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Grenzsituationen ärztlichen Handelns und Notfälle

Vorlesung ....................................................................................................................................................... 3
Anästhesie ................................................................................................................................................. 3
Herz- und Kreislaufphysiologie................................................................................................................ 3
Physiologie der Lunge ............................................................................................................................. 4
Basic Life Support (BLS) .......................................................................................................................... 6
Advanced Cardiac Life Support (ACLS) .................................................................................................... 6
Schema zum Auffinden einer bewusstlosen Person ............................................................................ 7
Übersicht der Substanzen in der Anästhesie ........................................................................................... 8
Grundlagen der Pharmakologie in der Anästhesiologie ........................................................................... 9
Anästhesie I: Hypnotika/TIVA ................................................................................................................11
Anästhesie II: Muskelrelaxantien ...........................................................................................................12
Anästhesie III .........................................................................................................................................14
Polytrauma I+II ......................................................................................................................................15
Damage Control Surgery (DCS) ..............................................................................................................16
Notfallmedizinische Techniken ..............................................................................................................17
Überwachung von Vitalparametern/ Perioperative Steuerung der Herz-Kreislauffunktion .....................18
Präoperative Anästhesievisite................................................................................................................19
Das Schädel-Hirn-Trauma ......................................................................................................................21
Airwaymanagement ..............................................................................................................................22
Flüssigkeitstherapie ...............................................................................................................................24
Hämotherapie .......................................................................................................................................26
Grundzüge der Antibiotika-Therapie ......................................................................................................27
Intensivmedizin I – SIRS/ Sepsis .............................................................................................................28
Intensivmedizin II - Grundlagen der Beatmung ......................................................................................30
Intensivmedizin III – ARDS .....................................................................................................................31
Intensivmedizin IV (ANV) .......................................................................................................................33
Perioperatives Wärmemanagement ......................................................................................................35
Komplikationen in der Anästhesie .........................................................................................................36
Risiko- und Qualitätsmanagement .........................................................................................................38
Kinderanästhesie ...................................................................................................................................39
Regionalanästhesie................................................................................................................................41
Therapie akuter Schmerz .......................................................................................................................41
Therapie chronischer Schmerz ...............................................................................................................43
Spezielle Schmerztherapie .....................................................................................................................44

1
Toxikologie ............................................................................................................................................44
Akutes Koronarsyndrom ........................................................................................................................47
Neurologische Notfälle ..........................................................................................................................47
Notarzt: Bewusstlosigkeit ......................................................................................................................49
Analgesie und Anästhesie in der Notfallmedizin.....................................................................................50
Luftnot und Thoraxschmerz im Rettungsdienst ......................................................................................52
Zentralvenöse Katheter (ZVK) ................................................................................................................53
Pädiatrische Intensivmedizin .................................................................................................................53
Rechtsmedizin ...........................................................................................................................................57
Versorgung von Gewaltopfern im Gesundheitswesen ............................................................................57
Forensische Traumatologie 1 .................................................................................................................59
Forensische Traumatologie 2 .................................................................................................................63
Thanatologie und Leichenschau .............................................................................................................67
Palliativmedizin .........................................................................................................................................69
Klinische Ethik .......................................................................................................................................69
Symptomkontrolle .................................................................................................................................69
Hospizlich-Palliative Versorgungsstrukturen .........................................................................................70
Trauer ...................................................................................................................................................70
Palliative Sedierung ...............................................................................................................................71
Seminare.......................................................................................................................................................71
Anästhesie ................................................................................................................................................71
Intubationsseminar ...............................................................................................................................71
Labor .....................................................................................................................................................72
EKG 1.....................................................................................................................................................73
EKG II.....................................................................................................................................................75
Toxikologie ................................................................................................................................................77
Humangenetik – Marfan-Syndrom.............................................................................................................79
Palliativ .....................................................................................................................................................80
Palliativ Seminar 1 .................................................................................................................................80
Palliativ Seminar 2 .................................................................................................................................81
Klinische Ethik I......................................................................................................................................83

2
Vorlesung

Anästhesie

Herz- und Kreislaufphysiologie


Abhängigkeiten:
- systolischer Blutdruck: HZV
- HZV: HF, SV
- SV: enddiast. Volumen (Vorlast, Compliance), endsyst. Volumen (Nachlast, Kontraktilität)
- diastolischer Blutdruck: peripherer Gefäßwiderstand (Nachlast)
A. pulmonalis = 20/10 mmHg
Aorta = 120/80 mmHg
Verlauf der Druckkurve: distal steigt Amplitude, da Dehnbarkeit der Gefäße sinkt, MAD (mittlerer arterieller
Druck) sinkt leicht
-> Widerstand ist in den Arteriolen am höchsten
Windkesselfunktion: syst. Zufluss aus dem Herz 70ml
was wirklich durchfließt: 35ml
Speichervolumen: 35 ml
Venöser Rückstrom zum Herzen:
~ Blutdruck Venolen (ca. 20 mmHg)
~ Muskelpumpe
~ Atmung (Überdruck im Bauchraum, Unterdruck im Thorax)
~ Venenklappen
~ Sog durch das Herz (Ventilebenenmechanismus)
Venenpulskurve
a-Welle: Vorhofkontraktion

c-Welle: Vorwölbung der Trikuspidalklappe in den rechten Vorhof in Anspannungsphase

x-Senke: Ventilebenenmechanismus

v-Welle: Vorhoffüllung

y-Senke: Bluteinstrom in die rechte Kammer

Formeln
U = R x I (U: Druckdifferenz zwischen Gefäßsystemen; R: Widerstand des Gefäßsystems (SVR); I: Blutfluss/Zeit
oder HZV)
MAD = SVR x HZV
HZV = SV x HF
𝒕𝒓𝒂𝒏𝒔𝒎𝒖𝒓𝒂𝒍𝒆𝒓 𝑫𝒓𝒖𝒄𝒌𝒆𝒓 𝒙 𝑰𝒏𝒏𝒆𝒏𝒓𝒂𝒅𝒊𝒖𝒔
𝑾𝒂𝒏𝒅𝒔𝒑𝒂𝒏𝒏𝒖𝒏𝒈 =
𝟐 𝒙 𝑾𝒂𝒏𝒅𝒅𝒊𝒄𝒌𝒆

3
Vorlast
= Blutvolumen, das vom venösen System ins Herz gelangt, das das Herz dann verteilen muss
Einflussfaktoren: venöser Rückstrom, Lage (Kopf hoch, niedriger), intrathorakaler Druck (Druck höher,
niedriger), perikardialer Druck, venöser Gefäßtonus, Blutvolumen, Verteilung des Blutvolumens,
Herzrhythmus (Vorhofkontraktion), Herzfrequenz
Nachlast
= Auswurfwiderstand, gegen den der Ventrikel arbeitet
- Hauptdeterminante des Gesamtwiderstandes (TPR)
Kontraktilität:
anhängig von: Sympathikus-Aktivierung (sowie Medis), Ca2+-Konzentration

Arbeitsdiagramm des Herzens

A: Beginn Anspannung (enddiast. Volumen/Druck)


B: Beginn Austreibung (enddiast. Volumen, beginnsyst. Druck)
C: Beginn Entspannung (endsyst. Volumen/ Druck)
D: Beginn Füllung (endsyst. Volumen, beginndiast. Druck)
Systole zwischen A und C; Diastole zwischen C und A

