiderzeemuseums TOP ZIEL in Dorf- und
Werkstattens embles wie zwischen 1880 und
1930. Themen des angeschlossenen Binnen-
museums sind Fischfang, Schifffahrt und lo-
kale Kultur (tgl. 10.00–17.00 Uhr, www.zuider-
zeemuseum.nl; das Außenmuseum ist von Nov.
Tipp
Polder für Polder
1873 begann eine staatliche Kommission
Projekte zur Landgewinnung zu entwi -
ckeln. Knapp 20 Jahre später präsen-
tierte der Ingenieur Cornelis Lely (1854
bis 1929) seine heute fast eins zu eins
umgesetzten Vorstellungen des Zuider-
zee-Projektes: ein Abschlussdeich von
der nordholländischen Küste über die In-
sel Wieringen bis zur friesischen Küste.
Danach sollte Polder für Polder das Was-
ser aus großen Teilen des IJsselmeers ge-
pumpt werden. Der Startschuss zur Rea-
lisierung des Projektes erfolgte erst
1917. Und Lely? Bleibt unvergessen –
sein Name lebt in der Provinzhauptstadt
von Flevoland weiter: Lelystad. Das dor-
tige Nieuw Land Erfgoedcentrum doku-
mentiert die Eindeichung der Zuiderzee.
Di.–Fr. 10.00–17.00, Sa., So. ab 11.30 Uhr,
Juli/Aug. tgl., www.nieuwlanderfgoed.nl
Infos
bis März geschl.). Das Buddelschiff- Museum
(Flessenscheepjesmuseum) ist ein ehrenamtli-
ches Projekt (Zuiderspui 1, tgl. 12.00–17.00 Uhr).
Spaß für kleine Leute verspricht der Märchen-
park Sprookjeswonderland (April–Okt. tgl. 10.00
bis 17.30 Uhr, www.sprookjeswonderland.nl).
Veranstaltungen
Die Zuiderzee-Tage offerieren Markt und Trö-
del (Mitte Juli–Mitte Aug. Do.). Fischversteige-
rung am Hafen (Mo.–Fr. 15.00 Uhr), in dem tra-
ditionelle Segelschiffe mit Gästen ablegen (Tel.
088 25250 00, www.naupar.nl).
Hotel
Das familiäre Hotel Suydersee liegt mitten im
Zentrum (Koltermanstraat 7, Tel. 0228 31 63 81,
www.suyderseehotel.nl, DZ ab 99 €).
Restaurant
Das nautische Interieur im Markerwaard macht
Appetit auf Niederlän disches (Dijk 62, Tel. 0228
32 15 70; www.restaurant-markerwaard.nl).
Information
VVV Enkhuizen, Tussen twee Havens 1,
NL-1601 EM Enkhuizen, Tel. 0228 31 31 64,
www.vvvenkhuizen.nl
04 SNEEK
Das alte Festungsstädtchen (33 600 Einw.) war
und ist ein Knotenpunkt für Schiffsverkehr auf
den Friesischen Seen; ständig hebt sich eine
der Brücken.
Sehenswert
Das Waterpoort (Wassertor), Rest der alten
Stadtbefestigung, wurde 1613 zum Renais-
sance-Schlösschen herausgeputzt.
Museum
Das Fries Scheepvaartmuseum zeigt eine
Sammlung von Schiffsmodellen und Gemälden
über die friesische Schifffahrt. (Kleinzand 14,
www.friesscheepvaartmuseum.nl, Mo.–Sa. 10.00
bis 17.00, So. 12.00–17.00 Uhr). In der Martini-
kirche (Keimzelle auf einer Warft) spielt eine
Arp-Schnitger-Orgel. Im Rokoko-Rathaus
(Urspr. 15. Jh.) wird stilvoll geheiratet. Im Bahn-
hof zuckeln auch Modelleisenbahnen.
Veranstaltung
Die Sneekweek (1. Wo. Anf. Aug.) ist eines der
größten Seglertreffen Europas.
Hotel
Hotel De Wijnberg (gegenüber VVV) betreibt
auch eine Brasserie (Marktstraat 23, Tel. 0515
41 24 21, www.hoteldewijnberg.nl; DZ ab 75 €).
Museumskleinbahn von Hoorn nach Membelik mit Dampferanschluss nach Enkhuizen
Restaurant
Das Klein Java mit nostalgischem Flair ist be-
kannt (Feinschmecker-Atlas LEKKER) für seine
Indonesischen Reis-Tafeln (Wijde Noorder-
horne 18, Tel. 0515 43 24 98, www.kleinjava.nl).
Umgebung
Vier Museumsdörfer laden unter dem Begriff
Aldfaerserf (Vorväters Erbe) zu einer kulturhis-
torischen Route ein (www.aldfaerserf.nl, Apr.
bis Okt. Di.–So. 10.00–17.00 Uhr). Sie liegt im
Dreieck von Makkum, Workum und Bolsward
und umfassen die Orte Exmorra, Allingawier
Ferwoude und Piaam. Seit über 300 Jahren
produziert die Keramikfabrik Tichelaar (Ziegler)
in Makkum niederländische Fayencen, zu be-
sichtigen während der Geschäftszeiten (www.
tichelaar.nl). Wohlhabende Professoren hinter-
ließen in der Universitätsstadt Franeker (25
km nördl.) pompöse Wohnhäuser. Das Tonnen-
gewölbe der Martinikerk (1421) stützt sich auf
30 Säulen. In einem schönen Grachtenhaus
befindet sich das älteste funktionierte Planeta-
rium der Welt; Eise Eisinga schuf das Modell
zwischen 1774 und 1781 (Eise Eisingastraat 3,
Di.–Sa. 10.00–17.00, So. ab 13.00 Uhr, Apr.–Okt.
auch Mo., www.planetarium-friesland.nl). Die
Geschichte Franekers und seiner Universität
(130 Professoren-Portäts) präsentiert das Mu-
seum Martena (Voorstraat 35, www.museum
martena.nl; Di.–So. 11.00…17.00 Uhr).
Information
VVV/ANWB Sneek,
Marktstraat 20, Tel. 0515 75 06 78,
www.vvvsneek.nl
05 LEMMER
Die Verbindung zwischen Friesischer Seen-
platte und Ijsselmeer verspricht Schaulaufen
der Jachten, vor allem an der Margrietsluis. Der
schmale Kanal führt mitten durch den Hauptort
(10 000 Einw.) der Gemeinde Lemsterland.
Sehenswert
Die Mühle Woudegemaal – auf der UNESCO-
Liste – ist die einzige noch arbeitende dampf-
getriebene Mühle der Welt.
Hotel
Vom Restaurant und einigen Zimmern des
Sporthotels Iselmar genießt man einen herrli-
chen Blick auf den Jachthafen (Plattedijk 16, Tel.
0514 56 90 96, www.iselmar.de; DZ ab 107 €).
Umgebung
Stavoren, Friesland älteste Stadt (30 km nordw.)
erwarb schon im 10. Jh. Wohlstand durch den
Export von friesischem Salz. Heute sorgen Seg-
ler und Freizeitskipper für Einkünfte. Handels-
beziehungen mit Skandinavien und Ostindien
beeinflussten Architektur, Sprache und
Brauchtum von Hindeloopen (29 km nordw.)
enorm: Die Häuser sind nordisch, die Möbel-
malerei fast alpenländisch und der Dialekt
selbst für Niederländer kaum zu identifizieren.
Sehenswert sind Kapitänshäuser, Brücken,
schiefer Westerturm. Im Heimatmuseum Hidde
Nijland überlebten die kulturellen Spuren der
einst so reichen Zuiderzeestadt (Dijkweg 1,
www.museumhindeloopen.nl; April–Okt. Mo.
bis Fr. 11.00–17.00, Sa./So. ab 13.30 Uhr); das
Schlittschuh-Museum mit Pfannkuchenhaus
hortet alles übers den Eismarathon „Elfsteden-
tocht“, mangels Frost auch schon mal in die
Schweiz verlegt (Kleine Weide 1, www.schaats-
museum.nl, Mo.–Sa. 10.00–18.00, So. 13.00–
17.00 Uhr).
Information
VVV Lemmer, Nieuwburen 1
NL-8531 EE Lemmer,
Tel. 0514 53 45 50
www.touristinfolemmer.nl
 Norden und IJsselmeer
Kapitel
<Kein(e,r)>
60 – 61

DuMont Aktiv
06 LELYSTAD
So sehen Städte aus, die auf dem Reißbrett vor
50 Jahren (76 000 Einw.) entstanden: Futuris-
mus in Architektur und Infrastruktur. Kultroute ums IJsselmeer
Sehenswert
Der Bahnhof ist eine Skulptur aus Glas und Was für den Moslem der Pilgerweg nach Mekka, bedeutet dem Nieder-
Stahl.
länder die Radtour rund ums IJsselmeer. Die nahezu autofreie Route
Museen verläuft teils windgeschützt am Fuß des Deichs, teils auf der Deich-
Die Bataviawerft rekonstruiert historische krone mit weiter Sicht auf Segler und das gegenüberliegende Ufer.
Schiffe (www.bataviawerf.nl; tgl. 10.00–17.00
Uhr). Vis á vis steht das Poldermuseum Wie in einem Bilderbuch reihen
Nieuwland Erfgoedcentrum in Form einer
sich historische Fischerdörfer und
Röhre (www.nieuwlanderfgoed.nl, Di.–Fr. 10.00
bis 17.00, Sa., So. ab 11.30 Uhr). Das Avio-
traditionsreiche Handelsplätze aus
drome ist ein neuartiges Luftfahrtmuseum am Hansezeiten. Wer ganz viel Zeit
Flughafen (www.aviodrome.nl, Di.–So. 10.00 hat, dreht die große Runde über
bis 17.00 Uhr). Zu den Highlights gehören die die Watteninseln Texel und Vlie-
letzte flugfähige Douglas DC-2 der Welt und ein
land auf den Spuren der Walfän-
Flugsimulator.
ger und der Ostindischen Compa-
Einkaufen gnie, die ihre Schätze auf der Zui-
Batavia-Stad heißt das Outlet-Center in Dorf- derzee bis Amsterdam schipperte.
form (rund 50 Hersteller) mit witzigen Laden-
fassaden neben der Batavia-Werft.
START IN AMSTERDAM
Umgebung Wegen der guten Erreichbarkeit
In Almere (30 km westl.) dürfen sich Architek- per Bahn und Auto und weil man
ten in Form und Farbe austoben, besonders se- am Hauptbahnhof Räder mieten Die aufwendige Tracht von Volendam
henswert die Stadtteile Eilandenbuurt und Re- kann, bietet sich Amsterdam als
genbogenbuurt. In Biddinghuizen (24 km süd-
Start an. Sogleich spurt der Rad- umgeben von Tulpenfeldern,
östl.) verheißt „Walibi World“ atemberaubende
Wasserattraktionen (www.walibi.nl; Apr.–Okt.
weg hinter dem Bahnhof an den kurvt der Deichweg zum Ab-
tgl. 10.00–17.00, Juli/ Aug, bis 21.00 Uhr). Bis Deich zur Museumsinsel Marken schlussdeich und hinüber nach
1942 eine Fischerinsel, bildet Urk (30 km und zum Fischerdorf Volendam, Friesland mit Ministädtchen der
nördl.) auf zwei Inseln heute ein Labyrinth von wo die Frauen mit weißen Flügel- Hanse, des Fischfangs und der Ke-
abschüssigen Gässchen zur malerischen Ha-
hauben (Hulletje) durch die Gas- ramikherstellung. Tulpen kilome-
fenzeile. Fischereitage um Himmelfahrt brin-
gen das Traditionsdörfchen zum Toben. Hier
sen huschen. Edam mit seinem terweit säumen den Weg auf dem
darf sonntags nicht fotografiert werden. 1859 Käsemarkt ist wie Alkmaar, nur Noordoostpolder bis Urk, die einge-
wurde Schokland wegen Überflutung evaku- kleiner, intimer und romantischer. polderte Fischerinsel. Hinter Lely-
iert. Als 1942 das letzte Wasser aus dem Noor- Über Hoorn (Bild oben), die stad, Bauplatz historischer Schiffe,
doostpolder abgepumpt war, tauchte die Insel
Heimat des Kap-Hoorn-Umseglers und dem futuristischen Almere
wieder auf. Das Museum Schokland dokumen-
tiert als UNESCO-Welterbe den Kampf der
Willem Schouten, und Enkhuizen, schließt sich der Kreis.
ehem. Insel mit drei Dörfern gegen das Wasser
(www.schokland.nl; April–Okt., Di.–So. 11.00
bis 17.00 Uhr, Juli/Aug. auch Mo., Rest d. Jahres WEITERE INFORMATIONEN
Fr.–So.). Orchideen in rund 30000 Varianten
blühen in den Gewächshäusern von Luttel-
geest (www.orchideeenhoeve.de, nördl. Mark -
Die beschriebene Route ist knapp • Buchtipp:
nesse, Mo.–Sa. 9.00–18.00, So. ab 10.00 Uhr). 300 Kilometer lang, etwa 100 Kilo- Eine sehr ausführliche Strecken-
meter zusätzlich mit Abstecher beschreibung einschließlich einer
Information auf die Watteninseln. Variante auf der ehemaligen Zui-
VVV Batavia Stad,
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 Die Westfriesischen Inseln
62 – 63

Fünf kleine
Paradiese
Welche ist die Schönste? Schulterzucken ist
die Antwort. Alle fünf Westfriesischen Ferien-
inseln im Wattenmeer sind kleine Paradiese.
Feinsandige breite Strände gleiten sanft ins
Wasser. Alte Walfänger-Dörfer atmen den
Hauch von Abenteuer. In den Dünen kuscheln
sich reetgedeckte Häuschen und Bungalow-
anlagen. Wäldchen skizzieren den Horizont.
Die Fahrradwege reichen bis in die Wolken.

Schiermonnikoog: Der Großteil der Insel, die einst von Zisterzienser-

mönchen bewohnt wurde, besteht aus Sand und Salzwiesen.
Auf der einen Seite grenzt Texel an die offene See,
auf der anderen ans Wattenmeer. Leuchtturm,
Schafe, Strandvergnüngen – das ist aber nicht
alles, was die größte der Westfriesischen Inseln zu
bieten hat.

Mit seinen sieben Dörfern
verspricht Texel das
größte Angebot an Kurzweil.
Texel steht für Aktivurlaub wie für Entspannung mit Blick auf die ewig rollende See.
I n einem weit gespannten Bogen
zeichnen die Westfriesischen In-
seln den Verlauf der Küste nach.
Von den „Waddeneilanden“, wie die
Niederländer die Inseln nennen, sind
fünf bewohnt: Texel (sprich: Tessel),
Ameland, Terschelling, Vlieland und,
die kleinste von allen, Schiermonnik-
oog. Auf Texel trifft sich die Welt. Diese
quirlige Mischung aus Familien und
Youngsters, Prominenz inkognito und
Hobby-Naturforschern egalisiert sich
wundersam auf zwei Rädern oder in Ba-
dekleidung am 30 Kilometer langen
weißen Strand. Selbst wenn im Som-
mer alle 45 000 Betten belegt sind, wird
es vielleicht in den Restaurants etwas
eng und die Schlange am Eiswagen län-
ger. Doch einen Stau auf den 70 Kilome-
tern Radwegen gab es nie.
TEXEL AUF DER ZUNGE
Zu Tausenden betupfen wollige „Texe-
laars“ die Polderweiden und Deiche.
Und weil die Schafe auch im Winter im
Freien grasen, schmecken Fleisch,
Wurst und Käse wie „vorgesalzen“. Dü-
nenkaninchen wandern in leckere Pas-
teten und auf den Grill. Gewürzkuchen,
die nach weihnachtlichem Spekulatius
duften, und Schafskäse sind typisch für
das ganze Jahr. Den „Kees Boontje“, eine
geheime Rezeptur aus Kräutern, Rum
und Likören, den hinterließ ein gestran-
Die WestfriesichenKapitel
Inseln
64 – 65
deter schwedischer Matrose dem
Stranddieb Kees Boon aus Den Hoorn –
umwerfend.
IMMER WAS LOS
Mit den sieben Dörfern verspricht die
Insel Texel das größte Angebot aller
Waddeneilande an Kurzweil und das
vielseitigste kulinarische Vergnügen:
Jede Menge Kneipen, Restaurants, Fast
Food, Diskotheken und Lädchen im
Puppenstubenformat lassen kaum ei-
nen Wunsch offen. Es duftet angenehm
nach Gewürzen, frisch gebackenem Zu-
ckerkuchen, Rahmbonbons, Räucheraal
und Kibbeling, Backfisch-Häppchen aus
der Hand.
Im Frühjahr schwebt eine andere
Duftglocke über der Insel. Auf großen
Feldern wiegen Tulpen, Narzissen, Kai-
serkronen und Hyazinthen. Im Juni blü-
hen Millionen wilder Orchideen. Und
im August wirft die Strandnelke ein lila
Tuch über das Vogelparadies Slufter.
Viele Texel-Besucher kommen wegen
der zahlreichen Aktivitäten, die hier
möglich sind. Das Radwegenetz ist so
engmaschig, dass man fünf Tage kreuz
und quer radelt und nie an der gleichen
Stelle vorbeikommt. Der Texelpfad, eine
markierte Wanderroute, erschließt die
gesamte Insel per pedes in beherrschba-
ren Häppchen und ohne Gepäck. Mehr-
tägige Segeltörns auf alten Gaffelscho-
Idyllische Gartenlokale wie hier in Oost-Vlieland
geben eigentlich keinen Grund, weiterzuziehen.
Wen die Entdeckerlust packt, mag auf einer Wat-
tenmeertour an den Seehund-Sandbänken vorbei-
kommen oder hat vielleicht sogar Tuchfühlung mit
dem Festland im Hafen von Harlingen.
 Die Westfriesischen Inseln
66 – 67

nern, Surfen oder Kanufahren in der

Brandung, Kompasstouren und Inline-
Skaten lassen die eigenen Grenzen aus-
loten. Oder gar ein Fallschirmkurs? In-
selhüpfen nach Vlieland und Terschel-
ling klärt vielleicht die Frage, welche
wohl die Schönste ist.

INSEL DER ROTEN BEEREN

Wie ein Zeigefinger deutet der über 400
Jahre alte Leuchtturm Brandaris in die
Wolken. Hier in 55 Metern Höhe ent-
geht seinem Wärter nichts; weder Feuer
noch gedankenverlorene Wattläufer und
auch nicht ein verbotenes Pflücken von
Cranberries in den Dünen. Terschelling
ist landschaftlich die vielseitigste der
fünf Inseln. 30 Kilometer Nordseestrand.

Millionen Zugvögel fressen

sich im Naturreservat Bosch-
plaat auf dem Weg in den
Süden noch einmal satt.

Dahinter Dünenpolster mit Bungalows

und Campingplätzen. Wie eine Haupt-
ader pulsieren Straße und Radweg von
West nach Ost, von der Fähre bis zur
Boschplaat. An ihr reihen sich die Dör-
fer im friesischen Stil mit Stichwegen
zum Nordseestrand.
Das Naturreservat Boschplaat, etwa ein
Drittel der Insel, spiegelt mit feuchten
und trockenen Dünen und Salzwiesen
die natürliche Dynamik des Watten-
meers. Millionen Zugvögel fressen sich
auf dem Weg in den Süden noch einmal
satt. Enten hingegen landen schon mal
in der Pfanne.

DE WADDENEILANDE
Die Watteninseln entstanden nach der
letzten Eiszeit. Wegen schmelzender
Polkappen hob sich der Wasserstand
über die morsche Landverbindung
zwischen England und Frankreich.
Atlantische Wassermassen schürften
den Ärmelkanal und schippten eine ein-
zige Sandbank bis hoch nach Däne-
Der Wind assistiert auf Terschelling der Kunst.
Weil autofrei, bleibt die Idylle auf Schiermonnikoog ungestört.

