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Aicha OUARET

DIE SCHLICHTUNG
EIN KOMMUNIKATIVER PROZESS
Inhaltsverzeichnis

Einleitung 6

I- Zur Schlichtung 12

1. Die Schlichtung allgemein 12

2. Die Schlichtung in Deutschland 13

3. Die Schlichtungsinstitutionen: Schiedsmann und 17


kommunale Vergleichsbehörde
3.1. Die Institution des Schiedsmanns 17
3.1.1. Die Geschichte 17
3.1.2. Die Organisationsstruktur 19
3.1.3. Die Zuständigkeit 20
3.2. Die Institution der kommunalen Vergleichsbehörde 21
3.2.1. Die Geschichte 21
3.2.2. Die Organisationsstruktur 22
3.2.3. Die Zuständigkeit 23
3.3. Der Ablauf des Schlichtungsverfahrens 23

1
3.4. Die Verfahrensregelungen der Schlichtungsverhandlung 26

4. Schüttels Kritik an den traditionellen Schlichtungsstellen 27

II- Zu den Schlichtungsgesprächen 28

1. Das Schlichtungsgespräch als kommunikativer Prozess 28

2. Die Analyse der Schlichtungsgespräche 30


2.1. Der allgemeine theoretische Rahmen 30
2.2. Die Gesprächsteilnehmer 33
2.3. Das Handlungsschema Schlichten 35

3. Das Korpus Schlichtung 36


3.1. Beschreibung 36
3.2. Die Transkripte 36
3.2.1. Zugänglich laut Regelung des IDS 36
3.2.2. Veröffentlicht 37

4. Die Verschriftlichung (oder Transkription) 38


4.1. Die Abkürzungen der Partiturzeilen 38
4.2. Die verwendeten Transkriptionszeichen 39

2
III- Die Analyse des Schlichtungsgesprächs 41
,Kindsmord’

1. Die Datengrundlage 41

2. Das allgemeine Handlungsschema 42

3. Die Analyse der Handlungsstruktur im 42


Gespräch ,Kindsmord’
3.1. Eröffnung des Gesprächs (Herstellung der 43
Schlichtungssituation)
3.2. Rekonstruktion des Konflikts 43
3.3. Regelung des Konflikts 50
3.4. Auflösung der Schlichtungssituation 70
(Verhandlungsschließung)

4. Die Analyse des Schlichtungsgesprächs ,Kindsmord’ unter 71


dem Gesichtspunkt der Tätigkeit des Schlichters

5. Die Analyse der Formulierungsverfahren 79

IV- Zur Streitbeilegung über das Internet 82

1. Die Streitbeilegung über das Internet am Beispiel des E- 83

3
Commerce

2. Die Vor- und Nachteile des E-Commerce für die Online- 83


Käufer

3. Die Initiative der UNCITRAL auf der internationalen 84


Ebene

4. Die Notwendigkeit außergerichtlicher 84


Streitbeilegungsverfahren

5. Die Online-Systeme 85
5.1. Das Angebot der Online-Mediation 85
5.2. Das Angebot « Ombudsmann.de » 85
5.3. Das Angebot « Trusted Shops » 87
5.4. Das Angebot « Online-Schlichter » 87

6. Die Förderung der Bekanntheit der Verfahren 89

7. Ausblick 89

Schluss 90

4
Literaturverzeichnis 93

Anhänge 96

Zusammenfassung auf arabisch 97


Zusammenfassung auf französisch 101

Einleitung

5
Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist die Dissertation (Ouaret,
2004), in der Beratungsgespräche untersucht werden. Zu
Vergleichszwecken wird dort neben Beratungsgesprächen auch ein
Schlichtungsgespräch (‚Zu hoher Stundenlohn‘) analysiert.
Schlichtungsgespräche sind Beratungsgesprächen strukturell
ähnlich: Gesprächen beider Gattungen ist gemein, dass darin ein
Problem behandelt wird. Die Interaktionen unterscheiden sich in
ihren (Sprecher-) Konstellationen: Bei den Beratungsgesprächen
geht es um ein Problem des Ratsuchenden, das vom Ratgeber
behandelt wird, um eine Lösung zu finden; bei der Schlichtung
geht es um einen Interaktionsgegensatz: Zwei Parteien stehen in
einem Konflikt und eine dritte Partei versucht zusammen mit den
Konfliktparteien, den Streit zu regeln.

Gegenstand der jetzigen Untersuchung ist die Schlichtung. Die


generellen Ziele werden in vier Schritten bearbeitet, die sich auf
eine globale Fragestellung richten:

- Was ist ‚Schlichtung‘ überhaupt und wie funktionieren die


Schlichtungseinrichtungen in Deutschland? Wie haben sich die
Institutionen des Schiedsmanns und der kommunalen
Vergleichsbehörde historisch entwickelt, wie sehen ihre
Organisationsstruktur sowie ihre Zuständigkeit aus? Es wird auch
danach gefragt, wie das Schlichtungsverfahren abläuft und was die
Verfahrungsregelungen der Schlichtungsverhandlung sind.

- Die gesprächsanalytische Untersuchung der Schlichtung


unterscheidet sich von anderen wissenschaftlichen Perspektiven:
Was charakterisiert die Schlichtungsgespräche und was sind die

6
theoretischen und methodologischen Grundlagen dieser
Untersuchung?

- Mit der exemplarischen Analyse des Schlichtungsgesprächs


‚Kindsmord‘ soll gezeigt werden, wie die mündliche Verhandlung
im Rahmen einer Schlichtungsinstitution abläuft, wie die
Handlungsstruktur bzw. das allgemeine ‚Handlungsschema
Schlichten‘ realisiert wird. Die Analyse des Gesprächs konzentriert
sich auf die Äußerungen des Schlichters, weil institutionelle
Schlichtungen sehr stark durch die kommunikative Arbeit des
Schlichters strukturiert werden. Argumentative und rhetorische
Mittel des Schlichters, die von diesem eingesetzt werden um eine
Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen, werden im Detail
analysiert.

- Abschließend werden neuere Schlichtungsformen betrachtet,


gestützt auf den Beitrag „Streitbeilegung im Internet – Zukunft
oder Irrweg?“ von Schüttel (2014). In Anlehnung an diese Autorin
wird die Problematik der Streitbeilegung über das Internet
diskutiert.

Was ist Schlichtung

Schlichtung ist der am weitesten verwendeten Begriff im Bereich


der Konfliktregelungen. In einer Gesellschaft haben die Menschen
oft Erfahrungen mit irgendeiner Form der Konfliktregelung.
Es muss jedoch auf Differenzierungen zwischen
Streitregelungsverfahren hingewiesen werden. Jansen (1987)
schlägt eine Typologie für die Einordnung des
Schiedsmannsverfahrens vor: Verhandeln, Vermitteln, Schlichten
und Richten:

7
„Verhandeln (…) setzt ein gemeinsames Interesse der Parteien an
einer einvernehmlichen Konfliktlösung voraus. Verhandlungen
sind daher eher an den gemeinsamen Interessen der Parteien als an
Normen orientiert (…) erst, wenn Verhandlungsbemühungen
gescheitert sind, werden in der Regel Dritte als Vermittler,
Schlichter oder Richter angerufen.
- Vermitteln zielt ebenfalls auf eine einverständliche
Konfliktregelung unter den Parteien, allerdings mit Hilfe eines
Dritten, der die zweiseitigen Verhandlungen anregen und lenken
soll. (…) Die Anwesenheit eines Dritten führt allerdings zu einer
größeren Relevanz von Normen als in rein bilateralen
Verhandlungen.
- Schlichtung unterscheidet sich nur graduell von Vermittlung.
Während der Vermittler nur Katalysator für parteiautonome
Verhandlungen ist, kommt dem Schlichter mehr Macht dazu.
Normen und Verfahrensregeln sind bedeutsamer als bei
Vermittlung (…)
- Richten ist die retrospektive Würdigung rechtsrelevanter
Tatsachen, die nach den Regeln der Beweislehre erhoben wurden.
Eine Einigung beider Parteien auf die gerichtliche Streitaustragung
ist nicht erforderlich.“ (Jansen, 1987, 3ff)

In diesem Zusammenhang weist Schüttel (2014) auf eine solche


Differenzierung hin:
„Das Schlichtungsverfahren ähnelt sehr der Mediation, zeichnet
sich jedoch durch eine höhere Verantwortung des Schlichters aus.
Der Mediator konzentriert sich auf die reine Kommunikation der
Parteien, er ist nicht verantwortlich für den Inhalt der Einigung.“
(Vgl. Schüttel, 2014, 48).
Aus diesen beiden Betrachtungsweisen ergibt sich, dass dem
Schlichter mehr Macht zukommt (Jansen) und dass er über eine
höhere Verantwortung verfügt (Schüttel). Vor diesem Hintergrund

8
rücken vor allem die Gesprächsbeiträge des Schlichtersin den
Fokus einer gesprächsanalytischen Untersuchung, weil
institutionelle Schlichtungen sehr stark durch die kommunikative
Arbeit des Schlichters strukturiert werden.
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es eine große Zahl von
Schlichtungsinstitutionen, die dazu beitragen, Streitfälle zu lösen.
Zwei Typen dieser Einrichtungen sind zu beachten: die Institution
des Schiedsmanns und die der kommunalen Vergleichsbehörde.
Die Geschichte, die Organisationsstruktur und die Zuständigkeit
dieser Institutionen sowie der Ablauf des Schiedsverfahrens und
die Verfahrensregelungen der Schlichtungsverhandlung werden im
Rahmen dieser Arbeitbehandelt.

Charakteristika der Schlichtungsgespräche und die allgemeinen


theoretischen Voraussetzungen

Die Schlichtung wird im Folgenden nicht aus unterschiedlichen


wissenschaftlichen Perspektiven wie beispielsweise der
Rechtstheorie, der Soziologie oder der Sozialpsychologie, sondern
als kommunikativer Prozess zur Bewältigung von Streit untersucht.

Das kommunikative, sprachliche Verfahren des Schlichtens, d.h.


was das Verfahren des Schlichtens charakterisiert und in welchem
allgemeinen theoretischen Rahmen die Schlichtungsgespräche
analysiert werden, wird dargestellt.

Charakteristisch für Schlichtungsgespräche ist, dass sie im


institutionellen Rahmen der Schlichtungseinrichtungen eingebettet
sind, in denen sich ein Dritter bemüht, den Streit zwischen den
Konfliktparteien mit diesen zusammen zu regeln. Das Ziel ist die
„gütliche Einigung“, bei der die Streitparteien der vorgeschlagenen

9
Lösung zustimmen. Die Rollen der Teilnehmer werden in den
institutionellen Kontexten als „Antragssteller“, „Antragsgegner“
und „Schlichter“ gekennzeichnet. Die Analyse zeigt, wie solche
Gespräche verlaufen und wie sie funktionieren.

Zu den allgemeinen theoretischen Voraussetzungen dieser


empirischen Untersuchung gehört vor allem deren
Datengeleitetheit; das Untersuchungsmaterial bilden
Schlichtungsgespräche, die in „natürlichen“ Situationen ablaufen.
Sie werden mittels technischer Reproduktionsmittel (Tonband,
Video) aufgezeichnet und gespeichert. Auf der Grundlage der
Aufzeichnungen werden sie zum Zweck der Analyse transkribiert.
Im Rahmen dieser Studie werden das Schlichtung-Korpus des IDS
sowie die Konventionen der Verschriftlichung dargestellt.

Der allgemeine theoretische Rahmen der vorliegenden Analyse von


Schlichtungsgesprächen schafft die Konversationsanalyse. In der
Konversationsanalyse wird das ganz alltägliche Gespräch zum
Gegenstand gemacht, dessen Grundeinheit es ist, dass sich die
Teilnehmer abwechseln und die Ordnung des Gesprächs selber
herstellen. In der weiteren Entwicklung der Konversationsanalyse
seit den Anfängen in den 1970iger Jahren wurde dieser Ansatz von
Alltagskonversationen auch auf institutionelle Kommunikation
übertragen.

Die Analyse geht davon aus, dass dem kommunikativen Geschehen


in Schlichtungsgesprächen ein ‚Handlungsschema Schlichten‘
zugrunde liegt. Empirisch lassen sich zwei Aktivitätskomplexe
identifizieren, über die dann ein Handlungsschema ‚Schlichten‘
bestimmt werden kann: ein Komplex ‚Rekonstruktion des
Konflikts‘ und ein Komplex ‚Regelung des Konflikts‘. Das
Schlichtungsgeschehen wird insgesamt durch Rahmungsaktivitäten
aus dem Interaktionskontext herausgelöst und markiert:

10
‚Herstellung der Schlichtungssituation‘, und ‚Auflösung der
Schlichtungssituation‘.

Die Analyse des Schlichtungsgesprächs ‚Kindsmord‘


Anhand des Schlichtungsgesprächs ‚Kindsmord‘ wird eine
exemplarische Analyse durchgeführt. Dieses Gespräch gehört zur
Schlichtungseinrichtung des Schiedsmanns und wird dem Korpus
„Schlichtungsgespräche“ des Instituts für Deutsche Sprache
entnommen. In diesem Gespräch versucht der Schlichter, einen
Vergleich im Fall einer Verleumdung zwischen der Antragstellerin
und der Antragsgegnerin durchzuführen. Die Antragstellerin hat
einen Antrag auf Durchführung einer Güteverhandlung wegen
übler Nachrede gestellt. Die Analyse wird auf der Grundlage des
vorgeschlagenen ‚Handlungsschema Schlichten‘ durchgeführt.

Die Problematik der Streitbeilegung über das Internet

Als möglicher Ausblick auf die Zukunft werden zuletzt das Thema
‚Streitbeilegung über das Internet‘ behandelt. Unter dem Titel
„Streitbeilegung im Internet – Zukunft oder Irrweg?“ analysiert
Schüttel (2014) die Theorie und Praxis der „Online Dispute
Resolution“ (ODR) und zeigt auf, welche Änderungen notwendig
sind, um die Streitbeilegung im Internet in der Zukunft
durchzusetzen.

Die Streitbeilegung über das Internet wird am Beispiel des E-


Commerce gezeigt. Den E-Commerce sieht Schüttel (2014) als
einen besonders attraktiven Bereich für alternative Streitbeilegung
im Internet. Da der E-Commerce selbst auf elektronischem Weg
bereitgestellt wird, sollten, so die Autorin, diese Technologien auch
zur Lösung von Streitigkeiten aus diesem Bereich eingesetzt
werden.

11
I. Zur Schlichtung

1. Die Schlichtung allgemein

Im Laufe der Geschichte gab es immer Konflikte zwischen den


Menschen. Sie konnten mit Gewalt, aber auch friedlich gelöst
werden. In den verschiedenen historischen Etappen der
Menschheitsgeschichte gab es unterschiedliche friedliche Formen
der Konfliktlösung.
Schüttel (2014) weist darauf hin, dass die Streitbeilegung keine
Erfindung der Neuzeit ist. Zur friedlichen Konfliktlösung war die
Vermittlung zwischen den Streitparteien, seit der chinesischen
Antike, schon eine Form der Konfliktlösung. Konfuzius betonte
den Wert einer Vermittlung: „Anstatt jemandem wegen
widerrechtlicher Handlungen ins Recht zu fassen, was die schon
bestehende Misshelligkeit nur verstärkt, soll man besser durch ein
freundliches Gespräch versuchen, eine Einigung zu erzielen“
(Konfuzius (551-479 v. Chr.), zitiert nach Schüttel, 2014, 12).
Daher sei es kein Zufall, dass die ersten Mediationszentren in den
USA von der chinesischen Kultur beeinflusst worden seien: „Daher
verwundert es nicht, dass in den USA die ersten Mediationszentren
von chinesischen Einwanderern errichtet wurden“ (Schüttel, 2014,
12).
Der rechtssoziologische Ansatz der amerikanischen Initiative der
„Neighborhood Justice1 ist in diesem Zusammenhang zu verstehen
1
Die amerikanischen „Neighborhood Justice centers“ haben allerdings nicht den Status einer
institutionellen Einrichtung. So Deschamps (2009):„Aux Etats unis, on trouve un projet qui date de
1960. Ce sont les Neighborhood Justice centers (…) Ces centres fonctionnent sur les principes de
médiation. Ils sont orientés vers la prévention et vers le règlement global des problèmes en favorisant
l’amélioration des relations interpersonnelles et la découverte de moyens pour permettre aux

12
als Konfliktregelungsformen, die auf Konsens und nicht auf Urteil
angelegt waren, d.h. Regelungen, die eine parteiautonome
Konfliktlösung anstelle einer oktroyierten vorsahen (vgl. Klein,
1995).

2. Die Schlichtung in Deutschland

In Deutschland begannen die Versuche, Schlichtungsinstitutionen


einzurichten, in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Zwei Motive
haben dazu beigetragen, die Schlichtungsinstitutionen in der
Bundesrepublik Deutschland wiederzubeleben.
Neben dem amerikanischen rechtssoziologischen Ansatz, der in
großem Maße die Wiederbelebung der deutschen
Schlichtungseinrichtungen beeinflusst hat (den Anfang der
Schiedsmannsordnung gab es schon im ehemaligen Preußen seit
dem 18. Jahrhundert), gibt es ein weiteres Motiv: Es geht darum,
die Überlastung der Gerichte zu mindern.
Seitdem gibt es staatliche Einrichtungen, deren Aufgabe darin
besteht, Konfliktregelungen gemeinsam mit den Konfliktparteien
zu bearbeiten und durch Vermittlung eines Dritten zu
Einer Konfliktlösung zu kommen. Das Schlichten gilt als
Alternative zur gerichtlichen Behandlung von sozialen Konflikten.2
Die Relevanz solcher Institutionen zeigte sich sowohl auf der
Ebene des Bundes mit der in Dezember 1983 herausgegebenen

individus de contrôler leur propre vie (…) L’aspect particulier de ces centres est qu’ils n’ont aucun
lien avec le système officiel de justice : ils représentent une sorte de système de justice parallèle. Cela
les distingue des organisations qui font de la médiation institutionnelle et qui peuvent mener au
système de justice étatique.» (Vgl. Deschamps, 2009, 245 – 258).

2
Es muss hier jedoch darauf hingewiesen werden, dass zwischen Konsens und Kompromiss ein
Unterschied besteht: Gemäß Schwarz (1999) besteht der Unterschied darin, dass beim Konsens „in
einer Verhandlung eine Lösung gefundenwird, die beide Interessen gleichermaßen befriedigt“,
wohingegen beim Kompromiss „in einer Verhandlung eine Lösung gefundenwird, in der beide
gleichermaßen Opfer bringen“ (vgl. Gerhard Schwarz, 1999).

13
Broschüre der deutschen Bundesregierung Schlichten ist besser als
Richten als auch auf der Ebene der Länder, wie beispielsweise in
Nordrhein-Westfalen mit der vom Justizministerium initiierten
Umfrage zur Bekanntheit der Schiedsmänner bei den Bürgern (vgl.
Klein, 1995).
Um den Bürgern die Konfliktlösungsmöglichkeit zur Verfügung zu
stellen, besteht seit 2011 ein Informationsportal, „das
Informationen zu den öffentlichen und privaten Anbietern von
Schlichtungs-, Mediations- und Schiedsverfahren bündeln und eine
bessere Auffindbarkeit gewährleisten soll. Mit der Vielzahl an
Angeboten werden Konfliktsituationen aus den Bereichen
Wirtschaft, Familie, Ausbildung, Verbraucher bis zu
Privatpersonen abgedeckt. Insbesondere dem einzelnen Bürger soll
somit der Weg zu den verschiedenen Schlichtungs-, Mediations-
und Schiedsangeboten erleichtert werden. Ein Ansprechpartner
hilft bei den notwendigen Schritten“ (Schüttel, 2014, 49).

Schlichtung ist der am weitesten verwendete Begriff im Bereich


der Konfliktregelungen. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es
eine große Zahl von Gesetzen und Institutionen, die in diesem
Bereich aufzufinden sind und die dazu beitragen, Streitfälle zu
lösen. Zu den verschiedenen Institutionen, die schlichten können,
gehören „die allgemeine Streitschlichtung, vor allgemeinen
Schieds- und Gütestellen, das obligatorische3
Schlichtungsverfahren im Zivilrecht und die Streitschlichtung vor

3
Zum Aspekt obligatorisch/freiwillig ist folgendes zu bemerken:„Bei Zivilstreitigkeiten ist in
folgenden Bundesländern eine vorherige Anrufung der Schiedsstelle obligatorisch: Brandenburg,
Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. In den restlichen
Bundesländern ist jedoch eine freiwillige Anrufung einer Schiedsstelle dennoch möglich.“ Im
Internet unter: http://www.fairness-stiftung.de/Schiedsverfahren.htm (abgerufen am 19. 01. 2016).

14
besonderen Schlichtungsstellen (z.B. Innungen4 und Verbänden)“
(Schüttel, 2014, 47).
Da der deutsche Staat kein zentralisierter Staat ist, gibt es keine
zentrale, einheitliche Schlichtungseinrichtung, die für ganz
Deutschland gültig ist. Auf der Bundesebene sind, gemäß den
Gesetzen jedes Bundeslandes, unterschiedliche
Schlichtungseinrichtungen zu finden. „Zwölf Bundesländer –
ausgenommen Baden-Württemberg, Bayern, Bremen und Hamburg
– haben Schiedsstellen gemäß ihren jeweiligen
Schiedsstellengesetzen eingerichtet. Diese werden auch als
„Schiedsamtsländer bezeichnet (…). Die Bundesländer Bayern,
Baden-Württemberg, Bremen und Hamburg haben keine
Schiedsstellengesetze. Bremen und Hamburg haben darüber hinaus
weder Schiedsstellen eingerichtet noch die obligatorische
Streitschlichtung eingeführt“ (Schüttel, 2014, 61f).
Obwohl die vier Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern,
Bremen und Hamburg keine Schiedsstellengesetze bzw. keine
Schiedsstellen haben, verfügen sie jedoch über eigene Instanzen,
um Schlichtungsverfahren durchführen zu können. In Baden-
Württemberg und Bayern werden sie als kommunale
Vergleichsbehörde bezeichnet (vgl. Klein, 1995). In Bremen und
Hamburg sind es eher Richter, die in diesem Bereich tätig sind.
Jansen(1987) fasst zusammen: „In Baden-Württemberg und Bayern
nimmt ein Gemeindebeamter, in Bremen ein Rechtspfleger den
Sühneversuch im Privat Klagenverfahren vor. In Hamburg dagegen
wurde eine öffentliche Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle
(öRA) eingerichtet, die hauptsächlich die gemeinnützige
Rechtsberatung Einkommensschwacher durch nebenamtlich tätige
Richter durchführt“ (Jansen, 1987, 8).

4
„Eine Innung ist in Deutschland und Österreich die fachliche Interessenvertretung von Personen, die
in einer Berufsgruppe des Handwerks tätig sind. Sie ist auf lokaler bzw. regionaler Ebene organisiert,
meist für eine Großstadt oder einen Landkreis. In ihr schließen sich selbständige Handwerker des
gleichen oder ähnlichen Handwerks zusammen, um ihre gemeinsamen geschäftlichen Interessen zu
fördern. Innungen sind die Nachfolger der Zünfte“.Im Internet unter:
https://de.wikipedia.org/wiki/Innung

15
Zusammenfassend können die verschiedenen Typen von
Schlichtungseinrichtungen wie folgt dargestellt werden:
- die kommunale Vergleichsbehörde in Baden-Württemberg und
Bayern
- der Rechtspfleger in Bremen
- die Öffentliche Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle (öRA) in
Hamburg.
- der Schiedsmann in den zwölf übrigen Bundesländern.

