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Heinz Rüfenacht

Urs Saxer
Thomas Tobler

Brennpunkt
Wirtschaft und
Gesellschaft
© 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
© 2017 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand KBS Solothurn J.Mann BM1_WI15A 2017
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Persönliches Exemplar von Heinz Ruefenacht

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Dr. Urs Saxer ist Wirtschaftslehrer an der Kantonsschule Schaffhausen
und Brückendozent am Institut für Wirtschaftspädagogik (IWP) der Universität St. Gallen.
Thomas Tobler, mag. oec., ist Wirtschaftslehrer und Rektor an der Kantonsschule Stadelhofen.
Heinz Rüfenacht, lic. oec., war bis 2014 Wirtschaftslehrer am Bildungszentrum Wirtschaft
in Weinfelden.

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Kapitel aus Band-1: 4. Auflage 2019– ISBN 978-3-286-34804-2

Kapitel aus Band-2: 3. Auflage 2019 – ISBN 978-3-286-34823-3

© Verlag SKV AG, Zürich


www.verlagskv.ch

Alle Rechte vorbehalten.


Ohne Genehmigung des Verlages
ist es nicht gestattet,
das Buch oder Teile daraus
in irgendeiner Form zu reproduzieren.

Lektorat: Yvonne Vafi-Obrist


Illustrationen: IvoGraphics GmbH
Umschlag: Brandl & Schärer AG

Haben Sie Fragen, Anregungen oder Rückmeldungen?


Wir nehmen diese gerne per E-Mail an feedback@verlagskv.ch entgegen.
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Vorwort

Die drei Bände «Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft» sind auf die Leistungsziele des Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Themen aus Staat und Wirtschaft und ins-
Unterrichtsbereichs «Wirtschaft und Gesellschaft» ausgerichtet. Danach sollen Kaufleute in besondere auch die Wechselwirkungen zwischen den Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft
den Bereichen Betriebs- und Rechtskunde befähigt werden, Probleme zu erkennen und in werden anhand des auf der Ordnerinnenseite abgebildeten «Gesamtmodells» transparent
ihrem Gestaltungsbereich Lösungen vorzuschlagen, umzusetzen oder zu beurteilen. Sie sol- gemacht. Dieses Modell kann bei Bedarf immer wieder zur Veranschaulichung von Zusam-
len auch die wesentlichen Zusammenhänge in der Gesamtwirtschaft erklären können und menhängen herangezogen werden.
sich ihrer Verantwortung und Möglichkeiten als Wirtschafts- und Gesellschaftsbürger be-
wusst werden. Bemerkungen zum Aufbau und Gebrauch des Lehrmittels
Mit Ausnahme des Bereichs «Rechnungswesen» (finanzwirtschaftliche Zusammenhänge) Der Ordner ist im Querformat gestaltet. Dadurch können Sie Notizen direkt beim entspre-
werden alle Inhalte des Unterrichtsbereichs «Wirtschaft und Gesellschaft» durch dieses Lehr- chenden Text auf der freien unteren Seite eintragen. Sie benötigen deshalb kein zusätzliches
mittel abgedeckt. Heft. Der Ordner hilft auch, zusätzliches im Unterricht verteiltes und behandeltes Material
am richtigen Ort abzulegen.

Theorie Übungen

Im blau markierten Theorieteil werden Wissensgrundlagen, Begriffe und Zusammen- Mit den grün markierten Übungen können Sie die neuen Wissensstrukturen und
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hänge verständlich erklärt. Dabei helfen vielePersönliches
grafischeExemplar
Darstellungen und
von Arantxa Strukturen,
Gándara Espasandín, 3018 Bern Begriffe anhand von eindeutigen Fragestellungen vertiefen und einüben. Alle Übungen
die komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen. Als Abschluss jedes Kapitels sind können direkt im Ordner gelöst werden. Wird eine Frage nicht oder falsch beantwor-
Lernziele und Begriffe aufgeführt. Damit können Sie insbesondere vor Prüfungen das tet, weist dies auf Wissenslücken hin, die Sie mithilfe der Theorie schliessen können.
eigene Wissen kontrollieren.

Aufgaben

Die rot gekennzeichneten Aufgaben dienen als Einführungsbeispiele oder Anwendungs-


möglichkeiten für die Arbeit im Unterricht. Durch die eher offenen Fragestellungen
werden häufig individuelle Lösungen erarbeitet, die im Unterricht zu besprechen sind.

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Zur 4. Auflage von Band 1 bzw. 3. Auflage von Band-2
Auf den Schuljahresstart 2019/20 hin wurden die Bände 1 und 2 von «Brennpunkt Wirtschaft
und Gesellschaft» vollständig aktualisiert.
Im Wesentlichen sind die Inhalte unverändert. Fehler wurden korrigiert, Daten und Zah-
len aktualisiert. In einigen Kapiteln wurden einzelne Aufgaben ersetzt. Auch die PTT-Folien
wurden aktualisiert, ebenso die Hinweise und Videos in den Zusatzmaterialien des e-desk.

Wir wünschen Ihnen viele positive Lernerlebnisse im sehr vielschichtigen Bereich «Wirtschaft
und Gesellschaft» und einen erfolgreichen Abschluss Ihrer Ausbildung in Schule und Betrieb.

Frühjahr 2019
Urs Saxer, Thomas Tobler, Heinz Rüfenacht

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Inhaltsverzeichnis
Ausgewählte Kapitel «Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft»
Gymnasium Lerbermatt, Köniz, 2021

1 Eine erste Übersicht über die Wirtschaft


2 Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell
18 Sozialer Ausgleich
7 Rechtsquellen und Verhaltensregeln
8 Personenrecht
20 Mietvertrag
21 Familienrecht
22 Erbrecht

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1 Eine erste Übersicht über die Wirtschaft

Im vorliegenden Kapitel erhalten Sie einen Überblick über einige wirtschaftliche


Grundbegriffe. Mit diesem Wissen bzw. diesen Fähigkeiten wird Ihnen der Einstieg
in Ihren Berufs- und Lehralltag erleichtert. Sie erfahren, wie Betriebe oder Unter-
nehmungen gegliedert werden können, und sind anschliessend in der Lage, Unter-
nehmungen im Allgemeinen und Ihren eigenen Lehrbetrieb im Speziellen besser
in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen.

Theorie Übungen

1.1 Vielfältige wirtschaftliche Aktivitäten ................................................................. 2 1 Bedürfnisse ......................................................................................................... 30


1.2 Unternehmungen orientieren sich an Bedürfnissen ............................................ 2 2 Bedürfniskategorien ............................................................................................ 30
1.3 Was machen Unternehmungen? – Wirtschaftliche Güter ................................... 6 3 Wirtschaftliche Güter ........................................................................................... 31
1.4 Wirtschaftssektoren und Branchen .................................................................... 8 4 Verschiedene Güterarten ..................................................................................... 31
1.5 Unterschiedliche Unternehmungsgrössen .......................................................... 10 5 Wirtschaftssektoren ............................................................................................. 32
1.6 Die Rechtsform von Unternehmungen .............................................................. 12 6 Unternehmungsgrösse .........................................................................................
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32
1.7 Wem gehören die Unternehmungen? ...............................................................
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 16 3018 Bern 7 Eigentumsverhältnisse / Rechtsform / Firma ............................................................ 33
1.8 Wie dürfen Unternehmungen heissen? .............................................................. 18 8 Einzelunternehmung, GmbH oder AG? ................................................................ 33
1.9 Ausgewählte Branchen aus dem Dienstleitungssektor ........................................ 20 9 Dienstleistungsbranchen Banken / Versicherungen ................................................. 34
Das haben Sie gelernt ....................................................................................... 28 10 Dienstleistungsbranchen Handel / Treuhand ........................................................... 34
Diese Begriffe können Sie erklären ..................................................................... 29 11 Verschiedene Dienstleistungsbranchen ................................................................. 35

Aufgaben

1 Wirtschaftssektoren und Unternehmungsgrössen ................................................. 37


2 Aktiengesellschaft oder GmbH? ........................................................................... 38
3 Wem soll der Flughafen Zürich gehören? ............................................................. 40
4 Warum Handelsbetriebe keine Schmarotzer sind .................................................. 42
5 Eine Unternehmung braucht viele andere Unternehmungen ................................. 44

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 2

1.1 Vielfältige wirtschaftliche Aktivitäten 1.2 Unternehmungen orientieren sich an Bedürfnissen

Aus der Vogelperspektive betrachtet, bietet der Wirtschaftsraum Schweiz ein faszinierendes Unsere Bedürfnisse gelten als Ausgangspunkt des wirtschaftlichen Handelns. Unter einem
Bild: Etwa 5,1 Mio. Beschäftigte arbeiten in mehr als 600 000 Unternehmungen1). Viele die- Bedürfnis verstehen wir das Empfinden eines Mangels und den damit verbundenen Wunsch,
ser Wirtschaftsteilnehmer arbeiten täglich Hand in Hand. Rohstoffe und Fertigprodukte wer- diesen Mangel zu beheben. Wir haben Durst oder Hunger (d. h. einen Mangel an Flüssigkeit
den durch Transportunternehmungen auf der Schiene oder Strasse, in der Luft oder eventu- und Nahrung) und möchten deshalb etwas trinken oder essen (d. h. den Mangel beseitigen).
ell auf dem Schiffsweg vom Lieferanten zum Kunden geliefert. Innerhalb einer einzelnen Wenn jemand einen Mangel empfindet und über genügend Geldmittel verfügt, erwirbt er
Unternehmung arbeiten viele Angestellte in unterschiedlichen Abteilungen zusammen und oder sie sich ein bestimmtes Produkt oder stellt das gewünschte Gut selber her.
ergänzen sich in ihren Arbeitsbereichen je nach Position, Ausbildung und Fertigkeiten. Die
Güter- und Personenströme machen nicht an der Grenze Halt: Rohstoffe werden aus dem Q Gliederung der Bedürfnisse
Ausland eingeführt, Fertigprodukte und Dienstleistungen in alle Welt verkauft, Touristen be-
suchen die Schweiz als Ferienland, und Schweizerinnen und Schweizer verbringen ihre Fe- Unterscheidung der Bedürfnisse nach …
rien häufig im Ausland.
Näher hingezoomt wird ersichtlich, dass zwischen den Wirtschaftsteilnehmern ein Wett-
bewerb stattfindet und dass keinesfalls vollkommene Harmonie besteht. Auf dem Mobilfunk- … der Dringlichkeit … dem Bedürfnisträger … dem Gegenstand
markt bieten beispielsweise Swisscom, Sunrise und Salt fast identische Produkte an. Die
Unternehmungen versuchen sich deshalb durch ihre Werbung voneinander abzuheben, um Existenzbedürfnisse Individualbedürfnisse materielle Bedürfnisse
für sich selbst so viele Kunden wie möglich zu gewinnen. Unternehmungen, die nicht erfolg-
reich arbeiten, scheiden aus dem Wirtschaftsprozess aus. Die Angestellten verlieren ihre
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Wahlbedürfnisse 2021
Kollektivbedürfnisse immaterielle Bedürfnisse
Arbeitsplätze, Eigentümer und weitere Kapitalgeber ihr investiertes
Persönliches Kapital.
Exemplar von Arantxa Auf der
Gándara Suche3018 Bern
Espasandín,
nach einer neuen Stelle konkurrenzieren sich auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Grundbedürfnisse
gegenseitig: Für eine neu ausgeschriebene Stelle in einer Unternehmung bewerben sich viel-
leicht 50 bis 100 Personen gleichzeitig.
Luxusbedürfnisse
Die Wirtschaftsteilnehmer entscheiden
sich in den meisten Fällen aufgrund des
Preises für das eine oder andere Produkt. Mit den Existenzbedürfnissen werden die absolut lebensnotwendigen Bedürfnisse nach Nah-
Eine Unternehmung bezieht ihre Rohstoffe rung, Kleidung und Unterkunft befriedigt. Sie sind in den ärmsten Ländern dieser Welt auch
konsequent beim günstigsten Lieferanten. heute noch von zentraler Bedeutung.
Ein anderes Mal ist vielleicht die Qualität In den reichen, hoch entwickelten Volkswirtschaften sind die lebensnotwendigen Bedürf-
eines Produktes oder einer Dienstleistung nisse weitgehend befriedigt. Hier haben die Menschen die Wahl, welche weiteren Bedürf-
ausschlaggebend. Ein Arbeitgeber entschei- nisse befriedigt werden sollen; entsprechend spricht man von Wahlbedürfnissen. Die Grund-
det sich aufgrund von Ausbildung, Erfah- bedürfnisse umfassen dabei diejenigen Bedürfnisse, die sich aus dem allgemeinen sozialen
rung und Fachwissen, Leistungsbereit- und gesellschaftlichen Lebensstandard ergeben. Dies können beispielsweise Wohnungsein-
schaft, Team- und Kommunikationsfähigkeit richtungen, Haushaltgegenstände, kulturelle Freizeitbedürfnisse wie Kino, Konzerte oder
für eine bestimmte Angestellte. Die vielen Theateraufführungen sein.
wirtschaftlichen Aktivitäten erfordern somit In der Schweiz waren 2014 rund 3,9 Mio. Men-
von allen Beteiligten eine Vielzahl von Ent- schen Pendlerinnen bzw. Pendler. Hiervon arbeite-
ten 71 % ausserhalb ihrer Wohngemeinde.
scheidungen.
1)
«Unternehmungen» werden auch als «Betriebe», «Geschäfte» oder «Firmen» bezeichnet, wobei «Firma» den rechtlichen
Begriff für den Namen einer Unternehmung darstellt. Übung 1
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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 4

Luxusbedürfnisse (z. B. ein Luxus- oder ein Zweitauto, teuren Schmuck oder eine Zweitwoh- Q Die Bedürfnisse nach Maslow
nung) können sich nur Leute in gehobenen Einkommensklassen leisten. Die einzelnen Be-
dürfniskategorien sind nicht fix definiert. Die Zuordnung zu Grund- oder Luxusbedürfnissen Unabhängig von der eben vorgestellten Gliederung der Bedürfnisse nach ihrer Dringlichkeit
ist fliessend und von den Wertvorstellungen der Gesellschaft einer bestimmten Epoche ab- hat der Soziologe Abraham Maslow eine «Bedürfnispyramide» mit fünf unterschiedlichen
hängig. Was für Ihre Grosseltern noch ein Luxusbedürfnis war, z. B. ein Geschirrspüler, ge- Bedürfniskategorien entwickelt. Gemäss seiner Theorie müssen die Bedürfnisse der jeweils
hört heute zur Standardausstattung einer gut ausgestatteten Mietwohnung und widerspie- unteren Stufe vollständig befriedigt sein, bevor die nächsthöheren Bedürfnisse für das
gelt damit ein Grundbedürfnis vieler Wohnungsmieter. menschliche Handeln überhaupt bestimmend werden.
Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit ist jene zwischen Individual- und Kollektiv-
bedürfnis. Der Entscheid für den Kauf eines iPods geht von einer individuellen Person aus –
wir sprechen deshalb von einem Individualbedürfnis. Im Gegensatz dazu können Kollektiv-
bedürfnisse nur von mehreren Menschen zusammen (im Kollektiv) befriedigt werden. 5. Bedürfnis
Grossprojekte wie der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Neue Eisenbahn-Alpen-Trans- nach Selbst-
verwirklichung
versale (NEAT), ein zweiter Autobahntunnel durch den Gotthard, aber auch die gesamte Lan-
desverteidigung können praktisch nur durch den Staat realisiert werden.
Schliesslich können wir die Bedürfnisse danach unterscheiden, ob sie auf Gegenstände
4. Bedürfnis nach Wertschätzung
abzielen, die man anfassen kann (materielle Bedürfnisse), oder solche, die im religiösen,
emotionalen oder geistigen Bereich befriedigt werden (immaterielle Bedürfnisse). Beispiele
für immaterielle Bedürfnisse sind das Verlangen nach Macht, Ansehen, Geborgenheit oder
3. Soziale Bedürfnisse
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Q Bedürfnisse ohne Ende 2. Sicherheitsbedürfnisse

Auch in wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern, in denen man vermuten würde, es seien
sämtliche Bedürfnisse aller Menschen erfüllt, tauchen immer wieder neue Bedürfnisse auf:
1. Grundbedürfnisse (physiologische Bedürfnisse)
Obwohl die Menschen in den hoch entwickelten Industriestaaten nicht (mehr) an Hunger
leiden, gibt es immer wieder neue Nah-
rungsmittel, die einfacher oder schneller
zubereitet werden können. Auch das Die fünf Bedürfniskategorien nach Maslow sind:
Grundbedürfnis nach Kleidung ist in diesen Q Grundbedürfnisse (= physiologische Bedürfnisse, z. B. Nahrung, Wärme, Schlaf,
Gesellschaften für die meisten Menschen Selbsterhaltung, Sexualität oder Bewegung) haben eine körperliche Grundlage.
vollständig abgedeckt. Trotzdem bieten Q Unter den Sicherheitsbedürfnissen ist z. B. die Absicherung eines erreichten
Kleidergeschäfte Saison für Saison mit viel Einkommens oder des Arbeitsplatzes zu verstehen, aber auch das Absichern vor den
Erfolg neue Kleidungsstücke an, die von der Folgen von Unfall oder Krankheit durch eine entsprechende Versicherung.
Kundschaft auch gekauft werden, während Q Soziale Bedürfnisse umfassen Zugehörigkeitsbedürfnisse zu einer Gemeinschaft,
noch gute, funktionsfähige Kleider über zu einem Freundeskreis oder den Wunsch nach Geborgenheit in der Familie.
Kleidersammlungen karitativer Organisatio- Q Das Bedürfnis nach Wertschätzung äussert sich im Wunsch nach Anerkennung
nen entsorgt werden (ein weiterer Hinweis Der Lamborghini Veneno Roadster ist momentan durch ein soziales Bezugsgefüge (Achtung, Lob, Ruhm oder soziales Ansehen durch
dafür, dass der Übergang von Existenz- zu das teuerste, auf neun Exemplare beschränkte die Stellung in der Gesellschaft).
Grund- und Luxusbedürfnissen stark zeit- «Serienfahrzeug» mit einer «Preisempfehlung» von Q Selbstverwirklichungsbedürfnisse beinhalten das Streben nach Freiheit und
knapp 4 Mio. Euro.
und gesellschaftsabhängig ist). Unabhängigkeit, das Bedürfnis, sich weiterzuentwickeln. Übung 2
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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 6

1.3 Was machen Unternehmungen? – Wirtschaftliche Güter Q Gliederung der Güter nach verschiedenen Kriterien

Wieweit wir ein bestimmtes materielles Bedürfnis befriedigen können, hängt häufig davon
nach Freie Güter Wirtschaftliche Güter
ab, ob wir über ausreichende Geldmittel verfügen, um uns etwas kaufen zu können. Wenn
Verfügbarkeit sind in unbeschränktem Mass vor- werden von Unternehmungen
die Bedürfnisse mit genügend Kaufkraft ausgestattet sind, entsteht eine Nachfrage am Markt. handen und haben keinen Preis auf den Märkten angeboten
Die Unternehmungen versuchen, mit ihrem Angebot an Sachgütern oder Dienstleistungen
dieser Nachfrage zu entsprechen.
Die Unternehmungen stellen durch den Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit, Wissen, nach Sachgüter (materielle Güter) Immaterielle Güter
Kapital und Boden Güter her und bieten diese am Markt an. Unter dem Produktionsfaktor Gegenständlichkeit können angefasst werden sind nicht physisch (körperlich)
Arbeit verstehen wir die Erwerbsarbeit der Menschen. Neben der reinen Arbeit ist auch Wis- vorhanden
sen (Know-how) für die Herstellung von Sachgütern oder Dienstleistungen notwendig. Nur
wenn man weiss, wie etwas erfolgreich produziert und vermarktet werden kann, ist man am
Markt erfolgreich. Zum Produktionsfaktor Kapital zählen wir das in den Unternehmungen Dienst-
Rechte
angelegte Sachkapital. Dazu gehören Gebäude, Maschinen, Werkzeuge oder Computer, die leistungen
den Produktionsprozess überhaupt erst ermöglichen. Der Produktionsfaktor Boden (oder
Natur) dient als Grundlage für Unternehmungsstandorte, Verkehrswege oder Wohnraum. Er
ist aber auch die Grundlage für die Landwirtschaft und den Tourismus und liefert die Roh- nach Konsumgüter Investitionsgüter
Verwendungszweck dienen dem Konsum werden im Wirtschaftsprozess
stoffe für die Produktion von materiellen Gütern.
verwendet, um Güter herzustellen
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Q Wirtschaftliche Güter Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

nach Gebrauchsgüter Verbrauchsgüter


Die von Unternehmungen hergestellten Produkte bezeichnen wir als wirtschaftliche Güter. Nutzungsdauer dienen einer längerfristigen dienen der einmaligen Nutzung,
Nur wenn Güter knapp sind, sind die Wirtschaftsteilnehmer überhaupt bereit, dafür einen Nutzung, können wiederholt werden mit ihrem Einsatz
Preis zu bezahlen. Ist ein Gut nämlich in unbeschränktem Mass vorhanden, kann es nicht be- gebraucht werden verbraucht
wirtschaftet werden und hat deshalb keinen Preis. Man spricht dann von einem «freien Gut».
Freie Güter sind in der Natur in einer derartigen Menge vorhanden, dass niemand bereit ist,
dafür einen Preis zu bezahlen. Beispiele dafür sind Luft oder Wasser. Allerdings werden ur- Die andere Kategorie von immateriellen Gütern sind Rechte. Damit umschreibt man
sprünglich freie Güter infolge des Bevölkerungswachstums und der entsprechenden wirtschaft- z. B. die Nutzung eines Patentes (dem Recht zur alleinigen Nutzung und Verwertung einer Er-
lichen Aktivitäten zunehmend knapp; sie bekommen damit den Charakter von wirtschaftli- findung) oder einer Lizenz (einer Genehmigung, eine patentierte Erfindung nutzen zu dürfen).
chen Gütern. Sobald frisches, sauberes Wasser knapp wird und nicht (mehr) frei verfügbar ist, Auch die verschiedenen Nutzungen aus Verträgen wie z. B. Arbeitskraft aus einem Arbeitsver-
werden die Wirtschaftsteilnehmer bereit sein, einen Preis dafür zu bezahlen – es wird sich ein trag oder die Benutzung von Räumen aus einem Mietvertrag gehören zu den Rechten.
Markt bilden, in welchem Unternehmungen gegen Bezahlung Wasser anbieten. Das Gut Was- Wenn Güter direkt dem Konsum der privaten Haushalte dienen, sprechen wir von Kon-
ser ist damit zu einem wirtschaftlichen Gut geworden, das bewirtschaftet wird. sumgütern. Beispiele dafür sind Nahrungsmittel, allgemeine Gebrauchsgegenstände, Unter-
Sachgüter (materielle Güter) können angefasst werden. Sie sind entweder in der Natur haltungselektronik, Wohnungseinrichtungen oder Kleider. Investitionsgüter nennen wir Güter,
bereits vorhanden, oder sie werden von Menschen hergestellt. Im Gegensatz dazu sind im- die im Wirtschaftsprozess verwendet werden. Mithilfe von Werkzeugen, Maschinen und Roh-
materielle Güter nicht gegenständlich; sie sind körperlich nicht vorhanden und können des- stoffen werden letztlich Konsumgüter (oder wiederum Produktionsgüter) hergestellt. Ein Blei-
halb nicht angefasst werden. Beispiele von Dienstleistungen sind die Informationsvermittlung stift, der von einem Grafiker verwendet wird, ist beispielsweise ein Investitionsgut, weil damit
via Internet, der bargeldlose Zahlungsverkehr oder die juristische Beratung einer Anwältin. an der Erbringung der Dienstleistung «Grafik» mitgewirkt wird; derselbe Bleistift einer Schü-
Solche Leistungen können nicht «gelagert» werden, es gibt kein Eigentum an ihnen, und sie lerin ist ein Konsumgut, weil damit kein anderes wirtschaftliches Gut hergestellt wird.
sind unsichtbar. Sie sind aber wie viele Sachgüter das Ergebnis von Produktionsprozessen. Übung 3
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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 8

1.4 Wirtschaftssektoren und Branchen Q Wirtschaftssektoren und Branchen Aufgabe 1a

Um die rund 600 000 Unternehmungen zu gliedern und zu charakterisieren, wird häufig ihre Wirtschaftssektoren
Zugehörigkeit zu einem der drei Wirtschaftssektoren bzw. zu einer bestimmten Branche oder Rohstoffgewinnung Fabrikation / Verarbeitung Dienstleistungen
einem Wirtschaftszweig verwendet. Erster (primärer) Sektor Zweiter (sekundärer) Sektor Dritter (tertiärer) Sektor
Unter einer Branche verstehen wir die Zusammenfassung von Unternehmungen, die
Die Sektoren werden weiter unterteilt in Wirtschaftszweige (= Branchen)
gleichartige Produkte herstellen oder Dienstleistungen erbringen.
Zum ersten oder primären Wirtschaftssektor zählen Unternehmungen, die sich mit der Q Land-, Forstwirtschaft, Q Verarbeitendes Gewerbe / Q Handel und Reparatur von
Fischerei Herstellung von Waren Motorfahrzeugen
Gewinnung von Naturerzeugnissen befassen. Es sind dies Betriebe aus den Wirtschaftszwei-
Q Bergbau und Gewinnung von – Nahrungs- und Genuss- Q Verkehr, z. B. Eisenbahn,
gen Land-, Forstwirtschaft und Jagd sowie Fischerei und Fischzucht und Bergbau. Gesamt- Steinen und Erden, mittel, Getränke, Tabak Transport- und Speditions-
schweizerisch arbeiten heute nur noch gut 3 % aller Beschäftigten in diesem Sektor. z. B. Gewinnung von Natur- – Textilindustrie und unternehmungen, Post- und
Der zweite oder sekundäre Wirtschaftssektor umfasst mit Unternehmungen aus dem steinen (Granit, Marmor), Lederverarbeitung Kurierdienste
verarbeitenden Gewerbe und der Industrie, aus der Energie- und Wasserversorgung sowie Gewinnung von Sand und – Holzwaren (ohne Möbel) Q Gastgewerbe, z. B. Hotels
Kies (Kieswerke) – Papierherstellung und und Restaurants
dem Baugewerbe jene Unternehmungen, die materielle Güter herstellen. In diesem Sektor Druckgewerbe Q Information, Telekom-
sind gut ein Fünftel (21 %) aller Beschäftigten tätig. Die Branchenübersicht – die weitere Un- – Kokerei, Mineralöl- munikation und Informa-
terteilung eines Wirtschaftssektors – zeigt ein sehr vielfältiges Bild, sind doch im Wirtschafts- verarbeitung tionstechnologie
zweig «Verarbeitendes Gewerbe, Industrie» sowohl kleinere gewerbliche Betriebe als auch – Chemische Industrie Q Banken und Versicherungen
– Gummi- und Kunststoff- Q Grundstücks- und
grosse Industrieunternehmungen vom Nahrungsmittelbereich über Holzverarbeitung, die verarbeitung, Glas-, Wohnungswesen
chemische Industrie, den Metall- und Maschinenbau bis hin zum Fahrzeugbau vertreten. Beton-,
© 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021keramische Q Freiberufliche Dienstleistun-
Die Unternehmungen des dritten oder tertiären Sektors
Persönliches stellenvon
Exemplar nicht materielle
Arantxa Güter her,3018 Bern
Gándara Espasandín, Industrie gen, z. B. Rechts- und
sondern erbringen Dienstleistungen (= immaterielle Güter), die in vielen Fällen bei ihrer Her- – Metallindustrie Unternehmungsberatung,
– Elektronische und Architektur- und Ingenieur-
stellung bzw. ihrem Konsum verbraucht werden (= Verbrauchsgüter). Beschäftigungsmässig optische Geräte büros, Werbung und
ist der tertiäre Sektor in unserem Land der wichtigste Bereich. Hier arbeiten drei Viertel (76 %) – Elektrische Ausrüstungen Marktforschung
aller Beschäftigten. Der Dienstleistungssektor umfasst ebenfalls eine Vielzahl unterschiedlicher – Maschinenbau Q Sonstige Dienstleistungen,
Branchen. So ist der Tätigkeitsbereich von Handelsbetrieben, beispielsweise eines Kleider- – Fahrzeugbau z. B. Personal- und Stellen-
– Herstellung von Möbeln vermittlung, Reisebüros,
geschäftes, kaum mit demjenigen eines Treuhandbüros vergleichbar; Banken offerieren völ-
– Reparatur und Installation Sicherheitsdienste und
lig andere Dienstleistungsprodukte als eine Bergbahn, und die vielfältigen Dienstleistungen von Maschinen Gebäudebetreuung
einer Stadtverwaltung können nicht mit den Leistungen eines Kantonsspitals verglichen wer- Q Energieversorgung Q Öffentliche Verwaltung in
den. Q Wasserversorgung, Gemeinden, Kantonen und
Abwasser- und Abfall- auf Bundesebene
entsorgung Q Erziehung und Unterricht,
Q Baugewerbe (Hoch- und d. h. Schulen aller Art und
Tiefbau, Ausbaugewerbe) aller Stufen
Q Gesundheits- und Sozial-
wesen, z. B. Spitäler, Arztpra-
xen, Alters- und Pflegeheime
Q Kunst und Unterhaltung,
z. B. Bibliotheken und
Museen, Fitnesszentren
Q Sonstige (persönliche) Dienst-
leistungen, z. B. Coiffeur- und
Kosmetiksalons
Quelle: NOGA 2008 (BFS) Übung 5
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 9

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 10

1.5 Unterschiedliche Unternehmungsgrössen Grossunternehmungen sind in der Lage, ihre Produkte und Dienstleistungen zu günsti- Aufgabe 1b
geren Verkaufspreisen anzubieten, weil sie die Herstellungskosten auf eine grosse Verkaufs-
In allen drei Wirtschaftssektoren gibt es Mikro-, Klein-, Mittel- und Grossunternehmen. So menge verteilen können. Zudem sind häufig nur Grossunternehmungen mit ihren speziellen
kommen die Frühstücksgipfeli auf dem Morgentisch vielleicht aus einer gewerblichen Klein- Maschinen und ihrem grossen Know-how in der Lage, bestimmte Produkte überhaupt her-
bäckerei, einem sogenannten Mikrounternehmen mit bis zu 9 Angestellten; sie könnten aber stellen zu können. Grossunternehmungen spielen deshalb eine zentrale Rolle im Aussenhan-
auch in einer Grossbäckerei mit über 1000 Angestellten gebacken worden sein. del. Eine Klein- oder Mittelunternehmung kann z. B. kein komplettes Gasturbinenkraftwerk
zur Erzeugung von elektrischem Strom liefern, wie es der Grossbetrieb ABB (Asea Brown
Q Gliederung der Unternehmungen nach ihrer Grösse Boveri) in seinem Sortiment anbietet. KMU verfügen oft auch nicht über Vertriebskanäle im
Ausland, und ihr internationaler Bekanntheitsgrad ist deshalb in der Regel gering.
■ Anzahl Unternehmungen Die «Handelszeitung» erstellt jährlich eine Auflistung der grössten Unternehmungen der
■ Anzahl Beschäftigte Schweiz aufgrund des erwirtschafteten Umsatzes. Der Verkaufsumsatz ist zwar das am häu-
1 423 601
1 400 000 figsten verwendete Vergleichskriterium für die Unternehmungsgrösse. Daneben werden aber
je nach Branche – neben der Anzahl der Beschäftigten – noch weitere Kriterien wie z. B. die
1 200 000 1 156 807
mögliche Kapazität bei einer Transportunternehmung, die Produktionsmenge (der Output),
1 000 000 951 044 die Anzahl der Filialen, das Vermögen (Bilanzsumme) bei Banken, die Prämienerträge bei Ver-
882 859
sicherungen oder das Honorarvolumen bei Treuhandunternehmungen herangezogen.
800 000

600 000 526 162


Q Die grössten Unternehmungen der Schweiz, nach Umsatz (2016)
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400 000 Rang
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Firma Hauptsitz Umsatz in Branche
2016 Mio. CHF
200 000
49 516 8946 1590 1 Glencore International AG Baar 202 312 Welt-/Rohstoffhandel
0
Mikrounternehmen Kleine Unternehmen Mittlere Unternehmen Grosse Unternehmen 2 Vitol SA Genf 178 213 Mineralölhandel
(1 bis < 10 Besch.) (10 bis < 50 Besch.) (50 bis < 250 Besch.) (250 und mehr Besch.)
3 Trafigura AG Luzern 136 421 Welt-/Rohstoffhandel
Quelle: BFS, Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT), provisorische Zahlen für 2016
4 Cargill International SA Genf 108 010 Welt-/Rohstoffhandel

Zwar wird in der Öffentlichkeit «die Wirtschaft» oft durch Schlagzeilen von Umstrukturie- 5 MERCURIA ENERGY TRADING SA Genf 102 398 Welt-/Rohstoffhandel
rungen in Grossbetrieben dargestellt. In Wirklichkeit wird die Schweizer Wirtschaft aller- 6 Nestlé S. A. Vevey 89 791 Nahrungsmittel
dings durch die kleinen und mittleren Unternehmungen mit weniger als 250 Beschäftigten*
(= KMU) geprägt. KMU machen über 99 % aller Unternehmungen aus, 2/3 aller Arbeitskräfte 7 Gunvor SA Genf 62 030 Mineralölhandel
arbeiten in KMU, und nur 1/3 sind in Grossunternehmungen beschäftigt. Innerhalb der KMU 8 Roche Holding AG Basel 53 299 Chemie/Pharma
spielen Mikrounternehmungen mit weniger als zehn Beschäftigten eine bedeutende Rolle:
9 Novartis AG Basel 48 353 Chemie/Pharma
Mit gut 1.1 Mio. Beschäftigten entfallen auf diese Kategorie mehr als 1/4 aller Arbeitsplätze.
Vor allem im Bereich der persönlichen Dienstleistungen dominieren Kleinunternehmungen, 10 ABB Ltd Zürich 33 784 Maschinenindustrie
weil viele Dienstleistungen sehr kundenbezogen sind.
Quellen: «Handelszeitung», Bisnode D & B Schweiz AG, Urdorf

* Unter einem «Beschäftigten» verstehen wir eine Vollzeitstelle; dies entspricht bei Belegung einer Stelle durch mehrere Teil-
zeitbeschäftigte einem Vollzeitpensum. Übung 6
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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 12

1.6 Die Rechtsform von Unternehmungen Bei Gesellschaftsunternehmungen sind von der ursprünglichen Idee her zwei oder mehr Per- Aufgabe 2
sonen an einer Unternehmung beteiligt. Die rechtlichen Grundlagen werden in einem Ver-
Mit der Rechtsform wird der rechtliche Rahmen einer Unternehmung definiert. Dies betrifft trag oder mit Statuten definiert. Deren Inhalt kann allerdings nicht völlig frei bestimmt wer-
in erster Linie die Beziehungen der Unternehmung gegen aussen. So bestimmen z. B. die den, sondern die Gesellschafter müssen sich, je nach ihren Interessen und dem Zweck der
Haftungsvorschriften, wie eine Unternehmung für ihre Schulden haftet. Dann wird aber bei Unternehmung, an eine der im Gesetz (dem Obligationenrecht, OR) vorgesehenen Rechts-
Gesellschaftsunternehmungen durch die Rechtsform auch die rechtliche Beziehung der Ge- formen halten. Seit 2008 kann bereits eine einzelne Person eine Aktiengesellschaft oder eine
sellschafterinnen und Gesellschafter untereinander bestimmt. Dabei geht es beispielsweise Gesellschaft mit beschränkter Haftung gründen. Sogenannte Ein-Personen-AG oder GmbH
um Fragen, wieweit die einzelnen Teilhaber die Unternehmung gegenüber Dritten verpflich- sind somit Gesellschaftsunternehmungen mit einem einzigen Gesellschafter.
ten dürfen oder wie allfällige Gewinne oder Verluste auf die Gesellschafterinnen und Gesell- Bei den Handelsgesellschaften steht als Hauptzweck die Erzielung von Einkommen für
schafter aufzuteilen sind. die Gesellschafter im Vordergrund, dagegen ist bei der Genossenschaft die gemeinsame
Selbsthilfe der Zweck des Zusammenschlusses. Beispiele dafür sind landwirtschaftliche Ge-
Q Übersicht über die wichtigsten Rechtsformen der Unternehmungen nossenschaften oder Bau- und Wohngenossenschaften.
in der Schweiz sowie deren Anzahl (Stand 1. 1. 2019) Bei einer Kollektivgesellschaft, dem typischen Beispiel einer Personengesellschaft, steht
die Mitarbeit der einzelnen Gesellschafter im Geschäft im Vordergrund. Dagegen ist das
Einzel- Gesellschafts- Hauptmerkmal von Kapitalgesellschaften, z. B. Aktiengesellschaften, die Kapitalbeteiligung
159 810 unternehmung unternehmungen und -beschaffung.
Bei kleineren Unternehmungen führt das Motiv der Risikoverteilung häufig zur Rechts-
437 386 form der Kollektivgesellschaft. Mehrere Personen teilen sich die Geschäftsführung auf, d. h.,
Handelsgesellschaften Genossenschaften
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sie arbeiten gemeinsam aktiv und in leitender Funktion im Geschäft. Die Gesellschaft selber
8 559 und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
haftet nicht für die Schulden, sondern die Gesellschafterinnen und Gesellschafter müssen
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
mit ihrem Geschäfts- und Privatvermögen für die Schulden der Unternehmung einstehen. Im
Personengesellschaften Mischformen Kapitalgesellschaften
Gegenzug hat auch jeder Gesellschafter Anspruch auf einen Teil des Reingewinnes.
Beispiel Beispiel Beispiel Grössere Unternehmungen benötigen häufig viel Kapital; dazu eignet sich die Aktien-
gesellschaft. Bei einer AG erhalten die Eigentümer für das zur Verfügung gestellte Kapital
Kollektivgesellschaft Gesellschaft mit Aktiengesellschaft Wertpapiere in Form von Aktien und werden deshalb «Aktionäre» genannt. Eine persönliche
beschränkter Haftung
Mitarbeit im Unternehmen wird nicht verlangt. Für die Verbindlichkeiten der Unternehmung
11 395 197 858 218 026 haftet hier alleine das Geschäftsvermögen. Die Aktionäre können bei Verlusten im Gegen-
satz zu Einzelunternehmern oder Kollektivgesellschaftern maximal bis zu ihrer Kapitaleinlage
Quelle: Handelsregister, www.zefix.ch belangt werden. Allfällige Gewinne werden den Aktionären anteilsmässig zu ihrem Kapital-
anteil in Form der sogenannten Dividende vergütet. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft
Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Einzel- und Gesellschaftsunternehmungen. wurde ursprünglich vom Gesetzgeber für Unternehmungen mit einem grossen und langfris-
An einer Einzelunternehmung, oft auch als Einzelfirma bezeichnet, ist eine einzelne Per- tigen Kapitalbedarf gestaltet. Weil eine AG bereits mit relativ wenig Grundkapital (mindes-
son «beteiligt»; diese ist alleinige Eigentümerin. Es gibt entsprechend keine Abgrenzungs- tens CHF 50 000.–) gegründet werden kann, wird die Rechtsform heute oft auch für kleinere
oder Vertretungsfragen zu regeln, das Gesetz sieht nicht einmal eine spezielle Rechtsform Unternehmungen mit wenigen Aktionären verwendet, die damit ihre Haftung auf die Kapi-
«Einzelunternehmung» vor; bei rechtlichen Problemen gelten die gleichen Bestimmungen taleinlage begrenzen können.
wie für eine Privatperson. Das Kapital stammt von einer einzigen Person. Sie kann frei ent- Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) bildet eine Kombination der perso-
scheiden, und ein allfälliger Gewinn kommt ausschliesslich ihr zugute. Bei einem Verlust haf- nenbezogenen Kollektivgesellschaft und der kapitalbezogenen Aktiengesellschaft. Dadurch
tet sie allerdings auch unbeschränkt, sogar mit ihrem Privatvermögen. Die Einzelunterneh- eignet sich die GmbH für Unternehmungen, in denen die Gesellschafter die Geschäftsfüh-
mung eignet sich für kleinere Betriebe, die nicht allzu viel Kapital benötigen. Beispiele sind rung persönlich wahrnehmen möchten (analog der Kollektivgesellschaft), ohne aber mit
etwa Ladengeschäfte, Gewerbebetriebe oder kleinere Treuhandbüros. ihrem gesamten Privatvermögen zu haften (analog der AG).
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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 14

Die GmbH ist durch das geringere Mindestkapital (CHF 20 000.–) eine «günstige» Alterna- Q Im Handelsregister (HR) eingetragene Anzahl der verschiedenen
tive zur AG. Sie eignet sich eher für kleinere, personenbezogene Unternehmungen. Durch Rechtsformen (1995 – 2019)
die Möglichkeit, auch als Einzelperson eine GmbH gründen zu können, hat sie als «Einzel-
unternehmung mit beschränkter Haftung» in den letzten Jahren zusätzlich an Attraktivität Einzel- Kollektivge- GmbH Aktiengesell- Genossen- Total
gewonnen. unterneh- sellschaften2) schaften schaften
mungen1)
Genossenschafterinnen und Genossenschafter wollen in erster Linie ihre gemeinsamen
wirtschaftlichen Interessen wahrnehmen. Bei landwirtschaftlichen Genossenschaften ist dies 1995 128 114 20 308 10 705 170 703 14 167 343 997
beispielsweise der gemeinsame Ein- und Verkauf von Saatgut, Dünger und landwirtschaft-
2000 142 314 19 478 46 035 171 984 13 590 393 401
lichen Produkten (wie Kartoffeln, Weizen oder Mais), bei Wohnbaugenossenschaften das
Erstellen von Wohnungen. Ein allfälliger Gewinn wird in der Regel nicht ausbezahlt, sondern 2005 148 982 17 156 84 291 173 944 11 860 436 233
fällt in das Genossenschaftsvermögen. Grössere Unternehmungen mit der Rechtsform einer 2010 157 319 15 429 124 826 189 515 10 423 497 512
Genossenschaft sind die Raiffeisenbanken
oder die Fenaco, eine Selbsthilfeorgani- 2015 156 460 13 375 169 249 209 225 9 019 557 328
sation der Bauern, mit den vor allem in der 2019 159 810 12 943 197 858 218 026 8 559 597 196
Ostschweiz bekannten Volg-Läden. Auch
20 ..
das grösste Detailhandelsunternehmen der
Schweiz, die Migros, hat die Rechtsform der 1) nicht erfasst sind damit die nicht im HR Quelle: Handelsregister, www.zefix.ch
Genossenschaft, wobei hier der ursprüngli- eingetragenen Einzelunternehmungen
2) inkl. 1548 Kommanditgesellschaften
che Selbsthilfegedanke für viele Kundinnen
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und Kunden
Persönliches nicht
Exemplar von (mehr) im Vordergrund
Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
steht, muss man doch nicht Genossenschaf- Die Darstellung der im Handelsregister eingetragenen Unternehmungen zeigt im Vergleich
Auch Coop ist ein genossenschaftlich organisiertes terin oder Genossenschafter sein, um in von 1995 bis 2019 einen Anstieg sämtlicher Rechtsformen um gut 70 %. Die Anzahl der Ein-
Unternehmen mit gut 2,5 Millionen Mitgliedern.
einem Migros-Geschäft einzukaufen. zelunternehmungen ist in dieser Zeitspanne um knapp 25 % angestiegen, die Zahl der Aktien-
gesellschaften um rund 28 %. Die Anzahl der Gesellschaften mit beschränkter Haftung hat
in den letzten zehn Jahren um 80 % zugenommen. Der Grund dafür liegt in der Revision des
Aktienrechts, die bereits 1992 in Kraft gesetzt wurde und durch welche die GmbH gegen-
über der AG erstmals stark an Attraktivität gewonnen hatte. Verstärkt wurde dieser Trend
durch eine Revision 2008. Die Eigenkapitalobergrenze wurde aufgehoben, und eine GmbH
kann seither als «Ein-Personen-Gesellschaft» geführt werden.

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 16

1.7 Wem gehören die Unternehmungen? Q Die SBB: Eine private Bahnunternehmung würde die Preise der Nachfrage ent- Aufgabe 3
sprechend festsetzen. Die Fahrkarten für selten befahrene Strecken würden teurer,
Wem gehören eigentlich die vielen unterschiedlichen Unternehmungen, die Landwirtschafts- unrentable Strecken gar ganz geschlossen. Die Verkehrsverbindungen in entlegene
betriebe, Handels- und Produktionsbetriebe, Banken, Versicherungen, Reisebüros, Hotels Ortschaften wären bei privatwirtschaftlichen Verkehrsbetrieben nicht mehr im
oder die öffentlichen Verwaltungen? Jede dieser Unternehmungen hat eine bestimmte Trä- gleichen Ausmass gewährleistet.
gerschaft. Im Falle von Einzelfirmen sind die Eigentumsverhältnisse klar: Die Unternehmerin Q Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ist als staatliche Unternehmung
ist gleichzeitig Eigentümerin. Es sind allerdings auch andere als rein private Eigentumsver- eingerichtet worden, um Handwerks- und Gewerbebetriebe mit erhöhter Unfallgefahr
hältnisse möglich. zu tragbaren Prämien zu versichern.
Q Mit staatlichen Spitälern soll eine gleichmässige Gesundheitsversorgung der Bevöl-
Bei den Eigentumsverhältnissen gibt es drei Möglichkeiten: kerung erreicht werden.
Q Die Dienstleistungen der Post werden zu einheitlichen Preisen auch in entlegenen
Private Gemischtwirtschaftliche Staatliche (öffentliche) Gebieten angeboten: So wird ein Brief innerhalb von Zürich für den gleichen
Unternehmungen Unternehmungen Unternehmungen Preis befördert wie ein Brief von Zermatt im Wallis nach Brülisau bei Appenzell.
sind vollständig in neben Privatpersonen ist sind vollständig im
Privateigentum auch der Staat Teilhaber Eigentum des Staates Der Staat kann aber auch noch anders Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen nehmen: einer-
an der Unternehmung seits durch Vorschriften, die eine einheitliche Regelung bewirken. Dieses Verfahren wird bei-
spielsweise bei der Zulassung von Telefonapparaten angewandt. Um auch ohne Monopol-
Q Novartis Q Schweizerische Nationalbank Q SBB
stellung einen reibungslosen Telefonverkehr sicherzustellen, legt das Bakom (Bundesamt für
Q Nestlé Q Flughafen Zürich AG Q Die Post
Q UBS Q Swisscom © 2021 Verlag SKV QAG:SUVA
Kommunikation) fest, welche Erfordernisse private Telefonapparate zu erfüllen haben. Eine
Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
zweite Möglichkeit besteht in der Erteilung von Betriebsbewilligungen (Konzessionen) an pri-
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
vate Unternehmungen. So hat die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) als
Q Private Unternehmungen privatrechtliche Unternehmung die Konzession verbunden mit einem staatlichen Programm-
auftrag erhalten. Im Vergleich zu Privatsendern, die sich fast ausschliesslich über Werbeein-
In einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung wird durch die in der Verfassung festgelegte nahmen finanzieren müssen, machen bei der SRG die Werbeeinnahmen nur rund 30 % der
Eigentumsfreiheit garantiert, dass das Eigentum des Einzelnen geschützt wird. Durch ein wei- Gesamteinnahmen aus. Die übrigen 70 % der Einnahmen stammen aus Empfangsgebühren
teres Grundrecht, die Wirtschaftsfreiheit, wird festgelegt, dass jede Person ihren Beruf oder der Konsumentinnen und Konsumenten. Dadurch muss sich die SRG bei der Programm-
ihr Gewerbe frei wählen kann. Entsprechend diesen Grundsätzen befindet sich der Grossteil gestaltung nicht nur an Einschaltquoten orientieren, und es können vertiefende Informa-
aller Unternehmungen in den Händen von Privatpersonen. tionssendungen oder kulturelle Sendegefässe für kleinere Publikumsgruppen ins Programm
aufgenommen werden.
Q Staatliche Unternehmungen
Q Gemischtwirtschaftliche Unternehmungen
Die Berücksichtigung und der Ausgleich der unterschiedlichen Interessen in der Gesellschaft,
das «Wohl der Allgemeinheit», auch «öffentliches Interesse» oder «Service public» genannt, Der Staat kann sich auch durch blosse finanzielle Beteiligung einen Einfluss auf die Geschäfts-
führen dazu, dass bestimmte Dienstleistungen von staatlichen (öffentlichen) Unternehmun- tätigkeit einer Unternehmung sichern. Sind an Unternehmungen sowohl der Staat als auch
gen angeboten werden. Staatsbetriebe begründen ihr Vorhandensein damit, dass bei privat- Privatpersonen beteiligt, so bezeichnen wir diese Form der Trägerschaft als gemischtwirtschaft-
wirtschaftlicher Geschäftstätigkeit die Interessen von einzelnen Gesellschaftsgruppen, wie lich. Auch hier wird eine staatliche Beteiligung durch den «Service public», das öffentliche In-
z. B. erschwingliche Preise oder die gleichmässige Versorgung mit Gütern und Dienstleistun- teresse, begründet. Ein aufsehenerregendes Beispiel dafür war das finanzielle Engagement
gen, zu wenig berücksichtigt werden. Wenn die staatlichen Unternehmungen anderseits das des Bundes und vieler Kantone beim Aufbau einer Nachfolgegesellschaft für die gescheiterte
alleinige Recht zum Verkauf der Produkte besitzen, erhalten sie eine Monopolstellung und Swissair, die heutige Swiss. Weitere Beispiele gemischtwirtschaftlicher Unternehmungen sind
sind damit keinem direkten Konkurrenzdruck mehr ausgesetzt. die Schweizerische Nationalbank, die Flughafen Zürich AG und viele Elektrizitätswerke.
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1.8 Wie dürfen Unternehmungen heissen? Q Übersicht über die Firmenbildung bei verschiedenen Rechtsformen

Umgangssprachlich wird der Begriff «Firma» meistens als Bezeichnung für ein Geschäft als
Rechtsform Firmenbildung Beispiele
solches verwendet. Im rechtlichen Sinn bedeutet «Firma» allerdings einzig und allein den Ge-
schäftsnamen, unter dem die Unternehmung in der Öffentlichkeit bekannt ist. Zur Festlegung Einzelunternehmung Familienname, Franz Koller
der Firma einer Unternehmung sind einige rechtliche Grundsätze zu beachten, die im Obli- mit oder ohne Vornamen Koller Informatik-Service
gationenrecht (OR) zu finden sind. Das Firmenrecht definiert die Regeln zur Gestaltung des Kollektivgesellschaft Frei wählbar Koller & Co Kollektivgesellschaft
Geschäftsnamens. Rechtsformangabe Koller, Etter und Merz KlG
«Kollektivgesellschaft» oder KEM Informatik KIG
abgekürzt «KIG» obligatorisch Informatik-Service KIG
Jede Firma darf neben dem gesetzlich vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt Zusätze ent-
Fantastica KIG
halten, die der näheren Bezeichnung der Unternehmung dienen. Die Firma muss der Wahr-
heit entsprechen (= Firmenwahrheit) und darf keine unrichtigen oder irreführenden Angaben Aktiengesellschaft Frei wählbar Koller AG
enthalten. Rechtsformangabe «Aktien- Koller, Etter und Merz AG
gesellschaft» oder abgekürzt KEM Informatik AG
Seit dem 1. Juli 2016 gelten für alle Gesellschaften die gleichen Vorschriften zur Firmen-
«AG» obligatorisch Informatik-Service AG
bildung. Einzig bei einer Einzelunternehmung muss der Familienname des Eigentümers oder Fantastica AG
der Eigentümerin in der Firma zwingend aufgeführt werden. Bei allen übrigen Rechtsformen,
d. h. bei allen Gesellschaften, kann die Firma frei gewählt werden; der Firmenname muss aus Gesellschaft Frei wählbar Koller GmbH
mit beschränkter Rechtsformangabe «Gesellschaft Koller, Etter und Merz GmbH
einem frei zu bildenden Kern (z. B. einem Namen, einer Fantasiebezeichnung oder einem Haftung mit beschränkter Haftung» oder KEM Informatik GmbH
Sachbegriff) bestehen, der mit der entsprechenden Rechtsform zu ergänzen ist. Diese Rechts-
© 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasiumabgekürzt «GmbH»
Lerbermatt-Köniz obligatorisch
2021 Informatik-Service GmbH
formangabe ist zwingend erforderlich. Die Bezeichnung der Rechtsform
Persönliches Exemplar kann voll
von Arantxa Gándara ausge-3018 Bern
Espasandín, Fantastica GmbH
schrieben oder abgekürzt werden; es gelten folgende Kürzel: für eine Kollektivgesellschaft
Genossenschaft Frei wählbar Genossenschaft Rebhalde
«KlG», für eine Aktiengesellschaft «AG», für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung Rechtsformangabe «Genossen- WOGENO Wohnbaugenossenschaft
«GmbH» und für eine Genossenschaft «Gen». schaft» oder abgekürzt «Gen» Fantastica Gen
Vorteil dieser Regelung ist, dass eine einmal bestimmte Firma auf unbestimmte Zeit wei- obligatorisch
tergeführt werden kann und dass beispielsweise bei einer Umwandlung in eine andere
Rechtsform nur die Rechtsformangabe angepasst werden muss.
Jede neue Firma muss sich allerdings von einer bereits bestehenden deutlich unterschei-
den (= Firmenausschliesslichkeit). Mit dem seit Mitte 2016 geltenden Firmenrecht wurde
diese Ausschliesslichkeit des Firmennamens neu für alle Gesellschaften auf die ganze Schweiz
ausgedehnt; einzig für Einzelunternehmungen ist die Firmenausschliesslichkeit nach wie vor
auf den gleichen Ort beschränkt.
Die Firma wird – zusammen mit anderen Informationen über die Unternehmung – ins
Handelsregister (HR) eingetragen. Das Register wird durch die kantonalen Handelsregister-
ämter geführt und enthält rechtlich relevante Informationen über die eingetragenen Unter-
nehmungen. Weil die Angaben grundsätzlich für die Öffentlichkeit bestimmt sind, kann jeder-
mann im Handelsregister Einsicht nehmen oder sich gegen eine Bearbeitungsgebühr Auszüge
über bestimmte Unternehmungen geben lassen. Eintragungen und Löschungen im Handels-
register werden laufend im täglich erscheinenden «Schweizerischen Handelsamtsblatt» (SHAB)
publiziert und anschliessend in den betroffenen kantonalen Amtsblättern veröffentlicht. Übung 7
Übung 8
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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 20

1.9 Ausgewählte Branchen aus dem Dienstleistungssektor Um einen Reingewinn erzielen zu können, muss ein Handelsbetrieb alle genannten Aufwen-
dungen in seine Verkaufspreise einkalkulieren. Die Differenz zwischen dem Einkaufspreis für
Handelsbetriebe, Banken, Versicherungen und Treuhandunternehmungen sind vier Branchen die Waren und dem Erlös, der beim Verkauf erzielt wird, ist der sogenannte Bruttogewinn.
aus dem Dienstleistungssektor, die in einer kaufmännischen Ausbildung von besonderer Be- «Brutto» deshalb, weil aus diesem Betrag die weiteren Aufwände, wie z. B. die Personal-,
deutung sind. Lager- und Zinskosten oder die Abschreibungen (Wertverminderung des Anlagevermögens),
gedeckt werden müssen. Erst nach Abzug all dieser Kosten erzielt ein Handelsbetrieb mög-
Q Handelsbetriebe licherweise einen Reingewinn.
Wie gelangen aber nun die Kleider in das Kleidergeschäft? Die Produkte durchlaufen von
Ein Kleidergeschäft ist ein typisches Beispiel für einen Handelsbetrieb. Es übernimmt für die der Herstellung bis zum Verkauf verschiedene Etappen. Ausgehend von den Rohstoffen,
Kundschaft den Einkauf bei verschiedenen Fabrikanten im In- und Ausland. Kundinnen und z. B. Rohbaumwolle aus Ägypten, erfolgt die Herstellung eines Kleidungsstückes bei den Pro-
Kunden können damit bequem in einer Boutique an ihrem Wohnort ein Paar Jeans einkau- duzenten in verschiedenen Stufen in in- oder ausländischen Fabriken.
fen, das aus verschiedenen Rohstoffen und Halbfabrikaten (z. B. in Portugal) zum Endpro-
dukt verarbeitet wurde. Die Boutique hält jederzeit eine Auswahl an modischen Kleidern am Q Die Handelskette
Lager. Verkäuferinnen und Verkäufer beraten die Kundinnen und Kunden aufgrund ihrer Er-
fahrung entsprechend deren Wünschen und finanziellen Mitteln bei der Auswahl. Produzenten
Damit umfasst die Dienstleistung einer Boutique drei Funktionen:
Q eine Beschaffungsfunktion Boss Armani Dior Lagerfeld Versace
Deutschland Italia France France Italia
Q eine Lagerfunktion
Q eine Beratungs- oder Sortimentsfunktion © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Gross- oder Engros-Handel
Das Geschäft muss nun allerdings die eingekauften Kleider bezahlen, bevor es einen Ertrag
aus dem Verkauf erhält. Für das auf diese Weise in den Lagerbeständen investierte Kapital Generalimporteur Schweiz
müssen Zinskosten eingerechnet werden. Zusätzlich verursachen die Lager- und Verkaufs-
räumlichkeiten einen Aufwand in Form von Mietzinsen. Der Beratungsaufwand des geschul- Detailhandel
ten Verkaufspersonals schlägt sich schliesslich in der Buchhaltung als Lohnaufwand nieder.
Deswegen ist ein Herrenanzug in einem Kleidergeschäft sicher teurer, als wenn das gleiche Boutique «Arabelle» Boutique «Zacharias»
Produkt direkt ab Fabrik gekauft wird.
Konsumentinnen und Konsumenten
Q Erfolgsrechnung eines Handelsbetriebs

Erfolgsrechnung Der Gross- oder Engroshandel übernimmt in einer ersten Stufe die Beschaffungsfunktion
Warenertrag (Erlös aus Verkäufen) 1 395 000 von Gütern direkt bei den Produzenten und leitet z. B. Rohstoffe an Fabrikationsbetriebe oder
– Warenaufwand (Kosten des Einkaufs) – 558 000
die fertigen Güter an Wiederverkäufer weiter. Aus den Zentrallagern der Grossisten werden
Bruttogewinn 837 000 die sogenannten Wiederverkäufer, die Einzel- oder Detailhändler, beliefert, welche die Pro-
– Gemeinaufwand dukte schliesslich den Konsumenten, den eigentlichen Endverbrauchern, verkaufen.
Personalaufwand (Löhne und Gehälter) 430 000
Handelsbetriebe erleichtern also die Verteilung der Güter zwischen Produzenten und Kon-
Raumaufwand (Mietzinsen) 165 000
Verwaltungsaufwand 75 000 sumenten, indem sie die Güter an geeigneten Orten und in passender Auswahl mit fach-
Zinsaufwand (Kapitalzinsen) 26 000 kundiger Beratung anbieten. Wegen der hohen Arbeitsteilung in unserer Wirtschaft sind
Abschreibungen (auf Einrichtungen) 25 000 – 721 000 Handelsbetriebe nicht mehr wegzudenken; sie erleichtern den Produzenten die Verteilung
Reingewinn 116 000 (Distribution) ihrer Erzeugnisse und den Konsumenten das Einkaufen von Produkten. Aufgabe 4
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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 22

Q Banken Es gibt viele Möglichkeiten, sein Geld anzulegen: Neben einem Bankkonto kann Geld
auch in Edelmetalle (Gold, Silber), in Immobilien (Häuser, Grundstücke) oder in Unterneh-
Als Drehscheiben für Geld und Kapital fällt den Banken die wichtige Aufgabe zu, die Wirt- mungen, die Kapital für Investitionen in ihre Fabrikationsgebäude oder Produktionsma-
schaftsteilnehmer mit genügend Kapital zu versorgen und den Zahlungsverkehr sicherzustel- schinen benötigen, angelegt werden. Anlageberaterinnen und -berater kennen sich in den
len. Im Weiteren erledigen Banken für ihre Kunden den An- und Verkauf von Wertschriften verschiedenen Anlagemöglichkeiten aus und können die Kunden und Kundinnen bei ihrer
im Börsenverkehr. Vermögensverwaltung entsprechend beraten.
Wenn jemand auf einem Jugend- oder Privatkonto Geld einbezahlt, das er nicht benö- Wird Geld in Unternehmungen angelegt, geschieht dies häufig mittels Wertpapieren.
tigt, stellt er damit der Bank Kapital zur Verfügung und erhält dafür einen Zins. Der Zins bil- Wenn z. B. die Betreiberin des Flughafens Zürich, die «Flughafen Zürich AG», für den Ausbau
det eine Art Mietpreis für das zur Verfügung gestellte Kapital. Für Kredite, welche die Bank des Flughafens zweihundert Mio. Franken benötigt, stellt sich die Frage, ob überhaupt
mit diesem Geld gewährt, muss der Kreditnehmer einen etwas höheren Zins bezahlen. Die jemand dazu bereit ist, dem Flughafen Zürich so viel Geld für eine relativ lange Zeit zur Ver-
Banken vermitteln somit Kapital und decken ihre Kosten aus der Differenz der unterschied- fügung zu stellen. Mit Wertpapieren kann dieses Problem gelöst werden, indem der gesamte
lichen Zinssätze. Die Kreditvermittlung als Hauptaufgabe der Banken wird aufgrund der Kapitalbedarf zunächst in kleinere Teilbeträge aufgeteilt, d. h., auf viele Anleger verteilt wird.
unterschiedlichen Zinssätze auch Zinsdifferenzgeschäft genannt. Im Weiteren können Wertpapiere leicht verkauft und dadurch bei Bedarf von den Anlegerin-
Banken erbringen neben der Kreditvermittlung noch weitere Dienstleistungen in den Be- nen und Anlegern wieder in Bargeld gewechselt werden.
reichen Zahlungsverkehr, Vermögensverwaltung und Wertschriften. Für solche Dienstleistun- Die Banken bieten Unternehmungen ihre Dienste bei der Ausgabe von Wertpapieren an
gen verlangen die Banken eine Entschädigung: die Kommission. Die entsprechenden Tätig- und vermitteln dabei Kapital zwischen Kapitalgebern und Unternehmungen. Falls ein Kapi-
keiten werden deshalb «Kommissionsgeschäfte» genannt. talgeber sein investiertes Geld später zurückziehen will, kann er dies durch den Verkauf sei-
Im Geschäftsverkehr werden nur noch wenige Rechnungen bar bezahlt. Abgesehen vom nes Wertpapiers an der Börse tun. Die an der Börse gehandelten Wertpapiere werden auch
Risiko eines Diebstahles ist eine Barzahlung zwischen Geschäftspartnern meistens sehr um- Effekten genannt. An Effektenbörsen sind aus organisatorischen und rechtlichen Gründen
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ständlich. Viel einfacher ist die bargeldlose Zahlungsabwicklung
Persönliches Exemplar von über
Arantxadie Bank.Espasandín,
Gándara nur ausgewählte Banken zugelassen. Sie ermöglichen mit dem Wertpapierhandel die ge-
Voraus-3018 Bern
setzung dafür ist allerdings, dass beide Partner über ein Bankkonto verfügen. Gutschriften wünschten Käufe und Verkäufe zwischen verschiedenen Kapitalgebern.
und Belastungen werden dann auf den
Kontokorrentkonten der Bankkunden ver- Q Gliederung der Bankgeschäfte
rechnet, indem der entsprechende Betrag
auf dem Konto des Gläubigers gutgeschrie- Bankgeschäfte
ben und auf demjenigen des Schuldners be-
lastet wird.
Weitere Dienstleistungen im Bereich der
Zahlungsvermittlung bilden Geldautomaten Kreditvermittlung Indifferente oder bilanzneutrale Geschäfte
(Zinsdifferenzgeschäft) (Kommissionsgeschäfte)
sowie der Handel mit ausländischen Wäh-
rungen. Während es im Notengeschäft um
den An- und Verkauf von ausländischen
Münzen und Banknoten geht, versteht man
Aktivgeschäft Passivgeschäft Zahlungs- Effektengeschäft
unter dem Devisengeschäft den bargeldlo- Ausleihung von Entgegennahme von vermittlung Ausgabe sowie
sen Zahlungsverkehr mit Fremdwährungen. Geldern an die Kunden Kundengeldern Zahlungsverkehr und An- und Verkauf
Der Unterschied zwischen dem Ankaufs- Handel mit fremden von Wertpapieren,
Die 62 Regionalbanken und Sparkassen in der und Verkaufspreis für die entsprechenden Währungen Anlageberatung /
Schweiz sind hauptsächlich im Spar- und Währungen entschädigt die Bank für ihre Vermögensverwaltung
erscheint in der Aktiv- bzw. Passivseite der Bankbilanz
Hypothekargeschäft (Kreditvermittlung) tätig.
Umtriebe.

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 24

Q Versicherungen Sachversicherungen decken Schäden, die durch Beschädigung, Zerstörung oder Verlust
von Gütern oder Waren entstehen. Ein Beispiel dafür ist eine Mobiliarversicherung, durch
Die Dienstleistung einer Versicherung besteht darin, ihre Kunden vor den finanziellen Folgen welche Schäden an Möbeln und Einrichtungsgegenständen in einem Haushalt versichert sind.
eines Schadens teilweise oder vollumfänglich zu schützen. Schadenfälle treten für den Ein- Durch Vermögensversicherungen können allfällige Geldzahlungen versichert werden, die
zelnen mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit ein. Falls sich ein solches Ereignis jedoch durch Haftpflichtansprüche entstehen. Wenn jemand beispielsweise mit einem Motorfahr-
tatsächlich abspielt, können die finanziellen Folgen die Möglichkeiten des Einzelnen bei Wei- zeug einer Drittperson einen Schaden zufügt, wird die obligatorische Motorfahrzeug-Haft-
tem übersteigen. Wenn jemand beispielsweise mit dem Auto einen Fussgänger (Ehemann pflichtversicherung einen solchen Schaden decken. Sach- und Vermögensversicherung
und Vater von zwei Kindern) anfährt und dieser an den Verletzungen stirbt, muss der Scha- werden mehrheitlich von privaten Versicherungsgesellschaften getragen. Grosse Unterneh-
densverursacher aufgrund der Haftpflicht mit Forderungen in Millionenhöhe rechnen. mungen wie die Zurich, Axa Winterthur oder die Bâloise haben in ihrem Sortiment Versiche-
Nach welchen Grundsätzen funktioniert eine Versicherung? Für einen Versicherungs- rungen aus allen drei Sparten.
schutz haben die Versicherten der Versicherungsgesellschaft regelmässig einen bestimmten Versicherungsunternehmungen sollten aufgrund ihrer Aufgabe zwangsläufig (sehr) viele
Geldbetrag, eine «Prämie», zu überweisen. Die Gesellschaft verwaltet die Geldbeträge und Versicherte haben. Je grösser nämlich die Zahl der erfassten Personen, Güter und Sachwerte,
benützt sie für die Bezahlung der Versicherungsleistungen im Schadensfall. die von der gleichen Gefahr bedroht sind, desto geringer wird der Einfluss des Zufalls. Es kann
Alle Versicherungsnehmer zusammen bilden somit eine Gefahrengemeinschaft, die auf damit zwar nichts darüber ausgesagt werden, wer künftig von einem Schaden betroffen
dem Solidaritätsprinzip basiert: Wenn jemand aus der Gemeinschaft einen Schaden erleidet, wird, wohl aber, wie viele der in der Risiko-
werden die finanziellen Folgen aus den Prämien aller Versicherten bezahlt. Die Rechte und gemeinschaft zusammengeschlossenen Per-
Pflichten der Vertragspartner, der Inhalt des Versicherungsvertrages, wird in der Versiche- sonen einen bestimmten Unglücksfall erlei-
rungspolice und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) festgehalten. den werden. Aufgrund dieses «Gesetzes
Die Vielzahl von Versicherungen können unterschiedlich gegliedert werden; eine gute der  grossen Zahl» kann durch versiche-
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Übersicht ergibt die Unterscheidung nach dem Persönliches
«Gegenstand» der
Exemplar vonVersicherung. rungsmathematische Berechnungen die
Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
voraussichtliche Schadenssumme relativ ge-
Q Übersicht Versicherungen nau berechnet werden. Deshalb gilt für
Versicherungen: Je mehr Kunden und Kun-
Gliederung der Versicherungen dinnen in einer Gefahrengemeinschaft ein-
geschlossen sind, desto besser wird der
Risikoausgleich und desto geringer das un- 3000 Schadenmeldungen sind nach dem Sturm
Burglind bei der Solothurner Gebäudeversicherung
ternehmerische Risiko, weil nicht alle Ver-
eingegangen. Die Schadensumme erreicht 10 Mil-
Personenversicherungen Sachversicherungen Vermögensversicherungen sicherungsnehmer gleichzeitig einen Scha- lionen Franken.
den erleiden werden. Übung 9

Bei Personenversicherungen sind Personen hinsichtlich Heilungskosten, Erwerbsausfall, Alter


oder Tod versichert. Typische Beispiele sind die AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung),
Pensionskassen oder Lebensversicherungen. Während die obligatorische AHV als staatliche
«Versicherungsunternehmung» ausgestaltet ist und z. B. auch die SUVA, als wichtigste Trä-
gerin der obligatorischen Unfallversicherung, eine öffentliche Unternehmung ist, werden
Pensionskassen oder Lebensversicherungen von privaten Unternehmungen getragen.

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 26

Q Treuhandunternehmungen

In der Branche der Treuhandunternehmungen bieten sowohl viele kleinere Treuhandbüros


als auch die grossen, bekannten Treuhandgesellschaften ein vielfältiges Angebot an Dienst-
leistungen an.

Q Übersicht über die Aufgaben von Treuhandunternehmungen

Aufgaben Treuhandunternehmungen

Treuhand im engeren Sinn

Kaufmännische Beratungen Revision


Dienstleistungen Wirtschaftsprüfung
■ Buchhaltung führen ■ Gründung von ■ Buchhaltungen
■ Liegenschaftsverwaltung Unternehmungen kontrollieren
■ Erstellen von Steuer- ■ Steuerberatungen
erklärungen und Mehrwert- ■ Geschäftsübernahmen
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steuer-Abrechnungen Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

Treuhandunternehmungen sind für andere Unternehmungen tätig. Sie richten z. B. Informa-


tiksysteme für das elektronische Führen der Buchhaltung ein, unterstützen die Verantwortli-
chen bei Fachfragen oder übernehmen die komplette Buchführung. Treuhänder erledigen
die Liegenschaftsverwaltung, wenn eine Unternehmung Häuser besitzt. Solche Verwaltungs-
arbeiten reichen vom Erstellen der Mietverträge über den Einzug der Mietzinsen bis hin zur
Bezahlung der Unterhaltsarbeiten und des Hauswarts. Ebenso helfen Treuhandunternehmun-
gen bei steuerlichen Fragen, übernehmen das Ausfüllen von Steuererklärungen oder erledi-
gen Mehrwertsteuer-Abrechnungen.
Mit ihrem Fachwissen beraten Treuhandunternehmungen ihre Kunden bei kaufmänni-
schen Entscheidungen, bei der Gründung einer Unternehmung, bei Finanzierungsfragen, bei
Sanierungen oder bei der Übernahme von Geschäften.
Speziell qualifizierte Treuhänder überprüfen mit ihrem Fachpersonal, ob die Buchhaltung,
vor allem bei Aktiengesellschaften, GmbH und Genossenschaften, gemäss den gesetzlichen
Aufgabe 5 Vorschriften geführt wird. Diese Tätigkeit wird als Revision oder auch Wirtschaftsprüfung
Übung 10 bezeichnet, sie darf nur von speziellen Revisionsunternehmen und zugelassenen Revisions-
Übung 11 experten durchgeführt werden.

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 28

9 Das haben Sie gelernt Offene Fragen

Bedürfnisse als Ausgangspunkt des wirtschaftlichen Handelns definieren


Bedürfnisse in verschiedene Kategorien gliedern
Die Bedürfnispyramide gemäss der Theorie von Maslow erklären
Den Unterschied zwischen Bedürfnis und Nachfrage erklären
Freie und wirtschaftliche Güter unterscheiden
Hauptkategorien von wirtschaftlichen Gütern definieren und konkrete Beispiele
von Gütern dieser Einteilung zuordnen
Die drei Wirtschaftssektoren definieren und konkrete Unternehmungen diesen
Sektoren zuordnen
Unternehmungen nach der Anzahl der Beschäftigten unterschiedlichen Grössen-
kategorien zuordnen
Den Begriff «KMU» definieren und die Bedeutung der KMU begründen
Die unterschiedlichen Rechtsformen von Unternehmungen gliedern
Das Vorkommen von verschiedenen Rechtsformen
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SKV AG: erklären
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Mögliche Eigentumsverhältnisse von Unternehmungen unterscheiden
Die Notwendigkeit von staatlichen Unternehmungen begründen
Grundsätze der Firmenbildung und diese auf konkrete Beispiele anwenden
Das Handelsregister in allgemeiner Art charakterisieren
Die Funktion von Warenhandelsbetrieben erklären
Den Begriff «Bruttogewinn» im Warenhandel definieren und den Unterschied zum
«Reingewinn» begründen
Den Weg von Handelsgütern in der Handelskette erläutern
Das Geschäftsfeld der Banken beschreiben
Bankgeschäfte nach Zinsdifferenz- und Kommissionsgeschäft unterscheiden
Das Funktionsprinzip von Versicherungen beschreiben
Versicherungen nach dem Gegenstand der Versicherungen gliedern
Die Aufgabenbereiche von Treuhandunternehmungen beschreiben

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9 Diese Begriffe können Sie erklären

Bedürfnis Private Unternehmungen


Existenz- / Wahlbedürfnisse Staatliche Unternehmungen
Grund- / Luxusbedürfnisse Service public
Individual- / Kollektivbedürfnisse Gemischtwirtschaftliche Unternehmungen
Materielle / immaterielle Bedürfnisse Firmenrecht
Bedürfnispyramide nach Maslow Firma
Güter Firmenwahrheit
Freie Güter / wirtschaftliche Güter Firmenausschliesslichkeit
Sachgüter / immaterielle Güter / Dienstleistungen / Rechte Handelsregister
Konsumgüter / Investitionsgüter Handelsbetriebe
Gebrauchsgüter / Verbrauchsgüter Beschaffungsfunktion
Branchen Lagerfunktion
Erster / primärer Wirtschaftssektor Sortiments- / Beratungsfunktion
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Zweiter / sekundärer Wirtschaftssektor Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Bruttogewinn / Reingewinn
Dritter / tertiärer Wirtschaftssektor Grosshandel / Einzelhandel
Unternehmungsgrösse Handelskette
Mikrounternehmen / Kleine Unternehmen / Mittlere Unternehmen / Banken
Grosse Unternehmen / KMU Zinsdifferenzgeschäft
Rechtsformen Kommissionsgeschäft
Einzelunternehmung Versicherungen
Gesellschaftsunternehmungen Solidaritätsprinzip
Handelsgesellschaften Prämie / Police
Genossenschaft Personen- / Sach- / Vermögensversicherung
Personengesellschaften Treuhandunternehmungen
Kollektivgesellschaft Revisionen
Kapitalgesellschaften
Aktiengesellschaft
Gesellschaft mit beschränkter Haftung

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Übung 1 Bedürfnisse Übung 2 Bedürfniskategorien

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Zu welchen Bedürfniskategorien gehören

Immaterielles Bedürfnis
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. die folgenden Aussagen?

Materielles Bedürfnis
Individualbedürfnis
Grundbedürfnis
Es sind Mehrfachnennungen möglich.