Treffen vor Amelands Hafen


Aufs Trockenfallen warten, und dann ein Wattspaziergang
mark. Ebbe und Flut portionierten da-
raus Inseln. Nur Texel steht auf steini-
gen Geestablagerungen.
RUHE – HIMMLISCHE RUHE
Feldstecher und Pflanzenbestimmungs-
bücher sind die wichtigsten Utensilien
auf den Inseln Vlieland und Schiermon-
nikoog. Der Gezeitenrhythmus lässt sel-
tene Blüten sprießen und deckt vielen
Millionen Vögeln den Tisch. Himmli-
sche Ruhe, denn das Auto darf nicht
mit. Wozu auch? Die Entfernungen
sind kurz und die Kräfte der Entschleu-
nigung überzeugend. Die Topografie
beider Inseln – je ein Dorf an der sta-
bilsten Stelle – erinnert an ein Spie-
gelei. Mit dem Rest darf die Natur ma-
chen, was sie will. Alles um Leib und
Seele spielt sich auf den 500 Metern der
kopfsteingepflasterten Dorpstraat ab.
Pferdewagen besorgen das Gepäck.
Man mietet am Hafen ein Rad und ver-
krümelt sich in die Dünen.
DER FLUCH DER STRANDHEXE
Durch den Fährhafen und das Touris-
musbüro (VVV) mit seiner Zimmerver-
mittlung konzentriert sich der ankom-
mende Urlauberstrom auf Ameland erst
einmal auf Nes und seine guten Ein-
kaufsmöglichkeiten im teils verkehrsbe-
ruhigten Altstadtkern. Dann locken die
großen Naturschutzgebiete und der ki-
Die Westfriesischen Inseln
68 – 69
lometerlange Strand. Die Dörfer Hol-
lum und Ballum bestechen durch ihren
ganz eigenen Charme. Nicht ohne ist
die Legende, die sich mit der Insel ver-
bindet und die eine recht grausame Be-
gebenheit beschreibt: Die Amelander
Witwe Roxt aus Oerd lockte aus Hab-
gier Schiffe auf die Sandbank, indem
sie ihre Kuh mit einer Laterne zwischen
den Hörnern als Irrlicht an den Strand
trieb. Eines Tages fand sie unter der er-
trunkenen Besatzung eines der Schiffe
ihren eigenen Sohn. Seitdem irrt sie in
Sturmnächten klagend durch die Dü-
nen. Ihr Dorf Oerd, einst östlich von Bu-
ren gelegen, verschlang die See.
GUT FÜR DIE SEELE
Auf „Schier“ schrumpfen Dorf, Dünen,
Strand und Wald wie unter dem Verklei-
nerungsglas zusammen. Graue (schier)
Zisterziensermönche (monnik) legten
im Mittelalter die Grundsteine für ihren
Erhalt. Jahrhunderte später bauten Wal-
fänger mit ihren Kommandeurshäusern
Bleibendes. Schier ist etwas für Men-
schen, die Kraft aus Ruhe, Weite und
Stille tanken. Der 16 Kilometer lange,
weiße Strand ist teilweise bis zu 1000
Metern breit. Wäre nicht der Leucht-
turm als Erkennungsmarke, man führe
mit dem Rad einen Irrweg ohne Wie-
derkehr durch die Dünenpolster. Wer
will, gibt sich verschollen.
 06
05
04

03

02

01
Infos
Im Reich der Muschelsammler und Surfer
Seefahrtspracht in Oudeschilds Museum auf Texel
In vielen malerischen Orten gibt es noch
die Kommandeurshäuser der Walfänger. Fi-
scherhäuschen reihen sich in Gassen, pitto-
resk erscheint so manches Ensemble. Herr-
lich entspannen lässt es sich bei schier
endlosen Strandwanderungen an kilome-
terlangen Stränden.
01 DEN HELDER
Der niederländische Flottenstützpunkt (57 000
Einw.) und Fährhafen für Texel besitzt noch
drei Forts und Fragmente des Festungsgra-
bens. Napoleon wollte 1811 daraus das „Gi-
braltar des Nordens“ schaffen.
Sehenswert
Europas höchster (64 m) Leuchtturm „Lange
Jaap“ steht in den Huisduinen.
Museen
Das nach einem Seenotretter benannte Ret-
tungsmuseum „Dorus Rijkers“ dokumentiert
die Tragik des Meeres (Willemsoord 60 G,
www.reddingmuseum.nl; April–Okt. tgl. 10.00
bis 17.00 Uhr, restl. Zeit nur So.). Das Marine-
museum begeistert Fans maritimer Waffen-
technik (Hoofd gracht 3, www.marinemuseum.
nl; Mai–Okt. Mo.–Fr. 10.00–17.00, Sa. u. So. ab
12.00 Uhr, Nov.–Apr. Mo. geschl.).
Hotel
Von allen Zimmern im Lands End genießt man
die Aussicht auf Meer und vorbeifahrende
Fährschiffe (Havenplein 1, Tel. 0223 62 15 70,
www.landsend.nl, DZ 105 €).
Restaurant
De Oude Gast serviert typisch holländische
Gerichte: Fleisch, Fisch, Vegetarisches. Der
Service ist sehr freundlich (Kroonstraat 45/47;
Tel. 0223 61 91 83, www.deoudegast.nl).
Information
VVV Willemsoord (Den Helder), Willemsoord
52A, NL-1781 AS Den Helder, Tel. 0223
674694, www.vvvkopvannoordholland.nl
02 TEXEL
Die beliebteste Ferieninsel der Niederländer
und Deutschen (14 000 Einw.) TOP ZIEL ver-
spricht Kurzweil, Schickimicki und Natur. Fähr-
verbindungen mit Den Helder in 20 Minuten.
Sehenswert
In Texels Hauptort Den Burg reihen sich die
meisten Lädchen an der ringförmigen Fußgän-
gerzone. Der Turm der weißen Kirche von Den
Hoorn (1500), im Frühjahr Fotomodell in einem
Narzissenmeer, gehörte zur Signalkette für die
Schifffahrt. De Koog ist der lebhafteste Ort Te-
xels mit Discos und Pubs; an kühlen Tagen und
abends ist die Hölle los im subtropischen
Schwimmparadies Calluna (www.roompotzwem
paradijs.nl).
Museen
Im Luchtvaart- en Oorlogmuseum werden
die Kriegserinnerungen der Insel aufgearbeitet
(Postweg 126, www.lomt.nl, April–Okt. tgl. 10.00
bis 17.00 Uhr). Das EcoMare ist Vogelrettungs-
Die Westfriesischen Inseln
70 – 71
stelle, Naturmuseum und Seehundstation in ei-
nem (De Koog, www.ecomare.nl; tgl. 10.00 bis
17.00 Uhr). Das Schiffbruch- und Strandräu-
ber-Museum Flora sammelt, was das Meer an
Land wirft (nordw. Den Burg, www.jutters-
flora.nl; Mo.–Sa. 10.00–17.00 Uhr). Auch Mari-
tiem & Jutters Museum schöpft reichlich aus
der Brandung (Oudeschild, Di.–Sa. 10.00 bis
17.00, So. ab 12.00 Uhr, Juli/Aug. auch Mo, www.
kaapskil.nl).
Aktivitäten
Touren zu Fuß oder zu Pferd, Brandungs-Kanu-
kurse, Fallschirmspringen, Kite-Surfen, Hoch-
seefischen und Schiffstouren mit der Scha-
luppe „Vriendschap“ nach Vlieland verspre-
chen Attraktionen für alle Generationen (www.
waddenveer.nl).
Veranstaltungen
Das Jazz Festival in Den Burg (1. Juni-Woche)
ist der Auftakt zur Rondje Texel, der jährlichen
Katamaran-Meis terschaft. Ende Juni messen
sich Windsurfer auf europäischer Ebene.
Hotels
Das kleine Hotel De Smulpot im historischen
verkehrsberuhigten Zentrum von Den Burg
liegt ideal für Kneipenbummel. (Binnenburg 5,
www.smulpot.nl, Tel. 0222 31 27 56, DZ ab
85 €). Oranjerie Molenbos, ein lichtdurchflu-
tetes Haus im Grünen, liegt neben dem Leucht-
turm (Postweg 224, De Cocksdorp, www.mo-
lenbos.nl, Tel. 0222 39 01 12, DZ ab 110 €).
Restaurants
Das winzige Het Kompas, Texels kleinstes Res-
taurant, erinnert an einen englischen Pub. Das
Lokal überrascht mit gekonnten Kreationen
von Dünenkaninchen wie von Lamm und Rind.
Die größte Überraschung aber sind die Hun-
derte von Whiskysorten, die man hier genießen
kann (Herenstraat 7, Den Hoorn, Tel. 0222
31 93 60, www.whiskybarplaza.nl).
Information
VVV Texel, Emmalaan 66, NL-1791 AV Den
Burg, Tel. 0222 31 47 41, www.texel.net
03 HARLINGEN
Etwa 500 denkmalgeschützte Häuserreihen
sich um den engen Stadtkern mit seinen
Grachten. Die einzige friesische Stadt (16 000
Einw.) mit direktem Zugang zum Wattenmeer
entstand unweit der 1134 vom Meer ver-
schlungenen Stadt Greyn. Im Noorderhaven
starten die Fähren nach Vlieland und Terschel-
ling, an der Schleuse die alten Gaffelsegler mit
zahlenden Gästen.
Infos
Blick ins Vielands Kirche (18.Jh.)
Museum
Het Hannemahuis im ehemaligen Herrenhaus
der Kaufmannsfamilie Hannema erzählt Harlin-
gens maritime Geschichte (Voorstraat 56,
www.hannemahuis.nl; Di.–Fr. 11.00–17.00, Sa./
So. 13.30–17.00 Uhr).
Veranstaltung
Traditionsschiffe und Großsegler defilieren
Ende Aug. zu den Fischereitagen.
Hotel
Hotel Almenum residiert luxuriös in einem
Ensemble aus einem Lagerhaus des 17. Jh. und
Arbeiterhäusern im alten Stadtkern (DZ ab
60 €, Kruisstraat 8, Tel. 06250 3 11 73, www.
hotelalmenum.nl).
Restaurant
Bocuse der Niederlande nennt man Marco Pol-
dervaart, den Patron vom „frish `n dish“ , eine
kulinarische Oase (Grote Bredeplaats 15, Tel.
0517 43 00 63).
Umgebung
Die Fähre ab Harlingen braucht 1,45 Std. zur In-
sel Vlieland, Kfz sind nicht zugelassen. Das pit-
toreske Straßendorf Oost-Vlieland (rund 1200
Einw.), eng bebaut mit Lädchen, Pubs und Ca-
fés, ist die trotzige Antwort auf schwere
Sturmfluten, die zwischen 1717 und 1727 das
Dorf West-Vlieland verschlangen. Das Besu-
cherzentrum De Noordwester (Juni–Sep. Mo.
bis Fr. 10.00–12.00, 13.30–17.00 Uhr, Sa., So,
sonst nur nachm., www.denoordwester.nl) er-
zählt die Entstehungsgeschichte der Insel. Eine
Tour wie durch die Sahara unternimmt der Pa-
norama-Truck Vliehors-Express durch die
Sandplatte Vliehors, unter der Woche ein Trup-
penübungsplatz (www.vliehorsexpres.nl).
Information
VVV Harlingen
Grote Bredeplaats 12, NL–8861 BB Harlingen
Tel. 0517 430207; www.harlingen–friesland.nl
04 TERSCHELLING
Markante Kapitäns- und Fischerhäuser vieler
Jahrhunderte drängeln sich in West-Terschel-
ling als verflochtenes Gassenkarree um den
Leuchtturm Brandaris – den ältesten der Nie-
derlande (1594). Eine Riesendüne am Ortsrand
ermöglicht Panoramablicke auf Dorf, Hafen
und ganz Terschelling (4700 Einw.). Die Anreise
erfolgt mit der Fähre ab Harlingen (1,45 Std.).
Sehenswert
Der alte Ortskern von Midsland lädt zum Fla-
nieren ein. Im Naturschutzgebiet De Bosch-
plaat, einem ehem. Sandriff mit Europadiplom,
brüten 75 Vogelarten und wachsen rund 400
Pflanzensorten. Verwitterte keltische Kreuze
(7. Jh.) kennzeichnen an der Straße bei Mids-
land den Stryper Kirch hof.
Veranstaltungen
In der 3. Juniwoche füllt das Oerol-Festival mit
zehn Tagen Kunst und Musik alle Betten (www.
oerol.nl).
Museen:
Das Naturkunde- und Geschichts museum
’t Behouden Huys breitet sich in zwei alten
Kommandeurshäusern aus und erzählt auch
die Geschichte von Willem Barentsz (Comman-
deurstraat 32, www.behouden-huys.nl; April
bis <Okt. Di.–Fr. 10.00–17.00, Sa., So. ab 13.00,
Nov.–März Mi., Sa., So. 13.00–17.00 Uhr).
Hotel
Das familiäre Hotel De Walvisvaarder steht
auf den Grundmauern eines Bauernhofs von
1760 (Lies 23, Tel. 0562 44 90 00, www.walvis
vaarder.nl, DZ ab 82 €).
Restaurant
Der auffallend rosarote Cadillac signalisiert
Elvis-Presley-Fans im Heartbreak-Hotel „Love
me tender” round the clock und frische, hand-
feste Lunch-Gerichte mit Seeblick (www.heart
break-hotel.nl).
Information
VVV Terschelling, Willem Barentszkade 19a,
NL-8881 AA West-Terschelling,
Tel. 0562 44 30 00, www.vvvterschelling.nl
05 AMELAND
Amelands vier Dörfer (3500 Einw.) wirken wie
Inseln auf einer großen Pferdeweide. In Hollum
stehen ringförmig Amelands älteste Häuser (ab
1516). Nicht viel jünger ist Ballum, mit 350 See-
len kleinstes Dorf, aber Sitz der Gemeindever-
waltung. Die Fähre legt in Holwerd ab (45 Min.).
Sehenswert
Prunkstücke im Norden sind der rot-weiß ge-
ringelte Leuchtturm (April–Okt. Mo. 13.00 bis
17.00, Di.–So. 10.00–17.00, Nov.–Dez. Mi., Sa.,
So. 13.00–17.00 Uhr) und das Dorf Hollum,
dessen wuchtiger Kirchturm als Erkennungs-
zeichen für Ameland gilt. Beredte Zeugen sind
die Kapitänsgräber in Ballum und Hollum.
Museen
Das Sorgdrager-Museum bewahrt die Erinne-
rungen an Amelands Geschichte und das vom
Meer geschluckte Dorf Sier (Tel. 0519 55 44 77).
Das Rettungsmuseum Abraham Fock (Tel.
0519 55 42 43) spannt im Sommer die Pferde
vor, um das Rettungsboot ins Meer zu ziehen.
(Beide Museen liegen in Hollum und haben un-
regelmäßige Öffnungszeiten; www. amelander-
musea.nl). Das Naturmuseum (www.amelan-
dermusea.nl) lehrt mit allen Sinnen die Wunder
der Natur. (Nes, Apr.–Okt. Mo.–Fr. 10.00 bis
17.00 Uhr, Sa./So. ab 13.00 Uhr. Winter: Mi.–Sa.
13.00–17.00 Uhr.) Die Senfmühle „Verwach-
ting“, Hollum, und die Kornmühle „De Phe-
nix“, Nes, öffnen nach Ankündigung. Das Land-
bau- und Strandgutmuseum „Swartwoude“,
Buren, nimmt Di. und Do. um 14.00 Uhr Gäste
auf Strandgut-Sammeltour mit (Mo.–Fr. 10.00
bis 12.00, 13.00–17.00, Sa.,/So. ab 13.30 Uhr).
Hotel
Im Hotel Ameland in Strandnähe kann man Rä-
der und Pferde mieten und gleich in die Dünen
starten (Strandweg 48, Nes, Tel. 0519 54 21 50,
www.hotelameland.nl, DZ ab 105 €).
Tipp
Zum Aufwärmen
Lekker Nobeltje, der nach Schokolade
und Rum schmeckende, goldgelbe trans-
parente Likör entstand vor über 100 Jah-
ren als Versuch, eine durchfrorene Pfer-
deschlitten-Gesellschaft wieder auf Tou-
ren zu bringen. Man kann ihn zwar
überall trinken, kaufen aber ausschließ-
lich im Amelander Hotel Nobel in Ballum.

Restaurants
Hotel Nobel, nomen est omen, wartet mit ei-
ner elitären Speisekarte auf; es gibt mehrere
Stilzimmer (Gerrit Kosterweg 16, Ballum, Tel.
0519 55 41 57, www.hotelnobel.nl, DZ ab 125 €).
Het Witte Paard verkörpert ein Stück Amelan-
der Walfang-Abenteuer aus dem 18. Jh., als Ka-
pitän Hidde Dirkz mit dem gleichnamigen
Schiff nach Grönland fuhr (Torenhoogte 5, Nes,
Tel. 0519 54 22 09, www.hetwittepaardameland.
nl). Etwas Leckeres gibt es immer im Strand-
pavillon am Hollumer Strand, und bei klarer
Sicht genießt man einen grandiosen Sonnen-
untergang mit Blick auf die Boschplaat von Ter-
schelling.
Information
VVV Ameland,
Bureweg 2, NL-9163 KE Nes,
Tel. 0519 54 65 46, www.vvvameland.nl
06 SCHIERMONNIKOOG
Obwohl auf allen Watteninseln Tausende Vögel
brüten, verdient die kleinste bewohnte Wat-
teninsel (1000 Einw.) den Namen „Vogelinsel“
am ehesten; zwei Drittel der Fläche unterste-
hen den Nationalparkstatuten. Autos sind
nicht erlaubt, die Anreise erfolgt per Fähre ab
Lauwersoog (45 Min.).
Sehenswert
Die schönsten Häuser, viele Kommandeurshäu-
ser mit vom Torfverheizen schwarz verkokelter
Vorderfront, stehen in den parallel verlaufen-
den Straßen Langestreek und Middenstreek.
Museum
Das Besucherzentrum dokumentiert den Na-
tionalpark Wattenmeer und veranstaltet Exkur-
sionen (Juli/Aug. tgl. 10.00–17.00 Uhr, www.
activiteitenopschiermonnikoog.nl).
Veranstaltung
Pfingsten steigt das Kalle mooi feest, einst ein
Fruchtbarkeitsritual, bei dem einst ein leben-
der Hahn im Korb auf den Maibaum gesetzt
wurde.
Umgebung
Der zur Provinz Groningen gehörende Hafenort
Lauwersoog gilt zusammen mit Zoutkamp als
Zentrum des Wassersports auf Reitdiep und
aufgestautem Lauwersmeer.
Information
VVV Schiermonnikoog,
Reeweg 5, NL-9166 PW Schiermonnikoog,
Tel. 0519 53 12 33,
www.vvvschiermonnikoog.nl
Die WestfriesischenKapitel
Inseln
<Kein(e,r)>
72 – 73
DuMont Aktiv
Schnitzeljagd zur Kunst
Novemberlicht verschlingt die Realität und öffnet die Sicht auf Mysti-
sches und Visionäres: die richtige Zeit für „Kunstmaand“, Kunstmonat
auf der Insel Ameland (Bild oben). Bereits Mitte Oktober erobert eine
Truppe von 50 bis 60 Künstlern die Watteninsel. Sie kommen aus ganz
Europa, beseelt, sich an einem vorgegebenen Thema nach ihrer Manier
auszutoben.
Der Vergleich mit Worpswede ist
angemessen. Die Vielzahl der
künstlerischen Temperamente in
Gemälden, Fotografien, Skulptu-
ren und Installationen verteilt sich
auf alle vier Dörfer und deren Kir-
chen, Museen, die Jugendher-
berge, das Gemeindehaus, Hotels,
teils auch auf Strand und Dünen.
Überall, wo die blaugelbe Fahne
flattert, darf man etwas Künstleri-
sches erwarten; mitunter auch
eine mittelalterliche Moorleiche,
die abends quicklebendig an der
Bar einen Jenever süppelt.
Ein Kunst-Huhn auf Ameland
IMMER DEN RADLERN NACH
Die vielsprachigen Gefühlsbekun- Skulpturen. Kunstmaand hat et-
dungen der Gästebücher bestäti- was von Schnitzeljagd, auch wenn
gen die Macht der Eindrücke. Spe- das Programm die Ausstellungs-
ziell Deutsche verinnerlichen die räume auflistet. Im Zweifelsfall
Tücke der ähnlichen Sprache, schließt man sich einer Radler-
nämlich dass „Schilderijen und Schlange an; denn im November
Beelden“ keine Schilder und Bil- haben alle das gleiche Ziel: Kunst-
der sind, sondern Gemälde und Gucken.
WEITERE INFORMATIONEN
Ameland ist 27 km lang, doch die Das im Internet abrufbare Pro-
Verbindung zwischen den Dörfern gramm listet die Ausstellungs-
beträgt nur elf Kilometer. Es ist räume auf, doch mitunter sind
nicht nötig, das Auto mitzubrin- diese nicht ganz leicht zu finden.
gen. Drei Buslinien verkehren im
Zwei-Stunden-Takt. Dank Golf- Ausstellungszeiten, Workshops
strom sind die Winter milde, und Führungen immer Di.–So. zu
selbst wenn Raureif kontrastrei- wechselnden Uhrzeiten:
che Skizzen hinterlässt. www.kunstmaandameland.com
 Friesland ∙ Groningen
74 – 75

Herber
Charme im
Norden
Keine Worte drücken die schier unendliche
Weite der Nord-Niederlande treffender aus
als der Bauer, der mit quer gestellten Gras-
rechen zum Feld radelt. Wie Bojen im Meer
sitzen die Kirchdörfer Nord-Frieslands und
Groningens auf ihren Warften. Und die Qua-
dratur der Moorkanäle umgibt Drenthes
Moorsiedlungen. Mittendrin liegt wie zur
Dekoration die Stadt Groningen, die ihren
Fuß schon ziemlich deutlich in der Tür
zur Zukunft hat.

Unweit von Bourtange, das fast auf der Grenze zu Deutschland liegt,
ziert eine Windmühle den Kanal.
Leeuwarden, Provinzhauptstadt Frieslands und Geburtsort von Mata Hari, Ebenfalls sehenswert in Leeuwarden: die historische Waage im
hat dem friesischen Pferd ein Denkmal gesetzt. Renaissancestil

Grachten umgeben Leeuwardens Innenstadt. Die Schiffe erinnern an die Zeit, als die Stadt einen wichtigen Seehafen besaß.

Blick in die Museumswerkstatt der Familie Ein ideales Surfrevier: das Lauwersmeer, das 1969 eingedeicht und damit von der offenen See
Scherjon in Noordbergum abgeschlossen wurde.
S ieben Prozent der Niederländer
besitzen noch Holzschuhe. Das
Erfolgsmodell veränderte sich
seit dem 13. Jahrhundert nur unwesent-
lich. Es ist ideal für morastigen Boden,
Schmutz lässt sich abbürsten, das Mate-
rial ist preiswert und der Fuß ist ge-
Sieben Prozent der schützt, wenn ein Pferd danebentritt.
Niederländer besitzen Nach wie vor schneiden die Bauern ihre
Klompen im Winter selbst. Von einst
noch Holzschuhe. 3900 Klompenmachern existieren nicht
einmal mehr 100, die jährlich etwa 1,5
Millionen Klompen produzieren – nicht
wenige als Souvenir. Bei Leeuwarden
etwa gibt es noch eine solche Werkstatt
– im Museum.
DE SCHEVE OLDEHOVE
Ein Zeichen des Wohlstands sollte er
werden, der Oldehove-Turm. Damals,
1529, war Leeuwarden noch stark fre-
quentierter Hafen an der Middelzee.
Doch dem unbeirrbaren Architekten Ja-
cob van Aaken sackte der Turm immer
wieder weg. Als dann 1531 auch noch
die Kuppel einstürzte, starb er – angeb-
lich aus Gram über sein Ungeschick.
Zwei Jahre später resignierten die Leeu-
warder. Mittlerweile besteht an der
Standfestigkeit des 40 Meter hohen
Turms aber kein Zweifel mehr. Und so
ist es Besuchern erlaubt, die 183 Stufen
zu erklimmen. Von dort oben blickt
man weit ins Land.
Friesland ∙ Groningen
76 – 77
WOHNT HIER JEMAND?
Drenthe ist still. Seine unendlichen
Eichenwälder und Heidelandschaften
atmen leise, als habe eine Fee ihren
Samtmantel darüber geworfen, um das
Getöse des 21. Jahrhunderts zu ersti-
cken. Es ist dies die Provinz mit den we-
nigsten Einwohnern pro Quadratkilo-
meter. Und unterwegs trifft man mehr
Schafe als Menschen, die in der Hand-
voll größeren Orten leben – in Assen,
Emmen, Hoogeveen, Coevorden oder
Meppel. Mystisch muten die Heidedör-
fer an mit tief heruntergezogenen Reet-
dächern, Fenstern wie Gucklöcher mit
einem Erika-Teppich vor der Tür und
eingebettet in Hecken aus weiß blühen-
dem Alpenjohannis. Hier stolpert den
Drenthern kein überflüssiges Wort über
die Lippen. Ihre Seele bestehe aus Jene-
ver, Torf und Misstrauen, so behaupten
böse Zungen. Ganz anders die Moordör-
fer im Osten. Wie kommunizierende
Oasen liegen sie im Schnittpunkt ver-
wirrender Karrees von Torfkanälen.
KULT MIT GROSSEN STEINEN
Zu Drenthe gehören die Hünengräber,
„Hunebed“ genannt, weil man sich im
17. Jahrhundert allein die Hunnen als
Erbauer vorstellen konnte. 52 dieser aus
riesigen Hinkelsteinen aufgetürmten
prähistorischen Grabmäler sind be-
kannt. Sie stehen meist in Ost-West-
Auch das Innere des Groninger Museums trägt die Handschrift des italienischen Architekten und Designers Alessandro Mendini. Die von
italienischen Kunsthandwerkern mit Mosaiken verzierte Wendeltreppe kann dabei durchaus als eigenständiges Kunstwerk gelten.