„Schlichtung findet sich heutzutage in Erscheinungsformen wie


etwa der Güteverhandlung vor dem Schiedsmann, der
Sühneverhandlung in der Vergleichsbehörde, dem Gütetermin im
Arbeitsgericht, Schlichtungsverhandlungen in Handwerkskammern
und Gewerbeverbänden, in paar- und familientherapeutischen
settings, im Rahmen von Familieninteraktionen und (…) als
Schlichtungsverhandlungen bei Tarifkonflikten“ (Nothdurft, 1995).

Die Verteilung der Schlichtungsinstitutionen auf die verschiedenen


Bundesländer betrachtet Schüttel (2014) als Problem angesichts der
regionalen Begrenzung der Schlichtungsstellen: „Betrachtet man
die zahlreichen Schlichtungsstellen allgemein, so fällt auf, dass
diese häufig regional begrenzt sind oder sich aber auf bestimmte
Branchen ausgerichtet haben, wie z.B. Versicherungen, Banken,
Rechtsanwälte, Reisen, Handwerk, Strom und Telekommunikation.
Dies hat den Grund, dass (…) die Einrichtung von Schlichtungs-
bzw. Gütestellen häufig den Bundesländern überlassen wird (…)
Es existiert eine Vielzahl an Schiedsämtern auf Grundlage
entsprechender Schiedsamtsgesetze, die u.a. für bürgerliche
Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche
Schlichtungsverfahren anbieten (…) Da die Bundesländer die
Einrichtung und Anerkennung bzw. allgemein die Regelung
solcher Gütestellen sehr unterschiedlich handhaben, ist für den

16
einzelnen Bürger ein unübersichtliches Wirrwarr entstanden. Es ist
nicht auf den ersten Blick ersichtlich, welche Stelle für welche
Streitigkeiten zuständig ist – jedes Bundesland kann dies
eigenständig rechtlich ausformen. Dies gilt insbesondere auch für
die Reichweite der örtlichen (internationalen) Zuständigkeit.“
(Schüttel, 2014, 326f).

3. Die Schlichtungsinstitutionen: Schiedsmann und kommunale


Vergleichsbehörde

Die folgende Darstellung der beiden Schlichtungsinstitutionen


(Schiedsmann und kommunale Vergleichsbehörde) beinhaltet die
historische Entwicklung, den Organisationsbau und die
Zuständigkeit der Schlichtungsstellen der beiden
Schlichtungseinrichtungen, sowie den Ablauf des
Schlichtungsverfahrens und die Verfahrensregelungen der
Schlichtungsverhandlung, die keine großen Unterschiede zwischen
den beiden Schlichtungseinrichtungen erweisen.5

3.1. Die Institution des Schiedsmanns

3.1.1. Die Geschichte

Der Prozess der Einrichtung der Schiedsmannsordnung begann


Anfang des 19. Jahrhunderts in Preußen.6 Angeregt durch die
eingeführte Institution des Friedensrichters 1790 in Frankreich
haben die Stände7 König Friedrich Wilhelm III. vorgeschlagen,
5
Diese Darstellung beruht auf Klein (1995).
6
Die erste Schiedsmannsordnung wurde am 7. 9. 1827 in Preußen erlassen (vgl. Klein, 1995, 30).
7
„Stände sind gesellschaftliche Gruppen, die durch rechtliche Bestimmungen (Vorrechte oder
Benachteiligungen) klar voneinander abgetrennt sind, wie zum Beispiel die Plebejer und Patrizier im
antiken Rom. Das Ständewesen entwickelte sich während der Zeit der Karolinger aus der
frühmittelalterlichen Ranggesellschaft nach dem Vorbild des Römischen Reiches. Das Ständesystem

17
durch Ernennung von Friedensrichtern die Justizverwaltung zu
vereinfachen: Bevor Rechtsstreitigkeiten an die Gerichte gebracht
wurden, sollten die Friedensrichter einen Vergleichsversuch
vornehmen. Wegen äußeren politischen Umständen wurde die
Initiative zuerst gebremst und erst in der nach-napoleonischen Zeit
fortgesetzt.
Zur selben Zeit fallen auch Reformen zum Zweck der
Selbstverwaltung für die Provinzen. Die Entstehung des
Schiedsmannsinstituts könnte das Ergebnis beider Tendenzen sein.
Das Schiedsmannsinstitut und die Schiedsmannsordnung galten
zunächst nur in einigen Provinzen des Königreichs Preußen. In den
folgenden Jahrzehnten wurde die Einrichtung des
Schiedsmannsinstituts auch in anderen preußischen Provinzen
erweitert bis es 1879 auf das gesamte Gebiet Preußens ausgedehnt
wurde.
Nach dem 1. Weltkrieg erfährt die Schiedsmannsordnung die
nächste Veränderung, als 1924 durch die „Emminger Novelle“ die
Privatklage auf weitere Delikte ausgedehnt wurde.8 Um
Bagatellsachen vom Schiedsmann fernzuhalten und um den
Schiedsmann finanziell zu entschädigen, wurde die Anrufung des
Schiedsmanns gebührenpflichtig.
In nationalsozialistischer Zeit war das Schiedsmannswesen
bedroht, es kam jedoch nicht zur völligen Auflösung. In der
Nachkriegszeit hat sich die von den Besatzungsmächten
vorgenommene Gliederung Westdeutschlands in Bundesländer
auch auf das Schiedsmannsinstitut ausgewirkt. Die

war ein gesellschaftliches Ordnungsmodell. Verbreitet war die Drei-Stände-Ordnung: Der 1. Stand
umfasste die Gruppe aller Geistlichen, das heißt Angehörige der hohen Geistlichkeit wie auch des
niederen Klerus (Lehrstand). Der 2. Stand bestand aus Mitgliedern des Adels, sei es aus dem
Hochadel, dem niederen Adel oder auch aus dem oft verarmten Landadel (Wehrstand). Der 3. Stand
umfasste nominell alle freien Bürger, manchenorts auch freie Bauern (Nährstand).“Im Internet unter:
https://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%A4ndeordnung (abgerufen am 15. 01. 2016).
8
„Bereits im Jahr 1924 war mit der Novelle zur Zivilprozessordnung (sog. Emminger – Novelle) ein
obligatorisches Güteverfahren für alle Amtsgerichtsprozess eingeführt worden, § 495a a.F. ZPO“.
(Stein/ Jonas/ Brehm vor § 1 ZPO Rn. 161), zitiert nach Schüttel, 2014, 80).

18
Schiedsmannsordnung galt nur für das ehemalige Preußen und nach
der Länderaufteilung nur bedingt in acht Ländern im Bereich der
neu gegründeten Bundesrepublik, nämlich in Berlin, Hessen,
Niedersachsen, Nordrhein-Westphalen, Rheinland-Pfalz,
Schleswig-Holstein, im Saarland und im damaligen Land
Württemberg-Hohenzollern, das heute Teil von Baden-
Württemberg ist.9
Das Schiedsmannsrecht wurde allmählich in den einzelnen
Bundesländern jeweils landeseinheitlich geregelt. Die einzelnen
Bundesländer waren mit Veränderungen zurückhaltend, weil das
Schiedsmannsrecht in engem Bezug zum Bundesrecht steht, aber
auch, weil man bemüht war, so weit wie möglich an der
einheitlichen Ordnung von 1924 festzuhalten.

3.1.2. Die Organisationsstruktur

Die Schiedsmänner sind auf verschiedenen Ebenen organisiert.


1950 wurde der Bund Deutscher Schiedsmänner (BDS) gegründet,
der die Schiedsmänner betreut. Er bemüht sich auch um die
Festigung des Schiedsmannswesens und um dessen inhaltliche
sowie geographische Ausweitung. Seit 1926 verfügen die
Schiedsmänner über ein eigenes monatliches Publikationsorgan,
die „Schiedsmannszeitung“, die spezielle juristische Probleme
sowie allgemeine Fragestellungen enthält.

Der Schiedsmann führt ein Amt der Justizverwaltung, d.h. des


Landes und nicht der Gemeinde. Er kann jedoch vom Rat der
Gemeinde für fünf Jahre gewählt werden. Er übt sein Amt
ehrenamtlich aus. Die Gemeinde trägt die Sachkosten des

9
Die Situation in der ehemaligen DDR muss hier leider außer Acht bleiben.

19
Schiedsmannsamts. Im Durchschnitt habe der Schiedsmann zwei
bis drei Güteverhandlungen im Monat auszuüben.

Für den Antrag auf das Schiedsmannsamt muss ein Kandidat


bestimmte Kriterien erfüllen: Er muss im Besitz aller bürgerlichen
Rechte sein, soll zwischen 30 und 70 Jahre alt sein und im
Schiedsmannsbezirk wohnen. Juristische Kenntnisse sind nicht
obligatorisch.

Der Schiedsmann untersteht der unmittelbaren Aufsicht des


Präsidenten des Amtsgerichts, in dessen Bezirk er wohnt. Er führt
mit ihm Dienstbesprechungen durch und erstattet ihm jährlich
Bericht über seine Amtsgeschäfte. Der Schiedsmann wird auch
vom Präsidenten des Amtsgerichts auf die Erfüllung seiner
Obliegenheiten eidlich verpflichtet. Er verfügt über einen
Dienststempel und ein Amtsschild, das ihm ermöglicht, das
Gebäude, in dem er seine Amtstätigkeit ausübt, kenntlich zu
machen.

Die Personen, die das Amt des Schiedsmanns ausüben, haben oft
andere ehrenamtliche Ämter in ihrer Gemeinde oder
Gemeindebezirk inne. Daraus ergibt sich, dass sie in der
Bevölkerung bekannt sind und dass sie mit den lokalen
Begebenheiten bestens vertraut sind. Frauen haben auch die
Möglichkeit, das Schiedsmannsamt zu bekleiden.

3.1.3. Die Zuständigkeit

Der Schiedsmann ist sachlich für bestimmte Straftaten und


bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zuständig. Die Straftaten sind sog.
Antragsdelikte, für deren Verfolgung kein Strafverfahren über den

20
Staatsanwalt in Gang gesetzt wird. Im Einzelnen sind dies die
folgenden Straftaten:
- Hausfriedensbruch,
- Beleidigung (inklusive üble Nachrede, Verleumdung, üble
Nachrede gegenüber Politikern und Verunglimpfung des
Andenkens Verstorbener),
- Verletzung des Briefgeheimnisses,
- Körperverletzung und fahrlässige Körperverletzung,
- Bedrohung,
- Sachbeschädigung.

Bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten kann der Schiedsmann nur


tätig werden, wenn es sich um einen vermögensrechtlichen
Anspruch handelt, z. B. Schadensersatz und Schmerzensgeld bei
(leichter) Körperverletzungen.

3.2. Die Institution der kommunalen Vergleichsbehörde

3.2.1. Die Geschichte

Die Geschichte der kommunalen Vergleichsbehörde in Baden-


Württemberg und Bayern ist anders als die Geschichte des
Schiedsmannsinstituts.
Die Einrichtung der kommunalen Vergleichsbehörde führt in
bestimmten Privatklagesachen ein Vergleichsverfahren durch. Im
Zentrum standen im 19. Jh. die Gemeindegerichte, die als
Vorläufer der Vergleichsbehörde galten. In Württemberg wurde das
Gemeindegericht vom Gemeinderat gebildet. In Baden hatte der
Bürgermeister oder ein Kommunalbeamter die Aufgabe, das
Gemeindegericht zu vertreten. Nach dem 2. Weltkrieg wurden in
Württemberg von den Besatzungsmächten Friedensgerichte

21
eingerichtet. 1960 wurde eine einheitliche Regelung für ganz
Baden-Württemberg herbeigeführt. Die Gemeindegerichtsbarkeit
für bestimmte bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen
wurde per Gesetz geschaffen. 1971 wurde das Gesetz aufgehoben
und die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten fielen in die
Zuständigkeit der Amtsgerichte zurück. Aus dieser Zeit stammt die
heutige Verordnung über das Vergleichsverfahren.

3.2.2. Die Organisationsstruktur

Im Unterschied zum Schiedsmann, der ein Amt des Landes und


nicht der Gemeinde (wie in Nordrhein-Westfahlen) führt, ist die
Vergleichsbehörde eine kommunale Einrichtung (wie
in Baden-Württemberg). Ihre Amtsträger werden auch nicht in ihr
Amt gewählt. Die Aufgabe der Vergleichsbehörde wird vom
Bürgermeister der Gemeinde wahrgenommen. Die
Schlichtungstätigkeit gehört mit zu seinen Amtsgeschäften. Er kann
sie auch an einen Bediensteten seiner Gemeindeverwaltung
delegieren. Dieser ist in der Regel ein Sachbearbeiter mit
juristischen Kenntnissen, der die Schlichtungsfälle nebenher
bearbeitet. Er steht formal unter der Fachaufsicht eines Richters des
zuständigen Amtsgerichts, regelmäßige Berichte über seine
Schlichtungstätigkeit sind aber nicht vorgesehen.

Die Tatsache, dass die Schlichtungstätigkeit in den Katalog


kommunaler Aufgaben eingebunden ist, führt dazu, dass die
Vorsitzenden der Vergleichsbehörde in Baden-Württemberg
innerhalb des eigenen Bundeslandes nicht weiter organisiert sind
und nicht über die Landesgrenzen hinaus. Die Vorsitzenden der
Vergleichsbehörde verfügen nicht über eine eigene
Interessenvertretung im Gegensatz zu den Schiedsleuten; daraus

22
ergibt sich, dass die Schlichtungstätigkeit als eine marginale
Dienstaufgabe wahrgenommen wird. Diese eingeschränkte
Zuständigkeit der Vergleichsbehörde könnte ihr geringes
Fallaufkommen erklären.

3.2.3. Die Zuständigkeit

Die Vergleichsbehörde ist sachlich nicht für bürgerliche


Rechtsstreitigkeiten, sondern nur für bestimmte Privatklagesachen
zuständig, und zwar solche, die nicht als Offizialdelikte von Amts
wegen verfolgt werden, vor allem für:

- Hausfriedensbruch,
- Beleidigung,
- Verletzung des Briefgeheimnisses,
- Körperverletzung,
- Bedrohung,
- Sachbeschädigung.

Der Sühneversuch vor der Vergleichsbehörde ist – wie bei


Strafsachen vor dem Schiedsmann – Bestandteil des
Privatklageverfahrens.

3.3. Der Ablauf des Schlichtungsverfahrens

Im Blick auf den zentralen Bestandteil des Schlichtungsverfahrens,


die Güte-bzw. Vergleichsverhandlung, bestehen keine großen
Unterschiede zwischen den beiden Schlichtungseinrichtungen. Bei

23
beiden Schlichtungseinrichtungen ist die Anrufung einer
Schiedsstelle freiwillig.

Für das Güteverfahren gilt das Antragsprinzip, d.h. es wird durch


den ‚Güteantrag‘ einer Partei in Gang gesetzt. Die ‚geschädigte‘
Partei wendet sich mündlich oder schriftlich an den zuständigen
Schlichter, der den Antrag dann an seinen zuständigen
Amtskollegen weiterleiten muss. Der Antrag kann allerdings nur
gestellt werden, wenn der Antragsteller auch die Kosten des
Verfahrens vorlegt.10 Erst danach bestimmt der Schlichter Ort und
Zeitpunkt der Güteverhandlung und lädt die Parteien rechtzeitig
schriftlich dazu ein. Der Antragsgegner erhält mit der Ladung auch
eine Kopie des Güteantrags, damit er sich auf die Güteverhandlung
vorbereiten kann.

Für die Schlichtungsverhandlung gilt das Prinzip der Mündlichkeit.


Unter der Leitung des Schlichters findet eine sog. Aussprache statt.
Die Verhandlungen sind grundsätzlich nicht öffentlich.
Rechtsbeistände sind zugelassen, nicht aber sonstige Personen,
nicht einmal enge Familienangehörige. An der Verhandlung sind
somit mindestens die beiden Streitparteien sowie der Schlichter
beteiligt.

Vor der Vergleichsbehörde können sich die Parteien grundsätzlich


auch durch einen Rechtsbeistand vertreten lassen. Vor dem
Schiedsmann können die Parteien einen Rechtsbeistand mitbringen.

10
„Die Kosten variieren (…) je nach Bundesland. Eine Vorabinformation ist über die zuständige
Schiedsstelle/ das Schiedsamt erhältlich. In der Regel liegen die Gesamtkosten zwischen 50 und 100
Euro. Hierbei ist insbesondere die Angabe durch den BDS [Bund Deutscher Schiedsmänner]
wissenswert, wonach eine gerichtliche Instanz um den Kostenfaktor 10 teurer ist, als ein
Schlichtungsverfahren.“ Im Internet unter:
http://www.fairness-stiftung.de/Schiedsverfahren.htm(abgerufen am 19. 01. 2016).

24
Es gibt Fälle von Güteverhandlungen, an denen auch Zeugen
beteiligt sind. Sie werden jedoch in unterschiedlicher Weise in die
Verhandlung einbezogen. Z.T. werden sie vor der eigentlichen
Eröffnung der Verhandlung in Abwesenheit der Parteien
vernommen und dann entlassen, z.T. machen sie ihre Aussagen erst
im Verlauf der Verhandlung und bleiben bis zu deren Ende
anwesend.

Die Güteverhandlung wird mit dem Ziel geführt, eine Einigung


zwischen den Konfliktparteien herbeizuführen und einen Vergleich
zu schließen. Endet die Güteverhandlung mit einem Vergleich, so
wird darüber ein Protokoll angefertigt, das von den Parteien und
dem Schiedsmann unterzeichnet wird und von dem die Parteien auf
Wunsch eine Abschrift erhalten. Das Protokoll wird vom
Schiedsmann eigenhändig geschrieben. Ein Protokollführer ist
wegen der Nichtöffentlichkeit der Verhandlung nicht zugelassen.

Das Güteverfahren kann allerdings scheitern. In diesem Fall bleibt


dem Antragsteller noch die Möglichkeit der Zivilklage (bei einer
bürgerlichen Rechtsstreitigkeit) oder der Privatklage (bei einer
Strafsache). Besondere Bedeutung hat das Scheitern vor allem bei
Strafsachen, weil dies erst dem Antragsteller die Möglichkeit der
Privatklage bei Gericht öffnet. Der Antragsteller kann sich vom
Schiedsmann eine Bescheinigung über den erfolglosen
Sühneversuch ausstellen lassen, die er zusammen mit der Klage bei
Gericht einreichen muss.
Beim Scheitern der Verhandlung trägt stets der Antragsteller die
Kosten, in den anderen Fällen werden sie in der Regel dem
Antragsgegner auferlegt, manchmal kommt es zu einer
Kostenteilung.

25
3.4. Die Verfahrensregelungen der Schlichtungsverhandlung

Das Schlichtungsverfahren wird immer einseitig, d.h. von nur einer


der Konfliktparteien durch schriftlichen Antrag in Gang gesetzt.
Der Ausgangspunkt für solche Schlichtungsverhandlungen ist stets
eine einseitige Konfliktversion, die selten mit derjenigen der
Gegenpartei übereinstimmt. Diese hat erst im Rahmen der
mündlichen Verhandlung die Möglichkeit, zur Anschuldigung
Stellung zu nehmen und ihre eigene Konfliktversion vorzutragen.
Durch die Anrufung der Behörde erhält der Konflikt eine offizielle
Dimension. In dem entsprechenden Antrag macht die
antragstellende Partei stets geltend, der Kontrahent habe sie in
symbolischer und/ oder materieller Form geschädigt.
Die Handlungsziele der Beteiligten sowie ihre Motive sind durch
Divergenzen charakterisiert. Die Divergenz von Zielen und
Motiven der interagierenden Personen ist der wesentliche
Bestandteil des gesamten Schlichtungsverfahrens, vor allem der
Schlichtungsverhandlung selbst. Als Initiator des Verfahrens macht
der Antragsteller mit seinem Antrag deutlich, dass er für eine ihm
zugefügte Schädigung Genugtuung verlangt. Sein Ziel ist es, durch
das angestrengte Verfahren Recht zu Bekommen. Dabei soll ihm
der Schlichter behilflich sein. Durch den Antrag des Antragstellers
ist der Antragsgegner in eine reaktive Position gedrängt. Sofern die
Forderung des Antragstellers objektiv als begründet erscheint, lässt
sich der Antragsgegner auf einen Vergleich ein, um Nachteile zu
vermeiden. Bemerkenswert ist „das Ungleichgewicht, die
Asymmetrie und Diskrepanz zwischen den Parteien durch die
dominant initiative Position des Antragstellers“ (Klein, 1995, 61).
Dem Schlichter obliegt die schwierige Aufgabe, das Gespräch
zwischen den Streitparteien zu steuern, indem er einerseits eine
Aussprache in Gang setzt, andererseits aber eine Eskalation des
Konflikts verhindert und insgesamt die Parteien so beeinflusst, dass
sie ihren Streit beilegen (vgl. Klein, 1995).

26
4. Schüttels Kritik an den traditionellen Schlichtungsstellen

Schüttel (2014) betrachtet kritischer weise die traditionellen


Schlichtungsstellen.
Ihrer Meinung nach bietet das System dieser Institutionen keine
Transparenz und „führt insbesondere bei den Bürgern zu
Unsicherheit, die wiederum von der Nutzung der Institutionen
abschrecken kann“ (Schüttel, 2014, 46). Sie findet die Bezeichnung
‚Schlichtung‘ selbst oft irreführend: „Eine klare Unterscheidung ist
meist nicht einfach zu treffen, da die verschiedenen Bezeichnungen
wie „Gütestelle“ nicht einheitlich oder sogar synonym verwendet
werden“ (Schüttel, 2014, 48).
Die Ziele der Schlichtungseinrichtung, die Überlastung der
Gerichte zu erleichtern und dem Bürger die
Konfliktlösungsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen, seien nicht
erreicht: „Ziel bei der Einführung der Vorschrift war die Entlastung
der Justiz. Dem Bürger sollte eine schnelle, kostengünstige und
eine im Ergebnis dauerhafte – da auf Einigung basierende –
Konfliktbeilegungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Allerdings scheinen diese Ziele nicht umfassend erreicht werden zu
können“ (Schüttel, 2014, 50). Die „Kabinettsjustiz“ wird erwähnt,
die den Interessen der Bürger nichtdiene: „Anlass war damals
jedoch nicht in erster Linie die Entlastung der Gerichte, sondern
vielmehr die Beseitigung des Misstrauens der Bevölkerung
gegenüber der staatlichen Rechtsprechung. Diese litt unter der sog.
„Kabinettsjustiz“, die vornehmlich den Interessen des Staates
diente und dem Volk entfremdet war“ (Schüttel, 2014, 59).

