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Julien Gracq - Rom Um Die Sieben Hügel
Julien Gracq - Rom Um Die Sieben Hügel
Julien Gracq
Rom
Um die sieben Hügel
Ammann Verlag
Die Originalausgabe erschien
bei der Librairie José Corti
in Paris unter dem Titel
Autour des sept collines.
Annäherungen
an Rom
In Rom
* »Das Schicksal des Tiber, der diese große Stadt benetzt und ihren
Ruhm teilt, ist mehr als seltsam. Er fließt durch einen Winkel Roms, als
gäbe es ihn gar nicht: Man geruht nicht, einen Blick darauf zu werfen,
man spricht nie von ihm, man trinkt sein Wasser nicht, die Frauen be-
dienen sich seiner nicht zum Waschen; er stiehlt sich zwischen üblen
Häusern hindurch, die ihn verstecken, und sieht zu, ins Meer zu stür-
zen, beschämt, daß er sich Tevere nennt.« (Chateaubriand: Lettre à Fon-
tanes).
Tournedos Rossini
Canard à l’orange
Fern von Rom
time Puls jeder Stadt ist, den man aber nie leb-
ha zu greifen bekommt, hier vor Augen und
in Händen bis zur Besinnungslosigkeit, denn
scheinbar blieb bei jedem Denkmal, das man
aus dem Boden stampe, ein Rest von dem, das
es ersetzt, bestehen: Die Stadt gleicht einem
vollgestopen Kauaus, das die unverkaue
Ware niemals aussortiert, sondern sie nur ein
wenig beiseite schiebt, um Platz für neue Liefe-
rungen zu machen. Prachtvolle Aneinanderrei-
hung in Raum und Zeit, aber reine Aneinander-
reihung, die keine zusammenfassende Wirkung
erzielt, wie etwa in Florenz, wo es nicht eine
Mauer gibt, die die Seele der Stadt nicht wie ein
Hohlspiegel bündelte und reflektierte. Das Ge-
fühl einer seltsam statischen Melancholie, das
Rom vermittelt, ist jenes, das man angesichts
der unablässigen und nichtigen Bewegung einer
Sanduhr empfindet, deren Inhalt nicht auört,
das Stockwerk zu wechseln, und sich doch stän-
dig gleichbleibt. Jedes einzelne Denkmal, das
mit seinen Vorgängern und Nachfolgern kon-
frontiert ist, verliert dabei von seiner einzigarti-
»Rom ist ein work in progress, ein
prächtiger Trödelladen mit urbanem
Gerümpel im Zustand der Montage
oder Weiterverwertung; nur betreibt
diese rumorende Baustelle vor allem
die vernichtende Arbeit der Zeit. Oder
vielmehr, man hat den gezeitenhaen
Wechsel von Bauen und Zerstören …
hier vor Augen, denn scheinbar blieb
bei jedem Denkmal, das man aus dem
Boden stampe, ein Rest von dem, das
es ersetzt, bestehen.«
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