Steigerung der Nachlast: mehr Volumen verbleibt endsyst. im Ventrikel, also B+D nach rechts, der Druck
steigt systolisch reflektorisch an, deshalb B+C nach oben
Steigerung der Vorlast (Frank-Starling-Mechanismus):
mehr Volumen kommt diastol. herein, also Verschiebung von A, B, C
und D nach rechts;
durch das allgemein erhöhte Volumen, wird diastol. mehr Druck
ausgeübt und A und D verschieben sich nach oben
Hilfsmittel zur Kreislaufeinschätzung des Patienten
EKG für Herzfrequenz; Leg-Raise-Test für Volumenreagibilität,
Zentralvenendruckmessung für Vorlast, Pulmonalis-Katheter für HZV,
TEE für Kontraktilität, Kapnographie

Physiologie der Lunge


Alveolär-Kapilläre Einheit
= Zusammenspiel aus Konvektion (Frischluft die zu den Alveolen strömt), Diffusion (Übertritt der Gase ins
Blut), und nochmal Konvektion (Blutstrom in den Kreislauf)
- alle drei Teile müssen funktionieren, damit die Alveole funktioniert

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Alveoläre Gasgleichung
pO2alv = Luftdruck – paCO2 – pH2O (bei 100% O2-Beatmung 673 mmHg)
pO2alv= alveolärer O2; paCO2= arterieller CO2, pH2O= Wasserdampfdruck
Horovitz-Quotient
zur Objektivierung des Gasaustauschs
paO2/FiO2 (arterieller O2/ Fraktion der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration)
paO2 unter insp. O2 FiO2 Horovitz-Quotient
100 mmHg 21% 0,21 500 mmHg
100 mmHg 50% 0,5 200 mmHg
100 mmHg 100% 1,0 100 mmHg
– >500mmHg: Alles ok
– <300mmHg: leichtes Lungenversagen (ARDS)
– <200mmHg: mittelschweres ARDS
– <100mmHg: schweres ARDS
Perfusion/ Ventilation bei Gravitation
- je höher der Lungenanteil, desto besser die Ventilation (Luft steigt nach oben), desto schlechter die
Perfusion (Blut fällt runter)
- 3 Zonen von oben nach unten
- wenn wir liegen, werden die veränderten Verhältnisse durch das Zwerchfell kompensiert (unten liegende
Anteile werden stärker bewegt, obere weniger)
- unter Relaxation fällt diese Kompensation weg, da das Zwerchfell unter Beatmung den geringsten
Widerstand geht (oben weniger Blut, weniger Widerstand, mehr Bewegung, unten mehr Blut, weniger
Bewegung)
3 Zustände der Lunge
- Alveole belüftet und durchblutet 
- Alveole belüftet, nicht durchblutet  -> Lungenembolie/ Totraumventilation
Gasaustausch wenig beeinträchtigt, da Euler-Liljestrand-Mechanismus Blut automatisch umleitet;
dafür aber massive Rechtsherzbelastung
- Alveole nicht belüftet, aber durchblutet  -> Shunt/ Atelektase
Gasaustausch erheblich beeinträchtigt, selbst bei geringen Shuntanteilen, da venöses Blut ins System
gelangt
- Atelektase: anfällig für Pneumonien, Anteile mit Atelektase steigen mit O2-Konzentration in der Beatmung
Vorteile für hohe O2-Beatmung: Apnoe-Toleranz↑, Ischämie-Toleranz↑, postop. Übelkeit und Erbrechen↓,
Wundinfektionen↓
Nachteile: Atemwege trocknen aus, Atelektase wird eher schlimmer
ABER: Sauerstoffgabe ist keine Lösung
Intraoperativ letzte Möglichkeit für Anästhesist: Patient auf Bauch drehen, da dann Blut aus Atelektasen sinkt
und Luft hineinsteigt (Entlastung), oder unter erhöhtem Beatmungsdruck versuchen ,,aufzudrücken‘‘.
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Basic Life Support (BLS)
- beschreibt das Vorgehen bei einer bewusstlosen Person, wenn man ohne medizinische Hilfsmittel
unterwegs ist
- 38% der CPR-Zeit wird nicht zur Kardiokompression genutzt
- in 28% der Fälle ist die Frequenz zu niedrig
- 72% der Thoraxkompressionen sind zu flach
- nur 5-15% werden nach CPR aus dem Krankenhaus entlassen
!!!!!SOFORTIGER Beginn unerlässlich, verdoppelt bis verdreifacht das Überleben!!!!!
- Überlebensrate sinkt 7-10% pro Minute
- Thoraxkompression Knackpunkte: Hände verschränken empfohlen, da Druckpunkt dann kleiner; 5-6 cm
eindrücken geht nur, wenn der Oberkörper und die Arme gerade bleiben, und das Becken der Drehpunkt ist
(Untergrund sollte hart sein -> Rea-Brett); die Helfer sollten sich alle 2 Minuten abwechseln
Song: Stayin‘ alive als Rhythmus
- Beatmung: nicht länger als 5 Sekunden aufwenden! 1 sec. pro Beatmung, max. 2 Versuche, dann weiter
drücken!

Advanced Cardiac Life Support (ACLS)


- beschreibt das Vorgehen bei einer bewusstlosen Person für medizinisch Ausgebildete mit entsprechender
Ausrüstung
- 82,4% aller Ursachen eines Herzstillstandes sind kardial
- Atmung überprüfen, max. 10 sec.!
- Defibrillation so früh wie möglich! (Adrenalin erst später, da Methode der 2. Wahl)
- Atemwege sichern: Endotracheal ist Goldstandard, da Aspirationsschutz und keine
Kompressionsunterbrechung; Alternativen: Larynxtubus, Larynxmaske…

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Schema zum Auffinden einer bewusstlosen Person

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Übersicht der Substanzen in der Anästhesie
Opioide
~ Fentanyl
~ Alfentanyl: kurz wirksam
~ Sufentanyl: kumuliert am stärksten
~ Remifentanyl (Ultiva): wird wach, sobald der Perfusor aus ist, hat aber große Schmerzen
kontextsensitive Halbwertszeit wird von oben nach unten kleiner

Hypnotika
volatil
~ Desfluran
~ Sevofluran: als einziges nicht atemreizend, deswegen zur Einleitung möglich (Kinder!)
~ Isofluran
~ Xenon: teuer

intravenös
~ Thiopental (Barbiturat): nur Einleitung, da Kumulation; senkt intrakraniellen Druck,
gewebsnekrotisierend, gut in SS
~ Propofol: gut für TIVA, Übelkeit↓; wenn aus, sofort wach; Nachteile: kein feedback, da rein i.v., gut
steuerbar
~ Etomidat: bei Herz- und Nierenkranken gut, hält Symp. oben, macht aber immunsuppressiv
~ Ketanest: in Notfallmedizin, da schneller Wirkeintritt, auch analgetisch, kreislaufstabilisierend ,
macht aber Alpträume
~ Midazolam (BZD): für Analgosedierung, und gegen Schmerzen

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Muskelrelaxantien
depolarisierend
~ Succinylcholin: schnellste Anschlagzeit (1 min.), gut bei RSI (unnüchtern intubieren),
Muskelfaszikulationen, kurze Wirkdauer (7-12 min.)
-> kann Maligne Hyperthermie induzieren (Therapie: Dantrolen!)

nicht depolarisierend:
Steriodale Strukur:
~ Rocuronium: schnellste Anschlagzeit nach Succi (1,5min.)
~ Vecuronium
~ Pancuronium: längste Wirkdauer (100-150 min.)

