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Dynamik kompakter Kurzschlussläufer –

Experimentelle Analyse, Modellbildung


und Parameteridentifikation

Der Technischen Fakultät


der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg

zur Erlangung des Doktorgrades

DOKTOR–INGENIEUR

vorgelegt von

Johannes Großhauser

aus Roth
Als Dissertation genehmigt von
der Technischen Fakultät der
Universität Erlangen-Nürnberg

Tag der mündlichen Prüfung: 21.07.2016


Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. Peter Greil
Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Kai Willner
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Seemann
Schriftenreihe Technische Mechanik
Band 22 · 2016

Johannes Großhauser

Dynamik kompakter Kurzschlussläufer –


Experimentelle Analyse, Modellbildung
und Parameteridentifikation

Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. habil. Paul Steinmann


Prof. Dr.-Ing. habil. Kai Willner

Erlangen 2016
Impressum
Prof. Dr.-Ing. habil. Paul Steinmann
Prof. Dr.-Ing. habil. Kai Willner
Lehrstuhl für Technische Mechanik
Universität Erlangen-Nürnberg
Egerlandstraße 5
91058 Erlangen
Tel: +49 (0)9131 85 28502
Fax: +49 (0)9131 85 28503

ISSN 2190-023X

c Johannes Großhauser

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne
Genehmigung des Autors ist es nicht gestattet, dieses Heft ganz oder teilweise auf photo-
mechanischem, elektronischem oder sonstigem Wege zu vervielfältigen.
Vorwort
Auch wenn auf dieser Arbeit am Ende nur mein Name steht, wäre sie doch ohne die Un-
terstützung einer Vielzahl von Personen nicht möglich gewesen. Einer Reihe von Personen
gilt deshalb an dieser Stelle mein persönlicher Dank. Allen hier nicht namentlich genannten
Kollegen und Freunden sei für die Gespräche, Diskussionen, Ablenkungen, Unterstützungen
der letzten Jahre ebenfalls sehr herzlich gedankt.
Ein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Kai Willner, der sich auf
das „Wagnis“ eines externen Doktoranden eingelassen hat. Er hat mir stets die Freiheit
gelassen, nach meinen Wünschen und Vorstellungen zu agieren. Gleichzeitig war er mir
stets ein guter Berater. Seine Tipps, Ideen und Hinweise haben den Entstehungsprozess
maßgeblich geleitet und zum vorliegenden Ergebnis beigetragen.
Für das Interesse an meiner Arbeit und der Übernahme der Zweitbegutachtung der Arbeit
bedanke ich mich sehr herzlich bei Herrn Professor Seemann. Ebenfalls ein Dank geht an
Herrn Professor Steinmann für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes und Herrn Professor
Hahn als weiteren Prüfer.
Neben der universitären Betreuung gehörte zum Entstehen dieser Arbeit von Anfang an
auch die Bereitschaft der SIEMENS AG, das Entwicklungsprojekt in dieser Form durch-
zuführen und zu fördern. Hier gilt mein herzlicher Dank Herrn Dr. Olaf Körner und dem
ganzen Bereich PD LD TD für die Projektfinanzierung, ohne die diese Arbeit nicht entste-
hen hätte können.
Weiterhin gilt ein großer Dank meinen Vorgesetzten, die mir während der Bearbeitung stets
das Vertrauen und die nötigen Freiräume gegeben haben. In erster Linie ist hier Herr Dipl.-
Ing. Erik Pfleger zu nennen. Er hat bereits meine Diplomarbeit betreut und war mir lange
Jahre als Vorgesetzter und Vertrauter ein guter Ansprechpartner.
Darüber hinaus wurden die Arbeit und meine persönliche Entwicklung stets von Herrn
Dr. Hartmut Vogel sehr wohlwollend unterstützt und gefördert. Er war und ist mir sowohl
beruflich als auch persönlich ein Vorbild. Sein großes Vertrauen in mich und meine Arbeit
ehrt mich und äußert sich darin, dass er mir kürzlich die Leitung der Gruppe TE MSM
anvertraut hat, was mich sehr stolz macht. Ein ganz besonderer Dank gilt jedem Einzelnen
meiner Abteilung für die langjährige freundschaftliche und kollegiale Zusammenarbeit!
Mein abschließender und größter Dank gilt meiner Familie. Sie haben meinen gesamten
bisherigen Lebensweg mitgetragen und mich stets nach Kräften unterstützt. Ohne Sie
wären mein Studium und schließlich die Promotion nicht möglich gewesen.

Hilpoltstein, im Juli 2016 Johannes Großhauser


Der höchste Lohn für unsere Bemühungen
ist nicht das, was wir dafür bekommen,
sondern das, was wir dadurch werden.

John Ruskin
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis IX

I Kurzfassung XIII

II Abstract XV

1 Einleitung 1
1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Das mechanische System Asynchronmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2.1 Allgemeine Vor- und Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2.2 Funktionsweise und prinzipieller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2.3 Mechanischer Aufbau des Stators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2.4 Mechanischer Aufbau des Läufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2.5 Grundlegendes dynamisches Verhalten des Läufers . . . . . . . . . . . 7
1.3 Ziele der Arbeit und Lösungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.4 Aktueller Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.4.1 Zu Grunde liegende Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.4.2 Aktuelle Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.5 Auswahl von Läufern für die weiteren Untersuchungen . . . . . . . . . . . . 10

2 Theoretische Betrachtungen 13
2.1 Der gedämpfte, freie Einmassenschwinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2 Der gedämpfte, freie Mehrmassenschwinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.3 Experimentelle Modalanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.3.1 In der Arbeit angewandtes Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.3.2 Theoretische Hintergründe zur Experimentellen Modalanalyse . . . . 20
2.4 Grundlagen der Finite Element Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3 Dynamisches Verhalten des Systems 27


3.1 Anforderungen an die Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.2 Versuchsaufbau und Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.2.1 Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3.2.2 Anregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.2.3 Verifikation der Anregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.2.4 Messgrößen und Messgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.3 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.3.1 Auswertung des einzelnen Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.3.2 Auswertung der Messreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.4 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.4.1 Typische Eigenformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
X INHALTSVERZEICHNIS

3.4.2 Bewertung der statistischen Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . 45


3.4.3 Dynamisches Verhalten der Läufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.4.4 Bewertung der Reihenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.5 Weitere Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
3.5.1 Variation des Anregungsortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
3.5.2 Versuche an Teilsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3.5.3 Dämpfungswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

4 Simulation des dynamischen Verhaltens 57


4.1 Modellaufbau und Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.1.1 Berücksichtigte Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.1.2 Modellierung und äußere Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 59
4.1.3 Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
4.1.4 Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.2 Parameter und Parameterräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.2.1 Beschreibung des Blechpakets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.2.2 Kurzschlusskäfig und Stabbettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.2.3 Weitere Modellierungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.3 Ergebnisse für Teilmodellierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.3.1 Materialmodelle für das Blechpaket . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.3.2 Kontakte zwischen Stäben und Blechpaket . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.4 Simulationsergebnisse für die Läufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

5 Sensitivitätsanalyse und Parameteroptimierung 87


5.1 Methodik zur Ermittlung von Abhängigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
5.1.1 Klassische Versuchsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
5.1.2 Methoden des „Design of Experiments“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
5.2 Identifikation relevanter Parameter des FE-Modells . . . . . . . . . . . . . . 92
5.2.1 Eingangsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
5.2.2 Auswertung der Simulationsrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
5.2.3 Kontrolle der Ergebnisqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
5.2.4 Ergebnisse der Sensitivitätsanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
5.3 Metamodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
5.3.1 Überführung der Datenpunkte in ein Metamodell . . . . . . . . . . . 102
5.3.2 Auswertung und Ergebnisdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
5.3.3 Bewertung der Ergebnisqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
5.4 Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
5.4.1 Optimierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
5.4.2 Eingangsparameter und Optimierungskriterien . . . . . . . . . . . . . 111
5.4.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

6 Erweiterte Prüfstandversuche 119


6.1 Versuchsaufbau und Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
6.1.1 Entwurf eines Lagerungskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
6.1.2 Umsetzung und Verifikation von Lagerung und Lasteinleitung . . . . 121
6.2 Systemanregung und Prüfprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
XI

6.3 Messaufnehmer und Messgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127


6.3.1 Beschleunigungsaufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
6.3.2 Dehnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
6.4 Versuche unter Temperatureinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
6.5 Schwingverhalten des Läufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
6.5.1 Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
6.5.2 Verifikation des Versuchsaufbaus für thermische Versuche . . . . . . . 132
6.5.3 Ergebnisse der Modalanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
6.6 Ergebnisse der erzwungenen Anregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
6.6.1 Auswertung der gewonnenen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
6.6.2 Gemessene Beschleunigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
6.6.3 Dehnungen und Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
6.7 Vergleich mit Betriebsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

7 Verifikation des Simulationsmodells 145


7.1 Anforderungen an das erweiterte FE-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
7.1.1 Modellaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
7.1.2 Randbedingungen des dynamischen Modells . . . . . . . . . . . . . . 146
7.1.3 Vernetzung und Vernetzungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
7.2 Auswertung des dynamischen Modellverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . 149
7.3 Spannungen aus dynamischen Anregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

8 Zusammenfassung und Fazit 153


8.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
8.2 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
8.3 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

III Nomenklatur- und Abkürzungsverzeichnis 157

IV Tabellenverzeichnis 161

V Abbildungsverzeichnis 163

VI Literaturverzeichnis 169

A Anhang 177
A.1 Ergänzende Auswertungen für Bauform 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
A.2 Ergebnisse für Bauform 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
A.3 Ergebnisse für Bauform 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
A.4 Ergebnisse für Bauform 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Kurzfassung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Abgleich des modalen Verhaltens zwischen
Messung und Rechnung bei Kupfer-Kurzschlussläufern von Asynchronmotoren. Dazu wer-
den umfangreiche Reihenuntersuchungen an vier Bauformen und insgesamt etwa 45 Ex-
emplaren der Läufer durchgeführt. Die Versuche umfassen experimentelle Modalanalysen
der frei hängenden Prüflinge. Die Anregung erfolgt mittels Hammerschlag, die Strukturre-
aktionen werden mit wanderndem Aufnehmer erfasst. Dieser Versuchsaufbau wurde vorab
verifiziert und weist ein stabiles Verhalten auf. Die ermittelten Eigenfrequenzen und Eigen-
formen der Prüflinge werden reproduzierbar ermittelt und ergeben ein einheitliches Bild mit
geringen Exemplarstreuungen innerhalb einer Bauform bei neu gefertigten und im Betrieb
befindlichen Läufern. Mit geometrisch identischen FE-Modellen werden die Eigenfrequenzen
und Eigenformen auch rechnerisch bestimmt. Zur Anpassung der Ergebnisse an die Ver-
suchsergebnisse stehen diverse Material- und Kontaktparameter des Modells zur Verfügung.
Großen Einfluss haben die Modellierung der Verbindung zwischen Stäben und Blechpaket
und die orthotropen Steifigkeitseigenschaften des Blechpakets. Für eine Quantifizierung
des Einflusses der einzelnen Parameter und dem Finden von Abhängigkeiten werden Sen-
sitivitätsanalysen durchgeführt. Die Ergebnisse werden in ein Metamodell überführt und
stellen die Grundlage für eine Parameteroptimierung dar. Das Metamodell beinhaltet eine
mathematische Beschreibung der in der Sensitivitätsanalyse gefundenen Zusammenhänge.
Die Berechnung von Designs innerhalb des untersuchten Parameterraums ist dadurch mit
sehr geringen Rechenzeiten möglich. Für die Optimierung der Eingangsparameter kommen
evolutionäre Algorithmen mit mehreren Tausend Designs zur Anwendung. Sind Randbe-
dingungen und Wertebereiche für Sensitivitätsanalyse und Optimierung sinnvoll gewählt,
werden Parametersätze für die Simulationsmodelle ermittelt, bei denen die Abweichun-
gen zwischen rechnerischen und experimentellen Ergebnissen sehr gering sind. Damit liegt
erstmals ein Prozess vor, mit dem es möglich ist, das dynamische Verhalten von Läufern
über experimentelle und rechnerische Verfahren vollständig zu beschreiben. Die gefundenen
Modellierungsvorschriften können auch auf andere Bauformen angewandt werden oder, bei
Vorlage neuer Versuchsergebnisse, darauf angepasst werden. Zur weiteren Untersuchung des
Verhaltens des realen Systems werden mit einem Läufer Prüfstandversuche unter Tempe-
ratur und unter erhöhten Anregungsamplituden - aufgebracht mittels elektrodynamischem
Shaker - durchgeführt. Für die Shakeranregung wird, in Zusammenarbeit mit dem Prüfla-
bor, eine neue Art von Versuchsaufbau entwickelt und erfolgreich umgesetzt. So ist es
möglich, den Läufer an verschiedenen Positionen in einem weiten Frequenz- und Amplitu-
denbereich anzuregen. Abgerundet wird die Arbeit durch eine rechnerische Nachbetrach-
tung der durchgeführten Prüfstandversuche. Die für die vorliegenden Aufgabenstellungen
entwickelten Simulationsmodelle haben dadurch ihre Eignung hinsichtlich aller geforderten
Berechnungsdisziplinen und Ergebnisse unter Beweis gestellt.
Abstract
Main topic of the thesis is a comparison of tested and calculated modal behavior of squirrel
cage rotors of induction motors. For that, an investigation of four different types and a
total of 45 rotors have been planned and carried out. The rotors are freely hanging and
tested by experimental modal analyses. Excitation is done by hammer impact, response is
measured by a moving acceleration sensor. This setup has been tested and verified and it
can be shown, that it is a stable process. Results of the tests are natural frequencies and
mode shapes of the rotors. They show a repeatable behavior of the modal behavior and
small deviations of results within types of new-manufactured rotors. Also, the deviation
within a type of rotor, which is in service, is acceptable. By using the same geometry,
natural frequencies and mode shapes are also calculated by finite-element-analyses. The
results of the FE-models can be adjusted by several material and contact parameters. It
can be seen, that the coupling between copper bars and lamination has a major influence
on the modal behavior of the system. Apart from that, the lamination itself is defined as
an orthotropic material with different stiffness properties in axial direction. The influence
of all possible input parameters can be found out by sensitivity analyses. Their results
are converted into a metamodel. This describes the results of the sensitivity analysis in a
mathematically easier way. The calculation times for such a mathematically easy model are
even lower than for an FE-model. So, the metamodel can be used for testing new designs.
This is done during the parameter optimization process. Some thousand design points are
tested by an evolutionary algorithm. This aims to reduce differences between measured
and calculated results. With meaningful boundary conditions for sensitivity analysis and
optimization process, results fit very well. It is the first time, that the modal behavior of
the squirrel cage rotors can be described by tests and by FE-calculations in a closed-loop.
The found design rules for tests and FE-models can be used for similar rotors and systems,
too. For getting additional results, tests at special test benches are planned and carried
out. This includes investigations about the system behavior under higher temperatures and
higher excitation loads. The tests with higher excitation loads are done on a shaker test
bench. The test setup was planned completely new and could be approved by test results.
So it is possible to vary the excitation within location and a wide load and frequency range.
Finally, the test conditions where simulated for additional approve of the developed FE-
model. It can be shown, that simulated and measured results fit very well for shaker tests,
too. Therefore, the simulation model is able to satisfy the requested quality of results for
modal and dynamic calculations.
Kapitel 1

Einleitung
Durch ihren robusten und einfachen Aufbau stellen Asynchronmaschinen ein sehr weit ver-
breitetes Antriebskonzept in industriellen Anwendungen dar. Trotz dieser guten mechani-
schen Eigenschaften existieren spezielle Anwendungen, bei denen der Motorläufer durch
Schwingungs- und Stoßanregungen stark belastet wird. Für diese Anwendungen ist eine
mechanische Auslegung der Maschine auf die im Betrieb auftretenden Lasten erforderlich,
was mit aktuell zur Verfügung stehenden Kenntnissen und Methoden nicht zufriedenstel-
lend möglich ist. Die vorliegende Arbeit soll hierzu neue Erkenntnisse liefern und eine Ver-
besserung der experimentellen und rechnerischen Verfahren ermöglichen. Motivation und
Randbedingungen der Arbeit werden in diesem Abschnitt erläutert.

1.1 Motivation
Für die statische und dynamische Auslegung hochbelasteter Antriebe existieren diverse
Regelwerke für eine Vielzahl der Komponenten. So werden Gehäuse und Wellen heute
zuverlässig über analytische Programme oder FE-Modelle und entsprechende Regelwerke
nachgewiesen [58] [59]. Ist sichergestellt, dass die zu Grunde liegenden Lasten eingehalten
werden, ist nicht mit Problemen zu rechnen. Ähnlich verhält es sich bei der Dimensio-
nierung von Wälzlagern, auch wenn hier der Umgebungseinfluss wesentlich größer ist. Die
Ursache für Schäden liegt häufig in der Nichtbeachtung der Angaben der Lagerhersteller
[73]. Bei den Wicklungen von Stator und Läufer ist die Lage etwas vielschichtiger. Durch
das im Verhältnis weiche Verhalten prägen sie das dynamische Verhalten. Der Schwerpunkt
der vorliegenden Arbeit liegt auf dem dynamischen Verhalten des Läuferkurzschlusskäfigs,
welches maßgeblichen Einfluss auf Eigenfrequenzen und Eigenformen des gesamten Läufers
hat. Als dominante Schwingformen lassen sich Biege- und Torsionseigenformen feststellen.
Diese Formen wurden in Versuchen wiederholt nachgewiesen. Auch mit numerischen Simu-
lationsmodellen ist eine Ermittlung der Schwingformen möglich. Die bisher durchgeführten
Arbeiten zeigen jedoch, dass aufgrund der Komplexität des Systems bisher nur grobe Nä-
herungen und qualitative Aussagen möglich sind. Die Simulationsmodelle mussten in der
Vergangenheit teilweise vereinfacht werden, um die Rechnungen, bei akzeptablen Rechen-
zeiten, überhaupt durchführen zu können. Weiterhin verfügen die gefertigten Rotoren über
geometrische und fertigungsbedingte Toleranzen, welche noch nicht systematisch untersucht
wurden. Dadurch ist ein Abgleich mit Rechenmodellen nicht möglich. Aus dem dynami-
schen Verhalten des Kurzschlusskäfigs und äußeren Anregungen ergeben sich Spannungen
und Dehnungen an der Struktur. Diese können prinzipiell über numerische Simulationen er-
2 Kapitel 1 EINLEITUNG

mittelt werden, setzen jedoch geeignete Modelle voraus. Es ist offensichtlich, dass an dieser
Stelle noch Defizite bei der Auslegung der Käfigwicklung herrschen. Diese ist durch me-
chanische Anregungen stark belastet. Die Lasten werden meist von außen in die Maschine
eingeleitet und lassen sich kaum reduzieren, beispielsweise bei torsionssteif gekoppelten Ge-
trieben. Eine Überwachung des Zustands der Läuferwicklung scheitert an kostenintensiver
Messtechnik und schwieriger Fehlerdetektion [33]. Für die Entwicklung eines zuverlässigen
und effizienten Antriebssystems kommt dem dynamischen Verhalten des Läufers somit eine
besondere Bedeutung zu. Eine Abschätzung bereits in der Entwicklungsphase ist derzeit
jedoch nur bedingt möglich, da das Verhalten der Kupferkäfige nicht hinreichend in Simu-
lationsmodellen abgebildet werden kann. Da es immer wichtiger wird, die Zuverlässigkeit
eines Produkts frühzeitig bewerten zu können, gewinnen leistungsfähige Simulationsmodelle
an Bedeutung. Die Verfügbarkeit solcher Modelle bietet damit einen entscheidenden Vorteil
im Entwicklungsprozess.

1.2 Das mechanische System Asynchronmotor


Für die Entwicklung von Versuchskonzepten und Simulationsmodellen ist eine genaue
Kenntnis der Funktionsweise und des Aufbaus der zu untersuchenden Komponenten erfor-
derlich. Deshalb erfolgt an dieser Stelle eine Übersicht über die elektrische Funktionsweise,
den mechanischen Aufbau der Asynchronmaschine und den Herstellprozess des Läufers.

1.2.1 Allgemeine Vor- und Nachteile

Asynchronmaschinen stellen ein mechanisch einfaches, robustes Antriebssystem dar. Von


elektrischer Seite sind keine Verschleißteile vorhanden, die Maschinen sind sehr kompakt
aufgebaut. Darüber hinaus sind für den Bau von Asynchronmotoren keine teuren Roh-
stoffe erforderlich. Dadurch sind die Antriebe kostengünstig, leistungsfähig und langlebig
[61]. Durch den gleichzeitig guten Wirkungsgrad im Nennpunkt sind Asynchronmotoren
hervorragend für eine Vielzahl von Antriebsaufgaben der Industrie geeignet. Der in der
Vergangenheit gravierendste Nachteil einer schlechten Regelbarkeit ist mit der kostengüns-
tigen Verfügbarkeit leistungsfähiger Halbleitertechnologie weitgehend verschwunden. Die
Motoren können dadurch in Drehzahl und Drehmoment sehr variabel betrieben werden.
Aufgrund ihrer Robustheit, hoher Leistungsdichte und dadurch kleinem Bauraum werden
Asynchronmotoren auch für mechanisch hoch belastete Antriebe wie Pressen- und Trakti-
onsantriebe eingesetzt [61].

1.2.2 Funktionsweise und prinzipieller Aufbau

Der mechanische Aufbau und die elektrische Funktionsweise sind bei den meisten Indukti-
onsmotoren, wie Asynchronmotoren auch bezeichnet werden können, ähnlich. Unterschiede
ergeben sich aus den Anforderungen der unterschiedlichen Bauweisen der Motoren. Folgende
Abbildung zeigt einen Längsschnitt durch einen typischen Asynchronmotor mit Standge-
häuse. In der Darstellung befindet sich der Abtrieb auf der linken Seite. Diese Seite wird
als A-Seite bezeichnet, die gegenüberliegende Seite des Motors als B-Seite.
1.2 Das mechanische System Asynchronmotor 3

Abbildung 1.1: Längsschnitt eines Drehstrom-Asynchronmotors in Standardausführung mit allen


relevanten Komponenten (Darstellung aus [33])

Im Stator befindet sich die Wicklung, welche von einem dreiphasigen Wechselstrom durch-
flossen wird. Dadurch wird das erforderliche rotierende Magnetfeld zur Erzeugung der Dreh-
bewegung aufgebaut. Im Unterschied zu anderen elektrischen Maschinen wird die für den
Stromfluss im Läufer erforderliche Spannung bei der Asynchronmaschine über das rotieren-
de Magnetfeld des Stators erzeugt. Das Statormagnetfeld läuft mit konstanter Drehfrequenz
um. Rotiert der Läufer langsamer, wird, in Abhängigkeit der Relativgeschwindigkeit zwi-
schen bewegtem Leiter und Magnetfeld im Stator, in ihm eine Spannung induziert. Diese
Spannung verursacht im kurzgeschlossenen Käfig einen Stromfluss, welcher das Rotorma-
gnetfeld zur Folge hat. Durch anziehende Kräfte zwischen Stator- und Rotormagnetfeld
wird ein Drehmoment in der Maschine erzeugt. Sie ist somit auf eine Drehzahldifferenz zwi-
schen Drehfeld- und Läuferdrehfrequenz angewiesen. Der Läufer rotiert immer etwas lang-
samer, als das Drehfeld, was zum charakteristischen Namen „Asynchronmotor“ für diese
Motorbauart führt. Aus dieser Charakteristik ergibt sich automatisch ein stabiler Betrieb-
spunkt. Eine niedrigere Drehzahl des Läufers führt zu einer stärkeren Spannungsinduktion;
eine höhere Drehzahl zu einer geringeren Spannungsinduktion. Der Stromfluss in der Läu-
ferwicklung verhält sich proportional dazu. Somit ändert sich auch das Läufermagnetfeld
entsprechend. Der Motor reagiert also bei sinkender Drehzahl mit steigendem Drehmoment
und bei steigender Drehzahl mit sinkendem Drehmoment. Dies führt zu einer Stabilisierung
von Drehzahl und Drehmoment in einem konstanten Arbeitspunkt.

1.2.3 Mechanischer Aufbau des Stators

Der Stator umfasst ein Gehäuse mit Lagerschilden und ein Stator- oder Ständerblechpaket
mit Wicklungen. Die Wicklungen bestehen aus isolierten Spulen, welche in Nuten des
Ständerblechpakets eingelegt sind. Die Spulenenden bilden die sogenannten Wickelköpfe.
Über die Verschaltung der Spulen kann Einfluss auf das Anlauf- und Betriebsverhalten der
Maschine genommen werden [61]. Das Blechpaket ist aus einzelnen, geschichteten Blechen
aufgebaut. Dies verhindert magnetisch verursachte Wirbelströme und reduziert dadurch
4 Kapitel 1 EINLEITUNG

die Verluste der Maschine. Die Lagerschilde verschließen das Gehäuse und nehmen die
Lagerung des Rotors auf.

Abbildung 1.2: Paketiertes Statorblechpaket mit Wicklung und Wickelköpfen

1.2.4 Mechanischer Aufbau des Läufers

Da der Läufer im Weiteren von besonderem Interesse ist, wird auf dessen Bestandteile
detaillierter eingegangen. Die Elemente des Läufers und deren Verbindungen zeigt die sym-
bolische Darstellung in Abbildung 1.3. Eine Schnittdarstellung eines Läufers ist in Abbil-
dung 4.2 auf Seite 58 dargestellt. Aufbau und Funktionsweise der einzelnen Komponenten
sind nachfolgend kurz erläutert. Bei den in dieser Arbeit untersuchten Läufern sind die
Motorwellen sehr gedrungen ausgeführt. Dadurch sind die Läufer biegesteif und unanfällig
für niederfrequente Schwingungen. Die Geometrie der Wellenenden ist an die Aufnahme
der Lagerung und die Ausleitung des Drehmoments aus dem Läufer angepasst. Auf der
Motorwelle befindet sich das Blechpaket. Es besteht, wie das Ständerblechpaket, aus ge-
schichteten Elektroblechen. Eine Lackierung verhindert einen metallischen Kontakt, so dass
sich in axialer Richtung keine Wirbelströme aufbauen können. Das Blechpaket verfügt über
Luftkanäle zur Kühlung des Läufers. Weiterhin sind Nuten für die Aufnahme der Kupfer-
stäbe enthalten. Die Nuten sind trapez- oder rechteckförmig und nach oben etwa über die
halbe Breite offen. Die gestanzten oder gelaserten Bleche sind zwischen 0,3 mm und 1,0 mm
dick und zusammen mit Endblechen und Druckringen an den Enden des Pakets auf die
Welle aufgepresst. Die Druckringe stellen einen dauerhaften Axialdruck auf das Blechpaket
sicher. Die gegenüber den Elektroblechen dickeren Endbleche leiten den Axialdruck in die
Bereiche zwischen den Nuten im äußeren Teil der Elektrobleche.
1.2 Das mechanische System Asynchronmotor 5

Abbildung 1.3: Verbindung der einzelnen Komponenten beim Läufer einer ASM (Darstellung
nach [30])

Für den Aufbau des elektrisch leitenden Teils des Läufers werden in die Nuten des Blech-
pakets Kupferstäbe eingeschoben. Der Querschnitt der Stäbe orientiert sich an elektrischen
Erfordernissen. Die Stäbe werden mittels einer sogenannten „Verstemmung“ im Blechpa-
ket fixiert. Dazu wird mit einem radial an der Staboberkante angreifenden Meißel das
Material des Kupferstabs zu den Seiten verdrängt, wodurch ein Kraft- und Formschluss
zum Blechpaket entsteht. Da sich das Kupfer dabei plastisch verformt, handelt es sich um
einen irreversiblen Vorgang. Dieser Prozess ist nur schwer quantifizierbar. Die Erfahrung
zeigt aber, dass nur mit einer ausreichenden Verstemmung aller Stäbe ein zuverlässiger
und dauerhafter Betrieb der Rotoren möglich ist. Abbildung 1.4 zeigt einen Läufer mit
Blechpaket und teilweise eingesetzten Stäben. Zur Verbindung der Stäbe zu einem voll-
ständigen, kurzgeschlossenen Käfig werden an deren bearbeitete Enden Kurzschlussringe
angelötet. Dabei handelt es sich um Ringe aus Kupfer oder Kupferlegierungen, welche mit
einer Nut zur Aufnahme der Stabenden versehen sind und die leitende Verbindung zwi-
schen den Stäben sicherstellen. Die Abmessungen der Ringe sind durch elektrotechnische
Auslegungskriterien geprägt. Dadurch wird, vor allem während des Anlaufs, ein ausreichen-
der Stromfluss zwischen den Stäben bei gleichzeitig niedriger Erwärmung sichergestellt.
Für den Füge- und Lötprozess wird der Kurzschlussring mit in die Nut eingelegtem Lot
in liegender Position induktiv erwärmt. Die erforderlichen Löttemperaturen hängen vom
verwendeten Lot ab und liegen zwischen 600 ◦C und 750 ◦C. Die Nut im Kurzschlussring
weist ein Übermaß zu den Stabenden auf. Durch die Wärmedehnung vergrößert sich der
Durchmesser des Rings so weit, dass die bearbeiteten Stabenden in die mit Lot gefüllte
Nut im Ring eintauchen können. Während des anschließenden Abkühlens erstarrt das
Lot und der Kurzschlussring leitet durch das Übermaß eine radiale Vorspannung in die
Stäbe ein, was zu einer Zentrierung und zusätzlichen Fixierung des Verbands im Blech-
paket führt. Dabei sind plastische Verformungen der Komponenten nicht ausgeschlossen.
6 Kapitel 1 EINLEITUNG

Denn die Festigkeitskennwerte der Kupferkomponenten, insbesondere Zugfestigkeit und


Streckgrenze, sind nach dem Lötprozess deutlich reduziert [16]. Ursache sind die hohen
Temperaturen, welche zu einer Gefügerekristallisation im Kupfer führen. Abbildung 1.5
zeigt das Läufermodell aus Abbildung 1.4 im komplettierten Zustand.

Abbildung 1.4: Läufer mit Welle, Blechpaket, Druckringen, Endblechen und teilweise eingesetz-
ten, bearbeiteten Kupferstäben

Abbildung 1.5: Fertig montierter Läufer mit angelöteten Kurzschlussringen

Sind die Anforderungen hinsichtlich Temperatur- und Fliehkraftbelastung sehr hoch, ist
der Kupfer-Kurzschlussring häufig nicht in der Lage, die Lasten dauerhaft zu ertragen.
In diesem Fall wird entweder ein Kurzschlussring aus CuCrZr1 verwendet, oder es ist ein
sogenannter Kappenring erforderlich. Dabei handelt es sich um einen Ring aus einer hoch-
festen, austenitischen Stahllegierung, welcher über den Kurzschlussring geschoben wird. Die
Fliehkräfte werden somit von diesem Ring aufgenommen und der darunter liegende Kurz-
schlussring entlastet. Das austenitische Material ist für diese Anwendung sehr gut geeignet,
da es nahezu den gleichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten wie Kupfer besitzt, nicht
magnetisch ist und gute Festigkeitseigenschaften aufweist. Die Montage eines Kappenrings

1
Eine Kupferlegierung mit gegenüber Kupfer verbesserten Festigkeitseigenschaften. Für weitere Details sei
auf Fußnote 7 auf Seite 58 verwiesen.
1.3 Ziele der Arbeit und Lösungsstrategie 7

erfordert einen weiteren Montageschritt. Nach dem Löten wird auf dem Kurzschlussring ein
Sitz gedreht, mit dem der Kappenring mit Übermaß gefügt wird.

1.2.5 Grundlegendes dynamisches Verhalten des Läufers

Bei einem Läufer handelt es sich um ein schwingungsfähiges System, welches typische Eigen-
formen aufweist. Niederfrequente Bewegungen werden durch Biegeschwingungen der Welle
verursacht. Diese liegen bei großen Lagerabständen langer, schlanker Läufer bei unter 100 Hz
[75] und erreichen bei kurzen, kompakten Läufern, wie sie hier untersucht werden, Werte
von einigen hundert Hertz. Einfluss auf die Biegesteifigkeit haben, neben der Welle, das
Blechpaket und der darin befindliche Kurzschlusskäfig. Neben Biegeeigenformen treten an
den Läufern Torsionseigenformen auf. Diese spielen bei der Betrachtung des Antriebsstrangs
eine wichtige Rolle. Es ist bereits bekannt, dass die Anbindung der Stäbe an das Blechpaket
einen Einfluss auf diese Eigenformen hat, eine Quantifizierung ist jedoch bisher nicht mög-
lich. Ein weiterer Punkt sind Schwingungen der Kurzschlussringe. Durch die Anbindung der
schweren Kurzschlussringe an ausladende, verhältnismäßig dünne Stäbe entsteht ein schwin-
gungsfähiges System, welches bei höheren Frequenzen ebenfalls Schwingungen in mehreren
Ordnungen ausführt. Bei allen Schwingformen sind die ersten Ordnungen dominant und
beinhalten den größten Teil der Schwingenergie des Systems. Auf deren Bestimmung liegt
der Schwerpunkt der geplanten Versuche und Simulationsrechnungen.

1.3 Ziele der Arbeit und Lösungsstrategie


Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines numerischen Berechnungsmodells
zur realitätsnahen Berechnung des dynamischen Verhaltens der Kupfer-Kurzschlusskäfige
von Asynchronmaschinen. Dieses Berechnungsmodell soll universell einsetzbar sein und al-
le relevanten Randbedingungen berücksichtigen. Der Abgleich des Rechenmodells erfolgt
über eine experimentell ermittelte und statistisch abgesicherte Datenbasis. Grundlage für
die Datenbasis sind umfangreiche Versuche an realen Systemen. Dazu werden Reihenun-
tersuchungen an mehreren Bauformen der Läufer durchgeführt. Zusätzlich sind Prüfstand-
versuche zur weitergehenden Analyse vorgesehen. Damit ist es möglich, die Eigenschaften
und das dynamische Verhalten der Läufer umfassend und systematisch zu analysieren und
zu beschreiben. Mit der daraus entstehenden Datenbasis als Referenz können die Simula-
tionsparameter optimiert werden. Bevor eine Optimierung gestartet werden kann, sind die
Einflüsse der Eingangsparameter auf das Verhalten und die Ergebnisse des Rechenmodells
zu ermitteln. Um den Rechenaufwand zu reduzieren, werden Sensitivitätsanalysen auf Basis
des „Design of Experiments“ angewendet. Die Optimierung der Simulationsparameter wird
mit dem Ziel durchgeführt, die Abweichungen zum realen Systemverhalten gering zu hal-
ten. Die Strategie ist in Abbildung 1.6 visualisiert. Mit der vorliegenden Arbeit werden die
erforderlichen Schritte und grundlegende Daten und Zusammenhänge für eine erfolgreiche
Anwendung entwickelt. Dadurch ist erstmals eine umfassende Berechnung und Bewertung
des dynamischen Verhaltens der Kurzschlusskäfige möglich. Das entstehende Simulations-
modell soll universell einsetzbar und nicht an einzelne Bauformen gebunden sein, so dass
eine breite Anwendung der Ergebnisse möglich ist.
8 Kapitel 1 EINLEITUNG

Abbildung 1.6: Abgrenzung der Arbeit und Struktur der geplanten Vorgehensweise

1.4 Aktueller Stand der Technik


Obwohl Asynchronmaschinen bereits seit langem gebaut und eingesetzt werden, sind nach
wie vor Details des mechanischen Verhaltens des Kurzschlusskäfigs nicht bekannt oder nicht
verifiziert. Eine Abbildung in Simulationsmodellen ist deshalb nicht möglich. Eine Übersicht
über aktuell bekannte Arbeiten zu dem Thema und dem geplanten Vorgehen soll helfen,
die Arbeit einzuordnen und die offenen Arbeitsgebiete zu identifizieren.

1.4.1 Zu Grunde liegende Arbeiten

Das dynamische Verhalten großer Asynchronmaschinen wurde in der Vergangenheit nur


in wenigen Arbeiten untersucht. Der Schwerpunkt liegt meist auf der Analyse kompletter
Antriebssysteme, bei denen der Motor nur einen kleinen Teil darstellt. Die Arbeiten von
Werner [74] [75] befassen sich zwar mit dynamischen Aspekten der Asynchronmaschine,
der Schwerpunkt liegt aber auf der Rotordynamik langer, schlanker Rotoren. Die Grundla-
gen dazu finden sich auch in den klassischen Lehrbüchern von Dresig [18] und Gasch [26].
Der dort beschriebene Laval-Läufer repräsentiert einen langen, schlanken Läufer. Dieser
weist durch mechanische und magnetische Effekte ein mehr oder minder stabiles dynami-
sches Verhalten auf (Stichwort: kritische Drehzahl). Blechpaket und Kurzschlusskäfig sind
mit ihren dynamischen Eigenschaften bei derartigen Systemen von untergeordneter Be-
deutung. Dass sie nicht vollständig vernachlässigt werden können, zeigen die Arbeiten von
Hohage [35] und Stockinger [69]. Die Grundlagen des Biegeschwingungsverhaltens von Ro-
toren mit Blechpaketen wurden bereits 1981 von Siegl [67] untersucht. Sein Schwerpunkt
lag, neben der Ermittlung einer geeigneten analytischen Beschreibung des Blechpakets, auf
1.4 Aktueller Stand der Technik 9

dem Verformungs- und Schwingverhalten des Rotors im Betrieb. Es hat sich gezeigt, dass
die Erkenntnisse nur bedingt auf kompakte, axial gedrungen ausgeführte Kurzschlussläufer
übertragen werden können, wie sie in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Der Ein-
fluss von Blechpaket und Kurzschlusskäfig auf das dynamische Verhalten des Läufers steigt
durch die gedrungene Bauform stark an. Nach aktuellem Stand der Literatur liegen dazu
keine Untersuchungen vor.
Neben dem in dieser Arbeit relevanten System des Kupfer-Kurzschlussläufers lohnt ein
Blick auf Arbeiten, die sich zwar nicht mit dem Läufer, aber mit Statorkomponenten ei-
nes Elektromotors beschäftigen. Auch der Stator verfügt über ein Blechpaket und eine
weit ausladende Wicklung, welche das dynamische Verhalten maßgeblich prägt. Dies ist
vergleichbar mit dem Kurzschlussring an ausladenden Stäben. Auf Basis der Arbeiten von
Kellner [37], Knop [42], Ocana-Martinez [55] und Zilm [82] hat Jungiewicz [36] umfangreiche
Untersuchungen an Statoren von elektrischen Großantrieben durchgeführt. Sein Vorgehen
entspricht der in der Arbeit geplanten Strategie und dient deshalb als Vorlage. Die Über-
tragbarkeit der Verfahren und Ergebnisse muss vor deren Verwendung dennoch geprüft
werden. Weitere Arbeiten haben sich mit einzelnen Effekten oder Bauteilen der Asynchron-
maschine beschäftigt. So erfolgte bei Obermayr [54] eine erste Untersuchung der statischen
und dynamischen Blechpaketeigenschaften. Wesentlich intensiver fanden diese Arbeiten bei
Luchscheider [44] statt. Erst hier wurden Herstell-, Fertigungs-, Montage- und Betriebsein-
flüsse systematisch analysiert. Meister [45] hat den Fertigungsprozess des Kurzschlusskäfigs
analysiert. Bei Bagci [5] und Patel [57] stand dagegen der Aufbau effizienter FE-Modelle
der Läufer im Vordergrund.
Über mögliche Schäden an der Läuferwicklung als Folge dynamischer Belastungen finden
sich in der Literatur kaum Untersuchungen. Wie mehrere Analysen zeigen, sind Schäden an
der Läuferwicklung statistisch von untergeordneter Bedeutung [6] [33]. Dass es sich dabei
nicht um ein neueres Problem handelt, zeigt die Tatsache, dass Schweizer [65] sich bereits im
Jahr 1965 mit der Problematik von Stabbrüchen in Kurzschlussläufern beschäftigt hat. Er
ermittelte analytisch magnetische, thermische und mechanische Kräfte am Käfig, welche in
die Festigkeitsbetrachtungen eingeflossen sind. Weiterhin untersuchte er diverse Werkstoff-
und Fertigungseinflüsse auf die Festigkeit des gelöteten Kupferkäfigs. Es zeigt sich, dass
seine Gedanken und Erkenntnisse nach wie vor aktuell sind. So umfassend wie Schwei-
zer haben sich der Problematik nur wenige gewidmet. Neben einzelnen Untersuchungen
zur Designoptimierung von Kupfer-Kurzschlussläufern [25] existieren diverse Arbeiten zur
Schadenserkennung. Diese zielen auf eine frühzeitige Entdeckung von Schäden am Kurz-
schlusskäfig über die Auswertung elektrischer Effekte. So entwickelte Haug [33] mehrere
Verfahren, um anhand der elektrischen Vorgänge im Motor Schäden an der Läuferwicklung
detektieren zu können. Diese Überwachungseinrichtungen ziehen jedoch einen sehr hohen
Mess- und Auswerteaufwand nach sich, so dass sie sich bisher als nicht praktikabel er-
wiesen haben. Ähnlich verhält es sich mit den Untersuchungen von Bishop [8], Kral [43]
und Tudorache [72], so dass als einzige Lösung für ein zuverlässiges Antriebssystem eine
betriebssichere mechanische Auslegung gesehen werden kann.
Unabhängig von der Asynchronmaschine haben sich mehrere Arbeiten bereits mit der Pro-
blematik von Fügestellen und Nichtlinearitäten in dynamischen Systemen beschäftigt, wie
sie auch in den Läufern vorkommen können. So hat sich Bruns [10] in seiner Arbeit mit
der Detektion und Identifikation von Nichtlinearitäten beschäftigt. Schwerpunkt lag da-
10 Kapitel 1 EINLEITUNG

bei auf der experimentellen Betrachtung. Aufsetzend auf seinen Ergebnissen hat Geisler
[28] ein System mit Fügestelle experimentell und rechnerisch untersucht und Verfahren zur
Abbildung des Systems mittels FE-Simulation entwickelt.

1.4.2 Aktuelle Entwicklungen

Neben der Betrachtung der fachlichen Fragestellung ist ein Blick auf die geplante methodi-
sche Vorgehensweise sinnvoll. Die Kopplung Messung-Rechnung gewinnt zunehmend an Be-
deutung [58]. Neben der Notwendigkeit, immer komplexere Produkte in kürzeren Zeiten zu
entwickeln, liegen mittlerweile auf beiden Seiten sehr leistungsfähige Tools vor, die mit der
vorhandenen Datenmenge umgehen und sie sinnvoll miteinander vergleichen können. Ein
Blick auf verwandte Systeme und Aufgabenstellungen zeigt gerade in der Automobilbranche
eine starke Entwicklungsbewegung bei der Entwicklung elektrischer Antriebskonzepte. So
wurde von Schwarzer [63] ein ähnlicher Workflow zur Ermittlung der Modellierungspara-
meter von Wicklungen gewählt. In seiner Arbeit wurden FE-Modelle für Statorwicklungen
mittels Sensitivitätsanalysen an Versuchsergebnisse angepasst (seine Arbeiten sind auch in
diversen Journals erschienen: [62] [64]). Das Vorgehen ist mit dem in der vorliegenden Ar-
beit vorgestellten Ablauf gut vergleichbar. Ebenfalls mit dem Abgleich zwischen Messung
und Rechnung bei Statorwicklungen beschäftigt sich die Arbeit von Hohage [34]. Bei Nu-
nes [53] kommt eine Sensitivitätsanalyse bei der Betrachtung dynamischer mechanischer
Systeme zur Anwendung. Dass eine disziplinübergreifende Analyse von Systemen immer
mehr an Bedeutung gewinnt, zeigt eine Reihe von Veröffentlichungen in diversen Jour-
nals der Softwarehersteller. In einem Artikel eines Elektromotorenherstellers wurden nicht
nur Rechenmodelle mit Versuchen verglichen, sondern auch diverse Berechnungsdisziplinen
(Mechanik, Elektrotechnik, Strömungsmechanik) miteinander kombiniert [11]. Zusammen-
fassend existiert eine Reihe von Arbeiten, die die geplante Vorgehensweise bereits erfolg-
reich angewandt haben. Auf das hier zu betrachtende System kompakter Kurzschlussläufer
wurden die Methoden jedoch noch nicht angewandt.

1.5 Auswahl von Läufern für die weiteren Untersuchungen


Die in dieser Arbeit verwendeten Läufer für die Durchführung der Versuche und Simulati-
onsrechnungen wurden anhand verschiedener Kriterien ausgewählt. Dadurch wird erreicht,
dass die gewonnenen Erkenntnisse möglichst vielseitig eingesetzt und übertragen werden
können. Die Untersuchungen stützen sich auf möglichst große Läufer der untersuchten
Motorbauart. Diese sind gegenüber kleineren Bauformen anfälliger für Schwingungen, da
die Eigenfrequenzen durch die hohen Massen der Komponenten reduziert werden. Gleich-
zeitig sollen Standardausführungen untersucht werden, welche häufig eingesetzt werden.
Des Weiteren sind praktische Gründe bei der Versuchsdurchführung zu berücksichtigen.
Demnach kommen nur Läufer in Frage, auf die in der Fertigung zugegriffen werden kann.
Neben neu gefertigten Läufern bestand die Möglichkeit, im Betrieb befindliche Läufer zu
untersuchen. Dadurch ist es möglich, Veränderungen im Betrieb der Läufer abschätzen zu
können. Am besten verfügbar ist Bauform 1, anhand deren die Verfahren und Ergebnisse in
dieser Arbeit dargestellt werden. Die für die Läuferbauformen 2 bis 4 ermittelten Ergebnisse
1.5 Auswahl von Läufern für die weiteren Untersuchungen 11

werden im Rahmen der Arbeit nur bei Bedarf erläutert und sind in Kurzform im Anhang
enthalten. Die untersuchten Läufertypen decken einen Drehzahlbereich bis 4 200 min−1 ab.
Das maximale Drehmoment der Motoren liegt zwischen 10 000 und 18 000 Nm, die maxi-
male Leistung bei etwa 1 900 kW. Nachfolgend sind die Läuferbauformen kurz beschrieben.
Der Abtrieb findet in den folgenden Darstellungen immer auf der linken Seite statt. Allen
gemeinsam sind ein Außendurchmesser von knapp 500 mm und eine sehr kompakte Aus-
führung. So ist bei Läuferbauform 1 in Abbildung 1.7 der Sitz der Kupplung direkt in die
Motorwelle integriert. Die Wellenkupplung ist Bestandteil des Läufers und wird bei den
Versuchen und Simulationsrechnungen berücksichtigt. Der Kurzschlusskäfig besteht aus
gekröpften Stäben und Kurzschlussringen aus CuCrZr.

Abbildung 1.7: Läuferbauform 1 mit Wellenkupplung

Die Läufer der Bauform 2 weisen ähnliche Abmessungen auf. Sie verfügen jedoch über
wesentlich mehr Stäbe und Kurzschlussringe mit Kappenringen, wie in Abbildung 1.8 zu
sehen. Gründe hierfür sind eine geänderte elektrische Auslegung sowie höhere Betriebs-
drehzahlen. Das Wellenende ist sehr schlank und ohne weitere Anbauteile ausgeführt.

Abbildung 1.8: Läuferbauform 2 mit Kappenringen und schlankem Wellenende

Bei Bauform 3 handelt es sich um die größten Läufer dieser Motorenbauart. Im Gegensatz
zu den anderen Bauformen verfügen diese über lange Wellenenden, so dass ein geändertes
Schwingverhalten zu erwarten ist. Auf den Wellenenden sind große Druckringe und zusätz-
liche Luftleitringe montiert. Der Fertigungszustand in Abbildung 1.9 stellt die Grundlage
für die Untersuchungen dar.
12 Kapitel 1 EINLEITUNG

Abbildung 1.9: Läuferbauform 3 mit ausladenden Druckringen und langen Wellenenden

Ebenfalls einige Besonderheiten weist Bauform 4 auf. Diese Läufer befinden sich bereits seit
etwa zehn Jahren im Betrieb und stehen im Rahmen von turnusmäßigen Überholungen der
Antriebe für Versuche zur Verfügung. Darüber hinaus weisen die Läufer ein abtriebseitig
sehr langes Wellenende auf.

Abbildung 1.10: Läuferbauform 4 mit Kappenringen und langem Wellenende


Kapitel 2

Theoretische Betrachtungen
Bevor in die konkrete Betrachtung des in der Arbeit zu analysierenden Systems eingestiegen
wird, ist für das Systemverständnis die Herleitung einiger grundlegenden Zusammenhänge
sinnvoll. Die nachfolgenden Ausdrücke gelten allgemein für dynamische Systeme im Versuch
und in der Rechnung. Die für die untersuchten Läufer system- und anwendungsspezifischen
Zusammenhänge beziehen sich auf dieses Kapitel und werden in den entsprechenden Ab-
schnitten näher erläutert.

2.1 Der gedämpfte, freie Einmassenschwinger


Grundlage aller dynamischen Betrachtungen ist der Einmassenschwinger. Er verfügt über
nahezu alle möglichen Eigenschaften eines schwingungsfähigen Systems. Gleichzeitig stellt
er das einfachste und dadurch anschaulichste Beispiel für ein mechanisches Schwingungssys-
tem dar. In folgender Abbildung ist eine anregungsfreie Masse mit Steifigkeit und Dämpfung
abgebildet. Dieses System stellt die Grundlage für die weiteren Betrachtungen dar.

Abbildung 2.1: Freier, gedämpfter Einmassenschwinger


14 Kapitel 2 THEORETISCHE BETRACHTUNGEN

Beim freien, also anregungsfreien und gedämpften Schwinger beinhaltet die Schwingungs-
differentialgleichung (DGL) Masse, Steifigkeit und Dämpfung. Die DGL kann in der Form

mẍ + dẋ + kx = 0 (2.1)

oder in der Form

d k
ẍ + ẋ + x = 0 (2.2)
m m

geschrieben werden. Bei x handelt es sich um eine allgemeine Verschiebungskoordinate.