27
II. Zu den Schlichtungsgesprächen

1. Das Schlichtungsgespräch als kommunikativer Prozess

Die Schlichtungseinrichtungen, die der Regelung sozialer Konflikte


dienen, indem sie eine Alternative zur gerichtlichen Behandlung
von sozialen Konflikten anbieten, zielen darauf ab, durch
mündliche Verhandlungen zwischen Konfliktparteien eine
Einigung zu erreichen. Die Schlichtungsgespräche sind im
institutionellen Rahmen der Schlichtungseinrichtungen eingebettet.

Ein Projekt im Institut für Deutsche Sprache hat sich eingehend in


den 80er und 90er Jahren mit Schlichtungsgesprächen beschäftigt.
In diesem Zusammenhang verdeutlicht Nothdurft (1995) das
wissenschaftliche Vorgehen der Untersuchung und grenzt die
gesprächsanalytische Untersuchung von den anderen
wissenschaftlichen Perspektiven ab:
„Zwar ist Schlichten schon aus den unterschiedlichsten
Perspektiven wissenschaftlich untersucht worden
(rechtstheoretisch, völkerkundlich, Betriebswirtschaftlich,
soziologisch, sozialpsychologisch, völkerrechtlich, pädagogisch),
aber das kommunikative Geschehen, in dem sich Schlichten
vollzieht, ist bislang - wenn überhaupt – nur in sehr
eingeschränkter Weise empirisch zum Untersuchungsgegenstand
gemacht worden. (…) Schlichtung ist ein kommunikativer Prozess,
in den ein unabhängiger Dritter in einen Streit zwischen zwei
Parteien, den diese nicht lösen können oder wollen, eingreift mit

28
dem Ziel, zwischen den Parteien eine gütliche Einigung zustande
zu bringen.“ (Nothdurft, 1995, 3ff)
Der kommunikative Prozess der Schlichtung wird im Folgenden
expliziter gemacht: „Schlichten ist ein kommunikatives, ein
sprachliches Verfahren zur Bewältigung von Streit; die besondere
Leistung besteht darin, dass der Streit primär nicht weiter ausagiert
wird, sondern dass über den Streit ein Verständigungsverfahren in
Gang gesetzt wird, in dem metakommunikativ über den Streit
geredet wird. Eine Konsequenz ist, dass der Streit im
Schlichtungsgespräch wesentlich in symbolischer Form präsent ist;
die Streitpositionen manifestieren sich (…) in den
Darstellungsleistungen der Beteiligten, mit denen diese ihre
Version des Streits sprachlich präsentieren. Der Konflikt
manifestiert sich im Gespräch wesentlich in Form von sprachlichen
Konstruktionen von Wirklichkeit.“ (Nothdurft, 1995, 19)
Zum Begriff Konflikt zeigt allerdings die Literatur keine
einheitliche Definition. Gemäß Wasmuht (1996) lassen
Definitionen von "Konflikt" in Lexika, Handbüchern oder in
Fachbüchern über Konflikte erkennen, dass diese nicht einheitlich
sind, womit die kontroverse wissenschaftliche Diskussion über
Konflikte widergespiegelt wird(vgl. Wasmuht, 1996, 178 ff). In
seinem Aufsatz „Konflikte und Verfahren ihrer Bearbeitung“ zeigt
Schwitalla(2001) wissenschaftliche Definitionen von ‚Konflikt‘,
die auf Begriffe wie ‚Unvereinbarkeit‘, ‚Nichtübereinstimmung‘,
‚Gegensatz‘, ‚Diskrepanz‘ und ‚Beeinträchtigung von Handlungen‘
zurückgreifen (vgl. Schwitalla, 2001, 1374).

Der Aspekt der symmetrischen/asymmetrischen Konflikte ist auch


hervorzuheben: „Diese Differenzierung zielt auf die Stärke
und/oder Gleichberechtigung der Konfliktparteien. Symmetrisch
wäre etwa ein Konflikt, in dem die Voraussetzungen, Mittel und
Kontexte der Konfliktparteien identisch sind. Das Ausmaß der
Abweichung von diesem Idealzustand würde den Grad der
Asymmetrie verdeutlichen“ (Bonacker/ Imbusch, 1996, 67).

29
Vorwürfe und Beschuldigungen bilden den Ausgangspunkt von
Streitgesprächen und bestimmen sie auf weite Strecken. Sie
implizieren die Verantwortlichkeit des Adressaten, die tatsächliche
Schädigung von jemandem und die Verletzung einer Norm. Sie
üben auf den Adressaten eine Große Verpflichtung zur
Stellungnahme aus (…). Ein sehr häufig vorkommendes Muster
sind Runden von Vorwürfen und Gegenvorwürfen. Sprecher A
wirft dem Sprecher B etwas aus vor; Sprecher B geht kurz
widersprechend darauf ein und startet von sich aus einen Vorwurf
gegen Sprecher A, worauf eine neue Runde beginnen kann (vgl.
Schwitalla, 2001, 1377 ff).Aber “konkrete Streitgespräche laufen
meist nicht in der schönen Geordnetheit von Vorwurf und
Rechtfertigung (bzw. Alternativhandlung) ab. Streitende sind sehr
einfallsreich in ihrer Antwort bis hin zu Verwirrung und
Absurditäten“ (Schwitalla, 2001, 1378).

2. Die Analyse der Schlichtungsgespräche

2.1. Der allgemeine theoretische Rahmen

Die folgende Untersuchung der Schlichtungsgespräche wird im


Rahmen der Gesprächsforschung vorgenommen.11 Die
Gesprächsanalyse fragt nicht danach, was die Beteiligten wollen,
sondern welche Interaktion sie herstellen. Im Gegensatz zur
Sprechakttheorie, wo die Intention der Sprecher eine wichtige
Rolle spielt, fragt die Gesprächsanalyse nicht, was ein Sprecher
intendiert, sondern wie seine Äußerung behandelt wird, d.h. welche

11
Ein wesentliches Merkmal der Gesprächsforschung ist die Vielfältigkeit der
interaktionswissenschaftlichen Richtungen, die sich durch die Rezeption der amerikanischen
„conversationel analysis“ entwickelt haben. Gesprächsforschung ist ein Überbegriff für:
Konversationsanalyse, Gesprächsanalyse, interaktionale Linguistik, funktionale Pragmatik,
Diskursanalyse, Sprachwissenschaft, gesprochene-Sprache-Forschung und auch qualitative
Sozialforschung.

30
Intention ihm vom Gesprächspartner zugeschrieben wird. Die
Bedeutung wird also aus einer interpretativen Perspektive erklärt.
Der allgemeinetheoretische Rahmen der Analyse von
Schlichtungsgesprächen ist die Konversationsanalyse. In der
Konversationsanalyse ist das ganz alltägliche Gespräch zum
Gegenstand gemacht, dessen Grundeigenschaft es ist, dass sich die
Teilnehmer abwechseln. ‚Konversation‘ als Übersetzung des
amerikanischen ‚conversation‘ bezeichnet das nicht vorstrukturierte
Gespräch, d.h. die interne Ordnung des Gesprächs. Die
Forschungsstrategie der Konversationsanalyse zielt darauf, die
Mechanismen für die Bewältigung von Aufgaben und Problemen
bei der Herstellung der sozialen Ordnung zu erfassen. Ein solches
Problem ist z.B. die Verteilung der Redegelegenheiten im
Gespräch. In der weiteren Entwicklung wurde dieser Ansatz auch
auf institutionelle Kommunikation übertragen.
Die Rezeption der amerikanischen Konversationsanalyse in
Deutschland hat zu Grundannahmender Theorie der verbalen
Interaktion geführt. Sie betreffen den Vollzugscharakter der
Interaktion, die Wechselseitigkeit der Interaktionskonstitution, die
prospektiv-retrospektive Definitionsweise, die Ordnungsstrukturen.
Die fünfte und wichtigste Grundannahme stellt eine Reihe ganz
unterschiedlicher Aspekte dar, die in der Interaktionskonstitution
bearbeitet werden. Diese Grundannahmen werden in Anlehnung an
Kallmeyer (1985) dargestellt:

- Gesprächsorganisation (Austausch von Sprechbeiträgen)


- gemeinsames Handeln (z.B. „eine Auskunft einholen“ oder „eine
Verabredung treffen“)
- Sachverhaltsdarstellung (z.B. Erzählungen, Beschreibungen und
Argumentationen)
- soziale Identitäten und Beziehungen (wie Arzt – Patient,
Bekanntschaft usw.)

31
- Interaktionsmodalitäten (wie Ernst, Spiel, institutionelle
Verfahrensinteraktion usw.)
- Reziprozitätsherstellung (Formen der Kooperation).

Zu den allgemeinen theoretischen Voraussetzungen dieser


empirischen Forschung gehört vor allem, dass verbale
Interaktionen das Untersuchungsmaterial bilden, die in
‚natürlichen‘ Situationen ablaufen, d.h. in Interaktionen, die so
auch ohne das wissenschaftliche Interesse und der damit
verbundenen Dokumentation stattgefunden hätten. Die
Interaktionen werden mittels technischer Reproduktionsmittel
(Tonband, Video) aufgezeichnet und gespeichert. Auf der
Grundlage der Aufzeichnungen werden die verbalen Interaktionen
zum Zweck der Analyse transkribiert. Bei der Analyse eines
Gesprächs muss das zeitliche Abbild der linearen ablaufenden
sprachlichen Interaktion berücksichtigt werden. Im Rahmen des
Schlichtungsprojekts des IDS wurde ein Korpus gesammelt, das
Tonaufnahmen von Schlichtungsgesprächen umfasst.12
Wechselseitige Steuerung der Aktivitäten in Initiative und Reaktion
sind im Gespräch zu beobachten. Der Zusammenhang zwischen
Initiative und Reaktion wird vielfach durch das Prinzip der
konditionellen Relevanz hergestellt. Ein Redebeitrag führt
Relevanzen für den Reagierenden. Besonders deutlich wird dieser
Zusammenhang bei den sogenannten adjazenten Paaren, wie z.B.
Frage/ Antwort, Vorschlag/ Ablehnen.
Nach dem Konzept der konditionellen Relevanz wird eine Folge
von Aktivitäten so strukturiert, dass eine erste Aktivität eine
Reaktionsverpflichtung aufbaut. Die konditionelle Relevanz ist
konstitutiv unter anderem für adjazente Paare: Das sind Paare von
aufeinanderfolgenden Äußerungen verschiedener Sprecher. Die
Stärke der konditionellen Relevanz zeigt sich manifest am Anfang

12
Das Korpus Schlichtungs-und Gerichtsverhandlungen (SG--) ist einsehbar unter: http://agd.ids-
mannheim.de

32
und am Ende des Gesprächs (Gruß - Gegengruß). Die konditionelle
Relevanz ist ebenso konstitutiv für Äußerungskomplexe im
Gesprächsverlauf (Frage/ Antwort), (Bitten/ Aufforderungen und
Akzeptieren/Ablehnen).
In den folgenden Gesprächsauschnitten sind Beispiele von
adjazenten Paaren zu beobachten:
- Frage - Antwort
53 CC: das ist ja auch wohl- * der normalfall↓ und wie ist

54 CC: ihr vorname↑ uta↓ ** und ihr hausname↑


55 ZZ: uta↓
56 BB: >ja-<
57 CC: komm=se ruhisch rei"n

- Vorschlagen - Ablehnen
457 CC: * das ist meine- äum/ äußerung dazu- * meine meinung

458 CC: dazu sie können selbstverständlich jederzeit eine

459 CC: protokollabschrift- * bekommen↑ * ich würde es aber

460 AA: ja mir wär=s jetzt aber lieber wenn


461 CC: nicht anfordern-

462 AA: ich eine kriegen könnte wegen meinem verlobten↓


463 CC: gut-
(Z. 457 – 463)

Über die Verknüpfung von Äußerungerungspaaren hinaus gibt es


konditionelle Relevanzen, die sich auf komplexe Aktivitäten
beziehen wie die Handlungsaufgaben der Schlichtungsbeteiligten.
(Siehe unten das ‚Handlungsschema‘.)

2.2. Die Gesprächsteilnehmer

Die Teilnehmer, die unterschiedliche Rollen haben, werden in den


institutionellen Kontexten als „Antragssteller“, „Antragsgegner“
und „Schlichter“ gekennzeichnet.

33
Der Antragsteller ist der Initiator des Verfahrens. Mit seinem
Antrag macht er deutlich, dass er Genugtuung verlangt. Sein Ziel
ist es, durch das angestrengte Verfahren sein Recht zu bekommen.
Durch den Antrag des Antragstellers sieht sich der Antragsgegner
in eine reaktive Position gedrängt. Durch die Verfahrensordnung
wird er gezwungen, an der Verhandlung teilzunehmen.
Die Aufgabe des Schlichters besteht darin, die
Verständigungsbereitschaft der Parteien wiederherzustellen, und
zwar in zweierlei Hinsicht: zum einen die Bereitschaft, über den
Konflikt zu reden, zum anderen aber vor allem die Bereitschaft,
eine gemeinsame Lösung des Konflikts zu erreichen. Die
Interessendivergenzen zwischen den Parteien können nur durch
besondere kommunikative Anstrengungen des Schlichters
bearbeitet und aufgehoben werden. (Vgl. Klein, 1995).

Für die Beteiligtenrollen Antragssteller, Beschuldigter, Schlichter


können typische Verfahren der (z.T. strategischen) Interaktion
genannt werden: Der Anschuldigende muss die Anschuldigung in
einem formalen Rahmen vorbringen und dabei die Bedingungen
der Normverletzung, des Geschädigtseins, der Glaubwürdigkeit
beachten. Beschuldigte verwenden dieselben Verfahren wie in
privaten Streitgesprächen: Unterbrechung schon bei der
Anschuldigung, Bestreiten, Erklären (z.B. durch Trunkenheit),
Zurückweisen, Problematisieren, konkurrierende
Ereignisdarstellung, Übertreibung ins Absurde,
Gegenbeschuldigung usw. Der Schlichter orientiert sich – anders
als der Richter – nicht an dem, was wirklich vorgefallen ist,
sondern an dem, was einer Renormalisierung der Beziehung dient
(vgl. Schwitalla, 2001, 1380).

34
2.3. Das Handlungsschema Schlichten

„Ziel der analytischen Auseinandersetzung mit den Gesprächen ist


es, die charakteristische Verkettung einzelner Handlungsschritte
bzw. das charakteristische Verlaufsmuster beim Schlichten zu
erkennen (…). Es wird davon ausgegangen, „dass dem
kommunikativen Geschehen in Schlichtungsgesprächen ein
‚Handlungsschema Schlichten‘ zugrundeliegt, d.h. ein kulturell
verbreitetes und sozial etabliertes Handlungsmuster, an dem sich
das kommunikative Geschehen orientiert (Nothdurft, 1995, 13).
Empirisch lassen sich nach Nothdurft (1995) typische
Aktivitätskomplexe identifizieren, über die dann ein
Handlungsschema ‚Schlichten‘ bestimmt werden kann:
„Für Schlichten (…) sind zwei zentrale Aktivitätskomplexe zu
erwarten: ein Komplex ‚Rekonstruktion des Konflikts‘ und ein
Komplex ‚Regelung des Konflikts‘.
Diese beiden zentralen Aktivitätskomplexe sind interaktiver Natur
und kommen durch Aktivitäten aller Beteiligten zustande. Gemäß
ihren unterschiedlichen Rollen haben die Teilnehmer
unterschiedlichen Anteil bei der Bearbeitung dieser Komplexe:
Zur ‚Rekonstruktion des Konflikts‘ gehört, dass erst die eine, dann
die andere Streitpartei ihre Position zum umstrittenen Gegenstand
vorbringt (‚Etablierung der Anschuldigung‘, ‚Stellungnahme‘),
woraufhin unter Anleitung des Schlichters eine Phase beginnt, in
der die Beteiligten den Konfliktgegenstand in kontroverser
Auseinandersetzung entfalten, Übereinstimmung feststellen, kurz:
einen schlichtungsfähigen Sachverhalt herausarbeiten, an dessen
Ende gegebenenfalls eine gemeinsam akzeptierte
Konfliktformulierung steht.
Ist der Gegenstand des Schlichtungsgesprächs, der Konflikt, soweit
aufgearbeitet, dass hinreichende Grundlagen für
Einigungsbemühungen geschaffen sind, folgt der zweite zentrale
Aktivitätskomplex:

35
Die ‚Regelung des Konflikts‘ beginnt damit, dass der Schlichter
Möglichkeiten und Bedingungen von Einigungsvorschlägen
sondiert und Vorschläge unterbreitet, die dann soweit ausgearbeitet
werden, dass sie von den Beteiligten akzeptiert werden können
(‚Entwicklung eines Einigungsvorschlags‘). Dieser zweite
komplexe Bearbeitungsschritt schließt mit einer ausdrücklichen
Feststellung der Erreichung des Verfahrensziels (‚Ratifizierung des
Einigungsvorschlags‘).
Das Schlichtungsgeschehen wird insgesamt durch
Rahmungsaktivitäten aus dem Interaktionskontext herausgelöst und
markiert (‚Herstellung der Schlichtungssituation‘, ‚Auflösung der
Schlichtungssituation‘).

3. Das Korpus Schlichtung

3.1. Beschreibung

Im Rahmen des Schlichtungsprojekts des IDS wurde das Korpus


„Schlichtungs-und Gerichtsverhandlungen“ erstellt. Es umfasst
Tonaufnahmen von Schlichtungsgesprächen in verschiedenen
Schlichtungseinrichtungen. Das Korpus wurde nach den
Konventionen des DIDA-Transkriptionssystems13 verschriftlicht.

3.2. Die Transkripte

3.2.1. Zugänglich laut Regelung des IDS 14 sind folgende


Transkripte:

- Die Hure
- Das Beinchen

13
„DIDA ist die Bezeichnung für die Diskursdatenbank, die im IDS für die Abteilung ‘Pragmatik’ für
die Eingabe, Verwaltung und weitere Bearbeitung von Gesprächsdaten entwickelt wurde.“ Im
Internet unter http://www.ids-mannheim.de/prag/dida/dida-trl.pdf
14
Diese Regelung ist einsehbar unter: http://agd.ids-mannheim.de

36
- Die Rauferei
- Nichts gemacht
- Asozialer
- Alles weggeschmissen
- Kindsmord
- Schaltpläne
- Verbrecher
- Der Pole
- Schiedsleute
- Nachlass
- Zu dünner Anstrich
- Zu hoher Stundenlohn
- Zu teure Rollos
-Durchnässung und andere Mängel am Haus

3.2.2. Veröffentlicht15 sind die Transkripte:

- Nur einmal gesprungen


- Alte Sau
- Die Mopeds
- Götz-Zitat
- Ich schlag dich tot
- Üble Nachrede
- Gegen Gotteslohn
- Ein Kaffee vorm Arzt
15
In: Schröder (1997).

37
- Das unbrauchbare Haarteil

4. Die Verschriftlichung (oder Transkription)

4.1. Die Abkürzungen der Partiturzeilen16

A oder A1, A2 etc. = Antragsteller oder Kläger, Prozessvertretung


oder (Rechts)beistand des Klägers oder
Antragstellers

B oder B1, B2 etc. = Antragsgegner oder Beklagter,


Prozessvertretung oder (Rechts)beistand des
Beklagten oder Antragsgegners

C = Schlichter, Schiedsmann oder Richter

D = Protokollführer

Z = Zeuge

X = Aufnehmender Mitarbeiter

K = Kommentarzeile

4.2. Die verwendeten Transkriptionszeichen


16
In: Schröder (1997).

38
* Kurze Pause

** längere Pause

*3,5* längere Pause mit Angabe der Dauer in Sekunden

= Verschleifung zwischen Wörtern bei Tilgung eines


oder mehrerer Laute, z.B. sa=mer für <sagen wir>

/ Wort- und Konstruktionsabbruch

(…) unverständliche Sequenz

(ja) vermuteter Wortlaut

(gelebt?gelegt?) alternative vermutete Lautungen

aber ja simultan gesprochene Sequenzen


nein nie unterstrichen

ja↑ Intonation steigend

ja- Intonation schwebend

ja: auffällige Dehnung

ja↓ Intonation fallend

ja“ auffällige Betonung

ja:: sehr lange Dehnung

39
<ja>lauter im Vergleich zur direktvorhergehenden
Äußerung desselben Sprechers

>ja<leiser im Vergleich zur direktvorhergehenden


Äußerung desselben Sprechers

←manchmal→langsamer im Vergleich zur direkt


vorhergehenden Äußerung desselben Sprechers

→manchmal← schneller im Vergleich zur direkt vorhergehenden


Äußerungdesselben Sprechers

HEUTE Kommentar in Grossbuchstaben in der


Kommentarzeile;Kommentarzeile ist dem
Sprecher zugeordnet

# # Extention des Kommentars in Text- und


Kommentarzeile

[…] Auslassung bei Zitaten aus Transkripten

III. Die Analyse des Schlichtungsgesprächs


‚Kindsmord‘

40
1. Die Datengrundlage

Das Schlichtungsgespräch ‚Kindsmord‘ gehört zur


Schlichtungseinrichtung des Schiedsmanns und wurde in einer
Großstadt in Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Es stammt aus
dem schon oben genannten Korpus Schlichtungs- und
Gerichtsverhandlungen.

Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf ein


Schlichtungsgespräch, das dem Korpus „Schlichtungsgespräche“
des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim entnommen ist. Im
untersuchten Kommunikationsereignis mit dem Titel „Kindsmord“
versucht der Vorsitzende der Gütestelle (d.h. der Schlichter, Sigle
CC) ein Vergleich im Fall einer Verleumdung zwischen der
Antragstellerin (Sigle AA) und der Antragsgegnerin (Sigle BB)
durchzuführen. Die Antragstellerin hat einen Antrag auf
Durchführung einer Güteverhandlung wegen übler Nachrede
gestellt, die darin bestand, sie habe ihr Kind in Trunkenheit mit
einem Kopfkissen erstickt. Eine Zeugin (ZZ) wird vom Schlichter
vor den Streitparteien gehört. Das Gespräch läuft im Büro des
Vorsitzenden ab, in Anwesenheit von einem Mitarbeiter des
Instituts für Deutsche Sprache.

Die Gesprächsanalyse konzentriert sich auf die Äußerungen des


Schlichters, weil institutionelle Schlichtungen sehr stark durch die
kommunikative Arbeit des Schlichters strukturiert werden.

2. Das allgemeine Handlungsschema

Das Handlungsschema ‚Schlichtung‘ hat folgende Verlaufsstruktur:

41
- Eröffnung des Gesprächs (Herstellung der Schlichtungssituation)

- Rekonstruktion des Konflikts


- Anschuldigung,
- Stellungnahme zur Anschuldigung
- Konfliktaushandlung

- Regelung des Konflikts


- Aushandlung eines Einigungsvorschlags
- Ergebnissicherung

- Auflösung der Schlichtungssituation“ (Verhandlungsschließung)


(Nothdurft, 1995, 13f).

Dieses allgemeine Handlungsschema ist abstrahiert aus sehr vielen


analysierten Schlichtungsgesprächen. Im konkreten Fall gibt es
Abweichungen von der im Schema dargestellten Abfolge von
Handlungen.