Benzylisochinoline:
~ cis-Atracurium: Hofmann-Elimination (gut bei NI, Leberinsuff.)
~ Atracurium: Hofmann-Elimination (gut bei NI, Leberinsuff.)
~ Mivacurium: kurze Wirkdauer (20-30 min.), gut steuerbar, lange Anschlagszeit, sehr lange Wirkdauer
bei Pseudocholinesterasemangel (!)

Grundlagen der Pharmakologie in der Anästhesiologie


Wirkmechanismen
- unspezifisch: abhängig von physikalischen Eigenschaften (Interaktionen Membran -> Lipophilie)
- spezifisch: abhängig von chemischer Struktur (Interaktion mit Rezeptoren, Schlüssel-Schloss-Prinzip)
MAC-Wert (Minimale alveoläre Konzentration)
…ist diejenige alveoläre Konzentration eines Inhalationsanästhetikums, die bei 50% der Patienten eine
motorische Reaktion auf einen definierten Schmerzreiz (Hautschnitt) unterdrückt. (Spricht für
Geschwindigkeit des Weges von Lunge ins Blut ins Gehirn.)
Muskelrelaxantien
1. Freisetzung von Acetylcholin aus Vesikeln, löst anhaltende Depolarisation aus
2. nicht-depolarisierende: binden kompetitiv an den Rezeptor und verhindern die ACh-Wirkung, und damit
die Depolarisation z.B. Rocuronium, Vecuronium
-> gut antagonisierbar z.B. mit Neostigmin, Suggamadex
Suggamadex 10x schneller als Neostigmin
3. depolarisierende: depolarisieren am Rezeptor (Agonist), z.B. Succinylcholin
keine Antagonisierung möglich!
Inhalationsanästhetika:
Xenon (NMDA-R.-Antagonist); volatile Anästhetika wie Isofluran, Sevofluran

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Hypnotika:
GABAA-Rezeptor: Barbiturate (zB. Thiopental), Benzodiazepine (zB. Midazolam), Propofol, Etomidat
Glutamat-Rezeptor (NMDA-R.): Ketamin/ Ketanest

Struktur-Wirkungs-Beziehungen: Stereoisomere haben unterschiedliche Affinität


Konzentrations-Wirkungs-Beziehungen
Applikationsart: i.v., intraossär, intranasal (am schnellsten), i.m. (auch schnell) -> die sind für Notfälle gut;
s.c. und p.o. langsamer
Verteilung eines Wirkstoffs abhängig von:
- Pharmakon: Proteinbindung, Lipidlöslichkeit, Molekülgröße, Ionisierungsgrad
- Organismus: Durchblutung der Organe bzw. Gewebe, Membranpermeabilität, pH-Differenz zw.
Plasma und Gewebe
gut durchblutet: Lunge, Nieren, Leber, Herz, Gehirn
schwächer durchblutet: Skelettmuskulatur, Haut, Darm
schlecht durchblutet: Fettgewebe, Bindegewebe (Akkumulation hier spielt bei einmaliger Gabe geringe Rolle,
aber wenn es nach mehrmaliger Gabe aus dem FGW wieder freigesetzt wird, spielt es eine Rolle)

3 Kompartimente
Blutplasma (Intravasal) 4% → Interstitieller Raum 15% → Intrazellulärraum 40%
(nur ein nicht-gebundenes Pharmakon kann die Grenzen überwinden)
Elimination (Metabolismus und Ausscheidung)
über Plasma -> Niere -> Urin
oder Plasma -> Leber -> Galle -> Fäzes (oder tritt in den enterohepatischen Kreislauf ein)
Im Alter: HZV↓, Muskulatur↓, Fett↑, Flüssigkeitsanteil↓, Elimination↓ (erklärt warum Dosis und
Medikamentenauswahl vom Alter abhängig ist -> Plasmaspiegel fällt bei Älteren langsamer ab)
Umverteilung von Thiopental: zunächst ins Plasma, dann direkt ins Gehirn (Patient schläft ein), Umverteilung
in Muskulatur und FGW (Patient wacht wieder auf)
T. diffundiert zu Beginn der Applikation schnell in periphere Kompartimente. Sind die gesättigt, bleibt es im
Plasma und die Wirkdauer ab dann verlängert sich erheblich.
Wirkungsdauer ≠ Eliminationshalbwertszeit
Kontextsensitive Halbwertszeit
= die Zeit, innerhalb derer die Plasmakonzentration einer Substanz nach Unterbrechung einer
kontinuierlichen Infusion um 50% abgefallen ist. (Abhängig von der Infusionsdauer)

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Je flacher die Kurve, desto eher ,,Perfusor aus, Wirkung weg‘‘.

Anästhesie I: Hypnotika/TIVA
Anästhesie besteht aus Hypnose, Analgesie und manchmal noch Muskelrelaxation (Knie oder
neurochirurgische Eingriffe komme ohne aus). Mit einher geht die vegetative Dämpfung.
TIVA = total intravenöse Anästhesie (nicht zB. über Gase, nur über i.v.-Medikation)
Monitoring: mit EEG Schlaftiefe gut objektivierbar
Hypnotika = Dormicum (Midazolam); Barbiturate, Thiopental; Propofol
5 unangenehmste NW: Erbrechen, Tubus merken, Schmerz, Übelkeit, Awareness
Pharmakologische Anforderungen: potent, geringe Variabilität des Effekts, hohe therapeutische Breite,
schneller Wirkungseintritt, kurze Wirkdauer, schnelle Ausleitung, über Perfusor applizierbar, ausreichende
Anästhesie/Analgesie, preiswert, umweltfreundlich, wenig NW, über Perfusor applizierbar
Propofol:
Hypnose, Suppression von Lernen und ,,Recall‘‘, Beeinflussung der Stimmungslage
- Wirkmechanismus: erhöht Aktivität der inhibitorischen GABAa-Rezeptoren
- Emulsion mit Eilecithin, Glycin und Soja (bei den Allergien nicht anwendbar)
- schneller Wirkeintritt
- Elimination über Leber
- Strukturelles Analogon von Vitamin E (Antioxidans, gut bei Ischämie/Reperfusions-OPs)
- Einleitungsdosis: 2,0-2,5 mg/kg KG i.v. (gut steuerbar )
- Erhaltungsdosis: 6-8 mg/kg/h
- Dosis geringer bei alten und cardio-circulatorisch instabilen Patienten!
- NW: Blutdruckabfall, HZV↓, Atemdepression, Brennen bei Injektion, Fettemulsion lockt Bakterien an
(Sterilität wichtig!)
Thiopental:
- ein Barbiturat
- Wirkmechanismus: erhöht Wirkung von GABA an GABAa-R., direkte Aktivierung
- schneller Wirkeintritt von 30 sec. (schneller als Propofol)
- Elimination über Leber
- Einleitungsdosis: 3,0-5,0 mg/kg i.v. (auch gut steuerbar )
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- bei Kindern 4-7 mg/kg (Verminderung bei älteren Patienten)
- NW: Blutdruckabfall, HZV↓, Herzfrequenz↑ über Barorezeptorreflex, Abnahme des zerebralen
Blutflusses u. des Metabolismus (gut bei SHT, in Neurochirurgie und bei Hirndruckzeichen)
- allergische Reaktionen (nicht schlimmer als bei anderen auch)
Ketanest: gut für den Notfall, da schneller analgetischer Wirkeintritt aber keine Atemdepression, stabilisiert
Kreislauf (steigert RR), macht leider Unruhen und Alpträume, deswegen alleine zur Narkose nicht geeignet
3-Kompartiment-Modell
1 = Blutkreislauf (1. Anlaufstelle)
2 = z.B. Gehirn (wird hier steady state erreicht, schläft Patient)
3 = am größten! hierhin verschwindet der Wirkstoff, deswegen
muss man irgendwann nachapplizieren
Aufwachen: 2 entsättigt sich, Patient wird wach. 3 gibt nach und nach noch ab, geht ins Blut und auch ein
bisschen wieder ins Gehirn -> braucht Zeit (dafür Aufwachraum)
Dosis-Beeinflussung: Geschlecht (w braucht mehr), Alter (alt braucht weniger), Gewicht (dick braucht mehr),
Temperatur, Metabolisierung (Leberinsuffizienz), Elimination (Niereninsuffizienz)