Diese wird für die Lösung durch eine konkrete Ansatzfunktion ersetzt, welche eine noch
unbekannte Amplitude X enthält. Die Ansatzfunktionen lauten

x = X · eλt , (2.3)
ẋ = λX · eλt (2.4)

und

ẍ = λ2 X · eλt . (2.5)

Eingesetzt in die verschiedenen Beschreibungen des Schwingungssystems und etwas umge-


formt ändern sich die Differenzialgleichungen auf

(mλ2 + dλ + k)X · eλt = 0, (2.6)


d k
(λ2 + λ + )X · eλt = 0. (2.7)
m m

Das so ermittelte Eigenwertproblem ist lösbar, wenn einer der Faktoren zu Null wird. Bei
X = 0 handelt es sich um eine sogenannte „triviale Lösung“, die hier nicht gesucht ist.
Vielmehr sind die Nullstellen des vorangestellten Faktors gesucht. Dabei handelt es sich um
eine quadratische Gleichung. Deren Nullstellen werden am einfachsten mittels Lösungsglei-
chung und unter Verwendung der Normalform ermittelt [56]. Auf Basis von Gleichung 2.7
wird die Determinante

d k
det(λ2 + λ+ )=0 (2.8)
m m

berechnet. Zur Vereinfachung werden die Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Systems


2.1 Der gedämpfte, freie Einmassenschwinger 15

s
k
ω0 = (2.9)
m

und die Abklingkonstante für viskos gedämpfte Systeme

d
δ= (2.10)
2m

eingeführt [18]. Die häufig verwendete, sogenannte „Lehrsche Dämpfung“ entspricht dem
Verhältnis aus Abklingkonstante und Eigenkreisfrequenz und wird mit dem Formelzeichen
D bezeichnet. Unter Berücksichtigung der Gleichungen 2.9 und 2.10 ergibt sich als Lösung
der quadratischen Gleichung der Determinante in Gleichung 2.8 der Ausdruck

q
λ1,2 = −δ ± δ 2 − ω02 , (2.11)

oder umgestellt

q
λ1,2 = −δ ± i ω02 − δ 2 . (2.12)

Bei dem Wurzelausdruck handelt es sich um die Eigenfrequenz des gedämpften Systems
ωd . Sie beinhaltet die Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Systems ω0 . Die zugehörige
Frequenz der Grundschwingung berechnet sich aus der Eigenkreisfrequenz und dem Zu-
sammenhang

ω0 = 2πf0 . (2.13)

Wird vorausgesetzt, dass die Abklingkonstante klein ist, unterscheiden sich die beiden Ei-
genkreisfrequenzen praktisch nicht. Dies ist in vielen technischen Systemen der Fall, so
dass für die Ermittlung der Eigenkreisfrequenzen die Dämpfung nicht berücksichtigt wer-
den muss. Bei einem ungedämpften System wird die Abklingkonstante zu Null. Gleichung
2.12 vereinfacht sich dadurch und als Lösung des Gleichungssystems verbleibt

q
λ1,2 = ±i ω02 = ±iω0 . (2.14)

Die mit den Gleichungen 2.11, 2.12 oder 2.14 ermittelten Wertepaare werden Eigenwerte
des Gleichungssystems genannt. Zur Beschreibung der Schwingungen im Zeitbereich werden
die Lösungen des Eigenwertproblems der Gleichungen 2.6 oder 2.7 in den Ansatz
16 Kapitel 2 THEORETISCHE BETRACHTUNGEN

x(t) = A1 eλ1 t + A2 eλ2 t (2.15)

eingesetzt. Unter Verwendung der Eigenwerte des gedämpften Systems nach Gleichung 2.11
ergibt sich die Form

√ √
δ 2 −ω02 )t δ 2 −ω02 )t
x(t) = A1 e(−δ+ + A2 e(−δ− . (2.16)

Es wird vorausgesetzt, dass die Abklingkonstante kleiner ist als die Eigenkreisfrequenz. Das
System ist demnach unterkritisch gedämpft und in der Lage, harmonische Schwingungen
auszuführen [41]. Nach einiger Umstellung ergibt sich eine anschaulichere Form der Glei-
chung. Aus dem Ausdruck

x(t) = e−δt (B1 cos(ω0 t) + iB2 sin(ω0 t)) (2.17)

ist ersichtlich, dass es sich um eine harmonische Schwingung mit vorangestelltem Aus-
druck handelt. Die einhüllende e-Funktion bewirkt, dass die Schwingung im Laufe der Zeit
abklingt. Im Zeitverlauf ergibt sich somit ein charakteristischer Verlauf, wie nachstehend
dargestellt.
Amplitude x(t)

e−δt

Zeit t

Abbildung 2.2: Zeitverlauf einer viskos gedämpften, anregungsfreien Schwingung


2.2 Der gedämpfte, freie Mehrmassenschwinger 17

2.2 Der gedämpfte, freie Mehrmassenschwinger


Reale Systeme, wie die in der Arbeit untersuchten Läufer, lassen sich häufig nicht
auf Einmassenschwinger reduzieren. Bei Betrachtung von Mehrmassenschwingern ist die
Schwingungs-DGL auf die entsprechende Zahl an Freiheitsgraden zu erweitern. Dafür wird
eine Schreibweise in Form von Matrizen gewählt. Bevor die Gleichungen dahingehend erwei-
tert werden, ist nach Dresig [19] zu prüfen, ob die Dämpfungsmatrix den Anforderungen an
die erforderlichen Umformungen genügt, so dass die Eigenformen analog zum ungedämpften
System entkoppelbar bleiben. Dazu muss die notwendige und hinreichende Bedingung

KM −1 D = DM −1 K (2.18)

erfüllt sein [17]. Dies ist unter anderem bei dem Sonderfall des Ansatzes der Dämpfung
nach Rayleigh der Fall. Dieser Ansatz wird auch „Bequemlichkeits-Hypothese“ (nach [19])
genannt und beinhaltet in der Gleichung

D = a1 M + a2 K (2.19)

die Massen- und die Steifigkeitsmatrix. Je nach Vorfaktoren2 hängt die Dämpfung linear
von einer oder beiden Matrizen ab. Diese Beschreibung ist mathematisch einfach und in der
Anwendung anschaulich, so dass sie in den meisten Analysesystemen zur Verfügung steht.
Die Schwingungsdifferentialgleichung für den Mehrmassenschwinger

M ẍ + D ẋ + Kx = 0 (2.20)

unterscheidet sich nur in der Verwendung von Vektoren und Matrizen von Gleichung 2.1
des Einmassenschwingers. Damit können auch die Ansatzfunktionen für die Lösung des
Gleichungssystems analog zu den Gleichungen 2.3, 2.4 und 2.5 verwendet werden. Durch
die Zunahme der Systemfreiheitsgrade wird aus dem Faktor der unbekannten Amplitude
X in den Gleichungen der Vektor x̃. Die zu lösende Determinante nimmt die Form

det(M λ2 + Dλ + K) = 0 (2.21)

an. Als Ergebnis lassen sich, analog zu den Erläuterungen zu Gleichung 2.8, die Eigen-
wertpaare λi,i+1 ermitteln. Über ein Einsetzen in die Ausgangsgleichung kann für jedes
Eigenwertpaar der Eigenvektor x̃ berechnet werden, der die Schwingform beschreibt. Der
Vektor beinhaltet immer alle Systemfreiheitsgrade k; die Komponenten werden mit x̃ki
bezeichnet. Die ermittelten Eigenvektoren können in der sogenannten Modalmatrix

2
Die Vorfaktoren a1 und a2 sind in der Literatur auch als α-Dämpfung und β-Dämpfung bekannt.
18 Kapitel 2 THEORETISCHE BETRACHTUNGEN

 
x̃ x̃12 . . . x̃1n
 11 
 x̃21 x̃22 . . . x̃2n 

X = [x̃1 , x̃2 , ..., x̃n ] =   = [x̃ki ] (2.22)

 .. .. ... .  .
 . . . 
 
x̃n1 x̃n2 . . . x̃nn

zusammengefasst werden. Sie beschreibt alle Eigenformen des Schwingungssystems im Be-


reich der analysierten Eigenwerte. Da die rechte Seite des Eigenwertproblems immer Null
ist, können die Eigenvektoren frei skaliert werden. Dafür existieren mehrere Möglichkei-
ten [19]. Sehr einfach sind die Ansätze, die Summe der Verschiebungen oder die maximal
auftretende Verschiebung auf 1 zu normieren, was den Ausdrücken

k
x̃2ki = 1 (2.23)
X

n=1

oder

x̃ki max = 1 (2.24)

entspricht. Die beiden folgenden Ansätze gehen einen Schritt weiter. Hier wird die Verschie-
bung entweder unter Verwendung der Steifigkeitsmatrix

γi = x̃Ti K x̃i = 1 (2.25)

oder unter Verwendung der Massenmatrix

µi = x̃Ti M x̃i = 1 (2.26)

normiert. Der Faktor γ wird als modale Steifigkeit bezeichnet. In Analogie dazu wird der
Wert µ modale Masse genannt. In Analogie dazu existiert die modale Abklingkonstante

x̃Ti D x̃i
2δi = , (2.27)
x̃Ti M x̃i

die allerdings nicht zur Normierung von Eigenformen verwendet wird. Bei einer Normierung
anhand von modaler Masse oder modaler Steifigkeit wird jede Eigenform für sich bewertet
und skaliert. Auch hier wäre, analog zu Gleichung 2.23 oder 2.24 eine globale Betrachtung
aller Eigenvektoren möglich. Dies stellt verschiedene Möglichkeiten dar, wie die Verschie-
bungen der Eigenformen skaliert werden können. Diese Ansätze werden bei der Auswertung
der experimentellen Modalanalyse und der Modalanalyse mittels FEM angewandt.
2.3 Experimentelle Modalanalyse 19

2.3 Experimentelle Modalanalyse


Für die Analyse des dynamischen Verhaltens einer Struktur bietet sich die Durchführung
experimenteller Modalanalysen an. Ziel ist die Ermittlung der systembeschreibenden Ei-
genfrequenzen und Eigenformen. Dazu wird das System mit einem bekannten Signal beauf-
schlagt. An verschiedenen Stellen des Prüflings werden die Antwortsignale gemessen und
aufgezeichnet. Das Verhältnis zwischen Anregung und Antwort liefert die für das System
charakteristische Übertragungsfunktion H. In der Form des „Anschlagversuchs“, also der
Impulsanregung mittels Hammerschlag, hat sich die experimentelle Modalanalyse als effek-
tives und aussagekräftiges Werkzeug zur Systemanalyse längst in der Praxis durchgesetzt.
Auch andere Formen der Anregung, wie mittels rauschförmiger und stochastischer Signale,
sind möglich und werden in der Arbeit angewandt [50].

2.3.1 In der Arbeit angewandtes Vorgehen

Die wesentlichen Schritte bei der Durchführung einer experimentellen Modalanalyse sind
weitgehend unabhängig von der konkreten Umsetzung von Anregung und Messwertauf-
zeichnung. Folgende Übersicht fasst die wichtigsten Punkte am Beispiel der geplanten
Reihenuntersuchungen der Läufer zusammen.

Abbildung 2.3: Schematischer Ablauf einer experimentellen Modalanalyse (Darstellung nach [36])
20 Kapitel 2 THEORETISCHE BETRACHTUNGEN

In der Arbeit werden sowohl Reihenversuche zur Ermittlung des statistischen Verhaltens,
als auch Prüfstandversuche zur Ermittlung weitergehender Zusammenhänge und Effekte
durchgeführt. Die zugehörigen Versuchsaufbauten unterscheiden sich sehr stark, so dass
auf Lagerung und Messwertaufzeichnung nicht weiter eingegangen wird. Diese sind in den
jeweiligen Kapiteln 3 und 6 umfangreich erläutert.
Bei der Durchführung der Reihenversuche in Kapitel 3 hat sich die Anregung mittels Mo-
dalhammer bewährt. Der Hammerschlag entspricht einem Kraftsignal in Form eines nahezu
idealen Dirac-Impulses. Dessen Anwendung setzt ein weitgehend lineares Systemverhalten
voraus. Daneben wird in Kapitel 6 eine harmonische Kraftanregung des Systems mittels
Shaker umgesetzt. Diese bietet Vorteile, da die Anregung hinsichtlich Anregungssignal,
Frequenzbereich und Anregungsamplitude in einem weiten Bereich variiert werden kann.
Folgende Abbildung stellt beide Anregungssignale im Zeitbereich gegenüber.

Abbildung 2.4: Anregungssignale für experimentelle Modalanalysen, dargestellt im Zeitbereich.


Links ein Dirac-Impuls, rechts eine sinusförmige Anregung mit linear steigender
Frequenz

Der Aufzeichnung der Messwerte schließt sich die Auswertung an. Diese ist im nächsten
Abschnitt beschrieben. Die angewandten Methoden erfordern ein weitgehend lineares Sys-
temverhalten. Treten aufgrund von hohen Dämpfungen oder Fügestellen im System nen-
nenswerte Nichtlinearitäten auf, sind spezielle Auswertemethoden erforderlich, wie sie unter
anderem bei Geisler [28] beschrieben sind.

2.3.2 Theoretische Hintergründe zur Experimentellen Modalanalyse

Die Auswertungen der Modalanalysen finden im Frequenzbereich statt. Somit sind die er-
mittelten Zeitsignale von Anregung und Strukturantwort erst in den Frequenzbereich zu
überführen. Bei einer definierten Signalabtastfrequenz fS und einer Messzeit T ergeben sich

N = T · fS (2.28)

Messwerte. Bei der Wahl der Abtastfrequenz ist zu berücksichtigen, dass eine Schwingung
2.3 Experimentelle Modalanalyse 21

mindestens zwei Stützstellen besitzen muss3 . Somit ergibt sich die größte auswertbare Fre-
quenz, die sogenannte „Nyquist“-Frequenz [22], aus dem Zusammenhang

N/2
fmax = (2.29)
T

und liegt bei 50 % von fS . Das so diskretisierte Zeitsignal wird über die Fourierreihe

N −1
n
x(k) = X(n) · ej2π N k , (2.30)
X

n=0

1 NX
−1
n
mit X(n) = x(k) · e−j2π N k , für n = 1, ..., N (2.31)
N k=0

nachgebildet [46]. Die Reihe besteht aus einer Superposition von N einzelnen Sinusschwin-
gungen, so dass entsprechend viele Frequenzen mit der Reihe abgebildet werden können.
Die niedrigste darstellbare Frequenz, die Grundfrequenz, ist durch die Messzeit T definiert.
Die höchste mögliche Frequenz stellt die Nyquist-Frequenz fmax dar. In der Praxis wird der
erforderliche Berechnungsaufwand für das Verfahren durch geschickte Wahl der Zahl der
Messpunkte erheblich beschleunigt. Wenn für die Zahl der Stützstellen der Zusammenhang

N = 2m , (2.32)

gilt, kann gezeigt werden, dass sich die erforderliche Zahl an Berechnungen erheblich re-
duziert [22] [70]. In der Literatur wird eine Reduktion der erforderlichen Berechnungen
auf wenige Prozent des ursprünglichen Aufwands angegeben [50]. Diese Vorgehensweise ist
als „Fast Fourier Transformation“ („FFT“) bekannt, einem Standardverfahren in der ex-
perimentellen und rechnerischen Auswertung von Zeitsignalen im Frequenzbereich. Damit
es durch das Abschneiden des kontinuierlichen Zeitsignals am Ende der Messzeit nicht zu
falschen Ergebnissen bei der FFT kommt, werden Fensterfunktionen eingesetzt, mit de-
nen das Signal gefiltert wird. Diese sind meist automatisch in den Auswerteprogrammen
hinterlegt [70]. Bei Modalanalysen mit Impulsanregung spielen Fensterfunktionen kaum ei-
ne Rolle, da der aufgezeichnete Zeitbereich ohnehin so gewählt wird, dass die gemessenen
Amplituden an Beginn und Ende des Zeitbereichs weitgehend abgeklungen sind. Wird das
Verfahren der FFT auf Eingangssignal und Strukturantwort angewandt, kann die Über-
tragungsfunktion ermittelt werden. Diese wird, da im Frequenzbereich betrachtet, auch als
„Frequency Response Function“ (FRF) bezeichnet und allgemein über den Zusammenhang

Antwortsignal X(ω)
H(ω) = = (2.33)
Eingangsignal F (ω)
3
Zwei Stützstellen stellen die absolute Untergrenze dar, bei der eine mathematische Auswertung, unter
Voraussetzung einer harmonischen Schwingung, gerade noch möglich ist. Für eine akzeptable Nachbildung
eines Sinusverlaufs sind mindestens zehn Stützstellen zu empfehlen, wodurch fmax auf 10 % von fS sinkt
[39].
22 Kapitel 2 THEORETISCHE BETRACHTUNGEN

ausgedrückt. Die Übertragungsfunktion kann für den Fall einer harmonischen Anregung
auch aus den bereits bekannten Gleichungen ermittelt werden. Dazu wird die DGL 2.20 für
den gedämpften Mehrmassenschwinger um einen zeitabhängigen Anregungsterm auf der
rechten Seite erweitert. Dadurch nimmt die DGL die Form

M ẍ + D ẋ + Kx = f (t) (2.34)

an. Die rechte Seite lässt sich bei harmonischer Anregung in Form von Sinustermen aus-
drücken. Mit der Erregerkreisfrequenz Ω wird der Anregungskraftvektor als

f (t) = f a cos Ωt + f b sin Ωt (2.35)

formuliert. Wird Gleichung 2.34 analog zu Gleichung 2.33 umgestellt, ergibt sich daraus die
Übertragungsfunktion

H(Ω) = (−Ω2 M + iΩD + K)−1 (2.36)

des Systems. In dieser Darstellung ist die charakteristische Gleichung, wie sie ab Gleichung
2.21 diskutiert wurde, bereits enthalten. Der Ausdruck weist Polstellen auf, aus denen die
Eigenfrequenzen des Systems ermittelt werden können. Die Anzahl hängt von der Zahl der
Freiheitsgrade ab. Durch die komplexe Beschreibung kann die Darstellung der Ergebnisse
nur in Form von Real- und Imaginärteil oder in Form von Amplitude und Phase erfolgen.
Für einen exemplarischen Mehrmassenschwinger mit zwei Eigenfrequenzen im betrachteten
Frequenzbereich zeigt folgende Abbildung einen möglichen Verlauf der Übertragungsfunk-
tion in Form von Amplitude und Phase.

Abbildung 2.5: Übertragungsfunktion eines linearen Systems mit zwei Eigenfrequenzen


2.4 Grundlagen der Finite Element Methode 23

2.4 Grundlagen der Finite Element Methode


Die Methode der finiten Elemente stellt seit vielen Jahren das Standardwerkzeug zur nu-
merischen Analyse des statischen und dynamischen Verhaltens von Bauteilen dar. Dabei
wird ein Bauteil oder eine Baugruppe in eine endliche (finite) Anzahl kleiner Volumen-
elemente zerlegt, deren Verhalten mittels einfacher Gleichungen beschrieben werden kann.
Die Elemente sind über die Knoten definiert. Über die Zerlegung in Teilvolumina lassen
sich komplexe Geometrien numerisch beschreiben. Für die Lösung der dabei entstehenden
Gleichungssysteme sind leistungsfähige Rechner erforderlich. Die damit verbundenen Re-
chenzeiten stellen in der praktischen Anwendung in der Regel die Grenze einer sinnvollen
Diskretisierung dar. Im Folgenden werden die Grundlagen der FEM und die für die Lösung
nötigen Gleichungen und Ansatzfunktionen dargelegt.
Dynamische Analysen zeichnen sich durch ein zeitabhängiges Modellverhalten aus. Dies
sind im einfachen und hier vorliegenden Fall Modalanalysen und harmonisch angeregte
Schwingungen. Daneben können auch zeitlich transiente Vorgänge berechnet werden. Für
die Berechnungen der dynamischen Probleme kommt das Prinzip der virtuellen Arbeit zur
Anwendung. Dieses fordert ein Gleichgewicht zwischen innerer und äußerer virtueller Arbeit
des Systems. Somit muss sich der Ausdruck

δWi = δWa (2.37)

im Gleichgewicht befinden. Die innere virtuelle Arbeit umfasst innere Verspannungsarbeit


des Systems und Anteile aus dynamischer Rückstellung infolge Massenträgheit und Dämp-
fung. Somit nimmt die innere Arbeit die Form

Z Z Z
δWi = δT · σdV + ρδuT üdV + dδuT u̇dV (2.38)
V V V

an. Als äußere Lasten kommen Einzelkräfte F , Volumenkräfte p und Oberflächenlasten q


in Frage. Die Berücksichtigung aller Komponenten führt zu dem Ausdruck

Z Z
δWa = δu F +T
δu pdV +
T
δuT qdO. (2.39)
V O

Bei der Durchführung von rechnerischen Modalanalysen der Systeme treten keine äußeren
Lasten auf. Demnach ist die äußere virtuelle Arbeit gleich Null zu setzen. Für die weitere
Umformung der Gleichungen werden mehrere Zusammenhänge eingeführt. Das Verschie-
bungsfeld u und das virtuelle Verschiebungsfeld δu werden aus den Knotenverschiebungen
x, beziehungsweise den virtuellen Knotenverschiebungen δx und den Elementansatzfunk-
tionen N über

u = N x, beziehungsweise δu = N δx (2.40)
24 Kapitel 2 THEORETISCHE BETRACHTUNGEN

berechnet. Die Matrix der Ansatzfunktion der Elemente beinhaltet lineare oder quadra-
tische Gleichungen, die die Verformung der Knoten untereinander beschreiben. Standard
sind heute Volumenelemente mit quadratischen Ansatzfunktionen. Elemente mit linearen
Ansatzfunktionen werden nur noch in Sonderfällen (wie hyperelastischen Materialien [4])
eingesetzt. Treten Verformungen, also Relativverschiebungen zwischen den Knoten eines
Körpers auf, führt dies zu Verspannungen. Die Dehnungen und Verzerrungen werden in
der Verzerrungsmatrix C zusammengefasst. Die Umrechnung in Spannungen erfolgt unter
Verwendung des Werkstoffgesetzes E. Werden die Zusammenhänge

 = Cu (2.41)
σ = E (2.42)

in Gleichung 2.38 berücksichtigt, erweitert sich diese auf den etwas umständlich wirkenden
Ausdruck

Z Z Z
(CN δx)T ECN xdV + ρ(N δx)T (N ẍ)dV + d(N δx)T N ẋdV = 0, (2.43)
V V V
Z Z Z 
δxT (CN )T ECN xdV + ρN T N ẍdV + dN T N ẋdV = 0. (2.44)
V V V

Der Ausdruck kann unter Verwendung der Massen-, Dämpfungs- und Steifigkeitsmatrix
erheblich verkürzt und zusammengefasst werden. Unter Verwendung der Zusammenhänge

Z
M= ρN T N dV, (2.45)
ZV
D= dN T N dV, (2.46)
V
Z
K= (CN )T ECN dV (2.47)
V

ergibt sich aus Gleichung 2.44 die bekannte Schwingungs-DGL

M ẍ + D ẋ + Kx = 0 (2.48)

des Systems. Diese ist identisch mit der in Abschnitt 2.2 vorgestellten DGL für den Mehr-
massenschwinger. Somit gelten für die Lösung des Systems die gleichen Zusammenhänge.
In FE-Modellen werden die Eigenmoden in der Regel für ungedämpfte Systeme berechnet.
Somit entfallen die dämpfungsabhängigen Komponenten der Gleichungen. Des Weiteren
werden die Eigenformen von den FE-Programmen normiert berechnet. Das bedeutet, es
findet eine Normierung auf modale Massen oder Steifigkeiten statt, wie am Ende von Ab-
schnitt 2.2 erläutert. Die modale Masse wird für jede Schwingform ermittelt. In Relation
zur Gesamtmasse des Systems ist sie ein Indiz für die an der Schwingung beteiligte Masse
und somit ein Indiz, ob es sich um lokale oder globale Schwingformen handelt.
2.4 Grundlagen der Finite Element Methode 25

Sollen harmonische Anregungen auf das System aufgebracht werden, wird die rechte Seite
des Gleichungssystems um den entsprechenden Anteil der äußeren virtuellen Arbeit aus
Gleichung 2.39 ergänzt. Dazu wird Gleichung 2.39 analog zur inneren virtuellen Arbeit
unter Verwendung des Ausdrucks 2.40 in die Form

 Z Z 
δWa = δx T
N F+T
N pdV +
T T
N qdO (2.49)
V O

umgestellt. Neben der Möglichkeit, das vollständige Gleichungssystem, bestehend aus dem
Ansatz nach Gleichung 2.37 und den umgestellten Gleichungen 2.44 und 2.49 zu definieren
und zu lösen, wird in den gängigen FE-Systemen, wenn möglich, die modale Superposition
angewandt. Grundlage des Verfahrens ist die Tatsache, dass sich jede Bewegung des linearen
Systems als eine Überlagerung von Eigenformen darstellen lässt. Durch die Berechnung nor-
mierter Moden bietet sich die Verwendung des Verfahrens an, da lediglich die Gewichtungs-
oder Partizipationsfaktoren für die einzelnen Moden berechnet werden müssen. Mit Hilfe
der Partizipationsfaktoren g werden die einzelnen Moden gewichtet und linear überlagert.
Damit wird für jeden Knoten und jeden Zeitpunkt (bei transient betrachteten Systemen)
die Gesamtverschiebung

u(t, x) = g1 (t)Ω1 (x) + g2 (t)Ω2 (x) + ... + gn (t)Ωn (x) (2.50)

berechnet. Diese Methode hat den Vorteil, dass die Lösungen des Differentialgleichungssys-
tems nur für die Modalanalyse berechnet werden müssen. Die weiteren Schritte zur Ermitt-
lung der Partizipationsfaktoren sind wesentlich weniger rechenintensiv. Dadurch wird die
erforderliche Rechenzeit erheblich reduziert.
Zur Vervollständigung der vorgestellten Gleichungen und Zusammenhänge werden auch
statische, also zeitinvariante Systeme betrachtet. In der vorliegenden Arbeit kommen diese
Analysen kaum vor. Denn Effekte aus Schwingungen können mit diesen Analysen nicht
erfasst werden. Dennoch sind sie für Detailuntersuchungen, etwa für die Ermittlung von
Steifigkeiten und statischen Verformungen, erforderlich. Die berechneten Ergebnisse ent-
sprechen stabilen Systemzuständen. Da keine dynamischen Effekte auftreten, entfallen die
Anteile aus Massenträgheit und Dämpfung. Gleichzeitig werden nur äußere Einzelkräfte
betrachtet, so dass sich das Gleichgewicht auf den Zusammenhang

Z
(CN )T ECN xdV = N T F (2.51)
V

reduziert. Der Ausdruck entspricht der verkürzten DGL

Kx = F . (2.52)
Kapitel 3

Dynamisches Verhalten des Systems


Für die Erstellung von Simulationsmodellen ist eine Datenbasis erforderlich, anhand derer
die Ergebnisse abgeglichen werden können. Diese Datenbasis muss unter bekannten, defi-
nierten Bedingungen erstellt worden sein und Werte beinhalten, die für die einzelnen Läufer
und Läuferbauformen charakteristisch sind. Darüber hinaus soll sie fundamentalen statis-
tischen Anforderungen genügen. Dies setzt voraus, dass sich das reale System weitgehend
konstant und reproduzierbar verhält, eine Grundvoraussetzung für die Durchführung nach
dem in dieser Arbeit vorgestellten Verfahren. Somit sind Reihenversuche an einer größe-
ren Zahl von Läufern der beschriebenen Bauformen erforderlich. Erst mit einem positiven
Ergebnis ist ein sinnvoller Abgleich von Rechenmodellen möglich.

3.1 Anforderungen an die Versuche


Für die Reihenversuche soll ein einfacher, stabiler und reproduzierbarer Versuchsaufbau zur
Ermittlung des modalen Verhaltens der Läufer entwickelt werden. Damit ist der Einfluss
von Schwankungsbreiten aus dem Fertigungsprozess zu erfassen. Gleichzeitig werden eine
zeit- und kostenaufwändige Präparation und Untersuchungen auf speziellen Prüfständen
vermieden. Die Ergebnisse verschiedener Läufer und Bauformen sind dennoch miteinan-
der vergleichbar, gleichzeitig ist der systematische Fehler minimal. Auch ein Abgleich mit
Rechenmodellen ist nur bei klar definierten Randbedingungen mit bekannten Parametern
möglich. Im Idealfall werden wichtige dynamische Größen, welche Einfluss auf das Betriebs-
verhalten und die Belastungen der Komponenten im Betrieb haben, direkt ermittelt. Da-
neben sollen die Ergebnisse einfach mit Größen der Rechenmodelle abzugleichen sein. Dies
ist erforderlich, um eine experimentell generierte Datenbasis mittels Simulationsmodellen
stetig erweitern zu können.

3.2 Versuchsaufbau und Randbedingungen


Für die Reihenuntersuchungen werden experimentelle Modalanalysen am freien System ge-
plant. Die Anregung soll mittels Hammerschlag erfolgen. Damit steht ein einfach durch-
zuführender, stabiler Prozess zur Verfügung, mit dem mit geringem zeitlichem und logisti-
schem Aufwand umfangreiche Erkenntnisse über die untersuchten Läufer gewonnen werden
können.
28 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

3.2.1 Lagerung

Die Lagerung hat die Aufgabe, den Prüfling in einen definierten und reproduzierbaren räum-
lichen Zustand zu überführen. Neben praktischen Gründen hat die Lagerung maßgeblichen
Einfluss auf die Ergebnisse, so dass ihr bei der Versuchsplanung und -durchführung eine
hohe Bedeutung zukommt.

Grundsätzliches zur Lagerung

Für die Durchführung experimenteller Modalanalysen stehen zwei prinzipiell unterschied-


liche Lagerungskonzepte zur Verfügung: die freie und die eingespannte Lagerung. Beide
Varianten haben physikalisch begründete Vor- und Nachteile. Der Einfluss auf die Prüflin-
ge muss untersucht werden, um abschätzen zu können, ob die gewählte Lagerung für die
gewünschten Versuchsergebnisse geeignet ist. Die eingespannte - oder feste - Lagerung zielt
darauf, Freiheitsgrade der Struktur gezielt zu blockieren. Beispielsweise, um eine Einbau-
bedingung nachzubilden. Es ist zu definieren, welche Freiheitsgrade an welcher Stelle fixiert
werden. Dies kann in Analogie zur Einbausituation des Prüflings erfolgen. Das dynamische
Verhalten wird durch die Einspannung maßgeblich beeinflusst. Deren Steifigkeit muss theo-
retisch unendlich hoch sein, um Bewegungen in diesen Bereichen zu unterbinden. Dies ist
praktisch kaum umsetzbar, so dass eine feste Einspannung, zumal bei den hier vorliegenden
Massen der Prüflinge, mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist [22]. Eine Spezialform
der festen Einspannung stellt die Lagerung mit definierten, hohen Steifigkeiten dar. Sind
die Steifigkeiten der Lagerung bekannt, können diese bei der Auswertung und in Rechenmo-
dellen berücksichtigt werden. Dem gegenüber steht die freie Lagerung des Systems. Ziel ist
eine Entkopplung der Prüflingsbewegungen von der Umgebung. Bedingung für eine ideale
freie Lagerung ist, dass die zu untersuchende Struktur alle sechs Starrkörperbewegungen bei
0 Hz durchführen kann. Auch diese Form der Lagerung ist nicht ohne weiteres umsetzbar,
da bereits bei minimaler Anregung sehr große Bewegungen entstehen würden. Deshalb wird
in der praktischen Umsetzung gefordert, dass die höchste Frequenz der Starrkörperbewe-
gung weniger als 10 % bis 20 % der ersten dynamischen Eigenfrequenz der Struktur beträgt
[22]. Daraus folgt, dass die Steifigkeiten der Lagerung, je nach zu untersuchendem System,
sehr gering sein müssen. In der Literatur wird die Verwendung von weichen Unterlagen
oder elastischen Bändern empfohlen [22]. Bei großen Bauteilen hat sich die Aufstellung auf
weichen Schraubenfedern mit bekannten Steifigkeits- und Dämpfungswerten bewährt [36].

Umsetzung der Lagerung

Die Realisierung einer dynamisch freien Lagerung ist bei den hier zu untersuchenden Prüf-
lingen nicht ohne weiteres möglich. Bei einer Prüflingsmasse von bis zu 1 600 kg scheidet
beispielsweise eine Lagerung auf weicher Unterlage aus. Elastische Bänder mit definierter
Steifigkeit würden sich anbieten, um die Frequenz der kritischen Starrkörperbewegungen
weit genug abzusenken, stellen aber eine zusätzliche Einschränkung in der organisatorischen
Flexibilität der Durchführung dar. Die kritische Starrköperbewegung mit der höchsten Ei-
genfrequenz tritt meist in Richtung der Aufhängung auf. Im Gegenzug sind bei den zu
untersuchenden Läufern vor allem Biege- und Torsionsschwingformen relevant. Die dabei
3.2 Versuchsaufbau und Randbedingungen 29

auftretenden Bewegungen treten überwiegend in radialer Richtung auf. Liegt die Schwin-
grichtung senkrecht zur Aufhängungsrichtung, ist deren Steifigkeit von untergeordneter
Bedeutung [22]. Daraus ergibt sich die Konsequenz, die Läufer senkrecht aufzuhängen.
Dazu werden sie an einem Wellenende an einem Deckenkran aufgehängt. Abbildung 3.1
zeigt die Lagerung mit Anschlagmitteln und Läufer. Die zentrale Aufhängung mittels Ein-
schrauböse ist unabhängig von der Wellengeometrie bei allen Bauformen möglich. Biege-
und Torsionsschwingformen werden weder durch die Lagerung noch durch den Einfluss
der Gewichtskraft verändert. Die Starrkörperbewegungen in den horizontalen Richtungen
(Rotationen und Translationen) können optisch wahrgenommen werden, so dass diese
Schwingungen keinesfalls über etwa 20 Hz liegen können. In vertikaler Richtung hängt
die Starrkörpereigenfrequenz von der Ausnutzung der Traglast des Kranes ab. Bei hoher
Ausnutzung sind die Bewegungen sichtbar. Ist die Ausnutzung geringer, steigt die kritische
Starrkörpereigenfrequenz moderat an. Bei den untersuchten Läufern liegt die niedrigste
elastische Eigenform bei mindestens 500 Hz bis 800 Hz, so dass das 10 %-Kriterium in
allen Fällen eindeutig eingehalten werden kann. Es kann also auch in dieser Richtung
von einer freien Lagerung des Prüflings ausgegangen werden, so dass die Lagerung den
Anforderungen genügt und keinen Einfluss auf das Systemverhalten hat.

Abbildung 3.1: Umsetzung einer freien Lagerung durch vertikales Aufhängen eines Läufers der
Bauform 1 am Kran
30 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

3.2.2 Anregung

Für die Untersuchung des dynamischen Verhaltens einer Struktur existieren unterschiedli-
che Anregungsarten. Um die Versuchsdurchführung konsequent einfach zu halten, wird die
Anregung mittels Hammerschlag ausgewählt. Bei einem Hammerschlag, oder Dirac-Impuls,
handelt es sich um eine transiente Kraftanregung des Systems. Transiente Signale sind da-
durch charakterisiert, dass sie nur von kurzer Dauer sind und im Idealfall eine sprungförmige
Änderung des Pegels aufweisen. Durch das Anschlagen mit dem Hammer wird ein mehr
oder weniger idealer Dirac-Stoß in das System eingeleitet. Dieser Stoß regt ein breites Fre-
quenzband an. Der Modalhammer für die Anregung der Läufer verfügt über eine Masse
von 150 gr. Für eine ausreichende Anregung wird als Faustformel ein maximales Verhältnis
von Hammer- zu Prüflingsmasse von 1 zu 10 000 empfohlen. Dieses Verhältnis wird bei
den schwersten untersuchten Läufern der Bauform 3 gerade noch eingehalten. Neben einem
Kraftsensor zur Messung der anregenden Kraft beinhaltet der Hammer austauschbare Spit-
zen. Über Material und Beschaffenheit der Hammerspitze wird die Stoßdauer beeinflusst.
Diese wiederum definiert die Größe des angeregten Frequenzspektrums. Je kürzer die Stoß-
dauer Te desto höher ist die maximal anregbare Frequenz fe , die Größen sind umgekehrt
proportional zueinander [22]. Über den Zusammenhang

0, 8
fe = Hz (3.1)
Te

wird die Frequenz abgeschätzt, die durch den Anregungsimpuls ideal angeregt wird. Die-
se und alle darunter liegenden Frequenzen können von einem Impuls angeregt werden.
Folgende Abbildung zeigt schematisch die Wechselwirkung zwischen Anregungssignal,
Anregungspegel und Anregungsfrequenzbereich bei unterschiedlichen Hammerspitzen.

Abbildung 3.2: Dirac-Stöße im Zeitbereich (links) und daraus resultierende, anregbare Frequenz-
bereiche (rechts) bei unterschiedlichen Hammerspitzen (weich, mittel, hart)

Abbildung 3.3 zeigt den verwendeten Hammer mit montierter Metallspitze. Vorteil dieser
Anregungsart ist die einfache Erzeugung des Anregungssignals. Nachteilig kann der begrenz-
te Energieinhalt des Signals sein. Dadurch werden nicht alle Eigenformen ideal angeregt,
so dass deren Ermittlung aus dem Antwortverhalten der Struktur schwierig sein kann.
Die Anregung des Läufers erfolgt mindestens in radialer und tangentialer Richtung an
3.2 Versuchsaufbau und Randbedingungen 31

einem der Kurzschlussringe. Für jede Messposition werden zwei Messungen durchgeführt,
also zwei Anregungsimpulse in das System eingeleitet. Für die weitere Verarbeitung wird
der arithmetische Mittelwert der beiden daraus ermittelten Übertragungsfunktionen ver-
wendet. Wird der Läufer zentrisch angeschlagen, werden vor allem Biegeeigenformen
angeregt. Durch die tangentiale Anregung werden vor allem Torsionseigenformen angeregt.
Aus Handhabungsgründen erfolgt der Anschlag immer am oberen Kurzschlussring (unab-
hängig von der Orientierung des Läufers, dies wird bei der Auswertung berücksichtigt). Um
die tangentiale Anregung reproduzierbar und ohne Bearbeitung der Läufer durchführen
zu können, wird ein Metallklotz mit Schnellkleber X604 an den Kurzschlussring geklebt.
Über diesen Klotz werden alle Anregungen in den Kurzschlussring eingeleitet. Dies hat,
neben der Einleitung tangentialer Kräfte, auch den Vorteil, dass die Oberfläche der meist
fabrikneuen Kurzschlussringe geschont wird. Zudem ist dadurch die Krafteinleitungsstelle
eindeutig definiert. In Abbildung 3.3 ist der angeklebte Klotz vor dem Modalhammer zu
sehen. Der Beschleunigungsaufnehmer ist auf der rechten Seite des Rings befestigt.

Abbildung 3.3: Modalhammer mit Metallspitze, davor der am Kurzschlussring aufgeklebte An-
schlagpunkt, im Hintergrund der Miniatur-Beschleunigungsaufnehmer

4
Produktbezeichnung des Herstellers HBM für einen kalt härtenden, zweikomponentigen Klebstoff für Deh-
nungsmessstreifen und zur Fixierung von Bauteilen [27].
32 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

3.2.3 Verifikation der Anregung

Die gewählte Anregung ist hinsichtlich ihrer Eignung für die geplanten Versuche zu verifi-
zieren. Über die während der Messung ermittelten Zeitsignale und Hammerspektren ist eine
Bewertung möglich. Dazu sind in folgender Abbildung exemplarische Kraft-Zeit-Signale
von Messungen an Läuferbauform 1 enthalten. Die Stoßdauer des Anregungsimpulses
schwankt zwischen 0,17 ms und etwa 0,25 ms. Nach Gleichung 3.1 ergeben sich daraus
anregbare Frequenzen bis 3 200 Hz und bis über 4 700 Hz.

Abbildung 3.4: Zeitsignale der anregenden Hammerkraft bei Versuchen an Läuferbauform 1

Werden die Anregungssignale im Frequenzbereich betrachtet, ergeben sich daraus die


Anregungsspektren der Hammerimpulse. Diese stellen bereits während der Versuche eine
Kontrollmöglichkeit dar, ob die Anregung für den relevanten Frequenzbereich geeignet ist.
Nach Ewins [22] gilt ein Frequenzbereich als auswertbar, in dem das Anregungsspektrum
um nicht mehr als 20 dB abgefallen ist. Zur Verifikation enthält Abbildung 3.5 die mittleren
Verläufe der Hammerspektren aller untersuchten Läufer der Bauform 1.

Abbildung 3.5: Mittlere Anregungsspektren des verwendeten Modalhammers bei Versuchen an


11 Läufern der Bauform 1
3.2 Versuchsaufbau und Randbedingungen 33

Die über den Amplitudenabfall definierte Grenze würde hier bei etwa 5 000 Hz liegen.
Aber auch ohne dieses Kriterium ist erkennbar, dass der Abfall bis etwa 4 500 Hz gering
ist. Somit ist nachgewiesen, dass die gewählte Anregung mit Hammer und Metallspitze
geeignet ist, die Struktur im relevanten Frequenzbereich bis etwa 4 500 Hz zuverlässig
und reproduzierbar anzuregen. Neben einer geeigneten Anregung muss sichergestellt sein,
dass der Anregungsimpuls optimal in die Struktur eingeleitet wird. Ein Augenmerk liegt
deshalb auf der Klebeverbindung zwischen Klotz und Kurzschlussring. Die dynamischen
Eigenschaften einer solchen Klebeverbindung bei Beschleunigungsaufnehmern wurden bei
Therolf untersucht [48]. Neben X60 ist auch das beim Beschleunigungsaufnehmer verwende-
te Wachs betrachtet (siehe folgender Abschnitt). Es wurden die dynamischen Eigenschaften
bei verschiedenen Temperaturen und Anregungen ermittelt. Daneben sind ertragbare Be-
lastungen für die einzelnen Befestigungsarten ermittelt worden. Wie erwartet, bietet der
Schnellkleber X60 bis zu einer Temperatur von etwa 75 ◦C eine sehr gute Kopplung im
bei Therolf untersuchten Frequenzbereich bis 2 500 Hz. Ebenso die Befestigungsmethode
Wachs, allerdings nur bis zu einer Temperatur von etwa 35 ◦C. In den durchgeführten
Zugversuchen zeigt sich eine hohe mechanische Festigkeit der X60-Klebeverbindung. Dies
führt zu hohen übertragbaren Kräften. Bei einer zu Grunde liegenden Masse des Beschleu-
nigungsaufnehmers von 11 gr werden mit X60 Grenzbeschleunigungen von 5 000 g erreicht.
Dies entspricht einer Kraft von 540 N, bei deutlich kleinerer Klebefläche der bei Therolf
verwendeten Beschleunigungsaufnehmer im Vergleich zum hier verwendeten Metallklotz.
Neben dessen Anbindung an die Läuferstruktur ist der Ort der Krafteinleitung auf seine
Eignung zu kontrollieren. Dies ist vor allem bei Läuferbauformen mit zusätzlichen Kap-
penringen relevant. In einem ersten Schritt wurde der Klotz radial am Kurzschlussring
befestigt. Dadurch werden Torsionsformen optimal angeregt und bei radialer Anregung ist
die Lage ebenfalls günstig. Eine detaillierte Betrachtung der sich einstellenden Kohärenzen
als Indiz für ein stabiles und reproduzierbares Verhalten5 der einzelnen Versuche zeigt
jedoch, dass diese Methode schlechtere dynamische Eigenschaften aufweist. Grund hier-
für ist die zusätzliche Fügestelle zwischen Kurzschlussring und Kappenring. Aus diesem
Grund wurde dazu übergegangen, den Klotz axial am Kurzschlussring zu befestigen, wie
es Abbildung 3.6 zeigt.

Abbildung 3.6: Am Kurzschlussring aufgeklebter Metallklotz zur Einleitung der Anregung und
mit Wachs befestigter Miniatur-Beschleunigungsaufnehmer

5
Dabei handelt es sich um eine vereinfachte Aussage. Denn nach Geisler [28] ist die Kohärenz alleine als
Indiz für Nichtlinearitäten im System nicht ausreichend.
34 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

Die Unterschiede in den Kohärenzen zeigen folgende Abbildungen am Beispiel eines Läufers
der Bauform 2. Es sind die horizontalen Raumrichtungen aller Messpunkte bei zwei ver-
schiedenen Messungen am identischen Läufer ausgewertet. Bei Anregung am Kappenring
(Abbildung 3.7) ist der Verlauf der Kohärenzen im relevanten Frequenzbereich (ab etwa
1 000 Hz) von 1 500 Hz bis 3 500 Hz deutlich schlechter, also mit deutlich mehr Abweichun-
gen vom Idealwert 1, als bei gleichem Läufer und Anregung am Kurzschlussring (Abbildung
3.8). Für weitere Details zur Interpretation der Kurvenverläufe sei auf Abschnitt 3.3.1 ver-
wiesen.

Abbildung 3.7: Kohärenzen der radialen Antwortbeschleunigungskomponenten bei Anregung ei-


nes Läufers der Bauform 2 mit Klotz am Kappenring

Abbildung 3.8: Kohärenzen der radialen Antwortbeschleunigungskomponenten bei Anregung ei-


nes Läufers der Bauform 2 mit Klotz am Kurzschlussring analog Abbildung 3.6
3.2 Versuchsaufbau und Randbedingungen 35

3.2.4 Messgrößen und Messgitter

Als Antwortsignal wird, wie bei experimentellen Modalanalysen üblich, die Beschleunigung
an diskreten Strukturpunkten gemessen. Hierfür existiert eine große Zahl an unterschied-
lichen Aufnehmern. In der Regel handelt es sich dabei um uni- oder triaxiale Aufnehmer.
Diese sind, wie ihr Name sagt, in der Lage, die translatorische Beschleunigung in einer oder
in allen drei Raumrichtungen zu messen. In den Sensoren befindet sich meist eine Mas-
se, welche mit ihrer Trägheit auf die wirkende Beschleunigung reagiert und dadurch eine
Reaktionskraft verursacht. Über den Zusammenhang

F =m·a (3.2)

wird die wirkende Beschleunigung ermittelt. Beschleunigungssensoren werden an den re-


levanten Stellen des zu untersuchenden Bauteils befestigt. In den Reihenuntersuchungen
wird als Aufnehmer ein triaxialer ICP-Beschleunigungsaufnehmer6 vom Typ 356A01 der
Firma PCB verwendet [12]. Durch die Miniaturausführung des Sensors (Masse ca. 1,0 gr)
ist von keiner Beeinflussung der Messergebnisse auszugehen. Der Messbereich reicht bis
1 000 g bei einer Auflösung von 0,003 g (rms). Der Frequenzbereich erstreckt sich von 2 bis
mindestens 5 000 Hz. Mit diesen Kenngrößen ist der Sensor sehr gut für den hier relevanten
Last- und Frequenzbereich geeignet. Er wird mit Wachs an der entfetteten Struktur befes-
tigt, siehe Abbildung 3.6. Die schnelle Montage ist das ausschlaggebende Kriterium für die
Wahl dieser Befestigungsmethode. Wie im letzten Abschnitt erläutert, weist die Befestigung
mit Wachs bei Raumtemperatur bis mindestens 2 500 Hz keine dynamischen Überhöhun-
gen oder Entkopplungen auf. Bei Ewins [22] wird sogar eine Frequenz von 6 000 Hz und
darüber als unbedenklich eingestuft. Die Befestigungsmethode ist also für die vorliegende
Anwendung ebenfalls geeignet. Die bei Therolf [48] angegebene Grenzbeschleunigung von
200 g für den Beschleunigungsaufnehmer bezieht sich auf den dort verwendeten Aufnehmer
mit einer Masse von etwa 11 gr. Der hier verwendete Aufnehmer ist wesentlich leichter, so
dass die Grenzbeschleunigung wesentlich höher liegt und damit ebenfalls unkritisch ist.
Für die Erfassung der Schwingformen ist ein ausreichend feines Messgitter erforderlich.
Dieses wurde anhand erster Versuche bewertet und angepasst. Es umfasst in der finalen
Variante, je nach Läuferbauform, meist 28 Messpunkte. Diese verteilen sich auf die beiden
Kurzschlussringe, das Blechpaket und die überstehenden Wellenenden. Auf jedem Kurz-
schlussring sind acht Messpositionen vorgesehen, so dass diese im Abstand von 45◦ liegen.
In der Mitte des Blechpakets und an den Wellenenden liegen die Messpositionen in 90◦ -
Abständen über dem Umfang. In Abbildung 3.9 sind die einzelnen Messpunkte mit Linien
zu einen Drahtgittermodell verbunden. Zur besseren Visualisierung werden in der Mitte
des Blechpakets vier weitere Messpositionen aus den benachbarten Punkten extrapoliert.
Eine komplette Bestückung eines Läufers mit Triax-Beschleunigungsaufnehmern würde bei
28 Messpositionen zu 84 gleichzeitig zu messenden Kanälen führen (zuzüglich Kraftsignal
des Modalhammers). Dies stellt einen sehr hohen Bedarf an Rüstzeit und Ressourcen
für die Messung dar. Da davon auszugehen ist, dass es sich bei dem zu untersuchenden
System um ein weitgehend lineares System handelt, wird das Prinzip des „wandernden
6
ICP: Integrated circuit piezoelectric, Beschleunigungsaufnehmer mit integrierter Verstärkerelektronik.
Eingetragenes und geschütztes Wahrenzeichen des Herstellers PCB [68].
36 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

Aufnehmers“ angewandt. Dabei wird immer am gleichen Punkt angeregt und ein einzelner
Beschleunigungsaufnehmer „wandert“ über das Messgitter. Das bedeutet, der Versuch
ist jeweils 28 mal in radialer und tangentialer Richtung durchzuführen. Dies führt somit
gleichzeitig zu einer Mittelung der Ergebnisse, da es sich genaugenommen um 28 Einzel-
messungen je Anregungsrichtung handelt, welche bei der Auswertung kombiniert werden.
Der zeitliche Mehraufwand für die große Zahl an Messungen ist deutlich geringer, als für
die Applikation vieler Beschleunigungsaufnehmer. Darüber hinaus sind so vier Messkanäle
für einen Versuch ausreichend.

Abbildung 3.9: Messgitter von Bauform 1 mit 28 gemessenen und vier extrapolierten Aufnehmer-
positionen
3.3 Auswertung 37

3.3 Auswertung
Standardmäßig werden radiale, tangentiale und axiale Schwingformen ermittelt und aus-
gewertet. In einzelnen Fällen kommt die Bestimmung weiterer, systemspezifischer Eigen-
formen hinzu. Jeder Einzelversuch wird nach dem gleichen Schema ausgewertet, um die
Ergebnisse anschließend bauformabhängig vergleichen zu können. Für die Datenaufnahme
und -auswertung kommt das Softwarepaket „Test.Lab“ von Siemens PLM Software (vorher
LMS) in der Version 9B zur Anwendung [70].

3.3.1 Auswertung des einzelnen Versuchs

Die ermittelten Beschleunigungen werden in der Auswertesoftware direkt auf die Anre-
gungsfunktion des Modalhammers bezogen und als Übertragungsfunktionen (FRF, siehe
Abschnitt 2.3.2) angezeigt und abgespeichert. Daneben werden Hammerzeitsignal und
Kohärenzverlauf für jeden Messpunkt ermittelt und abgespeichert. Diese Größen werden
während der Versuchsdurchführungen ständig beobachtet. Über das Hammerzeitsignal
kann kontrolliert werden, ob der Anschlag der gewünschten Signalform entspricht, oder ob
es zu Mehrfachberührungen zwischen Hammer und Prüfling gekommen ist. In diesem Fall
wäre der Anschlag zu wiederholen. Sobald die Signale des zweiten Anschlags bei ansonsten
identischer Messkonfiguration vorliegen, wird die Kohärenz berechnet. Die Berechnung des
Kohärenzsignals erfolgt unter Verwendung der in Abschnitt 5.2.4 ermittelten Zusammen-
hänge. Über der Frequenz aufgetragen, liegen die Werte zwischen Null und Eins. Weicht
der Verlauf stark von Eins ab, sind in der Regel Störungen im Versuchsablauf die Ursache.
Einbrüche des Signalwertes im Bereich von Antiresonanzen sind dagegen normal, so dass
die Kohärenzverläufe, wie in den Abbildungen 3.7 und 3.8 dargestellt, entsprechend zu
bewerten sind [28]. Die Kohärenz ist dadurch ein Maß für die Reproduzierbarkeit von mehr-
fachen Anschlagversuchen. Störende Einflüsse werden sofort erkannt und der Versuch kann
für die entsprechenden Messpunkte wiederholt werden. Dies wäre bei einzelnen Anschlägen
pro Messpunkt nicht möglich, so dass die mehrfache Durchführung eines Anschlags stets zu
empfehlen ist. So sind zufällige Einflüsse durch Anwender und System gut auszuschließen.
Da jeder Messpunkt zweimal angeschlagen wird, es 28 Messpunkte im Gitter gibt und
die Versuche getrennt für radiale und tangentiale Anregung durchgeführt werden, führt
dies zu 112 erforderlichen Anschlägen. Zufällige Fehler sind somit weitgehend auszuschlie-
ßen. Allenfalls systematische Fehler können in den Ergebnissen noch enthalten sein. Die
Vorgehensweise mit wanderndem Aufnehmer ist zulässig, solange es sich um ein lineares
Systemverhalten handelt. Zur Kontrolle enthalten folgende Diagramme alle Übertragungs-
funktionen eines Läufers bei radialer und tangentialer Anregung. Es zeigt sich, dass sich
die Kurven der einzelnen Messungen in Pegeln, nicht aber in Frequenzen unterscheiden.
Des Weiteren finden sich die meisten Eigenfrequenzen in beiden Diagrammen, trotz un-
terschiedlicher Anregungsrichtungen. Somit ist das Verfahren des wandernden Aufnehmers
für die Untersuchung der Läufer zulässig. Aus den vorliegenden Übertragungsfunktionen
sind die Eigenfrequenzen und Eigenformen nach dem in Abschnitt 2.3.2 erläuterten Verfah-
ren zu extrahieren. Dazu werden alle gemessenen Signale mittels Curve-fitting Methoden
nachgebildet. Für die Nachbildung werden die zu erwartenden Übertragungsfunktionen von
Ein- und Mehrmassenschwingern zu Grunde gelegt. Diese Methoden sind in der Literatur
als „SDOF“- und „MDOF“-Methoden (Single- und Multi-Degree-of-Freedom) zu finden
38 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

[22] [70]. Das im Softwarepaket verfügbare Verfahren „PolyMAX“ stellt eine Erweiterung
der dazu standardmäßig verfügbaren Verfahren dar [70]. Ziel ist eine mathematische Be-
schreibbarkeit der gemessenen Verläufe, um daraus die Eigenfrequenzen und im zweiten
Schritt die Eigenformen zu ermitteln.

Abbildung 3.10: Übertragungsfunktionen in allen Raumrichtungen aller Messpunkte einer Mes-


sung an Läuferbauform 1 bei Anregung in radialer Richtung

Abbildung 3.11: Übertragungsfunktionen in allen Raumrichtungen aller Messpunkte einer Mes-


sung an Läuferbauform 1 bei Anregung in tangentialer Richtung
3.3 Auswertung 39

3.3.2 Auswertung der Messreihen

Mit den ermittelten Eigenmoden aller Messungen an den Läufern einer Bauform sind weitere
Auswertungen durchzuführen. Damit werden statistische Zusammenhänge und Aussagen zu
Stabilität der Ergebnisse innerhalb einer Bauform gefunden. Die Bewertung der Messreihen
kann Eigenfrequenzen, Eigenformen oder beides berücksichtigen.

