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RELIGION
In der Gegenwart
Wintersemester 2022/23
Dr. Stephanie Gripentrog-Schedel
Nachbesprechung der Begegnung:
Irit Shillor
■ Gemeinderabbinerin in Österreich,
Deutschland und GB
■ Heute: Harlow, Essex
■ Vor einigen Jahren: jüdische Gemeinde in
Hameln, D
■ 15 Jahre war Irit Shillor Rabbinerin in
Hameln
■ Zusammen mit Rachel Dohme bewirkte sie
dort den ersten Neubau einer liberalen
Synagoge in Deutschland nach 45
Nachbesprechung der Begegnung:
Irit Shillor
Vor 45 Nach 45
■ Die Mehrheit ■ Inzwischen „liberal“ genannt
■ Deutsche Prägung ■ Zunächst nicht mehr existent
■ Im Zusammenhang mit dem Anliegen der ■ Entwickelte sich erst seit den 90ern neu
Assimilation
■ Nicht mehr die Prägung der Mehrheit der
■ Ziel: „deutsche Staatsbürger jüdischen Juden in D
Glaubens“
■ Mehr geprägt durch Juden aus der ehem.
Sowjetunion, die nach 89 nach D kamen
Reformjudentum: theologische
Grundlagen
■ zwischen 1150 und 1250 gab es in Deutschland in Speyer, Worms und Mainz eine Blütezeit des
Chassidismus (Chassid = wörtl. der Fromme)
■ Der bei den frühen jüdischen Mystikern vor allem als transzendenter Herrscher erfahrene Gott
wurde hier im deutschen Chassidismus zum weltzugewandten, jeder Wirklichkeit innewohnenden
Gott.
■ Auch erste klassisch-kabbalistische Tendenzen sind in der Gebetsmystik des deutschen
Chassidismus bereits deutlich zu erkennen – so grübelte man zum Beispiel über den Wortbestand
der überlieferten Gebete und dessen Hintergründe, berechnete den Zahlenwert jedes Wortes
(Gematria) und suchte innere, verborgene Zusammenhänge – und so trat schließlich die
Gebetsmystik in Konkurrenz zur alten Merkaba-Mystik.
■ Neben dem Aspekt des verborgenen und sich offenbarenden Gottes waren den deutsch-jüdischen
Mystikern vor allem die Erkenntnis des Willens Gottes, die damit zusammenhängende Gottesfurcht
sowie ein nach dem göttlichen Willen ausgerichtetes Leben als „Leiden“ zentrale Glaubensinhalte.
Im Gegensatz zur Merkaba-Mystik war der deutsche Chassidismus wesentlich mehr ethisch
orientiert.
1200 in Frankreich
■ Typisch kabbalistisch: die Art und Weise, wie jedes Wort und jeder Satz der Bibel oder der
rabbinischen Aussprüche als Symbol verstanden und als Bezeichnung einer himmlischen
Realität aufgefasst wird
■ Neu: die im Sefer ha-Bahir entfaltete Darstellung Gottes als einem Weltenbaum, in dem die
kosmischen Kräfte zusammengefügt sind (symbolisch; Baum wächst von oben nach unten)
■ Von ihm gehen die Seelen aus und zu ihm kehren alle Wesen zurück. Dies ist auch eine
Weiterentwicklung der Vorstellung der Sefiroth als göttlichen Wirkungskräften, die hier als
Äonen, Lichter, Potenzen aber auch als Hypostasen oder „heilige Formen“ gedacht werden.
■ Vermutlich ist der Text des Sefer ha-Bahir zumindest zum Teil eine Bearbeitung wesentlich
älterer Quellen und zeigt unter anderem auch deutlich gnostische Einflüsse.