Anästhesie II: Muskelrelaxantien


Definition: Hemmen an motorischer Endplatte die neuromuskuläre Übertragung reversibel und nur an
quergestreifter Muskulatur!
Gründe für Muskelrelaxation:
- schnelle Intubation bei Aspirationsgefahr (RSI zB. bei nicht nüchternen Patienten, Blitzintubation)
- schonende endotracheale Intubation
- bestimmte Eingriffe: intraabdominell, intraokulär, unfallchirurgisch
- auf Intensiv: erleichterte Beatmung, Muskelspasmen, O2-Verbrauch senken
PRO für Muskelrel. bei Intubation: schneller, leichter, weniger traumatisch
CONTRA: stirbt ohne Beatmung, Risiko von NW (Succinycholin), Stimmbandschäden
Bedingungen: ausreichende Anästhesietiefe (Analgesie & Sedierung), funktionierende Möglichkeit zur
Beatmung, evtl. neuromuskuläres Monitoring
Substanzen im Überblick

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Neuromuskuläre Blockade:
1. blockieren kleine, schnelle Muskeln (Auge, Finger, Zehen, Larynxmuskel)
2. blockieren Extremitäten, Hals, Stamm
3. blockieren Diaphragma, Interkostalmuskeln
Erholung in umgekehrter Reihenfolge (Chirurg bekommt Zwerchfell schneller mit als Anästhesist; zum
Schluss nicht vergessen zu gucken ob Finger und Zehen auch bewegt werden können)

Depolarisierende Relaxantien
- bindet agonistisch an beide Bindungsstellen des ACh-Rezeptor
- kein Abbau, Kanal bleibt daher offen, Membran wird unerregbar (Lähmung)
- keine pharmakologische Antagonisierung möglich!
Succinylcholin
- kurze Anschlagszeit und kurze Wirkdauer
- zur Blitzintubation
- CAVE: Muskelfaszikulationen bei Wirkeintritt (können Muskelkater haben nach der Narkose)
- Kaliumfreisetzung durch offene Kanäle
- maligne Hyperthermie kann auftreten
- bei atypischer Cholinesterase deutlich verlängerte Wirkdauer
- NW: - durch muskarinerge: Bradykardie, Arrhythmie, RR↓, Hypersalivation
- durch Faszikulationen: intragastrischer Druck↑, Augendruck↑, postoperative Myalgie
- maligne Hyperthermie
- Hyperkaliämie, v.a. bei Kindern, Verbrennungen, neuromuskulären Erk. Immobilisation
- Rhabdomyolyse
- CK-Erhöhung
- Empfehlung der DGAI: nicht bei routinemäßigen, elektiven Einsätzen, nur im Notfall!!
Nicht-depolarisierende Relaxantien
- binden antagonistisch, kompetitiv an ACh-Rezeptor (eine Bindungsstelle)
- Kanal bleibt geschlossen, keine Erregung möglich
- pharmakologische Antagonisierung möglich (Cholinesterasehemmer)
Cis-Atracurium
- kurze bis mittellange Wirkdauer
- sehr lange Anschlagszeit (3-4min.) (je länger man bebeuteln muss, desto eher wird aspiriert)
- Hofmann-Elimination (spontaner Zerfall durch pH und Temperatur, keine Niere/ Leber nötig)
Rocuronium Anschlagszeiten
- schnellste Anschlagzeit nach Succinylcholin (ca. 60sec.)
- mittellange Wirkdauer (30-45 min.)
- hohe hämodynamische Stabilität
- renale und biliäre Elimination
- zusätzliche Antagonisierung mit Sugammadex schnell möglich

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Neuromuskuläres Monitoring
Gründe: Erkennen des Zeitpunkts für Intubation, Extubation und Repetitionsdosis bzw. Antagonisierung;
Erkennen von Restblockaden, Sicherheit bei Problempatienten, kontinuierliche Überwachung bei
Langzeitgabe
Alternative = Klinische Beurteilung:
- intraoperativ: Rückkehr von Spontanbewegungen, Ansteigen des Beatmungsdrucks, Veränderungen
der CO2-Kurve
- postoperativ: Augenöffnen >5sec., Händedruck, Arm/Kopf anheben und halten
- -> keine Erfassung der Restblockade, fehlende Hinweise kein Beweis
Relaxometrie: misst am Daumen ob Strom vom N. ulnaris ankommt
zB. TOF-Stimulation: 4 Stimuli in 1,5 sec.: Muskelantwort wird geringer bei Relaxation, in allen Phasen der
Anästhesie einsetzbar; nur für nicht-depolarisierende Relaxantien, wenig schmerzhaft
Jeder Strich steht für eine Antwort auf einen Reiz:

Anästhesie III
Blut/Gas-Verteilungskoeffizient
Je höher, desto mehr löst sich im Blut im Vergleich zum Gas des Blutes.
~ Hoher Wert: sehr gut im Blut löslich, doch bis es ins ZNS gelangt, muss erst der Partialdruck ansteigen
und das dauert
~ Niedriger Wert: wünschenswert, da besser steuerbar
-> hat nichts mit Metabolisierungsgrad zu tun!
Maligne Hyperthermie
Def.: Hypermetabolismus der Skelettmuskulatur
Pathogenese: Kalziumüberflutung des Myoplasmas
Trigger: volatile Anästhetika, Succinylcholin
Symptome: Hyperkapnie, Tachypnoe, Muskelrigidität (incl. Masseterspasmus), Arrhythmien, Fieber
Häufigkeit: Kinder 1:15.000; Erwachsene: 1:150.000
Letalität: <10% bei sofortigem Stopp aller Trigger und bei sofortigem Therapiebeginn mit Dantrolene!