Die Darstellung der Handlungsstruktur wird sequentiell


vorgenommen. Die Aufteilung des Gesprächsverlaufs wird in
kleinen oder größeren Sequenzen und mit Bezug auf die Verteilung
von Initiativen und Reaktionen durchgeführt. Einzelne Sequenzen
werden als Bearbeitung von Teilaufgaben des Handlungsschemas
interpretiert.

3. Die Analyse der Handlungsstruktur im Gespräch


„Kindsmord“

Die Verhandlung dieses analysierten Schlichtungsgesprächs zeigt


eine Variante im Handlungsablauf. Vor der formellen
Verhandlungseröffnung fängt der Schlichter (CC) mit der
Rekonstruktion des Konflikts an. Zu dieser Etappe gehören die
Befragung einer Zeugin (ZZ) und einer Unterhaltung darauf

42
folgendes Gespräch mit der Antragsgegnerin (BB) in Abwesenheit
der Antragstellerin (AA), auf die der Schlichter wartet. Auf die
Rekonstruktion des Konflikts folgt die Regelung des Konflikts.
Erst danach wird die eigentliche Verhandlung eröffnet (Z. 393-
394).

3.1. Eröffnung des Gesprächs (Herstellung der


Schlichtungssituation)

Das Schlichtungsgespräch wird vom Schlichter eröffnet. Er beginnt


damit, die gestattete Anwesenheit eines Mitarbeiters des Instituts
für Deutsche Sprache vorzustellen, der eine wissenschaftliche
Ermittlung durchführt.

Die Stelle (Z. 1-9) wird ausgelassen, da sie nicht zur eigentlichen
Güteverhandlung gehört.

3.2. Rekonstruktion des Konflikts

Die Rekonstruktion des Konflikts folgt nicht dem allgemeinen


Handlungsschema. Der Schlichter fängt damit an, eine Zeugin zu
befragen. Nachdem die Zeugin gegangen ist, unterhält er sich mit
der Antragsgegnerin.

Befragung der Zeugin


Eine Zeugin wird hinzugezogen und zur Aussage aufgefordert. Die
Befragung erfolgt in Abwesenheit der beiden Parteien. Der
Schlichter kommt schnell zur Sache, indem er die Anschuldigung
präsentiert: Die Antragstellerin hat den Schiedsmann angerufen,
weil über sie üble Nachrede von der Antragsgegnerin geführt wird:
Sie habe ihr Kind in Trunkenheit mit einem Kopfkissen erstickt (Z.
9-19).
9 CC: abgesichert↓ hier hat die frau: arnold- *

43
10 ZZ: mhm↓ *3*

11 CC: den schiedsmann angerufen↑ ** weil über sie üble

12 CC: na"chrede geführt wird von der- * frau- * mied-


13 ZZ: mhm-

14 CC: die angela soll also- *


15 ZZ: *
16 Z1: ich heiß mangenewski↓ *

17 CC: gesagt- * und erzählt haben↑ * die frau arnold

18 CC: hätte- * ihr kind in trunkenheit mit einem

19 CC: kopfkissen ersti"ckt↓ * das ist natürlich eine ga"nz

Der Schlichter charakterisiert den Fall: es geht um eine ganz böse


Verleumdung. (19-20).
19 CC: kopfkissen ersti"ckt↓ * das ist natürlich eine ga"nz

20 CC: böse verleumdung↓ frage haben sie" das gehört


21 ZZ: ja:-

Der Schlichter fragt die Zeugin, ob sie davon gehört hat. Sie
bestätigt: Sie hat von der Antragsgegnerin gehört, die
Antragstellerin habe in Trunkenheit ihr Kind umgebracht (Z. 21-
29).
20 CC: böse verleumdung↓ frage haben sie" das gehört
21 ZZ: ja:-

22 CC: daß die frau mied so"was erzäh"lt hat oder

23 CC: ähn|lich↓|
24 ZZ: |ja: | sie hat mir das erzäh"lt sie war bei mir

25 ZZ: gewesen und da hat sie gesacht sie hätte von ihrem-

26 ZZ: * also von der frau- * arnold- * gehö"rt- * daß äh

27 ZZ: sie" in trunkenheit das kind erstickt haben sollte↓

28 CC: mhm-
29 ZZ: * von ih"rem bruder aber ne↑ von der frau

Der Schlichter weist auf den sozialen Schaden unter denen die
Antragstellerin leidet und bewertet: das geht nicht (Z.30-38.)
30 CC: mhm- |und| dann ist die frau arnold hier
31 ZZ: arnold↓ tja |und|

44
32 CC: äh- * in den supermarkt gekommen und da haben sie:

33 CC: gleich getuschelt↑ wie dat so is↑ das" is die


34 ZZ: mhm-

35 CC: frau" die ihr kind umgebracht hat↓ * und das ist die

36 K& PAPIERG
37 CC: fo"lge daraus↓ * und das geht nich↓ und *2* sie
38 ZZ: ne:-

Der Schlichter grenzt den Konflikt auf das zentrale Delikt ein (39-
43).
39 K& ERÄUSCHE
40 CC: ham also äh- * von der frau mied↑ * die hat ihnen

41 CC: also erzählt und hat behauptet die f/ * frau arnold

42 CC: hätte also das kind äh- * mit einem kopfkissen

43 CC: erstickt↓
44 ZZ: ja↓ * von ihrem bruder hätte se das

Die Zeugin will weiter vom Fall erzählen. Sie wird vom Schlichter
unterbrochen. Er bleibt beim konkreten Fall: Was er gehört hat,
genügt ihm. Er fragt nach dem Namen der Zeugin und schreibt ihn
(44-55).
45 CC: und das genügt mir an und für sich ich
46 ZZ: gehört-

47 CC: schreibe mir mal eben mal ihre mu/ auf


48 ZZ: und da ich

49 CC: |(...) |
50 ZZ: mit ihr- * |gut befreundet bin-| * also mit der frau

51 CC: ja
52 ZZ: arnold- * hab ich- * ihr das dann auch erzählt↓

53 CC: das ist ja auch wohl- * der normalfall↓ und wie ist

54 CC: ihr vorname↑ uta↓ ** und ihr hausname↑


55 ZZ: uta↓

Die Antragsgegnerin (BB) erscheint. Der Schlichter macht weiter


und beendet seine Arbeit mit der Zeugin, indem er nach ihrer
Adresse fragt und dankt ihr für ihre Anwesenheit (56-73).
56 BB: >ja-<

45
57 CC: komm=se ruhisch rei"n
58 ZZ: mangenevski↓

59 BB: hier ist die uta ja au=noch↓


60 CC: man*ge*nevski↓
61 ZZ: ja

62 CC: und sie wohnen in↑


63 ZZ: hallo- * baumwies dreizehn b

64 CC: siebenundsechzig müllerberg fünfzehn↑


65 ZZ: ja:-

66 K& STÜHLERÜCKEN    
67 BB: >ich setz
68 CC: ←baumwies-→ * wies dreizehn b↓
69 ZZ: dreizehn b↓

70 BB: mich hier hinten<


71 CC: ja↓ * frau
72 ZZ: >ja kannst ruhig (...)<

73 CC: mangenevski- * ich danke- * daß sie: gekommen sind-

Der Schlichter weist die Zeugin darauf hin, dass sie der
Verhandlung nicht beiwohnen kann und sie aus den Streitigkeiten
der Parteien herauslassen will: Denn da ist die Öffentlichkeit
ausgeschlossen. Es genügt ihm, was er von ihr als Zeugin gehört
hat. Er bedankt sich wieder und verabschiedet sich von ihr. Hier
endet die Arbeit des Schlichters mit der Zeugin: Er hat sie gehört,
Namen und Adresse notiert. Die Zeugin wird entlassen (Z. 74-88).
74 CC: * innerhalb der verhandlung möcht ich ni"cht daß sie

75 CC: da beiwohnen- * denn da ist die öffentlichkeit

76 CC: ausgeschlossen ich habe sie vorab als zeuge gehört-

77 CC: das genücht mir was sie mir gesagt haben-


78 ZZ: mhm- ja↓

79 CC: darf ich mich bedanken daß sie:- * sich als zeuge

80 CC: hier zur verfügung gestellt haben- * ich möchte sie

81 CC: aus den streitigkeiten der parteien herauslassen-

82 CC: äh- * mir genücht jetzt was sie- * mi"r gesagt


83 ZZ: mhm-

84 CC: haben- * äh:- * schönen dank- * vielleicht machen

46
85 CC: sie während der zeit wo wir verhandeln- * draußen en

86 CC: kleinen spaziergang- * |sie sind dann|


87 ZZ: ja↓ * |ist gut↓ |

88 CC: entlassen nicht↑ * |ja↓ | * sie" sind frau


89 ZZ: mhm |danke| &&
90 K GEHT RAUS

Unterhaltung des Schlichters mit der Antragsgegnerin


Nach der Entlassung der Zeugin, empfängt der Schlichter die
Antragsgegnerin und weist auf die Antragstellerin hin, die erwartet
wird. Der Schlichter überprüft den Namen der Antragsgegnerin,
und diese wird eingeladen, Platz zu nehmen (88-96).
88 CC: entlassen nicht↑ * |ja↓ | * sie" sind frau
89 ZZ: mhm |danke| &&
90 K GEHT RAUS

91 BB: frau mied ja-


92 CC: mied↑ ja bitte- * nehmen sie bitte

93 K& STÜHLERÜCKEN
94 CC: platz- ** wir müssen grad auf die antragstellerin- *

95 K& STIMMEN IM FLUR


96 CC: noch warten- *2* und wer ist das- die dame die

Die Stelle (Z. 97-103) wird ausgelassen: die Antragsgegnerin wird


von ihrem Schwester begleitet, was der Schlichter nicht erlaubt:
Die Schwester darf nicht an der Verhandlung teilnehmen. Er
erwähnt die Nichtöffentlichkeit der Verhandlung.

Die Stelle (Z. 103-119) wird ebenso ausgelassen: der Schlichter


weist weiter auf die Anwesenheit des Mitarbeiters des Instituts für
Deutsche Sprache hin, der eine wissenschaftliche Ermittlung führt.

Der Schlichter referiert auf die inkriminierte Handlung von der


Antragsgegnerin, nämlich dass sie üble Nachrede über die
Antragstellerin geführt hat. Er referiert die Anschuldigung explizit
und grenzt damit den Konflikt auf das zentrale Delikt ein. Er sagt
der Antragsgegnerin, was er von der Zeugin gehört hat. Diese hat

47
ihm bestätigt, „unter Hinweis auf die rechtlichen Gegebenheiten,
dass die Antragsgegnerin der Zeugin erzählt hat, die Antragstellerin
habe ihr Kind mit einem Kopfkisten erstickt (Z. 119-147).
119 CC: auch nicht meiner SEUFZT && ja↓ * können

120 CC: wir die tür vielleicht mal zumachen dann kann ich

121 K& TÜR WIRD


122 CC: mich mit ihnen mal persö"nlich unterhalten↓ *7* frau

123 K& GESCHLOSSEN


124 BB: ja-
125 CC: mied- * hier wird ihnen- * zur last gelegt↑ *

126 CC: sie haben meine einladung zum heutigen termin- *

127 BB: ja-


128 CC: bekommen↑ sie hätten üble und böse nachrede- *

129 CC: geführt- * über die antragsstellerin frau ar"nold

130 CC: dahingehend daß sie" behauptet haben- * hm * sie

131 CC: hätte ihr ki"nd in trunkenheit mit einem kopfkissen-

132 CC: * erstickt↓ * die konsequenz daraus ist- daß- wenn

132 CC: * erstickt↓ * die konsequenz daraus ist- daß- wenn

133 CC: frau arnold irgendwohin geht in den supermarkt oder

134 CC: sonstwo die leute tuscheln und erzählen- * weil sie

135 CC: ja weitererzählt haben- * da"s ist die frau die ihr

136 BB: |eins möcht


137 CC: kind umgebracht hat↓ * was |ist da nun

138 BB: ich eins möcht ich mal-| * gern erst |mal
139 CC: sache↑ sie haben- | |sie

140 BB: richtigstellen-| *


141 CC: haben also das | dazu hab ich eben eine zeu"gin

142 CC: verhört↑ * die hat mir also bestätigt- * unter

143 CC: hinweis auf die rechtlichen- * gegebenheiten- * daß

144 CC: sie" also erzählt↑ haben↑ * zu der uta mangenevski-

145 CC: * und behauptet haben die kerstin arnold hätte- *

48
146 BB: |erstens | möcht=ich
147 CC: ihr- * kind mit dem kopfkissen |erstickt↓|

Stellungnahme der Antragsgegnerin zur Anschuldigung


An dieser Stelle beginnt die Phase der Verhandlung. Die
Antragsgegnerin bestreitet die Anschuldigung: Sie habe nie
behauptet, nur gesagt, was sie selbst gehört hat. Der Schlichter
wirft ihr vor, dies weiter in Umlauf gebracht zu haben (Z. 146-
161).
146 BB: |erstens | möcht=ich
147 CC: ihr- * kind mit dem kopfkissen |erstickt↓|

148 BB: das mal erst mal richtigstellen↑ * ich hab=es nie

149 BB: behauptet↑ ja nu: ich


150 CC: ja wir haben en zeugen dafür↓

151 BB: hab=s nich behauptet äh s=is noch lange keine

152 BB: behauptung wir hatten uns mal darüber

153 BB: unterha"l|ten- das stimmt↑ |


154 CC: |ja das genügt aber| wenn sie das

155 BB: |und dann-| * hab ich- * gesacht- * ich


156 CC: weitersagen |(...) |

157 BB: hab das nur so und so gehört ich weiß nicht ob das

158 BB: wahr ist und mich geht das auch nichts an↓ * erstens

159 BB: hab ich se"lber zwei kleine kinder↑ ** und ich weiß

160 BB: s=s- * also ich möchte das nicht hoffen- daß eins

161 BB: von mei"nen kindern sterben würde↓

Die Antragsgegnerin erklärt weiter den Fall, und der Schlichter


referiert noch einmal auf die Zeugenaussage. Er insistiert mit
seinem Vorwurf: solche Sachen sagt man nicht (Z. 162- 169).
162 CC: das steht auch

163 BB: |ne↑ |


164 CC: nich zur diskus|sion| hier geht es darum daß sie"

165 CC: also gesagt haben- * dafür haben wir also die zeugin

49
166 CC: die frau mangenevski hier- * die mir das also eben

167 CC: bestäticht hat daß sie" dies- * gesagt ham↓ *

168 BB: |ja das i/ | nein das sacht man auch


169 CC: |und sowas sach|t man nicht↓

3.3. Regelung des Konflikts

Zu dieser Etappe ist festzustellen, dass sich die Regelung des


Konflikts in diesem Fall nicht so schwierig erweist. Die
Anschuldigung erscheint als begründet und die Antragsgegnerin
lässt sich auf einen Vergleich ein, um höhere Kosten und weitere
Nachteile zu vermeiden. Für den Schlichter ist das wesentliche
Argument zur Herbeiführung von Einigung das Gerichtsverfahren
mit seinen negativen (besonders finanziellen) Konsequenzen.

Aushandlung eines Einigungsvorschlags


Der Schlichter schlägt vor, dass sich die Antragsgegnerin bei der
Antragstellerin entschuldigt. Dies wird im Protokoll festgehalten
(Z. 171-175).
170 BB: nicht↓
171 CC: und ich geh davon aus- daß sie" sich heute- *

172 CC: für diese- äußerung bei der frau arnold

173 CC: entschuldigen und daß- * wir das hier zu protokoll-

174 BB: tja i/ ich mein ich kann=s machen ich


175 CC: * festhalten↓

Die Antragsgegnerin versucht weiter ihr Verhalten zu schmälern.


Der Schlichter macht auch weiter mit seinen Vorwürfen und
appelliert an die Rationalität der Antragsgegnerin: man erzählt nur
das, was man selbst gesehen hat (Z. 176-192).
176 BB: hab das nur noch ein"|mal gegen der|
177 CC: |ja es bleibt | ihnen

178 BB: |gegenüber | der frau- * mangenevski-


179 CC: |gar nichts anders ü"brig↓|

50
180 BB: * erwähnt- * weil ich |das (...) |
181 CC: |ja das genügt| wenn sie=s

182 CC: einem dritten sagen↓ * man erzählt nicht etwas was

183 CC: man nicht gesehen hat↓ →oder haben sie gesehen←

184 BB: |nein| ich hab das kind


185 CC: |daß | was sie darüber erzählen-

186 BB: doch vorher (...)


187 CC: dann können sie auch sowas nicht

188 CC: erzäh"len↓ * das ist ga"nz klarer fall- * ich kann

189 CC: nur das erzählen was ich mit eigenen augen gesehen

190 BB: >ja↓<


191 CC: habe↓ das sind ta"tsachenberichte aber sowas

192 CC: geh"t nicht↓ * und ich geh davon aus daß sie sich

Der Schlichter fordert von der Antragsgegnerin, dass sie sich


entschuldigt. Er verwendet dabei fachsprachliche Elemente: ‚sich
in aller Form vor Gericht entschuldigen’ und ‚aktenkundig
festhalten’. Er erwähnt die Verfahrenskosten, die die
Antragsgegnerin zahlen muss (Z. 192-197).
192 CC: geh"t nicht↓ * und ich geh davon aus daß sie sich

193 CC: hier heute- * in aller form vor gericht

194 CC: entschuldigen↑ * und daß wir das aktenkundig

195 CC: fe"sthalten↓ darüber hinaus müßten sie die

196 BB: |also| ich hab keinerlei

197 CC: verfah"renskosten tragen↓ |und |

Da die Antragsgegnerin mittellos ist, schlägt der Schlichter eine


Ermäßigung derVerfahrenskosten vor (Z. 198-204).
198 BB: ei"nkommen das möcht=ich gleich erstmal |sagen↑|
199 CC: |ja↓ | *

200 CC: das ändert nichts daran- * wenn sie

201 CC: sozialhilfeempfänger wären oder sind daß sie hier

51
202 CC: die verfahrenskosten übernehmen müßten↑ * äh: ich

203 CC: habe die möglichkeit- * die kosten- * äh zu

204 CC: ermä"ßigen↑ * ja↑ das kann ich will ich gerne tun↑

Die Antragsgegnerin erzählt von ihrer schwierigen sozialen


Situation (Z. 205-216).
205 BB: dazu möcht ich mal erstmal |sagen↑| * ich hab
206 CC: |ja- |

207 BB: überhaupt- * überhaupt kei"nerlei einkommen- * ich

208 BB: lebe mit einem- * HOLT LUFT mann zusammen- * von dem

209 BB: wir auch zw/ zwei also- * von dem ich auch die zwei

210 BB: kinder habe- und e"r bekommt sein geld vom
211 CC: hm hm-

212 BB: arbeitsamt und daraus hin/ hinaus- * weil das ja

213 BB: nicht ausreichte-


214 CC: ja sie können ja sozia"lhilfe

215 BB: |hat| er noch |die sozia"hilfe↓|


216 CC: |in | |anspruch nehmen-| * ja↓ sie können ja

Der Schlichter rät der Antragsgegnerin, zur Sozialhilfe zu gehen


(Z. 217-220).
217 CC: au"ch sozialhilfe in anspruch nehmen nich↑ die

218 CC: möchlichkeit haben sie ja↓ ** das=s ja kein proble"m

219 CC: sie können ja zum sozialamt gehen und sagen ich bin

220 CC: mittello"s bitte↓ ich möchte sozialhilfe ha"ben↓ *

Der Schlichter erklärt der Antragsgegnerin, dass sie die Kosten,


trotz ihrer schwierigen Situationen, zahlen muss. Er schlüsselt die
Kosten auf und beharrt auf deren Zahlung (Z. 221-232).
221 CC: aber es ändert nichts daran daß sie hier also die

222 BB: mhm-


223 CC: verfah"renskosten tragen müssen nich↑ ich will

224 CC: die gerne ermäßigen↑ * die verfahrenskosten vom

225 CC: schiedsmann betragen vierzig mark↑ ** ich will das

52
226 CC: gerne auf zwanzig mark ermä"ßigen weil sie mittellos

227 BB: mhm-


228 CC: sind↑ äh aber die äh- * diese maßgabe muß ich

229 CC: hier treffen↓ * und die: hinzukommen die

230 CC: schreibgebühr und postzustellungskosten die müssen

231 BB: ja dann- |>tu ich


232 CC: se überneh"men↓ dann sind sie |mit nem

Der Schlichter weist auf die negativen Folgen für die


Antragsgegnerin hin, wenn der Streitfallvor Gericht geht. Er zeigt
ihr aber auch die Vorteile, wenn sie zahlt: die nicht öffentliche
Verhandlung vor dem Schiedsmann statt die Öffentlichkeit vor
Gericht. Er nennt die Nachteile dieser Öffentlichkeit: das
Publikum, die Presse (Z. 233-249).
233 BB: das< | |dann tu ich das-|
234 CC: blauen| auge nochmal |davo"ngekommen- | was meinen

235 CC: se wenn ich diesen fall an die staa"tsanwaltschaft

236 CC: weiterleite↓ * was da- * äh raus wird wissen- * sie

237 CC: können sich das vorne- * in etwa abmalen- * was auf

238 CC: sie da: hinzukäme↑ * hier haben sie also die

239 CC: möglichkeit die nicht öffentliche verhandlung vor

240 CC: dem schiedsmann- dies zu bedauern daß sie das gesagt

241 CC: ham↑ * bei gericht wird öffentlich verhandelt↓ da

242 CC: sitzen hinten fünfzig leute↑ * und die presse↑ *

243 CC: morgen steht das in allen tageszeitungen↓ sie können

244 CC: jewiß sein- * daß der richter wegen solch einer- *

245 CC: böswilligen- * behauptung- * sie ganz schön- *

246 CC: gehörig äh ins gebet nehmen würde und ihnen einen

247 CC: denkzettel verpassen würde wo sie ihr leben lang

248 BB: |>mhm< |


249 CC: dran denken↓ * da |kommen| sie hier vorm schiedsmann

53
Für den Schlichter ist die Verhandlung vor dem Schiedsmann die
beste Lösung. Er weist auf die Antragstellerin hin, die noch nicht
da ist, sie holt Geld (Z. 250-253).
250 CC: noch mal mit dem blauen auge davon- * ich gehe also

251 CC: davon aus- * wenn die frau arnold- * sie holt grad

252 CC: geld- * um hier die verfahrenskosten zu bezahlen- *

253 CC: äh- * daß sie sich gleich hier- * vorm schiedsmann-

Der Schlichter schlägt weiter vor, dass die Antragsgegnerin sich


entschuldigt, dann wird sie entlassen (Z. 254-259).
254 CC: * es genücht wenn sie=s mir sagen- * entschuldigen-

255 CC: * und daß ich nie wieder etwas- * derartiges- * höre

256 BB: ja ja:"- ist |klar-|


257 CC: nich↑ |gut↓ | * dann wollen wir=s so- *

258 K& STRA


259 CC: belassen↓ *2* dann warten wir jetzt auf die- * frau

Bevor die Antragstellerin ankommt will der Schlichter schon die


Entschuldigung protokollieren (Z: 259-266).
259 CC: belassen↓ *2* dann warten wir jetzt auf die- * frau