Kollektivbedürfnis
Existenzbedürfnis

Luxusbedürfnis
a) Ausgangspunkt für wirtschaftliches Handeln ist die Werbung, welche die

Wahlbedürfnis
verfügbaren Güter und Dienstleistungen den Konsumenten bekannt macht.

b) Bedürfnisse können nach ihrer Dringlichkeit in Existenz- und Wahlbedürfnisse


und nach dem Bedürfnisträger in materielle und immaterielle Bedürfnisse A B C D E F G H
gegliedert werden. a) Marc Bucher hätte gerne ein Sony-Heim-
kinosystem.
b) Beatrice Kummer sieht sich Filme lieber in
c) Grund- und Luxusbedürfnisse sind Unterkategorien der Wahlbedürfnisse. einem «richtigen» Kino an. Sie freut sich
Die Zuordnung einzelner Güter zu diesen beiden Gruppen ist auch von den auf das neue Multiplex-Kino in ihrer Stadt.
Wertvorstellungen einer Gesellschaft abhängig. c) Politiker fordern eine «zweite Röhre»
(Autobahntunnel)
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Gymnasium den Gotthard. 2021
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d) Carla Biasotto aus Affoltern am Albis
d) Wenn in einer Gesellschaft nach den Grund- auch die Luxusbedürfnisse verbringt fast jedes Wochenende in ihrer
abgedeckt sind, stagniert die Wirtschaft auf hohem Niveau. Zweitwohnung im Tessin.
e) In der Auffangstelle in Kreuzlingen werden
Asylsuchende mit dem Nötigsten versorgt.
f) Rund 60 % aller Schülerinnen und Schüler
e) Das Selbstverwirklichungsbedürfnis steht gemäss der Theorie von Maslow an
des Bildungszentrums Bolgen verpflegen sich
der Spitze der fünfstufigen Pyramide.
in der Mensa.
g) Oliver besucht die Grundschule
(2. Primarklasse) in seiner Wohngemeinde.
f) Die sozialen Bedürfnisse sind gemäss Maslow durch das Bedürfnis nach h) Irène, seine Klassenkameradin, besucht in der
sozialem Ansehen bzw. der Stellung in der Gesellschaft definiert. Nachbargemeinde zusätzlich zwei Lektionen
«English for Kids» bei einer Privatlehrerin.
i) Roberto trainiert pro Woche zweimal in
einem Fitnesscenter.
j) Simone feiert mit ihrem Mann Leon den
5. Hochzeitstag in einem exklusiven Fein-
schmecker-Restaurant.

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Übung 3 Wirtschaftliche Güter Übung 4 Verschiedene Güterarten

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Zu welcher Güterart gehören die folgenden
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. Güter? Es sind Mehrfachnennungen möglich.

Dienstleistungen
Immaterielle Güter

Investitionsgüter

Verbrauchsgüter
Gebrauchsgüter
a) Unternehmungen stellen durch den Einsatz der Produktionsfaktoren Güter her

Konsumgüter
und bieten diese am Markt an.

Sachgüter

Rechte
b) Das Angebot der Unternehmungen trifft am Markt auf die Bedürfnisse der
Menschen. A B C D E F G H
a) Finanzberatung einer Bank für eine
Schreinerei
b) Schleifmaschine in einer Schreinerei
c) Erst wenn die Bedürfnisse mit genügend Kaufkraft ausgestattet sind, entsteht
am Markt ein Angebot.
c) Heizöl im Tank eines Einfamilienhauses

d) Mietvertrag für das Auto einer Touristin


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d) Unter dem Produktionsfaktor Arbeit verstehen wir neben
Persönliches dervon
Exemplar reinen Arbeit
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auch das «Wissen» für die Herstellung von Sachgütern und Dienstleistungen. e) Mietauto auf dem Areal einer Autovermietung

f) Sitzgruppe im Wohnzimmer der Familie Gerber

e) Wenn ein Gut in unbeschränktem Mass vorhanden ist, sodass es nicht g) Werkstattgebäude einer Malerei
bewirtschaftet werden kann, sprechen wir von einem freien Gut.
h) Hotelübernachtung eines Aussendienst-
mitarbeiters
i) Der Arbeitsvertrag einer Angestellten bei
f) «Konsumgüter» ist der Überbegriff für die Gesamtheit der von den
einem Reisebüro
Unternehmungen hergestellten Güter.
j) Mobilfunk-Lizenz für das Gebiet der Schweiz

k) Nachtessen im Kreis von Freunden und


g) Unter einer Lizenz verstehen wir das Recht zur alleinigen Nutzung oder Freundinnen
Verwertung einer Erfindung.

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Übung 5 Wirtschaftssektoren Übung 6 Unternehmungsgrösse

Bestimmen Sie, welchem Wirtschaftssektor (1, 2 oder 3) die folgenden Unternehmungen Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in
bzw. Tätigkeitsbereiche einzelner Unternehmungen angehören. das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a) Bauernhof Charlottenfels, Arni, Gartenbau und Planung a) In der Schweiz sind weit über 90 % aller Betriebe sogenannte KMU;
Neuhausen am Rheinfall sie beschäftigen zwei Drittel aller Arbeitskräfte.
k) Bereich
b) Mode Vabene, Wil «Planung Gartenanlagen»
l) Bereich «Baumschulen»
c) Glarner Kantonalbank, Glarus b) Unter KMU verstehen wir Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten.

d) Amrein Bau AG, Emmen Antiquitäten Hermann Zwicker

m) Bereich «An- und Verkauf» c) Mikrounternehmen sind kleine Betriebe mit bis zu 9 Beschäftigten.
e) Metallwalzwerke AG,
Menziken
n) Bereich
f) Leinenweberei, Langenthal «Renovation alter Möbel»
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(Produktionsmenge)
Welche Kriterien sind bei den folgenden
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Umsatz in Franken
A. Läubli, Fischerei und Fischhandel

Honorarvolumen
g) Kieswerk Rubigen, Bolligen Branchen für Betriebsgrössenvergleiche,

Prämienerträge

(Bilanzsumme)
Anzahl Filialen
o) Bereich «Fischfang» neben der Anzahl der Beschäftigten,

Vermögen
am aussagekräftigsten?

Kapazität
h) Spital Thurgau AG,

Output
Frauenfeld p) Bereich
i) Oberflächenbeschichtung «Handel mit Nordseelachs»
Hafner AG, Flawil q) Bereich «Fisch-Räucherei» U H P V F K O
d) Detailhandel
j) Pastorini Spielwaren, Zürich
e) Banken

f) Versicherungen

g) Transportunternehmungen

h) Energieerzeugung

i) Treuhandunternehmungen

j) Produktionsbetriebe

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Übung 7 Eigentumsverhältnisse / Rechtsform / Firma Übung 8 Einzelunternehmung, GmbH oder AG?

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Welche Rechtsform würden Sie bei den folgenden Aussagen empfehlen?

Einzelunternehmung
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a) Bei den Gesellschaftsunternehmungen wird zwischen Genossenschaften


einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits unterschieden.

GmbH

AG
b) Erschwingliche Preise und eine regional gleichmässige Versorgung mit Gütern
sind Beispiele für das öffentliche Interesse an staatlichen Unternehmungen. E G A
a) Ich will das unternehmerische Risiko nicht alleine tragen.

b) Ich will über die Gewinnverteilung alleine entscheiden.


c) Die Firmenausschliesslichkeit für Einzelunternehmungen ist in der ganzen
Schweiz garantiert. c) Ich will ausschliesslich mit dem in der Unternehmung investierten
Kapital haften.
d) Ich möchte in der Firma nicht mit meinem Namen in Erscheinung
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d) Bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen habenExemplar
Persönliches der Staat
von und dieGándara Espasandín, 3018 Bern treten.
Arantxa
privaten Miteigentümer Einfluss auf die Geschäftsführung. e) Nach meinem Tode soll die Unternehmung (oder mein Anteil daran)
problemlos unter den Erben aufgeteilt werden können.
f) Ich will das Haftungsrisiko möglichst gering halten, mein starkes
persönliches Engagement aber dennoch deutlich machen.
e) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nicht gewinnorientiert, sondern
dient in erster Linie der Selbsthilfe. g) Meine Tochter soll dereinst mein Geschäft übernehmen; die Rechtsform
soll eine schrittweise Übernahme der Verantwortung begünstigen.
h) Die Unternehmung soll in Zukunft unter einer neuen Firma auftreten,
die nicht mehr an den alten Namen erinnert.
f) Die Firma einer GmbH muss zwingend den Zusatz «GmbH» enthalten.
i) Es ist mir nicht gelungen, mit eigenen Sicherheiten die notwendigen
Bankkredite für Erweiterungsinvestitionen zu erhalten.
j) Ich habe kapitalkräftige Partner gefunden, die sich jedoch nicht selbst
g) Gemischtwirtschaftliche Unternehmungen heissen so, weil sie ihre Produkte in der Unternehmung engagieren möchten.
oder Dienstleistungen sowohl dem Staat als auch Privatpersonen verkaufen. k) Jeglicher Papierkram ist mir ein Gräuel. Ich möchte den administrati-
ven Aufwand deshalb minimieren.
l) Ich möchte nicht nur vom Kapital eines Partners, sondern auch von
seinem unternehmerischen Know-how profitieren.

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Übung 9 Dienstleistungsbranchen Banken / Versicherungen Übung 10 Dienstleistungsbranchen Handel / Treuhand

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a) Der Zahlungsverkehr und der Handel mit fremden Währungen gehört zu den a) Konsumentinnen und Konsumenten, die ein Produkt direkt beim Produzenten
Kommissionsgeschäften einer Bank. kaufen, verzichten damit auf die Sortiments- und Beratungsfunktion.

b) Die Zinssätze, die Banken für ihre Kredite verlangen, sind höher als die b) Die Beschaffungsfunktion des Handels ist daran erkennbar, dass die
Zinssätze für Spareinlagen. Konsumenten Produkte verschiedener Produzenten beim gleichen Händler
kaufen können.

c) Zur Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs über eine Bank benötigen


die Kunden nicht unbedingt ein Konto bei der entsprechenden Bank. c) Je besser die Lagerfunktion wahrgenommen wird, desto besser kann auch
die Sortimentsfunktion erfüllt werden.

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d) Die Ausgabe von Wertpapieren sowie der Kauf und Verkauf
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an der Börse sind sogenannt indifferente Geschäfte der Banken. d) Personal-, Raum-, Verwaltungs- und Zinsaufwand sowie Abschreibungen
werden im Warenhandel unter dem Begriff «Bruttoaufwand» zusammengefasst.

e) Der Ort, an dem Wertpapiere gehandelt werden, ist die Devisenbörse.


e) Neben der Beratung in Steuerfragen gehört auch die Personalvermittlung zu
den klassischen Aufgaben einer Treuhandunternehmung.

f) Die obligatorische Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung zählt zur Gruppe


der Sachversicherungen.
f) Treuhandunternehmungen sind spezialisiert auf Finanzfragen kleinerer Unter-
nehmungen: Buchhaltung, Revision, Vermittlung von Kapital, Steuern.

g) Versicherungen lohnen sich für eine Versicherungsgesellschaft nur dann,


wenn die Summe der Prämieneinnahmen grösser als der maximale Schaden ist.
g) Der Begriff «Treuhandunternehmung» weist darauf hin, dass diese Branche
für jede Form der Vermögensverwaltung geeignet ist.

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Übung 11 Verschiedene Dienstleistungsbranchen

Handelsbetrieb
Für welche Branchen treffen die folgenden Aussagen zu?

unternehmung
Versicherung
Treuhand-
Bank
a) … hält einen gewissen Bestand am Lager, um die Kundschaft
schnell beliefern zu können.
b) … übernimmt Verwaltungsarbeiten, die bei der Vermietung
von Liegenschaften anfallen.
c) … behandelt Schadenereignisse, die der Einzelne in der Regel
finanziell nicht selber tragen kann oder will.
d) … erledigt sowohl die Ausgabe als auch den Kauf und Verkauf
von Wertpapieren.
e) … berät Unternehmungen bei Geschäftsübernahmen oder
Gründungen von neuen Unternehmungen.
f) … berät vermögende Personen hinsichtlich ©verschiedener
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Anlagemöglichkeiten von Kapital.
g) … muss aufgrund ihrer eigentlichen Aufgabe sehr viele
Kundinnen und Kunden haben.
h) … rechnet in der Preiskalkulation mit dem Begriff
«Bruttogewinn».
i) … übernimmt Revisionen, d. h. die Kontrolle der Buchführung
von anderen Unternehmungen.
j) … übernimmt als Dienstleistung die gesamte Führung der
Buchhaltung für einen Betrieb.
k) … zahlt, falls ein Kunde einen finanziellen Schaden erleidet,
sofern dies im Vertrag abgemacht wurde.
l) … vermittelt Kapital zwischen verschiedenen Wirtschafts-
partnern (Unternehmungen und Private).
m) … berät Private und Unternehmungen in Steuerfragen.

n) … berät die Kunden bei der Wahl des richtigen Konsumgutes.

o) … bereitet Nachfolgeregelungen für Unternehmungen vor.

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 36

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Aufgabe 1 Wirtschaftssektoren und Unternehmungsgrössen

a) Suchen Sie für die drei Wirtschaftssektoren konkrete Beispiele von Unternehmungen aus Ihrer Region, die der Umschreibung des jeweiligen Sektors entsprechen.

Wirtschaftssektoren

Rohstoffgewinnung Fabrikation / Verarbeitung Dienstleistungen


Erster (primärer) Sektor Zweiter (sekundärer) Sektor Dritter (tertiärer) Sektor
Gewinnung von Naturerzeugnissen Verarbeitendes Gewerbe und Industrie Nicht materielle Güter
Energie- und Wasserversorgung, Baugewerbe
Unternehmung Beschäftigte Grösse Unternehmung Beschäftigte Grösse Unternehmung Beschäftigte Grösse

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b) Bestimmen Sie zu Ihren Beispielen die jeweilige Anzahl der Beschäftigten und ergänzen Sie damit Ihre Liste unter a).
Ordnen Sie die Unternehmungen anschliessend aufgrund der Anzahl der Beschäftigten einer der folgenden Kategorien zu.

Unternehmungsgrössen

Mikrobetriebe Kleinbetriebe Mittelbetriebe Grossbetriebe

1 – 9 Beschäftigte 10 – 49 Beschäftigte 50 – 249 Beschäftigte über 250 Beschäftigte

c) Interpretieren Sie Ihre Zusammenstellung. Was stellen Sie aufgrund Ihrer Beispiele fest?

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 38

Aufgabe 2 Aktiengesellschaft oder GmbH?

Hans Forstmoser hat vor zehn Jahren eine Gartenbauunternehmung gegründet. Die Unter- Kriterium Einzel- GmbH AG
nehmung hat sich in dieser Zeit erfolgreich entwickelt und beschäftigt derzeit rund 15 Mit- unternehmung
arbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Firma Forstmoser ist in der mittelgrossen, prosperierenden
Geschäftsführung Eigentümer alleine Alle Gesellschafter, Verwaltungsrat (evtl.
Stadt gut etabliert und bekannt für die Gesamtgestaltung von Gartenanlagen.
(Arbeitsteilung) sofern nichts Direktion) gemäss
anderes abgemacht Mehrheitsbeschluss
In letzter Zeit sind die folgenden Tendenzen erkennbar:
der Aktionäre
Q Kleine, arbeitsintensive Gartenarbeiten werden an kleinere Konkurrenzunterneh-
mungen vergeben, weil diese günstigere Offerten unterbreiten. Die Gartenbauunter- Möglichkeit der Eigenkapital durch Eigenkapital durch Eigenkapital durch
nehmung Forstmoser erhält eher die grösseren Aufträge, bei denen sich der Einsatz Kapitalbeschaffung eine Person die Gesellschafter die Aktionäre ge-
von Maschinen lohnt. Diese Maschinen müssen teilweise von Bauunternehmungen (= Eigentümer) gemeinsam. meinsam.
gemietet werden. alleine. Kredite bei Banken Kredite bei Banken
Q Am Rande der Stadt entstehen neue Einfamilienhausquartiere für eine eher wohl- Kredite bei Banken oder weiteren oder weiteren
habende Bevölkerungsgruppe. Dabei überlegen sich immer mehr Hauseigentümer oder weiteren Kreisen Kreisen
den Bau eines eigenen Swimmingpools, eines separaten Gartenhauses oder Kreisen
eines Tennisplatzes. Haftung bei Haftet alleine und Haftung ausschliess- Haftung ausschliess-
Konkurs der mit dem gesamten lich mit dem Gesell- lich mit dem Gesell-
Hans Forstmoser möchte sich in Zukunft auf diese Arbeiten, die spezielle Kenntnisse und Unternehmung Vermögen schaftsvermögen schaftsvermögen
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ziemlich viel Kapital erfordern, konzentrieren. Er kann dieExemplar
Persönliches notwendigen
von ArantxaInvestitionen aber3018 Bern
Gándara Espasandín, Steuerliche Nur der Eigentümer Wirtschaftliche Wirtschaftliche
nicht aus der eigenen Tasche finanzieren. Neben der Aufnahme eines Bankkredites überlegt Belastung wird besteuert Doppelbesteuerung: Doppelbesteuerung:
er sich deshalb die Zusammenarbeit mit kapitalkräftigen Partnern, die sich an der Unter- Unternehmung und Unternehmung und
nehmung beteiligen möchten. In diesem Zusammenhang prüft er eine Umwandlung seiner Eigentümer werden Eigentümer werden
Einzelunternehmung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Ak- besteuert besteuert
tiengesellschaft (AG). Mögliche Anony- Firma enthält zwin- Firma frei wählbar; Firma frei wählbar;
mität der Mit- gend den Namen Zusatz «GmbH» ist Zusatz «AG» ist
Beraten Sie Hans Forstmoser bei seinem Entscheid. Berücksichtigen Sie dabei die folgenden eigentümer des Unternehmers zwingend zwingend
Informationen über die Besonderheit der einzelnen Rechtsformen. (Firma = Name
der Unter-
nehmung)

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Kriterium GmbH Aktiengesellschaft
Geschäftsführung

Möglichkeit der
Kapitalbeschaffung

Haftung bei Konkurs


der Unternehmung

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Steuerliche Belastung

Mögliche Anonymität
der Miteigentümer

Beurteilung insgesamt

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 40

Aufgabe 3 Wem soll der Flughafen Zürich gehören?


Textauszug aus der Website der Flughafen Zürich AG: Während die einen den Flughafen Zürich als
Tor zur Welt und als zentralen Faktor der
Als privatisiertes Unternehmen betreiben wir im Auftrag des Bundes die national und interna- wirtschaftlichen Entwicklung in der Flugha-
tional etablierte Verkehrs- und Begegnungsdrehscheibe der Schweiz – den Flughafen Zürich. fenregion und der Schweiz betrachten, be-
Wir beschäftigen rund 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gemeinsam mit über 270 Flug- urteilen andere eine solche Entwicklung als
hafenpartnern, die insgesamt zirka 25 000 Menschen beschäftigten, sorgen wir dafür, dass die masslos übertrieben. Sie wehren sich gegen
Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs Luftfahrt in Zürich zuverlässig funktioniert. weitere Ausbaupläne des Flughafens, um
Die Flughafen Zürich AG ist Eigentümerin und Betreiberin des interkontinentalen Flugha- die Bevölkerung in der Flughafenregion vor
fens Zürich und wurde in der heutigen Form am 1. Januar 2000 mit Sitz in Kloten gegründet. unzumutbarem Fluglärm und anderen
Die Gesellschaft betreibt zudem gemeinsam mit lokalen Partnern Flughäfen im Ausland. Als durch den Flugbetrieb verursachten Immis-
börsenkotiertes Unternehmen ist sie wettbewerbsorientiert und bietet ihren Aktionärinnen und sionen zu schützen.
Aktionären eine im Branchenvergleich attraktive Rendite. Das Management und die Mitarbei- In diesem Zusammenhang wurde in der Vergangenheit mittels einer (inzwischen abge-
tenden sämtlicher Stufen arbeiten erfolgsorientiert und schaffen unternehmerischen Mehrwert. lehnten) kantonalen Volksinitiative versucht, die private Unternehmung Flughafen Zürich in
Die Betreiberin des Flughafens Zürich bezieht bei der Strategie und deren Umsetzung die drei eine staatliche Unternehmung umzuwandeln. Die Gegner eines Flughafenausbaus sind über-
Dimensionen Wirtschaftlichkeit, Umwelt und Gesellschaft in die Entscheidungsprozesse ein. zeugt, dass die Bevölkerung ihre Interessen in einer rein staatlichen Unternehmung besser
Ziel ist es, dank dieser Betrachtungsweise die Wettbewerbsfähigkeit und Glaubwürdigkeit sowie einbringen könnte.
den Wert des Unternehmens nachhaltig zu steigern. Flughafenbefürworter sind dagegen der Meinung, dass nur eine private Unternehmung
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den Ansprüchen der dynamischen Entwicklung im Luftverkehr gerecht werden kann.
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Textauszug aus den Statuten der Flughafen Zürich AG:
Wem soll der Flughafen Zürich gehören: dem Staat oder privaten Eigentümerinnen und
Der Verwaltungsrat besteht aus sieben bis neun Mitgliedern. Eigentümern? Oder gibt es eine dritte Variante? Begründen Sie Ihre Meinung, indem Sie die
Die Mitglieder des Verwaltungsrates werden, mit Ausnahme der Vertreter des Kantons Vor- und Nachteile der verschiedenen Eigentumsverhältnisse aufzeigen.
Zürich, durch die ordentliche Generalversammlung für die Dauer von jeweils einem Jahr
gewählt, …
Die Gesellschaft räumt dem Kanton Zürich in Anwendung … das Recht ein, drei von sieben
oder acht bzw. vier von neun Verwaltungsratssitzen mit seinen Vertretern zu besetzen.
Die Gesellschaft räumt der Stadt Zürich das Recht zum Wahlvorschlag für eines der von
der Generalversammlung zu wählenden Mitglieder ein, solange die Stadt Zürich mit mindes-
tens fünf Prozent am Aktienkapital beteiligt ist.

Textauszug aus dem Geschäftsbericht der Flughafen Zürich AG:

Bedeutende Aktionäre: Per Stichtag 31. Dezember 2010 besitzt der Kanton Zürich 33,33 % plus
eine Aktie und die Stadt Zürich 5 % der Aktien bzw. der Stimmrechte der Gesellschaft. Es gibt
keine weiteren Aktionäre, welche über eine Beteiligung von mehr als 5 % der stimmberechtig-
ten Aktien verfügen.

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1. Variante 2. Variante 3. Variante
Staatliche (öffentliche) Unternehmung Private Unternehmung Gemischtwirtschaftliche Unternehmung
Besitzverhältnisse

Vorteile

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Nachteile

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 42

Aufgabe 4 Warum Handelsbetriebe keine Schmarotzer sind

«Eine Boutique kauft Kleider ein und verkauft diese teurer weiter. Ausser einem neuen Preis- Wie gelangen nun aber die Kleider in
schild wird dem Kleid eigentlich nichts hinzugefügt. Solche Handelsbetriebe verteuern die die Boutique? Die Produkte durchlaufen im
Produkte unnötig, sie leben auf Kosten von uns Konsumenten und sind damit eigentliche Warenhandel von der Herstellung bis zum
Schmarotzer im Wirtschaftskreislauf.» Verkauf verschiedene Etappen (Handels-
kette). Die Produktion erfolgt in in- oder
Diesem Vorwurf stellt sich die Inhaberin einer Boutique entschieden entgegen. Lesen Sie den ausländischen Fabriken. Durch den Gross-
folgenden Text und fassen Sie diesen auf einem separaten Blatt zusammen (oder mithilfe handel oder Engroshandel wird aus dem
einer Mind-Map). vielfältigen Warenangebot ein erstes Mal
ausgewählt. Aus den Zentrallagern der
«Nein, Handelsbetriebe sind keine Schmarotzer im Wirtschaftskreislauf. Sie erfüllen mit Grossisten werden die sogenannten Wie-
ihren verschiedenen Dienstleistungen wichtige Funktionen, obwohl sie den Produkten nichts derverkäufer (Detail- oder Einzelhändler)
hinzufügen. Betrachten wir als Beispiel eine Boutique: Kleider sind in einer Boutique sicher beliefert, welche die Produkte dann den
teurer als direkt ab Fabrik. Das hat folgende Gründe: Eine Boutique übernimmt für Sie ein- Konsumenten, den eigentlichen Endver-
mal den Einkauf bei verschiedenen Fabrikanten, d. h., eine erste Dienstleistung ist das Be- brauchern, verkaufen.
schaffen der Kleider (Beschaffungsfunktion). Selbst wenn also beim Produkt selber keine Änderung erkennbar ist, erleichtern die Han-
Die Boutique hält weiter immer einen gewissen Bestand an Kleidern an Lager (Lagerfunk- delsbetriebe die Verteilung der Güter zwischen den Produzenten und den Konsumenten, in-
tion). Die Boutique muss jedoch die eingekauften Kleider bezahlen, bevor sie einen Ertrag dem sie die Güter an geeigneten Orten und in passender Auswahl mit der fachmännischen
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aus dem Verkauf erhält. Für das auf diese Weise in den Lagerbeständen
Persönliches Exemplar von Arantxainvestierte
Gándara Espasandín, Beratung anbieten.
Kapital3018 Bern
müssen die Kapitalgeber einen entsprechenden Zins einrechnen. Zusätzlich verursachen die Bei der typischen Arbeitsteilung in unserer Wirtschaft sind Handelsbetriebe nicht mehr
Lager und Verkaufsräumlichkeiten einen Aufwand in Form von Mietzinsen. Mit der Sorti- wegzudenken und erleichtern den Konsumenten das Einkaufen.
ments- und Beratungsfunktion erfüllt die Boutique eine weitere wichtige Aufgabe: Die Ver- Handelsbetriebe sind deshalb keine Schmarotzer.»
käuferinnen und Verkäufer können aufgrund ihrer Erfahrung die Kundinnen und Kunden
entsprechend deren Wünschen und finanziellen Mitteln bei der Auswahl beraten. Damit die
Boutique einen Gewinn erzielen kann, müssen all diese Aufwendungen in den Verkaufspreis
einkalkuliert werden.
Die Differenz zwischen dem Einkaufspreis und dem Erlös, der beim Verkauf erzielt wird,
ist der sogenannte Bruttogewinn. ‹Brutto› deshalb, weil aus diesem Betrag noch weitere Auf-
wände, wie zum Beispiel Lohn, Lagerkosten, Zinskosten oder die Abschreibungen (Wertver-
minderung des Anlagevermögens), gedeckt werden müssen. Erst nach Abzug all dieser Kos-
ten erzielt die Boutique möglicherweise einen Reingewinn.

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Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 44

Aufgabe 5 Eine Unternehmung braucht viele andere Unternehmungen

Herr Keller führt ein Velofachgeschäft, welches Kinder-, Damen-, Herren- und Sportvelos ver-
kauft. Herr Keller kauft die verschiedenen Velos und Zubehörteile bei Lieferanten im In- und
Ausland ein.

Neben diesen Lieferanten arbeitet Herr Keller auch noch mit anderen Unternehmungen zu-
sammen, die für ihn wichtige Dienstleistungen erbringen:

Q Treuhandbüro Haas GmbH


Q UBS (Bank)
Q AXA Winterthur (Versicherung)

Erläutern Sie mithilfe einer stichwortartigen Zusammenfassung die wichtigsten Dienstleistun-


gen, welche diese Unternehmungen für das Velofachgeschäft Keller erbringen können.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Eine erste Übersicht über die Wirtschaft 45

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2 Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell

Damit sich eine Unternehmung gegenüber der vielfältigen Konkurrenz auf dem Arbeitnehmern, Kapitalgebern, Lieferanten usw. Die Verantwortlichen einer Unter-
Markt behaupten kann, muss sie sich mit ihren Produkten oder Dienstleistungen nehmung sollten deshalb bestrebt sein, die Ansprüche aller Gruppierungen in
vorrangig an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren. Die Kundenbedürfnisse ihrem Umfeld zu erfassen.
dürfen allerdings nicht isoliert betrachtet werden. Unternehmungen sind im wirt- Mithilfe eines Unternehmungsmodells können mögliche Veränderungen früh-
schaftlich-gesellschaftlichen Umfeld in eine vielschichtige Umwelt eingebettet, zeitig erfasst werden, und die Unternehmungstätigkeit kann vorausschauend
die sich rasch wandelt. Sie pflegen viele Kontakte zu verschiedenen Partnern, zu darauf ausgerichtet werden.

Theorie Übungen

2.1 Das Unternehmungsmodell ............................................................................... 2 1 Umweltsphären ................................................................................................... 26


2.2 Ein Modell für Sie .............................................................................................. 4 2 Wechselwirkungen zwischen den Umweltsphären ............................................... 28
2.3 Die Umweltsphären einer Unternehmung .......................................................... 8 3 Anspruchsgruppen einer Unternehmung .............................................................. 29
2.4 Die Anspruchsgruppen einer Unternehmung ..................................................... 12 4 Forderungen der Anspruchsgruppen .................................................................... 29
2.5 Die Märkte – der direkte Kontakt mit der Umwelt .............................................. 16 5 Aussagen zu Zielkonflikten .................................................................................. 30
2.6 Das Unternehmungskonzept ............................................................................. 18 6 Lückentext zu Zielkonflikten .................................................................................
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30
2.7 Die Prozesse innerhalb einer Unternehmung ......................................................
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 20 3018 Bern 7 Märkte ................................................................................................................ 31
2.8 Das Unternehmungsmodell im Überblick ........................................................... 22 8 Prozesse .............................................................................................................. 31
Das haben Sie gelernt ....................................................................................... 24 9 Leitbild ................................................................................................................ 32
Diese Begriffe können Sie erklären ..................................................................... 25 10 Unternehmungsmodell ........................................................................................ 33

Aufgaben

1 Anspruchsgruppen / Zielkonflikte Schule ............................................................... 34


2 Anspruchsgruppen / Zielkonflikte Velofabrik .......................................................... 36
3 Begriffe «Strategie» – «Mittel» und «Verfahren» ................................................... 40
4 «Strategie» – «Konzept» für die Schule ................................................................ 41
5 «Strategie» – «Konzept» für eine Velofabrik ......................................................... 42
6 Was die Generation Z vom Berufsleben erwartet .................................................. 44
7 Unternehmerische Nachhaltigkeit 3.0 .................................................................. 46
8 E-Bikes – mit Extraschwung ins Spital ................................................................... 48
9 Vergleich Credit Suisse – Alternative Bank ............................................................ 50
10 Fallbeispiel zum Unternehmungsmodell
«Chinesische Umweltschützer nehmen die Firma Apple ins Visier» ....................... 52
11 Fragebogen «Unternehmungsmodell» ................................................................. 55

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 1

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 2

2.1 Das Unternehmungsmodell Q Anspruchsgruppen sind Einzelperso-


nen, Gruppen, Organisationen oder Un- Konkurrenten Kapitalgeber
Ein «Modell» ist eine vereinfachte Darstellung der Wirklichkeit: Eine Modelleisenbahn oder ternehmungen, die an die Unterneh-
das Modell eines geplanten Schulhausneubaus bilden die Wirklichkeit verkleinert und verein- mung ganz bestimmte, unterschiedliche
Lieferanten Kunden
facht ab. Ein Modellflugzeug mag zwar wie ein echtes, verkleinertes Flugzeug aussehen, sein Erwartungen stellen. Die verschiedenen Unter-
Aufbau, der Antrieb oder die Steuerung sind aber viel einfacher gestaltet als bei einem rich- Anspruchsgruppen in unserem Modell nehmung
tigen Flugzeug. Auch ein Stadtplan bildet das Häuser- und Strassengewirr einer Stadt verein- sind neben den Kunden die Mitarbei-
facht ab. Und trotz dieser Vereinfachung hilft uns ein Plan, in einer unbekannten Stadt die tenden, die Lieferanten, Konkurrenten Staat Mitarbeitende

Orientierung zu behalten und beispielsweise ein Hotel zu finden. und die Kapitalgeber. Auch der Staat Institutionen
NGOs
Eine Modelleisenbahn als Hobby ist für den Erbauer und Betreiber ein Vergnügen – eine stellt Ansprüche an eine Unterneh-
Freizeitbeschäftigung, mit der eine bestimmte Bahnanlage stark verkleinert dargestellt und mung. Unter Institutionen verstehen wir
betrieben wird. Das Unternehmungsmodell ist dagegen nicht etwa das Modell eines Fabrik- gesellschaftliche Einrichtungen wie Verbände, Vereine, Parteien, Aktionsgruppen oder
gebäudes, sondern die grafische Darstellung der wichtigsten Zusammenhänge, die bei der auch die Medien (Presse, TV, Radio). NGOs zählen ebenfalls zu den Institutionen. Als NGOs
Führung einer Unternehmung zu beachten sind. Mithilfe eines solchen Modells können wir bezeichnen wir Nichtregierungsorganisationen (aus dem Engl.: Non-Governmental
besser verstehen, wie eine Unternehmung funktioniert. Es hilft den Verantwortlichen in der Organisations), z. B. den WWF, Greenpeace oder das Rote Kreuz. Analog zur Unterneh-
Geschäftsleitung, den Gesamtüberblick zu behalten, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen mung sind die Anspruchsgruppen ebenfalls in die Umweltsphären eingebettet. Sie wer-
und Wechselwirkungen besser zu erkennen. den von deren Entwicklungen beeinflusst und nehmen durch ihr Verhalten Einfluss auf
Unser Unternehmungsmodell besteht aus drei Elementen: der Unternehmung im Zent- einzelne Sphären.
rum, den darum herum angeordneten Umweltbereichen (wir sprechen von «Umweltsphä-
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ren») sowie den darin eingebetteten Anspruchsgruppen. Q Umweltsphären – Eine Unterneh-
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Ökologische
mung sollte die allgemeinen Entwick- Soziale Umweltsphäre Technologische
Umweltsphäre Umweltsphäre
Q Die Unternehmung im Zentrum kann lungen und Trends in ihrem Umfeld
beispielsweise ein Landwirtschaftsbe- laufend verfolgen. Erfolgreiche Unter-
trieb, ein Produktionsbetrieb, ein Han- nehmungen beobachten die für sie
delsbetrieb, eine Bank, ein Hotel oder bedeutsamen Vorgänge aus den Berei-
auch eine Gemeindeverwaltung sein. Unter- chen Gesellschaft (Soziologie), Natur Unter-
nehmung nehmung
«Betrieb» wird umgangssprachlich häu- (Ökologie), Technik, Wirtschaft (Ökono-
fig mit «Unternehmung» gleichgesetzt, mie) und dem gesamten Rechtsgebiet
ist betriebswirtschaftlich aber nicht das- systematisch. Nur so kann die Unter-
selbe. Mit einem Betrieb wird in der nehmungsleitung rechtzeitig auf mög-
Betriebswirtschaftslehre eine einzelne liche Veränderungen reagieren. Wäh- Rechtliche Ökonomische
Produktionsstätte bezeichnet. Häufig rend die Unternehmung mit ihren Umweltsphäre Umweltsphäre
besteht eine Unternehmung aus verschiedenen Betrieben, man spricht ja bezeichnender- Anspruchsgruppen, z. B. Kunden, Mitar-
weise auch von Filialbetrieben. Aus dem ersten Kapitel kennen wir bereits den Begriff beiterinnen oder Lieferanten, in einem direkten Austausch steht, wirken die Neuerungen
«Firma» als rechtlichen Namen einer Unternehmung. und Tendenzen in den Umweltsphären eher indirekt auf die Unternehmung ein und soll-
ten deshalb gezielt beobachtet werden.
Es ist zu beachten, dass auch ein Ereignis in einer aussenliegenden Sphäre direkt auf
die Unternehmung einwirken kann. Zudem beeinflussen die Entwicklungen in den Um-
weltsphären sowohl andere Umweltsphären als auch Anspruchsgruppen und die Unter-
nehmung.
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 3

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 4

2.2 Ein Modell für Sie Q Unausweichliche Zielkonflikte

Langweilig wird es Ihnen unter diesen Bedingungen wohl kaum werden. Und jetzt kommt
Q Ihre Anspruchsgruppen
noch die Schule mit Hausaufgaben und Prüfungen. Gegebenenfalls sind die Anforderungen
Sie haben soeben Ihre Grundausbildung im kaufmännischen Bereich begonnen. Neben der im Vergleich zur bisherigen Schulstufe noch etwas gestiegen. Oft bleibt für das Lösen der
Ausbildung am Arbeitsplatz gehören auch die wöchentlichen Schulbesuche zu Ihrer Ausbil- Aufgaben nur noch das Wochenende. «Da schlafe ich gerne einmal aus!», werden Sie ver-
dung. Analog zum Unternehmungsmodell können wir auch Ihre Situation modellhaft be- ständlicherweise sagen. Der Samstagnachmittag ist häufig auch besetzt, bleibt noch der
trachten. Welches sind Ihre Anspruchsgruppen? Welche Ansprüche stellen diese Anspruchs- Sonntag – na ja? Sie sehen: Es ist nicht ganz einfach! Da Sie in der Schule, im Geschäft und
gruppen an Sie, und welche Erwartungen haben Sie an diese Personen oder Personengruppen? in der Freizeit verschiedene Ziele haben, werden Sie auf jeden Fall in der nächsten Zeit einige
Zielkonflikte erleben. Ein Zielkonflikt bedeutet, dass zwei Ziele (sehr aktiv im Sportverein und
sehr gute Noten in der Schule) nicht gleichzeitig erreicht werden können. Verantwortlich für
diesen Zielkonflikt ist in diesem Fall die Zeit, die Aktivitäten nur während 24 Stunden pro Tag
Schulhaus-
Lehrpersonen zulässt. Sie werden also versuchen müssen, Ihre Zeit optimal für die verschiedenen Ziele ein-
abwart
zusetzen.

Q Sie brauchen eine Strategie


Arbeitgeber
Familie Was möchten Sie in den nächsten Jahren erreichen? Können Sie den vielen, zum Teil wider-
(Lehrbetrieb)
sprüchlichen Ansprüchen, die an Sie gestellt werden, überhaupt gerecht werden?
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Ja, aber nicht allen Ansprüchen in vollem Umfang. Sie selber können (oder müssen) ent-
scheiden. Dabei werden Sie versuchen, die Ansprüche und Ihre eigenen Ziele aufeinander
abzustimmen. Sie können sehr wahrscheinlich nicht alles auf einmal erreichen. Sie müssen
entscheiden, wie viel Sie für welche Fächer in der Schule lernen wollen, wie intensiv Sie sich
Vereine Mitlernende auf die Arbeit im Lehrbetrieb einlassen, wie viel Zeit und Aufwand Sie in Ihre Aktivitäten im
Verein – oder auch für reine Freizeitvergnügen – investieren wollen.
Freunde
Eine ehrgeizige Lernende könnte sich beispielsweise folgende Ziele setzen: In der Schule
Grundkenntnisse in Spanisch lernen und eine Abschlussnote von 5,0 im Qualifikations-
verfahren erreichen. Nach Abschluss der
Ausbildung sollte ein Anfangslohn von
Die Lehrpersonen erwarten von Ihnen, dass Sie regelmässig Ihre Hausaufgaben erledigen, CHF  4000.– erreicht und vom gesamten Leistung Finanzen Soziales
aktiv am Unterricht teilnehmen sowie an Prüfungen und Tests Ihrem Leistungsvermögen ent- Lohn über die drei Jahre sollten CHF 12 000.–
sprechende Noten schreiben. Das Gleiche wird auch Ihre Familie von Ihnen erwarten. Ihre gespart werden. Im Handballclub sollen die
Mitlernenden freuen sich, wenn Sie ihnen bei Problemen helfen. Der Schulhausabwart ist spielerischen Fähigkeiten so weit verbessert
dankbar für Ordnung im Schulhaus. Die Ausbildnerinnen und Ausbildner im Lehrbetrieb er- werden, dass innert zwei Jahren der Über- Ziele

warten von Ihnen einen vollen Arbeitseinsatz. Daneben erwarten Ihre Kolleginnen und Kol- tritt in die 1. Mannschaft möglich wird, die
legen, dass Sie an vielfältigen Anlässen teilnehmen; Vereine zählen auf Ihre Mitarbeit. in der Swiss Premium League spielt. Massnahmen
– Mittel Strategie
Schliesslich ist da vielleicht noch Ihr Freund, Ihre Freundin, die sich ebenfalls wünschen, dass Schliesslich möchte unsere Lernende ihre – Verfahren
Sie sich Zeit für sie nehmen (was Sie ja hoffentlich auch gerne tun). Umgekehrt haben auch Anerkennung bei Kolleginnen und Kollegen
Sie entsprechende Erwartungen: Sie möchten verstanden, unterstützt und akzeptiert werden. verbessern.
Aufgabe 1
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 5

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 6

Um die definierten Ziele erfolgreich umsetzen zu können, sind im täglichen Leben ganz be- Q Vom Modell einer Lernenden …
stimmte Massnahmen (darunter verstehen wir bestimmte Mittel und Verfahren) notwendig.
Zum Beispiel benötigt unsere Lernende für die neue Handballsaison neue Turnschuhe und Mit einem Modell wird versucht, eine Situation aus der Wirklichkeit vereinfacht darzustellen.
einen neuen Trainingsanzug. Für die Schule sind neue Lehrmittel nötig, und um Aufgaben Unser Modell der Situation einer Lernenden mit ihren Anspruchsgruppen, den angestreb-
direkt am PC erledigen zu können, ist ein eigenes Notebook wünschenswert. Für den Aus- ten Zielen und einer Strategie, mit der diese Ziele erreicht werden können, zeigt eine Struk-
gang will sie – je nach den zur Verfügung stehenden Geldmitteln – hin und wieder neue, tur, die nicht nur auf die Schulsituation anwendbar ist. Sie kann auch als Modell dienen, um
modische Kleider kaufen. Neben den Mitteln sind jedoch auch gewisse Verfahren notwen- die Tätigkeit und das Funktionieren einer Unternehmung besser zu verstehen.
dig, um die Ziele zu erreichen. Im Handballclub müssen, neben einer Verbesserung der all-
gemeinen Kondition, die Kreisanspiele vermehrt eingeübt werden. Für die Schule sollten die
Lern- und Notiztechnik optimiert werden, um sich so besser auf die Prüfungen vorbereiten
Schulhaus-
zu können. Für eine bessere Übersicht gliedern wir die aufgelisteten Ziele und Massnahmen Lehrpersonen
abwart
in die Bereiche Leistung, Finanzen und Soziales. Die Gesamtheit aller Massnahmen, die zur
Zielerreichung nötig sind, bezeichnen wir als Strategie. Damit definieren wir den Weg zur Leistung Finanzen Soziales
Erreichung unserer Ziele.
Dabei sollten die einzelnen Entscheide immer aufeinander abgestimmt werden, weil
Arbeitgeber
zwischen den einzelnen Bereichen Wechselwirkungen bestehen. In der Strategie unserer Familie
(Lehrbetrieb)
Lernenden sind einige Wechselwirkungen mit Pfeilen symbolisiert. Ziele

Leistung Finanzen Soziales Massnahmen


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– Mittel Strategie
– Verfahren
Vereine Mitlernende
Abschlussnote 5 Lohn nach Ausbildung Handball: Übertritt
Ziele Spanisch: CHF 4 000.– / Monat in die 1. Mannschaft
Grundkenntnisse Sparen: CHF 12 000.– Freunde

Zeit für Aufgaben Arbeitsverdienst Zeit für Training


Massnahmen Lehrmittel, Notebook Sportausrüstung
«Mittel» Modische Kleider

Arbeitstechniken Budgetplan erstellen Konditionstraining,


Massnahmen Freifach Spanisch Kreisanspiel im
«Verfahren» belegen evtl. Zusatzarbeit Training üben
am Wochenende

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Q … zum Unternehmungsmodell

Das Unternehmungsmodell besteht aus drei Elementen. Die Unternehmung ist eingebettet
in die Umweltsphären (Kap. 2.3), rund um die Unternehmung sind die Anspruchsgruppen
Aufgabe 2 angeordnet (vgl. Kap. 2.4), und schliesslich steht anstelle eines einfachen Kästchens «Unter-
Aufgabe 3 nehmung» im Zentrum das Unternehmungskonzept (vgl. Kap. 2.6).

Konkurrenten Kapitalgeber

Unternehmungskonzept Leistung Finanzen Soziales


Absichten und
Leitbild
Grundsätze
Lieferanten Kunden

Ziele

Massnahmen
– Mittel © 2021 Strategie
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– Verfahren
Staat Mitarbeitende

Institutionen
NGOs

Q Die Vorteile des Denkens in Modellen

Was nützt uns ein solches Modell? Durch die Auflistung der verschiedenen Anspruchsgrup-
pen wird ein besserer Überblick über die konkrete Situation gewonnen. Die Gefahr, dass bei
der Beurteilung eines Problems ein Aspekt übersehen wird, ist kleiner, als wenn ohne Modell
gearbeitet würde. Die Ausarbeitung einer Strategie hilft einem, die gesetzten Ziele konse-
quent zu verfolgen und auch zu erreichen.
Im unternehmerischen Zusammenhang hilft ein Modell, zu verstehen, wie eine Unter-
nehmung «funktioniert». Zusammenhänge und mögliche Zielkonflikte können sichtbar ge-
macht werden, und die Berücksichtigung von Wechselwirkungen führt zu besseren Problem-
lösungen. Die Strategie zeigt schliesslich der Unternehmungsleitung und allen Mitarbeitenden
den Weg auf, wie die Unternehmungsziele erreicht werden sollen.

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2.3 Die Umweltsphären einer Unternehmung wie beispielsweise Änderungen bei Einfuhr- und Ausfuhrbestimmungen oder die Wechsel-
kursentwicklung des Euro.
Ökologische Mithilfe der verschiedenen Umweltsphären Die wirtschaftliche Gesamtlage bezeichnen wir als Konjunktur. In einer Hochkonjunktur
Soziale Umweltsphäre Technologische können Unternehmungen die für sie be- befindet sich die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit, gemessen am BIP, in einer Aufwärtsbe-
Umweltsphäre Umweltsphäre
deutsamen Entwicklungen in ihrem Umfeld wegung. Dagegen gehen in einer Rezession die Produktion und die Umsätze zurück. Weil
systematisch analysieren. die Konjunkturentwicklung von vielen verschiedenen Faktoren abhängig ist, ist es für Unter-
nehmungen häufig schwierig, Prognosen zu stellen. Der zunehmend weltweite Handel und
Q Die rechtliche Umweltsphäre Wettbewerb um Kunden und Produktionsstandorte (infolge sinkender Transport- und
Unter- Informationskosten) machen es gerade für KMU nicht einfacher, wirtschaftliche Tendenzen
nehmung
Wo immer Menschen zusammenleben, frühzeitig erkennen und einschätzen zu können. Viele Unternehmungen müssen sich des-
braucht es bestimmte Ordnungsregeln. halb in wirtschaftlichen Fragestellungen auf Analysen und Stellungnahmen von Fachleuten
Zwar halten wir Menschen uns auch ohne (Konjunkturfachstellen von Hochschulen oder Banken) verlassen.
die vom Staat erlassenen Vorschriften an
Rechtliche Ökonomische bestimmte Regeln. Anstandsregeln, Um- Q Die technologische Umweltsphäre
Umweltsphäre Umweltsphäre gangsformen oder Wertvorstellungen von
«Gut und Böse» akzeptieren wir auch ohne Innerhalb der technologischen Umweltsphäre wird die Entwicklung der verschiedenen Fer-
Gesetze. Durch die steigende Bevölkerungszahl und die zunehmende wirtschaftliche Tätig- tigungsmöglichkeiten und Arbeitstechniken untersucht, die zur Herstellung von Produkten
keit mit einer immer komplexeren Arbeitsteilung wurden im Laufe der Zeit immer mehr durch und zur Erbringung von Dienstleistungen eingesetzt werden. Im Laufe der Zeit haben sich
den Staat erlassene Regeln für das Zusammenleben nötig: So hat sich die Seitenzahl der dabei immer neue Techniken entwickelt. Dieser technische Fortschritt hat sich in zwei Rich-
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Amtlichen Sammlung der Schweizerischen Gesetze seit dem
Persönliches 2. von
Exemplar Weltkrieg von 1500
Arantxa Gándara tungen vollzogen.
Seiten3018 Bern
Espasandín,
auf über 3000 Seiten verdoppelt. Weil sich die Wertvorstellungen der Gesellschaft im Laufe Durch Verfahrensverbesserungen wird das gleiche Produkt auf eine kostengünstigere
der Zeit ändern, müssen auch die Rechtsvorschriften veränderlich sein und neuen Gegeben- Art hergestellt. In der Automobilindustrie ist z. B. die Handarbeit in der Serienfertigung heute
heiten angepasst werden, um Spannungen in der Gesellschaft zu vermeiden. fast vollständig durch den Einsatz von Robotern verdrängt worden. Im Versicherungswesen
Eine Unternehmung muss somit die für sie relevanten Gesetzesvorschriften und auch erfolgte früher die Berechnung von Versicherungsleistungen mit Tabellen und Handbüchern,
deren Änderungen und Aktualisierungen kennen. Dies können Rechtsfragen im Zusammen- während heute im Beratungsgespräch mithilfe des Notebooks verschiedene Varianten direkt
hang mit E-Business (= elektronischer Handel, Handel via Internet) sein, es kann aber auch bei der Kundin schnell berechnet und miteinander verglichen werden können.
den Mutterschaftsurlaub oder das Kündigungsverfahren im Arbeitsrecht betreffen. Bei Produktverbesserungen gelingt es mithilfe von Erfindungen, eine bessere Qualität
Rechtsfragen werden in grösseren Unternehmungen vornehmlich von den entsprechen- beim Produkt zu erreichen oder ein neuartiges Produkt herzustellen. Mit HDTV (High Defini-
den Fachpersonen, den Juristen (oder Anwälten), bearbeitet. tion Television) wird z. B. eine höhere Bildqualität für Fernseh- oder Videoübertragungen er-
reicht als mit herkömmlichen, älteren Technologien. Dank modernen Technologien können
Q Die ökonomische Umweltsphäre beispielsweise Billette direkt von irgendwoher auf Smartphones geladen und müssen nicht
am Schalter oder Automaten gekauft werden.
Alle Unternehmungen sind von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen abhängig, die sie sel- Wenn eine Unternehmung die technologischen Entwicklungen nicht beachtet, kann es
ber praktisch nicht beeinflussen können. Wirtschaftliche Vorgänge und Zusammenhänge, sein, dass ihre Produkte oder Dienstleistungen durch neuartige Produkte der Konkurrenten
die Branchen, Regionen, einzelne Länder oder die gesamte Weltwirtschaft betreffen, wer- verdrängt werden. Die Unternehmung muss sich deshalb dauernd fragen: «Was macht die
den im Fachgebiet Volkswirtschaftslehre untersucht. Je nach Unternehmung interessiert sich Konkurrenz, was wird an Universitäten und Hochschulen entwickelt?» Entsprechende Infor-
die Geschäftsleitung für unterschiedliche volkswirtschaftliche Grössen wie z. B. die Entwick- mationen können z. B. aus Zeitschriften oder durch Messebesuche beschafft werden. Da die
lung des Bruttoinlandproduktes (BIP), die Entwicklung des privaten Konsums, die Bautätig- Forschungs- und Entwicklungsarbeit viel Zeit benötigt, müssen Entscheidungen im Zusam-
keit oder die Teuerung. Für Unternehmungen, die ihre Produkte importieren oder exportieren, menhang mit den technologischen Entwicklungen frühzeitig getroffen werden.
sind die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland (Aussenwirtschaft) von grosser Bedeutung,
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Q Die ökologische Umweltsphäre Die Formen des Zusammenlebens der Menschen haben sich bei uns stark gewandelt.
Grossfamilien mit 8 bis 15 Kindern wurden im Laufe der Zeit durch Kleinfamilien mit 1  bis 2
«Ökologie» bedeutet «Die Lehre vom Haushalt der Natur»; die Ökologie untersucht somit Kindern abgelöst. Neben traditionellen Wohn- und Lebensformen (Vater, Mutter und Kin-
die Beziehungen und Abhängigkeiten der Lebewesen innerhalb ihrer Umwelt. Jede wirt- der) gibt es Einelternfamilien, Single-Haushalte, Patchwork-Familien. Das Aufkommen von
schaftliche Tätigkeit beeinflusst die Umwelt in irgendeiner Form. So sind Rohstoffe aus der immer mehr Single-Haushalten hat z. B. starke Auswirkungen auf die Packungsgrössen im
Natur die Grundlage für viele wirtschaftliche Prozesse, und am Ende der Nutzungsdauer blei- Lebensmittelhandel.
ben Abfälle übrig. Unternehmungen und Haushalte verbrauchen Energie und geben Ab- Im Bildungswesen wird Informatik bereits in der Grundstufe geschult. Dadurch erhöhen
wärme an die Umwelt zurück. Der gleiche Sachverhalt trifft für Luft und Abgase, Wasser und sich die Absatzchancen von Computern: Beinahe jeder Haushalt verfügt heute über einen
Abwässer zu. In den letzten hundert Jahren haben sich die Wirtschaftstätigkeit und damit PC. Durch den raschen Wandel können praktisch keine «Lebensberufe» mehr erlernt wer-
auch unsere Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen enorm entwickelt. Durch das Wirt- den, die persönliche Weiterbildung wird immer wichtiger, Weiterbildungsinstitute reagieren
schaftswachstum hat aber auch die Belastung der Umwelt in vielen Bereichen beinahe be- mit entsprechenden Angeboten.
ängstigende Ausmasse angenommen. Stichworte dazu sind: Klimaeffekte durch den globalen In der politischen Diskussion hat sich einerseits ein Trend zur Polarisierung bemerkbar
Temperaturanstieg, das Ozonloch über den Polen oder die Verminderung der Artenvielfalt. gemacht. Die grossen politischen Parteien befinden sich in einem permanenten Wahlkampf.
Unternehmungen erkennen in zunehmendem Mass, dass sie in eine natürliche Umwelt Die Medien (Tageszeitungen, Sonntagszeitungen, Fernsehen) haben diesen Trend aufgenom-
eingebettet sind, auf die sie langfristig angewiesen sind. Immer mehr Unternehmungen men und teilweise gefördert. Auf der andern Seite beklagen Politiker bei vielen Abstimmun-
sehen ein, dass neben der eher kurzfristigen Zielsetzung auf Gewinnerzielung auch umwelt- gen eine gewisse «Politikverdrossenheit» weiter Bevölkerungskreise.
schützende Massnahmen getroffen werden müssen, damit der Fortbestand der Unter- Während in letzter Zeit Austritte aus den Landeskirchen zugenommen haben, erhalten
nehmung langfristig gesichert werden kann. Im Weiteren ist auch der Staat bestrebt, die Um- neue religiöse Gemeinschaften auf der anderen Seite grösseren Zulauf. Gleichzeitig werden
weltbelastung mit einer modernen Umweltschutz-Gesetzgebung zu vermindern. Meditationskurse, esoterische Literatur, Selbsterfahrungsgruppen und ähnliche Produkte
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Viele sehen aber im Umweltschutz noch immer primär
Persönliches eine Einschränkung
Exemplar der
von Arantxa Gándara persön-3018 Bern
Espasandín, sowie Dienstleistungen vermehrt nachgefragt.
lichen Freiheit. Entscheidend ist indessen, dass Unternehmungen und Haushalte ihre Verhal- Je nach Denk- und Anschauungsweisen (Mentalität), Werthaltungen und Normen des
tensweisen nicht auf kurzfristige wirtschaftliche Interessen ausrichten, die wenig Rücksicht Einzelnen werden sich Veränderungen, die ihren Ursprung in der sozialen Sphäre haben,
auf die Natur nehmen. Vielmehr muss eine nachhaltige Entwicklung angestrebt werden, schliesslich auf die ökonomische, rechtliche oder technologische Umweltsphäre unterschied- Aufgabe 6
welche die Bedürfnisse der heute lebenden Generation erfüllt, aber gleichzeitig darauf aus- lich auswirken. Aufgabe 7
gerichtet ist, die natürlichen Grundlagen (Rohstoffe, Energie, Luft und Wasser) für künftige Übung 1
Generationen zu erhalten. Q Wechselwirkungen zwischen den Umweltsphären
Häufig bewirken allerdings erst dramatische Umweltschäden Veränderungen in den an-
deren Umweltsphären und führen zu Verhaltensänderungen bei den Anspruchsgruppen der Die für eine Unternehmung bedeutsamen Entwicklungen können ihren Ursprung in der tech-
entsprechenden Unternehmungen. Deshalb ist es nötig, dass für einzelne Bereiche wie Ge- nologischen, ökonomischen, sozialen oder ökologischen Umweltsphäre haben. Es ist auch
wässerschutz oder Luftreinhaltung verbindliche Rechtsvorschriften erlassen werden. möglich, dass Entwicklungen in einer Umweltsphäre Auswirkungen auf andere Umweltsphä-
ren haben. Ein Beispiel: Verfahrens- und Produktverbesserungen in der technologischen Um-
Q Die soziale Umweltsphäre weltsphäre verdrängen häufig bestehende Produkte. Dadurch kann die Zahl der Arbeitslosen
in gewissen Branchen oder Ländern ansteigen (ökonomische Umweltsphäre). Dank des tech-
In der sozialen Umweltsphäre wird das Zusammenleben in der menschlichen Gemeinschaft nischen Fortschritts kann die Arbeitszeit verkürzt werden. Dies ist mit ein Grund für die ver-
betrachtet. In jeder Zeit entwickeln sich dabei neue, grundlegende Einstellungen und Über- mehrte Nachfrage nach Freizeitangeboten (soziale Umweltsphäre); dadurch wird die Umwelt
zeugungen (Werthaltungen und Normen), die sich auf das Verhalten der Menschen auswir- stärker belastet (ökologische Umweltsphäre). Oft sind gewisse Herstellungsverfahren mit
ken. Die Gesellschaft erwartet von den Mitmenschen bestimmte Verhaltensweisen. Da die Risiken verbunden. An den Betrieb von Kernkraftwerken werden deshalb strenge gesetzliche
Ziele und Interessen der einzelnen Menschen gewissen Zeitströmungen unterliegen, ändern Auflagen gestellt (rechtliche Umweltsphäre). Nach der Katastrophe von Fukushima wird von Aufgabe 8
sich diese Rollenerwartungen im Laufe der Zeit immer wieder. weiten Kreisen der vollständige Ausstieg aus der Atomtechnologie gefordert. Übung 2

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2.4 Die Anspruchsgruppen einer Unternehmung am Ende des Geschäftsjahres. Die Fremdkapitalgeber (Gläubiger der Unternehmung) ver-
langen neben einer guten Verzinsung ihres investierten Kapitals, dass ihr Geld sicher an-
Zwischen der Unternehmung und den Anspruchsgruppen bestehen verschiedene gegensei- gelegt ist und die Rückzahlung nicht durch unsorgfältige Geschäftsführung gefährdet wird.
tige Erwartungen und Forderungen.
Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen oder Unternehmungen haben unterschiedliche Q Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fordern eine zeitgemässe Entlöhnung, sichere
Ansprüche an eine Unternehmung. Diese Beziehungen sind allerdings nicht einseitig: Auch Arbeitsplätze, fortschrittliche Ferienregelungen, moderne Arbeitsbedingungen, sinnvolle
die Unternehmung hat bestimmte Erwartungen und Ansprüche gegenüber diesen Personen Aufgaben zur Entfaltung der eigenen Fähigkeiten, eine persönliche Förderung durch Wei-
oder Gruppierungen. terbildungsmöglichkeiten und ein gutes Betriebsklima. Die Unternehmung erwartet, dass
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit gut erfüllen und sich gegenüber der
Firma loyal (ehrlich und solidarisch) verhalten.
Konkurrenten Kapitalgeber

Q Lieferanten erwarten, ihre Güter zu anständigen Preisen liefern zu können, regelmässig


Lieferanten Kunden eingehende Bestellungen und die termingerechte Zahlung ihrer Rechnungen. Die Unter-
Unter-
nehmung nehmung rechnet mit einwandfreien und pünktlichen Lieferungen.

Staat Mitarbeitende Q Die Konkurrenten als Mitbewerber am Markt fordern einen fairen Wettbewerb. Zum
Institutionen Beispiel sollen keine unrealistischen Preisangebote oder falsche Werbeaussagen gemacht
NGOs werden, um Kunden zu gewinnen. Die Unternehmung hofft im Wettbewerb auf ein gutes
Einvernehmen mit der Konkurrenz. In einzelnen Bereichen wird sogar mit den Konkur-
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern renten zusammengearbeitet. Es gibt Branchenzusammenschlüsse (Verbände), durch wel-
Q Kundinnen und Kunden erwarten von der Unternehmung Marktleistungen (Handels- che gemeinsame Interessen – z. B. im Vorfeld einer Abstimmung zu einem Gesetz, wel-
güter, Fertigprodukte oder Dienstleistungen) im richtigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Zur ches die ganze Branche betrifft – wahrgenommen werden.
Marktleistung zählen nicht nur das Produkt im engeren Sinn, sondern auch Produktinfor-
mationen, eine fachmännische Verkaufsberatung und allfällige Serviceleistungen. Ver- Q Unter Institutionen verstehen wir gesellschaftliche Einrichtungen wie Verbände, Vereine,
mehrt achten Kunden bei Konsumgütern unter dem Stichwort «fair trade» (= fairer Han- Parteien, Aktionsgruppen oder die Medien (Presse, TV, Radio). Auch NGOs, Nichtregie-
del) auch auf Produktionsbedingungen, die sozialen und ökologischen Mindestnormen rungsorganisationen, zählen zu den Institutionen. Gewerkschaften erwarten z. B. die Ein-
entsprechen. Unternehmungen erwarten von ihren Kunden und Kundinnen ein faires und haltung gewisser Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen; Konsumentenschutz-
ehrliches Verhalten im Beratungs-, Offert- und Verkaufsstadium und selbstverständlich organisationen fordern Transparenz bei der Preisgestaltung der Produkte; andere
eine fristgerechte Zahlung offener Rechnungen. Gruppierungen verlangen die Umsetzung ethischer Grundsätze. Aktionsgruppen oder
Parteien erwarten häufig eine finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten, Vereine das
Q Die Kapitalgeber stellen der Unternehmung das Kapital zur Verfügung und finanzieren Sponsoring von bestimmen Anlässen. Die Medien fordern von einer Unternehmung eine
damit die notwendigen Einrichtungen, Fahrzeuge, Maschinen oder Betriebsgebäude. offene und ehrliche Informationspolitik. Unternehmungen erwarten von den Institutio-
Kapitalgeber sind in erster Linie die Eigentümer einer Unternehmung. In einer Einzelun- nen allgemein einen echten Dialog und bei Problemen nicht nur Kritik, sondern konst-
ternehmung ist dies eine Einzelperson, in grossen Aktiengesellschaften ist dies eine Viel- ruktive Lösungsvorschläge.
zahl von Personen (= Aktionäre). Als Gesellschafter (oder Aktionäre) kommen neben
natürlichen Personen auch andere Unternehmungen (juristische Personen) infrage. Die
Eigentümer stellen normalerweise nicht das gesamte Kapital zur Verfügung. Ein Teil des
Kapitals wird von den Fremdkapitalgebern, meistens Banken, zur Verfügung gestellt. Die
Eigentümer rechnen neben der Erhaltung des investierten Kapitals mit einer guten Verzin-
sung ihrer Kapitaleinlage und erhoffen sich zudem die Auszahlung eines Gewinnanteils
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Q Der Staat (in der Schweiz sind dies Bund, Kantone und Gemeinden) erwartet, dass die
Unternehmung ihre Steuern regelmässig bezahlt. Unternehmungen sollen für die Ein-
wohner der Gemeinde attraktive Arbeitsplätze anbieten und die Vorschriften wie etwa
Umweltschutz- oder Arbeitsgesetze einhalten. Andererseits erwarten die Unternehmun-
gen vom Staat die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben: beispielsweise die Bereitstellung
einer guten Infrastruktur in den Bereichen Telekommunikation, Post, öffentlicher Verkehr,
Wasser- und Stromversorgung in guter Qualität und zu vernünftigen Preisen. Der Staat
soll für wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen sorgen und dafür, dass die Gesetze
eingehalten und durchgesetzt werden. Viele schweizerische Unternehmungen unterhal-
ten Handelsbeziehungen zu ausländischen Geschäftspartnern. In diesem Fall umfasst die
Übung 3 Anspruchsgruppe Staat nicht alleine das schweizerische Staatswesen, sondern ebenso
Übung 4 die betreffenden ausländischen Staaten.

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Wie verhält sich eine Unternehmung gegenüber diesen verschiedenen Ansprüchen? Weitere typische Zielkonflikte ergeben sich häufig aus den Ansprüchen der Kunden
Welches sind die wichtigsten Ansprüche? Jede Anspruchsgruppe wird ihre eigenen Interes- im Vergleich zu den Ansprüchen anderer Anspruchsgruppen. Kunden wünschen z. B.
sen als wichtigste Ansprüche nennen. Die Gewerkschaften werden z. B. die Erhaltung der möglichst preisgünstige Waren, die Mitarbeitenden eine gute Entlöhnung und attraktive
Arbeitsplätze als primäre Aufgabe der Unternehmung sehen. Die Kapitalgeber sehen die Ge- Arbeitszeiten. Hohe Lohnkosten verteuern aber die Produkt- oder Dienstleistungspreise.
winnerzielung als zentrale Aufgabe einer Unternehmung: Einerseits entschädigt der Gewinn Manchmal ergeben sich Zielkonflikte sogar aus den Ansprüchen innerhalb einer An-
das Risiko des eingesetzten Kapitals, und andererseits können mit Gewinnen weitere Inves- spruchsgruppe. So wünschen viele Kunden möglichst preisgünstige Güter; gleichzeitig
titionen getätigt werden. Umweltschutzorganisationen werden ihre Forderungen mit der fordern andere Kundengruppen aber gute Beratung und Serviceleistungen. Kompeten-
Bewahrung der natürlichen Grundlagen (Boden, Wasser, Luft) begründen. tes Verkaufspersonal und Serviceleistungen (z. B. Einrichtung und Pflege einer Webseite
Eine Unternehmung kann kaum alle Forderungen der Anspruchsgruppen erfüllen, wird mit einer Hotline) bedeuten aber zusätzliche Kosten für die Unternehmung und verteuern
sie doch diese aus eigener Sicht unterschiedlich gewichten und werten. Die Unternehmungs- damit die Produkte.
leitung muss entscheiden und einen optimalen Ausgleich der unterschiedlichen Anliegen der Neben Zielkonflikten gibt es im Vergleich der Ansprüche der Anspruchsgruppen noch
Anspruchsgruppen finden. die beiden folgenden Möglichkeiten:
Bei der Ausarbeitung der eigenen Zielvorstellungen der Unternehmung werden die An-
sprüche der Anspruchsgruppen deshalb unterschiedlich berücksichtigt. Viele Unternehmun- Q Eine Zielharmonie liegt bei «gleichlau-
gen machen diese Entscheidungen und Überlegungen der Öffentlichkeit im Unternehmungs- fenden» Zielen vor. Die Erreichung des Kapitalgeber
leitbild zugänglich. Ziels einer Anspruchsgruppe begünstigt Unternehmung
Institutionen
(oder verstärkt gar) die Erreichung des
Q Zielkonflikte – der Normalfall Ziels einer andern Anspruchsgruppe.
Der Anspruch der Aktionäre nach
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Bei einem Vergleich der verschiedenen Ansprüche der Anspruchsgruppen
Persönliches Exemplar von Arantxasind grundsätzlich
Gándara Espasandín, 3018 Bern einem hohen Gewinn begünstigt auch Konkurrenten Kapitalgeber
drei verschiedene Möglichkeiten vorstellbar: die Erwartung des Turnvereins (Institu-
tionen) für einen Sponsoringbeitrag für
Lieferanten Kunden
Q Für Unternehmungen schwierig zu ent- das jährliche Beach-Volleyball-Turnier. Unter-
scheiden sind die häufig vorkommen- Mitarbeitende Kapitalgeber Nur bei guten Gewinnen wird die Un- nehmung
den Zielkonflikte. Davon sprechen ternehmung auch Sponsoringbeiträge
wir, wenn die Erreichung eines Zieles auszahlen können. Staat Mitarbeitende

die Verwirklichung eines anderen Zieles Institutionen


NGOs
beeinträchtigt oder gar verunmöglicht. Konkurrenten Kapitalgeber
Wenn beispielsweise die Aktionäre
(Kapitalgeber) einer KMU einen hohen
Lieferanten Kunden
Gewinn erwarten, so verträgt sich die- Unter-
ser Anspruch nicht mit dem Anspruch nehmung
der Mitarbeitenden nach besseren So-
zialleistungen und zusätzlichen Ferien- Staat Mitarbeitende

tagen. Höhere Sozialleistungen und Institutionen


NGOs
Ferientage verursachen höhere Kosten,
was bei gleich bleibendem Ertrag den
Gewinn schmälert.

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Q Von einer Zielneutralität sprechen wir,
Institutionen
wenn sich zwei Ziele gegenseitig über-
Unternehmung
haupt nicht beeinflussen, wenn sie voll-
Kunden
ständig voneinander unabhängig sind.
Der Anspruch des Turnvereins auf
einen alljährlichen Sponsoringbeitrag
verhält sich neutral zum Anspruch der Konkurrenten Kapitalgeber
Kunden nach einem Produkt mit einem
hohen Preis-Leistungs-Verhältnis. Beide
Lieferanten Kunden
Ziele sind unabhängig voneinander, das Unter-
Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte nehmung
Übung 5 hat mit einem allfälligen Sponsoringbei-
Übung 6 trag nichts zu tun. Staat Mitarbeitende
Institutionen
NGOs

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2.5 Die Märkte – der direkte Kontakt mit der Umwelt lassen müssen, und es werden wenig neue Arbeitsplätze geschaffen: Der Stellenanzeiger
enthält wenige offene Stellen; Unternehmungen erhalten dagegen auf ein einziges Stel-
Ein Markt ist der Ort, Angebot Nachfrage
leninserat viele Angebote. Umgekehrt präsentiert sich die Situation bei einer guten Wirt-
Verkäufer Markt Käufer
an dem Angebote und (Anbieter) (Preisbildung) (Nachfrager)
schaftslage (Hochkonjunktur): Der Stellenanzeiger ist sehr umfangreich, weil den vielen
Nachfrage aufeinan- Stelleninseraten der Unternehmungen verhältnismässig wenig Stellensuchende gegen-
dertreffen. Auf einem überstehen. Bei der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss die Unter-
Gütermarkt treffen sich Verkäufer und Käufer zum Austausch von Gütern. Aufgrund von nehmung das geltende Lohnniveau berücksichtigen; sie ist eventuell gezwungen, ihre
Angebot und Nachfrage bildet sich ein Marktpreis. Steht einem geringen Angebot eine Löhne anzuheben, damit sie das nötige Personal einstellen kann. Der Arbeitsmarkt ist
grosse Nachfrage gegenüber, so werden die vielen Nachfrager die Preise nach oben treiben. allerdings kein einheitlicher Markt. In einigen Branchen oder für bestimmte Berufe oder
Umgekehrt verursacht ein grosses Angebot bei geringer Nachfrage ein Absinken der Preise, Berufsgruppen kann es nämlich für Unternehmungen auch bei sonst für sie günstigen
weil die Anbieter eher bereit sein werden, ihre Güter günstiger zu verkaufen, damit ihre Marktverhältnissen schwierig sein, Arbeitskräfte mit einer speziellen Qualifikation zu
Lager geräumt werden. Auch der Preis beeinflusst Angebot und Nachfrage. Bei einem tiefen finden. Unternehmungen werden dann bereit sein, entsprechend ausgebildetes und qua-
Preisniveau sind die Gewinnaussichten für die Anbieter gering. Deshalb wird sich ein kleines lifiziertes Personal besser zu honorieren, d. h., höhere Löhne (oder andere Leistungen) zu
Angebot bilden. Tiefe Preise führen tendenziell zu einer steigenden Nachfrage, weil das Gut gewähren.
für immer mehr Nachfrager attraktiv wird; eine steigende Nachfrage führt dann in der Folge Der Kapitalmarkt wird geprägt durch Angebot und Nachfrage nach Kapital. Der Preis
wieder zu höheren Preisen. für zur Verfügung gestelltes bzw. beanspruchtes Kapital ist der Zinssatz (oder Zinsfuss).
Wenn eine Unternehmung zusätzliches Kapital – beispielsweise für eine Betriebserwei-
Q Auf den Beschaffungsmärkten deckt sich die Unternehmung mit den Produktions- terung – sucht, so tritt sie auf dem Kapitalmarkt mit den Banken (den Anbietern von
faktoren (Arbeit, Wissen, Kapital und Boden) und mit den zur Produktion nötigen Kapital) in Kontakt und wird die Kreditbedingungen der verschiedenen Finanzinstitute
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Investitionsgütern (Rohstoffe, Maschinen) ein. Die hergestellten
Persönliches Exemplar vonProdukte
Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern prüfen. Das allgemeine Zinsniveau beeinflusst zum einen die Kostenseite der Unterneh-
und Dienstleis-
tungen werden auf den Absatzmärkten verkauft. Unternehmungen sind deshalb auf die- mungen: je höher die Kapitalkosten, desto höher die Produktionskosten.
sen verschiedenen Märkten aktiv. Zum andern wirken sich die Zinssätze indirekt auf den Verkaufsumsatz aus. Das Zins-
niveau beeinflusst die Investitionstätigkeit der Unternehmungen und das Konsumverhal-
ten aller Konsumentinnen und Konsumenten. Bei tiefen Zinskosten wird beispielsweise
Beschaffungsmärkte
die Bautätigkeit angeregt, weil Unternehmungen und Privatpersonen dann eher in Fabri-
Arbeitsmarkt Kapitalmarkt Unternehmung Absatzmärkte kations-, Verwaltungs- und Wohnhäuser investieren werden.
Dies führt uns direkt zum Bodenmarkt. Eine zunehmende Nachfrage nach Bauland
Gütermarkt Bodenmarkt lässt beim begrenzten Angebot die Boden- und Mietpreise ansteigen. Höhere Boden-
preise erhöhen wiederum den Betriebsaufwand der Unternehmungen. Bei Neugründun-
gen oder Erweiterungen bestehender Unternehmungsbereiche sind die Bodenpreise
Auf den Gütermärkten beschaffen sich Unternehmungen die nötigen Investitionsgüter wie (neben anderen Kriterien) oft ein wichtiges Argument beim Entscheid für einen bestimm-
Roh- und Hilfsstoffe, Betriebsmittel und Dienstleistungen. Die Preissituation auf diesen ten Unternehmungsstandort. Auf der Konsumentenseite schränken höhere Mietzinsen
Märkten oder die Entwicklung neuer Materialen beeinflussen die Produktionskosten und das verfügbare Einkommen ein, sodass von einem Monatseinkommen weniger Geld für
eventuell den Produktionsprozess ganz wesentlich. Spezielle Dienstleistungen der Rohstoff- Konsumausgaben übrig bleibt.
lieferanten wie z. B. Just-in-time-Lieferungen, wonach die Lieferanten zum richtigen Zeit-
punkt genau so viel anliefern, wie verarbeitet werden kann, reduzieren die Lagerhaltung
einer Unternehmung und senken damit die Kosten des Produktionsprozesses.
Ein gutes Abbild der Situation auf dem Arbeitsmarkt ergibt der Umfang des Stellen-
anzeigers in der Tageszeitung. In einer schlechten Wirtschaftslage (Rezession) werden
Unternehmungen infolge von Nachfragerückgang und Absatzproblemen Angestellte ent-
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Q Auf dem Absatzmarkt bietet die Unternehmung mithilfe von geeigneten Werbe- und
Verkaufsmassnahmen ihre Leistung den möglichen Abnehmern an. Die Absatzmöglich-
keiten einer Unternehmung werden primär durch die Bedürfnisse der Abnehmer be-
stimmt. Je besser das Preis-Leistungs-Verhältnis eines Produktes auf die Nachfrage ab-
gestimmt ist, desto grösser sind die Absatzchancen. In der Regel stehen mehrere
Unternehmungen zueinander in Konkurrenz. Auch auf den Absatzmärkten gelten grund-
sätzlich die eingangs dargestellten Regeln von Angebot und Nachfrage. Die Preisunter-
grenze für ein Produkt liegt aus Sicht der Unternehmung bei den eigenen Produktions-
kosten, zu denen ein Gewinnanteil eingerechnet werden muss. Eine Unternehmung kann
Güter und Dienstleistungen längerfristig nicht mit Verlusten absetzen; sie wird unrentable
Übung 7 Produkte vom Markt zurückziehen.