Eigenfrequenzen

In einem ersten Schritt werden die Eigenformen der verschiedenen Messungen per Hand
sortiert und zugeordnet und die ermittelten Eigenfrequenzen analysiert. Dazu wird für jede
Eigenform der arithmetische Mittelwert

1 X N
fm = · fi (3.3)
N i=1

der zugehörigen Eigenfrequenzen gebildet. Der Parameter N stellt die Zahl der vorhande-
nen Eigenfrequenzen dar. Zur Erfassung der statistischen Stabilität stehen mehrere Mög-
lichkeiten zur Verfügung. Die einfachste stellt die maximale Abweichung dar. Über den
Zusammenhang

max(fmax − fm ; fm − fmin )
∆fmax = (3.4)
fm

wird die Streuung als maximale Abweichung im Bezug auf den Mittelwert ermittelt. Dabei
werden jedoch Ausreißer voll berücksichtigt, was die Bewertungsgröße nicht sehr robust
macht. Für eine statistisch belastbarere Auswertung sind Annahmen zu treffen. Da keine
Informationen zum statistischen Verhalten der Eigenfrequenzen vorliegen, wird eine Gauß-
sche Normalverteilung unterstellt. Dies entspricht einer üblichen Verteilung von Streuungen
aus Herstellungsprozessen [38]. Unter diesen Annahmen können Varianz beziehungsweise
Standardabweichung, welche die Wurzel der Varianz darstellt, ermittelt und ausgewertet
werden. Für die vorliegende Stichprobe jeder Läuferbauform ermittelt sich ein Schätzwert
für die Standardabweichung aus dem Zusammenhang

q
(fi − fm )2
1 PN
N −1 i=1
∆fv = . (3.5)
fm

Diese bezieht sich auf den Mittelwert und reagiert deutlich unempfindlicher auf einzelne
Ausreißer als die Streuung. Zudem sinkt der Einfluss einzelner Ausreißer mit steigender
Stichprobengröße.
40 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

Eigenformen

Nachteilig am beschriebenen Verfahren ist die Tatsache, dass die Zuordnung der Eigenfor-
men per Hand erfolgen muss. Neben Fehleranfälligkeit und schwieriger Automatisierbarkeit
stellt dies nur einen qualitativen Vergleich dar. Eine Quantifizierung der „Gleichheit“ ver-
schiedener Schwingformen ist nur über deren Eigenvektoren möglich. Folgende Abbildung
3.12 enthält exemplarisch zwei Eigenvektoren x̃1 und x̃2 und den dadurch eingeschlossenen
Winkel α.

x̃2

α
x̃1
Abbildung 3.12: Zwei Eigenvektoren mit eingeschlossenem Winkel

Das nach dem Kosinus des Winkels umgestellte Skalarprodukt

x̃1 · x̃2
cos(α) = (3.6)
|x̃1 | · |x̃2 |

der beiden Vektoren liefert Werte zwischen 0 und 1. Dieser Zusammenhang wird beim
sogenannten „MAC“-Kriterium genutzt. Das „Modal assurance criterion“ vergleicht über
die Korrelation der Eigenvektoren zwei Eigenformen auf ihre Übereinstimmung. Ein Wert
von 1 bedeutet, dass die beiden Vektoren aufeinander liegen und die Eigenformen identisch
sind. Je weiter der MAC-Wert von 1 abweicht, desto weniger stimmen die beiden zu ver-
gleichenden Eigenformen überein. Dieser Vergleich wird für alle k Messpunkte der Struktur
durchgeführt. Weiterhin werden alle i Formen von Messung 1 mit allen j Formen von Mes-
sung 2 verglichen. Für die Berechnung der Komponenten der MAC-Matrix erweitert sich
Gleichung 3.6 auf

PN (k) ∗(k) 2
| k=1 x̃1i · x̃2j |
M ACij = PN (k) ∗(k) (k) ∗(k)
. (3.7)
k=1 (x̃1i · x̃1i ) · N k=1 (x̃2j · x̃2j )
P

Mit Hilfe dieser Funktion werden alle Eigenformen zweier Modelle miteinander verglichen.
Bei einer Visualisierung der dabei entstehenden Matrix kommt standardmäßig eine Farb-
skala von blau (0) bis rot (1) zur Anwendung. Für den Vergleich von zehn Moden zweier
beliebiger Modelle kann die daraus entstehende MAC-Matrix eine Gestalt annehmen, wie
in Abbildung 3.13 dargestellt. Das Beispiel stellt bewusst nicht den Idealfall dar. Beim
Vergleich zweier identischer Modelle würden alle Werte der Hauptdiagonalen bei 1 liegen,
alle Nebendiagonalen wären 0. Realistischer ist eine mehr oder weniger starke Abweichung
3.3 Auswertung 41

der Ergebnisse von dieser Form. So führt eine in der Frequenz stark verschobene Eigenform
zu einem deutlich ausgeprägten Nebendiagonaleneintrag. Orthogonale Formen (beispiels-
weise Biegeformen) tauchen häufig in einer Form auf, wie sie in Abbildung 3.13 oben
rechts zu erkennen ist. Zwei Felder zeigen hohe Werte, was eine gute Übereinstimmung
der Eigenformen bedeutet. Die beiden anderen Felder weisen niedrigere, aber immer noch
deutlich über 0 liegende Werte auf. Grund für dieses Verhalten ist die Orthogonalität der
Schwingformen, die in den beiden Modellen nicht zwingend in gleicher Reihenfolge und in
gleicher Richtung auftritt.

Abbildung 3.13: Schematische MAC-Matrix mit allen Werten aus dem Vergleich zweier Modelle
mit je zehn Eigenformen

Das MAC-Kriterium stellt ein weit verbreitetes Beispiel für den Vergleich der Eigenformen
von zwei Messungen dar. Daneben existieren noch weitere Bewertungsgrößen. Allemang
[1] hat verschiedene Kriterien zusammengefasst. Diese dienen meist einer tiefergehenden
Auswertung der Übereinstimmung von Moden und Messungen. Ob sie für die Ergebnis-
bewertung sinnvoll sein können, hängt von Aufgabenstellung und Modellverhalten ab. Im
Rahmen dieser Arbeit sind sie nicht näher untersucht worden, da das MAC-Kriterium die
effizienteste Methode für den Vergleich der Messungen darstellt.

Vollständige Bewertung des modalen Verhaltens

Bei der Berechnung der genannten Kenngrößen wird immer nur ein Aspekt berücksich-
tigt. Bei Berechnung von Frequenzdifferenzen bleibt ein Vergleich der Schwingformen un-
berücksichtigt und umgekehrt. Abhilfe schafft eine Kombination von Frequenzdifferenz und
MAC-Wert zweier korrelierender Schwingformen. Dafür werden im Rahmen der Arbeit zwei
verschiedene Kombinationsmöglichkeiten beschrieben. Der COST -Wert wurde bereits von
42 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

CADFEM [71] beschrieben und errechnet sich aus Frequenzdifferenz und MAC-Wert. Nach-
teilig am Ausdruck

∆fv
COSTi = (3.8)
M ACijmax

ist die Tatsache, dass das Ergebnis nicht normiert ist. Bei ungünstiger Konstellation kann
der COST -Wert auch im hohen einstelligen Bereich liegen. Daraus ergibt sich die For-
derung nach einer normierten Vergleichsgröße. Mit dieser können die Verhältnisse besser
ausgedrückt werden. Mit Einführung des Korrelationswert C wurde dieses Ziel umgesetzt.
Als Ergebnis wird für jede Eigenform i aus einer Messung der Korrelationswert

Ci = 1 − M ACij∆fmax
i
(3.9)

berechnet. Hierbei wird die Frequenzdifferenz ∆fv aus Gleichung 3.5 als Exponent zum
MAC-Wert der am besten korrelierenden Moden gesetzt. Die resultierende skalare Größe
nimmt bei idealer Übereinstimmung minimale Werte an. Für eine Grenzwertbetrachtung
wird davon ausgegangen, dass ab einem MAC-Wert von 0,9 von einer guten Übereinstim-
mung der Formen ausgegangen werden kann. Die maximale Frequenzabweichung wird mit
10 % angenommen. Nach obiger Formel ergibt sich somit ein Korrelationswert von 0,01,
welcher noch akzeptiert werden kann. Um den Einfluss von Frequenz und Schwingform
verändern zu können, wird ein Gewichtungsfaktor l eingeführt [29]. Standardmäßig gilt
l = 1. Wird l größer gewählt, steigt der Einfluss der Frequenzdifferenz. Damit können die
Prioritäten im Vergleich zweier Schwingformen beliebig verändert werden. Diese Betrach-
tungen gelten für einzelne Moden. Soll eine komplette Messung mit einer Referenzmessung
verglichen werden, werden die Korrelationswert für alle Moden aufsummiert, wodurch sich
Gleichung 3.9 auf

N
(l ·∆f )
C= 1 − M ACijmax (3.10)
X
i i

i=1

erweitert. Diese Darstellung lässt allerdings nicht mehr erkennen, welche Schwingformen
maßgebliche Abweichungen verursachen. Hierfür bietet sich eine Darstellung in Vektorform
an.
3.4 Ergebnisse 43

3.4 Ergebnisse

3.4.1 Typische Eigenformen

Die grundlegenden Schwingformen finden sich in der Regel bei allen Läufern. Sie lassen
sich in drei Kategorien einteilen. Die für den Betrieb wichtigste Gruppe stellen die Torsi-
onsschwingformen dar. Diese treten in der Grundform klassisch als gegenphasige Drehung
der beiden Kurzschlussringe mit einem Schwingungsknoten in axialer Mitte des Blechpa-
kets auf. Bei höheren Ordnungen erhöht sich die Zahl der Nulldurchgänge entsprechend.
Teilweise sind, je nach Geometrie, auch die Wellenenden an den Schwingungen beteiligt.
Die Formen können in den Messungen gut erkannt und gefunden werden. Sie unterscheiden
sich in der Regel deutlich von den weiteren Schwingformen.

Abbildung 3.14: Jeweils erste Torsions-, Biege- und Axialschwingform eines Läufers am Beispiel
von Bauform 1 in überhöhter Darstellung

Klassische, aus der Rotordynamik bekannte Biegeschwingungen treten an den hier unter-
suchten, meist sehr kompakten Läufern nicht auf. Einzige Ausnahme ist Läuferbauform 3
mit verhältnismäßig langen Wellenenden. Die Gruppe der Biege- und Axialschwingformen
enthält daher eher Radial- und Axialbewegungen der Kurzschlussringe und des gesam-
ten Läufers. So stellen Querbewegungen der Kurzschlussringe eine relevante Schwingform
dar. Die Axialschwingformen treten in mehreren Ordnungen auf, sind jedoch für das Be-
triebsverhalten von untergeordneter Bedeutung. Teilweise treten starke Interaktionen mit
weiteren Komponenten der Läufer auf. Dies macht das Auffinden und eindeutige Zuordnen
der Schwingformen häufig schwierig. Viele der genannten Schwingformen treten in gleich-
und gegenphasiger Form auf. Gegenphasig bedeutet, die Bewegungen der beiden Kurz-
schlussringe finden in jeweils entgegengesetzter Richtung statt. Die dritte Gruppe umfasst
Eigenformen der Kurzschlussringe. Die Formen sind mit Schwingformen eines Hohlzylin-
ders vergleichbar und treten in der Regel gleich- und gegenphasig auf. Grundschwingform
ist ein Ovalisieren der beiden Kurzschlussringe. Mit dem vorliegenden Messgitter können
zwei weitere Ordnungen eindeutig identifiziert werden. Die Formen sind in der Regel gut er-
kennbar, wobei eine Abgrenzung zu den axialen Schwingbewegungen teilweise schwierig ist.
Tabelle 3.1 fasst die Schwingformen, ihre vereinfachte weitere Bezeichnung und wesentliche
Erkennungsmerkmale zusammen.
44 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

Abbildung 3.15: Erste und zweite Ordnung gleichphasigen Ovalisierens der beiden Kurzschluss-
ringe (Draufsicht) in überhöhter Darstellung am Beispiel von Bauform 1

Charakterisierung Bezeichnung in
Beschreibung
der Schwingformen Kurzform

Torsion Kupplung* Torsionseigenform der Wellenkupplung


1. Torsion Torsionseigenform mit einem Schwingungsknoten (linear)
Torsionsformen 2. Torsion Torsionseigenform mit zwei Schwingungsknoten (U-Form)
3. Torsion Torsionseigenform mit drei Schwingungsknoten (S-Form)
4. Torsion Torsionseigenform mit vier Schwingungsknoten
Schieben KR gleich Gleichförmige Querbewegung der Kurzschlussringe
Biegeformen Schieben KR gegen Gegenförmige Querbewegung der Kurzschlussringe
Biegung Läufer Höhere Biegung der Läuferwelle mit Läuferblechpaket
Kupplung Axial* Axiales Biegen der Kupplung
1. Axial gleich Axiales Biegen von Kurzschlussringen und Blechpaket
1. Axial gegen Gegenförmige axiale Biegung der Kurzschlussringe
Axialformen 2. Axial gleich Axiales Biegen mit drei Schwingungsknoten, gleichphasig
2. Axial gegen Gegenförmige axiale Biegung mit drei Schwingungsknoten
3. Axial gleich Axiales Biegen mit vier Schwingungsknoten, gleichphasig
3. Axial gegen Gegenförmige axiale Biegung mit vier Schwingungsknoten
KR Oval gleich Gleichförmiges Ovalisieren der Kurzschlussringe
KR Oval gegen Gegenphasiges Ovalisieren der Kurzschlussringe
KR Dreieck gleich Gleichförmiges Ovalisieren mit drei Schwingungsbäuchen
KR Dreieck gegen Gegenförmiges Ovalisieren mit drei Schwingungsbäuchen
KR Viereck gleich Gleichförmiges Ovalisieren mit vier Schwingungsbäuchen
Formen der KR Viereck gegen Gegenförmiges Ovalisieren mit vier Schwingungsbäuchen
Kurzschlussringe KR Stülpen gleich Radiale, gleichförmige Aufweitung der Kurzschlussringe
KR Stülpen gegen Radiale, gegenphasige Aufweitung der Kurzschlussringe
KR Atmen AS Tangentiale Verformung der Kurzschlussringe
KR Atmen BS Tangentiale Verformung der Kurzschlussringe
Höhere KR AS Nicht weiter auflösbare, höhere Ovalisierungsform
Höhere KR BS Nicht weiter auflösbare, höhere Ovalisierungsform
*: Spezielle Schwingformen von Läuferbauform 1

Tabelle 3.1: Bezeichnung und Beschreibung der Schwingformen am Beispiel von Läuferbauform 1
3.4 Ergebnisse 45

3.4.2 Bewertung der statistischen Kenngrößen

Bevor auf die Ergebnisse aller Schwingformen eingegangen wird, sollen die angewandten
statistischen Zusammenhänge am Beispiel der ersten Torsionsschwingform näher erläutert
werden. Im Rahmen der Reihenuntersuchung wurden elf Läufer analysiert und ausgewertet.
In folgendem Diagramm sind alle Messwerte auf den finalen Mittelwert bezogen.

Abbildung 3.16: Veränderung der statistischen Kenngrößen mit zunehmender Zahl gemessener
Läufer am Beispiel der ersten Torsionseigenform von Bauform 1

Der Mittelwert pendelt bereits nach wenigen Messungen nur in einem Bereich von
1 % bis 2 % um den finalen Wert, verhält sich also sehr stabil. Dies ist insofern interessant,
da die Messwerte deutlich größeren Schwankungen unterliegen. Nach einem anfänglichen
„Einschwingvorgang“ verläuft die Standardabweichung stabil bei etwa 4 %. Im Gegensatz
dazu divergiert die Streuung mit zunehmender Zahl an Messwerten. Selbst geringfügige
Änderungen des Mittelwerts rufen eine große Veränderung der Streuung hervor. Der Ver-
lauf der Standardabweichung verhält sich wesentlich gutmütiger. Zwar steigen alle Werte
zum Ende hin an, aber bei der Standardabweichung ist von einem stabilen Wertebereich
zwischen 4 % und 5 % auszugehen. Die Streuung liegt hier schon etwa drei Prozentpunkte
höher, mit steigender Tendenz. Die Standardabweichung berücksichtigt, dass bei einer Nor-
malverteilung einer Stichprobe neben Werten innerhalb der Standardabweichung 1σ immer
auch Werte im Bereich 2σ oder 3σ auftreten können. Als Konsequenz lässt sich festhalten,
dass eine große Differenz zwischen Streuung und Standardabweichung auf einzelne Ausrei-
ßer hindeutet. Würden alle Messwerte stark streuen, wären beide Größen hoch. Gleichzeitig
liegt die Standardabweichung stets unterhalb der Streuung, solange mindestens drei Mess-
werte vorliegen. Andernfalls ist eine statistische Auswertung ohnehin fraglich.
46 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

3.4.3 Dynamisches Verhalten der Läufer

Stabilität der Eigenfrequenzen

Die beschriebene Auswertung wird für alle ermittelten Eigenformen des Läufers durchge-
führt. Bei Läuferbauform 1 wurden elf Läufer untersucht und ausgewertet. Die Ergebnisse
werden, nach Schwingformen sortiert, in einem Diagramm zusammengefasst. Die einzelnen
gemessenen Frequenzen sind auf den finalen Mittelwert bezogen und als Datenpunkte im
rechten Bereich des Diagramms eingetragen. Dazu sind links die Standardabweichungen
als Balken für jede Eigenform mit eingetragen. Dadurch lässt sich ein sehr guter Überblick
über die Stabilität der Messwerte für die einzelnen Formen gewinnen. Für die weiteren
Läuferbauformen sind die Diagramme im Anhang enthalten.

Abbildung 3.17: Relative Verteilung der Messwerte und statistische Auswertung der einzelnen
Schwingformen bei Bauform 1

Bei der Auswertung ist zu berücksichtigen, dass nicht bei jedem Läufer alle Schwingformen
gefunden werden konnten. Ursachen sind ein Anfangs weniger umfangreiches Messgitter
und komplexe Schwingformen mit Beteiligung des Blechpakets. Meist handelt es sich um
höhere Schwingformen mit geringen Bewegungen so dass diese nur schwer auffindbar und
zuordenbar sind. Die Zahl berücksichtigter Messwerte ist für jede Form rechts im Dia-
gramm angegeben. Die Stichprobenzahl ist bei allen Schwingformen ausreichend und die
Messwerte sind regelmäßig in einem Streuband von weniger als 8 % um den Mittelwert
verteilt. Teilweise treten leichte Gruppenbildungen der Messwerte auf unterschiedlichen Ni-
3.4 Ergebnisse 47

veaus auf, dies ist aber vernachlässigbar. Es ist erkennbar, dass sich ein globales Verhalten
der Prüflinge einstellt. Das bedeutet, die Eigenfrequenzen eines Läufers liegen über alle
Schwingformen auf einem ähnlichen Niveau bezüglich der Datenbasis. So stellt Läufer 2
ein sehr steifes System und Läufer 10 ein sehr weiches System dar. Es zeigt sich, dass die
maximale Standardabweichung bei unter 6 % liegt. Die geringsten Werte weisen die Kurz-
schlussringeigenformen und Eigenformen der Kupplung auf. Die Käfige und Ringe sind sehr
regelmäßig und mit engen Toleranzen gefertigt. Somit weisen sie kaum bauteilspezifische
Schwankungen auf. Gleiches Verhalten zeigt die sehr präzise gefertigte Kupplung. Auch bei
deren Eigenformen sind die Schwankungen äußerst gering. Die Standardabweichungen der
genannten Formen liegen maximal nur bei etwas über 1 %. Die beiden ersten gegenphasigen
Schwingformen fallen mit größeren Standardabweichungen bis etwa 3 % etwas aus diesem
Bild. Der Grund für dieses Verhalten findet sich bei einer Betrachtung der Schwingformen.
Bei den gegenphasigen Schwingungen ist das Blechpaket stark an den Bewegungen beteiligt
und beeinflusst so das Ergebnis. Bei den gleichphasigen Schwingformen und den höheren
Ordnungen ist das Blechpaket von untergeordneter Bedeutung. Damit ist ersichtlich, dass
die Schwankungen in den dynamischen Eigenschaften des Blechpakets wesentlich größer
sind als bei den weiteren Komponenten. Ist das Blechpaket an der Schwingform beteiligt,
dominiert es die Schwankungsbreite der Eigenfrequenzen.

Vergleich der Eigenformen

Die ermittelten Eigenfrequenzen werden per Hand den einzelnen Eigenformen zugeordnet.
Dieses Vorgehen ist zeitintensiv und nicht automatisierbar. Um diese qualitative Aussage
bewerten zu können, wird der nach Abschnitt 3.3.2 beschriebene MAC-Wert zum Vergleich
von Eigenformen verwendet, um daraus eine MAC-Matrix zu erzeugen. Der MAC-Wert
kann immer nur für zwei Messungen angewandt werden. Für Vergleiche innerhalb einer
Messreihe wird deshalb eine Referenzmessung definiert, in diesem Fall jene an Läufer 7. Die
Auswertung beschränkt sich auf die relevanten Moden. Die weiteren Messungen enthalten
eine größere Zahl an extrahierten Moden, aus denen für den Vergleich der Eigenfrequenzen
die qualitativ besten Eigenformen per Hand ausgewählt wurden. Die MAC-Matrix (Ab-
bildung 3.18) enthält die relevanten Moden von Läufer 7 auf der Ordinate. Die Abszisse
enthält als Beispiel die Eigenmoden von Läufer 6. Eine zeilenweise Analyse der Matrix er-
laubt die Zuordnung der Moden. Dies kann nicht immer eindeutig erfolgen. Beispielsweise
sind in der dritten Spalte zwei sehr hohe MAC-Werte vorhanden. Dabei handelt es sich
um die erste und dritte Torsionsschwingform. Diese erscheinen, da nur drei Messebenen in
axialer Richtung vorhanden sind, nahezu identisch und sind nur anhand ihrer Frequenzbe-
reiche unterscheidbar. Solche Bewertungen sind im Zuge einer automatisierten Zuordnung
nicht möglich, so dass Fehlzuordnungen von Eigenformen nicht auszuschließen sind. Dies
wird jedoch im Sinne eines effizienten, automatisierten Ablaufs in Kauf genommen. Die
MAC-Matrizen werden für alle Läufer mit Läufer 7 als Referenz ermittelt und zeilenweise
ausgewertet. Der größte MAC-Wert jeder Zeile stellt eine Übereinstimmung der Formen dar.
Diese Auswertung wird für alle untersuchten Läufer der Bauform durchgeführt. Für eine
bessere Übersicht werden die Ergebnisse nachfolgend nur für charakteristische Eigenformen
betrachtet. Die ausgewählten Formen sind repräsentativ für die verschiedenen Gruppen von
Schwingformen. Deren MAC-Werte sind in Abbildung 3.19 zusammengefasst.
48 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

Abbildung 3.18: Visualisierung der MAC-Matrix aus dem Vergleich von Läufer 6 mit Referenz-
läufer 7 der Bauform 1

Abbildung 3.19: MAC-Werte für ausgewählte Eigenformen aus dem Vergleich aller untersuchten
Läufer der Bauform 1 mit Läufer 7
3.4 Ergebnisse 49

Es ist zu beachten, dass alle Werte bezüglich Referenzmessung 7 ermittelt wurden. Null-
punktverschiebungen, wie bei gegenphasigem Schieben der Kurzschlussringe zu sehen, sind
also innerhalb der Messreihen möglich. Es festigt sich das bei der Auswertung der Eigen-
frequenzen gefundene Bild. Demnach treten vor allem bei den Kurzschlussringformen eher
geringe Abweichungen auf. Ist das Blechpaket mit komplexen Bewegungen in die Schwing-
form eingebunden, werden die Schwankungen innerhalb der Schwingformen sehr groß. Dies
umfasst vor allem Biege- und Axialschwingformen. Der in Abschnitt 3.3.2 genannte Wert
von 0,9 für eine gute Übereinstimmung von Eigenformen wird nur von wenigen Formen
erreicht. Realistischer ist ein Wert ab etwa 0,6, wie ihn auch Jungiewicz nennt [36].

Ergebnisse für Korrelationswerte

In Abschnitt 3.3.2 wurden mehrere Möglichkeiten für eine ganzheitliche Betrachtung der
Abweichungen bei Eigenfrequenzen und Eigenformen betrachtet. Es hat sich gezeigt, dass
die Auswertung des Korrelationswertes C nach Formel 3.9 die beste Möglichkeit darstellt.
Alle Werte liegen bei dieser Auswertung zwischen 0 und 1. Die Korrelationswerte werden
für jede Form jeder Messung mit den zu Grunde liegenden Daten aus den Abbildungen
3.17 und 3.19 gebildet. In Abbildung 3.20 sind die Ergebnisse für ausgewählte Eigenformen
enthalten, die weiteren Ergebnisse sind im Anhang zu finden.

Abbildung 3.20: Korrelationswerte für alle Messungen und ausgewählte Schwingformen der Bau-
form 1 bezüglich Läufer 7
50 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

Nach einer überschlägigen Abschätzung in Abschnitt 3.3.2 ist bis zu einem Korrelationswert
von 0,01 von einer guten Übereinstimmung in Frequenz und Schwingform auszugehen. Mit
dem im letzten Abschnitt definierten, minimalen MAC-Wert von 0,6 steigt dieser Grenz-
wert auf 0,05. Beide Werte werden bei einigen Schwingformen deutlich unterschritten. Hier
bestätigt sich abermals die gute Übereinstimmungsqualität der Kurzschlussringformen und
der ersten Torsionsschwingungen. Ist das Blechpaket stark an den Bewegungen der Schwing-
formen beteiligt, werden die Übereinstimmungen schlechter. Dies schlägt sich in Korrelati-
onswerten deutlich über den genannten Grenzwerten nieder. Die Korrelationswerte werden
maßgeblich von den MAC-Werten beeinflusst, so dass sich die bereits diskutierte Proble-
matik falsch zugeordneter Schwingformen stark auswirkt. Dennoch wird eine große Zahl an
Schwingformen auch bei automatisierter Auswertung sinnvoll und reproduzierbar zugeord-
net. Dies ist gleichzeitig ein Beweis für die Stabilität des Systems und der Schwingformen.
Bezüglich der Ergebnisqualität sind die Zuordnung per Hand und der automatisierte Ab-
gleich gleichwertig zu sehen.

3.4.4 Bewertung der Reihenergebnisse

Die Ermittlung der Eigenfrequenzen und Eigenformen von Läufern mittels Hammerschlag
in einer frei hängenden Lagerung stellt eine sehr gute und effiziente Möglichkeit dar, grund-
legende Informationen über deren modales Verhalten zu erhalten. Örtliche Flexibilität und
geringe Versuchszeiten prägen das ausgewählte Verfahren, so dass es für Reihenuntersu-
chungen sehr gut in einen Fertigungs- und Montageprozess integriert werden kann. Die
Auswertung, insbesondere die Auswahl der relevanten Moden, erfordert Handarbeit. Gera-
de höhere Eigenformen können aufgrund der begrenzten Zahl an Messpunkten per Hand
teilweise besser zugeordnet werden, als mittels Mode-Tracking via MAC-Matrix. Die auto-
matisierte Zuordnung ist aber die einzige Möglichkeit, MAC-Werte und somit Korrelations-
werte berechnen zu können. Wie sich noch zeigen wird, ist das Verfahren darüber hinaus
für eine praktikable Durchführung von Sensitivitätsanalysen zwingend erforderlich.
Die Umsetzung der Auswerteverfahren sind für Läuferbauform 1 exemplarisch durchgeführt
worden. Die relevanten Diagramme für die weiteren Läuferbauformen sind im Anhang ent-
halten. Bei allen untersuchten Läuferbauformen handelt es sich hinsichtlich des modalen
Verhaltens um sehr stabile Systeme. Die Abweichungen in den einzelnen Eigenfrequenzen
betragen maximal knapp 6 %, liegen teilweise sogar weit darunter. Dieses Verhalten lässt
sich bei allen untersuchten, fabrikneuen Läufern bestätigen. Selbst durch Betrieb und damit
verbundene mechanische und thermische Alterung steigen die maximalen Standardabwei-
chungen nur auf etwa 12 % (einzelne Formen erreichen Werte bis 18 %, siehe Anhang). Somit
ist das modale Verhalten der Läufer sehr gut beschreibbar und die entsprechende Forderung
für den sinnvollen Abgleich von Rechenmodellen kann erfüllt werden.
3.5 Weitere Untersuchungen 51

3.5 Weitere Untersuchungen


Neben den Reihenuntersuchungen werden Versuche zur Verifikation des Versuchsaufbaus
und zur weiteren Analyse des Systems durchgeführt. Das dadurch verbesserte Systemver-
ständnis ist für den Aufbau der Rechenmodelle erforderlich. Aufbau und Durchführung
orientieren sich in der Regel an den Reihenversuchen und werden im Folgenden deshalb nur
kurz erläutert.

3.5.1 Variation des Anregungsortes

Die Anregung über den Kurzschlussring entspricht streng genommen nicht der Realität.
Im realen System wird die Anregung über die Lastmaschine in die Welle und somit in
den Läufer eingeleitet. Der sich durch die Betriebsbedingungen einstellende Lastpfad
wird in den Versuchen also nicht realistisch abgebildet. Da die größten Bewegungen je-
doch an den Kurzschlussringen auftreten, wird die Anregung bei den Standardversuchen
dort eingeleitet. Durch die dadurch höheren Antwortamplituden sind die Signale weniger
empfindlich gegenüber Störungen und somit besser auszuwerten. Zum Vergleich und zur
Verifikation des Vorgehens wird bei Bauform 2 exemplarisch auch eine Anregung am
abtriebseitigen Wellenende durchgeführt. Dazu wird der Metallklotz zur Einleitung des
Anregungsimpulses stirnseitig an das Wellenende geklebt. Der weitere Versuchsablauf ist
identisch, so dass für diesen Läufer zwei vollständige Messungen vorliegen. Aus den ermit-
telten Übertragungsfunktionen werden für jede Anregungsrichtung je eine charakteristische
Übertragungsfunktion ermittelt und verglichen. Abbildung 3.21 beinhaltet den Vergleich
bei radialer Anregung.

Abbildung 3.21: Charakteristische Übertragungsfunktionen aus radialer Anregung am Kurz-


schlussring und am Wellenende bei einem Läufer der Bauform 2
52 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

Es zeigt sich, dass bei Anregung am Wellenende die meisten Formen deutlich schwächer
angeregt werden als bei Anregung am Kurzschlussring. Einzig Formen, die durch die Biege-
schwingung des Wellenendes geprägt sind, treten dominant auf. Bei torsionaler Anregung
sind durch die Variation des Anregungsortes ebenfalls deutliche Unterschiede erkennbar,
wie Abbildung 3.22 zeigt. Der Abstand zur Drehachse ist am Wellenspiegel sehr gering.
Dadurch werden Wellenende und Läufer eher radial statt tangential angeregt. Dies spiegelt
sich in einer schlechten Anregung der Torsionsformen wieder. Wie Abbildung 3.22 zeigt,
tritt bei Anregung am Wellenende der erste Peak in den Übertragungsfunktionen kaum
auf. Hier handelt es sich um die erste Torsionseigenform. Diese und weitere Formen werden
bei Anregung am Kurzschlussring deutlich besser angeregt.

Abbildung 3.22: Charakteristische Übertragungsfunktionen aus tangentialer Anregung am Kurz-


schlussring und am Wellenende bei einem Läufer der Bauform 2

Durch die dargestellten Unterschiede in den Übertragungsfunktionen gestaltet sich die Aus-
wertung der Messungen bei Anregung am Wellenende schwierig. Eine klare Trennung der
Eigenformen ist kaum möglich, ebenso können einige Formen nicht eindeutig zugeordnet
werden. Das Ziel, Eigenfrequenzen und Eigenformen eindeutig zu identifizieren, kann mit
einer Anregung am Kurzschlussring deutlich einfacher und sicherer erreicht werden. Gleich-
zeitig unterscheiden sich die in den beiden Messdurchläufen ermittelten Eigenfrequenzen
nicht. Das modale Übertragungsverhalten des Läufers ist somit nicht vom Anregungsort
abhängig, wodurch das weitgehend lineare Verhalten des Systems erneut bestätigt wird.
3.5 Weitere Untersuchungen 53

3.5.2 Versuche an Teilsystemen

Wie sich in Kapitel 4 noch zeigen wird, kommt der Verbindung Stab-Blechpaket besondere
Bedeutung bei der Analyse des dynamischen Verhaltens zu. Aus diesem Grund werden
Versuche an Teilsystemen der Läufer durchgeführt. Konkret handelt es sich um einen
Anschlagversuch an den eingesetzten, bearbeiteten Stäben, bei denen der Kurzschluss-
ring noch nicht angelötet ist. Der verwendete Läufer entspricht in seinen Abmessungen
weitgehend Bauform 3. Folgende Abbildung zeigt den Dreierverband, zusammen mit dem
Beschleunigungsaufnehmer und weiteren Randbedingungen.

Abbildung 3.23: Versuchsaufbau für die Ermittlung der Eigenfrequenzen der freien Stabenden

Der Hammerimpuls wird radial und (soweit möglich) tangential an den Stabenden aufge-
bracht. Die ermittelten Biegeeigenfrequenzen in beiden Richtungen können im Nachgang
mit einem Rechenmodell abgeglichen werden. Da ein solcher Versuchsaufbau nur während
der Fertigung realisiert werden kann, sind die Stäbe zu diesem Zeitpunkt noch nicht final
verstemmt. Dies ist bei der Bewertung der Ergebnisse zu berücksichtigen, da die Lagerung
der Stäbe so vermutlich noch zu weich ist. Für die Auswertung werden die Einhüllenden
der Übertragungsfunktionen in radialer und tangentialer Richtung ermittelt. Diese sind in
Abbildung 3.24 dargestellt. Bei radialer Anregung treten vor allem die zugehörigen radialen
Biegeformen in Erscheinung. Hier ergeben sich leichte Unterschiede zwischen dem mittle-
ren, geraden Stab und den beiden äußeren, gekröpften Stäben. Durch deren leicht erhöhte
Masse sinkt die Schwingeigenfrequenz. Zudem führt der verlagerte Schwerpunkt zu einer
kombinierten Biege-/ Drehbewegung. Auch bei Schwingung in torsionaler Richtung ist die-
ser Effekt minimal erkennbar. Die Übertragungsfunktion zeigt hier einen kleinen Sprung.
Durch die erheblich reduzierte Steifigkeit bei Biegung um die vertikale Achse ist das Niveau
der torsionalen Eigenfrequenzen deutlich niedriger.
54 Kapitel 3 DYNAMISCHES VERHALTEN DES SYSTEMS

Abbildung 3.24: Übertragungsfunktionen der Stäbe bei radialer und tangentialer Anregung
3.5 Weitere Untersuchungen 55

3.5.3 Dämpfungswerte

Aus dem automatisierten Vergleich der Messungen werden die Dämpfungswerte ermittelt
und verglichen. Wie folgende Abbildung 3.25 für ausgewählte Eigenformen zeigt, ergibt sich
kein klares Bild. Nahezu alle Dämpfungswerte streuen sehr stark, die Standardabweichung
beträgt teilweise mehr als 50 % des Mittelwertes. Es kann immerhin festgehalten werden,
dass das Niveau der ermittelten Dämpfungswerte mit im Mittel unter 0,5 % sehr gering
ist. Dies lässt den Schluss zu, dass die Fügestellen im System offenbar kaum dämpfenden
Einfluss haben. Aufgrund der sehr niedrigen Anregungsenergie des Hammerimpulses sind
die Zahlenwerte allerdings kritisch zu betrachten. Es fehlt eine systematische Untersuchung,
wie sich die ermittelten Dämpfungswerte innerhalb einer Messung verhalten. Zudem hat
bereits Jungiewicz festgestellt, dass die aus den Auswerteprogrammen ermittelten Dämp-
fungswerte nicht vernachlässigbaren Schwankungen unterliegen können [36]. Hier sei auf
die durchgeführten Systemversuche mit definierten Anregungen in Kapitel 6 verwiesen.
Als positives Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Ergebnisse die Zulässigkeit der
Strukturanregung mittels Hammerschlag bestätigen. Diese ist nur bei geringen Dämpfun-
gen im System sinnvoll anwendbar. Die Bedingung ist hier eindeutig erfüllt, so dass die
Versuchsdurchführung bezüglich aller diskutierten Punkte verifiziert ist.

Abbildung 3.25: Aus den Versuchen ermittelte Dämpfungswerte ausgewählter Schwingformen von
Läuferbauform 1
Kapitel 4

Simulation des dynamischen Verhaltens


Um eine Aussage über das modale und strukturdynamische Verhalten von bekannten oder
neuen Läufern machen zu können, ist ein numerisches Modell erforderlich. Hierfür hat sich
die Methode der finiten Elemente bereits seit langem als sehr leistungsfähiges Werkzeug
etabliert. Sie soll auch in der vorliegenden Arbeit Anwendung finden. Für Aufbau, Berech-
nung und Auswertung der FE-Modelle kommt die Software „ANSYS Workbench“ in den
Versionen 14.5 bis 16.2 zur Anwendung. Das Rechenmodell muss alle relevanten geome-
trischen und mechanischen Eigenschaften der Läufer berücksichtigen und die im Versuch
ermittelten Effekte wiedergeben können. Die dafür gewählten Modellierungsansätze und
Parameter sind in diesem Abschnitt ausführlich erläutert.

4.1 Modellaufbau und Randbedingungen


Der Grundaufbau ist bei den im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Läufern weitgehend
konstant. Somit gilt die in diesem Kapitel anhand von Läuferbauform 1 vorgestellte Model-
lierungsvorschrift auch für alle weiteren untersuchten Läufer. Daneben gibt es die in Ab-
schnitt 1.5 beschriebenen, bauformspezifischen Besonderheiten der einzelnen Läufer, welche
zu berücksichtigen sind. Dies bezieht sich in der Regel auf die Wellenenden, deren Geometrie
an den jeweiligen Antriebsstrang angepasst ist.

4.1.1 Berücksichtigte Komponenten

Für eine realitätsnahe und reproduzierbare Modellierung werden nahezu alle Kompo-
nenten des realen Systems geometrisch unverändert in das Rechenmodell übernommen.
Da die Läufer immer am gleichen Fertigungsschritt für die Versuche abgegriffen wurden,
sind sie bezüglich Bauteilumfang und Fertigungszustand jeweils identisch. Die Rechen-
modelle orientieren sich daran. So enthielten alle Prüflinge der Läuferbauform 1 bereits
die Kupplung, die den Läufer mit dem weiteren Antriebsstrang verbindet. Damit ist
die Kupplung Bestandteil des Rechenmodells. Daneben dienen Welle, Druckringe und
Endbleche der Fixierung und Lagerung des eigentlichen Aktivteils. Die Komponenten
bestehen aus Stahl, einzig die Druckringe können auch aus Gusslegierungen hergestellt
sein. Der Aktivteil umfasst das Blechpaket und den Kurzschlusskäfig, der aus Stäben und
angelöteten Kurzschlussringen besteht. Zur Reduktion des Modellierungsaufwands ist das
Blechpaket als einzelner, homogener Körper modelliert. Die dadurch erforderliche Anpas-
58 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

sung der Materialkennwerte ist in Abschnitt 4.2.1 beschrieben. Zahl und Abmessung der
Kupferstäbe ist durch die elektrische Auslegung definiert. Die Kurzschlussringe bestehen
bei dieser Bauform aus einer höherfesten Kupferlegierung CuCrZr7 . Bei den auftretenden
Fliehkraftbelastungen ist die Festigkeit eines reinen Kupferrings nicht mehr ausreichend.
Durch die Verwendung von CuCrZr als Kurzschlussringe wird die Grenze, ab der deutlich
aufwändigere Kappenringe erforderlich sind, zu höheren Fliehkraftlasten hin verschoben.
Bei den Läuferbauformen 2 und 4 ist diese Grenze dennoch überschritten, so dass hier Kap-
penringe erforderlich sind. Diese werden in den zugehörigen Rechenmodellen berücksichtigt.

Abbildung 4.1: Ansicht der A-Seite von Läuferbauform 1 mit allen relevanten Komponenten des
Rechenmodells

Abbildung 4.2: Schnitt durch das Rechenmodell von Läuferbauform 1 mit allen Komponenten

7
Vollständige Bezeichnung: CuCr1Zr nach DIN CEN/TS 13388. Kupfer Chrom Zirkonium ist eine Kup-
ferlegierung mit etwa 1,0 % Chrom und 0,3 % Zirkon [52]. Die Legierung weist eine hohe Festigkeit bei
gleichzeitig hoher Entfestigungstemperatur auf, wodurch sie für Kurzschlussringe gut geeignet ist. Die
im Vergleich zu Kupfer schlechtere elektrische Leitfähigkeit ist temperaturabhängig und wird konstruktiv
durch einen größeren Querschnitt der Kurzschlussringe berücksichtigt.
4.1 Modellaufbau und Randbedingungen 59

4.1.2 Modellierung und äußere Randbedingungen

Für den Modellaufbau kommen nur Vollmodelle der Läufer in Frage. Auf den ersten Blick
scheinen zyklisch-symmetrische Segmentmodelle möglich, die Teilungen der Luftkanäle und
der Stabnuten im Blechpaket sind jedoch meist nicht in ein sinnvolles Verhältnis zu bringen.
Zudem weisen einige Läufer - insbesondere Bauform 3 - sehr komplexe Druckringgeometrien
auf, welche zu beachten sind. Die Dreierverbände der gekröpften Kupferstäbe weisen zwi-
schen beiden Seiten eines Läufers zudem einen „Nutsprung“ auf. Dabei sind die Dreierver-
bände über dem Umfang um einen Stab versetzt. Dies führt ebenfalls zu einer Unsymmetrie.
Diese Punkte sind der Grund, warum Tests mit zyklisch-symmetrischen Modellen bei Bagci
[5] zu keinem befriedigendem Ergebnis führten.
Der elektrische Aktivteil wird als vollparametrierte Geometrie aus elektrischen und mecha-
nischen Auslegungsdaten aufgebaut. Eine Übernahme von 3D-CAD Modellen erweist sich
als nicht sinnvoll, da sich noch zeigen wird, dass an der Geometrie modellbedingte Anpas-
sungen erforderlich sind, die in einem parametrierten Modell effektiver umgesetzt werden
können. Die parametrische Erstellung umfasst Blechpaket, Stäbe, Kurzschlussringe und
Kappenringe, falls vorhanden. Das Blechpaket besteht aus einem Körper und beinhaltet
die nach außen offenen Stabnuten und die Kühlkanäle. Die Kröpfung der Stäbe und der
Nutsprung sind bei der automatisierten Geometrieerstellung berücksichtigt. Des Weiteren
weisen die Stäbe, je nach Bauform, eine radiale Abdrehung am Übergang zu den Kurz-
schlussringen auf, welche ebenfalls implementiert ist. Alle genannten Modellierungsdetails
sind in Abbildung 4.3 enthalten. Weitere Geometriebesonderheiten einzelner Bauformen
(beispielsweise Fasen oder Radien an den Kurzschlussringen) werden nachträglich ergänzt.

Abbildung 4.3: Detail eines Dreierverbands aus einem geraden und zwei gekröpften Stäben mit
Abdrehung; zusätzlich sind Kurzschlussring, Blechpaket, Endblech, Druckring
und Welle enthalten (Druckring und Welle kaum sichtbar)

Im Rahmen der untersuchten Läuferbauformen sind die Aktivteilgeometrien sehr ähnlich,


so dass eine parametrierte Geometrieerstellung meist ohne weitere Korrekturen umsetz-
bar ist. Bei der umgebenden Konstruktion sind die Unterschiede dagegen deutlich größer.
Diese werden deshalb aus 3D-CAD Daten übernommen und als Baugruppe in das Modell
60 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

eingebaut. In der Regel finden an diesen Komponenten (Welle, Druckringe, Endbleche, im


Beispiel von Abbildung 4.1 zusätzlich die Kupplung) keine weiteren Modifikationen statt.
Der Verbund der einzelnen Bauteile untereinander ist durch Kontakte realisiert, die im fol-
genden Abschnitt näher erläutert werden. Für die durchzuführenden Modalanalysen sind
nicht zwingend Lagerrandbedingungen zu definieren. Um die Vergleichbarkeit der Modelle
mit den Reihenversuchen aus Kapitel 3 zu gewährleisten, werden die Modalanalysen an
freien Systemen durchgeführt. Die sechs Starrkörpermoden werden entweder als Kontrolle
verwendet oder über eine Einschränkung des für die Berechnung relevanten Frequenzbe-
reichs ausgeschlossen (siehe Abschnitt 4.4).

4.1.3 Kontakte

Zur Darstellung des Systemverbunds sind die Bauteile eines Läufers im Rechenmodell über
Kontakte miteinander verbunden. Eine Übersicht über die Verbindungen gibt das Block-
schaubild in Abbildung 1.3 auf Seite 5. Die dort eingetragenen Kopplungen der Bauteile
sind in Tabelle 4.1 zusammengefasst und werden nachfolgend näher erläutert.

Verbindung Gekoppelte Umsetzung


Verbindungsart
Nr.* Komponenten im FE-Modell

1 Inertialsystem Welle Wälzlagerung nicht vorhanden


2 Welle Druckring Radialpressverband fest verbundener Kontakt
3 Welle Blechpaket Radialpressverband fest verbundener Kontakt
4 Blechpaket Kupferstäbe Verstemmung fest verbundener Kontakt
5 Druckring Endblech Axial-/ Radialverband fest verbundener Kontakt
6 DR / EB Blechpaket Axialpressverband fest verbundener Kontakt
7 Kupferstäbe Kurzschlussringe Lötverbindung gemeinsame Knoten
8 Welle Kupplung Radial-/ Kegelverband fest verbundener Kontakt
*: aus Abbildung 1.3 auf Seite 5

Tabelle 4.1: Beschreibung der Verbindungen zwischen den Komponenten des Läufers aus Abbil-
dung 1.3 und deren Umsetzung im FE-Modell

Da es sich, wie im vorherigen Abschnitt erläutert, um eine Modalanalyse am freien System


handelt, ist keine Verbindung zwischen Inertialsystem und Welle vorhanden. Die gelötete
Verbindung zwischen Kupferstäben und Kurzschlussringen weist die gleichen Steifigkeitsei-
genschaften auf, wie die beteiligten Werkstoffe. Die Umsetzung der Kopplung im FE-Modell
erfolgt über gemeinsame Netzknoten, so dass die Bauteile wie ein Körper erscheinen. Diese
Methode ist numerisch unkritisch und am einfachsten umsetzbar, kann aber bei komplexen
Geometrien zu Vernetzungsproblemen führen. Voraussetzung ist deshalb eine geometrisch
einwandfreie Fügung der Bauteile. Da dies bei den weiteren Verbindungen nicht gegeben
oder gewollt ist, werden Kontaktelemente für die Verbindung der Komponenten eingesetzt.
Andere in den FE-Programmen verfügbare Kopplungen, wie direkte Knotenverbindungen8
und Knoten-zu-Knoten Kontaktelemente, werden nicht verwendet. Die Flexibilität in Pa-
8
Dazu zählt auch die Kopplung von Freiheitsgraden über Remoteknoten. Diese Methode ist in ANSYS als
„Joint“ bekannt.
4.1 Modellaufbau und Randbedingungen 61

rametrierung und Anwendung ist begrenzt, so dass sie sich für die Darstellung der in der
Arbeit erforderlichen Funktionalitäten der Verbindungen als nicht geeignet erwiesen haben
[60]. Die beste Möglichkeit für eine physikalisch korrekte Verbindung von Körpern stellen
die eigens hierfür entwickelten Kontaktelemente dar. Bei der Modellierung eines Kontakts
sind dabei stets Kontakt-(„Contact“-) und Ziel-(„Target“-)elemente zu definieren. Diese
stellen die erforderlichen Koppelgleichungen zur Verfügung, damit zwei benachbarte Kör-
per miteinander in Interaktion treten und Verformungen (und damit Kräfte) übertragen
können. Diese Elemente liegen als masse- und steifigkeitslose Schalenelemente auf dem Vo-
lumen und sind mit den darunter liegenden Netzknoten fest verbunden. Ausgehend von den
Kontaktelementen werden umliegende Zielelemente gesucht und gekoppelt. In Abhängigkeit
der Vernetzung der beteiligten Komponenten und bei geometrisch vorhandenen Spalten ist
es für eine zuverlässige Kontaktfindung teilweise erforderlich, den Suchradius der Kontakt-
elemente manuell vorzugeben. Daneben ist nur das Kontaktverhalten zu definieren. Die
weiteren Kontaktparameter werden vom Programm gewählt, solange diese nicht explizit
verändert werden. Darüber hinaus erlaubt die manuelle Einstellung der Parameter ein Fein-
justieren des physikalischen Verhaltens, wie in Abschnitt 4.2.2 durchgeführt. Die Kopplung
der Kontakt- und Zielelemente ist in der Lage, eine Vielzahl realer Situationen abzubilden.
Neben reibungsfreien und reibungsbehafteten Kontakten gibt es mittlerweile auch Mög-
lichkeiten beispielsweise Verschleiß von Oberflächen abzubilden [4]. Da der Schwerpunkt
der Arbeit auf dem modalen Verhalten des untersuchten Systems liegt, kommen für die
Modellierung des daraus resultierenden, linearen Eigenwertproblems nach Abschnitt 2.4
nur lineare Kontaktformulierungen in Frage. Alle „höheren“ Kontaktformulierungen wür-
den ohnehin im Arbeitspunkt linearisiert werden. Somit verbleiben für den Modellaufbau
der fest verbundene und der reibungsfrei gleitende, nicht abhebende Kontakt. Die folgende
Darstellung der Kontaktformulierungen wird dadurch stark vereinfacht. Für Details und
nichtlineare Formulierungen der Kontakte sei auf die einschlägige Literatur verwiesen [4]
[60] [80].
Die Kontaktformulierung kann auf unterschiedliche Art erfolgen. Sehr weit verbreitet ist die
„Penalty“-Methode. Sie wird im Rahmen der Arbeit verwendet und deshalb kurz vorgestellt
und diskutiert. Die Formulierungen der nachfolgenden Gleichungen beziehen sich auf ein
System mit einem Freiheitsgrad, wie in Abbildung 4.4 dargestellt, um die Zusammenhänge
einfacher formulieren zu können. Ausgangslage des Kontaktproblems ist nach Abschnitt 2.4
die Minimierung der inneren Arbeit, hier als potentielle Energie

1
W = ku2 − uF (4.1)
2
für jeden Netzknoten des Systems formuliert. Ist der Ausdruck minimal, stellen sich die
Knotenverschiebungen u so ein, dass äußere und innere Kräfte des Systems, in der Glei-
chung durch die Kraft F und die Modellsteifigkeit k ausgedrückt, im Gleichgewicht sind. Bei
der Kontaktmodellierung nach der Penalty-Methode wird der Ausdruck um einen „Straf-
term“ erweitert. Er beinhaltet den Spalt g („gap“) zwischen den Kontaktpartnern und die
Kontaktsteifigkeit in Normalenrichtung cK so dass sich die Energiebilanz auf

1 1
W = ku2 − uF + cK g 2 (4.2)
2 2
62 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

erweitert. Der zusätzliche Ausdruck entspricht in seiner Form den inneren Kräften und stellt
die potentielle Energie einer Feder dar. Es handelt sich bei der Penalty-Formulierung also
um eine Federsteifigkeit im Kontakt. Sie ist wirksam, sobald die Kontaktelemente aus der
Nulllage (in Abbildung 4.4 oben) bewegt werden. Der Spalt kann mit den Bezeichnungen
in Abbildung 4.4 auch als

g = ∆x − u (4.3)

ausgedrückt werden, wobei ∆x den Oberflächenabstand der beiden Kontaktflächen be-


zeichnet. Mit dieser Definition nimmt g bei Durchdringung der Kontaktpartner negative
Werte an.

k
Ausgangslage

∆x g
u
cK
F
Mit äußerer Kraft F

Abbildung 4.4: Äußere Last führt zu Durchdringung der am Kontakt beteiligten Körper (im Bei-
spiel nimmt g dadurch einen negativen Wert an) (Darstellung nach [60])
Das Minimierungsproblem aus Gleichung 4.2 ist unter anderem erfüllt, wenn ∆x und u
gleich groß sind, so dass keine Durchdringung stattfindet. Bei einer vorhandenen äußeren
Last würde dies wiederum voraussetzen, dass die Kontaktsteifigkeit cK gegen unendlich
geht, was im Gleichungssystem aus numerischen Gründen nicht möglich ist. Das bedeutet
umgekehrt, dass bei einer Penalty-Kontaktformulierung durch das Hooke´sche Gesetz

F c = cK g (4.4)

stets eine Rest-Durchdringung oder ein Rest-Spalt zwischen den Kontaktpartnern verbleibt,
da die Kontaktkraft Fc mit den Systemreaktionen und der äußeren Kraft F im Gleichgewicht

Fc = k∆x − F (4.5)

stehen muss. Einfluss auf den Spalt hat, neben der äußeren Last, vor allem die Kontaktstei-
figkeit cK . Diese wird in der Regel vom Programm anhand diverser Kriterien des Modells
gewählt9 und, je nach Einstellung, während der Iterationsrechnungen variiert, um ein bes-
seres Konvergenzverhalten zu erzielen [4]. Der Kontaktsteifigkeit sind in beiden Richtungen
9
Diese Kriterien sind unter anderem die Materialeigenschaften der beteiligten Körper (insbesondere die
E-Module), die Freiheitsgrade des Modells und die Elementgröße der angrenzenden Elemente [4] [5].
4.1 Modellaufbau und Randbedingungen 63

Grenzen gesetzt, abhängig von der Steifigkeit der beteiligten Komponenten. Sehr niedrige
Werte führen zu unrealistisch großen Durchdringungen. Sehr hohe Werte können zu nume-
rischen Instabilitäten führen [4] [60]. Im Rahmen dieser Arbeit wird bei einigen Kontakten
dazu übergegangen, die Kontaktsteifigkeit fest vorzugeben, da diese großen Einfluss auf das
Modellverhalten hat (siehe Abschnitt 4.2.2).
Die bisherigen Betrachtungen beziehen sich auf die Steifigkeit in Normalenrichtung des
Kontakts. Für die Querrichtungen wird das Coulomb´sche Reibgesetz

FR ≤ −µFc (4.6)

ausgewertet [60]. Der Wert des Reibkoeffizienten µ wird je nach Kontaktformulierung auto-
matisch oder vom Benutzer gewählt. Bei einem fest verbundenen Kontakt werden Querkräf-
te vollständig und unabhängig von der Normalkraft übertragen (der Wert für µ wird dazu
formal sehr hoch gewählt). Beim nicht abhebenden, gleitenden Kontakt wird der Wert
für µ auf 0 gesetzt, so dass beide Grenzfälle mit dieser Formulierung betrachtet werden
können. Weitere Betrachtungen der Querrichtungen sind nur bei reibungsbehafteten Kon-
takten erforderlich, welche nicht Bestandteil der Arbeit sind. Details dazu sind in [4] und
[80] nachzulesen.