Vor Groningens neoklassizistischer Universität drängeln sich die Fahrräder. Die quirlige Stadt
besitzt die zweitälteste Hochschule des Landes.
Special MODERNE ARCHITEKTUR
Das neue Groningen
Der einstige Handelsplatz Gronin-
gen wurde im Zweiten Weltkrieg
stark in Mitleidenschaft gezogen.
In den letzten Jahren nun entstan-
den beeindruckende Neubauten, an
denen international renommierte
Architekten ihre Handschrift hin-
terlassen haben.
Futuristische Architektur, wahre
Skulpturen aus Glas, Edelstahl, Be-
ton und Farbe lassen späte Wieder-
kommer stutzen. Ist das noch Gro-
ningen, die 1000-jährige historische
Stadt? Vor allem drei Italiener tob-
ten sich hier aus. Alessandro Men-
dini entwarf das Groninger Museum,
ein mit öffentlichen Zonen ver-
knüpftes Kunstwerk mitten in der
Stadt. Von Adolfo Natalini stammt
der Waagstraat-Komplex, eine Hom-
mage an den Grote Markt der Vor-
kriegszeit. Giorgio Grassi widmete
sich in der Oude Boteringestraat mu-
tig der Stadtbibliothek. Einem mehr-
stöckigen Wal gleicht die Zernike-
borg, eine Berufs-Hochschule nord-
westlich des Zentrums. Das „Wall
Ungewöhnliche Optik: das Museum
House“, eine Konstruktion wie gesta-
pelte farbige Keksdosen, blickt aufs
Hoornse Meer. Der Gipfel ist das
„Urinoir“ – die »öffentliche Design-
Bedürfnisanstalt« des Architekten
Rem Koolhaas und des Malers Erwin
Olaf fordert auf zum „Pissen gegen
ein Kunstwerk“.
Friesland ∙ Groningen
78 – 79
An studentische Umtriebe sind Groningens
Bürger seit 1614 gewöhnt.
Richtung mit einer Öffnung im Süden,
sodass die Sonne ein paar Strahlen ins
Land der Finsternis schicken kann.
REGION IM WANDEL
Weite eilt voraus, und der Weg am Ho-
rizont verwischt. Das nahe Wattenmeer
schickt ein Bitzeln über das flache Land.
Groningen heißen die Provinz und die
Stadt, und Kontraste bewegen die
Sinne. Hier urbare Kartoffelfelder, dort
verblüffende Experimente am Bau. Auf
handgeschaufelten Warften thronen
trutzige Kirchdörfer – imposante Bau-
erngehöfte neben bescheidenen Katen.
Ein breiter Kanal für Frachtschiffe. Ka-
nuten huschen über schmale Torfgrä-
ben. Klappernde Kornmühlen messen
sich trotzig im Wettbewerb mit den
Windparks der größten Energiezentrale
Europas. Der Transrapid, über den man
schon lange nachdenkt, wird Amster-
dam näher an die Provinzhauptstadt
rücken, wird sie stärken als Pulsgeber
und Innovationsdrehscheibe für den
Norden der Niederlande. Groningen
zwinkert nach New York. Daniel Libe-
skind, polnisch-amerikanischer Starar-
chitekt packte Altes und Neues in das
Projekt „The book of Groningen“. Es be-
steht aus neun Kunstwerken, die, wie
Stadttore von der Stadtgrenze bis zum
Martini-Kirchhof angeordnet, den alten
Namen der Stadt „Cruoninga“ bilden.
JENEVER UND LIKÖRE

HOCHPROZENTIGES
mit reicher Tradition
Jenever beziehungsweise Genever, ein mit dem Gin verwandter Getrei-
debranntwein, ist Hollands Nationalgetränk. Einer der weltweit füh-
renden Hersteller ist das Unternehmen Lucas Bols in Amsterdam.
 DuMont Thema
Friesland ∙ Groningen
80 – 81

N iederländer treffen sich am Feierabend

gern zum Borrelstündchen. In jedem Lokal
werden einige Sorten Jenever, Hollands be-
kannteste Spirituose, angeboten.
Für den typisch niederländischen Wachol-
derschnaps gibt es zahlreiche Namen, u.a.
„borrel“, „hassebassie“, „keiltje“ oder
„neutje“. Oder man lässt gleich einen „kops-
toot“ bringen, ein kleines Bier mit einem
Gläschen Jenever – in Amsterdam auch gern
als „stelletje“ bezeichnet. Man leert dann zu-
erst das Jenever-Glas – denn ist der Schnaps
zu scharf und verursacht ein Brennen im
Hals, kann man ja sofort einen Schluck Bier
hinterherkippen.

NATIONALGETRÄNK NUMMER EINS

Bereits im 15. Jh. wurde in den Niederlan-
den „Korenwijn“ bzw. „Korenbrandewijn“
(Kornbrand) aus Gerste, Mais, Roggen oder
Weizen erzeugt. Wann damit begonnen
wurde, den Kornbrand mit „jeneverbes“
(Wacholderbeeren) zu aromatisieren, ist
nicht bekannt. Es heißt, der in Deutschland
(Hanau) geborene und in den Niederlanden
praktizierende Arzt, Anatom und Naturwis-
senschaftler Franciscus Sylvius (1614–1672;
eigentlich Franz de le Boë), der viele medizi-
nische Tinkturen kreierte, habe um 1650 ei-
nen Verdauungskorn mit Wacholderaroma
komponiert, den er „genièvre“ (franz. für
„Wacholder“) nannte. Beim Volk jedenfalls In den Probierstuben kann man die verschiedensten Sorten
erfreute sich das Getränk umgehend sehr Jenever und Liköre testen – frisch aus dem Fass oder aus der
Flasche.
großer Beliebtheit und hieß bald umgangs-
sprachlich Jenever oder Genever. Auch die
Engländer waren begeistert und brachten
den Schnaps auf die Britischen Inseln mit,
wo er den Namen Gin erhielt.

Auch die Engländer waren begeistert und brachten den Schnaps

auf die Britischen Inseln mit, wo er den Namen Gin erhielt.

Zur Herstellung von Jenever wird aus Gers-

te, Mais und Roggen durch Mälzen, Gären
und dreifacher Destillation zunächst ein
„moutwijn“ (Malzwein) gewonnen. Beim
dritten Brennen erfolgt das Aromatisieren
mit Wacholder. Allein nach dem Malzwein-
anteil und nicht nach dem Alter unterschei-
 DuMont Thema
det man den gelben, traditionellen „oude (al-
ten) jenever“ vom klaren bzw. weißen, mo-
derneren „jonge (jungen) jenever“. Der Oude
Jenever enthält mindestens 15 % Malzwein,
der Jonge Jenever höchstens 15 %; beide
weisen mindestens 35 % Alkohol auf. Der
Alte Jenever hat einen leicht süßen Ge-
schmack und schmeckt nach Wacholdern;
der farblose Junge Jenever entspricht einem
Klaren. Außer mit Wacholderbeeren gibt es
auch Rezepturen mit Anis, Kümmel, Korian-
der und anderen Gewürzen sowie Früchten
wie Zitrone, Apfel, Johannisbeeren, Holun-
derbeeren, Birnen, Pflaumen, Brombeeren,
Pfirsich oder Passionsfrucht.
AUF EINEN BLICK
Besichtigung & Führung
Das „House of Bols“ lädt in die Geschichte der ältesten
Brennerei der Welt ein.
Paulus Potterstraat 14, Amsterdam
M.–Do. 12.00–18.30, Fr. bis 22.00, Sa. bis 20.00 Uhr
www.houseofbols.com
Amsterdamer Probierstuben (Auswahl)
In Amsterdam gibt es seit dem 17. Jh. „proeflokaalen“
zum Verkosten alkoholischer Getränke.
Café In de Wildeman (Kolksteeg 3)
Café 't Smalle (Egelantiersgracht 12)
De Drie Fleschjes (Gravenstraat 18)
Wer die Vielfalt der Jenever
kennenlernen möchte, sollte
eine Probierstube, genannt
„Proef lokaal“, aufsuchen.
BERÜHMTER LIKÖRNAME
Im Jahr 1575 schlug die Geburtsstunde der
berühmten, heute noch bestehenden hollän-
dischen Likörfabrik. Damals eröffnete die
Familie Bols vor den Toren Amsterdams in
einem Holzschuppen einen kleinen Brenn-
betrieb. Später ließ die Familie den Holz-
schuppen, der nach der Erweiterung Ams-
terdams innerhalb der Stadtmauern lag,
durch ein steinernes Gebäude ersetzen und
nannte es zur Erinnerung „’t lootsje“ (der
Schuppen). 1652 wurde Lucas Bols geboren.
Unter seiner Leitung gelangte das Familien-
unternehmen zu großem Namen. Auf der
Basis der in Amsterdam umgeschlagenen
Gewürze schuf er einige Likör-Klassiker, die
bis heute überdauert haben, u.a. Blue Cura-
çao, hergestellt aus Pomeranzen (Bitteroran-
gen). Sie wurden von Curaçao eingeführt, ei-
ner Insel der in der Karibik liegenden Nie-
derländischen Antillen.
Zu weiteren Likör-Klassikern von Bols ge-
hört der Apricot Brandy. Man kann ihn
nicht nur pur genießen, sondern auch her-
vorragend als Basis für Longdrinks und
Cocktails verwenden. So ergeben 5 cl Apri-
cot Brandy, 3 cl Zitronensaft und 2 cl Oran-
gensaft den Cocktail „Apricot Sour“ mit sei-
nem sauer-erfrischenden Geschmack. Ein
großer Renner in Deutschland ist auch der
Eierlikör Advokaat. Heute ist das in Amster-
dam ansässige Unternehmen Lucas Bols ei-
ner der weltweit führenden Likör- und Spiri-
tuosenhersteller, auch von Jenever.
 Friesland ∙ Groningen
82 – 83

Die Auswahl an alkoholischen

Getränken ist in den Spirituo-
senläden des ganzen Landes
groß, wie hier in Sneek.
 02

01
03

06

05 04
Infos
Hart an der Grenze
Leeuwarden, einst Residenz mehrerer Her-
zöge von Sachsen und Nassau, bewahrte
sich die sternförmigen Grachten um sein
historisches Zentrum. Die Menkemaborg in
Uithuizen zählt zu den imponierendsten
Herrensitzen der Niederlanden. In der
Stadt Groningen sorgen über 50 000 Stu-
denten dafür, dass die Historie keinen
Staub ansetzt.
01 LEEUWARDEN
Die friesische Provinzhauptstadt (108 000
Einw.), Austragungsort des jährlichen Domino-
Day, entstand aus drei Terpensiedlungen (Wur-
tensiedlungen). Von hier stammt Mata Hari, in
Paris als angebliche Spionin hingerichtet.
Sehenswert
Im Renaissancebau der Waage (1595) am
Waagplein verkauften die Bauern bis 1884 But-
ter und Käse. Im Het Hof am Hofplein resi-
dierte der königliche Statthalter. Vis-à-vis er-
hebt sich das klassizistische Barockgebäude
des Rathauses (1750), dessen 39 Glocken je-
den Freitag 10.00–11.00 Uhr bespielt werden.
Aus dem 16. Jh. stammt der Turm Oldehove.
Museen
Im Tresoar ist das Frysk Histoarysk & Letter-
kundich Sintrum, das Friesische Literaturmu-
seum, untergebracht (Boterhoek 1, www.tre-
soar.nl; Mo. 13.00–17.00, Di.–Fr. ab 9.00, Sa. bis
13.00 Uhr). Das Fries Museum widmet sich
der friesischen Kulturgeschichte (Wilhelmina-
plein 92; Di.–So. 11.00–17.00 Uhr; www.fries-
museum.nl). Im Princessehof ist heute das
Museum für Keramik beheimatet (Grote Kerk-
straat 11, www.princessehof.nl; Di.–So. 11.00
bis 17.00 Uhr).
Hotel
Das Eden Oranje liegt im Herzen der Stadt
(Stationsweg 4, Tel. 058 2 12 62 41, www.eden
oranjehotel.com, DZ ab 122 €).
Information
VVV Leeuwarden,
Sophialaan 4, NL-8911 AE Leeuwarden,
Tel. 058 2 34 75 50,
www.vvvleeuwarden.nl
02 DELFZIJL
Drei Schleusen (Zijlen) im Fluss Delf gaben dem
heute größten Seehafen der Nord-Niederlande
den Namen (25 700 Einw.). Krimi-Freunde tref-
fen Kommissar Maigret (jedenfalls sein Denk-
mal) am Jaagpad.
Friesland ∙ Groningen
84 – 85
Museen
Das Muzeeaquarium ist die Kombination von
Seeaquarium, subtropischem Schwimmbad,
Heimatmuseum, Muschelsammlung und
Schifffahrtsmuseum (Zeebadweg 7a, www.mu-
zeeaquarium.nl.; tgl. 10.00–16.30 Uhr).
Hotel
Das Eemshotel steht wie ein moderner Pfahlbau
auf Stelzen im Wasser (Zeebadweg 2, Tel. 0596
61 26 36, www.eemshotel.nl, DZ ab 97,50 €).
Elegant ist das Landgoed Ekenstein (Alberda-
weg 70, Appin ge dam, Tel. 0596 62 85 28, www.
ekenstein.com, DZ ab 99 €).
Umgebung
Termunterzijl (7 km östl.), Termuntens Krab-
benhafen, besitzt einen künstlich aufgeschüt-
teten Sandstrand; am Jachthafen regelt eine
Schleuse von 1724 den Wasserpegel. Das
ehem. Hafenstädtchen Appinge dam (5 km
westl.) liegt sehr reizvoll am Wattenmeer, wird
von einem Festungswall umgeben und hat ein
sehenswertes Stadtmuseum (Wijkstraat 25; Di.
bis Fr. 11.00–17.00, Sa./So. ab 13.00 Uhr).
Information Der schiefe Turm von Leeuwarden: Oldehove
VVV Delfzijl
Schoolstraat 6, Museen
NL–9934 CD Delfzijl Auf der Museumsinsel am Bahnhof liegt das
Tel. 0596 61 81 04; Groninger Museum (www.groningermuseum.
www.topvangroningen.nl nl; Di.–So. 10.00–17.00 Uhr). Im Stripmuseum
treffen Comicfreunde ihre Helden (Westerha-
ven 71, www.stripmuseum.nl, Di. bis So. 10.00
03 GRONINGEN bis 17.00 Uhr). Interessant sind auch das Nor-
dische Schiff fahrtsmuseum mit Groninger
Groningens Provinzhauptstadt (198 000 Einw.) Seefahrtsver gangenheit (Di.–Sa. 10.00–17.00,
wurde zwar „erst“ im Jahr 1040 erwähnt, ist So. 13.00–17.00 Uhr, Brugstraat 24, www.noor-
aber wesentlich älter. Der einst zur Hanse ge- delijkscheepvaartmuseum.nl) und das Tabak -
hörende Handelsplatz wurde im Zweiten Welt- museum im selben Haus mit einer Kulturge-
krieg stark in Mitleidenschaft gezogen; heute schichte des blauen Dunstes.
wetteifern hier 48 his torische und futuristische
Bauten auf nur einem Quadratkilometer um die Veranstaltungen
ihnen gebührende Aufmerksamkeit. Karfreitag verwandelt der Blumenjahrmarkt
das Zentrum in ein Blütenmeer. Das Open-Air-
Sehenswert Festival Swingin’ Groningen hüllt die Alt-
Die Aussicht vom 97 m hohen Turm der Marti- stadt eine Woche ab dem letzten Juniwochen-
nikirche (13. und 15. Jh.; Mo.–Sa. 12.00–16.00 ende in eine Klangwolke. Den 28. Aug. feiern
Uhr), „d’Olle Grieze“ (der alte Graue) genannt, die Groninger mit dem Riesen-Stadtfest Gro-
fällt auf Rathaus (1777 bis 1810) und Goldkon- ningens Ontzet als Befreiungstag von spani-
tor (1635), die Baugruppe des Prinsenhof als scher Belagerung.
ehem. Sitz der Bischöfe und deren Statthalter
(15. Jh., barocker Garten), die gusseiserne Kon- Hotel
struktion der Getreidebörse (1865), auf Aka- Das schmale Hotel de Ville mit Renaissance-
demie und zu Wohnungen ausgebaute Spei- fassade liegt im historischen Zentrum (Oude
cherhäuser. Die Bahnhofswartehalle im Ju- Boteringestraat 43–45, Tel. 050 3 18 12 22,
gendstil erzeugt Herzklopfen. Das moderne www.nh-hotels.de, DZ ab 119 Euro).
Verwaltungsgebäude der Gasunie („Affenfel-
sen“) erinnert daran, dass die Niederlande Erd- Restaurants
gasförderland sind – wobei großer Wert auf Ins ’t Gerecht, ein Bistro mit französischer
Umweltverträglichkeit gelegt wird. Note, sollte man Hunger mitbringen, denn die
Infos
Einer der schönen Groninger Bauernhöfe
Portionen sind riesig (Oude Boteringestraat 45,
Tel. 050 3 18 12 22).
Ausgehen
Rund 160 Kneipen, Diskotheken, Restaurants,
Bistros und Eetcafés ohne feste Schließzeiten
versüßen die Qual der Wahl. Besonders an der
Südseite des Grote Markt, einer echten Stu-
dentenszene, steigt der Bierkonsum.
Umgebung
Einer der ältesten europäischen Botanischen
Gärten (1642) ist 5 km südl. der 20 ha große
Hortus Haren (Kerklaan 34, Haren, www.hor
tusharen.nl; März–Okt. tgl. 10.00–17.00 Uhr).
Abrahams Senf- und Essigmacherei mit ange-
schlossenem Restaurant in Eenrum (Molen-
straat 5, www.abrahamsmosterdmakerij.nl; Mu-
seum Mi., Do., Sa., So. 1200–17.00 Uhr) werkelt
auch in der Mühle De Lelie. In Houwerzijl (8 km
südwestl., östl. Zoutkamp) schenkt das Museum
Theefabriek 175 Tees ein (Hoofdstraat 15,
www.theefabriek.nl; April–Okt Di.–So. 10.00 bis
17.00 Uhr, übrige Monate Sa. u. So.). Der kleine
Ort Uithuizen ist durch seine Wasserburg
Menkemaborg bekannt. Sehenswert ist der fran-
zösische Stilgarten mit Rosengängen und Irrgar-
ten um die Menkemaborg (www.menkemab-
org.nl; März–Dez. Di.–So. 10.00–16.00/17.00 Uhr,
Jan. u. Feb. geschl.). Zum Freilichtmuseum Het
Hoogeland gehören ein bewohnter Dorfteil in
Warffum (8 km westl., www.hethoogeland.com,
April–Okt. Di.–Sa. 10.00–17.00, So. ab 13.00 Uhr).
Information
VVV Groningen, Grote Markt 25,
NL-9712 HS Groningen, Tel. 0900 2 02 30 50,
toerisme.groningen.nl
04 BOURTANGE
Mit der sternförmigen, fünfeckigen Festung, ab
1580 in mooriger Umgebung erbaut, erzwang
Willem von Oranien das von Spaniern besetzte
Groningen zurück.
Sehenswert
Aufwendig restauriert ist die frei zugängliche
Festungsanlage TOP ZIEL mit Wällen und
wassergefüllten Gräben, ein Erlebnis das Mu-
seumsdorf innerhalb der Festungsmauern (www.
bourtange.nl, tgl. 10.00–17.00 Uhr).
Hotel
In der Festung gibt es u.a. eine Soldatenunter-
kunft und eine Kapitänsunterkunft (DZ je 79 €).
Umgebung
In Winschoten (nordw.) werden die Energien
früherer Zeiten präsentiert – Wind, Dampf. Das
dampfbetriebene Schöpfwerk Stoomgemaal
ist heute blitzblankes Museum (Juli–Aug., Oos-
tereinde 4, www.stoomgemaalwinschoten.nl).
Information
Vesting Bourtange, Willem Lodewijkstraat 33,
NL-9545 PA Bourtange,
Tel. 0599 35 46 00, www.bourtange.nl
05 EMMEN
Drenthes schnörkellose Großstadt (108 000
Einw.) schmückt sich mit einem der schönsten
und größten Zoos Europas. Im Umkreis liegen
besterhaltene Hünengräber und Urnenfelder.
Museum
Der 1681 erbaute niedersächsische Bauernhof
Nabershof dient als uriges Heimat- und Trach-
tenmuseum (Noordeind 21, nabershof.nl; April
bis Sept. 12.00–16.30 Uhr).
Restaurant
Chinesisch-indische Küche gibt es im Oriental
Delight (Boslaan 138, Tel. 0591 64 23 40). Der
Service ist freundlich und flott.
Umgebung
Freunde von Schmalspurbahnen finden eine
große Kollektion im Nationaal Smalspoormu-
seum von Erica (7 km südl., Mai–Okt. Mi. 13.00
bis 16.30, Do., Sa. 10.00–16.30, So. 11.00 bis
16.30 Uhr; Fahrten stündlich ab 10.30, 11.30
bzw. 13.30 Uhr, www.smalspoorcentrum.nl). Im
Van-Gogh-Huis lebte und arbeitete der Künst-
ler 1883 zwei Monate (Nieuw-Amsterdam, 8
km südl., www.vangogh-drenthe.nl; Di. bis So.
13.00–17.00 Uhr). Auf das 13. Jh. geht die Klos-
teranlage Ter Apel zurück, heute Museum für
Religionsgeschichte und sakrale Kunst (13 km
nordöstl., www.kloosterterapel.nl; Di.–Sa. 10.00
bis 17.00, So. ab 13.00 Uhr). Im Veenpark De
wereld van Veen, einem Freilichtmuseum,
dreht sich alles ums Moor (ab April tgl. 10.00
bis 17.00, Juli/Aug. bis 18.00 Uhr, Barger-Com-
pascuum, 9 km südöstl., www. veenpark.nl).
Das ganze Dorf Orvelte ist ein bewohntes Frei-
Tipp
Schiffsausflüge
Etwa 55 Minuten dauert die Überfahrt
von Eemshaven (mit Auto) auf die Insel
Borkum (www.borkumlijn,nl), 30 Minuten
mit dem Katamaran, Apr.–Okt. tgl. 4 bis 7
Mal. Eine Fahrradfähre (Mai–Sept. Fr.–So.
8.00 Uhr) fährt von Delfzijl über Knock
(Dtl.) nach Borkum.
 Friesland ∙ Groningen
Kapitel
<Kein(e,r)>
86 – 87