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 18

2.6 Das Unternehmungskonzept Aus den allgemein formulierten Unternehmungskonzept Leistung Finanzen Soziales
Grundsätzen auf höchster Ebene
Absichten und
Wenn wir die bis anhin als «blinde Fläche» dargestellte Unternehmung in unserem Modell müssen konkrete, messbare Ziele für Leitbild
Grundsätze
genauer betrachten, erhalten wir ein weiteres Modell: das Unternehmungskonzept (vgl. die drei Bereiche Leistung, Finanzen
auch S. 7). Dabei handelt es sich um eine Darstellungshilfe zur Erfassung und Beurteilung un- und Soziales abgeleitet werden. Im
Ziele
ternehmerischer Probleme und Entscheidungen. Mithilfe des Konzeptes können Auswirkun- Gegensatz zum Unternehmungsleit-
gen und Wechselwirkungen von Entscheidungen in den Bereichen Leistung, Finanzen und bild sind diese Ziele der Öffentlich-
Massnahmen
Soziales übersichtlich dargestellt werden. Der Leistungsbereich umfasst dabei Fragestellun- keit nicht zugänglich. Eine Unterneh- – Mittel Strategie
gen im Zusammenhang mit der Unternehmungsleistung: Welche Bedürfnisse wollen wir bei mung will ja beispielsweise ihre – Verfahren
den Kunden abdecken, und welche Produkte und Dienstleistungen stellen wir dazu her? Der jährlichen Umsatzziele den Konkur-
Bereich Finanzen enthält Fragen nach finanziellen Aspekten wie beispielsweise der Finanz- renten nicht bekannt geben.
struktur oder der Gewinnerwartung. Schliesslich werden im Bereich Soziales die Beziehun- Mit der Unternehmungsstrategie definiert die Unternehmung schliesslich den Weg zur
gen der Unternehmung zu den Mitarbeitenden und zu Anliegen aus Gesellschaft und Um- Erreichung ihrer Ziele. Darin wird festgelegt, wie, d. h. mit welchen Massnahmen (Mittel und
welt definiert. Verfahren), die im Leitbild festgelegten Absichten und Grundsätze im täglichen Geschehen
Die Absichten und Grundsätze verkörpern den obersten «Wegweiser» für die Unterneh- umgesetzt werden sollen. Es muss z. B. bestimmt werden, welche konkreten Betriebsmittel
mungstätigkeit. Es sind dies die grundlegenden Wertvorstellungen, die im Unternehmen gel- (Maschinen, Werkzeuge, Fahrzeuge usw.) notwendig sind und wie das notwendige Kapital
ten sollen, z. B. das Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Umwelt. Dazu gehören auch beschafft werden soll (Finanzierungsverfahren). Mit wie vielen Mitarbeitenden soll die Be-
die grundlegenden Verhaltensregeln (Normen), die das Zusammenleben und -arbeiten in der triebsleistung erbracht werden, und welche Lohn- und Qualifikationsverfahren gelten für sie?
Unternehmung koordinieren, wie beispielsweise© Ehrlichkeit und Offenheit. Wie sollen die Produkte und Dienstleistungen verkauft, d. h. an die Kundinnen und Kunden
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Im Unternehmungsleitbild werden die wichtigsten Absichten
Persönliches undArantxa
Exemplar von Grundsätze
Gándara zuhanden gebracht werden?
Espasandín, 3018 Bern
der Öffentlichkeit und der Mitarbeitenden formuliert. Das Unternehmungsleitbild kann we- Weil sich die Verhältnisse im Laufe der Zeit ändern können, muss eine Strategie von Zeit
sentlich zur Unternehmungsidentität (= Corporate Identity) beitragen, indem es die folgen- zu Zeit überarbeitet werden. Als Grundlage dafür gilt einmal die Analyse der eigenen Unter-
den Fragen beantwortet: nehmung (Wo sind wir stark? Welches sind unsere Schwächen?) sowie eine Analyse der Um-
Q «Wer sind wir?» weltsphären der Unternehmung: Gibt es z. B. neue technologische Errungenschaften, sind Aufgabe 4
Q «Was ist Sinn und Ziel unserer Tätigkeit?» neue Konkurrenten auf dem Markt, oder hat sich die Wirtschaftslage massiv verändert? Auf- Aufgabe 5
Q «Wie verhalten wir uns gegenüber den Ansprüchen der Anspruchsgruppen?» grund solcher Vorarbeiten kann schliesslich eine veraltete Strategie den aktuellen Gegeben- Aufgabe 9
heiten angepasst werden. Übung 9
Ein gut formuliertes Leitbild enthält Aussagen zu allen drei Bereichen des Unternehmungs-
konzeptes: Leistung, Finanzen und Soziales; z. B. Vorgaben zum angestrebten Standard der
Unternehmungsleistung («Qualitätsprodukte zu günstigen Preisen», Leitbild Migros), zur Mit-
telbeschaffung («… wir finanzieren unsere Arbeit mit Beiträgen von natürlichen und juristi-
schen Personen …», Leitbild Pro Infirmis) oder zu weiteren Finanzkennzahlen («Nachhaltige
Gewinne, ausreichende Liquidität und ein konsequentes, kostenbewusstes Handeln ermög-
lichen, Wachstum zu realisieren, den Wert der Unternehmungs-Gruppe zu steigern …», Leit-
bild SIA Abrasives). Schliesslich können sich die Aussagen auch auf die Ansprüche der An-
spruchsgruppen beziehen («… wir unterstützen das aktive künstlerische Schaffen … und
fördern den breiten Zugang zu Kultur und Bildung», Leitbild Migros, sinngemäss).

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 20

2.7 Die Prozesse innerhalb einer Unternehmung Q Damit die Geschäftsprozesse möglichst reibungslos ablaufen können, braucht es be-
stimmte Grundlagen. Dafür verantwortlich sind die Supportprozesse (oder Unterstüt-
Wenn wir schliesslich eine Unternehmung zungsprozesse). Diese umfassen die Bereitstellung der Infrastruktur und interne Dienst-
Konkurrenten Kapitalgeber prozessorientiert betrachten, geht es um leistungen wie zum Beispiel die Einstellung von Personal oder die Abwicklung des
eine Strukturierung der verschiedenen Ab- Zahlungsverkehrs. Das Erstellen des Geschäftsberichtes am Jahresende, das Ausarbeiten
Führungsprozesse läufe und Vorgänge, die tagtäglich in einer von Rechtsgutachten bei Streitigkeiten oder auch sämtliche Arbeiten des Hausdienstes
Lieferanten Kunden Unternehmung ablaufen. Unter einem Pro- sind weitere Beispiele für Supportprozesse. Ein Beispiel aus der Versicherungsbranche
Geschäftsprozesse
Supportprozesse zess verstehen wir eine Reihe von Aufga- kann die verschiedenen Prozesskategorien veranschaulichen: Die Planung, Koordination
ben, die in einer vorgegebenen Abfolge zu und Qualitätskontrolle der Vertreterbesuche zu Hause bei den Kunden bilden einen Füh-
Staat Mitarbeitende erledigen sind. Dabei lauten die zentralen rungsprozess, der auf oberster Managementebene abläuft. Das eigentliche Beratungs-
Institutionen Fragestellungen: «Wie lässt sich ein Prozess gespräch führt der Versicherungsvertreter durch. Dazu gehören Gesprächsführungs-
NGOs
bestmöglich abwickeln?» und «Wie müssen muster für verschiedene Versicherungen, die Abgabe der notwendigen Unterlagen an
die einzelnen Prozesse miteinander verbun- die Kundschaft und die Auswertung der Kundenbesuche; dies alles wird in einem
den werden?» Durch solche Fragen sollen die verschiedenen Abläufe in einer Unternehmung Geschäftsprozess definiert. Die Bereitstellung des Notebooks (Hardware) mit den ver-
optimiert und konsequent auf den Kundennutzen ausgerichtet werden. sicherungsspezifischen Programmen (Software) zur Registrierung und Dokumentation
Nach dem Modell der Prozessorganisation unterscheiden wir drei Kategorien von Prozes- der Kundenkontakte und zur Erfassung des Versicherungsantrags ist ein typischer Sup-
sen: Führungsprozesse, Geschäftsprozesse und Supportprozesse. portprozess. Diese Computerunterstützung wird von der IT-Abteilung der Versicherungs-
gesellschaft geleistet («IT» aus dem Englischen für «information technology», Informa-
Q Führungsprozesse beinhalten Aufgaben, ©welche die Führung und Organisation der tions- und Datenverarbeitung).
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gesamten Unternehmung betreffen. Dafür ist das oberste
Persönliches Management
Exemplar verantwortlich
von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
(entsprechend werden solche Prozesse auch als Managementprozesse bezeichnet). In den Geschäftsprozessen wird die Hauptwertschöpfung (dies ist Führungsprozesse
Inhaltlich geht es z. B. um die periodische Anpassung der Unternehmungsstrategie, um – vereinfacht – die Differenz zwischen Verkaufserlös und Gesamt-
die Planung und Kontrolle von Zielen und Massnahmen. Auch die Mitarbeiterführung kosten) der Unternehmung erarbeitet. Unterstützt werden die Ge- Geschäftsprozesse
oder die Erstellung des Budgets, d. h. die Festlegung der finanziellen Richtwerte für die schäftsprozesse durch die Supportprozesse, und gesteuert werden
Unternehmungstätigkeit der nächsten Geschäftsperiode, sind Führungsprozesse. Eben- Geschäfts- wie auch Supportprozesse durch die Führungspro-
Supportprozesse
falls auf dieser Ebene angesiedelt ist das Controlling, die laufende Überprüfung und zesse. Übung 8
Steuerung der Geschäftsprozesse (unter anderem mithilfe der Daten aus der Betriebs-
buchhaltung). Auch die Umsetzung einer umfassenden, systematischen Qualitätssicherung
(z. B. ISO-Zertifizierung oder EFQM-Modell) ist ein typischer Prozess dieser Kategorie.

Q Geschäftsprozesse betreffen direkt die Herstellung der Produkte bzw. die Bereitstel-
lung von Dienstleistungen und deren Verkauf. In einem Produktionsbetrieb gehören die
Beschaffung der Rohstoffe, die Produktion und der Absatz der Fertigprodukte dazu. Sol-
che Prozesse werden manchmal auch als Kernprozesse bezeichnet. Sie sind immer direkt
auf den Kundennutzen ausgerichtet. Im Mittelpunkt steht die praktische Geschäftstätigkeit
wie z. B. die Durchführung von Werbeaktionen, die Bearbeitung von Offerten oder die
Abwicklung von Aufträgen. Bei Industrieunternehmungen, z. B. in der Chemie, spielen
zudem die angewandte Forschung und Entwicklung eine zentrale Rolle.

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 22

2.8 Das Unternehmungsmodell im Überblick Q Mit der Unternehmungsstrategie wird der Weg aufgezeigt, mit welchen Massnahmen
die definierten Ziele mittel- bis langfristig erreicht werden sollen. Dabei muss die Unter-
Das Unternehmungsmodell ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Unterneh- nehmung ihre Umweltsphären dauernd beobachten. Durch Veränderungen z. B. in der
mung. wirtschaftlichen Umweltsphäre oder durch das Auftreten neuer Konkurrenten kann even-
tuell ein angestrebtes Umsatzziel nicht mehr erreicht werden. Deshalb muss die Strategie
Q Zustände und Entwicklungen ausserhalb der Unternehmung: Mit den verschiedenen mithilfe einer Umweltanalyse sowie unter Berücksichtigung der eigenen Stärken und
Anspruchsgruppen hat die Unternehmung direkten Kontakt und kann dabei wichtige Schwächen periodisch überprüft und gegebenenfalls den veränderten Verhältnissen an-
Veränderungen erkennen und entsprechend handeln. Mithilfe der Umweltsphären kann gepasst werden. Durch die Berücksichtigung von Abhängigkeiten können kritische Situa-
die Unternehmung die für sie bedeutsamen Zustände und Entwicklungstendenzen in tionen frühzeitig erkannt und vermieden werden.
ihrem Umfeld, die sie nicht durch den direkten Kontakt mit den Anspruchsgruppen er-
lebt, systematisch ermitteln. Dadurch kann sie mögliche indirekte Auswirkungen auf die Q Indem Wechselwirkungen zwischen der Unternehmung und ihrem Umfeld im Voraus
Unternehmung und die verschiedenen Anspruchsgruppen frühzeitig abschätzen. überlegt werden, kann die Geschäftsleitung bei ihren Entscheiden auch mögliche Nach-
teile von geplanten Massnahmen bereits erkennen. Diese Überlegungen führen langfris-
Q Entscheidungen innerhalb der Unternehmung: Als «Wegweiser» für die gesamte tig zu besseren Lösungen.
Unternehmungstätigkeit werden die grundlegenden und langfristig geltenden Wertvor-
stellungen in den Absichten und Grundsätzen festgelegt. Zuhanden der Öffentlichkeit Q Bei der Beurteilung von Unternehmungsentscheidungen können mit diesem Unter-
und der Mitarbeitenden werden die wichtigsten Inhalte im Leitbild veröffentlicht. nehmungsmodell Zielkonflikte dargestellt und differenzierter beurteilt werden.
Aus den Absichten und Grund-
sätzen werden die grundlegenden © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und
Q Durch die Prozessbetrachtung
SoziGesellschaft,
ale UmweltsDigital-on-Demand
phäre Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Ziele der nächsten fünf bis zehn Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern rücken Arbeitsabläufe ins Zentrum,
Ökologische Umweltsphäre
Jahre für die Bereiche Leistung, Fi- ische Umweltsphäre die für die gesamte Wertschöpfung
Technolog
nanzen und Soziales festgelegt. Da- Ö k on o m i s c h e U m w e l t sphäre der Unternehmung bedeutend
bei berücksichtigt die Unterneh- Konkurrenten Re c h t l i c h e U m w e l t s p h ä re Kapitalgeber sind. Durch eine konsequente Aus-
mung die verschiedenen Ansprü- richtung der Arbeitsabläufe auf den
che, die an sie gestellt werden, und Kundennutzen werden Führungs-,
Unternehmungskonzept Leistung Finanzen Soziales
entscheidet mithilfe ihrer Absichten Geschäfts- und Supportprozesse
und Grundsätze allfällige Ziel- Absichten und Führungs- optimiert und Kosten eingespart.
Leitbild
Grundsätze prozesse
konflikte.
Geschäfts- Aufgabe 10
Lieferanten Ziele Kunden
prozesse Aufgabe 11
Übung 10
Massnahmen Support-
– Mittel Strategie prozesse
– Verfahren

Staat Mitarbeitende

Institutionen
NGOs

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 24

9 Das haben Sie gelernt Offene Fragen

Sieben verschiedene Anspruchsgruppen aus Sicht von Lernenden sowie aus Sicht
von Unternehmungen nennen und je zwei konkrete Anliegen beschreiben
Den Vorteil des «Denkens in Modellen» beschreiben
Bedeutsame Zustände und Entwicklungen im Umfeld einer Unternehmung den
verschiedenen Umweltsphären zuordnen
Den Einfluss von rechtlichen Vorschriften auf eine Unternehmung anhand eines
konkreten Beispiels beschreiben
Den technischen Fortschritt durch Verfahrens- und Produktverbesserungen
beschreiben
Je ein Beispiel gesamtwirtschaftlicher Einflussfaktoren im Arbeits-, Boden-, Kapital-
und Absatzmarkt sowie in der Aussenwirtschaft nennen
Änderungen der Verhaltensweisen von Menschen an zwei Beispielen begründen
und ihren Einfluss auf Unternehmungen beschreiben
Vier Beispiele für den Zusammenhang zwischen Natur und Wirtschaft erklären
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Zielkonflikte zwischen den Ansprüchen verschiedener Anspruchsgruppen
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beschreiben
Je ein Beispiel für eine Zielharmonie und eine Zielneutralität der verschiedenen
Ansprüche von Anspruchsgruppen formulieren
Die grundlegende Funktion eines Marktes beschreiben
Die unterschiedlichen Märkte im direkten Umfeld einer Unternehmung beschreiben
Vier Beschaffungsmärkte unterscheiden und charakterisieren
Das Unternehmungskonzept als Orientierungshilfe für Wechselwirkungen in einer
Unternehmung beschreiben (Ziele, Massnahmen [Mittel und Verfahren] in den
Bereichen Leistung, Finanzen und Soziales)
Die Funktion eines Leitbildes erklären und die drei grundsätzlichen Fragen nennen,
auf die ein Unternehmungsleitbild Antworten liefern sollte
Die Funktion einer Unternehmungsstrategie beschreiben
Für die drei Prozessebenen einer Unternehmung (Führungs-, Geschäfts- und
Supportprozesse) je ein Beispiel anführen

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9 Diese Begriffe können Sie erklären

Anspruchsgruppen Unternehmungskonzept
Institutionen / NGOs Absichten und Grundsätze
Zielkonflikt (Unternehmungs-)Ziele
Zielharmonie Leistung
Zielneutralität Finanzen
Unternehmungsmodell Soziales
Umweltsphären Leitbild
Rechtliche Umweltsphäre Strategie
Technologische Umweltsphäre Prozesse
Produktverbesserungen Führungsprozesse
Verfahrensverbesserungen Geschäftsprozesse
Ökonomische Umweltsphäre Supportprozesse
Volkswirtschaftslehre
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Aussenwirtschaft Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

Konjunktur
Hochkonjunktur
Rezession
Soziale Umweltsphäre
Ökologische Umweltsphäre
Ökologie
Markt
Marktpreis
Beschaffungsmärkte
Arbeitsmarkt
Kapitalmarkt
Gütermarkt
Bodenmarkt
Absatzmärkte

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 26

Übung 1 Umweltsphären
Viele Zustände und Entwicklungen ausserhalb der Unternehmung können sich auf deren Geschäftstätigkeit auswirken.

Technologische Sphäre

Ökonomische Sphäre
Um eine Übersicht der verschiedenen Entwicklungen zu erhalten, können wir die Beobachtungen den verschiedenen Umweltsphären zuordnen.

Ökologische Sphäre

Rechtliche Sphäre
Weisen Sie bei den folgenden Entwicklungen aus dem Umfeld eines Zeitschriftenverlages jeweils die fett gedruckte Beobachtung

Soziale Sphäre
der entsprechenden Umweltsphäre zu.

A B C D E
a) Auf der Messe «Druck und Papier» wird eine neue Druckmaschine vorgestellt: Das neue Druckverfahren bringt qualitativ stark verbesserte Druck-
möglichkeiten, was sich auch auf unseren Verkaufsertrag auswirken wird.
b) Ein neuer Gesamtarbeitsvertrag in der Branche senkt die Höchstarbeitszeiten der Arbeitskräfte. Wir werden deswegen entweder zusätzliche Arbeits-
kräfte anstellen oder leistungsfähigere Maschinen anschaffen.
c) Weil die Abfall- und Recyclingproblematik einen immer höheren Stellenwert einnimmt, plant der Verwaltungsrat die Aufnahme einer speziellen
Recycling-Zeitschrift ins Verlagsprogramm.
d) Die traditionelle Familie wird zunehmend©in2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Frage gestellt. Herkömmliche Familienzeitschriften haben deshalb geringere Absatzchancen.
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e) Eine geplante Besteuerung der Energie wird unsere Stromkosten erhöhen.

f) Die kürzlich erfolgten Zinssenkungen haben die Kredite verbilligt, weshalb wir eine Betriebserweiterung unserer Druckerei in Erwägung ziehen.

g) Seit Zeitungen vermehrt über das Internet als E-Paper auf Tablet-PCs gelesen werden, verringern sich auch die Absatzzahlen der gedruckten Zeitungs-
ausgaben, was für uns zu tieferen Umsätzen führen könnte.
h) Ein wichtiges Element der bilateralen Verträge der Schweiz mit der EU ist die volle Personenfreizügigkeit. Im Bereich der hochqualifizierten Stellen
ist es seit Inkrafttreten dieser Verträge für die Unternehmungen in der Schweiz einfacher, entsprechende Arbeitskräfte zu finden.
i) In einer Zeit, in der auf dem Arbeitsmarkt kaum qualifizierte Arbeitskräfte zu finden sind, steigen die Inserateeinnahmen fast um das Doppelte an.

j) Seit immer mehr Unternehmungen einen zunehmenden Teil ihres Budgets für Werbemassnahmen im Internet einsetzen, gehen die Inserateeinnahmen
in unseren Zeitschriften kontinuierlich zurück.
k) Für den geplanten Neubau unseres Druck- und Medienzentrums lassen wir von einem Planungsbüro einen Umweltverträglichkeitsbericht erstellen,
der die Auswirkungen auf Boden, Wasser und Luft sowie die Lärmsituation und die Abfallkonzeption aufzeigt.
l) Gemäss Baubewilligungsverfahren (Bau- und Umweltschutzgesetz) müssen wir zusammen mit dem Baugesuch für das geplante Druck- und Medien-
zentrum auch einen Umweltverträglichkeitsbericht einreichen.
m) Die im Verhältnis zum Ausland hohen Bodenpreise in der Schweiz können dazu führen, dass die Erstellung eines weiteren Produktionsgebäudes
im Ausland billiger zu stehen kommt.
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Technologische Sphäre

Ökonomische Sphäre
Ökologische Sphäre

Rechtliche Sphäre
Soziale Sphäre
A B C D E
n) Meldungen über eine schleppende Wirtschaftsentwicklung haben dazu geführt, dass die Leute sparsamer sind als früher. Wir spüren einen Rückgang
bei den Abonnements unserer teuren Luxuszeitschriften.
o) Weil sehr viele Haushalte über einen Internetanschluss verfügen, müssen wir, um konkurrenzfähig zu bleiben, unsere Website für das gesamte
Verlagsprogramm attraktiver gestalten.
p) Anzeichen für Klimaveränderungen haben in letzter Zeit stark zugenommen. Wissenschaftliche Beiträge müssen zur besseren Verständlichkeit mit
aufwendigen Grafiken ergänzt werden, was die Produktionskosten der einzelnen Ausgaben erhöht.
q) Aufgrund der seit längerer Zeit günstigen Wechselkursverhältnisse haben die Reiseaktivitäten nach Übersee zugenommen. Wir haben dies an
den gestiegenen Verkaufszahlen unseres Reisemagazins bemerkt.
© 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
r) Der Staat plant zur Sicherung seiner Einnahmen ein neues Steuergesetz, das höhere Steuern auf dem Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften vorsieht
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
und damit den Verkaufspreis erhöhen wird.
s) Die neue, voll digitalisierte Drucksetztechnik erlaubt es, bis kurz vor Redaktionsschluss noch Bilder in die neue Ausgabe aufzunehmen. Wir müssen
die Entwicklung beobachten, um unseren gegenwärtigen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz nicht zu verlieren.

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 28

Übung 2 Wechselwirkungen zwischen den Umweltsphären

Für eine Unternehmung ist es wichtig, Entwicklungen möglichst frühzeitig zu erkennen, damit sie genügend Zeit hat, sich verschiedene Reaktions-

Technologische Sphäre

Ökonomische Sphäre
und Gestaltungsmöglichkeiten zu überlegen. Vielfach liegt der Ursprung von Entwicklungen, die in einzelnen Umweltsphären beobachtet werden,

Ökologische Sphäre

Rechtliche Sphäre
in früheren Veränderungen der anderen Umweltsphären.

Soziale Sphäre
Ordnen Sie bei den möglichen Gründen für die folgenden Entwicklungen jeweils die fett gedruckte Aussage der entsprechenden Umweltsphäre zu.

A B C D E
a) Am Automobilsalon in Genf wird ein neues Brems- und Antischlupfsystem für alle 4 Räder vorgestellt.

1. Das neue System wurde entwickelt, weil die Kundschaft zunehmend mehr Wert auf den Sicherheitsaspekt beim Autofahren legt.

2. Das neue System konnte entwickelt werden, weil in der Hochkonjunktur hohe Gewinne erzielt wurden und der Industrie damit Geld für die Forschung
zur Verfügung stand.
3. Das neue System wurde entwickelt, weil die©im alten
2021 System
Verlag verwendete
SKV AG: Bremsflüssigkeit
Brennpunkt Wirtschaft bei Servicearbeiten
und Gesellschaft, zu Problemen
Digital-on-Demand Gymnasium beim Rezyklieren
Lerbermatt-Köniz 2021 führte.
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
4. Das neue Bremssystem musste entwickelt werden, weil das alte Bremssystem Ursache einiger Unfälle war und in der Schweiz nicht mehr zugelassen
wurde.

b) Der Bundesrat schlägt eine zusätzliche, leistungsabhängige Besteuerung der Motorfahrzeuge nach der Anzahl gefahrener Kilometer vor.

1. Die neue Steuer kann realisiert werden, weil ein neuer Kilometerzähler entwickelt wurde, der durch die Fahrzeughalter nicht manipuliert werden kann.

2. Die neue Steuer wird vorgeschlagen, um die in der Politik vorgebrachte Forderung des Verursacherprinzips («Wer die Luft mehr belastet,
soll auch mehr bezahlen») zu erfüllen.
3. Die neue Steuer wird vorgeschlagen, weil der Bundesrat aufgrund einer Rezession mehr Einnahmen zur Finanzierung der allgemeinen Bundesaufgaben
benötigt.
4. Die neue Steuer wird vorgeschlagen, weil dadurch ein Beitrag zur Verminderung der steigenden Luftbelastung durch den Automobilverkehr
erwartet wird.

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Übung 3 Anspruchsgruppen einer Unternehmung Übung 4 Forderungen der Anspruchsgruppen

a) Wie heissen die fehlenden Anspruchsgruppen? Ordnen Sie den Buchstaben A bis F die Die verschiedenen Anspruchsgruppen stellen unter-
richtigen Begriffe zu. schiedliche Forderungen an die Unternehmungen.

Institutionen / NGOs
Welche Anspruchsgruppe setzt sich vor allem für die
Konkurrenten A unten stehenden Forderungen ein?

Mitarbeitende
Ordnen Sie die aufgeführten Forderungen der zu-

Kapitalgeber

Konkurrenz
Lieferanten
treffenden Anspruchsgruppe zu. Mehrfachnen-
F Kunden

Kunden
Unter- nungen sind möglich; ordnen Sie jedoch höchstens

Staat
nehmung
zwei Anspruchsgruppen zu.
Staat C
Forderung A B C D E F G
D
a) … Auszahlung eines Gewinnanteils am Ende des
Geschäftsjahres
A D b) … fristgerechte Bezahlung der offenen Rechnungen

C F c) … faire Aussagen in der Werbung

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d)Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz
… faire Berichterstattung 2021
über den Geschäftsverlauf
b) Welche Anspruchsgruppen der Unternehmung sind mitExemplar
Persönliches den folgenden
von ArantxaUmschreibungen
Gándara Espasandín, 3018 Bern
angesprochen?
e) … ein fortschrittliches Ferienreglement

1. Organisationen, die Mindeststandards bei f) … möglichst wenig Luftbelastung durch die


den Arbeitsbedingungen erwarten. Produktion
g) … zeitgemässe Entlöhnung
2. Diese Gruppe erwartet eine konstruktive
Mitarbeit im Branchenzusammenschluss.
h) … Produktionsbedingungen, die sozialen
3. … erwarten persönliche Förderung und Mindeststandards entsprechen
individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten. i) … Einhaltung der geltenden Mindestwerte
der Luftbelastung
4. Gruppe, die eine offene und ehrliche
j) … regelmässig eingehende Bestellungen
Informationspolitik erwartet.
k) … Zusatzleistungen und ein guter Service
5. Die Unternehmung erwartet von dieser
Anspruchsgruppe die Erfüllung öffent-
licher Aufgaben zu vernünftigen Preisen.
6. Gruppe, die neben einer guten Verzinsung
auch eine sichere Rückzahlung des inves-
tierten Kapitals verlangt.
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 29

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 30

Übung 5 Aussagen zu Zielkonflikten Übung 6 Lückentext zu Zielkonflikten

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Ergänzen Sie den Lückentext mit den untenstehenden Begriffen.
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.
Q Ansprüche (2×) Q gleichzeitige
a) Wenn eine Unternehmung originell, informativ und ehrlich wirbt, ergeben sich Q Anspruchsgruppen Q verunmöglicht
keine Zielkonflikte. Q Aufgabe Q Konkurrenzgründen
Q behindert Q Zielneutralität
Q eines andern Ziels Q Zielkonflikt
b) Im Vergleich der Ansprüche von Institutionen mit denjenigen der Kunden
können wir uns gut eine Zielneutralität vorstellen.
Die Realisierung hoher Ansprüche beispielsweise
im Umweltschutzbereich und in Bezug auf einen aus
c) Wenn ein Eigentümer gleichzeitig die Unternehmung leitet, wie dies in KMU- möglichst tief anzusetzenden Verkaufspreis führt in einer Unternehmung fast zwangsläufig
Betrieben der Fall ist, ergeben sich keine Zielkonflikte.
zu einem Konflikt. Für eine Unternehmung besteht ein
dann, wenn die Lösung eines unternehmerischen Problems (z. B. Produktion ohne umwelt-
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d) In der Industrie ergeben sich häufig Zielkonflikte zwischen
Persönliches Wachstum
Exemplar schädigende Nebenwirkungen) die Erreichung
von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
und möglichst geringer Umweltbelastung.
(in unserem Beispiel aus Konkurrenzgründen möglichst billige Produktion)
oder gar .

e) Bei einem Zielkonflikt muss die Unternehmung einen Ausgleich zwischen Da an Unternehmungen von verschiedenen Seiten unterschiedliche
den Ansprüchen der Anspruchsgruppen und den eigenen Zielen erarbeiten. gestellt werden, ist die Festsetzung der grund-
legenden Ziele für eine Unternehmung heute zu einer schwierigen und anspruchsvollen

f) Wenn der Staat die Einhaltung von Umweltschutzgesetzen erwartet, was auch geworden. Aber auch im Falle einer
von Greenpeace gefordert wird, sprechen wir von «Zielneutralität». , d. h., wenn die Ansprüche von zwei
voneinander vollständig unabhängig sind,
muss die Unternehmung diese mit ihren eigenen
g) Die Ansprüche von Lieferanten und Kunden sind in der Regel gleichlaufend.
Deshalb sprechen wir von «Zielneutralität». Zielvorstellungen abgleichen.

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Übung 7 Märkte Übung 8 Prozesse

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in a) Wie definieren wir den Begriff «Prozess»?
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a) Die Preisbildung am Markt ergibt sich aus dem Zusammentreffen der Bedürf-
nisse der Konsumenten mit dem Angebot der Produzenten.

b) Die Beschaffungsmärkte können wir in den Arbeits- und den Kapitalmarkt


Ordnen Sie die folgenden Aussagen der zutreffenden Kategorie von
sowie den Güter- und den Bodenmarkt gliedern.
Prozessen zu.

Geschäftsprozesse
Führungsprozesse

Supportprozesse
c) Just-in-time-Lieferungen reduzieren die Lagerhaltung eines Produktionsbetriebs
und senken somit die Produktionskosten.

© 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021 F G S
d) Auf dem Arbeitsmarkt werden bei einer Rezession Unternehmungen
Persönliches evtl.
Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
gezwungen, die Löhne anzuheben, damit geeignetes Personal angestellt b) Hier wird die Hauptwertschöpfung der Unternehmung erarbeitet.
werden kann.
c) Diese Prozesse sind direkt auf den Kundennutzen ausgerichtet, sie
werden manchmal als Kernprozesse bezeichnet.
d) In diesen Prozessen geht es um die Planung und Kontrolle von Zielen
e) Steht einem geringen Angebot eine hohe Nachfrage gegenüber, so werden die und Massnahmen.
vielen Verkäufer den Preis nach oben treiben.
e) Auch die Umsetzung der Qualitätssicherung (z. B. ISO-Zertifizierung)
ist ein typischer Prozess dieser Kategorie.
f) Die Durchführung einer Werbeaktion gehört zu dieser Kategorie von
f) Der Bodenmarkt beeinflusst auch die Preise auf den Gütermärkten, weil hohe Prozessen.
Boden- und Mietpreise den Betriebsaufwand erhöhen. g) Die Leistungen der IT-Abteilung zählen zu dieser Art von Prozessen.

h) Hier geht es um die Bereitstellung der Infrastruktur in einer Unter-


g) Auf den Absatzmärkten gelten die gleichen Regeln von Angebot und Nach- nehmung.
frage wie auf den Beschaffungsmärkten. Bei geringem Angebot und hoher i) Wenn eine Schalterangestellte einer Bank für eine Kundin Australische
Nachfrage werden die Güterpreise tendenziell steigen. Dollar bereit macht, so ist dies ein …

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 31

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 32

Übung 9 Leitbild

Das Leitbild einer Unternehmung gibt idealerweise auf die folgenden sechs Fragen in den
a) Wir verbessern Produkte und Dienstleistungen laufend und setzen
drei Bereichen Leistung, Finanzen und Soziales Auskunft.
zudem ökologische und soziale Standards bei Arbeits- und Produktions-
bedingungen.
Leistung Finanzen Soziales
b) Wir bieten den Eigentümern einen attraktiven Ertrag auf dem
1) Welche Bedürfnisse be- 3) Welche sind unsere Ziele 5) Welche Grundsätze be- eingesetzten Kapital.
friedigen wir mit unseren bezüglich der Renta- stimmen unser Verhalten c) Unsere Marktleistung erzeugt Kundenbegeisterung wegen ihres
Produkten und Dienst- bilität * des eingesetzten gegenüber den An- grösseren Nutzens. Der Markterfolg basiert auf den Pfeilern Qualität,
leistungen? Kapitals? spruchsgruppen (Kapi- Markenprofilierung, Innovation, Ausbildung, Beratung und Service.
talgeber, Kunden, Mitar- d) Nachhaltige Gewinne, ausreichende Liquidität und ein konsequentes,
2) Welchen Anforderungen 4) Welches sind unsere beitende, Lieferanten, kostenbewusstes Handeln ermöglichen: Wachstum zu realisieren, den
bezüglich Qualität und Vorstellungen zu Gewinn Konkurrenten)? Wert der Unternehmungs-Gruppe zu steigern, ihre Unabhängigkeit zu
Preis entsprechen unsere und zur Gewinnverwen- bewahren und unsere Partnerschaften attraktiv zu erhalten.
Leistungen? dung? 6) Welche Haltung nehmen
e) Wir tragen Sorge zur Umwelt und setzen die Ressourcen respektvoll
wir gegenüber dem
und wirtschaftlich ein.
Staat ein, und wie sind
wir gegenüber gesell- f) Mit den erzielten Gewinnen soll die Sicherheit der Mitarbeiter gewähr-
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*) Mit der Rentabilität (oder der schaft lichen Anliegen leistet und das eingesetzte Kapital verzinst werden.
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Rendite) bezeichnen wir das
Verhältnis zwischen erwirtschaf-
eingestellt (Anspruchs- g) Unsere Konsumenten stehen im Zentrum […] Wir begegnen unseren
tetem Gewinn und eingesetztem gruppen Staat und Insti- Konsumenten freundlich und zuvorkommend.
Kapital. tutionen, NGOs)? h) Wir wollen unsere Kunden in finanziellen Fragen als verlässlicher
Partner durch das Leben begleiten.
Ordnen Sie die (teilweise vereinfachten) Aussagen aus Leitbildern verschiedener Unterneh-
i) Wir streben eine angemessene Balance zwischen ökologischem Han-
mungen in der rechten Spalte den sechs Fragen gemäss diesem Raster zu, indem Sie die ent-
deln, gesellschaftlicher Verantwortung und wirtschaftlichem Erfolg an.
sprechende Nummer 1 bis 6 einsetzen (Mehrfachnennungen sind möglich).
j) Wir sind der Gesellschaft verpflichtet, indem wir kulturelles, soziales
und ökologisches Engagement unterstützen und mit einem Teil unseres
Ertrags zum Gemeinwohl beitragen.
k) Wir sichern unseren Gästen ein Höchstmass an persönlichem Service
und Annehmlichkeiten zu. Stets geniessen unsere Gäste ein herzliches,
entspanntes und dennoch gepflegtes Ambiente.
l) Wir streben in den kommenden drei bis fünf Jahren eine Eigenkapital-
rendite nach Steuern von 8 bis 12% an.

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Übung 10 Unternehmungsmodell
Soziale Umweltsphäre
Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Aussagen, die miteinander verknüpft Ökologische Umweltsphäre
ische Umweltsphäre
Technolog
sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der folgenden Antwortmöglichkeiten und begrün- Ö k on o m i s c
he Umweltsphäre
Konkurrenten Rechtliche Umweltsphäre Kapitalgeber
den Sie falsche Teilaussagen in wenigen Worten.
Unternehmungskonzept Leistung Finanzen Soziales

A B C D E Absichten und
Grundsätze
Leitbild
Führungs-
prozesse
+ weil + +/+ +/– –/+ –/– Geschäfts-
Lieferanten Ziele Kunden
prozesse
Beide Aussagen Beide Aussagen Erste Aussage Erste Aussage Beide Aussagen
Massnahmen Support-
richtig, richtig, richtig, zweite falsch, zweite falsch – Mittel Strategie prozesse
– Verfahren
Verknüpfung Verknüpfung Aussage falsch Aussage richtig
trifft zu trifft nicht zu Staat Mitarbeitende

Institutionen
NGOs

a) Unternehmungen, die bei ihren Entscheidungen die Interessen der Anspruchsgruppen c) Die Gestaltung der Prozesse in einer Unternehmung ist für die gesamte Wertschöpfung
analysieren, sind erfolgreicher, weil damit die Unternehmungsstrategie widerspruchs- bedeutend, weil durch die konsequente Ausrichtung der Arbeitsabläufe auf den Kun-
frei wird. dennutzen Kosten gespart werden können.
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A B C Persönliches ExemplarDvon Arantxa Gándara Espasandín,
E 3018 Bern A B C D E
+ weil + +/+ +/– –/+ –/– + weil + +/+ +/– –/+ –/–

b) Im Leitbild einer Unternehmung werden die grundlegenden und langfristig geltenden d) Unternehmungen, die bei ihren Entscheidungen die Interessen der Umweltsphären
Absichten und Grundsätze veröffentlicht, weil die Unternehmungsstrategie den Weg auf- analysieren, sind erfolgreicher, weil mit der Analyse der Umweltsphären zukünftige
zeigt, mit welchen Mitteln und Verfahren die definierten Ziele erreicht werden können. Veränderungen besser erkannt und verarbeitet werden können.

A B C D E A B C D E
+ weil + +/+ +/– –/+ –/– + weil + +/+ +/– –/+ –/–

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 34

Aufgabe 1 Anspruchsgruppen / Zielkonflikte Schule

Im Zusammenhang mit Ihrer Ausbildung an der Schule werden von verschiedenen Seiten a) Formulieren Sie für die weiteren Anspruchsgruppen stichwortartig konkrete Erwartungen.
unterschiedliche Erwartungen an Sie gestellt. Die Lehrpersonen beispielsweise erwarten von Was erwarten Sie Ihrerseits von diesen Anspruchsgruppen?
Ihnen, dass Sie regelmässig Ihre Hausaufgaben erledigen, aktiv am Unterricht teilnehmen
sowie an Prüfungen und Tests Ihrem Leistungsvermögen entsprechende Noten schreiben.

■ Hausaufgaben lösen
Schulhaus-
■ Mitarbeit im Unterricht Lehrpersonen
abwart
■ Erfolgreicher Abschluss mit Schülerin /
Ihrem Leistungsvermögen Schüler
entsprechenden Noten

Arbeitgeber
Familie
(Lehrbetrieb)

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Vereine Mitlernende

Freunde

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b) Es lassen sich nicht immer alle Ziele gleichzeitig erreichen. Eine Situation, in der die Sobald von vielen verschiedenen Seiten Ansprüche gestellt werden, ergeben sich vielfach
Verwirklichung eines Zieles die Verwirklichung eines anderen Zieles beeinträchtigt Zielkonflikte. Formulieren Sie mögliche Zielkonflikte aus der Sicht von Lernenden.
oder gar verunmöglicht, bezeichnen wir als Zielkonflikt.

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 36

Aufgabe 2 Anspruchsgruppen / Zielkonflikte Velofabrik

a) Eine Velofabrik kann nur dann gedeihen und weiterbestehen, wenn es ihr gelingt, Schreiben Sie auf die vorgegebenen Linien die verschiedenen möglichen Anspruchs-
die an sie gestellten Erwartungen zu erfüllen. gruppen einer Velofabrik und notieren Sie bei jeder Gruppe stichwortartig einige
Ansprüche und Erwartungen.

Konkurrenten Kapitalgeber

Velofabrik

Lieferanten Kunden

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Staat Mitarbeitende

Institutionen /
NGOs

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b) Es lassen sich nicht immer alle Ziele gleichzeitig erreichen. Eine Situation, in der die c) Zielkonflikte können auch mithilfe eines Netzwerkes dargestellt werden. In Netzwerken
Verwirklichung eines Zieles die Verwirklichung eines anderen Zieles beeinträchtigt oder (oder Feedbackdiagrammen) werden die Beziehungen zwischen den einzelnen Ele-
gar verunmöglicht, bezeichnen wir als Zielkonflikt. menten durch Pfeile und Symbole (Minus- oder Pluszeichen) dargestellt. Je nachdem,
Da an Unternehmungen heute von vielen verschiedenen Seiten Ansprüche gestellt wie sich in Beziehungen die Veränderungen der einzelnen Elemente zueinander ver-
werden, ergeben sich zwangsläufig auch viele Zielkonflikte. Formulieren Sie stichwort- halten, sprechen wir von gleichgerichteten Beziehungen (+) oder von entgegengerich-
artig mögliche Zielkonflikte für eine Velofabrik. teten (–) Beziehungen.

gleichgerichtete Beziehungen

+
Ursache Wirkung

je mehr … desto … mehr …


je grösser … desto … grösser …
je kleiner … desto … kleiner …
je stärker … desto … stärker …
je tiefer … desto … tiefer …
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entgegengerichtete Beziehungen

Ursache Wirkung

je mehr … desto … weniger …
je grösser … desto … kleiner …
je kleiner … desto … grösser …
je stärker … desto … schwächer …
je tiefer … desto … höher …

Formulieren Sie auf der folgenden Seite die dargestellten Beziehungen und ergänzen Sie
die Netzwerkdarstellung mit den entsprechenden Vorzeichen.

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 38

Kundinnen /
Mitarbeitende Kunden
5 2

Anzahl Verkaufspreis
Lohnzahlungen
verkaufter Velos pro Velo

6 3 1

Ausgaben Einnahmen
+

7 4

Gewinn

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Kapitalgeberinnen /
Kapitalgeber

Nr. Beziehung – vorausgesetzt, alle andern Einflüsse bleiben unverändert Nr. Beziehungsart (+/–)

1 je tiefer der Verkaufspreis pro Velo desto tiefer die Einnahmen 1 +


2 je tiefer der Verkaufspreis desto 2

3 desto 3

4* desto 4*

5 desto 5

6 desto 6

7 desto 7

*) Bei der Beziehung 4 müssen Sie zuerst bestimmen, ob aufgrund der getroffenen Annahmen zu den Beziehungen 2 und 3 die Einnahmen gesamthaft höher oder tiefer werden.
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d) Bei der Beziehung Nr. 4 muss man bestimmen, ob aufgrund der getroffenen
Annahmen zu den Beziehungen 2 und 3 die Einnahmen gesamthaft höher oder
tiefer werden. Gehen Sie dazu von den folgenden Zahlen aus:

Die Geschäftsleitung überlegt sich die Auswirkungen einer Preissenkung für das Modell
Mustang 402. Sie stellt dabei zu einzelnen Beziehungen konkrete Überlegungen an:

Beziehung Überlegungen der Geschäftsleitung

Nr. 2 Aufgrund der Konkurrenzsituation erwarten wir für das nächste Jahr,
dass ein Rückgang des Verkaufspreises von CHF 1200.– auf CHF 990.–
die Anzahl unserer verkauften Velos der Marke Mustang 402 von 800
auf 900 Stück erhöhen wird.

Nr. 5 Die Verkaufsanstrengungen werden durch spezielle Aktionen verstärkt.


Dazu konnten wir bekannte Mountainbike- und Radrennfahrer ver-
pflichten, die mit einer Stundenpauschale entschädigt werden. Diese
Aktionen erhöhen die Lohnzahlungen um CHF 5000.–.
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Aufgabe 3 Begriffe «Strategie» – «Mittel» und «Verfahren»

Aus den auf höchster Ebene ausformulierten Eine Gruppe von Überlebenden einer Schiffs- oder Flugzeugkatastrophe ist auf einer einsa-
allgemeinen Grundsätzen für eine Unter- men Insel gestrandet. Wir können uns vorstellen, dass die Gruppe sich bald einmal auf die
nehmung – dem Leitbild – müssen konkrete, beiden folgenden Strategien einigt:
messbare Ziele abgeleitet werden. Anschlies-
send ist zu überlegen, auf welche Weise, d. h. 1. «Überleben auf der Insel (bis man gefunden wird)»;
mit welcher Strategie die gesetzten Ziele er- 2. «Eine Gruppe (oder eine Person alleine) soll auf das Festland gelangen».
reicht werden können. Dazu braucht es in der
Regel gewisse Mittel (zum Beispiel Materia- Suchen und beschreiben Sie mögliche Mittel und Verfahren für die beiden Strategien.
lien, Werkzeuge) sowie die Anwendung be-
sonderer Verfahren (Techniken, Methoden).

Strategie

Überleben auf der Insel

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Ans Festland gelangen

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Aufgabe 4 «Strategie» – «Konzept» für die Schule

Ergänzen Sie in der nachstehenden Darstellung die vorgegebenen Ziele einer Lernenden mit einer möglichen Strategie, d. h. mit konkreten Massnahmen (Mitteln und Verfahren).

Leistung Finanzen Soziales

Abschlussnote 5 Lohn nach Ausbildung Handball: Übertritt


Ziele Spanisch: CHF 4000.– / Monat in die 1. Mannschaft
Grundkenntnisse Sparen: CHF 12 000.–

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Massnahmen

– Mittel

– Verfahren

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 42

Aufgabe 5 «Strategie» – «Konzept» für eine Velofabrik

Auf der Website www.hostettler.com stellt sich die Unternehmung Hostettler AG mit einem Firmenfilm und einem Unternehmungsprofil vor.

Unternehmensprofil

Als auf dem Schweizer Markt führende Handelsfirmen importieren, vertreiben


und produzieren die hostettler-Unternehmen hochwertige Markenprodukte der
Zweiradbranche sowie der Bereiche Trendsport, Autoersatzteile und Motoren-
technik. Die Zielsetzung der hostettler group geht dahin, die Produkte und
Dienstleistungen in Zusammenarbeit mit den internationalen Handelspartnern
zu optimieren und damit die Leaderpositionen weiter auszubauen.
Die langfristige Strategie, die getragen wird vom gegenseitigen Vertrauen der
Geschäftspartner rund um den Globus sowie vom Einsatz der qualifizierten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Die ho-
stettler group basiert heute auf acht eigenständigen Unternehmen. Alle stimm-
berechtigten Aktien der Gruppe werden von der Familien-Holding gehalten.
Dadurch sollen das Lebenswerk der Unternehmensgründer langfristig gesichert
und gleichzeitig die ideellen und materiellen Interessen der Familie Hostettler
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gewahrt werden.
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Nicht jede Unternehmung hat ein Leitbild mit Absichten und Grundsätzen schriftlich ausfor-
muliert. Die Hostettler AG hat beispielsweise ihre Absichten und Grundsätze in einem Fir-
menfilm und einem Unternehmensprofil festgehalten.

a) Welche Absichten und Grundsätze sind im Unternehmensprofil erkennbar? Welche b) Welche konkreten Mittel und Verfahren lassen sich im Bereich der Strategie für die
Formulierungen können dem Bereich Leitbild zugeordnet werden, welche zählen zum Hostettler AG denken? Ergänzen Sie die Tabelle stichwortartig mit eigenen möglichen
Bereich Strategie? Tragen Sie die entsprechenden Formulierungen in der folgenden Beispielen; verwenden Sie dazu eine andere Farbe.
Tabelle ein und ordnen Sie diese auch noch den drei Bereichen Leistung, Finanzen und
Soziales zu.

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Leistung Finanzen Soziales
Bedürfnisse/Produkte Gewinn / Kapital Mitarbeitende / Gesellschaft / Umwelt

Absichten und
Grundsätze

Ziele

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Massnahmen

– Mittel

– Verfahren

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 44

Aufgabe 6 Was die Generation Z vom Berufsleben erwartet Unternehmen müssen flexible Arbeitszeitpakete schnüren
Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann hält Vorhersagen darüber, wie diese neue Generation
Lesen Sie den folgenden Zeitungsartikel und beantworten Sie die anschliessenden Fragen. der Berufstätigen das Arbeitsleben verändern wird, noch für «voreilig und spekulativ». Doch
auch er erkennt, dass die Z-ler nicht mehr an eine faire Fusion von Job und Privatleben glauben.
«Meine Prognose ist, dass es hinausläuft auf flexible feste Strukturen», sagt der Professor of
Was Generation Z vom Berufsleben Public Health and Education an der Hertie School of Governance. «Die Generation Z möchte
eine feste Grundlage haben, beispielsweise feste Arbeitszeitkontingente.» Diese wollen die
erwartet Jugendlichen dann aber eigenverantwortlich erfüllen.
Je mehr Mitbestimmung und je mehr Eigen-
Wer jünger ist als 20 Jahre, gehört zur Generation Z. Die ersten von ihnen kommen gerade beteiligung, desto stärker kommt diese junge
auf den Arbeitsmarkt. Und es zeigt sich: Firmen müssen sich umstellen. Denn die Jungen Generation zum Zuge, so der Jugendfor-
sind sehr anspruchsvoll. scher: «Unternehmer sind am besten bera-
ten, solche flexiblen Arbeitszeitpakete zu
Von David Bedürftig schnüren.» Auch Arbeitsmarktforscher
Scholz bekräftigt, dass sich die Generation Z
Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Facebook am Arbeitsplatz: Viele Unternehmen richten sich neben einem klar definierten Arbeitsanfang
mehr und mehr nach den Wünschen der Generation Y. Das ist die sinnsuchende, fragende und -ende auch mal einen Homeoffice-Tag
Generation, die zwischen 1980 und 1995 geboren ist. Y steht für das englische «why», also wünscht: Aber nur wenn sie will – nicht ver-
«warum». Die 20- bis Mitte 30-Jährigen wollen ©Freiräume im Job, gleichzeitig verschmelzen ordnet vom Unternehmen. Loyalität zum Ar-
2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Beruf und Freizeit immer mehr: Für mehr Flexibilität sind sie
Persönliches bereit,von
Exemplar auch malGándara
Arantxa nach Feierabend beitgeber gibt es in der Generation Z kaum
Espasandín, 3018 Bern
zu arbeiten. noch. Denn andersherum ist das genauso,
Doch die Jugendlichen von heute ticken anders. Deren Generation Z steckt gerade im Studium sagt Scholz. Das Denken sei: Wenn mir etwas
oder macht schon die ersten Schritte auf dem Arbeitsmarkt. Wenn sie in wenigen Jahren in nicht passt, bin ich morgen weg. «Da prallen Welten aufeinander.» Doch Scholz warnt: Wäh-
großer Zahl ins Berufsleben drängen, stellt das die Unternehmen vor neue Herausforderungen. rend die Z-ler schon auf den Arbeitsmarkt strömen, haben sich die Unternehmen darauf noch
Die Generation Z, das sind grob gesagt die nach 1995 geborenen Jugendlichen. Der Arbeitswelt- nicht eingestellt. «In der Personalwirtschaft liegt der Fokus derzeit noch ausschließlich auf der
experte Christian Scholz von der Universität des Saarlandes forscht seit Jahren über sie. Rund Generation Y», kritisiert er. «Es wird grosse Probleme geben.» Denn rosige Karriereverspre-
drei Millionen Z-ler tummeln sich seinen Berechnungen zufolge in diesem Jahr bereits auf dem chungen nützen bei den realistischen Z-lern in Bewerbungsgesprächen nichts.
Arbeitsmarkt. Zum Vergleich: Bei der Vorgängergeneration Y sind es rund acht Millionen Mit- Schlüsselwörter in Stellenangeboten wie Work-Life-Blending, also die Vermischung von Arbeit
glieder. und Freizeit, haben bei den Jugendlichen einen negativen Effekt. «Klarer Dienstschluss» ist da-
Der Professor für Betriebswirtschaftslehre befragt seine Studenten, lässt sie Tagebuch schreiben für nun wieder ein wirkungsvoller Lockruf. Laut Scholz sind Personaler gut beraten, ihre Stra-
oder ihr Leben als Z-ler szenisch umsetzen. Dabei hat er beobachtet: «Denkrichtung und Merk- tegien, wie sie einen Arbeitgeber als attraktiv darstellen, schon jetzt zu überdenken. Auch das
male dieser Jugendlichen sind vollkommen anders als die der Generation Y.» Scholz zufolge Marketing und Recruiting an den Hochschulen muss sich anpassen.
herrscht in der Generation Z ein ganz neues Selbstverständnis in Bezug auf die Arbeitswelt.
Die Vermischung von Beruf und Privatleben findet kaum noch Anklang. Zu genau haben die Die Generation Z muss keine Freiheiten mehr erkämpfen
Jugendlichen von heute beobachtet, wie die Generation Y oftmals die Arbeit mit nach Hause Die Generation der künftigen Arbeitnehmer setzt zudem auf Lebensqualität und Gesundheit.
nimmt und nicht vom Laptop wegkommt. «Die Z-ler wollen geregelte Arbeitszeiten, unbefris- «Anti-Stress-Kurse für die Generation Y sind für typische Z-ler zum Lachen, das machen sie
tete Verträge und klar definierte Strukturen im Job haben», so der Arbeitsweltexperte: «Wenn schon automatisch», erklärt Scholz. Ihr Privatleben ist ihnen noch wichtiger, noch bewusster
Feierabend ist, dann lesen sie auch keine Arbeitsmails.» und abgegrenzter als der Vorgängergeneration. Jugendforscher Hurrelmann sagt: «Das hat nichts
mit Faulheit zu tun, sondern damit, dass Arbeit im digitalen Zeitalter überall und jederzeit
möglich ist.» Wenn man nicht aufpasse, bestehe das Leben nur noch aus Arbeit.
© 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Auch Christian Schuldt vom Zukunftsinstitut in Frankfurt begreift diese neue Achtsamkeit als a) Wer gehört zur «Z-Generation» und wer zur «Y-Generation»?
ein Ergebnis des gesellschaftlichen Wandels. Er beschäftigt sich ebenfalls mit der Generation Z
und digitalen Veränderungsprozessen. «Wir leben nicht mehr in fixen Strukturen, auf die man
sich verlassen kann», sagt er. Die Zeiten, in denen man als Akademiker lebenslang einen guten
Job sicher hatte, seien passé.
Um die Generation Z zu verstehen, hält Zukunftsforscher Schuldt noch eine weitere gesell-
schaftliche Entwicklung für wichtig. «Jugendlichkeit ist heute nichts exklusiv Jugendliches mehr, b) Welcher Umweltsphäre lassen sich die Verhaltensänderungen der Generation Y zur
sondern ein Leitmotiv», sagt er. Das Erkämpfen von Freiheiten, das Überschreiten von Grenzen Generation Z zuordnen?
ist für die Generation Z nicht mehr möglich.
Doch wodurch grenzen sich Jugendliche in einer Gesellschaft ab, in der es keine Abgrenzungs-
möglichkeiten mehr gibt? Laut Schuldt findet das heute unsichtbar und vor allem über die
Mediennutzung statt. Da gibt es jugendliche Parallelwelten, die Erwachsene einfach nicht ver-
stehen können. Facebook benutzt die Generation Z heute beispielsweise weniger, sie bewegt
sich lieber auf YouTube oder Snapchat.

Das Internet gleicht der multifunktionalen Armbanduhr


Auch zur Generation Y, der ersten Generation der Digital Natives, grenzen sich die Z-ler in
diesem Punkt klar ab. «Die Generation Z ist in einer mobilen Internetwelt entstanden, bei ihr
gilt nicht mehr ‹mobile-first›, sondern ‹mobile-only›», so Schuldt. Das Handy ist stets griffbereit,
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die Welt wird wie selbstverständlich online gelebt. Doch Exemplar
Persönliches ob die von
Generation dadurch
Arantxa Gándara mehr3018 Bern
Espasandín,
Onlinekompetenz hat, die ihnen am Arbeitsmarkt einen Vorteil verschafft, darüber herrscht c) Treffen die im Text angesprochenen neuen Verhaltensweisen auf Sie persönlich zu? Wür-
Uneinigkeit. den Sie sich als ein Mitglied der Z-Generation, als «Z-ler» bezeichnen? Nehmen Sie das
«Das Internet ist für die Generation Z so etwas wie damals die multifunktionale Armbanduhr Gesamtbild in Ihrer Klasse auf.
für die Babyboomer», sagt Arbeitsweltexperte Scholz. Weil die Z-ler viel weniger offensiv mit eher ja Anzahl «Z-ler» in Ihrer Klasse: ___
neuen Technologien umgehen als ihre Vorgänger, sinke jedoch ihre digitale Kompetenz. Smart- eher nein, weil die folgende(n) Eigenschaft(en) auf mich nicht zutreffen:
phone und Internet sind für sie alltägliche Gebrauchsgegenstände, die nicht mehr gross reflek-
tiert werden. Schuldt vom Zukunftsinstitut sieht es nicht so negativ.
Das Medium Internet hätte bei ihnen Kompetenzen wie Anpassungsfähigkeit oder das perma-
nente Scannen der Umwelt gefördert. Diese Fähigkeiten bräuchte die Generation Z in der hoch- d) ... «Darauf müssen sich Unternehmen einstellen» sagt der Autor im letzten Satz. Was soll-
komplexen, sich schnell wandelnden Gesellschaft, in der langfristige Planung einfach nicht ten Unternehmen in diesem Zusammenhang aus Ihrer Sicht konkret unternehmen?
mehr möglich sei.
Jugendforscher Hurrelmann identifiziert ein neues Stärke-Schwäche-Profil für die Arbeitneh-
mer von morgen. «Wir bekommen eine hochsensible junge Generation, die alles blitzschnell
aufnimmt und erfasst und enorm multitaskingfähig ist», sagt er, «dann aber auch nicht mehr
so konzentriert ist, sich schnell ablenken lässt und ein kurzes Durchhaltevermögen besitzt.»
Darauf müssen sich die Unternehmen schon heute einstellen.
«Die Welt», 6. September 2016, 06. 09. 2016

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 45

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 46

Aufgabe 7 Unternehmerische Nachhaltigkeit 3.0

Was ist echte unternehmerische Nachhaltigkeit? Und wie können Unternehmen durch ihr a) Betrachten Sie das Animationsvideo und fassen Sie den Inhalt in der unten stehenden
sorgfältiges Wirtschaften gesellschaftliche Probleme lösen? Mit diesen Fragen beschäftigt Tabelle stichwortartig zusammen.
sich der Film «Was ist echte unternehmerische Nachhaltigkeit» aus der HSG-Videoreihe «Little
Green Bags».

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Stufen der unternehmerischen
Kurzbeschreibung / Ziel der unternehmerischen Tätigkeit Beispiele von Unternehmungen
Nachhaltigkeit

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

b) Welche gesellschaftlichen Probleme bzw. Herausforderungen sehen Sie im Bereich der c) Welche gesellschaftlichen Probleme bzw. Herausforderungen sehen Sie im Bereich der
ökologischen Umweltsphäre? Welche Lösungen könnten konkrete Unternehmungen sozialen Umweltsphäre? Welche Lösungen könnten konkrete Unternehmungen dazu an-
dazu anbieten? bieten?

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 47

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 48

Aufgabe 8 E-Bikes – mit Extraschwung ins Spital

Lesen Sie den folgenden Artikel zur Problematik von E-Bike-Unfällen des SRF-Gesundheits- E-Biker stürzen etwa, wenn sie Hindernissen ausweichen wollen oder weil sie die Bremswirkung
magazins «Puls» vom 9. Mai 2016 und beantworten Sie die anschliessenden Fragen. falsch einschätzen. Dieses Risiko von Selbstunfällen sei den Lenkern aber zu wenig bewusst.
Kommt es zu Kollisionen, ereignen sich diese häufig an Kreuzungen und Kreiseln, weil Auto-
Rückenwind auf Knopfdruck: E-Bikes sind beliebt, haben aber ihre Tücken. Die schnellen fahrer den Vortritt von E-Bikern missachten. Was oft auch daran liegt, dass Verkehrsteilnehmer
Gefährte überfordern ungeübte Fahrer schnell und sind häufiger als konventionelle Velos die Geschwindigkeit von herannahenden Fahrrädern und E-Bikes falsch einschätzen: Je schnel-
in Unfälle mit schweren Verletzungen verwickelt. ler ein Zweirad unterwegs war, desto stärker unterschätzten Versuchspersonen in einem Expe-
riment deren Geschwindigkeit. Allerdings ergab sich kein Unterschied zwischen Fahrrädern
E-Bikes sind ein guter Kompromiss für und E-Bikes.
viele, die gerne Fahrrad fahren, dabei
aber nicht so ins Schwitzen kommen Verletzungen wie bei Motorradfahrern
möchten oder ein wenig Unterstützung Dass die Unfälle so heftig verlaufen, liegt zum einen daran, dass E-Bikes deutlich schwerer sind
brauchen. als normale Velos, zum anderen aber auch daran, dass sich mehr Menschen aufs Rad setzen,
Die Fangemeinde wächst kontinuier- die nicht so geübt und fahrsicher sind.
lich, in unterschiedlichsten Altersklas- Der Hauptgrund bleibt aber das höhere Tempo, das sowohl die Radfahrer selbst als auch die
sen. In der Schweiz wurden 2015 rund anderen Verkehrsteilnehmer häufig deutlich unterschätzen. Während ein normales Fahrrad im
66 300 neue E-Bikes verkauft. Schnitt 15 km/h schnell ist und einen Bremsweg von zehn Metern benötigt, ist der Bremsweg
Der Spass am Tempo hat aber auch für ein 25 km/h fahrendes E-Bike bereits fast doppelt so lang.
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Schattenseiten:
Persönliches StürzeGándara
Exemplar von Arantxa mit dem «Die Verletzungen sind vergleichbar mit Unfällen in Zusammenhang mit Motorrädern bezie-
E-Bike3018 Bern
Espasandín,
sind in der Regel schwerer als normale hungsweise Motorfahrzeugen. Das heisst, die Verletzungen sind oftmals schwerer und komple-
Fahrradstürze. Und die Zahl der dabei schwer Verletzten oder gar Getöteten steigt Jahr für Jahr: xer als Verletzungen nach gewöhnlichen Fahrradstürzen», sagt Prof. Reto Babst, Leiter des
Wurden 2011 noch zwei Tote und 67 Schwerverletzte registriert, waren es 2015 bereits 14 Tote Traumazentrums des Luzerner Kantonsspitals.
und 163 Schwerverletzte – mehr als doppelt so viele. Eine internationale Studie belegt: Am häufigsten sind Arm- und Beinbrüche sowie Verletzun-
gen an Kopf, Gehirn oder Wirbelsäule. Auch innere Blutungen kommen vor. Im Schnitt bleiben
Entwicklung der schweren die Sturzopfer zehn Tage in der Klinik.
Personenschäden bei SRF-Gesundheitsmagazin «Puls», 9. Mai 2016
E-Bike-Fahrern nach Alter
Die Geschwindigkeit ist bei
schweren Alleinunfällen von
E-Bike-Fahrern häufiger die
Hauptursache des Unfalls als
etwa bei Velofahrern. Eine
Analyse der Beratungsstelle
für Unfallverhütung (bfu)
zeigt: Wenn E-Bike-Fahrer
schwer verunfallen, geschieht
dies öfter bei Selbstunfällen
als bei Zusammenstössen.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
a) Lesen Sie die folgenden Kommentare zu diesem Artikel. Welchem Kommentar würden b) Wie könnte man die schweren Personenschäden bei E-Bike-Fahrern vermindern?
Sie sich am ehesten anschliessen? In welcher Umweltsphäre hätte dies Veränderungen zur Folge?
Abstimmungs-
Kommentare ergebnis in
unserer Klasse

c) Welche Unternehmungen wären von solchen Veränderungen betroffen?

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

d) Wer sollte Ihrer Meinung nach darüber entscheiden, ob die angesprochenen Verände-
rungen eingeführt werden sollten?

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 49

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 50

Aufgabe 9 Vergleich Credit Suisse – Alternative Bank

Nachfolgend sind Auszüge aus der Strategie der Credit Suisse sowie aus dem Leitbild und der Unternehmensstrategie der Alternativen Bank Schweiz dargestellt. Lesen Sie die Texte auf-
merksam durch und beantworten Sie die Fragen auf der folgenden Seite.

Unser Unternehmen Mission der Alternativen Bank Schweiz (ABS)


Eine global führende Privatbank und ein Vermögensverwal- Wir von der Alternativen Bank Schweiz sind bei unserer Geschäfts-
ter mit ausgeprägten Investment-Banking-Kompetenzen. tätigkeit dem Gemeinwohl, Mensch und Natur und der weltverträg-
lichen Lebensqualität heutiger wie künftiger Generationen verpflich-
tet. Wir bieten Bankdienstleistungen für Kundinnen und Kunden an,
Strategie denen eine soziale und ökologische Entwicklung wichtig ist. Wir ver-
Unsere neue Strategie zielt darauf ab, unsere Position als Marktführer im Private Banking und stehen unser Handeln als solidarische und solide Alternative zur öko-
in der Vermögensverwaltung mit ausgeprägten Kompetenzen im Investment Banking zu stär- nomischen Logik des kurzfristigen Profits.
ken, unser Ziel – profitables Wachstum – zu erreichen und gleichzeitig im gesamten Konjunk-
turzyklus in erheblichem Masse Kapital zu generieren. Wir beschleunigen die Neuausrichtung Unsere Grundprinzipien
der Gruppe auf unsere Private-Banking-Geschäftsbereiche, um die Ressourcenallokation zu Q Wir befolgen klare ethische Grundsätze, Ethik kommt vor Profit.
optimieren und uns auf die Gelegenheiten mit den höchsten Erträgen und der besten Ska- Q Wir sind eine glaubwürdige und transparente Partnerin und investieren in die Erhaltung
lierbarkeit zu konzentrieren. natürlicher Lebensgrundlagen.
Die 1856 gegründete Credit Suisse besitzt heute eine globale Reichweite mit Geschäfts- Q Wir sind innovativ und erzielen Renditen, die solidarische Entwicklungen ermöglichen.
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aktivitäten in über 50 Ländern und 48 200 Mitarbeitenden aus über
Persönliches Exemplar 150
von verschiedenen
Arantxa Q Wir stärken das kritische Bewusstsein über die gesellschaftliche Rolle von Kapital und
Natio-3018 Bern
Gándara Espasandín,
nen. Diese weltweite Präsenz ermöglicht es uns, geografisch ausgewogene Ertragsströme Zins und fördern den eigenverantwortlichen Umgang mit Geld.
und Netto-Neugeldzuflüsse zu generieren sowie Wachstumschancen zu nutzen, wo immer Q Wir legen Wert auf die aktive Mitwirkung aller Mitarbeitenden.
sie sich anbieten.
Unsere Leitlinien
Governance1) Q Wir sind eine ethisch fokussierte Alltagsbank.
Q Wir richten uns an verantwortungsvolle Kundinnen und Kunden sowie an Aktio-
Wir sind bestrebt, jederzeit integer, verantwortungsbewusst, fair, transparent und diskret zu närinnen und Aktionäre, denen ethische Gesichtspunkte bei Geldfragen wichtig sind.
handeln, um das Vertrauen sämtlicher Anspruchsgruppen zu sichern. (Die ABS motiviert Anlagekundinnen und -kunden, zugunsten förderungswürdiger
Wie wir unseren Anspruchsgruppen begegnen, ist von entscheidender Bedeutung für Projekte freiwillig ganz oder teilweise auf Zinsen zu verzichten.)
unseren geschäftlichen Erfolg. Q Wir erzielen Gewinne für eine lebenswerte Zukunft.
Die Credit Suisse strebt die Umsetzung international anerkannter hoher Standards der Q Wir wirtschaften aufgrund von sozialen und ökologischen Kriterien.
Corporate Governance an, um die Interessen aller Anspruchsgruppen angemessen zu wah- Q Wir leben Transparenz und haben eine hörbare Stimme.
ren, und anerkennt die Wichtigkeit von Corporate Governance bei der Erreichung dieses Ziels. Q Wir übertreffen die gesetzlichen Anforderungen.
Eine transparente Beschreibung der Corporate Governance erleichtert den verschiedenen In- Q Wir beteiligen die Mitarbeitenden an Unternehmensentscheiden.
teressenvertretern, die Qualität der Gruppe und ihres Managements zu beurteilen, und un- Q Wir haben fortschrittliche und modellhafte Arbeitsbedingungen.
terstützt die Investoren bei ihren Anlageentscheidungen. Q Wir stärken die soziale und ökologische Ökonomie, gemeinsam mit gleichgesinnten
Quelle: Website Credit Suisse «Wir über uns › Unser Unternehmen», Oktober 2016 Banken und fairen Unternehmen.
Q Wir prüfen unser unternehmerisches Selbstverständnis an der Übereinstimmung von
ethischem Anspruch und Handeln.
1)
Corporate Governance = Grundsätze und Regeln für das «korrekte» Verhalten der obersten Führungskräfte Quelle: Website Alternative Bank Schweiz «Über die ABS › Leitbild» Unternehmensstrategie

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Credit Suisse Alternative Bank Schweiz
a) Welche unterschiedlichen Bedürfnisse wollen die beiden Banken bei ihren Kunden abdecken?
Vergleichszahlen
per Ende 2018

Bilanzsumme CHF 796 289 Mio. CHF 1745 Mio.

weltweit 46 840
Mitarbeitende 107
Schweiz 12 600
in 50 Ländern, 170 Geschäfts-
Geschäftsstellen 4
stellen in der Schweiz
b) Welche Aussagen werden zur gesellschaftlichen Verantwortung gemacht? Anzahl Kundinnen 1.6 Mio. Privatkunden
32 831
und Kunden (Schweiz) 100 000 Firmenkunden

d) Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der beiden sehr unterschiedlichen Strategien?
Credit Suisse Alternative Bank Schweiz

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c) Welche Unterschiede stellen Sie fest in Bezug auf die Erwartungen, die man den
Aktionären gegenüber erfüllen will?

Hinweis: In der Regel werden im Unternehmungsleitbild die wichtigsten Absichten und


Grundsätze für die Öffentlichkeit formuliert. Die Unternehmungsstrategie ist dagegen meis-
tens ein internes Dokument, das nicht veröffentlicht wird. Unter dem Stichwort «Wir über
uns» werden auf Websites von Unternehmungen unter den Begriffen Vision und Strategie
allerdings manchmal auch Grundsätze veröffentlicht, die nach unserem Verständnis den
Charakter eines Leitbildes aufweisen.
So unterschiedlich die Leitbilder und Strategien dieser beiden Banken sind, so unter-
schiedlich ist auch ihre Betriebsgrösse.
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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 52

Aufgabe 10 Fallbeispiel zum Unternehmungsmodell «Chinesische Umweltschützer nehmen die Firma Apple ins Visier»

vorgeworfen, Probleme seiner Zulieferer zu ignorieren. Apple ist aber nicht der einzige Kon-
«Gewaltige Profite auf Kosten der Umwelt» zern, der in der Kritik steht. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte im Juli einer Reihe
von europäischen und amerikanischen Textil- und Sportartikelfirmen vorgeworfen, mit chine-
Umweltgruppen werfen dem US-Konzern Apple vor, für Umweltverschmutzungen in sischen Zulieferern zusammenzuarbeiten, die hochgiftige Abwässer in Flüsse und Seen leiten
China mitverantwortlich zu sein. Apple arbeite mit Zulieferern zusammen, die bekannter- würden.
massen gegen Gesetze verstiessen, heisst es in dem Bericht. Von riesigen Profiten auf Quelle: www.tagesschau.de
Kosten der Umwelt ist die Rede.
a) Anspruchsgruppen und Zielkonflikte
Von Ruth Kirchner, ARD-Hörfunkstudio Peking Welche Zielkonflikte werden aus der nebenstehenden Medienmitteilung ersichtlich?
Formulieren Sie stichwortartig drei verschiedene Zielkonflikte für die Firma Apple.
Die fünf Umweltgruppen werfen dem amerikanischen Elektronikriesen vor, die Augen vor der Verwenden Sie dabei die im Theorieteil aufgeführten Bezeichnungen der Anspruchs-
massiven Umweltverschmutzungen seiner chinesischen Zulieferer zu verschliessen. Die Vor- gruppen.
würfe gegen Firmen reichen von der Emission giftiger Gase bis hin zur Verseuchung von Ge-
wässern mit Schwermetall-Rückständen und Dioxinen. In einem Fall sei in einem Dorf neben
einer Fabrik die Zahl der Erkrankungen massiv angestiegen, heisst es. In einem andern Fall sei
die Konzentration von Schwermetallen in einem nahegelegenen See fast zweihundert Mal hö-
her als normal. © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Die Umweltgruppen hatten in fünfmonatiger Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Recherche-Arbeit insgesamt 27 Unterneh-
men ausfindig gemacht, die mit grosser
Wahrscheinlichkeit für Apple produzieren
– darunter Firmen in Peking, Guangzhou
und im südwestchinesischen Chengdu. Man
habe seit Jahren versucht, Druck auf diese
und ähnliche Firmen auszuüben, sagt Ma
Jun. Doch auch Apple trage Verantwortung «Profite auf Kosten der Umwelt»: Apple steht
für seine Zulieferer aus China. «Grosse Fir- bei Umweltschützern nicht zum ersten Mal
in der Kritik.
men wie Apple vergeben grosse Aufträge
hier. Es geht ihnen nur um den Preis, die Um-
welt ist ihnen egal. Der Druck wird an die Produzenten weitergegeben, ihre Umweltstandards
und damit die Kosten zu senken, so dass sie die Aufträge überhaupt bekommen.»

Apple steht nicht zum ersten Mal in der Kritik


In einer Stellungnahme von Apple heisst es, man stelle hohe Anforderungen an die Zulieferer
und überprüfe sie regelmässig. Man verlange von allen Zulieferern einen verantwortlichen Um-
gang mit der Umwelt. Man nehme jetzt die Bedenken ernst, der Bericht der Umweltgruppen
beinhalte aber Unstimmigkeiten. Es ist das zweite Mal in diesem Jahr, dass Apple in China ins
Visier von Umweltgruppen gerät. Bereits im Januar hatten Umweltschützer dem US-Konzern
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b) Kommentar zur Meldung verfassen
Zu dieser Meldung sind insgesamt 15 Kommentare eingegangen. Hier einige Beispiele:

Das wissen wir doch schon lange …


1. September 2011 – 17:13 Uhr – V-v-V
… aber was solls, sind ja nur ein paar arme Chinesen, die dabei verrecken, und was
juckt es mich, wenn die Umwelt in China verseucht ist, Hauptsache mein iPad-
Display ist sauber.

Dass Apple bei der Sauerei in …


1. September 2011 – 17:46 Uhr – Gandhismus
… China mitmacht, schämt euch. In China sind die Menschen konkret durch
Umweltgifte gefährdet, ein Thema, das viel zu kurz kommt. Das ist richtig pervers,
ein anderes Wort gibt es nicht.

Ah, die liefern WAHRSCHEINLICH für Apple …


1. September 2011 – 17:55 Uhr – ralf.wenzel
… das ist also nicht einmal erwiesen. Aber Hauptsache, man hat den Namen
«Apple» in der Headline der Pressemitteilung.
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Dass diese Zulieferer etliche Kunden haben,Persönliches
bei denen Applevon
Exemplar vielleicht gar nicht
Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
dabei ist, das erfährt man erst auf den zweiten Blick.
Ganz seriös, das Ganze …

Verfassen Sie einen Kommentar zur Meldung «Gewaltige Profite auf Kosten der Umwelt»,
aus welchem ein begründeter Lösungsansatz zu diesem Zielkonflikt ersichtlich ist. Achten Sie
auf eine sorgfältige Formulierung in vollständigen Sätzen.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 53

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 54

c) Ihre Empfehlung an die Geschäftsleitung von Apple: d) «Geschäftsleitung von Apple handelt ethisch»
Wie soll die Geschäftsleitung von Apple auf diese Kritik reagieren? Nehmen wir an, Apple reagiert mit einer Medienmitteilung mit dem folgenden Titel:
Begründen Sie Ihre Empfehlung. «Geschäftsleitung von Apple handelt ethisch». Erläutern Sie stichwortartig, was in
diesem Zusammenhang konkret an ethischen Handlungen zu erwarten ist. Berücksich-
tigen Sie bei Ihrer Antwort die im Unterricht behandelten Strukturen.