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Polytrauma I+II
= mehrere gleichzeitig entstandene Verletzungen verschiedener Körperregionen, von denen mindestens eine
oder die Kombination lebensbedrohlich ist.
Am häufigsten ist der Kopf beteiligt, kurz danach der Thorax.
Injury Severity Score (ISS) ≥16
A= Airway & Stiffneck
- Atemwege sichern, Esmarch-Handgriff, absaugen, Güdel-Tubus/Intubation, HWS stabilisieren!!
- Indikationen für Intubation: Ateminsuffizienz (SpO2 <90%, AF: <6 bzw. >29)
GCS≤8 (gilt v.a. bei SHT), schweres Thoraxtrauma
traumaassoziierte, hämodynamische Instabilität (RR<90mmHg)
- Medis: alles möglich, aber nicht mit Etomidat!
- Achtung: instabile, unbekannte, nicht nüchterne Patienten →Rapid Sequence Induction (RSI)
- wenn möglich vorher Anamnese:
 S Setting (Was ist passiert?)
 A Allergies
 M Medications
 P Past History (Vorerkrankungen)
 L Last Meal (Wann haben Sie zuletzt gegessen?)
 E Event
- Verlegung der Atemwege möglich durch Mittelgesichtstrauma, Larynxtrauma, Aspiration
B= Breathing
- Klappt die Atmung?
- Auffällig z.B. durch SpO2-Abfall (<90%), hohe niedrige Atemfrequenz (<6 oder >29), EInsatz der
Atemhilfsmuskulatur, einseitig abgeschwächtes Atemgeräusch, asymmetrische Thoraxbewegung
- z.B. Spannungspneu
- Störungen: des Atemantriebs (Apnoe nach SHT); der Atemmechanik (Hämato- bzw. Pneumothorax);
des Gasaustausches (Kontusion)
- Schockraum oder präklinisch: Thoraxdrainage: Bülau oder Monaldi, Hautschnitt, dann einen ICR
höher gehen (tunneln), damit beim Ziehen der Drainage nicht wieder ein Pneumothorax entsteht,
analgosedieren! tut sehr weh
C= Circulation
- RR!, HF EKG, Pulse -> ausreichende Durchblutung
sichern
- Blutungen stoppen (1.
Druckverband+Hochlagern, 2. Tourniquet)
- Bauch, Oberschenkel, Thorax also große
Einblutungsräume abtasten
- Volumenmanagement mit großlumigen Zugängen
(balancierte Kolloide/ EKs, FFPs, TKs/
Noradrenalin, Akrinor)
- Gerinnung optimieren: auskühlen vermeiden,
Calcium substituieren, Tranexamsäure,
Fibrinogen, schnelle Diagnostik
- Volumenmangelschock: äußere oder innere Blutungsquelle
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- Normovolämischer Schock: Herzbeuteltamponade, Spannungspneumothorax
- Schockraum: Basisdiagnostik: Rö-Thorax, Sonographie, Rö-Becken
- Schockraum: Akutmaßnahmen: Thoraxdrainage, Beckengurt, Notfall-Beckenfixateur, Notfall-
Laparatomie
D= Disability oder neurological status
- GSC! Schockraum: immer wieder reevaluieren
- Pupillenkontrolle (Vorsicht, kann auch grade vom Augenarzt kommen)
- Hinweise auf intrakranielle Blutung oder Intoxikation
- Schockraum: CCT (meist Ganzkörper-CT)
E= Exposure & Environment
- Umgebung und Unfallhergang festhalten
- Bodycheck (Pat. vollst. entkleiden und untersuchen)
- Patienten nicht auskühlen lassen!
- Blutzucker!!!
- Schockraum: verletzte Extremitäten reponieren, schienen (PDMS)
- Schockraum: Wunden steril verbinden
- Schockraum: Tetanus-Impfung
- Schockraum: Antibiotikatherapie
REEVALUATION!!
Stay and Play =vor Ort möglichst stabilisieren
Load and go =keine Chance ohne Krankenhaus! LOSFAHREN!!!
Vorgehen im Schockraum:
1. Übergabe durch den Notarzt
2. ABCDE-Schema und Stabilisierung
3. wenn nötig Not-Operation sonst eingehende Untersuchung +Diagnostik (Rö+CT); für CT muss Patient
stabil sein für 2-3 Minuten
4. Therapieplan
5. Verlegung auf Intensiv-, Normalstation oder Operationssaal

Damage Control Surgery (DCS)


Definition: Operationstaktik, mit der man schwerverletzte Patienten unter Minimierung des
Operationstraumas stabilisiert. Meist zunächst provisorische Versorgung.
Tödliche Trias: Koagulopathie (Quick <50%, PTT >40sec.)
Hypothermie (Temp. <34°)
Azidose (pH <7,2)
Intensivstation ist deutlich weniger belastend und gefährlich für den Patienten als der OP.
Indikationen: stattgehabte Transfusionen von >10 Ery-Konzentraten, Hypotension ≥1h, ISS > 35,
Hypothermie <35°C, Azidose mit pH <7,2, Koagulopathie, chirurgisch nicht behandelbare venöse Blutung,
zeitaufwendige Intervention bei persisitierendem Schock, nicht zu adaptierende abdominelle Faszie,
lebensbedrohliche extraabdominelle Verletzungen

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Abdomen: kontrollierte Eröffnung, Tamponade aller 4 Quadranten und Suche nach Blutungsquelle
Leber z.B. mit Tüchern tamponieren (Leberpacking-Technik)
Verschluss provisorisch, da Gefahr des Kompertements
Alle Tücher müssen spätestens nach 2 T. ausgewechselt werden
Becken: meist venös!!, Fixateur, Beckenzwinge oder Tamponade durchs Retroperitoneum
Thorax: Thorakotomie ggf. mit Ausdehnung und temporärem Abklemmen der Aorta
- stumpfes Trauma hat schlechtere Chancen als penetrierendes
Extremitäten: LIFE BEFORE LIMB!
Ziel: Verhinderung von weiterer Metaboliten-Ausschüttung
-> externe Stabilisierung (Fixateur), Entlastung von Muskellogen, Debridement/ Dekontamination,
temporäre Weichteildeckung
Fixateur-Indikationen: schweres Thoraxtrauma, schweres Abdominaltrauma, schweres SHT, instabiler
Kreislauf, hohe Gesamtverletzungsschwere

Notfallmedizinische Techniken
Defibrillation: selbstklebende Elektroden bevorzugen, möglichst geringe thorakale Impedanz,
offener Sauerstoff sollte 1m Abstand haben (Funkenschlag), Sicherheitscheck vor Abgabe vom
Schock
manuell: 8kg Anpressdruck, niemals in Luft laden (Spannungsbogen)
Thoraxdrainage:
Indikationen: Pneumothorax, Hämatothorax, Serothorax, Pleuraempyem, intraoperative Anlage bei
Thoraxoperationen, Versorgung bei traumatisierten Patienten z.B. bei multiplen Rippenfrakturen
Zugangswege: Bülau (4.-5. ICR, mittl. Axillarlinie), Monaldi (2.-3. ICR, MCL)
am Oberrand der Rippe, stumpfes Präparieren unter der Haut (tunneln)
(Spannungs-) Pneumothorax: Tachypnoe, einseitig abgeschwächtes Atemgeräusch, hämodynamische
Instabilität
Diagnostik: Notfallsonographie, Prellmarken, gestaute Jugularis, hypersonorer Klopfschall
Atemwegsmanagement:
Intubation: Endotrachealtubus (mit Laryngoskop), Kombitubus (kann in Trachea oder Ösophagus
liegen), Larynx Tubus (wird blind eingeschoben in den Ösophagus), Wendl-Tubus (nasal einführen),
Guedeltubus (verhindert, dass Zunge den Pharynx verlegt, sehr unsicher)
Koniotomie: Chirurgische Methode: Reklination, Desinfektion, Hautschnitt längs, Ligament quer,
aufdehnen, Tubus einführen
Seldinger-Methode: über Drahtsystem ähnlich ZVK nur mit Luft, sehr aufwändig
Quicktrach-System: direkt mit Nadel Tubus einstechen