260 K& SSENGERÄUSCHE, POS. 8828 BIS POS. 8956 (FACH)


261 CC: arnold↓ * ich könnte das ja vielleicht schon mal- *

262 CC: protokollieren nich↑ dann haben wir die sache schon

263 K& PAPIERRASCHELN


264 CC: unter dach und fach↓ && * sie waren zum ersten

265 BB: ja- * ich bin


266 CC: termin ordnungsgemäß entschuldicht↑

Der Schlichter fängt an zu protokollieren. Die Antragsgegnerin


schildert ihre schwierige Situation (Krankenhaus, Zeitdruck) (Z.
267-273).
267 BB: erst am montag aus=m krankenhaus entlassen |worden↑|
268 CC: |hab ich|

269 BB: und ich


270 CC: äh- * zu den akten zu protokoll- * genommen-

54
271 BB: hab das auch- * ga"nz einfach zei"tlich nicht

272 BB: geschafft- * ich bin au"ch jetzt |im zei"tdruck↓|


273 CC: |na is äh | is

Der Schlichter macht Vorwürfe: Was passiert ist, sollte ihr eine
Lehre sein (Z: 274-284).
274 CC: ja auch einleuchtend- * wenn sie im krankenhaus

275 K& GERÄUS


276 CC: waren- * dann kann man ja auch nicht- * zu ner

277 K& CHE                              PAPIERRASCHELN


278 CC: gerichtsverhandlung erscheinen↓ *2* HUSTET *2* ja↓

279 K& GERÄUSCHE


280 CC: * es mag ihnen aber eine lehre sein↑ * && bevor man

281 K& GERÄUSC


282 CC: etwas erzählt und es nicht beweisen kann↑ ** && dann

283 K& HE PAPIERRASCHELN


284 CC: sowas nicht macht ne↑ *23* ich schicke ihnen eine

Der Schlichter spricht von der Kostenrechnung, die er an der


Antragsgegnerin schicken wird. Er empfiehlt, diese Kosten zu
zahlen. Er zeigt den Unterschied zwischen den Kosten vor dem
Schiedsmann und den vor Gericht, die höher sind (Z. 284-295).
284 CC: sowas nicht macht ne↑ *23* ich schicke ihnen eine

285 CC: ko"stenrechnung- * über die verfah"renskosten zu↓

286 BB: >mhm-<


287 CC: ich würd ihnen empfehlen- * damit sie ein für

288 K& GERÄUSCHE         


289 CC: allemal auch- * in dieser sache ruhe haben- * daß

290 CC: sie sich diesen betrach- * der ja sehr gering ist- *

291 CC: wenn das zum gericht ginge würde das also nicht- *

292 CC: um- * unter fünfzig mark kosten sondern mit

293 CC: sicherheit- * um fünfhu"ndert nicht↑ da kann man

294 BB: |ja wieviel soll ich| denn jetzt bezahlen-


295 CC: sich |nur hinterhängen↓ | ich

Der Schlichter wiederholt, dass er die Kostenrechnung schicken

55
wird und insistiert auf die Zahlung der Kosten. Er droht wieder mit
Gericht (Z: 296-306).
296 CC: schick ihnen eine kostenrechnung zu- * ich würde

297 CC: ihnen empfehlen daß sie sich bei einem bekannten

298 CC: dieses geld borgen- * und es dort in raten

299 BB: |ich sa/| ich sa/ |ich mein ich frag sonst
300 CC: zurück|zahlen | |damit sie nicht mit dem

301 BB: hätt=ich das| eventuell |glei"ch begleichen|


302 CC: gericht äh | |mit dem gericht- | *

303 BB: können-


304 CC: nein↓ * ich muß ihnen eine

305 BB: |so↓ | * dann is gut↓


306 CC: gerichtskostenrechnung zu"schi|cken↓|

Der Schlichter verschärft die Drohung, falls die Antragsgegnerin


die Kosten nicht bezahlt (Z. 307-312).
307 CC: ich weise aber darauf hin- * daß bei ni"chtzahlung-

308 CC: * vollstreckt werden kann↑ * aus dieser äh- *

309 CC: →kostenrechnung← o"der ich die möglichkeit habe- *

310 CC: den vergleich- * mangels nichtzahlen der kosten- *

311 CC: für nichtig erklären zu lassen↑ * →bei gericht← *

312 CC: und daß es dann- * zur staatsanwaltschaft geht↓ ich

Der Schlichter empfiehlt wieder und wiederholt die Ermäßigung


der Kosten, dann hat sie ihre Ruhe (Z. 313-329).
313 CC: würde ihnen also empfeh"len sobald sie die

314 CC: kostenrechnung von mir bekommen- * daß sie diesen

315 CC: betrag umgehend an den schiedsmann überweisen- *

316 CC: bo"rgen sie sich das- * bei irgendeinem bekannten- *

317 BB: |na so" arm sind wir ja auch nun


318 CC: und zahlen sie=s |bei dem besser in raten zurück-

319 BB: wieder| nich↓


320 CC: | sagen sie ich zahl=s in zwei raten a

56
321 CC: fufzehn mark meinetwegen ja↑ * was weiß ich wie äh-

322 K& GERÄUSCHE VON DRAUSSEN, KIND SINGT      


323 CC: * sie mit ihm sich einigen dann haben sie auch mit

324 K&                                


325 BB: ja ja↓
326 CC: dem gericht nichts mehr zu tun- und hätten

327 BB: aber sowas


328 CC: dann auch äh- * äh ruhe hier nicht↑

329 BB: is=jetzt das erste mal daß ich so was LACHT mit

Der Schlichter erklärt die Rolle des Schiedsmanns: erste


Gerichtsinstanz, um die Gerichte zu entlasten. Falls die Schlichtung
scheitert, gibt es zwei Rechtswege: 1. Eine Privatklage in zweiter
Instanz (Rechtsanwalt) oder 2. im Fall eines öffentlichen Interesses
strafrechtlich zu verfolgen (Staatsanwaltschaft) (Z. 331-343).
330 BB: |so was| zu tun habe-
331 CC: |ja↓ | der schiedsmann ist also die

332 BB: |mhm- |


333 CC: erste gerichtsinstanz im privatklage*|verfa|hren

334 CC: nich↑ * und- * zur entlastung der gerichte

335 CC: verhandeln wi"r das hier↓ ** wir haben die

336 CC: möglichkeit- * wenn es ni"cht zu einer einigung

337 CC: kommt- * zwei" rechtswege einzuschlagen- * a die

338 CC: privatklage in zwei"ter instanz- und die wird dann

339 CC: gleich teuer mit rechtsanwälten- * oder- * wir haben

340 CC: auch- * wenn öffentliches interesse vorliegt- * wie

341 CC: hier- * die möglichkeit die: * sache- *

342 CC: stra"frechtlich zu verfolgen über die

343 CC: staatsanwaltschaft↓ * und das möchte ich weil sie

Die Antragsgegnerin sollte die Chance ergreifen. Der Schlichter


droht wieder mit dem Gericht (Z. 344-349).
344 CC: noch ein jun"ger mensch sind- * hier nach

345 CC: möglichkeit vermeiden um ihnen auch ne- * cha"nce zu

57
346 CC: geben↓ * was daraus kommen ka"nn und rausgekommen is

347 BB: ja-


348 CC: haben sie ja nun gesehen nich↑ gut↓ *1,18*
349 K FÄNGT 

Der Schlichter fragt die Antragsgegnerin nach dem Beruf der


Antragstellerin. Sie weiß ihn nicht (Z. 350-360).
350 CC: HUSTET * was macht die- * kerstin arnold wohl vom
351 K AN ZU TIPPEN

352 BB: nö ich hab sie


353 CC: beruf- wissen sie das zufällig↑

354 BB: einmal kurz- * |nach | silvester schon mal


355 CC: |ist äh-|

356 BB: getroffen gehabt aber sonst auch nich-


357 CC: *9* >werden
358 K TIPPT WEITE

359 CC: wir gleich mal fragen↓< *1,10* haben sie ihren
360 K R TIPPT WEITER

Am Ende der Unterhaltung mit der Antragsgegnerin protokolliert


der Schlichter. Er tippt. Erfragt nach dem Ausweis der
Antragsgegnerin und will ihn sehen. Er fragt ebenso nach ihren
Beruf, Namen und Adresse. Er tippt (Z. 359-377).
359 CC: wir gleich mal fragen↓< *1,10* haben sie ihren
360 K R TIPPT WEITER

361 BB: ja-


362 CC: ausweis mal da↑ * >darf ich ihn mal sehen↑< was

363 CC: darf ich * äh- * bei ihnen als beruf- * aufnehmen↑

364 BB: ich bin hausfrau- hm- *7*


365 CC: && hausfrau ja↓ *2*
366 K TIPPT

367 BB: mhm- *


368 CC: danke"↓ *6* angela mit g geschrieben↓ *15*
369 K TIPP

370 BB: müllerberg


371 CC: und sie wohnen siebenundsechzig- *
372 K T

373 BB: siebzehn

58
374 CC: müllerberg siebzehn am waldrand zwanzig ja↑

375 BB: ja- ja-


376 CC: *1,19* das ist ein polnischer paß-
377 K TIPPT, GERÄUSCH VON AUßEN

Eintritt der Antragstellerin in der Verhandlungssituation


Die Antragstellerin erscheint zum ersten Mal in der
Verhandlungssituation, d.h. nachdem der Schlichter die Zeugin und
die Antragsgegnerin allein gehört hat. Die Antragstellerin bringt
das Geld der Verfahrenskosten, die sie nach den Regeln des
Verhandlungsverfahrens zahlen musste. Der Schlichter grüßt, dankt
und verspricht der Antragstellerin, dass ihr das Geld
zurückgegeben wird. Er weist in diesem Zusammenhang auf das
Sachgespräch hin, dass er in der Zwischenzeit geführt hat. Er macht
eine Anspielung auf das Gespräch mit der Antragsgegnerin und
will darauf zurückkommen. Er fragt dann nach dem Ausweis der
Antragstellerin (Z. 378-392).
378 AA: >das
379 CC: bitteschön↓ *1,19* kommen sie rein↓ * jo↓ *7*
380 K TIPPT, AA KOMMT REIN TIPPT, G

381 AA: geld ist da<


382 CC: ja- * danke- *8* ich werde ihnen den
383 K ERÄUSCHE VON DRAUßEN TIPPT

384 CC: höchstwahrscheinlich- * ohne daß ich ihn zur bank

385 CC: gebe↑ * zurückschicken können- * →denn ich habe in

386 CC: der zwischenzeit hier ein sachgespräch geführt da

387 CC: komm ich gleich noch drauf zurück↓← *2,19* <so↓ **
388 K TIPPT 

389 CC: ich will nicht u"nhöflich sein aber wir müssen das

390 K& GERÄUSCHE


391 CC: fenster mal einfach zumachen ne↑> *11* darf ich

392 CC: ih"ren personalausweis einmal sehen nochmal↑ *7*


Formelle Verhandlungseröffnung (393-406)
Der Schlichter eröffnet die eigentliche Verhandlung. Nun sind die
beiden Parteien anwesend.

59
393 CC: danke- ** ja- * ja↓ * (genau↓) ich eröffne hiermit-

394 CC: * die verhandlung- * vor dem schiedsmann →in sachen←

395 CC: a"rnold gegen- * frau mied- * und stelle fest daß

396 CC: die parteien zum heutigen termin ordnungsgemäß- *

397 CC: geladen sind↓ *2* der antragsgechnerin ist- * die- *

398 CC: ladung zum heutigen termin mit der ih"r

399 CC: vorgeworfenen- * beschuldigung ordungsgemäß

400 CC: zugestellt↑ * und der antragstellerin frau arnold

401 CC: wurde eine zeugin↑ die- * frau mangenevski benannt-

402 CC: * die zeugin habe ich hier zum sachverhalt gehört-

403 K& GERÄUSCH


404 CC: ** und ich habe auch gelegenheit gehabt- * in ihrer

405 CC: abwesenheit- * mit der frau mied hier ein gespräch

406 CC: zu führen↓ * frau arnold↓ ** folgendes ist↑ * sie

Der Schlichter informiert die Antragstellerin, dass er in ihrer


Abwesenheit ein Gespräch mit der Antragsgegnerin geführt hat. Er
informiert sie, dass sie eine klare Zeugenaussage und eine Aussage
der Antragsgegnerin gegenüber Dritten hat. Ihr Vorwurf wird
weitergegeben (Z. 406.415).
406 CC: zu führen↓ * frau arnold↓ ** folgendes ist↑ * sie

407 BB: |hm- |


408 CC: haben also die klare zeugenaussage auf dem |tisch↑|

409 CC: * wir haben aber au"ch die- * aussage der- * frau- *

410 CC: mied- ** frau mied hat- * gegenüber dri"tten da ihr

411 AA: ja es sollte


412 CC: etwas- * äh gesagt worden ist↑ *

413 AA: |vor allem-|


414 CC: |<den-> | vorwu/ vorwurf der ihr hier gemacht

415 CC: wird- * weitergegeben↓ * sie bedauert das- daß sie-

Der Schlichter mildert die Situation, indem er das Bedauern und

60
die Entschuldigung der Antragsgegnerin weitergibt (Z. 415-420).
415 CC: wird- * weitergegeben↓ * sie bedauert das- daß sie-

416 CC: * über- * sie" etwas gesagt hat- was geeignet war- *

417 CC: sie in der öffentlichen meinung- * herabzuwürdigen-

418 BB: |+es war auch| nich


419 CC: * und entschuldigt sich dafür↓ |ich geh da/ |

420 BB: meine absicht-

Der Schlichter versucht die Antragstellerin zu beeinflussen, damit


sie die Entschuldigung der Antragsgegnerin annimmt. Er erklärt
ihr, dass die Antragsgegnerin die Verfahrenskosten, nämlich die,
die die Antragstellerin als Gerichtskostenvorschuss entrichtet hat,
übernimmt. Dieses Geld wird ihr zurücküberwiesen (Z. 421-427).
421 CC: ich geh davon aus frau arnold- * daß

422 CC: sie die entschuldigung annehmen- * und äh die

423 CC: verfahrenskosten hier vor dem schiedsmann- *

424 CC: übernimmt frau- * mied↓ * so daß ich ihnen nach

425 CC: eingang der verfahrenskosten- * hie"r- * die: äh- *

426 CC: den gerichtskostenvorschuß den sie heute entrichtet

427 CC: haben zurücküberweisen ka"nn- ** frau- * mied- *

Der Schlichter setzt seine Milderung der Situation fort und gibt der
Antragstellerin weiter, dass die Antragsgegnerineinsieht, dass das,
was passiert ist, nicht korrekt sei. Sie wird daraus eine Lehre ziehen
und es nicht wiederholen (Z. 428-431).
428 CC: sieht auf mein eingehendes gespräch ein- * daß das

429 CC: wohl nicht ganz- * korrekt war- * was da: gelaufen

430 CC: ist- * sie wird ihre lehre daraus ziehen daß sich

431 CC: sowas nicht wiederholt- ** ich gehe davon aus- *

Der Schlichter wiederholt seinen Vergleichsvorschlag, den er schon


gemacht hat: Die Antragstellerin soll die Entschuldigung
annehmen, die vor ihm als Instanz gemacht worden ist (Z. 432-

61
436).
432 CC: wenn jemand einsichtig ist- * frau arnold- * und- *

433 CC: es bedauert- * was er da- * gemacht hat- * sich

434 CC: dafür entschuldicht vorm schiedsmann- ** daß sie"

435 AA: ja↓


436 CC: diese entschuldigung- * annehmen sie haben

Der Schlichter klärt die Antragstellerin darüber auf, dass sie die
Protokollabschrift verlangen kann und jederzeit einem Dritten
vorweisen (Z. 437-440).
437 CC: jederzeit- * die möglichkeit- * vom schiedsmann

438 CC: eine- * protokollabschrift zu verlangen- * die

439 CC: können sie selbstverständlich jederzeit- * einem

440 CC: dritten- * vorweisen↓ * meine empfehlung ist die- *

Der Schlichter empfiehlt der Antragstellerin jedoch, das nicht zu


tun und nur zu sagen, dass die Sache erledigt wird (Z. 440-448).
440 CC: dritten- * vorweisen↓ * meine empfehlung ist die- *

441 CC: ich würde es ni"cht tun↓ * wenn sie mal angesprochen

442 CC: werden- * dann sagen sie etwas anderes- * sagen sie-

443 CC: * wir- * haben uns- * deswegen- * vor- * gericht- *


444 K STAKKATO                                         

445 CC: geeinicht- ** die sache ist erledicht es wa"r nicht


446 K           

447 CC: so ist vom gericht festgestellt worden- * die sache

448 CC: ist abgeschlossen↓ ich würde aber nicht ein

Der Schlichter erklärt den Grund seiner Empfehlung: Das Protokoll


zu zeigen führe dazu, dass die Sache aufgebauscht werde und man
dann ins Gerede komme (Z. 449-452).
449 CC: protokoll- * herum- * zei"gen- * denn da"s * führt

450 CC: dazu- * daß eine sache erst re"cht aufgebauscht

451 CC: wird- * und dann ist es so- * daß man ins gerede

452 CC: kommt↓ * so" haben sie hier vorm schiedsmann die

62
Der Schlichter zur Antragstellerin: Sie hat die Möglichkeit sich vor
dem Schiedsmann wieder mit der Antragsgegnerin zu vertragen. Er
schlägt eine Einigung vor (Z. 452-456).
452 CC: kommt↓ * so" haben sie hier vorm schiedsmann die

453 CC: möglichkeit- * sich wieder zu vertra"gen- ** äh- *

454 CC: und versuchen so"llten künftig miteinander wieder

455 CC: auszukommen- * und dann ist die sache erledigt↓ es

456 CC: ist schlimm genug daß das gewesen ist- * wie gesagt-

Zurück zur Regelung des Konflikts

Ergebnissicherung
Die Parteien stimmen dem Vergleichsvorschlag zu. Dieses
Ergebnis wird sogleich protokolliert.

Der Schlichter wiederholt seine Meinung, die Protokollabschrift


lieber nicht anzufordern (456.561).
456 CC: ist schlimm genug daß das gewesen ist- * wie gesagt-

457 CC: * das ist meine- äum/ äußerung dazu- * meine meinung

458 CC: dazu sie können selbstverständlich jederzeit eine

459 CC: protokollabschrift- * bekommen↑ * ich würde es aber

460 AA: ja mir wär=s jetzt aber lieber wenn


461 CC: nicht anfordern-

Die Antragstellerin verlangt eine Protokollabschrift wegen ihrem


Verlobten, dann werde sie sie zerreißen (Z. 462-468).
462 AA: ich eine kriegen könnte wegen meinem verlobten↓
463 CC: gut-

464 CC: * dann woll/ * will ich ihnen eine- *

465 AA: |ich würd=s aber| gerne danach zerreißen >so is=es
466 CC: zu|schicken (...) |

467 AA: nich↓<


468 CC: ja↓ * äh: das will ich gerne tun↑ * ich kann

63
Der Schlichter wird ihr diese Protokollabschrift schicken. Er
ermahnt sie jedoch, diese Abschrift nicht herumzuzeigen und
dadurch evtl. neuen Streit zu verursachen. (Z. 468-477).
468 CC: ja↓ * äh: das will ich gerne tun↑ * ich kann

469 CC: sie ihnen zuschicken- * ich würde die aber ni"cht *

470 AA: ne:↓


471 CC: herumrei"chen- äh denn das wäre äh geeichnet- *

472 CC: sie vielleicht äh- * ins u"nrechte licht zu rücken

473 CC: selbst wenn hier- * ein vergleich noch heute

474 CC: geschlossen wird↓ * ich würde die sache- * so

475 CC: bedauerlich wie sie war- * als erledicht betrachten

476 CC: die bela"stung * die sie- * mit sich herumtrugen ist

477 CC: durch die heutige äußerung von frau mied vom tisch-

Der Schlichter bestätigt, dass die Antragstellerin „in voller Instanz


recht bekommen [hat]
vorm Schiedsmann“ (Z. 778-482).
478 CC: * sie haben hier in voller instanz recht bekommen

479 CC: vorm schiedsmann- * es ist ni"cht so- * wie es- *

480 CC: hier- * äh: *2* gesagt →worden ist in ihrem antrag

481 CC: vom fünfzehnten vierten-← * es steht fest- * daß sie

482 CC: sich nichts haben zuschulden kommen lassen- * und

Der Schlichter wiederholt noch, dass die Antragsgegnerin sich vor


ihm als Schiedsmann entschuldigt hat und dass die Antragstellerin
diese Entschuldigung annehmen sollte (Z. 483-490).
483 CC: frau- * mied sieht ein daß sie hier was- * verkehrt

484 CC: gemacht hat sie entschu"ldigt sich dafür- * ich

485 CC: meine wenn sich jemand entschuldicht- * dann tut man

486 CC: gut daran- * wenn er=s einsieht daß er en fehler

487 CC: gemacht hat- * die entschuldigung a"nzunehmen- * <es

488 CC: genücht-> * wenn sie es mi"r sagt als schiedsmann

64
489 BB: ich kann=s ihr
490 CC: ich gebe es an sie weiter- * frau- *

Die Antragsgegnerin entschuldigt sich. Der Schlichter schlägt vor,


dass sich die beiden gegenseitig die Hand geben,womit die Sache
erledigt sei. Er zeigt die Vorteile dieser Einigung. Die
Antragsgegnerin bedauert weiterhin ihr Verhalten (Z. 489-508).
489 BB: ich kann=s ihr
490 CC: ich gebe es an sie weiter- * frau- *

491 BB: ja auch |se"lber| sagen |(...) |


492 CC: |mied- | sie können sich |aber auch|

493 CC: wenn sie: denn ich glaube das wäre schö"ner und das

494 CC: wäre eine bessere geste- * die entschuldigung haben

495 BB: |ja↓ |


496 CC: sie mir gegenüber n|un ja| geäußert- * sie haben=s

497 CC: mi"tgehört- * sie brauchen das nicht zu wiederholen-

498 CC: * aber es wäre besser wenn sie sich gegenseitig die

499 CC: hand gäben- * und sagen würden- * laß uns wieder

500 CC: vertragen- * denn dann wäre auch wirklich der

501 CC: seelenfrieden bei beiden wieder hergestellt↓ *

502 BB: |ja ja↓| |→ich sach ja| ich hab selber
503 CC: |das | ist meine |empfehlung |

504 BB: zwei kinder← um gottes |willen ich möchte mir nicht|
505 CC: |ja↓ dann tun sie das- |

506 BB: sowas |vorstellen (...)|


507 CC: * |geben sie frau | arnold die hand- *

508 CC: entschuldigen sich- * und dann ist die sache

Ergebnissicherung (Protokollierung)
Der Schlichter erklärt die Sache für erledigt und protokolliert das
Ergebnis; jede Partei wird eine Abschrift des Protokolls bekommen
(Z. 508-515).
508 CC: entschuldigen sich- * und dann ist die sache

