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RELIGION
In der Gegenwart
Wintersemester 2022/23
Dr. Stephanie Gripentrog-Schedel
GESCHICHTE DER JUDEN
IN DEUTSCHLAND
Nach 1945
„Juden in Deutschland lebten als Überlebende eines Genozids im Land der Täter.“
(Schrage, S. 21)
Phasen
Einwanderungswelle
Liquidationsgemeinden aus der ehem. religiöse Pluralisierung
Sowjetunion
Anfänge nach 45
■ „Es gibt kaum Studien, die das Judentum in Deutschland als Religion zum
Gegenstand haben.“ (Eva-Maria Schrage: Jüdische Religion in Deutschland, S. 21 –
mit Bezug auf das Judentum nach 1945)
■ Die Gemeinden, die nach 1945 in Deutschland gegründet wurden, hatten kaum
etwas mit den Gemeinden der Vorkriegszeit gemeinsam
■ Demografische Grundlage bildeten osteuropäische Juden, die als Überlebende der
Konzentrationslager in den Auffanglagern für sogenannte „displaced persons“
gestrandet waren
Anfänge nach 45
■ Von den 165.000 jüdischen Flüchtlingen, die nach 1945 in Lagern in Deutschland
lebten blieben 12.-15.000
■ Mehrheitlich Auswanderung in den 1948 neu gegründeten Staat Israel, in die USA und
einige andere Länder
■ Prägung der in Deutschland verbleibenden Gemeinden mehrheitlich durch traditionelle,
orthodox orientierte jüdische Milieus in Osteuropa, nur vereinzelt durch reformorientierte
deutsch-jüdische Milieus
■ Etablierung der ersten Gemeinden eher aus Notwendigkeit und als Provisorium:
Anlaufstellen für entwurzelte Juden, eher Interessengemeinschaften denn
Religionsgemeinden, Stichwort „Liquidationsgemeinden“ (wieder aufzulösen nachdem
alle ausgewandert sein würden)
■ Wider Erwarten Verfestigung dieser Gemeinden
Anfänge nach 45
■ Mangel an Kultuspersonal, zwischen 1969 und 1989 hatten die Gemeinden in der
DDR z.B. gar keinen Rabbiner
■ Weitgehend säkulare Prägung der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland nach 45,
wenig aktives religiöses Leben, Abbruch von Traditionen oder Neuerfindung
■ Viele Mischehen
Was konstituiert jüdische Identität in
Deutschland nach 45?
„Ich weiß, ich vertrete hier eine Minderheit in der Minderheit, aber gerade deshalb möchte ich darauf
hinweisen, daß es auch solche Juden gibt, für die das Judentum nicht nur eine Angelegenheit der
Vergangenheit ist. Es gab und gibt viele Diskussionen, ob man als Jude in Deutschland leben soll – das ist
eine philosophische Frage, die mich nur wenig berührt. Für mich ist es entscheidend, daß es Gemeinden gibt,
die sich ihrer religiösen Verantwortung bewußt sind, und diese sollten weiterbestehen. Solange ich hier lebe,
möchte ich einen Beitrag dazu leisten, daß die jüdische Gemeinde nicht nur eine Totengedenkvereinigung ist.
Wenn nur die gemeinsame Vergangenheit uns zusammenhielte, so wäre das Ende des deutschen Judentums
eine Frage der Zeit.“
Gemeinden waren nach 1945 Körperschaften des öffentlichen Rechts – Definition des
„Judentums“ von außen als Religion, Gleichstellung gegenüber den christl.
Konfessionen, Judentum als „distinkte kulturelle religiöse Gemeinschaft“
(Körber, 2005: 71)
Nach 1989: Zuwanderung aus der
ehem. Sowjetunion
■ Die Juden aus der ehemaligen Sowjetunion waren oft nicht nur areligiös, sondern
antireligiös sozialisiert
■ Dies kollidierte mit dem von den Holocaust-Überlebenden empfundenen Verlust der
religiösen Tradition
Heute
Einwanderungswelle
Liquidationsgemeinden aus der ehem. religiöse Pluralisierung
Sowjetunion
BILDERSTRECKE
Anhand von Objekten
Erster koscherer Supermarkt, eröffnet in Hannover, 2005
Bad Segeberger Synagoge,
die erste neue Synagoge in SH nach
dem Krieg, verfügt über die einzige
nutzbare Mikwe in SH
Paul Celan
Max Willner Heim
Leo-Baeck-Haus mit dem dort beheimateten
Zentralrat der Juden Deutschlands
Ehemalige Synagoge in der Poolstraße in
Hamburg
KONFESSIONEN
Jüdische Aufklärung
■ Im Reformjudentum speziell:
– Anstatt der Auferstehungshoffnung der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele
– Preisgabe der Erwartung eines davidischen Gesalbten
■ Drei Schlüsseltexte für die Tradition des Reformjudentums, auch Schulbuchautoren
– Isaak A. Francolm (1788–1849): 1840, Das rationale Judentum
– Salomon Formstecher (1808–1889): 1841, Die Religion des Geistes
– Samuel Hirsch (1815–1889), 1842: Das System der religiösen Anschauungen der Juden, Bd. 1: Die Religionsphilosophie der Juden
■ Geschichtsphilosophische Verortung des Judentums durch alle drei Autoren
■ als Reaktion auf die Pittsburgh platform der damals vorherrschenden radikalen
Reformer trennten sich die Vertreter eines Conservative Judaism unter Isaac Leeser
(1806–1868) von den Reformern
■ 1898 überwarfen sich diese Konservativen auch mit der osteuropäischen
Orthodoxie
■ Ab 1902 Rabbinerausbildungsstätte: Jewish Theological Seminary in New York
Weitere Merkmale
■ Stellen heute nach den Reformed die zahlenmäßig stärkste Richtung dar
■ Abgrenzung gegenüber den Reformed vor allem im Hinblick auf den Ritus
■ In halachischen Fragen Orientierung eher an der modernen Orthodoxie als an den Reformern
■ Jedoch: auch hier Frauen als Rabbinerinnen
■ Offenbarung wird vor allem in der Tora und der Halacha gesehen, jedoch wird die gesetzliche
Tradition in ihrer geschichtlichen Bedingtheit verstanden
■ Rabbis und Kantoren dürfen keine Mischehe eingehen
■ eine Wiederverheiratung ohne Scheideurkunde wird nicht gestattet
■ Zugehörigkeit zum Judentum: matrilineares Prinzip
■ Zionismus: eher distanziertes Verhältnis, seit 1967 enger, neuerdings ist wie im Reformjudentum
die Unterstützung des Staates Israel die Norm
RECONSTRUCTIONISM
■ religiöse Aspekte eher im Hintergrund zugunsten der Ausbildung eines ethnisch-
kulturellen Identitätsbewusstseins
■ Initiator: Rabbiner Mordechai Kaplan (1881–1983) aus Litauen, der 1900 in die
USA gekommen war, zuerst als Orthodoxer wirkte und 1909 zu den Konservativen
wechselte
■ programmatisches Buch 1934 publiziert, dessen Titel zum Schlagwort der
Bewegung wurde: Judaism as Civilization
■ Nach einer Weile wurden jedoch auch hier religiöse Bedürfnisse wieder mehr zum
Thema
■ Durchlässigkeit zu den anderen Richtungen
ORTHODOXIE UND
OSTEUROPÄISCHER
CHASIDISMUS
Allgemeines