DuMont Aktiv
lichtmuseum, in dem man lebt und arbeitet
wie vor 150 Jahren. Wer nicht gehen kann oder
will, fährt mit der Pferdetram. Im Freilichtmu-
seum der Riesen Ellert en Brammert (Schoo-
noord, 6 km östl., www.ellertenbrammert.nl,
April–Okt. tgl. 9.00–18.00 Uhr) ist ein Blick in
Zu den Seehundbabys
das Leben im Moor möglich.
In der Provinz Groningen, ganz oben, wo die niederländische Welt am
Information Watt zu Ende geht, beginnt jedes Jahr für Hunderte von Seehund-Babys
Tourist Info Emmen, Hoofdstraat 26, NL–7811
EP Emmen, Tel. 0591 649712, www.emmmen.nl
der Himmel auf Erden. Aus Schwäche von der Mutter getrennt, in
Fischernetze geraten oder von Viren und Bakterien gequält, wären sie
ohne Lenie’t Hart dem sicheren Tod ausgesetzt.
06 ASSEN
Lenie’t Hart (deutsch: Herz), eine
Weltbekannt ist Drenthes Provinzhauptstadt
(67 000 Einw.) bei Motorsportfreunden durch
Sekretärin, begann 1972, sich um
die TT-Motorrad-Rennstrecke. gerettete Seehunde in ihrem Hin-
terhof zu kümmern. Ohne staatli-
Museum che Unterstützung, alleine aus
Im Drents Museum in mehreren historischen
Spenden und ihrem eigenen Ver-
Gebäuden (17.–19. Jh.) lagern Kulturschätze
und Moorleichen (Di.–So. 11.00–17.00 Uhr,
mögen, baute sie ein einzigartiges
Brink 1, www.drentsmuseum.nl). Seehund-Rehabilitations- und For-
schungs-Center auf. Beim großen
Aktivitäten Robbensterben 1988 war sie maß-
In Europas größtem Verkehrs park ist der Stra-
geblich an der Ursachen-Erfor-
ßenverkehr spielend zu bewältigen (De Haar 1,
www.verkeersparkassen.nl; Apr.–Sep./Okt. fe-
schung beteiligt.
rienabhängig tgl. 9.30–17.00 Uhr).
ZIEL: DIE FREIHEIT
Veranstaltungen Die Zeehond-Creche (übersetzt
Von April bis Okt. liefern sich Tourenwagen,
Säuglingsheim) ist kein üblicher
Motorräder und Trucks auf der TT-Rennstrecke
wilde Rennen (www.ttcircuit.com). Der Zuid-
Zoo mit Zuschauerbelustigung,
laardermarkt ist ein großer Pferdemarkt und fin- weil das Leben im Wattenmeer
det immer am 3. Di. im Okt. statt (Zuidlaren, 12 durch toxische Substanzen, durch
nordöstl, www.zuidlaardermarkt.eu). Tourismus, Fischerei und andere
menschliche Aktivitäten bedroht
Restaurant
De Gulle Gans ist voll im Bio-Trend mit Fleisch
ist und auch weil die Akteure we- freuen sich auf die Auswilderung.
und vegetarischen Gerichten. „Gul“ heißt frei- der Bällchen balancieren noch in Anderen mit Triefaugen möchte
giebig und steht für Riesenportionen (Markt 18, die Flossen klatschen, sondern man am liebsten einen warmen
Tel. 0592 30 26 67, www.gullegans.nl). krank oder auf dem Weg der Bes- Schal umbinden. Alles in allem:
serung sind. Einige flutschen für Tierfreunde ein wunderschö-
Umgebung
Ein Ort des Gedenkens ist das Durchgangslager
schon flott durch das Becken und nes Erlebnis!
Westerbork, das an 107 000 Juden erinnert,
die hier für den Transport ins KZ zu sam-
mengetrieben wurden (Hooghalen, 7 km südl.,
www.kampwesterbork.nl; Mo.–Fr. 10.00 bis WEITERE INFORMATIONEN
17.00, Sa./So. ab 13.00, Apr.–Aug. ab 11.00
Uhr). Das Hunebed-Centrum in Borger (25 km
südöstl., www.hunebedcentrum.eu) bewahrt
Kindern gilt die besondere Auf- • Öffnungzeiten
das größte Hünengrab Europas (22,5 m lang, merksamkeit der Pfleger. Gedul- tgl. 9.00–17.00 Uhr
Mo.–Fr. 10.00–17.00, Sa./So. 11.00–17.00 Uhr). dig werden Fragen beantwortet • Eintritt: Erwachsene: 5 Euro
und sie dürfen, verhüllt in einen Kinder unter drei Jahre gratis
Information spritzdichten Kittel, beim Füttern Hoofdstraat 94a, 9968 AG Pieter-
VVV Assen, Marktstraat 8-10,
NL-9401 JH Assen, Tel. 0592 24 37 88,
helfen. Wer mag, darf sich sein buren, Tel. 0595 52 65 26
www.vvvassen.nl eigenes Seehund-T-Shirt bemalen. • www.zeehondencreche.nl
 Overijssel ∙ Gelderland
88 – 89

Schlösser-
pracht im
Herzen des
Landes
Die IJssel band von jeher die Provinzen Over-
ijssel und Gelderland zusammen. Sieben
ideenreiche Hansestädte an ihren Ufern
praktizierten bereits im 14. Jahrhundert euro-
päisches Marketing. Der Adel versteckte seine
malerischen Landsitze und Parks – fern von
den drangsalierenden Statthaltern – im Ach-
terhoek und in Twente. Von industriellen Ent-
wicklungen lange unbeachtet, haben die bei-
den Regionen nun das Lied von der Idylle
angestimmt.

Versailles war der Maßstab: Um das Paleis Het Loo bei Apeldoorn
wurde der spätbarocke Garten rekonstruiert.
Gartengeschichte erzählt der Kulturgarten
Marxveld im Städtchen Vollenhove.

Ein Fahrradausflug in Giethoorn mit perfektem

Papa-Service
 Overijssel ∙ Gelderland
90 – 91

D ie IJssel, einst pulsierende

Hauptader und heute Freizeitre-
vier, gibt sich die Ehre als
Namenspatronin einer ganzen Provinz.
Mit der Versandung des Flusses verlo-
ren die drei Hansestädte Zwolle, Deven-
ter und Kampen zwar ihr wichtigstes
wirtschaftliches Pfand, aber ihr histori-
sches Erbe – mittelalterliche Stadttore,
Türme, Kirchen und kunstvolle Fassa-
den – gehört zum gelebten Alltag.
Hochhäuser und Betonburgen sucht
man vergeblich.

DAS BESTE REET EUROPAS

Rein landschaftlich teilt sich Overijssel
in drei Regionen. West-Overijssel ist
das wasserreiche Naturgebiet des IJssel-

Die IJssel ist heute Freizeit-

paradies für Hobbykapitäne
und Kanuten.

meers mit den ruhmreichen Hansestäd-

ten und vom Fischfang geprägten Zui-
derzee-Dörfern, die sich nach der Tro-
ckenlegung des Flevopolders mitten im
Land gelegen wiederfanden. Dafür hin-
terließ der übertriebene Torfabbau mit
zu schmalen, von Wind und Wellen
weggespülten Landrippen zwischen
Blokzijl, Giethoorn und Zwartsluis
große Wasserflächen. Strategischer
ging man in den Weerribben vor. Der
Nationalpark dient bis heute aber auch
als willkommene Einkommensquelle.
Sein Reet zum Eindecken von Dächern
gilt als das beste in ganz Europa. Mit 50
Jahren Haltbarkeit übertrifft es alle an-
deren Qualitäten um Jahrzehnte, und so
stapeln sich die goldgelben Bündel
überall an den Ufern der Wasserläufe.
Mit Argusaugen wird darüber gewacht,
dass nur hiesige niederländische Quali-
tät in den Handel kommt – aus gutem
Grund, wurde doch schon in soge-
nannte Kalenberg-Bündel umverpackte
osteuropäische Ware gesichtet, und das
zum Kalenberg-Preis.
Giethoorn liegt in einem riesigen Moorgebiet, wird von zahlreichen Kanälen durchzogen und
„Venedig des Nordens“ genannt – ideal für Ausflüge mit dem Boot.
Windmühle und Brücke – ein typisches Bild, auch in der ehemaligen Hansestadt Harderwijk

Nahe Arnhem in ’s-Heerenberg liegt Huis Bergh, ein mächtiges Backsteinschloss ...
Special DIE VELUWE
Ausflugstauglich
Es herbstelt in der Hoge Veluwe
Mit ihren alten Wäldern, urtümli-
chen Heideflächen und bewaldeten
Sanddünen ist diese Landschaft der
Niederländer liebstes Ausflugsre-
vier.
Die Veluwe genießt als größtes zu-
sammenhängendes Naturgebiet der
Niederlande Kultcharakter. Es um-
fasst 10 000 Hektar und reicht mit
fünf Parkfingern bis nach Arnhem
hinein. Das Herz der Veluwe ist der
eingezäunte Nationalpark „Hoge Ve-
luwe“, in dem Naturfreunde bei
einem Streifzug allerlei Wild entde-
cken können. Weltberühmt wurde er
durch die Kunstkollektion des Indus-
triellen-Ehepaars Helene und Anton
Kröller-Müller. Mit ihrem Museum
und Skulpturenpark legten sie den
Grundstock für den heute von einer
Stiftung verwalteten Nationalpark.
Kultureller Höhepunkt: die jährlich
stattfindende „Sweet Summer
Night“ des Museums.
Overijssel ∙ Gelderland
92 – 93
... mit passender Brücke.
WO DIE HEIDE BLÜHT
In der Mitte der Provinz – zwischen
den Flüssen IJssel und Regge – liegt das
Salland mit herrlichen Wäldern, Fluss-
auen, Sandverwehungen, kilometerlan-
gen Heidefeldern und den Heuvelrug-
Bergen, einer eiszeitlichen Hinterlas-
senschaft. Im August wirft die
blühende Heide ein erikafarbenes Tuch
darüber. Im Winter ziehen die Langläu-
fer ihre Spuren in den Schnee.
Twente, ganz im Osten, war bis vor 200
Jahren durch Morast fast abgetrennt.
Deshalb unterscheiden sich Baustil und
Mentalität zu West-Overijssel. Deutsch
ist hier kaum Fremdsprache und klingt
schon sehr nach Münster und Osna-
brück.
DAS HERZ DER NIEDERLANDE
Drei große Flüsse portionieren Gelder-
land, die größte Provinz der Nieder-
lande, in drei topografisch unterschied-
liche Landschaften. Der Rhein bildet die
Grenze zwischen der waldreichen
Veluwe im Norden und der sonnenrei-
chen Betuwe im Süden. Maas, Waal und
Niederrhein durchströmen diesen
„Obstgarten Europa“, der seine Farben
im Rhythmus der Saison unendlicher
Obstplantagen wechselt wie eine mode-
bewusste Frau. Und im Osten zieht die
IJssel eine kurvige Linie hinter dem
„Achterhoek“, der ans Münsterland
Die gotische St. Stevenskerk in Nijmegen geht auf eine Gründung um 1260 zurück.

Anschauungsobjekte: Das Kröller-Müller-Museum in Arnhem präsentiert unter anderem die zweitgrößte Sammlung von Werken van Goghs (nach dem
Van Gogh Museum in Amsterdam).

Nijmegen ist wie Rom auf
sieben Hügeln erbaut und als
römische Gründung die
älteste Stadt des Landes.
Gleich neben der St. Stevenskerk öffnet sich Nijmegens Grote Markt mit Waage.
grenzt. Der sogenannte „Achterhoek“,
diese „Hintere Ecke“, weit ab vom
Schuss und von Siedlern und Kaufleu-
ten verschmäht, von feinen Herrschaf-
ten auf ihren Landsitzen verschwiegen
genossen, verschlief allerdings auch die
Industrialisierung. Klein, intim, fast
anonym sind die wenigen Dörfer, reich-
lich die Radler-Wegweiser und reprä-
sentativ etliche Eichenalleen. Schließ-
lich musste der empfindliche Teint bei
den fürstlichen Ausflügen geschützt
werden …
GLORREICH DIE HANSEZEITEN
Die IJssel, über Jahrhunderte hinweg
der wichtigste Zugang zu den Weltmee-
ren, verhalf auch den drei Gelderländer
Hansestädten Zwolle, Deventer und
Kampen zu Wohlstand und internatio-
naler Bedeutung. Aus Russland kamen
Getreide und Pelze, aus Norwegen Stock-
fisch, aus England Wolle und Stein-
kohle, Salz aus der Biskaya, aus dem Sü-
den Wein und Steinzeug und aus
Deutschland Bier.
Die Versandung der IJssel im 16. Jahr-
hundert brachte den lukrativen Handel
zum Erliegen. Und so tummeln sich
heute Segler, Surfer und Kanuten auf
Nebenarmen und Buchten. Doch das
Hanse-Bündnis an der alten IJssel lebt
weiter als kultureller und auch touristi-
scher Impulsgeber.
Overijssel ∙ Gelderland
94 – 95
ARNHEM UND SEIN UMLAND
Etwas südlicher, im Schnittpunkt von
Veluwe, Betuwe und Achterhoek liegt
Arnhem, Provinzhauptstadt und guter
Ausgangspunkt, die Region kennenzu-
lernen. Apeldoorn zum Beispiel ist ein
attraktives Ziel, umringt von Veluwe-
Wäldern und wegen mehrerer Reichs-
behörden als „Zweiter Schreibtisch der
Niederlande“ bezeichnet, der etwas vom
Glanz des Königsschlosses Het Loo auf
sein nüchternes Umfeld leiten möchte.
Auch Nijmegen nahe der deutschen
Grenze lohnt den Besuch. Die Stadt ist
wie Rom auf sieben Hügeln erbaut und
als römische Stadtgründung die älteste
Stadt der Niederlande.
MARIKEN VAN NIEUMEGHEN
Zwei Skulpturen, Hauptdarsteller eines
mittelalterlichen Mysterienspiels, er-
mahnen die Nijmeger täglich zu sitt-
samem Leben. Mariken, ein junges
Mädchen, steht vor dem Kirchbogen,
geläutert, nach sieben Jahren „Leben in
Sünde“. Der Verführer Moenen ist in
Wahrheit der Teufel und hockt nun als
figürliche Fratze mit dem Rücken zur
Kirche neben der Lateinschule. Die
Vijfringengas erinnert an die fünf
Ringe, die Mariken als Strafe um den
Hals tragen musste. Sie sprangen ab, als
die Sünde vergeben war, und hängen
heute an einem Pfahl am Gassenende.
MYTHOS HOLLÄNDISCHE TOMATEN

Im Glashaus
Wenn in Deutschland Kinder ihre Stiefel für den Nikolaus aufstellen,
beginnt in Holland die Tomatensaison. Jetzt pflanzen die Bauern ihre
Setzlinge in die Gewächshäuser, damit sie ab März ernten können.

E s sind keine Gourmets, die sich heute

noch über „Holländische Wasserbeutel“ lus-
tig machen. Seit dem Stern-Bericht 1993
über die Geschmacklosigkeit der Holländi-
schen Tomate entzündete sich ein wahrer
Wettstreit unter Hollands Tomatenzüchtern.
Strauch- oder Rispentomaten, Cherry- und
Pflaumentomaten überraschten mit einer
Geschmacksrevolution, die fortan auf Ver-
kostungen die ersten Preise einheimsten.
Die Deutschen merkten davon nicht viel,
weil sich die Importeure der großen Han-
delsketten vorerst nicht an Holländische To-
maten heranwagten; so überdauerte das
schlechte Image Jahrzehnte.

UMWELTSCHUTZ WURDE MASSIV

Hummeln übernehmen die Bestäubung der
Tomatenpflanzen.
VERSCHÄRFT
Doch in Holland geschah noch mehr. Mit
den neuen Sorten entwickelte sich auch ein
ökologisches Denken und nicht nur als Ver-
kaufsargument, sondern als Strategie für die
Zukunft. Neue strenge Umweltgesetze
zwangen zum ökologischen Umgang mit
Wasser, Sonne, Dünger, Pflanzenschutz,
Wahl der Transportbehälter und Transport-
wege. Wer sich dem widersetzte, verlor
seine Existenz.
Anders als in Kleingärten entwickeln sich
holländische Tomaten nicht in Erde, son-
dern in einem viereckigen Quader aus Stein-
wolle, der mit Nährlösung getränkt wird.
Das ermöglicht, dass Pflanzen mit Schädlin-
gen einfach entfernt werden können, ohne
 DuMont Thema
Overijssel ∙ Gelderland
96 – 97

Strauchtomaten haben alle anderen Sorten längst überholt. Sie werden erst geerntet, wenn alle Früchte
einer Rispe rot sind. In den Gewächshäusern von Barloo reifen Tomaten für den Export heran.

die Nachbarpflanze anzustecken; denn auf Deutschland bezieht jährlich inzwischen

Insektizide wird nun verzichtet. Den Beweis weit mehr als 300 000 Tonnen; davon etwa
liefern puschelige Hummeln, die in kleinen 50 000 Tonnen normale Tomaten, rund
Pappköfferchen zwischen den Pflanzen 230 000 Tonnen Strauchtomaten, 18 000
wohnen und die Bestäubung übernehmen. Tonnen Cherry- und 13 000 Tonnen Pflau-
Spritzmittel würden sie nicht überleben. mentomaten.
Wie Lianen hangeln sich die Pflanzen an
Drähten hoch bis zum Dach des Glashauses.
Damit der Ernter nicht auf die Leiter muss,
werden die Drähte mit den Pflanzen im Ver-
lauf des Wachstums herabgelassen und seit-
lich wie Schläuche weitergezogen, so dass BESICHTIGUNG & FÜHRUNG
die erntereifen Tomaten immer in Boden-
nähe hängen. Mit einer Art Lore fährt der Seit über 30 Jahren laden die Gemüsezüchter mit der
Tomatenbauer zwischen den Reihen hin- Initiative „Kom in de Kas“ (Komm ins Gewächshaus)
durch und muss nur rechts und links nach an einem Wochenende Ende März oder Anfang April
den roten Früchten greifen. zur Besichtigung in jährlich wechselnden Regionen des
Landes ein.
VON WEGEN EINHEITSTOMATE
Die ersten Rispentomaten ernteten Neugier www.komindekas.nl
und auch gleich Nachahmer. Sie dürfen in
Holland erst geschnitten werden, wenn alle
Früchte einer Rispe rot sind. Denn erst in
der letzten Phase der Reife entwickelt sich
der Geschmack. Der würzige Duft stammt
indes vom Stengel. Gourmets nützen ihn als
Geschmackszutat für Fonds und Soßen.
Heute werden in Holland ungefähr 40 ver-
schiedene Tomatensorten angebaut. Allein
 01 02