509 CC: erledigt↓ * dann könn=wir das hier zu protokoll

65
510 CC: bringen und sie bekommen eine abschrift darüber- *

511 CC: und denn haben sie alles wieder ins rechte lot

512 K& AA UND BB DRÜCKEN SICH DIE HAND


513 AA: >hm<
514 BB: ja- * <es wa"r nicht
515 CC: gerückt↓ ** >bitte schön<

Während der Schlichter das Protokoll zu verlesen beginnt, fangen


die beiden Streitpartner an, wieder über den Fall zu sprechen: Die
Antragsgegnerin versucht sich zu verteidigen, die Antragstellerin
spricht von dem Schaden in der Öffentlichkeit, den sie erlitten
habe. Der Schlichter will damit Schluss machen (Z. 514-529).
514 BB: ja- * <es wa"r nicht
515 CC: gerückt↓ ** >bitte schön<

516 AA: |>(ist gut↓)<|


517 BB: |so gemeint> | ne↑ ** ich hab=s aus dem was mir der

518 AA: ja↓ aber es


519 BB: hannes |gegenüber geäußert hat (...) |
520 CC: |dann darf ich einmal- verlesen-|

521 AA: haben au=noch a"ndere erzählt

522 AA: be|i uns in der siedlung auch|


523 CC: |SEUFZT wir wollen jetzt | auch nicht mehr

524 AA: |u"nd| hier äh: * äh vielleicht kennst


525 CC: darüber spre|chen|

526 AA: du martina↓ die hat=s mir au"ch erzählt↓ * →und


527 BB: ja↓

528 AA: die hat=s wieder ganz andern die hat=s wieder in

529 AA: ganz |andern reihenfolge gehört←|

Der Schlichter reagiert auf die Tatsache, dass der Ruf der
Antragstellerin öffentlich beschädigt worden ist. Er führt
exemplarisch das Prinzip der Rufschädigung durch ein in Umlauf
geratenes Gerücht aus (Z. 530-543).
530 CC: |da- sie wissen wenn | einer etwas

531 CC: erzählt äh * s/ wir können die probe auf=s exempel

532 AA: |<ja | aber es handelt |(...)> |

66
533 CC: ma|chen| |sie flüstern| herrn↓ *

534 CC: doktor lang etwas ins ohr- er sacht mi"r das was e"r

535 CC: mitgehört hat wei"ter und ich sag es ih"r sie

536 CC: sacht=s noch einem weiteren und erzäh"lt und den

537 CC: fragen wa mal- * was äh hinten am schluß angekommen

538 AA: |ja das is klar-|


539 CC: ist↓ * sie werden |feststellen- | * daß das selbst

540 CC: wenn wir drei es richtig weitergegeben haben der

541 CC: letzte es verkehrt verstanden hat und so wird das

542 AA: ja aber bei uns (...) ich hätts ja


543 CC: hier auch sein↓ *

Die beiden Parteien sprechen weiter vom Fall. Der Schlichter


versucht das zu stoppen, indem er wieder wiederholt, dass die
Sache erledigt ist (Z.544-560).
544 AA: auch gar nicht gemacht- * aber- *

545 AA: |es war das e"rste | mal vor weihnachten↓ * und dann
546 CC: |ich verstehe sie:-|

547 AA: im januar auch noch ma↓


548 BB: |wir haben
549 CC: ich versteh sie |vollauf-

550 BB: uns ja| noch mal geseh"n im |januar↓|


551 CC: | |aber- | * die sache

552 BB: |montag nachmittags-| * hast du doch da: am


553 CC: ist nun |erledigt |

554 AA: ja und da"nach |hatten wir uns-|


555 BB: berli"ner platz↓ |ja da hast doch|

556 AA: ne da"nach ham se=s mir halt


557 BB: au"ch nichts gesagt↓

558 AA: erst noch ma"l erzählt↓ * +vo"r weihnachten


559 BB: >ja-<

560 AA: hab |ich=s| gesagt is |gut solln (...)

Der Schlichter wiederholt noch einmal, dass die Sache erledigt ist.
Er will das Protokoll verlesen. Er hat es nach dem Gespräch mit der

67
Antragsgegnerin vorbereitet (Z. 561-565).
561 CC: |ja↓ | |gut↓ die sache ist nun

562 AA: |
563 CC: erledigt-| * die ist vom tisch- * ich verlese auch

564 CC: das protokoll- * ich habe es schon vorbereitet in

565 CC: der zwischenzeit- * nach dem gespräch mit frau- *

Der Schlichter liest das Protokoll vor (Z. 566-579).


566 K& LIEST VOR, POS. 19409 BIS POS. 19952
567 CC: mied- ** protokoll nummer achtundzwanzig seite

568 K& (ZWANZIG)


569 CC: siebenundfünfzig- * siebenundsechzig müllerberg elf

570 CC: den dritten juni neunzehnhundertvierundachtzig

571 CC: augarten acht achtzehn uhr nebenstelle des

572 CC: bezirksamts neun↓ * antragsteller frau kerstin

573 CC: arnold wohnhaft siebenundsechzig müllerberg eins

574 CC: blumental dreizehn a↓ * stellte am fünfzehnten april

575 CC: neunzehnhundertvierundachtzig antrag auf

576 CC: durchführung einer güteverhandlung wegen übler

577 CC: nachrede↓ ** antragsgegnerin frau angela mied- *

578 CC: hausfrau- * wohnhaft siebenundsechzig müllerberg

579 CC: siebzehn am waldrand zwanzig↓ * was darf ich bei

Der Schlichter ergänzt das Protokoll mit der Angabe des Berufs der
Antragstellerin (Z. 580-785).
580 AA: |nu-
581 CC: ih"nen als beruf eintragen↑ ** |den

582 AA: ich bin auch zuhause↓ |


583 CC: hatten sie mir noch nicht| angegeben- * schreiben

584 CC: wir auch hausfrau ja↑ * gut↓ *11*


585 K TIPP

Der Schlichter liest weiter das Protokoll vor (Z. 586-604).


586 K& LIEST VOR, POS. 20093 BIS POS. 20885 (ANTRAGS
587 CC: verhandlungsverlauf es erschienen erstens die

68
588 K T

589 K& GECHNERIN)


590 CC: antragstellerin- * zweitens die antragsgechnerin↓ *

591 CC: die antragstellerin wies sich durch personalausweis

592 CC: die antragsgechnerin durch polnischen paß aus↓ *

593 CC: zwischen den parteien wird folgender vergleich

594 CC: geschlossen↓ * erstens- * die antragsgechnerin

595 CC: bedauert- * gegenüber dritten- * geäußert zu haben-

596 CC: * frau arnold habe in trunkenheit ihr kind mit dem

597 CC: kopfkissen erstickt- * und das kind sei dadurch

598 CC: gestorben↓ * zweitens- * die antragsgechnerin

599 CC: entschu"ldigt sich bei der antragstellerin für ihr

600 CC: verhalten↓ * drittens- * die antragstellerin nimmt

601 CC: die entschuldigung an↓ * viertens- * die parteien

602 CC: wollen versuchen- * künftig wieder miteinander

603 CC: auszukommen- * fünftens- * die kosten des verfahrens

604 CC: vor dem schiedsmann übernimmt die antragsgechnerin↓

Der Schlichter führt den Punkt er Verfahrenskosten aus: Die


Antragsgegnerin zahlt und die Antragstellerin bekommt den
Gerichtskostenvorschuss zurück (Z. 605-611).
605 CC: * so daß die kosten nach eingang- * der kosten von

606 CC: frau- * mied bei mir- * hier ihren

607 CC: gerichtskostenvorschuß- * zurückbekommen der scheck

608 AA: |hm- |


609 CC: würde dann gar nicht erst einge|löst| ich würde ihn

610 AA: mhm-


611 CC: mit der protokollabschrift zuschicken↓ wenn das

Der Schlichter bittet die beiden Streitpartner, wenn sie mit dem
Protokoll einverstanden sind, mit dem Wortlaut „vorgelesen,
genehmigt“ um ihre Unterschrift darunter (Z. 611-621).

69
611 CC: mit der protokollabschrift zuschicken↓ wenn das

612 CC: so- ** in ordnung ist und dem zugestimmt wird- *

613 CC: darf ich um ihre unterschriften bitten- * vorgelesen

614 K& PAPIERRASCHELN 


615 CC: genehmigt und unterschrieben↓ * zunächst frau

616 K& AA STEH


617 CC: arnold- * ich lege einmal hier was drunter↓ *5* mal

618 K& T AUF AA UNTERSCHREIBTBB KOMMT


619 CC: da mit vor und zunamen- *12* frau mied- *2* >einmal

620 K& BB UNTERSCH


621 CC: daneben- * ja↓ * mit vo"r und zunamen↓< *11* <damit

3.4. Auflösung der Schlichtungssituation


(Verhandlungsschließung)

Die Verhandlung endet damit, dass der Schlichter die jeweilige


Verhandlung förmlich schließt. Der Schlichter erinnert die
Antragsgegnerin erneut an die Verfahrenskosten, ohne deren
Begleichung der erlangte Vergleich nicht gültig würde (Z. 621-
645).
621 CC: daneben- * ja↓ * mit vo"r und zunamen↓< *11* <damit

622 K& REIBT


623 CC: schließe ich die heutige verhandlung vor dem

624 CC: schiedsmann-> * und- * die sache ist damit erledigt↓

625 CC: >gut< * und sie" überweisen mir die kosten

626 BB: |ja sobald sie- | mir |die rechnung


627 CC: |sobald sie irgendwann-| * |wie gesagt

628 BB: schicken↓|


629 CC: | meine empfehlung- * borgen sie sich

630 CC: doch=s geld und zahlen sie dort in zwei raten zurück

631 BB: |so viel| hab ich auch noch |(...) |


632 CC: |(...) | |ja es ist ja unter|

633 CC: fünfzig mark- * und die würde man wohl- *

634 BB: sicherlich↓

70
635 CC: zusammenbekommen↓ * näch↑ <bei

636 CC: nichtzahlung- * ich weise drauf hin- * kann- *

637 CC: vollstreckt werden und der vergleich für nichtig

638 BB: mhm-


639 CC: erklärt werden↓> dann- * sehen sie natürlich

640 BB: |ja-| * ich weiß es↓


641 CC: ganz |alt| aus ne↑ gut↓ * alles klar↓

642 K& TÜR SCHLIEßT


643 AA: auf wie|dersehn|
644 BB: so↓ |wiedersehn-|
645 CC: |tschüß | |wiedersehn |&&

4. Die Analyse des Schlichtungsgesprächs ‚Kindsmord‘ unter


dem Gesichtspunkt der Tätigkeit des Schlichters

Die Interessendivergenzen zwischen den Parteien können nur durch


besondere kommunikative Anstrengungen des Schlichters
bearbeitet und aufgehoben werden. Dem Schlichter stehen nur
verbale Mittel zur Verfügung, die Parteien zu einer Einigung zu
führen.
Bei seiner Aufgabe, eine Einigung zwischen den Streitparteien
herbeizuführen, verwendet der Schlichter während der gesamten
Güteverhandlung bestimmte argumentative und rhetorische Mittel.

Um die Streitparteien auf die Konfliktregelung einzustimmen, geht


der Schlichter argumentativ vor. Von Anfang anversucht er, die
Parteien dazu zu bringen, den Konflikt durch eine Einigung zu
lösen. Um sie zur Einigungsbereitschaft zu motivieren, entwickelt
er bestimmte Argumente. Seine Rede hat einen appellativen
Charakter und darüber hinaus die Funktion, die Parteien auf die
Konfliktregelung einzustimmen.

In den folgenden Gesprächsausschnitten benennt der Schlichter


zuerst den vorliegenden Konflikt nicht und bleibt vage, indem er

71
den Konflikt allgemein und neutral als Sache bezeichnet. Erst
danach weist er indirekt auf den Konflikt hin, indem er die
Zeugenaussage erwähnt, die den Konflikt erklärt. Damit stellt er
die Position der Antragsgegnerin neutral und zurückhaltend dar:
was ist da nun sache↑ sie haben- sie haben also das
dazu hab ich eben eine zeu"gin verhört↑ * die hat mir
also bestätigt- * unter hinweis auf die rechtlichen- *
gegebenheiten- * daß sie" also erzählt haben↑ * zu der
uta mangenevski- * und behauptet haben die kerstin
arnold hätte- * ihr- * kind mit dem kopfkissen
erstickt↓ (Z. 137 – 147).

ich würd ihnen empfehlen- * damit sie ein für allemal


auch- * in dieser sache ruhe haben- (Z. 287 – 289).

die sache ist erledicht es wa"r nicht so ist vom


gericht festgestellt worden- * die sache ist
abgeschlossen↓ (Z. 445 – 448).

Der antithetische Aufbau ist das primäre rhetorische Mittel der


gesamten Vorrede des Schlichters.
Nachdem er explizit die Vorteile der Schiedsmannseinrichtung als
Ort für die Regelung von Streitigkeiten nennt, operiert er mit
Gegensatzpaaren, die dazu dienen, die Vorteile der
Schiedsmannsinstitution darzustellen. Hier geht es um den Kontrast
Schiedsmann - Gericht und zugleich um den Kontrast Ausschluss
der Öffentlichkeit - Teilnahme der Öffentlichkeit:

hier haben sie also die möglichkeit die nicht


öffentliche verhandlung vor dem schiedsmann- dies zu
bedauern daß sie das gesagt ham↑ * bei gericht wird
öffentlich verhandelt↓ da sitzen hinten fünfzig leute↑
* und die presse↑ * morgen steht das in allen
tageszeitungen↓ sie können jewiß sein- * daß der
richter wegen solch einer- * böswilligen- *
behauptung- * sie ganz schön- * gehörig äh ins gebet
nehmen würde und ihnen einen denkzettel verpassen
würde wo sie ihr leben lang dran denken↓ * da kommen

72
sie hier vorm schiedsmann noch mal mit dem blauen auge
davon-(Z. 238 – 250).

Der Schlichter unterrichtet über Aufgaben und Ziele der


Schlichtungseinrichtung. Ergeht auch hier kontrastiv vor, wobei die
Schiedsmannseinrichtung im Vergleich zur Privatklage vor Gericht
in günstigerem Licht erscheint:
der schiedsmann ist also die erste gerichtsinstanz im
privatklage*|verfa|hren nich↑ * und- * zur entlastung
der gerichte verhandeln wi"r das hier↓ ** wir haben
die möglichkeit- * wenn es ni"cht zu einer einigung
kommt- * zwei" rechtswege einzuschlagen- * a die
privatklage in zwei"ter instanz- und die wird dann
gleich teuer mit rechtsanwälten- * oder- * wir haben
auch- * wenn öffentliches interesse vorliegt- * wie
hier- * die möglichkeit die: * sache- *
stra"frechtlich zu verfolgen über die
staatsanwaltschaft↓ (Z. 331 – 343).

Der Kontrast geringe Kosten- hohe Kosten wird vom Schlichter bei
seiner Aufgabe verwendet, die Parteien zur Einigung zu
motivieren:
aber es ändert nichts daran daß sie hier also die
verfah"renskosten tragen müssen nich↑ ich will die
gerne ermäßigen↑ * die verfahrenskosten vom
schiedsmann betragen vierzig mark↑ ** ich will das
gerne auf zwanzig mark ermä"ßigen weil sie mittellos
sind↑ (Z. 221 – 228).

Hier wird der Kontrast geringe Kosten - hohe Kosten konkret


detailliert. Damit belegt der Schlichter die Kostengünstigkeit des
Güteverfahrens:
ich schicke ihnen eine ko"stenrechnung- * über die
verfah"renskosten zu↓ ich würd ihnen empfehlen- *
damit sie ein für allemal auch- * in dieser sache ruhe

73
haben- * daß sie sich diesen betrach- * der ja sehr
gering ist- * wenn das zum gericht ginge würde das
also nicht- * um- * unter fünfzig mark kosten sondern
mit sicherheit- * um fünfhu"ndert nicht↑ da kann man
sich nur hinterhängen↓(Z. 284 – 295).

In diesem Gesprächsausschnitt wird vom Schlichter die Dignität


der Institution hervorgehoben:
ich würde die sache- * so bedauerlich wie sie war- *
als erledicht betrachten die bela"stung * die sie- *
mit sich herumtrugen ist durch die heutige äußerung
von frau mied vom tisch- * sie haben hier in voller
instanz recht bekommen vorm schiedsmann-(Z. 474 – 479).

Bei der Aufbereitung des Konflikts geht eshauptsächlich darum,


auf die inkriminierte Handlung euphemistisch zu referieren, um die
Stellungnahme der Antragstellerin zu mildern. Im Anschluss an die
eigentliche Verhandlungseröffnung wendet sich der Schlichter an
die Antragstellerin. Er fasst selber den Anschuldigungssachverhalt
zusammen und weist auf den Vorwurf, der der Antragsgegnerin
gemacht wird:
frau arnold↓ ** folgendes ist↑ * sie haben also die
klare zeugenaussage auf dem tisch↑ * wir haben aber
au"ch die- * aussage der- * frau- * mied- ** frau mied
hat- * gegenüber dri"tten da ihr etwas- * äh gesagt
worden ist↑ <den-> vorwu/ vorwurf der ihr hier gemacht
wird- * weitergegeben↓(Z. 406 – 415).

Die kataphorische Pro-Form folgendes weist auf die


Zeugenaussage und die Aussage der Antragsgegnerin hin, die der
Schlichter schon gehört hat.

Der Schlichter benennt die Anschuldigung der Antragsgegnerin


explizit und grenzt damit den Konflikt auf das zentrale Delikt ein:
Die Antragsgegnerin habe üble Nachrede über die Antragstellerin

74
geführt. Diese hätte in Trunkenheit ihr Kind mit einem Kopfkisten
erstickt. Er referiert auf die Zeugenaussage, die er schon gehört hat:

sie hätten üble und böse nachrede- * geführt- * über


die antragsstellerin frau ar"nold dahingehend daß sie"
behauptet haben- * hm * sie hätte ihr ki"nd in
trunkenheit mit einem kopfkissen- * erstickt↓ *(Z. 128-
132).

Für den Schlichter geht es nun darum, seinen Einigungsvorschlag


den Parteien, vor allem der Antragsgegnerin, vorteilhaft zu
präsentieren. Bei seiner Aufgabe, eine Einigung herbeizuführen,
bemüht er sich darum, die Antragsgegnerin zu überzeugen, seinen
Einigungsvorschlag anzunehmen. Dafür versucht er, neutral von
dem Delikt zu sprechen. Bei seiner Aussprache mit der
Antragsgegnerin referiert der Schlichter auf die Zeugenaussprache,
wobei die Zeugin von der üblen und bösen Nachrede der
Antragsgegnerin über die Antragstellerin erzählt hat. Er zeigt der
Antragsgegnerin, welcheKonsequenzen ihre üble Nachrede für die
Antragstellerin haben könnte und übt dadurch auf die
Antragsgegnerin moralischen Druck aus, den Einigungsvorschlag
anzunehmen:

sie hätten üble und böse nachrede- * geführt- * über


die antragsstellerin frau ar"nold dahingehend daß sie"
behauptet haben- * hm * sie hätte ihr ki"nd in
trunkenheit mit einem kopfkissen- * erstickt↓ * die
konsequenz daraus ist- daß- wenn * erstickt↓ * die
konsequenz daraus ist- daß- wenn frau arnold
irgendwohin geht in den supermarkt oder sonstwo die
leute tuscheln und erzählen- * weil sie ja
weitererzählt haben- * da"s ist die frau die ihr kind
umgebracht hat↓ * was ist da nun sache↑ sie haben- sie
haben also das dazu hab ich eben eine zeu"gin verhört↑
* die hat mir also bestätigt- * unter hinweis auf die
rechtlichen- * gegebenheiten- * daß sie" also erzählt↑
haben↑ * zu de uta mangenevski- * und behauptet haben

75
die kerstin arnold hätte- * ihr- * kind mit dem
kopfkissen erstickt↓(Z. 128-147).

Bei seinen Einigungsbemühungen versucht der Schlichter weiter,


die Antragsgegnerin zu einer Entschuldigungsleistung zu bewegen.
Um das Delikt nicht explizit zu benennen und der Antragsgegnerin
zu erleichtern, den Entschuldigungsvorschlag zu akzeptieren,
verwendet er dabei Äußerungen wie daß sie also gesagt haben oder
diese Äußerung:

hier geht es darum daß sie" also gesagt haben- * dafür


haben wir also die zeugin die frau mangenevski hier- *
die mir das also eben bestäticht hat daß sie" dies- *
gesagt ham↓ * und sowas sacht man nicht↓ und ich geh
davon aus- daß sie" sich heute- * für diese- äußerung
bei der frau arnold entschuldigen und daß- * wir das
hier zu protokoll- * festhalten↓ ja es bleibt ihnen
gar nichts anders ü"brig↓(Z. 164-179).

Zur Durchsetzung der Einigung versucht der Schlichter vom


Verhandlungsbeginn an, eine Reihe von Argumenten einzusetzen.
Von den zahlreichen Argumenten, die dem Schlichter zur
Verfügung stehen, zeichnen sich die beiden Pole‚gerichtliche
Konfliktlösung‘ und ‚konsensuelle Konfliktregelung‘ ab. Die
Drohung mit dem Gerichts ist das wichtigste Argument, das der
Schlichter verwendet, um seinen Einigungsvorschlag
durchzusetzen.

Die Nachteile einer Gerichtsverhandlung setzen sich zusammen


aus:
- die Öffentlichkeit der Verhandlung bei Gericht:
bei gericht wird öffentlich verhandelt↓ da sitzen
hinten fünfzig leute↑ * und die presse↑ * morgen steht
das in allen tageszeitungen↓ (Z. 241 – 243)

76
- die hohen Verfahrenskosten:
wenn das zum gericht ginge würde das also nicht- * um-
* unter fünfzig mark kosten sondern mit sicherheit- *
um fünfhu"ndert nicht↑ da kann man sich nur
hinterhängen↓ (Z. 291 – 295)

- die Ungewissheit des Ausgangs:


sie können jewiß sein- * daß der richter wegen solch
einer- * böswilligen- * behauptung- * sie ganz schön-
* gehörig äh ins gebet nehmen würde und ihnen einen
denkzettel verpassen würde wo sie ihr leben lang dran
denken↓ (Z. 243 – 249).

- das Prozessrisiko
Durch die Kontrastierung der beiden Institutionen Schiedsmann
und Gericht suggeriert der Schlichter den Konfliktparteien die
Vorteile des gegenwärtigen Verfahrens in Betracht zu nehmen. Das
Gericht ist argumentativ präsent und bleibt als Drohinstanz
bestehen, denn, wenn keine Einigung stattfindet, wird das
Strafverfahren bei Gericht landen.
ich weise aber darauf hin- * daß bei ni"chtzahlung- *
vollstreckt werden kann↑ * aus dieser äh- *
→kostenrechnung← o"der ich die möglichkeit habe- * den
vergleich- * mangels nichtzahlen der kosten- * für
nichtig erklären zu lassen↑ * →bei gericht← * und daß
es dann- * zur staatsanwaltschaft geht↓ ich(Z. 307-312).

In den ob genannten Gesprächsausschnitten wird das


Gerichtsverfahren als die schlechtere Wahl dargestellt.
Demgegenüber werden in den folgenden Gesprächsausschnitten die
positiven Aspekte des Güteverfahrens dargestellt:

- die Nichtöffentlichkeit der Verhandlung:

77
denn da ist die öffentlichkeit ausgeschlossen (Z. 75 -
76)
hier haben sie also die möglichkeit die nicht
öffentliche verhandlung vor dem schiedsmann- dies zu
bedauern daß sie das gesagt ham↑ (Z. 238 – 241).