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Aufgabe 11 Fragebogen «Unternehmungsmodell»

Führen Sie in einer von Ihnen ausgewählten Unternehmung ein Interview durch. Notieren Bereiten Sie sich mithilfe der Stichworte auf eine kurze Präsentation über Anspruchsgruppen,
Sie zu den untenstehenden und allenfalls weiteren, eigenen Fragen stichwortartig die Antwor- Umweltsphären und Zielkonflikte der befragten Unternehmung vor.
ten. Beachten Sie, dass Unternehmungen evtl. nicht zu allen Fragen Auskunft geben können.
Falls die ausgewählte Unternehmung ein Leitbild veröffentlicht hat, konsultieren Sie vor- Befragte Unternehmung
gängig dieses Dokument.
Name:
Soziale Umweltsphäre
Ökologische Umweltsphäre Branche:
ische Umweltsphäre
Technolog
he Umweltsphäre
Ö k on o m i s c
Rechtliche Umweltsphäre
Konkurrenten Kapitalgeber Kontaktperson:
Unternehmungskonzept Leistung Finanzen Soziales
Absichten und Führungs-
Telefon / E-Mail für allfällige Rückfragen:
Leitbild
Grundsätze prozesse

Geschäfts-
Lieferanten Ziele Kunden
prozesse

Massnahmen Support-
– Mittel Strategie prozesse
– Verfahren

Staat © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Mitarbeitende
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Institutionen
NGOs

1 Wer ist Eigentümer der Unternehmung?


Kapitalgeber

2 Welche Rechtsform hat die Unternehmung?

3 Wie hoch ist ungefähr das Eigenkapital?

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 55

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Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 56

4 Wie viele Mitarbeitende haben Sie angestellt?


Mitarbeitende

5 Wie hoch ist ungefähr die Lohnsumme, die Ihre Unternehmung bezahlt?

6 Was verkaufen Sie wem? Welches sind Ihre drei wichtigsten Kundengruppen?
Kunden

7 Welchen Verkaufsumsatz müssen Sie ungefähr erzielen, um keinen Verlust zu erzielen?

8 Woher beziehen Sie die verschiedenen Produkte und Waren, die Sie zur Produktion bzw. zum Verkauf benötigen?
Lieferanten
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

9 Wie sieht Ihre Konkurrenzsituation im Moment aus?


Konkurrenten

10 Mit welchen Amtsstellen haben Sie regelmässig Kontakt?


Staat

11 Welche Arten von Steuern müssen Sie regelmässig bezahlen?

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Institutionen 12 Bei welchen Verbänden sind Sie Mitglied?
NGOs

13 Welche Vereine oder Institutionen unterstützen Sie, und welchen Geldbetrag wenden Sie ungefähr dafür auf?

14 Welche rechtlichen Vorschriften beeinflussen Ihre Unternehmungstätigkeit massgebend?

Rechtliche
Umweltsphäre

15 Haben Sie Schwierigkeiten, Arbeitskräfte zu finden? Wenn ja, weshalb?

Ökonomische
Umweltsphäre
16 Wie wirkt sich eine Veränderung der Zinssätze bei Ihnen aus?
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17 Wirken sich die Bodenpreise auf Ihre Unternehmung aus?

18 Wie stark sind Sie von der Konjunkturlage abhängig?

19 Welche Auswirkungen haben sinkende oder steigende Wechselkurse für Sie?

20 Gab es in den letzten Jahren Erfindungen, neue Produkte oder neue Verfahrenstechniken, welche in Ihrer Unternehmung eingesetzt wurden?

Technologische
Umweltsphäre

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 57

14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1
14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1
Unternehmungen modellhaft betrachtet – das Unternehmungsmodell 58

21 Haben Sie im Hinblick auf den Umweltschutz Änderungen in der Geschäftstätigkeit vorgenommen?

Ökologische
Umweltsphäre

22 Haben Sie bei den Mitarbeitern, den Kunden, Lieferanten oder den Kapitalgebern Änderungen in ihren typischen Verhaltensweisen festgestellt?

Soziale Wenn ja, welche?


Umweltsphäre

Drei Fragen 23 Welche Gründe haben gerade zu diesem Standort der Unternehmung geführt?
zum Schluss

24 Was macht Ihnen zurzeit am meisten Sorgen?

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25 Was stimmt Sie optimistisch?
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18 Sozialer Ausgleich

Die Schweiz gilt als eines der reichsten Länder der Welt. Für viele Menschen ist es
daher schwer vorstellbar, dass es auch bei uns Erscheinungsformen von Armut gibt.
Der schweizerische Sozialstaat kennt eine Vielzahl von Instrumenten, die verhin-
dern sollen, dass Menschen in existenzielle Not geraten. Die wichtigsten sind
die Sozialversicherungen – z. B. die Alters- und Hinterlassenenversicherung und
die Sozialhilfe.
Der soziale Ausgleich kann nur funktionieren, wenn er auch in Zukunft finan-
zierbar ist. Der Altersaufbau sowie die zahlenmässige Entwicklung der Bevölke-
rung stellen enorme Herausforderungen an die Ausgestaltung der verschiedenen
Sozialversicherungen dar.

Theorie Übungen

18.1 Das Gesamtsystem der sozialen Sicherung in der Schweiz .................................. 2 1 Das Gesamtsystem der sozialen Sicherung ............................................................
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16
18.2 Die öffentliche Sozialhilfe ..................................................................................
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 4 3018 Bern 2 Soziale Sicherung ................................................................................................. 17
18.3 Das 3-Säulen-Konzept als Grundlage der Sozialversicherungen ........................... 6 3 Die 1. Säule: AHV / IV / EL / EO ................................................................................ 17
18.4 Die 1. Säule: die staatliche Vorsorge – AHV/IV/EO .............................................. 6 4 Das 3-Säulen-Konzept ......................................................................................... 18
18.5 Die 2. Säule: die berufliche Vorsorge (BVG) ........................................................ 10 5 Die 2. Säule: die berufliche Vorsorge ..................................................................... 19
18.6 Die 3. Säule: die private Vorsorge ...................................................................... 12 6 Die Herausforderungen an AHV und Pensionskassen ............................................ 19
Das haben Sie gelernt ........................................................................................ 14
Diese Begriffe können Sie erklären ..................................................................... 15
Aufgaben

1 Der Gang zur Sozialhilfe ....................................................................................... 20


2 Lohnprozente für die 1. und 2. Säule .................................................................... 22
3 Finanzierungsproblematik in der 2. Säule .............................................................. 23

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Sozialer Ausgleich 1

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Sozialer Ausgleich 2

18.1 Das Gesamtsystem der sozialen Sicherung in der Schweiz Q System der sozialen Sicherung im Gesamtmodell

Soziale Sicherheit soll die gesamte Bevölkerung vor den wichtigsten Lebensrisiken schützen. Soziales System
Es handelt sich somit bei der «sozialen Sicherheit» um Massnahmen, mit denen die wichtigs-
ten Unsicherheiten des menschlichen Lebens aufgefangen werden können. Bereich Abstim- soziale
Sicherung durch Sicherung durch
Sozialrecht mungen Lage
den Staat soziale Gruppen
Q Die neun Risiken der sozialen Sicherheit1
Sozialversicherungen z. B. durch Familie,
Hausgemeinschaften,
Wahr-
1. Medizinische Versorgung 5. Alter z. B. AHV, IV, Arbeitslosen- Freunde
nehmungs-
versicherung
2. Verdienstausfall bei Krankheit 6. Tod filter

Kindes- und Erwachsenen-


Sozialversicherungsrecht,
3. Mutterschaft 7. Invalidität «soziales Netz»

schutzrecht, Strafrecht
4. Arbeitsunfälle 8. Arbeitslosigkeit
und Berufskrankheiten
9. Familienlasten
sozialer Ausschluss

Solche Massnahmen bedingen eine Solidarität zwischen den verschiedenen Einkommens-


Massnahmen zur Wirtschaftslage
klassen und Generationen innerhalb einer Gesellschaft. Gemäss dem Grundprinzip der Ver- und
Wiedereingliederung
sicherungen sollen dadurch grundsätzlich die von den negativen Auswirkungen und Schick- Umweltqualität
z. B. öffentliche Sozialhilfe,
salsschlägen verschonten Bevölkerungskreise jenen Personen helfen, die von den genannten
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Massnahmen des Kindes- 2021
Risiken betroffen sind und einen finanziellen Schaden erleiden.
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern und Erwachsenenschutz-
rechts, Strafrecht
Der Schweizer Sozialwissenschafter2 François Höpflinger hat vor rund zwanzig Jahren das
Gesamtsystem der sozialen Sicherung in der Schweiz in einem Modell dargestellt. Er geht da-
bei von einem sozialen Netz im Zentrum der Gesellschaft aus. Dieses Netz soll Menschen
davor schützen, in existentielle Not zu geraten. Soziale Sicherheit bietet zum andern auch der Staat. Sozialversicherungen basieren im
Soziale Sicherheit bieten zum einen soziale Gruppen, z. B. die Familie, ein intakter Freun- Gegensatz zu den sozialen Gruppen nicht auf einheitlichen Normen und Werten ihrer Mit-
deskreis, die Nachbarschaft in einem Quartier oder eine religiöse Gemeinschaft. Diese Ge- glieder, vielmehr umfassen sie eine grosse Zahl von Menschen mit unterschiedlichem welt-
meinschaften bieten den Menschen in erster Linie Geborgenheit und ein Gefühl der Zuge- anschaulichem Hintergrund. Das gemeinsame und verbindende Ziel besteht darin, die finan-
hörigkeit; manchmal gewähren sie aber auch finanzielle Unterstützung in vorübergehenden ziellen Folgen grosser sozialer Risiken wie Alter, Tod, Invalidität oder Arbeitslosigkeit
Notlagen (z. B. wenn ein naher Angehöriger stirbt, jemand überraschend seine Anstellung gemeinsam mithilfe des Versicherungsprinzips zu bewältigen. Wer sich und seine nächsten
verliert oder nach einer Scheidung). Dies alles schafft auch ein Gefühl von Solidarität und Angehörigen versichern will, muss dazu einen Teil seines Erwerbseinkommens (Lohnprozente)
Sicherheit. Wer allerdings die Werte einer solchen Gemeinschaft nicht mehr teilt, läuft Ge- als Versicherungsprämie einzahlen. Aber bei den Sozialversicherungen gilt: versichert ist nur,
fahr, daraus ausgeschlossen zu werden und deren Unterstützung zu verlieren. Wenn bei- wer Beiträge zahlt. Und Beiträge zahlt, wer arbeitet.3 Der Versicherungsschutz gilt darüber
spielsweise Kinder sich längere Zeit nicht um ihre Eltern kümmern oder man nie etwas mit hinaus einzig für Ehegatten und nicht erwachsenen Kindern von Beitragszahler/innen. Wenn
den Nachbarn zu tun haben will, ist eine Unterstützung in Notsituationen nicht unbedingt jemand also über längere Zeit keine Arbeit findet oder aus freien Stücken nicht arbeiten
zu erwarten. möchte, wird der Versicherungsschutz geschmälert oder geht ganz verloren.
Vom so beschriebenen sozialen Netz profitieren also nur Menschen, die sozialen Grup-
pen angehören oder einer Erwerbsarbeit nachgehen können. Man spricht in diesem Zusam-
1
menhang von sozialer Integration. Kann oder will jemand nicht arbeiten und bestehen auch
Gemäss Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)
2
Sozialwissenschaften befassen sich (vereinfacht ausgedrückt) mit dem Zusammenleben der Menschen
keine enge Bindungen an soziale Gruppen, droht der soziale Ausschluss (= soziale Desinte-
und dem Funktionieren der gesamten Gesellschaft.
3
© 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021 Die Beiträge sind lückenlos zu bezahlen. Fehlende Beitragsjahre können zu einer Kürzung der Renten führen.
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Der Mindestbeitrag für Nichterwerbstätige, wie z. B. Studierende, beträgt CHF 482.– pro Jahr (Stand 2019).
gration). Eine solche Person läuft Gefahr, durch die Maschen des sozialen Netzes zu fallen,
wenn sie von den finanziellen Folgen von Invalidität, Alter, Arbeitslosigkeit oder Tod betrof-
fen wird. Dann greift die öffentliche Sozialhilfe ein. Sie kümmert sich um jene Menschen, bei
denen die beschriebenen Sicherungssysteme versagt haben oder nicht ausreichen.
Wie viele Arme gibt es in der Schweiz? Das Bundesamt für Statistik orientiert sich für die
Definition an den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Diese Ar-
mutsgrenze berechnet sich aus einem Pauschalbetrag für den Lebensunterhalt, den indivi-
duellen Wohnkosten sowie monatlich 100 Franken pro Person ab 16 Jahren für weitere Aus-
lagen. Im Jahr 2016 betrug die Armutsgrenze durchschnittlich 2247 Franken pro Monat für
eine Einzelperson und 3981 Franken pro Monat für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen
und zwei Kindern unter 14 Jahren. In der Schweiz waren 2016 gemäss dieser Definition 3,8 %
aller Erwerbstätigen von Armut betroffen. Dies entspricht rund 140 000 Personen.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Sozialer Ausgleich 3

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Sozialer Ausgleich 4

In erster Linie versucht die öffentliche Sozialhilfe mit finanziellen Mitteln sicherzustellen, dass muss aber zuerst eine Beurteilung der individuellen Situation eines Antragstellers vorgenom-
Menschen nicht in existentielle Not geraten und auch weiterhin am sozialen Leben teilhaben men werden. Dabei lassen sich die Fürsorgebehörden von folgenden Grundsätzen leiten:
können. Denn mit der Aufrechterhaltung oder Stärkung ihrer Beziehungen wird der drohen- Q Wahrung der Menschenwürde: Hilfesuchende sollen ein menschenwürdiges Leben
den sozialen Desintegration entgegengewirkt. Im Idealfall können die Betroffenen nach führen können und bei der konkreten Ausgestaltung der Hilfe ein Mitspracherecht ha-
einiger Zeit wieder selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen. Bei einer erneuten Notlage ben. So soll verhindert werden, dass sie ihre Selbstachtung verlieren.
greifen schliesslich die Sicherungssysteme des sozialen Netzes, d. h. die sozialen Gruppen Q Die Sozialhilfe soll aber immer erst als letztes Mittel zum Zuge kommen, d.h., wenn die
und/oder die Sozialversicherungen wieder (= Reintegration). anderen Sicherungen versagen oder nicht genügen. Diesen Grundsatz bezeichnen wir als
Die öffentliche Sozialhilfe ist eines von vielen Instrumenten, mit denen sich der Staat um Prinzip der Subsidiarität. Konkret bedeutet dies, dass geprüft wird, ob z.B. die Verwand-
Menschen in Ausnahmesituationen kümmert. Andere Instrumente sind z. B. Massnahmen ten nicht in der Lage sind, den Antragsteller zu unterstützen oder ob allenfalls ein An-
des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts, wenn die Urteilsfähigkeit einer Person infrage ge- spruch auf Leistungen der Sozialversicherungen besteht.
stellt ist oder Ausbildungsangebote, wenn junge Menschen straffällig geworden sind und im Q Ein Sozialhilfeempfänger hat zudem Anspruch darauf, dass seine persönliche Lebens-
Gefängnis auf ein selbständiges Leben in Freiheit vorbereitet werden sollen. situation bei der Bemessung der Unterstützungsbeiträge berücksichtigt wird. Nach un-
Das soziale System und seine Sicherungsmechanismen sind Veränderungen unterworfen, ten ist die Unterstützung durch die Festlegung eines allgemeinen Existenzminimums be-
die sich auf die Rechtsordnung auswirken können. Dies zeigt sich zum einen durch Refor- grenzt, nach oben soll aber ein gewisser Spielraum für individuelle Lösungen bestehen.
men im Vormundschaftswesen. Seit dem 1. 1. 2013 gilt ein neues Kindes- und Erwachsenen- Q Bedarfsdeckung: Als weiterer Grundsatz gilt, dass Sozialhilfe immer von einem tatsäch-
schutzrecht, das u. a. durch die Förderung des Selbstbestimmungsrechts und die Stärkung lichen aktuellen Bedarf ausgeht und frühere Zustände unberücksichtigt lässt. Das heisst,
der Solidarität in der Familie geprägt ist. Zum andern manifestieren sich diese Veränderun- man kann den Sozialhilfeanspruch einer Person nicht mit der Begründung beschneiden,
gen durch die periodischen Anpassungen der Sozialversicherungssysteme. So wurden z. B. sie habe in früheren Jahren durch einen verschwenderischen Lebenswandel viel zur Ent-
bei der AHV seit ihrer Gründung bereits zehn Reformen durchgeführt. In der laufenden, elf- stehung der aktuellen Notlage beigetragen. Entscheidend ist einzig die Frage, ob im Mo-
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ten «Revisionsrunde» steht dabei die Befürchtung im Mittelpunkt,
Persönliches Exemplar vondass derGándara
Arantxa immerEspasandín,
grössere3018 Bern ment sowie in der näheren Zukunft tatsächlich ein Bedarf nach staatlicher Unterstützung
Anteil rentenberechtigter Personen die langfristige Finanzierbarkeit der Sozialversicherungen besteht. Darin unterscheidet sich die Sozialhilfe übrigens auch deutlich von Rentenan-
infrage stellen könnte. sprüchen gegenüber einer Sozialversicherung. Dort werden Renten nämlich nicht auf-
Diese Beispiele zeigen die Wirkungsweise des in unserem Lehrmittel verwendeten Ge- grund des Bedarfs eines Rentenbezügers ausgerichtet, sondern einzig aufgrund versiche-
samtsystems auf: Gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen führen allenfalls zu rungstechnischer Daten wie Prämienhöhe, Beitragsdauer, versichertes Einkommen usw.
einer veränderten Wahrnehmung der sozialen Lage, was in der Folge Anpassungen der Deshalb hat beispielsweise auch ein Millionär Anspruch auf eine AHV-Rente.
Rechtsordnung (z. B. Sozialversicherungsrecht, Vormundschaftsrecht etc.) auslösen kann. Q Angemessenheit: Um das Zusammenleben innerhalb einer Gemeinschaft nicht unnö-
tigen Spannungen auszusetzen, darf die geleistete Sozialhilfe schliesslich nicht übermä-
ssig sein. Jemand, der Sozialhilfe erhält, sollte finanziell nicht besser gestellt sein als sein
Nachbar, der vom Staat nicht unterstützt wird. Die Sozialhilfe gehört in der Schweiz in
18.2 Die öffentliche Sozialhilfe den Aufgabenbereich der Gemeinden. Um sicherzustellen, dass zwischen den Gemein-
den nicht zu grosse Unterschiede entstehen, gibt die Schweizerische Konferenz für Sozi-
Wie muss man sich die öffentliche Sozialhilfe konkret vorstellen? Grundsätzlich geht es um alhilfe (SKOS) regelmässig Empfehlungen heraus (SKOS-Richtlinien), an denen sich viele
Geldbeiträge des Staates (deshalb «öffentliche» Sozialhilfe) an Personen, die sich in einer Gemeinden orientieren. Meistens werden die Ansätze innerhalb eines Kantons verein-
speziellen Notlage befinden. Die Sozialhilfe soll die soziale Integration von Sozialhilfebezü- heitlicht.
gern sicherstellen, d.h. die betroffenen Personen sollen sich in das gesellschaftliche Leben
«einfügen» können und nicht ausgegrenzt werden. Deshalb geht sie über die rein materielle
Existenzsicherung hinaus. Ziel ist, die Selbstständigkeit der betroffenen Personen zu fördern,
um zu verhindern, dass sie in eine demütigende und dauernde Abhängigkeit von staatlichen
Behörden geraten. Darum wird der traditionelle, rein ökonomische Bereich der Sozialhilfe
mit Beratungsangeboten ergänzt. Um den Anspruch auf Sozialhilfe überprüfen zu können,
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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
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Sozialer Ausgleich 6

18.3 3-Säulen-Konzept: Grundlage der Sozialversicherungen 18.4 Die 1. Säule: die staatliche Vorsorge – AHV / IV / EO

Das Sozialversicherungssystem der Schweiz besteht aus einer Vielzahl verschiedener Sozial- Q Der versicherte Personenkreis
werke. Jedes dient einem genau definierten Zweck und ist in einem eigenen Bundesgesetz
geregelt. In der AHV sind alle Menschen obligatorisch versichert, die in der Schweiz erwerbstätig sind
Im Mittelpunkt steht das 3-Säulen-Konzept. Damit ist der dreistufige Schutz gegen die oder hier wohnen; ebenfalls versichert sind deren Ehegatten und Kinder. Ab dem 1. Januar
finanziellen Folgen von Alter, Tod und Invalidität gemeint. Die erste Säule umfasst die obli- des Jahres, in dem man 18 Jahre alt wird, sind alle erwerbstätigen Personen beitragspflich-
gatorische, staatlich getragene Vorsorge durch die Alters- und Hinterlassenenversicherung tig. Für Nichterwerbstätige (z. B. Studenten) beginnt die Beitragspflicht drei Jahre später. Auch
(AHV) und die Invalidenversicherung (IV). Ziel dieser Säule ist die reine Existenzsicherung. wenn in solchen Fällen nur der Mindestbeitrag bezahlt werden muss, ist es dennoch wich-
Wird dieses Ziel nicht erreicht, unterstützt der Staat die betroffenen Personen mit Ergän- tig, dies nicht zu versäumen. Fehlende Beitragsjahre führen später zu Rentenkürzungen und
zungsleistungen. In der zweiten Säule wird diese Sicherung ergänzt um die ebenfalls obli- können nicht mehr nachgezahlt werden.
gatorische, aber privat getragene Pensionskasse (berufliche Vorsorge). Die zweite Säule soll Leistungsbezüger der AHV sind Witwen, Waisen (die sich noch in der Ausbildung befin-
die reine Existenzsicherung so weit ergänzen, dass nach der Pensionierung etwa 60 % des den) sowie Frauen ab dem 64. und Männer ab dem 65. Altersjahr. Die Leistungen sind rela-
letzten Erwerbseinkommens abgedeckt werden. Die dritte Säule umfasst die private, freiwil- tiv tief festgesetzt. Eine alleinstehende Person erhält derzeit im besten Fall CHF 2370.– pro
lige Vorsorge. Sie kann von den Versicherten daher individuell ausgestaltet werden und soll Monat (Stand 1. 1. 2019 ); ein Ehepaar 150 % der Maximalrente für Alleinstehende (und nicht
den gewohnten Lebensstandard auch im Alter, bei Invalidität oder nach dem Tod eines Fa- etwa den doppelten Betrag).
milienangehörigen sicherstellen. Weil der Staat ein Interesse daran hat, dass auch dieser Teil
der sozialen Sicherung funktioniert, schafft er in diesem Bereich Steueranreize. Q Finanzierung nach dem Umlageverfahren
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Q Das 3-Säulen-Konzept Die AHV (wie auch die In-
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«Erwerbstätige» Das Umlageverfahren:
validenversicherung [IV] Einzahlungen der aktiven Bevölkerung

3-Säulen-Konzept
und die Arbeitslosen- und werden direkt für die Auszahlung an
die Rentenempfänger verwendet.
als Vorsorge für Alter, Tod und Invalidität Unfallversicherung) funkti-
oniert nach dem Umlage- leisten Prämien
1. Säule 2. Säule 3. Säule via Lohnprozente
verfahren. Danach wer- AHV-
Staatliche Vorsorge Berufliche Vorsorge Private Vorsorge den die eingenommenen Einzahlungen Ausgleichs- Auszahlungen Rentenbezügerinnen
kasse und -bezüger

AHV / IV / EL / EO Pensionskasse und Banksparplan oder Beiträge direkt zur De-


Beiträge
Unfallversicherung Lebensversicherung ckung der aktuellen Versi- Grundlage ist ein
«Generationenvertrag»
Existenz- Ergänzungs-
sichernde leistungen
2a
obligatorischer
2b
überobliga-
3a
gebunden
3b
frei
cherungsleistungen (Ren-
AHV- / IV- Teil torischer Teil ten) verwendet. Weil aber Bund
beziehen AHV-Renten
Rente (freiwillig) steuer-
gemäss Berufs- begünstigt Einnahmen und Leistun-
vorsorge- und
Unfallversiche-
gen der AHV unabhängig
rungsgesetz voneinander festgelegt werden, entsprechen sie sich nie genau. Die Differenzen zwischen
(BVG / UVG)
Einnahmen und Leistungen werden in einem Ausgleichsfonds aufgefangen.
obligatorisch obligatorisch freiwillig
Die Finanzierung der AHV basiert damit auf einem Generationenvertrag. Darunter ver-
stehen wir das Finanzierungssystem, wonach die aktive, d. h. berufstätige, Generation für die
Existenzsicherung (1. Säule)
Existenzsicherung der älteren Generation sowie von Witwen und Waisen aufkommen soll.
Sicherung von ca. 60% des letzten Erwerbseinkommens (1. / 2. Säule zusammen) Die jetzt aktive, zahlende Bevölkerung muss sich darauf verlassen, dass spätere Generatio-
Sicherung der gewohnten Lebenshaltung und weiterer Bedürfnisse (1. / 2. / 3. Säule zusammen) nen dereinst ihre Renten finanzieren.

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Obwohl es sich bei der AHV um eine staatliche Versicherung handelt, gibt es nicht «eine
einzige Versicherungsgesellschaft». Die Beiträge der Versicherten verteilen sich auf 80 so-
genannte Ausgleichskassen. Sie werden getragen von Verbänden und den Kantonen sowie
von zwei Kassen des Bundes.

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Sozialer Ausgleich 8

Q Beitragsleistungen über Lohnprozente Q Invalidenversicherung (IV), Ergänzungsleistungen (EL)


und Erwerbsersatzordnung (EO)
Die AHV-Versicherungsprämie beträgt (zusammen mit den Beiträgen für die IV und die EO)
10,25 % des Bruttolohnes und wird je zur Hälfte vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber getra- Die Invalidenversicherung ist sehr eng verknüpft mit der AHV. Anspruchsberechtigt sind Per-
gen (je 5,125 %). Die Abrechnung wird vom Arbeitgeber vorgenommen, indem bei der mo- sonen, die wegen eines psychischen oder physischen Gesundheitsschadens eventuell für im-
natlichen Lohnauszahlung «automatisch» der AHV-Beitrag abgezogen wird. Der ausbezahlte mer oder mindestens für längere Zeit ganz oder teilweise erwerbsunfähig sind. Allerdings gilt
Lohn der Arbeitnehmenden (= Nettolohn) ist deshalb bereits um den AHV-Beitrag reduziert. der Grundsatz «Eingliederung kommt vor Rente», d. h., es werden von der IV Massnahmen
An diesem Finanzierungssystem zeigt sich auch der Solidaritätsgedanke der AHV. Ein abgeklärt und finanziert, die eine Wiedereingliederung der invaliden Person ins Erwerbsle-
beachtlicher Umverteilungseffekt ergibt sich nämlich dadurch, dass bei der Finanzierung ben ermöglichen. Für Personen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung teilweise erwerbsfähig
allen Arbeitnehmenden der gleiche Prozentsatz vom Lohn abgezogen wird, während später sind, werden auch Teilrenten ausgerichtet.
bei der Auszahlung die Renten nach oben begrenzt sind. Dies bedeutet, dass jemand, Falls für AHV- / IV-Bezügerinnen oder -Bezüger die ausbezahlte Rente nicht ausreicht, um
der von seinem Einkommen von CHF 250 000.– jährlich 10,25 % (= CHF 25 625.–) abliefert, die Existenz zu sichern, helfen Ergänzungsleistungen zur AHV oder IV, die entsprechenden
die gleiche Maximalrente erhält wie jemand, der jährlich «nur» CHF 12 812.50 (10,25 % von Lücken zu schliessen. Die dazu notwendigen Mittel werden nicht durch Beiträge beschafft,
CHF 125 000.–) zur Finanzierung beigesteuert hat. sondern über Steuereinnahmen finanziert. Für die konkrete Abwicklung sind die Kantone
Die AHV wird nicht vollständig über Lohnprozente finanziert. Im Jahr 2017 stammten rund zuständig. Deshalb sind die relevanten Mindesteinkommen auch regional verschieden. Er-
70 % der Gesamteinnahmen der AHV aus Beiträgen der Versicherten (Arbeitnehmer und Ar- gänzungsleistungen dürfen aber nicht mit Sozialhilfe oder Fürsorgeleistungen verwechselt
beitgeber). Rund 20 % wurden vom Bund beigesteuert, der Rest über das Mehrwertsteuer- werden. Wo AHV- oder IV-Renten die minimalen Lebenskosten nicht zu decken vermögen,
prozent und Erträge der Spielbankensteuer. besteht ein Rechtsanspruch auf Ergänzungsleistungen.
Mit der Erwerbsersatzordnung wird der Verdienstausfall der dienstleistenden Personen
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Q Betriebsrechnung der AHV 2015 – 2017 Persönliches
(in Mio. Franken) in Armee, Zivilschutz oder Zivildienst versichert. Über die Beiträge der EO wird auch die
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Mutterschaftsentschädigung finanziert. Sie versichert Mütter für den Erwerbsausfall während
2015 2016 2017 14 Wochen nach der Geburt, sofern sie davor erwerbstätig waren.
Total Einnahmen 41 177 42 969 44 379

Beiträge der Versicherten 30 415 30 826 31 143


Q Arbeitslosenversicherung (ALV)

Beiträge öffentliche Hand (Bund und MWST) 10 737 10 896 11 105 Die Arbeitslosenversicherung ist für alle AHV-versicherten nicht Selbstständigerwerbenden
obligatorisch. Die Beitragspflicht beginnt – analog zu AHV – ab dem 1. Januar des Jahres, in
Übrige Einnahmen (z. B. Kapitalerträge) 25 1 211 2 131
dem man 18 Jahre alt wird. Die ALV finanziert ihre Leistungen durch Lohnprozente, die je zur
Total Ausgaben 41 735 42 530 43 292 Hälfte durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen und gleich wie die AHV bei jeder Lohn-
Sozialleistungen 41 533 42 326 43 082
abrechnung geltend gemacht werden. Bis zu einem Jahreseinkommen von CHF 148 200.–
beträgt der Satz 2,2 %.
Verwaltungskosten 202 204 210 Die Versicherung bezahlt bei Arbeitslosigkeit 70 bis 80 % des versicherten Lohnes in Form
Betriebsergebnis des Sozialwerkes (E-A) – 558 438 1087 von Taggeldern. Diese können höchstens während zwei Jahren beansprucht werden. Ne-
ben Taggeldern werden auch sogenannte arbeitsmarktliche Massnahmen zur besseren In-
Quelle: www.bsv.admin.ch
tegration in den Arbeitsmarkt (z. B. Kurse, Beschäftigungsprogramme) finanziert. Zuständig
dafür sind die regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV). Die ALV vergütet zudem bei
schlechter Auftragslage einer Unternehmung Kurzarbeitsentschädigungen, bei witterungs-
bedingten Arbeitsausfällen, z. B. im Baugewerbe, Schlechtwetterentschädigungen oder bei
Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers Insolvenzentschädigungen an die Arbeitnehmenden.

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Q Herausforderungen an die AHV

Aufgrund des demografischen Wandels – der Veränderung der Altersstruktur in unserer Ge-
sellschaft – steht die AHV vor gewaltigen Herausforderungen. Die Lebenserwartung der
schweizerischen Bevölkerung hat sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts deutlich erhöht. Wäh-
rend ein Mann 1948 (bei der Einführung der AHV) im Alter von 65 damit rechnen konnte,
noch gut 12 Jahre (Frauen 13 Jahre) zu leben, liegt dieser Wert 2010 bei knapp 20 Jahren (bei
Frauen 22 Jahre). Zusammen mit dem Geburtenrückgang der letzten Jahrzehnte führte die
steigende Lebenserwartung zu einer anhaltenden Überalterung der Bevölkerung.
Der sogenannte Altersquotient, damit bezeichnen wir das Verhältnis der Anzahl Perso-
nen im Rentenalter (65 Jahre und älter) und der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20-
bis 64-Jährige), verschlechtert sich aufgrund der demografischen Entwicklung laufend. Wäh-
rend bei der Einführung der AHV sechseinhalb Beitragszahlende für die Rente einer Person
aufkommen mussten, waren dies 2007 noch 3,7 Personen. Gemäss Prognosen sollen im Jahr
2035 gut zwei Beitragszahlende die Rente für eine pensionierte Person finanzieren müssen.
Es liegt auf der Hand, dass die AHV diese strukturellen Entwicklungen ohne entsprechende
Massnahmen nicht bewältigen kann. Ab welchem Zeitpunkt allerdings die Rentenauszah-
lungen aufgrund der Einnahmen nicht mehr garantiert werden können, ist nicht genau vor-
herzusagen. © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
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Grundsätzlich gibt es zwei Ansatzpunkte für eine finanzielle Konsolidierung der AHV: die Ein-
nahmen- und / oder die Ausgabenseite.
Q Auf der Einnahmenseite besteht zum einen die Möglichkeit, die Beiträge der Versicher-
ten, d. h. die Lohnprozente, zu erhöhen. Zum andern könnten weitere Einnahmequellen
erschlossen werden: Gegenwärtig sind dies die Bundesbeiträge, das Mehrwertsteuer-
prozent und die Erträge aus der Spielbankensteuer.
Q Auf der Ausgabenseite hat die eine grundsätzliche Möglichkeit, nämlich die Verminde-
rung der monatlichen Renten, aus politischen Gründen wahrscheinlich kaum Chancen
auf eine Realisierung. Ausführliche Debatten und Lösungsansätze sind deshalb im Bereich
der Vor- und Nachteile eines höheren Renteneintrittsalters bzw. einer grundsätzlichen
Flexibilisierung der Pensionierung zu erwarten. Angesichts der heute gegenüber früher
deutlich höheren Lebenserwartung im Pensionierungsalter werden sich Lösungsansätze
für eine Konsolidierung der AHV in diesen Bereichen abzeichnen. Zu welchem Zeitpunkt
entsprechende Reformschritte verabschiedet werden können, ist derzeit noch völlig offen.

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18.5 Die 2. Säule: die berufliche Vorsorge (BVG) Q Grenzbeträge für die obligatorische berufliche Vorsorge (ab 1. 1. 2019 )

Lohnbeispiele:
Q Grundlagen und versicherter Personenkreis AHV-Bruttolohn in CHF 21 330.– 28 440.– 50 000.– 85 320.– 100 000.–
Die berufliche Vorsorge ist seit 1985 obligatorisch. Die Unternehmungen sind verpflichtet, Koordinationsbeitrag BVG-Eintritts- 24 885.– 24 885.– 24 885.– 24 885.–
ihre Arbeitnehmenden bei einer Pensionskasse zu versichern. Der Bund legt im Gesetz über schwelle
die berufliche Vorsorge (BVG) einen Mindeststandard fest, der für alle Pensionskassen gilt. Versicherter BVG-Lohn 3 555.– 3 555.– 25 115.– 60 435.– 60 435.–
Viele Kassen erbringen allerdings Leistungen, die über dem gesetzlichen Minimum liegen.
Dies macht es manchmal für die Versicherten schwierig, ihre Rentenansprüche zu jedem Zeit- (= koordinierter Lohn) Minimaler BVG-Lohn Maximaler BVG-Lohn
punkt genau zu kennen; insbesondere dann, wenn jemand sehr häufig den Arbeitgeber Quelle: www.bsv.admin.ch
wechselt oder wenn starke Lohnschwankungen vorliegen.
Der Eintritt in eine Pensionskasse beginnt für nicht Selbstständigerwerbende wie bei der Der Koordinationsabzug wie auch das Versicherungsminimum sind politisch umstrittene Grös-
AHV am 1. Januar desjenigen Jahres, in dem man 18 Jahre alt wird. Junge Arbeitnehmende sen. Insbesondere wird kritisiert, dass gerade Menschen mit geringem Einkommen darauf an-
sind bis zum 25. Altersjahr nur gegen das Todesfall- bzw. Invaliditätsrisiko bei ihrer Pensions- gewiesen wären, ihren Vorsorgeschutz verbessern zu können. Die fehlende Versicherungs-
kasse versichert; die Beitragszahlungen für die Altersvorsorge beginnen erst ab Alter 25. pflicht für geringe Lohnsummen führt nämlich dazu, dass auch die Arbeitgeber keine Beiträge
Für Selbstständigerwerbende besteht nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen die bezahlen müssen. Weil der Koordinationsabzug pro Arbeitgeber und nicht pro Arbeitnehmer
Möglichkeit zur beruflichen Vorsorge. Für diese Bevölkerungsgruppe wurden deshalb die vorgenommen wird, sind besonders Teilzeitarbeitende mit zwei oder mehreren Arbeitsstellen
Vorsorgemöglichkeiten im Bereich der 3. Säule grosszügiger ausgestaltet. stark betroffen. Auch Ehepaare, die sich die Erwerbs-, Haus- und Erziehungsarbeit partner-
Die Leistungen der Pensionskassen umfassen – analog wie in der AHV – Alters-, Invali- schaftlich aufteilen, werden von dieser Lösung benachteiligt. In vielen solchen Fällen arbeiten
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den- und Hinterlassenenrenten. Zusätzlich können Versicherte
Persönliches ihre
Exemplar vonAnsprüche auf Espasandín,
Arantxa Gándara Vorsorge-3018 Bern
die beiden Partner nämlich nur teilzeitlich, und wenn bei beiden der volle Koordinations-
leistungen verpfänden oder einen Betrag bis zur Höhe der Freizügigkeitsleistung vorbezie- abzug geltend gemacht wird, reduziert sich entsprechend der gesamte versicherte Lohn.
hen, um damit Wohneigentum für den eigenen Bedarf erwerben zu können.
Q Finanzierung nach dem Kapitaldeckungsverfahren
Q Koordinierter Lohn als Versicherungsgrundlage
Die berufliche Vorsorge wird nach dem Ka-
Kapitalbildung Kapitalverzehr
Die berufliche Vorsorge wird über monatliche Lohnabzüge finanziert. Der Arbeitgeberbeitrag pitaldeckungsverfahren finanziert. Jeder Beiträge + Zins Zins – Rente

muss dabei mindestens gleich gross sein wie die Beiträge der Arbeitnehmenden. Versicherte spart mit seinen Beiträgen und Franken
Weil bei sehr geringen Einkommen die Leistungen der AHV bereits ausreichen, um die jenen des Arbeitgebers während 40 Jahren 500 000
Zielgrösse, das «gewohnte Einkommen», sicherzustellen, wird die berufliche Vorsorge mit seine Rentenansprüche selber an; es wird 400 000
der AHV abgestimmt (koordiniert). Ein gewisser «Basisbetrag», der Koordinationsbetrag von daher keine Umverteilung vorgenommen. 300 000
CHF 24 885.– (Stand 2019), wird daher in der zweiten Säule nicht versichert. Die modellhafte Darstellung zeigt, dass die 200 000
Der AHV-Bruttolohn abzüglich Koordinationsbetrag ergibt den koordinierten Lohn: Das letzten zehn Jahre des Berufslebens wegen 100 000

ist der für das BVG beitragspflichtige Lohn. So beträgt beispielsweise der im BVG versicherte des Zinseszinseffektes 1 für die Kapitalbil- 0
Alter 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85
Lohn bei einem AHV-Lohn von CHF 50 000.– «nur» CHF 25 115. Die Eintrittsschwelle in die dung entscheidend sind. Die Abbildung
40 Jahre 20 Jahre
gesetzliche BVG-Versicherungspflicht liegt bei CHF 21 330.–. Ab dieser Eintrittsschwelle gilt zeigt einen modellhaften Verlauf von Kapi-
(bis zum Betrag von CHF 28 440.–) ein minimaler koordinierter Lohn von CHF 3555.–. Am talbildung und -verzehr. Oft verlaufen die
andern Ende der Skala liegt die Obergrenze des koordinierten Lohnes bei CHF 60 435.–. Die Lebensläufe von Versicherten unterschiedlich, und die Kapitalbildung erfolgt nicht regel-
Pensionskassen können allerdings in ihren Reglementen über die gesetzlichen Grenzwerte mässig. Auch die Lebenserwartung der Rentner ist unterschiedlich. Dies führt dazu, dass die
hinausgehen und ihre Versicherten «überobligatorisch» mit mehr als CHF 60 435.– versichern. 1
Unter dem «Zinseszinseffekt» verstehen wir die zusätzliche Wertsteigerung von angelegtem Kapital dadurch,
dass die jährlich gutgeschriebenen Zinsen in den Folgejahren ebenfalls verzinst werden (= Zins vom Zins).

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Pensionskasse Renten manchmal länger als 20 Jahre auszahlen muss, andere dagegen
weniger lang. Bei einer grossen Zahl von Versicherten kann man mithilfe der Versicherungs-
mathematik die durchschnittliche Lebenserwartung zuverlässig vorhersagen.
Die berufliche Vorsorge wird über die Unternehmungen abgewickelt. Eine Unternehmung
kann für die Pensionskasse ihrer Angestellten eine firmeneigene Stiftung gründen. Sie kann
sich aber auch einer sogenannten Sammelstiftung, das sind Pensionskassen von grossen Ver-
sicherungsgesellschaften wie z. B. AXA Winterthur oder Swisslife, anschliessen. Diese Variante
eignet sich speziell für kleinere und mittlere Unternehmungen. Bei Staatsbetrieben, Bund und
Kantonen sind die Pensionskassen meistens als Einrichtungen des öffentlichen Rechts organi-
siert. Alle Unternehmungen der beruflichen Vorsorge unterliegen einer speziellen öffentlichen
Aufsicht durch das Bundesamt für Sozialversicherungen und die Kantone.
Wechselt eine Person ihren Arbeitsplatz, so muss sie auch die Pensionskasse wechseln.
Die Freizügigkeitsleistung, so bezeichnen wir das angesammelte Sparguthaben (alle bisher
einbezahlten Beiträge sowie den Zins), wird an die neue Pensionskasse überwiesen. Über die
Freizügigkeitsleistung kann man nicht frei verfügen. Die bisherige Kasse ist gesetzlich verpflich-
tet, die Freizügigkeitsleistung an die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers einzuzahlen.
Manchmal ist es sogar notwendig, dass dort zusätzliche Einzahlungen getätigt werden, um
den gewohnten Versicherungsschutz weiterhin zu erhalten. Dies ist auf die von Unterneh-
mung zu Unternehmung unterschiedlich ausgestalteten Pensionskassenreglemente zurückzu-
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führen. Nur wenn jemand eine selbstständige Erwerbstätigkeit
Persönliches Exemplaraufnimmt
von Arantxa oder dieEspasandín,
Gándara Schweiz3018 Bern
endgültig verlässt, ist es möglich, dass die Austrittsleistung bar bezogen werden kann.

Q Die Herausforderungen an die berufliche Vorsorge

Vordergründig könnte man meinen, dass die berufliche Vorsorge problemlos funktionieren
müsste. Aufgrund des Kapitaldeckungsverfahrens spart jede Rentnerin, jeder Rentner die
Altersrenten selber an; somit sollte die demografische Entwicklung keinen Einfluss auf die
finanzielle Lage einer Pensionskasse haben. Leider stimmt dieser Eindruck nicht. Die Einrich-
tungen der zweiten Säule sehen sich durch die höhere Lebenserwartung der Rentnergene-
ration sowie die tiefen Erträge auf dem langfristig angelegten Kapital vor grossen Herausfor-
derungen.
Q Eine zentrale Grösse zur Beurteilung der finanziellen Situation einer Pensionskasse ist der
Deckungsgrad. Er bezeichnet das Verhältnis des vorhandenen Vorsorgevermögens zu
den Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung. Der Deckungsgrad sollte mindestens
100 % betragen, idealerweise liegt er darüber. Erreicht eine Kasse einen Wert unter 100 %,
sprechen wir von einer Unterdeckung. Liegt eine solche vor, müssen die Organe Sanie-
rungsmassnahmen ergreifen, um die Unterdeckung (innerhalb einer Frist von fünf bis sie-
ben Jahren) zu beheben.

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Weil die Pensionskassen einen grossen Teil ihres Vermögens in Wertpapieren angelegt 18.6 Die 3. Säule: die private Vorsorge
haben, hat die Entwicklung an den Börsen einen grossen Einfluss auf den Deckungsgrad.
Durch die Börsenkrise und die schlechte Wirtschaftsentwicklung ab Ende 2000 und ins- Die Vorsorge durch die obligatorischen Säulen 1 und 2 wird ergänzt durch die rein private
besondere nochmals 2008 (ausgelöst durch eine Immobilien- und Bankenkrise in den und freiwillige Vorsorge in der 3. Säule. Mit den privaten Ersparnissen soll eine die 1. und
USA) gerieten viele Kassen in eine Unterdeckung, aus der sie sich in den letzten Jahren 2. Säule übersteigende Vorsorge aufgebaut werden. Wir unterscheiden dabei zwei Aus-
durch die bessere Börsen- und Wirtschaftsentwicklung wieder einigermassen erholen prägungen:
konnten. Das gegenwärtig tiefe Zinsniveau verunmöglicht es allerdings den Pensionskas- Q Die Säule 3a, die gebundene Vorsorge: Diese ist steuerlich privilegiert, d. h., für Bei-
sen nach wie vor, eine genügend hohe Rendite zu erwirtschaften. träge an anerkannte Vorsorgeformen können Abzüge vom steuerbaren Einkommen ge-
Q Mit dem Mindestzinssatz wird den Pensionskassen ein Wert vorgegeben, zu dem sie tätigt werden. Analog zu Auszahlungen der 2. Säule müssen die entsprechenden Beträge
das Sparkapital der Versicherten mindestens zu verzinsen haben. Den Versicherten gibt beim Bezug allerdings versteuert werden. Die Säule 3a steht nur erwerbstätigen Men-
dies eine «Garantie», dass die Vorsorgeeinrichtung mit ihren Anlagen eine entsprechende schen offen, und auch hier nur bis zu einem gewissen Maximalbetrag. Bei Arbeitnehmen-
Rendite erzielen muss. Der Mindestzinssatz ist eine «politische Grösse», er wird vom Bun- den, die einer Pensionskasse angehören, sind dies 8 % vom maximal versicherten Ver-
desrat festgelegt und alle zwei Jahre überprüft. Dabei muss die Behörde die «Entwick- dienst (Stand 2019: jährlich CHF 6826.–). Für Erwerbstätige, die keiner Vorsorgeeinrichtung
lung der Rendite marktgängiger Anlagen, insbesondere der Bundesobligationen, sowie der 2. Säule angehören (Arbeitnehmer mit geringem Einkommen sowie Selbstständiger-
zusätzlich der Aktien, Anleihen und Liegenschaften» berücksichtigen (Art. 15 Abs. 2 BVG). werbende), ist der Maximalbetrag fünfmal höher; sie dürfen bis 20 % des tatsächlichen
Der Bundesrat muss also die gegenwärtige Wirtschafts- und Zinssituation sowie die Lage Einkommens für diesen Zweck verwenden. Höhere Einzahlungen sind nicht möglich.
auf den Finanzmärkten in seinen Entscheid miteinbeziehen. Seit Einführung des BVG 1985 «Gebundene Vorsorge» bedeutet, dass man bis fünf Jahre vor der Pensionierung nicht
lag der Wert bis 2002 bei 4 %. Danach wurde der Satz schrittweise auf den heutigen über das Geld verfügen kann. Das Gesetz sieht zwar einige wenige Ausnahmen vor (Aus-
Stand von 1,0 % gesenkt (Stand 2018). wanderung, Erwerb von Wohneigentum usw.). Weil damit jedoch die Altersvorsorge in-
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Q Nach Ansicht vieler Experten ist der Umwandlungssatz dievonkritische
Persönliches Exemplar GrösseEspasandín,
Arantxa Gándara für eine3018 Bern frage gestellt wird, sollte ein solcher Schritt gut überlegt sein.
nachhaltige Finanzierung einer Pensionskasse. Mit dem Umwandlungssatz wird die Höhe Für die Säule 3a gibt es grundsätzlich zwei Vorsorgeformen: Das Sparen über ein Vor-
der jährlichen Rente aus einem gegebenen Altersguthaben abgeleitet. So ergibt sich bei- sorgekonto bei einer Bank oder eine Lebensversicherung mit Sparanteil. Die Vorsorge
spielsweise beim gegenwärtigen Umwandlungssatz von 6,8 % aus einem angesparten über eine Bank ist etwas flexibler, weil kein Zwang vorliegt, auch tatsächlich jedes Jahr
Guthaben von CHF 100 000.– eine jährliche Rente von CHF 6800.–. Der Umwandlungs- den gesetzlich vorgesehenen Maximalbetrag einzuzahlen. Bei einer Versicherung wird
satz wird vom Parlament festgelegt und ist damit ebenfalls eine «politische Grösse». Ge- dagegen zu Beginn ein bestimmter Prämienverlauf festgelegt; ein Abweichen davon ist
mäss dem Reformpaket «Altersvorsorge 2020» des Bundesrates sollte der Umwandlungs- später kaum möglich. Eine Versicherung bietet dafür neben dem reinen Sparprozess zu-
satz auf 6 % gesenkt werden; die Vorlage wurde jedoch vom Volk verworfen. sätzlich einen Risikoschutz für Invalidität und Tod. Meistens stellen Versicherungslösun-
gen eine Kombination von Todesfallrisikoversicherung, Erwerbsausfallversicherung bei
Analog zur ersten Säule wirkt sich die demografische Entwicklung negativ aus. Durch die Invalidität und Altersvorsorge dar.
höhere Lebenserwartung der Rentner nimmt die durchschnittliche Bezugsdauer der Renten Q Die freie Säule 3b umfasst Sparformen, bei denen man grundsätzlich nicht gebunden
zu. Dadurch muss das Alterssparguthaben im Zeitpunkt der Pensionierung für eine längere ist, d. h., man kann jederzeit über das Sparguthaben verfügen. Die Grundidee des Spa-
Zeit reichen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kassen aufgrund des gegenwärtig sehr tie- rens in der Säule 3b ist aber nicht das mittelfristige Sparen für beispielsweise eine Reise
fen Zinsniveaus ungenügende Renditen erzielen; dies bedeutet, dass die Alterssparguthaben oder ein Auto, sondern die langfristige Altersvorsorge. Grundsätzlich ist die Vorsorge über
der Versicherten nicht genügend verzinst werden. die Säule 3b steuerlich nicht privilegiert.
Eine Entspannung der Situation könnte – wiederum analog zur ersten Säule – durch eine Zur freien Vorsorge zählen – ähnlich wie in der gebundenen Vorsorge – Bankkonten,
Erhöhung des Rentenalters erreicht werden. Dadurch würde sich das Deckungskapital wäh- Anlagen in Wertschriften oder Wohneigentum sowie wiederum Versicherungslösungen.
rend einer längeren Zeit aufbauen, während die Rentenzahlungen weniger lange finanziert
werden müssten.

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9 Das haben Sie gelernt Offene Fragen

Soziale Sicherheit erläutern


Die neun Risiken der sozialen Sicherheit aufzählen
Das verbindende Ziel der Sozialversicherungen nennen
Das Ziel der öffentlichen Sozialhilfe erklären
Die Ziele und Kriterien bei der Vergabe von Sozialhilfe von jenen
der Sozialversicherungen unterscheiden
Die fünf Grundsätze aufzählen, nach denen Fürsorgebehörden handeln
Das schweizerische 3-Säulen-Konzept mit der staatlichen, beruflichen
und privaten Vorsorge erklären
Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten für die Finanzierung
der AHV aufzeigen
Ziele und Formen der beruflichen Vorsorge aufzeigen
Das Kapitaldeckungsverfahren als Finanzierungsgrundlage der AHV erklären
Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten für die
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Vorsorge aufzeigen Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

Ziele und Formen der privaten Vorsorge aufzeigen

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9 Diese Begriffe können Sie erklären

Soziale Sicherheit Berufliche Vorsorge (BVG)


Soziale Gruppen Pensionskasse
Sozialversicherungen Koordinationsbetrag
Soziale Integration Versicherter BVG-Lohn
Soziale Desintegration Koordinierter Lohn
Öffentliche Sozialhilfe Kapitaldeckungsverfahren
Subsidiarität Freizügigkeitsleistung
Bedarfsdeckung Deckungsgrad
Angemessenheit Unterdeckung
SKOS-Richtlinien Mindestzinssatz
3-Säulen-Konzept Umwandlungssatz
AHV 3. Säule – private Vorsorge
Umlageverfahren Säule 3a
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Generationenvertrag Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Gebundene Vorsorge
Ausgleichskasse Säule 3b
Umverteilungseffekt
Demografischer Wandel
Altersquotient
IV
EL
EO
ALV

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Übung 1 Gesamtsystem der sozialen Sicherung


a ) Welche Risiken der sozialen Sicherheit fehlen? Ergänzen Sie die folgende Liste:

1. 6. Tod

2. Verdienstausfall bei 7.

3. 8.

4. Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten 9. Familienlasten

5.

b ) Ergänzen Sie die fehlenden Begriffe in der Darstellung zur sozialen Sicherung.
Q System der sozialen Sicherung im Gesamtmodell
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1
Soziales System
2

Sicherung durch Abstim- soziale


2 3
den Staat mungen Lage 3
5 4
z. B. durch ,
Hausgemeinschaften, 4
z. B. AHV, IV, Arbeitslosen- Freunde 1
versicherung
5
Kindes- und Erwachsenen-
Sozialversicherungsrecht,

6
schutzrecht, Strafrecht

sozialer Ausschluss
8

7 Wirtschaftslage
und
Umweltqualität
z. B.
8 ,
Massnahmen des Kindes-
und Erwachsenenschutz-
rechts, Strafrecht

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Übung 2 Soziale Sicherung Übung 3 Die 1. Säule: AHV/ IV / EL / EO

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a ) Durch die Massnahmen der öffentlichen Sozialhilfe besteht Aussicht, dass die a) In der AHV ist obligatorisch versichert, wer in der Schweiz arbeitet
betroffenen Menschen wieder stärker in die Gesellschaft eingegliedert werden und einen Schweizer Pass besitzt.
(= Reinkarnation).

b) Das 3-Säulen-Konzept schützt gegen die finanziellen Folgen von Krankheit,


b ) Die Sicherung durch soziale Gruppen setzt ein gemeinsames Wertesystem Alter und Tod.
der Beteiligten voraus.

c) Die AHV-Beitragspflicht beginnt ab 1. Januar desjenigen Jahres,


c ) Die Sozialversicherungen sollen nur subsidiär zum Einsatz gelangen. in dem man 18 Jahre alt wird.

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d ) Bei der Bemessung von Sozialhilfe geht man immer nur vom tatsächlichen d) Für rentenberechtigte Ehepaare gilt grundsätzlich der doppelte Betrag
aktuellen Bedarf aus. einer einfachen Rente für eine alleinstehende Person.

e ) Die soziale Grundsicherung besteht aus der materiellen Grundsicherung e) Die Mutterschaftsentschädigung wird über die Ergänzungsleistungen (EL)
sowie aus situationsbedingten Leistungen. abgerechnet.

f ) Die Sozialversicherungen bemessen ihre Leistungen – analog zur f) Die Erwerbsersatzordnung (EO) schützt gegen die finanziellen Folgen
Sozialhilfe – am individuellen Bedarf einer Person. von Arbeitslosigkeit.

g ) Die Sozialhilfe gehört in der Schweiz in den Aufgabenbereich des Bundes; g) Die AHV wird zu gut 70 % über die Beiträge der Versicherten (Lohnprozente)
er richtet seine Leistungen nach den Empfehlungen der Schweizerischen finanziert; der Rest wird vom Bund und weiteren Einnahmequellen beigesteuert.
Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) aus.

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Übung 4 Das 3-Säulen-Konzept

Ergänzen Sie das Schema des 3-Säulen-Konzeptes mit den fehlenden Ausdrücken:

3-Säulen-Konzept
als Vorsorge für Alter, Tod und 1

1. Säule 2. Säule 3. Säule


Staatliche Vorsorge 2 Private Vorsorge

3
AHV / IV / EL / EO Banksparplan oder
Unfallversicherung 8 Lebensversicherung
Existenz- Ergänzungs- 2a 2b 3a 3b
sichernde leistungen obligatorischer überobliga- gebunden frei
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Persönliches Exemplar torischer
Teilvon Arantxa Gándara Espasandín, Teil
3018 Bern
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(freiwillig)
gemäss Berufs-
vorsorge- und
Unfallversiche-
rungsgesetz
(BVG / UVG)

obligatorisch 5 freiwillig

Existenzsicherung
(1. Säule)
Sicherung von ca. 6
(1. / 2. Säule zusammen)
Sicherung der 7
(1. / 2. / 3. Säule zusammen)

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Übung 5 Die 2. Säule: berufliche Vorsorge Übung 6 Finanzielle Herausforderungen an die 1. und 2. Säule

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Aussagen, die miteinander verknüpft
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der folgenden Antwortmöglichkeiten und begrün-
den Sie falsche Teilaussagen in wenigen Worten.
a ) Der Eintritt in die berufliche Vorsorge beginnt für unselbstständig Erwerbende
wie bei der AHV am 1. Januar desjenigen Jahres, in welchem man 18 Jahre alt A B C D E
wird. +weil+ +/+ +/– –/+ –/–
Beide Aussagen Beide Aussagen Erste Aussage Erste Aussage Beide Aussagen
richtig, richtig, richtig, zweite falsch, zweite falsch
Verknüpfung Verknüpfung Aussage falsch Aussage richtig
b ) Analog zur AHV wird den Arbeitnehmenden als Prämie für die berufliche Vor-
trifft zu trifft nicht zu
sorge ein bestimmter Prozentsatz vom AHV-Lohn abgezogen. Der Arbeitgeber
leistet dabei einen mindestens gleich hohen Beitrag.
a) Durch die demografische Entwicklung verbessert sich der Altersquotient
laufend, weil heute eine pensionierte Person damit rechnen kann, deutlich
länger zu leben als die Pensionierten früherer Generationen.
c ) Bei einem Wechsel der Arbeitsstelle wird das Deckungskapital von der Pensions-
kasse des alten Arbeitgebers in die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers
überwiesen. © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
b) Durch ein höheres Renteneintrittsalter werden sich die Probleme der Finan-
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zierung der AHV entschärfen, weil jeder Rentner sein Alterskapital für
eine längere Zeit aufbauen kann und die Rentenbezugsdauer vermindert wird.
d ) Nach dem in der beruflichen Vorsorge praktizierten Kapitaldeckungsverfahren
spart jeder Versicherte mit seinen Beiträgen (und jenen des Arbeitgebers) sein
Sparguthaben im Pensionierungsalter selber an.
c ) Wir bezeichnen den Deckungsgrad als eine politische Grösse, weil der Zinsfuss,
zu dem die Pensionskassen das Sparkapital der Versicherten mindestens
verzinsen müssen, vom Bundesrat festgelegt wird.
e ) Die Höhe der jährlichen Pensionskassen-Rente wird dadurch berechnet, indem
der Mindestzinssatz auf das Altersguthaben angewandt wird.

d) Eine Senkung des Umwandlungssatzes verbessert die Finanzierung


der beruflichen Vorsorge, weil daraus eine höhere Jahresrente resultiert.
f ) Wenn die Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung grösser sind als
das tatsächlich vorhandene Vorsorgevermögen, sprechen wir von einer
Überdeckung.

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Aufgabe 1 Der Gang zur Sozialhilfe

In einem Beitrag des Sendegefässes «Rundschau» des Schweizer Fernsehens (www.srf.ch) 1. Beantworten Sie die Fragen a) bis d) auf der nächsten Seite mithilfe des «Rundschau»-
vom 23. November 2011 wird am Schicksal eines Lastwagenchauffeurs dargestellt, wie Beitrags und dem folgenden Textbeitrag.
«schnell» jemand durch die Maschen des sozialen Netzes fallen kann. 2 . Studieren Sie die Kapitel 18.1 und 18.2 im Theorieteil (Seite 2 und 4) und beantworten
Sie anschliessend die Frage e).

Nach Burnout direkt in die Sozialhilfe Die Behörde verlangt, dass er seine Wohnung
aufgebe, weil sie monatlich 30 Franken zu teuer
Ein Lastwagenchauffeur fällt durch alle … keine Taggeldleistungen erbringen.» Ein fa- ist. Und auch das Auto soll weg. Dabei ist Ott
Maschen des sozialen Netzes. Was zunächst tales Signal für den Arbeitgeber, der nun finan- durch einen Leasingvertrag gebunden, aber das
wie ein bedauerlicher Einzelfall aussieht, ziell unter Druck gerät und darum den Arbeits- spielt für die Gemeinde Oftringen keine Rolle.
könnte sich in Zukunft immer häufiger vertrag mit Gerhard Ott auf den 31. Juli kündigt.2
wiederholen, wie die «Rundschau» berichtet. Ab 1. August sollte eigentlich die Arbeitslosen- Abhilfe dank Juristen
kasse das Einkommen von Gerhard Ott si- «Unsere Aufgabe ist ganz klar, dem Klienten zu
Christian Rentsch chern. Doch auch diese lehnt ab, denn laut zeigen, wo seine Grenzen sind, wo er unbedingt
© 2021 VerlagseiSKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Trauriges Schicksal («Rundschau», 09 : 54 Minuten)
Hausarzt er arbeitsunfähig. «Der Anspruch mitDigital-on-Demand
dem persönlichen Gymnasium Lerbermatt-Köniz
Mittelbedarf 2021
runterfahren
Gerhard Ott fuhr Lastwagen, sein ganzes Be- Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
auf Arbeitslosenentschädigung wird infolge muss», verteidigt der zuständige Gemeinderat
rufsleben lang, 28 Jahre. Überstunden, wenig fehlender Vermittlungsfähigkeit ab dem 1. Au- Martin Bhend das Vorgehen des Sozialamtes. Arbeitswelt und dadurch auch eine starke Zu-
Ruhezeiten, eine strapaziöse Ehescheidung: Im gust 2011 abgelehnt.» Auch eine Vorleistungs- Nur durch das Einschalten eines Anwaltes nahme von Burnout-Fällen», so Kissling. Da-
Januar streikte sein Körper, Hyperventilation, pflicht, die eigentlich für solche Fälle vorgese- kommt doch noch Bewegung in die ruinöse mit steige auch die Leistungspflicht der Versi-
Panikattacken, Burnout. «Ohne Schlaftablette, hen wäre, lehnt die Arbeitslosenversicherung Situation. Die Arbeitslosenversicherung hat cherungen.
ohne irgendwas. Ich bin einfach einen Monat des Kantons Aargau ab. den Fall inzwischen überdacht und wird nun Für den Gründer und Leiter des Instituts für
weg gewesen», sagt Ott. doch zahlen, rückwirkend ab 1. August. Das er- Arbeitsmedizin in Baden ein nicht verständ-
Situation belastet Psyche spart Gerhard Ott in Zukunft wenigstens die licher, aber nachvollziehbarer Prozess, «dass
Der Hausarzt attestiert dem 46-Jährigen eine Gerhard Ott bleibt nur noch der Gang zur So- Sozialhilfeabhängigkeit. Mit der CSS soll im Krankentaggeldversicherungen versuchen, ihre
«reaktive Depression im Rahmen chronischer zialhilfe. Ein schwerer Gang für den fleissigen Dezember eine Einigung vor dem Friedens- Leistungen dort nicht zu erbringen.» Burnouts
Überbelastung am Arbeitsplatz und Eheschei- Arbeiter, der laut Tochter auch dann zur Arbeit richter erzielt werden. seien psychische Erkrankungen und bedingten
dung», Ott sei zu 100 Prozent arbeitsunfähig. ging, wenn er mal krank war. «Ich bin halt so meist einen längeren Genesungsprozess als
Das bestätigen später auch die Psychiatrischen erzogen worden, zu schaffen, für mich zu Ein Trend? körperliche Erkrankungen.
Dienste Aargau. schauen», so Ott. Er schäme sich für seine Si- Solche Kämpfe mit den Taggeldversicherungen Gerhard Ott ist inzwischen wieder zu
tuation. «Wenn man so weit unten ist, geht es könnten schweizweit zunehmen. Der Arbeits- 50 Prozent arbeitsfähig. Und hofft nun auf eine
Krankenkasse stellt sich quer halt ans Lebendige.» mediziner Dieter Kissling spürt eine zuneh- neue Anstellung in seinem Traumjob, dem
Doch die CSS, die Krankentaggeldversicherung 1 Dabei hat Gerhard Ott keinen Grund, sich zu mende Tendenz von Ablehnungen. «Wir ha- Lastwagenfahren.
von Otts Arbeitgeber, sieht das ganz anders. Das schämen. Alle Maschen des sozialen Netzes ben eine starke Zunahme von Stress in der Quelle: «Rundschau» vom 23. November 2011
Schreiben vom 1. 4. 2011 ist kein Aprilscherz: «Da versagten. Nur die Sozialhilfe kann Ott noch
in diesem Fall nichtmedizinische Faktoren zur auffangen. Allerdings mit Auflagen, die seine 1 Eine (freiwillige) Krankentaggeldversicherung übernimmt die Kosten der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers
Arbeitsunfähigkeit geführt haben, können wir gesamte Lebenssituation verändern würden. bei krankheitsbedingter Abwesenheit eines Arbeitnehmenden.

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a ) Listen Sie die Gründe auf, weshalb der Lastwagenchauffeur Gerhard Ott durch alle d) Welchen Erfolg hatte das Einschalten eines Anwaltes?
Maschen des sozialen Netzes gefallen ist?

b ) Welches wären in diesem Fall die «Maschen des sozialen Netzes»?


e ) Studieren Sie noch einmal den Abschnitt zur öffentlichen Sozialhilfe (insbesondere
den Grundsatz der Bedarfsdeckung) in der Theorie (Seite 4) und formulieren Sie
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern in eigenen Worten den grundlegenden Unterschied zwischen der Sozialhilfe und den
Sozialversicherungen.

c ) Wie beurteilen Sie die Massnahmen der Sozialhilfebehörden der Gemeinde Oftringen?

2
Anmerkung der Autoren: Vermutung, dass hier der Kündigungsschutz im Krankheitsfall aufgehoben wurde,
weil (nach CSS) «nichtmedizinische Faktoren» zur Arbeitsunfähigkeit geführt hatten.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Sozialer Ausgleich 21

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Sozialer Ausgleich 22

Aufgabe 2 Lohnprozente für die 1. und 2. Säule

Adrian Eblinger erhält Ende Monat von seinem Arbeitgeber die folgende Lohnabrechnung a ) Berechnen Sie anhand dieses Beispiels, welche Beiträge jährlich der 1. Säule zufliessen,
(für die Aufgabe aufbereitet und vereinfacht dargestellt): d. h. in die AHV-Ausgleichskasse einbezahlt werden (Grundlage: 12 Monatslöhne).

Lohnabrechnung Mai 2019

Bruttolohn CHF 5500.00


plus Kinderzulage 1 200.00 200.00
Total Bruttolohn CHF 5700.00
abzüglich Ansatz Basis
AHV / IV / EO 5,125 % 5500.00 281.90 b) Die maximale einfache jährliche Altersrente beträgt momentan CHF 28 440.–. Wie viele
ALV 1,100 % 5500.00 60.50 Personen mit einem gleichen Bruttolohn müssen Beiträge in die AHV-Ausgleichskasse
Pensionskasse AHV 5500.00 einzahlen, um damit eine maximale Jahresrente finanzieren zu können?
Koordinationsbetrag – 2073.75
beitragspflichtig 7,0 % 3426.25 239.85
Nichtberufsunfallvers. 1,65 % 5500.00 90.75 CHF 673.00
Nettolohn (= Auszahlung) CHF 5027.00
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Bei der monatlichen Lohnabrechnung erhält der verheiratete Adrian Eblinger zusätzlich zum
Bruttolohn gemäss Arbeitsvertrag eine Kinderzulage für seine 4-jährige Tochter Corinne.
Der Beiträge für AHV / IV / EO betragen detailliert: AHV 8,40 %
c) Für die folgende Berechnung für die 2. Säule machen wir eine sehr starke Vereinfachung.
IV 1,40 %
Wir nehmen nämlich an, dass der Lohn – und damit auch die PK-Beiträge – von Adrian
EO 0,45 %
Total 10,25 %
Eblinger vom 25. Altersjahr bis zur Pensionierung mit 65 immer gleich
bleiben würde.
Dieser Gesamtsatz von 10,25 % wird hälftig auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt.
Berechnen Sie, wie viel Kapital Adrian Eblinger bis zu seiner Pensionierung
Der Beitragssatz für die obligatorische Arbeitslosenversicherung (ALV) beträgt (bis zu ei-
bei einem Mindestzinssatz von 1 % ansparen könnte. Die Beiträge werden monatlich
ner Grenze von CHF 148 200.–) 2,2 % vom massgebenden Lohn. Auch dieser Beitrag wird
einbezahlt. Berücksichtigen Sie den Zinseszins, indem Sie einen «Sparrechner» aus
auf Arbeitnehmende und Arbeitgebende hälftig aufgeteilt.
dem Internet 1 benützen.
Der für die Pensionskasse beitragspflichtige Lohn ergibt sich aus AHV-Bruttolohn abzüg-
lich Koordinationsbetrag. Dieser wird normalerweise in einer Lohnabrechnung nicht aufge-
führt; hier wird 1⁄12 des jährlichen Koordinationsbetrags von CHF 24 885.– eingesetzt, um
den beitragspflichtigen Lohn (CHF 3426.25) nachzuweisen. Der Beitragssatz variiert nach Al-
ter des Arbeitnehmers. Für diese Aufgabe wird ein Satz von 7 % angenommen; wir gehen
davon aus, dass der Arbeitgeber monatlich einen gleich hohen Betrag leistet.

Die Prämie für die obligatorische Nichtberufsunfallversicherung (Unfallversicherung für die


privaten Aktivitäten von Adrian Eblinger) gehen voll zulasten des Arbeitnehmers.
1
Beispielsweise den «Sparrechner» der Raiffeisenbank auf www.raiffeisen.ch

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d ) Berechnen Sie mit den gleichen Beiträgen wie in der Teilaufgabe c), wie viel Kapital sich Aufgabe 3 Finanzierungsproblematik in der 2. Säule
innert 40 Jahren bei einem Zinssatz von 3 % ansparen liesse.
Die 2. Säule der Altersvorsorge befindet sich in gefährlicher Schieflage. Weil die Menschen
länger leben, wird bei der beruflichen Vorsorge immer öfter mehr Geld für Renten ausgege-
ben als budgetiert. So wird das System nach und nach unterhöhlt. «Eco» vom 13. 12. 2010
zeigt, dass etwas passieren muss – und wie schwierig es ist, eine nachhaltige Lösung zu fin-
den (09:12 Min.). Quelle: SF Schweizer Fernsehen, «Eco» (Archiv), www.srf.ch
e ) In der 2. Säule wird mit dem Umwandlungssatz aus dem Altersguthaben im Pen-
sionierungsalter die jährliche Rente abgeleitet. In Anlehnung an die Berechnung unter
Teilaufgabe c) gehen wir davon aus, dass Adrian Eblinger bei seiner Pensionierung über
ein Altersguthaben von CHF 300'000.– verfügt. Mit welcher monatlichen Rente könnte
er bei seiner Pensionierung rechnen, wenn die Kasse einen Umwandlungssatz Schauen Sie sich den Beitrag an und beantworten Sie die folgenden Fragen.
von 6,8 % anwendet.
a) Weshalb ist unsere Altersvorsorge gemäss der Aussage des Moderators gefährdet?

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b) Wie funktioniert die «gewollte Solidarität»
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern im AHV-System?

c) Wie wird die Altersvorsorge in der 2. Säule (BVG) finanziert?

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Sozialer Ausgleich 24

d ) Welche Funktion hat der Umwandlungssatz?

e ) Wodurch entsteht in der 2. Säule eine «ungewollte Solidarität»?

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f) Welche Lösungsansätze werden aufgezeigt,Persönliches
um dieseExemplar von Arantxa
«ungewollte Gándara Espasandín, 3018 Bern
Solidarität»
zu beheben?

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7 Rechtsquellen und Verhaltensregeln

Weil nicht alle Menschen den gleichen Sachverhalt gleich beurteilen, brauchen wir
verbindliche Regeln, um unser Zusammenleben zu organisieren. Vielfach sagt uns
unsere innere Stimme, was richtig oder falsch ist. Manchmal helfen auch über-
lieferte Wertvorstellungen, um uns in einer Situation richtig zu verhalten. Wenn
aber Konflikte weder mit gegenseitigen Vereinbarungen noch in klärenden Gesprä-
chen gelöst werden können, bietet die staatliche Rechtsordnung standardisierte
Regelungen, um offene Fragen – notfalls durch ein Gericht – zu entscheiden.
Die Vielzahl der Rechtsvorschriften, die neben Sitte und Moral unser Zusam-
menleben regeln, bildet die Rechtsordnung. Ein Überblick über den gesamten
Bereich soll uns helfen, bei konkreten Fragen die zutreffenden Vorschriften im
massgebenden Rechtserlass zu finden.

Theorie Übungen
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7.1 Recht schafft Sicherheit .....................................................................................
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 2 3018 Bern 1 Rechtsquellen ...................................................................................................... 14
7.2 Rechtsquellen – woran halten sich die Gerichte? ................................................ 2 2 Öffentliches oder privates Recht? .......................................................................... 14
7.3 Gliederung des Rechts ....................................................................................... 4 3 Absolute und relative Rechtsansprüche ................................................................. 15
7.4 Moral, Sitte und Recht ....................................................................................... 10 4 Moral, Sitte oder Recht ........................................................................................ 15
Das haben Sie gelernt ........................................................................................ 12
Diese Begriffe können Sie erklären ..................................................................... 13
Aufgaben

1 Was zeichnet einen Rechtsstaat aus? .................................................................... 16


2 Konflikte und entsprechende Rechtsgrundlagen ................................................... 17
3 «Vom Umgang unter Eheleuten» ......................................................................... 18
4 Was bestimmt unser Verhalten? ........................................................................... 19

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Rechtsquellen und Verhaltensregeln 1

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Rechtsquellen und Verhaltensregeln 2

7.1 Recht schafft Sicherheit In ihrer rechten Hand hält die Justitia ein Schwert als Symbol für die Strafgewalt. Das
Recht soll von der Staatsgewalt durchgesetzt und (speziell in einem Strafprozess) die schul-
Rechtsvorschriften sollen das Zusammenleben der Menschen sinnvoll «regeln» und in die vie- dige Partei bestraft werden.
len täglich ablaufenden Geschäfte eine gewisse Sicherheit bringen. Mit Rechtsvorschriften Während nach Gerechtigkeitsüberlegungen jeder Fall nach der gleichen Regel entschie-
versuchen wir, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen, indem verschiedenste Vorgänge den werden muss, sollte es dem Gericht aber auch möglich sein, dem Einzelfall Rechnung
im Leben von vornherein geregelt werden. So zu tragen. Dadurch können einerseits künftige Entwicklungen besser berücksichtigt werden;
sind z. B. in einem Arbeitsvertrag bereits vor Ar- andererseits erlaubt der Freiraum des Richters, in Rechtsnormen auf die allzu detaillierte
beitsantritt viele mögliche Streitpunkte gere- Regelung von Sonderfällen zu verzichten.
gelt. Wenn doch Konflikte entstehen, sollen Im Weiteren müssen Rechtsvorschriften klar sein und die rechtlichen Konsequenzen er-
diese mithilfe der Rechtsvorschriften möglichst kennen lassen, damit Rechtssicherheit erzielt wird. Allgemein formulierte Rechtsvorschriften
einvernehmlich geklärt werden können. Falls sind zweckmässig, weil sie für viele verschiedene Sachverhalte angewandt werden können. Aufgabe 1
keine gegenseitig akzeptierte Lösung möglich
wird, zeigt die Rechtsordnung das Verfahren
auf, wie Konflikte durch unabhängige Gerichte 7.2 Rechtsquellen – woran halten sich die Gerichte?
beurteilt und schliesslich durch einen Richter-
spruch entschieden werden können. Q Verschiedene Rechtsquellen
Recht muss nach unserem allgemeinen Da-
fürhalten «gerecht» sein. Doch was heisst das? Q Grundsätzlich stützt man sich in einer Rechtsangelegenheit auf das geschriebene Recht,
Seit römischen Zeiten gilt in unserem Kulturkreis © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand
das die dominierende Rechtsquelle darstellt. Meistens stehen allerdings in einem konkre-
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die Justitia als Symbol der Gerechtigkeit. Mit Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern ten Fall gleichzeitig auch noch weitere Rechtsquellen zur Verfügung, die in unterschied-
«verbundenen Augen» soll die Rechtsanwen- lichem Masse zu einem Entscheid beitragen können.
dung unabhängig vom Ansehen der Parteien Q In allen menschlichen Gemeinschaften haben sich im Laufe der Geschichte Gewohnhei-
geschehen, d. h., die Richterin soll unparteiisch ten (= Gewohnheitsrecht) eingebürgert, die auch ohne schriftliche Fixierung allgemein
entscheiden und alle Menschen gleich behan- anerkannt werden. In einzelnen Bestimmungen des Zivilgesetzbuches und des Obli-
deln. «Gerechtigkeit» ist allerdings ein viel- gationenrechts wird ausdrücklich auf die «Übung» und den «Ortsgebrauch» verwiesen.
schichtiger Begriff: Objektiv betrachtet, ist Ge- Justitia ist die römische Göttin der Damit wird das an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Berufszweig übli-
Gerechtigkeit und des Rechtswesens.
rechtigkeit nämlich dann gegeben, wenn alle che Verhalten in einer bestimmten Situation umschrieben.
Menschen gleich behandelt werden. Weil wir Q In einem Rechtsstaat sollen ähnliche Fälle durch die Rechtsprechung ähnlich beurteilt
Menschen jedoch in natürlicher und sozialer Hinsicht Unterschiede aufweisen, ist bei der werden. Manchmal bilden frühere Gerichtsentscheide deshalb einen «Vorentscheid»
gerechten Beurteilung von Situationen auch die Berücksichtigung dieser Unterschiede not- für ähnliche, zukünftige Fälle (Juristen sprechen dann von einem Präjudiz). Je höher die
wendig. Gerichtsinstanz, die ein Urteil gefällt hat, desto grösser ist dessen Wirkung auf zukünf-
Die Balkenwaage steht für das sorgfältige Abwägen der Sachverhalte in der Situation tige Entscheide. In der Schweiz stehen Bundesgerichtsentscheide (BGE) an oberster Stelle.
und einen ausgewogenen Schuldspruch. Dafür muss die Justiz den konkreten Sachverhalt Q Gerichte stützen sich vielfach auf die Meinung von Rechtsgelehrten in Gesetzeskommen-
eines Konfliktes möglichst genau erfassen. Die Waage kann auch als Symbol dafür angese- taren und Fachzeitschriften. Wir sprechen dann von der Lehre (Rechtswissenschaft)
hen werden, dass Gleiches gleich behandelt werden soll. Dieser Anspruch ist nicht einfach als Rechtsquelle. Kein Rechtsfall ist gleich wie der andere; ebenso ist keiner eindeutig zu
zu erfüllen. Erstens müssen die Tatbestände möglichst genau definiert werden, damit ent- lösen, sonst wären die Gerichte überflüssig. Deshalb müssen Sachverhalte geklärt, Be-
schieden werden kann, wann ein gleicher Tatbestand vorliegt und wann ein ungleicher. Zwei- weise und Aussagen in ihrer Bedeutung gewichtet werden, um zu einem fairen Urteils-
tens wandeln sich die Gerechtigkeitsvorstellungen in einer Gesellschaft mit der Zeit. Und drit- spruch zu gelangen. Dabei ist der gesunde Menschenverstand die wichtigste Quelle des
tens stellt sich die Frage, wann eine Rechtsnorm vom Inhalt her tatsächlich gerecht ist. Diese Rechts.
Frage ist von Werturteilen abhängig und deshalb häufig umstritten.
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Rechtsquellen und Verhaltensregeln 3

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Rechtsquellen und Verhaltensregeln 4

Q Rangordnung des geschriebenen Rechts 7.3 Gliederung des Rechts

Wichtigste Rechtsquelle ist das geschriebene Recht, das hierarchisch in Verfassungen, Geset- Die Gesamtheit aller Rechtsvorschriften wird in zwei grosse Bereiche gegliedert:
zen und Verordnungen zusammengefasst ist. «Hierarchische Gliederung» bedeutet, dass zwi- Im öffentlichen Recht werden die Organisation und die Tätigkeit des Staates geregelt. Es
schen den einzelnen Ebenen ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis besteht. Bei der Rang- bestimmt die Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger sowie die Beziehungen der
folge der Rechtsvorschriften gilt die folgende Regel: Verfassungsstufe geht Gesetzesstufe Staaten untereinander. Auch die Bestrafung durch den Staat bei Verstössen gegen allgemeine
vor, und Gesetze gehen Verordnungen vor. Verhaltens- und Verfahrensvorschriften ist in diesem Bereich geregelt.