03 07

04

05

06
Infos
Zauber alter Hansestädte
Patrizierhäuser, mittelalterliche Stadtbe-
festigungen und imposante Kirchen zeugen
von der wirtschaftlichen Bedeutung etli-
cher ehemaliger Hansestädte (niederl.
„Hanzesteden“), Diese allesamt am IJssel-
Fluss gelegenen Städte bildeten im 14. und
15. Jh. einen zu enormem Wohlstand füh-
renden Handelsbund. Ein kultureller Höhe-
punkt der Region ist das berühmte Kunst -
museum Kröller-Müller im weitläufigen Na-
tionalpark Hoge Veluwe.
01 KAMPEN
Mit ihren in den Himmel ragenden Türmen rückt
die ehem. Hansestadt (51 000 Einw.) schon von
Weitem ins Auge des Interesses.
Sehenswert
Herzstück der Altstadt ist das Ensemble aus al-
tem (14. Jh.) und neuem (16. Jh.) Rathaus mit
dem Schöffensaal. Das Glockenspiel des
Nieuwe Toren (Heiliggeistturm) unterhält
Mo.vormittags mit poppigen Klängen. Rutger
von Köln entwarf die auf einem Hügel stehende
gotische, St. Nikolaas geweihte Bovenkerk
(14.–16. Jh.). „Fresken des kleinen Mittelstands“
nennen die Kampener ihre Muurreclames, ge-
malte Werbung an vielen der Altstadthäuser.
Museum
Das Stedelijk Museum erzählt die Geschichte
Kampens und widmet sich vier Themen: dem
Wasser (die Stadt ist durch das Wasser reich ge-
worden), der Rechtsprechung (Kampen erhielt
im Mittelalter Stadtrechte), der Reformations-
zeit und dem Haus von Oranje (Oude Straat 133,
Di.–So. 10.00–17.00, So. ab 13.00 Uhr, www.ste
delijkmuseumkampen.nl). Fromme Fürbitten
stellt das Ikonenmuseum aus – rund 200 Iko-
nen (15.–19. Jahrhundert) vorwiegend aus Russ-
land und Griechenland (Buiten Nieuwstraat 2,
Di. und Mi. 13.00–17.00, Do.–Sa. ab 10.00 Uhr,
ikonenmuseumkampen.nl).
Hotel
Das Van Dijk liegt an der IJssel, wo zu Hanse-
zeiten Koggen ihre Waren löschten (IJsselkade
30, Tel. 038 3 31 49 25, DZ 87,50 €, www.hotel
vandijk.nl).
Restaurant
Im De Olde Vismark kann man am Wasser ge-
nüsslich über die Hanse sinnieren (IJsselkade
45, Tel. 038 3 31 34 90, www.vismark.nl).
Information
Tourist Info Punt Kampen
Oudestraat 41–43, NL–8261 CD Kampen
Tel. 038 3322522, www.ontdekdeijsseldelta.nl
Mittelalterliches Zwolle: das fünftürmige Sachsentor – „Sassenpoort“
02 ZWOLLE
Sternförmig umschließt die Gracht auf der ehe-
maligen Befestigungslinie die Provinzhaupt-
stadt (123 000 Einw.) an der Mündung von
Vecht und IJssel.
Sehenswert
In der Grote Kerk (15. Jh.) auf dem Grote Markt
spielt eine Arp-Schnitger-Orgel. Das im Jahr
1408 erbaute fünftürmige Sassenpoort (Sach-
sentor) darf bestiegen werden.
Museum
Wohnkultur und Wechselausstellungen zeigt das
Stedelijk Museum (Melkmarkt 41, www.stede
lijkmuseumzwolle.nl; Di.–So. 11.00–17.00 Uhr).
Hotel
Fidder Zwolle ist eine Offenbarung für Ju-
gendstil-Fans, außen wie innen (Konigin-Wilhel-
minastraat 6, Tel. 038 4 21 83 95, DZ ab 100 €,
Jugendstilzimmer 175 €, www.hotelfidder.nl).
Umgebung
Giethorn (40 km nördl.) TOP ZIEL, auch „klei-
nes Venedig des Nordens“ genannt, wurde
1230 gegründet. Hier liegt fast jedes Häuschen
auf einer Insel. Am letzten Aug.-Sa. fahren ge-
schmückte Gondeln durch das Kanäle labyrinth.
Information
Zwolle Tourist Info, Stedelijk Museum
Melkmarkt 41, NL–8011 ML Zwolle
Tel. 038 4215392, www.zwolletouristinfo.nl
03 HARDERWIJK
In der ehem. Hansestadt (45 000 Einw.) erzäh-
len prächtige Häuser mit kunstsinnigen Giebel-
steinen von früherem Wohlstand und Stolz.
Overijssel ∙ Gelderland
98–99
Einst reichte vom Vischpoort ein langer Steg in
die ehemalige Zuiderzee zum Ent laden wert-
voller Frachten aus aller Welt.
Sehenswert
Im Rathaus (1727) am Markt hängen antike Le-
dertapeten. Aufwendig renoviert wurden die
Häuser am Fischmarkt. Das Dolfinarium zieht
jährlich 3 Mio. Besucher an. Walrösser, Robben
und Rochen bevölkern verschiedene Wasserbe-
cken. Ein 3-D-Kino zeigt die Wasserwelt ganz
plastisch (Strandboulevard Oost 1, www.dolfina-
rium.nl; April–Okt. tgl. 10.00–17.00, Juli/Aug. bis
18.00 Uhr, im Feb./März nicht an allen Tagen
geöffnet).
Museum
Das Stadsmuseum bewahrt Zeugnisse Harder-
wijks und der Veluwe (Donkerstraat 4, www.
stadsmuseum-harderwijk.nl, Di.–Sa. 10.00–17.00,
So. ab 12.00 Uhr).
Restaurant
Wim und Tina kochen im Ratatouille, einst ein
Kapelle, inmitten moderner Kunst und bei ge-
hobenem Preisniveau (Tel. 0341 43 12 56,
Visch markt 6, www.rttll.nl).
Umgebung
Das autofreie Festungsstädtchen Elburg (rund
17 km nordöstl), ehemalige Hansestadt mit
Schachbrett–Straßenmuster, gilt als Pilgerziel
der Fischesser. Das Vischpoort (Fischtor)
stammt von 1397 und wurde 1592 umgebaut.
Das Städtische Museum im einstigen Agnieten-
kloster zeigt Exponate zur Stadtgeschichte (Di.
bis Sa. 11.00–17.00 Uhr, www.museumelburg.nl).
Information
VVV Harderwijk, Bleek 102,
NL-3841 GC Harderwijk, Tel. 055 5 26 02 00,
www.vvvharderwijk.nl
Infos
04 DEVENTER
Einst Hansestadt, vermittelt die moderne Stadt
an der IJsssel (98 000 Einw.) im restaurierten
Berg-Kwartier noch mittelalterliches Flair.
Sehenswert
Auf den Resten einer romanischen Kirche
wurde die gotische Grote Kerk errichtet. Am
Brink, einem von schönen Fassaden umgebe-
nen Platz, stehen die spätgotische Waage
(1531; Historisches Museum, Di.–Sa. 10.00 bis
17.00, So. ab 13.00 Uhr). Ab Ende Juni finden je-
weils Samstag von 10.00–17.00 Uhr landesweit
bekannte Antikmärkte (Brocante) statt.
Hotel/Restaurant
Hanzestadslogement De Leeuw in der Alt-
stadt hat Treppengiebel, Teestube, Bäcker-
lädchen und ein Hansemuseum (Nieuwstraat
25, Tel. 0570 61 02 90, www.hoteldeleeuw.nl,
DZ ab 79 €). ’t Arsenaal residiert in der Ruine
der ehemaligen 3-schiffigen Mariakirche aus
dem 17. Jh. (Nieuwe Markt 33, Tel. 0570 61 64
95, www.res taurantarsenaal.nl).
Umgebung
Prominente bauten sich prachtvolle Villen in
dem einst unbedeutenden Heidedorf Apel-
doorn, das heute 157 000 Einw. hat. Das Paleis
Het Loo, einst königlicher Besitz, wurde 1984
zum Museum, das königliche Wohnkultur prä-
sentiert (www.paleishetloo.nl; Di.–So. 10.00 bis
17.00 Uhr). Die besonders gut erhaltene ehem.
Hansestadt Zutphen (sprich Süttfen) ist das
Zentrum der Achterhoek. Die „Stadt der
Türme“ besitzt 366 Bauten unter Denkmal-
schutz, darunter das Wijnhaus (17. Jh.) am Gro-
enmarkt, zwei Stadttore, Befestigungsmauern
und Patrizierhäuser aus Hansezeiten. Das Ste-
delijk Museum ist das Heimatmuseum der
Region (Di.–So. 11.00–17.00 Uhr, Rozengracht 3,
www.museazutphen.nl).
Information
VVV Deventer, Brink 56, NL-7411 HH Deventer,
Tel. 0580 71 01 20, www.vvvdeventer.nl
05 ARNHEM
Die Provinzhauptstadt (150 000 Einw.) Gelder-
lands, im Mittelalter blühende Handelsmetro-
pole, war mit ihrer Brücke in den Weltkriegs-
jahren 1944 und 1945 Zentrum der Kämpfe –
was das eher nüchtern-moderne Stadtbild
erklärt.
Sehenswert
Die wieder aufgebaute St. Euse biuskerk aus
dem 15. Jh. setzt ein weit sichtbares Zeichen.
Das Niederländische Freilichtmuseum in Arnhem spiegelt die Vergangenheit des Landes.
Das Alte Rathaus (1540) daneben wird wegen
drei Teufeln am Eingang auch Teufelshaus ge-
nannt. Das Sabelpoort (14. Jh.) an der Rhein-
kade ist letzter Rest der Stadtmauer.
Museum
40 mittelalterliche, restaurierte und miteinander
verbundene Kellergewölbe erzählen über Arn-
hems Vergangenheit (Führungen 85 Min., Di.–Sa.
12.00–17.00 Uhr, Eingang: Oude Oeverstraat 4,
Ecke Rijnstraat; www.historischekelders.nl).
Umgebung
Das Herz des weitläufigen Nationalparks De
Hoge Veluwe (sprich Hooche Felüe) ist der
Skulpturenpark (tgl. 9.00/8.00 bis 18.00/22.00
Uhr, je nach Jahreszeit, www.hogeveluwe.nl)
mit Plastiken von Rodin und Moore. In der
Parkmitte liegt das TOP ZIEL Kröller-Müller
Museum (www.kmm.nl; Di.–So. 10.00–17.00
Uhr). Der Park stellt kostenlos weiße Fahrräder.
Information
VVV Arnhem, Stationsplein 13,
NL-6811 KG Arnhem, Tel. 0900 1 12 23 44,
www.vvvarnhemnijmegen.nl
Tipp
Geschichte hautnah
Das 1912 gegründete Niederländische
Freilichtmuseum in Arnhem hat sich von
einer einst eher bäuerlichen Einrichtung
zu einem Spiegel der Provinzen entwi-
ckelt. Das Gelände wird von einer histori-
schen Straßenbahn erschlossen.
April–Okt. tgl. 10.00–17.00 Uhr, im Winter
eingeschränkte Besichtigungszeiten,
www.openluchtmuseum.nl
06 NIJMEGEN
Die älteste Stadt der Niederlande (168 000
Einw.) war Standort einer karolingischen Pfalz.
In der Hezelstraat plätschert ein künstliches
Bächlein zwischen Ober- und Unterstadt.
Sehenswert
Der Grote Markt und die Waage (1612) bilden
ein schönes fotogenes Ensemble im Schatten
der St. Stevenskerk (13. Jh.). Ein spätgotischer
Doppel torbogen führt zu den Domherrenhäu-
sern. Das Renaissance-Rathaus (1555/1953)
ist eine gelungene Rekonstruktion.
Museen
Der futuristische Valkhof (Kelfkensbos 59,
www.museumhetvalkhof.nl; Di.–So. 11.00 bis
17.00 Uhr) steht auf karolingischen Grundmau-
ern (9. Jh.) und fasziniert mit Sammlungen von
der Römerzeit an. Eine riesige Fahrrad-Kollek-
tion (250 Exemplare) steht im Museum Velo-
rama (Waalkade 107, www.velorama.nl; Mo. bis
Sa. 10.00–17.00, So. ab 11.00 Uhr). Das Museum
Stratemakerstoren ist ein Stück begehbarer
mittelalterlicher Ummauerung (Waalkade 83,
Di.–Fr. 12.00–17.00, Sa./So. 13.00–17.00 Uhr,
www.stratemakerstoren.nl).
Hotel/Restaurant
Amrâth Belvoir steht wie eine kleine, aber
feine Festung auf den Grundmauern eines mit-
telalterlichen Schlösschens (Graadt van Rog-
genstraat 101, Tel. 024 3 23 23 44, www.am
rathhotels.nl, DZ ab 94 €).
De Schat (Der Schatz) ist eines der vielen Res-
taurantjes, die Waal-Blick bieten (Lage Markt
79, Tel. 024 3 22 40 60, www.deschat.nl).
Umgebung
Auf dem Gelände des ehemaligen Bibel-Frei-
lichtmuseums (Heiliglandstichting, Profeten-
laan 2) verspricht nun der Museumspark Orien-

talis architektonische Einsichten in die Weltre-
ligionen (Juni–Okt. Di.–Sa. 10.00–17.00, So. ab
11.00 Uhr; www.museumparkorientalis.nl).
Information
VVV Nijmegen, Keizer Karelplein 32h,
NL-6511 NH Nijmegen, Tel. 0900 1 12 23 44,
www.vvvarnhemnijmegen.nl
07 OLDENZAAL
Abseits vom Industriestandort Enschede-
Hengelo liegt die älteste Stadt der schönen
Landschaft Twente (32 000 Einw.).
Sehenswert
Wie ein Spinnennetz umspannen Straßen und
Gassen die Plechelmus basilika, eine roma-
nisch-gotische Pfeilerbasilika (Urspr. 945); in
ihrem Turm (60 m) befindet sich das mit 40 Glo-
cken größte Glockenspiel Europas.
Museum
Das Palthehuis (17. Jh.) zeigt antike medizin.
Instru mente und Möbel (Di.–Fr. 12.00–17.00,
Sa./So. ab 14.00 Uhr, www.palthehuis.nl).
Restaurant
Tagsüber ein Sandwichladen, ist die Croissan-
terie Christoffel’s ab 17.00 Uhr ein Eetcafé
mit Wintergarten, in dem man durchaus preis-
wert essen kann (Deurningerstraat 27, Tel.
0541 53 55 50).
Umgebung
Im galeriereichen Ootmarsum (10 km nördl./
4500 Einw.) mit herrlichen gotischen Giebeln,
steigt am letzten August-Wochenende ein inter-
nationaler Kunstmarkt (www.ootmarsum.nl).
Das Freilichtmuseum zeigt Over ijssel von anno
dazumal (Smithuisstraat 2, www.openluchtmu-
seumootmarsum.nl; Feb.–Okt. tgl. 10.00–17.00,
Nov. tgl. 10.00–16.00, Dez./Jan. Mi., Sa., So.
10.00–16.00 Uhr). In Enschede (11 km südl.
von Oldenzaal, 150000 Einw.) zeigt das Rijks-
museum Twenthe u.a. viele Gemälde aus Flan-
dern und den Niederlanden vom 15. Jh. bis
heute (Lasondersingel 129–131, Di.–So. 11.00
bis 17.00 Uhr, www.rijksmuseumtwenthe.nl).
Sehenswert ist auch das neu gestaltete Viertel
Roombeek, das am 13. Mai 2000 durch die Ex-
plosion einer Feuerwerksfabrik fast völlig zer-
stört wurde.
Information
VVV-ANWB Oldenzaal,
St. Plechelmusplein 5,
NL-7571 EG Oldenzaal
Tel. 0541 51 40 23,
www.vvvoldenzaal.nl
Overijssel ∙ Gelderland
Kapitel
<Kein(e,r)>
100–– 101
DuMont Aktiv
Kanutour durchs Moor
Im Schnittpunkt der Hansestädte Kampen und Zwolle, dem
putzigen Inseldorf Giethoorn und dem futuristischen Flevopolder
konzentriert sich die Schöpfungsgeschichte der Niederländer, die
aus Wasser Land und aus Land Wasser macht. Willkommen im
Nationalpark „De Weerribben“.
Der schicksalhafte Name bezeich-
net eine Fehlentscheidung, die
Torfstecher im vorletzten Jahrhun-
dert aus falscher Sparnis anrichte-
ten: Zu schmal gestochene Land-
rippen versanken wieder (weer).
Später angesiedeltes Schilf er-
langte als besonders wetterfestes
„Kalenberger Reet“ europaweiten
Ruhm. Die goldgelben Bündel säu-
men die Ufer der Wasserläufe als
selbsterklärende Deko.
Im Boot auf Entdeckungstour
IM WASSERLABYRINTH Leben. Der Schriftsteller Frederik
Schaurig schön ist eine Kanutour Wiedijk berichtete im letzten Jahr-
durch dieses Wasserlabyrinth und hundert von blondlockigen
meist von gespenstischer Einsam- schwarzhäutigen Abkömmlingen
keit. Hinter der vermeintlichen einer dem Irrsinn verfallenen ger-
Stille verbirgt sich eine Welt, die manischen Göttin, die sich vor
zum Lauschen zwingt. Das Glu- Jahrtausenden mit dem Teufel ein-
ckern von schwerem Moorwasser, ließ. Angeblich verkrochen sich
Vogelgezwitscher, diskutierende die Fruinen in den Weerribben
Enten, ein Keckern und Seufzen, und buhlten mit leisem Singsang
der Liebesruf eines Kröterichs, Ge- um die Freundschaft mit Men-
räusche wie Atmen und Kichern schen. Wiedijk schwor, er habe
aus dem Schilf erwecken die Ge- eine knöcherne schwarze Hand
schichte der Zwarten Fruinen zum nach dem Paddel greifen sehen.
WEITERE INFORMATIONEN
• Kalenbergroute • Kanuvermietung
8 km Café De Weerribben
8377 EM Kalenberg
• Weerribbenroute Hoogeweg 9
14 km Tel. 0561 47 72 43
www.cr-deweerribben.nl
zwei Stunden 18,00 €
Picknick gegen Bezahlung
 Limburg ∙ Noord-Brabant
102 – 103

Provinzen
für Fein-
schmecker
Wer von der belgischen Küche als der besten
der Welt schwärmt, sei geschichtlich korri-
giert und kulinarisch verführt, die echten
Wurzeln zu entdecken: Das heutige Belgien
gehörte bis 1830 zu den niederländischen
Feinschmecker-Provinzen Noord-Brabant
und Limburg. Dort, wo für die Niederländer
Italien beginnt, da wächst im Überfluss, was
für ein Savoir-vivre nötig ist.

Basis einer guten Küche sind frische Produkte, und dafür sorgt am
besten eine qualitätvolle Landwirtschaft – wie hier bei Thorn.
Maastricht, Stadt im Dreiländereck Niederlande-Belgien-Deutschland, wirkt Die Maas trennt Maastrichts Stadtzentrum vom Viertel um den
locker und lebendig – nicht nur beim Karneval. Hauptbahnhof. Brücken verbinden die Quartiere, hier die Hoeg Brogk.

Wo die Roer in die Maas mündet, liegt die alte Hansestadt Roermond. Die Liebfrauenkirche diente als Klosterkirche eines Zisterzienserinnenstifts.
Eine Kerze im Gedenken an die Lieben zünden nicht nur Gläubige an.

Der Süden ist katholisch, was
an Wegkreuzen, üppig ausge-
statteten Kirchen und am
Karneval deutlich wird.
Wasserszenen tief im Landesinneren: Maastrichts Jachthafen
E in Jodler wäre gar nicht fehl am
Platz, wenn man denn hinter Aa-
chen auf dem Vaalser Berg, mit
322,5 Metern Höhe der höchste Berg
der Niederlande, seinen Drei-Länder-
Blick schweifen lässt. Belgien – na ja,
war ja auch einmal Niederlande. Und
dann die „Kleine Schweiz“ – so nennen
die Niederländer die Provinz Limburg
und besonders deren Süden, das Heu-
velland, Hügelland. Die Sehnsucht nach
südlichen Gefilden öffnet der Herzen
Fantasie. Tatsächlich tragen hier etliche
Gasthöfe und Pensionen Namen wie
„Edelweiß“ oder „Alpenrose“. Holdrio!
„In Limburg fängt Italien an“, liebkosen
die nördlichen Niederländer die Pro-
vinz mit den meisten Sonnenstunden.
Was für ein Vergnügen, im Frühling
durch blühende Obstplantagen zu ra-
deln. Kilometerlang nur Spargelfelder.
Erdbeeren lachen aus Gewächshäusern.
DER SÜDEN IST ANDERS
Ein wesentlicher Grund für den Kon-
trast zwischen den südlichen und den
nördlichen Provinzen der Niederlande
ist die Religion: Der Süden ist im Ge-
gensatz zur Mehrheit im calvinistisch-
protestantischen Norden katholisch,
was in Wegkreuzen, Mariennischen,
üppig ausgestatteten Kirchen und Pro-
zessionen an hohen kirchlichen Fest-
tagen augenfällig wird. Und am
Limburg ∙ Noord-Brabant
104 – 105
überschwänglich gefeierten Karneval
mit Umzügen, Prunkwagen, Funken-
mariechen und das eine oder andere
Bierchen – besonders ausgeprägt in Den
Bosch, Bergen op Zoom und Maastricht.
DAS PARIS VON BENELUX
Die Provinzhauptstadt Maastricht war
wegen ihrer Furt über die Maas schon
vor über 2000 Jahren als römische Sied-
lung von strategischer Bedeutung. Noch
heute berichten Kasematten und unter-
irdische Labyrinthe von vier Jahrhun-
derten wehrhafter Vergangenheit. Ober-
irdisch hingegen weht burgundisches
Lebensgefühl mit südländischem Flair
durch die schmalen Straßen.
Bei den ersten Sonnenstrahlen drängen
natürlich alle in die Straßencafés, vor
allem auf den Plätzen der Liebfrauen-
kirche und der St. Servaasbasilika.
Maastricht ist eine Flanierstadt mit Kü-
chenkultur auf höchstem Niveau. Ironie
des Schicksals, dass die nach dieser
Stadt benannten Kriterien gerade das
Maßhalten erfordern …
AUS SCHWARZ WURDE GRÜN
Bis in die 1960er-Jahre beherrschte
Steinkohleförderung die Landschaft
Süd-Limburgs. Ein großzügiges Rena-
turierungsprogramm verwandelte die
durch Bergbau verunstaltete Region in
ein Ferienparadies. Auf Kohlehalden
Valkenburg besitzt nicht nur eine Reihe von Sehenswürdigkeiten, sondern liegt idyllisch im limburgischen Hügelland.

Heusden ist stolz auf seine Windmühlen.


Ein Hauch von Karneval in „De Efteling“, dem Typisch auch in Thorn: Fahrräder
größtem Freizeitpark des Landes bei Tilburg.
Es müssen nicht immer Tulpen sein:
Farbfülle in Arcens Rosengarten
entstanden Obstplantagen. Die Maas,
gebändigt durch den Julianakanal,
lockte Wassersportler und Clubs an. Die
ausgeplünderten Kiesgruben um Roer-
„Die Menschen im Süden mond und Thorn füllten sich zu Frei-
waren ungehobelter, aber zeitseen. An ihren Ufern siedelten Cam-
pingplätze und Marinas.
auch ungehemmter.“
Cees Nooteboom WO BIN ICH?
Ist das die Lüneburger Heide oder der
Schwarzwald oder Ostfriesland? Keine
andere niederländische Provinz ent-
fernt sich von typischen Holland-Kli-
schees so sehr wie Noord-Brabant. Im
Nordwesten, Richtung Zeeland, liegen
hinter hohen Deichen fette Polder; man
riecht sie schon, die salzige Seeluft.
Limburg ∙ Noord-Brabant
106 – 107
Rund um Tilburg und ’s-Hertogenbosch
breiten sich große zusammenhängende
Waldgebiete aus. Hier und da landet der
Besucher aus Versehen schon mal in
belgischen Enklaven; fast absurd wird
es in Baarle-Nassau-Hertog, wo man
beim Stadtrundgang von Land zu Land
pendelt und selbst Häuser zweigeteilt
sind. Im Osten – im Kempenland – bil-
den weite Moor- und Heidegebiete den
Übergang zur Provinz Limburg.
Noord-Brabant verspricht opulentes Ge-
nießen – und die schönsten Freizeit-
parks der Niederlande. Nahezu Kult ist
„De Efteling“ bei Kaatsheuvel. Südlich
von Tilburg weht Safariluft in zaunlo-
sen „Beekse Bergen“.
 DuMont Thema

KÄSE

Von Kaaskop und Gouda

Käse ist die berühmteste kulinarische Spezialität der Niederlande. Der
Schnittkäse genießt weltweiten Ruhm. Käse-Hochburgen sind Gouda
und Edam, kleine Hofkäsereien verteilen sich übers ganze Land.