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Zugänge:
ZVK eher nicht im Rettungsdienst, da zeitaufwändig und unsteril
V. subclavia: hohe Komplikationen (Pneu), aber auch bei Volumenmangel gut zu finden
V. jugularis interna: weniger Komplikationen, kollabiert schnell bei Volumenmangel
V. femoralis: vor allem bei Reanimation
Sheldon: bei hohem Volumenbedarf
Alternative Applikationswege:
- nasal (MAD = mucosal applications device); ähnlich schnell wie i.v.
- intramuskulär
- endobronchial
- rektal
- intraossär:
~ Punktionsorte: prox. Humeruskopf, Malleolus med., Femurkondylus, dist. Radius,
Sternum (nicht bei Kindern)
~ Komplikationen: Fehllage, Tibiafraktur, Kompartmentsyndrom (paravasale Infusion),
Osteomyelitis, Fett-/ Knochenmarkembolien
~ Nadel darf maximal 24h im Körper verbleiben

Überwachung von Vitalparametern/ Perioperative Steuerung der Herz-


Kreislauffunktion
Formeln:
MAP = SVR x HZV HZV = HF x SV

MAP = SVR x HF x SV (bedingen sich gegenseitig, fällt das eine, sinken auch die Größen auf der anderen
Seite)
MAP = mittlerer arterieller Druck; SVR = system. Gefäßwiderstand; HZV = Herzzeitvolumen; HF = Herzfrequenz; SV = Schlagvolumen

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Wirkungen der Beatmung
- senkt peripheren Widerstand (SVR) durch Vasodilatation
- dadurch wird das intrathorakale Volumen gesenkt (weil das Blut verschwindet)
- damit auch die Vorlast des Herzens (weniger Blut)
- dadurch wird auch das HZV/SV gesenkt (weniger Vorlast, weniger zum pumpen)
- und damit wird auch der mittlere arterielle Druck gesenkt (RR abhängig vom SV und SVR)
- negative Inotropie und damit Abfall der Herzfrequenz
Vasopressoren beeinflussen SVR an den Arteriolen (Durchmesser wird gesenkt und damit der Blutdruck
erhöht) -> MAP = SVR x HZV
Volumensubstitution erhöht die Vorlast und damit das Schlagvolumen, und damit den Blutdruck.
Bei Volumenüberladung jedoch fällt das SV leicht und man hat den gegenteiligen Effekt.
Wie kann man das messen? = ausprobieren! →

Drücke sind nur bedingt geeignet zur Bestimmung der Vorlast,


einer Volumengröße!
Anästhetikainduzierte Hypotonie: Vasopressor (NA) zur akuten
Korrektur, Volumen zur langfristigen Stabilisierung
Operationsbedingter Volumenverlust: Volumen/ Blut
Kardiales Pumpversagen: positiv inotrope Substanzen

Präoperative Anästhesievisite
Labor-Diagnostik

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Kardiale Risikofaktoren
- Herzinsuffizienz
- Koronare Herzkrankheit (KHK)
- pAVK
- zerebrovaskuläre Insuffizienz
- Diabetes mellitus
- Niereninsuffizienz
-> erfordern erweiterte Diagnostik!
EKG nur bei anamnestisch auffälligen oder kardial symptomatischen Patienten, oder bei einer OP mit hohem
kardialem Risiko (nicht bei Schrittmacher-Patienten mit regelmäßigen Kontrollen ohne Symptome
Röntgen-Thorax/ LuFu nur bei anamnestisch auffälligen oder pulmonal symptomatischen, oder bei V.a. OP-/
Anästhesierelevanten Befund (nicht bei bekannter stabiler Erkrankung)
Halssono nur bei positiver Anamnese und Patienten vor großen arteriellen Gefäßeingriffen (nicht bei
Patienten mit positiver Anamnese aber erfolgreicher Intervention)

Dauermedikation
Belassen: kreislaufwirksame Pharmaka ( β-Blocker, Ca2+-Antagonisten, Nitrate, ACE-Hemmer,
Digitalisglykoside, Diuretika); Statine, ASS, Antikonvulsiva, Psychopharmaka, Anti-Parkinson-Mittel
Anpassen: Antidiabetika (Insulin vs. orale Antidiabetika), Antikoagulation (Vit-K-Antagonisten, orale Fx-Inhib.,
Dabigatran, Heparin), Kortikosteroide
Absetzen: Clopidogrel (Absprache mit Kardiologe und Operateur)
- 2h vorher nichts trinken (Muttermilch 4h)
- 6h vorher nichts essen

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Das Schädel-Hirn-Trauma
Primäre Schädigung: Mechanische Kräfte, Frakturen, Kontusionen, Gefäßdestruktionen, Blutungen, Ischämie
Sekundäre Schädigung:
~ systemisch: O2-Gehalt im Blut reduziert, HVZ↓, arterieller Druck↓
~ regional: Vasospasmen, Ödembildung, Zunahme des intracraniellen Volumens (ICV), Anstieg des
intracraniellen Drucks (ICP)
-> bei Anstieg des ICV verlagert sich das Volumen über den Liquor zunächst in das Rückenmark, der ICP
steigt aber bald überproportional an
 GCS erheben
 Pupillenmotorik (mögliche Zeichen einer beginnenden Einklemmung des Oculomotorius
ICP-Messung: Ventrikel-Katheter mit externem Transducer, Katheter mit Luftkammer-System und externem
Transducer, Katheterspitze mit integriertem Transducer (Referenzpunkt = Schädelbasis/ äuérer Gehörgang)

Zerebraler Perfusionsdruck (CCP) = MAP – ICP


Ziele bei SHT
~ Normoxämie (PaO2 > 80mmHg)
~ Normocapnie (CO2 macht Gefäße weit, erhöht den Blutdruck, zu wenig: zu wenig Blutdruck)
~ Normotension (MAP >80 mmHg; Senkung nur >130 mmHg)
~ Normoglykämie (BZ 150mg/dl; sonst Stoffwechsel erhöht und damit O2-Verbrauch erhöht)
~ Normothermie bis Hypothermie (mehr Temperatur, mehr Stoffwechsel, mehr O2-Verbrauch)
~ optimale venöse Drainage (30°-OK-Hochlagerung)
Interventionen
~ O2-Gabe
~ Analgosedierung, Intubation, Beatmung
~ Volumensubstitution
~ Insulintherapie
~ Kühlung
~ 30° Oberkörper Hochlagerung/ Kopf gerade
ICP = <20 mmHg
Zerebraler Perfusionsdruck = 50-70 mmHg
Mannit: wird gebraucht um Ödeme auszuschwemmen
-> niemals zu viel, da dann Hypotonie (wegen Volumen↓) und dann Perfusionsdruck zu niedrig
Therapie des ICP > 20 mmHg
~ Hämatomausräumung
~ Liquordrainage
~ Mannit
~ Barbiturattherapie
~ Hyperventilation (nur passager)
~ hypertone/hyperosmolare Lösung
~ Tris-Puffer
~ dekompressive Craniektomie