Q Auf Verfassungsstufe sind die grundlegenden Vorschriften über die wichtigsten Rechte Recht
und Pflichten der Bürger und den Aufbau des Staates festgelegt. Über einen Verfassungs-
artikel muss in jedem Fall eine Volksabstimmung stattfinden.
Öffentliches Recht Privatrecht
Q Gesetzesstufe – Gesetze dienen der näheren Ausführung der einzelnen Verfassungs-
artikel. Im Normalfall werden Gesetze durch das Parlament festgelegt. In einigen Fällen
kann es auch zu einer Volksabstimmung kommen. Formelles Recht Materielles Recht
Q Verordnungen (und Reglemente) regeln die in Verfassung und Gesetzen vorgesehenen
Detailbestimmungen. Sie werden von der Regierung erlassen. Prozessrecht Zivilgesetzbuch

Mit der Schaffung des Bundesstaates 1848 übernahm der Bund von den Kantonen einzelne Vollstreckungsrecht Obligationenrecht
Staatsaufgaben (z. B. die Aussen- und Sicherheitspolitik, das Münz- und Zollwesen). Im Laufe
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der Zeit wurden die Aufgaben des Bundes immer mehr ausgedehnt.
Persönliches Gemäss
Exemplar von Arantxa Artikel
Gándara 3 der3018 Bern
Espasandín, Spezialgesetze
Materielles Recht
Bundesverfassung gilt aber auch heute noch die Regel, dass die Kantone für alle Aufgaben
zuständig sind, die nicht der Bundesgewalt übertragen sind (Subsidiaritätsprinzip).
Jeder Schweizer Kanton hat eine eigene Verfassung, ein eigenes Parlament, eine eigene Staatsrecht
Regierung und auch eigene Gerichte. Aufgrund des föderalistischen Staatsaufbaus der
Schweiz sind die Bezeichnungen der Kantonsgerichte, die Zuständigkeiten und die Verfah- Verwaltungsrecht
ren in den verschiedenen Rechtsgebieten unterschiedlich geregelt. Wesentliche Tätigkeits-
bereiche der Kantone sind neben der Rechtsprechung das Gesundheits- und Schulwesen. In Strafrecht
vielen Bereichen ist der Kanton auch zuständig für die Umsetzung von Bundesgesetzen und
weitere vom Bund übertragene Verwaltungsaufgaben (z. B. im Bereich AHV oder Militär). Die Völkerrecht
Kantone erheben zur Finanzierung ihrer Staatsaufgaben selbstständig Steuern. Deshalb fin-
den wir von Kanton zu Kanton verschiedene Steuergesetze.
Die Aufgaben und Befugnisse der Gemeinden sind in den Gemeindeordnungen und -reg- Im Zusammenhang mit der Gliederung des öffentlichen Rechts ist zudem die Unterscheidung
lementen geregelt. Die Gemeinden haben, wie die Kantone, selbstständige Aufgaben (z. B. Keh- zwischen materiellem und formellem Recht wichtig.
richtabfuhr, Feuerwehr, Wasser-, Gas- und Elektrizitätsversorgung, Gewässerschutz, Kulturpoli- Q Materielles Recht beschreibt den Inhalt und die Voraussetzungen von rechtlichen An-
tik). Daneben erfüllen sie auch Aufgaben in Vertretung des Bundes oder der Kantone, wie sprüchen (Recht «haben»).
z. B. die Führung der Einwohnerkontrolle, das Schulwesen oder die Tätigkeiten der Steuerämter. Q Die Regeln des formellen Rechts dienen der Umsetzung des materiellen Rechts (Recht
Sie können für ihr Gebiet allerdings nur Recht erlassen, soweit sie vom Kanton dazu befugt sind. «bekommen»). Sie lassen sich unterteilen in Regeln über die Behördenorganisation (d. h.
Aus der föderalistischen Struktur unseres Staates ergibt sich somit folgende Ergänzung die Zuständigkeiten), das Prozessrecht (in dem die Verfahren festgehalten werden) und
zur Rangfolge der Rechtsvorschriften: Bundesrecht (gleich welcher Stufe) geht kantonalem das Vollstreckungsrecht (das die zwangsweise Durchsetzung einer Rechtspflicht regelt). Übung 2
Übung 1 Recht vor; kantonales Recht geht Gemeinderecht vor.
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Rechtsquellen und Verhaltensregeln 5

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Rechtsquellen und Verhaltensregeln 6

Beispiele für Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts: Beispiele für Rechtsvorschriften des privaten Rechts:

Staatsrecht enthält die Aufgabenverteilung des Staates sowie die Rechte und Pflichten Zivilgesetzbuch regelt fast sämtliche Gebiete, in denen wir Privatpersonen uns –
der Bürgerinnen und Bürger. (ZGB) «von der Wiege bis zur Bahre» – bewegen.
Q Bundesverfassung (BV) Im Zivilgesetzbuch werden in 5 Teilen die folgenden Gebiete geregelt:
Q Kantonsverfassungen der 26 Kantone Teil 1: Personenrecht
Teil 2: Familienrecht
Verwaltungsrecht befasst sich mit den Rechtsbeziehungen zwischen den staatlichen Behörden Teil 3: Erbrecht
und den Bürgern. Da der Staat immer mehr Aufgaben erfüllt, bildet das Teil 4: Sachenrecht
Verwaltungsrecht den umfangreichsten Teil der schweizerischen Rechtsordnung.
Q Steuerrecht Obligationenrecht Teil 5: Das OR bildet den 5. Teil des ZGB, ist aber ein selbstständiges Buch
Q Zollgesetze (OR) mit eigener Nummerierung, das nochmals 5 Kapitel (= Abteilungen)
Q Strassenverkehrsgesetz, Bauvorschriften umfasst.
Q Öffentliche Fürsorge und Sozialversicherungen 1. Abteilung: Allgemeine Bestimmungen
Q Schulgesetze 2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse
Q Gesetze über öffentliche Unternehmungen 3. Abteilung: Handelsgesellschaften und Genossenschaften
(z. B. Kantonalbankgesetze) 4. Abteilung: Handelsregister, Geschäftsfirma und kaufmännische
Buchführung
Strafrecht umschreibt strafbare Handlungen, Strafmass und Strafvollzug. 5. Abteilung: Wertpapiere
Q Strafgesetzbuch (StGB)
Beispiele für Q Versicherungsvertragsgesetz
Völkerrecht befasst sich mit den Beziehungen
© 2021zwischen
Verlag SKVStaaten.
AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Spezialgesetze Q Lerbermatt-Köniz
Digital-on-Demand Gymnasium Transportrecht 2021
(Eisenbahnen, Schiffe, Flugzeuge)
Q Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Q Geistiges Eigentum (Urheberrecht, Erfindungsrecht)
Q Bankengesetz
Prozessrecht umfasst Vorschriften über das Verfahren vor staatlichen Gerichten. Q Kartellrecht (Vorkehrungen gegen Wettbewerbsbehinderungen)
Q Strafprozessrecht Q Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Verurteilung und Bestrafung von Angeklagten
Q Verwaltungsprozessrecht
Streitigkeiten zwischen staatlichen Behörden und Bürgern In einigen Gesetzen kommen sowohl Vorschriften des öffentlichen Rechts wie auch privat-
Q Zivilprozessrecht rechtliche Regelungen vor (z. B. beim Strassenverkehrsgesetz oder beim Gesetz über Unter-
Streitigkeiten zwischen Privatpersonen nehmungszusammenschlüsse, dem Kartellgesetz). Es ist deshalb nicht in jedem Fall möglich,
Vollstreckungsrecht enthält Vorschriften über die zwangsweise Durchsetzung der staatlichen
ein Gesetz eindeutig dem öffentlichen oder dem privaten Recht zuzuordnen. Für eine erste
Rechtsordnung, z. B. die Vollstreckung von Strafurteilen durch den Strafvollzug. Orientierung ist die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht jedoch sinn-
Q Gesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) voll, weil im privaten Recht Gestaltungsmöglichkeiten bestehen und sich je nach Rechtsge-
Eintreibung von Geldforderungen biet verschiedene Verfahrensabläufe ergeben.

Q Verschiedene Arten von Rechtsansprüchen


Das Privatrecht regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Einzelpersonen sowie zwischen
Personengruppen (z. B. Unternehmungen) und Einzelpersonen. Ob persönliche Rechtsansprü- Wer ein Recht geltend machen will, muss sich darüber klar werden, ob dieses Recht gegen-
che verfolgt werden oder nicht, überlässt der Staat den Beteiligten nach dem Grundsatz über jedermann besteht oder nur gegenüber einem bestimmten Personenkreis. Diese Unter-
«Ohne Kläger – kein Richter». scheidung ist in der Praxis wichtig, weil daraus abgeleitet wird, gegen wen ein Rechtsan-
Auch das Privatrecht gliedert sich in mehrere Teilgebiete. Im Vergleich zum öffentlichen spruch gegebenenfalls durchgesetzt werden muss. Aufgabe 2
Recht ist die Orientierung im Privatrecht einfacher, da die grundlegendsten Vorschriften in
einem Gesetzbuch, dem Zivilgesetzbuch (ZGB), enthalten sind.
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Rechtsquellen und Verhaltensregeln 7

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Rechtsquellen und Verhaltensregeln 8

Q Absolute Rechtsansprüche kennzeichnen sich dadurch, dass sie gegen alle Perso- Q Relative Rechtsansprüche gelten aufgrund bestimmter Sachverhalte nur gegenüber
nen  durchsetzbar sind. Wichtige absolute Rechtsansprüche sind die Eigentums- und einzelnen natürlichen oder juristischen Personen. Zu den relativen Rechtsansprüchen zäh-
Persönlichkeitsrechte. len vertragliche Rechte, das Recht auf Schadenersatz aus unerlaubter Handlung, der An-
Die gesetzliche Grundlage der Eigentumsrechte steht im Art. 641 des Zivilgesetz- spruch auf Rückerstattung, wenn sich jemand ungerechtfertigt bereichert hat, sowie
buches: familienrechtliche Unterstützungspflichten. Die gesetzlichen Grundlagen zu den einzelnen
relativen Rechtsansprüchen finden sich im Zivilgesetzbuch und im Obligationenrecht.
Art. 641 ZGB
1
Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung über sie Relative Rechtsansprüche aus einem Vertrag basieren auf Art. 1 OR:
nach seinem Belieben verfügen.
2
Er hat das Recht, sie von jedem, der sie ihm vorenthält, herauszuverlangen und jede Art. 1 OR
1
ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren. Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusse-
rung der Parteien erforderlich.
Die Rechte an Sachen werden im 4. Teil des ZGB, dem Sachenrecht, geregelt. Das geis-
tige Eigentum, wie Erfindungen, Musikstücke oder Bücher, wird in speziellen Gesetzen Die konkreten Ansprüche leiten sich schliesslich aus der ersten Abteilung «Allgemeine Be-
geregelt. stimmungen» und der zweiten Abteilung «Die einzelnen Vertragsverhältnisse» des OR ab.
Die Grundlage der Persönlichkeitsrechte ist in Art. 28 des Zivilgesetzbuches festge-
halten: Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin kann ihren Lohnanspruch auf der Basis eines Einzelarbeitsvertrags
Art. 28 ZGB nur gegenüber ihrer Arbeitgeberin geltend machen.
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1
Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlichPersönliches
verletzt wird, kann
Exemplar vonzu seinem
Arantxa Schutz
Gándara gegen 3018 Bern
Espasandín,
jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. Der relative Rechtsanspruch auf Schadenersatz basiert auf Art. 41 OR (Verschuldenshaf-
2
Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, tung) oder auf sogenannten Kausalhaftungsgründen, die in anderen OR-Artikeln oder in
durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz ge- Spezialgesetzen genannt werden.
rechtfertigt ist.
Art. 41 OR
1
Zu den Persönlichkeitsrechten gehören neben dem Recht auf Privatsphäre unter anderem Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahr-
auch das Recht auf Leben, auf körperliche und seelische Unversehrtheit sowie das lässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
Namensrecht und das Firmenrecht. Verletzungen dieser absoluten Rechte können neben
den zivilrechtlichen auch strafrechtliche Folgen haben. Das Strafgesetzbuch enthält Beispiele:
Rechtsvorschriften über strafbare Handlungen gegen das Eigentum (Diebstahl, Entwen- Ein Jugendlicher ist mit dem Scooter unterwegs auf einem Trottoir und fährt dabei über
dung, Raub, Veruntreuung usw.) oder gegen die Ehre und den Geheim- oder Privatbe- den Fuss einer Fussgängerin. Die Schadenersatzforderung richtet sich gegen den jun-
reich (üble Nachrede, Verleumdung, Beschimpfung, Abhören und Aufnehmen fremder gen Erwachsenen (Verschuldenshaftung).
Gespräche).
Nach einigen schneereichen Tagen rutscht eine Schneelawine vom Dach eines Mehr-
familienhauses und beschädigt ein Auto, das auf einem öffentlichen Parkplatz steht.
Der Schadenersatz muss gegenüber dem Hauseigentümer geltend gemacht werden
(Kausalhaftung). Übung 3

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Rechtsquellen und Verhaltensregeln 10

7.4 Moral, Sitte und Recht werden Sitten genannt. Sitten können, ebenso wie moralische Vorstellungen, nicht erzwun-
gen werden. Die Missachtung von Sitten, z. B. von Anstandsregeln, kann aber trotzdem Sank-
Das Zusammenleben in einer Gesellschaft muss nicht zwingend durch Gebote und Verbote tionen nach sich ziehen: Eine unanständige oder unhöfliche Person wird z. B. zu gewissen
geregelt werden. In vielen Situationen verhält man sich aufgrund von eigenen Moralvorstel- Veranstaltungen wohl nicht mehr eingeladen.
lungen oder weil in unserer Gesellschaft gewisse Sitten und Gepflogenheiten gelten. Es Auch Frederic wird wahrscheinlich von seiner Ausbildnerin am darauf folgenden Ar-
braucht demnach nicht alles durch Rechtsvorschriften geregelt zu werden. Was in einer be- beitstag auf sein unrühmliches Benehmen angesprochen werden.
stimmten Situation richtig oder falsch ist, lässt sich also nicht immer mithilfe von Rechtsquel-
len klären. Q Recht – was ist gesetzlich geregelt?

Q Moral – was halte ich für richtig? «Dem 17-jährigen Jugendlichen, der sich im Tankstellenshop selber eine Flasche Wodka
kaufen will, wird dies verwehrt, weil die Verkäuferin das Alter des Jugendlichen überprüft
«Angenommen, Sie sind über 18 Jahre alt und werden von einem 17-jährigen (sympathisch hat.»
auftretenden) Kollegen gefragt, ob Sie nicht für ihn im nahegelegenen Tankstellenshop
eine Flasche Wodka kaufen würden. Ihm selber sei das verwehrt, da hochprozentige Spi- Die Verkaufsperson im Laden hält sich an das geltende Recht und verkauft keinen Alkohol
rituosen an Jugendliche erst ab 18 Jahren verkauft würden. Was antworten Sie?» an Jugendliche. Rechtsvorschriften schreiben ein bestimmtes Verhalten vor, z. B. das Unter-
lassen von Betrügereien, die Bezahlung der Steuerrechnung oder das Einholen einer Bewilli-
Es geht hier um eine Frage der Moral. Finden Sie es richtig, dass Jugendliche vor dem Kon- gung für eine Demonstration gegen eine Globalisierungsveranstaltung. Diese Verhaltensvor-
sum von hochprozentigem Alkohol geschützt werden? Vielleicht geraten Sie gar in einen schriften können im Gegensatz zu Moral und Sitte vom Staat durchgesetzt und wenn nötig
Zielkonflikt: Sie wissen zwar um das Verkaufsverbot und können dieses auch grundsätzlich mit Gewalt erzwungen werden. Während Sitten häufig nicht schriftlich festgehalten werden,
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unterstützen; Sie wollen aber andererseits gegenüber der 17-jährigen
Persönliches Exemplar Person Espasandín,
von Arantxa Gándara nicht als3018 Bern
sind die Rechtsvorschriften klar und genau niedergeschrieben. In Bezug auf unser Beispiel ist
«grantige / r Erwachsene / r» dastehen. im Alkoholgesetz festgehalten, dass die Abgabe von Alkohol an Kinder und Jugendliche unter
Moralvorstellungen im Sinne von inneren Einstellungen, von eigenen Wertvorstellungen 18 Jahren verboten ist.
über gut und böse, richtig oder falsch haben ihren Ursprung häufig in einer Religion oder Wenn Rechtsvorschriften von den Leuten nicht aus eigener Überzeugung getragen und
einer philosophischen Weltanschauung. Solche Werte werden uns im Laufe des Erwachsen- eingehalten werden, ergeben sich unweigerlich gesellschaftliche Spannungen. Ein Beispiel
werdens von unseren Eltern und der Schule vermittelt. Eine Verletzung der eigenen Moral- ist das Dilemma der Dienstverweigerer aus Gewissensgründen. Durch die Bundesverfassung
vorstellungen wird zwar von niemandem geahndet, in den meisten Fällen führt aber ein Ver- und das Militärgesetz sind sie zur Dienstleistung (Militär- oder Zivildienst) verpflichtet – ihre
stoss gegen die eigenen, persönlichen Verhaltensregeln zu einem «schlechten Gewissen». moralische Überzeugung verbietet ihnen aber eine Dienstleistung. Zwischen Recht und Moral
besteht keine hierarchische Ordnung, beide Wertordnungen bestehen auf ihrer Verbindlich-
Q Sitten – was erwartet die Gesellschaft? keit. Ein Dienstverweigerer wird deshalb rechtlich bestraft, obwohl man sein Verhalten auf
moralischer Ebene allenfalls anerkennt. Oder wenn z. B. die Einführung zusätzlicher Ge-
«Frederic Berger, der Lernende aus dem ersten Lehrjahr, benimmt sich am Jahresessen der schwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen zur Verminderung der Luftbelastung von
Abteilung etwas daneben. Zum einen werden die Pommes im ‹McDonald’s-Stil› von Hand einem Grossteil der Bevölkerung nicht mitgetragen wird und nur mithilfe von flächendecken-
gegessen; zum andern hat er beim Kellner immer wieder erfolgreich um Wein nachge- den Kontrollen erzwungen werden kann, so hat dies grössere Verwaltungskosten zur Folge,
fragt, sodass Frederic bereits um 21.30 Uhr recht angetrunken herumlallt.» wobei auch die Einnahmen aus Bussengeldern steigen.
Bei der Formulierung von Rechtsvorschriften müssen demnach in jeder Gesellschaft die
Hier geht es nicht um richtig oder falsch. Es geht schlicht um Tischmanieren, die Frederic herrschenden Moralvorstellungen und Sitten beachtet werden. Da sich die Moralvorstellun-
offensichtlich «vergessen» hat. gen und Sitten in einer Gesellschaft im Laufe der Zeit ändern, müssen auch die Rechtsvor-
Während z. B. in einzelnen Regionen der Welt das Rülpsen zum Abschluss des Essens eine schriften angepasst werden. Ein Beispiel ist die jahrelange Diskussion um die Legalisierung Aufgabe 3
Wertschätzung gegenüber der Küche darstellt, gilt Rülpsen in unserem Kulturkreis als absolut des Hanfkonsums. Wenn das bestehende Verbot von einem grösseren Teil der Bevölkerung Aufgabe 4
unanständig. Solche Anstandsregeln und Umgangsformen, Gepflogenheiten und Usanzen nicht mehr mitgetragen wird, steigt der Druck, die rechtliche Situation anzupassen. Übung 4
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Rechtsquellen und Verhaltensregeln 12

9 Das haben Sie gelernt Offene Fragen

Ziele für die Ausgestaltung der Rechtsordnung beschreiben


Die verschiedenen Rechtsquellen beschreiben und ihre Bedeutung innerhalb
der schweizerischen Rechtsordnung beurteilen
Die Unterschiede zwischen Verfassung, Gesetz und Verordnung erklären und
deren hierarchische Gliederung begründen
Die Gliederung des Rechts in öffentliches und privates Recht beschreiben
Inhalt und Teilbereiche des öffentlichen und privaten Rechts nennen
Rechtsvorschriften den Teilbereichen des öffentlichen bzw. privaten Rechts
zuordnen
Persönliche Rechtsansprüche gegenüber allen und gegenüber einzelnen Personen
unterscheiden
Moral, Sitte und Recht als Grundlagen für das Verhalten unterscheiden

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9 Diese Begriffe können Sie erklären

Rechtsordnung
Justitia
Gerechtigkeit
Rechtsquellen
Geschriebenes Recht
Gewohnheitsrecht
Ortsgebrauch
Gerichtsentscheide
Präjudiz
Lehre (Rechtswissenschaft)
Gliederung des Rechts
Öffentliches Recht
Staatsrecht
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Verwaltungsrecht Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

Strafrecht
Völkerrecht
Prozessrecht
Vollstreckungsrecht
Privates Recht
Zivilgesetzbuch (ZGB)
Obligationenrecht (OR)
Spezialgesetze
Formelles / materielles Recht
Absolute / relative Rechtsansprüche
Moral
Sitte
Recht

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Rechtsquellen und Verhaltensregeln 14

Übung 1 Rechtsquellen Übung 2 Öffentliches oder privates Recht?

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Bestimmen Sie mithilfe der Gliederung im Theorieteil, ob es sich bei den folgenden Formu-
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. lierungen aus Gesetzestexten …
Q um öffentliches Recht (ÖR) oder privates Recht (PR) handelt (ankreuzen) und
a) Die Augenbinden in den Darstellungen der Justitia sind eigentlich ein Fehler, Q zu welchem Teil des Privatrechts bzw. des öffentlichen Rechts diese Normen gehören.
muss doch das Gericht zur Beurteilung in einem konkreten Fall genau
hinschauen und alle möglichen Umstände und Gesichtspunkte erfassen.
ÖR PR Teilbereich
a) Eltern und Kinder sind einander
Beistand schuldig.
b) Das geschriebene Recht ist allgemein formuliert und kann deshalb auf viele b) Richter dürfen nicht tätig werden,
verschiedene Sachverhalte angewandt werden. wenn ihre Unparteilichkeit in Frage
gestellt wird.
c) Der ordentlichen Konkursbetreibung
c) Wichtigste Rechtsquelle ist in der Schweiz die Sammlung früherer Gerichts- unterliegt, wer als Inhaber einer
entscheide (sogenannte Präjudizien). Einzelfirma im Handelsregister ein-
getragen ist.
d)Digital-on-Demand
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern nehmer jedes Dienstjahr wenigstens
d) Wenn sich ein Gericht bei einem Entscheid auf frühere Gerichtsentscheide in
vier Wochen, dem Arbeitnehmer
ähnlichen Fällen abstützt, bezeichnen wir dies als «Orientierung an der Lehre».
bis zum vollendeten 20. Altersjahr
wenigstens fünf Wochen Ferien
zu gewähren.
e) Die Richterin muss sich nicht an das geschriebene Recht halten, wenn die e) Wer einen Menschen am Körper
menschliche Vernunft ihr sagt, dass das Gesetz geändert werden sollte. oder an der Gesundheit schädigt,
wird, auf Antrag, mit einer Freiheits-
oder Geldstrafe bestraft.
f) Das Stimmrecht entsteht, sobald
f) Als weitere Rechtsquellen neben dem geschriebenen Recht gelten das
auf den Aktien der gesetzlich vor-
Gewohnheitsrecht, frühere Gerichtsentscheide sowie die Rechtswissenschaft.
geschriebene Betrag eingezahlt ist.
g) Die nächsten Erben eines Erblassers
sind seine Nachkommen.
g) Bei der Rangordnung der Rechtsvorschriften stehen die Gesetze h) Im Nationalrat und im Ständerat
an erster Stelle. Sie stehen über Verfassungen und Verordnungen. entscheidet die absolute Mehrheit
der Stimmenden.

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Übung 3 Absolute und relative Rechtsansprüche Übung 4 Moral, Sitte oder Recht

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Worin liegt die Ursache für folgende Verhaltensweisen?

Moral
Recht

Sitte
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

R S M
a) Absolute Rechtsansprüche gelten gegenüber jedermann. a) Ablehnung des Diebstahls als Verstoss gegen religiöse Gebote
(z. B. «Du sollst nicht stehlen»).
b) Eine Frau heiratet im weissen Hochzeitskleid, weil sich in ihrer Familie
b) Relative Rechtsansprüche gelten in gleichem Mass für alle Personen. bisher alle in einem weissen Hochzeitskleid trauen liessen.
c) Offizielle Eheschliessung auf dem Standesamt – vor dem eigentlichen
Hochzeitsfest.
c) Die Verletzung absoluter Rechtsansprüche kann auf Antrag eines Klägers d) Motorradfahren mit Helm, um keine Busse zu erhalten.
oder einer Klägerin strafrechtlich verfolgt werden.
e) Eheliche Treue aus Liebe zum Partner, zur Partnerin.

f) An Weihnachten werden überall Weihnachtsbäume aufgestellt.


d) Die Verletzung relativer Rechtsansprüche werden nur vor Gericht beurteilt, g) Ein Paar heiratet, um Steuern zu sparen.
falls von einer Partei Klage erhoben wird. © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
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h) Anspruch von Rentnerinnen und Rentnern auf Ergänzungsleistungen,
sofern die Bedingungen der Alters- und Hinterbliebenenversicherung
erfüllt sind.
e) Das Sachenrecht enthält vor allem relative Rechtsansprüche.
i) Empfehlung, sich bei Reisen in islamische Länder nicht zu freizügig
zu kleiden, um die einheimische Bevölkerung nicht zu brüskieren.
j) Reisende in Saudiarabien konsumieren keinen Alkohol, um keine
f) Das Obligationenrecht enthält vor allem obligatorische, mit anderen Worten Bestrafung zu riskieren.
«absolute» Rechtsansprüche.
k) Heirat zwischen einem Russen und einer Deutschen, um sich die
Niederlassung im EU-Raum zu sichern.
l) Ein älterer Herr hebt zum Zeichen des Grusses seinen Hut.
g) Das Eigentumsrecht ist ein typisches Beispiel für einen absoluten Rechts-
anspruch.

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Aufgabe 1 Was zeichnet einen Rechtsstaat aus?

Nehmen Sie an, Sie lesen unter der Rubrik «Nachrichten» in einer Tageszeitung folgende c) Ab und zu kann man in der Zeitung lesen, dass in islamischen Ländern Strafen wie
Kurzmeldung: Steinigung oder Handabschlagen angewandt werden.
Wie beurteilen Sie eine solche Rechtsauffassung?
Witwe und Liebhaber im Berner Oberland zu Steinigung verurteilt
Eine 34-jährige Witwe und ihr verheirateter Nachbar wurden im Berner Oberland wegen
Ehebruchs zum Tode durch Steinigung verurteilt. Das Urteil wurde vom Dorfrichter, der
gleichzeitig Ankläger war, im Schnellverfahren ausgesprochen. Der Dorfrichter hat im ver-
gangenen Jahr die Hinrichtung durch Steinigung gegen den Widerstand der Bevölkerung
wieder eingeführt, nachdem eine Häufung von Ehebrüchen aufgetreten war. Eine Neube-
urteilung durch ein anderes Gericht war nicht möglich; das Urteil wurde sofort vollstreckt.

a) Warum werden Sie bei der Lektüre dieses Artikels stutzig?

d) In vielen Rechtsstaaten gibt es die Todesstrafe, oder es wird über deren Wieder-
einführung diskutiert. Wie beurteilen Sie die Todesstrafe in einem Rechtsstaat?
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b) Welche Merkmale zeichnen einen Rechtsstaat aus?

e) Strafgefangene können bei uns unter bestimmten Bedingungen während der


Verbüssung ihrer Strafe eine Ausbildung machen oder sich einer psychologischen
Betreuung unterziehen. Wie beurteilen Sie solche Angebote?

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Aufgabe 2 Konflikte und entsprechende Rechtsgrundlagen

Was für Konflikte können zwischen einer Person und den im Modell eingetragenen An-
spruchsgruppen entstehen?
z. B. Verletzung von Grundrechten
a) Tragen Sie mögliche Streitigkeiten auf die leeren Schreiblinien ein. z. B. eine Baubewilligung

b) Suchen Sie anschliessend mithilfe der Theorieseite 6 das entsprechende Rechtsgebiet z. B. der Wert einer Liegenschaft
und tragen Sie dieses als Überschrift in die gerasterten Felder ein.
z. B. die Höhe des Strafmasses

z. B. die Pfändung des Lohnes

z. B. Rekursmöglichkeiten

Familie
Staat

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Erbin Mitinhaber
an einer AG
(Aktionärin)

Eigentümer
einer Sache
Arbeitgeberin

Käuferin
Vermieter

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Rechtsquellen und Verhaltensregeln 18

Aufgabe 3 «Vom Umgang unter Eheleuten»

Die folgenden Texte aus unterschiedlichen Zeitabschnitten unserer Geschichte befassen sich Text 5 Frauen im Zivilrecht (Eidg. Kommission für Frauenfragen, 2001)
mit der Rollenverteilung in der Ehe oder eheähnlichen Partnerschaften. Welche Rückschlüsse Das neue Eherecht von 1988 hat mit rund hundertjähriger Verspätung die meisten Forde-
ziehen Sie aus den Texten für das Verhältnis von Sitte, Moral und Recht? rungen erfüllt, die von der frühen Frauenbewegung bei den Vorarbeiten zum ZGB erhoben
worden waren. Im bestehenden Recht nicht berücksichtigt sind die vielfältigen Formen
Text 1 Vom Umgang unter Eheleuten (Knigge, 1788) familialen Zusammenlebens ausserhalb einer traditionellen Ehe. Zu den heutigen Forde-
Freilich, da der Mann von der Natur bestimmt ist, der Ratgeber seines Weibes, das Haupt rungen an ein zeitgemässes Zivilrecht gehören deshalb zivilstandsunabhängige Regelungen,
der Familie zu sein; da die Folgen jedes übereilten Schrittes der Gattin auf ihn fallen; da der die diesen neuen (und alten) Familienformen Rechnung tragen. Sie werden zurzeit vor
Staat sich nur an ihn hält; da die Frau eigentlich gar keine Person in der bürgerlichen allem im Zusammenhang mit der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partner-
Gesellschaft ausmacht; da die Verletzung der Pflichten von ihrer Seite schwer auf ihm liegt schaften diskutiert.
und die Verletzung die Familie weit unmittelbarer beschimpft und derselben Schande und
Nachteil bringt, als die Ausschweifungen des Mannes dies tun; da sie viel mehr von dem Text 6 Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare
äusseren Ruf abhängt als er; endlich da Verschwiegenheit mehr eine männliche als weib- (Partnerschaftsgesetz, PartG, Stand 1. Januar 2011)
liche Tugend ist, so kann es wohl seltner gut sein, wenn die Frau ohne ihres Mannes Wissen Art. 1 Gegenstand
Schritte unternimmt und dieselben vor ihm verheimlicht. Dieses Gesetz regelt die Begründung, die Wirkungen und die Auflösung der einge-
tragenen Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare.
Text 2 Art. 160 (Zivilgesetzbuch, 1912) Art. 2 Grundsatz
1 1
Der Ehemann ist das Haupt der Gemeinschaft. Zwei Personen gleichen Geschlechts können ihre Partnerschaft eintragen lassen.
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2
Er bestimmt die eheliche Wohnung und hatPersönliches
für den Unterhalt
Exemplar vonvon Weib
Arantxa Kind in 3018 Bern2 Sie verbinden sich damit zu einer Lebensgemeinschaft mit gegenseitigen Rechten
und Espasandín,
Gándara
gebührender Weise Sorge zu tragen. und Pflichten.
3
Der Personenstand lautet: «in eingetragener Partnerschaft».
Text 3 Art. 163 (Zivilgesetzbuch, 1988) Art. 13 Unterhalt
1 1
Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Die beiden Partnerinnen oder Partner sorgen gemeinsam nach ihren Kräften für
Unterhalt der Familie. den gebührenden Unterhalt ihrer Gemeinschaft.
2
Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch
Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im
Beruf oder Gewerbe des andern.

Text 4 Neuer Mann? (Hollstein, 1989)


Nach einer Befragung von 400 Schweizern (1989) kommt Soziologe Walter Hollstein zum
Schluss, dass der Mann in den letzten Jahren partnerschaftlicher, demokratischer und
frauenfreundlicher geworden sei. 40 % der Befragten geben an, in den letzten Jahren gefühl-
voller geworden zu sein. 39 % erklären, mehr auf die Frauen einzugehen. 30 % halten sich
inzwischen für weniger autoritär. Mehr als die Hälfte der Männer spielt regelmässig mit
ihren Kindern. Ein Drittel geht mit ihnen wandern oder spazieren, erzählt Märchen oder
Geschichten. Etliche helfen sogar bei den Schulaufgaben. «Für die Kinder scheinen sich
Heerscharen idealer Väter herangebildet zu haben», bemerkt die Journalistin Gret Gross-
mann dazu. Die Offenheit habe keine Grenzen. Nur das Wesentliche werde ausgeklammert.
Etwa im Gespräch mit Freunden. Eigene Ängste, Schulden, Sexuelles.
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Aufgabe 4 Was bestimmt unser Verhalten?

Situation 1 In den drei Situationen in der linken Spalte werden jeweils drei mögliche Verhaltensweisen
Nach einem anstrengenden Schultag finden Sie im Zug noch einen der wenigen freien Plätze. beschrieben. Worin besteht der zentrale Beweggrund des jeweiligen Verhaltens?
An der nächsten Station steigt ein älterer Mann zu und bittet Sie, ihm Ihren Sitzplatz zu ge-
ben. Wie reagieren Sie? a) Beweggrund des Verhaltens bei der Reaktion a)?
a) Der ältere Mann benötigt b) Da das ganze Abteil er- c) Ich habe die gleichen
den Platz eher als ich – wartungsvoll auf mich Rechte wie der ältere
er hat weit weniger Kraft blickt, gebe ich den Platz Mann. Schliesslich habe
in den Beinen –, obwohl frei. Ich verbessere damit ich auch ein Billett ge-
mich die zwei Stunden auch das Bild der heuti- kauft. Wenn es zum
Sport auch echt gen Jugend. Streit kommt, lasse ich
«geschlaucht» haben. es darauf ankommen.

Situation 2
Eine Schulkollegin schmeisst nach einem missglückten schriftlichen Test in der Pause wütend
eine leere PET-Flasche in eine Ecke des Schulzimmers.
a) Sie entsorgen die PET- b) Ihre Klasse hat einen c) Sie halten Ihre Kollegin b) Beweggrund des Verhaltens bei der Reaktion b)?
Flasche im speziellen guten Ruf, und als Klas-
© 2021 an,
Verlag SKV AG: die Flasche
Brennpunkt korrekt
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PET-Behälter, weil Sie sensprecherinPersönliches
machen Exemplar von Arantxa Gándara
zu entsorgen, Espasandín,
indem Sie 3018 Bern
überzeugt sind, dass wir Sie die Kollegin darauf ihr erklären, dass gemäss
«einfach glücklicher» aufmerksam, dass sich Schulordnung für solche
sind, wenn keine ihr Benehmen als Schü- Fälle eine Busse bis zu
Abfälle herumliegen. lerin der Klasse E2c CHF 50.– droht.
schlicht nicht «gehört».

Situation 3
Sie kommen frisch vermählt aus dem Standesamt: Ihre Kollegen stehen Spalier, Blumen wer-
den gestreut und Hochzeitsbonbons in die erwartungsvolle Volksmenge geworfen. Nach den
obligaten Fotos fragt Sie unerwartet eine Bekannte: «Warum hast du geheiratet?» Was ant- c) Beweggrund des Verhaltens bei der Reaktion c)?
worten Sie?
a) Ich will meine Liebe und b) Lebte ich längere Zeit mit c) Zusammenleben ohne
Treue zu meinem Partner einem Partner zusammen, Trauschein kommt nicht
aus innerer Überzeugung würden meine Eltern be- in Frage. Falls es später
mit diesem Ja auf dem stimmt fragen, wann wir evtl. zur Trennung
Standesamt bekräftigen. denn endlich heiraten kommt, will ich, dass da-
wollten. In dieser Bezie- für die gesetzlichen Vor-
hung will ich durch eine schriften gelten, wobei
Hochzeit gleich alles klar- ich vor allem an die finan-
stellen. zielle Absicherung denke.
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14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1
8 Personenrecht

Bevor wir uns vertieft mit den einzelnen Teilen (= Kapiteln) des Zivilgesetzbuches
(ZGB) befassen, werden im Folgenden die einleitenden allgemeinen Rechtsgrund-
sätze des ZGB dargestellt. Diese gelten für das gesamte ZGB und zum Teil für wei-
tere Rechtsgebiete. Die Kenntnis der Nummerierungssystematik und der Beschrif-
tungsvorschriften für einzelne Gesetzesartikel ist notwendig, damit wir inskünftig
Verweise auf bestimmte Rechtsquellen korrekt aufführen können.
Der erste Teil des ZGB, das Personenrecht, beschreibt die Rechte und Pflich-
ten der Menschen. Das Personenrecht beantwortet z. B. die Frage, ab welchem
Alter jemand einen Kaufvertrag abschliessen und sich dadurch rechtsgültig ver-
pflichten darf. Neben den Vorschriften, die für natürliche Personen, d. h. für Men-
schen aus Fleisch und Blut, gelten, enthält das Personenrecht auch Bestimmungen
zu den juristischen Personen. Darunter versteht man Gebilde, wie z. B. einen Ver-
ein oder eine Aktiengesellschaft, denen durch das Gesetz die Fähigkeit zugestan-
den wird, eigene Rechte und Pflichten zu erwerben.

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Theorie Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Übungen

8.1 Allgemeine Rechtsgrundsätze des Zivilrechts ...................................................... 2 1 Die Einleitungsartikel des ZGB .............................................................................. 14
8.2 Die Systematik der Rechtssätze in ZGB und OR .................................................. 4 2 Grundbegriffe des Personenrechts ....................................................................... 14
8.3 Die Rechte und Pflichten der natürlichen Personen ............................................ 6 3 Handlungsfähigkeit und deren Einschränkungen .................................................. 15
8.4 Merkmale natürlicher und juristischer Personen ................................................. 10 4 Natürliche und juristische Personen ...................................................................... 15
8.5 Überblick über die juristischen Personen ............................................................ 10
Das haben Sie gelernt ....................................................................................... 12
Diese Begriffe können Sie erklären ..................................................................... 13 Aufgaben

1 Die Einleitungsartikel des ZGB .............................................................................. 16


2 Eine erste Übersicht über das Personenrecht ........................................................ 17
3 Claudias Vertrag mit dem Fitnesscenter ............................................................... 18
4 Michaels Tablet ................................................................................................... 19

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Personenrecht 2

8.1 Allgemeine Rechtsgrundsätze des Zivilrechts Q Handeln nach Treu und Glauben

Die Einleitungsartikel des Zivilgesetzbuches (ZGB) enthalten Rechtsgrundsätze, die auf grosse Weitere wichtige Rechtsgrundsätze sind einerseits das Gebot, nach Treu und Glauben zu han-
Teile des übrigen Rechts anwendbar sind. Diese einführenden Artikel weisen nur einen ge- deln, und andererseits das Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 ZGB).
ringen Umfang auf (Art. 1 bis 10) und sind in einer vergleichsweise einfachen Sprache formu- Handeln nach Treu und Glauben bedeutet, dass wir uns im Rechtsverkehr, d. h. bei Ver-
liert. Das ZGB soll ein populäres Gesetz darstellen, das auch von nicht rechtskundigen Per- handlungen und Absprachen darauf verlassen können, dass sich die Parteien rücksichtsvoll,
sonen verstanden werden kann, regelt es doch viele «alltägliche» Fragestellungen unseres anständig, fair und ehrlich verhalten, nach Art und Sitte redlicher Leute. Daraus leitet sich
Lebens ebenso wie personen- und familienrechtliche Bestimmungen oder Vorschriften zu z. B. die Pflicht ab, dass eine Vertragspartei der anderen offen auf Fragen antwortet, die im
Besitz und Eigentum. Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung auftauchen. Ungewöhnliche Handlungen sol-
Bevor die Einleitungsartikel jedoch auf andere Rechtsgebiete übertragen werden, muss len nicht einfach ohne Reaktion bleiben, sondern geklärt werden.
immer geprüft werden, ob dort nicht ausdrücklich andere Grundsätze gelten. So ist beispiels- Beim Verbot des Rechtsmissbrauchs handelt es sich um die «Rückseite derselben Me-
weise in Art. 1 Abs. 2 ZGB formuliert, dass der Richter allfällige Rechtslücken selbst füllen darf. daille», denn ein Rechtsmissbrauch kann auch als Verstoss gegen das Gebot von Treu und
Dieser Grundsatz kommt jedoch im Strafrecht ausdrücklich nicht zur Anwendung, weil im Glauben definiert werden. Rechtsmissbräuchlich handelt beispielsweise ein Schuldner, der
Strafgesetzbuch der Grundsatz «Keine Strafe ohne Gesetz» gilt. seine Gläubiger über Jahre mit Zahlungsversprechen davon abhält, ihn zu betreiben, und
schliesslich seine Zahlungen mit dem Argument der Verjährung verweigert.
Q Gewohnheitsrecht und richterliches Ermessen
Q Guter Glaube wird geschützt
Die Art. 1 und 4 ZGB behandeln den Umgang mit den Rechtsquellen. Neben dem geschrie-
benen Recht sollen auch das Gewohnheitsrecht©und das richterliche Ermessen zum Tragen Ein weiterer Rechtsgrundsatz aus den Einführungsartikeln des ZGB verlangt, dass der gute
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kommen. Im Zusammenhang mit diesen zusätzlichen Rechtsquellen
Persönliches wird Gándara
Exemplar von Arantxa ausdrücklich auf3018 Bern
Espasandín, Glaube geschützt wird (Art. 3 ZGB). Von «gutem Glauben» wird dann gesprochen, wenn
die Bedeutung der richterlichen Praxis (d. h. frühere Gerichtsentscheide, Präjudizien) sowie zwar ein offensichtlicher Rechtsmangel besteht, dieser aber der betreffenden Person nicht
der Lehre (Rechtswissenschaften) verwiesen. Die Anwendung sämtlicher Rechtsquellen durch bewusst ist. Man kann sich jedoch nicht in jeder Situation auf den guten Glauben berufen,
ein Gericht erfolgt mit dem Ziel, den ursprünglichen Gedanken des Gesetzgebers nach bes- sondern nur dann, wenn im Gesetz irgendwo diese Möglichkeit konkret vorgesehen ist. So
tem Wissen und Gewissen in die Rechtspraxis umzusetzen. regelt zum Beispiel Art. 304 ZGB die Vertretung der Kinder durch ihre Eltern (elterliche Sorge)
Eine spezielle Bedeutung kommt dem Umgang mit Gesetzeslücken zu. Davon sprechen und weist in Absatz 2 ausdrücklich darauf hin, dass gutgläubige Dritte davon ausgehen dür-
wir, wenn gewisse Bereiche nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sind, weil schlichtweg nicht fen, dass ein Elternteil im Einverständnis mit dem anderen handelt. Wenn also der Vater
der gesamte Alltag durch Gesetze geprägt sein kann oder weil z. B. das Recht in einem Be- CHF 100.– vom Konto seines minderjährigen Sohnes abhebt, darf die Bank davon ausgehen,
reich den Entwicklungen hinterherhinkt. Die dass die Mutter damit einverstanden ist.
Gerichte müssen dann die vorhandenen «Lü-
cken» mit einem Entscheid derart ausfüllen, Q Usanzen
wie sie dies in der Rolle als Gesetzgeber tun
würden (Art. 1 Abs. 2 ZGB). Dabei müssen Art. 5f. ZGB regelt schliesslich das Verhältnis des Bundesrechts zum kantonalen Recht. Insbe-
Richterinnen oder Richter den entsprechen- sondere erfolgt der Hinweis darauf, dass in all jenen Situationen, in denen im Gesetz auf lokale
den Sachverhalt umfassend und unter Ge- Gewohnheiten (Usanzen) verwiesen wird, primär kantonale Regeln zum Zuge kommen.
wichtung aller Umstände beurteilen, damit Durch Art. 7 ZGB wird die enge Verbindung zwischen dem Zivilgesetzbuch und dem
der Entscheid gemäss unserem natürlichen Obligationenrecht (OR) festgeschrieben. Deshalb sind wichtige Teile des OR, insbesondere
Rechtsempfinden als gerecht empfunden Wenn ein Fall mithilfe des geschriebenen Rechts der gesamte «Allgemeine Teil» (Art. 1 bis 183), auch auf Rechtsbereiche anwendbar, die
wird. Vorgeschrieben wird dies durch Art. 4 nicht entschieden werden kann, muss das Gericht eigentlich durch das ZGB behandelt werden.
ZGB, wonach Gerichte ihre Entscheidung gemäss «richterlichem Ermessen» eine Lösung 1
Zum Begriff «Billigkeit»: «billigen» hat die Bedeutung von «gutheissen», «etwas für richtig halten» und heisst insbesondere
finden.
nach Recht und Billigkeit 1 treffen müssen. nicht «billig» im Sinn von preisgünstig.

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Personenrecht 4

Q Beweislast Weil einzelne Artikel recht umfangreich sein können, werden sie in Absätze aufgeteilt. Die
Absätze werden dabei mit einer fortlaufenden Nummer bezeichnet.
Die Artikel 8 bis 10 ZGB regeln die Beweislast bei Rechtsstreitigkeiten. Grundsätzlich hat der-
jenige einen Sachverhalt zu beweisen, der aus diesem Rechte ableitet. Er ist davon befreit, Beispiel: Art. 271a Abs. 1 ausgesprochen: «Artikel 271a, Absatz 1»
wenn seine Behauptung durch eine öffentliche Urkunde oder einen Eintrag in einem öffent-
lichen Register (Handelsregister, Grundbuch usw.) belegt wird. In diesem Fall muss nun jene
Partei Beweise vorbringen, welche die Richtigkeit der Urkunde oder des Eintrags bezweifelt. Innerhalb einzelner Absätze können zudem noch Aufzählungen vorkommen. Aufzählungen
Wenn z. B. der Eigentümer eines Grundstücks das Recht seines Nachbarn, sein Grundstück mit a, b, c werden als lit. a, lit. b, lit. c (aus dem lateinischen «littera» = «Buchstabe») be-
zu passieren (Wegrecht), in Zweifel zieht, obwohl es durch das Grundbuch belegt ist, muss zeichnet; wenn keine Abkürzung verwendet wird, kann dennoch von Buchstaben gespro-
der Eigentümer des Grundstücks dies beweisen, auch wenn nicht er, sondern sein Nachbar chen werden. Aufzählungen mit 1., 2., 3. werden als Ziffer 1, Ziffer 2, Ziffer 3 angegeben.
Aufgabe 1 daraus ein Recht ableitet.
Beispiel: Art. 271a Abs. 1 ausgesprochen: «Artikel 271a, Absatz 1, litera
lit. e, Ziff. 4 (oder Buchstabe) e, Ziffer 4»
8.2 Die Systematik der Rechtssätze in ZGB und OR

Im vorangehenden Kapitel zu den Rechtsquellen haben wir gelernt, dass das geschriebene Schliesslich wird als Letztes mit der zutreffenden Abkürzung aufgeführt, aus welchem
Recht als die dominierende Rechtsquelle gilt; sie umfasst insgesamt Tausende von Seiten. «Gesetz» der entsprechende Artikel stammt.
Ebenfalls bekannt ist uns, dass die grundlegenden Vorschriften in der «Verfassung», nähere
Ausführungen zur Verfassung in «Gesetzen» und©Details zu den Gesetzen in «Verordnungen» Beispiel: Art. 271a Abs. 1 ausgesprochen: «Artikel 271a, Absatz 1, litera
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festgelegt sind. So zum Beispiel die «Verordnung des BBTExemplar
Persönliches über die
vonberufliche Grundbildung
Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern lit. e, Ziff. 4, OR (oder Buchstabe) e, Ziffer 4, OR»
Kauffrau / Kaufmann mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ)».
Um bei der grossen Zahl von schriftlichen Regelungen einen einzelnen Rechtssatz schnell
finden zu können, werden diese in Artikeln oder Paragrafen formuliert, fortlaufend numme- Diese präzise Bezeichnung eines Artikels mit Nummern, Buchstaben und Ziffern bezeichnen
riert und sachlich in Rechtserlassen (Gesetzessammlungen oder einfach «Gesetzen») zusam- wir als Zitat. Ein kleines «f.» nach einem solchen Zitat bedeutet, dass nicht nur der entspre-
mengefasst und mit Abkürzungen bezeichnet. Beispiele dafür sind: chende Artikel, sondern auch der folgende gemeint ist. Werden zwei «f» angefügt («ff.»,
Q das Zivilgesetzbuch – ZGB Plural der Abkürzung «f.»), sind mehr als zwei aufeinanderfolgende Artikel gemeint.
Q das Obligationenrecht – OR
Q das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs – SchKG – oder Beispiel: Art. 271 f. ausgesprochen: «Artikel 271 folgender,
Q das Strafgesetzbuch – StGB (gemeint sind Obligationenrecht»
die Artikel 271
Jeder einzelne Rechtssatz ist nummeriert. Diese Nummer bezeichnen wir im ZGB und im OR und 271a), OR
als Artikel; teilweise werden die Nummern mit Buchstaben ergänzt. Dies wird jeweils dann
notwendig, wenn bei einer nachträglichen Gesetzesüberarbeitung ein neuer Artikel zwischen Beispiel: Art. 271 ff. ausgesprochen: «Artikel 271 folgende,
zwei bereits bestehende eingefügt werden muss. Wird also z. B. zwischen den Artikeln Nr. 271 (gemeint sind die Obligationenrecht»
und Nr. 272 eine zusätzliche Bestimmung eingefügt, bezeichnet der Gesetzgeber diesen Artikel 271, 271a
neuen Artikel mit Nr. 271a. und mindestens
272), OR
Übung 1
Beispiel: Art. 271a ausgesprochen: «Artikel 271a»

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Der oben zitierte Artikel 271a OR ist nachfolgend vollständig aufgeführt.

Art. 271a

II. Kündigung durch den Vermieter

1 Die Kündigung durch den Vermieter ist insbesondere anfechtbar, wenn sie aus-
gesprochen wird:
a. weil der Mieter nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Mietverhältnis
geltend macht;
b. weil der Vermieter eine einseitige Vertragsänderung zu Lasten des Mieters oder
eine Mietzinsanpassung durchsetzen will;
c. allein um den Mieter zum Erwerb der gemieteten Wohnung zu veranlassen;
d. während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs-
oder Gerichtsverfahrens, ausser wenn der Mieter das Verfahren missbräuchlich
eingeleitet hat;
e. vor Ablauf von drei Jahren nach Abschluss eines mit dem Mietverhältnis zusam-
menhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens, in dem der Vermieter:
1. zu einem erheblichen Teil unterlegen ist;
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2. seine Forderung oder Klage zurückgezogen
Persönlichesoder erheblich
Exemplar eingeschränkt
von Arantxa hat; 3018 Bern
Gándara Espasandín,
3. auf die Anrufung des Richters verzichtet hat;
4. mit dem Mieter einen Vergleich geschlossen oder sich sonstwie geeinigt hat;
f. wegen Änderungen in der familiären Situation des Mieters, aus denen dem Ver-
mieter keine wesentlichen Nachteile entstehen.
2 Absatz 1 Buchstabe e ist auch anwendbar, wenn der Mieter durch Schriftstücke nach-
weisen kann, dass er sich mit dem Vermieter ausserhalb eines Schlichtungs- oder
Gerichtsverfahrens über eine Forderung aus dem Mietverhältnis geeinigt hat.
3 Absatz 1 Buchstaben d und e sind nicht anwendbar bei Kündigungen:
a. wegen dringenden Eigenbedarfs des Vermieters für sich, nahe Verwandte oder
Verschwägerte;
b. wegen Zahlungsrückstand des Mieters (Art. 257d);
c. wegen schwerer Verletzung der Pflicht des Mieters zu Sorgfalt und Rücksicht-
nahme (Art. 257f Abs. 3 und 4);
d. infolge Veräusserung der Sache (Art. 261);
e. aus wichtigen Gründen (Art. 266g);
f. wegen Konkurs des Mieters (Art. 266h).

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Personenrecht 6

8.3 Die Rechte und Pflichten der natürlichen Personen Q Übersicht über die Rechte und Pflichten einer natürlichen Person

Alle Menschen erlangen mit ihrer Geburt die Rechtsfähigkeit, d. h. die grundsätzliche Fähig- Rechtsfähigkeit
keit, Rechte und Pflichten zu haben. Mit zunehmendem Alter erwerben natürliche Personen Geburt
Rechte besitzen Pflichten übernehmen
verschiedene weitere Rechte und Pflichten.
Urteilsfähigkeit ungefähr
(vernunftgemäss handeln) ab 8 Jahren
Q Rechtssubjekt und Rechtsobjekt
10 Jahre Sich «korrekt» verhalten,
Menschen sind sogenannte Rechtssubjekte. Für alle besteht in den Schranken der Rechts- nicht straffällig werden:
bis 16 Jahre: «Schutzalter», 16 Jahre von 10 bis 18 Jahren:
ordnung die gleiche Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu haben. Dies galt nicht immer für alle Q Schutz der sexuellen Bedürf- Strafbarkeit nach dem
Menschen: Im Zeitalter der Sklaverei hatten die Sklaven keinerlei Rechte, sie wurden wie nisse junger Menschen vor Jugendstrafrecht (JStGB)
Sachen behandelt und gebraucht, auf Märkten gekauft und verkauft. Was einst für Sklaven den sexuellen Bedürfnissen
galt, hat heute generell Gültigkeit für Sachen und die Natur. Rechtlich betrachtet sind sie älterer Menschen
Q Schutz vor den schädigenden
Objekte. Häuser, Grundstücke, Waren, Geld, Patente oder Lizenzen besitzen keine eigenen
Wirkungen des Alkohol-
Rechte, sondern sind als Rechtsobjekte dem menschlichen Zugriff ausgesetzt. Tiere sind da- konsums
gegen ausdrücklich keine Sachen (Art. 641a ZGB); falls für sie keine besonderen Regelungen ab 16 Jahren:
bestehen, gelten allerdings die auf Sachen anwendbaren Vorschriften. Durch eine Vielzahl Q Religionsfreiheit
von Gesetzen (z. B. Tier-, Gewässer- oder Denkmalschutzgesetze) können auch Rechtsobjekte Q Sexuelle Volljährigkeit
wirksam geschützt werden. © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, bis 18 Jahre: «Schutzalter»,
Digital-on-Demand 18 Jahre
Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021 18 Jahre Sich «korrekt» verhalten,
Q Schutz vor den schädigenden
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern nicht straffällig werden:
Wirkungen des Konsums von ab 18 Jahren: Strafbarkeit nach
Q Rechtsfähigkeit
«gebrannten Wassern» (Ge- dem Erwachsenenstrafrecht
tränke mit einem Alkohol- (StGB)
Unter der Rechtsfähigkeit verstehen wir die Fähigkeit der Rechtssubjekte, Rechte zu besitzen
gehalt von mehr als 15 %)
und Pflichten zu übernehmen. Die Rechtsfähigkeit steht grundsätzlich allen Menschen unab- ab 18 Jahren: Steuerpflicht
hängig von ihrem Alter zu (Art. 11 Abs. 2 ZGB). So kann beispielsweise bereits ein einjähriges Q Volljährigkeit AHV-Beitragspflicht
Kind erben (unter der Voraussetzung, dass das Kind lebend geboren wird, entsteht das Erb- Q Testamentsfähigkeit
recht bereits mit der Zeugung). Die Rechtsfähigkeit ist nicht an körperliche oder geistige Un- Q Ehefähigkeit
Q Stimm- und Wahlrecht
versehrtheit gebunden. Sie gilt grundsätzlich für alle Menschen, d. h., auch geisteskranke Per-
sonen sind rechtsfähig (allerdings nicht handlungsfähig, vgl. die nachfolgenden Ausführungen). 20 Jahre Beginn Dienstpflicht (Männer)
Wer rechtsfähig ist, muss bestimmte Pflichten übernehmen und kann die ihr bzw. ihm
25 Jahre Berufsvorsorge-Beitragspflicht
zustehenden Rechte wahrnehmen. In gewissen Fällen ist allerdings ein bestimmtes Mindest-
alter vorgeschrieben, z. B. für die Ehefähigkeit, das Stimm- und Wahlrecht oder die Steuer- 30 Jahre Ende Militärdienstpflicht
(frühestens, je nach Dienstgrad)
pflicht. Gemäss Gesetz sind zwar alle Menschen gleich rechtsfähig und den gleichen Gesetzen
unterworfen. Innerhalb verschiedener Gesetze werden die Menschen jedoch unterschiedlich 40 Jahre Ende Zivilschutzpflicht
behandelt: Kinder können keine Verträge eingehen und müssen keine Steuern zahlen, Frauen
AHV-Pensionskassenrenten:
müssen keinen Militärdienst leisten (dürfen es aber auf freiwilliger Basis), Ausländer benöti- Q für Frauen 64 Jahre
gen eine Aufenthalts- und je nach Herkunftsland eine Arbeitsbewilligung. Innerhalb der ver- Q für Männer 65 Jahre
schiedenen Gesetze herrscht jedoch Gleichheit: Jedes Kind ist vertragsunfähig, jeder männ-
liche Schweizer militärdienst- und zivilschutzpflichtig, sofern er die entsprechenden Voraus-
Tod
setzungen erfüllt.
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Q Handlungsfähigkeit

Wer handlungsfähig ist, kann durch sein eigenes Verhalten Rechte und Pflichten begründen,
z. B. Kauf- oder Mietverträge abschliessen, ein Darlehen aufnehmen, heiraten, ein Testament
verfassen oder eine Aktiengesellschaft gründen. Ebenso können Rechte und Pflichten ge-
ändert oder aufgehoben werden, z. B. durch eine Vertragskündigung. Die Voraussetzung für
die Handlungsfähigkeit sind Volljährigkeit und Urteilsfähigkeit (Art. 13 ZGB).

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Personenrecht 8

Q Voraussetzungen der Handlungsfähigkeit Zu beachten ist, dass beschränkt handlungsunfähige Personen deliktfähig sind (Art. 19
Abs. 3 ZGB), d. h., sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig.
Handlungsfähigkeit
Art. 13 ZGB Q Einschränkungen der Handlungsfähigkeit
Alter
Urteilsfähigkeit
handlungsunfähig
Volljährigkeit Urteilsfähigkeit (noch) nicht gegeben
Art. 14 ZGB Art. 16 ZGB 12
beschränkt handlungsunfähig
(Minderjährige) Jugendliche bis zum 18. Altersjahr, die urteils-
fähig, aber noch nicht volljährig sind, können
Q Volljährigkeit nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Ver-
Urteilsfähigkeit treters Verpflichtungen eingehen (Art. 19 ZGB).
Die Volljährigkeit erreichen wir grundsätzlich mit der Vollendung des 18. Lebensjahres 18 gegeben
(Art. 14 ZGB). (vollständig) handlungsfähig
Eine volljährige, urteilsfähige Person ist
Volljährigkeit handlungsfähig und kann durch ihre eigenen
Q Urteilsfähigkeit gegeben Handlungen Rechte und Pflichten begründen.

Urteilsfähig ist, wer vernunftgemäss handeln kann (Art. 16 ZGB). Darunter verstehen wir die Vorübergehender Ver- handlungsunfähig
lust der Urteilsfähigkeit (vorübergehend)
intellektuelle Fähigkeit, eine bestimmte Situation richtig einschätzen zu können und sich über
die Gründe und Folgen des eigenen Verhaltens bewusst zu sein. Die Urteilsfähigkeit wird mit
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zunehmendem Alter nach und nach erworben. Im Gesetz
Persönliches steht
Exemplar vonkeine
Arantxabestimmte Alters-3018 Bern
Gándara Espasandín, Die Handlungsfähigkeit kann durch Massnahmen des Erwachsenenschutzrechts einge-
grenze: Je nach Rechtsproblem und Entwicklungsstand der jugendlichen Person geht man schränkt werden. Dieses sieht Instrumente vor, mit denen natürliche Personen infolge psy-
Aufgabe 2 davon aus, dass im Alter von etwa 12 bis 14 Jahren die Urteilsfähigkeit gegeben ist. chischer Störungen oder Geisteskrankheiten in persönlichen, finanziellen oder rechtlichen
Angelegenheiten unterstützt werden können bzw. betreut werden müssen. Je nach Aus-
Q Einschränkungen der Handlungsfähigkeit prägung der Unterstützungsbedürftigkeit kommen vier Arten von Beistandschaften in Frage
(vgl. Art. 393 ff. ZGB).
Werden grundsätzlich handlungsunfähige Personen, z. B. Jugendliche, die urteilsfähig, aber Wer einer umfassenden Beistandschaft2 (der strengsten «Massnahme»), unterstellt wird,
noch nicht volljährig sind, zu gewissen Rechtshandlungen befugt, sprechen wir von be- ist trotz erreichtem 18. Altersjahr handlungsunfähig (Art. 17 ZGB). Die umfassende Beistand-
schränkter Handlungsunfähigkeit. Jugendliche unter 18 Jahren können grundsätzlich nur mit schaft wird bei Personen eingerichtet, die dauernd urteilsunfähig sind und aufgrund einer
der Zustimmung eines gesetzlichen Vertreter (das sind im Normalfall die Eltern) rechtliche psychischen oder geistigen Behinderung ausgeprägt hilfsbedürftig sind.
Verpflichtungen eingehen (Art. 19 Abs. 1 ZGB). Für kleinere Geschäfte des täglichen Lebens –
beispielsweise das Mittagessen einer 17-jährigen Lernenden in der Mensa der Berufsfach- Q Handlungsunfähigkeit
schule – ist allerdings diese Zustimmung ausdrücklich nicht notwendig (Art. 19 Abs. 2 ZGB).
Für weitergehende Kaufverträge kann der gesetzliche Vertreter sein Einverständnis still- Personen, die nicht urteilsfähig sind, können mit ihren Handlungen grundsätzlich keine recht-
schweigend (d. h. nicht ausdrücklich) im Voraus geben oder das Geschäft nachträglich lichen Wirkungen erzielen (Art. 17 ZGB). Handlungsunfähig sind gemäss negativer Umschrei-
genehmigen (Art. 19a ZGB). Falls die gesetzlichen Vertreter diese Zustimmung verweigern, bung in Art. 16 ZGB Personen, die …
müssen die bereits erfolgten Leistungen zurückerstattet werden (Art. 19b ZGB). Aus diesem Q minderjährig («im Kindesalter») sind oder
Grund sollten die Vertragspartner bei «grösseren Geschäften», z. B. beim Mieten einer Woh- Q wegen einer geistigen Behinderung oder einer psychischen Störung oder Aufgabe 3
nung oder beim Kauf eines Autos, die Volljährigkeit der andern Vertragspartei im Voraus Q wegen eines Rausches (durch Alkohol- oder Drogenkonsum verursacht) oder ähnlicher Aufgabe 4
überprüfen. Zustände (Willensbeeinträchtigung durch Medikamenteneinfluss oder Hypnose) nicht Übung 2
2
Die «umfassende Beistandschaft» ersetzt ab 1.1.2013 den Begriff «Vormundschaft». vernunftgemäss handeln können. Übung 3
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Q Übersicht Beistandschaften

«Umfang» der
«Aktivität» Sinn und Zweck
Handlungsfähigkeit

Begleit- Begleitende Unterstützung Handlungsfreiheit Hilfe zur Selbsthilfe


beistandschaft (Beratung, Assistenz, Vermitt- nicht eingeschränkt
lung und Förderung);
mit Zustimmung der hilfs-
bedürftigen Person

Beispiel: Beratung und Unterstützung bei Wohnungssuche, beim Ausfüllen der Steuer-
erklärung oder beim Erstellen eines Budgets

Vertretungs- Vertretung im Umfang der Handlungsfähigkeit Gesetzliche Vertre-


beistandschaft übertragenen Aufgaben; Bei- kann eingeschränkt tung, wenn gewisse
ständin handelt mit direkter werden Angelegenheiten
Wirkung für die Person. nicht mehr selbst-
ständig erledigt
werden können

Beispiel: Beiständin oder Beistand übernimmt die Einkommens- und Vermögensverwaltung


sowie administrative Angelegenheiten.
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Mitwirkungs- Bestimmte Handlungen kön- Handlungsfähigkeit
Persönliches HilfeGándara
Exemplar von Arantxa für Person, die
Espasandín, 3018 Bern
beistandschaft nen nur noch mit Zustimmung eingeschränkt, zwar urteilsfähig und
des Beistandes rechtswirksam d. h. für die «mitwir- selbstständig sind,
vorgenommen werden kungsbedürftigen» sich aber mit gewis-
Geschäfte entzogen sen Handlungen sel-
ber schaden können

Beispiel: Aufnahme eines Darlehens, Haustürgeschäfte, Abschluss eines Erbvertrages,


Verkauf einer Liegenschaft

Kombinierte
Kombination der drei obigen Beistandschaften
Beistandschaft

Umfassende Vertretung bei allen Angele- Handlungsfähigkeit Hilfe für Personen, bei
Beistandschaft genheiten der Personen-, entfällt vollumfäng- denen nicht verant-
der Vermögenssorge und des lich (von Gesetzes wortet werden kann,
Rechtsverkehrs wegen; Einverständnis dass sie Rechtshand-
der betroffenen Per- lungen vornehmen
son ist nicht nötig) können

Beispiel: Vertretung einer Person in allen Belangen wegen einer geistigen Behinderung,
die zwar nicht offenkundig ist, aufgrund derer die Person aber ausgenützt werden
könnte.

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Personenrecht 10

8.4 Merkmale natürlicher und juristischer Personen 8.5 Überblick über die juristischen Personen

Sehr häufig schliessen sich Menschen im Geschäftsleben zusammen. Es werden Vereine, Stif- Die Bedeutung der juristischen Personen ist heute sehr gross. Im Gegensatz zu den natür-
tungen, Aktiengesellschaften oder Genossenschaften gegründet, um bestimmte Ziele besser lichen Personen ist bei den juristischen Personen die Haftung häufig beschränkt. Tritt ein
zu erreichen. Dadurch entstehen «künstliche» Rechtssubjekte, juristische Personen, die (un- Schaden ein, für welchen die juristische Person verantwortlich ist, steht nur das Gesellschafts-
abhängig von den Mitgliedern) eine eigene Rechtsfähigkeit und damit die gleichen Rechte vermögen für die Bezahlung zur Verfügung – bei den natürlichen Personen ist es das gesamte
und Pflichten wie natürliche Personen besitzen. Sie können z. B. Verträge abschliessen oder Privatvermögen. Dank der beschränkten Haftung juristischer Personen wird das finanzielle
werden aus unerlaubter Handlung schadenersatzpflichtig. Ausgenommen sind jene Rechte Risiko für die Kapitalgeber überblickbar. Diese Begrenzung des finanziellen Risikos erleichtert
und Pflichten, die nur von Menschen ausgeübt werden können wie z. B. heiraten, Kinder es, wirtschaftliche Unternehmungen zu gründen.
adoptieren oder ein Testament verfassen.
Rechtliche Zusammenschlüsse können jedoch auch einen eigenen Namen, ein eigenes Juristische Personen im Aufgabenbereich Juristische Personen im Aufgabenbereich
Vermögen, einen eigenen Wohnsitz haben. Präzis definiert wird die juristische Person in des Staates von Privatpersonen
(Juristische Personen des öffentlichen Rechts) (Juristische Personen des Privatrechts)
Art. 52 ZGB: Danach handelt es sich entweder um eine Personengemeinschaft (Körperschaft)
oder um eine Vermögenszusammenfassung. Gemeinwesen Vereine
Q Bund (Art. 60 – 79 ZGB)
Natürliche Personen Merkmale Juristische Personen Q Kanton
(Einzelpersonen) (Vereine, Gesellschaften, Q Gemeinden Stiftungen
Stiftungen) (Art. 80 – 89bis ZGB)
Öffentliche Anstalten
durch die Geburt; Rechtsfähigkeit durch einen Vertrag; Q SBB Gesellschaften
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Eintrag im allenfalls durch 
Persönliches Exemplar von ArantxaEintrag Q Post
Gándara Espasandín, 3018 Bern Q Aktiengesellschaft (AG)
Zivilstandsregister im Handelsregister Q SNB (Schweiz. Nationalbank) (Art. 620 – 763 OR)
Q SUVA (Schweiz. Unfallversicherungsanstalt) Q Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
durch Urteilsfähigkeit Handlungsfähigkeit durch die Wahl einer (Art. 772 – 827 OR)
und Volljährigkeit bestimmten Organisation Q Genossenschaft (Gen)
Q Verein (Art. 828 – 926 OR)
( Vereinsversammlung, Vorstand)
Q Aktiengesellschaft
( Generalversammlung,
Verwaltung, Revisionsstelle) Q Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts erfüllen in der Regel öffentliche
Q Stiftung (staatliche) Aufgaben. So ist z. B. die Schweizerische Nationalbank (SNB) als Aktien-
(Stiftungsrat, evtl. Vorstand, gesellschaft konzipiert, die Rechtsgrundlagen sind aber nicht im OR, sondern im Bundes-
Kontrollstelle)
gesetz über die Nationalbank festgelegt. Weitere Beispiele von juristischen Personen des
Privatvermögen Haftung Gesellschaftsvermögen; öffentlichen Rechts sind der Bund, die Kantone oder die Gemeinden (auch Kirchgemein-
bei einzelnen Gesellschaften den). In vielen Kantonen sind auch die Kantonalbanken juristische Personen des öffent-
auch Privatvermögen lichen Rechts. Als Beispiel dafür kann die Zürcher Kantonalbank (ZKB) angeführt werden;
Familienname Bezeichnung Vereins- oder Firmenname, die gesetzlichen Grundlagen für die Organisation der ZKB sind in einem kantonalen
Stiftungsbezeichnung Gesetz festgehalten.
Tod Ende der Persönlichkeit Auflösung, durch Löschung Q Juristische Personen des Privatrechts werden nicht ausschliesslich im ZGB behandelt.
im Handelsregister Das ZGB definiert lediglich Grundsätze wie z. B. die Rechts- und Handlungsfähigkeit der
juristischen Personen. Es enthält zudem die Rechtsgrundlagen für Vereine und Stiftun-
gen. Die Gesellschaftsformen Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung
und Genossenschaft sind in der dritten Abteilung des OR behandelt. Übung 4
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9 Das haben Sie gelernt Offene Fragen

Die allgemeinen Rechtsgrundsätze des ZGB an einem einfachen Beispiel erkennen


und anwenden
Einen Rechtssatz (Artikel) aus ZGB und OR korrekt zitieren
Den Unterschied zwischen Rechtssubjekt und Rechtsobjekt an Beispielen
beschreiben
Die Voraussetzungen der Rechtsfähigkeit und der Handlungsfähigkeit für
verschiedene Personen prüfen
Die Einschränkungen der Handlungsfähigkeit beschreiben
Natürliche und juristische Personen in Bezug auf ihre Rechtsfähigkeit, Handlungs-
fähigkeit, Haftung, Bezeichnung und das Ende ihrer Persönlichkeit vergleichen

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9 Diese Begriffe können Sie erklären

Allgemeine Rechtsgrundsätze des ZGB


Gewohnheitsrecht
Richterliches Ermessen
Handeln nach Treu und Glauben
Schutz des guten Glaubens
Regeln zur Beweislast
Personenrecht
Rechtssubjekt
Natürliche Personen
Juristische Personen
des öffentlichen Rechts
des Privatrechts
Rechtsobjekt
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Rechtsfähigkeit Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

Handlungsfähigkeit
Urteilsfähigkeit
Einschränkungen der Handlungsfähigkeit
Beschränkt handlungsunfähig
Vollständig handlungsunfähig

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Personenrecht 14

Übung 1 Die Einleitungsartikel des ZGB Übung 2 Grundbegriffe des Personenrechts

Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a) Im ersten Artikel des ZGB wird geregelt, auf welche Rechtsquellen sich die a) Die Rechtsfähigkeit der natürlichen Personen beginnt mit dem Erreichen
Gerichte abstützen müssen, falls in den Gesetzen für eine bestimmte Rechts- des 18. Lebensjahres.
frage keine Regelung enthalten ist.

b) Alle Menschen sind sogenannte Rechtsobjekte. Alle besitzen die grund-


b) Der Grundsatz von Art. 1 Abs. 2 ZGB, wonach das Gericht allfällige Rechts- sätzliche Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu haben.
lücken selber füllen darf, gilt nicht nur für das ZGB, sondern auch für alle
andern Gesetze.

c) Beim hier vorliegenden Lehrbuch handelt es sich, rechtlich betrachtet,


um ein Rechtsobjekt.
c) Wenn ein Käufer nicht weiss, dass z. B. der Verkäufer eines Occasionsvelos
gar nicht zum Verkauf berechtigt ist, weil sich das Fahrrad eigentlich zur
Reparatur in der Werkstatt befand, so kann ©sich
2021der Käufer
Verlag aufBrennpunkt
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satz von Treu und Glauben berufen. d) Unter der «Rechtsfähigkeit» versteht man die Fähigkeit, Rechte und Pflichten
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überhaupt zu haben.

d) Wenn jemand behauptet, eine Geldschuld bezahlt zu haben, so muss gemäss


Art. 8 ZGB der Zahlungsvermittler (Bank oder Post) die Überweisung bestätigen. e) Die Voraussetzungen der Handlungsfähigkeit sind die Urteilsfähigkeit und
die Rechtsfähigkeit.

e) Die Vorgabe, dass Gerichte ihre Entscheide nach Recht und Billigkeit zu treffen
haben, bedeutet, dass Entscheide rechtlich fundiert und kostenmässig für die f) Die Fähigkeit, vernunftgemäss zu handeln (Urteilsfähigkeit), erreicht ein Kind
Betroffenen möglichst billig ausfallen sollten. im Normalfall automatisch mit dem vollendeten 12. Altersjahr.

f) «Zitieren» bedeutet im Recht die präzise Bezeichnung der Rechtssätze durch g) Ein Jugendlicher im Alter von 16 Jahren ist beschränkt handlungsfähig.
Gesetz, Artikelnummer und gegebenenfalls Buchstabe sowie Ziffer.