4.1.4 Vernetzung

Für die Vernetzung kommen Volumenelemente mit quadratischer Ansatzfunktion zur An-
wendung. Je nach Geometrie sind die Komponenten mit hexaederförmigen oder tetraeder-
förmigen Elementen und Abwandlungen davon vernetzt. In ANSYS entspricht dies den
Elementtypen SOLID186 und SOLID187 [4]. Die Hexaederelemente SOLID186 weisen stan-
dardmäßig 20 Knoten (Hex20) auf. Sonderformen umfassen Pyramide und Prisma mit 13
(Pyr13), beziehungsweise 15 Knoten (Wed15). Das Tetraederelement SOLID187 weist 10
Knoten (Tet10) auf [4].
Die Netzgröße wird komponentenweise gesteuert. Die Elementgrößen liegen zwischen 5 mm
und 13 mm. Dünne Strukturen, wie die Stäbe, sind feiner vernetzt, da davon ausgegangen
werden kann, dass hier die größten Relativbewegungen stattfinden. Ziel ist ein Netz, wel-
ches über dem dünnsten Querschnitt mindestens zwei Elementreihen aufweist. Dies betrifft
vor allem die Stäbe und die Endbleche. Diverse Untersuchungen konnten die weit verbrei-
tete These, dass für Modalanalysen eine grobe Diskretisierung ausreichend ist, nur zum
Teil bestätigen. Je nach Geometrie und gewünschtem Frequenzbereich können lokal hohe
Dehnungen auftreten. Für eine stabile Lösung ist deshalb eine Netzfeinheit erforderlich, die
bereits nahe an einem für die Spannungsberechnung ausgelegtem Netz liegt. Im vorliegen-
den Fall sind neben der Vernetzungsqualität auch die Rechenzeiten zu beachten, so dass
die hier gewählten Netzparameter einen Kompromiss darstellen. Das Netz umfasst, je nach
Läuferbauform, zwischen 1,2 und 1,8 Millionen Knoten10 .
10
Eine genauere Angabe der gewählten Einstellungen und der resultierenden Knoten- und Elementzahlen
ist nicht sinnvoll, da sich diese zwischen den verschiedenen Versionen der Simulationssoftware ohnehin
minimal unterscheiden. Wie die folgende Untersuchung noch zeigen wird, ist dieser Einfluss jedoch ver-
nachlässigbar (siehe hierzu Abbildung 4.7).
64 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

Abbildung 4.5: Vernetzter Läufer der Bauform 1

Die gewählten Parameter stellen zunächst eine Vernetzung „nach Augenmaß“ und Erfah-
rung dar. Um die qualitativen Aussagen dennoch quantitativ bewerten zu können, wird bei
einem beliebigen, standardmäßig vernetzten Modell die Elementgröße einmal zu kleineren
und einmal zu größeren Elementen hin variiert. Diese Veränderung (die Elementgröße wird
für alle Komponenten etwa halbiert, beziehungsweise verdoppelt) hat starken Einfluss auf
die Zahl der Knoten und Elemente. Dies ist beim Vergleich der vernetzten Modelle nach
Abbildung 4.6 deutlich erkennbar.

Abbildung 4.6: Vergleich eines standardmäßig vernetzten Läufers (Mitte) mit einem grob ver-
netzten (links) und einem fein vernetzten Läufer (rechts) der Bauform 1

Neben der Netzfeinheit und der damit einhergehenden Diskretisierungsgenauigkeit spielen


auch die damit verbundenen Rechenzeiten eine Rolle. Diese steigen mit zunehmender Zahl
an zu lösenden Gleichungen überproportional an, da diverse Rechnerressourcen überschrit-
ten werden. Die Netzfeinheit hat demnach ein Optimum zwischen Ergebnisqualität und
Rechenzeit darzustellen. Folgende Tabelle stellt die Netzdaten den Veränderungen in den
Rechenzeiten gegenüber. Wird das Modell mit weniger Freiheitsgraden diskretisiert, sinken
die Rechenzeiten etwa im gleichen Verhältnis. Dem gegenüber tritt bei feinerer Vernetzung
eine mehr als quadratische Steigerung der Rechenzeiten im Verhältnis zur Zunahme der
Zahl der Freiheitsgrade auf. Die in der Untersuchung um etwa den Faktor zehn erhöhte
Rechenzeit gegenüber der Standardvernetzung ist für die in Kapitel 5 geplanten Sensitivi-
4.1 Modellaufbau und Randbedingungen 65

tätsanalysen nicht brauchbar. Wenn dieses Netz also keinen signifikanten Einfluss auf die
Ergebnisse hat, ist das Standardnetz als ausreichend anzusehen.

Relative Veränderung Grobmodell Standardmodell Feinmodell


Freiheitsgrade 0,5 1,0 3,0
Rechenzeit 0,4 1,0 9,9

Tabelle 4.2: Relative Veränderung der Zahl zu lösender Gleichungen11 und der erforderlichen Re-
chenzeiten bei unterschiedlichen Vernetzungsstufen

Dazu werden die prozentualen Veränderungen der Eigenfrequenzen wichtiger Schwing-


formen im Verhältnis zur Standardvernetzung ausgewertet. Für eine Erläuterung der
Bezeichnung der Schwingformen sei auf Abschnitt 4.4 und auf Tabelle 3.1 auf Seite 44
verwiesen.

Abbildung 4.7: Relative Veränderung der Eigenfrequenzen gegenüber der Standardvernetzung bei
grobem und feinem Netz

In Abbildung 4.7 zeigt sich, dass die Abweichungen zwischen den Modellen sehr gering
sind und bei den meisten Formen bei deutlich unter 1 % liegen. Größere Abweichungen
gibt es bei Kupplungseigenformen. Hier ist das Netz nicht fein genug, um die komplexe
Geometrie ausreichend genau aufzulösen. Nachdem die Kupplung nicht Schwerpunkt der
Untersuchungen ist, wird dieser Einfluss zu Gunsten der Rechenzeiten akzeptiert. Bei al-
11
Diese sind durch das zu Grunde liegende, statisch bestimmte Gleichungssystem direkt proportional zur
Anzahl der Freiheitsgrade.
66 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

len anderen Eigenformen zeigt sich auch bei grober Vernetzung keine große Abweichung
der Eigenfrequenzen, so dass sogar dieses Netz als ausreichend betrachtet werden könnte.
Dem gegenüber tritt praktisch keine Veränderung der Eigenfrequenzen mehr auf, wenn das
Standardnetz weiter verfeinert wird. Somit ist das mit den oben beschriebenen Parametern
erzeugte Standardnetz für die hier geplanten Rechnungen ausreichend und stellt einen guten
Kompromiss zwischen Rechenzeiten und Ergebnisqualität dar. Neben dieser vereinfachten
Bewertung der Netzqualität finden in Kapitel 7 weitergehende Betrachtungen zur Qualität
der Vernetzung der relevanten Bauteile statt.
4.2 Parameter und Parameterräume 67

4.2 Parameter und Parameterräume


Die bisher beschriebenen Modellierungsdaten und Randbedingungen weisen kaum Beson-
derheiten auf. Da jedoch, wie Eingangs beschrieben, eine Nachrechnung der in dieser Ar-
beit betrachteten Läufer bisher nicht ohne weiteres möglich war, liegt die Schwierigkeit
im Finden geeigneter Parameter für Werkstoffe und Kopplungen. Deren Ermittlung steht
im Mittelpunkt der folgenden Abschnitte. Dabei wird für die Modellanpassung explizit die
Veränderung geometrischer Größen nicht in Betracht gezogen. Für eine Übertragbarkeit auf
andere Läufergeometrien ist es besser, die Abmessungen der realen Geometrie zu überneh-
men. Die für die Modellanpassung zur Verfügung stehenden Parameter beziehen sich also
auf Material- und Kontakteigenschaften.

4.2.1 Beschreibung des Blechpakets

Der E-Modul in axialer Richtung ist beim Blechpaket durch den Aufbau aus einzelnen
Blechen gegenüber Stahl wesentlich reduziert. Da die Blechebene selbst von den Effekten
durch die Schichtung unbeeinflusst bleibt, handelt es sich um eine sogenannte transversale
Isotropie, einem Sonderfall orthotropen Materialverhaltens [7]. Erst durch die Schichtung
der sich isotrop verhaltenden Blechebenen entsteht ein anisotropes Gesamtverhalten. Ver-
schiedene Quellen nennen für den axialen E-Modul des Blechpakets Werte zwischen 2 %
und 10 % von Stahl [24] [54] [69]. Diese Streuung zeigt bereits, dass die axiale Steifigkeit
schwierig zu bestimmen ist. Sie ist unter anderem von Geometrie, Paketierung und Dicke
der Lackschichten abhängig. Eine Untersuchung zu dem Thema hat Obermayr bereits 2006
durchgeführt [54]. Darin wurden einige Einflussgrößen systematisch untersucht. So konnte
beispielsweise festgestellt werden, dass ein neues Paket zu Beginn der Lebensdauer tempe-
raturbedingt eine starke Relaxation erfährt. Obermayr hat daraufhin ein Materialmodell
mit einem E-Modul von 8 000 MPa in axialer Richtung entwickelt. Dieses Materialmodell
dient in der vorliegenden Arbeit als Grundlage. Allerdings ist bei Obermayr der Schubmo-
dul in Querrichtung nicht frei einstellbar. Für eine allgemeingültigere Anwendbarkeit wird
deshalb im Folgenden das transversal-isotrope Materialmodell neu entwickelt.

Abbildung 4.8: Schematischer Aufbau des Blechpakets aus einzelnen Scheiben mit Koordinaten-
system (aus [5])
68 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

Im Sinne einer einfachen Modellierung soll das Blechpaket stets als homogener Körper ab-
gebildet werden. Ein Aufbau aus einzelnen Blechen (bis zu 1 000 Stück pro Läufer) ist
modellierungs- und rechenzeitbedingt nicht sinnvoll. Zumal dann das Problem bestehen
würde, die einzelnen Bleche untereinander zu koppeln. Das Materialverhalten des Voll-
modells ist so zu modifizieren, dass die realen Zustände dennoch gut abgebildet werden
können. Im allgemeinsten Fall wird das Materialverhalten durch drei E-Moduln, drei Schub-
moduln und sechs Querkontraktionszahlen beschrieben [7]. Das so definierte orthotrope
Materialverhalten lässt sich in Form des Werkstoffgesetzes

 
1
 Ex
− νExyx − νExzx 0 0 0 
 νyx
− Ey 1
Ey
− νEyzy 0 0 0 

 
− νEzyz 0 0 0
 νzx 1
− E

E −1 =  Ez
(4.7)

 z 
 0 0 0 0 0
1 
 Gxy 

 0 0 0 0 1
0 
 
 Gyz 
0 0 0 0 0 1
Gxz

ausdrücken12 . Es gilt das in Abbildung 4.8 enthaltene Koordinatensystem. In der Literatur


wird für die Querkontraktionszahlen in der Regel die Vereinfachung νij = νji angewandt,
was die Zahl der freien Querkontraktionszahlen auf drei reduziert. Dies ist bei einem or-
thotropen Materialgesetz nicht ohne weiteres möglich. Hier sind für zusammengehörige
Querkontraktionszahlen nach [4] die Zusammenhänge

νyx νxy
= , (4.8)
Ey Ex
νzx νxz
= , (4.9)
Ez Ex
νzy νyz
= (4.10)
Ez Ey

zu beachten. Da es sich im vorliegenden Fall des Blechpakets um ein transversal isotropes


Materialverhalten handelt, werden nach [2] für die Blechebene xz die Zusammenhänge

E z = Ex , (4.11)
Gyz = Gxy (4.12)

und

νxy = νyz (4.13)


12
Entgegen üblicher mathematischer Konventionen beschreibt E das Werkstoffgesetz nach Gleichung 2.42
in Abschnitt 2.4, nicht die Einheitsmatrix.
4.2 Parameter und Parameterräume 69

eines isotropen Materialverhaltens angesetzt. Der Schubmodul der Blechebene wird mittels
der bekannten Formulierung

Ex
Gxz = (4.14)
2(1 + νxz )

beschrieben. Werden die gleichgesetzten E-Module aus Gleichung 4.11 im Ausdruck aus
Gleichung 4.9 berücksichtigt, ergibt sich daraus bei den Querkontraktionszahlen die Ver-
einfachung

νxz = νzx . (4.15)

Für die weiteren Querkontraktionszahlen gelten, ohne Berücksichtigung von Gleichung 4.13,
nach [2] die Zusammenhänge

Ex
νxy = νyx · (4.16)
Ey

und

Ey
νyz = νzy · . (4.17)
Ex

Hierbei ist zu beachten, dass im verwendeten FE-Programm jeweils die betragsmäßig grö-
ßere Querkontraktionszahl zu verwenden ist13 . Da aus Erfahrung der E-Modul in axialer
Richtung immer kleiner ist, nimmt der in Gleichung 4.16 ermittelte Quotient immer Wer-
te größer als eins an. Somit ist, wie gefordert, νxy größer als νyx . Bei dem Ausdruck 4.17
liegen die Werte des Quotienten immer unterhalb von eins. Somit ist hier für die weiteren
Berechnungen νzy zu verwenden, da dieser den größeren der beiden Werte darstellt. Unter
Berücksichtigung des Ausdrucks 4.13 ergibt sich damit für die Berechnung der Querkon-
traktionszahl

Ex
νzy = νxy · . (4.18)
Ey

Werden alle genannten Zusammenhänge im Ausdruck 4.7 berücksichtigt, vereinfacht sich


die Matrix. Es verbleiben, wie in der Literatur gegeben [3], zwei freie E-Module, ein freier
Schubmodul und zwei freie Querkontraktionszahlen.
13
Diese Querkontraktionszahlen werden als sogenannten „Major“-Werte bezeichnet. Im Gegenzug wäre auch
die Verwendung der jeweils kleineren („Minor“-) Werte möglich. Ein Mischen ist nicht möglich und führt
zu einem unsymmetrischen Modellverhalten [4] (siehe Abschnitt 4.3.1).
70 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

 
1
− νExyx − νExzx 0 0 0
 Ex 
 νxy
− Ex
1
Ey
− νExyy 0 0 0 

 
 νxz
− Ex − νExyy 1
0 0 0 
−1
= Ex
(4.19)

E  
 0 0 0 1
0 0

Gxy

 
 0 0 0 0 1
0
 
Gxy

 
0 0 0 0 0 2·(1+νxz )
Ex

Der E-Modul in x-Richtung entspricht nach wie vor dem Wert von Stahl. Die Querkontrak-
tionszahl für die xz-Ebene ist ebenfalls dem Wert von Stahl gleichzusetzten, da es sich dabei
um die isotrope Blechebene handelt. Axialer E-Modul, zugehöriger Schubmodul und Quer-
kontraktionszahl werden von der Schichtsteifigkeit des Blechpakets beeinflusst und sind zu
bestimmen. Bei freier Wahl von E-Modul und Schubmodul ergeben sich für die Querkon-
traktionszahl Beschränkungen, da die Steifigkeitsmatrix immer positiv definit sein muss.
Diese Bedingung ist erfüllt, wenn die Gleichung

Ey Ez Ez Ez
h = 1 − νxy
2
· 2
− νyz · 2
− νxz · − 2 · νxy · νyz · νxz · (4.20)
Ex Ey Ex Ex

positiv bleibt [4]. Für die Berechnung des Grenzwertes wird h zu Null gesetzt. Des Weite-
ren werden die bereits erläuterten Zusammenhänge und Vereinfachungen angewandt. Nach
einigen Umformungen ergibt sich daraus ein Zusammenhang für den maximal zulässigen
Wert der freien Querkontraktionszahl νxy . Im gefundenen Ausdruck

1 − νxz
v
u 2
νxy = t Ey (4.21)
u

Ex
+E x
Ey
+ 2 · νxz

verbleibt, bei Verwendung konstanter Werkstoffparameter für die Blechebene (siehe Tabelle
4.3), der axiale E-Modul als einzige Einflussgröße auf die maximal zulässige Querkontrak-
tionszahl. Der axiale E-Modul eines Blechstapels liegt nach bisherigen Erfahrungen im
Bereich von 2 % bis 10 % des Wertes von Stahl. Damit ergibt sich für die maximal zulässige
Querkontraktion ein Verlauf nach Abbildung 4.9. Für die weiteren Untersuchungen wird die
Querkontraktion so gewählt, dass der Grenzwert auch bei Variation des axialen E-Moduls
nicht überschritten wird. Der Schubmodul des Blechpakets stellt eine freie Größe dar, für
die keine Erfahrungswerte vorliegen. Der Wert wird deshalb in Anlehnung an bisher verwen-
dete Materialdaten und Randbedingungen gewählt. Die in Tabelle 4.3 zusammengefassten
Materialparameter stellen die Grundlage für die weiteren Untersuchungen dar.
4.2 Parameter und Parameterräume 71

Abbildung 4.9: Verlauf der maximal zulässigen Querkontraktionszahl νxy des Materialmodells in
Abhängigkeit des axialen E-Moduls Ey nach Gleichung 4.21

Materialparameter
Parameter Wert Kommentar
Blechpaket

Ex 210 000 MPa gegeben, entspricht Stahl


E-Modul Ey 5 000 MPa frei gewählt
Ez 210 000 MPa entspricht Ex
Gxy 5 000 MPa frei gewählt
Schubmodul Gyz 5 000 MPa entspricht Gxy
Gxz 80 769 MPa berechnet nach Gleichung 4.14
νxy 0,100 gewählt aus Abbildung 4.9
Querkontraktion νyz 0,002 berechnet nach Gleichung 4.18
νxz 0,300 gegeben, entspricht Stahl

Tabelle 4.3: Standard-Parameter zur Beschreibung des transversal-isotropen Blechpaketmate-


rialmodells

4.2.2 Kurzschlusskäfig und Stabbettung

Die Verstemmung führt zu einer partiellen plastischen Verformung der Stäbe, wodurch ein
Kraft- und Formschluss mit dem Blechpaket hergestellt wird. Es zeigte sich frühzeitig, dass
diese Verbindung nicht mit einem vollen Verbund zwischen Stäben und Blechpaket im FE-
Modell abgebildet werden kann, da dieser deutlich zu steif reagiert. Vereinfacht betrachtet
reduziert sich die Steifigkeit der Verbindung, beziehungsweise erhöht sich deren Nachgie-
bigkeit im realen System gegenüber einer festen Verbindung. Diese erhöhte Nachgiebigkeit
bestätigt sich durch Erfahrungen in der Praxis. Unzureichend verstemmte Läufer weisen
deutlich niedrigere Eigenfrequenzen auf, welche zudem im Laufe des Betriebs durch Setz-
vorgänge weiter absinken. Da keine konkreten Werte für die Steifigkeit der Verbindung
Stab-Blechpaket bekannt sind, stellt dies eine freie Größe für die Modellanpassung dar. Für
die Implementierung in die Rechnung bietet sich eine Modifikation des Kontakts zwischen
72 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

den beiden Bauteilen an. Dafür stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, welche auch
kombiniert werden können:
• Änderung der Freiheitsgrade der Kontakte
• Veränderung der Kontaktsteifigkeiten
• Unterschiedliche Kontakte an den verschiedenen Seiten der Stäbe
• Radiale Unterteilung des Stabes in verschiedene Kontaktabschnitte
• Axiale Unterteilung des Stabes in verschiedene Kontaktabschnitte.
Da es sich bei den geplanten rechnerischen Modalanalysen um Eigenwertprobleme an li-
nearen, statischen Systemen handelt, sind nur lineare Kontakte möglich. Dies schränkt die
Auswahl an möglichen Kopplungen deutlich ein, so dass nur der feste Verbund und der
reibungsfreie, nicht abhebbare Verbund bleiben. Bei letzterem sind Relativbewegungen in
der Kontaktebene der beiden Kontaktpartner möglich (siehe Abschnitt 4.1.3).
Für die Veränderung der Kontaktsteifigkeit wurde erst der vom Programm zur Verfügung
gestellte Einflussfaktor verwendet. Dabei wird die vom FE-Programm ermittelte Kontakt-
steifigkeit mit einem vom Nutzer frei definierbaren Vorfaktor verrechnet. Im weiteren Ver-
lauf der Untersuchungen zeigte sich, dass diese Art der Modellanpassung nicht sinnvoll ist.
Die programmintern gefundene Kontaktsteifigkeit orientiert sich an diversen Größen des
Modells [4] [5] und variiert dadurch in einem sehr großen Bereich, so dass die Beeinflussung
durch den Vorfaktor nur eine untergeordnete Rolle spielt. Besser ist hier die direkte Vorgabe
der Kontaktsteifigkeit. Da der Zahlenwert über mehrere Größenordnungen hinweg verän-
dert werden kann, wird er als Exponent ks definiert. Die vorgegebene Kontaktsteifigkeit
wird somit in der Form

cK = 10ks N/mm3 (4.22)

beschrieben. Um dem FE-Programm zu signalisieren, dass es sich um einen Absolutwert


handelt, ist der Wert für die Kontaktsteifigkeit mit negativem Vorzeichen zu versehen. Die
Kontaktsteifigkeit wird in den vorliegenden Betrachtungen wie eine reine Federsteifigkeit
behandelt. Dies ist nicht ganz exakt, da die resultierende Gesamtsteifigkeit so von der Zahl
der Federn (beziehungsweise Kontaktelemente) abhängig wäre. Deshalb ist die Steifigkeit
auf eine Einheitsfläche bezogen, was zur Einheit 1 N/mm3 führt. Etwas anders formuliert,
kann die Einheit auch als erforderlicher Druck pro Längenänderung (1 MPa/mm) ausge-
drückt werden. Die so gefundene Beschreibung der Kontaktsteifigkeit ist vor ihrer weiteren
Verwendung zu verifizieren. Diese grundlegenden Untersuchungen zur Ermittlung der Ein-
flüsse werden an einem vereinfachten, zyklisch-symmetrischen Modell nach Abbildung 4.10
links durchgeführt. Dieses Modell beinhaltet Stab, Blechpaket und Kurzschlussring und
ist als axiales Halbmodell aufgebaut. Stab und Blechpaket sind über einen festen Verbund
gekoppelt. Aus der Berechnung der Eigenfrequenzen ergeben sich drei charakteristische
Eigenformen: Torsionsschwingung des Kurzschlussrings (1. Eigenform), radiale Schwingung
des Kurzschlussrings quer zur Drehachse (2. Eigenform) und Ovalisieren des Kurzschluss-
rings (3. Eigenform). Im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse14 wird der Steifigkeitsexponent
14
Hier handelt es sich um einen Vorgriff auf die Inhalte von Kapitel 5.
4.2 Parameter und Parameterräume 73

in einem Bereich von 3 bis 9 verändert. Die Analyse beinhaltet 80 verschiedene Parametrie-
rungen. Als Ergebnis wird die Veränderung der charakteristischen Eigenformen des Modells
ausgewertet. Eine Variation des Steifigkeitsexponenten ks beeinflusst die Eigenfrequenzen
des Testmodells deutlich, wie Abbildung 4.11 zeigt. Kleine Werte des Steifigkeitsexpo-
nenten reduzieren die Eigenfrequenzen um 15 % bis 30 %, je nach Schwingform. Ab etwa
einem Exponenten von sechs sind keine weiteren Veränderungen der Eigenfrequenzen er-
kennbar. Ab hier ist der Kontakt so steif, dass er das Modellverhalten nicht mehr beeinflusst.

Abbildung 4.10: Vereinfachtes zyklisch-symmetrisches Modell mit radial und axial unterteiltem
Stab zur Variation diverser Kontaktparameter, daneben die für die Auswertung
relevanten Eigenformen (Darstellung der Verformungen überhöht)

Abbildung 4.11: Parametervariation der Kontaktsteifigkeit und deren Einfluss auf die berechneten
Eigenfrequenzen beim Testmodell nach Abbildung 4.10

Die Kontaktsteifigkeit kann mit der gewählten Methode reproduzierbar vorgegeben werden,
so dass ein geeignetes Werkzeug zur Kontaktanpassung zur Verfügung steht. In den nächs-
ten Schritten werden die weiteren Kontaktmodifikationen untersucht. Dazu wird der Stab
in drei radiale Abschnitte unterteilt (in Abbildung 4.10 bereits enthalten), da angenommen
wird, dass die Anbindung durch die Verstemmung vor allem im oberen Bereich wirksam
74 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

ist. Des Weiteren ist es möglich, unterschiedliche Kontaktformulierungen in den einzelnen


Bereichen der Stäbe (oben, unten, seitlich) zu implementieren. Neben einer reinen Reduk-
tion der Kontaktsteifigkeit wird zusätzlich davon ausgegangen, dass die Koppelsteifigkeit
an den Enden des Blechpakets geringer ist, als im mittleren Bereich. Hier ist die Verstem-
mintensität prozessbedingt etwas geringer. Durch eine reduzierte Koppelsteifigkeit werden
numerisch problematische Steifigkeitssprünge am Übergang von dem im Blechpaket geführ-
ten Teil zum ausladenden Stabteil reduziert. Für die Realisierung dieses stetigen Übergangs
wird die definierte Kontaktsteifigkeit mit einem Reduktionsfaktor verrechnet. Dieser Verlauf
soll vereinfacht einer Parabel entsprechen. Deren Scheitelpunkt liegt am fiktiven Übergang
von der veränderlichen auf eine konstante Steifigkeit im Inneren des Blechpakets. Für eine
Parabel in Scheitelpunktform gilt nach [56] allgemein der Zusammenhang

y = a(x − x0 )2 + y0 . (4.23)

Der Scheitelpunkt liegt einen gewissen Abstand x0 hinter dem Ende des Blechpakets. Hier
beträgt der Wert y0 = 1. Zur Anpassung verbleibt der Vorfaktor a der Parabel. In folgender
Abbildung 4.12 wird der Verlauf des Reduktionsfaktors bis zur Mitte des Blechpakets dar-
gestellt. Dabei ist der Übergangsbereich 50 mm breit. Der Vorfaktor a wird zu 0,001 gesetzt.
Die daraus resultierende Kontaktsteifigkeit berechnet sich aus den Gleichungen 4.22 und
4.23 und lautet mit den gegebenen Parametern

10ks
cK = N/mm3 . (4.24)
0, 001(x − 50)2 + 1

Abbildung 4.12: Verlauf des Faktors zur Reduktion der Kontaktsteifigkeit am Ende des Blechpa-
kets (Nenner von Gleichung 4.24) in axialer Richtung vom Ende des Blechpakets
(links) bis zur Mitte des Blechpakets (rechts)

Um diesen Steifigkeitsverlauf zuweisen zu können, wird das Ende des Blechpakets in zehn
axiale Abschnitte unterteilt. Die Kontakte zwischen Stäben und Blechpaket werden für je-
den Abschnitt separat definiert. Durch den parametrischen Aufbau des Aktivteils ist dieser
4.2 Parameter und Parameterräume 75

Schritt gut automatisierbar und dadurch kaum fehleranfällig. Aus den dargestellten Zusam-
menhängen wird für jeden Abschnitt die anzusetzende Kontaktsteifigkeit berechnet. Neben
Steifigkeitsfaktor ks und Reduktionsfaktor a kann auch die Breite der stets gleich breiten
Abschnitte im Modell verändert werden.

4.2.3 Weitere Modellierungsparameter

Wie im Eingang von Abschnitt 4.2 erläutert, stellen geometrische Größen per Definition
keine freien Parameter zur Modellanpassung dar. Somit verbleiben neben den bereits dis-
kutierten Einflussgrößen nur die Materialkennwerte der verwendeten Werkstoffe. Darüber
hinaus sind die weiteren Koppelsteifigkeiten und deren Einfluss auf das Modellverhalten zu
diskutieren. Alle Variationen haben zum Ziel, eine beliebige Eigenkreisfrequenz des freien,
ungedämpften Systems zu verändern. Aus den erläuterten Zusammenhängen in Abschnitt
2.4 verbleibt dafür die Schwingungs-DGL

M ẍ + Kx = 0. (4.25)

Somit sind die resultierenden Eigenfrequenzen durch Massen- und Steifigkeitsverteilung


im System definiert. Daraus ist ersichtlich, dass für eine Modalanalyse nur Dichte und
E-Modul (zuzüglich Querkontraktionszahl und Schubmodul) der beteiligten Werkstoffe
erforderlich sind. Darüber hinaus handelt es sich bei den Komponenten der Läufer um
metallische Werkstoffe, so dass davon ausgegangen werden kann, dass deren Eigenschaften
isotrop sind und über einen weiten Temperatur- und Lastbereich konstant bleiben. Für die
Stahl- und Kupferwerkstoffe werden die Werte nach folgender Tabelle angesetzt.

Materialparameter E-Modul Querkontraktion Dichte


verwendet bei
(MPa) (-) (kg/m3 )

Stahl 200 000 0,30 7 850 Welle, Druckringe, Endbleche


Stahl (austenitisch) 205 000 0,30 7 950 Kappenringe
Sphäroguss 169 000 0,275 7 100 Druckringe, Anbauteile
Blechpaket* 210 000 0,30 7 650 Blechpaket
Kupfer 113 000 0,30 8 900 Stäbe, teilweise Kurzschlussringe
CuCrZr 112 000 0,30 8 900 Kurzschlussringe
*: Steifigkeitswerte gelten für die Blechebene. Siehe Kapitel 4.2.1 für weitere Details

Tabelle 4.4: Materialeigenschaften der Komponenten der Läufer

Die Eigenschaften von Stahl und Sphäroguss sind in der Literatur bekannt [23] [31] [51]
und weitgehend konstant, so dass hier keine Anpassungen stattfinden. Für die Dichte des
Blechpakets sind in einer Werknorm Werte von 7 650 bis 7 850 kg/m3 zu finden [21]. Der
endgültige Wert wird nach Auswertung der ersten Rechnungen festgelegt. Das transversal-
isotrope Materialverhalten wird aus Kapitel 4.2.1 übernommen. Eine Anpassung an höhere
Temperaturen findet nicht statt, da hierfür keine konkreten Werte vorhanden sind. Die Er-
gebnisse der thermischen Untersuchungen (siehe Abschnitt 6.5) und diverse Untersuchungen
76 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

bestätigen aber, dass die Temperatur Einfluss auf das Steifigkeits- und Relaxationsverhal-
ten von Blechpaketen hat [36] [44] [54]. Noch nicht berücksichtigt sind dabei Auswirkungen
unterschiedlicher thermischer Ausdehnungskoeffizienten, insbesondere zwischen Stäben und
Blechpaket, die zu weiteren Veränderungen des Systemverhaltens unter erhöhten Tempe-
raturen führen können. Für das Kupfer der Stäbe gilt stets die Annahme, dass es sich
im geglühten Zustand befindet. Das bedeutet, es wurde ein Temperaturbereich zwischen
250 ◦C und 500 ◦C erreicht und über einen gewissen Zeitraum gehalten. Diese Tempera-
tur wird beim Löten deutlich überschritten, daher kann von einem weichgeglühten Zustand
ausgegangen werden. Dies geht mit einem deutlichen Abfall der Dehngrenze einher [16] [49].
Um diesen Abfall möglichst gering zu halten, sind die Haltezeiten bei hohen Temperaturen
auf ein Minimum zu reduzieren. Gleiches gilt für die beim Kurzschlussring häufig verwen-
dete Kupferlegierung CuCrZr. Diese weist zwar ein günstiges Verhältnis von Entfestigung-
stemperatur zu verbleibender Dehngrenze auf [52], dennoch sind hier weitere Maßnahmen
erforderlich, um die Löttemperaturen und -zeiten zu reduzieren. Dies umfasst die Tempera-
turüberwachung während des Lötprozesses und die verwendeten Lotzusatzwerkstoffe. Der
in Tabelle 4.4 angegebene E-Modul der Kupferwerkstoffe liegt im geglühten Zustand etwa
20 % unter dem Wert kaltumgeformter Erzeugnisse [81]. Über das Verhalten des E-Moduls
geglühter Komponenten bei erhöhten Temperaturen ist nichts bekannt. Somit wird bei den
verwendeten Kupferwerkstoffen davon ausgegangen, dass sich die für das dynamische Ver-
halten relevanten Werkstoffeigenschaften im Betriebstemperaturbereich nicht nennenswert
ändern.
Neben den genannten Werkstoffparametern stehen diverse Kontaktparameter für die Mo-
dellanpassung zur Verfügung. Von den nach Tabelle 4.1 vorhandenen Kopplungen wurden
in Abschnitt 4.2.2 nur die Parameter der Verbindung Nummer 4 diskutiert und verän-
dert. Bei einer Betrachtung der weiteren Verbindungen sind vor allem die Kopplungen von
Welle und Endblechen mit dem Blechpaket interessant (Nummern 3 und 6 der Tabelle).
Frühere Untersuchungen des Sitzes des Blechpakets auf der Welle haben gezeigt, dass eine
feste Kopplung nicht der Realität entspricht [30]. Dies ist unter anderem der vereinfachten
Modellierung des Blechpakets als homogener Körper geschuldet. Deshalb wird die Kontakt-
steifigkeit über den vom Programm zur Verfügung gestellten Einflussfaktor modifiziert. Das
gleiche Vorgehen wird bei der Verbindung des Endblechs mit dem Blechpaket angewandt.
Herstellbedingt liegt das Endblech vor allem im radial äußeren Bereich am Blechpaket an.
Eine vollflächige Anlage ist nicht möglich, so dass ein fest verbundener Kontakt zu steif
erscheint. Bei den weiteren Kontakten ist eine Modifikation nicht sinnvoll.
4.3 Ergebnisse für Teilmodellierungen 77

4.3 Ergebnisse für Teilmodellierungen


Die mit Hilfe der vorgestellten Modellierungen ermittelten Simulationsergebnisse sind vor
ihrer weiteren Verwendung auf Plausibilität zu prüfen. Dies zielt weniger in Richtung der
konkreten Ergebnisse (beispielsweise Eigenfrequenzen) als in Richtung des prinzipiellen Mo-
dellverhaltens. Für diese Tests bieten sich Minimalmodelle an. Durch Beschränkung auf die
wesentlichen Effekte bieten sie eine schnelle und gut nachvollziehbare Möglichkeit, Modellie-
rungen zu verifizieren. Des Weiteren stehen aus den Messungen Ergebnisse zur Verifikation
der angesetzten Modellierungsstrategien zur Verfügung. Erst wenn sich die Methoden als
tauglich erwiesen haben, macht eine Parameterstudie am Komplettsystem Sinn.

4.3.1 Materialmodelle für das Blechpaket

Für die Modellierung des Blechpakets werden drei Modellierungsansätze verglichen. Grund-
lage stellt das von Obermayr entwickelte Materialmodell mit gekoppeltem radialen Schub-
modul dar [54]. Die zweite Modellierung beinhaltet die neue Formulierung mit freiem
Schubmodul, wie in Abschnitt 4.2.1 dargestellt. Allerdings ist die Besonderheit des FE-
Programms bezüglich Querkontraktionszahlen (siehe Fußnote 13 auf Seite 69) noch nicht
berücksichtigt. Dies erfolgt erst beim dritten, finalen Materialmodell. Im Folgenden wer-
den sowohl die statischen Verformungen, als auch das dynamische Verhalten einfacher
Minimalmodelle verglichen und untersucht. Das statische Verhalten wird an einem Wür-
felmodell untersucht. Dieses Würfelmodell ist auf einer Seitenfläche fixiert (in Abbildung
4.13 unten) und wird auf der gegenüberliegenden Seite mit einer Einheitslast in allen drei
translatorischen Raumrichtungen belastet. Die y-Achse weist den reduzierten E-Modul auf.
Die sich einstellenden Verformungen, insbesondere in den Querrichtungen, werden für die
Auswertung in Tabelle 4.5 herangezogen.

Abbildung 4.13: Minimalmodelle in Form von Würfel und Biegebalken zur Untersuchung des sta-
tischen und dynamischen Verhaltens verschiedener Blechpaketmaterialmodelle

Dabei zeigt sich, dass bei den Materialmodellen 1 und 3 nahezu identische Ergebnisse
erzielt werden. Da, soweit möglich, gleiche Parameter verwendet wurden, ist dies auch
nicht verwunderlich. Auffällig ist, dass bei Materialmodell 2 die Verformungen in den
beiden Querrichtungen nicht identisch sind. Hier tritt ein Unterschied von etwa 3 % auf.
Da der Würfel sehr regelmäßig vernetzt ist (sieben Hexaederelemente mit quadratischem
78 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

Ansatz über alle Kantenlängen), lassen sich die Unterschiede nur durch die gewählten
Modellierungsansätze des Materials erklären. Die ermittelte Unsymmetrie bestätigt somit
Fußnote 13 auf Seite 69.

Verformungen Materialmodell 1 Materialmodell 2 Materialmodell 3


Querrichtung (x) 0,066 mm 0,060 mm 0,062 mm
Querrichtung (z) 0,066 mm 0,059 mm 0,062 mm
Axiale Richtung (y) 0,013 mm 0,012 mm 0,013 mm

Tabelle 4.5: Verformungen des Minimalmodells bei Belastung mit Einheitslast in den einzelnen
Achsrichtungen bei Verwendung verschiedener Materialmodelle

Um dieses Verhalten zu verifizieren, wird das dynamische Verhalten der Materialmodelle


mittels eines einseitig eingespannten Biegebalkens getestet, welcher in Abbildung 4.13
rechts enthalten ist. Dieser ist auf der linken Seite fest eingespannt. Die y-Achse mit
reduziertem E-Modul entspricht der Längsachse des Balkens. In den Ergebnissen bestätigt
sich der beim Würfelmodell gefundene Effekt. Die Eigenfrequenzen in den orthogonalen
Richtungen unterscheiden sich bei den Biegeformen mit Materialmodell 2 minimal. Im Ge-
genzug verlaufen nur bei dieser Modellierung die Verformungen exakt in Achsrichtungen,
wie es aus der analytischen Betrachtung heraus zu erwarten ist. Bei den beiden anderen
Modellierungen tritt die Verformung leicht diagonal auf. Ursache dafür ist der Einfluss
unterschiedlicher Querkontraktionszahlen in xy- und yz-Ebene. Dass diese, wie für eine
exakte Betrachtung eines Biegebalkens erforderlich, gleichgesetzt werden, scheidet nach den
Formeln in Kapitel 4.2.1 aus. Da in der Arbeit kreisrunde Blechpakete betrachtet werden,
spielt dieser Einfluss ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Für die Glaubwürdigkeit eines
Rechenmodells ist eine exakte Übereinstimmung orthogonaler Eigenfrequenzen wichtiger.
Somit ist der mit Materialmodell 3 gewählte Ansatz für die Modellierung des Blechpakets
in seiner grundsätzlichen Anwendbarkeit verifiziert.

Material- Material- Material-


Eigenfrequenzen
modell 1 modell 2 modell 3

57,4 Hz 57,6 Hz 57,4 Hz


1. Biegung
57,4 Hz 57,7 Hz 57,4 Hz
351,0 Hz 353,4 Hz 352,2 Hz
2. Biegung
351,0 Hz 353,9 Hz 352,2 Hz
Torsionseigenform 811,4 Hz 917,7 Hz 917,5 Hz
Axialeigenform 892,3 Hz 894,3 Hz 892,3 Hz
947,5 Hz 958,0 Hz 954,4 Hz
3. Biegung
947,5 Hz 958,8 Hz 954,4 Hz
1 770,0 Hz 1 799,1 Hz 1 791,3 Hz
4. Biegung
1 770,0 Hz 1 799,2 Hz 1 791,3 Hz

Tabelle 4.6: Eigenfrequenzen des Minimalmodells (links) und Unterschiede in den Verformungen
bei 1. Biegeform bei unterschiedlichen Materialmodellen (rechts, überhöhte Darstel-
lung der Ansicht der xz-Ebene)
4.3 Ergebnisse für Teilmodellierungen 79

4.3.2 Kontakte zwischen Stäben und Blechpaket

Die Wirksamkeit des Kontaktsteifigkeitsfaktors zur Reduktion der Koppelsteifigkeit zwi-


schen Stab und Blechpaket konnte in Abschnitt 4.2.2 bereits gezeigt werden. Daneben
wurden weitere Variationsmöglichkeiten für eine realitätsnahe Abbildung der Verbindung
genannt. Dies umfasst insbesondere die radiale und axiale Unterteilung des Stabs in einzel-
ne Kontaktabschnitte mit eigenen Kontaktparametern, welche in diesem Abschnitt näher
untersucht werden sollen. Für die Anwendung des parabelförmigen Steifigkeitsabfalls der
Kontakte zum Ende des Blechpakets hin nach Abbildung 4.12 ist eine Unterteilung des
Stabs in axiale Abschnitte erforderlich. In jedem dieser Abschnitte wird ein Kontakt mit
dem berechneten Steifigkeitsfaktor definiert. Die Funktionsfähigkeit der geplanten Model-
lierung wird über eine einfache Simulation getestet. Das Rechenmodell ist in Abbildung
4.14 oben enthalten. Es umfasst einen in einer Nuthälfte gebetteten Stab mit einer Flächen-
last im Bereich der Kontakte zu deren gleichmäßigen Belastung aller Kontaktbereiche. Als
Ergebnis zeigt sich durch die größere Nachgiebigkeit am Ende des Blechpakets eine größere
Verformung, beziehungsweise ein stärkeres Einsinken des Stabs in die Nut. Die Verformung
entspricht dem erwarteten Verlauf der Kontaktsteifigkeiten. Die Biegesteifigkeit des Stabs
hat bei der Biegung um die im Läufer radial orientierte Achse nur einen untergeordneten
Einfluss.

Abbildung 4.14: Verformung eines Stabs (untere, überhöhte Darstellung in (mm)) unter Flächen-
pressung auf rot markierter Fläche in oberer Darstellung bei Kontaktmodellie-
rung nach Abschnitt 4.2.2

Die prinzipielle Funktionsweise der Kontaktformulierung ist somit bestätigt. Im Weiteren


werden die Einflüsse unterschiedlicher Kontaktformulierungen an den einzelnen Stabbe-
reichen untersucht. Dazu kommt das Modell nach Abbildung 4.10 zur Anwendung. Die
Untersuchungen des Einflusses der Eingangsparameter auf die charakteristischen Eigenfor-
men erfolgen mit Hilfe von Sensitivitätsanalysen15 . Durch die Aufteilung der Stabflanken in

15
Für Details zur Durchführung von Sensitivitätsanalysen und zur Ermittlung und Auswertung der darge-
stellten „CoP“-Matrizen sei auf Kapitel 5 verwiesen.
80 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

drei Flächen existieren insgesamt fünf verschiedene Kontaktbereiche: Ober- und Unterkante
des Stabs und oberer, mittlerer und unterer Bereich der Stabflanken. Diese werden jeweils
separat definiert. In allen Kontakten wird der Steifigkeitsfaktor ks zwischen 4 und 6 variiert.
Der Vorfaktor a ist für alle Kontakte gleich und wird zwischen 0,01 und 0,1 verändert (alle
Parameter nach Gleichung 4.24). In der Ausgangssituation sind alle Kontakte als feste
Verbindungen zwischen den Bauteilen definiert. Als Ergebnis der Sensitivitätsanalysen
enthalten die folgenden Matrizen den Einfluss der einzelnen Eingangsparameter auf die
Ergebnisse. Die Angabe erfolgt in Prozent, wobei ein hoher Wert einen großen Einfluss der
Größe auf das Ergebnis anzeigt15 .

Abbildung 4.15: Darstellung sogenannter Bestimmtheitsmaße für die Beeinflussung charakteris-


tischer Schwingformen durch die Modifikation des Vorfaktors und der Steifig-
keitsfaktoren von fünf Kontaktbereichen (Oben, Unten, Flanken Oben, Mitte
und Unten) mit festem Verbund

Bei fest verbundenen Kontakten an allen Stabflanken weist nur der Vorfaktor a einen
signifikanten Einfluss auf das Modellverhalten auf. Der Einfluss der weiteren Parameter
ist deutlich geringer, insbesondere der Einfluss der Kontakte an Ober- und Unterkante ist
vernachlässigbar. Zwischen den verschiedenen Flankenbereichen ergeben sich keine signifi-
kanten Unterschiede. Da die Unterschiede in den Einflussfaktoren zwischen den einzelnen
Ergebnisgrößen gering sind, kann das Ziel, die einzelnen Schwingformen unabhängig von-
einander anzupassen, mit dieser Modellierung nicht erreicht werden. Eine genauere Analyse
der Bewegungen der betrachteten Eigenformen in Abbildung 4.10 zeigt, dass es sich bei
der Torsionsschwingform um eine tangentiale Verformung der Stäbe handelt. Bei radialer
Schwingung und Ovalisieren werden die Stäbe dagegen überwiegend radial verformt. Dar-
aus ergibt sich die Konsequenz, diese Bewegungsrichtungen in den Kontaktformulierungen
zu entkoppeln. Dazu werden die Kontakte an den Stabflanken als reibungsfreie, nicht
abhebbare Kontakte definiert. Diese Kontakte weisen ein lineares Verhalten auf, wobei nur
die Normalenrichtung gekoppelt ist. Ober- und Unterkante des Stabs sind nach wie vor fest
mit der Blechpaketnut verbunden. Die Ergebnisse in Abbildung 4.16 zeigen, dass es mit
dieser Modellierung möglich ist, torsionale und radiale Schwingformen der Kurzschlussringe
teilweise unabhängig voneinander zu beeinflussen. Die Variation der Eigenfrequenzen wird
durch den Vorfaktor und den Kontakt an der Stabunterkante dominiert, der Kontakt an
der Staboberkante beeinflusst die Ergebnisse ebenfalls. Dagegen spielen die Kontakte an
4.3 Ergebnisse für Teilmodellierungen 81

den Stabflanken, unabhängig von der Schwingform, keine nennenswerte Rolle mehr. Dies
lässt den Schluss zu, dass die Steifigkeit der Kontakte an den Flanken in Normalenrichtung
nur einen untergeordneten Einfluss auf das Modellverhalten hat. Vielmehr scheint die
Steifigkeit in Querrichtung entscheidend zu sein.

Abbildung 4.16: Bestimmtheitsmaße für die Beeinflussung charakteristischer Schwingformen


durch die Modifikation des Vorfaktors und der Steifigkeitsfaktoren von fünf
Kontaktbereichen (Oben, Unten, Flanken Oben, Mitte und Unten) mit nicht
abhebendem Verbund an den Stabflanken

Zur Verifikation wird eine weitere Modellierungsvariante untersucht. Da bei den bisher
untersuchten Modellen keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Kontaktberei-
chen an den Stabflanken festgestellt werden konnten, werden die Kontakte an den Flanken
zusammengefasst und fest verbunden formuliert. An der Stabunterkante liegt ein reibungs-
freier, nicht abhebender Kontakt vor. Die Staboberkante ist, analog zum realen System,
frei von Kontakten. Die Ergebnisse des dadurch vereinfachten Modells sind in Abbildung
4.17 dargestellt.

Abbildung 4.17: Bestimmtheitsmaße für die Beeinflussung charakteristischer Schwingformen


durch die Modifikation des Vorfaktors und der Steifigkeitsfaktoren von zwei
Kontaktbereichen (Unten und Flanken) mit nicht abhebendem Verbund an der
Stabunterkante
82 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

Die Kontakte an den Stabflanken gewinnen durch den festen Verbund (und die damit vor-
handenen Steifigkeiten in den Querrichtungen) wieder an Bedeutung, wodurch sich die
gewonnenen Erkenntnisse bestätigen. Dem gegenüber verliert der Kontakt an der Sta-
bunterkante stark an Bedeutung, so dass eine getrennte Beeinflussung der verschiedenen
Schwingformen nicht mehr möglich ist. Die in Abbildung 4.17 angewandte Modellierung
wird an einem vollständigen Rotormodell der Bauform 1 getestet. Gleichzeitig wird ein
Modell mit inverser Kontaktformulierung mit fest verbundenem Kontakt an der Stabunter-
kante und reibungsfreiem, nicht abhebendem Kontakt an den Stabflanken untersucht. Als
Ergebnis bestätigen sich die gefundenen Erkenntnisse zur Beeinflussung der unterschiedli-
chen Schwingformen. Jedoch liegen bei reibungsfreiem, nicht abhebendem Kontakt an den
Stabflanken die mittleren Eigenfrequenzen relevanter Eigenformen um 25 % bis 40 % un-
ter den in den Messungen ermittelten Werten. Bei Verwendung eines festen Verbunds an
den Stabflanken liegen die Ergebnisse hingegen in der Größenordnung der Messwerte. Somit
reagiert ein Modell mit vereinfachter Kontaktformulierung in Anlehnung an Abbildung 4.16
deutlich zu weich. Als Konsequenz verbleibt für die Gesamtmodelle eine Formulierung nach
Abbildung 4.17. Da hier wiederum der Einfluss des Kontakts an der Stabunterkante gering
ist, bietet eine vereinfachte Formulierung mit rundum fest verbundenem Kontakt Vorteile
in der Handhabung der Modelle und wird für den Aufbau der Gesamtmodelle angewandt.
Bei den bisherigen Untersuchungen wird die Stabbettung qualitativ betrachtet und be-
wertet. Für eine quantitative Bewertung der Kontaktmodellierung stehen aus Abschnitt
3.5.2 Versuchsergebnisse zur Verfügung. Diese sind an verstemmten, aber nicht mit
Kurzschlussringen verlöteten Stäben durchgeführt worden. Analog zur Messung wird ein
Geometriemodell des Blechpakets mit Stäben aufgebaut. Ausgangslage ist ein fest verbun-
dener Kontakt ohne weitere Modifikationen. Dieser weist einen programmintern ermittelten
Steifigkeitsfaktor ks von etwa 5,2 auf. Als Ergebnis werden deutlich zu hohe Eigenfrequen-
zen ermittelt. Diese liegen über 60 % über den gemessenen Werten und werden durch den
rechten vertikalen Balken in Abbildung 4.18 dargestellt.

Abbildung 4.18: Variationsbereich der tangentialen Eigenfrequenz des Stabs durch Veränderung
der Kontaktformulierung und der Kontaktparameter
4.3 Ergebnisse für Teilmodellierungen 83

Mit Einführung des Kontaktsteifigkeitsfaktors und einem parabelförmigen Steifigkeitsaus-


lauf der fest verbundenen Kontakte am Blechpaketende reduzieren sich die Eigenfrequenzen
deutlich. Mit einem Steifigkeitsfaktor von 3,5 und einem Vorfaktor von 0,01 - also einem
gegenüber der Standardformulierung deutlich weicheren Kontakt - werden die gemessenen
Eigenfrequenzen in tangentialer Richtung erreicht. In Abbildung 4.18 ist der Bereich der
ursprünglichen und der an die Messung angepassten Eigenfrequenzen markiert. Die radialen
Schwingungen der Stäbe sind in Messung und Rechnung schwieriger zu identifizieren, da
sich mehrere Eigenformen der Stabenden überlagern. Es kann dennoch festgestellt werden,
dass die berechneten Eigenfrequenzen mit den ermittelten Kontaktparametern etwa 15 %
unter den gemessenen Werten liegen. Das Modell ist in dieser Richtung also bereits zu weich.
Mit einem Steifigkeitsfaktor von 4,0 bis 4,5 wäre die Übereinstimmung besser, dies geht auf
Kosten der Übereinstimmungsqualität bei tangentialen Schwingformen. Somit wären noch
weitere Modelleinflussgrößen und deren Auswirkung auf die Ergebnisse zu betrachten. Ziel
dieser Untersuchung ist aber eine Verifikation des Wertebereichs der Kontaktparameter vor
deren weiterer Verwendung. Die genaue Abstimmung eines Rechenmodells stand nicht im
Vordergrund. Dazu ist anzumerken, dass die Versuche an einem einfach verstemmten Läu-
fer vor dem Löten durchgeführt wurden. Im gelöteten und mehrfach verstemmten, finalen
Zustand der Läufer ist von einer steiferen Verbindung auszugehen. Es konnte damit gezeigt
werden, dass eine Modifikation der Kontakte für eine Modellanpassung zwingend erforder-
lich ist. Dafür wurden Parameter und Kontaktformulierungen definiert und bewertet, mit
denen es möglich ist, reale Verhältnisse nachzubilden.
84 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

4.4 Simulationsergebnisse für die Läufer


Mit den im letzten Abschnitt verifizierten Modellierungsstrategien werden Gesamtmodel-
le der Läufer aufgebaut, parametriert und berechnet. Die Grundlagen der rechnerischen
Modalanalyse sind in Abschnitt 2 beschrieben. Für jeden Läufer werden bis zu 70 Moden
berechnet16 . Diese decken einen Frequenzbereich bis über 3 000 Hz ab. Damit sind die wich-
tigsten Formen aus den Messungen auch in den Rechnungen vorhanden. Als Solver dient ein
„Subspace“-Solver. Dieser stellt, im Vergleich mit anderen, meist direkten Solvern, ein Op-
timum hinsichtlich Rechenzeit dar. Möglich wird dies durch verbesserte Abläufe bei Lösung
des Gleichungssystems auf mehreren Rechenkernen und dem Entfall der Kontrolle der Er-
gebnisse auf Vollständigkeit17 [4]. Insbesondere diese fehlende Kontrolle kann problematisch
sein, da einzelne Eigenmoden im Frequenzbereich so unter Umständen nicht berechnet wer-
den. Zur Kontrolle wird der Solver im Rahmen einer Studie untersucht. Dabei konnten bei
den vorliegenden Modellen keine Beeinträchtigungen bei der Ergebnisqualität festgestellt
werden. Gleichzeitig sind die Rechenzeiten um etwa den Faktor zwei geringer, als bei einem
direkten Solver. Dies ist insbesondere für die folgenden Parametervariationen relevant.
Bei der Auswertung der Eigenmoden wird, wie auch bei der Messung, zwischen verschie-
denen Gruppen von Schwingformen unterschieden. In Tabelle 3.1 auf Seite 44 sind die
Formen detailliert beschrieben. In der Untersuchung am wichtigsten sind die torsionalen
Schwingformen. Hier führen die Kurzschlussringe und das Blechpaket Drehbewegungen
um die Rotorlängsachse aus. Solche Formen können im rotierenden Antriebsstrang leicht
angeregt werden. Sie treten auch im FE-Modell deutlich hervor und werden zuverlässig
ermittelt. Folgende Abbildung zeigt die erste bis vierte Torsionsschwingung des Rotors.
Die Verformungen sind FE-typisch überhöht dargestellt.