Sefirot
■ Die oberste Sefirah steht der Quelle des Emanationsstroms am nächsten, bleibt für
den Menschen jedoch nahezu unerreichbar
■ Grenze ist zwischen den oberen drei und den unteren sieben Sefiroth zu ziehen, die
den Bereich der absoluten Transzendenz abtrennen soll
■ Außerdem Einteilung der Sefiroth in drei Säulen:
– die linke erfüllt die negative Funktion des strengen Gerichts
– die rechte die Funktion der Güte
– zur Vermittlung beider dient die mittlere Säule
Sefiroth
■ dynamische Struktur
■ Einzelkräfte wirken aufeinander
■ Emanationsstrom kann gestört werden durch die Verschiebung der einzelnen Sefiroth (von unten
bewirkt!) und die dadurch eintretende Veränderung ihrer Konstellation, aber auch durch „äußere
Kräfte“, sogenannte „böse Urmächte“
Sefiroth und En Sof
■ Sephirot wurden meist als aus En Sof entsprungen, aber von ihm Verschiedenes
gedacht
■ Sefiroth-Struktur als eine Welt innergöttlichen Seins
■ kein wesentlicher Bruch zur materiellen Welt: die Sefiroth strömen in die geheimen
und sichtbaren Welten der Schöpfung über, die alle in ihrer Struktur jene
innergöttliche Struktur wiederholen und in sich abspiegeln
En Sof
Sohar
■ Rahmenhandlung findet statt in einer unwirklichen Landschaft, die mit Palästina identifiziert wird
■ Hauptakteure sind der berühmte Mischna-Lehrer Rabbi Simon ben Jochai und sein Sohn Eleasar mit dem Kreis seiner
Freunde und Schüler
■ wandern umher und führen Gespräche (Nachahmung der Form des Midrasch)
■ In diesem Kontext wird die Lehre des Sohar entfaltet. Zu den wichtigsten Themen und Beschreibungen, die dabei
diskutiert werden, gehören:
– weitschweifende Kommentare zu einzelnen Tora-Versen in Form von Vorträgen
– Diskussionen und Geschichten
– ein stichwortartiger, orakelhafter Kommentar zu den ersten 6 Kapiteln der Genesis
– die Beschreibung von durch die Diskussion in Verzückung geratenden Schülern (was mitunter zum Tod führt)
– Fragen der Gebetsmystik
– Beschreibung der sieben „Paläste“ von Licht
– Physiognomik und Chiromatik
Kabbala in Spanien
Sohar: Themen
– Seele und Seelenwanderung
– die Beschreibung von visionären Wanderungen durch das Paradies
– mystische Deutungen einzelner Tora-Abschnitte;
– Offenbarungen himmlischer Stimmen
– Kommentar zu den ersten Versen des Hoheliedes
– eine Deutung des Schema Israel
– Erklärungen zu den Geheimnissen der Buchstaben
– Kommentar über die Methode der Merkaba-Vision Ezechiels;
– in mystischer Midrasch zur Tora und zum Buch Ruth
Kabbala in Palästina
■ Safed
Lurianische Kabbala
■ 16. Jahrhundert
■ Isaak Luria
■ Auffassung: nach dem Schöpfungsakt, den die Kabbala
als Zusammenziehung Gottes versteht, werden Funken
göttlichen Lichts in die Gefangenschaft der Materie
verbannt
Lurianische Kabbala
■ Esoterik
■ Mit der jüdischen Aufklärung zugleich Bedeutungsverlust innerhalb der jüdischen Tradition
Späte Formen: Chassidismus
■ erneutes und letztes Aufblühen der jüdischen Mystik in Form des polnischen und
ukrainischen Chassidismus im 18. und 19. Jahrhundert
■ Beeinflusst von der lurianischen Kabbala aus
■ wesentlich volksnäher
■ Erneute Betonung des ethischen Handelns
■ Person des Zaddik als geistlicher Führer übte in dieser späten jüdisch-mystischen Bewegung
ganz besondere Faszination aus, wurde zum Zentralpunkt der chassidischen Gemeinschaft
und später zum Gegenstand einer Vielzahl von Geschichten und Erzählungen
■ mystische Figur, die aufgrund ihrer direkten Verbindung zu den göttlichen Sphären als Vorbild
und Leiter für die ihn umgebende Gemeinde galt
Kabbala
„Der Prozeß, der bei den Kabbalisten als die Emanation der göttlichen
Energie und des göttlichen Lichtes beschrieben wird, kann mit gleichem
Recht als ein Prozeß aufgefaßt werden, in welchem sich die göttliche
Sprache entfaltet. Dadurch entsteht ein grundlegender Parallelismus
zwischen den zwei wichtigsten Arten von Symboliken, die die Kabbalisten
zur Beschreibung ihrer Vorstellungen gewählt haben. Sie sprechen von
Attributen und Lichtsphären; aber im gleichen Zusammenhang sprechen
sie auch von göttlichen Namen und von den Buchstaben, aus denen diese
zusammengesetzt sind. (…) Die geheime Welt der Gottheit ist eine Welt der
Sprache (…). Buchstaben und Namen sind nicht nur konventionelle Mittel
zur Kommunikation. Sie sind weit mehr als das. Jeder einzelne unter ihnen
stellt eine Konzentration von Energie dar (…)“
G. Sholem, Zur Kabbala und ihrer Symbolik, S. 54
Vierteiliger Schriftsinn
Pschat: wörtliche
Bedeutung
Remes:
allegorische
Bedeutung
Drasch:
homiletische
Bedeutung
Sod:
geheimer Sinn
Techniken zum Verstehen des
geheimen Schriftsinns
Gematria
Zahlen entsprechen
Buchstaben
Analogien zu anderen
Textstellen
Notarikon
Temura
Erweiterung von
Buchstaben/Worten Umstellung von
Buchstaben in
-> zusätzliche
Bedeutungsebenen einzelnen Worten