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Übung 3 Handlungsfähigkeit und deren Einschränkungen Übung 4 Natürliche und juristische Personen

Kreuzen Sie die Handlungsfähigkeit der folgenden Personen Welche Aussagen sind richtig (R); welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in

voll handlungsunfähig
an. Begründen Sie Ihre Antwort, indem Sie die Voraus- das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

voll handlungsfähig
handlungsunfähig
setzungen der Handlungsfähigkeit (mündig und urteils-
fähig) der entsprechenden Personen bestimmen. a) Eine juristische Person erlangt ihre Handlungsfähigkeit durch die Wahl
ihrer Organe.

urteilsfähig

beschränkt
volljährig
b) Die Rechtsgrundlagen für juristische Personen des öffentlichen Rechts
A B C D E finden sich in Bundesgesetzen oder allenfalls in kantonalen Gesetzen.
a) Marco, bei einer Grossbank in Ausbildung, 17 Jahre alt.

b) Marianne, in Ausbildung zur Detailhandelsangestellten,


19 Jahre alt. c) Bei der juristischen Person «Aktiengesellschaft» haftet nur das Privatvermögen
c) Corinne, 20-jährige Studentin im 1. Semester an einer der Mitglieder.
Fachhochschule.
d) Gaston konsumiert an seinem 21. Geburtstag so viel
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Drogen und Alkohol, dass er völlig bekifft und d) Der Jurist und Rechtsanwalt Dr. K. Müller ist ein Beispiel für eine juristische
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betrunken ist. Person.
e) Sadiye, 21-jährig, während ihres Aufenthaltes in der
Empfangsstelle für Asylbewerberinnen.
f) Fabiana, Kindergartenkind, 5-jährig. e) Eine Richterin benötigt zwar eine fundierte juristische Ausbildung für ihre
Tätigkeit am Kantonsgericht; sie ist aber trotzdem eine natürliche Person.
g) Die 30 Jahre alte Edith steht wegen einer schweren
geistigen Behinderung unter umfassender Beistand-
schaft.
h) Sandro, Festbesucher, 22-jährig, befindet sich nach f) Eine juristische Person besitzt wohl die Handlungs-, nicht aber die Rechts-
extensivem Alkohlkonsum in einem Vollrausch. fähigkeit.
i) Mariangela, italienische Staatsangehörige («Seconda»),
Maturandin, 19 Jahre alt.
g) Die Rechtsgrundlagen für juristische Personen des Privatrechts finden sich
im dritten Kapitel des Zivilgesetzbuches.

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Aufgabe 1 Die Einleitungsartikel des ZGB

Die Artikel 2, 3 und 8 ZGB sind hilfreich bei der Lösung der folgenden Probleme. Schlagen c) Jakob Odermatt ist ein Uhrenliebhaber. Auf einer Reise besucht er das kleine Uhr-
Sie zuerst diese Artikel im Gesetzbuch nach und lesen Sie sie aufmerksam durch. machergeschäft Gustav Moser und entdeckt dort per Zufall eine wertvolle Uhr,
Nennen Sie bei jeder geschilderten Situation den Ihrer Meinung nach zutreffenden Arti- die er sich schon lange gewünscht hat. Nach kurzem Zögern ist der Uhrmacher bereit,
kel und notieren Sie, was für eine Lösung sich daraus ergibt. ihm die Uhr zu einem hohen, aber angemessenen Preis zu verkaufen. Nach einigen
Wochen zeigt Jakob Odermatt die Uhr seinem guten Freund Karl Kuhn, der ebenfalls
a) Hans Altherr möchte sein sehr abgelegenes Rustico im Tessin gerne verkaufen. Uhren sammelt. Karl Kuhn ist ausser sich, als er die Uhr seines Freundes sieht. Offen-
Er weiss, dass sein Nachbar Remo Bamberger grundsätzlich an einem Kauf interessiert bar handelt es sich um jene Uhr, die er Gustav Moser vor wenigen Wochen zur Repara-
wäre. Allerdings will Remo Bamberger wesentlich weniger zahlen, als Hans Altherr tur vorbeigebracht hat. Gustav Moser hat ihn seither hingehalten und behauptet, die
für das Haus verlangt. Um Remo Bamberger dennoch zu einem Kauf zu zwingen, Reparatur würde etwas länger dauern.
errichtet Hans Altherr auf seinem eigenen Grundstück eine mehrere Meter hohe Stein-
mauer, die es Remo Bamberger künftig verunmöglicht, von seinem Grundstück aus
einen ungestörten Blick auf die herrliche Umgebung zu haben. Einen anderen Zweck
hat die Mauer offensichtlich nicht.

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d) Stefanie Rindlisbacher, die über Weihnachten / Neujahr des Vorjahres eine Suite des
5-Stern-Hotels Royal bewohnt hatte, bestellte im September telefonisch für den
b) Stefan Keller hat seinem Freund Peter Meier CHF 10 000.– geliehen. Peter Meier nächsten Jahreswechsel wiederum eine Suite. Mit der Reservationsbestätigung für die
macht nach einem Jahr keinerlei Anstalten, den Betrag zurückzuzahlen. Er behauptet, Zeit vom 27. Dezember bis zum 10. Januar wurde der Preis der Suite mit CHF 3000.–
gar nie Geld von Stefan Keller erhalten zu haben. Zudem habe er im Verlauf der letzten pro Tag angegeben und eine Anzahlung von CHF 9000.– verlangt, welche Stefanie
zwölf Monate mehrmals seinerseits grössere Geldbeträge an Stefan Keller bezahlt; Rindlisbacher leistete. Bei ihrer Ankunft am 27. Dezember wurde ihr nicht wie im Vor-
sollte er also tatsächlich einmal Geld erhalten haben, hätte er dieses schon längst zu- jahr eine Suite im Hauptgebäude, sondern eine Apartwohnung im Nebentrakt zu-
rückbezahlt. gewiesen. Diese lehnte sie wegen des Standortes sowie wegen Art und Beschaffenheit
der Einrichtung ab. Noch gleichentags reiste sie ab. In der Folge klagte Stefanie
Rindlisbacher gegen das Hotel Royal auf Rückzahlung der Anzahlung. Das Hotel ver-
langte hingegen die Zahlung für die vereinbarte Aufenthaltsdauer, nämlich
CHF 42 000.– abzüglich der Anzahlung von CHF 9000.–.

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Aufgabe 2 Eine erste Übersicht über das Personenrecht

a) Schlagen Sie in Ihrem Gesetzbuch das «Kapitel» zum Personenrecht nach und ergänzen Sie die folgende Übersicht:

Das Personenrecht (ZGB: Erster Teil)

1. Titel

1. Abschnitt Artikel

2. Abschnitt Artikel

2. Titel

1. Abschnitt Artikel

2. Abschnitt © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021 Artikel
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3. Abschnitt Artikel

b) Lesen Sie die Artikel 12 – 16 ZGB sorgfältig durch und ergänzen Sie die folgende Darstellung zur Handlungsfähigkeit.

= Rechte und Pflichten


Art. 13 ZGB begründen

Art. 14 ZGB Art. 16 ZGB


1. Voraussetzung 2. Voraussetzung
= Fähigkeit, vernunftgemäss zu handeln; steht grund-
sätzlich jeder Person zu, ausser ihre Urteilsfähigkeit
wird erreicht durch sei eingeschränkt oder fehle ganz. Gründe dafür sind:
Art. 14 ZGB Art. 16 ZGB

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Personenrecht 18

Aufgabe 3 Claudias Vertrag mit dem Fitnesscenter

Claudia, 17, hat ein Problem: b) Wie beurteilen Sie den Vertrag zwischen Claudia und dem Fitnesscenter?
«Vor zwei Monaten habe ich einen Vertrag für den Besuch eines Fitnesscenters unterschrie- Überprüfen Sie zusätzlich zur Handlungsfähigkeit auch die Folgerungen,
ben. Ich bin dadurch berechtigt, die Trainingsanlagen während eines Jahres unbegrenzt zu die sich aus Art. 323 ZGB ergeben.
benutzen. Die Jahresmitgliedschaft kostet CHF 450.–. Eine erste Rate von CHF 150.– habe
ich bereits beglichen. Nach vier Wochen habe ich festgestellt, dass ich für ein regelmässiges
Training im Fitnesscenter neben meiner Berufslehre zu wenig Zeit habe, und wollte den Aus-
weis, der zum Eintritt berechtigt, zurückgeben. Das Fitnesscenter will darauf jedoch nicht
eingehen und fordert trotzdem die Bezahlung der restlichen CHF 300.–. Muss ich die Rest-
schuld wirklich bezahlen?»

a) Überprüfen Sie, ob Claudia Verträge grundsätzlich rechtsgültig unterschreiben darf.

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Einbezug von Art. 323 ZGB:

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Aufgabe 4 Michaels Tablet

Sachverhalt 1: Sachverhalt 2 (Variante):


Zwischen Michael Gerber, einem 13-jährigen Sekundarschüler, und seiner älteren Schwester Es gilt die gleiche Ausgangslage wie im Sachverhalt 1. Michael erhält allerdings ein Sackgeld
Anita gibt es wegen der Benützung von Anitas iPad immer wieder Streit. Nach einem solchen von CHF 40.– pro Monat. Er kauft das günstigere Modell, ebenfalls ein Galaxy Tablet, aller-
Streit, in dem Michael auf Anordnung der Eltern das Gerät Anita zurückgeben musste, kauft dings mit einem etwas schwächeren Prozessor zu CHF 199.–, wozu seine Ersparnisse ausrei-
sich Michael kurz entschlossen in einem Elektronik-Shop ein eigenes «10.10" Samsung Galaxy chen und der «Griff in die Haushaltkasse» deshalb nicht nötig ist. Michael überspielt noch
Tablet» für CHF 349.–. Michael bekommt CHF 20.– Taschengeld pro Monat, zudem sind von am Abend nach dem Kauf – mit Wissen seines Vaters – einen Teil seiner Musiksammlung auf
seinem Geburtstagsgeld noch CHF 120.– übrig. Weil seine Barschaft aber nicht reicht, hat das neue Tablet. Auch der Vater ist fasziniert von den technischen Möglichkeiten des kleinen
sich Michael noch mit CHF 100.– aus dem Haushaltportemonnaie seiner Mutter «bedient». Gerätes. Weil Michael in der Folge seine Hausaufgaben sträflich vernachlässigt und sich stark
Seine Eltern sind entsetzt. Sie sind mit dem Kauf nicht einverstanden, zumal Michael auch mit der Suche nach neuen Musik- und Videotiteln sowie Games im Internet beschäftigt, be-
ungefragt Haushaltgeld verwendet hat. Frau Gerber geht deshalb mit Michael am folgenden schliessen die Eltern nach einer Woche, dass Michael das Gerät zurückbringen muss. Vater
Tag in den Laden und will den Kauf rückgängig machen. Die Verkäuferin weigert sich aller- Gerber erklärt der Verkäuferin im Laden, Michael sei nicht handlungsfähig und er akzeptiere
dings. Sie begründet es damit, dass sie viele solche Geräte an Jugendliche verkaufe und es den Kauf auf keinen Fall.
noch nie zu Problemen gekommen sei. Zudem sei die Verpackung bereits geöffnet und eine
Rückgabe deshalb unmöglich.. b) Beurteilen Sie die Rechtslage in diesem Fall und begründen Sie Ihren Entscheid.

a) Überprüfen Sie die Rechtslage mithilfe des Gesetzes.


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14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1
20 Mietvertrag

Während beim Kaufvertrag der Käufer Eigentümer des Kaufgegenstandes wird, Wird der Mietvertrag für eine Geschäftsliegenschaft oder eine Familienwohnung
findet beim Mietvertrag kein Eigentümerwechsel statt; der Mieter wird lediglich plötzlich gekündigt, so kann dies für die betroffenen Mieterinnen und Mieter – je
Besitzer des Mietgegenstandes. Er kann ein gemietetes Fahrzeug oder eine nach Situation des Marktes für Geschäftsräume oder Wohnungen – durchaus zu
gemietete Wohnung während der vereinbarten Mietdauer den Vertragsbedin- existenziellen Problemen führen. Ebenso kann eine Mietzinserhöhung das Haus-
gungen entsprechend gebrauchen. Neben Vorschriften zur Miete von Gebrauchs- haltsbudget einer Familie aus dem Lot bringen. Weil in vielen Situationen die Mie-
gegenständen (Autos, Fernsehapparate oder Musikinstrumente) enthält das ter als die schwächere, schutzbedürftigere Vertragspartei angesehen werden, ent-
Mietrecht eine grosse Anzahl von Vorschriften, die sich auf die Miete von Wohn- hält das Mietrecht viele Vorschriften zum Schutz dieser schwächeren Partei. Durch
und Geschäftsräumen beziehen. Dies deshalb, weil solche Verträge für viele Unter- die Kenntnis der Rechtsvorschriften zum Mietvertrag lassen sich Konflikte zwi-
nehmungen, Privatpersonen und Familien eine zentrale Bedeutung haben. In der schen Vermietern und Mietern eher vermeiden.
Schweiz leben ca. 60 % der Bevölkerung in Miete.

Theorie Übungen
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20.1 Gebrauchsüberlassung: Miete, Pacht und Leasing ..............................................
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 2 3018 Bern 1 Verträge auf Gebrauchsüberlassung ..................................................................... 18
20.2 Gestaltungsmöglichkeiten bei Mietverträgen ...................................................... 6 2 Rechte und Pflichten im Mietvertrag .................................................................... 18
20.3 Zielkonflikt Mietzins – missbräuchliche Mietzinsen .............................................. 6 3 Gesetzesartikel für verschiedene Mietobjekte ....................................................... 19
20.4 Mängel an der Mietsache – wer zahlt? ............................................................... 8 4 Rund ums Leasing ................................................................................................ 19
20.5 Kündigung ........................................................................................................ 10 5 Zwingende und dispositive Rechtsvorschriften ...................................................... 20
20.6 Behörden und Verfahren ................................................................................... 12 6 Mietzinsen: mehrmals rauf – auch mal runter? ..................................................... 20
Das haben Sie gelernt ........................................................................................ 16 7 Kündigungen ....................................................................................................... 21
Diese Begriffe können Sie erklären ..................................................................... 17 8 Mieterschutz ........................................................................................................ 21

Aufgaben

1 Ein Mietauto für den Umzug ................................................................................ 22


2 Festsetzung des Mietzinses .................................................................................. 25
3 Ärger mit einer feuchten Wohnung ...................................................................... 26
4 Kündigung – von Gründen, Fristen und Terminen ................................................. 27
5 Anfechtung einer Kündigung ............................................................................... 28
6 Wie erreichen Sie eine Mietzinssenkung? ............................................................. 28
7 Immobilienrenditen ............................................................................................. 31

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Mietvertrag 1

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 2

20.1 Gebrauchsüberlassung: Miete, Pacht und Leasing die Mietsache unterhalten und grössere Reparaturen auf seine Kosten ausführen lassen.
Ebenfalls zulasten des Vermieters gehen «Lasten und Abgaben» wie z. B. die Liegen-
In der Praxis kommen verschiedene Formen von «Gebrauchsüberlassungen» vor, die teilweise schaftssteuern. Der Vermieter muss eine allfällige Sicherheitsleistung (Kaution oder De-
durch spezielle Verträge im Obligationenrecht geregelt werden. pot) des Mieters auf einem Sparkonto, das auf den Namen des Mieters lautet, hinter-
legen.
Q Miete (Art. 253–273c OR) Q Die wichtigsten Pflichten der Mieter: Der Mieter hat primär den vereinbarten Mietzins
inklusive allfälliger Nebenkosten (z. B. Reinigungs- und Heizkosten) zu bezahlen. Zwar
Die Miete ist ein Vertrag zwischen Mieter und Vermieter, bei welchem dem Mieter eine Sache muss gemäss Art. 257d OR der Zins monatlich, spätestens Ende Monat, bezahlt werden,
für eine begrenzte Zeit zum Gebrauch überlassen wird. Früher oder später muss der Mieter üblicherweise wird jedoch die Fälligkeit des Mietzinses auf den 1. Tag des laufenden Mo-
die Mietsache zurückgeben. Dies kann nach einer vereinbarten Zeit, nach einer Kündigung nats festgelegt. Die Mietsache muss sorgfältig gebraucht werden. Für kleinere Reparatu-
oder nach dem Tod des Mieters sein. Für die Überlassung der gemieteten Sache bezahlen ren (z. B. die Reparatur einer elektrischen Steckdose) hat der Mieter selber aufzukommen.
die Mieter den Mietzins. Grössere Mängel, die zulasten des Vermieters gehen (z. B. das Ersetzen eines defekten
Backofens), muss der Mieter dem Vermieter mitteilen, und er hat (selbstverständlich) die
Q Schuld- und Forderungsverhältnis im Mietvertrag notwendigen Reparatur- wie auch Unterhaltsarbeiten zu dulden. Eine Untermiete, d. h.
die selbstständige Weitervermietung der Mietsache, ist nur mit Zustimmung des Vermie-
Schuld
Vermieterin Mieter ters möglich (allerdings darf der Vermieter eine Untermiete nur unter strengen Voraus-
„ ist verpflichtet, eine Sache zum Mietgegenstand „ ist berechtigt, die Mietsache setzungen verbieten). Wünscht ein Mieter, die Mietsache vorzeitig zurückzugeben, so ist
Gebrauch zu überlassen vereinbarungsgemäss
(Schuldnerin) Forderung zu gebrauchen
dies möglich, sofern er dem Vermieter einen zumutbaren und zahlungsfähigen neuen
„ist berechtigt, den Mietzins © 2021 Verlag SKV(Gläubiger)
Mieter vorschlagen kann.
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Schuld
zu fordern „ ist verpflichtet,
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(Gläubigerin) Mietzins zu leisten
(Schuldner)
Q Pacht (Art. 275–304 OR)
Forderung
Die Pacht ist der Miete nahe verwandt. Sie
Im Gegensatz zum Kaufvertrag handelt es sich beim Mietvertrag um ein «Dauerschuldver- wird auch im Gesetz unmittelbar im An-
hältnis». Die Vertragspflichten bestehen über einen gewissen Zeitraum, der im Voraus häu- schluss an das Mietrecht behandelt. Bei der
fig noch gar nicht bestimmt ist. Gemietet werden können grundsätzlich alle Sachen: Musik- Pacht geht es um die dauerhafte Gebrauchs-
instrumente, Autos, Segeljachten, Wohnungen oder Laden- und Büroräume. Wegen der überlassung von produktiven Mietgegen-
unterschiedlichen Mietkonditionen wird zwischen der Miete von Immobilien und der Miete ständen. Der Pächter oder die Pächterin
von anderen (beweglichen) Gegenständen unterschieden. Bei der Miete von Immobilien wird kann und soll aus dem Gebrauch einen Er-
eine weitere Unterteilung nach der Verwendung des Mietobjektes vorgenommen: Dienen trag erwirtschaften. Am häufigsten ist die
die vermieteten Räumlichkeiten vorwiegend als private Unterkunft, so spricht man von Woh- Pacht in der Landwirtschaft anzutreffen, für
nungsmiete; überwiegt jedoch die geschäftliche Nutzung (z. B. als Verkaufslokalität), han- welche die speziellen Vorschriften des land- Pachtflächen machen rund 45% der landwirt-
delt es sich um Geschäftsmiete. Entsprechend der grossen Bedeutung der Miete von Wohn- wirtschaftlichen Pachtgesetzes gelten. Oft schaftlichen Gesamtfläche aus. Der Wert belegt
und Geschäftsräumen beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen zur Miete weitgehend werden auch Restaurants verpachtet, die die grosse Bedeutung des Pachtlandes für
Landwirtschaftsbetriebe.
auf diesen Bereich des Mietrechts. unter einem bereits bestehenden Namen Aufgabe 1
Q Die wichtigsten Pflichten der Vermieter: Der Vermieter muss dem Mieter die gemie- geführt werden. In solchen Fällen kann die Übung 1
tete Sache zum vereinbarten Zeitpunkt übergeben, und zwar in demjenigen Zustand, der Pächterin oder der Pächter auch die spezielle Einrichtung sowie einen gewissen Kundenkreis Übung 2
dem vereinbarten Gebrauch der Sache entspricht. Er muss dem Mieter auf dessen Ver- übernehmen. Übung 3
langen Einblick in das Übergabeprotokoll des Vormieters gewähren und ihm auch die
Höhe des Mietzinses des bisherigen Mietverhältnisses bekannt geben. Der Vermieter muss
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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 4

Q Leasing Einem Leasingnehmer geht es beim Leasing um die Nutzung, und nicht um das Eigen-
tum an der geleasten Sache. Dies ist die Grundidee des sogenannten Finanzierungsleasings.
Beim Leasing ermöglicht eine Partei (Leasinggeber) der anderen Partei (Leasingnehmer) für Die Leasinggesellschaft kauft sich das vom Leasingnehmer gewünschte Objekt von einem
eine bestimmte Zeit die Nutzung eines Gegenstandes (Leasingobjekt), den sie zuvor von Dritten und stellt es dem Leasingnehmer zum Gebrauch zur Verfügung. Nach Ablauf der Ver-
einer dritten Partei erworben hat. Dafür zahlt der Benutzer Leasinggebühren (Leasingraten), tragszeit geht das Leasingobjekt an den Leasinggeber zurück (der Leasingnehmer ist ja in der
deren Höhe die Anschaffungs- und Finanzierungskosten sowie den Geschäftsgewinn des Regel nicht am Eigentum interessiert). Je nach den Bedürfnissen des Leasingnehmers wird
Leasinggebers (Leasingunternehmung) decken soll. Der Leasingvertrag ist im Obligationen- dann der Vertrag mit einem neuen Leasingobjekt erneuert. Für einen Copy-Shop bringt dies
recht nicht geregelt. Bei der rechtlichen Beurteilung von Leasingverträgen werden – je nach z. B. den Vorteil, dass er immer mit Geräten der neusten Generation ausgerüstet ist, diese je-
Situation – die Vorschriften des Mietrechts, des Kaufvertrags und des Konsumkreditgesetzes doch weder kaufen noch verkaufen muss.
angewandt. Beim Finanzierungs- oder Investitionsgüterleasing geht es um Gebrauch und Nutzung
Das Konsumkreditgesetz (Art. 11 KKG) regelt insbesondere die Formvorschriften für den eines Investitionsgutes, z. B. einer Maschine, die gewerblichen Zwecken dient. Eine Unter-
Abschluss eines Leasingvertrages. Ein Leasingvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden nehmung muss in diesem Fall die Eigenmittel für die Investition nicht im Voraus erwirtschaf-
und unter anderem folgende Inhaltspunkte enthalten: ten, sondern kann die Investitionskosten mit dem Ertrag zahlen («Pay as you earn», d. h.,
– Anzahl, Höhe und Fälligkeit der Leasingraten «Zahle mit dem, was du verdienst»).
– Höhe einer allfälligen Kaution (Anzahlung) Beim Konsumgüterleasing steht dagegen die private Nutzung an Konsumgütern, z. B. Au-
– effektiver Jahreszins tos oder Unterhaltungselektronik, im Vordergrund. Hier geht es häufig darum, Konsumgüter
– Widerrufsrecht und Widerrufsfrist für den privaten Gebrauch zu «erwerben», ohne dass man die teuren Geräte kaufen muss
(z. B. weil man das entsprechende Kapital gar nicht hat). Man schätzt, dass heute jedes zweite
Q Die Parteien in einem Leasingvertrag (indirektes Leasing, drei Partner) Auto, das auf die Strasse kommt, geleast ist. Beim Konsumgüterleasing spielt selbstverständ-
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lich das «Pay as you earn»-Prinzip nicht, weil in diesem Fall mit der Leasingsache keine Er-
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Leasingnehmer Leasinggeber träge erwirtschaftet werden.
Schuld
Unternehmung oder Privatperson; Leasingunternehmung; finanziert Weil anders als im Mietvertrag der Leasingnehmer die Gefahr eines zufälligen Verlustes
interessiert an der Nutzung, nicht Leasingobjekt den Leasinggegenstand
des Leasinggegenstandes tragen muss, hat er in den allermeisten Fällen die Pflicht, den
am Eigentum eines Objektes „ ist verpflichtet, eine Sache zum
Forderung Leasinggegenstand zu versichern. Beim Autoleasing kommt dafür nur eine Motorfahrzeug-
„ ist berechtigt, die Leasingsache Gebrauch zu überlassen
vereinbarungsgemäss zu Schuld (Schuldnerin) Vollkasko-Versicherung infrage.
gebrauchen „ ist berechtigt, die Leasingraten Beim (privaten) Autoleasing erhält der Leasingnehmer häufig eine Kaufoption, d. h., er
(Gläubiger) Leasingraten zu fordern kann das Fahrzeug nach Ablauf der Vertragszeit zu einem bestimmten Betrag übernehmen.
„ ist verpflichtet, die Leasingraten Forderung (Gläubigerin)
Ein solches Leasing entspricht eher einem Abzahlungsverkauf und wird bei Streitigkeiten eher
zu leisten
(Schuldner) nach den OR-Vorschriften des Abzahlungs-
kaufs beurteilt. Privat-Leasingverträge, die
dem Konsumkreditgesetz (KKG) unterste-
is

hen, können jeweils auf Ende einer dreimo-


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natigen Leasingdauer gekündigt werden. In


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einem solchen Fall werden die Leasingraten


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neu berechnet und rückwirkend definitiv


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Verkäufer festgesetzt.
Lieferant
1
oftmals gekoppelt mit einem «Rückkaufvertrag»
Autoleasing ist teurer als die Aufnahme eines
Kredites; am billigsten ist immer der Barkauf.
Übung 4
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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 6

20.2 Gestaltungsmöglichkeiten bei Mietverträgen Q Eine Vielzahl von zwingenden Vorschriften

Zwar können die Parteien die Mietbedingungen grundsätzlich frei aushandeln und den indi- Im Bestreben, den Wohnungsmieter als eher schwächeren Partner vor unfairen Vertragsbe-
viduellen Bedürfnissen anpassen. Es gibt aber eine Vielzahl von zwingenden Vorschriften, die dingungen zu schützen, werden im Obligationenrecht in Bezug auf die Miete von Wohn-
beim Aufsetzen, Ändern oder Kündigen eines Mietvertrages zu beachten sind. und Geschäftsräumen viele Detailfragen geregelt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, han-
delt es sich bei den entsprechenden Artikeln um zwingende Rechtsvorschriften, die durch
Q Grundsatz der Formfreiheit die Vertragsparteien nicht frei festgelegt werden können. Verlangt z. B. ein Vermieter von
Wohnräumen vom Mieter eine Kaution (Sicherheitsleistung, Depot), so muss er diese auf
Das Gesetz sieht für den Abschluss eines Mietvertrages keine besondere Form vor. Aus Grün- einem Bankkonto, das auf den Namen des Mieters lautet, hinterlegen. Dabei darf der Betrag
den der Rechtssicherheit wird aber in den meisten Fällen trotzdem die schriftliche Form ge- höchstens drei Monatsmieten umfassen (Art. 257e Abs. 1 OR). Ein weiteres Beispiel zwingen-
wählt. Der Gesetzgeber verlangt im Gegensatz dazu im Bereich der Wohnungsmiete für viele der Rechtsvorschriften ist Art. 266l Abs. 2 OR: Der Vermieter muss mit einem Formular kün-
spezielle Vereinbarungen und einseitige Mitteilungen die einfache oder qualifizierte Schrift- digen, das vom Kanton genehmigt ist und angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er
lichkeit. die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will. Mag
Für die Vermietung von Wohnräumen bestehen ein Vertrag oder ein Anhang zu einem Vertrag auch noch so offiziell aussehen: Die darin ent-
oft Formularmietverträge, die von den Interessenver- haltenen Bestimmungen sind ungültig, wenn sie zwingenden Rechtsvorschriften widerspre-
bänden der Hauseigentümer und Mieter entwickelt chen.
wurden. Häufig werden im eigentlichen Mietvertrags- Einzelne Fragen können dagegen von den Vertragsparteien frei festgelegt, d. h. dispo-
formular lediglich die wichtigsten Daten (Vertrags- niert, werden. Ein Beispiel dispositiver Rechtsvorschriften ist Art. 266a Abs. 1 OR: Die Par-
partner, Mietobjekt, Mietzins und Beginn der Miete) teien haben die Möglichkeit, das unbefristete Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetz-
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festgehalten. Alle übrigen Rechte und PflichtenPersönliches
der lichen Fristen und Termine zu kündigen, sofern sie keine längere Frist oder keinen anderen
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Parteien enthalten die sogenannten Allgemeinen Be- Termin vereinbart haben. Übung 5
dingungen, die als integrierender (= dazugehörender)
Bestandteil des Vertrages gelten. Beispielsweise kann
darin ein sogenannter Mietzinsvorbehalt («Mietzins- 20.3 Zielkonflikt Mietzins – missbräuchliche Mietzinsen
reserve») angefügt werden. Damit macht eine Ver-
mieterin geltend, dass sie von einer Gelegenheit zur Die Frage nach dem «richtigen» Mietzins lässt sich auf drei Arten wie folgt stellen:
Mietzinserhöhung (z. B. aufgrund eines höheren Hypo- Die Verbände von Mietern und – betriebswirtschaftlich: Ist der Mietzins kostendeckend?
thekarzinses) nicht Gebrauch gemacht hat, diesen Vermietern machen in Formularmiet- – volkswirtschaftlich: Ist der Mietzins marktgerecht?
Schritt aber eventuell später nachholen möchte. Der verträgen Vorschläge für sinnvolle – rechtlich: Ist der Mietzins rechtlich zulässig?
Regelungen der dispositiven Bereiche.
Mieter geht mit dieser Klausel das Risiko ein, zu einem
späteren Zeitpunkt eine (evtl. massive) Mietzinserhö- Weil einerseits die Hauseigentümer mit den Einnahmen aus der Vermietung von Wohnun-
hung akzeptieren zu müssen. Ein Mietzinsvorbehalt ist nur dann rechtsverbindlich, wenn er gen neben der Abdeckung ihrer Kosten zusätzlich einen Gewinn erzielen möchten, der Miet-
in einer Beilage zum Mietvertrag ausführlich begründet und präzise angegeben wird (z. B. in zins andererseits für viele Mieterinnen und Mieter einen sehr gewichtigen Budgetposten dar-
Prozenten des aktuellen Mietzinses). stellt, verwundert es wenig, dass das Gesetz zur Regelung dieses Zielkonfliktes eine Reihe
von Bestimmungen zur Mietzinsgestaltung enthält.

Q Wann ist der Mietzins «gerecht»? (Art. 269 ff. OR)

Im Mietrecht findet sich keine Antwort auf die Frage, wie hoch ein «gerechter» Mietzins ist.
Die Gesetzesartikel umschreiben lediglich, wann Mietzinse «missbräuchlich» sind. Aufgabe 2
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Missbräuchlich ist ein Mietzins, wenn …
– damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird
oder …
– wenn er auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruht.

Als Regel gilt, dass der Vermieter aus dem Mietzins sämtliche Kosten decken und mit dem
Mietobjekt noch eine Rendite erzielen darf, die dem aktuell üblichen Zinsniveau entspricht.
Ob die Rendite noch zulässig ist, wird bei Alt- und Neubauten unterschiedlich ermittelt. Als
Vergleichsgrösse dient der sogenannte Referenzzinssatz. Der vom Bund publizierte Referenz-
zinssatz beruht auf der (vierteljährlich erhobenen) durchschnittlichen Verzinsung von Hypo-
theken der ganzen Schweiz. Seit Mitte 2017 liegt dieser Satz bei 1,50 %; der Durchschnitts-
wert wird jeweils auf ein Viertelprozent gerundet.
Für die Beurteilung von Mietzinsen bei Neubauten dient die kostendeckende Brutto-
rendite; diese berechnet sich aus dem Jahresmietzins und den Anlagekosten wie folgt:

Jahresmietzins × 100
kostendeckende Bruttorendite =
Anlagekosten

Als kostendeckend gilt eine Bruttorendite, die 2© 2021


Prozentpunkte über dem Referenzzinssatz
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liegt. Als Neubauten gelten Gebäude, die nichtPersönliches
älter als Exemplar
zehn Jahre sind. Gándara
von Arantxa Dieses Espasandín,
Verfahren3018 Bern
eignet sich somit vor allem zur Festlegung des Anfangsmietzinses neu erstellter Liegenschaf-
ten. Kann allerdings der so ermittelte Mietzins mangels Nachfrage nicht realisiert werden,
wird häufig ein Mietzinsvorbehalt angebracht, dass der vereinbarte Anfangsmietzins nicht
kostendeckend sei.
Für Altbauten sind die Anlagekosten nicht mehr aktuell, deshalb dient für solche Objekte
die Rendite des Eigenkapitals als Beurteilungskriterium:

Rendite des Eigenkapitals (Jahresmietzins – Liegenschaftsaufwand) × 100


=
(Nettorendite) investiertes Eigenkapital

Die Eigenkapitalrendite des Vermieters darf den Referenzzinssatz um höchstens einen halben
Prozentpunkt übersteigen.
Ein Mietzins ist gemäss OR auch dann nicht missbräuchlich, wenn er im Rahmen der orts-
oder quartierüblichen Mietzinsen liegt.
Das Verfahren zur Anfechtung einer Mietzinserhöhung oder zur Anfechtung des Anfangs-
mietzinses wird im Kapitel 6 auf Seite 12 beschrieben.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Mietvertrag 7

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 8

Q Vorschriften über Mietzinserhöhungen und -senkungen (Art. 269a ff. OR) Q Beeinträchtigung im Gebrauch: Bei schweren Mängeln wie unzureichender Heizung,
Feuchtigkeit oder unzumutbarem Lärm durch Bauarbeiten können Mieterinnen und Mie-
Vermieterinnen und Vermieter wollen bei Änderungen des Liegenschaftsaufwandes ihre Ren- ter eine Zinsreduktion verlangen. Die Höhe der Reduktion kann zwischen dem Vermieter
dite sichern – für Mieterinnen und Mieter bedeuten höhere Mietzinsen eine Änderung ihres und dem Mieter ausgehandelt werden; für kurze Zeit (z. B. Isolationsarbeiten an der Fas-
Haushaltbudgets. Das Mietrecht beinhaltet für diesen Interessenkonflikt eine Vielzahl von sade) sind jedoch auch schwere Mängel zu dulden. Übung 6
differenzierten Vorschriften. So muss der Vermieter z. B. eine Mietzinserhöhung mindestens
zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular
mitteilen und begründen. Eine Mietzinserhöhung ist zudem nur bei folgenden inhaltlichen 20.4 Mängel an der Mietsache – wer zahlt?
Voraussetzungen erlaubt:
Q Kostensteigerungen: Wenn der Referenzzinssatz um _14 % ansteigt, dürfen die Vermie- Falls der ordnungsgemässe Gebrauch der Mietsache durch irgendwelche Unzulänglichkeiten
ter die Mietzinsen um 3 % anheben. Bei ordnungsgemäss unterhaltenen Liegenschaften beeinträchtigt wird, stellt sich die Frage, wer für die Reparaturkosten aufkommen muss.
sind unter dem Titel «Allgemeine Kostensteigerungen» Erhöhungen des Mietzinses von
1
_
2
bis 1 % pro Jahr erlaubt. Q Kleinere Mängel
Q Wertvermehrende Investitionen: Neue Einrichtungen (z. B. neue Küche, neues Bad,
Umbau des Balkons als Wintergarten) berechtigen zu einer Mietzinserhöhung. Kleinere lnstandstellungsarbeiten und Re-
Q Teuerungsausgleich auf dem risikotragenden Kapital: Die allgemeine Teuerung paraturen muss der Mieter auf eigene Kos-
wird mit dem Index der Konsumentenpreise gemessen. 40 % dieser Teuerung dürfen auf ten beseitigen. In Art. 259 OR wird dabei
die Mietzinsen überwälzt werden. Damit soll der Ertrag des risikotragenden Kapitals auf den Ortsgebrauch als Massstab für die
(= investiertes Eigenkapital) angepasst werden. Zumutbarkeit einer Reparatur verwiesen.
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Q Erreichen der kostendeckenden Bruttorendite: Unter
Persönliches Umständen
Exemplar kann
von Arantxa der Espasandín,
Gándara Vermieter3018 Bern
Üblicherweise gelten die folgenden Schä-
eine neue Wohnung nicht zu kostendeckenden Preisen vermieten. Falls er den Mieter im den und Verschmutzungen als kleiner Man-
Mietvertrag darauf aufmerksam macht (Stichwort Mietzinsvorbehalt), kann der Mietzins gel: defekte Türschlösser, gerissene Roll-
später mit dieser Begründung erhöht werden. ladengurten bzw. defekte Kurbeln von
Q Anpassung an die orts- und quartierüblichen Mietzinsen: Bei einem Wechsel des Ei- Rollladen und Storen oder verstopfte Ab- Der verstopfte Ablauf eines Lavabos ist ein typi-
gentümers kann der neue Vermieter eine Anpassung der Mietzinsen an das orts- und läufe in Küche oder Bad. Die meisten Miet- sches Beispiel für einen kleinen Mangel, den
ein Mieter zu seinen Lasten beheben lassen muss.
quartierübliche Niveau verlangen. Der Vermieter muss die Orts- oder Quartierüblichkeit verträge sehen eine Kostenlimite in einem
beweisen und in der Regel mit fünf vergleichbaren Objekten belegen. Frankenbetrag (CHF  130.– bis CHF  150.–)
oder in Prozenten des Jahresmietzinses (1 bis 1 _21 %) vor; der Betrag sollte allerdings CHF 150.–
So wie es Gründe für eine Erhöhung von Mieten gibt, haben die Mieterinnen und Mieter in nicht übersteigen.
den beiden folgenden Fällen Anspruch auf eine Senkung des Mietzinses: Wenn die Reparatur eines Gerätes nach Ablauf der durchschnittlichen Lebensdauer
Q Wenn der Referenzzinssatz sinkt, besteht ein Anspruch auf eine Senkung des Miet- altersbedingt vorgenommen werden muss, ist sie vom Vermieter zu tragen. Falls ein Gerät
zinses im ungefähr gleichen Ausmass, wie dies bei steigenden Hypothekarzinssätzen der wegen eines kleinen Mangels zu ersetzen ist, muss der Mieter nur für den Restwert aufkom-
Fall ist. Dabei spielt es keine Rolle, wo sich der Vermieter die Hypothek beschafft hat. men. Weil nicht alle Formularmietverträge diese Bestimmung enthalten, ist ein vorgängiges,
Falls ein Vermieter die Senkung nicht von sich aus weitergibt, kann der Mieter eine sol- klärendes Gespräch mit dem Vermieter über die Verteilung allfälliger Reparaturkosten sinnvoll.
che verlangen. Häufig führen allerdings tiefere Hypothekarzinssätze nicht automatisch
zu tieferen Mietzinsen. Zwei Argumente kann der Vermieter einem Senkungsanspruch
entgegenhalten:
– Verrechnung mit Mehrkosten (Teuerung, Kostensteigerung für Unterhalt, wert-
vermehrende Investitionen)
– Verrechnung des im Mietvertrag formulierten «Mietzinsvorbehalts».
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Mietvertrag 9

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 10

Q Schwerwiegende Mängel 20.5 Kündigung

Die Behebung von schwerwiegenden Mängeln wie z. B. der Ausfall der Heizung oder Feuch- Ist ein Mietvertrag für eine bestimmte Dauer abgeschlossen worden, bedarf es zu dessen
tigkeitsmängel in einer Wohnung gehen zulasten des Vermieters. Treten solche Mängel auf, Auflösung keiner Kündigung. Unbefristete Mietverträge müssen hingegen mit einer Kündi-
so hat der Mieter gemäss Art. 259a OR verschiedene Möglichkeiten: Er kann verlangen, dass gung aufgelöst werden. Je nach Mietobjekt gelten unterschiedliche Fristen und Termine.
der Vermieter den Mangel beseitigt, den Mietzins verhältnismässig herabsetzt oder Schaden-
ersatz leistet. Bei der Miete eines Wohn- oder Geschäftsraumes besteht zudem die Mög- Q Der Kündigungstermin ist der Tag, auf den das Vertragsverhältnis infolge einer Kündi-
lichkeit, den Mietzins bis zur Behebung des Mangels auf ein Sperrkonto bei der Schlich- gung der einen oder andern Partei enden kann. Er wird in erster Linie durch den Vertrag
tungsbehörde zu hinterlegen. Der Mieter kann damit seine wichtigste Pflicht weiterhin bestimmt. Fehlt eine Vereinbarung im Vertrag, ist das Mietverhältnis auf einen ortsübli-
ordnungsgemäss erfüllen und den Vermieter trotzdem unter Druck setzen, den Mangel mög- chen Termin gültig kündbar; in vielen Kantonen gibt es dabei drei Termine pro Jahr (je-
lichst bald zu beheben. Weitere Beispiele von schweren Mängeln sind z. B. Funktionsstörun- weils Ende März, Juni und September). Ortsgebrauch liegt vor, wenn in einer bestimm-
gen bei (gemieteten) Autos oder elektronischen Geräten. ten Region seit längerer Zeit ein bestimmtes Verhalten als üblich angesehen wird.
Bestehen solch schwerwiegende Mängel bereits bei Mietantritt, kann der Mieter nach
den allgemeinen Regeln des Obligationenrechts über die Nichterfüllung von Verträgen vor- Q Beispiel aus einem Formularmietvertrag
gehen (Art. 97 – 109 OR): Wenn die zur Behebung des Mangels gesetzte Frist (etwa eine Wo-
che) abgelaufen ist, kann der Mieter vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz für seine Beginn und Beendigung
entstandenen Kosten (Einstellen der Möbel, Hotelunterkunft) fordern.
Mietbeginn: ________________ mittags 12 Uhr
Q Pflichten der Mieterinnen und Mieter bei Mängeln
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Kündigung monatlich (mindestens 3 Monate) zum Voraus
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern auf Ende jeden Monats, ausgenommen Ende Dezember, oder wahlweise
Das Gesetz auferlegt dem Mieter bei auftretenden Mängeln auch gewisse Pflichten: auf die ortsüblichen Termine, d. h. Ende März, Ende Juni, Ende September
Q Meldepflicht: Der Mieter muss dem Vermieter den Mangel so bald als möglich mittei-
len. Unterlässt er dies, so kann er mindestens teilweise die Ansprüche aus Art. 259a OR
verlieren. Verschlimmert sich ein nicht mitgeteilter Schaden im Verlaufe der Zeit, so wird Q Die Kündigungsfrist ist der Zeitraum, der mindestens zwischen dem Empfang der Kün-
der Mieter zudem gegenüber dem Vermieter schadenersatzpflichtig. Für die Mitteilung digung und der Beendigung des Vertragsverhältnisses liegen muss. Die Kündigungsfrist
ist keine Form vorgeschrieben. Aus Beweisgründen empfiehlt sich aber auch hier ein beträgt für Mietwohnungen drei, für Geschäftsräume sechs Monate. Die Parteien sind
eingeschriebener Brief. frei, längere Fristen zu vereinbaren.
Q Duldungspflicht: Der Mieter muss dem Vermieter die Vornahme von Unterhaltsarbei-
ten und damit den Zutritt zur Mietsache gestatten. Bei einer Wohnungsmiete bedeutet Q Ordentliche Kündigung (Art. 266–266f OR)
dies, dass der Vermieter ein Recht darauf hat, die Wohnung regelmässig auf Mängel zu
untersuchen und diese auch zu beheben. Allerdings müssen Termine mit dem Mieter ab- Halten sich die Parteien an die vertraglichen Kündigungstermine (z. B. Ende März, Ende Juni,
Aufgabe 3 gesprochen werden; der Vermieter darf die Wohnung nicht auf eigene Faust betreten. Ende September), so wird von einer ordentlichen Kündigung gesprochen. Für Kündigungen
bestehen besondere Formvorschriften:
Die Kündigung durch den Mieter muss schriftlich abgefasst sein (einfache Schriftlichkeit).
Familienwohnungen können zudem nur von beiden Ehepartnern gemeinsam gekündigt
werden.
Die Kündigung durch den Vermieter muss auf einem vom Kanton genehmigten speziel-
len Formular erfolgen (Formvorschrift der qualifizierten Schriftlichkeit). Die Kündigung einer
Familienwohnung vom Vermieter aus ist nur dann gültig, wenn sie gegenüber beiden Ehe-
partnern ausgesprochen wird (in separaten Kuverts!).
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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 12

Kündigungen sind empfangsbedürftige Willenserklärungen; d. h., die Fristen beginnen Ausserordentliche Kündigungen durch den Vermieter sind insbesondere bei Zahlungs-
erst zu laufen, wenn die Mitteilung beim Empfänger eingetroffen ist. Aus Beweisgründen verzug oder Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Mieter vorgesehen. Ebenso bei
werden Kündigungen deshalb mit Vorteil eingeschrieben versandt. Es empfiehlt sich zudem, Eigentümerwechsel, wobei der Vermieter bei Wohn- und Geschäftsräumen nachweisen
ein Kündigungsschreiben frühzeitig aufzusetzen und zu versenden. Wenn z. B. eine Kündi- muss, dass er die Mieträume für sich oder nahe Verwandte braucht.
gung beim Vermieter am 1. April anstatt am 31. März eintrifft, beginnt die Kündigungsfrist Fast immer ist es jedoch der Mieter, der die ausserordentliche Kündigung wünscht: Weil
erst Ende April zu laufen. Wird im Vertrag auf die ortsüblichen Kündigungstermine verwie- Wohnungen oft sehr kurzfristig zur Neuvermietung ausgeschrieben werden, steht der Mie-
sen, kann dies im ungünstigsten Fall zu einer Verzögerung um drei Monate führen. ter bei einem Wohnungswechsel häufig vor der Wahl, entweder eine Zeit lang ohne Woh-
nung zu sein oder zwei Wohnungen zu bezahlen. Das Gesetz erlaubt dem Mieter in Art. 264
Beispiel 1: Eine Kündigung wird am 28. März (Donnerstag) versandt, Eingang beim Emp- OR die vorzeitige Rückgabe, sofern er dem Vermieter einen zumutbaren (zahlungsfähigen) Aufgabe 4
fänger am 29. März (Freitag). neuen Mieter vorschlägt, der den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen übernimmt. Übung 7
1. Kündigungs- 2. Kündigungs- 3. Kündigungs-
termin termin termin
20.6 Behörden und Verfahren
März April Mai Juni Juli August September
Verfahren in Miet- und Pachtstreitigkeiten laufen nach den Regeln der Schweizerischen
Kündigungsfrist (3 Monate) Zivilprozessordnung (ZPO) ab und sind deshalb in der ganzen Schweiz gleich. Unterschiede
kann es jedoch bei der Bezeichnung und Zusammensetzung der Behörden geben, denn diese
Empfang der gültiger Kündigungstermin liegen in der Kompetenz der Kantone. Für Klagen aus Miete und Pacht unbeweglicher Sachen
Kündigung ist grundsätzlich das Gericht am Ort der Sache zuständig. Bei Mietstreitigkeiten versucht eine
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besondere Schlichtungsbehörde (oder Schlichtungsstelle) für Mietsachen, eine einvernehm-
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Beispiel 2: Auswirkung eines «verspäteten» Empfangs einer Kündigung liche Regelung ohne eigentlichen Prozess zu erreichen.
Eine Kündigung wird am 30. März (Samstag) versandt, Eingang beim Empfänger
am 1. April (Montag). Q Schlichtungsbehörde – Verfahrensablauf
1. Kündigungs- 2. Kündigungs- 3. Kündigungs-
termin termin termin Die Durchführung einer Schlichtungsverhandlung ist zwingend vorgeschrieben, d. h., es ist
in der Regel nicht möglich, wegen eines mietrechtlichen Streits direkt an ein Gericht zu ge-
langen.
März April Mai Juni Juli August September Die Schlichtungsbehörde besteht in der Regel aus drei Personen und ist paritätisch zu-
Kündigungsfrist (3 Monate) sammengesetzt. Das heisst, dass neben einer unabhängigen Vorsitzenden (meistens einer
Amts- oder Gerichtsperson) ein Vertreter des Mieterinnen- und Mieterverbandes sowie eine
Empfang der gültiger Kündigungstermin
Vertreterin des Hauseigentümerverbandes Einsitz nehmen. Häufig sind alle Mitglieder einer
Kündigung solchen Behörde juristisch geschulte Personen (z. B. Rechtsanwälte oder Fürsprecherinnen).
Die Schlichtungsbehörde hat primär beratende und, wie ihr Name schon sagt, schlich-
Q Ausserordentliche Kündigung (Art. 266g–266k OR) tende Funktion. Sie versucht, bei Streitigkeiten eine Einigung zwischen den Parteien zu erzie-
len. Das Verfahren ist kostenlos und kann mit einer Einigung oder Nichteinigung der Parteien,
Bei einer ausserordentlichen Kündigung verlieren die vertraglich fixierten Termine und Fris- einem Urteilsvorschlag oder einem Entscheid enden.
ten ihre Bedeutung. Die gesetzlichen Fristen müssen in der Regel jedoch eingehalten wer- Kommt es zu keiner Einigung, so erteilt die Schlichtungsbehörde eine sogenannte Klage-
den; die kündigende Partei hat sich aber nicht mehr an den ortsüblichen Terminen zu orien- bewilligung. Diese ermächtigt die betreffende Partei innert 30 Tagen zur Anrufung eines Ge-
tieren. Sowohl Mieter wie Vermieter haben das Recht, aus wichtigen Gründen die Mietsache richts. Im Gegensatz zum Verfahren vor der Schlichtungsbehörde sind Entscheide der Ge-
vorzeitig zu kündigen (Art. 266g OR). richte nicht mehr kostenlos.
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Die Schlichtungsbehörde kann den Parteien aber auch einen Urteilsvorschlag unterbrei-
ten. Dieser wird rechtskräftig, wenn er von keiner Partei innert 20 Tagen abgelehnt wird; er
hat dann dieselbe Wirkung wie ein Gerichtsurteil. Wird der Urteilsvorschlag jedoch von ei-
ner Partei abgelehnt, stellt die Schlichtungsbehörde ebenfalls eine Klagebewilligung aus, mit
der ein Gericht angerufen werden kann.

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 14

Q Anfechtung des missbräuchlichen Mietzinses (Art. 270–270d OR) Wenn die Kündigung von der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich erklärt wird, läuft
das Mietverhältnis normal weiter. Der Vermieter kann dem Mieter während der nächsten drei
Im Gesetz sind drei Fälle vorgesehen, in denen der Mieter gegen missbräuchliche Mietzinsen Jahre nur noch in Ausnahmefällen kündigen.
vorgehen kann. Der Ablauf des Verfahrens ist in allen drei Fällen sehr ähnlich: Diese Bestimmung (Art. 271a Abs. 1, lit. e, Ziff. 1 OR) verhindert, dass Vermieter sich an
Mietern, die sich für ihre Rechte einsetzen, unmittelbar mit einer Kündigung rächen können.
Zu hoher Anfechtung des Mietzinses Ungerechtfertigte
Neben den in Art. 271a Abs. 1 OR angeführten Gründen gelten auch reine Schikanen als Ver-
Anfangsmietzins während der Mietdauer Mietzinserhöhung
Art. 270 OR Art. 270a OR Art. 270b OR stoss gegen den «Grundsatz von Treu und Glauben» und damit als missbräuchliche Kündi-
gungen, z. B. eine Kündigung wegen der Hautfarbe des Freundes der Mieterin, wegen poli-
tischer Zugehörigkeit des Mieters oder weil ausnahmsweise eine Zahlung des Mietzinses
Bei Abschluss Herabsetzungsbegehren des Mieters
des Mietvertrages wegen auf den nöchstmöglichen Kündigungstermin etwas verspätet eintrifft.
persönlicher Notlage,
Wohnungsmangel oder
einer erheblichen
Erhöhung des Mietzinses Stellungnahme Vermieter, innert 30 Tagen Q Erstreckung des Mietverhältnisses – bis zu 4 Jahren (Art. 272 ff. OR)
gegenüber Vormieter
keine Stellungnahme oder Ablehnung
Die Erstreckung eines Mietverhältnisses bedeutet, dass der Mieter von Wohn- oder Geschäfts-
Gesuch an die Schlichtungsbehörde räumen auch nach einer rechtsgültigen Kündigung gegen den Willen des Vermieters für ei-
Schlichtungsverhandlung innert 2 Monaten, Abschluss spätestens nach 12 Monaten
nige Zeit in den Räumen verbleiben darf. Selbstverständlich müssen dazu gute Gründe vor-
Möglichkeit der Behörde
liegen. Im Wesentlichen wird dabei zwischen den Interessen von Mietern und Vermietern
keine Einigung abgewogen. In Art. 272 Abs. 2 OR werden verschiedene Kriterien genannt, die bei der Ent-
scheidungsfindung ins Gewicht fallen. Grundsätzlich kommen alle Umstände, welche die
Einigung der Parteien Klagebewilligung © 2021 Verlag Urteilsvorschlag
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 BernWohnungssuche erschweren, als Härtegründe in Betracht.
Anrufung Gericht Ablehnung durch
innert 30 Tagen Beispiele von Härtegründen:
eine der Parteien

Interessen der Mieterinnen und Mieter Interessen der Vermieter


Um den Mieter vor allfälligen Repressalien zu schützen, gewährt ihm das Gesetz nach einem
erfolgreichen Verfahren einen Kündigungsschutz von 3 Jahren. Zudem enthält das Strafge- Q Eine Familie mit einem Einkommen von Q Der Vermieter, der im gleichen Haus wohnt,
CHF 4000.–, die keine vergleichbare Wohnung will kündigen, weil seine alleinstehende
setzbuch für diesen Fall spezielle Bestimmungen (vgl. Art. 325bis StGB.). für CHF 1300.– findet. Mutter nach einer Hüftoperation seine Be-
Q Eine invalide Rentnerin kann erst in 10 Mona- treuung benötigt.
Q Anfechtung der Kündigung – bei Erfolg 3 Jahre Kündigungsschutz ten ins Altersheim umziehen, weil eine lange Q Der Vermieter kündigt eine Dachwohnung,
Warteliste besteht. weil die Sanierungsarbeiten sehr dringend
(Art. 271 f. OR) Q Eine Mieterin ist im sechsten Monat schwanger vorgenommen werden müssen, um die
und hatte während der Schwangerschaft Bausubstanz zu erhalten.
Wie die Mitteilung einer Mietzinserhöhung muss auch die Kündigung auf einem amtlich ge- bereits Komplikationen.
nehmigten Formular erfolgen, sonst ist sie ungültig. Ungültig ist auch die Kündigung einer
Familienwohnung, wenn sie nicht beiden Ehepartnern mit separater Post zugestellt wird. Ne-
ben diesen formellen Erfordernissen darf eine Kündigung auch nicht gegen den «Grundsatz Hat die Kündigung für den Mieter eine übermässige Härte zur Folge, die in einem krassen
von Treu und Glauben» verstossen (Art. 271 Abs. 1 OR), der besagt, dass sich die Vertrags- Missverhältnis zu den Interessen des Vermieters steht, so wird für Wohnräume eine maximale
partner offen und fair verhalten sollen. Erstreckung von 4 Jahren (für Geschäftsräume 6 Jahre) gewährt. Die Höchstgrenze wird nur Aufgabe 5
Die Kündigungsfreiheit der Vermieter wird eingeschränkt durch das Recht der Mieter, den in wirklichen Härtefällen gewährt. Meistens kommt es zu einer ersten, kurzen Erstreckungs- Aufgabe 6
Kündigungsgrund zu erfahren und missbräuchliche Kündigungen anzufechten. In Art. 271a OR dauer, nach deren Ablauf jedoch ein zweites Erstreckungsgesuch eingereicht werden kann. Übung 8
werden einzelne Verstösse gegen den «Grundsatz von Treu und Glauben» näher formuliert,
so z. B., wenn der Vermieter kündigt, weil sich der Mieter früher für seine Rechte gewehrt hat.
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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 16

9 Das haben Sie gelernt Offene Fragen

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien am Beispiel des Mietvertrages aufzählen


Die Wesensmerkmale des Mietvertrages und mietähnlicher Verträge unterscheiden
Die Gestaltungsmöglichkeiten der Vertragsparteien bei Mietverträgen beschreiben
Zwingende und dispositive Rechtsvorschriften im Mietrecht bestimmen
Die Voraussetzung für das Vorliegen von missbräuchlichen Mietzinsen nennen
Mietzinserhöhungen mithilfe des Gesetzes auf ihre Gültigkeit überprüfen
Ausbleibende Mietzinssenkungen bei sinkenden Hypothekarzinsen erklären
Das Vorgehen und die Rechtsfolgen bei Mängeln an der Mietsache beschreiben
Arten und Voraussetzungen von rechtsgültigen Kündigungen beschreiben
Für konkrete Beispiele die Kündigungsfrist und den frühestmöglichen Kündigungs-
termin bestimmen
Zusammensetzung und Aufgabe der Schlichtungsbehörde nennen
Das Vorgehen bei Anfechtung von Kündigungen und Mieterstreckungen mithilfe
des Gesetzes bestimmen © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
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9 Diese Begriffe können Sie erklären

Miete
Pacht
Leasing
Formularmietvertrag
Mietzinsvorbehalt
Zwingende Vorschriften
Dispositive Vorschriften
Ortsgebrauch
Missbräuchliche Mietzinsen
Kostendeckende Bruttorendite
Rendite des Eigenkapitals
Referenzzinssatz
Orts- und Quartierüblichkeit
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Hypothekarzinsveränderung Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

wertvermehrende Investition
Teuerungsausgleich auf dem risikotragenden Kapital
Kündigungstermin
Kündigungsfrist
Ordentliche Kündigung
Ausserordentliche Kündigung
Schlichtungsbehörde
Paritätische Zusammensetzung
Anfechtung einer Kündigung
Grundsatz von Treu und Glauben
Mieterstreckung

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 18

Übung 1 Verträge auf Gebrauchsüberlassung Übung 2 Rechte und Pflichten im Mietvertrag

In den folgenden Umschreibungen wird jeweils eine Sache zum Gebrauch überlassen. Be- Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Überprüfen Sie die folgenden Aussagen,
stimmen Sie aufgrund der Hauptpflichten die jeweilige Vertragsart, suchen Sie im OR mit- indem Sie Ihr OR konsultieren, und setzen Sie den zutreffenden Buchstaben in das Kästchen.
hilfe des Inhaltsverzeichnisses die entsprechenden Gesetzesartikel und bestimmen Sie die Korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.
korrekte Bezeichnung der Vertragsparteien.
a ) Die sorgfältige Behandlung der Mietsache ist ausschliesslich Sache des Mieters;
a) Partei A
Überlassung einer Sache zum Gebrauch
Partei B er kann dem Vermieter einen Kontrollgang in der Wohnung verbieten.
Vermieter
Zahlung des Mietzinses

Vertragsart: Gesetzesartikel: b) Wenn die Mieterin einer Wohnung das Mietobjekt vorsätzlich schwer
beschädigt, so kann der Vermieter fristlos kündigen.

Überlassung einer Sache oder eines Rechtes


b) Partei A
zur Nutzung und zum Bezug der Erträge
Partei B

Zahlung des Pachtzinses


c ) Eine zerbrochene Scheibe oder ein tropfender Wasserhahn zählen zum «kleinen
Unterhalt» und müssen vom Mieter selber ersetzt bzw. repariert werden.
Vertragsart: Gesetzesartikel:
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d) Kleine Ausbesserungen, die der Mieter auf eigene Kosten zu beseitigen hat,
Überlassung einer Sache
c) Partei A
zum unentgeltlichen Gebrauch
Partei B
sind solche, die jede handwerklich begabte Person selbstständig beheben kann.
Rückgabe der Sache

Vertragsart: Gesetzesartikel: e ) Wenn Mängel an der Mietsache auftreten, kann der Mieter fristlos kündigen.

Übertragung des Eigentums


Partei A Partei B
d) an einer Summe Geld
f) Der Vermieter muss auf Verlangen des Mieters die Höhe des Mietzinses
Rückerstattung der Summe (Zinszahlung nur,
wenn vereinbart oder unter Kaufleuten) des vorangegangenen Mietverhältnisses bekannt geben.

Vertragsart: Gesetzesartikel:

e) Partei A
Überlassung zur Nutzung
Partei B

Zahlung der Leasingrate

Vertragsart: Gesetzesartikel:
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Übung 3 Gesetzesartikel für verschiedene Mietobjekte Übung 4 Rund ums Leasing

Die folgenden gesetzlichen Bestimmungen gelten immer nur für ganz bestimmte Mietver- Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in
hältnisse. Suchen Sie die Artikel im OR und bestimmen Sie, für welche Mietobjekte die Be- das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.
stimmungen gelten.
a) Die Leasingunternehmung räumt dem Leasinggeber die Nutzung
am Leasingobjekt gegen ein Entgelt, dem Leasingzins, ein.
a) Art. 257b

b) Art. 257e Abs. 2 b) Leasingraten decken die Anschaffungs- und Finanzierungskosten


sowie einen Gewinnanteil für den Leasinggeber ab.

c) Art. 261b
c) Neben einem Leasingvertrag besteht auch noch ein Kaufvertrag,
d) Art. 263 der zwischen dem Lieferanten des Leasingobjektes und dem Leasingnehmer
abgeschlossen wird.

e) Art. 266e © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
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d) Die strengen Formvorschriften, die für den Abschluss eines Leasingvertrages
f) Art. 266f gelten, wonach mehrere ganz bestimmte Inhaltspunkte für einen gültigen
Vertrag vorgeschrieben sind, bezeichnet man als «qualifizierte Beurkundung».

g) Art. 266k

e ) Nach Ablauf der Vertragszeit geht das Leasingobjekt in der Regel ins Eigentum
h) Art. 266m des Leasingnehmers über.

i) Art. 268
f) Unter «Finanzierungsleasing» versteht man das Gleiche wie unter «Investitions-
güterleasing».
j) Art. 268b

k) Art. 269c g) Beim Finanzierungsleasing kann man die Leasinggebühren gemäss dem Slogan
«pay as you earn» mit dem Ertrag des Leasingobjektes bezahlen.

l) Art. 273

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Mietvertrag 19

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 20

Übung 5 Zwingende und dispositive Rechtsvorschriften b ) Welche der folgenden Antworten liefert die beste Begründung für die folgende
Aussage?
Entscheiden Sie, ob die folgenden Gesetzesartikel im Obligationenrecht zwingend (= nicht «Nicht jede Hypothekarzinssenkung führt automatisch zu einer Senkung
abänderbar) oder dispositiv (= durch die Vertragsparteien änderbar) sind. Begründen Sie Ihre der Mietzinsen, weil …
Antwort mit den entsprechenden Formulierungen der Gesetzesartikel.
1. … auch im Mietvertrag grundsätzlich Vertragsfreiheit herrscht.»

zwingend

dispositiv
Formulierung
2. … es darauf ankommt, bei welcher Bank der Vermieter seine Hypothek
Z D aufgenommen hat (nicht alle Banken haben genau die gleichen Hypothekar-
zinssätze).»
a) Art. 253a Abs. 2
3. … der Vermieter tiefere Hypothekarzinssätze mit allfälligen Mehrkosten
oder mit im Mietvertrag formulierten Mietzinsvorbehalten verrechnen darf.»
b) Art. 257c

c) Art. 257g Abs. 1 4. … der Vermieter unter Umständen mit den geltenden Mietzinsen noch
keine kostendeckende Bruttorendite erreicht.»
d) Art. 266a Abs. 1
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c ) Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende
Übung 6 Mietzinsen: mehrmals rauf – auch mal runter? Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a ) Mietzinserhöhungen sind nur bei bestimmten inhaltlichen Voraussetzungen 1. Bei Altbauten sind die Anlagekosten des Mietobjektes nicht mehr aktuell,
erlaubt. Bestimmen Sie für die folgenden Sachverhalte die entsprechenden Vor- deshalb dient die Rendite des Eigenkapitals als Beurteilungskriterium.
aussetzungen, indem Sie die zutreffende Gesetzesbestimmung im OR (Art. 269a
lit. a, b, c, d, e oder f) und die dazugehörigen Fachbezeichnungen notieren.
Art. 269a lit. …
1. Der Vermieter erhöht den Mietzins, weil er eine moderne
2. Die Bruttorendite für ein Mietobjekt berechnet sich aus der Formel Anlagekosten
und komfortablere Küche hat einbauen lassen.
mal hundert geteilt durch Jahresmietzins.

Art. 269a lit. …


2. Der Vermieter erhöht den Mietzins mit der Begründung,
dass sämtliche Lebenshaltungskosten gestiegen seien.
3. Um die Orts- oder Quartierüblichkeit einer Miete zu belegen, muss ein Vermieter
drei gleichartige Wohnungen nennen können, für die höhere Mietzinsen bezahlt
werden.
Art. 269a lit. …
3. Der Vermieter erhöht den Mietzins mit der Begründung, dass ähnliche
Wohnungen in der Nachbarschaft teurer seien.

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Übung 7 Kündigungen Übung 8 Mieterschutz

a ) Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in
in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

1. Als Kündigungsfrist können die Parteien entweder Ende Monat oder alternativ a ) Wenn sich ein Mieter in seinen Rechten verletzt fühlt, erhält er vom
die ortsüblichen Fristen von Ende März, Juni oder September vereinbaren. Friedensrichter bzw. der Friedensrichterin kostenlos und kompetent Auskunft.

2. Für Geschäftsräume beträgt die (gesetzliche) Kündigungsfrist sechs Monate;


die Frist kann von den Parteien im Vertrag auch verlängert werden. b) Missbräuchliche Kündigungen sind nichtig.

3. Während für den Abschluss eines Mietvertrages keine Formvorschriften


bestehen, gilt es, bei der Kündigung besondere Formvorschriften zu beachten. c ) Der Mieter kann unter bestimmten Voraussetzungen mit Erfolg eine
Herabsetzung des Mietzinses verlangen, eine ungerechtfertigte Erhöhung
sowie einen zu hohen Anfangsmietzins anfechten.
b ) Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Aussagen, die miteinander ver-
knüpft sind. Entscheiden Sie sich jeweils für© eine der folgenden Antwortmöglichkeiten
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und begründen Sie falsche Teilaussagen in wenigen
PersönlichesWorten.
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d) Wenn der Vermieter mündlich kündigt, ist die Kündigung nichtig.

A B C D E
+weil+ +/+ +/– –/+ –/–

F
Beide Aussagen Beide Aussagen Erste Aussage Erste Aussage Beide Aussagen e) Eine ordentliche Kündigung, die für die Mieterin eine besondere Härte mit
richtig, richtig, richtig, zweite falsch, zweite falsch sich bringt, ist anfechtbar.
Verknüpfung Verknüpfung Aussage falsch Aussage richtig
trifft zu trifft nicht zu

1. Bei der Kündigung einer Familienwohnung durch ein Ehepaar spricht man f ) Bei der Erstreckung des Mietverhältnisses werden die Interessen der Mieter
von qualifizierter Schriftlichkeit, weil beide Ehepartner zustimmen müssen. stärker als die Interessen der Vermieter berücksichtigt.

2. Bei einer Kündigung durch den Vermieter spricht man von qualifizierter
Schriftlichkeit, weil ein vom Bund genehmigtes Formular vorgeschrieben ist. g) Wer eine Kündigung erfolgreich angefochten hat, erhält automatisch Miet-
erstreckung.

3. Eine Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, weil die Fristen


erst dann zu laufen beginnen, wenn die Mitteilung beim Empfänger eintrifft.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Mietvertrag 21

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 22

Aufgabe 1 Ein Mietauto für den Umzug

Franz Lehner zieht um. Er mietet dafür einen kleinen Transporter. Der Automietvertrag, den Miet- und Versicherungsbedingungen
er unterschrieben hat, enthält auf der Rückseite eine Vielzahl von Miet- und Versicherungs- Die Firma Sievi AG, Weinfelden, nachstehend als Vermieter genannt, überlässt dem Mieter zu nachstehenden Bedingungen
bedingungen. ein Automobil zum Selbstfahren.
1. Miete
Alle Mieten beginnen und enden am Domizil des Vermieters. Falls das Mietobjekt nicht während der Bürozeit zurückgegeben
Autovermietung Carrosserie Spritzwerk wird, haftet der Mieter für alle Schäden bis Büroöffnung. Die Mietdauer ist immer dem Vermieter möglichst genau bekannt
Telefon 071 622 40 80 zu geben. Wird die Miete nicht zur festgesetzten Zeit angetreten oder nachträglich verlängert, so ist der Vermieter rechtzeitig
Fax 071 622 52 69 telefonisch zu benachrichtigen. Telefon 071 622 40 80. Im Unterlassungsfall hat der Mieter dem Vermieter einen evtl. Miet-
ausfall bzw. alle Kosten, welche aus Nichtbefolgung dieser Vorschrift entstehen, zu vergüten. Wenn ein Wagen infolge unvor-
hergesehener Umstände dem Mieter nicht rechtzeitig oder gar nicht zur Verfügung gestellt werden kann, wird der Vermieter
nach Möglichkeit einen Ersatzwagen stellen, er kann jedoch nicht wegen Nichterfüllung des Vertrages verantwortlich gemacht
Automietvertrag werden oder als schadenersatzpflichtig erklärt werden. Die Untervermietung an Dritte ist nicht gestattet. Für Auslandfahrten
ist die schriftliche Zustimmung des Vermieters erforderlich.
Mieter: 2. Fahrer
Der Wagen darf nur von der im Vertrag erwähnten Person gelenkt werden, welche im Besitze eines gültigen Schweizer oder
Fahrer:
internationalen Führerausweises ist. Mieter und Fahrer haften solidarisch. Wird der Wagen von einer anderen als im Vertrag
erwähnten Person gelenkt, so ist der Mieter für allen Schaden verantwortlich sowie deren weitere Folgen. Ebenso fällt auch
der Versicherungsschutz dahin.
Geburtsdatum: © 2021
Prüfungsdatum: Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
3. Haftpflicht-Versicherung
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Hier gelten die allgemeinen Versicherungsbedingungen. Die Haftpflicht-Versicherungsdeckung gegenüber Drittpersonen be-
Wagen: TG Nr.:
trägt CHF 1 000 000.–. In jedem einzelnen Schadenfalle ist der Selbstbehalt des Mieters CHF 1000.–. Wird der Wagen durch
Mietbeginn: Mietdauer: Rückgabe: eine andere als die im Verträge bezeichnete Person gelenkt, sieht der Versicherungsgesellschaft das Recht zu, volle Deckung
Kilometerstand bei Mietbeginn: km vom Mieter zu verlangen (Regressrecht).
4. Kasko-Versicherung
QUITTUNG über erhaltene Kaution Die Versicherung deckt Schäden, welche unabhängig vom Willen des Lenkers dem Automobil durch plötzliche gewaltsame
äussere Einwirkung zustossen. Mutwillige oder böswillige Beschädigungen durch Dritte sind ausgeschlossen. Die Versicherung
CHF , in Worten erstreckt sich auf Diebstahl des Wagens sowie der fest damit verbundenen Teile sowie gegen Feuer und Glasbruch. In jedem
Schadenfall sind im Maximum die ersten Fr 1000.– durch den Mieter zu decken.
Ausgeschlossen von der Versicherung sind:
Kaskoselbstbehalt CHF 1000.–
1. Beschädigungen, verursacht an den Fahrzeugaufbauten (z. B. Blache oder Kasten).
Der Mieter bestätigt, vom Tarif und den umstehenden Miet- und Versicherungsbedingungen Kenntnis
zu haben, und verpflichtet sich, das Mietauto mit grösster Sorgfalt zu behandeln und bei Verlängerung 2. Schäden, die infolge von Witterungseinflüssen wie Kälte, Hitze oder Feuchtigkeit an der Kühleinrichtung oder anderen
der Miete uns vorher telefonisch Mitteilung zu machen.
Für alle sich aus diesem Vertrag ergebenden Rechtsstreitigkeiten wird der Gerichtsstand Weinfelden
Teilen des Motors oder Fahrzeuges entstehen. Einfrieren des Kühlers und Motors oder Defekte, die durch Nachfüllen mit
vereinbart. Es ist ausschliesslich schweizerisches Recht anwendbar. kaltem Wasser entstanden sind.
3. Maschinen- und Bruchschaden, herrührend aus Material- oder Konstruktionsfehlern.
Im Doppel ausgefertigt, Weinfelden, den 4. Durch Abnützung oder Überanstrengung des Fahrzeuges, vor allem auch durch schlechte Fahrbahn oder durch plötzliche
Abbremsung verursachte Schäden, Bremsschäden.
Der Vermieter: Der Mieter: 5. Schäden, die dem Fahrzeug durch Wett- oder Rennfahrten zustossen.
6. Schäden durch Krieg, Unruhen, Streik.
SIEVI AG WEINFELDEN
5. Beschädigung oder Verlust des Wagens
Der Mieter erklärt, dass er das Fahrzeug bei Antritt der Miete geprüft und in Ordnung befunden hat. Er trägt jedes Risiko
und haftet für jeden Schaden, welcher dem Wagen während der Mietzeit zustösst. Für Reparaturen, welche auf Defekte,

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die auf normale Abnützung oder Materialfehler zurückzuführen sind, haftet der Vermieter. Hingegen ist der Mieter für die
a) Markieren Sie die Rechte (grün) und Pflichten (rot) des Mieters im vorliegenden
Reparaturkosten verantwortlich, welche durch Unkenntnis und Missachtung entstehen. Die Reparaturen sollen möglichst
in der Werkstatt des Vermieters ausgeführt werden. Allfällige Störungen oder notwendige Reparaturen sollen sofort tele- Automietvertrag. Notieren Sie, was Ihnen beim Betrachten der Miet- und Versiche-
fonisch dem Vermieter gemeldet werden. Ist eine Reparatur des Wagens, für deren Kosten der Mieter ganz oder teilweise rungsbedingungen auffällt (gelb)?
aufzukommen hat, nötig, so bezahlt der Mieter an den Vermieter ausser den Reparaturkosten bzw. vertraglichen Selbstbehalt
eine angemessene Entschädigung für am Wagen evtl. entstandenen Minderwert, sowie CHF 50.– pro Tag Reparaturzeit als
Entschädigung für Betriebsausfall (Chômage), für Lieferwagen (Chômage) CHF 100.– pro Tag, im Maximum jedoch für
20 Tage.