Abbildung 4.19: 1. bis 4. torsionale Schwingform des Läufers (überhöhte Darstellung der Verfor-
mungen)

In die Gruppe der Biege- und Axialschwingformen fallen radiale Bewegungen der Kurz-
schlussringe bezüglich des Blechpakets. Da diese Formen mit Bewegungen des Blechpakets
und der Wellenenden überlagert sein können, ist eine eindeutige Zuordnung und Trennung
der einzelnen Formen teilweise schwierig. Bei der hier vorgestellten Läuferbauform über-
lagern sich zudem Biegeschwingungen der Wellenkupplung. Die Axialschwingformen sind
eindeutiger identifizierbar, auch wenn diese für das Systemverhalten nur eine untergeord-
nete Rolle spielen. Da der rotationssymmetrische Läufer in den Querrichtungen bezüglich
der Steifigkeitsverteilung keine Vorzugsrichtungen besitzt, treten die Schwingungen immer

16
Starrkörpermoden werden nicht betrachtet und sind über die Definition der unteren Grenzfrequenz aus
den Berechnungen ausgeschlossen.
17
Es entfällt standardmäßig die Auswertung der „Sturm´schen Reihe“, mit der die ermittelten Eigenwerte
unterhalb der vorgegebenen Grenzfrequenz auf Vollständigkeit geprüft werden [4].
4.4 Simulationsergebnisse für die Läufer 85

doppelt und um 90◦ über dem Umfang gedreht auf. Dieses Verhalten wird im Weiteren als
orthogonal auftretende Eigenformen bezeichnet.

Abbildung 4.20: Biegeschwingformen (oben) und Axialschwingformen (unten, jeweils Auszug, alle
Verformungen überhöht dargestellt)

Eine weitere wichtige Gruppe der Schwingformen stellen die Eigenformen der Kurz-
schlussringe dar. Sie umfassen Schwingungen in den Ringebenen, wobei die Zahl der
Schwingungsknoten mit steigender Ordnungszahl zunimmt. Auch diese Formen treten im
FE-Modell orthogonal auf. Eine Ausnahme sind radiale Stülpbewegungen der Kurzschluss-
ringe. Allen Formen gemeinsam ist, dass die Bewegungen der beiden Kurzschlussringe
einmal in gleicher Richtung und einmal orthogonal zueinander erfolgen. Dieses Verhalten
wird auch in den Messungen festgestellt und nachfolgend als gleich- und gegenphasige
Schwingung bezeichnet. Die gegenphasigen Formen weisen häufig eine starke Ähnlichkeit
mit axialen Schwingformen auf, was eine Unterscheidung schwierig machen kann.

Abbildung 4.21: Wichtige Schwingformen der Kurzschlussringe (überhöhte Darstellung der Ver-
formungen)
86 Kapitel 4 SIMULATION DES DYNAMISCHEN VERHALTENS

Schließlich treten Eigenformen spezieller Anbauteile auf. Dies umfasst beim hier untersuch-
ten Läufertyp insbesondere die Wellenkupplung. Beispiele für Biege- und Torsionseigenfor-
men sind in Abbildung 4.22 enthalten. Bei Bauform 3 fallen Schwingungen der zusätzlichen
Ringe, wie in Abbildung 4.23 links dargestellt, in diese Gruppe. Obwohl es sich nicht um
Anbauteile handelt, fallen auch die Schwingungen langer, schlanker Wellenenden, wie sie
bei den Bauformen 2 und 3 auftreten, in diese Gruppe. Eine Biegeeigenform der Welle von
Bauform 2 ist in Abbildung 4.23 rechts enthalten. Nachdem das dynamische Verhalten
dieser Eigenformen in der Regel nur von den Materialeigenschaften der Anbauteile abhän-
gig ist, werden diese Formen nur betrachtet, wenn sie auch in den Messungen deutlich
hervortreten. Sie spielen auch dann nur eine untergeordnete Rolle.

Abbildung 4.22: Biege- und Torsionseigenform der Kupplung von Bauform 1 (überhöhte Darstel-
lung der Verformungen)

Abbildung 4.23: Biegung von Anbauteilen und Wellenende am Beispiel der Bauformen 2 (rechts)
und 3 (links) (überhöhte Darstellung der Verformungen)
Kapitel 5

Sensitivitätsanalyse und
Parameteroptimierung
Für die Anpassung der Ergebnisse der Rechenmodelle an die Versuchsergebnisse stehen aus
den Betrachtungen im letzten Kapitel diverse Modellierungsparameter zur Verfügung. In
einem ersten Schritt ist zu analysieren, wie die einzelnen Parameter das Systemverhalten
beeinflussen. Dies erfolgt im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse. Die sich ergebenden Ab-
hängigkeiten werden bewertet und in ein mathematisch leichter beschreibbares Metamodell
überführt. Damit ist es möglich, eine Vielzahl von Eingangsparametersätzen schnell auf
ihre Eignung hinsichtlich eines zu definierenden Optimierungskriteriums zu überprüfen.
Bedingung für eine erfolgreiche Parameteroptimierung ist, dass die für das Systemverhalten
entscheidenden Parameter bei der Optimierung berücksichtigt sind. Dazu finden nach je-
dem Schritt eine Ergebniskontrolle und gegebenenfalls eine Anpassung der Eingangsdaten,
wie in folgendem Ablaufdiagramm angedeutet, statt. Ziel ist ein Parametersatz, bei dem
die Simulationsergebnisse möglichst geringe Abweichungen zu den Versuchsergebnissen
aufweisen.

Abbildung 5.1: Ablauf einer Sensitivitätsanalyse mit anschließender Optimierung auf Basis eines
Metamodells und mit Kontrolle der jeweiligen Zwischenergebnisse

5.1 Methodik zur Ermittlung von Abhängigkeiten


Für die Durchführung einer wie auch immer gearteten Optimierungsaufgabe ist es hilf-
reich, vorher das Systemverhalten zu untersuchen. Im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse
werden die Stellgrößen für die Systemanpassung ermittelt. Dazu wird die Reaktion auf
eine Veränderung aller Eingangsparameter untersucht. Die Sensitivitätsanalyse eines ma-
thematischen (FE-)Modells entspricht der eines realen Systems, bei dem das Vorgehen eher
als Versuchsplanung bekannt ist. Im Kern sind die Verfahren aber identisch, so dass für
88 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

die Sensitivitätsanalyse direkt auf die für Versuche entwickelten Methoden zurückgegriffen
werden kann. Die Begriffe „Versuch“ und „Simulationsrechnung“ sind deshalb nachfolgend
gleichwertig zu verstehen.

5.1.1 Klassische Versuchsplanung

Bei Systemen mit wenigen Eingangsparametern18 und wenigen Ergebnisgrößen kann nach
den Methoden einer klassischen Versuchsplanung vorgegangen werden. Dabei werden die
Faktoren einzeln und stufenweise verändert und die Auswirkungen auf die Ausgangsgrößen
betrachtet. Diese Vorgehensweise ist in der Literatur auch als „one factor at a time“ bekannt
[40]. Aus den Ergebnissen ergeben sich direkt die Zusammenhänge zwischen Ein- und Aus-
gangsgrößen. Dieses Verfahren bietet sich nur bei einfachen Systemen an. Zusätzlich darf
keine gegenseitige Beeinflussung der Faktoren zu erwarten sein. Diese wären bei einzelner
Veränderung der Faktoren unter Umständen nicht erkennbar oder würden zu inkonsisten-
tem Systemverhalten führen, da die Rückwirkungen in der Auswertung nicht berücksichtigt
sind. Ein weiterer Nachteil ist die hohe Zahl an erforderlichen Einzelversuchen nv . Liegen
nf Faktoren in jeweils ns Stufen vor, sind bei einem vollfaktoriellen Versuchsplan

nv = nsnf (5.1)

Versuche (auch „Varianten“ oder „Designs“ genannt) erforderlich. Das bedeutet, bei zwei
Faktoren in jeweils drei Stufen, beispielsweise „klein“, „mittel“, „groß“, ergeben sich bereits

nv = 32 = 9 (5.2)

erforderliche Durchläufe. Es ist erkennbar, dass nv sehr schnell hohe Werte annimmt.

X2 X2

X1 X1
Abbildung 5.2: Versuchsplanung bei zwei Faktoren und einem vollfaktoriellen Versuchsplan mit
jeweils 3 Stufen (links) und 9 Stufen je Faktor (rechts)
18
In der Versuchsplanung wird hier von Faktoren gesprochen. Die beiden Begriffe werden im Weiteren
synonym verwendet.
5.1 Methodik zur Ermittlung von Abhängigkeiten 89

Als Beispiel wird ein System mit zwei Faktoren X1 und X2 betrachtet, bei dem die Stu-
fenzahlen der Faktoren variieren. Für das Finden erster Zusammenhänge ist eine grobe
Abtastung des Parameterraums mit wenigen Versuchen ausreichend. Bei drei Stufen der
beiden Faktoren ergeben sich, wie bereits gezeigt, neun erforderliche Versuchsdurchläufe.
Diesen Zustand zeigt Abbildung 5.2 links. Die Versuche sind als Punkte in der Matrix ge-
kennzeichnet. Für eine detailliertere Analyse, und um auch nichtlineare Zusammenhänge
erkennen zu können, sind deutlich mehr Stufen erforderlich. Wird eine Stufenzahl von neun
angenommen, erhöht sich die Anzahl der erforderlichen Versuche nv bereits auf

nv = 92 = 81. (5.3)

Dieses System ist im rechten Teil von Abbildung 5.2 dargestellt. Es zeigt sich, dass diese
Vorgehensweise mit steigender Faktoren- und Stufenzahl schnell ungeeignet wird, da ei-
nige Hundert Durchläufe erforderlich wären. Zur Reduktion des Versuchsaufwands haben
sich im Laufe der Zeit viele sogenannte „teilfaktorielle“ oder „Screening“-Versuchspläne
etabliert. Bekannte Vertreter sind beispielsweise Plackett-Burmann oder Box-Behnken, bei
denen mittels verschiedener Methoden die Zahl an erforderlichen Versuchen reduziert wird.
Nachteilig an allen Verfahren ist, dass die Durchführung eng an das jeweils zu Grunde
liegende Schema gebunden ist. Zudem werden zwischen den Faktorstufen nur lineare Zu-
sammenhänge berücksichtigt [38]. Dies hat zur Folge, dass die Methoden der klassischen
Versuchsplanung für viele Systeme nicht geeignet sind oder eine zu starke Einschränkung
darstellen.

5.1.2 Methoden des „Design of Experiments“

Als Konsequenz aus den beschriebenen Problemen haben sich im Laufe der Jahre viele
weitergehende Algorithmen zur Wahl der Faktorstufen etabliert. Diese lassen sich unter
dem Stichwort „Design of Experiments“ („DoE“) zusammenfassen. Aufgrund der großen
Zahl an Verfahren kann hier nur ein kurzer Überblick gegeben werden. Für Details sei auf
die entsprechende Literatur verwiesen [32] [38] [40] [66]. Die Wurzeln der Verfahren liegen
häufig in der Analyse von Fertigungseinflüssen, da damit eine differenziertere Betrachtung
von Einflüssen und Trendentwicklungen möglich ist als bei einer klassischen Gut-Schlecht-
Prüfung. Bekannt sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Methodiken von Taguchi
und Shainin [38]. Bei den zugehörigen Versuchsplänen wird häufig nur ein Teil des Para-
meterraums abgeprüft. Die Ergebnisse können unter gewissen Voraussetzungen auf das
Gesamtmodell skaliert werden. Bekannt sind insbesondere D-optimale Versuchspläne und
Abwandlungen davon. Weiterentwicklungen dieser Methoden gehen dazu über, die Faktor-
stufen nicht fest, sondern nach statistischen Gesichtspunkten zu wählen. Prominentester
Vertreter dieser Art der Versuchsplanung ist die Monte-Carlo-Simulation. Die Faktorstu-
fen sind hier zufallsverteilt. Die Werte bewegen sich innerhalb der definierten unteren und
oberen Grenze und werden unabhängig vom Gesamtsystem für jeden Faktor einzeln fest-
gelegt. Methodisch bedingt können dadurch ungleichmäßige Verteilungen der Werte für die
Faktoren auftreten. Dies zeigt sich einerseits in Lücken im Parameterraum, andererseits in
Anhäufungen von Werten. Abbildung 5.3 enthält auf der linken Seite einen schematischen
Monte-Carlo-Versuchsplan, der die genannten Probleme zeigt. Zusätzlich gibt es bei diesem
90 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

Verfahren Probleme, wenn Abhängigkeiten der Faktoren untereinander vorliegen, da die


Ergebnisse dann nicht mehr eindeutig den Eingangsparametern zugeordnet werden kön-
nen [32]. Aufgrund ihrer Robustheit finden Monte-Carlo-Versuchspläne dennoch eine breite
Anwendung in der Praxis19 .
Das in der Literatur als „Latin-Hypercube-Sampling“ („LHS“) bekannte Verfahren wurde
von Dynardo für die Software „optiSLang“20 weiterentwickelt und ist hier als „Advanced
Latin-Hypercube-Sampling“ („ALHS“) implementiert [47]. Es ist gegenüber dem Monte-
Carlo-Versuchsplan besser für kleine Faktorzahlen geeignet und verfügt des Weiteren über
den Vorteil, dass die Stufen gleichmäßiger verteilt sind, so dass es zu keinen Lücken oder
Anhäufungen der betrachteten Designs kommt. Die Verteilung erfolgt durch Aufteilung in
Zellen gleicher Wahrscheinlichkeit. Gleichzeitig wird die Zahl an erforderlichen Durchläufen
so weit reduziert, dass jede Zelle eines Faktors nur noch einmal belegt wird und dies stets
in Kombination mit allen anderen Faktoren erfolgt. Dies hat nach statistisch abgesicherten
Vorgehensweisen zu erfolgen. Nur so ist es möglich, die Ergebnisgrößen so auszuwerten,
dass die Einflüsse wieder den einzelnen Faktoren zugeordnet werden können [32] [47]. In
Abbildung 5.3 ist der ALHS-Versuchsplan (rechts) einem Monte-Carlo-Versuchsplan (links)
gegenübergestellt.

X2 X2

X1 X1
Abbildung 5.3: Versuchsplanung bei zwei Faktoren und einem Monte-Carlo-Versuchsplan (links)
und Advanced Latin-Hypercube-Sampling (rechts). Trotz 9 untersuchter Designs
bei beiden Plänen, weisen die Ergebnisse des mittels ALHS erstellten Versuchs-
plans eine wesentlich bessere Prognosequalität auf [32].
Der Umfang ist gegenüber einem vollfaktoriellen Versuchsplan, wie in Abbildung 5.2 rechts
abgebildet, bei beiden Verfahren deutlich reduziert. Beide Versuchspläne verfügen, trotz
neun Zellen je Faktor, nur über neun durchzuführende Versuche. Trotzdem ist das Test-
feld bei dem Versuchsplan nach ALHS besser und gleichmäßiger abgedeckt, als bei einem
Monte-Carlo-Versuchsplan. Dies ist unter anderem der Grund, warum nach Harzheim [32]
bei einem Monte-Carlo-Versuchsplan ein um etwa den Faktor 12 größerer Stichprobenum-
fang, als bei ALHS erforderlich ist. ALHS stellt somit ein sehr gutes Optimum bezüglich

19
Die Robustheit der Methodik für vielfältige Anwendungen zeigt sich in Artikeln wie „’A Ballistic Monte-
Carlo Approximation of π“ [20].
20
Die Schreibweise des Programmnamens wurde vom Hersteller gewählt und wird in der Arbeit unverändert
übernommen.
5.1 Methodik zur Ermittlung von Abhängigkeiten 91

Ergebnisqualität und Zeitaufwand dar und ist gleichzeitig robust und für nichtlineare Zu-
sammenhänge geeignet.
Durch die statistisch gesteuerte Parametrierung der Faktoren entfällt bei den weiterent-
wickelten DoE-Verfahren das strenge Schema der Stufen. Vielmehr werden die Zellen so
gewählt, dass die Werte kontinuierlich variiert werden, so dass sich auch kontinuierliche
Verläufe in den Ergebnisgrößen ergeben. Zur Veranschaulichung sei ein Beispiel aus der
optiSLang-Dokumentation angeführt [47]. Darin werden fünf Faktoren eines Systems voll-
faktoriell in drei Stufen je Faktor variiert. Nach Gleichung 5.1 resultiert dies in

nv = nns f = 35 = 243 (5.4)

Durchläufen. Wird die Ausgangsgröße Y über dem Faktor X aufgetragen, ergibt sich
eine Verteilung nach Abbildung 5.4 links. Die Ergebnisse konzentrieren sich auf die drei
gewählten Stufen für den Faktor. Als Vergleich wird eine Parametervariation mittels
ALHS mit 100 Durchläufen durchgeführt. Die Ergebnisse ändern sich zur Darstellung in
Abbildung 5.4 rechts. Es ist deutlich sichtbar, dass bei der Sensitivitätsanalyse nach dem
ALHS-Versuchsplan die nichtlinearen Zusammenhänge zwischen X und Y deutlich besser
aufgelöst werden, als beim vollfaktoriellen Versuchsplan. Für das Systemverständnis und
die damit verbundenen, weiteren Analysen ein sehr großer Vorteil. Die höhere Ergebnisqua-
lität wird sogar mit einer deutlich reduzierten Versuchszahl erreicht. Bei einer numerischen
Simulation würde sich die erforderliche Rechenzeit in diesem Beispiel um den Faktor 2,4
reduzieren.

Abbildung 5.4: ALHS-Versuchsplan mit 100 Designs (rechts) gegenüber einem vollfaktoriellen
Versuchsplan mit drei Stufen und 243 Designs (links) (nach [47])
92 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

5.2 Identifikation relevanter Parameter des FE-Modells


Bei einer Sensitivitätsanalyse mittels ALHS werden die Faktorstufen anhand der beschrie-
benen statistischen Kriterien gewählt. Davon hängt im Weiteren auch die Auswertung der
Ergebnisse ab. Die Algorithmen dafür sind umfangreich und per Hand nicht mehr sinn-
voll anwendbar. Aus diesem Grund wird ein kommerzielles Programm dafür eingesetzt. Die
Software „optiSLang inside Workbench“ der Firma Dynardo wird in den Versionen 4.1.0
bis 4.2.2 verwendet und übernimmt die Datenverarbeitung für die Sensitivitätsanalyse und
stellt Werkzeuge zur Optimierung der Modellparameter zur Verfügung. Das Programm ist
direkt an das FE-System angebunden. Für die Durchführung von Sensitivitätsanalysen an
FE-Modellen sind entsprechende Schnittstellen zu definieren. Dies umfasst die Eingangsgrö-
ßen und die daraus berechneten Ergebnisse. Die Möglichkeit der Schnittstellenkopplung ist
programmseitig gegeben und vollständig in die Benutzeroberfläche von optiSLang integriert.
Es verbleibt für den Anwender die Definition der Ein- und Ausgangsgrößen. Allerdings hän-
gen die Qualität der Sensitivitätsanalyse und deren Ergebnisse stark von der Wahl der Ein-
und Ausgangsgrößen ab, so dass darauf ein besonderer Fokus liegt.

5.2.1 Eingangsdaten

Für die Berechnung kommt das in Kapitel 4 vorgestellte Modell zur Anwendung. Prin-
zipiell stehen alle Modellierungsgrößen als Eingangsdaten für die Sensitivitätsanalyse zur
Verfügung. Gemäß der getroffenen Vorgabe, geometrische Abmessungen nicht zu verändern,
verbleiben Material- und Kontakteigenschaften. Deren Standardwerte wurden in Kapitel 4
bereits vorgestellt und diskutiert. Der Variationsbereich für die Sensitivitätsanalyse wird für
jeden Faktor anhand von Erfahrungswerten gewählt und über oberen und unteren Grenz-
wert definiert. Folgende Tabelle enthält die Eingangsparameter Xi und deren Wertebereiche
für die Sensitivitätsanalysen.

Lfd.- Eingangs- Kurz- Variationsbereich


Standardwert Einheit
Nr. parameter form untere Grenze obere Grenze

1 E-Modul Stahl ESt 200 000 180 000 220 000 MPa
2 E-Modul Kupfer ECu 113 000 100 000 125 000 MPa
3 E-Modul CuCrZr ECC 112 000 100 000 125 000 MPa
4 Axialmodul BP EBP 4 000 3 000 5 000 MPa
5 Schubmodul BP GBP 5 000 4 000 5 500 MPa
6 Dichte Stahl DSt 7 850 6 500 8 500 kg/m3
7 Dichte Kupfer DCu 8 900 7 500 9 500 kg/m3
8 Dichte CuCrZr DCC 8 900 7 500 9 500 kg/m3
9 Dichte BP DBP 7 850 7 000 9 000 kg/m3
10 Kopplung Stab-BP kS 4,5 4,0 5,0 −
11 Reduktionsfaktor a 0,010 0,002 0,015 −
12 Kopplung Welle-BP kW 0,10 0,05 0,20 −
13 Kopplung DR-EB kDR 0,10 0,05 0,20 −

Tabelle 5.1: Relevante Eingangsparameter, Kurzbezeichnungen und Variationsbereiche der Werte


5.2 Identifikation relevanter Parameter des FE-Modells 93

Wichtigste Größen sind Dichte und E-Modul aller beteiligten Werkstoffe. Beim Blechpa-
ketmaterialmodell werden der axiale E-Modul und der Schubmodul in Querrichtung verän-
dert (siehe Abschnitt 4.2.1 für weitere Details). Die Querkontraktionszahlen werden nicht
verändert. Weiterhin werden die Parameter diverser Kontaktmodellierungen variiert. Dies
umfasst neben den Kontakten zwischen Welle und Blechpaket und Druckringen und End-
blechen vor allem die Verbindung zwischen dem Blechpaket und den Kupferstäben. Hier
wird der in Abschnitt 4.2.2 vorgestellte Parabelkontakt angewandt. In Summe ergeben sich
13 veränderbare Faktoren für die Sensitivitätsanalysen. Für die Auswertung sind dominante
Einflussgrößen kritisch, da sich durch deren Variation die Ergebnisgrößen sehr stark ändern.
Effekte aus anderen Eingangsgrößen mit geringen Auswirkungen auf die Ergebnisse können
so nur schwer erkannt werden oder liegen unterhalb der für die Erkennung notwendigen To-
leranz. Ziel ist, die Faktoren so zu verändern, dass alle vorhandenen Auswirkungen auf die
Ergebnisgrößen erkannt werden können. Bei der Suche nach geeigneten Parameterräumen
handelt es sich - wie Abbildung 5.1 zeigt - ohnehin um einen iterativen Prozess. Im Laufe
dieses Prozesses fallen auch Faktoren weg, deren Einfluss auf die Ergebnisse sehr gering ist.
Andere Parameter werden bei der anschließenden Optimierung wieder auf konstante Werte
gesetzt, falls dies sinnvoll erscheint.
Die Zahl der zu berechnenden Designs wird vom Nutzer vorgegeben. Konkrete Empfeh-
lungen für die nötige Zahl an zu betrachtenden Parametersätzen sind schwierig, da sie
vom betrachteten System abhängig sind. Anhand diverser Kriterien kann jedoch abgeleitet
werden, ob die untersuchten Parametersätze stochastisch gut verteilt sind. Diese Prüfung
erfolgt in Abschnitt 5.2.3. Neben diesen methodischen Kriterien gibt es beim hier unter-
suchten System auch praktische Grenzen. Die Rechenzeit des FE-Modells schwankt, je nach
Rechnerausstattung, zwischen einer (neuer Rechner) und fünf Stunden (älterer Rechner)21 .
Dies führt bei den hier durchgeführten 100 Rechnungen bereits zu Gesamtrechenzeiten von
100 bis 500 Stunden (entspricht gut vier, beziehungsweise knapp 21 Tagen).

5.2.2 Auswertung der Simulationsrechnungen

Das Aufsetzen einer Sensitivitätsanalyse ist mit den zur Verfügung stehenden Werkzeugen
von optiSLang automatisiert möglich. Auch die Faktoren und deren Variationsbereich sind
weitgehend bekannt, oder werden iterativ gefunden. Die Schwierigkeit liegt in der Defini-
tion geeigneter Ausgangsgrößen des FE-Modells. Die Ausgangsgrößen müssen auch ohne
das zugehörige FE-Modell und ohne eine grafische Darstellung der Ergebnisse eine gute
Aussagekraft über das Modell aufweisen. Bei der Auswertung von Modalanalysen bieten
sich deshalb die ermittelten Eigenfrequenzen als Ausgangsgrößen an, wenn die zugehörigen
Eigenformen bekannt sind. Leider werden die Eigenmoden vom FE-Programm aufsteigend
nach ihrer Eigenfrequenz sortiert. Die Eigenform bleibt unberücksichtigt. Bei Veränderung
der Faktoren kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass diese Sortierung gleich
bleibt. Es muss also sichergestellt sein, dass immer die gleiche Schwingform ausgewertet
wird. Das sogenannte „Mode-Tracking“ ordnet die Eigenmoden des Variantenmodells in
eine bekannte Reihenfolge. Dadurch können die einzelnen Schwingformen zuverlässig aus-

21
Die hier als „älterer Rechner“ bezeichnete Workstation ist mit 12 Rechenkernen, 48 GB Arbeitsspeicher
und SSD-Festplatten ausgestattet. Der neuere Rechner ist mit 32 Rechenkernen, 256 GB Arbeitsspeicher
und ebenfalls mit SSD-Festplatten ausgestattet.
94 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

gewählt und ausgewertet werden. Voraussetzung ist ein Referenzmodell mit bekannter Sor-
tierung der Moden als Basis. Hierfür kommen ein zweites FE-Modell oder eine ausgewertete,
im FE-System vorliegende Messung in Frage. Mit Hilfe des in Kapitel 3 vorgestellten MAC-
Kriteriums wird die MAC-Matrix zwischen beiden Modellen ermittelt. Über eine Auswahl
der Moden mit idealer Übereinstimmung werden die Moden des Variantenmodells zugeord-
net. Details und Umsetzung der erforderlichen Schritte sind im Folgenden erläutert.

Einbinden eines Referenzmodells

Nachdem der Abgleich mit Messungen angestrebt ist, werden sie als Referenz verwendet.
Für die Einbindung einer Messung und deren Ergebnisse in das FE-System wird aus den
Koordinaten der Messpunkte im Versuch und dem daraus aufgebauten Gittermodell ein
Balkenmodell im FE-Programm erstellt. Die Netzknoten an den Endpunkten der Balken
entsprechen den Messpunkten und sind geometrisch deckungsgleich mit dem FE-Modell.
Die Balken sind jeweils mit einem Element vernetzt und entsprechen den Verbindungslinien
der Messpunkte, wie sie in Abbildung 3.9 auf Seite 36 dargestellt sind. Das FE-Modell für
die Visualisierung der gemessenen Eigenformen zeigt Abbildung 5.5.

Abbildung 5.5: FE-Balkenmodell des Läufers für die Einbindung der Messergebnisse in die Rech-
nung in Anlehnung an das Messgitter nach Abbildung 3.9 (siehe Seite 36)

Als Referenz wird die Messung an Läufer 7 aus Abschnitt 3.4.3 übernommen. Sie diente
auch dort als Grundlage für die Auswertungen und enthält 28 relevante Moden22 . Jeder
ist durch charakteristische Verschiebungen der Messpunkte zueinander geprägt. Diese Ver-
schiebungen werden dem Balken-Rechenmodell in einer harmonischen Anregungsrechnung
aufgeprägt. Zusätzlich werden die Frequenzinformationen mit übertragen, so dass die einzel-
nen Ergebnissätze der Rechnung die Ergebnisse aus den Versuchsauswertungen enthalten.
Massen- und Steifigkeitseigenschaften der Elemente spielen keine Rolle, die Balken dienen
nur der Visualisierung. Die Ergebnisse des FE-Balkenmodells sind, analog zur Messung,
aufsteigend nach den Eigenfrequenzen sortiert und beinhalten alle relevanten Eigenformen
22
Im Laufe einer Versuchsauswertung werden in der Regel mehr Moden extrahiert, um die optimalen
Schwingformen zu finden. Nur die finalen Moden sind für den Abgleich mit Rechenergebnissen relevant.
5.2 Identifikation relevanter Parameter des FE-Modells 95

aus radialer und tangentialer Anregung. Damit stehen die Ergebnisse der Referenzmessung
innerhalb des FE-Systems für Abgleiche zur Verfügung.

Vergleich der Modelle

Der angewendete Algorithmus orientiert sich am Modell mit der geringeren Zahl an
Schwingformen. Da das Rechenmodell bis zu 70 Moden beinhaltet und die Messung nur 28
ausgewertete Moden, ist die eingelesene Messung maßgeblich. Von dieser ist die Reihenfolge
der Eigenmoden bekannt. In der vereinfachten Darstellung nach Abbildung 5.6 stellt die
Messung die linke Spalte dar. Die Schwingformen sind in der MAC-Matrix auf der Ordinate
aufgetragen, die Abszisse enthält die Moden des Variantenmodells, welche in der mittleren
Spalte dargestellt sind und eine andere Sortierung aufweisen.

Abbildung 5.6: Ablauf bei der Auswertung eines Variantenmodells mit Hilfe eines Referenzmo-
dells und einer MAC-Matrix

Für die Zuordnung der Moden wird die Matrix zeilenweise ausgewertet. Der maximale
MAC-Wert jeder Zeile stellt die größte Übereinstimmung zwischen Referenz- und der Va-
rianteneigenform dar. Dadurch ist bekannt, an welcher Position des Variantenmodells die
entsprechende Eigenform des Referenzmodells zu finden ist. Diese Position wird in einem
Ergebnisvektor abgelegt und die betreffende Zeile der MAC-Matrix für die weiteren Aus-
wertungen gesperrt, da es sonst zu doppelten Zuordnungen kommen könnte. Über den Er-
gebnisvektor ist eine Sortierung der Eigenformen und der weiteren auswertungsrelevanten
Größen analog zum Referenzmodell möglich. Diese Umsortierung ist in der rechten Spalte in
96 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

Abbildung 5.6 dargestellt. Die Reihenfolge der Eigenformen ist identisch zur linken Spalte
sortiert. Die Zuordnung funktioniert in der Regel zuverlässig, Fehlzuordnungen sind durch
den automatisierten Auswertealgorithmus jedoch nicht vollständig auszuschließen. Dass die-
se vorkommen, wurde bereits bei der automatisierten Versuchsauswertung in Kapitel 3.4.3
am Beispiel der Torsionsschwingformen gezeigt. Vereinzelte Fehlzuordnungen konnten zwar
festgestellt werden, allerdings wird diese mögliche Beeinträchtigung des Verfahrens in Kauf
genommen, da sonst keine automatisierte Vorgehensweise möglich wäre.

Ermittlung der Auswertegrößen

Aus den korrelierenden Moden ergibt sich die zugehörige Eigenfrequenz aus dem FE-Modell.
Für die Berechnung der Abweichung zur Messung werden die gemittelten Frequenzen aus
Kapitel 3.4.3 verwendet. Dadurch wird verhindert, dass die FE-Modelle an einzelne, streu-
ende Messergebnisse angepasst werden. Eine Mittelung der im Versuch ermittelten Daten
für den Abgleich mit Rechenmodellen empfiehlt auch Will [76]. Über den Zusammenhang

fF EM − fm,EM A
∆f = Hz (5.5)
fm,EM A

ergibt sich die Frequenzdifferenz, bezogen auf den Frequenzmittelwert aus den Messungen.
Durch die Differenzbildung im Zähler ergibt sich ein vorzeichenbehafteter Wert, so dass
Tendenzen besser erkannt werden können. Die Frequenzdifferenz wird für jede Schwingform
berechnet und stellt die wichtigste Ausgabegröße des Modells dar. Daneben wird der aus
den Zuordnungen ermittelte, maximale MAC-Wert ausgegeben. Es ist zu berücksichtigen,
dass sich dieser aus einem Vergleich des Simulationsmodells mit einer konkreten Messung
errechnet. Die Überführung aller gemessenen Eigenformen in eine „mittlere Schwingform“
ist nicht möglich, so dass die von Will [76] geforderte Bedingung nicht eingehalten werden
kann. Der MAC-Wert ist somit von der für den Vergleich verwendeten Messung abhängig,
analog zu den Ergebnissen in Abschnitt 3.4.3. Die dort genannten Anmerkungen bezüglich
Wertebereich und Verhältnis zu anderen Läufern sind also auch hier zu berücksichtigen.
Aus den beiden Ergebnisgrößen wird, in Analogie zur Auswertung der Messungen, der
Korrelationswert für jede Schwingform berechnet und ausgegeben. Gleichung 3.10 von Seite
42 wird dazu auf den Ausdruck

C = 1 − M AC (2·|∆f |) (5.6)

angepasst, da die Auswertung für jede Schwingform separat erfolgt und die Frequenzdiffe-
renzen aus den genannten Gründen gegenüber den Eigenformen stärker gewichtet werden
sollen. Mit den vorgestellten Werten liegen für jede betrachtete Schwingform drei Aus-
wertegrößen Yj vor. Um die Summe der Ausgangsgrößen des Rechenmodells überschaubar
zu halten, werden einige Schwingformen ausgewählt und ausgewertet. Dies sind hier die
ersten drei Torsionsschwingformen, zwei Axialschwingformen und diverse Schwingformen
der Kurzschlussringe. Dazu gehören gleich- und gegenphasiges Ovalisieren in erster und
zweiter Ordnung, sowie das Stülpen der Kurzschlussringe. Diese 12 Formen führen zu 36
Ausgabegrößen des Rechenmodells, die in Tabelle 5.2 zusammengefasst sind.
5.2 Identifikation relevanter Parameter des FE-Modells 97

Ausgewertete Kurz- Indices der Ergebnisgrößen Yj


Eigenform form Frequenz ∆f M AC-Wert Korrelation C

1. Torsionsschwingform T1 1 13 25
2. Torsionsschwingform T2 2 14 26
3. Torsionsschwingform T3 3 15 27
Biegung Kupplung BKu 4 16 28
KR Oval gleich Ogl 5 17 29
KR Oval gegen Ogg 6 18 30
KR Dreieck gleich Dgl 7 19 31
KR Dreieck gegen Dgg 8 20 32
Stülpen KR gleich Sgl 9 21 33
Stülpen KR gegen Sgg 10 22 34
1. Axialschwingform A1 11 23 35
2. Axialschwingform A2 12 24 36

Tabelle 5.2: Bezeichnung der Ergebnisgrößen der Sensitivitätsanalyse und deren Index Yj

5.2.3 Kontrolle der Ergebnisqualität

Bevor die Ergebnisse näher analysiert und bewertet werden, ist zu klären, ob die Zahl
der berechneten Designs für eine statistisch zuverlässige Aussage ausreichend ist. Für diese
Prüfung existieren mehrere Möglichkeiten, wie in Abschnitt 5.2.1 bereits angedeutet wurde.
Das Handbuch von optiSLang [47] enthält eine vereinfachte Formel zur Abschätzung der
Anzahl minimal erforderlicher Designs. Diese Formel, welche auch bei Bagci [5] zur Kontrolle
herangezogen wird, gilt für „gutartige“ Problemstellungen [79] und unter Verwendung des
ALHS-Verfahrens für nahezu lineare Systeme. Die Formel berücksichtigt die Anzahl der
Faktoren (nf ) und die Anzahl der Ausgangsparameter (nr ) und lautet

nvmin = 2 · (nf + nr ) (5.7)


nvmin = 2 · (13 + 36) = 98. (5.8)

Wird die so berechnete Zahl an Designs mindestens erreicht, kann von einem statistisch
stabilen Verhalten der Ausgangsgrößen ausgegangen werden. Das Ergebnis liegt in diesem
Fall sehr nahe an der tatsächlich gewählten Zahl an Durchläufen. Es ist anzumerken,
dass der ausgegebene Korrelationswert C nur eine Kombination aus Frequenzdifferenz und
MAC-Wert darstellt. Diese Kombination könnte auch im Nachgang berechnet werden,
dann läge die Zahl der minimal erforderlichen Designs bei 74. Beide Werte werden bei
den durchgeführten Rechnungen eingehalten. Des Weiteren bietet die Korrelationsma-
trix eine optische Kontrolle, ob die Zahl der betrachteten Designs ausreichend ist. Die
Eingangsparameter dürfen im Vergleich untereinander keine Korrelationen aufweisen. In
der Korrelationsmatrix in Abbildung 5.7 sind auf beiden Achsen die Eingangsparameter
aufgetragen. Für die Berechnung der Einträge der Matrix sei auf den folgenden Abschnitt
verwiesen. Auf den Nebendiagonalen sind als Ergebnis, wie gefordert, alle Werte 0, also
keinerlei Korrelationen erkennbar. Auf der Hauptdiagonalen sind alle Korrelationswerte 1,
98 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

da die Eingangsparameter hier mit sich selbst verglichen werden. Die Korrelationsmatrix
zeigt bereits nach etwa einem Drittel der berechneten Designs eine vollständige Entkopp-
lung der Eingangsparameter, so dass die Anzahl an untersuchten Varianten nach beiden
betrachteten Kriterien ausreichend ist.

Abbildung 5.7: Korrelationsmatrix mit Eingangsparametern der Sensitivitätsanalyse aus Tabelle


5.1 auf beiden Achsen

5.2.4 Ergebnisse der Sensitivitätsanalysen

Die ermittelten Ergebnisgrößen für alle Simulationsläufe werden in sogenannte „Anthill“-


Plots eingetragen. Der Name dieser Diagramme lässt sich auf deren Aussehen bei unkor-
relierenden Parametern ableiten, da die Ergebnisdarstellungen wie belebte Ameisenhügel
(engl.: „ant hill“) aussehen. Diese Darstellungen lassen erste Bewertungen und Schlüsse zur
Qualität des Rechenmodells und der Sensitivitätsanalyse zu. Mittels optischer Kontrolle
können Sprünge und Ausreißer in den Ergebnisgrößen erkannt werden. Ausreißer können,
analog zu Versuchen, von den weiteren Auswertungen ausgeschlossen werden. Auch eine
Kontrolle, ob der gewünschte Zielbereich der Ergebnisgrößen überhaupt erreicht wird, ist
möglich. Weiterhin sind erste Korrelationen zwischen Ein- und Ausgangsgrößen sichtbar.
Die Auswertung wird schwierig, sobald eine Ergebnisgröße von mehr als einem Faktor
abhängt. Diese Zusammenhänge sind in den Darstellungen nach Abbildung 5.8 nicht
mehr erkennbar. Die Beispiele in der Abbildung enthalten charakteristische Ergebnisse
für Anthill-Plots. Drei Diagramme zeigen die Ergebnisse ausgewählter Eigenformen be-
züglich relativer Eigenfrequenzen nach Gleichung 5.5 und ein Diagramm den zugehörigen
MAC-Wert für die erste Torsionseigenform. Das Diagramm oben links enthält einen unkor-
relierten Zusammenhang zwischen der Kontaktsteifigkeit zwischen Welle und Blechpaket
5.2 Identifikation relevanter Parameter des FE-Modells 99

und der dritten Torsionseigenform. Die vorhandene Streuung der Ergebnisse wird von
anderen Faktoren verursacht. Im Gegenzug weist auch der MAC-Wert der ersten Torsi-
onseigenform im Diagramm unten rechts keine Korrelation zur Eingangsgröße auf. Da die
Werte aber nahezu konstant sind, ist davon auszugehen, dass diese Größe durch keinen der
untersuchten Faktoren beeinflusst werden kann. Anders bei den Diagrammen oben rechts
und unten links. Die Zusammenhänge sind durch die vorzeichenbehaftete Berechnung der
Frequenzdifferenzen gut erkennbar, da die Trends der Ergebnisgrößen dadurch linear über
den Eingangsgrößen verlaufen. Würde die Frequenzdifferenz absolut definiert, wäre ein
Richtungswechsel der Datentrends an der y-Achse feststellbar und die Korrelationen wären
(vereinfacht) quadratisch. Die Ergebnisse der in den linken Diagrammen ausgewerteten
Größen liegen gleichmäßig um den Mittelwert der Messungen verteilt. Bei der Eigenfre-
quenz der Ovalform (Diagramm oben rechts) wird der in der Messung ermittelte Wert nur
knapp erreicht, so dass eine Modellanpassung für diese Form schwierig werden kann.

Abbildung 5.8: Ausgewählte Anthill-Plots für unkorrelierende, korrelierende und konstante Zu-
sammenhänge zwischen Eingangsparametern und Ergebnisgrößen

Es zeigt sich, dass diese Darstellungen zwar gute Anhaltswerte für das Systemverhalten
liefern, aber keine umfassende Bewertung der Ergebnisse ermöglichen. Zudem müssten die
Darstellungen für alle Kombinationen aus Ein- und Ausgangsparametern generiert und aus-
gewertet werden, was beim untersuchten System zu einer kaum überschaubaren Zahl an Dia-
grammen führt (knapp 2 500, wenn alle möglichen Kombinationen aus Ein- und Ausgangs-
größen berücksichtigt werden). Für einen Überblick ist die Korrelationsmatrix wesentlich
aussagekräftiger. Sie stellt eine quantitative Auswertung der Anthill-Plots aus Abbildung
5.8 dar. Zu deren Berechnung wird für jede Kombination aus Ein- und Ausgangsparametern
der lineare Korrelationskoeffizient ρij ermittelt. In der Literatur [32] findet sich dafür der
Zusammenhang
100 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

Sij
ρij = √ q . (5.9)
Sii Sjj

Die Indices beschreiben Ein- und Ausgangsgrößen, so dass diese die Form Xi für Eingangs-
größen und Yj für Ausgangsgrößen annehmen. Für die Berechnung des Schätzwertes Sij
über den Zusammenhang

1 N
(k) (k)
Sij = (Xi − Xi )(Yj − Yj ) (5.10)
X
·
N − 1 k=1

sind die jeweiligen Mittelwerte erforderlich. Analog zu Gleichung 3.3 auf Seite 39 berechnet
sich der Mittelwert für das Beispiel einer Eingangsgröße mit der Formel

1 XN
(k)
Xi = Xi . (5.11)
N k=1

Die Schätzwerte Sii und Sjj werden analog zu Gleichung 5.10 ermittelt. Die Gleichung
nimmt dabei die Form der quadratischen Standardabweichung σ an, wie sie auch in Glei-
chung 3.5 auf Seite 39 verwendet wird. Um die resultierende Gleichung kurz zu halten,
werden die Standardabweichungen im Nenner eingeführt, so dass sich die Form

(k) (k)
1 (Xi − Xi )(Yj − Yj )
PN
ρij = · k=1
(5.12)
N −1 σ Xi σ Y j

ergibt. Mit Hilfe dieses, in der Literatur häufig vorkommenden Ausdrucks (beispielsweise in
[32], [47] oder [78]), wird die Belegung der Korrelationsmatrix ermittelt. Die Werte liegen
innerhalb der Grenzen −1 und 1, es handelt sich daher um eine normierte Größe. Für die
Bewertung der Zahlenwerte haben sich Anhaltswerte etabliert [32]:

• 0, 7 ≤ |ρij |: starke Korrelation


• 0, 3 ≤ |ρij | ≤ 0, 5: schwache Korrelation
• |ρij | < 0, 3: kein signifikanter linearer Zusammenhang.

Es ist anzumerken, dass der Korrelationswert den gleichen Einschränkungen unterworfen


ist, wie die Anthill-Plots. Dies bezieht sich vor allem auf die Aussagekraft bei mehreren
Einflussfaktoren. Des Weiteren können nichtlineare Zusammenhänge zu einem kleinen Kor-
relationswert führen. Dadurch werden Aussagen auf Basis der Korrelationsmatrix verfälscht.
Die bei Läuferbauform 1 entstehende Matrix ist in Abbildung 5.9 dargestellt. Für die Zu-
ordnung der Größen sei auf die Bezeichnungen in den Tabellen 5.1 und 5.2 verwiesen.
5.2 Identifikation relevanter Parameter des FE-Modells 101

Abbildung 5.9: Korrelationen zwischen Ein- und Ausgangsparametern bei Bauform 1

Es ist ersichtlich, dass manche Eingangsparameter kaum Einfluss auf das Modellverhalten
haben. Im Gegenzug sind einige Korrelationen bereits gut erkennbar. Insbesondere diverse
Materialeigenschaften und der Kontakt zwischen Stäben und Blechpaket treten deutlich
hervor. Für eine aussagekräftigere Darstellung ist in Abbildung 5.10 der Bereich zwischen
−0,3 und 0,3 ausgeschlossen, da hier, unter Berücksichtigung der genannten Einschränkung,
kein signifikanter linearer Zusammenhang zu erwarten ist.

Abbildung 5.10: Korrelationsmatrix, bei der die Wertebereiche, in denen keine signifikanten Zu-
sammenhänge zu erwarten sind, ausgeblendet sind
102 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

5.3 Metamodell
Für die weitere Verarbeitung der Daten, die mittels Sensitivitätsanalyse gewonnenen wur-
den, sind diese aufzubereiten. Ziel ist eine Darstellung der relevanten, teilweise nichtlinea-
ren Zusammenhänge im System und die Schaffung einer sinnvollen Datengrundlage für die
Optimierung. Dazu werden die einzelnen Datenpunkte der Anthill-Plots in mathematisch
beschreibbare Zusammenhänge gebracht. Gleichzeitig werden Eingangsgrößen, die keinen
oder nur sehr geringen Einfluss auf die Ergebnisgrößen haben, gefiltert. Dadurch entsteht
das sogenannte „Metamodell“ oder „Antwortflächenmodell“. Mit diesem ist es möglich, wei-
tere Auswertungen und eine Optimierung der Eingangsparameter durchzuführen, ohne dass
das rechenzeitintensive FE-Modell benötigt wird. Bevor die Optimierungen durchgeführt
werden, ist die Qualität des Metamodells zu überprüfen.
Für die Weiterverarbeitung der Datenpunkte in Metamodellen und Optimierungen existiert
eine große Zahl an möglichen Verfahren [32]. Deren Auswahl und Parametrierung wird
dem Nutzer der gängigen kommerziellen Optimierungstools in der Regel vorenthalten, um
eine einfach zu bedienende Anwendung zu erhalten. Viele Einstellungen und Parameter
werden von den Programmen selbständig anhand diverser interner Kriterien gewählt. Da
die Verfahren und Parameter programm- und versionsabhängig sein können, erfolgt eine
vereinfachte Ausführung zu den im Hintergrund angewandten Algorithmen.

5.3.1 Überführung der Datenpunkte in ein Metamodell

Ziel eines Metamodells ist eine eindeutige mathematische Beschreibung der in der Sensiti-
vitätsanalyse gewonnenen Ergebnisse. Es gilt vereinfacht, den Ausdruck

Yj = f (X1 , X2 , X3 , ...Xn ) (5.13)

für jede Ausgangsgröße zu definieren. Dazu sind die durch Sensitivitätsanalyse ermittel-
ten Datenpunkte in eine mathematisch beschreibbare Form zu überführen. In der Arbeit
kommt unter anderem die Methode der kleinsten Fehlerquadrate - auch als „Moving least
square“-Methode bekannt - zur Anwendung [77]. Sie zeichnet sich durch eine gute Approxi-
mationsqualität auch bei nichtlinearen Datenverläufen aus. Gleichzeitig ist der Algorithmus
sehr schnell [47]. Grundlage ist ein Polynom ersten oder maximal zweiten Grades zur Be-
schreibung der Grundfunktion ŷ. Die Gleichung

ŷ(x) = pT (x) · a(x) (5.14)

beinhaltet einen positionsabhängigen Gewichtungsfaktor a(x). Dieser wird für jeden Punkt
des Kurvenverlaufs neu berechnet und ändert sich dadurch im Verlauf des Polynoms („mo-
ving“), was dem Verfahren zu seinem charakteristischen Namen verholfen hat. Zur Anpas-
sung werden die Abweichungen der vorhandenen Datenpunkte von der Metafläche ermittelt.
Mittels Definition eines Wirkradius D werden nur Datenpunkte, die innerhalb dieses Ab-
standes x − xi um die Metafläche liegen, berücksichtigt. Die Punkte werden normiert als
5.3 Metamodell 103

Verhältnis zu D ausgedrückt und abstandsgewichtet. Hier bietet sich in einem ersten Schritt
eine Gaußverteilung an, aber auch andere Funktionen sind möglich [78]. Die Gewichtungs-
funktion nimmt so die Form

!
||x − xi ||2
w = exp − (5.15)
α2 D 2

an. Der Faktor α ist eine interne Konstante [47]. Für alle Datenpunkte können die Ge-
wichtungsfaktoren w in einer Diagonalmatrix W (x) zusammengefasst werden. Diese wird,
zusammen mit den Ansatzfunktionen für jeden Datenpunkt (zusammengefasst in der Ma-
trix P ), in Gleichung 5.14 eingesetzt, woraus sich der Approximationsansatz

ŷ(x) = pT (x) · (P T W (x)P )−1 · P T W (x) · y (5.16)

ergibt. Folgende Abbildung zeigt schematisch die Gewichtung der einzelnen Datenpunkte
mittels Gaußverteilung und den Einfluss des Wirkradius D. Dieser wird, ebenso wie der
Faktor α, vom Programm anhand diverser Kriterien gewählt. Ziel ist stets eine gute Appro-
ximation der Datenpunkte, ohne gleichzeitig den Verlauf zu stark zu glätten. Dazu werden
neben der erläuterten Methode weitere Verfahren zur Überprüfung und Verbesserung der
Approximationsqualität vom Programm angewandt [77].

Abbildung 5.11: Schematische Darstellung der Gauß-gewichteten Abstände zur Metafläche (links)
und Einfluss des Wirkradius auf das Approximationsergebnis (rechts) (aus [47])

Dieser Ansatz wird mit Hilfe eines Teils der vorhandenen Datenpunkte (XT est ) ausgeführt.
Die restlichen Datenpunkte (YT est ) dienen als Testmenge. Als Kontrolle, ob das berechnete
Metamodell die gemessenen Datenpunkte gut wiedergibt, wird für jede Ausgangsgröße der
„Coefficient of Prognosis“ („CoP“) berechnet [77]. Dieser Koeffizient ist über den Zusam-
menhang

!2
E[XT est · YT est ]
CoPj = (5.17)
σXT est · σYT est
104 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

definiert23 und drückt aus, wie gut die Testdatenpunkte durch die Metafläche abgebildet
(prognostiziert) werden können. Die Form erinnert an die Berechnung des Korrelationswer-
tes. Durch die Normierung nimmt der CoP Werte zwischen 0 und 1 an, wobei bei einem Wert
von 1 (oder 100 %) keine Differenz zwischen Metamodell und Testdatenpunkten auftritt. Der
Verlauf der Datenpunkte wäre in diesem Fall vollständig durch das Metamodell beschreib-
bar. Der CoP-Wert ist damit ein Maß für die Prognosequalität des Metamodells. Für eine
optimale Anpassung an die gemessenen Punkte wird der in diesem Abschnitt beschriebene
Prozess mehrfach durchlaufen. Konstruktions- und Testpunkte werden stets variiert, bis die
Abweichungen minimal, beziehungsweise die CoP-Werte für jede Ausgangsgröße maximal
sind. Bis dieses Ziel erreicht ist, können durchaus mehrere Hundert Durchläufe des Algorith-
mus erforderlich sein [47]. Durch die Verwendung einfacher Ansatzfunktionen in Gleichung
5.14 bleiben die Rechenzeiten dennoch gering. Um die Zahl an erforderlichen Durchläufen
zu reduzieren, ist die Anzahl der Eingangsvariablen sinnvoll zu reduzieren. Dazu sind im
Programm Filteralgorithmen implementiert, die die Eingangsgrößen für jede Ergebnisgröße
entsprechend reduzieren [47].