G uten Abend, liebe Hausfrauen. Heute

zeige ich Ihnen Käsetoast Hawaii.“ So be-
gann im Jahr 1960 Kitty Jansen – im Käse-
mädchenkostüm und mit blütenweißer Spit-
zenhaube – den ersten deutschen TV-Werbe-
spot, mit dem deutsche Zuschauer für
holländischen Käse gewonnen werden soll-
ten. Das „kaasmeisje“ mit dem nicht unbe-
dingt typisch niederländischen Namen
Antje wurde in Deutschland ein Riesener-
folg. Auch heute noch will das Niederländi-
sche Büro für Milcherzeugnisse, das die
niederländischen Käseproduzenten und -ex-
porteure vertritt, nicht auf die Käse-Bot-
schafterin verzichten. Und so wirbt weiter-
hin ein „kaasmeisje“ mit langen blonden
Haarzöpfen und blauen Augen, mit Spitzen-
haube und Klompen in deutschen Medien
für Käse und Butter aus Holland.

Blonde Zöpfe und Spitzenhäubchen: „Frau Antje“
ist noch immer die beste Sympathieträgerin für
Käse aus Holland.
JAHRHUNDERTELANGE TRADITION
Die Kunst des Käsemachens hat in den „Nie-
deren Landen“ eine sehr lange Tradition, die
bis in die Eisenzeit (ab 800 v. Chr.) zurück-
reicht. Mit Sicherheit verstanden sich die
Vorfahren der Niederländer zur römischen
Zeit auf die Käseherstellung. In der Folge-
zeit wurde die Technik ausgefeilt, aber das
lateinische Wort „caseus“ für Käse (ndl.
„kaas“) übernommen. Ihre erste Blüte er-
lebte die holländische Käsewirtschaft unter
Karl dem Großen (742–814). Dem Kaiser
hatte es vor allem der friesische Käse ange-
tan, und so ernannte der große Käseliebha-
 Limburg ∙ Noord-Brabant
108 – 109

Die passende Kulisse für den Käsemarkt:

Goudas Rathaus
 DuMont Thema
Unbedingt gesehen haben sollte man einen
sommerlichen Käsemarkt.
Auf dem Käsemarkt in Gouda wird Käse nicht nur
angeschaut, sondern auch gekauft.
ber die Friesen zu seinen Hoflieferanten.
Karl legte offenbar großen Wert auf Sauber-
keit und verpflichtete die bäuerlichen Käse-
erzeuger per Erlass zur Beachtung seiner
Hygienevorschriften. Spätestens ab dem
Jahr 1184 wurde holländischer Käse in an-
dere Länder exportiert.
Edam, an der damaligen Zuiderzee, dem
heutigen IJsselmeer, gelegen, war jahrhun-
dertelang der wichtigste Exporthafen für
den kugelrunden Käse gleichen Namens in
die Ostseeländer, nach Frankreich, Italien –
und vor allem auch in die deutschen Länder.
Zu Beginn der Neuzeit kam auch der Begriff
„kaaskop“ (Käsekopf) auf, heute mal als Ko-
DIE SCHÖNSTEN KÄSEMÄRKTE
Alkmaar:
April–Anf. Sept. Fr. 10.00–12.30 Uhr
Edam:
Juli und August, Mi. 10.30–12.30 Uhr
Gouda:
April–Ende August Do. 10.00–13.00 Uhr
sename, mal als Schimpfwort gebraucht.
Der Name leitet sich von hölzernen Formen
ab, in die der Käse einst gepresst wurde. Im
Mittelalter trugen die Bauern in der Provinz
Nord-Holland diese hölzernen Käseformen
als Waffenhelme, sodass sich der Feind ei-
ner ganzen Armee von „Käseköpfen“ gegen-
übersah.
SPEKTAKEL UM DEN KÄSE
Bei einer Fahrt über Land sieht man immer
wieder Schilder mit der Aufschrift „kaas-
boerderij“ (Käsebauernhof). Es lohnt sich,
eine solche Käserei zu besuchen und zuzu-
schauen, wie „Boerenkaas“ entsteht. Unbe-
dingt gesehen haben sollte man einen som-
merlichen Käsemarkt.
Im nordholländischen Städtchen Alk-
maar läuft der Käsehandel noch nach streng
überliefertem Zeremoniell ab: Wenn sich
Käsebauer und Käsehändler nach lautstar-
kem Feilschen um „Centjes“ endlich han-
delseinig sind, besiegelt man das Geschäft
mit einem kräftigen Handschlag. Die Attrak-
tion des Marktes sind die Käseträger der
vier verschiedenen, seit 1773 bestehenden
Käsezünfte (als Gründungjahr des Alk-
maar’schen Käseträgerzunft gilt der 17. Juni
1593). Aufgabe der Träger ist es, schwere
Edamerkugeln und Goudalaibe, die in lan-
gen Reihen auf dem Platz aufgestapelt sind,
auf hölzernen Schlitten zur Käsewaage zu
schleppen. Alle Träger sind in Weiß geklei-
det und tragen Strohhüte in der Farbe der je-
weiligen Körperschaft. An der Spitze jeder
Zunft steht der Käsevater; als Zeichen sei-
nes Amtes hält dieser einen Stock mit silber-
nem Knauf in der Hand. Der älteste Käseträ-
ger einer Körperschaft nennt sich „tasman“
(Taschenmann) und ist an seiner schwarzen
Ledertasche zu erkennen, die er auf seinem
Bauch trägt. Er setzt beim Wiegen die Ge-
wichte auf die Waage. Und dann gibt es
noch den „profos“ (Vorsteher), von den Kä-
seträgern Henker genannt. Er schreibt die
Käseträger, die zu spät kommen, ans
Schandbrett und kassiert die Buße. Das far-
benprächtige Spektakel auf dem Waagplein
in Alkmaar ist natürlich mehr ein folkloristi-
sches Ereignis für Touristen als ein Markt
mit wirtschaftlicher Bedeutung.
 Limburg ∙ Noord-Brabant
110 – 111

Vom latenische Wort „caseus“ leiteten die

Niederländer ihre Bezeichnung „kaas“ ab.
Die Kunst der Käseherstellung geht aber auf
noch frühere Zeiten zurück.
 03

02

04
01

05

06
Infos
Ein Hauch von Belgien
Lebensgenuss wird nicht nur in kulinari-
scher Hinsicht in diesen Regionen großge-
schrieben – Stichwort burgundische Küche
oder auch Brabantse Koffietafel. Savoir
vivre spiegelt sich auch in Festen wie der
großen Kirmes in Tilburg oder dem Som-
merfestival in Maastricht wider. Großartige
Naturlandschaften finden sich zudem in
Biesbosch und an der Maas mit den Mergel-
labyrinthen.
01 BREDA
Die alte Residenzstadt (180 000 Einw.), heute
Industriestandort, schwelgt im Ruhm des Wi-
derstands: Die Bredaer überrumpelten 1590
die spanischen Besatzer mit 70 in einem Torf-
schiff versteckten Soldaten.
Sehenswert
Wie eine Glucke beherrscht die gotische Grote
Kerk (15. und 16. Jh.) die enge Altstadt. Am
Spanjaardsgat, zwei fünf eckigen dicken Tür-
men, soll 1590 die Überrumplung stattgefun-
den haben. Schloss und Beginenhof sind vom
Valkenbergpark aus zu erreichen.
Museen
Das MOTO Museum of the Image dokumen-
tiert die historische Entwicklung des Grafik–De-
signs (Boschstraat 22, Di.–So. 10.00–17.00 Uhr,
www.motimuseum.nl). Breda’s Museum hütet
die Stadhistorie (Parade 12–14, www.breda-mu-
seum.nl, Di.–So. 11.30–17.00 Uhr).
Hotel
Zwischen Markt und Grote Kerk residiert das
Hotel De Klok (Grote Markt 26, Tel. 03176 5 21
40 82, www. hotel-de-klok.nl, DZ ab 97,50).
Restaurant
Im De Stadstuin kann man neben italienisch
und französisch auch echt niederländisch es-
sen (Ginnekenweg 138, Tel. 076 5 21 40 82).
Tipp
Traumwelt für Kinder
Der prämierte Freizeitpark „De Efteling“
nördl. Tilburg zählt mit Fantasiewelten,
Märchenhotel und Wasserattraktionen
zum Schönsten, was man Kindern bieten
kann.
Efteling: tgl. 10.00-18.00 Uhr, in den
Sommerferien teils bis 24.00 Uhr,
www.efteling.com
Verführerisch: Confiserie in Breda
Umgebung
Bootsexkursionen durch das wasserreiche Na-
turgebiet Biesbosch (15 km nördl.) starten in
Geertruidenberg (www.np-debiesbosch.nl).
Information
VVV Breda,
Grote Markt 38,
NL-4811 XS Breda,
Tel. 0900 5 22 24 44,
www.vvvbreda.nl
02 TILBURG
Als Mekka der internationalen Musikszene von
Pop bis Klassik lockt Tilburg (210 000 Einw.)
viele junge Leute an. Einst florierte hier die Tex-
tilindustrie. Heute ordern Tiburger den Wein für
die gesamte Niederlande.
Museen
De Pont konzentriert sich auf Gegenwarts-
kunst (Di.–So.11.00–17.00, jeder 3. Do. bis
20.00 Uhr, Wilhelminapark, www.depont.nl). Im
Textielmuseum rattern alte Spinn- und Web-
maschinen für feine Tischwäsche (Di.–Fr.
10.00–17.00, Sa./So. ab 12.00 Uhr, Goirkestraat
96, www. textielmuseum.nl).
Restaurant
Im Hofstede de Blaak, einem Restaurant in ei-
nem Bauernhof, gibt es niederländische Spe-
zialitäten (Dussenpad 1, Tel. 01 34 63 88 99, www.
hofstededeblaak.nl). Gerichte aus mehr als 10
Ländern offeriert Pino’s Wereld eetcafé zu zi-
vilen Preisen ab 17.00 Uhr (Stationsstraat 8,
Tel. 013 5 42 55 23).
Limburg ∙ Noord-Brabant
112– 113
Veranstaltung
Mitte/Ende Juli steigt hier die größte Kirmes
von ganz Benelux.
Information
VVV Tilburg,
Nieuwlandstraat 34,
NL-5038 SN Tilburg,
Tel. 013 5323720,
www.vvvtilburg.nl
03 ’S-HERTOGENBOSCH
Die Provinzhauptstadt, sprich „Sertoochenbos“
(Wald des Herzogs), wird Den Bosch genannt
(143 000 Einw.). Von der einst strategischen
Festung im Mündungsgebiet von Aa und Dom-
mel in die Maas bewahrte sich der dreieckige
Markt mit winkligen Gassen, Lagerhäusern und
Wohnungen aus drei Jahrhunderten.
Sehenswert
Die größte Kirche der Niederlande ist zugleich
auch eine der bedeutendsten: die St.-Jan-
Kathedrale (13.–16. Jh.). De Moriaan, ältestes
Backsteinhaus (13. Jh.) am Markt, war Teil der
mittelalterlichen Stadtmauer. Vor dem barocki-
sierten Rathaus (1671) steht eine Statue von
Hieronymus Bosch, der in dieser Stadt in eine
Malerfamilie hineingeboren wurde, in Bronze.
Museen
Altertümer sowie Bilder von u. a. Brueghel, van
Gogh, Mondrian befinden sich im Noordbra-
bants Museum (Verwerstraat 41, www.noord
brabantsmuseum.nl; Di.–So. 11.00–17.00 Uhr).
Die Ontdekhoek (Entdeckungsecke/Spielwerk-
statt) lädt Kinder von vier bis 14 Jahren ein,
technische Wunderwerke zu erforschen (On-
derwijsboulevard 3, www.ontdekhoek.nl; Mi.,
Fr.–So. 10.00–17.00 Uhr).
Hotel
Jo Van den Bosch ist gediegen, einfach ange-
nehm (Boschdijkstraat 39a, Tel. 073 6 13 82 05,
www.jovandenbosch.nl, DZ ab 85 €).
Restaurant
Das In den Zevenden Hemel (Im Siebten Him-
mel) auf der Restaurantmeile der Stadt ist ein
Lokal mit internationaler Küche (Korte Put-
straat 13–17, Tel. 073 6 90 14 51; www.indenze
vendenhemel.nl).
Information
VVV ´s–Hertogenbosch,
Markt 77,
NL-5211 JX ’s-Hertogenbosch,
Tel. 073 6127170,
www.vvvdenbosch.nl
Infos
04 EINDHOVEN
Die Produktion von Philips-Glühbirnen holte
Ende des 19. Jh. die Stadt (220 000 Einw.) aus
der Anonymität.
Museen
Zeitgenössische Kunst von gewöhnungsbe-
dürftig bis schrill zeigt die Sammlung des Zi-
garrenfabrikanten Henri van Abbe (Di. bis So.
11.00–17.00 Uhr, Bilderdijklaan 10, www.van
abbemuseum.nl). Im DAF-Museum stehen die
automobilen Träume von Hub und Wim van
Doorne (Di.–So. 10.00–17.00 Uhr, Tongelrese-
straat 27, www.dafmuseum.nl). Eisenzeit und
Mittelalter werden im Eindhoven Museum,
einem historischen Freilichtmuseum, lebendig
(Boutenslaan 161, www.eindhovenmuseum.nl;
April–Okt. Di.–So. 11.00–17.00 Uhr). Im Philips
Museum sind historische Produkte der renom-
mierten Markte, die die Entwicklung des Unter-
nehmens von seiner Gründung 1891 bis etwa
1970 beleuchten, u.a. Glühbirnen, Radios,
Fernseher, Lampen und Rasierapparate (Em-
masingel 31, Di.–So. 11.00 bis 17.00 Uhr, www.
philips–museum.com).
Aktivitäten
Badeparadies und nationales Trainingszentrum
ist De Tongelreep, die größte Schwimmanlage
Europas (www.tongelreep.nl, Mo.–So. 10.00 bis
18.00/21.00, Bahnenschwimmen ab 7.00 Uhr).
Umgebung
Van-Gogh-Freunde finden in Nuenen (6 km
östl.) das Van-Gogh-Museum „Vincentre“ (Berg
29, www.vangoghvillagenuenen.nl, Di. bis So.
10.00–17.00 Uhr). Die Tripelgemeinde Arcen,
Velden und Lomm (62 km östl.) liegt im Gebiet
des Nationalparks Maasduinen. Die Schlossgär-
ten pflegen Mustergärten aller Länder, v. a. ein
Rosarium (www.kasteeltuinen.nl, April.–Okt. tgl.
10.00 bis 18.00 Uhr). In der Nähe gibt es die
Brasserie Koetshuys. Lottum (59 km östl.) ist
umgeben von Rosenfeldern und mit dem Ro-
senfestival Nabel der niederländ. Rosenzucht
(1. Aug.-Wochenende; gerade Jahre; www.ro-
zendorp.nl). In Horst (62 km östl.) verführt der
Erdbeer-Freizeitpark Het Aardbeienland zum
Spielen und Naschen (Kreuzelweg 3, April–Okt.
Di.–So. 11.00–17.00 Uhr). Im Schloss Helmond,
einer einstigen Wasserburg, zeigt das Gemeinde-
museum Exponate zur Geschichte der Stadt Hel-
mond und des Schlosses (Kasteel Helmond, Di.
bis Fr. 10.00–17.00, Sa./So. ab 12.00 Uhr, www.
gemeentemuseumhelmond.nl).
Information
VVV Eindhoven, Stationsplein 17,
NL-5611 AC Eindhoven, Tel. 0900 1 12 23 63,
www.vvveindhoven.nl
Besuch in Valkenburgs Schlossruine
05 ROERMOND
Die ehem. Hanse- und Bischofsstadt (Stadt-
recht 1230; 57 000 Einw.) ist Limburgs Wasser-
sport-Zentrum an den „Maasplassen“.
Sehenswert
Zu den bedeutenden Kirchenbauten der Spät-
romanik zählt die Liebfrauenkirche (urspr. 13.
Jh.) am Muns terplein. Die Kathedrale stammt
aus dem 15. Jh.
Museen
Das Cuypershuis widmet sich Roermonds be-
rühmtesten Sohn, dem Stararchitekten O. J. H.
Cypers, der das Rijksmuseum und den Amster-
damer Bahnhof entwarf (Pierre Cuypersstraat 1,
www.cuypershuisroermond.nl, Di.–So. 11.00 bis
16.30 Uhr). Im Rattentoren steht ein Miniatur-
modell des mittelalterlichen Roermond (Grote-
kerkstraat; Juni–Sept. So. 14.00–17.00 Uhr).
Restaurants
Ehrliche niederländische Küche kommt im Het
Munsterhof (Munsterplein 20a 21, Tel. 0475
33 39 81, www.munsterhof.nl) auf den Teller.
Eine Speisenfolge mit kulinarischen Trends ser-
viert der Ridder van Asenrode (OT Asenray,
Tipp
Einfach mal probieren!
Brabants Koffietafel ist ein Relikt von
Hochzeitsfeier und Leichenschmaus auf
dem Lande. Es beginnt harmlos mit Ge-
müsesuppe und steigert sich zu Blut-
wurst, Mettwurst, Schinken, Käse, Brat-
kartoffeln, Eiern, Speck bis zum Apfel-
strudel. Einfach mal probieren.
Dorpstraat 90, Tel. 0475 32 42 31, www.tas
tou.nl) als „Dinner Tastou“.
Umgebung
Torn, die „Weiße Stadt“ (14 km westl.) strahlt
mit ihren weiß getünchten historischen Häu-
sern und gepflasterten Straßen auch bei Re-
gen. Die gotische Kreuzbasilika (14./19. Jh.) of-
fenbart Episoden über eine deutsche Äbtissin
und ihr Stift als Heiratsmarkt Europas (April–
Okt. Di.–So. 10.00–17.00, Mo. ab 12.00, Nov. bis
März Di.–So. 11.00–16.00 Uhr). Het Land van
Thorn ist ein Miniaturmodell des historischen
Stadtzentrums (April–Okt. tgl. 10.00–17.00, Mo.
ab 12.00 Uhr, www.museumhetlandvanthorn.nl).
Information
VVV Roermond,
Markt 17, NL-6041 EL Roermond,
Tel. 0475-335847,
www.vvvmiddenlimburg.nl
06 MAASTRICHT
Die über 2000 Jahre alte Stadt (122 000 Einw.)
TOP ZIEL vereint postmoderne Stadtteile wie
das Céramique an der Ostseite der Maas, den
Staarcomplex und das romantische Altstadt-
quartier. Der wichtige Fluss übergang war zu al-
len Zeiten heftig umkämpft.
Sehenswert
In der Vielfalt an Kirchen (romanisch, gotisch,
barock) ragen die romanischen St.-Servatius-
basilika (Vrijthof) und die Liebfrauenbasilika
(Onze Lieve Vrouweplein, beide um 1000) he-
raus. Im Südw. der Stadt existieren noch starke
Befestigungsanlagen. Ein Augenschmaus sind
das barocke Rathaus (1664) am Markt, Het
Dinghuis (1470) und die ehemalige Papier-
mühle De Ancker, auch Pesthuis genannt.
 Limburg ∙ Noord-Brabant
Kapitel
<Kein(e,r)>
114– – 115