- die geringen Verfahrenskosten:


aber es ändert nichts daran daß sie hier also die
verfah"renskosten tragen müssen nich↑ ich will die
gerne ermäßigen↑ * die verfahrenskosten vom
schiedsmann betragen vierzig mark↑ ** ich will das
gerne auf zwanzig mark ermä"ßigen weil sie mittellos
sind↑ äh aber die äh- * diese maßgabe muß ich (Z. 223 -
228)

ich würd ihnen empfehlen- * damit sie ein für allemal


auch- * in dieser sache ruhe haben- * daß sie sich
diesen betrach- * der ja sehr gering ist-(Z. 287 – 290).

- die Vorteile eines wiederhergestellten Friedens zwischen den


beiden Parteien:
aber es wäre besser wenn sie sich gegenseitig die hand
gäben- * und sagen würden- * laß uns wieder vertragen-
* denn dann wäre auch wirklich der seelenfrieden bei
beiden wieder hergestellt↓ * das ist meine
empfehlung(Z. 498 – 503).

5. Die Analyse der Formulierungsverfahren

Der Schlichter verwendet rhetorische Mittel, die sich vor allem in


ritualisierten Formeln, fachsprachlichen Ausdrücken und
Sprichwörtern zeigen. Er agiert und spricht weniger als
Individuum, denn als Träger einer offiziellen Rolle.

78
- Ritualisierte Formel
Zu den ritualisierten Formeln gehören vor allem Aktivitäten
während der Eröffnung und Schließung der Verhandlung.
Eröffnungsformeln markieren als performative Äußerungen
explizit (ich eröffne, ich schließe) die neue Situation. Die
verwendeten Eröffnungs- und Schließungsformeln sind im
wesentlichen von der Institution Gericht übernommen.

Eröffnung der Verhandlung:


ich eröffne hiermit- * die verhandlung- * vor dem
schiedsmann →in sachen←(Z. 393-394)

Schließung der Verhandlung:


<damit schließe ich die heutige verhandlung vor dem
schiedsmann-> * und- * die sache ist damit erledigt↓
(Z. 621-624)

Das Verhandlungsende wird zusätzlich zur Regelung der


Zahlungsmodalitäten durch den Schlichter explizit markiert:
<damit schließe ich die heutige verhandlung vor dem
schiedsmann-> * und- * die sache ist damit erledigt↓
>gut< * und sie" überweisen mir die kosten sobald sie
irgendwann- * wie gesagt meine empfehlung- * borgen
sie sich doch=s geld und zahlen sie dort in zwei raten
zurück ja es ist ja unter fünfzig mark- * und die
würde man wohl- * zusammenbekommen↓ (Z. 621 – 627).

- Fachsprachliche Ausdrücke
Der Schlichter verwendet Termini und Phrasen, die der juristischen
Fachsprache entlehnt sind:

79
dazu hab ich eben eine zeu"gin verhört↑ * die hat mir
also bestätigt- * unter hinweis auf die rechtlichen- *
gegebenheiten- * daß sie" also erzählt haben↑ * zu der
uta mangenevski- * und behauptet haben die kerstin
arnold hätte- * ihr- * kind mit dem kopfkissen
erstickt↓ (Z. 141 – 147).

und ich geh davon aus daß sie sich hier heute- * in
aller form vor gericht entschuldigen↑ * und daß wir
das aktenkundig fe"sthalten↓ darüber hinaus müßten sie
die verfah"renskosten tragen↓ (Z. 192 - 197).

Im folgenden schriftlich verfassten Protokoll, das in der


Verhandlung verlesen wird, dominiert die Amtssprache:

Erster Teil des Protokolls, das vom Schlichter verlesen wird:

protokoll nummer achtundzwanzig seite


siebenundfünfzig- * siebenundsechzig müllerberg elf
den dritten juni neunzehnhundertvierundachtzig
augarten acht achtzehn uhr nebenstelle des bezirksamts
neun↓ * antragsteller frau kerstin arnold wohnhaft
siebenundsechzig müllerberg eins blumental dreizehn a↓
* stellteam fünfzehnten april
neunzehnhundertvierundachtzig antrag auf durchführung
einer güteverhandlung wegen übler nachrede↓ **
antragsgegnerin frau angela mied- * hausfrau- *
wohnhaft siebenundsechzig müllerberg siebzehn am
waldrand zwanzig↓ (Z. 567 - 579).

Der Schlichter ergänzt das Protokoll mit der Angabe des Berufs der
Antragstellerin:
was darf ich bei ih"nen als beruf eintragen↑ ** den
hatten sie mir noch nicht angegeben- * schreiben wir
auch hausfrau ja↑ * gut↓ (Z. 579 - 785).

80
Der Schlichter verliest das Protokoll weiter bis zum Ende:
verhandlungsverlauf es erschienen erstens die
antragstellerin- * zweitens die antragsgechnerin↓ *
antragstellerin wies sich durch personalausweis die
antragsgechnerin durch polnischen paß aus↓ * zwischen
den parteien wird folgender vergleich geschlossen↓ *
erstens- * die antragsgechnerin bedauert- * gegenüber
dritten- * geäußert zu haben- * frau arnold habe in
trunkenheit ihr kind mit dem kopfkissen erstickt- *
und das kind sei dadurch gestorben↓ * zweitens- * die
antragsgechnerin entschu"ldigt sich bei der
antragstellerin für ihr verhalten↓ * drittens- * die
antragstellerin nimmt die entschuldigung an↓ *
viertens- * die parteien wollen versuchen- * künftig
wieder miteinander auszukommen- * fünftens- * die
kosten des verfahrens vor dem schiedsmann übernimmt
die antragsgechnerin↓ (Z. 587 - 604).

- Sprichwörter/Redewendungen
Die sprachlichen und argumentativen Verfahren des Schlichters
kommen in der Auseinandersetzung mit der Antragsgegnerinvor,
die als Normverletzter oder Gesetzesbrecher erscheint.
dann sind sie mit nem blauen auge nochmal
davo"ngekommen- (Z. 232 - 243).

da kommen sie hier vorm schiedsmann noch mal mit dem


blauen auge davon-(Z. 249 - 250).

dann haben wir die sache schon unter dach und fach↓ (Z.
264)

IV. Zur Streitbeilegung über das Internet17

17
Diese Darstellung beruht auf Schüttel (2014)

81
Unter dem Titel “Streitbeilegung im Internet – Zukunft oder
Irrweg?” analysiert Nadine Schüttel (2014) die Theorie und Praxis
der ODR „Online Dispute Resolution“ und zeigt auf, welche
Änderungen notwendig sind, um die Streitbeilegung im Internet
durchzusetzen.
Angesichts der Entwicklung der modernen Informations- und
Kommunikationstechnologie sieht die Autorin die Notwendigkeit,
diese Technologie auch im Bereich der Streitbeilegung zu nutzen:
„Können oder müssten in einer Informationsgesellschaft diese IuK-
Technologien [Informations- und Kommunikationstechnologien]
nicht auch für den Bereich der Streitentscheidung und –beilegung
nutzbar gemacht werden? Es stellt sich daher die Frage, in
welchem Maß dieser Bereich in der Praxis schon von IuK-
Technologien unterstützt wird und welche zukünftigen
Einsatzmöglichkeiten noch bevorstehen“ (Schüttel, 2014, 195).
Angesichts der unterschiedlichen Schlichtungseinrichtungen und
der großen Zahl der Angebote gibt es „Versuche, über Online-
Portale die Vielzahl der Angebote an Schlichtungsstellen zu
bündeln und dadurch eine bessere Übersichtlichkeit herzustellen
(…) Aufgeteilt nach Konfliktsituation in Wirtschaft, Verbraucher,
Familie, Schulen, Privatpersonen werden jeweils verschiedene
Schlichtungsangebote genannt“ (Schüttel, 2014, 327).

1. Die Streitbeilegung über das Internet am Beispiel des E-


Commerce

82
Die Streitbeilegung über das Internet, d.h. die „Online Dispute
Resolution“ (ODR), wird am Beispiel des E-Commerce
dargestellt.18 Den E-Commerce sieht die Autorin als einen
besonders attraktiven Bereich für alternative Streitbeilegungen im
Internet.
Da der E-Commerce selbst auf elektronischem Weg bereitgestellt
wird, sollten diese Technologien auch zur Lösung von
Streitigkeiten aus diesem Bereich eingesetzt werden. Angebote für
Online-Streitbeilegungsverfahren werden vorgeschlagen, da durch
sie viele praktischen Erschwernisse entfallen würden. Einige ODR-
Angebote in Deutschland und außerhalb von Deutschland,
beispielsweise in Frankreich, werden dargestellt. Einige davon sind
erfolgreich, andere scheitern. Als Hauptgrund für das Scheitern der
Angebote sieht Schüttel (2014) in erster Linie die fehlenden
finanziellen Mittel.

2. Die Vor- und Nachteile des E-Commerce für die Online-


Käufer

Der E-Commerce, der sich seit der Öffnung des Internets für die
Wirtschaft im Jahr 1995 etabliert hat, gilt als ein besonders
attraktiver Bereich für die alternative Streitbeilegung im Internet.
Für die Unternehmer ist dieses Geschäftsfeld von wachsender
Bedeutung, aber auch für die Verbraucher, die die Vorteile dieser
modernen Einkaufsmöglichkeit schätzen: niedrige Preise, die
Möglichkeit, vor Ort nicht verfügbare Produkte zu kaufen, größere
Auswahl, Zeitersparnis. Es gibt jedoch typische Probleme beim
Online-Kauf: Bedenken, bestellte Ware nicht zu erhalten, sowie
Befürchtungen, diese Waren nicht zurückgeben oder reklamieren
zu können. Auf der Ebene des EU Online-Handels sind drei
Problemfelder am häufigsten zu nennen: Probleme bei der

18
„Die Streitbeilegung über das Internet, die sogenannte Online Dispute Resolution (ODR), bestimmt
derzeit die akademische Debatte im Bereich der außergerichtlichen Streitbeilegung.“ Im Internet
unter: http://odr-info.de/?p=334

83
Lieferung, Probleme bei der gelieferten Ware/Dienstleistung und
Probleme bei den Vertragsklauseln.

3. Die Initiative der UNCITRAL auf internationaler Ebene

Auf internationaler Ebene soll die Initiative der UNCITRAL als


einzige internationale Initiative zur Online-Streitbeilegung
dargestellt werden. Der Entwurf der ODR-Regeln („the Rules“)
basiert auf bestimmten Verfahrensvorstellungen: Nach einer
Verhandlungsphase (negociation phase) schließt sich die Phase der
unterstützten Einigung an (phase of facilitated settlement). Bleibt
diese Phase ergebnislos, erlässt der Neutrale (neutral) eine
abschließende und verbindliche Entscheidung.

4. Die Notwendigkeit außergerichtlicher


Streitbeilegungsverfahren

Während großen Unternehmen mit Rechtsabteilungen und Beratern


die verschiedenen Möglichkeiten bekannt sind und sie die Vor- und
Nachteile einzuschätzen wissen, sind den Verbrauchern
vieleAngebote und Möglichkeiten der Streitbeilegungoft
unbekannt. Der bekannteste Weg ist derzeit immer noch der Weg
zum Gericht, einer Gerichtsentscheidung wird das meiste Vertrauen
beigemessen. Die Entscheidung der Streitigkeiten durch Gerichte
funktionierte so zufriedenstellend, dass lange keine Notwendigkeit
bestand, Alternativen in Betracht zu ziehen.

Der Zustand befindet sich jedoch im Wandel. Zum einen sind die
Gerichte chronisch überlastet; Personalmangel führt zu überlangen
Gerichtsverfahren. Zum anderen ist in jedem Fall im Bereich des
E-Commerce der Kontakt zu ausländischen Händlern ungleich
schneller und einfacher herzustellen als zu früheren Zeiten. Der
einzelne Verbraucher ist mit einem Mausklick in der Lage, in
einem anderen Staat Ware zu kaufen und so mit anderen

84
Rechtsordnungen in Berührung zu kommen. Solch
grenzüberschreitende Verträge im Streitfall vor Gericht zu tragen,
birgt jedenfalls ein hohes Kostenrisiko (z.B. durch Fragen zum
anwendbaren Recht, ggf. die Notwendigkeit eines Dolmetschers
etc.).

5. Die Online-Systeme

In Deutschland wurden bereits seit dem Jahr 1999 mehrere Anläufe


unternommen, ODR-Verfahren zu etablieren – ein Großteil ist
bisher gescheitert und musste die Angebote wiedereinstellen. Im
Folgenden werden einige Angebote dargestellt:

5.1. Das Angebot der Online-Mediation

Auf die Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen


(…) war das Angebot der Online-Mediation ausgerichtet und sollte
insbesondere bei Streitigkeiten rund um den E-Commerce, bei
Versicherungsfällen sowie bei Pauschalreisen zum Einsatz
kommen.

5.2. Das Angebot „Ombudsmann.de“

Ombudsmann.de war eine neutrale und unabhängige


Schlichtungsstelle für Streitigkeiten bei Internet-Käufen. Es wurde
ein System mit Online-Akten entwickelt, das für den jeweiligen
Verbraucher, das Unternehmen und den Schlichter einsehbar war.
Zunächst arbeiteten drei Ombudsmänner/Schlichter für das Projekt,
die durch einen vierten (in Zeiten hohen Andrangs) ergänzt werden
konnte. In Fällen von Nicht-Kooperation durch die Unternehmen
wurden diese in eine sog. „Negativliste“ aufgenommen, die für
jedermann einsichtbar auf der Website geführt wurde.

85
Das Verfahren bei Ombudsmann.de bestand aus zwei Stufen: dem
Einigungsverfahren und dem Schlichtungsverfahren. Die
Kommunikation erfolgte ausschließlich per E-Mail (nicht per
Telefon etc.). Ein Jurist von Ombudsmann.de überprüfte die E-
Mails und nahm eine erste juristische Einschätzung vor. Sprach die
Rechtslage gegen den Verbraucher, wurde das Verfahren
eingestellt und der Verbraucher entsprechend informiert.
Anderenfalls wurde der Inhalt der Mail versachlicht (Darstellung
der Sachlage, eventuelle Beschimpfungen herausgenommen) und
das betroffene Unternehmen kontaktiert. Dies ersparte dem
Verbraucher eine anwaltliche Vertretung. Es wurde festgestellt,
dass viele Verbraucher es als problematisch ansahen, die Sachlage
zu schildern. Ombudsmann.de reagierte mit einem vereinfachten
Fragenkatalog auf der Website.
Im Einigungsverfahren wurde versucht, den Sachverhalt zu klären
und eine gütliche Einigung herbeizuführen. War dies nicht
erfolgreich, konnte – bei Zustimmung der Parteien – ein
Schlichtungsverfahren durchgeführt werden, das durch einen
Vergleichsvorschlag oder einen Schlichtungsspruch beendet
werden konnte. Dem Einigungsverfahren ist ein hoher
Beratungsfaktor zugekommen, der in vielen Fällen zur Beendigung
des Streits beigetragen habe.
Das Angebot Ombudsmann.de ist gescheitert. An seinem Beispiel
zeigt sich, dass die Projekte nicht an fehlenden oder
entgegenstehenden rechtlichen Vorschriften scheitern, sondern
vielmehr an fehlender Finanzierung.

5.3. Das Angebot „Trusted Shops“

86
Trusted Shops ist nach eigenen Angaben das „führende System für
den sicheren Einkauf in Europa“. Ziel ist es, das Vertrauen der
Verbraucher sowie der Unternehmen in den E-Commerce zu
erhöhen und Rechtssicherheit zu schaffen. Durch die Geld-zurück-
Garantie besteht für die Verbraucher – im Garantiefall – kein
Risiko mehr.

Im Problemfall hat der Verkäufer während der Garantiezeit


zunächst die Möglichkeit, das Problem selbst zu lösen. Gelingt dies
nicht, kann sich der Käufer über das Online-System, per E-Mail
oder Telefon an das erfahrene und mehrsprachige Servicezentrum
von Trusted Shops wenden. Das Servicezentrum übernimmt sodann
die Kommunikation mit dem Händler und vermittelt zwischen den
Betroffenen. Trusted Shops bietet somit ein internes
Schlichtungsverfahren an.

5.4. Das Angebot „Online-Schlichter“

Der Online-Schlichter ist 2009 in Baden-Württemberg gestartet. Er


soll langfristig als bundesweite Online-Schlichtungsstelle für
Geschäfte im Internet etabliert werden. Der Online-Schlichter
wurde von der EU-Kommission notifiziert.

Gemäß der Schlichtungsordnung ist die neutrale und unabhängige


Schlichtungsstelle zuständig für zivilrechtliche Streitigkeiten
zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die über das Internet
einen Vertrag geschlossen haben. Ziel der Schlichtungsstelle ist es,
Verbrauchern eine effiziente, kostengünstige und schnelle
Beilegung ihrer zivilrechtlichen Streitigkeiten zu ermöglichen, die
im elektronischen Geschäftsverkehr mit einem Unternehmer
entstanden sind. Die Schlichtungsstelle arbeitet hierfür auf die
Herbeiführung einer außergerichtlichen, gütlichen Einigung
zwischen den Parteien hin. Das Verfahren ist freiwillig und kann

87
jederzeit von den Parteien beendet werden. Das
Schlichtungsverfahren ist für die Verfahrensbeteiligten kostenlos,
sie haben lediglich ihre eigenen Aufwendungen zu tragen.
Das Verfahren des Online-Schlichters sieht wie folgt aus: Die
gesamte Kommunikation zwischen der Schlichtungsstelle und den
Verfahrensbeteiligten soll ausschließlich über das Internet erfolgen;
nur ausnahmsweise können auch Briefe, Faxe oder das Telefon
eingesetzt werden. Nach einem erfolglosen Versuch des
Verbrauchers, mit dem Unternehmer eine einvernehmliche Lösung
zu erzielen, kann der Verbraucher über ein Online-Formular den
Antrag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens stellen.
Nach kürzerer Prüfung des Antrags auf Zuständigkeit und
Erfolgsaussichten leitet der Schlichter den Antrag an den
Antragsgegners weiter. Hierbei schildert er bereits den durch den
Antragssteller vorgebrachten Sachverhalt und nimmt eine objektive
Einschätzung nach der bestehenden Rechtslage vor.
Der Antragsgegner erhält Gelegenheit zur Stellungnahme. Lässt er
sich auf das Schlichtungsverfahren ein, wird es fortgeführt.
Der Schlichter kann den Ablauf nach freiem Ermessen unter
Beachtung der Grundsätze der Unparteilichkeit und Billigkeit und
Berücksichtigung der Wünsche der Parteien festlegen. Innerhalb
von drei Monaten hat der Schlichter nach Anhörung der Parteien
einen begründeten Schlichtungsvorschlag auf Grundlage des
geltenden Rechts zu unterbreiten. Der Vorschlag ist für die Parteien
nicht verbindlich.
Nehmen die Parteien den Schlichtungsvorschlag an, entsteht eine
vertragliche Bindung, nicht jedoch ein vollstreckbarer Titel.
Anderenfalls erklärt der Schlichter das Schlichtungsverfahren für
gescheitert. Das Angebot „Der Online-Schlichter“ läuft bislang
erfolgreich. Dies ist jedoch auf die Finanzierung durch die
öffentlichen Stellen zurückzuführen, die ein kostenloses Verfahren
für die Verfahrensbeteiligten (insbesondere die Verbraucher)
ermöglicht.

88
6. Die Förderung der Bekanntheit der Verfahren

Schüttel (2014) ist der Meinung, dass es eine zentrale Plattform


gebensollte, die möglichst viele Informationen für den Verbraucher
bündelt und die Vermittlung zu einer Stelle der alternativen
Streitbeilegung vornimmt. Zur Förderung der Bekanntheit der
alternativen Streitbeilegung sollten alle möglichen
Kommunikationswege genutzt werden. Medien, aber auch
Unternehmen und ebenso Handelskammern sollten Informationen
anbieten.

7. Ausblick

Hat sich die Online-Streitbeilegung auf dem Gebiet des E-


Commerce etabliert, kann daran gedacht werden, diese auch für
andere Bereiche nutzbar zu machen. Zu denken wäre an weitere
vorstellbare Streitfälle im Internet, wie z.B.
Persönlichkeitsrechtsverletzungen (generell oder insbesondere in
sozialen Netzwerken, Blogs, Bewertungsplattform etc.) und
Urheberrechtsverletzungen (Musik, Fotos, Videos, Texte). Diese
Streitfälle benötigen ebenfalls eine schnelle und effektive
Konfliktlösungsmöglichkeit, für die sich die Online-Streitbeilegung
anbieten würde(vgl. Schüttel, 2014).

Schluss

89
Bei der Behandlung der Schlichtung allgemein ergibt sich, dass die
Schlichtung keine Erfindung der Neuzeit ist. Schon in der
chinesischen Antike betonte Konfuzius den Wert dieser Form der
Vermittlung zwischen den Konfliktparteien.

Die Behandlung der Schlichtung in Deutschland hat zu einer Fülle


von Informationen geführt, vor allem aufgrund der Verteilung der
Schlichtungseinrichtungen auf 16 Bundesländer, in denen
unterschiedliche Schlichtungseinrichtungen zu finden sind. Gemäß
dem Prinzip des Föderalismus besteht in Deutschland keine
zentrale, einheitliche Schlichtungsinstitution, die für das ganze
Land gültig wäre. Aus der Beobachtung der zwei Typen der
Schlichtungseinrichtungen a) der Institution des Schiedsmanns und
b) der kommunalen Vergleichsbehörde lassen sich folgende
Ergebnisse gewinnen: Die Geschichte, die Organisationsstruktur
und die Zuständigkeit dieser Institutionen weisen bestimmte
Unterschiede auf. Der Ablauf des Schiedsverfahrens sowie die
Verfahrensregelungen der Schlichtungsverhandlung zeigen aber
keine großen Unterschiede.

In dieser Arbeit wird die Schlichtung nicht aus den


unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven wie
beispielsweise der Rechtstheorie, der Soziologie oder der
Sozialpsychologie, sondern als kommunikativer Prozess zur
Bewältigung von Streit untersucht.

Schlichtungsgespräche sind im institutionellen Rahmen der


Schlichtungseinrichtungen eingebettet, in denen sich ein Dritter
bemüht, den Streit zwischen zwei Konfliktparteien mit diesen

90
zusammen zu regeln. Die Teilnehmer, die unterschiedliche Rollen
haben, werden in den institutionellen Kontexten als
„Antragssteller“, „Antragsgegner“ und „Schlichter“
gekennzeichnet. Die Analyse hat gezeigt, wie solche Gespräche
verlaufen und wie sie funktionieren.

Zu den allgemeinen theoretischen Voraussetzungen dieser


empirischen Untersuchung gehört vor allem, dass sie auf
Schlichtungsgesprächen basiert, die in „natürlichen“ Situationen
ablaufen. Der allgemeine theoretische Rahmen der Analyse von
Schlichtungsgesprächen ist die Konversationsanalyse.