5.3.2 Auswertung und Ergebnisdiskussion

Mit Abschluss der Berechnung des Metamodells liegen die Parameter zur Beschreibung
der Zusammenhänge nach Gleichung 5.13 vor. Die mit dem Metamodell ermittelten Ant-
wortflächen werden dreidimensional dargestellt, so dass eine optische Beurteilung der
Zusammenhänge möglich ist. Auf den horizontalen Achsen sind automatisch die jeweils
einflussreichsten Eingangsparameter dargestellt. Für ausgewählte Eigenformen und Er-
gebnisgrößen sind die Metaflächen in den Abbildungen 5.12 und 5.13 dargestellt. Die
zugehörigen CoP-Werte sind jeweils angegeben, um die Qualität der Metafläche bewerten
zu können.

Abbildung 5.12: Metaflächen und CoP-Werte für die Frequenzdifferenzen von zweiter Torsions-
eigenform (links) und gegenphasigem Ovalisieren (rechts)

23
In diesem Ausdruck entspricht E der Einheitsmatrix.
5.3 Metamodell 105

Abbildung 5.13: Metaflächen und CoP-Werte aller Ausgangsgrößen der ersten Torsionseigenform
(links) und dem gegenphasigen Stülpen der Kurzschlussringe (rechts): Frequenz-
differenzen, MAC-Werte und Korrelationswerte (von oben nach unten)
106 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

Ist davon auszugehen, dass die Ergebnisgrößen von maximal zwei Faktoren abhängen, stel-
len die Metaflächen eine große Hilfe für das Modellverständnis dar. Sie zeigen die Verläufe
der Ergebnisparameter klar auf, woraus sich erste Tendenzen für optimierte Eingangspa-
rameter ableiten lassen. Gleichzeitig ist abschätzbar, ob der gewünschte Zielbereich der
Ausgangsgrößen erreicht wird. Als Beispiel erreicht in Abbildung 5.12 rechts der Verlauf
der Frequenzdifferenz des gegenphasigen Ovalisierens der Kurzschlussringe nicht den Null-
punkt der vertikalen Achse. Eine Optimierung auf eine Frequenzdifferenz von Null kann
in diesem Fall nicht erfolgreich sein. In der linken Darstellung wird der Nullpunkt dage-
gen durchschritten, hier ist eine Optimierung auf den Nullwert möglich. Es zeigt sich, dass
durch die vorzeichenbehaftete Berechnung der Frequenzdifferenzen die zugehörigen Meta-
flächen nur eine geringe Krümmung aufweisen und dadurch einfach beschreibbar sind, so
dass auch deren Interpretation erheblich erleichtert wird. Dies ist unter anderem in dem
linearen Modellverhalten des FE-Modells begründet. Die Kombination aus Frequenzdiffe-
renz und MAC-Wert für die Berechnung des Korrelationswertes kann dennoch zu einem
deutlich komplexeren Verhalten führen. Als Beispiel dafür enthält Abbildung 5.13 die Me-
taflächen und CoP-Werte für alle drei Ausgangsgrößen der ersten Torsionseigenform und
dem gegenphasigen Stülpen der Kurzschlussringe. Die Verläufe der Frequenzdifferenzen sind
oben dargestellt und nahezu eben. Da die Punktewolke bei der Torsionseigenform trotz ho-
hem CoP-Wert stärker um die Metafläche streut, ist davon auszugehen, dass noch weitere
Eingangsparameter Einfluss auf das Ergebnis haben. Die MAC-Werte der Stülpform wer-
den vom Metamodell nur schlecht wiedergegeben. Sie liegen zudem auf einem niedrigen
Niveau. Die Prognosequalität für die MAC-Werte der Torsionseigenform ist deutlich bes-
ser, die Werte liegen zudem näher am Optimum. Dennoch führt dies bei der Ermittlung
des Korrelationswertes zu einer schlechten Prognosequalität bei der Torsionseigenform. Im
Gegenzug ist diese bei der Stülpform sehr gut. Beiden Verläufen gemeinsam ist der hoch-
gradig nichtlineare Verlauf der Metaflächen, obwohl die Eingangswerte für die Berechnung
einen weitgehend linearen Verlauf aufweisen. Nicht berücksichtigt ist hierbei die Tatsache,
dass sich die Wertebereiche bei den Korrelationswerten erheblich unterscheiden. Diese sind
in dem Beispiel bei der Stülpform um mindestens eine Größenordnung größer, als bei der
Torsionseigenform. Alle genannten Punkte sind bei der Auswertung des Metamodells für
die nachfolgende Optimierung zu beachten und zu berücksichtigen.
Die optische Bewertung des Modellverhaltens über Metaflächen ist deutlich besser, als über
Anthill-Plots und Korrelationsmatrix, dennoch ist auch mit diesen Darstellungen keine
vollständige Bewertung möglich, wenn eine Ergebnisgröße von mehr als zwei Faktoren ab-
hängt24 . Da darüber hinaus auch hier eine große Zahl an grafischen Darstellungen auszu-
werten wäre, wird der ermittelte CoP-Wert nicht nur für jede Ausgangsgröße, sondern auch
bezogen auf jede Eingangsgröße ermittelt. Dazu wird der Gesamtwert mit einem Sensitivi-
tätsindex multipliziert, so dass der Ausdruck

CoPij = CoPj · STMi OP (5.18)

entsteht. Der Sensitivitätsindex STMi OP ist ein Maß für den Einfluss einzelner Eingangspa-
24
Die Software bietet Möglichkeiten, 4- und 5-dimensionale Zusammenhänge darzustellen. Da dies den
gewöhnlichen menschlichen Vorstellungsraum übersteigt, sind die Darstellungen wenig aussagekräftig
und deshalb hier nicht enthalten.
5.3 Metamodell 107

rameter auf die Ergebnisgrößen. Für die Berechnung wird die Varianz der Ausgangsgröße
Yj einmal mit und einmal ohne die betreffende Eingangsgröße Xi ins Verhältnis

V (Yj |Xi )
STMi OP = 1 − (5.19)
V (Yj )

gesetzt. Mit Hilfe dieses Wertes und der Kombination mit dem CoP-Wert können Zu-
sammenhänge und dominante Eingangsparameter erkannt werden. Die CoP-Werte werden
zwischen allen Ein- und Ausgangsgrößen berechnet. Es bietet sich deshalb die Darstellung
in Form einer Matrix nach Abbildung 5.14 an.

Abbildung 5.14: CoP-Matrix des Metamodells von Läuferbauform 1 mit allen Ein- und Aus-
gangsparametern nach Tabellen 5.1 und 5.2

Die CoP-Matrix beinhaltet in der rechten Spalte den Korrelationswert für jede Ausgangs-
größe nach Gleichung 5.17. Es zeigt sich, dass die Frequenzdifferenzen und diverse weitere
Größen vom Metamodell sehr gut nachgebildet werden. CoP-Werte über 70 % gelten im All-
gemeinen als gut [32], wobei in diesem Fall insbesondere die CoP-Werte der Frequenzdiffe-
renzen bei deutlich über 90 % liegen. Das bedeutet, Aussagen, die auf Basis des Metamodells
getätigt werden, liegen sehr nahe an den tatsächlichen Ergebnissen des zu Grunde liegenden
FE-Modells. Die weiteren Einträge der Matrix beinhalten die Korrelationswerte zwischen
108 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

den einzelnen Eingangsparametern und den Ausgangsparametern nach Gleichung 5.18. Bei
nicht belegten Zellen wurden die Eingangsparameter bei der Erstellung des Metamodells
vom Programm gefiltert. Die betreffenden Größen haben auf die zugehörige Ausgangsgröße
des Modells demnach keinen nennenswerten Einfluss. Mit den verbleibenden Einträgen ist
eine Analyse möglich, welche Eingangsgrößen Einfluss auf die Ergebnisgrößen haben. Unter
dieser Betrachtungsweise liefert die CoP-Matrix wertvolle Erkenntnisse über das System-
verhalten und den Einfluss einzelner Parameter. Es zeigt sich, dass die meisten Ergebnisse
nur von zwei bis drei Faktoren maßgeblich beeinflusst werden. Bei der Auswertung des Me-
tamodells von Bauform 1 hat der Kontakt zwischen Stäben und Blechpaket auf sehr viele
Ausgangsgrößen einen großen Einfluss. Neben dem Steifigkeitsfaktor werden die Torsions-
schwingformen zusätzlich vom Reduktionsfaktor der Kontaktsteifigkeit und, insbesondere
bei der ersten Torsionseigenform, vom Schubmodul des Blechpakets beeinflusst. Dieser Zu-
sammenhang wurde nicht in der vorliegenden Intensität erwartet, da davon ausgegangen
wurde, dass die erste Torsionseigenform maßgeblich vom Kurzschlusskäfig geprägt ist. Die
weiteren Materialparameter der Werkstoffe haben Einfluss auf die entsprechenden Schwing-
formen der Komponenten. Bei den Kurzschlussringformen sind dies Dichte und E-Modul
von CuCrZr. Das Schwingverhalten der Wellenkupplung wird von den Stahl-Parametern
beeinflusst. Dem gegenüber stehen Parameter, wie weitere Kontaktsteifigkeitsfaktoren, die
auf einige wenige Ausgangsgrößen nur geringen Einfluss haben. Es kann davon ausgegangen
werden, dass Faktoren mit sehr geringen CoP-Werten bis etwa 10 % für diese Betrachtun-
gen kaum eine Rolle spielen. Zur Reduktion der Faktorzahl und zur Vereinfachung der
Rechenmodelle können diese im Weiteren auf feste, übliche Werte festgelegt werden.
Zusammenfassend liefert die Auswertung der CoP-Matrix wertvolle Erkenntnisse über das
Systemverhalten und die im System enthaltenen Abhängigkeiten. Daneben ist der Werte-
bereich der Ergebnisgrößen über die zugehörigen Anthill-Plots mit Metaflächen nach Ab-
bildung 5.12 und 5.13 zu prüfen. Ob dieser sinnvoll ist, kann über die CoP-Matrix nicht
beurteilt werden. In Abhängigkeit der Ergebnisse kann es erforderlich sein, Eingangspa-
rameter oder deren Variationsbereich zu verändern, wie in Abbildung 5.1 angedeutet, um
aussagekräftigere Ergebnisse zu erhalten. Bis ein aussagekräftiges Metamodell eines Sys-
tems vorliegt, sind diese Schritte unter Umständen mehrmals zu durchlaufen. Bei den in
der Arbeit untersuchten Systemen waren in der Regel zwei bis drei Modellierungsstufen
erforderlich, bis die finalen Modelle vorlagen. Zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse sind die
finalen CoP-Matrizen für die weiteren untersuchten Läuferbauformen im Anhang enthal-
ten. Ein- und Ausgangsparameter sind an die jeweiligen, bauformspezifischen Eigenschaften
angepasst. Es zeigt sich, dass die grundsätzlichen Aussagen der CoP-Matrizen vergleichbar
sind.

5.3.3 Bewertung der Ergebnisqualität

Neben der fachlich-technischen Überprüfung der Ergebnisse des Metamodells soll vor des-
sen weiterer Verwendung die Prognosequalität überprüft werden. Aus den Optimierungen
in Abschnitt 5.4 ergeben sich mehrere mögliche Eingangsparametersätze für die Modellan-
passung. Diese werden nach der Optimierung mittels Einsetzen in das zu Grunde liegende
FE-Modell verifiziert, so dass die Unterschiede zwischen Metamodell und FE-Modell ermit-
telt werden können. Da es sich um eine Kontrollmöglichkeit für das Metamodell handelt,
5.3 Metamodell 109

erfolgt diese Auswertung, unter Bezug auf die Ergebnisse der Optimierung in Abschnitt 5.4,
bereits an dieser Stelle. Die ermittelten Beträge der Frequenzdifferenzen aus dem FE-Modell
∆fF EM und aus dem Metamodell ∆fM eta werden ins Verhältnis

∆M eta = |∆fF EM | − |∆fM eta | (5.20)

gesetzt. Ist die Frequenzdifferenz, also die Abweichung zum Mittelwert aus den Messungen,
bei der Berechnung mittels FEM geringer, als bei Berechnung mittels Metamodell, wird
der resultierende Wert negativ. Somit sind negative Werte für ∆M eta vorteilhaft, da die
Abweichungen zur Messung im FE-Modell noch geringer sind, als in der Optimierung
ermittelt. Für alle betrachteten Eigenformen des Läufers und acht betrachtete Eingangspa-
rametersätze ergibt sich folgendes Bild.

Abbildung 5.15: Abweichungen der Eigenfrequenzen zwischen Ergebnissen der Optimierung auf
Basis des Metamodells (siehe Abschnitt 5.4.3) und dem FE-Modell

Die ermittelten Abweichungen liegen bei maximal 2 %, meist sogar deutlich darunter. Die
Übereinstimmung zwischen Metamodell und dem Modellverhalten des FE-Modells ist so-
mit sehr gut. Aufgrund der guten Korrelationswerte (siehe Abbildung 5.14) ist dies nicht
verwunderlich und war sogar zu erwarten. Es zeigt sich, dass die für das Modellverhalten
relevanten Parameter erfasst wurden und dass das Metamodell auch bei dem hier betrach-
teten, sehr komplexen System sehr gut in der Lage ist, das tatsächliche Modellverhalten
abzubilden. Daraus ergibt sich auch die Konsequenz, dass das Metamodell prinzipiell im
Rahmen der Variationsgrenzen der Eingangsparameter aus Tabelle 5.1 für die Vorausrech-
nung neuer Designs verwendet werden kann.
110 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

5.4 Optimierung
Durch steigenden Druck, effiziente Produkte in immer kürzeren Zeiträumen zu entwickeln
und in Verbindung mit immer leistungsfähigeren Rechnersystemen taucht der Begriff der
Optimierung in technischen Artikeln und Veröffentlichungen mittlerweile sehr oft auf. Häu-
fig ist damit die Strukturoptimierung von Bauteilen gemeint, wie sie Harzheim beschreibt
[32]. Dabei wird die Geometrie des Rechenmodells während der Optimierungsläufe aktiv
verändert, bis sie die Randbedingungen aus Lasten, Geometrie, Spannungen und Gewicht
und weiteren Kriterien optimal erfüllt [32]. Im Unterschied dazu wird in der Arbeit eine
Parameteroptimierung durchgeführt. Dabei wird ein Rechenmodell an Versuchsergebnisse
angeglichen. Die für die Modellanpassung erforderlichen Parameter sind bereits bekannt.
Ziel ist ein Parametersatz, mit dem das Rechenmodell das reale Bauteilverhalten gut nach-
bildet. Während des Optimierungsprozesses werden die Eingangsparameter kontinuierlich
im Rahmen der gegebenen Grenzen verändert. Auf Basis des Metamodells werden die zu
erwartenden Ausgangsgrößen berechnet. Mit Hilfe eines Optimierungskriteriums kann so
ein möglichst günstiges Design gefunden werden. Grundlage, neben dem Metamodell, ist
ein Optimierungskriterium, welches bei optimalen Ergebnissen extreme Werte annimmt.

5.4.1 Optimierungsverfahren

Im Laufe der letzten Jahre wurde eine Vielzahl möglicher Herangehensweisen an Opti-
mierungsprobleme und unzählige Abwandlungen dessen entwickelt und veröffentlicht. Ein
umfassender Überblick über mögliche Verfahren ist deshalb im Rahmen dieser Arbeit weder
möglich noch nötig. Selbst in spezifischer Literatur, wie von Blum [9], wird für einen Über-
blick auf weitere Zusammenstellungen verwiesen. Wie bei der Sensitivitätsanalyse, wird
bei den Optimierungsaufgaben in dieser Arbeit auf die durch das Softwarepaket optiSLang
zur Verfügung gestellten Verfahren zurückgegriffen. Aufgrund der großen Zahl an Ein-
und Ausgangsgrößen handelt es sich um eine „Multiskalen“- oder „Mehrzieloptimierung“.
Dabei gilt es, eine Reihe von Zielfunktionen fm (x) zu minimieren oder zu maximieren.
Der Vektor x beinhaltet die Eingangsparameter, die in gewissen Grenzen definiert sind.
Diese Grenzen sind in Tabelle 5.1 definiert. Meist kommen bei diesen Optimierungsauf-
gaben noch Nebenbedingungen mit Gleichheit oder Ungleichheit zur Anwendung [9]. Es
wird sich noch zeigen, dass diese in der vorliegenden Arbeit keine Rolle spielen. Dennoch
handelt es sich durch die hohe Zahl an Ein- und Ausgangsgrößen bei der Minimierung
um eine numerisch sehr komplexe Aufgabenstellung, die mit klassischen Mitteln kaum
befriedigend gelöst werden kann. Für diese Art der Optimierungsaufgabe haben sich in
den letzten Jahren evolutionäre Algorithmen etabliert [9] [32] [47]. Dabei wird das in
der Natur vorhandene Prinzip aus Anpassung, Selektion und Variation angewandt. Aus
wenigen Elterngenerationen entstehen durch Kombination und Mutation Nachkommen
mit veränderten Eigenschaften. Diese werden bewertet und die besten Designs dienen
für die nächste Generation als Elterndesign (in Abbildung 5.16 schematisch dargestellt).
Für die Auswahl der besten Designs wird für jedes die „Fitness“ bestimmt, anhand de-
rer die Auswahl erfolgt. Analog zur Natur überleben nur die besten Nachkommen. In
jeder Generation werden darüber hinaus neue Designpunkte nach dem Zufallsprinzip
festgelegt. Dadurch wird die Mutationsbreite der Nachkommen erhöht und es steigt die
Wahrscheinlichkeit, ein globales Optimum zu finden. Somit ist es hilfreich, eine möglichst
5.4 Optimierung 111

große Zahl an Varianten zu betrachten. Die Wahrscheinlichkeit, einen sehr gut an die
Zielfunktion angepassten Parametersatz zu finden, steigt dadurch an. Dabei ist es, je nach
Problemstellung, durchaus möglich, dass mehrere gute Parametersätze existieren. Deren
Bewertung erfolgt nach dem Prinzip der „Pareto-Dominanz“. Dabei werden alle gefundenen
Individuen bezüglich ihrer Erfüllung der Optimierungskriterien geprüft. Per Definition ist
ein Individuum nur besser als ein anderes, wenn es dieses in allen Zielfunktionen über-
legen ist [9]. Über diesen Quervergleich werden alle Datenpunkte gegeneinander geprüft.
In ein n-dimensionales Netz eingetragen beschreiben die n Eingangsparameter dadurch
die „Pareto-Front“, auf der die optimalen Designs liegen. Aufgrund der Komplexität des
Parameterraumes ist eine anschauliche Visualisierung kaum mehr möglich. Für die Dar-
stellung bei einfacheren Optimierungsaufgaben sei auf die Literatur ([9] [32] [66]) verwiesen.

Abbildung 5.16: Ablaufschema eines evolutionären Optimierungsalgorithmus mit drei Generatio-


nen und den Merkmalen Anpassung, Selektion und Variation der Individuen

Voraussetzung für diese Art der Optimierung ist ein Modell mit kurzen Rechenzeiten. Sollen
mehrere Hundert oder gar mehrere Tausend Varianten berechnet werden, scheidet ein FE-
Modell aus. Hier liegt der große Vorteil in der Verwendung des Metamodells. Dieses bildet
das Systemverhalten, wie in den letzten Abschnitten gezeigt, sehr gut nach und verfügt
über wenige Freiheitsgrade, so dass die Berechnungszeiten extrem kurz sind.

5.4.2 Eingangsparameter und Optimierungskriterien

Die Qualität einer Optimierung hängt in hohem Maße von der Wahl des Optimierungskri-
teriums ab. In der Arbeit werden für das vorliegende System mehrere Optimierungsansätze
verfolgt. Dazu stehen alle Ausgangsgrößen und diverse mögliche Bewertungskriterien zur
Verfügung. Schwerpunkt der Untersuchungen liegt auf der Anpassung der Eigenfrequen-
112 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

zen des FE-Modells an die Messung. Bei MAC-Werten und Korrelationswerten sind zu
viele modellspezifische Einflüsse vorhanden. Diese wurden an verschiedenen Stellen der
Arbeit bereits diskutiert. Somit bietet sich eine Minimierung der Frequenzdifferenzen an.
Dazu werden diese auf ihren Betrag umgerechnet, da sonst kein Minimierungskriterium
angewandt werden könnte. In einem ersten Optimierungslauf werden alle verfügbaren
Frequenzdifferenzen minimiert. Für die Optimierung stehen alle Eingangsparameter der
Sensitivitätsanalyse zur Verfügung. Dieser Lauf dient als Vergleich zu den weiteren Opti-
mierungsstufen. Da Schwingformen ausgewertet werden, bei denen die Frequenzdifferenz
bei Sensitivitätsanalyse und Metamodell keinen Nulldurchgang aufweisen, beeinträchtigt
dies die Qualität der Optimierung. Um dies zu verhindern, werden diese Schwingformen
bei den weiteren Optimierungsläufen ausgeschlossen und umfassen dadurch, je nach Modell
und Läuferbauform, nur noch fünf bis acht Frequenzdifferenzen, deren Beträge zu minimie-
ren sind. In einem dritten Schritt werden Eingangsgrößen, deren Werte als bekannt und
abgesichert gelten, auf diese Werte gesetzt und nicht verändert. Dies umfasst insbesondere
Dichte und E-Module der Werkstoffe. Für diese werden die Literaturangaben aus Tabelle
4.4 auf Seite 75 übernommen. Die Variationsbreite der Eingangsparameter wird von Tabelle
5.1 übernommen. Folgende Tabelle 5.3 gibt einen Überblick.

Eingangs- Optimierungsläufe
parameter Lauf 1 Lauf 2 Lauf 3 Lauf 4

E-Modul Stahl ESt frei frei konstant konstant


E-Modul Kupfer ECu frei frei konstant konstant
E-Modul CuCrZr ECC frei frei konstant konstant
Axialmodul BP EBP frei frei frei frei
Schubmodul BP GBP frei frei frei frei
Dichte Stahl DSt frei frei konstant konstant
Dichte Kupfer DCu frei frei konstant konstant
Dichte CuCrZr DCC frei frei konstant konstant
Dichte BP DBP frei frei frei frei
Kopplung Stab-BP kS frei frei frei frei
Reduktionsfaktor a frei frei frei frei
Kopplung Welle-BP kW frei frei frei frei
Kopplung DR-EB kDR frei frei frei frei

Tabelle 5.3: Überblick über freie und konstant definierte Eingangsparameter bei den verschiede-
nen Optimierungsläufen

Der gewählte Ansatz verfolgt den zu Beginn der Arbeit festgelegten Grundsatz einer mög-
lichst standardisierten Modellierung ohne modellspezifische Modifikationen. Ein Vergleich
der Ergebnisse der betrachteten Projekte wird zeigen, ob eine leichte Anpassung der Mate-
rialeigenschaften der einzelnen Werkstoffe dennoch nötig ist. Darüber hinaus kann es mög-
lich sein, Schwingformen, die nur von diesen Materialparametern abhängig sind, aus der
Optimierung auszuschließen. Diese Formen können durch die verbleibenden Eingangspara-
meter nicht beeinflusst werden, wodurch der Ablauf der Optimierungsläufe gestört werden
kann. Daraus ergeben sich bei Läuferbauform 1 vier Optimierungsläufe, deren Ein- und
Ausgangsparameter in den Tabellen 5.3 und 5.4 zusammengefasst sind.
5.4 Optimierung 113

Berücksichtigte Frequenzdifferenzen
Optimierungsgrößen
T1 T2 T3 BKu Ogl Ogg Dgl Dgg Sgl Sgg A1 A2

1. Optimierungslauf X X X X X X X X X X X X
2. Optimierungslauf X X X X X X X X
3. Optimierungslauf X X X X X X X X
4. Optimierungslauf X X X X X X

Tabelle 5.4: Auswahl der Ergebnisgrößen, die in den einzelnen Optimierungsläufen minimiert wer-
den (Bezeichnungen aus Tabelle 5.2 übernommen)

Der Schwerpunkt der Optimierung liegt bei einer guten Anpassung der ersten Schwingfor-
men. Diese weisen die größten Amplituden und bewegten Massen auf. Gerade bei Läufer-
bauform 3 sind die ersten Schwingformen niederfrequent. Die erste Eigenfrequenz ist nur
etwa halb so groß, wie bei den anderen Läuferbauformen. Dadurch liegt hier ein besonde-
rer Schwerpunkt auf einer guten Übereinstimmung der ersten Schwingformen. Zu diesem
Zweck werden die Optimierungskriterien abgeändert und in Abhängigkeit der zugrundelie-
genden Schwingfrequenzen gewichtet. Ziel ist ein Faktor, der bei Frequenzen unter 1 000 Hz
die vorhandene Frequenzdifferenz fiktiv erhöht und so stärker gewichtet. Bei Frequenzen
oberhalb von 1 000 Hz soll der Faktor kontinuierlich von eins ab sinken. Am besten lässt
sich dies in Form einer Hyperbel realisieren. Mit der empirisch gefundenen Gleichung

500
g∆f = + 0, 4 (5.21)
f0 − 200

ergibt sich das gewünschte Verhalten des Gewichtungsfaktors für die Frequenzdifferenzen.
In Abhängigkeit der Grundfrequenz f0 nimmt der Gewichtungsfaktor g∆f einen Verlauf
nach Abbildung 5.17 an.

Abbildung 5.17: Verlauf des Gewichtungsfaktors g∆f für die Gewichtung der Frequenzdifferenzen
∆f in Abhängigkeit der Grundfrequenz f0
114 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

Die für die Optimierung verwendete Frequenzdifferenz ∆fOpt wird mit dem Zusammenhang

∆fOpt = g∆f (f0 ) · ∆f Hz (5.22)

berechnet. Die Gewichtungsfunktion kann über eine entsprechende Wahl der Funktionspa-
rameter auch an andere Frequenzbereiche angepasst werden.

5.4.3 Ergebnisse

Die Optimierung läuft, wie in Abschnitt 5.4.1 erläutert, automatisiert ab. Vom Programm
werden bei jedem definierten Optimierungslauf knapp 10 000 Designs berechnet und be-
wertet. Daraus ergibt sich jeweils ein Design mit optimalen Ausgangsparametern und den
zugehörigen Eingangsparametern. Deren Interpretation ist Schwerpunkt dieses Kapitels.
Neben dem optimalen Design als Ergebnisdatensatz sind alle betrachteten Designs in einem
sogenannten „Parallel Coordinates Plot“ eingetragen. Damit ist eine manuelle Auswertung
der gefundenen Datensätze möglich. Jedes bei der Optimierung betrachtete Design stellt
eine Linie dar, die zwischen den oberen und unteren Grenzen der Ein- und Ausgangspara-
meter verläuft. Für eine Auswertung werden die vertikalen Begrenzungen der relevanten
Größen in der Grafik auf den gewünschten Wertebereichen eingestellt, wie in Abbildung
5.18 im rechten Bereich dargestellt. Die dadurch verbleibenden Designs können so weiter
ausgewertet werden.

Abbildung 5.18: „Parallel Coordinates Plot“ mit allen Ein- und Ausgangsgrößen und allen bei
der Optimierung betrachteten Designs zur manuellen Auswertung der Optimie-
rungsergebnisse (Darstellung stellt einen Auszug dar)
5.4 Optimierung 115

Mit dieser Vorgehensweise werden bei jedem Optimierungslauf weitere Datensätze mit
günstigen Ausgangsgrößen gefunden. In Summe ergeben sich aus den vier Optimierungs-
läufen acht Datensätze, die für die weitere Auswertung in Frage kommen. Diese wurden
bereits in Abschnitt 5.3.3 für den Vergleich des Metamodells mit dem FE-Modell verwendet.
Folgende Abbildung fasst die ermittelten Abweichungen der Frequenzen von den Mittelwer-
ten der Messungen zusammen. Es ist zu beachten, dass die Ergebnisse für alle Eigenformen
nicht für alle Optimierungsläufe vorliegen. Die Auswertung hat unter Berücksichtigung
der Tabellen 5.3 und 5.4 zu erfolgen. Unabhängig vom Optimierungsansatz werden die
Torsionseigenformen sehr gut abgebildet. Die Abweichungen zwischen dem optimierten
Metamodell und der Messung sind teilweise vernachlässigbar gering und betragen maximal
3 %. Die Eigenform der Kupplung und die Stülpbewegungen der Kurzschlussringe werden
maßgeblich von den Materialeigenschaften beeinflusst. Diese sind in Optimierungslauf 3
konstant, so dass sich die Abweichungen nicht verändern. Ein ähnliches Verhalten ist auch
bei den gleichphasigen Bewegungen der Kurzschlussringe feststellbar, die ab Optimie-
rungslauf 3 schlechter nachgebildet werden können. Offenbar sind die genannten Formen
für eine optimale Übereinstimmung auf leicht veränderte Materialparameter für Kupfer
und CuCrZr angewiesen. Einzelne Formen ausgenommen, betragen die Abweichungen
maximal 5 % bis 6 % und liegen damit in einer Größenordnung, die auch in der Messung
erreicht wurde (siehe Abbildung 3.17 auf Seite 46). Ein Streuband in dieser Größenordnung
müsste bei der Übertragung rechnerischer Ergebnisse auf ein reales System ohnehin ein-
gehalten werden. Somit sind alle Optimierungsergebnisse brauchbar; in Summe weist das
automatisiert gefundene optimale Design von Lauf 4 die beste Gesamtübereinstimmung auf.

Abbildung 5.19: Abweichungen zwischen optimierten Modellen und Mittelwerten der Messung
bei unterschiedlichen Optimierungsansätzen nach Abschnitt 5.4.2 (*: vom Opti-
mierungsalgorithmus gefundenes Design)
116 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

Die erforderlichen Modellierungsparameter sind in Abbildung 5.20 zusammengefasst.


Da es sich um die absoluten Abweichungen bezüglich der Nennwerte handelt, ist das
Diagramm in drei Wertebereiche unterteilt. Für die meisten Eingangsgrößen lassen sich
gewisse Wertebereiche ermitteln, die für eine Modellanpassung erforderlich sind. So ist
der E-Modul von Kupfer offenbar zu gering und müsste für eine bessere Übereinstimmung
um 9 000 MPa bis 12 000 MPa erhöht werden. Im Gegenzug sind die Werte für andere
Parameter zu reduzieren. Da beispielsweise die Dichte von CuCrZr offenbar zu hoch ange-
setzt wurde, beeinflusst dies die Optimierungsläufe 3 und 4, in denen der Wert konstant
ist. Dieser Eingangsparameter stellt somit eine Störgröße dar, deren Effekt durch die
verbleibenden Variationsparameter kompensiert werden muss. Bevor daraus eine globale
Modellierungsvorschrift abgeleitet werden kann, sind die Ergebnisse mit den weiteren
untersuchten Läuferbauformen zu vergleichen.

Abbildung 5.20: Absolute Abweichungen von den Ausgangs-Modellparametern für die ausgewer-
teten Designpunkte in Abbildung 5.19

Die folgenden Abbildungen enthalten analoge Auswertungen für Läuferbauformen 2 und


3. Bauform 2 ist geprägt durch eine hohe Anzahl an Kupferstäben und Kurzschlussrin-
gen mit Kappenringen. Bei den Simulationsparametern sind die Materialeigenschaften der
Kappenringe (E-Modul EKaR und Dichte DKaR) enthalten. Die Läufer der Bauform 3 sind
sehr lang, aber bezüglich des Käfigs mit Bauform 1 gut vergleichbar. Die Optimierungen
werden einmal mit allen zur Verfügung stehenden Parametern und einmal mit konstanten
Materialkennwerten durchgeführt und entsprechen damit den Optimierungsläufen 2 und
3 aus den Tabellen 5.3 und 5.4. Die Auswertung umfasst bei beiden Bauformen sieben
Schwingformen. Die Ergebnisse sind mit denen für Läuferbauform 1 gut vergleichbar. Die
Abweichungen zwischen optimierten Modellen und Datenbasis sind teilweise vernachlässig-
bar gering und erreichen Maximalwerte von etwa 8 %, wobei das Niveau der Abweichungen
etwas höher ist, als bei Läuferbauform 1. Für Läuferbauform 2 ist das automatisiert gefun-
5.4 Optimierung 117

dene Design von Optimierungslauf 3 am günstigsten. Bei Bauform 3 sind die Ergebnisse
der Optimierungsläufe 3-2 und 3-3 günstig, also per Hand gefundene Designs.

Abbildung 5.21: Abweichungen zwischen optimierten Modellen und Mittelwerten der Messung
bei Läuferbauform 2 und unter Verwendung der Optimierungsansätze 2 und 3
nach Abschnitt 5.4.2 (*: vom Optimierungsalgorithmus gefundenes Design)

Abbildung 5.22: Absolute Abweichungen von den Ausgangs-Modellparametern für die ausgewer-
teten Designpunkte in Abbildung 5.21 für Läuferbauform 2
118 Kapitel 5 SENSITIVITÄTSANALYSE UND PARAMETEROPTIMIERUNG

Abbildung 5.23: Abweichungen zwischen optimierten Modellen und Mittelwerten der Messung
bei Läuferbauform 3 und unter Verwendung der Optimierungsansätze 2 und 3
nach Abschnitt 5.4.2 (*: vom Optimierungsalgorithmus gefundenes Design)

Abbildung 5.24: Absolute Abweichungen von den Ausgangs-Modellparametern für die ausgewer-
teten Designpunkte in Abbildung 5.23 für Läuferbauform 3
Kapitel 6

Erweiterte Prüfstandversuche
Es konnte gezeigt werden, dass das dynamische Verhalten verschiedener Läufer statistisch
stabil und rechnerisch beschreibbar ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die dynami-
schen Eigenschaften der Läufer in den Reihenversuchen unter Raumtemperatur und unter
sehr geringen Anregungspegeln ermittelt wurden. Für eine Übertragung auf das Betriebsver-
halten ist es erforderlich, das Verhalten bei höheren Lasten und unter erhöhter Temperatur
beschreiben zu können. Da dies einen wesentlich größeren Aufwand nach sich zieht, wer-
den diese Variationen exemplarisch an einem einzelnen Läufer der Bauform 1 durchgeführt.
Diese Versuche werden in einem Labor für Umweltsimulationen25 durchgeführt. Für eine
definierte Anregung mit hohen Amplituden ist ein elektromagnetischer Shaker erforderlich.
Die in Amplitude und Frequenz einstellbare Last ist sinnvoll in den Prüfling einzuleiten,
um die Auswirkungen auf das Systemverhalten zu ermitteln. Der Einfluss erhöhter Tempe-
raturen wird in einer Klimakammer untersucht.

6.1 Versuchsaufbau und Randbedingungen


Die bei der Durchführung der experimentellen Modalanalysen angewandte freie Lagerung ist
bei Durchführung von erzwungenen Schwingungsanregungen so nicht umsetzbar. Hierfür ist
das System statisch bestimmt zu lagern. Gleichzeitig soll das Systemverhalten nicht durch
Lagerungseinflüsse verfälscht oder dominiert werden. Darüber hinaus sind die geplanten
Prüfungen hinsichtlich Frequenz- und Amplitudenbereich zu berücksichtigen.

6.1.1 Entwurf eines Lagerungskonzepts

Als Konsequenz aus den Anforderungen an Lagerung und Anregung bietet es sich an, La-
gerung und Krafteinleitung an den Schnittstellen des Originalsystems vorzunehmen. Somit
wäre der Läufer an den Lagerstellen drehbar zu lagern und die Anregung erfolgt über das
abtriebseitige Ende der Läuferwelle. Dieser Versuchsaufbau würde den realen Kraftfluss
im System gut widerspiegeln, ist aber so nicht umsetzbar. Die Lagerung in Wälzlagern
(was der realen Ausführung entspricht) ist problematisch, da bei den angestrebten hohen
Anregungsfrequenzen mit dynamischen Effekten in den Wälzlagern zu rechnen ist. Solche
Effekte sind nicht Gegenstand der Untersuchungen. Sie würden in Durchführung und Aus-
wertung erhebliche Probleme und Mehraufwände verursachen. Auch die Krafteinleitung
25
Labor für Umweltsimulationen der Firma ATLAS Elektronik in Bremen.
120 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

in der Ebene des Wellenendes ist versuchstechnisch nicht ohne weiteres umsetzbar, da
dann der Läufer weit außerhalb der Symmetrieachse des Shakers gelagert sein müsste. Die
dominanten Schwingungen treten ohnehin an den Kurzschlussringen und im Blechpaket
auf. Wie bereits in Abschnitt 3.5.1 gezeigt werden konnte, treten diese Formen bei einer
Anregung am Kurzschlussring oder am Blechpaket stärker hervor, als bei einer Anregung
am Wellenende. Aus diesem Grund wird eine modifizierte Lagerung für den Läufer entwi-
ckelt. Dazu wird der Prüfling an den Lagerstellen fest eingespannt und am Umfang des
Blechpakets angeregt. Abbildung 6.1 zeigt schematisch das Lagerungskonzept des Prüflings.

Abbildung 6.1: Läufer mit Koordinatensystem und Entwurf eines Lagerungskonzepts für Prüf-
standversuche

Abbildung 6.2: Positionen der Krafteinleitungsstellen am Blechpaket

Die Anregung erfolgt über das Blechpaket. Da mit einem Shaker nur translatorische Bewe-
gungen möglich sind, ist es für die Anregung von Torsionseigenformen erforderlich, dass der
Kraftangriff sowohl axial als auch radial exzentrisch erfolgen kann. Mögliche Anregungs-
positionen sind in Abbildung 6.2 dargestellt. Für die Umsetzung der Krafteinleitung am
6.1 Versuchsaufbau und Randbedingungen 121

Blechpaket wird dieses mit zwei Halbschalen geklemmt. Dadurch ist eine Verbindung mit
dem Shaker ohne mechanische Bearbeitung des Prüflings möglich. Für die Realisierung einer
radialen Exzentrizität wird die Halbschale auf unterschiedlichen horizontalen Niveaus mit
dem Shaker verbunden. Der axiale Versatz wird über ein Verschieben der Zwinge erreicht.
Damit können alle in Abbildung 6.2 dargestellten Anregungspositionen realisiert werden.

6.1.2 Umsetzung und Verifikation von Lagerung und Lasteinleitung

Bei der Umsetzung der geplanten Lagerung kann auf eine spezielle Vorrichtung am Shaker
des Prüflabors zurückgegriffen werden. Die an den Gleittisch anschließende Führung für
eine Tischverlängerung wird als festes Fundament zur Aufnahme des Läufers genutzt. Mit
Hilfe von Vorrichtungen mit Halbschalen wird der Läufer an beiden Wellenenden geklemmt.
Der Aufbau ist in Abbildung 6.3 dargestellt26 .

Abbildung 6.3: Lagerung des Prüflings über feste Einspannung der Wellenenden und Anregung
über Shaker mit Gleittisch, Krafteinleitungsblock und am Blechpaket umgreifen-
der Zwinge. Die Anregung befindet sich in der Abbildung an Position 4 nach
Abbildung 6.2 (axial exzentrisch, radial zentrisch).

Die Anregung wird über die am Blechpaket umgreifende Zwinge in den Läufer eingelei-
tet. Die Zwinge ist über einen Krafteinleitungsblock und den Gleittisch mit dem Shaker
verbunden. Die Einleitungsebene kann in radialer Richtung in drei Stufen von einer torsio-
26
Wie in der Abbildung zu sehen, weist der verwendete Läufer B-seitig ein längeres Wellenende auf, als die
für die Reihenuntersuchungen verwendeten Exemplare. Dies hat aber auf die grundlegenden dynamischen
Eigenschaften keinen Einfluss.
122 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

nalen bis hin zu einer radialen Anregung variiert werden. In axialer Richtung des Läufers
ist der Krafteinleitungsblock mit der Zwinge im Lochraster des Gleittischs verschiebbar.
Abbildung 6.3 zeigt den Aufbau bei axial exzentrischer und radialer zentrischer Anregung
(entspricht Position 4 nach Abbildung 6.2).
Für eine erfolgreiche Durchführbarkeit der Versuche ist entscheidend, dass die durch die
Lagerung stark erhöhten Starrkörpereigenfrequenzen nicht im Bereich der elastischen Mo-
den zu liegen kommen. Die erste elastische Schwingform, die erste Torsionsschwingform,
ist bei knapp 1 000 Hz zu erwarten. Da bei der Planung der Versuche bereits im Vorfeld
abgeschätzt werden musste, ob das Lagerungskonzept die Anforderungen erfüllt, wurde ein
FE-Modell mit der Geometrie des vereinfachten Aufbaus nach Abbildung 6.1 aufgebaut.
Zu diesem Zeitpunkt war die konkrete geometrische Umsetzung nach Abbildung 6.3 noch
nicht bekannt. Dennoch konnten mit dem FE-Modell die ersten Eigenfrequenzen und
Eigenformen des Systems berechnet und ausgewertet werden. Im gelagerten FE-Modell
treten zwischen 100 Hz und 650 Hz Starrkörperbewegungen auf. Der folgende Auszug aus
den Übertragungsfunktionen einer Modalanalyse des Prüfaufbaus wurde durch Anregung
mit weicher Hammerspitze ermittelt. Wie in Abschnitt 3.2.2 bereits erläutert, ist dadurch
insbesondere bei niederfrequenten Eigenformen ein höherer Energieeintrag möglich. Aus
den Übertragungsfunktionen ist ersichtlich, dass der Aufbau bis etwa 400 Hz mehrere
ausgeprägte Eigenfrequenzen aufweist. Somit bildet das FE-Modell die Lagerung zwar zu
steif ab, jedoch ist bei beiden Analysen ein ausreichender Abstand zu den ersten elastischen
Moden vorhanden. Diese tritt bei der Messung bei knapp 1 000 Hz auf. Es handelt sich
dabei um die erste torsionale Eigenfrequenz des Läufers.

Abbildung 6.4: Übertragungsfunktionen bei Anregung des Läufers auf dem Prüfstand mit weicher
Hammerspitze

Mit dem FE-Modell werden darüber hinaus auch die elastischen Moden des Läufers berech-
net. Ein Vergleich der Eigenfrequenzen mit denen eines freien Läufers zeigt den Einfluss der
6.1 Versuchsaufbau und Randbedingungen 123

Lagerung. Dazu ist in Tabelle 6.1 die Veränderung der Eigenfrequenzen gegenüber einem
freien Modell dargestellt. Bei den meisten Schwingformen, insbesondere den Eigenformen
der Kurzschlussringe, sind die Einflüsse sehr gering und somit zu vernachlässigen. Einen
signifikanten Einfluss zeigen nur die erste Torsionseigenform und die Biegeeigenform des
Läufers. Bei der Torsionseigenform wirkt sich die Behinderung der Wellenenden aus; die
Biegeeigenform wird durch die unterschiedlichen Steifigkeiten des Aufbaus in horizontaler
und vertikaler Richtung beeinflusst. Dadurch erklären sich auch die Unterschiede in den
orthogonalen Formen. Der Einfluss der Lagerung auf die relevanten Schwingformen kann
über die Verwendung eines FE-Modells gut quantifiziert werden. Als Ergebnis lässt sich
festhalten, dass der Aufbau keinen nennenswerten Einfluss auf das Schwingverhalten der
relevanten Eigenformen des Prüflings hat und somit für die geplanten Untersuchungen sehr
gut geeignet ist.

Beeinflussung der Eigen-


Abweichung
formen durch die Lagerung

1. Torsion +3,7 %
Torsionseigenformen 2. Torsion -0,1 %
3. Torsion +0,5 %
+0,1 %
Schieben KR gleich
+1,0 %
+0,3 %
Biegeeigenformen Schieben KR gegen
+1,0 %
+0,7 %
Biegung Läufer
+5,9 %
0,0 %
KR Oval gleich
Eigenformen der 0,0 %
Kurzschlussringe 0,0 %
KR Oval gegen
0,0 %

Tabelle 6.1: Mittels FE-Modellen ermittelte Veränderung der Eigenfrequenzen durch die Lage-
rung des Prüflings an den Wellenenden im Vergleich zur freien Lagerung
124 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

6.2 Systemanregung und Prüfprogramm


Die Anregung des Prüflings erfolgt mit periodischen Signalen. Meist handelt es sich dabei,
wie hier angewandt, um harmonische, sinusförmige Signale. Für die Systemanalyse wird
ein sogenannter „Sinussweep“ verwendet. Dabei handelt es sich um ein Signal konstanter
Amplitude, bei dem die Frequenz über der Zeit steigt, siehe Abbildung 6.5.

Abbildung 6.5: Sinussweep (oder „Chirp“) über der Zeit t mit konstanter Amplitude A

Die Steigerungsrate der Frequenz Sf wird in Oktaven pro Minute ausgedrückt. Eine Oktave
bedeutet eine Verdopplung der Frequenz. Die Steigerungsrate verhält sich also nichtlinear
über der Frequenz. Hintergrund ist, dass eine vorhandene Resonanz eine gewisse Zeit benö-
tigt, um aufzuschwingen. Wird die Resonanz zu schnell durchfahren, schwingt sie nicht voll
auf und ist dadurch unter Umständen nicht zu erkennen27 . Die Durchlaufzeit hängt neben
der Resonanzfrequenz von der zu erwartenden Dämpfung im System ab. Bei Ewins ist als
Faustformel der Zusammenhang

Sf < 310 · fmin · D2 (6.1)

genannt [22]. Mit einer angenommenen Dämpfung D von 0,5 % aus Abschnitt 3.5.3 und
einer minimalen Resonanzfrequenz fmin von 900 Hz ergibt sich eine maximale Steigerungs-
rate von 6,98 Oktaven pro Minute (Oct/min). Die Steigerungsraten werden im Laufe der
Versuche variiert und liegen mit 0,5 bis 2 Oct/min unterhalb des maximal empfohlenen
Wertes. Die Sweeps werden immer in beide Richtungen, also mit steigender und fallender
Frequenz, aufgebracht, da sich bei Nichtlinearitäten im System häufig eine Abhängigkeit
zur Änderungsrichtung der Frequenz feststellen lässt. Der analysierte Frequenzbereich star-
tet bei 100 Hz und endet bei 2 500 Hz, der technischen Grenze des Shakers. Die niedrigen
Frequenzen werden nur zur Erfassung der Starrkörpermoden berücksichtigt. Durch die feste
Aufspannung bietet der Aufbau keine Freiheit für Bewegungen, welche über elastische Ver-
formungen des Systems hinausgehen. Aus diesem Grund werden im unteren Frequenzbereich
nur kleine Anregungsbeschleunigungen aufgebracht. Erst ab 700 Hz wird das System mit
den vollen Anregungsamplituden beaufschlagt. Als Kontrolle werden die sich einstellenden
Wegamplituden über den Zusammenhang
27
Ein Verfahren, das beim Hochlauf überkritisch betriebener Maschinen und Anlagen, wie langen, schlanken
Turbinenläufern, bewusst gewählt wird, um hohe Antwortpegel in der Resonanz zu vermeiden [18] [75].
6.2 Systemanregung und Prüfprogramm 125

a a
x= m, beziehungsweise x = m, (6.2)
ω 2 (2πf )2

berechnet. Die während der Prüfungen verwendeten Anregungsspektren und die maximalen
Wegamplituden sind in folgender Tabelle zusammengefasst.

Beschleunigungs- Wegamplitude Änderungs-


Anregungsspektren Frequenzbereich
amplitude (maximal) geschwindigkeit

A 100 Hz bis 2 500 Hz 0,5 g 12,7 µm 1 Oct/min


B 700 Hz bis 2 500 Hz 10 g 5,2 µm 1 Oct/min
C 700 Hz bis 2 500 Hz 20 g 10,3 µm 1 Oct/min
D 700 Hz bis 2 500 Hz 25 g 12,9 µm 1 Oct/min
E 700 Hz bis 2 500 Hz 30 g 15,5 µm 1 Oct/min
F 850 Hz bis 950 Hz 40 g 14,0 µm 0,5 Oct/min
G 850 Hz bis 900 Hz 50 g 17,5 µm 0,5 Oct/min

Tabelle 6.2: Eckdaten der Beschleunigungsanregungsspektren für die Prüfstandversuche

Für eine effiziente Nutzung der Prüfstandressourcen sind die Schwingversuche so zu planen
und durchzuführen, dass Rüstzeiten auf ein Minimum beschränkt werden. In Summe sind
mit dem Prüfaufbau sechs Anregungsorte möglich, wie aus Abbildung 6.2 ersichtlich. Die
Abfolge der Versuche wird über alle Anregungspositionen konstant gehalten, um vergleich-
bare Ergebnisse zu erhalten. Kern der Untersuchungen sind Sinussweeps zur Ermittlung
des dynamischen Verhaltens des Systems unter verschiedenen Anregungen nach Tabelle 6.2.

Anregungsposition
Prüfplan
1 2 3 4 5 6

A X X X X X X
B X X X X X X
C X X X X X X
D X X X*
E X X X X X X
F X X
G X
*: zusätzliche Läufe mit 0,5 Oct/min und 2 Oct/min

Tabelle 6.3: Prüfplan in Abhängigkeit von Anregungspositionen nach Abbildung 6.2 und Anre-
gungsspektren nach Tabelle 6.2

Zu Beginn und am Ende der Untersuchungen werden Modalanalysen des frei hängenden
Läufers durchgeführt, um den jeweiligen Ist-Zustand dokumentieren zu können. Somit ist
es auch möglich, Veränderungen im Läufer durch die Versuche zu erkennen. Eine Modal-
analyse des auf dem Prüfstand montierten Läufers wird zum Abgleich der Rechenmodelle
und zur Dokumentation des Unterschieds zum freien Läufer verwendet (siehe Abschnitt
126 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

6.5). Die Versuche mit Shakeranregung werden nach dem Plan in Tabelle 6.3 durchgeführt.
In einem ersten Schritt werden für jeden Anregungsort mit Hilfe von Anregungsspektrum
A die Starrkörpermoden des Systems ermittelt, um diese für die weiteren Untersuchungen
ausschließen zu können. Der Anregungspegel wird bei allen Anregungsorten zwischen den
Anregungsspektren B bis E variiert. Die sehr hohen Anregungen der Spektren F und G
werden nur bei Anregung an Position 6 getestet und sind gezielt auf die erste Torsions-
eigenform abgestimmt. Nicht immer konnten die in den Prüfprogrammen angegebenen
Frequenzbereiche im vollen Umfang genutzt werden. Aufgrund von Resonanzerscheinun-
gen traten gelegentlich Regelungsprobleme des Shakers auf, was zu dessen Abschaltung
führte. Um diesen Einflüssen zu begegnen, wurden Regelpositionen und Regelstrategie
mehrfach angepasst. Des Weiteren ist bei den Auswertungen zu beachten, dass über den
Krafteinleitungsblock nicht immer über dem gesamten Frequenzbereich die angegebene
Beschleunigung in den Prüfling eingeleitet wurde. Dieser Effekt wurde unter anderem bei
Versuch 4E, also Anregung mit 30 g an Position 4, festgestellt. Dabei tritt im unteren
Frequenzbereich eine Reduktion der Amplituden an der Lasteinleitung in den Prüfling auf.
Die Anregung durch den Shaker beträgt 30 g, an der Einleitung sind nur noch etwa 7 g
messbar. Eine Auswertung der zugehörigen Wegamplitude in Abbildung 6.6 zeigt, dass
diese einen Wert von 4 µm bis 5 µm nicht überschreitet, obwohl dies bis zu einer Frequenz
von etwa 1 200 Hz erforderlich wäre. Durch den in der Wellenebene steifen Läufer können
höhere Anregungswege und Anregungsbeschleunigungen offenbar nicht eingeleitet werden.
Diese führen vielmehr zu Verformungen des Gleittisches und des Krafteinleitungsblocks,
da diese im Verhältnis zu weich sind. Erst ab einer Frequenz von 1 200 Hz werden die
vorgegebenen Anregungswerte erreicht, da die zugehörigen Wege geringer werden. Eine
Regelung über den Aufnehmer an der Lasteinleitung wurde getestet, war aber aufgrund
des dynamischen Verhaltens von Gleittisch und Krafteinleitungsblock nicht erfolgreich.