DuMont Aktiv
Museen
Das Bonnefantenmuseum (Avenue Cérami-
que 250, Di.–So. 11.00–17.00 Uhr, www.
bonnefanten.nl) beheimatet alte und moderne
Kunst. Das Naturhistorische Museum arbei-
tet mit modernster Audiotechnik und zeigt
Flucht in die Tiefe
Saurierfunde aus dem Mergel (Bosquetplein 7,
www.nhmmaastricht.nl, Di.–Fr. 11.00–17.00, „Mergelland“ liest man an vielen Stellen in der Provinz Limburg. Ge-
Sa./So. ab 13.00 Uhr).
meint ist der gelbe weiche Kalksandstein, der als beliebter Baustein vie-
Veranstaltungen lerorts abgebaut wurde. Rund um Maastricht und Valkenburg existie-
Am letzten August–Wochenende findet auf ren etwa 20 000 Gänge mit einer Gesamtlänge von 20 000 Kilometern,
dem Vrijthof das kulinarische Festival Preuve- die man von Maastricht aus im Sint Pietersberg besichtigen kann.
nemint statt. Hier gibt der in Maastricht le-
bende Musiker André Rieu jedes Jahr ein im
Zu Belagerungszeiten flüchteten hezu jeder Landeigner besitzt ei-
Fernsehen übertragenes großes Konzert.
die Menschen in die teils kathe- nen eigenen Einstieg in seine Un-
Hotel dralenartigen Hohlräume. Kohle- terwelt. Einige machen ein touris-
Preiswert und recht witzig auf dem Hotel- zeichnungen hinterließen Bilder- tisches Geschäft daraus.
schiff Botel (Maasboulevard 95, Tel. 043 3 21 geschichten von Verzweiflung und
90 23, DZ ab 50 €, www.botelmaastricht.nl).
unerschütterlichem Glauben. Na- HÖHLENTOUR MIT RAD
Restaurants Etwa hundert Stufen geht es hinab
Hans van Wolde gehört mit seinem Beluga zu auf schmaler Wendeltreppe zum
den Spitzen niederländischer Kochkunst; ohne Grottenfietsen, dort beginnt das
Anmeldung geht nichts, über Geld wird nicht Radeln durch die unterirdischen
geredet (Centre Céramique Plein, Tel. 043 3 21
Gänge. Nur am Anfang leitet gel-
33 64, www.rest-beluga.com).
Eine urige, 250 Jahre alte In-Kneipe ist In den
bes Licht zu den Rädern und in
ouden Vogelstruys am Vrijthof (www.vogel die verschlungenen Gänge. Da-
struys.n); mit den Bleistift-Port räts zahlte ein nach kommt das einzige Licht von
Künstler seine Zeche. einer Kopflampe, deren Licht-
schein wie flackernde Fackeln
Umgebung
Etwa 4 km südlich von Maastriccht liegt der
durch die Gänge geistert. Das Juch-
Freizeitstrand Fun Valley Maastricht mit Lie- zen der Radler schwingt um win-
gewiesen, Kinderspielplätzen und allerlei Spiel- kelige Wände, während die Reifen
möglichkeiten auch für Erwachsene (in der Re- über den Mergelboden knirschen.
gel 11.00–18.00 Uhr, www.funvalleymaastricht.
Ab und zu muss man den Kopf
nl). Das Städtchen Valkenburg aan de Geul ist
traditioneller Ferienort. Seit Römerzeiten wird in
einziehen. Ganz Wilde liefern sich
der Umgebung unter Tage Mergel, gelber Sand- staubige Rennen auf Quads. Ihr
stein, abgebaut. Das Herz des Limburger Heu- vom Echo multipliziertes Johlen
vellandes (Hügelland) schlägt am Fuß der einzi- und Knattern ist nah zu hören,
gen niederländischen Bergbefestigung (12. Jh.).
ohne dass man sie tatsächlich zu
Ein Gängesystem führt vom Daalhemerweg 27
durch die Fluweelengrotte in die Schlossruine In den Tiefen des Mergellandes Gesicht bekommt.
(www.kasteelvalkenburg.nl). Die römischen Ka-
takomben sind einzigartig (Plenkertstraat 55,
www.katakomben.nl; Führungen: Apr.–Sep. tgl. WEITERE INFORMATIONEN
11.00–15.00/16.00, Okt.–März nur Sa./So. 14.00
Uhr). Die Steenkolenmijn ist Limburgs einziges
Besucherbergwerk (Daalhemerweg 31, www.
• Veranstalter • Parcours
steenkolenmijn.nl, Führungen April–Okt. tgl. Grottenbiking veranstaltet: Der Parcours befindet sich in
10.00–17.00 Uhr, im Winter nicht an allen Tagen ASP Adventure 40 Meter Tiefe, ist acht Kilometer
geöffnet). Oud Valkenburg 2a lang und dauert 1,5 Stunden.
6305 AB Schin ob Geul
Information
VVV Maastricht, Het Dinghuis,
Tel. 043-6040675. • Kosten
Kleine Staat 1, NL-6211 ED Maastricht, www.aspadventure.nl Kosten inklusive Begleitung 26 €
Tel. 043 3 25 21 21, www.vvvmaastricht.nl
Service

Reisedaten

Niederlande

Hin- und Rückflug von Deutschland

Berlin – Amsterdam ab 121 €

Inlandsverkehr
Zugfahrt Amsterdam – Den Haag 11 €

Reisepapiere
Personalausweis oder Reisepass

Währung
Euro

Mietwagen
ab 18 € (Amsterdam) und 29 € (Utrecht)

Benzin
1 Liter Super ca. 1,67 €

Hotel
DZ/Frühstück: Luxuskat. ab 150 Euro,
Mittelklasse ab 100 Euro

Ferienwohnung
Hochsaison ab 280 Euro pro Woche

Restaurant Wahrzeichen: Edams Kwakelbrug

Menu: 3 Gänge mit Wein pro Person
ab 20 Euro, Luxus ab 40 Euro
Einfaches Essen: Hauptgericht
ab 4 Euro
Ortszeit
MEZ/MSZ
ANREISE
Mit dem Auto sind die Niederlande über di-
verse Autobahnen/Europastraßen sowie viele
Bundesstraßen zu erreichen. Die Busse der
Deutschen Touring GmbH Eurolines verkehren
auf acht Routen, teilweise täglich in alle Pro-
vinzen (Tel. 06196 20 78-5 01; Mo.–Fr. 8.00 bis
24.00, Sa. 9.00–24.00, So. 9.00–22.00 Uhr; www.
eurolines.de).Uhr). Private Busunternehmen
schnüren Komplettpakete nicht nur zur Tulpen-
blüte.
Mit der Bahn ist es ebenfalls kein Problem,
von Deutschland aus in die Niederlande zu ge-
langen: Intercity verbindet viele deutsche und
niederländische Städte. Bahnauskunft interna-
tional: Tel. 0180 6996633, www.bahn.de.
Wichtigster Flughafen ist Amsterdam-Schip-
hol, über den das Land an den internationalen
Luftfahrtverkehr angeschlossen ist.
AUSKUNFT
Überregional Niederländisches Büro für Tou-
rismus, www.holland.com
Regional Mehrere hundert VVVs (sprich Fehfeh-
feh; Vereniging voor Vreemdelingenverkeer) sind
überwiegend blau-weiß ausgeschildert, in Städ-
ten auch schwarz-gold. Einige VVVs agieren pro-
fessionell als Marketinggesellschaften, viele
sind örtliche Vereine, manchmal in der Bank
oder beim Bäcker untergebracht, häufig auf eh-
renamtlicher Basis mit wechselnden Adressen.
AUTOFAHREN
Als Höchstgeschwindigkeiten gelten 50
km/h innerorts, 80 km/h auf Landstraßen, 100
km/h auf Kraftfahrstraßen (blaues Schild mit
weißem Auto), 120 km/h auf Autobahnen
(grüne Schilder). Elektronische Anzeigen auf
Autobahnen „filevrij“ bedeuten: kein Stau.
Pkws mit Anhänger dürfen maximal 80 km/h
fahren. Verkehrsberuhigte Zonen (weißes Haus
auf blauem Grund) fordern Schritttempo. Die
vielen Radfahrer sind gewohnt, dass Autos ei-
nen großen Bogen um sie machen. Boden-
schwellen (Drempels) zwingen zum Langsam-
fahren.
BAHN UND ÖPNV
Speziell im Umfeld von Amsterdam bis Utrecht,
Den Haag und Haarlem ist die Bahn das
schnellste Beförderungsmittel; bei Außensta-
tionen meist kostenlose Parkplätze. In Sachen
Öffentlicher Nahverkehr (Busse, Straßen-
bahn, U-Bahn) sind die Niederlande im Um-
bruch. Die sogenannte OV-Chipkaart (Grund-
preis meist 7,50 €) gibt es für Touristen als wie-
deraufladbare und als Wegwerf-Version.
Näheres erfährt man nur in den jeweiligen
Bahnhöfen, denn leider existieren unterschied-
liche Systeme in den verschiedenen Städten
und Provinzen.
CAMPING
Mehr als 1500 Campingplätze aller Katego-
rien verteilen sich über das ganze Land. Dazu
gibt es Trekkershütten, kleine Holzhäuschen
mit zwei Etagenbetten, Tisch und Stühlen, die
man aber nur drei Nächte hintereinander mie-
ten darf. Schilder „Minicamping“ signalisieren
kleine Einheiten auf rund 800 Bauernhöfen. WC
und Dusche sind Standard. Auch Gruppenun-
terkünfte und Ferienwohnungen findet man im
Gesamtverzeichnis von www.vekabo.nl. Über

3000 Privatvermieter in allen Provinzen bie-
ten Bed and Breakfast an (35–395 € für die
denkmalgeschüzte Villa/Durchschnittspreis ab
65 €, www.bedandbreakfast.nl).
Auf rund 140 Naturcampingplätzen mit mo-
dernen Sanitäranlagen, bevorzugt am Idyll im
Grünen, werden für Radreisende tgl. bis 19.00
Uhr Plätze freigehalten (Kleine Groene Cam-
pings, www.kgc.nl).
EINKAUFEN
Stark frequentierte Lebensmittelgeschäfte,
Marktstände, Banken und Postämter operieren
mit einem Nummern-Automaten, damit wirk-
lich jeder der Reihe nach drankommt. Hoch-
prozentiges sucht man vergebens im Super-
markt. Schnaps und Likör werden in Extra-Ge-
schäften, den Slijterijen (sprich Släitäräien) –
manchmal nur ein separates Lädchen neben
dem Supermarkt – verkauft.
ESSEN UND TRINKEN
Eine typisch niederländische Küche gibt es
nicht. Die Weltreisenden brachten mit, was
ihnen schmeckte. Deshalb findet man das
komplette kulinarische Angebot, vor allem Chi-
nesisch, Indisch, Indonesisch, Italienisch, Fran -
zösisch, Türkisch, Griechisch, Surinamisch.
Das Hotel-Frühstücksbuffet ist meist reich-
lich bestückt und bietet Milch, Eier, Käse,
Schinken, teils auch Müsli, Marmeladen, Jo-
ghurt, Brötchen, Knäckebrot und das typisch
watteweiche Brot.
Die Hauptmahlzeit der Niederländer ist das
abendliche Dinner, weshalb man in bestimm-
ten Gegenden um die Mittagszeit nur Snacks
angeboten bekommt wie belegte Brötchen und
Baguettes, Salate, Krabbencocktail, frittierte
Kroketten aus haschiertem Fleisch, Gemüse,
Garnelen, Fisch oder Käse, Sandwiches und die
beliebten Bitterballen (kleine Hackklößchen)
mit einem Dip.
Weit verbreitet sind Sandwich-Geschäfte, die
schnell eine Kleinigkeit wärmen oder es über
einen Automaten nach außen verkaufen; das
nennt sich „Essen aus der Mauer“.
Ein Nationalgericht ist die Erwtensoep (eine
dicke Erbsensuppe), die überwiegend in der
kalten Jahreszeit mit Schinkenspeck und Rog-
genbrot serviert wird.
An den Küsten wird viel Fisch (Vis), vor allem
Scholle (Schol), Seezunge (Tong) und Aal (Pa-
ling) angeboten. Ein fahrender Fisch-Shop mit
Fritteuse ist fast überall zu finden; solche mit
Mikrowelle sollte man meiden. Eine Leckerei
ist Kibbeling, knusprig frittierte Fischnuggets
mit einem herzhaften Dip. Muscheln (Mosse-
len) isst man mit Pommes frites. In den Nieder-
landen ist der Matjes eine Art Nationalheilig-
tum. Kenner und Genießer verzehren Matjes
nur auf eine Weise, und das nicht etwa vor-
nehm mit Messer und Gabel: Man packt den
Hering am Schwanz, hebt ihn über den Kopf
und lässt ihn in den Mund gleiten. Gefangen
wird der leckere Matjeshering im Juni. Denn
dann ist er jung und hat noch nicht gelaicht.
Matjes leitet sich von der niederländischen Be-
zeichnung „maagdekensharing“ ab und bedeu-
tet Mägdleinshering oder Jungfernhering, also
jungfräulicher Fisch.
Das beliebteste Fleisch ist Geflügel (Gevogel-
tes), und zwar Huhn (Kip). Nicht zu verachten
sind Kaninchen (Konijn) und Lamm, vor allem
wenn sie wie auf Texel unter freiem Himmel le-
ben. Missverständnisse gibt es häufig beim
„Duitse biefstuk“, einer Art Frikadelle, und
beim „Varkenshaas“, dem Schweinefilet.
Gern zubereitete Gemüse sind Chicoree (Wit-
lof), Gurken (Komkommer) und Pilze (Padde -
stoelen). Gar nichts kann in einem Pfannenku-
chenhaus schiefgehen mit bis zu 200 ver-
schiedenen Varianten – doch egal, ob süß oder
salzig, Stroop (Sirup) muss drauf.
Getränke: Das Wein- und Bierangebot in Res-
taurant und Handel lässt keine Wünsche offen.
Neben dem klassischen Bier überraschen vor
allem dunkle Trappistenbiere und abenteuerli-
che Rezepturen mit Früchten und Gewürzen.
Speziell auf den Inseln heizen Likörrezepturen
mit aufregenden Herkunftsgeschichten die
Fantasie an. Aus Friesland kommt der Beren-
burg, ein Kräuter bitter mit therapeutischer Ver-
heißung. Die typischste Spirituose ist jedoch
Jenever, dessen unter schied liche Qualitäten
durch verschiedene Herstellverfahren entste-
hen (mehr dazu siehe Dumont Thema S. 80).
FEIERTAGE UND FESTE
1. Jan. (Neujahr), 2. April-Wochenende (Offener
Tag der Museen), Karfreitag, Ostersonntag und
Ostermontag, 27. April (Koningsdag), 1. Mai-
wochenende (Mühlen- und Fahrradtag), 4. Mai
ab 19.00 Uhr (Totengedächtnistag), 5. Mai
(Befreiungstag), Pfingstsonntag und Pfingst-
montag, 2. Sept.-Wochenende (Tag der offenen
Denk mäler), 25. und 26. Dez. (Weihnachten),
31. Dez. (Silvester).
In einem Fahrradland sollte der „Landelijke
Fietsdag“ (Landesweiter Fahrradtag, 2. Mai-
wochenende) keinen sonderlichen Aufstand er-
zeugen. Doch Vorsicht: Dieses Ereignis scheucht
mehrere Hunderttausend aufs Rad und in einen
für einen guten Zweck gekauften einheitlichen
Dress, um ausgewiesene Routen abzuradeln.
Weil auch der Mühlentag auf dieses Datum fällt,
kann es bei Mühlenbesichtigungen eng werden.
Anhang
116– 117
Daten und Fakten
Landesnatur Im Osten und Süden gren-
zen die Niederlande (41 526 km2 ) an Bel-
gien und Deutschland. Sie liegen bis zu
6 m unter dem Meeresspiegel. Ihre
höchste Erhebung ist mit 322,5 m der
Vaalser Berg im Dreiländereck bei Aa-
chen. Eingriffe in die Natur durch Deiche,
Wassertore und Kanäle sind unabding-
bar. Naturschutzgebiete werden müh-
sam bewahrt. Die Inseln Texel, Vlieland,
Terschelling, Ameland und Schiermonni -
koog gehören zum staatenübergreifen-
den Wattenmeer.
Landesstruktur und Verwaltung Die
Niederlande sind eine konstitutionelle
Monarchie, Staatsoberhaupt ist König
Willem-Alexander. Das Königreich glie-
dert sich in zwölf Provinzen und mehrere
Inseln in der Karibik. Nur Zuid-Holland
und Noord-Holland führen den ur sprüng -
lichen Namen, der heute Sy nonym für
das ganze Land ist.
Wirtschaft und Tourismus Das Tulpen-
klischee täuscht. Der mit Rosen erzielte
Umsatz (rund 800 Mio. Euro) ist viermal
höher, der mit Chrysanthemen in etwa
gleich hoch wie der Export von Schnitt-
tulpen. Die bedeutendsten Agrarpro-
dukte des Exportes sind Gurken, Paprika
und vor allem Tomaten. Ein neuer Trend
geht zu küchenfertigen, bereits gewa-
schenen Gemüse- und Salatmischungen.
Den höchsten Anteil am Bruttosozialpro-
dukt – gut zwei Drittel – erwirtschaften
jedoch der weltgrößte Hafen Rotterdam
und der Flughafen Schiphol als „gateway
to Europe“. Zu weiteren be deu tenden
Wachstumsbranchen zählt die chemi-
sche Industrie mit Erdölraffinerien und
petrochemischen Großbetrieben, Dünge-
mittel- und Wasch mittelkonzernen. Bei
der Kunststoffherstellung gehört man zur
Weltspitze. Einreisende Touristen haben
wirtschaftlich mittlerweile einen ähnlich
hohen Stellenwert wie die Blumenbran-
che. Von den gut 9 Mio. Besuchern
kommt ein Drittel aus Deutschland, ge-
folgt von Briten, Amerikanern, Franzosen
und Belgiern.
Bevölkerung Rund 17 Mio. Einwohner
bilden eine multikulturelle Mischung mit
Volksgruppen aus Indonesien, Surinam
und den Niederländischen Antillen.
Sprache Amtssprache ist Niederlän-
disch. Die Friesen erstritten sich den offi-
ziellen Status von Friesisch als zweiter
Amtssprache.
Service
Geschichte
50 v. Chr. Germanische und keltische
Stämme und Römer siedelten sich an. Im
Lauf der nächsten 700 Jahre sammelten
sich Friesen im Norden, im Rheindelta ger-
manische Bataver. Die Völkerwanderung
bringt Franken und Sachsen ins Land.
843 Nach dem Tod Karls des Großen fiel der
Süden der heutigen Niederlande an Frank-
reich. Der größere Norden kam zu Lothrin-
gen und wurde 925 ins Heilige Römische
Reich Deutscher Nation eingebunden.
12. Jh. Es entwickelten sich staatenähnliche
Gebilde: die Grafschaften Holland, Zeeland
und Groningen, das Herzogtum Geldern, das
Bistum Utrecht. Im Süden herrschten die
Grafen von Flandern und die Herzöge von
Limburg und Brabant. Die Gründung der
Hanse sorgt für Aufschwung.
15. Jh. Durch den Niedergang des Herzog-
tums Burgund fielen die Niederlande an die
Habsburger.
1519 Kaiser Karl V. eroberte Friesland, Gel-
dern und Groningen. Durch Erbfälle ent-
stand das Haus Oranien-Nassau.
1555–1581 Phillip II. von Spanien unter-
drückte die Reformationsbestrebungen und
erntete Widerstand.
1568 Der 80-jährige Krieg entflammte, an
dessen Ende sich die Niederländer von der
Herrschaft der habsburgischen Spanier be-
freit hatten. Waffenstillstand 1609.
1648 Der Westfälische Friede bestätigte die
Niederlande als unabhängigen Staat.
17. Jh. Das Jahrhundert der ostindischen
Kolonien, u. a. Batavia (heutiges Indone-
sien), gilt wegen seiner immensen Ver-
dienstmöglichkeiten rund um den Erdball
als das Goldene Jahrhundert.
1795 Franzosen eroberten das Land.
1806 Napoleon gründete das Königreich
Holland und besetzte es 1810.
1817 Napoleons Truppen unterlagen in
Russland. Europa und damit auch das König-
reich der Niederlande wurden neu verteilt.
Aus Teilen Brabants und Limburgs entstand
1830 das selbstständige Königreich Belgien.
1848 Thorbeckes Verfassung garantier te
bürgerliche Freiheitsrechte. Parteien und
Gewerkschaften wurden gegründet.
GESUNDHEIT
Gesetzlich Versicherte lassen sich vor der
Reise die Europäische Krankenversiche-
rungskarte ausstellen. Damit kann man sich in
den Niederlanden unmittelbar an einen prakti-
schen Vertragsarzt (Huisarts) wenden.
1918 Der deutsche Kaiser Wilhelm II. bekam
Asyl in den Niederlanden, ab 1919 im Haus
Doorn, Provinz Utrecht.
1920 Der Internationale Gerichtshof ließ
sich in Den Haag nieder.
1931 Gründung der Nationalsozialis tischen
Bewegung.
1940 Einmarsch der Deutschen am 10. Mai.
Rotterdam wurde dem Erd boden gleichge-
macht. Nach vier Tagen kapitulierte das
Land, die Königin floh nach London und bil-
dete dort eine Exil regierung.
1945 Am 5. Mai wurde das Land befreit. Die
Niederlande wurden Gründungsmitglied der
Vereinten Nationen.
1948 Die Niederlande gründeten mit den
Nachbarn Belgien und Luxemburg die Zoll-
union Benelux.
1949 Die südasiatische Kolonie Indonesien
wurde unabhängig.
1953 Als Folge einer verheerenden Sturm-
flut werden die Deltawerke initiiert.
1957 Die Niederlande gehörten zu den
Gründungsmitgliedern der EWG, der
Euro päischen Wirtschaftsgemeinschaft.
1975 Das südamerikanische Surinam wurde
in die Unabhängigkeit entlassen.
1980 Prinzessin Beatrix wurde Königin der
Niederlande.
1995 Die erste Stufe des Schengener Ab-
kommens trat in Kraft.
2002 Kronprinz Willem-Alexander heiratete
die Argentinierin Máxima Zorrequita.
2004 Dem islamistischen Mordanschlag auf
den Filmemacher van Gogh folgten Unruhen.
2007 Ariane wurde als dritte Tochter des
Kronprinzenpaares geboren.
2009 Die Königsfamilie entkommt am Koni-
ginnendag nur knapp einem Attentat in
Apeldoorn.
2012 Seit September 2012 bilden die
Rechtsliberalen (VVD) und die Sozialdemo-
kraten (PvdA) eine Regierungskoalition. Mi-
nisterpräsident ist Mark Rutte (VVD).
2013 Beatrix dankte ab. Neuer König der
Niederlande ist seit April ihr Sohn Willem-
Alexander. Im August starb dessen Bruder
Friso, der nach einem Lawinenunfall 2012
18 Monate im Koma gelegen hatte.
HANDIKAP
Vorbildlich sind in den Niederlanden der Um-
gang mit Behinderten und die Selbstverständ-
lichkeit, wie die niederländische Gesellschaft
sich auf deren Bedürfnisse einstellt und bei ih-
ren Planungen berücksichtigt.
HOTELS
Mehr als 3000 Hotels aller Kategorien werben
um Gäste, meist mit Internetauftritten und
über viele verschiedene private Buchungszen-
tralen, so dass die frühere Nationale Bu-
chungszentrale überflüssig wurde. Hotelsuche
läuft praktisch nur noch übers Internet oder
Mundpropaganda.
INTERNET
www.ratgeber-niederlande.de: Eine bunte
Mischung von Links und Informationen zum
Thema Niederlande.
www.hollandinfo.com: Die Seite zum Was-
sersport in Holland, zu Segel- und Motorboot -
sport und nützliche Links zu allg. touristischen
Themen.
www.amsterdamsuitburo.nl: Tipps zum
Amsterdamer Nachtleben und Links zum
Nachtleben anderer Städte.
JUGENDHERBERGEN
Mit Ausnahme der Provinzen Drenthe und Fle-
voland bieten 26 niederländische Jugendher-
bergen preiswerte Kopfkissen unter dem Na-
men Stayokay-Hostal. Sie sind wie Hotels mit
bis zu fünf Sternen klassifiziert, verlangen ei-
nen internationalen Jugendherbergsausweis
und kosten 16,50 bis 23,50 € für Erwachsene
und für Kinder von 3 bis 15 Jahren 5 €
(www.stayokay.com).
KINDER
Die auffallende Kinder- und Familienfreundlich-
keit der Niederländer schlägt sich erfreulicher-
weise auch in großen Preis-Ermäßigungen bei
Sehenswürdigkeiten und Übernachtungsprei-
sen nieder.
NOTRUF
Landesweite Notrufnummer: 112
Autopannen: 0800 08 88
ÖFFNUNGSZEITEN
Mit Ausnahme der Supermärkte (Mo.–Sa. 8.00
bis 18.00 Uhr) öffnen viele Geschäfte zum
Ausgleich für den „Kaufabend“ (Do. oder Fr. bis
21.00 Uhr) Mo. erst um 13.00 Uhr, Di.–Fr. dann
9.30–18.00, Sa. 9.00–18.00 Uhr; zusätzlich gibt
es Kaufsonntage und offene Geschäfte an