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Airwaymanagement

Schwieriger Atemweg: Überbiss, fliehendes Kinn, kleine Mundöffnung, eingeschränkte Reklination, kloßige
Sprache, Stridor, Zungengröße, Zahnstatus, Mallampati-Grad 3 oder 4
→keine sichere Prognose möglich!
Definition: wenn ein durchschnittlich ausgebildeter Anästhesist Probleme mit der Maskenbeatmung oder
der Intubation hat. (kein Freihalten der Atemwege möglich!)
CAVE: Patient stirbt nicht an mangelnder Intubation, sondern an mangelnder Oxygenierung(wenn intubieren
nicht klappt, Maskenbeatmung nicht vergessen)
Mallampati (!)
Was ist bei Mundöffnung und Zunge rausstrecken zu sehen?
Grad I: weicher Gaumen, Uvula ganz, Tonsillenbett
Grad II: weicher Gaumen, Uvula teilweise
Grad III: weicher Gaumen, Uvula-Basis
Grad IV: weicher Gaumen und Uvula nicht sichtbar
PATIL
= Unterkiefer-Kehlkopfabstand
= thyromentaler Abstand = Abstand zwischen Schildknorpel und Kinnspitze bei maximal überstrecktem Kopf
- <6cm: Intubation sehr schwierig/ unmöglich
- <7cm: Intubation schwierig/ aber möglich
- >7cm: normal
Wilson-Score
0 1 2
Gewicht <90 90-110 >90
Kopf-Hals-Beweglichkeit >90° =90° <90°
Mundöffnung ≥5cm <5cm <5cm
UK-Beweglichkeit >0 =0 <0
fliehendes Kinn normal moderat stark
vorstehende Zähne normal moderat stark
Score von > 2 sagt schwierige Intubation voraus.
Vorhersagbarkeit mit allen Scores bei ca. 50% (0,5-2% haben schwierige Intubation)

Lagerungsmaßnahmen: in stabiler Seitelage!


Atemwegsmaßnahmen: in Rückenlage!
Handgriffe
Reklination = Kopf überstrecken
Esmarch-Handgriff = Stirn nach dorsal, Mund offen, Kieferwinkel nach ventral

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Guedeltubus = oropharyngeal
Wendltubus = nasopharyngeal
beide halten den Pharnyx frei von der Zunge (Maskenbeatmung dann gut möglich)
Präoxygenierung
- normal (21%) = O2-Speicher von 400ml
- funktionelle Residualkapazität (FRC) = 3000ml (die wollen wir vor Intubation gut füllen)
- bereits ab 1,5-2 Minuten Apnoe Gefahr irreversibler hypoxischer Schäden
- Besonderheiten: bei erhöhtem O2-Umsatz (z.B. Kinder), bei wenig FRC/ wenig Speicher (z.B.
Adipositas per magna, Schwangere, Z.n. Lungenresektion…)
Maskenbeatmung
- C-Griff! (wenn nicht möglich, doppelter C-Griff)
- Warnhinweise für schlechte Maskenbeatmung: Vollbart, Zahnlosigkeit, kurzer, dicker Hals,
Adipositas, Stridor, Tumore, HWS-Trauma, Tamponade….
- Lösungen: doppelter C-Griff, Maskengröße?, Guedeltubus/ Wendltubus, Lagerung optimieren,
Arbeitshöhe?
Intubation
- Komplikationen: Verletzungen des Kehlkopfs/ Ödem/ Granulome, Blutung, Schwellung, Atelektasen,
Fehlintubation, Aspiration, Trachealruptur, Zahnschäden
- Cricoid-Druck: nicht mehr angewendet, um Ösophagus mit dem Ring zuzudrücken
- BURP-Manöver (Backwards Upwards Right Pressure): Kehlkopf in Richtung Tubus drücken
- Schwierige Intubation: mehr als drei Versuche oder länger als 10 Minuten oder entracheale
Intubation unmöglich
- Lösungen: spezielle Laryngoskope, Führungsstäbe, Airwayexchanger (zum Tubuswechseln über
Seldinger-Technik), optische Geräte, chirurgischer Atemweg (Ultima ratio)
Cormack & Lehane
Wie gut man die Stimmlippen darstellen kann
- I: gesamte Stimmritze einstellbar
- II: Stimmritze teilweise sichtbar (hintere Kommissur)
- III: Stimmritze nicht einstellbar, nur Epiglottis (Kehldeckel)
sichtbar
- IV: auch Epiglottis nicht einstellbar, nur Zungengrund sichtbar
Supraglottisches Atemwegsmanagement
Larynxmaske = Maske auf Larnyx die man ausbläst
Larynxtubus = Stab kommt in Ösophagus und Trachea wird durch ein Loch beatmet (leichter,
traumatisierender?)
Kombitubus = 2 Lumina, je nachdem ob er in Trachea oder Oesophagus landet (keine Magensonde, teuer)

kein Aspirationsschutz!!!

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Chirurgische Atemwege
Tracheotomie (Trachea)
- (meistens geplant)
- chirurgisch vs. dilatativ
- z.B. Langzeitbeatmung, neurologische Erkrankungen, Strahlenbehandlungen am Kopf oder
Hals, Kehlkopflähmungen
Koniotomie (Larynx)
- Durchtrennung des Ligamentum cricothyroideum
- vor allem im Notfall

Flüssigkeitstherapie
Wasserbedarf

- 1,5ml/kgKG/h Grundbedarf bei Erwachsenen


- 421-Regel bei Kindern (4ml/kgKG/h für die ersten 10 kgKG; 2ml für die zweiten 10kg, und 1ml ab
dann; Bsp.: 35kg = 40+20+15ml/h)
- Wasserverlust durch Urin, Faeces, Wundfläche, Blutverlust, Schwitzen, Haut/Atmung
- Aufteilung der Flüssigkeit im Körper:12% im Plasma, 25% interstitiell, 68% intrazellulär
- Volumenmangel intraoperativ: RR↓, HF↑, Urin↓ und konzentrierter, arterielle Druckkurve
undulierend durch Atmung, TEE: Vorlast↓, (evtl. ZVD↓)
Kristalloide Lösungen
verteilen sich gleich in Plasma/Interstitium, also 12% der Menge gehen nur ins Plasma (s.o.),
NaCl 0,9%
- Na+ 154mmol/l (normal 140)
- Cl- 154 mmol/l (normal 100)
- kein HCO3- (fällt aus)
- Gefahr: hyperchlorämische Azidose
Ringer-Laktat-Lösung
- Na+ 130 mmol/l
- K+ 4,0 mmol/l
- Ca2+ 2,0 mmol/l
- Cl- 110 mmol/l
- Laktat 28 mmol/l
- Laktat wird in Leber zu HCO3- abgebaut (nicht bei Leberinsuff., Laktatazidose!), braucht O2 (bei
schlechter Oxygenierung nicht gut), Laktat-Werte im Labor verfälscht
- Gefahr: Hirnödem
Jonosteril
- Na+ 137 mmol/l
- K+ 4,0 mmol/l
- Ca2+ 1,6 mmol/l
- Cl- 110 mmol/l
- org. Anionen 37 mmol/l (Maleat und Acetat)
- am ehesten physiologisch