Abbildung 6.6: Verlauf von Anregungsbeschleunigung und Anregungsweg am Shaker und an der
Einleitung in das Blechpaket bei radial zentrischer Anregung (Position 4) mit 30 g
6.3 Messaufnehmer und Messgitter 127

6.3 Messaufnehmer und Messgitter


Bei den Versuchen ist der Prüfling mit Beschleunigungsaufnehmern und Dehnmessstreifen
(„DMS“) versehen, um sein Verhalten auswerten zu können. Für eine eindeutige Definition
der Positionen und Bewegungsrichtungen wird das globale kartesische Koordinatensystem
aus Abbildung 6.1 verwendet. Die y-Achse entspricht der Drehachse des Rotors. Die Achse
zeigt dabei in Richtung der B-Seite des Rotors mit dem dünnen Wellenende. Die z-Achse
zeigt vertikal nach unten. Die verbleibende x-Achse liegt in der horizontalen Ebene und
zeigt zum Shaker. Der globale Koordinatenursprung liegt in der Mitte des Blechpakets. Für
die eindeutige Positionierung auf dem Blechpaketumfang wird der mathematisch positive
Umlaufsinn um die y-Achse gewählt. Der Umlauf startet bei der x-Achse. Das Messgitter
aus Beschleunigungsaufnehmern und DMS soll in der Lage sein, die relevanten Eigenfor-
men und die Dehnungen in den kritischen Bauteilabschnitten zu erfassen. Als Grundlage
für die Position der Beschleunigungsaufnehmer dienen die Erkenntnisse aus den Reihen-
untersuchungen. Die Messorte für Dehnungen orientiert sich an möglichen Positionen bei
Betriebsmessungen, so dass ein Quervergleich möglich ist.

6.3.1 Beschleunigungsaufnehmer

Bei der Auswahl der Messstellen für Beschleunigungen dient das Messgitter der Reihen-
untersuchungen nach Abbildung 3.9 auf Seite 36 als Vorbild. Neben Messpositionen am
Prüfling selbst sind auch Anregung und Lagerstellen zu überwachen. Da dies eine sehr
große Zahl an Aufnehmern und zu messenden Kanälen erfordert, wird das Messgitter
sinnvoll reduziert.

Abbildung 6.7: Prüfaufbau mit Beschleunigungsaufnehmern

Für die Zuordnung der Schwingformen sind die Bewegungen der Kurzschlussringe relevant.
Hierfür werden auf jedem Kurzschlussring je vier Triax-Aufnehmer angebracht. Die dazwi-
schen liegenden Positionen werden mit radial orientierten, uniaxialen Beschleunigungsauf-
nehmern ausgerüstet. Neben den Kurzschlussringen wird auch das Blechpaket vermessen.
Dafür werden in der Mitte des Blechpakets jeweils ein Aufnehmer in radialer und tan-
128 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

gentialer Richtung an vier Positionen über dem Umfang des Blechpakets angebracht. Das
Messgitter ist so auf die Messung von radialen und torsionalen Bewegungen abgestimmt. Die
weiteren Schwingformen sind im Rahmen der Untersuchungen nicht relevant, weswegen die
Reduktion des Messgitters ausreicht, die Schwingformen eindeutig bestimmen zu können.
Abbildung 6.7 enthält die Beschleunigungsaufnehmer auf dem Prüfling und an den Lager-
und Krafteinleitungsstellen. Hierfür werden Triax-Aufnehmer an den beiden Lagerstellen,
der Krafteinleitung und auf der zweiten Hälfte der Zwinge verwendet. Dies führt in Summe
zu 52 Beschleunigungsmesskanälen. Bei den Beschleunigungsaufnehmern handelt es sich
um verschiedene Bauformen von ICP-Aufnehmern mit Messbereichen bis mindestens 500 g
und 5 000 Hz und einer Masse von knapp 11 gr [13] [14] [15]. Die Befestigung am Prüfling
erfolgt mit dem in Abschnitt 3.2.3 diskutierten Zweikomponentenklebstoff X60.

6.3.2 Dehnungen

Die Dehnmessstreifen werden zum Abgleich der mittels FE-Modellen berechneten Spannun-
gen (genauer: Dehnungen) verwendet. Die Positionierung erfolgt anhand der zu erwartenden
Spannungsverteilung in der Struktur. Für die Messung ist nur der Kupfer-Kurzschlusskäfig
relevant. Die dort vorhandenen, kritischen Stellen sind meist lokal sehr eng begrenzt. Bei
der Auswertung der Dehnungen ist deshalb zu beachten, dass der DMS bei großen Deh-
nungsgradienten auf der Fläche des Messgitters nur einen mittleren Dehnungswert liefert.
Die verwendeten DMS haben eine Messgittergröße von 3,0 x 1,6 mm und verfügen über
einen an Kupfer angepassten thermischen Ausdehnungskoeffizienten von 1,60 · 10−5 /K.
Das Messprinzip beruht darauf, dass das Messgitter durch Verformung seinen elektrischen
Widerstand ändert. Die Anordnung der DMS erfolgt auf jeder Seite des Läufers einmal in
Anregungsrichtung und einmal quer dazu, jeweils an einem Dreierverband der Stäbe. Für
die Bestückung kommt nur der radial außenliegende Stabbereich in Frage, da innen der
Platz für die Applikation nicht ausreicht. Folgende Abbildung teilt die Dreierverbände in
vier Gruppen ein, die für die Applikation relevant sind.

Abbildung 6.8: Bereiche für die Positionierung von DMS an den Dreierverbänden der Kupferstäbe

In jedem Dreierverband ergeben sich neun mögliche Positionen für DMS. Da eine volle
Bestückung sehr aufwändig ist, wird die Zahl der Messpositionen eingeschränkt und auf
6.3 Messaufnehmer und Messgitter 129

die vier Bereiche verteilt. Da in den Stäben in der Regel Biegebelastungen auftreten, ist
eine mittige Positionierung der DMS an den Stäben nicht sinnvoll. Stattdessen werden die
Messstellen soweit wie möglich an den Kanten der Stäbe platziert. In folgender Abbildung
sind die möglichen Positionen an einem Dreierverband eingetragen und bezeichnet. Die
DMS werden jeweils mit dem Buchstaben des Bereichs aus Abbildung 6.8 und der Nummer
aus Abbildung 6.9 bezeichnet, so dass eine eindeutige Zuordnung möglich ist.

Abbildung 6.9: Mögliche Positionen der DMS am Dreierverband

Standardmäßig wird in allen vier Bereichen die Position 6 gesetzt, so dass ein Vergleich
zwischen den Bereichen möglich ist. Zusätzlich werden verschiedene Kombinationen aus-
geführt, um Einflüsse des Dreierverbands und der Messposition ermitteln zu können.
Das symmetrische Verhalten des Dreierverbands wird über einen Abgleich der jeweils
gegenüberliegenden Positionen in die Betrachtung aufgenommen. Außerdem werden die
Belastungsrichtungen durch die Anregung berücksichtigt. Die Messpositionen sind in fol-
gender vereinfachter Darstellung zusammengefasst. Zusätzlich sind in allen vier Bereichen
DMS am Innendurchmesser der Kurzschlussringe positioniert. Insgesamt führt dies zu 19
Messstellen. Zusammen mit den Beschleunigungen ergeben sich insgesamt 71 zu messende
Kanäle.

Abbildung 6.10: Position der applizierten DMS an den verschiedenen Dreierverbänden


130 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

6.4 Versuche unter Temperatureinfluss


Für Versuche unter Temperatureinfluss wird der Prüfling in einer Klimakammer platziert.
Am warmen Läufer sind Anschlagversuche vorgesehen. Als Lagerung wird deshalb die
freie Lagerung aus den Reihenversuchen übernommen. Der für die Schwingversuche prä-
parierte Läufer wird hängend in einer Vorrichtung gelagert, wie es Abbildung 6.11 zeigt.
Die Anregung mittels Hammerschlag stellt unter den Bedingungen der Klimakammer
die am einfachsten durchzuführende Methode dar und lässt einen Vergleich mit den bei
Raumtemperatur gewonnenen Eigenfrequenzen und Eigenformen zu.

Abbildung 6.11: Prüfling mit Haltevorrichtung für Klimatests

Der Prüfling wird in der Klimakammer auf eine Temperatur von 80 ◦C aufgeheizt. Die ge-
wählte Temperatur entspricht nicht dem im Betrieb maximal auftretenden Wert. Dennoch
stellt sie unter mehreren Gesichtspunkten eine Grenze dar. Für die Durchführung der Ver-
suche ist ein Betreten der aufgeheizten Klimakammer erforderlich. Dies ist, trotz kurzer
Aufenthaltszeiten, bei höheren Temperaturen nicht mehr sicher möglich. Zusätzlich wurden
bei Therolf [48] ab etwa 75 ◦C dynamische Effekte des verwendeten Klebers festgestellt. Im
Datenblatt des Klebers ist für nicht nullpunktbezogene Messungen eine maximale Tempe-
ratur von 80 ◦C angegeben [27]. In den Versuchen wurden dennoch keine Auffälligkeiten
festgestellt und alle geplanten Versuche konnten problemlos durchgeführt werden. Neben
den versuchstechnischen Aspekten ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Erwär-
mung des Läufers nicht so erfolgt, wie im Betrieb. Im Betrieb findet eine ungleichmäßige
Wärmeverteilung, ausgehend vom Kurzschlusskäfig, statt. Ob eine sehr hohe, gleichmäßig
verteilte Temperatur die gleichen Auswirkungen hat, kann nicht sicher festgestellt werden.
6.4 Versuche unter Temperatureinfluss 131

Aus diesem Grund ist die im Versuch verwendete, niedrigere Temperatur repräsentativer,
da diese einer Beharrungstemperatur des gesamten Systems entsprechen kann.
Das vollständige Durchwärmen einer derart kompakten Komponente, wie dem Läufer, be-
ansprucht einen langen Zeitraum. Konkret befand sich der Prüfling etwa 90 Stunden in der
Klimakammer. Der Temperaturverlauf in Abbildung 6.12 beinhaltet über einen Zeitraum
von etwa 45 Stunden den Temperaturverlauf von zwei Messstellen an der Oberfläche des
Prüflings. Die Messstellen liegen auf dem Kurzschlussring und am Druckring und sind
im rechten Teil von Abbildung 6.11 markiert und an der Wärmeleitmasse erkennbar. Das
Diagramm zeigt eine Starttemperatur von etwa 45 ◦C. Aufgrund einer betriebsbedingten
Unterbrechung musste die Aufheizphase in zwei Schritten erfolgen. Nach einer ersten Phase
mit 24 Stunden blieb die Klimakammer verschlossen, konnte aber etwa 20 Stunden nicht
betrieben werden. Nach dem Start der zweiten Aufheizphase ist nach etwa einem halben
Tag eine nahezu konstante Temperatur an der Prüflingoberfläche erreicht. Über welche
Temperatur der Prüfling im Inneren verfügte, konnte leider nicht gemessen werden. Dazu
wäre eine mechanische Bearbeitung erforderlich gewesen. Es kann aber davon ausgegangen
werden, dass der Läufer zum Zeitpunkt der Versuche sehr gleichmäßig durchwärmt war.
Die Versuche fanden in kurzer Folge unmittelbar vor dem Abfall der Temperaturen im
Diagramm statt. Das Abkühlen des Läufers nach Ende der Versuche wurde durch Einblasen
von Frischluft in die Kammer beschleunigt. Dies erklärt den schnellen Temperaturabfall
am Ende.

Abbildung 6.12: Verlauf der an der Prüflingsoberfläche gemessenen Temperatur während des Auf-
enthalts in der Klimakammer

Die Anregung erfolgt - analog zu den Reihenversuchen - über einen angeklebten Metallklotz
und radiale und tangentiale Hammerimpulse am oberen Kurzschlussring. Als Messgitter
werden die für die Prüfstandversuche applizierten Beschleunigungsaufnehmer verwendet.
Dehnungen werden während der Temperaturversuche nicht gemessen. Für Details zu An-
regung und Messgitter sei auf Abschnitt 3.2 verwiesen.
132 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

6.5 Schwingverhalten des Läufers


Zur Kontrolle und Überwachung des Läuferzustands werden zwischen den Prüfstandversu-
chen in regelmäßigen Abständen Modalanalysen durchgeführt. Dies umfasst sowohl Modal-
analysen am freien Läufer, analog zu den Reihenversuchen, als auch Untersuchungen des
auf dem Prüfstand montierten Läufers. Die damit gewonnenen Informationen bezüglich Ei-
genfrequenzen und Eigenformen helfen bei der nachfolgenden Auswertung der Messdaten.
Gleichzeitig ist eine Aussage zur Beeinflussung des dynamischen Verhaltens des Prüflings
durch den Prüfaufbau möglich.

6.5.1 Versuchsdurchführung

Für die Durchführung der Modalanalysen gelten die in Abschnitt 3.2 definierten Vorge-
hensweisen und Randbedingungen. Die Anregung wird ebenfalls über einen angeklebten
Metallklotz in die Struktur eingeleitet. Dieser ist in den Abbildungen 6.3 und 6.11 markiert
und bei allen Versuchen an gleicher Position. Die Anregung mittels Modalhammer erfolgt in
radialer und tangentialer Richtung. Zur Ermittlung der Starrkörpermoden des Prüfaufbaus
werden neben der Metallspitze auch weichere Hammerspitzen eingesetzt, da diese einen
höheren Energieeintrag bei niedrigen Frequenzen ermöglichen, wie in Abschnitt 3.2.2 erläu-
tert. Als Messgitter kommen die applizierten Beschleunigungsaufnehmer zur Anwendung.
Da alle Antwortkanäle gleichzeitig gemessen werden können, ist ein Versuchsdurchlauf pro
Anregungsrichtung ausreichend. Die Versuche sind dadurch sehr schnell durchführbar.

6.5.2 Verifikation des Versuchsaufbaus für thermische Versuche

Die Versuche vor und nach den Prüfstandversuchen werden in freier Lagerung am Kran
hängend durchgeführt. Bei den Versuchen in der Klimakammer ist eine solche Aufhän-
gung nicht ohne weiteres umsetzbar. Wie Abbildung 6.11 zeigt, ist der Läufer zwar auch
hier vertikal aufgehängt, jedoch ist die Länge der Aufhängung sehr kurz. Es ist dadurch
nicht auszuschließen, dass es zu Rückwirkungen zwischen Lagerung und Prüfling kommt,
so dass keine freie Lagerung mehr gewährleistet ist. Aus diesem Grund werden die Lager-
reaktionen der Traverse über einen zusätzlichen triaxialen Aufnehmer überwacht. Dieser
ist unmittelbar neben der Aufhängung platziert und in Abbildung 6.11 noch nicht enthal-
ten. Über Anschlagversuche mit harter und weicher Hammerspitze werden die Eigenmoden
des Aufbaus ermittelt. In Abbildung 6.13 ist die Summe der Übertragungsfunktionen aller
Messkanäle am Prüfling den Übertragungsfunktionen des Triax-Aufnehmers auf der Tra-
verse gegenübergestellt. Es zeigt sich, dass die Reaktionen an der Traverse im relevanten
Frequenzbereich ab etwa 900 Hz deutlich geringer sind, als am Prüfling. Eine Reaktion auf
Resonanzen des Prüflings ist ebenfalls kaum erkennbar. Umgekehrt wurde in einem zweiten
Versuch ermittelt, wie der Prüfling auf eine Anregung an der Traverse reagiert. Die Sum-
me der Übertragungsfunktionen am Läufer ist für diesen Fall ebenfalls in der Darstellung
enthalten. Bis auf einige niederfrequente Moden sind keine ausgeprägten Resonanzen er-
kennbar. Damit konnte gezeigt werden, dass trotz kurzer Aufhängung des Läufers bei den
Klimaversuchen eine ausreichende Entkopplung von Lagerung und Prüfling gewährleistet
ist. Somit ist dieser Aufbau für die geplanten Untersuchungen geeignet.
6.5 Schwingverhalten des Läufers 133

Abbildung 6.13: Summe der Übertragungsfunktionen am Läufer im Vergleich zu den Übertra-


gungsfuktionen an der Traverse bei Anregung am Läufer und bei Anregung an
der Traverse

6.5.3 Ergebnisse der Modalanalysen

Die Eigenfrequenzen der folgenden Auswertungen sind auf die Werte des freien Läufers vor
Beginn der Versuche bezogen. Diese Messung gilt als Referenz. Auf dem Prüfstand werden
erst die axial exzentrischen, anschließend die axial zentrischen Anregungspositionen nach
Abbildung 6.2 getestet. Anschließend wird der Prüfling in der Klimakammer aufgebaut.
Neben einem Versuch bei 80 ◦C wird während des Abkühlens eine weitere Modalanalyse
durchgeführt. Der letzte Versuch wurde erst mit mehreren Tagen Abstand durchgeführt.
In folgenden Diagrammen sind die prozentualen Änderungen relevanter Eigenformen des
Läufers über den beschriebenen Versuchsaufbauten aufgetragen. Die Darstellung erfolgt
getrennt für Torsions-, Biege- und Kurzschlussringformen. Für die Bezeichnung der Eigen-
formen sei auf Tabelle 3.1 auf Seite 44 verwiesen. Auf den horizontalen Achsen beschreiben
die Ziffern die Anregungspositionen nach Abbildung 6.2. Modalanalysen mit der Bezeich-
nung „A“ wurden am Anfang der jeweiligen Versuchsreihe durchgeführt, Modalanalysen mit
der Bezeichnung „E“ am Ende. Der Einfluss des Prüfstandaufbaus ist bei den Torsionseigen-
formen deutlich zu erkennen. Die Eigenfrequenzen ändern sich um bis zu 8 %. Insbesondere
die höheren Formen reagieren selektiv auf die Position der Anregung. Dies ist durch die
zusätzliche Masse der Zwinge auf dem Blechpaket zu erklären. Weiterhin befindet sich
die Zwinge teilweise an Schwingungsbäuchen, teilweise an Schwingungsknoten. Durch die
Verbindung mit dem Krafteinleitungsblock wirkt sie darüber hinaus bei radial exzentrischer
Anregung versteifend. Der Aufbau selbst ist durch den Versuch ebenfalls Schwankungen
unterworfen. Dies wird ersichtlich, wenn die Messungen an Anregungsposition 5 vor und
nach der Shakeranregung verglichen werden. Erklärt werden kann dieses Verhalten nur
134 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

durch Setzvorgänge im Aufbau. Dem Gegenüber werden die axialen Schwingformen des
Läufers vom Prüfstandaufbau kaum beeinflusst, wie der untere Teil von Abbildung 6.14
zeigt. Bei der ausgewerteten Biegeeigenform handelt es sich um ein gleichphasiges, radiales
Schieben der Kurzschlussringe. Allen Eigenformen in Abbildung 6.14 gemeinsam ist ein
großer Einfluss der Temperatur auf die Eigenfrequenzen. Diese sinken beim aufgeheizten
Läufer um 6 % bis 20 %. Besonders Formen mit großen Verformungen im Blechpaket, wie
die höheren Axialeigenformen, weisen eine große Temperaturabhängigkeit auf. Gleiches gilt
für die erste Torsionseigenform, deren Frequenz um über 12 % sinkt. Die Größenordnungen
der Frequenzänderungen der betrachteten Eigenformen durch Temperatureinfluss sind bei
einer ganzheitlichen Betrachtung des Systems somit nicht vernachlässigbar.

Abbildung 6.14: Relative Änderung der torsionalen und axialen Eigenfrequenzen des Läufers bei
unterschiedlichen Versuchsaufbauten auf dem Prüfstand und in der Klimakam-
mer

Im Vergleich zu den Biege- und Torsionseigenformen werden die Eigenfrequenzen der


Kurzschlussringeigenformen durch den Prüfaufbau praktisch nicht beeinflusst. Die Ergeb-
nisse stimmen damit qualitativ gut mit denen der Vorabrechnungen zur Verifikation des
Prüfaufbaus in Abschnitt 6.1.2 überein. Unterschiede ergeben sich daraus, dass die Zwinge
im Rechenmodell nicht berücksichtigt wurde. Der Einfluss der zusätzlichen Masse am
Blechpaketumfang wirkt sich vor allem bei den Torsionseigenformen aus. Bei den Kurz-
schlussringeigenformen kann mittels Rechnung und Versuch kein Einfluss des Prüfaufbaus
gefunden werden. Selbst die erhöhte Betriebstemperatur hat auf die höheren Eigenformen
der Kurzschlussringe keinen nennenswerten Einfluss, wie der untere Teil von Abbildung
6.15 zeigt. Diese Formen hängen vorwiegend von den Materialparametern des Kurzschluss-
käfigs ab, welche sich im untersuchten Temperaturbereich nicht nennenswert ändern. Dem
gegenüber weisen die gegenphasigen Formen von Ovalisieren und dreieckförmiger Schwin-
gung der Kurzschlussringe einen signifikanten Temperatureinfluss auf. Dies ist durch einen
6.5 Schwingverhalten des Läufers 135

höheren Einfluss des Blechpakets auf die gegenphasigen Schwingformen zu erklären. Das
Blechpaket ist bei diesen Formen an der Bewegung beteiligt, wie die Visualisierung der
Eigenformen in Abbildung 4.21 auf Seite 85 zeigt. Ein ähnlicher Zusammenhang konnte
bereits bei der Auswertung der Reihenversuche in Abschnitt 3.4.3 festgestellt werden.

Abbildung 6.15: Relative Änderung der Eigenfrequenzen der Kurzschlussringe des Läufers bei
unterschiedlichen Versuchsaufbauten auf dem Prüfstand und in der Klimakam-
mer

Allen betrachteten Eigenformen gemeinsam ist, dass zwischen Prüfstand- und Klimaversu-
chen und am Ende der Klimaversuche immer das Niveau der ursprünglichen Eigenfrequen-
zen erreicht wird. Die Veränderungen sind im Rahmen der Versuchs- und Auswertetoleran-
zen vernachlässigbar. Es finden demnach keine bleibenden Veränderungen im System statt.
Die aufgebrachten mechanischen Lasten sind für den Läufer somit als unkritisch einzustu-
fen. Ebenso hat der Temperaturzyklus keinen irreversiblen Einfluss auf dessen dynamisches
Verhalten.
136 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

6.6 Ergebnisse der erzwungenen Anregung


Kern der Versuchsreihen sind erzwungene Anregungen des Läufers in einem weiten Fre-
quenzbereich mittels eines elektrodynamischen Shakers. Bei dem dafür eingesetzten Shaker
handelt es sich um einen der größten und leistungsfähigsten frei verfügbaren Prüfstände
in Europa. Mit einem Anregungskraftvektor bis 180 kN ist sichergestellt, dass hohe An-
regungen in das zu prüfende System eingeleitet werden können. Insbesondere durch die
separate Lagerung des Prüflings stellt dessen hohe Masse kein Problem für den Shaker
dar. Die Aufnahme und die Auswertung der während der Versuche gewonnenen Daten ist
Hauptbestandteil der Untersuchungen und in den nachfolgenden Abschnitten erläutert.

6.6.1 Auswertung der gewonnenen Daten

Alle vorhandenen 71 Beschleunigungs- und Dehnungskanäle sind zeitsynchron zu erfassen


und aufzuzeichnen. Dazu kommen das Messwerterfassungssystem „SCADAS“ und die Soft-
ware „Test.Xpress“ von Siemens PLM Software in der Version 8A zur Anwendung [70].
Damit steht eine ausreichende Anzahl an Messkanälen zur Verfügung. Darüber hinaus ist
das Messsystem in der Lage, die DMS-Signale direkt auszuwerten und aufzuzeichnen. Die
Daten aller Kanäle werden mit einer Abtastrate von 8 192 Hz aufgezeichnet und abgespei-
chert, so dass nach Gleichung 2.29 auf Seite 21 Frequenzen bis 4 096 Hz ausgewertet werden
können. Dies führt in Summe zu einer Datenmenge von über 25 GB über alle Versuchsrei-
hen. Eine vollumfängliche Auswertung und Darstellung der Daten ist im Rahmen der Arbeit
dadurch nicht möglich. In den nachfolgenden Abschnitten werden vielmehr signifikante Er-
gebnisse und Effekte des Systems ausgewertet und analysiert. Die Datenauswertung erfolgt
dazu im Zeit- und Frequenzbereich.

6.6.2 Gemessene Beschleunigungen

Die Beschleunigungsreaktionen am Prüfling werden als Zeitsignale gemessen und aufge-


zeichnet. Qualitative Unterschiede lassen sich bereits damit erkennen und erläutern. So
sind in der folgenden Darstellung die Zeitsignale der Beschleunigungsaufnehmer auf dem
A-seitigen Kurzschlussring für verschiedene Anregungspositionen miteinander verglichen.
Die Abbildungen enthalten jeweils 16 Messkanäle, so dass aus Gründen der Übersichtlich-
keit auf die Darstellung einer Legende verzichtet wird. Die Farben der einzelnen Kanäle
sind jeweils identisch gewählt. Die Zeitschriebe wurden bei einer Anregung mit 30 g und
einen Frequenzbereich von 700 Hz bis 2 500 Hz aufgezeichnet. Der Frequenzbereich wird in
beiden Richtungen durchlaufen, so dass das Zeitsignal in der Mitte einen Wendepunkt auf-
weist und im Idealfall spiegelsymmetrisch verläuft. Eine solche Symmetrie ist in Abbildung
6.16 erkennbar und deutet auf ein weitgehend lineares System- und Resonanzverhalten
des Prüflings hin. In der Abbildung befindet sich die Anregung in radial exzentrischer
Position einmal axial zentrisch und einmal axial exzentrisch, also an den Positionen 3
und 6 nach Abbildung 6.2. In beiden Anregungspositionen sind die gleichen Messkanäle
dominant. Es handelt sich dabei um Bewegungen in den Ringebenen. Abhängigkeiten von
der Anregungsposition sind insbesondere im hohen Frequenzbereich, also im mittleren
Zeitbereich, zu erkennen. Der B-seitige Kurzschlussring weist ein vergleichbares Verhalten
6.6 Ergebnisse der erzwungenen Anregung 137

auf. Es werden maximale Beschleunigungen von 600 m/s2 bis 700 m/s2 gemessen.

Abbildung 6.16: Zeitsignale aller Beschleunigungsmesskanäle auf dem A-seitigen Kurzschlussring


bei Anregung mit 30 g von 700 Hz bis 2 500 Hz an Position 3 (oben) und an
Position 6 (unten)

Statt im Zeitbereich, werden die Strukturreaktionen auf unterschiedliche Anregungspo-


sitionen nachfolgend im Frequenzbereich miteinander verglichen. Dies ist mittels der in
Abschnitt 2.3.2 erläuterten FFT möglich. Für die Auswertung wird auf beiden Kurzschluss-
ringen jeweils ein kritischer Kanal in tangentialer und in radialer Richtung ausgewählt.
Abbildung 6.17 enthält die Übertragungsfunktion in tangentialer Richtung für beide
Kurzschlussringe und vier Anregungspositionen (1, 3, 4 und 6). Bei Anregung in radial
zentrischer Position konnten die Frequenzsweeps nur bis 2 000 Hz aufgebracht werden,
dies erklärt den Abfall der zugehörigen Kurven bei dieser Frequenz. Bis zu diesem Punkt
sind die Unterschiede in den Ergebnissen zwischen den beiden Kurzschlussringen eher
gering. Über alle Anregungspositionen werden maximale Antwortbeschleunigungen von
über 600 m/s2 erreicht. In Abhängigkeit der Eigenformen hat die Position der Anregung
deutlichen Einfluss auf die Antwortbeschleunigungen des Prüflings. Insbesondere die An-
regbarkeit der torsionalen Eigenformen bei etwa 900 Hz und bei etwa 1 600 Hz hängt stark
138 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

von der Wahl des Anregungsortes ab. Bei Betrachtung einer dominanten radialen Kom-
ponente und verschiedener Anregungspositionen in Abbildung 6.18 sind kaum signifikante
Unterschiede feststellbar. Das Niveau der gemessenen Werte ist etwas geringer, wobei die
Reaktionen im hohen Frequenzbereich deutlicher hervortreten.

Abbildung 6.17: Frequenzgänge tangentialer Beschleunigungsantworten an beiden Kurzschluss-


ringen bei unterschiedlichen Anregungspositionen

Abbildung 6.18: Frequenzgänge radialer Beschleunigungsantworten an beiden Kurzschlussringen


bei unterschiedlichen Anregungspositionen
6.6 Ergebnisse der erzwungenen Anregung 139

Damit kann gezeigt werden, dass der Versuchsaufbau in der Lage ist, die Eigenformen
des Läufers reproduzierbar und mit hohen Anregungs- und Antwortpegeln anzuregen.
Wie bei allen Betrachtungen ist zwischen radialen und tangentialen Eigenformen zu un-
terscheiden. Für jede Gruppe von Eigenformen existiert ein Anregungsort, über den die
Formen ideal angeregt werden können. Neben der Verifikation des Versuchsaufbaus steht
das dynamische Verhalten des Prüflings im Fokus. Das System hat sich bisher weitgehend
linear verhalten. Ob dies auch bei weiter gesteigerten Anregungsamplituden der Fall ist,
wurde exemplarisch bei Anregung an Position 6 untersucht. Der Anregungspegel beträgt
bis zu 50 g und ist speziell auf die erste Torsionseigenform abgestimmt. In Abbildung 6.19
sind die Übertragungsfunktionen für die Anregungsspektren B bis G nach Tabelle 6.3
enthalten. Die jeweiligen Frequenzbereiche der Anregungsspektren sind zu beachten. Aus
den Übertragungsfunktionen ergibt sich ein gleichmäßiges Bild der Resonanzen. Die Reso-
nanzamplituden steigen mit den Anregungsamplituden an. Die Zunahme der Antwortpegel
geht bei hohen Anregungsbeschleunigungen leicht zurück. Darüber hinaus sind bei den
dominanten Resonanzen bei 900 Hz und 1 250 Hz mit steigender Anregungsamplitude leicht
fallende Frequenzen zu beobachten. Dies deutet auf leichte Nichtlinearitäten bei großen
Bewegungen im System hin. Durch geänderte Steifigkeiten und Dämpfungen verändert sich
das Systemverhalten. Die Veränderungen sind beim untersuchten System allerdings gering.

Abbildung 6.19: Antwortsignalpegel in Abhängigkeit des Anregungssignals am Beispiel einer tan-


gentialen Beschleunigungskomponente am A-seitigen Kurzschlussring

Bei einem Vergleich der hohen gemessenen Antwortbeschleunigungen mit den Anregungssi-
gnalen fällt auf, dass zwar die Resonanzen deutlich erkennbar sind, die Pegel jedoch nur in
der Größenordnung der Anregung liegen. Bei einem schwach gedämpften System wäre ei-
ne deutlich stärkere Überhöhung der Antwortsignale gegenüber der Anregung zu erwarten.
Dies hängt mit dem in Abschnitt 6.2 beschriebenen Effekt zusammen. Demnach wird durch
dynamische Effekte der Krafteinleitung nicht der volle Anregungspegel in die Struktur ein-
geleitet. Dadurch wird in den Prüfling ein geringerer Pegel eingeleitet und die Resonanzen
weisen bezüglich diesem dennoch eine Überhöhung auf.
140 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

6.6.3 Dehnungen und Spannungen

Eine zuverlässige Messung von Dehnungen in guter Datenqualität ist schwierig und stark
von der verwendeten Messtechnik abhängig. Im Versuch erfolgte die Aufzeichnung der
DMS-Signale über verschiedene Messverstärker vom gleichen Hersteller. In Abhängigkeit
der Messverstärker wurden bei allen Kanälen konstante Rauschpegel in Höhe von etwa
2 µm/m oder etwa 5 µm/m festgestellt, unabhängig von äußeren Lasten. Das Zeitsignal bei
einer Anregung mit 30 g an Position 1 ist in Abbildung 6.20 dargestellt. Der Frequenzsweep
wird in beide Richtungen durchlaufen. Mit dieser Anregung werden an einzelnen DMS
Pegel von knapp 30 µm /m erreicht. Bei diesen zu messenden Größenordnungen ist der
auftretende Rauschpegel damit deutlich zu hoch. Andere Messgeräte standen für den
Versuch jedoch nicht zur Verfügung. Eine Auswertung der Dehnungssignale ist deshalb nur
bei hohen Anregungs- und dadurch hohen Antwortpegeln sinnvoll.

Abbildung 6.20: Zeitsignale der DMS bei einem Frequenzsweep mit 30 g an Anregungsposition 1

Für ein besseres Verständnis der gemessenen Größenordnungen der Dehnungen ist eine
Umrechnung in Spannungen sinnvoll. Dazu sind die Werte einheitenrichtig in Gleichung 6.3
einzusetzen. Der E-Modul von Kupfer wird aus Tabelle 4.4 auf Seite 75 übernommen. Unter
Berücksichtigung der Einheit der gemessenen Dehnung ergibt sich ein Umrechnungsfaktor
zwischen Dehnung und Spannung nach Gleichung 6.5.
6.6 Ergebnisse der erzwungenen Anregung 141

σ =E· (6.3)
σ = 113.000 MPa · 10−6 µm/m (6.4)
σ = 0,113 ·  MPa, wobei gilt: [] = µm/m. (6.5)

Daraus folgt, dass die in Abbildung 6.20 gemessenen Dehnungen Spannungsamplituden von
nur maximal 3,0 MPa entsprechen. Dieses Ergebnis ist positiv, da von geringen mechani-
schen Belastungen des Käfigs durch Schwingungen auszugehen ist. Einzig, die Problematik,
dass die DMS nicht immer im kritischen Bereich appliziert werden können, ist bei die-
ser Betrachtung nicht berücksichtigt28 . Eine Auswertung der gemessenen Zeitsignale im
Frequenzbereich liefert Erkenntnisse darüber, welche Frequenzen und Schwingformen die
maximalen Dehnungen verursachen. In Abbildung 6.21 sind die Signale aus einer Anregung
an Position 3 und einem Anregungspegel von 30 g enthalten. Durch den hohen Störpegel bei
einigen Kanälen sind Dehnungswerte unterhalb von etwa 5 µm/m kritisch zu betrachten.
Dennoch sind die Eigenfrequenzen einige Eigenformen sehr gut zu erkennen. Beispielsweise
die Frequenzen der ersten Torsionseigenform bei etwa 900 Hz und verschiedene Formen
der Kurzschlussringe ab etwa 1 200 Hz. Interessant ist der Einbruch der Signale zwischen
1 600 Hz und 1 700 Hz. Hier liegt die zweite Torsionseigenform des Läufers, die hier offenbar
nur sehr schlecht angeregt werden kann.

Abbildung 6.21: Auswertung der Dehnungssignale im Frequenzbereich bei einer Anregung mit
30 g an Position 3

Für eine Anregung an Position 6 mit gleichem Anregungssignal sind die Kurven in Abbil-
dung 6.22 enthalten. Die Spitzenwerte bei den dominanten Eigenfrequenzen unterscheiden
28
Ist eine Applikation im kritischen Bereich nicht möglich, werden die DMS mit gewissem Abstand dazu
appliziert. Die Umrechnung der gemessenen Dehnungen erfolgt mit einem mittels FE-Modell ermittelten
Übertragungsfaktor zwischen kritischer Stelle und Messstelle, siehe Abschnitt 7.3.
142 Kapitel 6 ERWEITERTE PRÜFSTANDVERSUCHE

sich kaum. Jedoch verändert sich in den restlichen Frequenzbereichen das Bild. Frequen-
zen, die in Abbildung 6.21 klar hervortreten, sind in Abbildung 6.22 kaum zu finden
und umgekehrt. Daraus ist ersichtlich, dass die Anregbarkeit der Eigenformen von der
Position der Anregung abhängt. Dieses Verhalten konnte bereits bei der Auswertung der
Beschleunigungssignale festgestellt werden. In beiden Darstellungen liegt die maximal ge-
messene Dehnung bei unter 30 µm/m. Die Ergebnisse decken sich somit mit dem Zeitsignal
in Abbildung 6.20, so dass die daraus resultierenden Spannungsamplituden in allen Ver-
suchsanordnungen gering sind. Die einzigen Versuche mit höheren Anregungsamplituden
fanden bei Anregung an Position 6 und mit Fokus auf die Torsionseigenform bei etwa
900 Hz statt. Nach Abbildung 6.22 erweisen sich bei dieser Form zwei DMS als kritisch. Die
Entwicklung der Maximalwerte mit steigender Anregungsamplitude ist in Tabelle 6.4 für
die kritischen Messpositionen B6 und D9 nach Abbildung 6.10 zusammengefasst. Es zeigt
sich, dass sich die Dehnungen ebenfalls weitgehend linear verhalten. Mit zunehmendem
Anregungspegel werden die Überhöhungen, analog zu den Antwortbeschleunigungen, je-
doch geringer, so dass von einer steigenden Dämpfung im System ausgegangen werden kann.

Abbildung 6.22: Auswertung der Dehnungssignale im Frequenzbereich bei einer Anregung mit
30 g an Position 6

Entwicklung der Anregungs- Messposition B6 Messposition D9


Dehnungswerte pegel Dehnung Faktor Dehnung Faktor

1 30 g 17 µm/m 0,57 9 µm/m 0,30


2 40 g 22 µm/m 0,55 11,5 µm/m 0,29
3 50 g 25 µm/m 0,50 13,5 µm/m 0,27

Tabelle 6.4: Entwicklung der maximalen Dehnungswerte an den kritischen DMS aus Abbildung
6.22 bei Anregung der ersten Torsionseigenform über Position 6
6.7 Vergleich mit Betriebsbedingungen 143

6.7 Vergleich mit Betriebsbedingungen


Die gemessenen Beschleunigungen und Dehnungen wurden bisher nicht in Relation zu
Lasten im realen System betrachtet. Die Untersuchungen haben sich vielmehr am praktisch
Durchführbaren orientiert und die Grenzen des Shakers ausgenutzt. Als Vergleich liegen
von Läuferbauform 2 Messungen aus dem Betrieb an einer Lastmaschine vor. Dabei wurden
die an den Kurzschlussringen auftretenden Beschleunigungen in translatorischer Richtung
und in Querrichtung gemessen. Die am rotierenden Läufer ermittelten Signale wurden
mittels berührungslos arbeitender Telemetrie übertragen und anschließend aufgezeichnet.
Aus einem Hochlauf bis etwa 4 000 min−1 ergibt sich nachfolgendes Zeitsignal.

Abbildung 6.23: Während eines Drehzahlhochlaufs im Betrieb in torsionaler und radialer Rich-
tung gemessene Beschleunigungssignale an Kurzschlussringen der Bauform 2

Die einzelnen Messsignale spielen eine untergeordnete Rolle, vielmehr sind die gemessenen
Größenordnungen der Beschleunigungen entscheidend. Die Zeit für den Drehzahlhochlauf
ist mit der Zeit für einen Frequenzsweep im Versuch vergleichbar, so dass davon auszugehen
ist, dass die Eigenformen voll aufschwingen können und das Kriterium nach Gleichung 6.1
in Abschnitt 6.2 erfüllt ist. Im niedrigen Drehzahlbereich des Hochlaufs liegen einige eng be-
grenzten Beschleunigungsspitzen vor. Dabei werden Amplituden von über 450 m/s2 erreicht.
Im weiteren Verlauf bis etwa 3 000 min−1 liegen die gemessenen Beschleunigungsamplitu-
den in einem Bereich von 100 m/s2 bis 300 m/s2 . Im letzten Drehzahlbereich werden mit
etwa 500 m/s2 die höchsten Amplituden gemessen. Auch das mittlere Niveau der Schwin-
gungen liegt hier höher. Zusammenfassend zeigt die Abbildung, dass die bei der Messung
erreichten Beschleunigungswerte in der Größenordnung der im Versuch maximal ermittelten
Werte nach Abbildung 6.16 liegen. Teilweise übersteigen die in den Versuchen gemessenen
Maximalwerte sogar die Ergebnisse aus der Betriebsmessung. Somit sind die in den Ver-
suchen in den Läufer eingeleiteten Lasten mit denen aus typischen Betriebsanwendungen
vergleichbar. Die Prüfstandversuche sind demnach in der Lage, für den Läufer realistische
Betriebsbedingungen abzubilden.
Kapitel 7

Verifikation des Simulationsmodells


mittels Prüfstandversuchen
Mit den vorliegenden Simulationsmodellen und Versuchsergebnissen ist es möglich, nicht
nur Eigenfrequenzen und Eigenformen, sondern auch Spannungen und Dehnungen in den
Bauteilen zu berechnen und abzugleichen. Dazu wird das vorliegende FE-Modell um Last-
und Lagerrandbedingungen erweitert. Diese sind an die Versuche im letzten Kapitel ange-
passt, so dass die Ergebnisse direkt übernommen und verglichen werden können. Im Rahmen
einer harmonischen Anregungsrechnung werden die Strukturreaktionen des FE-Modells auf
die definierten Anregungen ermittelt. Sind auch diese Berechnungen erfolgreich, liegt ein
vollständig abgeglichenes FE-Modell für die Läuferberechnung vor.

7.1 Anforderungen an das erweiterte FE-Modell


Aus den durchgeführten Modalanalysen können Eigenfrequenzen und Eigenformen ermit-
telt werden. Verformungen, Dehnungen und Spannungen werden zwar berechnet, aber die
Werte sind normiert dargestellt (wie bereits in Abschnitt 2.4 gezeigt). Sollen realistische
Verformungen und Spannungen ermittelt werden, sind die analysierten Systeme um Anre-
gungslasten zu erweitern. Da die Modelle für Modalanalysen ein lineares Verhalten aufwei-
sen müssen, bietet sich für die harmonische Anregungsrechnung die Methode der modalen
Superposition an. Dabei werden die normierten Ergebnisse der Modalanalyse linear skaliert,
bis die gewünschte anregende Last vorliegt. Des Weiteren ist es durch lineare Überlagerung
möglich, den Einfluss aller Eigenformen im Frequenzbereich zu berücksichtigen. Aufgrund
des vollkommen linearen Modellaufbaus ist es darüber hinaus möglich, die Ergebnisse per
Hand zu skalieren. Halbe Last führt zu halber Reaktion im System und umgekehrt. Durch
diese Tatsache ist es ausreichend, Einheitslastfälle zu berechnen. Die weiteren Ergebnisse
können daraus abgeleitet werden.

7.1.1 Modellaufbau

Zentraler Bestandteil eines Modells zur Nachrechnung der Prüfstandversuche ist der
Läufer. Dieses wird aus Kapitel 4 übernommen. Für die Parametrierung sind die Er-
kenntnisse aus Kapitel 5 berücksichtigt. Das Simulationsmodell des Läufers ist für eine
harmonische Anregungsrechnung zu erweitern. Dies umfasst insbesondere Komponenten
146 Kapitel 7 VERIFIKATION DES SIMULATIONSMODELLS

für Lagerung und Lasteinleitung. Da die Anregung eines freien Systems nicht sinnvoll
möglich ist, wird die Geometrie der Lagerung aus den Prüfstandversuchen übernommen.
Diese wurde in Kapitel 6 getestet und verifiziert. Die Lasteinleitung erfolgt über eine
vereinfachte Nachbildung der auf dem Prüfstand eingesetzten Zwinge. Diese verfügt über
drei Lasteinleitungsebenen und wird in verschiedenen Rechenmodellen axial zentrisch und
axial exzentrisch eingebaut, um alle Anregungspositionen nach Abbildung 6.2 auf Seite
120 zu ermöglichen. Die Verbindung zwischen Zwinge und Blechpaket erfolgt über einen
fest verbundenen Kontakt. Damit sind die Lastpfade in Messung und Rechenmodell gut
vergleichbar und es sind alle Anregungspositionen abbildbar. Das erweiterte Rechenmodell
ist in folgender Abbildung enthalten. Trotz geometrischer Durchdringung zwischen Zwin-
ge und Grundplatte des Adapters ist keine Kopplung zwischen beiden Bauteilen vorhanden.

Abbildung 7.1: Vollständiges Modell mit Lagerung und axial exzentrischer Lasteinleitung in An-
lehnung an den Prüfstandaufbau aus Kapitel 6

7.1.2 Randbedingungen des dynamischen Modells

Die durch die Übernahme des Prüfstandmodells vorhandene feste Einspannung am ver-
einfachten Prüfadapter wird übernommen. Zusätzlich sind die Lasteinleitungspunkte zu
definieren. In Analogie zu den Prüfstandversuchen handelt es sich dabei um die Stirnflä-
chen der drei Anschlussbalken an der Zwinge. Die Flächen werden für die Modalanalyse
in den translatorischen Freiheitsgraden fixiert. Die Anregung wird, je nach gewünschter
Anregungsposition, auf eine der drei Flächen aufgeprägt. Es kommt eine Fußpunktanre-
gung mittels Beschleunigungslasten zur Anwendung. Dies entspricht der Anregung auf dem
Prüfstand. Für einen direkten Vergleich mit den Messungen sind die in Abschnitt 6.2 disku-
tierten Auffälligkeiten bei der Einleitung der Anregungspegel in den Prüfling zu beachten.
7.1 Anforderungen an das erweiterte FE-Modell 147

Des Weiteren ist neben der Höhe der Anregung deren wirkender Frequenzbereich zu definie-
ren. Um auch im FE-Modell die Starrkörpermoden aus den Berechnungen auszuschließen,
wird der Frequenzbereich von 700 Hz bis 2 500 Hz definiert. Damit bei einer harmonischen
Anregungsrechnung sinnvolle Ergebnisse ermittelt werden können, ist darüber hinaus die
Definition einer Systemdämpfung zwingend erforderlich. Da keine konkreten Werte bekannt
sind, werden die Modelle initial mit einer Lehr´schen Dämpfung von 0,5 % nach den Er-
gebnissen aus Abschnitt 3.5.3 parametriert. Eine aufwändigere Definition der Dämpfung
(beispielsweise nach Rayleigh, wie in Abschnitt 2.2 diskutiert) macht an dieser Stelle kei-
nen Sinn, da die genaue Dämpfungscharakteristik des Systems ohnehin unbekannt ist.

7.1.3 Vernetzung und Vernetzungsqualität

Neben Lasten und Randbedingungen stellt die Vernetzung der relevanten Komponenten
einen wichtigen Punkt bei einer Spannungsberechnung dar. Im Vergleich zu Verformungen,
worauf die Ermittlung von Eigenfrequenzen und Eigenformen beruht, ist für die Berechnung
von Spannungen ein feineres Netz erforderlich. Für den Kurzschlusskäfig wird die Element-
größe deshalb reduziert, um einen ausreichenden Diskretisierungsgrad zu erreichen. Für die
weiteren Komponenten wird die Standard-Vernetzung nach Abschnitt 4.1.4 beibehalten.
Dies führt zu einer Zunahme der Knoten- und Elementzahl um etwa den Faktor zwei. Eine
Kontrolle, ob die Diskretisierung durch das Netz ausreichend ist, ist bei der Berechnung von
Spannungen unerlässlich. Da Spannungen und Spannungsverteilungen stärker von lokalen
Effekten abhängig sind, als Verformungen, ist eine globale Betrachtung, wie in Abschnitt
4.1.4 durchgeführt, nicht mehr ausreichend. Im Rahmen der gängigen FE-Systeme stehen
verschiedene Kontrollmechanismen für die Qualität der Diskretisierung zur Verfügung. Der
vom Programm gewählte Ansatz für die Kontrolle der Elementqualität setzt das Volumen
V und die Kantenlängen l der einzelnen Elemente zueinander ins Verhältnis. Der Faktor
für die Elementqualität Q wird über den Ansatz

V
Q = Cq P (7.1)
( l 2 )3

berechnet [4]. Die Konstante C ist von der Form der Elemente abhängig und gegeben. Er-
gebnis des Ausdrucks ist ein Wert zwischen 0 und 1 für jedes Element. Ein Wert von 1
bedeutet, bei dem Element liegt ein optimales Verhältnis zwischen Oberfläche und Volu-
men vor. Durch die dadurch sehr kompakten Abmessungen des Elements werden numerische
Probleme bei der Berechnung reduziert und die Ergebnisqualität gesteigert. Die ermittelten
Qualitätsfaktoren werden in Form von Konturplots dargestellt, so dass die Vernetzungsqua-
lität in den einzelnen Regionen des Modells gut erkannt werden kann. In den Abbildungen
7.2 und 7.3 sind die ermittelten Werte für das Gesamtmodell und den Kurzschlusskäfig dar-
gestellt. In Summe weisen etwa 80 % der Elemente einen Qualitätsfaktor von mindestens
0,8 auf. Werte kleiner als 0,5 liegen bei weniger als 5 % vor. Die Elementqualität ist noch
kein direktes Maß für die Konvergenz einer ermittelten Lösung. Aber je regelmäßiger die
Elemente und die Vernetzung sind, desto besser wird das reale Verhalten der Komponenten
wiedergegeben. Mit den vorliegenden Ergebnissen kann davon ausgegangen werden, dass
die relevanten Bereiche des Käfigs gut abgebildet werden.
148 Kapitel 7 VERIFIKATION DES SIMULATIONSMODELLS

Abbildung 7.2: Visualisierung des Elementqualitätsfaktors nach Gleichung 7.1 für alle Elemente

Abbildung 7.3: Visualisierung des Elementqualitätsfaktors nach Gleichung 7.1 für den Kurz-
schlusskäfig
7.2 Auswertung des dynamischen Modellverhaltens 149

7.2 Auswertung des dynamischen Modellverhaltens


Ein erster Abgleich des FE-Modells mit den Ergebnissen der Prüfstandversuche erfolgt über
einen Vergleich des dynamischen Verhaltens. Analog zu den an den Kurzschlussringen ge-
messenen Beschleunigungssignalen werden diese auch im FE-Modell ermittelt. Dieses wird
dazu mit einer Anregungsbeschleunigung von 30 g an den verschiedenen Positionen beauf-
schlagt. Die Auswertung erfolgt getrennt für Beschleunigungen in tangentialer und radialer
Richtung. Dadurch sind die auf Seite 150 folgenden Diagramme direkt mit Abbildungen 6.17
und 6.18 aus Abschnitt 6.6.2 vergleichbar. Auffälligster Unterschied zwischen Messung und
Rechnung sind die klarer abgegrenzten und weniger zahlreich vorhandenen Spitzenwerte
in den rechnerisch ermittelten Signalen. Insbesondere am Beispiel der ersten Torsionsei-
genform in Abbildung 7.4 ist zu sehen, dass nur bei Anregung an Position 6 nennenswer-
te Beschleunigungspegel erreicht werden. Im Gegenzug weisen die gemessenen Signale in
diesem Frequenzbereich bei allen Anregungspositionen hohe Pegel auf. Dies ist dadurch
erklärbar, dass die Anregung im Simulationsmodell stets ideal in das System eingeleitet
wird. Dagegen weist der Prüfaufbau im Bereich der Lasteinleitung dynamische Effekte auf,
die dazu führen, dass die Anregung nicht nur in der gewünschten horizontalen Richtung,
sondern auch in den Querrichtungen eingeleitet wird. Diese führen zur Anregung weiterer
Eigenformen des Prüflings. Um solche Effekte im Simulationsmodell zu berücksichtigen,
wäre die Erweiterung des Modells um eine feiner aufgelöste Geometrie der Lasteinleitung
erforderlich. Eine derartige Ausweitung der Systemgrenzen wird als nicht sinnvoll erachtet,
da dies zu neuen Problemen bei Modellierung und Wahl der Randbedingungen führt.
Die rechnerisch ermittelten Maximalwerte der Beschleunigungen erreichen nicht ganz das
Niveau der Messungen. Insbesondere im höheren Frequenzbereich ab etwa 1 900 Hz ist
der Abfall in den Simulationsergebnissen deutlich erkennbar. Für dieses Verhalten gibt es
mehrere Gründe. Wie bereits in Abschnitt 6.2 gezeigt werden konnte, wird der gewünsch-
te Anregungspegel am Prüfstand nicht gleichmäßig über dem gesamten Frequenzbereich
aufgebracht. Im Bereich bis etwa 1 200 Hz liegen die Anregungsbeschleunigungen an der
Einleitung durch die begrenzte mögliche Wegamplitude des Prüflings deutlich unter den
gewünschten Werten, wie Abbildung 6.6 auf Seite 126 zeigt. Im höheren Frequenzbereich tre-
ten dagegen Überhöhungen gegenüber dem gewünschten Anregungspegel auf. Diese Über-
höhungen treten teilweise in Verbindung mit Eigenformen des Prüflings auf und sind auch
an den weiteren Anregungspositionen festzustellen. Eine derartige Interaktion zwischen La-
steinleitung und Prüfling ist nicht beabsichtigt und im Rechenmodell nicht enthalten. Für
eine Korrektur der rechnerisch ermittelten Beschleunigungssignale müssten diese mit den
realen Anregungssignalen überlagert werden. Es ist davon auszugehen, dass die Überein-
stimmung in der Charakteristik der Verläufe und in den maximalen Pegeln dadurch besser
wird. Als weitere Möglichkeit der Anpassung der Simulationsergebnisse an die Versuch-
sergebnisse steht die Dämpfung zur Verfügung. Dass diese nicht bei allen Schwingformen
gleich ist, konnte bereits in Abschnitt 3.5.3 gezeigt werden. Über eine globale oder auch mo-
denabhängige Modifikation der Dämpfung können einzelne Eigenformen gezielt beeinflusst
und angepasst werden. Dies erfordert in einem ersten Schritt eine vollständige Anpassung
an die tatsächlich auftretenden Anregungsbeschleunigungen. Erst im Anschluss macht eine
Modifikation der Dämpfungen Sinn. Da die Ergebnisse bereits gut übereinstimmen und
insbesondere eine modenabhängige Anpassung der Dämpfung eine große Einschränkung in
der universellen Anwendbarkeit des Rechenmodells darstellt, wird auf diese Anpassungen
150 Kapitel 7 VERIFIKATION DES SIMULATIONSMODELLS

an dieser Stelle verzichtet. Es bleibt festzuhalten, dass der Wahl der Schnittstellen und
Randbedingungen bei der Systembetrachtung eine große Bedeutung zukommt. Sind diese
sinnvoll gewählt, liefert der Abgleich gute Ergebnisse und die möglichen Stellgrößen für eine
weitere Verfeinerung und Anpassung des Rechenmodells können benannt werden.