6. Unfall
Bei jedem dem Wagen zustossenden Unfall hat der Mieter folgende Pflichten:
1. Sofortige Benachrichtigung von Vermieter und Polizei.
2. Aufnahme eines Tatbestandes und Skizze, Feststellung aller beteiligten Personen und Fahrzeuge mit Namen und Polizei-
nummer sowie Namen von evtl. Zeugen.
3. Verweigerung jeder mündlichen Abmachung und Versprechung bezüglich Vergütung an die Geschädigten.
4. Erteilung jeder gewünschten Auskunft über den Hergang des Unfalls an die Versicherung.
b) Vergleichen Sie die Pflichten des Mieters im vorliegenden Automietvertrag
7. Haftung (Punkte: 1. Miete, 5. Beschädigung oder Verlust des Wagens und 6. Unfall) mit
Der Vermieter haftet persönlich weder dem Fahrer noch einer Drittperson aus einem Unfall während der Miete, noch für ir-
jenen des Gesetzes.
gendwelche Schäden gleich welcher Art, die dem Fahrer dadurch entstehen sollten, dass dem Wagen oder dem Motor irgend-
welcher Defekt zustösst, der eine Weiterreise verhindert oder einen Zeitverlust verursacht. Pflichten nach Vertrag:
8. Kaution (Punkte: 1. Miete, 5. Beschädigung oder
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Verlust des Wagens und 6. Unfall)
Die Kaution ist im jeweils gültigen Tarif festgesetzt. Diese haftet Persönliches
für alle Ansprüche aus Unfällen,
Exemplar für den
von Arantxa Mietbetrag,
Gándara für ver-3018 Bern
Espasandín,
ursachte Schäden am Mietobjekt und dadurch entstandene Reparaturkosten, für einen Betriebsausfall während der Repara-
turzeit und für alle Umtriebe, die aus einem Schadenfall für den Mieter entstehen und überhaupt für jegliche Ansprüche des
Vermieters gegenüber dem Mieter.
9. Gerichtsstand
Als Gerichtsstand wird von beiden Teilen Weinfelden anerkannt bei evtl. Ansprüchen aus diesem Vertrag

Pflichten nach Gesetz


(Mietvertrag, Erster Abschnitt, E. Pflichten des Mieters)

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Mietvertrag 24

c ) Aus welchen Gründen hat wohl die Sievi AG in ihren Mietbedingungen so viele Die Sache mit der Beule: Als Franz Lehner den Transporter nach dem Umzug zurückbringt,
Haftungs- und Schadenersatzfragen detailliert (zulasten der Mieter) geregelt? steht der Garagist derart unter Zeitdruck, dass er lediglich den Kilometer- und Benzinstand
überprüft. Die Beule, die Franz Lehner beim ersten Transport in die rechte Vordertür gedrückt
hat, wird vom Garagisten übersehen. Franz Lehner bezahlt die Mietkosten unter Anrechnung
der geleisteten Kaution. Eine Woche später teilt ihm der Garagist schriftlich mit, dass er beim
Waschen des Wagens eine Beule in der rechten Vordertür entdeckt habe. Für die Ausbesse-
rung stellt er Franz Lehner CHF 450.– in Rechnung.

e) Wie würden Sie in der Situation von Franz Lehner handeln? Begründen Sie Ihre Antwort.

d ) Die ursprüngliche Umschreibung von Mietbeginn und Mietende hat bei der Firma
Sievi AG zu Problemen geführt, sodass der entsprechende Passus angepasst werden
musste. Vergleichen Sie die beiden Formulierungen miteinander und suchen Sie
nach Gründen, weshalb die Rückgabe der Miete präzisiert werden musste.

Ursprüngliche Fassung Überarbeitete Formulierung


1. Miete 1. Miete
Alle Mieten beginnen am Domizil des Vermieters Alle Mieten beginnen und enden am Domizil
und enden, wenn der Wagen dorthin zurück- ©des Vermieters.
2021 Verlag SKVFalls
AG: das Mietobjekt
Brennpunkt nicht und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Wirtschaft
kehrt. Die Mietdauer ist … Persönliches
während derExemplar vonzurückgegeben
Bürozeit Arantxa Gándarawird,
Espasandín, 3018 Bern
haftet der Mieter für alle Schäden bis Büro-
öffnung. Die Mietdauer ist …

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Aufgabe 2 Festsetzung des Mietzinses

Ursula Schmid traut ihren Augen nicht: Sie hat von ihrem Götti ein Mehrfamilienhaus mit b) Suchen Sie im Obligationenrecht Gesetzesartikel über die Festsetzung des Mietzinses
acht Wohnungen in Luzern geerbt. und notieren Sie die in den einzelnen Artikeln vorgesehenen Kriterien. Arbeiten Sie zur
Ihr Götti war als guter Mensch bekannt. Das spürt Ursula Schmid auch, als sie die Lie- Orientierung mit dem Inhaltsverzeichnis Ihres Gesetzbuches.
genschaft und ihre Mieter genauer betrachtet: Sämtliche Mieter wohnen mindestens 20 %
günstiger als in vergleichbaren Wohnungen des Quartiers. Die Rentnerin im Parterre bezahlt
gar CHF 150.– weniger Miete als ihr Nachbar, der junge Bankangestellte, für die gleiche Woh-
nung. Im zweiten Stock wohnen seit zehn Jahren zwei Familien mit insgesamt sechs Kindern.
Im dritten Stock wohnen zwei Familien mit vier Kindern, und die beiden Dachwohnungen
sind an Studenten vermietet.
Auf der Liegenschaft lastet eine Hypothek von CHF 600 000.–, die zu 3 _12 % verzinst wer-
den muss.

a ) Welche Kriterien müssten Ihrer Meinung nach bei der Festlegung der Mietzinse
berücksichtigt werden?

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

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Mietvertrag 26

Aufgabe 3 Ärger mit einer feuchten Wohnung

Die fünfköpfige Familie Zimmerli hat nach längerer Suche endlich eine grössere Wohnung c ) Nennen Sie die Tatbestandsmerkmale und die Rechtsfolgen des entsprechenden
gefunden. Es handelt sich zwar um ein rund dreissigjähriges Mehrfamilienhaus mit durch- Artikels und prüfen Sie, ob diese für den vorliegenden Sachverhalt zutreffen.
schnittlichem Komfort, aber die Miete ist derart tief, dass die Familie dies gern in Kauf nimmt;
zudem werden alle Räume vom Vermieter frisch gestrichen und neu tapeziert. Kurze Zeit Art. 259a OR
nach dem Einzug bilden sich auf den weiss gestrichenen Flächen graue und dunkle Flecken;
die Tapete löst sich an einzelnen Stellen von der Wand ab. Nach wenigen Wochen tauchen Rechtlich bedeutsame Daraus sich ergebende
bei Herrn Zimmerli gesundheitliche Probleme auf, die unter anderem auf eine übermässige Merkmale des Tatbestandes Æ TBM Rechtsfolgen Æ RF
Feuchtigkeit in der Wohnung schliessen lassen. Abklärungen von Fachleuten bestätigen die-
sen Verdacht. Der Arzt gibt Herrn Zimmerli den dringenden Rat, die Wohnung sofort zu ver-
lassen und, mangels anderer Alternativen, vorläufig in ein Hotel zu ziehen. Zudem verordnet
er Herrn Zimmerli eine vierwöchige Spezialtherapie. Der Vermieter wurde von Familie Zim-
merli bisher nicht benachrichtigt.
Informieren Sie die Familie Zimmerli über das weitere Vorgehen und klären Sie ab, welche
Ansprüche allenfalls gegenüber dem Vermieter geltend gemacht werden können. Beant-
worten Sie dazu die folgenden Fragen.

a ) Was ist passiert? Beachten Sie insbesondere©die finanziellen Folgen.


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d) Welches sind Ihrer Meinung nach die umstrittenen Punkte, falls ein Prozess notwendig
wird und der Richter ein Urteil fällen muss?

b ) Konsultieren Sie zu diesem Sachverhalt das Obligationenrecht. Welcher Artikel trifft


auf diesen Sachverhalt am ehesten zu?

e) Welche Pflicht hat die Familie Zimmerli gegenüber dem Vermieter?

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Aufgabe 4 Kündigung – von Gründen, Fristen und Terminen

Marlene Zünd hat vor zwei Jahren ein Geschäftslokal in der Altstadt gemietet und dort ein c) Nennen Sie die Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen von Art. 257d OR.
«Gschenklädeli» eröffnet, in dem sie vor allem Modeschmuck anbietet. Sie hat einen Miet-
Artikel 257d Abs. 1 OR
vertrag mit einem monatlichen Mietzins von CHF 3000.– unterschrieben. Das Geschäft läuft
im Moment sehr schlecht, und Marlene Zünd konnte deshalb den Mietzins während zweier Rechtlich bedeutsame Daraus sich ergebende
Monate nicht bezahlen. Merkmale des Tatbestandes Æ TBM Rechtsfolgen Æ RF
Am 13. November ist nun die Vermieterin Sandra Forster, von der sie nie etwas vernom- 1) Mit Mietzinszahlung im Rückstand 1) Zahlungsfrist schriftlich ansetzen
men hatte, im Geschäft erschienen, hat die Schlösser auswechseln lassen, ihr das Betreten 2) Kündigungsandrohung
der Lokalitäten untersagt und wörtlich angefügt: «Hiermit kündige ich den Mietvertrag frist-
los!» Marlene Zünd fordert sie auf, ihr einen Zahlungsaufschub von zwei Monaten zu ge- Artikel 257d Abs. 2 OR
währen.
Rechtlich bedeutsame Daraus sich ergebende
Merkmale des Tatbestandes Æ TBM Rechtsfolgen Æ RF
a) Was ist passiert? Stellen Sie den Sachverhalt in einer Skizze dar.

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d) Sandra Forster und Marlene Zünd treffen
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern nach einem Gespräch folgende Vereinbarung:
«Nachfrist für die Zahlung sämtlicher ausstehender Mietzinse Ende Februar.»
Ende Februar kann Marlene Zünd die Mietzinse allerdings nicht bezahlen; sie will ihr
Sortiment zum Abschluss in einem Totalausverkauf verkaufen.
Wie lange darf Marlene Zünd das Geschäftslokal noch benutzen, wenn Sandra
Forster auf eine Betreibung verzichtet, dafür aber am 3. März die Kündigung per
A-Post zustellt? Erstellen Sie eine übersichtliche Skizze (auf welcher Kündigungsfrist
und Kündigungstermin deutlich ersichtlich sind), um die Frage zu beantworten.
b) Dieser Sachverhalt ist unter den allgemeinen Bestimmungen des Mietrechts geregelt.
Welche Artikel im OR sind für diesen Sachverhalt massgebend?

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Mietvertrag 28

Aufgabe 5 Anfechtung einer Kündigung Aufgabe 6 Wie erreichen Sie eine Mietzinssenkung?

Hans Müller ist im ganzen Dorf bekannt, weil er regelmässig provozierende Leserbriefe an Vor einem Jahr sind Sie in eine neue Wohnung gezogen, wobei bei der Mietzinsberechnung
die Lokalzeitung schreibt. Dabei schiesst er manchmal etwas über das Ziel hinaus, was ihm von einem Hypothekarzins von 2,75 % ausgegangen wurde. Mittlerweile ist der Hypothekar-
nun eine Verurteilung wegen Ehrverletzung eingetragen hat. Über die Verurteilung wird auch zins aber auf 1,75 % gesunken, ohne dass der Mietzins angepasst worden wäre. Nun wollen
auf der Frontseite des Lokalblattes ausführlich berichtet; illustriert ist der Artikel mit einer Sie im Gesetz nachsehen, ob Sie einen Rechtsanspruch auf Mietzinssenkung haben und wie
Aussenaufnahme seines Wohnhauses mit genauer Adressangabe. Sie diesen Anspruch allenfalls durchsetzen könnten.
Zwei Tage später, am 4. März, erhalten sowohl Hans Müller als auch seine Ehefrau über-
raschend einen eingeschriebenen Brief ihres Vermieters, in dem ihnen dieser die Kündigung a) Welcher Gesetzesartikel regelt den hier geschilderten Sachverhalt?
ihrer 5-Zimmer-Wohnung auf den 30. Juni mitteilt. Als sich Hans Müller beim Vermieter nach
den Gründen erkundigt, teilt ihm dieser in barschem Ton mit, dass er sich keine rufschädigen-
den Mieter leisten könne und schon gar nicht solche, die mit dem Gesetz in Konflikt kämen.
Ein Auszug auf den angegebenen Termin ist für Hans Müller und seine 8-köpfige Familie
undenkbar; er könnte innert dieser kurzen Zeit unmöglich eine passende Wohnung finden.
Ausserdem findet er die Begründung des Vermieters ungerecht. Er will sich deshalb gegen
die Kündigung wehren.
b) Wie gehen Sie gemäss dem massgebenden OR-Artikel konkret vor, wenn Sie
a ) Auf welchen Gesetzesartikel kann sich Hans Müller berufen, wenn er die Kündigung eine Mietzinssenkung erreichen wollen? Zählen Sie die Schritte einzeln auf.
anfechten will? © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
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b ) Hans Müller hat von seinem Vermieter eine schriftliche Begründung verlangt.
Im Gegensatz zur mündlichen Auskunft nennt der Vermieter nun aber «Eigenbedarf»
als Kündigungsgrund. («Meine Tochter braucht ab Sommer eine eigene Wohnung,
weil sie ein Studium beginnt.») Die Chancen für eine Anfechtung der Kündigung sind
damit gering. Welche Lösung bleibt Hans Müller gemäss Art. 272ff. OR noch, und wie
lange könnte er maximal in der Wohnung beiben?

c ) Studieren Sie den folgenden Auszug aus dem Informationsblatt zum mietrechtlichen
Schlichtungsverfahren des Bundesamtes für Wohnungswesen.
Beschreiben Sie die wichtigsten Merkmale und Aufgaben der Schlichtungsbe-
c ) Wie schätzen Sie die Chancen von Hans Müller ein? hörden, den Ablauf sowie die möglichen Abschlüsse des Verfahrens. Halten Sie Ihre
Notizen in Form einer Mindmap auf einem separaten Blatt fest.

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Informationsblatt zum mietrechtlichen Schlichtungsverfahren
(Auszug, Quelle: Bundesamt für Wohnungswesen)

Die Schlichtungsbehörden Q Die Schlichtungsverhandlung sollte innert zwei Monaten seit Nichteinigung der Parteien
Q Bei mietrechtlichen Streitigkeiten ist die Durchführung einer Eingang des Gesuchs stattfinden und das Verfahren spätes- Kommt es zu keiner Einigung, wird die Klagebewilligung erteilt.
Schlichtungsverhandlung zwingend vorgeschrieben. In der tens nach 12 Monaten abgeschlossen sein. Die Klagebewilligung ermächtigt die betreffende Partei zur Ein-
Regel ist es nicht möglich, ohne einen Schlichtungsversuch Q Die Parteien müssen in der Regel persönlich zur Schlich- reichung einer Klage beim urteilenden Gericht. Die Klagefrist
direkt ans Gericht zu gelangen. tungsverhandlung erscheinen. … beträgt bei Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und
Q … die Parteien können bei vermögensrechtlichen Streitig- Q … Geschäftsräumen 30 Tage. Nach Ablauf der Frist fällt die Klage-
keiten mit einem Streitwert von mindestens 100 000 Franken Q Die Einreichung eines Schlichtungsgesuchs begründet bewilligung dahin.
gemeinsam auf die Durchführung des Schlichtungsverfah- Rechtshängigkeit und löst eine Kündigungssperre aus …
rens verzichten. (Art. 271a Abs. 1 Bst. d OR).
Q Zuständig ist die Schlichtungsbehörde am Ort, wo sich die Q Die Verhandlungen sind in der Regel nicht öffentlich. Urteilsvorschlag
Mietsache befindet. Die Schlichtungsbehörde kann den Parteien einen Urteilsvor-
Q Die Schlichtungsbehörde ist paritätisch zusammengesetzt, Die Durchführung der Verhandlung schlag unterbreiten. … Der Urteilsvorschlag hat die Wirkung
d. h., der Behörde gehören mindestens ein Vertreter der Ver- Q Der Schlichtungsversuch zwischen den Parteien findet im eines rechtskräftigen Entscheids, wenn ihn keine Partei innert 20
mieterschaft und der Mieterschaft an. Den Vorsitz führt eine Rahmen einer formlosen Verhandlung statt. … Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt. Bei Ablehnung
unabhängige Person. Q Das Verfahren ist vertraulich. … des Urteilvorschlags stellt die Schlichtungsbehörde eine Klage-
Q Das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde ist grundsätzlich Q Ein eigentliches Beweisverfahren findet nicht statt. Die bewilligung aus.
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kostenlos, d. h., es werden keine Parteientschädigungen und
Persönliches Schlichtungsbehörde
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Gándara Espasandín, jedoch
Bernsicher, dass ihr alle nötigen Der Urteilsvorschlag ist möglich:
keine Gerichtskosten gesprochen. … Unterlagen vorgelegt werden. Sie kann auch einen Augen- Q bei Streitigkeiten aus Miete von Wohn- und Geschäftsräu-
Q Die Aufgaben der Schlichtungsbehörden bestehen einerseits schein durchführen. Das Verfahren soll möglichst formlos men, wenn die Hinterlegung von Mietzinsen, der Schutz vor
aus der Rechtsberatung und andererseits aus der Schlich- und einfach bleiben. … missbräuchlichen Mietzinsen, der Kündigungsschutz oder die
tungstätigkeit, welche als Kernfunktion die Durchführung Q Anders verhält es sich, wenn ein Urteilsvorschlag oder ein Erstreckung eines Mietverhältnisses betroffen sind, dies un-
eines Schlichtungsversuchs zwischen den Parteien verlangt. Entscheid in Frage kommen. Hier dürfen die Aussagen der abhängig vom Streitwert;
Parteien protokolliert und verwendet werden und es dürfen Q bei den übrigen mietrechtlichen Forderungsstreitigkeiten bis
Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens ergänzende Beweise abgenommen werden. … zu einem Streitwert von 5 000 Franken.
Q Das Verfahren wird durch das Einreichen des Schlichtungs- Q … Die Schlichtungsbehörde kann frei entscheiden, ob sie den Par-
gesuchs eingeleitet. Dieses kann von den Parteien mündlich, teien einen Urteilsvorschlag unterbreiten will oder nicht.
schriftlich oder elektronisch (mit einer anerkannten elektro- Die Beendigung des Schlichtungsverfahrens
nischen Signatur) eingereicht werden. Die inhaltlichen An- Das Schlichtungsverfahren kennt hauptsächlich vier Erledigungs- Entscheid
forderungen an das Gesuch sind gering. Es braucht weder arten: Bei mietrechtlichen Forderungsstreitigkeiten bis zu einem Streit-
eine umfassende Darstellung des Sachverhalts noch eine wert von 2 000 Franken kann die Schlichtungsbehörde über den
ausführliche Begründung. Die klagende Partei hat jedoch die Einigung der Parteien Streitgegenstand entscheiden, sofern die klagende Partei einen
Gegenpartei, das Rechtsbegehren und den Streitgegenstand Eine Einigung der Parteien kann einen Vergleich, eine Klagean- entsprechenden Antrag stellt. Der Antrag kann auch erst an der
zu bezeichnen. … erkennung oder einen vorbehaltlosen Klagerückzug umfassen. Schlichtungsverhandlung gestellt werden …
Es wird ein Protokoll erstellt, das von den Parteien unterschrie- Ein Entscheid der Schlichtungsbehörde ist mit Beschwerde bei
ben wird. In allen drei Fällen hat die Einigung die Wirkung eines der Rechtsmittelinstanz anfechtbar. Die Beschwerdefrist beträgt
rechtskräftigen Entscheids. 30 Tage.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Mietvertrag 29

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
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Aufgabe 7 Immobilienrenditen

Susanne Müller erhält von ihrem Onkel eine Erbschaft von CHF 2 300 000.–. CHF 200 000.– a) Berechnen Sie für diese Variante die Brutto- und die Nettorendite.
legt Sie für private Zwecke in eher kurzfristig liquidierbare Anlagen an. Für die übrigen CHF
2 100 000.– sucht sie nach einer guten Anlagemöglichkeit. Auf dem Bankkonto ist die Ren-
dite sehr schlecht, und Aktien sind Susanne Müller zu risikoreich. Sie überlegt sich deshalb
eine Investition in Immobilien, da ihr Onkel auch ein Mehrfamilienhaus besessen hat. Nach
einem ersten Beratungsgespräch mit ihrem Treuhänder ergeben sich zwei Varianten:

Variante 1: Direkte Investition in Immobilien

Susanne Müller könnte ein Mehrfamilienhaus in der Ostschweiz erwerben. Die 20-jährige
Liegenschaft ist vollvermietet und in einem guten Zustand (kein aufgestauter Unterhalt).
Der Kaufpreis von CHF 2 500 000.– ist gemäss ihrem Treuhänder moderat und entspricht der
Liegenschaftenschätzung. Sie würde eine Hypothek von CHF 500 000.– von ihrer Hausbank
aufnehmen (Laufzeit 10 Jahre; Verzinsung 2 %). CHF 100 000.– möchte sie als Reserve für
Unvorhergesehenes auf einem Bankkonto stehen lassen. Es sind Bewirtschaftungskosten (Be-
triebs-, Unterhalts- und Verwaltungskosten, Risiko für Mietzinsausfälle, Abschreibungen) von
CHF 18 000.– und Rückstellungen von CHF 15 000.– pro Jahr einzurechnen.
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Mieterspiegel Haus Muster, Musterdorf
Objekt Bezeichnung Mieter m 2 fällig / Jahr Nettomiete Akonto Total
HK / NK
1001 4,5-ZWG EG links 100101 110 12 1800 285 2085
1002 4,5-ZWG EG rechts 100201 110 12 1800 285 2085
1011 3,5-ZWG 1.OG links 101101 68 12 1280 200 1480
1012 3,5-ZWG 1.OG rechts 101202 68 12 1280 200 1480
1013 3,5-ZWG 1.OG mitte 101203 68 12 1240 200 1440
1021 4,5-ZWG 2.OG links 102101 110 12 1850 285 2135
1022 4,5-ZWG 2.OG rechts 102201 110 12 1850 285 2135
70001 Garage Nr. 1 100001 12 120 120
70002 Garage Nr. 2 100002 12 120 120
70003 Garage Nr. 3 102101 12 120 120
70004 Garage Nr. 4 101101 12 120 120
70005 Garage Nr. 5 100101 12 120 120
70006 Garage Nr. 6 100101 12 120 120
90001 Parkplatz Nr. 1 101202 12 30 30
90002 Parkplatz Nr. 2 101202 12 30 30
90003 Parkplatz Nr. 3 9000301 12 30 30
1739 Musterstrasse 644 Total Monat 11 910 1740 13 650
Musterdorf KT ZH Total Jahr 142 920 20 880 163 800
HK / NK pro m 2 32
Total Vermietet / Jahr 142 920 20 880 163 800
Total Leerstand / Monat 0
Total Leerstand / Jahr 0

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
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Mietvertrag 32

Variante 2: Indirekte Investition in Immobilienfonds

Als Alternative könnte Susanne Müller auch indirekt über einen Fonds in Immobilien inves-
tieren.
Ein Immobilienfonds ist ein Anlagefonds, in welchem Gelder von interessierten Anlegern zur
gemeinschaftlichen Kapitalanlage gesammelt werden. Das so aufgebrachte Vermögen wird
von einer professionellen Fondsleitung in verschiedene Liegenschaften und Grundstücke in-
vestiert. Dabei wird auf eine geografische und objektmässige Risikostreuung geachtet. Für
ihre Einlage in den Fonds erhalten die Anleger Anteilscheine, die an der Börse gehandelt
werden; damit kann ein Anleger bei Bedarf seine Beteiligung am Fonds grundsätzlich schnell
und unkompliziert verkaufen.
Der Treuhänder legt Susanne Müller als mögliches Beispiel ein Factsheet eines Immobi-
lienfonds vor, der im Jahr 2017 eine Ausschüttungsrendite von 2,38 % aufwies.

b ) Für welche der beiden Varianten würden Sie sich entscheiden?


Begründen Sie Ihre Antwort.

Indexierte Wertentwicklung
Swisscanto (CH) Real Estate Fund
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IFCA FA CHF
Immobilien | ausschüttend | August 2018

Fondsbeschreibung Aufteilung nach Regionen der Immobilien


Der Fonds investiert vorwiegend in Wohnliegenschaften in der Schweiz.
Mit der regionalen und objektspezifischen Streuung reduziert sich das
Risiko im Vergleich zu einer Investition in eine einzelne Liegenschaft.

Der Fonds ist an der Schweizer Börse (SIX) kotiert.


 
Profil/Eignung

Dieser Fonds eignet sich für Anleger, die
■ sich an Wohnliegenschaften in der Schweiz beteiligen möchten. –
■ an einem regelmässigen Einkommen interessiert sind.
■ einen langen Anlagehorizont im Auge haben.
■ bereit sind, Kursschwankungen in Kauf zu nehmen.

Jahresperformance in % Performance in % Weitere Kennzahlen


Jahr 2013 2014 2015 2016 2017 YTD Seit 1Mt 3Mte 1J 3J 5J 10J Jahr
Fonds Netto – 7.03 14.18 4.35 11.67 3.27 – 3.13 Fonds Netto – 1.81 – 0.76 – 8.59 10.83 28.58 66.15 Anlagenrendite 5.95 %
Benchmark – 2.77 14.99 4.17 6.85 6.07 2.67 Benchmark – 2.33 – 0.46 – 2.62 12.90 31.48 79.11 Ausschüttungsrendite 2.38 %
Differenz Netto – 4.26 0.80 0.17 4.82 – 2.80 – 0.47 Differenz Netto 0.52 – 0.30 – 5.97 – 2.08 – 2.90 – 12.97 Fremdfinanzierungsquote 18.02 %
Mietzinsausfallrate 4.20 %
Agio 29.34 %

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21 Familienrecht

Betrachten wir den Lebenslauf eines Menschen, erkennen wir die unterschied- Schliesslich sind für den Todesfall eines Menschen Vorschriften nötig, was mit sei-
lichen Gebiete des Familienrechts: Bei der Geburt ist zwar die Mutterschaft (bio- nem Eigentum zu geschehen hat. Solche Fragen sind im Erbrecht festgelegt.
logisch) klar definiert. Bereits bei der Vaterschaft gibt es aber mehrere denkbare Das vorliegende Kapitel vermittelt einen Einblick in die rechtlichen Aspekte des
Fälle, die rechtlich eindeutig geklärt sein müssen. Das Namensrecht ordnet dem Zusammenlebens von Mann und Frau (Eherecht) sowie von gleichgeschlechtlichen
Kind eindeutig einen Familiennamen zu. Gibt eine Mutter ihr Kind zur Adoption Paaren (Partnerschaftsgesetz) in einem gemeinsamen Haushalt.
frei, werden im Recht das Adoptionsverfahren sowie das Verhältnis zu den leibli- Nur kurz behandelt wird der komplexe Bereich der Auflösung einer Ehe durch
chen Eltern und zu den Adoptiveltern definiert. Scheidung. Auch Fragen des Kindsrechts und der Verwandtschaft werden lediglich
Ein weiterer wichtiger Lebensbereich bildet das Zusammenleben einer Person übersichtsmässig dargestellt. Das Erbrecht ist schliesslich Thema des folgenden
mit einem Partner bzw. einer Partnerin. Eherechtliche Fragen beschäftigen sich mit Kapitels 22.
Eheschliessung, mit Vermögens- und Eigentumsfragen sowohl während als auch
bei der Auflösung einer Ehe. Wird eine Ehe geschieden, sind die vielen Verfahrens-
und Rechtsfragen im Scheidungsrecht geregelt.

Theorie Übungen
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21.1 Das Konkubinat – Zusammenleben ohne Trauschein .......................................... 2 1 Aussagen zum Konkubinat beurteilen ................................................................... 20
21.2 Eheschliessung – Begründung der Ehe ............................................................... 4 2 Verlobung und Eheschliessung ............................................................................. 20
21.3 Familienname und Bürgerrecht .......................................................................... 4 3 Aussagen zum Familien- und Eheleben ................................................................. 21
21.4 Aufgabenverteilung im Alltag ............................................................................ 6 4 Welcher Güterstand gilt? ..................................................................................... 21
21.5 Das Ehegüterrecht ............................................................................................. 8 5 Zu welcher Vermögensmasse gehört …? ............................................................. 22
21.6 Auflösung einer Ehe – die Scheidung ................................................................. 12 6 Aussagen zum Güterrecht beurteilen .................................................................... 22
21.7 Kindsverhältnis und Verwandtschaft .................................................................. 14 7 Welche Aussagen zur Scheidung sind richtig? ....................................................... 23
21.8 Die eingetragene Partnerschaft .......................................................................... 16 8 Eingetragene Partnerschaft im Vergleich ............................................................... 23
Das haben Sie gelernt ........................................................................................ 18 9 Verwandtschaft ................................................................................................... 24
Diese Begriffe können Sie erklären ..................................................................... 19

Aufgaben

1 Szenen aus dem Eheleben .................................................................................... 25


2 Konkubinat .......................................................................................................... 26
3 Eheliches Güterrecht ............................................................................................ 28
4 Güterrechtliche Abrechnung in der Errungenschaftsbeteiligung ............................ 29
5 Konkubinat – Ehe – Eingetragene Partnerschaft .................................................... 30

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Familienrecht 1

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Familienrecht 2

21.1 Das Konkubinat – Zusammenleben ohne Trauschein Zusammenlebens aufgestellt und sind deshalb für die meisten der daraus entstehenden Pro-
bleme eher ungeeignet. Daher empfiehlt es sich, bereits zu Beginn des Konkubinats die wich-
Q «Wilde Ehe» 1945 Noch vor wenigen Generationen war es tigsten möglichen Konfliktbereiche in einem Vertrag zu regeln, der mindestens die folgen-
selbstverständlich, dass zwei Menschen erst den Fragen klären sollte:
«Als Zemp in eine andere Wohnung umzog, dann in eine gemeinsame Wohnung zogen,
folgte ihm Elise Saxer mit dem Kinde nach»,
wenn sie verheiratet waren. Und auch das Q Hauptpunkte eines Konkubinatsvertrags
schreibt das Bundesgericht. «Sie besorgte
heutige Familienrecht enthält ausschliesslich
Zemp den Haushalt, nächtigte mit ihm in sei- 1. Vertragspartner und Zweck des Vertrags 5. Besteht eine gegenseitige Unterstützungs-
Regelungen, die in direktem Zusammenhang
nem Schlafzimmer und lebte mit ihm in Ge- 2. Wem gehören die Einrichtungsgegenstände pflicht bei der Aufgabe der Erwerbstätigkeit
mit der Institution Ehe stehen.
schlechtsgemeinschaft.» Dafür seien die bei- (Inventar)? oder bei der Entstehung einer finanziellen
den zu Recht zu je einem Monat Gefängnis
Entschliesst sich ein Paar zu heiraten, so 3. In welcher Form und in welchem Umfang Notlage?
bedingt verurteilt worden, so die höchsten ergeben sich daraus einige Vorteile rechtli- tragen die beiden Partner zum gemeinsamen 6. Wie soll die Lebensgemeinschaft aufgelöst
Schweizer Richter weiter. Der Grund: «Damit cher Art, indem die Vorschriften des Ehe- Lebensunterhalt bei? werden (Kündigung)?
rechts für viele mögliche Konflikte Lösungs- 4. Wie wird der Mietvertrag ausgestaltet,
verstossen sie gegen die öffentliche Ordnung,
ansätze vorgeben. Sind die Eheleute mit den sodass für keinen der Partner bei der Auflösung
wonach Grundlage für das Gemeinschafts- ein Nachteil entsteht?
leben der Geschlechter die Ehe ist.» «Standard»-Vorgaben des Zivilgesetzbuches
Das war 1945, als es noch in zahlreichen einverstanden, so müssen sie grundsätzlich
Kantonen Konkubinatsverbote gab. Heute nichts unternehmen. Das Recht bietet in ei- Ein Konkubinatsvertrag sollte je nach persönlicher Situation der Partner individuell ausgestal-
gilt die wilde Ehe gesellschaftlich als salon- nem beschränkten Rahmen zudem die Mög- tet werden, sind doch ganz verschiedene Varianten solcher Lebensgemeinschaften vorstell-
fähig. Mehr als 370 000 Menschen leben in lichkeit, die «Regeln des Zusammenlebens» bar: Von der «einfachen», eher auf eine kürzere Frist ausgelegten Situation einer Probeehe
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dieser Beziehungsform, das sind elf Prozent den eigenen
Persönliches Bedürfnissen
Exemplar von Arantxaanzupassen. von zwei voll berufstätigen Personen bis hin zu Partnerschaften mit eigenen und / oder ge-
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aller Paare – dreimal mehr als vor 20 Jahren. Das Zusammenleben von Mann und Frau meinsamen Kindern, in denen ein Konkubinatspartner berufstätig und der andere Partner
vor der Ehe (= Konkubinat), d. h. ohne dass voll für die Kinderbetreuung sowie die Haushaltführung zuständig ist. Bei einem gemeinsa-
Quelle: Beobachter Nr. 16, 31. Juli 2007
die Partner verheiratet sind, wird dagegen im men Kind des Paares gilt z. B. der Mann rechtlich nicht automatisch als Vater; er muss die
Gesetz nicht geregelt (ist aber heute nicht Vaterschaft formal beim Zivilstandsamt bejahen. Ähnliches gilt beim Sorgerecht, das vorerst
mehr verboten). Dementsprechend gibt es auch keine «Gründungsvoraussetzungen». Heute von der Mutter alleine ausgeübt wird.
leben viele Paare ohne Eheschliessung, oft über eine längere Zeit, im sogenannten Konkubi- Konkubinatspartner sind gut beraten, auch einen weiteren wichtigen Problembereich
nat zusammen. Manchmal wird das Konkubinat zwar als eine «Probeehe» verstanden, die schriftlich zu regeln: Sie sollten eine Vollmacht erstellen, die sämtliche dem Arztgeheimnis
gegebenenfalls eine relativ einfache, formlose Trennung ermöglicht. Gemäss einer Umfrage unterworfenen Personen von ihrer Schweigepflicht gegenüber der Lebenspartnerin oder dem
der Zeitschrift «Der Beobachter» aus dem Jahr 2007 betrachten allerdings mehr als die Hälfte Lebenspartner entbindet. Es kann unter Umständen nötig werden, dass Angehörige ihre
der befragten Konkubinatspaare aus der Deutschschweiz das Konkubinat als selbstständige Zustimmung zu einer ärztlichen Heilbehandlung geben sollten, wenn die zu behandelnde
Lebensgemeinschaft, ohne in nächster Zeit heiraten zu wollen. Knapp ein Drittel der Befrag- Person dazu nicht mehr selbst in der Lage ist. Ohne eine entsprechende Vollmacht des Kon-
ten gibt als Grund die mögliche Steuerersparnis an, beinahe 20 % möchten sich nicht zu kubinatspartners können Ärzte oder Spitäler Auskünfte verweigern, weil die Konkubinatspart-
schnell festlegen. nerin nicht automatisch als angehörige Person anerkannt wird.
Den unbestreitbaren Vorteilen stehen aber auch gewichtige Nachteile gegenüber. Weil Zudem empfiehlt es sich, eine langjährige Lebenspartnerin oder einen langjährigen
das Konkubinat im Familienrecht nicht vorkommt, fehlt ein gesetzlich vorgesehenes soziales Lebenspartner in einem Testament im Rahmen der erbrechtlichen Möglichkeiten zu begüns-
und finanzielles Netz bei Problemen zugunsten der Konkubinatspartner. So sieht beispiels- tigen. Das Erbrecht anerkennt lediglich den überlebenden Ehepartner als gesetzlichen Erben,
weise die AHV keine Witwen- oder Witwerrenten vor, und auch in der zweiten Säule gibt es nicht jedoch einen Konkubinatspartner. Es gibt auch keine Pflichtteile für Lebenspartner, auch
häufig keine obligatorische Rente an den überlebenden Partner. Bei weiteren Konflikten wird wenn ein Paar jahrzehntelang zusammengelebt hatte. Dies kann dazu führen, dass im Todes-
meistens auf die Regelungen zur «einfachen Gesellschaft» im Obligationenrecht (Art. 530 ff. fall eine langjährige Lebenspartnerin völlig «leer ausgeht», weil sämtliche Vermögensteile auf Aufgabe 2
OR) zurückgegriffen. Jene Bestimmungen wurden aber nicht für den Fall des eheähnlichen die gesetzlichen Erben aufgeteilt werden. Übung 1
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Familienrecht 4

21.2 Eheschliessung – Begründung der Ehe Die Ziviltrauung wird durch die Zivilstandsbeamtin in einem amtlichen Trauungslokal und
unter Anwesenheit von zwei volljährigen und urteilsfähigen Zeugen vorgenommen. Durch
Q Die Verlobung die gegenseitige Zustimmung der Verlobten wird die Ehe als geschlossen erklärt. Danach er-
halten die Brautleute einen Eheschein bzw. eine Trauungsurkunde.
Der erste familienrechtliche Tatbestand gemäss Gesetz ist jener des Verlöbnisses. Eine Ver- Erst nach der Ziviltrauung ist es möglich, sich kirchlich trauen zu lassen. In einer gottes-
lobung gilt als Eheversprechen. dienstlichen Feier, die je nach Konfession etwas anders ausgestaltet wird, legen die Braut-
Aus einer Verlobung entsteht kein klagbarer Anspruch auf Eingehung der Ehe, die Ver- leute im Kreis ihrer Angehörigen, Verwandten und Freunde ein Eheversprechen ab und tau-
lobung ist auch nicht Voraussetzung für die Eheschliessung. Eine Verlobung kann völlig form- schen (evtl. nochmals) die Eheringe. Übung 2
los erfolgen. Manchmal geschieht dies durch den Austausch von Verlobungsringen, manch-
mal im Rahmen einer kleinen Feier mit den engsten Freunden oder Angehörigen.
Löst einer der Verlobten diese ohne guten Grund auf, wird er seinem Partner oder der 21.3 Familienname und Bürgerrecht
Partnerin für alle im Hinblick auf die Hochzeit getätigten Ausgaben (z. B. Annullierungskos-
ten, Brautkleid) schadenersatzpflichtig. Auch grössere Geschenke können zurückgefordert Nach dem seit Anfang 2013 geltenden Namensrecht wirkt sich eine Heirat nicht mehr auf
werden (Art. 90 ZGB). den Namen aus. Jeder Ehepartner behält seinen Namen; dies nach dem Grundsatz «Von der
Wiege bis zur Bahre trägt jeder seinen Namen». Den Verheirateten steht es allerdings frei,
Q Die Eheschliessung einen gemeinsamen Familiennamen zu wählen.
Bei der Heirat von Andrea Zäch mit Roger Bürgi ergeben sich die folgenden Varianten:
Die Grundzüge des Eheschliessungsverfahrens sind im ZGB, Details in der Zivilstandsverord-
nung geregelt. Zuständig für das Verfahren ist in© der Regel das Zivilstandsamt am Wohnsitz Name … … der Frau … des Mannes … der Kinder
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der Braut oder des Bräutigams. Als Erstes Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
a) von Gesetzes wegen Andrea Zäch Roger Bürgi Entscheid bei der Heirat:
reicht das Paar beim Zivilstandsamt ein Ge- Beibehaltung des Ledignamens Zäch oder Bürgi
such um Durchführung des Vorbereitungs-
b) Entscheid bei der Heirat Andrea Zäch Roger Zäch Zäch
verfahrens ein. Ab diesem Zeitpunkt gilt das für einen gemeinsamen
Paar als verlobt; das Gesuch muss persön- Familiennamen Andrea Bürgi Roger Bürgi Bürgi
lich eingereicht werden. Schweizerinnen
und Schweizer müssen dem Gesuch eine Wie bereits früher (nach altem Recht) kann nach wie vor der sogenannte Allianzname ver-
Wohnsitzbescheinigung und einen Perso- wendet werden. Dabei wird der Ledigname mit einem Bindestrich an den Familiennamen
nenstandsausweis beifügen, Ausländerin- angefügt. Der Allianzname hat keine amtliche Bedeutung; er kann nicht in das Zivilstands-
nen und Ausländer einen Ausländerausweis register eingetragen werden. Allianznamen sind aber in weiten Bevölkerungskreisen beliebt
sowie Dokumente, die über Geburt, Namen 2015 haben in der Schweiz 41 437 Paare geheiratet. und verbreitet und können immerhin für den Pass oder für die ID verwendet werden.
sowie weitere Merkmale und die Staats- Das durchschnittliche Heiratsalter der Frauen be-
trug 29.6 Jahre, dasjenige der Männer 31.9 Jahre. Verwendung des Allianznamens … der Frau … des Mannes
angehörigkeit Auskunft geben.
Das Zivilstandsamt prüft die Ehefähig- Familienname Zäch Andrea Zäch-Bürgi Roger Zäch-Bürgi
keit der Verlobten: Die Ehemündigkeit erreichen die Brautleute mit dem 18. Lebensjahr. Es
dürfen auch keine sogenannten Ehehindernisse vorliegen. Als ein solches gilt eine Heirat Familienname Bürgi Andrea Bürgi-Zäch Roger Bürgi-Zäch
zwischen Verwandten in gerader Linie sowie zwischen (Halb-) Geschwistern. Ein weiteres
Hindernis ist eine bestehende Ehe. Art. 96 ZGB definiert das Bigamieverbot, d. h., die Verlob- Auf das Bürgerrecht hat die Heirat seit der Gesetzesrevision ab 2013 keine Auswirkungen
ten müssen auch den Nachweis erbringen, dass eine allfällige frühere Ehe aufgelöst wurde. mehr. Jeder Ehepartner behält sein Bürgerrecht, die Braut erhält nicht mehr wie früher das
Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wird den Verlobten mitgeteilt, dass die Trauung stattfin- Bürgerrecht des Bräutigams. Die gemeinsamen Kinder erhalten das Bürgerrecht desjenigen
den kann. Elternteils, dessen Namen sie tragen.
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21.4 Aufgabenverteilung im Alltag Q Ansonsten sind beide Partner für die Verwaltung ihres Vermögens selber verantwort-
lich. Der Gesetzgeber geht insbesondere nicht von einem gemeinsamen ehelichen Ver-
Q Wie werden Aufgaben verteilt? mögen aus.
Q Allerdings muss dem Ehegatten auf Verlangen Auskunft über die eigenen finanziellen
Das Eherecht ist geprägt von der Vorstellung einer partnerschaftlichen Gemeinschaft, in der Verhältnisse gegeben werden.
kein Partner eine Vormachtstellung gegenüber dem anderen aufweist. Das Gesetz weist im- Q Jeder der Partner trägt das Risiko der eigenen Vermögensverwaltung selbstständig.
mer wieder auf die gemeinsame Verantwortung der Ehegatten für die eheliche und familiäre Q Derjenige Partner, der den Haushalt besorgt und gegebenenfalls die Kinder betreut, hat
Gemeinschaft hin: «Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft Anspruch auf einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung. Dabei handelt es sich
verbunden. Sie verpflichten sich gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem allerdings nicht um einen Lohn. Der Betrag soll zur Deckung erweiterter persönlicher Be-
Zusammenwirken zu wahren und für die Kinder gemeinsam zu sorgen. Sie schulden einan- dürfnisse dienen und dem Partner, der zugunsten der Familie auf ein eigenes Erwerbs-
der Treue und Beistand» (Art. 159 ZGB). einkommen verzichtet, trotzdem eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit ermög-
Q Die Ehepartner bestimmen gemeinsam eine Wohnung. Falls ein Ehepartner allein Mieter lichen.
der Familienwohnung ist, kann er sie nur mit der Zustimmung seines Partners kündi-
gen (eine Vorgabe, die sich auch im Mietrecht, Art. 266 m OR, nochmals wiederholt); ist Q Und wenn es Probleme gibt?
er allein Eigentümer, kann er sie nur mit Zustimmung seines Ehepartners verkaufen.
Q Insbesondere sollen die Ehegatten gemeinsam – und ein jeder nach seinen Kräften – Treten während der Ehe Probleme auf, kön-
für den Unterhalt der Familie aufkommen (Art. 163 ZGB). Sie müssen sich dabei nen sich die Ehegatten unter anderem an
selbstständig auf den Beitrag einigen, den jeder leisten kann, sei dies durch Berufsaus- eine Ehe- und Familienberatungsstelle
übung und entsprechende Geldleistungen, ©durch das Besorgen des Haushaltes und die wenden. Das Eherecht schreibt vor, dass je-
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Betreuung der Kinder oder gegebenenfalls Persönliches
durch Mithilfe imvon
Exemplar Betrieb
Arantxades Partners
Gándara oder3018 Bern
Espasandín, der Kanton eine solche Institution schaffen
der Partnerin. muss. Die Ehepartner können solche Bera-
Q Bei der Wahl und Ausübung ihres Berufes sollen die Partner aufeinander Rücksicht tungen einzeln oder gemeinsam beanspru-
nehmen und insbesondere auch das Wohl der ehelichen Gemeinschaft berücksichtigen. chen.
Q Auch die Erziehung der Kinder ist Sache beider Elternteile. Wie sie die dabei anfallen- Sollte die Beratung nicht zu einer Bes-
den Aufgaben untereinander aufteilen, wird durch das Gesetz nicht festgelegt. serung der Situation führen, kann das Ehe- Auf einer Beratungsstelle stehen den Ratsuchenden
schutzgericht angerufen werden, das in psychologisch und rechtlich geschulte Personen
erster Linie eine Versöhnung herbeizufüh- für Lebens-, Beziehungs- und Erziehungsfragen zur
Q Wer bestimmt und wer bezahlt? Verfügung.
ren versucht. Allenfalls erlässt es dazu ge-
Q Jeder Ehegatte kann selbstständig die für den Lebensunterhalt notwendigen eignete Massnahmen, insbesondere finan-
Ausgaben vornehmen. Dies können allgemeine Haushalteinkäufe (Nahrungsmittel, Klei- zieller Art (z. B. Festsetzung eines frei verfügbaren Betrags für die Ehegatten). Bei einem
der oder Medikamente), gewöhnliche Anschaffungen (z. B. Haushaltgeräte wie ein Staub- Scheitern seiner Bemühungen verfügt das Eheschutzgericht die vorläufige Trennung, die spä- Aufgabe 1
sauger oder eine Waschmaschine), der Abschluss einer Versicherung oder die Buchung ter zu einer Scheidung führen kann (vgl. Kap. 15.6, Seite 12). Übung 3
einer Ferienreise sein.
Q Für solche Ausgaben haften sowohl der Ehegatte persönlich als auch der andere
Ehegatte solidarisch, was bedeutet, dass jeder Ehepartner gegebenenfalls für die ge-
samte Schuld einstehen muss.
Q Für grössere einmalige Ausgaben (z. B. den Kauf eines teuren Möbelstücks, die Anschaf-
fung eines Familienautos oder die teure Zahnbehandlung eines Kindes) ist die Zustim-
mung beider Ehegatten nötig.

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21.5 Das Ehegüterrecht schaft, wie auch allfällige Leistungen (Renten) von Sozialversicherungen. Analog zum
Ersatz von Eigengut zählt die Ersatzanschaffung von Errungenschaft ebenfalls wieder zur
Das eheliche Güterrecht bestimmt, was welchem Ehepartner während der Ehe gehört, wie Errungenschaft.
die Vermögenswerte verwaltet, genutzt und gegebenenfalls veräussert werden können, und
es regelt die Aufteilung des Vermögens nach dem Tod eines Ehegatten. Es liefert damit die Während der Ehe verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbstständig. Jeder Partner be-
Basis für eine anschliessende erbrechtliche Auseinandersetzung. hält die Verfügungsgewalt über sein eigenes Vermögen, d. h., er oder sie kann es selber an-
Das Gesetz bietet den Ehepartnern die Möglichkeit, güterrechtliche Vereinbarungen in legen und erhält auch die Erträge (z. B. Zinsen). Die Ehegatten tragen die Risiken ihrer Ver-
beschränktem Rahmen individuell auszugestalten. Dazu sind im ZGB zwei Grundformen von mögensverwaltung (z. B. Kursverluste von Aktien) selber und haften auch mit ihrem eigenen
vertraglichen Güterständen festgelegt: Die Gütergemeinschaft und die Gütertrennung. Von Vermögen für allfällige Schulden. Über das Vermögen des anderen Ehegatten kann nur mit
dieser Möglichkeit machen aber nur rund 10 % aller Ehepaare Gebrauch. Die anderen 90 % einer Vollmacht verfügt werden.
leben im ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Wird eine Ehe aufgelöst, sei dies durch Scheidung oder Tod, so findet die güterrechtli-
Weil bei Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes durch ein Gericht Gütertrennung an- che Auseinandersetzung statt. Das Vermögen jedes Ehegatten ist auf Eigengut und Errun-
geordnet werden kann oder diese unter gewissen Voraussetzungen von Gesetzes wegen in genschaft aufzuteilen. Dabei muss jeder Partner selber beweisen, dass ein bestimmter Ver-
Kraft tritt, bezeichnen wir die Gütertrennung auch als ausserordentlichen Güterstand. mögenswert zum Eigengut gehört. Im Zweifelsfall gilt die gesetzliche Vermutung zugunsten
der Errungenschaft. Einen positiven Saldo der Errungenschaft (= Guthaben) bezeichnen wir
Q Errungenschaftsbeteiligung als Vorschlag, einen negativen Saldo (= Schuld) als Rückschlag.

Ohne anderslautende Vereinbarung bei der Eheschliessung gilt automatisch der Güterstand Für die eigentliche Vermögensaufteilung gilt folgende Regel:
der Errungenschaftsbeteiligung. Dadurch verfügt jeder Partner über zwei getrennte Ver- Q Jeder Ehegatte hat Anspruch auf sein Eigengut.
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mögensmassen: Das Eigengut und die Errungenschaft. Q Vom Vorschlag wird die Hälfte dem jeweils andern Ehepartner zugeteilt, d. h., der Vor-
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schlag wird «halbiert».
Vermögen Ehefrau Vermögen Ehemann Q Einen allfälligen Rückschlag muss der betreffende Ehegatte selber tragen.
Eigengut Eigengut
Q Beispiel einer güterrechtlichen Vermögensaufteilung
Errungenschaft Errungenschaft
Vermögensgüter Ehefrau Ehemann

Eigengut Errungenschaft Errungenschaft Eigengut

Eingebrachtes Vermögen 15 000


Q Das Eigengut umfasst Vermögensbestandteile, die bereits vor der Ehe vorhanden waren Persönliche Gegenstände 5 000
oder in Form von persönlichen Schenkungen oder Erbschaften während der Ehe dazu- Erbschaften/Schenkungen 50 000 200 000
kamen. Ebenfalls zum Eigengut gehören Gegenstände, die zum persönlichen Gebrauch Lohnkonto 45 000
dienen, wie z. B. Kleider, Schmuck oder Sachen, die zur Ausübung eines persönlichen Sparkonto 16 000 150 000
Hobbys benötigt werden (z. B. ein Triathlon-Rennrad). Der Ersatz von Eigengut ist wie- Erträge des Eigengutes 4 000 10 000
derum Eigengut; wenn also z. B. die Ehepartnerin ihr Triathlon-Rennrad ersetzt, ist die- – abzüglich Schulden – 5 000
ses ebenfalls wieder Eigengut. Summen (Total = 490 000) 70 000 20 000 200 000 200 000
Q Die Errungenschaft umfasst alle anderen Vermögensteile, die nicht ausdrücklich zum je 1
2 je 1
2

Eigengut gehören. Insbesondere sind dies Vermögenswerte, die der Ehepartner während Aufteilung Vorschlag Frau 10 000 10 000
der Ehe durch sein Arbeitseinkommen erwirbt. Erträge des Eigenguts, wie beispielsweise Aufteilung Vorschlag Mann 100 000 100 000
Zinsen von Obligationen oder Dividenden von Aktien, fallen ebenfalls in die Errungen- Anspruch Frau/Mann 180 000 310 000
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Q Gütergemeinschaft Q Gütertrennung

Die Gütergemeinschaft entsteht durch einen Ehevertrag. Zu dessen Abschluss müssen beide In der Gütertrennung besteht eine klare Trennung des Vermögens zwischen Mann und Frau.
Ehegatten urteilsfähig und volljährig sein. Ein Ehevertrag muss öffentlich beurkundet, d. h. Die Eheschliessung hat grundsätzlich keinen Einfluss auf das Vermögen der Ehegatten.
im Beisein einer Urkundsperson abgefasst werden. Dadurch wird eine gewisse Rechtsbe-
ratung sichergestellt, und auch eine allfällig notwendige Eintragung im Grundbuch ist ge- Q Vermögen in der Gütertrennung
währleistet.
Charakteristisch für die Gütergemeinschaft ist das gemeinschaftliche Eigentum der Ehe- Vermögen Ehefrau Vermögen Ehemann
partner an einer bestimmten Vermögensmasse, dem Gesamtgut.

Q Vermögensmassen in der Gütergemeinschaft

Gesamtgut

Eigengut Ehefrau Eigengut Ehemann Die Gütertrennung muss wie die Gütergemeinschaft durch einen Ehevertrag vereinbart
werden; dies kann bei Eheschliessung oder auch zu einem späteren Zeitpunkt geschehen
(Gütertrennung als vertraglicher Güterstand).
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Eine Gütertrennung kann beispielsweise von Vorteil sein, wenn eine zweite Ehe einge-
Im Unterschied zur Errungenschaftsbeteiligung ist das Eigengut in der Gütergemeinschaft gangen wird und die Erbansprüche der gesetzlichen Erben aus der ersten Ehe geschützt wer-
nicht abschliessend gesetzlich definiert. Es umfasst zum einen alle persönlichen Gebrauchs- den sollen. Sie ist ausserdem sinnvoll, wenn einer der Ehegatten eine Einzelunternehmung
gegenstände (wie in der Errungenschaftsbeteiligung); weitere Vermögensteile, die ebenfalls führt. Mit einer Gütertrennung kann das Vermögen des Partners vor dem Zugriff der Gläu-
zum Eigengut zu zählen sind, können im Ehevertrag festgelegt werden. Alle übrigen Vermö- biger weitestgehend geschützt werden.
gensteile fallen ins sogenannte Gesamtgut; individuelle Errungenschaften gibt es nicht. Als ausserordentlicher Güterstand tritt die Gütertrennung in einem Privatkonkurs des
Es gibt verschiedene Arten von Gütergemeinschaften. Sie unterscheiden sich in der Be- Ehegatten (der in Gütergemeinschaft lebt) oder bei gerichtlich angeordneter Trennung der
stimmung des Umfangs und der Aufteilung des Gesamtgutes. Ehe von Gesetzes wegen ein. Das Gericht kann Gütertrennung in verschiedenen Fällen auch
Die Verwaltung des Gesamtgutes steht grundsätzlich beiden Ehepartnern zu. Dabei wird auf Begehren eines Ehepartners anordnen (vgl. Art. 185 ZGB), so z. B., wenn der andere Ehe-
noch zwischen einer ordentlichen und einer ausserordentlichen Verwaltung unterschieden; gatte überschuldet ist.
für letztere braucht es die Zustimmung beider Ehegatten. Während des Güterstandes behält, nutzt und verwaltet jeder Ehepartner sein Vermögen
Bei Auflösung des Güterstandes durch den Tod eines Ehegatten wird gemäss gesetzli- selber und verfügt allein darüber. Jeder haftet für seine eigenen Schulden mit seinem gan- Aufgabe 3
cher Vorgabe das Gesamtgut hälftig geteilt. Durch ehevertragliche Regelung kann aber eine zen Vermögen. Aufgabe 4
«Gesamtgutzuweisung» an den überlebenden Ehegatten vereinbart werden. Dadurch erhält Bei Auflösung der Gütertrennung – sei dies durch Tod, Trennung oder Scheidung – ist Übung 4
der überlebende Partner das komplette Gesamtgut; der erbrechtliche Nachlass besteht nur keine eigentliche güterrechtliche Auseinandersetzung notwendig. Die Vermögen bleiben im- Übung 5
aus dem Eigengut des verstorbenen Ehegatten. Bei solchen Regelungen sind allerdings all- mer getrennt; jeder Ehepartner behält sein Vermögen. Übung 6
fällige erbrechtliche Pflichtteile der Nachkommen zu beachten.
Eine Auflösung durch Scheidung oder Trennung führt zu einer ähnlichen Aufteilung des
gesamten Vermögens wie bei einer Errungenschaftsbeteiligung.

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21.6 Auflösung einer Ehe – die Scheidung Q Bei einer sogenannten Kampfscheidung erfolgt die Einleitung des Verfahrens auf Klage
eines Ehepartners. In diesem Fall kann die Gegenseite, die sich nicht scheiden lassen will,
Gut 40 % aller Ehen, die heute geschlossen werden, dauern nicht bis zum Tode eines der auf einer Trennungszeit von zwei Jahren beharren. Ein solcher Prozess ist kaum ohne
Ehegatten, sondern werden früher oder später wieder geschieden (2010 lag dieser Wert so- Hilfe eines Anwalts zu bewältigen. Und der weitere Verlauf des Verfahrens ist weitge-
gar bei 54,4 %). Die Ursachen dafür sind sehr vielschichtig. Wegen des geänderten Rollen- hend davon abhängig, inwieweit die Parteien mit dem Urteil des Gerichts einverstanden
verständnisses von Mann und Frau hat sich auch die Auffassung der Ehe grundlegend ge- sind oder ob durch einen Weiterzug an eine höhere Instanz ein vorteilhafteres Ergebnis
ändert. Zudem wurden die Verfahrensvorschriften für eine Scheidung in den letzten Jahren angestrebt werden soll.
vereinfacht.
Die Scheidung kann nur dann vor Ablauf der zweijährigen Trennungsfrist eingereicht werden,
Q Erster Schritt: die Trennung falls dem klagenden Partner eine solche Frist aus schwerwiegenden Gründen, z. B. wegen
einer schweren Straftat, nicht zugemutet werden kann.
Der Scheidung geht eine Phase der Trennung voraus. Wenn die Eheleute ihre Ehe noch nicht
auflösen möchten, können sie mit einer Trennung (= Aufhebung des gemeinsamen Haus- Q Stark vereinfachte Übersicht über das Scheidungsverfahren
halts) eine «Besinnungspause» schaffen, die ihnen evtl. die Möglichkeit öffnet, die Ehe spä-
ter fortsetzen zu können. Eine Trennung kann aussergerichtlich durch eine gemeinsame Ab- Ehekrise
machung der Ehegatten erfolgen. Falls sich die Partner nicht einigen können, so kann jeder
Ehegatte beim Eheschutzgericht ein Gesuch auf Trennung einreichen.
Das Eheschutzgericht versucht, eine Einigung über die Streitpunkte herbeizuführen. Falls evtl. Trennung
dies nicht gelingt, fällt es einen Entscheid, in dem z. B. die Zuteilung der Familienwohnung,
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Unterhalts- und Kinderfragen geregelt werden. Persönliches
Grundsätzlich spielt
Exemplar hier wie
von Arantxa auchEspasandín,
Gándara im Schei-3018 Bern
dungsverfahren die Frage, wer für das Scheitern der Ehe verantwortlich sei, keine Rolle. Scheidungsentschluss

Q Das Scheidungsverfahren
Begehren beider Eheleute (Art. 111 f. ZGB) Scheidungsklage «nur»
eines Ehepartners (Art. 114 f. ZGB)
Es gibt zwei unterschiedliche Arten der Ehescheidung:
(Kampfscheidung)
Q Die meisten Scheidungen sind heute einvernehmliche Scheidungen (sogenannte Kon-
ventionalscheidungen). Dabei wird die Scheidung durch ein gemeinsames Begehren der
Es besteht Einigkeit Es besteht keine Einigkeit über
Scheidungswilligen eingeleitet. Die Ehegatten sind sich über die güterrechtliche Ausein- über alle Nebenfolgen einzelne Nebenfolgen
andersetzung, nacheheliche Unterhaltszahlungen, das Sorgerecht sowie die Alimente Einvernehmliche Scheidung z. B.: Unterhaltsbeiträge oder
(Unterhaltszahlungen) für die Kinder und die Aufteilung der beruflichen Vorsorge einig. (Konventionalscheidung) Sorgerecht für die Kinder
Die Vereinbarung, die sogenannte Scheidungskonvention, kann durch die Ehegatten
selbstständig oder mithilfe von Beratungsstellen, Anwälten oder Mediatoren 1 ausgear-
beitet werden. Ist das Gericht überzeugt, dass die Vereinbarung vollständig und ange-
messen ist, wird es diese genehmigen und die Scheidung aussprechen. Gerichtliche Anhörung Gerichtsverfahren
der Parteien evtl. Rechtsmittelverfahren (evtl. bis vor Bundesgericht)

Gerichtsurteil, Scheidung innert Gerichtsurteil, Scheidung innert Gerichtsurteil, Scheidung


ca. 3 – 6 Monaten ca. 6 Monaten bis mehrere innert mehrerer Jahre
Jahre

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Q Die Scheidungsfolgen

Die Geschiedenen behalten grundsätzlich ihren bisherigen Namen. Hat allerdings jemand
bei der Heirat seinen Namen geändert, kann er oder sie wieder den Ledignamen annehmen.
Die Aufteilung der Vermögen der Ehepartner erfolgt grundsätzlich nach den Regeln des
Ehegüterrechtes, ist aber häufig Gegenstand von Verhandlungen.
Das elterliche Sorgerecht wird in der Regel einem Elternteil zugesprochen, es kann aber
auf Antrag der Eltern bei beiden Elternteilen belassen werden. (Je nach Ergebnis der laufen-
den Gesetzesrevision sollte das gemeinsame Sorgerecht zur Regel werden.) Das Gesetz legt
ausserdem fest, dass die Kinder vor dieser Entscheidung befragt werden müssen.
Falls gerechtfertigt, kann das Gericht die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag für
die Familienwohnung einem Ehegatten übertragen.
Wer nach der Scheidung nicht für seinen eigenen Unterhalt aufkommen kann, z. B. we-
gen der Betreuung kleiner Kinder, erhält einen Anspruch auf Unterhaltsbeiträge (Alimente).
Nach der Scheidung müssen Pensionskassenansprüche hälftig geteilt werden. Diese Be-
träge dürfen nicht bar ausbezahlt, sondern müssen für die berufliche Vorsorge verwendet
werden.
Mit einer Scheidung erlöschen auch die gegenseitigen Erbberechtigungen gemäss der
gesetzlichen Erbfolge. Möchte jemand einen ehemaligen Ehegatten auch nach der Schei-
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Übung 7 dung erblich begünstigen, so muss ein entsprechendes Testament
Persönliches Exemplar vonerstellt
Arantxawerden.
Gándara Espasandín, 3018 Bern

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Familienrecht 13

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Familienrecht 14

21.7 Kindsverhältnis und Verwandtschaft Q Beispiel eines Verwandtschaftssystems


(ausgehend von Roger Bürgi)
Das Verhältnis zwischen der leiblichen Mutter und ihrem Kind entsteht durch die Geburt.
Zwischen dem Kind und dem Vater entsteht das Kindsverhältnis automatisch, falls die Mut- 3. Stamm: Grosseltern
ter verheiratet ist. In diesem Fall wird der Ehemann als Vater vermutet. Ist die Mutter nicht Grosseltern Grosseltern
verheiratet, so kann der Vater das Kind durch eine entsprechende Erklärung beim Zivilstands-
amt anerkennen. Sowohl die Mutter als auch das Kind können schliesslich mit der sogenann- Alfons Cäcilia Konrad Gertruth
Bürgi Bürgi-Kummer 1) Scherrer Scherrer
ten Vaterschaftsklage die Feststellung des Kindsverhältnisses zwischen dem Kind und dem
Vater einklagen, falls dieser das Kind nicht anerkennt.
Mit einer Adoption entsteht das Kindsverhältnis aufgrund eines Rechtsakts und steht am
Ende eines mehrjährigen Verfahrens. Das Kindsverhältnis zum leiblichen Elternteil wird da- Onkel Tante
durch aufgehoben. Es ist also rechtlich nicht möglich, dass sich die leiblichen Eltern und die
Adoptiveltern die Elternschaft teilen. So gehen z. B. alle Erbansprüche gegenüber den leib- Anna Gottlieb Sophie Herbert
lichen Eltern unter, ebenso besteht keine Beistandspflicht mehr. Bürgi-Käser Bürgi Gmür-Scherrer 1) Gmür
2. Stamm: Eltern
Das Verhältnis zwischen Eltern und Kind hat auch rechtliche Folgen: Am auffälligsten
Eltern
wird dies in der Übernahme des Familiennamens durch das Kind. Die Kinder verheirateter
Eltern erhalten den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Tragen die verheirateten Eltern Joseph Maria
verschiedene Namen, so müssen sie sich bei der Heirat entscheiden, ob die gemeinsamen Bürgi Bürgi-Scherrer 1)
Kinder den Ledignamen der Braut oder des Bräutigams erhalten sollen. Die Kinder nicht ver- Geschwister
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heirateter Paare erhalten grundsätzlich den Ledignamen
Persönliches der Mutter.
Exemplar WennGándara
von Arantxa sich unverheira-
Espasandín, 3018 Bern
tete Paare die elterliche Sorge teilen (oder diese alleine beim Vater liegt), können Kinder al-
lerdings auch den Namen des Vaters tragen. 2)
Neben dem Namen erhält ein Kind auch das Bürgerrecht desjenigen Elternteils, dessen Jacqueline Andrea Roger Fränzi
Bürgi Zäch Bürgi Bürgi
Namen es trägt. Beim Schweizer Bürgerrecht ist dies, im Unterschied zu anderen Staaten,
1. Stamm: Nachkommen
zwingend mit der Verleihung eines bestimmten Gemeindebürgerrechts verbunden. Früher
war der Bürgerort zur Sozialhilfe für seine Bürger verpflichtet, heute hat das Gemeinde- Claudia Kinder
Werner
Kern Mäder
bürgerrecht allerdings kaum mehr praktische Bedeutung.
Das Kindsverhältnis verpflichtet Eltern und Kinder zum gegenseitigen Beistand. Diese 3) 2)
eher pauschale Bestimmung begründet einerseits einen Anspruch auf persönlichen Kontakt, René Eliane
bringt aber andererseits auch die Verpflichtung zu finanziellem Beistand mit sich. Zudem wird Bürgi Bürgi
Markus
dadurch das Recht zur Ausübung der elterlichen Sorge festgelegt. Während verheiratete Bürgi
Eltern die elterliche Sorge gemeinsam ausüben, steht diese bei einer unehelichen Geburt in Enkelkinder Enkelkinder
der Regel der Mutter und im Scheidungsfall, je nach Konvention bzw. Urteil, einem Elternteil
allein oder beiden Eltern gemeinsam zu.
Lea Sarah Sandro Beatrice
Kern Kern Bürgi Bürgi
Bedeutung der Symbole: Frauen Männer

1) = Allianzname 2) gewählter Familienname: «Bürgi» 3) gewählter Familienname: «Kern»

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Die rechtliche Klärung von Kindsverhältnissen bildet die Basis zur Darstellung des gesam-
ten Verwandtschaftssystems. Die verschiedenen Ebenen bezeichnen wir als Stämme; des-
halb ist umgangssprachlich oft auch von einem Stammbaum die Rede. Dabei beziehen sich
die Bezeichnungen immer auf eine klar bezeichnete Person im Zentrum des Stammbaums:
Q Der erste Stamm umfasst alle Nachkommen dieser Person, also deren Kinder, Enkel usw.
Q Der zweite Stamm umfasst die Eltern der Person sowie deren Nachkommen, also Ge-
schwister, Neffen und Nichten, usw. Er wird auch als elterlicher Stamm bezeichnet.
Q Der dritte Stamm umfasst die Grosseltern und deren Nachkommen, also Onkel und
Tanten, Cousinen und Cousins.

Q Weitere Verwandtschaftsbegriffe

Q Von Verwandtschaft in gerader Linie sprechen wir, wenn eine Person von der ande-
ren abstammt, beispielsweise das Eltern-Kind-Verhältnis oder die Beziehung zwischen
Grosseltern und Enkeln (Art. 20 ZGB).
Q Eine Verwandtschaft in Seitenlinie besteht zwischen Personen, die nicht in gerader
Linie verwandt sind, aber von derselben Person abstammen. Beispiele dafür sind die Be-
ziehungen zwischen Geschwistern, zwischen Nichten und Neffen oder zwischen Cousi-
nen und Cousins. Eine Nichte ist das Kind eines Geschwisters, beispielsweise die Tochter
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einer Schwester. Cousinen und Cousins heissen die Kinder
Persönliches von
Exemplar vonOnkeln und Tanten.
Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Q Unter der Schwägerschaft verstehen wir das Verhältnis einer Person zu den Ehegatten
ihrer Verwandten und zu den Verwandten ihres Ehegatten. So bezeichnen wir beispiels-
Übung 8 weise die Frau eines Bruders als Schwägerin, den Mann einer Schwester als Schwägerin.

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Familienrecht 16

21.8 Die eingetragene Partnerschaft Q Vermögensrecht («Güterrecht der Partner»)

Das seit 2007 geltende Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlecht- Das Vermögensrecht im PartG entspricht dem «Güterrecht» im Eherecht. Anders als im ehe-
licher Paare, Partnerschaftsgesetz (PartG) ist bewusst ein vom Familienrecht des ZGB ge- lichen Güterrecht gibt es aber keine «Güter- oder Vermögensgemeinschaft». Die Vermögens-
trenntes Gesetz und beschränkt sich auf gleichgeschlechtliche Paare ohne Kinder. Trotzdem regelung gemäss Art. 18 PartG entspricht inhaltlich einer Gütertrennung: Jede Partnerin und
orientieren sich viele Regelungen am Eherecht. Auch im übrigen Privatrecht (z. B. bei der jeder Partner verfügt selber über das eigene Vermögen.
Miete, im Arbeitsvertrag oder im Versicherungsvertragsgesetz) und im öffentlichen Recht In einem Vermögensvertrag können aber die Partner vereinbaren, dass das Vermögen
(z. B. im SchKG oder im Strafrecht) ist die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt. bei Auflösung der Partnerschaft entsprechend den Bestimmungen zur Errungenschaftsbetei-
Dies gilt auch für das Sozialversicherungsrecht mit der Invaliden- und Krankenversicherung, ligung geteilt wird.
der AHV und der beruflichen Vorsorge.
Nach einem Höchststand von gut 2000 Eintragungen bei Inkraftsetzung des Gesetzes im Q Kinder in einer eingetragenen
Jahr 2007 hat sich die Zahl deutlich reduziert. 2017 haben sich 789 Paare registrieren lassen Partnerschaft
(zum Vergleich: 2017 fanden 40 599 Eheschliessungen statt).
Den Partnerinnen oder Partnern ist es nicht
Q Begründung einer eingetragenen Partnerschaft erlaubt, fremde Kinder zu adoptieren oder
fortpflanzungsmedizinische Verfahren zu
Das Verfahren zur Begründung einer Partnerschaft verläuft ähnlich wie bei der Eheschlies- nutzen. Die Adoption von Kindern des Part-
sung, es gibt aber kein Verlöbnis. Die Partnerinnen oder Partner müssen gleichen Geschlechts ners oder der Partnerin (Stiefkindadoption)
sein, das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und urteilsfähig sein. Eintragungshindernisse sind ist allerdings (seit 1. 1. 2018) möglich.
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Verwandtschaft in gerader Linie sowie eine bereits bestehende
Persönliches Exemplareingetragene Partnerschaft.
von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Es besteht eine Unterstützungspflicht
Die Beurkundung der Partnerschaft ist ein öffentlicher Akt (ohne Zeugen), in welchem für Kinder des Partners. Hat eine Person Eine Frau kann die Kinder einer Frau adoptieren,
die beiden Willenserklärungen der Partnerinnen bzw. der Partner vom Zivilstandsbeamten Kinder, so soll ihre Partnerin oder ihr Part- mit der sie in einer eingetragenen Partnerschaft
protokolliert werden. Danach wird die Partnerschaft im Zivilstandsregister eingetragen: Der ner ihr bei der Unterhaltspflicht und Aus- lebt. Die Adoption fremder Kinder ist allerdings
Zivilstand lautet nun «in eingetragener Partnerschaft». übung der elterlichen Sorge beistehen. nicht erlaubt.

Q Die Wirkungen einer eingetragenen Partnerschaft Q Die Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft

Die Eintragung der Partnerschaft hat normalerweise keine Auswirkungen auf den Namen; Die beiden Partnerinnen oder Partner können bei Gericht gemeinsam die Auflösung der Part-
das Paar kann aber bei Eintragung der Partnerschaft erklären, dass es den Familiennamen der nerschaft beantragen. Analog zum eherechtlichen Scheidungsverfahren prüft das Gericht
einen Partnerin oder des einen Partners als gemeinsamen Namen tragen will; jeder Partner den Antrag; insgesamt gilt aber ein gegenüber der Ehescheidung erleichtertes Verfahren.
behält zudem sein Bürgerrecht. Nach Art. 12 PartG müssen die beiden Partnerinnen oder Dies ergibt sich unter anderem daraus, dass die Partner nicht für gemeinsame Kinder zu
Partner einander Beistand leisten und aufeinander Rücksicht nehmen. Die Partner haben ge- sorgen haben. Grundsätzlich ist nach Auflösung der Partnerschaft jede Partnerin und jeder
meinsam für den Unterhalt ihrer Gemeinschaft zu sorgen. Auch in Anlehnung an das Ehe- Partner für den eigenen Unterhalt verantwortlich.
recht besteht eine gegenseitige Auskunftspflicht über Einkommen, Vermögen und Schulden Im Weiteren kann jeder Partner oder jede Partnerin die Auflösung der Partnerschaft ver-
beider Partnerinnen. Ebenso vertritt jeder Partner die Gemeinschaft für die laufenden Be- langen, wenn das Paar seit mindestens einem Jahr getrennt lebt.
dürfnisse gegen aussen. Er verpflichtet sich persönlich und haftet auch persönlich und soli- Nach der gerichtlichen Auflösung der Partnerschaft oder nach dem Tod des Partners bzw. Aufgabe 5
darisch. Die gesetzlichen Vorgaben zur gemeinsamen Wohnung sind analog zu jenen der der Partnerin lautet der Zivilstand «aufgelöste Partnerschaft». Übung 8
Familienwohnung im Eherecht; die Wohnung kann nur mit ausdrücklicher Zustimmung der
Partnerin oder des Partners gekündigt werden.

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9 Das haben Sie gelernt Offene Fragen

Das Konkubinat als freie Form des Zusammenlebens charakterisieren


Die Vor- und Nachteile des Konkubinats im Vergleich zur Ehe nennen
Die wichtigsten Problembereiche des Konkubinats kennen und Lösungsmöglich-
keiten beurteilen
Die Voraussetzungen und den Weg zur Eheschliessung beschreiben
Die Regeln des Namensrechts auf ein Beispiel anwenden
Rechtliche Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung des Ehe- und Familienlebens
nennen
Die Unterschiede zwischen dem ordentlichen Güterstand und den vertraglichen
Güterständen anhand von Kriterien beschreiben
Die finanziellen Auswirkungen von Eheschluss und Eheauflösung in Abhängigkeit
vom gewählten Güterstand beschreiben
Die unterschiedlichen Entstehungsmöglichkeiten eines Kindsverhältnisses nennen
und ihre Bedeutung für das Verwandtschaftssystem beschreiben
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Die eingetragene Partnerschaft anhand von Kriterien
Persönliches charakterisieren.
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9 Diese Begriffe können Sie erklären

Konkubinat («wilde Ehe») Trennung


Ehe Scheidung
Verlobung / Verlöbnis Einvernehmliche Scheidung (Konventionalscheidung)
Ehefähigkeit Scheidungskonvention
Ehehindernisse Kampfscheidung
Namensrecht Kindsverhältnis / Verwandtschaft
Familienname Adoption
Ledigname Elterliche Sorge
Bürgerrecht Stamm
Ehe- und Familienberatungsstelle Erster Stamm
Eheschutzgericht Zweiter Stamm
Ehegüterrecht / Güterstand Dritter Stamm
Ordentlicher Güterstand Nichte / Neffe
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Errungenschaftsbeteiligung Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Cousine / Cousin
Eigengut Schwägerschaft
Errungenschaft Eingetragene Partnerschaft
Vorschlag / Rückschlag
Vertraglicher Güterstand
Ehevertrag
Gütergemeinschaft
Gesamtgut
Gütertrennung
Ausserordentlicher Güterstand

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Familienrecht 20

Übung 1 Aussagen zum Konkubinat beurteilen Übung 2 Verlobung und Eheschliessung

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a ) Das heutige Familienrecht enthält Vorschriften zum Konkubinat, a) Wer verlobt ist, muss dem Partner treu sein; es gibt allerdings keinen
zur Ehe und zu den sogenannten eingetragenen Partnerschaften. klagbaren Anspruch auf Eingehung der Ehe.

b ) Die gerichtliche Beurteilung bei einer Trennung von Konkubinatspaaren b) Den Abschluss einer Verlobung bildet die entsprechende Erklärung auf
erfolgt im Zweifelsfall aufgrund der Vorschriften zur einfachen Gesellschaft dem Zivilstandsamt und der Austausch der Ringe.
(Art. 530ff. OR).

c) Wer eine Verlobung auflöst, muss dem anderen einen angemessenen Beitrag
c ) Ein Vorteil des Konkubinats ist die Möglichkeit, die Lebensgemeinschaft an bereits getätigte Auslagen leisten.
relativ einfach und formlos wieder auflösen zu können.