deutschen Feiertagen. Die Post öffnet Mo.–Fr.
9.00–17.00, Sa. 9.00–13.00 Uhr, Apotheken
Mo.–Fr. 9.00–18.00 Uhr; nachts und am
Wochen ende übernehmen einzelne Apotheken
Notdienst. Banken öffnen uneinheitlich, aber
die meisten Mo. 13.00–16.00, Di.–Fr. 9.00–
16.00 Uhr. Viele Kirchen bleiben außerhalb der
Gottesdienste am Sonntag geschlossen.
POST UND TELEFON
Postkarten und Briefe (20 g) ins europäische
Ausland kosten einheitlich 1,05 €; ins nicht-
europäische Ausland 1 €. Vorwahlen: Deutsch-
land 0049, Österreich 0043, Schweiz 0041, Nie-
derlande 0031. Telefonkarten sterben aus.
Auch die Telefonstationen für Kreditkarten wer-
den im Handy-Zeitalter immer seltener.
RESTAURANTS
Die meisten Restaurants öffnen um 17.00 Uhr
und schließen zwischen 22.00 und 23.00 Uhr.
China-Restaurants haben meist schon mittags
geöffnet. Es ist unüblich, sich selbst einen
Platz zu suchen, man wartet, bis die Bedienung
einen Tisch anbietet. Die Preise enthalten Be-
dienung und Mehrwertsteuer; allerdings ist
das Personal an Trinkgelder gewöhnt. Wer be-
sonders gute Restaurants sucht, kaufe sich im
niederländischen Buchhandel das jährlich er-
scheinende Druckwerk „Lekker“ (12,95 €), das
die besten Restaurants nach Kategorien, Quali-
Am besten erkundet man Giethoorn per Boot.
Zeelands und Hollands Nordseestrände taugen auch für einen Ritt entlang der Wogen.
tät und Service ausführlich beschreibt (www.
lekker500.nl).
SOUVENIRS
Beliebte Mitbringsel sind Holzschuhe, Blumen-
zwiebeln, Jenever, Käse, Schokolade-Hagel -
slag, Spekulatiuskuchen und Lakritzkonfekt
von süß über salzig bis scharf nach Salmiak
schmeckend.
Regionale Spezialitäten sind Cranberry-Senf
von Terschelling, geräucherter Wels aus Ame-
land, Kaninchenpastete aus Texel und Lim-
burgse Vlaai (Kuchen).
SPORT
Wassersport ist ein Lebensbedürfnis der Nie-
derländer. Mit Ausnahme der Provinz Drenthe
finden sich überall Seen, Kanäle und Fluss-
läufe, um zu segeln, zu surfen oder mit dem
Motorboot auf Fahrt zu gehen. Seefeste Skip-
per haben in Zeeland, Zuid- und Noordholland
sowie auf den Inseln und in der Westerschelde
die stürmische Nordsee vor der Haustür. Auch
das relativ flache IJsselmeer hat seine Tücken.
Zahmer sind die Randseen um die Provinz Fle-
voland. Kanufahren ist in den Provinzen Gro-
ningen und Overijssel populär. Taucher bevor-
zugen wegen seines klaren Salzwassers den
Grevelingen.
Radfahren („fietsen“) ist sicher die zweitwich-
tigste Sportart. In keinem anderen europäi-
Anhang
118–119
schen Land gibt es mehr Radwege: etwa
3 2 000 Kilometer. Auch große Innenstädte wie
Amsterdam und Rotterdam sind für den Rad-
verkehr erschlossen und penibel durchmar-
kiert. Nahezu jeder Bahnhof vermietet Räder,
erwartet jedoch – wie alle Vermieter –, dass
das Rad am Ausgangspunkt zurückge geben
wird. Auch in ihrer Freizeit schätzen Niederlän-
der das „Fietsen“. Kultrouten sind der Ritt ums
IJsselmeer, die Nordseeroute durch den Dünen-
gürtel von Hoek van Holland bis nach Den Hel-
der, die Provinz Drenthe, die Veluwe und die
Watteninseln. Die rot-weiße Beschilderung ist
konkreter als die für den Kraftverkehr. Vor allem
in Gelderland und Drenthe garantieren knie-
hohe Wegweiser in der Form eines viereckigen
Pilzes sichere Orientierung. Im Wander- und Ra-
delparadies Drenthe fietsen im Juli an vier Tagen
Tausende für eine Medaille beim „Drentse Fiets
4Daagse“ (www.fiets4daagse.nl).
Wanderer finden Ziele und genügend Weg-
weiser vor allem in der Veluwe sowie rund um
Eindhoven, Tilburg und Breda, in den dichten
Wäldern Drenthes und in den Dünen an der
Nordsee und auf den Watteninseln.
Reiten Die Niederländer sind auch begeisterte
Reiter. Im ganzen Land, ob am Meeressaum, im
Wald oder zwischen Gemüsefeldern tauchen
ihre Silhouetten auf. Die größte Pferdedichte
ist auf Ameland zu verzeichnen.
Wintersport Wohl weil es die Temperaturen so
selten zulassen, bleibt ein großes Bedürfnis
der Niederländer oft ungestillt – sich auf
Schlittschuhen über zugefrorene Seen und Ka-
näle zu bewegen. Aber wenn es dann doch
Service
passiert, sind die Elf-Städte-Touren Topthema
der abendlichen Weltnachrichten.
SPRACHE
Niederländisch und Deutsch benutzen viele
gleiche, ähnliche, aber auch manche konträre
Begriffe. Wer an einer Tankstelle um Benzin
„bellt“, erntet sicher nur ein Lächeln, bis er den
Klingelknopf gefunden hat. Zu einem „deftig
Eten“ sollte man sich elegant kleiden und er-
freut dreinschauen, wenn man als „slim“
(schlau) bezeichnet wird. Das Meer heißt hier
Zee (sprich See) und ein See Meer. Rätselraten
könnten Begriffe wie Golfslagbad (Wellenbad),
Zuivelboerderij (nicht Zwiebel-, sondern Milch-
produkte-Bauernhof) erzeugen oder Kortegol-
fontvanger (Kurzwellenempfänger). Autobahn-
Fahrer dürfen sich über die Anzeige „Filevri“
freuen, die Staufreiheit verspricht.
Meist versteht sich Niederländisch viel besser,
wenn man die andere Aussprache der Nieder-
länder berücksichtigt. Ei und Ij sprechen sich
äi, Oe wie u, U wie ü, Ou wie au, Eu und Ui wie
Nirgendwo wird Weite so augenfällig wie im Wattenmeer bei Ebbe – das zeigt Noordpolderzijl bei Uithuizen.
öi, G wie ch, V wie f, Z wie s. Das Sch wird in s
und ch geteilt gesprochen und im Falle von S-
che-veninge auch noch das Endungs-n ver-
schluckt. Die Niederländer sprechen mehr
oder weniger gut Deutsch. Ihren Ehrgeiz weckt
man am besten mit dem Satz: „Spreekt ü een
beedje döitsch“. Als Türöffner wirken auch
„Chuie morrche“ bis 12.00 Uhr, „Chuie mid-
dach“ bis zum Dunkelwerden und danach
„Chuie avend“ sowie die Wörtchen „bedankt“
und „alstüblieft“, wenn man um etwas bittet.
Besonders höflich wirkt es, wenn man an den
Gruß, an Bitte und Danke noch das Geschlecht
derjenigen Person hängt – „bedankt mefrau“
und „alstüblieft menär“.
UNTERKÜNFTE
Typische Ferienunterkünfte nach den Cam-
pingplätzen sind Ferienwohnungen und Bun-
galows. Mehrere Hundert Bungalowparks von
luxuriös bis preiswert, die meisten jedoch
durchaus zweckmäßig, siedeln schwerpunkt-
mäßig an den Küsten, auf den Inseln, an Seen
und Flüssen mit Wassersportangeboten. Sie
bieten Badelandschaften, Super märkte, Res-
taurants und auch Freizeitparks, Man findet sie
neben Bed-and-Breakfast-Angeboten in den
Touristikbroschüren (Gids) der Provinzen und
Regionen. Daneben stehen Hotels unter-
schiedlicher Kategorien zur Verfügung.
WETTER
Allen Unkenrufen zum Trotz: Es regnet nicht
ständig, und der Wind bläst nicht nur von vorn.
Die meisten Sonnenstunden weist die Provinz
Limburg auf. An den Küsten sorgen Ausläufer
des Golfstroms für ein meist milderes Klima als
im Landesinneren. Je nach europäischer Groß-
wetterlage sind auch noch im Okt. und Nov.
Radtouren möglich.
Die Winter an den Küsten und auf den Inseln
zeigen sich besonders milde. Nur alle zehn
Jahre frieren die Kanäle und Seen so dick zu,
dass Frieslands und Nordhollands beliebte Elf-
Städte-Touren auf Schlittschuhen stattfinden
können.
Register
Fette Ziffern verweisen auf
Abbildungen
A Lelystad 52, 60, 61
Aalsmeer 42, 43, 43
Alkmaar 59, 59, 61, 110
Ameland 65, 68, 69, 72, 73, 73
Amsterdam 32/33, 34, 35, 35,
36, 37, 37, 46, 46, 47, 82
Apeldoorn 88/89, 95, 100
Arcen 107, 114
Arnhem 94, 95, 100, 100
Assen 77, 87
B Nes 69, 72
Barloo 97
Bergen aan Zee 51
Bourtange 74/75, 86
Breda 113, 113
Breeezand 8/9
Broek op Langedijk 59
Bunschoten-Spakenburg 46
D Ootmarsum 101
De Hoge Veluwe 93, 100
Delft 12/13, 25, 29, 30, 30
Deltaplan 56, 57
Den Haag 22, 23, 23, 25, 26, 29
Den Helder 59, 71
Deventer 91, 95, 100
Dordrecht 14/15, 40/41, 41, 45
E Scheveningen 18/19, 24, 25, 29
Edam 41, 45, 61, 108, 110, 116
Eindhoven 114
Emmen 77, 86
Enkhuizen 50, 51, 59, 61
F/G
Franeker 55, 60
Giethoorn 90/91, 91, 99, 119
Gouda 41, 46, 108, 109, 110, 110
Groningen 16/17, 75, 78, 79, 79,
85, 86
H/I
Haarlem 39, 45
Harderwijk 92, 99
Harlingen 55, 66/67, 71
’s-Heerenberg 93
’s-Hertogenbosch 105, 107, 113
Heusden 106
Hindeloopen 54, 55, 60
Hoge Veluwe 93
Hoorn 51, 55, 59, 60, 61, 61
Jsselmeer 49, 51, 52/53, 61
K Yerseke 27, 31, 31
Kampen 91, 95, 99
Keukenhof 39, 45
Kinderdijk 14/15, 40/41, 41, 46
Anhang
120 – 121
L
Leeuwarden 55, 76, 77, 85, 85
Leiden 39, 45, 47, 47 Impressum
Lemmer 54, 60 3. Auflage 2014
Lisse 39, 45 © DuMont Reiseverlag, Ostfildern
Verlag: DuMont Reiseverlag, Postfach 3151, 73751 Ostfildern, Tel. 0711/4502-0,
M/N Fax 0711/4502-135, www.dumontreise.de
Maastricht 104, 105, 114, 115 Geschäftsführer: Dr. Thomas Brinkmann, Dr. Stephanie Mair-Huydts
Marken 39, 40 Programmleitung: Birgit Borowski
Redaktion: Dina Stahn, Stuttgart; Robert Fischer (www.vrb-muenchen.de)
Medemblik 51, 60 Text: Ute Fischer, Reinheim, mit Beiträgen von Achim Bourmer („Hochprozenti-
Middelburg 31 ges“ und „Von Kaaskop und Gouda“)
Exklusiv-Fotografie: Arthur F. Selbach, Hamburg
N Titelbild: Fanutz Olimpio/ Bildagentur HUBER (Windmühlen in Kinderdijk)
Zusätzliches Bildmaterial: Bilderberg: Manfred Wirtz S. 42; Fischer, Ute S. 60,
S. 101 Header, S. 101 Mitte, S. 64 u. li, S. 72 u., S. 73 Mitte, S. 115 Header, S. 115
Nijmegen 94, 95, 95, 100 Mitte; Huber: Damm S. 40 u., S. 116; Huber: Fantuz S. 41 o. re; Huber: Hackett
Noordbergum 77 S. 61 Mitte; Huber: Kiedrowski S. 45, S. 34 o. re, S. 81 o.; Klaes S. 107 Mitte; Hu-
Nuenen 114 ber: Reporters/Tony Le Duc S. 7 o., 1 Bildzeile, linkes Bild; Kluyver S. 68 u., S. 72
o. li, S. 73 Header; Lachenmaier, Christa S. 34 u. re; Laif: Enker S. 66 o. li; Laif:
Hoogte S. 67 u.; Laif: Buessemeier S. 4/5 o., Laif: Buessemeier S. 54 o.; Laif: Fech-
O/P/R ner S. 105 o. re, S. 7 re Mitte re; Laif: G. Huber S. 48-49; Laif: Gonzalez S. 47 Hea-
Oldenzaal 101 der, S. 47 Mitte re; Laif: Hemispheres S. 93 u.; Laif: Hilz S. 66 u.; Laif: Hoolandse
Osterschelde 57, 57 Hoogte S. 47 u. li; Laif: Huber S. 54 u. re, S. 55 o. li; Laif: Jonkmanns S. 68 o.; Laif:
Nele Martensen S. 97 o. li; Laif: Pennarts/Hollandse Hoogte S. 96, S. 97 o. re, S.
Oost-Vlieland 66, 72 97 u.; Laif: Reporters/Tony Le Duc S. 80; Laif: S. Enker S. 119 o.; Laif: Swart, Hol-
landse Hoogte S. 4 u. re, S. 56; Laif: Vermeulen/Hollandse Hoogte S. 81 u.; Look:
Orvelte 86 Ingolf Pompe S. 82; Mauritius/Alamy S. 7 li zweites Bild von o., S. 7 o., 1 Zeile, 2.
Pieterburen 87, 87 Bild von re, S. 7 re Mitte li, S. 10-11, S. 14-15, S. 16-17, S. 18-19, S. 20 o. li, S. 20
re, S. 21 o. li, S. 21 re, S. 22 Mitte li, S. 22 o. li, S. 22 u. li, S. 24 o. li, S. 24 o. re, S. 24
Purmerend 110 u., S. 25 o. li, S. 26 u., S. 31 Header, S. 31 Mitte re, S. 31 u. li, S. 35 o. li, S. 36-37, S.
Roermond 104, 114 37 u., S. 38-39, S. 38 o. li, S. 38 u. li, S. 43 o., S. 43 u., S. 4o. li, S. 50 o. li, S. 50 o. re,
Rotterdam 10/11, 20, 21, 21, 30 S. 50 u., S. 51 o. re, S. 52-53, S. 52 u., S. 53 o., S. 57 o., S. 57 u. li, S. 61 Header, S.
62-63, S. 64 o., S. 65, S. 78, S. 83, S. 74-75, S. 76 o. li, S. 76 o. re, S. 76 u., S. 79 o. li,
S. 79 o. re, S. 87 Header, S. 87 Mitte, S. 90-91, S. 90 u., S. 94 o., S. 95 o., S. 104 o. li,
S S. 104 u., S. 104/105, S. 106 o.; mauritius/Pixtal S. 32/33; Stockfood: Harry Bi-
Schermerhorn 59 schof S. 111; The Bridgeman Art Library/Private Collection/Courtsy of Thomas
Brod and Patrick Pilkington S. 41 u.
Schiedam 30 Grafische Konzeption, Art Direktion: fpm factor product München
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DEUTSCHLAND 113 Malta

119 Allgäu 155 Oberitalienische Seen
092 Altmühltal 076 Piemont, Aostatal
105 Bayerischer Wald 014 Rom
120 Berlin 082 Sardinien
106 Bodensee, Oberschwaben 003 Sizilien
121 Brandenburg 140 Südtirol
056 Chiemgau, Berchtesg. Land 039 Toskana
013 Dresden, Sächs. Schweiz 091 Venedig, Venetien
Weltweit einmalig ist Amsterdams Grachtengür- 152 Eifel, Aachen
157 Elbe und Weser, Bremen GRIECHENLAND/ZYPERN/
tel. Von den Grachtenhäusern wurden allerdings 125 Erzgebirge, Vogtland TÜRKEI
zwei Drittel erst nach 1850 errichtet. 020 Frankfurt, Rhein-Main 034 Istanbul
059 Fränkische Schweiz 016 Kreta
112 Freiburg, Basel, Colmar 090 Türkisches Mittelmeer
028 Hamburg 148 Zypern
026 Hannover zw. Harz u. Heide
AMSTERDAM Einzigartige Bilder
Aktuelle Informationen
Detaillierte Karten
042 Harz MITTEL- UND OSTEUROPA
062 Hunsrück, Naheland, 104 Baltikum
BILDATLAS 156

Rheinhessen 122 Bulgarien

Grachtenromantik ...
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023 Leipzig, Halle, Magdeburg 094 Danzig, Ostsee, Masuren

... kontrastiert mit modernem
Bauen in den Vororten. Architek- Amsterdam 131 Lüneburger Heide, Wendland
066 Mainfranken
133 Mecklenburgische Seen
101 Polen Süden, Breslau,
Krakau
044 Prag
ten mit Rang und Namen haben
038 Mecklenburg-Vorpommern 085 St. Petersburg
sich hier verwirklicht.
033 Mosel 145 Tschechien
S 114 München 146 Ungarn
PLUoße
Museen mit Weltgeltung 6 gr
Cityp
läne 047 Münsterland
Rijksmuseum und Stedelijk Mu- 015 Nordseeküste ÖSTERREICH/SCHWEIZ
Schleswig-Holstein 129 Kärnten
seum erstrahlen in neuem Glanz.
006 Oberbayern 004 Salzburger Land
074 Odenwald, Bergstraße 139 Schweiz
Ein Tag am Meer 035 Osnabrücker Land, Emsland 088 Tessin
Gar nicht weit ist es von Amster- 002 Ostfriesland, Oldenb. Land 144 Tirol
135 Ostseeküste Meck-Pomm 147 Wien
dam bis an die See!
154 Ostseeküste
Schleswig-Holstein SPANIEN/PORTUGAL
136 Pfalz 043 Algarve
040 Rhein zw. Köln und Mainz 093 Andalusien
079 Rhön 150 Barcelona
116 Rügen, Usedom, Hiddensee 108 Costa Brava
137 Ruhrgebiet 025 Gran Canaria, Fuerteventura,
149 Saarland Lanzarote
080 Sachsen 065 Kanarische Inseln
081 Sachsen-Anhalt 124 Madeira
117 Sauerland, Siegerland 132 Mallorca
083 Schwarzwald Norden 007 Spanien Norden
045 Schwarzwald Süden 118 Teneriffa, La Palma,
018 Spreewald, Lausitz La Gomera , El Hierro
008 Stuttgart, Schwäbische Alb
141 Sylt, Amrum, Föhr SKANDINAVIEN/NORDEUROPA
142 Teutoburger Wald 057 Dänemark
102 Thüringen 029 Island
143 Thüringer Wald 099 Norwegen Norden
037 Weserbergland 072 Norwegen Süden
151 Schweden Süden, Stockholm
BENELUX 153 Hurtigruten
Gehört zu einem Urlaub im Mündungsgebiet zwi- 156 Amsterdam
schen Elbe und Weser einfach dazu: ein Ausflug 011 Flandern, Brüssel LÄNDERÜBERGREIFENDE
070 Niederlande BÄNDE
mit der Kutsche nach Neuwerk. 123 Donau – Von der Quelle bis
FRANKREICH zur Mündung
055 Bretagne 112 Freiburg, Basel, Colmar
021 Côte d’Azur
ELBE UND WESER Einzigartige Bilder
Aktuelle Informationen
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032 Elsass
009 Frankreich Süden
AUSSEREUROPÄISCHE ZIELE
010 Ägypten
BILDATLAS 159 Languedoc-Roussillon 053 Australien Osten, Sydney
Hansestadt mit Flair
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019 Korsika 109 Australien Süden, Westen

Stolze Bauten künden von Bre- 071 Normandie 107 China
mens bewegter Geschichte. Elbe und Weser 001 Paris
115 Provence
024 Dubai, Abu Dhabi, VAE
036 Indien
Bremen 027 Israel
Mehr als nur ein Hafen GROSSBRITANNIEN/IRLAND 111 Kalifornien
Eine tolle Museumslandschaft 063 Irland 031 Kanada Osten
S
PLU e 130 London 064 Kanada Westen
und Erlebniswelten sind die At- 6 großrten
Reise
ka

138 Schottland 022 Namibia

traktionen von Bremerhaven. 030 Südengland 068 Neuseeland
041 New York
An der Waterkant ITALIEN/MALTA/KROATIEN 048 Südafrika
017 Gardasee, Trentino 012 Thailand
Bei Flut locken Badefreuden, bei
110 Golf von Neapel, Kampanien 046 Vietnam
Ebbe Wanderungen oder Kutsch- 128 Italien, Norden
fahrten übers Watt. 005 Kroatische Adriaküste

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 Man sieht nur,
was man weiß.

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