Abbildung 7.4: Berechnete Frequenzgänge in tangentialer Richtung an den Kurzschlussringen bei


verschiedenen Anregungspositionen nach Abbildung 6.2 auf Seite 120 und einem
Anregungspegel von 30 g

Abbildung 7.5: Berechnete Frequenzgänge in radialer Richtung an den Kurzschlussringen bei ver-
schiedenen Anregungspositionen und einem Anregungspegel von 30 g
7.3 Spannungen aus dynamischen Anregungen 151

7.3 Spannungen aus dynamischen Anregungen


Durch die vorhandene Anregung ist es möglich, Spannungen im Modell zu berechnen und
auszuwerten. Für den Abgleich mit Messergebnissen sind insbesondere die Spannungen
an den applizierten DMS relevant. Da die DMS nur Dehnungen in Längsrichtung mes-
sen, werden die Normalspannungen in den entsprechenden Richtungen ausgewertet. Die
folgenden Darstellungen enthalten jeweils die maximalen Werte für jeden Knoten über
dem untersuchten Frequenzbereich. Dadurch wird das auftretende Maximum zuverlässig
erfasst. Die auftretende Biegung in den Stäben ist bei allen Konturdarstellungen gut
erkennbar. Da diese so erwartet wurde, wurden die DMS entsprechend platziert. Die in
den Rechnungen an diesen Positionen ermittelten, mittleren Spannungswerte sind in den
folgenden Darstellungen für die vier Bereiche nach Abbildung 6.8 auf Seite 128 ausgewiesen.

Abbildung 7.6: Verteilung der über der Frequenz maximalen Normalspannungen in Richtung der
DMS in den Bereichen A und B bei Anregung mit 30 g an Position 6

Abbildung 7.7: Verteilung der über der Frequenz maximalen Normalspannungen in Richtung der
DMS in den Bereichen C und D bei Anregung mit 30 g an Position 6
152 Kapitel 7 VERIFIKATION DES SIMULATIONSMODELLS

Es zeigt sich, dass sich einzig an den ringseitigen Enden der gekröpften Stäbe die DMS
nicht an den optimalen Messpositionen befinden. Analog zu den Versuchsergebnissen sind
die an den Messpositionen ermittelten Spannungen meist gering. Die höchsten Spannungen
treten im Modell an den Übergangsradien zu den Kurzschlussringen auf. Diese liegen um
etwa den Faktor 3 bis 4 über den an den Positionen der DMS berechneten Werte. Um
dieses Verhältnis zwischen Messstelle und kritischer Stelle der Struktur müssen gemessene
Dehnungen für eine Bewertung der Spannungen erhöht werden.
In den Versuchen treten bei den gewählten Anregungspegeln an den DMS Dehnungen bis
maximal 27 µm/m auf. Dies entspricht nach Gleichung 6.5 einer Spannung von 3,1 MPa.
Werte in dieser Größenordnung werden in den Simulationen an den entsprechenden Stellen
nicht erreicht. Die größte mittlere Spannung an der Position eines DMS liegt bei 1,4 MPa.
Bei der Bewertung sind die im letzten Abschnitt diskutierten Abweichungen zwischen ge-
messenen und berechneten Beschleunigungen an den Kurzschlussringen zu berücksichtigen.
Die Abweichungen liegen, abhängig von der Schwingform in der Größenordnung eines Fak-
tors von 2 bis 3 in den Maximalwerten. Aufgrund der Linearität des Simulationsmodells
ändern sich die Spannungen proportional dazu. Unter Berücksichtigung dieses Verhältnisses
werden die in den Versuchen ermittelten Spannungen auch in den Berechnungen erreicht.
Dies führt zu dem Schluss, dass die Abbildung der Spannungen im Kurzschlusskäfig im
Simulationsmodell realitätsnah erfolgt. Es konnte damit gezeigt werden, dass das entwi-
ckelte Modell nicht nur das dynamische Verhalten, sondern auch die daraus resultierende
Strukturreaktionen bei harmonischer Anregung gut wiedergeben kann.
Kapitel 8

Zusammenfassung und Fazit


Ziel der Arbeit war die Entwicklung eines über Versuche abgeglichenen numerischen Be-
rechnungsmodells zur Ermittlung des dynamischen Verhaltens der Kupfer-Kurzschlussläufer
von Asynchronmaschinen. Typisch für die untersuchten Läufer ist die gedrungene Bauweise
mit axial sehr kurzen Wellenenden, wodurch sich das dynamische Verhalten stark von dem
langer, schlanker Läufer unterscheidet. Das Berechnungsmodell soll in der Lage sein, das
Systemverhalten ohne geometrische Modifikationen abzubilden. Somit verbleiben diverse
Modellierungsparameter als Stellgrößen für die Modellanpassung.

8.1 Zusammenfassung
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Blöcke von experimentellen und rechnerischen Untersu-
chungen. Basis ist eine experimentell ermittelte Datenbasis mit den modalen Eigenschaften
von etwa 45 untersuchten Läufern. In den Versuchen werden diese vertikal hängend mit-
tels experimenteller Modalanalyse mit Hammerschlaganregung untersucht. Versuchsaufbau
und -durchführung sind umfangreich verifiziert, so dass systematische Einflüsse weitgehend
ausgeschlossen werden können. Für die Auswertung werden manuelle und automatisierte
Verfahren verglichen. Die untersuchten Läufer gehören vier verschiedenen Bauformen an,
so dass für jede Bauform eine statistisch aussagekräftige Bewertung der Messwerte mög-
lich ist. Die parallel dazu aufgebauten FE-Modelle beinhalten alle Komponenten der realen
Läufer. Modifikationen in der Geometrie werden nicht vorgenommen. Schwerpunkte der
Modellierung liegen auf dem Materialmodell des geschichteten Läuferblechpakets und der
Verbindung zwischen Stäben und Blechpaket. Das Blechpaket ist in axialer Richtung deut-
lich weicher als ein Vollmaterial, so dass hierfür ein transversal-isotropes Materialmodell
zur Anwendung kommt. Dazu wird ein bestehendes Materialmodell weiterentwickelt. Des
Weiteren hat sich gezeigt, dass dem Kontakt zwischen Stäben und Blechpaket besondere
Bedeutung zukommt. In Anlehnung an das reale Verhalten wird eine Kontaktformulierung
entwickelt, die an den Enden des Blechpakets deutlich weicher reagiert, als im mittleren
Teil des Blechpakets. Die dazu erforderlichen Parameter stehen, zusammen mit anderen
Kontakt- und Materialparametern, für die Modellanpassung des FE-Modells zur Verfügung.
In einem ersten Schritt werden Sensitivitätsanalysen zum modalen Verhalten durchgeführt.
Daraus ist ersichtlich, welche Eingangsparameter Einfluss auf die verschiedenen Eigenfor-
men haben. Basis dieser Untersuchungen sind Messwerte und Messdaten, mit denen die
Ergebnisse der FE-Modelle verglichen werden. Die Datensätze der Sensitivitätsanalysen
werden in mathematisch einfacher beschreibbare Metamodelle überführt. Durch die ge-
154 Kapitel 8 ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT

genüber den FE-Modellen drastisch reduzierten Rechenzeiten ist es möglich, im Rahmen


einer Parameteroptimierung mehrere Tausend Datensätze innerhalb kurzer Zeit zu unter-
suchen. Ziel und Ergebnis der Optimierungsläufe ist die Minimierung der Abweichungen
zwischen Messergebnissen und Rechenergebnissen. Alle durchgeführten Versuche und Si-
mulationsrechnungen beruhen darauf, dass die Prüflinge bei Raumtemperatur untersucht
werden und die anregenden Kräfte gering sind. Da dies die realen Einsatzbedingungen
der Läufer nicht vollständig abdeckt, werden zusätzliche Prüfstandversuche unter erhöhten
Anregungsamplituden und unter erhöhter Temperatur geplant und durchgeführt. Die An-
regung mittels elektrodynamischem Shaker ist, insbesondere für torsionale Schwingformen,
nicht ohne weiteres möglich. In Zusammenarbeit mit dem Prüflabor konnte ein Lagerungs-
und Anregungskonzept entwickelt und umgesetzt werden, das eine radiale und tangentia-
le Anregung an verschiedenen Orten des Prüflings ermöglicht. Mit diesem Versuchsaufbau
werden diverse Variationen in Anregungsintensität und Anregungsort durchgeführt. Die
Reaktionen des Prüflings werden mittels Beschleunigungsaufnehmern und Dehnmessstrei-
fen zeitsynchron aufgezeichnet. Daneben ist der Prüfling in einer Klimakammer erhöhten
Temperaturen ausgesetzt, so dass die Ermittlung des modalen Verhaltens unter Tempe-
ratureinfluss möglich ist. Den Abschluss der Prüfstanduntersuchungen bildet ein um die
Prüfstandrandbedingungen erweitertes FE-Modell des untersuchten Läufers, mit dem die
Tests am Shaker simuliert werden können. Mit dieser Untersuchung wird die Qualität des
ermittelten Berechnungsmodells verifiziert. Die Übereinstimmung in den Ergebnissen zwi-
schen Prüfstand und Simulationsmodell stellt sich dabei als sehr gut heraus. Des Weiteren
können damit weitere Modellparameter und Stellgrößen benannt und abgeglichen werden.
Damit ist gezeigt, dass das für die Läufer entwickelte Simulationsmodell für die untersuchten
Fragestellungen sehr gut geeignet ist.

8.2 Fazit
Mit der vorliegenden Arbeit ist es erstmals möglich, das modale und dynamische Verhal-
ten kompakter Kupfer-Kurzschlussläufer experimentell und rechnerisch zu beschreiben. Mit
Entwicklung und Verifikation des Versuchsaufbaus für die Reihenversuche steht ein stabi-
ler, schnell durchführbarer Prozess zur Verfügung. Damit ist es möglich, weitere Läufer
und Läuferbauformen in relativ kurzem Zeitraum in die vorliegende Datenbasis mit aufzu-
nehmen. Die durchgeführten Versuche zeigen, dass es sich um dynamisch stabile Systeme
handelt. Die Exemplarstreuungen neu gefertigter Läufer sind gering. Auch nach langjäh-
rigem Betrieb liegen die Schwankungsbreiten in einem akzeptablen Rahmen. Anhand der
Versuche unter erhöhter Temperatur kann gezeigt werden, dass deren Einfluss auf das dyna-
mische Verhalten der meisten Eigenschwingformen gering ist. Allerdings ist die gegenüber
den möglichen Betriebstemperaturen niedrigere untersuchte Maximaltemperatur zu beach-
ten. Darüber hinaus wurde ein Läufer mittels Shaker angeregt. Der dazu erforderliche Ver-
suchsaufbau ist in dieser Form völlig neu entwickelt. Bereits in der Planungsphase konnte
das Verhalten von Prüfstand und Prüfling mittels FE-Rechnungen abgeschätzt werden. Bei
der Umsetzung zeigte sich, dass die Vorauslegung gut mit dem realen Prüfstandverhalten
übereingestimmt hat, so dass der Aufbau die Anforderungen erfüllen konnte. Der damit
untersuchte Einfluss höherer Anregungsamplituden auf das Systemverhalten ist gering. Die
Modalanalysen mit Anregung mittels Hammerschlag geben das Systemverhalten somit gut
8.3 Ausblick 155

und reproduzierbar wieder. Für eine Bewertung des Betriebsverhaltens eines Läufers sind
die aus den Versuchen unter erhöhten Anregungsamplituden und Temperaturen ermittelten
Abweichungen als qualitative Einflüsse zu berücksichtigen. Auf Basis der Versuchsergebnisse
können die Parameter der Simulationsmodelle angepasst werden. Dabei zeigt sich, dass die
Eigenfrequenzen einiger Schwingformen, insbesondere Torsionseigenformen, im günstigsten
Fall weniger als 1 % Abweichung zu den gemittelten Messwerten aufweisen. Weitere relevan-
te Schwingformen können mit Abweichungen unter etwa 5 % abgebildet werden. Aufgrund
der Komplexität des Systems und der Modellierung ist dies ein sehr positives Ergebnis.
Damit liegen eine Modellierungsvorschrift und ein automatisiert erstellbares FE-Modell
für Läufer mit Kupfer-Kurzschlusskäfigen vor. Über die Nachrechnung der durchgeführten
Prüfstandversuche ist das Modell auch für höhere Anregungslasten und für die Berechnung
von Spannungen geeignet und verifiziert. Es hat sich gezeigt, dass dynamisches Verhalten
und ermittelte Spannungen in den kritischen Komponenten gut mit den Ergebnissen der
Messungen übereinstimmen.

8.3 Ausblick
Neben den positiven Ergebnissen verbleiben mehrere offene Punkte, die eine weitere Be-
trachtung erfordern. Auf experimenteller Seite betrifft dies insbesondere die Prüfstandver-
suche. Es hat sich gezeigt, dass die Anregung bei den Shakerversuchen nicht immer optimal
in den Prüfling eingeleitet wird. Für eine Verbesserung des Versuchsaufbaus ist eine genaue-
re Betrachtung der Nachgiebigkeiten der Verbindung von Shaker und Prüfling erforderlich.
Nur so ist es möglich, die Einflüsse bei der Auswertung entsprechend zu berücksichtigen.
Des weiteren ist es anzustreben, Temperaturversuche in mehreren Stufen durchzuführen.
Dadurch ist es möglich, die Veränderung des dynamischen Verhaltens über der Temperatur
zu ermitteln. Ist dieses genauer bekannt, können die Ergebnisse in begrenztem Maße auch
über den betrachteten Temperaturbereich hinaus extrapoliert werden. Ist das Rechenmodell
in der Lage, diese Bedingungen wiederzugeben, können auch damit erhöhte Betriebstem-
peraturen betrachtet werden. Dieser Abgleich steht aktuell noch aus. Darüber hinaus sind
noch nicht alle Fragestellungen bezüglich der Abbildung des realen Systemverhaltens hinrei-
chend geklärt. So konnten bei der Ermittlung der für das dynamische Verhalten relevanten
Modellparameter nicht alle Einflüsse gefunden und vollständig aufgelöst werden. Dies be-
trifft insbesondere die teilweise großen Abweichungen in den Eigenfrequenzen der axialen
Eigenformen. Die relevanten Einflüsse sind vermutlich durch das Verhalten des Blechpa-
kets und den Verbund aus Stäben und Blechpaket begründet. Hier konnte in der Arbeit
eine gute Näherung, aber offenbar noch keine vollständige Beschreibung erfolgen, so dass
die gemessenen Ergebnisse im Rahmen der Parametervariationen der Simulationsmodelle
nicht erreicht werden konnten. Für eine Weiterentwicklung kann auf den Erkenntnissen aus
Abschnitt 4.3.2 aufgebaut werden. Neben dem Ziel, alle Eigenformen aus den Versuchen
mit dem Simulationsmodell in ausreichender Qualität beschreiben zu können, ist die Er-
mittlung der erforderlichen Modellierungsparameter zu betrachten. Die Kontaktparameter
werden aktuell aus dem Abgleich der Simulationsergebnisse mit den Versuchsergebnissen
ermittelt. Für eine Übertragung auf andere Bauformen wäre eine Parameterermittlung aus
begleitenden Vorausrechnungen wünschenswert. Mit diesen Erkenntnissen ist eine geschlos-
sene rechnerische Beschreibung des modalen, dynamischen Verhaltens der Läufer möglich.
Nomenklatur- und
Abkürzungsverzeichnis

Großbuchstaben

A allgemeine Konstante, Amplitude


B allgemeine Konstante
C Korrelationswert, Konstante
C Verzerrungsmatrix
CoP Coefficient of Prognosis
COST COST-Wert
D Dichte, Dämpfung, Wirkradius
D Dämpfungsmatrix
E E-Modul
E Werkstoffgesetz, Einheitsmatrix
F Kraft
F Anregungskraftvektor
G Schubmodul
H Übertragungsfunktion
K Steifigkeitsmatrix
M Massenmatrix
MAC MAC-Wert
N Anzahl der Messpunkte, Gesamtzahl
N Matrix der Elementansatzfunktionen
Q Elementqualitätsfaktor
S Schätzwert, Frequenzsteigerungsrate
T Messzeit, Zeitdauer
V Varianz, Volumen
W Arbeit eines Systems
W Diagonalmatrix der Gewichtungsfaktoren
X unbekannte Amplitude eines Schwingers, Faktor einer Sensitivitätsanalyse
X Modalmatrix
Y Ergebnisgröße einer Sensitivitätsanalyse
158 NOMENKLATUR- UND ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Kleinbuchstaben

a allgemeine Konstante, Beschleunigung, Reduktionsfaktor Kontaktsteifigkeit


a Gewichtungsfaktor
c (Kontakt-) Steifigkeit
d Dämpfung
f Frequenz, Funktion
f Anregungs-Zeitsignal
g Partizipationsfaktor, Durchdringung von Kontakten, Gewichtungsfaktor
h Bedingung für positiv definite Steifigkeitsmatrix
i Laufvariable
j Laufvariable
k Steifigkeit, Kontaktsteifigkeitsexponent, Laufvariable
l Gewichtungsfaktor für Kontaktsteifigkeit, Länge
m Masse
n Laufvariable, Anzahl
p Volumenlast, Polynom
q Oberflächenlast
t Zeit
u Knotenverschiebung
u Elementverschiebungsvektor
w Gewichtungsfunktion
x Verschiebung, Koordinate
x Verschiebungsvektor, Eigenvektor
y Funktionswert, Koordinate
z Koordinate

Griechische Buchstaben

Ω Kreisfrequenz der Anregung

α Winkel, Konstante
δ Abklingkonstante
 Dehnung
 Dehnungsmatrix
γ modale Steifigkeit
λ Eigenwert einer quadratischen Gleichung
µ modale Masse, Reibkoeffizient
ν Querkontraktionszahl
ρ Korrelationskoeffizient, Dichte
σ Spannung, Standardabweichung
σ Elementspannungen
ω Eigenkreisfrequenz
ω0 Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Systems
159

Abkürzungen

ALHS Advanced-Latin-Hypercube-Sampling
AS Abtriebseite eines Motors
BP Blechpaket
BS Dem Abtrieb gegenüberliegende B-Seite
Corr Korrelationswert
Cu Kupfer
CuCrZr Kupfer-Chrom-Zirkonium, eine Kupferlegierung
DGL Differentialgleichung
DMS Dehnmessstreifen
DR Druckring
EF Eigenf requenz / Eigenf orm
EMA Experimentelle Modalanalyse
fdiff Frequenzdifferenz
FEM Finite Element Methode
FFT Fast-Fourier-Transformation
FRF Frequency-Response-Function, Übertragungsfuktion
ICP Integrated circuit piezoelectric, siehe Fußnote 6 auf Seite 35
KaR Kappenring
KR Kurzschlussring
MDOF Multi-Degree-of-Freedom
MOP Metamodel of optimal Prognosis
SDOF Single-Degree-of-Freedom
Tabellenverzeichnis
3.1 Bezeichnung und Beschreibung der Schwingformen am Beispiel von Läufer-
bauform 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

4.1 Beschreibung der Verbindungen zwischen den Komponenten des Läufers aus
Abbildung 1.3 und deren Umsetzung im FE-Modell . . . . . . . . . . . . . . 60
4.2 Relative Veränderung der Zahl zu lösender Gleichungen und der erforderli-
chen Rechenzeiten bei unterschiedlichen Vernetzungsstufen . . . . . . . . . . 65
4.3 Standard-Parameter zur Beschreibung des transversal-isotropen Blechpaket-
materialmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.4 Materialeigenschaften der Komponenten der Läufer . . . . . . . . . . . . . . 75
4.5 Verformungen des Minimalmodells bei Belastung mit Einheitslast in den ein-
zelnen Achsrichtungen bei Verwendung verschiedener Materialmodelle . . . . 78
4.6 Eigenfrequenzen des Minimalmodells (links) und Unterschiede in den Ver-
formungen bei 1. Biegeform bei unterschiedlichen Materialmodellen (rechts,
überhöhte Darstellung der Ansicht der xz-Ebene) . . . . . . . . . . . . . . . 78

5.1 Relevante Eingangsparameter, Kurzbezeichnungen und Variationsbereiche


der Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
5.2 Bezeichnung der Ergebnisgrößen der Sensitivitätsanalyse und deren Index Yj 97
5.3 Überblick über freie und konstant definierte Eingangsparameter bei den ver-
schiedenen Optimierungsläufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
5.4 Auswahl der Ergebnisgrößen, die in den einzelnen Optimierungsläufen mini-
miert werden (Bezeichnungen aus Tabelle 5.2 übernommen) . . . . . . . . . 113

6.1 Mittels FE-Modellen ermittelte Veränderung der Eigenfrequenzen durch die


Lagerung des Prüflings an den Wellenenden im Vergleich zur freien Lagerung 123
6.2 Eckdaten der Beschleunigungsanregungsspektren für die Prüfstandversuche . 125
6.3 Prüfplan in Abhängigkeit von Anregungspositionen nach Abbildung 6.2 und
Anregungsspektren nach Tabelle 6.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
6.4 Entwicklung der maximalen Dehnungswerte an den kritischen DMS aus Ab-
bildung 6.22 bei Anregung der ersten Torsionseigenform über Position 6 . . . 142

A.1 Relevante Eingangsparameter, Kurzbezeichnungen und Variationsbereiche


der Werte für die Sensitivitätsanalysen von Bauform 2 . . . . . . . . . . . . 181
A.2 Bezeichnung der Ergebnisgrößen der Sensitivitätsanalyse und deren Index Yj
bei der Auswertung von Bauform 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
A.3 Relevante Eingangsparameter, Kurzbezeichnungen und Variationsbereiche
der Werte für die Sensitivitätsanalysen von Bauform 3 . . . . . . . . . . . . 185
A.4 Bezeichnung der Ergebnisgrößen der Sensitivitätsanalyse und deren Index Yj
bei der Auswertung von Bauform 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Abbildungsverzeichnis
1.1 Längsschnitt eines Drehstrom-Asynchronmotors in Standardausführung mit
allen relevanten Komponenten (Darstellung aus [33]) . . . . . . . . . . . . . 3
1.2 Paketiertes Statorblechpaket mit Wicklung und Wickelköpfen . . . . . . . . 4
1.3 Verbindung der einzelnen Komponenten beim Läufer einer ASM (Darstellung
nach [30]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.4 Läufer mit Welle, Blechpaket, Druckringen, Endblechen und teilweise einge-
setzten, bearbeiteten Kupferstäben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.5 Fertig montierter Läufer mit angelöteten Kurzschlussringen . . . . . . . . . . 6
1.6 Abgrenzung der Arbeit und Struktur der geplanten Vorgehensweise . . . . . 8
1.7 Läuferbauform 1 mit Wellenkupplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.8 Läuferbauform 2 mit Kappenringen und schlankem Wellenende . . . . . . . . 11
1.9 Läuferbauform 3 mit ausladenden Druckringen und langen Wellenenden . . . 12
1.10 Läuferbauform 4 mit Kappenringen und langem Wellenende . . . . . . . . . 12

2.1 Freier, gedämpfter Einmassenschwinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13


2.2 Zeitverlauf einer viskos gedämpften, anregungsfreien Schwingung . . . . . . . 16
2.3 Schematischer Ablauf einer experimentellen Modalanalyse (Darstellung nach
[36]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.4 Anregungssignale für experimentelle Modalanalysen, dargestellt im Zeitbe-
reich. Links ein Dirac-Impuls, rechts eine sinusförmige Anregung mit linear
steigender Frequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.5 Übertragungsfunktion eines linearen Systems mit zwei Eigenfrequenzen . . . 22

3.1 Umsetzung einer freien Lagerung durch vertikales Aufhängen eines Läufers
der Bauform 1 am Kran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.2 Dirac-Stöße im Zeitbereich (links) und daraus resultierende, anregbare Fre-
quenzbereiche (rechts) bei unterschiedlichen Hammerspitzen (weich, mittel,
hart) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.3 Modalhammer mit Metallspitze, davor der am Kurzschlussring aufgeklebte
Anschlagpunkt, im Hintergrund der Miniatur-Beschleunigungsaufnehmer . . 31
3.4 Zeitsignale der anregenden Hammerkraft bei Versuchen an Läuferbauform 1 32
3.5 Mittlere Anregungsspektren des verwendeten Modalhammers bei Versuchen
an 11 Läufern der Bauform 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.6 Am Kurzschlussring aufgeklebter Metallklotz zur Einleitung der Anregung
und mit Wachs befestigter Miniatur-Beschleunigungsaufnehmer . . . . . . . 33
3.7 Kohärenzen der radialen Antwortbeschleunigungskomponenten bei Anre-
gung eines Läufers der Bauform 2 mit Klotz am Kappenring . . . . . . . . . 34
164 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

3.8 Kohärenzen der radialen Antwortbeschleunigungskomponenten bei Anre-


gung eines Läufers der Bauform 2 mit Klotz am Kurzschlussring analog
Abbildung 3.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.9 Messgitter von Bauform 1 mit 28 gemessenen und vier extrapolierten Auf-
nehmerpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.10 Übertragungsfunktionen in allen Raumrichtungen aller Messpunkte einer
Messung an Läuferbauform 1 bei Anregung in radialer Richtung . . . . . . . 38
3.11 Übertragungsfunktionen in allen Raumrichtungen aller Messpunkte einer
Messung an Läuferbauform 1 bei Anregung in tangentialer Richtung . . . . . 38
3.12 Zwei Eigenvektoren mit eingeschlossenem Winkel . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.13 Schematische MAC-Matrix mit allen Werten aus dem Vergleich zweier Mo-
delle mit je zehn Eigenformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.14 Jeweils erste Torsions-, Biege- und Axialschwingform eines Läufers am Bei-
spiel von Bauform 1 in überhöhter Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.15 Erste und zweite Ordnung gleichphasigen Ovalisierens der beiden Kurz-
schlussringe (Draufsicht) in überhöhter Darstellung am Beispiel von Bauform
1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.16 Veränderung der statistischen Kenngrößen mit zunehmender Zahl gemesse-
ner Läufer am Beispiel der ersten Torsionseigenform von Bauform 1 . . . . . 45
3.17 Relative Verteilung der Messwerte und statistische Auswertung der einzelnen
Schwingformen bei Bauform 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.18 Visualisierung der MAC-Matrix aus dem Vergleich von Läufer 6 mit Refe-
renzläufer 7 der Bauform 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3.19 MAC-Werte für ausgewählte Eigenformen aus dem Vergleich aller untersuch-
ten Läufer der Bauform 1 mit Läufer 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3.20 Korrelationswerte für alle Messungen und ausgewählte Schwingformen der
Bauform 1 bezüglich Läufer 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3.21 Charakteristische Übertragungsfunktionen aus radialer Anregung am Kurz-
schlussring und am Wellenende bei einem Läufer der Bauform 2 . . . . . . . 51
3.22 Charakteristische Übertragungsfunktionen aus tangentialer Anregung am
Kurzschlussring und am Wellenende bei einem Läufer der Bauform 2 . . . . 52
3.23 Versuchsaufbau für die Ermittlung der Eigenfrequenzen der freien Stabenden 53
3.24 Übertragungsfunktionen der Stäbe bei radialer und tangentialer Anregung . 54
3.25 Aus den Versuchen ermittelte Dämpfungswerte ausgewählter Schwingformen
von Läuferbauform 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

4.1 Ansicht der A-Seite von Läuferbauform 1 mit allen relevanten Komponenten
des Rechenmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4.2 Schnitt durch das Rechenmodell von Läuferbauform 1 mit allen Komponenten 58
4.3 Detail eines Dreierverbands aus einem geraden und zwei gekröpften Stä-
ben mit Abdrehung; zusätzlich sind Kurzschlussring, Blechpaket, Endblech,
Druckring und Welle enthalten (Druckring und Welle kaum sichtbar) . . . . 59
4.4 Äußere Last führt zu Durchdringung der am Kontakt beteiligten Körper (im
Beispiel nimmt g dadurch einen negativen Wert an) (Darstellung nach [60]) . 62
4.5 Vernetzter Läufer der Bauform 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
4.6 Vergleich eines standardmäßig vernetzten Läufers (Mitte) mit einem grob
vernetzten (links) und einem fein vernetzten Läufer (rechts) der Bauform 1 . 64
165

4.7 Relative Veränderung der Eigenfrequenzen gegenüber der Standardvernet-


zung bei grobem und feinem Netz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.8 Schematischer Aufbau des Blechpakets aus einzelnen Scheiben mit Koordi-
natensystem (aus [5]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.9 Verlauf der maximal zulässigen Querkontraktionszahl νxy des Materialm-
odells in Abhängigkeit des axialen E-Moduls Ey nach Gleichung 4.21 . . . . 71
4.10 Vereinfachtes zyklisch-symmetrisches Modell mit radial und axial unterteil-
tem Stab zur Variation diverser Kontaktparameter, daneben die für die Aus-
wertung relevanten Eigenformen (Darstellung der Verformungen überhöht) . 73
4.11 Parametervariation der Kontaktsteifigkeit und deren Einfluss auf die berech-
neten Eigenfrequenzen beim Testmodell nach Abbildung 4.10 . . . . . . . . . 73
4.12 Verlauf des Faktors zur Reduktion der Kontaktsteifigkeit am Ende des Blech-
pakets (Nenner von Gleichung 4.24) in axialer Richtung vom Ende des Blech-
pakets (links) bis zur Mitte des Blechpakets (rechts) . . . . . . . . . . . . . . 74
4.13 Minimalmodelle in Form von Würfel und Biegebalken zur Untersuchung des
statischen und dynamischen Verhaltens verschiedener Blechpaketmaterialm-
odelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.14 Verformung eines Stabs (untere, überhöhte Darstellung in (mm)) unter Flä-
chenpressung auf rot markierter Fläche in oberer Darstellung bei Kontakt-
modellierung nach Abschnitt 4.2.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.15 Darstellung sogenannter Bestimmtheitsmaße für die Beeinflussung charak-
teristischer Schwingformen durch die Modifikation des Vorfaktors und der
Steifigkeitsfaktoren von fünf Kontaktbereichen (Oben, Unten, Flanken Oben,
Mitte und Unten) mit festem Verbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
4.16 Bestimmtheitsmaße für die Beeinflussung charakteristischer Schwingformen
durch die Modifikation des Vorfaktors und der Steifigkeitsfaktoren von fünf
Kontaktbereichen (Oben, Unten, Flanken Oben, Mitte und Unten) mit nicht
abhebendem Verbund an den Stabflanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
4.17 Bestimmtheitsmaße für die Beeinflussung charakteristischer Schwingformen
durch die Modifikation des Vorfaktors und der Steifigkeitsfaktoren von zwei
Kontaktbereichen (Unten und Flanken) mit nicht abhebendem Verbund an
der Stabunterkante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
4.18 Variationsbereich der tangentialen Eigenfrequenz des Stabs durch Verände-
rung der Kontaktformulierung und der Kontaktparameter . . . . . . . . . . . 82
4.19 1. bis 4. torsionale Schwingform des Läufers (überhöhte Darstellung der Ver-
formungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4.20 Biegeschwingformen (oben) und Axialschwingformen (unten, jeweils Auszug,
alle Verformungen überhöht dargestellt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4.21 Wichtige Schwingformen der Kurzschlussringe (überhöhte Darstellung der
Verformungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4.22 Biege- und Torsionseigenform der Kupplung von Bauform 1 (überhöhte Dar-
stellung der Verformungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
4.23 Biegung von Anbauteilen und Wellenende am Beispiel der Bauformen 2
(rechts) und 3 (links) (überhöhte Darstellung der Verformungen) . . . . . . . 86

5.1 Ablauf einer Sensitivitätsanalyse mit anschließender Optimierung auf Basis


eines Metamodells und mit Kontrolle der jeweiligen Zwischenergebnisse . . . 87
166 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

5.2 Versuchsplanung bei zwei Faktoren und einem vollfaktoriellen Versuchsplan


mit jeweils 3 Stufen (links) und 9 Stufen je Faktor (rechts) . . . . . . . . . . 88
5.3 Versuchsplanung bei zwei Faktoren und einem Monte-Carlo-Versuchsplan
(links) und Advanced Latin-Hypercube-Sampling (rechts). Trotz 9 unter-
suchter Designs bei beiden Plänen, weisen die Ergebnisse des mittels ALHS
erstellten Versuchsplans eine wesentlich bessere Prognosequalität auf [32]. . . 90
5.4 ALHS-Versuchsplan mit 100 Designs (rechts) gegenüber einem vollfaktoriel-
len Versuchsplan mit drei Stufen und 243 Designs (links) (nach [47]) . . . . . 91
5.5 FE-Balkenmodell des Läufers für die Einbindung der Messergebnisse in die
Rechnung in Anlehnung an das Messgitter nach Abbildung 3.9 (siehe Seite 36) 94
5.6 Ablauf bei der Auswertung eines Variantenmodells mit Hilfe eines Referenz-
modells und einer MAC-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
5.7 Korrelationsmatrix mit Eingangsparametern der Sensitivitätsanalyse aus Ta-
belle 5.1 auf beiden Achsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
5.8 Ausgewählte Anthill-Plots für unkorrelierende, korrelierende und konstante
Zusammenhänge zwischen Eingangsparametern und Ergebnisgrößen . . . . . 99
5.9 Korrelationen zwischen Ein- und Ausgangsparametern bei Bauform 1 . . . . 101
5.10 Korrelationsmatrix, bei der die Wertebereiche, in denen keine signifikanten
Zusammenhänge zu erwarten sind, ausgeblendet sind . . . . . . . . . . . . . 101
5.11 Schematische Darstellung der Gauß-gewichteten Abstände zur Metafläche
(links) und Einfluss des Wirkradius auf das Approximationsergebnis (rechts)
(aus [47]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
5.12 Metaflächen und CoP-Werte für die Frequenzdifferenzen von zweiter Torsi-
onseigenform (links) und gegenphasigem Ovalisieren (rechts) . . . . . . . . . 104
5.13 Metaflächen und CoP-Werte aller Ausgangsgrößen der ersten Torsionseigen-
form (links) und dem gegenphasigen Stülpen der Kurzschlussringe (rechts):
Frequenzdifferenzen, MAC-Werte und Korrelationswerte (von oben nach un-
ten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
5.14 CoP-Matrix des Metamodells von Läuferbauform 1 mit allen Ein- und Aus-
gangsparametern nach Tabellen 5.1 und 5.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
5.15 Abweichungen der Eigenfrequenzen zwischen Ergebnissen der Optimierung
auf Basis des Metamodells (siehe Abschnitt 5.4.3) und dem FE-Modell . . . 109
5.16 Ablaufschema eines evolutionären Optimierungsalgorithmus mit drei Gene-
rationen und den Merkmalen Anpassung, Selektion und Variation der Indi-
viduen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
5.17 Verlauf des Gewichtungsfaktors g∆f für die Gewichtung der Frequenzdiffe-
renzen ∆f in Abhängigkeit der Grundfrequenz f0 . . . . . . . . . . . . . . . 113
5.18 „Parallel Coordinates Plot“ mit allen Ein- und Ausgangsgrößen und allen
bei der Optimierung betrachteten Designs zur manuellen Auswertung der
Optimierungsergebnisse (Darstellung stellt einen Auszug dar) . . . . . . . . . 114
5.19 Abweichungen zwischen optimierten Modellen und Mittelwerten der Messung
bei unterschiedlichen Optimierungsansätzen nach Abschnitt 5.4.2 (*: vom
Optimierungsalgorithmus gefundenes Design) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
5.20 Absolute Abweichungen von den Ausgangs-Modellparametern für die ausge-
werteten Designpunkte in Abbildung 5.19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
167

5.21 Abweichungen zwischen optimierten Modellen und Mittelwerten der Messung


bei Läuferbauform 2 und unter Verwendung der Optimierungsansätze 2 und
3 nach Abschnitt 5.4.2 (*: vom Optimierungsalgorithmus gefundenes Design) 117
5.22 Absolute Abweichungen von den Ausgangs-Modellparametern für die ausge-
werteten Designpunkte in Abbildung 5.21 für Läuferbauform 2 . . . . . . . . 117
5.23 Abweichungen zwischen optimierten Modellen und Mittelwerten der Messung
bei Läuferbauform 3 und unter Verwendung der Optimierungsansätze 2 und
3 nach Abschnitt 5.4.2 (*: vom Optimierungsalgorithmus gefundenes Design) 118
5.24 Absolute Abweichungen von den Ausgangs-Modellparametern für die ausge-
werteten Designpunkte in Abbildung 5.23 für Läuferbauform 3 . . . . . . . . 118

6.1 Läufer mit Koordinatensystem und Entwurf eines Lagerungskonzepts für


Prüfstandversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
6.2 Positionen der Krafteinleitungsstellen am Blechpaket . . . . . . . . . . . . . 120
6.3 Lagerung des Prüflings über feste Einspannung der Wellenenden und Anre-
gung über Shaker mit Gleittisch, Krafteinleitungsblock und am Blechpaket
umgreifender Zwinge. Die Anregung befindet sich in der Abbildung an Posi-
tion 4 nach Abbildung 6.2 (axial exzentrisch, radial zentrisch). . . . . . . . . 121
6.4 Übertragungsfunktionen bei Anregung des Läufers auf dem Prüfstand mit
weicher Hammerspitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
6.5 Sinussweep (oder „Chirp“) über der Zeit t mit konstanter Amplitude A . . . 124
6.6 Verlauf von Anregungsbeschleunigung und Anregungsweg am Shaker und an
der Einleitung in das Blechpaket bei radial zentrischer Anregung (Position
4) mit 30 g . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
6.7 Prüfaufbau mit Beschleunigungsaufnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
6.8 Bereiche für die Positionierung von DMS an den Dreierverbänden der Kup-
ferstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
6.9 Mögliche Positionen der DMS am Dreierverband . . . . . . . . . . . . . . . . 129
6.10 Position der applizierten DMS an den verschiedenen Dreierverbänden . . . . 129
6.11 Prüfling mit Haltevorrichtung für Klimatests . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
6.12 Verlauf der an der Prüflingsoberfläche gemessenen Temperatur während des
Aufenthalts in der Klimakammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
6.13 Summe der Übertragungsfunktionen am Läufer im Vergleich zu den Übertra-
gungsfuktionen an der Traverse bei Anregung am Läufer und bei Anregung
an der Traverse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
6.14 Relative Änderung der torsionalen und axialen Eigenfrequenzen des Läu-
fers bei unterschiedlichen Versuchsaufbauten auf dem Prüfstand und in der
Klimakammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
6.15 Relative Änderung der Eigenfrequenzen der Kurzschlussringe des Läufers bei
unterschiedlichen Versuchsaufbauten auf dem Prüfstand und in der Klima-
kammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
6.16 Zeitsignale aller Beschleunigungsmesskanäle auf dem A-seitigen Kurzschluss-
ring bei Anregung mit 30 g von 700 Hz bis 2 500 Hz an Position 3 (oben) und
an Position 6 (unten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
6.17 Frequenzgänge tangentialer Beschleunigungsantworten an beiden Kurz-
schlussringen bei unterschiedlichen Anregungspositionen . . . . . . . . . . . 138
168 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

6.18 Frequenzgänge radialer Beschleunigungsantworten an beiden Kurzschlussrin-


gen bei unterschiedlichen Anregungspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
6.19 Antwortsignalpegel in Abhängigkeit des Anregungssignals am Beispiel einer
tangentialen Beschleunigungskomponente am A-seitigen Kurzschlussring . . 139
6.20 Zeitsignale der DMS bei einem Frequenzsweep mit 30 g an Anregungsposition 1140
6.21 Auswertung der Dehnungssignale im Frequenzbereich bei einer Anregung mit
30 g an Position 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
6.22 Auswertung der Dehnungssignale im Frequenzbereich bei einer Anregung mit
30 g an Position 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
6.23 Während eines Drehzahlhochlaufs im Betrieb in torsionaler und radialer
Richtung gemessene Beschleunigungssignale an Kurzschlussringen der Bau-
form 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

7.1 Vollständiges Modell mit Lagerung und axial exzentrischer Lasteinleitung in


Anlehnung an den Prüfstandaufbau aus Kapitel 6 . . . . . . . . . . . . . . . 146
7.2 Visualisierung des Elementqualitätsfaktors nach Gleichung 7.1 für alle Ele-
mente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
7.3 Visualisierung des Elementqualitätsfaktors nach Gleichung 7.1 für den Kurz-
schlusskäfig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
7.4 Berechnete Frequenzgänge in tangentialer Richtung an den Kurzschlussrin-
gen bei verschiedenen Anregungspositionen nach Abbildung 6.2 auf Seite 120
und einem Anregungspegel von 30 g . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
7.5 Berechnete Frequenzgänge in radialer Richtung an den Kurzschlussringen bei
verschiedenen Anregungspositionen und einem Anregungspegel von 30 g . . . 150
7.6 Verteilung der über der Frequenz maximalen Normalspannungen in Richtung
der DMS in den Bereichen A und B bei Anregung mit 30 g an Position 6 . . 151
7.7 Verteilung der über der Frequenz maximalen Normalspannungen in Richtung
der DMS in den Bereichen C und D bei Anregung mit 30 g an Position 6 . . 151

A.1 Korrelationswerte für alle Messungen und alle Schwingformen der Bauform
1 bezüglich Läufer 7 als Ergänzung zu Abbildung 3.20 auf Seite 49 . . . . . . 177
A.2 Dämpfungswerte für alle Messungen und alle Schwingformen von Bauform 1
als Ergänzung zu Abbildung 3.25 auf Seite 55 . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
A.3 Relative Verteilung der Messwerte und statistische Auswertung der einzelnen
Schwingformen bei Bauform 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
A.4 Korrelationswerte für alle Messungen und alle Schwingformen der Bauform
2 bezüglich Läufer 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
A.5 CoP-Matrix des finalen Metamodells von Läuferbauform 2 mit den Ein- und
Ausgangsparametern nach Tabellen A.1 und A.2 . . . . . . . . . . . . . . . . 182
A.6 Relative Verteilung der Messwerte und statistische Auswertung der einzelnen
Schwingformen bei Bauform 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
A.7 Korrelationswerte für alle Messungen und alle Schwingformen der Bauform
2 bezüglich Läufer 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
A.8 CoP-Matrix des finalen Metamodells von Läuferbauform 2 mit den Ein- und
Ausgangsparametern nach Tabellen A.3 und A.4 . . . . . . . . . . . . . . . . 186
A.9 Relative Verteilung der Messwerte und statistische Auswertung der einzelnen
Schwingformen bei Bauform 4 (geänderte Skalierungen der Achsen!) . . . . . 187
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Anhang A

A.1 Ergänzende Auswertungen für Bauform 1

Übersicht über alle Korrelationswerte

Abbildung A.1: Korrelationswerte für alle Messungen und alle Schwingformen der Bauform 1
bezüglich Läufer 7 als Ergänzung zu Abbildung 3.20 auf Seite 49
178 Anhang A ANHANG

Übersicht über alle Dämpfungswerte

Abbildung A.2: Dämpfungswerte für alle Messungen und alle Schwingformen von Bauform 1 als
Ergänzung zu Abbildung 3.25 auf Seite 55
A.2 Ergebnisse für Bauform 2 179

A.2 Ergebnisse für Bauform 2

Auswertung der Eigenfrequenzen

Abbildung A.3: Relative Verteilung der Messwerte und statistische Auswertung der einzelnen
Schwingformen bei Bauform 2
180 Anhang A ANHANG

Korrelationswerte für alle Messungen und Eigenformen

Abbildung A.4: Korrelationswerte für alle Messungen und alle Schwingformen der Bauform 2
bezüglich Läufer 11
A.2 Ergebnisse für Bauform 2 181

Eingangsgrößen und Ergebnisse der Sensitivitätsanalysen

Lfd.- Eingangs- Kurz- Variationsbereich


Standardwert Einheit
Nr. parameter form untere Grenze obere Grenze

1 E-Modul Stahl ESt 200 000 180 000 220 000 MPa
2 E-Modul Kappenring EKaR 200 000 180 000 220 000 MPa
3 E-Modul Stäbe ECuS 113 000 100 000 125 000 MPa
4 E-Modul KR ECuR 113 000 100 000 125 000 MPa
5 Axialmodul BP EBP 4 000 3 000 5 000 MPa
6 Schubmodul BP GBP 3 500 3 000 4 000 MPa
7 Dichte Stahl DSt 7 850 7 000 8 500 kg/m3
8 Dichte Kappenring DKaR 7 850 7 000 8 500 kg/m3
9 Dichte Stäbe DCuS 8 900 8 000 9 800 kg/m3
10 Dichte KR DCuR 8 900 8 000 9 800 kg/m3
11 Dichte BP DBP 7 850 7 000 8 400 kg/m3
12 Kopplung Stab-BP kS 4,0 3,0 4,7 −
13 Reduktionsfaktor a 0,010 0,001 0,010 −
14 Kopplung Welle-BP kW 0,10 0,01 0,10 −
15 Kopplung DR-EB kDR 0,05 0,01 0,10 −

Tabelle A.1: Relevante Eingangsparameter, Kurzbezeichnungen und Variationsbereiche der Werte


für die Sensitivitätsanalysen von Bauform 2

Ausgewertete Kurz- Indices der Ergebnisgrößen Yj


Eigenform form Frequenz ∆f M AC-Wert Korrelation C

1. Torsionsschwingform T1 1 16 31
2. Torsionsschwingform T2 2 17 32
3. Torsionsschwingform T3 3 18 33
4. Torsionsschwingform T4 4 19 34
Schieben KR A-seitig SAS 5 20 35
Schieben KR B-seitig SBS 6 21 36
Biegung Wellenende BW 7 22 37
KR Oval gleich Ogl 8 23 38
KR Oval gegen Ogg 9 24 39
KR Dreieck gleich Dgl 10 25 40
KR Dreieck gegen Dgg 11 26 41
Stülpen KR SKR 12 27 42
1. Axialschwingform A1 13 28 43
2. Axialschwingform A2 14 29 44
3. Axialschwingform A3 15 30 45

Tabelle A.2: Bezeichnung der Ergebnisgrößen der Sensitivitätsanalyse und deren Index Yj bei der
Auswertung von Bauform 2
182 Anhang A ANHANG

Abbildung A.5: CoP-Matrix des finalen Metamodells von Läuferbauform 2 mit den Ein- und
Ausgangsparametern nach Tabellen A.1 und A.2
A.3 Ergebnisse für Bauform 3 183

A.3 Ergebnisse für Bauform 3

Auswertung der Eigenfrequenzen

Abbildung A.6: Relative Verteilung der Messwerte und statistische Auswertung der einzelnen
Schwingformen bei Bauform 3
184 Anhang A ANHANG

Korrelationswerte für alle Messungen und Eigenformen

Abbildung A.7: Korrelationswerte für alle Messungen und alle Schwingformen der Bauform 2
bezüglich Läufer 9
A.3 Ergebnisse für Bauform 3 185

Eingangsgrößen und Ergebnisse der Sensitivitätsanalysen

Lfd.- Eingangs- Kurz- Variationsbereich


Standardwert Einheit
Nr. parameter form untere Grenze obere Grenze

1 E-Modul Stahl ESt 200 000 190 000 220 000 MPa
2 E-Modul Kupfer ECu 113 000 100 000 125 000 MPa
3 E-Modul CuCrZr ECC 112 000 100 000 125 000 MPa
4 Axialmodul BP EBP 4 000 3 000 4 500 MPa
5 Schubmodul BP GBP 5 000 3 000 5 500 MPa
6 Dichte Stahl DSt 7 850 7 000 8 800 kg/m3
7 Dichte Kupfer DCu 8 900 8 000 9 800 kg/m3
8 Dichte CuCrZr DCC 8 900 8 000 9 900 kg/m3
9 Kopplung Stab-BP kS 4,5 3,2 5,0 −
10 Reduktionsfaktor a 0,010 0,002 0,015 −

Tabelle A.3: Relevante Eingangsparameter, Kurzbezeichnungen und Variationsbereiche der Werte


für die Sensitivitätsanalysen von Bauform 3

Ausgewertete Kurz- Indices der Ergebnisgrößen Yj


Eigenform form Frequenz ∆f M AC-Wert Korrelation C

1. Torsionsschwingform T1 1 13 25
2. Torsionsschwingform T2 2 14 26
3. Torsionsschwingform T3 3 15 27
2. Biegeschwingform BKu 4 16 28
3. Biegeschwingform B3 5 17 29
KR Oval gleich Ogl 6 18 30
KR Oval gegen Ogg 7 19 31
KR Dreieck gleich Dgl 8 20 32
KR Dreieck gegen Dgg 9 21 33
Stülpen KR gleich Sgl 10 22 34
Stülpen KR gegen Sgg 11 23 35
1. Axialschwingform A1 12 24 36

Tabelle A.4: Bezeichnung der Ergebnisgrößen der Sensitivitätsanalyse und deren Index Yj bei der
Auswertung von Bauform 3
186 Anhang A ANHANG

Abbildung A.8: CoP-Matrix des finalen Metamodells von Läuferbauform 2 mit den Ein- und
Ausgangsparametern nach Tabellen A.3 und A.4

Im Rahmen der Generierung des Metamodells werden der Axialmodul des Blechpakets und
die Dichte von Kupfer gefiltert, da diese Eingangsparameter offenbar keinen Einfluss auf das
Modellverhalten haben. Diese Faktoren stehen somit für die Parameteroptimierung nicht
zur Verfügung.
A.4 Ergebnisse für Bauform 4 187

A.4 Ergebnisse für Bauform 4

Auswertung der Eigenfrequenzen

Abbildung A.9: Relative Verteilung der Messwerte und statistische Auswertung der einzelnen
Schwingformen bei Bauform 4 (geänderte Skalierungen der Achsen!)

Weitere Auswertungen und Untersuchungen werden für diese Bauform nicht durchgeführt.
Der Fokus der Untersuchungen liegt auf der Veränderung der Eigenfrequenzen und deren
statistischem Verhalten nach langjährigem Einsatz der Läufer unter Betriebsbedingungen.
Schriftenreihe Technische Mechanik
bereits veröffentlicht wurden:
• Geisler, J.: Numerische und experimentelle Untersuchungen zum dynamischen Ver-
halten von Strukturen mit Fügestellen
Band 1, 2010
• Hossain, M.: Modelling and Computation of Polymer Curing
Band 2, 2010
• Görke, D.: Experimentelle und numerische Untersuchung des Normal- und Tangenti-
alkontaktverhaltens rauer metallischer Oberflächen
Band 3, 2010
• Constantiniu, A.: A Hybrid Nodal-Element-Based Discretization Method
Band 4, 2010
• Scherer, M.: Regularizing Constraints for Mesh and Shape Optimization Problems
Band 5, 2011
• Fischer, P.: C 1 Continuous Methods in Computational Gradient Elasticity
Band 6, 2011
• Javili, A.: Thermomechanics of Solids Accounting for Surfaces and Interfaces
Band 7, 2013
• Germain, S.: On Inverse Form Finding for Anisotropic Materials in the Logarithmic
Strain Space
Band 8, 2013
• Kraus, M.: Entwicklung und Untersuchung polytoper Finiter Elemente für die nicht-
lineare Kontinuumsmechanik
Band 9, 2013
• Glaser, J.: On the computation of crack-driving forces within the X-FEM
Band 10, 2014
• Possart, G.: Mechanical Interphases in Adhesives. Experiments, Modelling and Simu-
lation
Band 11, 2014
• Hauer, F.: Die elasto-plastische Einglättung rauer Oberflächen und ihr Einfluss auf
die Reibung in der Umformtechnik
Band 12, 2014
• Schmidt, U.: Identifikation mikroskopischer Materialparameter im Rahmen einer
Zwei-Skalen-Modellierung
Band 13, 2014
• Schmaltz, S.: Inverse Materialparameteridentifikation von Blechwerkstoffen für ein
anisotropes elasto-plastisches Materialmodell bei finiten Deformation
Band 14, 2015
• Vu, D. K.: A study on nonlinear electro-elastostatics: theory and numerical simulation
Band 15, 2015
• Pfaller, S.: Multiscale Simulation of Polymers. Coupling of Continuum Mechanics and
Particle-based Modelling
Band 16, 2015
• Vogel, F.: On the Modeling and Computation of Electro- and Magneto-Active Poly-
mers
Band 17, 2015
• Diel, S.: Charakterisierung und Modellierung des quasi-statischen Verhaltens und der
Ermüdung eines zellularen Verbundwerkstoffes
Band 18, 2015
• Luchscheider, V.: Experimentelle und numerische Identifikation eines homogenisier-
ten Materialmodells für Blechpakete elektrischer Maschinen
Band 19, 2016
• Sitzmann, S.: Robust Algorithms for Contact Problems with Constitutive Contact Laws
Band 20, 2016
• Süß, D.: Multi-Harmonische-Balance-Methoden zur Untersuchung des Übertragungs-
verhaltens von Strukturen mit Fügestellen
Band 21, 2016
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dellbildung und Parameteridentifikation
Band 22, 2016

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