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d) Ein Paar, das ein Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens stellt,
d ) Ein weiterer Vorteil des Konkubinats ergibt sich beim Tod eines Partners. gilt als verlobt.
Ohne anderslautende Vereinbarung ist der überlebende Partner durch
die Vorgaben des Erbrechts einigermassen geschützt.

e) Die Heirat zwischen (Halb-)Geschwistern ist in der Schweiz unter gewissen


Bedingungen erlaubt.
e ) Wenn sich ein Konkubinatspaar trennt, muss das gemeinsam erworbene
Vermögen hälftig geteilt werden.

f) Die Grundlagen zum Eheschliessungsverfahren sind im OR geregelt,


detaillierte Ausführungsbestimmungen in der Zivilstandsverordnung.
f ) Das Konkubinat ist konzipiert für das gemeinsame Zusammenleben
von zwei verschiedengeschlechtlichen Personen.

g) Marcel Huber und Linda Buchmüller können sich bei ihrer Eheschliessung
nach eigenem Gutdünken sowohl für Huber wie auch für Buchmüller
g ) Im Obligationenrecht (OR) finden sich Rechtsnormen, die auf das Konkubinat als Familiennamen entscheiden.
angewendet werden können.

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Übung 3 Aussagen zum Familien- und Eheleben Übung 4 Welcher Güterstand gilt?

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Kreuzen Sie bei den folgenden Aussagen an, für welche Güterstände

Errungenschaftsbeteiligung
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. sie gelten.

a ) Das Eherecht verlangt, dass einer der Partner die Arbeiten zu Hause erledigt

Gütergemeinschaft
und der andere auswärts einer Erwerbsarbeit nachgeht.

Gütertrennung
b ) Der Name des Ehemannes ist zwar nicht in jedem Fall der Familienname;
die gemeinsamen Kinder tragen aber automatisch seinen Namen.
A B C
a) Jeder Ehegatte trägt die Risiken seiner Vermögensverwaltung selber.
c ) Die Erziehung der Kinder obliegt jenem Partner, der den Haushalt betreut.
b) Das Eigengut umfasst nur persönliche Gebrauchsgegenstände
und das im Ehevertrag genannte Vermögen.
c) Wenn sich ein Ehepaar bei der Eheschliessung nicht speziell für
d ) Die Ehefrau kann eine berufliche Tätigkeit aufnehmen,
© 2021 Verlag selbst
SKV AG:wenn der Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand
Brennpunkt einen Güterstand entscheidet,
Gymnasium tritt automatisch
Lerbermatt-Köniz 2021 dieser Güterstand
Ehemann damit nicht einverstanden ist. Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern in Kraft.

d) Bei diesem Güterstand gehören gewisse Vermögensbestandteile


zum Eigengut.
e ) Wenn sich ein Ehegatte nicht an die gesetzlichen Bestimmungen hält, e ) Bei einer gerichtlich angeordneten Trennung tritt automatisch
versucht das Eheschutzgericht zuerst, eine vorläufige Trennung zu erreichen. dieser Güterstand in Kraft.
f ) Wenn ein Ehepaar sich für diesen Güterstand entscheidet,
muss es einen Ehevertrag abschliessen.

f ) Jeder Ehepartner muss den anderen auf entsprechende Anfragen hin über g) Die Ehegatten können damit bewirken, dass der grösste Teil
sein Einkommen, sein Vermögen und seine Schulden informieren. des Vermögens nach dem Tod eines Ehegatten beim überlebenden
Ehegatten verbleibt.
h) Diesen Güterstand bezeichnen wir auch als «ordentlichen
Güterstand».
g ) Jeder Ehepartner muss im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Beitrag an
den Unterhalt der Familie leisten.

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Übung 5 Zu welcher Vermögensmasse gehört …? Übung 6 Aussagen zum Güterrecht beurteilen

Kreuzen Sie bei den folgenden Aussagen an, zu welcher Vermögensmasse Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in

Errungenschaft
die jeweiligen Vermögensbestandteile in einer Errungenschaftsbeteiligung das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.
gehören.
a) Errungenschaftsbeteiligung und Gütergemeinschaft sind die beiden

Eigengut
vertraglichen Güterstände.

A B
a ) Sparkapital, das in die Ehe eingebracht wurde. b) Der ordentliche Güterstand ist jener, der für die Mehrheit aller Ehepaare
als Grundlage für die Regelung ihrer Vermögensverhältnisse dient.
b ) Die Ehefrau hatte während ihrer Ehe von ihren Eltern eine Eigentumswoh-
nung geerbt.
c ) Lohn aus Berufstätigkeit der Ehegatten
c) In einer Errungenschaftsbeteiligung wird bei Auflösung der Ehe die Errungen-
d ) Das Klavier des Ehemannes schaft der Ehegatten immer hälftig geteilt.

e ) Der gemeinsam genutzte Familienvan, der aus dem laufenden


Arbeitseinkommen gekauft wurde. © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
d) In einer Gütergemeinschaft gibt es nur zwei gemeinschaftliche Gütermassen.
f ) Der Kleinwagen, den die Ehefrau in die Ehe eingebracht hatte und
der nun gemeinsam genutzt wird.
g ) Eine IV-Rente von 50 % wegen einer teilweisen Erwerbsunfähigkeit
infolge eines Unfalls. e) Die Gütertrennung ist sowohl ein vertraglicher als auch ein ausserordentlicher
h ) Pachtzinsen für ein landwirtschaftliches Grundstück, das der Ehemann Güterstand.
von seinen Eltern geerbt hatte.
i) Dividende für eine Lindt & Sprüngli-Aktie, welche die Ehefrau von ihrer
Mutter zur Hochzeit geschenkt bekommen hatte. f) Bei der Gütergemeinschaft sprechen wir von den Eigengütern von Mann
j) Der Ehemann kauft sich aus seinem Arbeitsverdienst einen neuen und Frau sowie vom Gemeinschaftsgut.
Gleitschirm als Ersatz für den bisherigen, fünfjährigen Schirm.

g) Bei der Auflösung eines Güterstandes muss im Zweifelsfall ein Ehegatte selber
beweisen, dass ein Vermögensstück zum Eigengut gehört.

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Übung 7 Welche Aussagen zur Scheidung sind richtig? Übung 8 Eingetragene Partnerschaft im Vergleich

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in Kreuzen Sie bei den folgenden Aussagen an, ob die Aussage für das

Eingetragene Partnerschaft
das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. Konkubinat, die Ehe oder für die eingetragene Partnerschaft zutrifft.

a ) Ein aufwendiges Gerichtsverfahren kann bei einer Scheidung vermieden


werden, wenn die beiden Eheleute mindestens zwei Jahre getrennt sind.

Konkubinat
b) Wenn einer der Ehepartner sich dem Scheidungswunsch des anderen

Ehe
widersetzt, dauert es mindestens zwei Jahre, bis eine Scheidung möglich ist.
A B C
a) Die beiden Partner sind sich zu gegenseitigem Beistand verpflichtet.
c ) Eine Trennung gilt nur dann als ordentlich vollzogen, wenn sie vom Eheschutz-
b ) Die gemeinsame Wohnung kann nur mit Zustimmung beider Partner
richter ausgesprochen wird.
gekündigt werden.
c) Der eine Partner kann den Namen des anderen tragen.
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d) Bei einer Scheidung auf gemeinsames Persönliches
Begehren Exemplar
hin wird die von Arantxa Gándara
Scheidung d) Rechtlich verbindlich kann diese Lebensform
ohne Espasandín, 3018 Bern nur auf dem
Mitwirkung eines Gerichts vollzogen (Konventionalscheidung). Zivilstandsamt begründet werden.
e) Kann sowohl von gleichgeschlechtlichen als auch von hetero-
sexuellen Paaren als Lebensform gewählt werden.
f ) Ohne spezielle vertragliche Vereinbarung bleiben die Vermögen
e ) Eine Scheidung führt zur Teilung der Pensionskassenguthaben.
sowohl während als auch nach Auflösung der Lebensform getrennt.
g) Das Paar kann gemeinsam Kinder adoptieren.

f ) Die Ehegatten müssen bei einer Scheidung die Hälfte ihrer Pensionskassen- h) Es besteht eine Unterstützungspflicht für Kinder des Partners
ansprüche an den anderen auszahlen. oder der Partnerin im gleichen Haushalt.

g ) Mit der Scheidung erlischt auch die Erbberechtigung des geschiedenen


Partners. Soll er trotzdem erbrechtlich begünstigt werden, muss ein Testament
erstellt werden.

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Übung 9 Verwandtschaft

Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Teilaussagen zum abgebildeten Ver-
wandtschaftssystem, die miteinander verknüpft sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der A B C D E
folgenden Antwortmöglichkeitenund begründen Sie falsche Teilaussagen in wenigen Worten. +weil+ +/+ +/– –/+ –/–
Beide Aussagen Beide Aussagen Erste Aussage Erste Aussage Beide Aussagen
3. Stamm: Grosseltern richtig, richtig, richtig, zweite falsch, zweite falsch
Grosseltern Grosseltern
Verknüpfung Verknüpfung Aussage falsch Aussage richtig
trifft zu trifft nicht zu
Alfons Cäcilia Konrad Gertruth
Bürgi Bürgi-Kummer Scherrer Scherrer a ) Gertruth Scherrer und Joseph Bürgi sind verschwägert, weil Joseph mit Gertruth
Scherrers Tochter verheiratet ist.

Onkel Tante

b) Andrea Zäch und Roger Bürgi sind nicht miteinander verwandt,


Anna Gottlieb Sophie Herbert
Bürgi-Käser Bürgi Gmür-Scherrer Gmür weil sie miteinander verheiratet sind.
2. Stamm: Eltern

Eltern
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Joseph Persönliches
MariaExemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
c) Lea Kern und Jacqueline Bürgi sind nicht miteinander verwandt,
Bürgi Bürgi-Scherrer
Geschwister
weil sie nicht gleich heissen.

d) Caroline, Tochter von Werner Mäder aus einer ausserehelichen Beziehung,


Jacqueline Andrea Roger Fränzi
Bürgi Zäch Bürgi Bürgi ist verwandt mit Sarah Kern, weil diese eine Schwester von Sandro Bürgi ist.
1. Stamm: Nachkommen

Claudia Werner
Kinder Mäder
Kern e) Der grosselterliche Stamm von Lea Kern umfasst derzeit sechs Personen,
weil René Stammträger des elterlichen Stamms ist.
René Eliane
Bürgi Bürgi
Markus
Bürgi
Enkelkinder Enkelkinder

Lea Sarah Sandro Beatrice


Kern Kern Bürgi Bürgi
Bedeutung der Symbole: Frauen Männer

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Aufgabe 1 Szenen aus dem Eheleben

Hans Müller und Karin Huber haben geheiratet. Zu Beginn sieht alles recht gut aus; dann b) Prüfen Sie anschliessend mithilfe des Gesetzes, ob sich Ihre Meinung mit jener
tauchen allmählich Meinungsverschiedenheiten (1.– 5.) auf. des Gesetzgebers deckt.

a ) Klären Sie im Gespräch mit einer Kollegin oder einem Kollegen Ihren persönlichen 1.
Standpunkt zu den einzelnen Problembereichen.

1. Weil Kinder bisher ausgeblieben sind, arbeiten sowohl Karin Huber als auch Hans
Müller weiter in ihren Jobs. Hans Müller empfindet es zunehmend als Belastung, dass
beide am Wochenende und am Abend den Haushalt machen müssen. Er verlangt
daher von seiner Partnerin, dass sie mit der Erwerbsarbeit aufhört und dafür die Haus- 2.
arbeiten erledigt. Karin Huber ist damit nicht einverstanden.

2. Nach einem Jahr kommen Zwillinge zur Welt. Karin Huber arbeitet nicht mehr in ihrem
Betrieb und widmet sich stattdessen dem Haushalt. In letzter Zeit hat sie ihren Partner
nach dem Feierabend einige Male darum gebeten, die Zwillinge zu wickeln und mit
ihnen zu spielen. Hans Müller hat sich jeweils geweigert und dies mit seiner Müdigkeit
3.
begründet. Er ist der Meinung, dass Karin die Erziehung der Kinder obliege.
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3. Die Zwillinge brauchen schnell mehr Platz, sodass die bisherige 3-Zimmer-Wohnung
allmählich zu eng wird. Karin Huber mietet daher eine 5-Zimmer-Wohnung in der
Umgebung und schreibt eine Kündigung an ihren bisherigen Vermieter. Sie geht davon
aus, dass ihr Ehemann damit einverstanden sei, und schickt beide Schriftstücke
(Kündigung sowie neuen Mietvertrag) noch am selben Tag ab, obwohl Hans Müller 4.
für einige Wochen im Ausland weilt.

4. Hans Müller beklagt sich immer öfter über die zu hohen Haushaltsausgaben.
Weil er den Metzger des Ortes von der Feuerwehr her sehr gut kennt, bittet er diesen,
in Zukunft zu verhindern, dass seine Ehefrau mehr als CHF 400.– pro Monat für
Fleisch ausgibt. Falls sie diese Limite übersteige, sei der Kauf von seiner Zustimmung 5.
abhängig zu machen.

5. Karin Huber hat ein aufwendiges Hobby: Sie liebt Oldtimerautos über alles. Gerade
hat sie sich wieder ein besonders schönes Exemplar gekauft und zur Finanzierung
das bisherige Familienauto sowie das Familienporzellan verkauft. Hans Müller ist damit
nicht einverstanden.

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Familienrecht 25

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Familienrecht 26

Aufgabe 2 Konkubinat

Lesen Sie den folgenden Artikel aufmerksam durch und beantworten Sie die anschliessenden Fragen.

Wer sicher sein will, sollte heiraten Todesfall / AHV-Witwenrente


Im Fall von Jürg Hubers Tod erhält Tanja
rin kann Huber sie zwar als Begünstigte
einsetzen, da sie von ihm erheblich unter-
Hinzu kommt der Steuernachteil. Ehe-
gatten bezahlen in den meisten Kantonen
Müller keine Witwenrente. Das AHV-Ge- stützt wurde. Das gilt auch, wenn sie für keine Erbschaftssteuern. Ganz anders Kon-
Cornelia Döbeli wurde. Seither kümmert sie sich auch um setz sieht das nämlich für Konkubi- den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes kubinatspartner: Sie gelten als Drittpersonen
sein Kind aus erster Ehe und führt den natspartner nicht vor. Das kann drastische aufkommen muss oder die Lebensgemein- und zahlen deshalb meist sehr hohe Steuern,
Konkubinatspaare, die sich gleich gut Haushalt. Folgen für Tanja Müller haben: Ihr entge- schaft mindestens fünf Jahre Bestand hatte. im Schnitt 30 Prozent der geerbten Summe.
wie Verheiratete absichern wollen, Beide wollen nicht heiraten, aber sicher- hen zwischen 10 944 und 21 888 Franken Allerdings darf Huber das Pflichtteils-
müssen das mit Zusatzversicherungen stellen, dass Tanja so gut geschützt ist, als Rente pro Jahr, die sie als Verheiratete recht seiner Kinder nicht verletzen; es be- Unterhaltsbeiträge bei einer Trennung
teuer erkaufen. Im Vergleich dazu ist wären sie verheiratet. Deshalb suchen sie erhalten würde. Will sie ihr maximales trägt 75 Prozent seines Nachlasses. Die Kin- Tanja Müller muss auch für den Fall einer
selbst eine Scheidung günstig. den Wettinger Finanzplanungsexperten Risiko über eine Todesfallrisikoversiche- der könnten zwar nicht verhindern, dass das Trennung vorsorgen. Will sie sicher sein,
Patrick Liebi auf. Seine Berechnungen zei- rung abdecken, kostet sie das rund 2000 ganze 3a-Guthaben direkt an Tanja Müller dass sie von Jürg Huber in einem solchen
Heiraten ist wieder im Trend. Letztes Jahr gen, dass Tanjas Absicherung ein teures Franken Prämie im Jahr. geht. Im Streitfall können sie aber gegen Fall Unterhaltsbeiträge und die Hälfte des
gaben sich in der Schweiz 41 500 Paare das Unterfangen voller Fallstricke werden Müller klagen und sich ihr Recht erstreiten. gemeinsam angesparten Vermögens erhält,
Jawort, drei Prozent mehr als im Vorjahr. könnte. Pensionskasse Den Pflichtteil seiner Kinder umgehen müssen sie einen Konkubinatsvertrag ab-
Dennoch sagen sich viele nach wie vor: bes- Ob Tanja Müller von Jürg Hubers Pensions- kann Jürg Huber nur bei einer reinen schliessen. Das Problem dabei: Seine Zah-
ser gar nicht heiraten, als sich später schei- Alter / AHV kasse eine «Witwenrente» erhalten würde, Todesfallversicherung. Dort fliesst die ver- lungen werden unter Umständen vom
den zu lassen – und verzichten trotz Kin- Als Hausfrau muss Tanja Müller den Bei- hängt von deren Reglement ab. Pensions- einbarte Summe direkt an die begünstigte Steueramt als Schenkung taxiert. Dann
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dern auf den Trauschein. Die Folgen sieht trag für Nichterwerbstätige an von
Persönliches Exemplar die Arantxa
AHV Gándara
kassenEspasandín,
dürfen freiwillig Todesfallleistun-
3018 Bern Person; sie zählt nicht zum Nachlass. müsste Tanja Müller Schenkungssteuern
zum Beispiel der Badener Familienmedia- entrichten. Sonst entstehen Beitrags- gen an die Konkubinatspartnerin und den zahlen.
tor Vinzenz Rösli, wenn er Konkubi- lücken, die später Rentenkürzungen zur -partner ausrichten, wenn die Lebensge- Testament
natspaare beraten muss, die sich trennen Folge haben. Um das zu verhindern, muss meinschaft mindestens fünf Jahre gedauert Schlecht fährt Tanja Müller auch, wenn es Die obige Aufzählung zeigt Probleme und
wollen: «Sie streiten um die genau gleichen sie mindestens 460 Franken pro Jahr in die hat oder wenn die überlebende Partnerin ums Erben geht: Sie würde nach Gesetz gar Kosten, über die sich die wenigsten unver-
Punkte wie Verheiratete bei der Scheidung» AHV einzahlen. Der genaue Betrag wird oder der überlebende Partner für ein ge- nichts erhalten. Deshalb müssen unverhei- heirateten Paare im Klaren sind. Als Trost
– Alimente oder Vermögen, das während aufgrund der persönlichen Vermögens- meinsames Kind sorgen muss. Ob eine ratete Paare, die sich gegenseitig begünsti- bleibt Tanja Müller und Jürg Huber, dass
der Partnerschaft angespart wurde. und Einkommenssituation festgelegt. «Witwenrente» bezahlt wird, muss Jürg gen wollen, ein Testament machen oder sie als Konkubinatspaar weniger Steuern
Zahlt sie den Minimalbeitrag, könnte sich Huber direkt bei seiner Pensionskasse ab- aber einen Erbvertrag abschliessen. Aller- bezahlen. Allerdings womöglich nicht
Scheidung unter 3000 Franken der Verlust bei einer Trennung im AHV- klären; unter Umständen muss er dort für dings müssen sie sich an das Pflichtteils- mehr lange. Denn immer mehr Kantone
Röslis Rat: Besser vorsorgen, als sich hin- Alter auf maximal 13 680 Franken jährlich seine Partnerin eine Begünstigtenerklä- recht gewisser Erben (Nachkommen, gehen zum System des Steuersplittings bei
terher grün und blau ärgern. Oder heira- belaufen. Möchte sie dieses Risiko ab- rung hinterlegen. Eltern und Ehegatten) halten. Der Pflicht- Ehepaaren über. Dabei werden die beiden
ten! Schliesslich sei eine Scheidung gar decken, müsste sie einen Betrag von jähr- Das lohnt sich. Denn die Witwenrenten teil von Jürg Hubers Kindern beträgt wie Einkommen zwar zusammengerechnet,
nicht so teuer. Bei ihm koste sie «rund lich 7640 Franken (verzinst zu zwei Pro- aus sehr gut ausgebauten Pensionskassen gesagt 75 Prozent. aber zu einem tieferen Tarif besteuert.
2500 Franken plus 200 Schreibgebühr». zent) ansparen. können sich auf 43 200 Franken jährlich Hinterlässt er 400 000 Franken, erbt Nachdem Tanja Müller und Jürg Huber
Das ist weniger als die Versicherungsprä- Weil ihr Kind noch nicht 16 ist, hat belaufen. Wollte Tanja Müller diesen Be- Müller als Konkubinatspartnerin also nur vom Finanzplanungsexperten beraten
mien, die Konkubinatspaare jährlich zah- Tanja Müller immerhin Anspruch auf Er- trag privat versichern, müsste sie rund 5300 100 000. Als Ehefrau stünden ihr dagegen wurden, sind sie plötzlich unsicher gewor-
len müssen, um sich gleich abzusichern ziehungsgutschriften, die ihr angerechnet Franken Prämie pro Jahr zahlen. 325 000 Franken zu: 200 000 aus Güter- den. Wenn eine Heirat so vorteilhaft ist,
wie Ehepartner. werden. Üben wie in ihrem Fall beide recht und 125 000 aus Erbrecht, wenn das fragen sie sich, ob sie sich nicht doch das
Das zeigt auch das Beispiel von Jürg Elternteile das Sorgerecht gemeinsam aus, Private Vorsorge ganze Vermögen während der Ehe ange- Jawort geben sollen. «Warum nicht?», sagt
Huber und Tanja Müller (Namen geän- müssen sie der zuständigen AHV-Zweig- Nachteile hat Tanja Müller auch bei der pri- spart wurde. Um diese Lücke mit einer Tanja Müller. «Wir wollen ja nicht die Ver-
dert): Er, 45, geschieden, verdient 90 000 stelle schriftlich mitteilen, dass die Erzie- vaten Vorsorge. Als Ehefrau hätte sie An- Todesfallversicherung zu schliessen, müss- sicherungen durchfüttern; damit ich gleich
Franken im Jahr. Sie, 38, gab ihren Job auf, hungsgutschriften nur ihr gutgeschrieben recht auf das gesamte Guthaben aus Jürg ten die beiden mindestens 2000 Franken geschützt bin wie nach einer Heirat.»
als das erste gemeinsame Kind geboren werden sollen. Hubers 3a-Konto. Als Konkubinatspartne- Prämie im Jahr zahlen. Quelle: Beobachter Nr. 26 vom 24. 12. 2009

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a ) Weshalb bevorzugen Paare Ihrer Meinung nach das Zusammenleben im Konkubinat?
Beantworten Sie diese Frage unabhängig und frei vom vorliegenden Artikel.

b ) Der Artikel zeigt Aspekte auf, die für eine Heirat sprechen. Notieren Sie stichwortartig
die Nachteile des Zusammenlebens im Konkubinat gemäss diesen Ausführungen.

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Familienrecht 28

Aufgabe 3 Eheliches Güterrecht

Die folgende Tabelle enthält einen nach Kriterien geordneten Überblick über die ehelichen Güterstände.
Füllen Sie die leeren Felder mithilfe des Gesetzes aus. Nennen Sie auch die entsprechenden Artikel aus dem ZGB.

Errungenschaftsbeteiligung Gütergemeinschaft Gütertrennung


Entstehung Durch Ehevertrag

Vermögensteile Eigengut beider Ehegatten Zwei unabhängige persönliche


Errungenschaft beider Ehegatten Vermögen

Verwaltung Jeder Ehegatte seine Vermögensteile selber Jeder sein Vermögen selber
Nutzung © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Verfügung Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

Haftung Für gemeinsame Schulden haftet das Gesamt- und Jeder haftet für seine Schulden mit
das Eigengut. Für Eigenschulden haftet primär das seinem Vermögen.
Eigengut; bei Überschuldung wird der Güterstand
aufgelöst.

Aufteilung Jeder Partner sein Eigengut plus die Hälfte des Vor- Bei Tod oder Vereinbarung eines andern Güter-
des Vermögens schlages (Guthaben) oder standes: Eigengut plus Anteil am Gesamtgut
bei Auflösung jeder Partner sein Eigengut minus seinen gesamten gemäss Ehevertrag (in der Regel 100 %).
des Güterstandes Rückschlag (Schuld) plus die Hälfte des Vorschlags In den übrigen Fällen: wie Errungenschafts-
des anderen Ehegatten beteiligung.
Eignung Normalfall Begünstigung des überlebenden Ehepartners bei Schutz des Partnervermögens bei risikoreichen
Erbteilung Unternehmungen
Finanzielle Unabhängigkeit

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Aufgabe 4 Güterrechtliche Abrechnung in der Errungenschaftsbeteiligung

Als Silvano und Elsbeth heirateten, hatte Silvano aus seinem Arbeitsverdienst CHF 10 000.– Güterrechtliche Vermögensaufteilung
auf einem Anlagesparkonto angelegt. Elsbeth hatte gerade ihre Ausbildung abgeschlossen
und besass zu jenem Zeitpunkt keine Ersparnisse. Elsbeth Silvano
Im Laufe der Jahre brachte Silvano weitere CHF 10 000.– auf die Seite. Elsbeth konnte Eigengut Errungen- Errungen- Eigengut
durch ihren Arbeitserwerb bis zur Geburt des ersten Kindes CHF 6000.– ansparen. Silvano schaft schaft
arbeitete nach der Geburt des Kindes temporär zu etwa 20 %; er besorgte den Haushalt und
war auch später für die Betreuung der insgesamt drei Kinder zuständig. Elsbeth sicherte durch
ihre Tätigkeit in einer Werbeagentur den finanziellen Unterhalt der Familie. Als später die
Eltern von Silvano starben, erbte er deren Reiheneinfamilienhaus, in das die Familie einzog.
Elsbeth konnte beim Tod ihrer Eltern CHF 70 000.– erben, die sie umgehend in Wertschrif-
ten anlegte.
Silvano stirbt bei einen Sportunfall in den Bergen. Durch die Auflösung der Ehe kommt
es nun zur güterrechtlichen Aufteilung des Vermögens. Die Liegenschaft hat einen Wert von
CHF 600 000.–, sie ist mit einer Hypothek von CHF 350 000.– belastet. Das Lohnkonto von
Silvano enthält CHF 14 000.–, dasjenige von Elsbeth CHF 40 000.–; die Wertschriften von Els-
beth sind nach wie vor CHF 70 000.– wert. Das gemeinsam angeschaffte Auto besitzt einen
Wert von CHF 24 000.–. © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Die güterrechtliche Abrechnung erfolgt nachPersönliches
den gesetzlichen Bestimmungen
Exemplar von Arantxa Gándara der Errun-3018 Bern
Espasandín,
genschaftsbeteiligung; ausser der Hypothek gibt es keine Schulden.

Erstellen Sie die Güteraufteilung und bestimmen Sie den Vermögensanteil von Elsbeth sowie
den Nachlass von Silvano.

Vermögensübersicht (Zusammenstellung)

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Aufgabe 5 Konkubinat – Ehe – Eingetragene Partnerschaft

Lösen Sie die folgende Übersicht zu den drei Formen des Zusammenlebens, indem Sie die getragene Partnerschaft nicht enthält, suchen Sie das Gesetz (in PDF-Format) mithilfe einer
einzelnen Felder ausfüllen. Konsultieren Sie dazu den Theorieteil des Lehrmittels. Arbeiten Internet-Suchmaschine; Sie können gegebenenfalls die ersten acht Seiten des Gesetzes (dop-
Sie aber, wo immer möglich, mit dem entsprechenden Gesetz. Falls Ihr Gesetzbuch die Ein- pelseitig) ausdrucken.

Konkubinat Ehe Eingetragene Partnerschaft (EgP)


Gesetzliche Grundlage

Geeignet / möglich für …

Verfahren zum «Abschluss»


der «Gemeinschaft»
vgl. Art. 102 Abs. 2 und 3 ZGB vgl. Art. 7 PartG
Wohnung

vgl. Art. 169 ZGB vgl. Art. 14 PartG


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Name Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

vgl. Art. 160 ZGB vgl. Art. 12a PartG


Vermögensrecht
(Güterstand)
vgl. Art. 181 ZGB vgl. Art. 18 PartG
Kinder Elterliche Sorge

vgl. Art. 298a Abs. 1 ZGB vgl. Art. 297 Abs. 1 ZGB vgl. Art. 27 PartG
Adoption

vgl. Art. 264a ZGB vgl. Art. 264a ZGB vgl. Art. 28 PartG
Auflösung

vgl. Art. 111 ff. ZGB vgl. Art. 29 ff. PartG


Erbrecht

vgl. Art. 111 ff. ZGB vgl. Art. 111 ff. ZGB

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22 Erbrecht

Das Erbrecht enthält Vorschriften zur Frage, was mit dem Nachlass einer verstor-
benen Person passiert. Im dritten Teil des ZGB wird eindeutig bestimmt, was mit
dem Eigentum des Verstorbenen zu geschehen hat, d. h., wie eine Erbschaft auf-
geteilt werden muss, falls ein Erblasser keine Vorkehrungen getroffen hat.
Zum andern bestimmt das Erbrecht, wie jemand seine Hinterlassenschaft auf
Nachkommen und weitere Personen aufteilen kann.

Theorie Übungen

22.1 Die gesetzliche Erbfolge ..................................................................................... 2 1 Grundbegriffe des Erbrechts ................................................................................ 12


22.2 Pflichtteile müssen berücksichtigt werden .......................................................... 4 2 Pflichtteile ........................................................................................................... 12
22.3 Verfügung von Todes wegen ............................................................................. 6 3 Erbteilung konkret ............................................................................................... 13
22.4 Erbschaft annehmen oder ausschlagen? ............................................................ 8 4 Erbschaft, Anfechtung, Enterbung ....................................................................... 14
22.5 Die Anfechtung einer Verfügung von Todes wegen ........................................... 8
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Das haben Sie gelernt .......................................................................................
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 10 3018 Bern
Diese Begriffe können Sie erklären ..................................................................... 11 Aufgaben

1 Erbberechtigung der Nachkommen ...................................................................... 15


2 Erbberechtigung des elterlichen Stammes ............................................................ 16
3 Pflichtteilsberechnungen ...................................................................................... 17
4 Bei Bürgis wird dreimal geerbt ............................................................................. 18
5 Erbgang und Anfechtung .................................................................................... 20
6 Erbrechtlicher Anspruch nach Auflösung einer Ehe ............................................... 21

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Erbrecht 1

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Erbrecht 2

22.1 Die gesetzliche Erbfolge Q Grundsätze der gesetzlichen Erbberechtigung

Das Erbrecht regelt die Rechtsfragen rund um die Vermögens- und Schuldverhältnisse im Die Verwandtschaftsgliederung nach Stämmen gilt als Grundlage für die Erbberechtigung.
Todesfall eines Menschen. Dabei sind folgende Regeln massgebend:
Q Angehörige des näheren Stammes schliessen einen Anspruch des nachfolgenden Stam-
Q Eine verstorbene Person wird im Erbrecht als Erblasser bezeichnet. mes aus. Solange auch nur ein einziger Erbe aus dem näheren Stamm vorhanden ist, wer-
Q Die Erben treten in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein, d. h., sie werden Eigen- den alle Angehörigen der entfernteren Stämme von jedem gesetzlichen Erbanspruch aus-
tümer und Besitzer aller Vermögensteile – und übernehmen auch alle Schulden. geschlossen.
Mit dem Tod erlöschen lediglich diejenigen Verpflichtungen, die mit einer Person un- Q Innerhalb des erbberechtigten Stammes erben zuerst die «Stammträger»:
trennbar verbunden sind, also z. B. ihre Verpflichtungen aus einem Arbeitsvertrag. – Wenn der 1. Stamm erbberechtigt ist, sind dies die Kinder (Nachkommen) des Erb-
Q Die von einem Erblasser hinterlassenen Vermögensteile und Schulden heissen Erbschaft lassers.
oder Nachlass. – Wenn der 2. Stamm erbberechtigt ist, sind dies die Eltern des Erblassers.
– Wenn der 3. Stamm erbberechtigt ist, sind dies die Grosseltern des Erblassers.
Bei Auflösung einer Ehe durch den Tod eines Ehepartners werden zuerst die Vermögens- Das Erbe wird dabei gleichmässig unter den Stammträgern aufgeteilt.
teile von Mann und Frau ausgeschieden. Der überlebende Ehegatte erhält – je nach Güter-
stand – einen mehr oder weniger grossen Teil des Vermögens aus der güterrechtlichen Aus- Q Fällt eine Person als Erbe ausser Betracht, weil sie vor dem Erblasser gestorben ist, so fällt
einandersetzung (Aufteilung des ehelichen Vermögens). Das verbleibende Vermögen (bei ihr Erbanteil an ihre Nachkommen, die zu gleichen Teilen erbberechtigt sind.
der Errungenschaftsbeteiligung also das Eigengut des verstorbenen Ehepartners sowie die Angeheiratete und damit verschwägerte Personen kommen in der gesetzlichen Erbfolge
Hälfte der Errungenschaften) wird unter den Erben aufgeteilt. Zu diesen Erben gehört auch nicht vor; sie können aber in einer Verfügung von Todes wegen bedacht werden.
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der überlebende Ehegatte. Partnerinnen und Partner einerExemplar
Persönliches eingetragenen
von ArantxaPartnerschaft wer-3018 Bern
Gándara Espasandín,
den wie Ehepaare ohne gemeinsame Kinder behandelt. Q Überlebender Ehegatte
Das Verwandtschaftssystem ist Grundlage für die Erbberechtigung; zudem erhält der
überlebende Ehegatte, der ja nicht zu diesem Verwandtschaftssystem gehört, Teile des Nach- Der überlebende Ehegatte ist die einzige Person, die mit dem Erblasser nicht verwandt ist
lasses zugesprochen. Es besteht somit ein enger inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem und trotzdem in der Stellung eines gesetzlichen Erben steht. Sein Erbanspruch richtet sich
Familienrecht (vgl. Kap. 15), das Fragen der Verwandtschaft und des ehelichen Güterstandes danach, aus welchem Stamm weitere gesetzliche Erben erbberechtigt sind.
regelt, und dem Erbrecht, das die Verteilung des Vermögens einer verstorbenen Person fest- Falls durch eine Verfügung von Todes wegen nichts anderes vereinbart wurde, gelten für
legt. den überlebenden Ehegatten die folgenden Ansprüche:
Das Gesetz bestimmt die Verwandten des Erblassers und seinen allfällig überlebenden
Ehegatten als Erben. Wenn ein Erblasser davon abweichen und andere Personen als Erben Q Teilt die überlebende Ehepartnerin den Nachlass mit Ehefrau Erblasser
einsetzen will, muss er eine «Verfügung von Todes wegen» aufstellen; darunter verstehen Nachkommen des Erblassers, erhält sie die Hälfte. 1
2
wir ein Testament oder einen Erbvertrag. Durch eine solche Verfügung dürfen allerdings
nicht alle gesetzlichen Erben übergangen werden. Je näher die gesetzlichen Erben in ver- 1
wandtschaftlicher Beziehung zum Erblasser stehen, desto stärker werden ihre erbrechtlichen 2
Kinder
Ansprüche geschützt. Ihr Minimalanspruch wird Pflichtteil genannt.
Gibt es weder erbberechtigte Verwandte noch einen überlebenden Ehegatten und liegt Q Sind Erben aus dem elterlichen Stamm neben dem
1 Eltern
auch keine Verfügung von Todes wegen vor, fällt der Nachlass an das Gemeinwesen. Das überlebenden Ehepartner erbberechtigt, so erhält er 4
kantonale Recht sieht vor, ob der Kanton oder die letzte Wohnsitzgemeinde als erbberech- drei Viertel des Nachlasses.
tigt gilt. Meistens werden solche Erbschaften für Fürsorge- oder Ausbildungszwecke verwen- 3
4
det. Ehepartner Erblasserin

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Q Wenn schliesslich keine Erben des elterlichen Stammes mehr vorhanden sind, erhält der
überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.

Für geschiedene Ehegatten bestehen keinerlei Erbansprüche mehr. Das Scheidungsurteil be-
endet die gegenseitigen finanziellen Forderungen gesetzlicher oder vertraglicher Natur zwi-
schen den Eheleuten. So fällt z. B. eine Begünstigungsklausel «zugunsten des Ehepartners»
aus einer Lebensversicherungspolice automatisch dahin.
Diese gesetzliche Erbfolgeordnung tritt «automatisch» in Kraft. Es wird damit verhindert,
dass Unklarheiten über das Schicksal eines Nachlasses entstehen, wenn jemand keine Vor-
kehrungen für den Fall seines Ablebens getroffen hat.

Q Die gesetzlichen Erben nach Stämmen

3.Stamm: Grosseltern

Grosseltern Grosseltern
mütterlicherseits väterlicherseits

2.Stamm: Eltern © 2021 Verlag SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft, Digital-on-Demand Gymnasium Lerbermatt-Köniz 2021
Onkel Tante
ElternPersönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

Geschwister

Schwägerin Bruder Ehefrau Erblasser Schwester

1.Stamm: Nachkommen

Nachkommen: Kinder

Aufgabe 1
Kinder der Nachkommen: Enkelinnen und Enkel
Aufgabe 2
Übung 1

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Erbrecht 4

22.2 Pflichtteile müssen berücksichtigt werden Q Eltern als Alleinerben

Wenn eine Erblasserin über einen Teil ihres Nachlasses individuell verfügen will, muss sie Auch die Eltern sind bezüglich des Pflichtteilsschutzes gegen-
dazu nach bestimmten Regeln eine Verfügung von Todes wegen aufstellen. Dadurch können über den Nachkommen schlechter gestellt. Eltern sind zur Mindest- Freie
irgendwelche Personen als Erben eingesetzt werden. In der Verteilung ihres Nachlasses ist Hälfte ihres gesetzlichen Anspruchs pflichtteilsgeschützt. Der anspruch Quote
sie jedoch nicht vollständig frei. Die gesetzlichen Erben dürfen – sofern sie pflichtteils- Erblasser oder die Erblasserin kann über die Hälfte des Nach-
geschützt sind – nicht vollständig übergangen werden. Je näher die gesetzlichen Erben in ver- lasses frei verfügen.
wandtschaftlicher Beziehung zum Erblasser stehen, desto stärker werden ihre erbrechtlichen
Ansprüche geschützt.
Q Nachkommen und Ehepartner erben gemeinsam Gesetzlicher Anspruch
Unter dem Pflichtteil verstehen wir den Mindestanspruch der nächsten Angehörigen, den
ein Erblasser diesen Erben nicht vorenthalten darf. Der Pflichtteilsschutz betrifft Nachkom- Ein überlebender Ehepartner hat, falls er die Erbschaft mit Ehepartner Nachkommen

men, Eltern und Ehepartner; alle übrigen Verwandten sind nicht pflichtteilsgeschützt. Nachkommen teilen muss, einen gesetzlichen Anspruch auf die ( 12 ) ( 12 )
Ein Erblasser kann einzelne Erben auf den Pflichtteil setzen und mit dem so frei gewor- Hälfte des Nachlasses. Von dieser Hälfte ist die Hälfte pflicht- Mindest- Mindest-
denen Anteil andere Erben begünstigen. Dieser Anteil, über den der Erblasser frei verfügen teilsgeschützt, d. h., vom gesamten Nachlass ist dem Ehepart- anspruch anspruch
kann, heisst freie Quote. ner in einem solchen Fall ein Viertel garantiert. Freie
Quote
Die Höhe des Pflichtteils ist im Gesetz festgelegt als Bruchteil des gesetzlichen Anspruchs, Die Nachkommen haben im vorliegenden Fall ebenfalls
der einem Erben zusteht. Diese Bruchteile betragen für die Nachkommen _34 und für Ehegat- einen gesetzlichen Anspruch auf die Hälfte des Nachlasses. Sie
ten und Eltern je _12 des jeweiligen gesetzlichen©Anspruchs. Je nach Verwandtschaftsbezie- sind in ihrem gesetzlichen Anspruch zu drei Vierteln geschützt,
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hungen ergeben sich daher fünf Möglichkeiten.Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bernerhalten also mindestens drei Achtel vom gesamten Nachlass.

Q Nachkommen als Alleinerben Q Ehepartner und Eltern erben gemeinsam Gesetzlicher Anspruch

Wer Nachkommen hinterlässt, muss diesen mindestens drei Freie Der überlebende Ehepartner hat neben den Eltern des Erblas- Ehepartner Eltern

Viertel vom gesetzlichen Erbanspruch zukommen lassen. Zu


Quote
sers einen gesetzlichen Anspruch auf drei Viertel des Nachlas- ( 34 ) ( 14 )
den Nachkommen zählen alle Angehörigen des ersten Stam- Mindest- ses. Von diesen drei Vierteln ist wiederum die Hälfte pflicht-
anspruch Mindest-
mes, also Kinder und allenfalls auch Enkel oder Urenkel. teilsgeschützt. anspruch
Die Eltern haben einen gesetzlichen Anspruch auf das rest-
Freie
liche Viertel des Nachlasses. Dieser elterliche Anteil ist zur Quote

Q Ehepartner als Alleinerben Hälfte pflichtteilsgeschützt. Der Erblasser könnte in diesem Fall
insgesamt über die Hälfte seines Nachlasses frei verfügen.
Falls in einem Erbfall «nur» der überlebende Ehepartner vor-
handen ist, so sind dessen gesetzliche Ansprüche bis zur Hälfte Mindest- Freie Wenn einem pflichtteilsberechtigten Erben sein Erbanspruch entzogen wird, so spricht man
pflichtteilsgeschützt. anspruch Quote von einer Enterbung. Eine solch schwerwiegende Massnahme ist nur dann gültig, wenn sie
in Form einer letztwilligen Verfügung unter ausdrücklicher Angabe der Gründe erfolgt. Ge-
mäss Gesetz gibt es zwei Enterbungsgründe (Art. 477 ZGB): schweres Verbrechen (z. B. ein
Mordversuch) oder schwere Verletzung familienrechtlicher Pflichten gegenüber dem Erblas-
ser bzw. dessen Angehörigen.

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Q Übersicht über die Pflichtteilsregeln

Gesetzlicher Pflichtteil Mindest- Freie


Anspruch anspruch Quote
1
_ 3
_ 3
_ 1
_
1. Nachkommen als Alleinerben 1
mal 4
= 4 4
1
_ 1
_ 1
_ 1
_
2. Ehepartner als Alleinerbe 1
mal 2
= 2 2
1
_ 1
_ 1
_ 1
_
3. Eltern als Alleinerben 1
mal 2
= 2 2

4. Nachkommen und Ehepartner erben gemeinsam


1
_ 3
_ 3
_
Nachkommen gemeinsam 2
mal 4
= 8
1
_ 1
_ 1
_
Ehepartner 2
mal 2
= 4
5
_ 3
_
gesamt 8 8

5. Ehepartner und Eltern erben gemeinsam


1
_ 1
_ 1
_
Aufgabe 3 Eltern gemeinsam 4
mal 2
= 8
Aufgabe 4 Ehepartner 3
_ mal 1
_ = 3
_
4 2 8
Übung 2 4
_ 1
_ 1
_
gesamt 8
= 2 2
Übung 3
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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Erbrecht 5

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Erbrecht 6

22.3 Verfügung von Todes wegen Q Beispiel eines eigenhändigen Testaments

Unter der Verfügung von Todes wegen verstehen wir ein Testament ( = letztwillige Ver- Testament
fügung) oder einen Erbvertrag. Ein Testament kann immer nur von einer Person für sich sel-
ber abgefasst werden. Ein Erbvertrag ist die gemeinsame Vereinbarung von zwei oder meh- Ich, Andrea Zäch, geb. am 27. August 1976, von Schaff-
reren Personen über die Erbfolge. hausen, wohnhaft in Winterthur, verfüge als meinen letzten
Weil es sich bei beiden Formen um wichtige Vorkehrungen im Leben einer Person han- Willen wie folgt:
delt, gelten strenge Formvorschriften, ohne deren Beachtung die aufgesetzten Dokumente 1. Aus meinem Nachlass sind vorab die laufenden Verbind-
ungültig sind. Auch der Inhalt eines Testamentes muss mit dem Gesetz in Einklang stehen. lichkeiten und die Todesfallkosten zu bezahlen.
Es ist z. B. nicht zulässig, die Pflichtteilsregelungen des Gesetzes durch persönliche Erklärun-
2. Meine Kinder René, Markus und Eliane setze ich auf
gen zu übergehen.
den gesetzlichen Pflichtteil.
3. Aus dem frei verfügbaren Anteil vermache ich meinen
Q Eigenhändiges Testament Enkelkindern Lea, Sandro, Sarah und Beatrice
Die eigenhändige letztwillige Verfügung (= eigenhändiges Testament) ist die einfachste und
je CHF 10 000.–.
kostengünstigste Möglichkeit, eine letztwillige Verfügung zu erstellen. Wer urteilsfähig ist 4. Meinem Sohn René sind Ausbildungskosten im
und das 18. Altersjahr zurückgelegt hat, kann selbstständig ein solches Dokument erstellen. Betrag von CHF 24 000.– an seinem Erbanspruch
Dabei sind die strengen Formvorschriften zu beachten, die das Gesetz an diese Art von letzt- anzurechnen.
williger Verfügung stellt: So muss unbedingt das gesamte Dokument einschliesslich Datum 5. Meine Stute «Fair Lady» soll meinem Sohn Markus
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und Unterschrift vollständig von Hand geschrieben werden.
Persönliches ExemplarEin
von computergeschriebener
Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
unter Anrechnung von CHF 15 000.– zugesprochen
Text, der nachher handschriftlich unterzeichnet wird, ist beispielsweise ungültig. werden.
Eigenhändige Testamente geben oft Anlass zu Erbstreitigkeiten. Dies vor allem dann, 6. Das Schweizerische Rote Kreuz erhält ein Vermächtnis
wenn solche Testamente ohne rechtliche Beratung (durch einen Rechtsanwalt oder einen von CHF 5000.–.
Notar) abgefasst wurden. Leicht können Formfehler oder inhaltliche Fehler passieren, was 7. Weiter frei verfügbare Vermögensteile sollen meinem
dazu führt, dass das Testament anfechtbar oder gar ungültig wird. Die Gerichtspraxis ist Ehemann Roger Bürgi zugesprochen werden.
ausserordentlich streng, was die Form der Testamente betrifft. Zwar ist die Angabe des Ortes 8. Als Willensvollstreckerin ernenne ich die für Erbschafts-
bereits seit einiger Zeit kein zwingendes Formerfordernis mehr, trotzdem ist eine Ortsangabe angelegenheiten zuständige Fachperson in der Filiale
nach wie vor zu empfehlen. Winterthur der Zürcher Kantonalbank am Untertor 30.
Winterthur, 1. August 2018 Andrea Zäch
Q Öffentliches Testament

Eine öffentliche letztwillige Verfügung (= öffentliches Testament) wird von einer kantonalen
Urkundsperson – einer Notarin oder einem Rechtsanwalt – aufgesetzt. Die Vorstellungen des Durch ein Testament kann der Erblasser einzelne Erben ohne Angabe von Gründen auf den
Erblassers über die Aufteilung seines Vermögens nach dem Tod werden von der Urkunds- Pflichtteil setzen. Es ist in gleicher Weise möglich, alle (nicht pflichtteilsgeschützten) gesetz-
person in rechtlich korrekter Form festgehalten. Die Urkunde muss vom Erblasser unterschrie- lichen Erben zu übergehen und eine nicht verwandte Person als Alleinerben einzusetzen. Bei
ben und von der Urkundsperson datiert und unterzeichnet werden. Zwei Zeugen, die vom Erbeinsetzungen sollte aber auch daran gedacht werden, dass der oder die Begünstigte vor
Inhalt der Urkunde keine Kenntnis haben müssen, bezeugen unmittelbar danach, dass der dem Erblasser sterben könnte. Für solche Fälle müsste in einer Ersatzverfügung bestimmt
Erblasser urteilsfähig ist und das Dokument tatsächlich seinen Willen enthält. Der Begriff werden, wem bei einem vorzeitigen Tod des eingesetzten Erben der Nachlass zukommen
«öffentlich» ist aus der Formvorschrift für das Dokument abgeleitet und bedeutet nicht, dass soll. Fehlt eine Ersatzverfügung, so tritt im Fall eines vorverstorbenen eingesetzten Erben
der Inhalt der Urkunde «öffentlich», d. h. für die Öffentlichkeit bestimmt ist. automatisch wieder die gesetzliche Erbfolgeordnung in Kraft.
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Die Erben haben gemäss Gesetz alle die gleichen Ansprüche an allen Vermögensbestand-
teilen des Nachlasses. Durch ein Testament (oder einen Erbvertrag) kann diese Regel aufge-
hoben werden. Mit einer Teilungsvorschrift kann der Erblasser einzelne Vermögensteile ganz
bestimmten Personen zuweisen, was unter Umständen beachtliche Begünstigungen einzel-
ner Erben zur Folge hat. Deshalb müssen die verschiedenen Zuteilungen bewertet werden,
und ein allfälliger Unterschied muss in Form von Geld ausgeglichen werden. Solche Teilungs-
vorschriften sind für die Erben bindend. Dadurch kann verhindert werden, dass ein einzelner
Vermögensbestandteil, den der Erblasser nicht aufgeteilt sehen möchte, unter mehrere Er-
ben aufgeteilt wird.
Der Erblasser kann schliesslich jemandem einen Vermögensvorteil zuwenden, ohne ihn
als Erben einzusetzen. Dies wird als Vermächtnis bezeichnet.

Q Beispiele für Ersatzverfügung, Vermächtnis und Teilungsvorschrift

– Ich setze meine beiden Kinder zugunsten meines Lebens-


partners, Yves Friedli, oder bei dessen Vorversterben
zugunsten seiner Tochter Corinne, auf den Pflichtteil.
– Meiner Nachbarin Heidi Gyger vermache ich meine
10 Swisscom-Aktien sowie CHF 5 000.– in bar.
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– Im Sinne einer Teilungsvorschrift verfüge ich, dass
Persönliches dievon Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Exemplar

Liegenschaft Gerbergässli meinem ältesten Sohn Andreas,


unter Anrechnung des Schätzungswertes der Kantonal-
bank, zukommen soll.

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Erbrecht 8

Q Bestimmung eines Willensvollstreckers schiedlich. Es können dies sein: das Erbschaftsamt, das Gemeindeammann-Amt, der Bezirks-
gerichtspräsident oder das Notariat.
Wenn Erben selber den letzten Willen des Erblassers ausführen, kann dies leicht zu Problemen Die Erben bilden miteinander von Gesetzes wegen eine Erbengemeinschaft. Sie erwer-
führen. Um dies zu verhindern, kann man einen Willensvollstrecker bestimmen. Diese Person ben alle Aktiven und Passiven gemeinsam, d. h., sie werden sogenannte Gesamteigentümer
übernimmt die Aufgabe eines Erbschaftsverwalters, der bis zur Teilung des Nachlasses dafür und können nur gemeinsam (= einstimmig) über das Erbe verfügen. Sie haften ferner für all-
besorgt ist, dass die Vermögenswerte korrekt aufbewahrt und – etwa im Fall von Liegenschaf- fällige Schulden des Verstorbenen solidarisch, d. h., jede und jeder kann für die gesamte
ten – auch instand gehalten werden. Als Willensvollstrecker sollte eine neutrale, aussenste- Schuld belangt werden. Die Erben müssen allerdings eine Erbschaft nicht unbedingt antre-
hende Person eingesetzt werden, z. B. eine Rechtsanwältin oder ein Notar, die selber gemäss ten. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass eine Erbschaft ausgeschlagen werden kann. Die
Testament nichts erhalten sollten, ausser einer Entschädigung für ihre Umtriebe. Ausschlagung wird vom Gesetz sogar vermutet, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Erblassers
Ein Testament sollte sicher aufbewahrt werden. Keine Probleme ergeben sich beim öf- offenkundig ist. Wer eine Erbschaft ausschlägt, gilt rechtlich als vorverstorben und wird
fentlichen Testament. Das Original bleibt in diesem Fall in den Händen der Urkundsperson, behandelt, als ob er oder sie den Erbfall nicht erlebt hätte. Die Frist zur Ausschlagung einer
während der Verfasser des Testaments eine Kopie zur sicheren Aufbewahrung erhält. Eigen- Erbschaft beträgt drei Monate ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Erbfall.
händige Testamente sollten aus Sicherheitsgründen bei einer zur Verwahrung von Testamen- Wenn die Vermögens- und vor allem die Schuldverhältnisse des Erblassers unklar sind,
ten beauftragten Amtsstelle hinterlegt werden. In vielen Kantonen ist diese Aufgabe dem so können die Erben innerhalb eines Monats seit dem Todesfall ein öffentliches Inventar ver-
Notar übertragen. langen. Damit ist ein Schuldenruf verbunden, in welchem die Gläubiger und Schuldner des
Erblassers öffentlich aufgefordert werden, ihre Forderungen und Guthaben innert einer be-
Q Erbvertrag stimmten Frist anzumelden. Nach Ablauf der Frist stellt die beauftragte Amtsperson die Ak-
tiven und Passiven zusammen. Dadurch erhalten die Erben eine Entscheidungsgrundlage für
Ein Erbvertrag ist die zweite Möglichkeit, die das Gesetz für eine Verfügung von Todes we- die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft.
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gen vorsieht. Dabei müssen mindestens zwei Personen mitwirken;
Persönliches Exemplar vonesArantxa
ist aber auchEspasandín,
Gándara möglich,3018 Bern Schliesslich haben die Erben auch noch die Möglichkeit, eine amtliche Liquidation zu ver-
dass drei oder mehrere Personen gemeinsam einen Erbvertrag abschliessen. Hauptzweck langen. Die Erbschaftsbehörde verwertet die Aktiven und bezahlt alle Schulden des Erblassers.
eines solchen Vertrages ist die Aufhebung der gesetzlichen Erbfolge und die Aufstellung Nur ein allfälliger Überschuss wird den Erben ausbezahlt; für eine eventuelle Restschuld
eigener Bestimmungen. Für den Abschluss eines Erbvertrages müssen die Vertragspartner haften die Erben jedoch nicht.
urteilsfähig sein und das 18. Altersjahr zurückgelegt haben, und das Dokument muss öffent-
lich beurkundet werden.
22.5 Die Anfechtung einer Verfügung von Todes wegen

22.4 Erbschaft annehmen oder ausschlagen? Wenn sich ein Erbe in seinen Rechten verletzt fühlt, stehen ihm verschiedene Klagemöglich-
keiten offen.
In einem Todesfall muss neben den nächsten Angehörigen auch das Zivilstandsamt benach- Mit der Ungültigkeitsklage (Art. 519 – 521 ZGB) können Erben oder Vermächtnisnehmer
richtigt werden. Es wird abgeklärt, ob ein Testament oder ein Erbvertrag vorliegt, und die eine letztwillige Verfügung anfechten, wenn sie bezweifeln, dass der Erblasser bei Erstellung
Behörden nehmen das Nachlassinventar (oder Erbschaftsinventar) auf. Dies ist eine Aufstel- der letztwilligen Verfügung urteilsfähig gewesen sei. Auch rechts- oder sittenwidrige Inhalte
lung sämtlicher Aktiven und Passiven am Todestag des Erblassers. In diese Rechnung werden einer letztwilligen Verfügung oder Formmängel eines Testamentes sind Gründe für eine Un-
auch alle zu Lebzeiten des Erblassers geleisteten Zuwendungen (Erbvorbezüge) miteinbezo- gültigkeitsklage.
gen. Ferner sind die Schulden zu ermitteln; dazu gehören auch die Todesfallkosten (Beerdi- Ein Pflichtteilsberechtigter hat grundsätzlich Anspruch auf die Ausrichtung des auf ihn
gung). Findet der Beamte bei der Inventaraufnahme Unterlagen, die darauf hinweisen, dass entfallenden Erbanteils bis zur Höhe seines Pflichtteils. Mit der Herabsetzungsklage (Art. 522 –
der oder die Verstorbene über nicht versteuertes Vermögen (= Schwarzgeld) verfügt hat, so 533 ZGB) kann ein Erbe die Korrektur einer Pflichtteilsverletzung erwirken. Die Frist zur Ein-
müssen die Erben dafür Nachsteuern – aber keine Strafsteuer – entrichten. reichung einer Herabsetzungsklage beträgt ein Jahr vom Zeitpunkt an, an dem der Erbe von
Innert Monatsfrist nach dem Ableben des Erblassers wird die letztwillige Verfügung der Verletzung seiner Rechte Kenntnis erhalten hat. Aufgabe 5
amtlich eröffnet. Die dafür zuständige Behörde ist wiederum von Kanton zu Kanton unter- Auf Teilung der Erbschaft kann zudem mit der Teilungsklage und auf Herausgabe der Erb- Aufgabe 6
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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Erbrecht 10

9 Das haben Sie gelernt Offene Fragen

Die gesetzliche Erbfolgeregelung erklären und die gesetzlich vorgesehenen Erben


nennen
Die Grundsätze der Anteilsberechnung erklären
In Beispielen die gesetzlichen Erben bestimmen und deren Anteile in Bruchteilen
oder Franken berechnen
Die Möglichkeiten nennen, die Erbfolge gemäss eigenem Willen zu gestalten
Den Unterschied zwischen einer Erbschaft und einem Vermächtnis beschreiben
Pflichtteilsvorschriften mithilfe des Gesetzes auf konkrete Beispiele anwenden und
Mindestansprüche von pflichtteilsgeschützten Erben berechnen
Die Mindestanforderungen für die rechtsgültige Erstellung einer Verfügung von
Todes wegen (= Testament) nennen und die Formvorschriften überprüfen
Zwei Arten des Testamentes unterscheiden und die möglichen Inhaltsangaben
eines Testamentes unterscheiden
Unterscheidung zwischen Testament und Erbvertrag erklären und eine mögliche
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Anwendung eines Erbvertrages nennen Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
Die Ausschlagungsmöglichkeit für eine Erbschaft begründen
Den Zweck eines öffentlichen Inventars nennen
Zwei Anfechtungsmöglichkeiten einer Verfügung von Todes wegen unterscheiden
Das Gültigkeitserfordernis und zwei Gründe für eine Enterbung nennen

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9 Diese Begriffe können Sie erklären

Erbschaft
Erblasser
Erben
Erbengemeinschaft
Gesetzliche Erbfolge
Stammträger
Verfügung von Todes wegen
Testament
Erbvertrag
Pflichtteil
Mindestanspruch
Freie Quote
Ersatzverfügung
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Teilungsvorschrift Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern

Vermächtnis
Nachlass
Nachlassinventar
Öffentliches Inventar
Amtliche Liquidation
Ungültigkeitsklage
Herabsetzungsklage
Enterbung

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Erbrecht 12

Übung 1 Grundbegriffe des Erbrechts Übung 2 Pflichtteile

Ordnen Sie den Formulierungen a) – i) den jeweils zutreffenden Fachbegriff Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in

zutreffenden Begriffs
aus der unten aufgeführten Liste zu. das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a) Der Ehepartner hat als Alleinerbe immer einen Mindestanspruch auf die Hälfte
des gesamten Nachlasses.

Ziffer des
a ) Bezeichnung für eine verstorbene Person, die den Erben Vermögenswerte b) Der Pflichtteilsschutz erstreckt sich auf den Ehepartner und alle Erben
hinterlässt. des ersten und zweiten Stammes.
b) Gilt gemäss Gesetz als Grundlage für die gesetzliche Erbfolge,
falls keine letztwillige Verfügung vorliegt.
c ) Notwendiges Dokument, wenn jemand für die Verteilung seiner c) Wer nur noch Geschwister als nächste Angehörige hinterlässt, kann über
Vermögenswerte von der gesetzlichen Erbfolge abweichen will. drei Viertel seines Nachlasses vollständig frei verfügen.
d ) Bezeichnung für die von der verstorbenen Person hinterlassenen
Vermögensteile und Schulden.
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e ) Ist eine erbberechtigte Person bereits vor demPersönliches
ErblasserExemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
verstorben, d) Jener Anteil, über den der Erblasser frei verfügen kann, heisst freie oder
so fällt der Erbanteil zu gleichen Teilen an deren … frei verfügbare Quote.
f ) Innerhalb eines erbberechtigten Stammes erben zuerst die …

g ) Diese Regelung tritt automatisch in Kraft, falls die verstorbene Person e) Wenn der Ehepartner zusammen mit den Nachkommen und den Eltern
keine Vorkehrungen für den Fall ihres Ablebens getroffen hat. erbberechtigt ist, kann der Erblasser über eine freie Quote verfügen.
h ) Bruchteil des Nachlasses, welcher der überlebenden Ehefrau als Erbin
neben den gemeinsamen Nachkommen zusteht. (Annahme: Es liegt keine
letztwillige Verfügung vor.) f) Wenn ein Erblasser fünf Kinder als einzige gesetzliche Erben hinterlässt,
i ) Diese Personen sind Stammträger des 2. Stammes. haben diese einen Mindestanspruch auf 15 Hundertstel des Nachlasses.

1 Blutsverwandtschaft 9 Kinder des Erblassers


2 Die Hälfte 10 Nachkommen g) Wenn ein Erblasser fünf Geschwister als einzige gesetzliche Erben hinterlässt,
3 Ehegattin 11 Nachlass haben diese einen Mindestanspruch von 15 Hundertstel des Nachlasses.
4 Ein Viertel 12 Nachlassvertrag
5 Eltern des Erblassers 13 Obligatorische Nachlassteilung
6 Enkelkinder 14 Stammträger
7 Erblasser 15 Testament
8 Gesetzliche Erbfolge 16 Verwandtschaftssystem

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Übung 3 Erbteilung konkret

Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Teilaussagen zum abgebildeten Ver- a) F und G erhalten nach gesetzlicher Erbfolge je einen Sechstel des Nachlasses,
wandtschaftssystem, die miteinander verknüpft sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der weil sie Angehörige des elterlichen Stammes sind.
folgenden Antwortmöglichkeiten und begründen Sie falsche Teilaussagen in wenigen Wor-
ten.

A B C D E b) A könnte bei einem Nachlass von CHF 160 000.– maximal CHF 120 000.–
+weil+ +/+ +/– –/+ –/– erhalten, weil der Pflichtteil der Nachkommen drei Viertel beträgt.
Beide Aussagen Beide Aussagen Erste Aussage Erste Aussage Beide Aussagen
richtig, richtig, richtig, zweite falsch, zweite falsch
Verknüpfung Verknüpfung Aussage falsch Aussage richtig c ) E hat Anspruch auf einen Sechstel des Nachlasses, weil der Anteil von D auf F
trifft zu trifft nicht zu und G aufgeteilt wird.

A d) Beim Tode von D vor zwei Jahren waren B und C nicht pflichtteilsgeschützt,
weil sie mit E nicht verwandt sind.
Erblasserin
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e) Bei einem allfälligen Tod von F wäre G nicht pflichtteilsgeschützt,


B C D E weil nur Nachkommen, Eltern und der überlebende Ehegatte pflichtteils-
geschützt sind.

F G
f) G ist beim Tod der Erblasserin nicht pflichtteilsgeschützt, weil sie als
adoptiertes Kind rechtlich nicht zum Verwandtschaftssystem gehört.

g) Bei einem allfälligen Tod von C hätte B einen gesetzlichen Anspruch von
einem Viertel des Nachlasses, weil E, F und G ebenfalls erbberechtigt wären.

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Erbrecht 14

Übung 4 Erbgang, Anfechtung, Enterbung

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a ) Ein Nachlassinventar ist die private Aufstellung sämtlicher Aktiven und Passiven h) Das Instrument, mit dem sich ein pflichtteilsverletzter Erbe gerichtlich
des Erblassers. zur Wehr setzen kann, ist die Herabsetzungsklage.

b ) Wird bei der Inventaraufnahme Schwarzgeld gefunden, müssen die Erben i) Eine Enterbung ist nur unter ausdrücklicher Angabe der Gründe in Form
dafür eine Strafsteuer entrichten. eines öffentlichen Testamentes möglich.

c ) Die Erben können als Erbengemeinschaft nur einstimmig über das Erbe
verfügen und haften solidarisch für allfällige Schulden.

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Persönliches
d ) Eine Erbschaft kann von einem einzelnen Erben Exemplar vonwerden,
ausgeschlagen Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern
auch wenn die anderen Erben die Erbschaft antreten.

e ) Nach Art. 567 OR beträgt die Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft
drei Monate ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Erbfall.

f) Bei offenkundiger Zahlungsunfähigkeit des Erblassers wird von Amtes wegen


ein öffentliches Inventar erstellt.

g ) Ein Testament, das offensichtlich Formmängel enthält, kann mit der


Herabsetzungsklage angefochten werden.

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Aufgabe 1 Erbberechtigung der Nachkommen

Der Erblasser hinterlässt seine Tochter und zwei Enkel des vorverstorbenen Sohnes sowie wei- a) Wie viel erhalten die Tochter und der Sohn als Stammträger des 1. Stammes?
tere Angehörige gemäss folgender Skizze. Die Ehefrau und der Vater des Erblassers sind eben-
falls vorverstorben. Beantworten Sie folgende Fragen mithilfe von Art. 457 ZGB.

b) Wer erhält den Erbanteil des vorverstorbenen Sohnes?

Mutter Vater

c) Nennen Sie die Anteile der Erben am Nachlass in Brüchen?


Bruder Erblasser Ehefrau

1.Stamm: Nachkommen
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d) Nennen Sie die Anteile der Erben am Nachlass in Brüchen unter der Annahme,
Schwiegertochter Sohn Tochter dass die Ehefrau des Erblassers noch nicht verstorben ist. Konsultieren Sie zur
Beantwortung dieser Frage Art. 462 ZGB.

Bedeutung der Symbole:

Männer
Vorverstorbener Mann
Enkelin Enkel
Männlicher Erblasser
Frauen
Vorverstorbene Frau

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31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Erbrecht 16

Aufgabe 2 Erbberechtigung des elterlichen Stammes

Eine ledige Erblasserin hinterlässt ihre Mutter, einen verheirateten Bruder mit Ehefrau und a) Welche der aufgeführten Personen sind nicht mit der Erblasserin verwandt?
zwei Kindern sowie zwei Kinder eines vorverstorbenen Bruders gemäss Abbildung. Beant-
worten Sie folgende Fragen mithilfe von Art. 458 ZGB:

b) Wie heissen die Verwandtschaftsbeziehungen der Kinder von Geschwistern?

2. Stamm: Eltern

c) Wie viel erhalten die Stammträger des 2. Stammes?

Mutter Vater

d) Wer erhält den Erbanteil des vorverstorbenen Vaters?

Schwägerin Bruder © 2021 Verlag Bruder


Erblasserin SKV AG: Brennpunkt Wirtschaft
Schwägerin e)Digital-on-Demand
und Gesellschaft, Wer würde den Erbanteil
Gymnasium des vorverstorbenen
Lerbermatt-Köniz 2021 Vater erhalten, wenn die Erblasserin
Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern keine Geschwister hätte?

f) Nennen Sie die Anteile der Erben am Nachlass in Brüchen.

1.Stamm fehlt:
keine Nachkommen

g) Nennen Sie die Anteile der Erben am Nachlass in Brüchen unter der Annahme,
Bedeutung der Symbole: dass die Erblasserin auch noch einen Ehemann hinterlässt. Konsultieren Sie
Männer Frauen
zur Beantwortung dieser Frage Art. 462 ZGB.
Vorverstorbener Mann Weibliche Erblasserin

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Aufgabe 3 Pflichtteilsberechnungen

Berechnen Sie für einen Nachlass von CHF 120 000.– jeweils die Mindestansprüche der erbberechtigten Angehörigen des Erblassers sowie den frei verfügbaren Anteil
in Bruchteilen und in Franken. Füllen Sie dazu die folgende Tabelle aus. Bestimmen Sie die massgebenden Pflichtteile aus dem Gesetzestext in Art. 471 ZGB.

Gesetzlicher Pflichtteil Mindestanspruch Freie Quote


Anspruch
a ) Nachkommen als Alleinerben als Bruch
in CHF
b ) Ehepartner als Alleinerben als Bruch
in CHF
c ) Eltern als Alleinerben als Bruch
in CHF
d ) Nachkommen und Ehepartner erben gemeinsam
Nachkommen gemeinsam als Bruch
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in CHF
Ehepartner als Bruch
in CHF
gesamt als Bruch
in CHF
e ) Ehepartner und Eltern erben gemeinsam
Eltern gemeinsam als Bruch
in CHF
Ehepartner als Bruch
in CHF
gesamt als Bruch
in CHF

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Erbrecht 17

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
Erbrecht 18

Aufgabe 4 Bei Bürgis wird dreimal geerbt

Das Ehepaar Andrea Zäch und Roger Bürgi hat drei Kinder: René, Markus und Eliane. Roger
hat zwei Schwestern: Jacqueline und Fränzi. Für diese Aufgabe gilt die Annahme, dass Roger
noch lebt, Fränzi ledig ist und dass Jacqueline, die vor einigen Jahren gestorben ist, mit Koni
Liener verheiratet war. Koni Liener lebt seither unverheiratet mit seinen zwei Töchtern Laura
und Sandra. Die Mutter von Roger (Maria Bürgi-Scherrer) ist verwitwet, d. h., Rogers Vater
Joseph ist bereits verstorben. Roger hat einen Onkel (Gottlieb) väterlicherseits und eine vor-
verstorbene Tante (Sophie Gmür-Scherrer) mütterlicherseits. Die Grosseltern von Roger (Alfons
und Cäcilia Bürgi, Konrad und Gertruth Scherrer) leben nicht mehr.

a ) Zeichnen Sie das beschriebene Verwandtschaftssystem auf der gegenüberliegenden


Spalte übersichtlich auf.

Lösen Sie die folgenden Teilaufgaben in der nachstehenden Tabelle auf Seite 19.

b) Variante I: Bestimmen Sie die gesetzlichen Erben in der beschriebenen Situation


im Todesfall von Rogers Mutter, wenn keine letztwillige Verfügung vorliegt.
Welche Bruchteile vom Nachlass erhalten die Erben, und wie viel macht dies
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bei einem Nachlass von CHF 240 000.– in Franken aus?
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c ) Variante II: Wer würde wie viel erben, wenn die Mutter testamentarisch alle Erben
auf den Pflichtteil gesetzt hätte, um den freien Anteil zu gleichen Teilen ihrem
Schwiegersohn Koni und den Enkelkindern René, Markus und Eliane zukommen
zu lassen?

d ) Variante III: Wer würde wie viel erben, wenn Roger Bürgi an einem Autounfall sterben
würde und kein Testament verfasst hätte? Der Nachlass beträgt CHF 300 000.–.

e ) Variante IV: Wer würde wie viel erben, wenn Roger Bürgi seine Kinder auf
den Pflichtteil gesetzt und die freie Quote seiner Ehefrau zugewiesen hätte?

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Lösung b) Lösung c)
Erben Gesetzlicher Pflichtteil Mindestanspruch Freie Quote
Anspruch
als Bruch
in CHF
als Bruch
in CHF
zur Kontrolle gesamt als Bruch
in CHF
Koni, René, Markus, Eliane je in CHF

Lösung d) Lösung e)
Erben Gesetzlicher Pflichtteil Mindestanspruch Freie Quote
© 2021 Anspruch
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als Bruch
in CHF
als Bruch
in CHF
zur Kontrolle gesamt als Bruch
in CHF
Freie Quote insgesamt in CHF
Gesetzlicher Anspruch von Andrea in CHF
Gesamter Anteil von Andrea in CHF

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Persönliches Exemplar von Arantxa Gándara Espasandín, 3018 Bern Erbrecht 19

31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
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Erbrecht 20

Aufgabe 5 Erbgang und Anfechtung

Der Witwer Georg Künzli lebt zusammen mit der ebenfalls verwitweten Annabelle Goldin- b) Welche Möglichkeiten bietet das Gesetz den Erben, um den exakten Nachlass
ger in einem gemeinsamen Haushalt im Konkubinat. Die Ehefrau von G. Künzli ist bereits vor von Georg Künzli zu ermitteln? Wie lange haben Sie dazu Zeit?
einigen Jahren gestorben. Aus seiner Ehe hat G. Künzli zwei Nachkommen, Beatrice und
Laurent. Beide Kinder sind bereits erwachsen und verheiratet. Annabelle Goldinger hat aus
einer früheren Ehe einen Sohn, der sich noch in der Ausbildung an der ZHAW befindet.
Nach dem Tod von Georg Künzli erfahren die Angehörigen, dass Herr Künzli seine eige-
nen Kinder, seine Lebensgefährtin und deren Sohn Patrick zu gleichen Teilen als Erben ein-
gesetzt hat. Die Vermögensverhältnisse von Georg Künzli sind alles andere als klar. Sein Sohn
Laurent vermutet, dass noch einige Schulden zum Vorschein kommen könnten. c) Frau Annabelle Goldinger ist ein öffentlicher Schuldenruf im Handelsamtsblatt peinlich.
Kann sie die Errichtung des öffentlichen Inventars verhindern?
Begründen Sie mithilfe des Gesetzes.

a ) Zeichnen Sie die Situation in übersichtlicher Form auf.


Welcher Anteil am Nachlass steht jedem Erben gemäss letztwilliger Verfügung zu?
Tragen Sie die Bruchteile in Ihre Skizze ein.
d) Beatrice und Laurent sind mit der Teilung des Erbes nicht einverstanden.
Sie klagen auf der Basis von Art. 522 ZGB. Welches Ziel wollen sie damit erreichen?
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Welche Konsequenzen 2021
hätte eine erfolgreiche Klage auf den Anteil von Annabelle
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und Patrick Goldinger?

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Aufgabe 6 Erbrechtlicher Anspruch nach Auflösung einer Ehe

Die Aufgabe 4 im Kapitel 7 Familienrecht behandelt die sogenannte «güterrechtliche Auf- Der Nachlass von Silvano muss im Anschluss an die güterrechtliche Aufteilung gemäss den
teilung» des Vermögens bei Auflösung einer Ehe durch den Tod eines Partners. Regeln des Erbrechts auf die Erben aufgeteilt werden.

Als Silvano und Elsbeth heirateten, hatte Silvano aus seinem Arbeitsverdienst CHF 10 000.–
auf einem Anlagesparkonto angelegt. Elsbeth hatte gerade ihre Ausbildung abgeschlossen
und besass zu jenem Zeitpunkt keine Ersparnisse. Silvano Elsbeth
Im Laufe der Jahre brachte Silvano weitere CHF 10 000.– auf die Seite. Elsbeth konnte
durch ihren Arbeitserwerb bis zur Geburt des ersten Kindes CHF 6 000.– ansparen. Silvano
arbeitete nach der Geburt des Kindes temporär zu etwa 20 %; er besorgte den Haushalt und
war auch später für die Betreuung der insgesamt drei Kinder zuständig. Elsbeth sicherte durch
ihre Tätigkeit in einer Werbeagentur den finanziellen Unterhalt der Familie. Als später die
Eltern von Silvano starben, erbte er deren Reiheneinfamilienhaus, in das die Familie einzog.
Elsbeth konnte beim Tod ihrer Eltern CHF 70 000.– erben, die sie in Wertschriften anlegte. Weil Silvano kein Testament erstellt und das Ehepaar auch keinen Erbvertrag abgeschlossen
Silvano stirbt bei einem Unfall in den Bergen. Zuerst kommt es nun zur güterrechtlichen hatte, gelten die gesetzlichen Teilungsvorschriften.
Aufteilung des Vermögens. Die Liegenschaft hat einen Wert von CHF 600 000.–, sie ist mit Bestimmen Sie, wie der Nachlass von Silvano aufgeteilt wird und welcher Gesamtbetrag
einer Hypothek von CHF  350 000.– belastet. Das Lohnkonto von Silvano enthält CHF Elsbeth zusteht.
14 000.–, dasjenige von Elsbeth CHF 40 000.–; die Wertschriften von Elsbeth sind nach wie
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vor CHF 70 000.– wert. Das gemeinsam angeschaffte
PersönlichesAuto besitzt
Exemplar einenGándara
von Arantxa WertEspasandín,
von CHF3018 Bern
24 000.–.
Die güterrechtliche Abrechnung erfolgt nach den gesetzlichen Bestimmungen der Errun-
genschaftsbeteiligung und führt zu folgendem Resultat:

Elsbeth Silvano
Eigengut Errungen- Errungen- Eigengut
schaft schaft
Liegenschaft 600 000
– Hypothek – 350 000
Auto 12 000 12 000
Anlagesparkonto Silvano 4 000 10 000
Lohnkonto Elsbeth 40 000
Wertschriften 70 000
Total 398 000 70 000 52 000 16 000 260 000
Vorschlag Elsbeth 26 000 26 000
Vorschlag Silvano 8 000 8 000
Im vorliegenden Fall müssen sich Elsbeth und die Nachkommen einigen, wer das Haus von
Anspruch Elsbeth 104 000
Silvano (im Wert von CHF 250 000.–) übernimmt und die andern Erben auszahlt. Elsbeth
Nachlass Silvano 294 000 kann nach Art. 612a Abs. 2 ZGB ein Wohnrecht an der Familienwohnung verlangen.
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