Bei der Analyse geht man davon aus, dass dem kommunikativen
Geschehen in Schlichtungsgesprächen ein ‚Handlungsschema
Schlichten‘ zugrunde liegt. Empirisch lassen sich zwei
Aktivitätskomplexe identifizieren, über die dann ein
Handlungsschema ‚Schlichten‘ bestimmt werden kann: ein
Komplex ‚Rekonstruktion des Konflikts‘ und ein Komplex
‚Regelung des Konflikts‘. Das Schlichtungsgeschehen wird
insgesamt durch Rahmungsaktivitäten aus dem Interaktionskontext
herausgelöst und markiert: ‚Herstellung der Schlichtungssituation‘
und ‚Auflösung der Schlichtungssituation‘.

Die exemplarische Analyse des Schlichtungsgesprächs


‚Kindsmord‘wird auf der Grundlage des vorgeschlagenen
‚Handlungsschemas Schlichten‘ durchgeführt. Die Analyse zeigt,
dass die Verhandlung in diesem Gespräch eine interessante
Variante des allgemeinen Handlungsschemas Schlichten aufweist.
In diesem Gespräch fängt der Schlichter mit der Rekonstruktion
des Konflikts an, d.h. vor der formellen Verhandlungseröffnung.
Zu dieser Etappe gehören die Befragung einer Zeugin und eine
Unterhaltung mit der Antragsgegnerin ohne die Antragstellerin.
Der Rekonstruktion des Konflikts folgt die Regelung des Konflikts.

91
Erst danach wird die eigentliche Verhandlung eröffnet. Die
Analyse des Gesprächs hat sich auf die Äußerungen des Schlichters
konzentriert, weil institutionelle Schlichtungen sehr stark durch die
kommunikative Arbeit des Schlichters strukturiert werden. Die
argumentativen und rhetorischen Mittel, die der Schlichter
verwendet, um eine Einigung zwischen den Parteien
herbeizuführen, werden belegt.

Als Ausblick auf die Zukunft wird, in Anlehnung an Schüttel


(2014), die Konfliktlösung über das Internet dargestellt. Am
Beispiel des E-Commerce, der selbst auf elektronischem Weg
bereitgestellt wird, schlägt die Autorin vor, diese Technologien zur
Lösung von Konflikten aus diesem Bereich einzusetzen. Die
Streitbeilegung im Internet wäre auch für Konfliktfälle aus anderen
Bereichen nutzbar wie beispielsweise Persönlichkeitsrechts- und
Urheberrechtsverletzungen. Die Analyse, die die Autorin liefert,
öffnet neue Perspektiven für die Zukunft.

Meiner Meinung nach sind die traditionellen


Schlichtungseinrichtungen von Bedeutung; sie tragen dazu bei, die
Überlastung der Gerichte zu erleichtern und den Bürgern
Konfliktlösungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Der Beitrag der Konfliktlösung über das Internet wäre auch nicht
zu vernachlässigen angesichts der Entwicklung der modernen
Informations-und Kommunikationstechnologie. Interessant wären
die Verhandlungen in diesem Zusammenhang zu analysieren und
neue Methoden zum Zweck solcher Analysen zu entwickeln.

Literaturverzeichnis

92
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Friedens- und Konfliktforschung: Konflikt, Gewalt, Krieg, Frieden.
In: Peter Imbusch / Ralf Zoll (Hg.): Friedens- und
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schlichten. Gesprächsanalytische Untersuchungen zu
institutionellen Formen konsensueller Konfliktregelung.
Schlichtung. Schriften des Instituts für deutsche Sprache, Bd. 5.1.
Berlin: de Gruyter.
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Formulierungsverfahren und Handlungsstruktur. Online publizierte
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mit einer exemplarischen Analyse. Schlichtung. Schriften des
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15. Schüttel, Nadine (2014): Streitbeilegung im Internet – Zukunft
oder Irrweg? In: Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 14.
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Handbuch zeitgenössischer Forschung / An International Handbook
of Contemporary Research. 2. Halbband. (Reihe: Handbücher zur
Sprach- und Kommunikationswissenschaft / Handbooks of
Linguistics and Communication Science (HSK) 16/2). Berlin: DE
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m

Über das Internet:

- Informationsportal
www.schlichten-in-berlin.de

- Bund Deutscher Schiedsmänner (BDS)


http://schiedsamt.de

- Korpus Schlichtungs- und Gerichtsverhandlungen (SG--)


http://agd.ids-mannheim.de

- DIDA-Transkriptionssystem
http://www.ids-mannheim.de/prag/dida/dida-trl.pdf

Anhänge

95
Anhang 1
Zusammenfassung auf arabisch

96
‫ملخص‬

‫الوساطة‬
‫عملية تواصل‬

‫يلخص هذا النص‪ ،‬عمل حبث يتناول الوساطة كعملية تواصلية‪.‬‬


‫عم! !!ل البحث ال! !!ذي اجنز وح! !!رر باللغ! !!ة االملاني! !!ة‪ ،‬ي! !!درس الوس! !!اطة‪ ،‬املؤسس! !!ات‬
‫االملاني ! !!ة املختص ! !!ة بالوس ! !!اطة‪ ،‬حمادث ! !!ات الوس ! !!اطة‪ ،‬التحلي ! !!ل النم ! !!وذجي حملادث ! !!ة‬
‫وساطة‪ ،‬مث حماوالت الوساطة عرب االنرتنت كمشروع مستقبلي‪.‬‬
‫ع !!رفت اإلنس !!انية ع !!رب خمتل !!ف الف !!رتات التارخيي !!ة ال !!يت م !!رت هبا وس !!ائل ع !!دة حلل‬
‫املش! !!اكل واألزم! !!ات بطريق! !!ة س! !!لمية م! !!ا جيع! !!ل الوس! !!اطة إخ! !!رتاع غ! !!ري ح! !!ديث‬
‫االكتشاف واالس!!تعمال ‪.‬فعال‪ ٬‬فق!!د اعتم!!د الص!!ينيون الق!!دامى على الوس!!اطة حلل‬
‫نزاع! ! ! ! ! ! !!ات عدي! ! ! ! ! ! !!دة بني أط! ! ! ! ! ! !!راف خمتلف! ! ! ! ! ! !!ة‪ ،‬مس! ! ! ! ! ! !!تندين يف ذل! ! ! ! ! ! !!ك على حكم‬
‫كونفوشيوس !!وتعليمه‪ .‬أم !!ا بالنس !!بة ألملاني !!ا‪ ،‬ف !!إن أول حماوالت وس !!اطة ترج !!ع إىل‬
‫بداي! !!ة الق ! !!رن التاس! !!ع عش! !!ر‪ ،‬إىل أن متت يف س! !!بعينيات الق ! !!رن الف ! !!ارط حماوالت‬
‫إنع!!اش و بعث ملؤسس!!ات الوس!!اطة التقليدي!!ة‪ ،‬و ق!د ك!!انت ه!!ذه احملاوالت تس!!عى‬
‫على مس!اعدة احملاكم من جهة‪ ٬‬بالتقلي!ل من ع!دد القض!ايا ال!يت تص!لها‪ ،‬و ه!دفت‬
‫من جهة أخرى إىل منح املواطنني فرصة حل مشاكلهم عن طريق التوافق‪.‬‬

‫‪97‬‬
‫إن دراس !!ة مؤسس !!ات الوس !!اطة يف أملاني !!ا س !!تتناول كيفي !!ة س !!ري ه !!ذه املؤسس !!ات‪،‬‬
‫تطوره! !!ا ع! !!رب الت! !!اريخ وطريق! !!ة تنظيمه! !!ا و هيكلته !!ا يف ج !!انب و اجلانب األخ! !!ر‬
‫املتعلق بكفاءة الوسيط‪ ،‬و بطريقة سياق مناقشات حمادثات الوساطة‪ .‬نظرا ملبدأ‬
‫الفدرايل يف دولة أملانية ‪ ،‬فإنه ال يوج!!د منوذج موح!!د ملؤسس!!ات الوس!!اطة مقب!!ول‬
‫يف ه! ! ! ! ! ! !!ذه الدول! ! ! ! ! ! !!ة و جند مؤسس! ! ! ! ! ! !!ات وس! ! ! ! ! ! !!اطة خمتلف! ! ! ! ! ! !!ة بك! ! ! ! ! ! !!ل مقاطع! ! ! ! ! ! !!ة (‬
‫‪ )Bundesländer‬ختضع كل واحدة منه!!ا لق!!وانني املقاطع!!ة ال!يت تنش!!ط فيه!ا‪.‬‬
‫من بني الستة عشر املقاطعات املوج!ودة يف أملاني!ا ف!إن اثن!يت عش!!ر مقاطع!!ة‪ ،‬ق!امت‬
‫بتأس!!يس جمالس وس!!اطة (‪)Schiedsstellen‬منظم!!ة حس!!ب قوانينه!!ا اخلاص!!ة‪،‬‬
‫أم ! !!ا املقاطع! ! !!ات األربع! ! !!ة الباقي! ! !!ة‪ ،‬فق! ! !!د نظمت عملي! ! !!ات الوس! ! !!اطة ك! ! !!اآليت‪ :‬يف‬
‫‪ Baden-Württemberg‬و يف ال ‪ :Bayern‬ف! ! !!إن الس! ! !!لطات البلدي! ! !!ة‬
‫هي اليت حتل حمل جمالس الوساطة و تعمل عملها ‪ ,‬يف ‪ : Bremen‬ف!!إن عملي!!ة‬
‫الوس! ! ! ! ! !!اطة‪ ،‬يق! ! ! ! ! !!وم هبا موظ! ! ! ! ! !!ف معني من ط! ! ! ! ! !!رف الس ! ! ! ! !!لطات القض! ! ! ! ! !!ائية و يف‬
‫‪ : Hamburg‬يق! !!وم موظ! !!ف متط! !!وع بتق! !!دمي نص !!ائح قانوني !!ة ل !!ذوي ال! !!دخل‬
‫احملدود بدون مقابل‪ .‬يتم اللج!وء اىل الوس!اطة يف العدي!د من اجملاالت ‪ :‬يف غ!!رف‬
‫التج!!ارة و القض!!ايا املتعلق!!ة ب!!األحوال الشخص!!ية و العالق!!ة الزوجي!!ة‪ ،‬يف املش!!اكل‬
‫العائلية و يف النقاشات املتعلقة بنزاعات حول أمثان الدفع و تسديد االموال‪.‬‬
‫مؤسسات الوساطة ال!يت تت!دخل يف ح!ل املش!اكل االجتماعي!ة هتدف إىل الوص!!ول‬
‫إىل حل! !!ول عن طري ! !!ق التواف ! !!ق بني أط ! !!راف ال ! !!نزاع وذل ! !!ك بتنظيم مناقش ! !!ات و‬
‫حمادث !!ات ش !!فوية تظم ك !!ل ه !!ذه األط !!راف‪ .‬باإلض !!افة إىل الوس !!يط ال !!ذي يت!!دخل‬
‫كمساعد حلل املشكلة‪ .‬حمادثات الوساطة تدخل ضمن النشاط املؤسسايت‪.‬‬
‫ق! ! ! ! !!ام معه! ! ! ! !!د )‪ Institut für Deutsche Sprache (IDS‬يف‬
‫‪Mannheim‬بدراس !!ة حمادث !!ات الوس !!اطة دراس !!ة ش !!املة ومتعمق !!ة ; ويف ه !!ذا‬
‫اإلط ! !!ار مت االعتم ! !!اد على املنهج التجري ! !!يب احملض يف إجناز الدراس ! !!ة اذ مت إعط ! !!اء‬
‫األولوي! !!ة لطريق! !!ة التحلي! !!ل يف تن! !!اول الوس! !!اطة كعملي! !!ة تواص! !!ل‪ ،‬ومت فص! !!له عن‬
‫جماالت البحث األخ! !!رى ك! !!احلقوق‪ ،‬علم االجتم! !!اع‪ ،‬علم االجتم! !!اع احلق! !!وقي‪،‬‬

‫‪98‬‬
‫علم النفس االجتم! ! !!اعي وغريه! ! !!ا من اجملاالت‪ ،‬وه! ! !!ذا املنهج العلمي هوال! ! !!ذي مت‬
‫تبني! ! !!ه يف ه! ! !!ذا البحث‪ .‬وعلي! ! !!ه ف! ! !!إن البحث العلمي تن! ! !!اول ألول م! ! !!رة الوس! ! !!اطة‬
‫كعملية تواصل يتم من خالهلا تدخل فرد ثالث بني الط!!رفني املتخاص!!مني هبدف‬
‫الوصول إىل حلول توافقية‪.‬‬
‫إن حتلي!!ل ودراس!!ة الوس!!اطة يتم انطالق!!ا من ذخ!!رية نص!!وص مش!!كلة من حمادث!!ات‬
‫وس! !!اطة متت يف مناس! !!بات "طبيعي ! !!ة"‪ .‬مت تش ! !!كيل ه! !!ذه ال ! !!ذخرية من ط! !!رف ال‬
‫‪ IDS‬وهي تتمث ! !!ل يف جمموع ! !!ة من التس ! !!جيالت الس ! !!معية والبص ! !!رية لعملي ! !!ات‬
‫وس! ! !!اطة متت يف إط! ! !!ار مؤسس! ! !!ايت مت بع! ! !!دها حتويله! ! !!ا إىل نس! ! !!خ مكتوب! ! !!ة هلدف‬
‫دراستها‪.‬‬
‫القاعدة النظرية واملنهجية العامة للبحث التجري!!يب املتعل!ق مبحادث!ات الوس!اطة هي‬
‫حتلي!ل ألتح!ادثي‪ ،‬موض!وع التحلي!ل التح!ادثي تن!اول يف البداي!ة حمادث!ات من احلي!اة‬
‫اليومي! !!ة‪ ،‬مث مت توس! !!يع نط! !!اق عملي! !!ات التحلي! !!ل إىل حمادث! !!ات منظم! !!ة يف االط! !!ار‬
‫املؤسسايت‪.‬‬
‫يلعب االف!!راد املش!!اركون يف احملادث!!ة دورا خمتلف!!ا مت حص!!ره يف اإلط!!ار املؤسس!!ايت‬
‫يف دور املش! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! !!تكي ‪ ,Antragssteller‬دور املتهم ‪ Antragsgegner‬و‬
‫دور الوس !!يط‪ . Schlichter‬املش !!تكي ه !!و الط !!رف ال !!ذي يب !!ادر إج !!راء عملي !!ة‬
‫الوس!!اطة عن طري!!ق طلب ي!!بني في!!ه رغبت!!ه يف احلص!!ول على مقاب!!ل أو إص!!الح ملا‬
‫تع!!رض ل!!ه من خس!!ارة‪ .‬املتهم جيد نفس!!ه يف موق!!ع رد فع!!ل ض!!د طلب املش!!تكي‪.‬‬
‫الوس!!يط ه!!و املس!!ؤول يف قي!ادة احملادث!ة بني األط!!راف املتنازع!ة‪ ،‬حبيث يب!!دأ احملادث!ة‬
‫من جهة ‪،‬ومن جهة أخرى مين!ع ح!دوث أي تص!عيد‪ ،‬ه!ذا م!ع حماول!ة الت!أثري على‬
‫الط !!رفني ل !!دفعهما حنو حل !!ول س !!لمية و توافقي !!ة‪ .‬تتم عملي !!ة الوس !!اطة يف مكتب‬
‫الوسيط الذي يقدم خدمتها تطوعيا‪.‬‬
‫مت اس ! !!تخراج حمادث ! !!ة الوس ! !!اطة املدروس ! !!ة "‪ "Kindsmord‬و املعاجلة يف ه ! !!ذا‬
‫البحث من ذخرية النصوص اخلاصة بال‪ IDS‬التحليل النموذجي املق!!دم يف ه!!ذا‬

‫‪99‬‬
‫العم!!ل يرك!!ز اهتمام!!ا خاص!!ا لتحلي!!ل تعب!!ريات الوس!!يط الن مب!!دأ عم!!ل الوس!!اطة‬
‫املؤسس !!اتية يرتك !!ز أساس !!ا على العم !!ل التواص !!لي و الكالمي للوس !!يط‪ ،‬وخاص !!ة‬
‫وس! !!ائل اإلقن! !!اع و البالغ! !!ة ال! !!يت يس! !!تعملها يف س! !!بيل الوص! !!ول إىل ح! !!ل يرض! !!ي‬
‫الطرفني‪.‬‬
‫الفصل األخري يتناول الوس!!اطة ع!!رب االن!رتنيت كمش!!روع مس!!تقبلي ميكن تنظيم!!ه‬
‫وتطبيق!!ه على أرض الواق!!ع متام!!ا مث!!ل التج!!ارة ع!!رب اإلن!!رتنت‪ .‬فيم!!ا أن املب!!ادالت‬
‫التجارية عرب االنرتنيت ع!رفت ه!!ذا االنتش!ار الواس!ع‪،‬ملاذا ال نعم!ل بنفس الطريق!ة‬
‫على إجياد ونش!!ر وس!!ائل ح!!ل للنزاع!!ات التجاري!!ة ع!!رب االن!!رتنيت أيض!!ا أو غريه!!ا‬
‫من وسائل االتصال‪ .‬ميكن أيضا استعمال الوساطة عرب االن!!رتنيت لبعض ح!!االت‬
‫الص! !!راع متعلق! !!ة مبج! !!االت أخ! !!رى كالتع! !!دي على حق! !!وق النش! !!ر أو غريه! !!ا من‬
‫اجملاالت‪.‬‬

‫‪100‬‬
Anhang 2

Zusammenfassung auf französisch

Résumé

101
La médiation
Un processus communicatif

Dans ce résumé est présenté le travail de recherche ayant pour


thème la médiation en tant que processus communicatif.

Ce travail, effectué en langue allemande, porte sur l’étude de la


médiation, les institutions allemandes de la médiation, les
conversations de médiation, l’analyse exemplaire d’une
conversation de médiation ainsi que sur les tentatives de médiation
par internet, comme perspectives d’avenir.

Au cours des différentes étapes de son histoire l’humanité a connu


diverses formes de résolution pacifique des conflits, la médiation
n’étant pas une invention des temps présents. Dès l’antiquité
chinoise, se basant sur l’enseignement de Confucius, la médiation
entre les parties en conflit était déjà une forme de résolution des
différends. En Allemagne les premières initiatives dans le domaine
de la médiation remontent au début du 19ème siècle. Et c’est dans
les années70 du 20ème siècle que des tentatives de réanimation des
institutions de médiation traditionnelles furent entreprises,
motivées par le besoin d’alléger les charges des tribunaux d’une
part et de mettre à la disposition des citoyens la possibilité de régler
leur conflit par consensus, d’autre part.

L’étude des institutions de la médiation en Allemagne porte sur


leur mode de fonctionnement, sur leur développement historique
ainsi que sur la structure de leur organisation, ceci d’une part, sur la
compétence du médiateur et sur les procédés du déroulement des
négociations de médiation, d’autre part. Vu le principe fédéral de
l’état allemand, il n’existe pas dans ce pays un type centralisé,
unifié de l’institution de la médiation, valable pour toute
l’Allemagne. On y trouve différentes institutions de la médiation

102
qui fonctionnent selon les lois de chacun des seize états fédérés («
Bundesländer »). Douze d’entre eux ont mis en place des conseils
de médiation («Schiedsstellen») selon leurs lois respectives.
Concernant les quatre autres, les institutions de médiation se
caractérisent comme suit: en Baden-Württemberg et en Bayern ce
sont les autorités communales qui assurent la fonction des conseils
de médiation. A Bremen un auxiliaire de justice. A Hamburg un
office assure bénévolement des conseils juridiques aux personnes à
faibles revenus. La médiation a cours dans différents domaines tels
que les chambres de commerce, les settings thérapeutiques de
couples et de familles, dans le cadre d’interactions familiales et
dans des négociations dans les conflits de tarifs.

Les institutions de la médiation, qui servent à régler les conflits


sociaux, ont comme objectif d’obtenir un accord par consensus, par
la voie de négociations orales entre les parties en conflit, avec
l’aide d’une tierce personne, le médiateur. Les conversations de
médiation sont intégrées dans les cadres institutionnels que sont les
conseils de médiation («Schiedsstellen»).

Un projet de l’Institut für Deutsche Sprache (IDS) à Mannheim, a


traité de manière approfondie les conversations de médiation. Dans
ce contexte l’approche scientifique de la recherche empirique est
clairement précisée. Elle privilégie l’approche de l’analyse de la
médiation en tant que processus communicatif et la délimite des
autres domaines de recherche tels que la théorie du droit, la
sociologie, la sociologie du droit, la psychologie sociale, entre
autres. C’est cette approche qui fut retenue pour ce travail. C’est
donc pour la première fois que la recherche scientifique a traité la
médiation en tant que processus communicatif dans lequel une
tierce personne intervient dans un conflit entre deux parties dans le
but de les amener à un accord amical.

103
L’analyse de la médiation se fait sur la base d’un corpus, constitué
par des conversations de médiation se déroulant dans des situations
« naturelles ». Ce corpus fut constitué par l’IDS et se compose
d’enregistrements audio et vidéo des médiations se déroulant dans
les cadres institutionnels, transcrits par la suite pour les besoins de
l’analyse.

La base théorique et méthodologique générale de la recherche


empirique portant sur les conversations de la médiation est
l’analyse conversationnelle. L’objet de celle-ci fut à l’origine la
conversation quotidienne. Elle fut par la suite élargie aux
conversations intégrées dans des cadres institutionnels.

Les participants à la conversation, qui ont des rôles différents, sont


caractérisés dans le contexte institutionnel comme plaignant
(„Antragssteller“), accusé („Antragsgegner“) et médiateur
(„Schlichter“). Le plaignant („Antragssteller“) est l’initiateur de la
procédure de médiation. Avec sa demande il montre qu’il réclame
satisfaction du dommage encouru. L’accusé („Antragsgegner“) se
voit poussé à une position réactive par la demande du plaignant. Le
médiateur („Schlichter“) a en charge de mener la conversation
entre les parties en conflit dans la mesure où il met en marche la
conversation d’une part et d’autre part empêche l’escalade du
conflit et globalement influence les deux parties afin qu’elles
règlent leurs différends à l’amiable. La médiation se déroule dans
le bureau du médiateur qui fait ce travail bénévolement.

La conversation de médiation ‘Kindsmord’, analysée dans ce


travail, provient du corpus « Schlichtung » de L’IDS. L’analyse
exemplaire de cette conversation se concentre plus particulièrement
sur l’analyse des énonciations du médiateur car les médiations
institutionnelles sont très fortement structurées par le travail verbal
et communicatif du médiateur, plus particulièrement sur les
moyens argumentatifs et rhétoriques qu’il emploie, pour amener les
parties en conflits à un règlement consensuel.

104
Enfin est esquissée la question de la médiation par internet comme
perspective d’avenir, à l’exemple du E-commerce. Vu que ce
dernier s’impose de plus en plus, pourquoi le règlement de conflits
en relation avec cette activité ne se règleraient pas aussi par le
moyen des technologies de l’information et de la communication.
La médiation par internet pourrait être aussi utilisée, pensent
certains auteurs, pour des cas de conflits dans d’autres domaines
tels que les violations des droits d’auteur, par exemple.

105

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