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Kolloidale Lösungen
Interstitium wird nicht ,,mitgefüttert‘‘.
Makromoleküle sind potentielle Antigene
Gefahr: Anaphylaxie
Hydroxyethylstärke (HES)
- onkotisch wirksames Molekül (Volumeneffekt 100%), hält Wasser intravasal
- je schwerer und verzweigter, desto längere Wirkdauer, desto mehr NW
- Anlagerung an Thrombozyten, verhindert Gerinnung
- KI bei NI (kumuliert in Nierentubuli) und Intensiv, Sepsis und Verbrennung
- ca. 2000ml Tagesdosis
- NW: Juckreiz, da Histaminausschüttung durch HES-Ablagerung
Gelatine
- schnelle renale Exkretion
- weniger Volumeneffekt, geringere Wirkdauer als HES
- keine Tageshöchstdosis, keine Gewebeeinlagerung
- höheres Anaphylaxierisiko (Rinder-Gelatine)
Humanalbumin
- menschliches Protein aus Spenderblut
- kein Volumenersatz
- teuer
- sehr lange Wirkdauer, aber in Studien nicht besser als NaCl
- nur bei Patienten, die es nicht herstellen können (Leberzirrhose)
Über viel Zeit Blutverlust: Kristalloide Lösungen besser,
Bei akutem großen Bedarf lieber Kolloide!

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Hämotherapie
Blutkomponenten (EK, TK, FFP)
Vor Substitution auf Körpertemperatur bringen
 für bessere Fließeigenschaften
 sonst Auskühlung

Erythrozytenkonzentrat Gefrorenes Frischplasma Thrombozytenkonzentrat (TK)


(EK) (FFP)

Herstellung Zentrifugation Zentrifugation Zentrifugation


Vollblutkonserve Vollblutkonserve Vollblutkonserve
„buffy coat“ - Plasma Plasmagewinnung und 1 TK: Pool aus 4-6 „buffy
Resuspension der Erys sofortiges Tieffrieren coats“
in Additivlösung
Lagerung 4° C -30° C 22° C (kein kühlen, ständig
bewegen, sonst Agglutination)
Haltbarkeit 1-2 Monate 36 Monate 5 Tage
Wirksamkeit Hb steigt um ca. 1g/dl 1 FFP (200ml) erhöht Thrombos um 30.000/µl
Hämatokrit um ca 3-4% Faktorenkonz. um 3% (sofern kein erhöhter
(mind. 4 FFP geben!) Verbrauch)
Indikation Hb <6 g/dl: immer manifeste abhängig von OP, Pat. (meist
Hb 6-10 g/dl: Kann Gerinnungsstörung zw. 50k-80.000)
(Kompensation und VE) (klinisch, Labor)
Hb >10 g/dl: Nie ab 4-6EKs
kein Volumenersatz!
Hinweise auf anämische Hypoxie
- Pulmonale Symptome (Tachykardie, Hypotension, Dyspnoe)
- Ischämietypische EKG-Veränderungen
- Echo: neu aufgetretene Wandbewegungsstörungen
Transfusionen
- Einverständnis, Identität, Blutgruppenschein
- Konservenbegleitschein + gültige Kreuzprobe
- Blutgruppe Patient – Konserve kompatibel
- Bedside-Test: Dokumentationspflicht
- leere Transfusionsbeutel 24h aufbewahren (verzögerte Transfusionsreaktion)

Blutgruppe Antigen Antikörper Kompatibles FFP


A A Anti-B A oder AB
B B Anti-A B oder AB
AB AB KEINE AB
0 KEINE Anti-A, Anti-B 0, A, B, AB
Transfusion im Notfall
- Vitale Gefährdung des Patienten
- Sofortige Transfusion ohne Blutgruppe, Antikörper-Screening, Kreuzungsschein
- Erhöhtes Transfusionsrisiko
- Bei kein Ergebnis der Blutgruppenbestimmung →Blutgruppe 0, möglichst Rh negativ
Akute Nebenwirkungen
- Sofortige Hämolyse durch Fehltransfusion oder verzögerte Hämolyse
- Allergisch
- Bakterielle Kontamination
- TRALI (Lungeninsuffizienz)
- CAVE: Hypothermie, Hypervolämie, Citratintoxikation
~ Citrat bindet an Ca2+ Inotropie und Gerinnung sinken
26
- Chronisch: HBV, HCB, HIV
Fremdblutsparende Maßnahmen
- Präoperative Anamnese (Gerinnung: diffuse Blutungen, Hämatome)
- Labor (PTT, Quick, Fibrinogen, Thrombozytenzahl, ggf.Gerinnungsfaktoren)
- Intraoperativ (Normothermie, Cellsaver, Pharmakologisch, Chirurg)
~ Cellsaver
- Auffangen von Wundblut
- Antikoagulation (Heparin, Citrat) + Zentrifugation
- Retransfusion der Erythrozyten
- KI: Infektionen, Malignome, Sectio
~ Pharmakologisch
- Fibrinolysehemmer (Tranexamsäure)
- Verbesserte Thrombozytenfunktion, auch gegen ASS mit Desmopressin = Minirin
(stimuliert endotheliale vWF-Freisetzung)

Grundzüge der Antibiotika-Therapie


Carbapeneme = Reserveantibiotika (Resistenzen hier dramatisch)
1. Erst die Diagnose, dann die Therapie.
~ Indikation stellen! Fieber und CRP reichen nicht.
2. Infektdiagnosen sind immer klinische Diagnose und Erregernachweis.
~ Erregernachweis ist kein Therapieindikation, muss auch Infektion machen.
3. Chirurgie nicht vergessen.
~ Fremdkörperentfernung, Abszessspaltung macht viel aus.
4. So schmal wie möglich, so breit wie nötig.
~ Streamlining! Stop bei falscher Entscheidung.
5. So spät wie nötig, so früh wie möglich.
~ Probengewinnung und Indikationsprüfung.
6. Negativen prädiktiven Wert der Diagnostik ausnutzen.
~ Auf Diagnostik vertrauen und absetzen bei negativem Befund.
7. Kürzer anstatt länger.
~ Zeitdauer sinnvoll begrenzen, mit ausreichend hoher Dosis.
~ Wie lange ist lang genug?
~ Tag 3: Reevaluation! Null Infektzeichen? Absetzen!
~ Tag 5: ggfs. Beendigung einer unkomplizierten Pneumonie-Therapie.
~ Tag 7: ggfs. Beendigung einer komplizierten Pneumonie-Therapie
~ Tag 10 oder 14: nur für spezielle Fälle (Staph. aureus, oder Knochen, Knorpel)
8. Kombination für das gleiche Spektrum nur in Ausnahmefällen.
~ Kombi nur zur Erweiterung des Spektrums
9. Warum parenteral, wenn auch enteral geht?
~ Sequentialtherapie: initial parenteral, dann enteral
10. Up to Date bleiben.
~ www.p-e-g.org/econtext/leitlinien
Als Notfallmedikament
~ Look at your patient (individuelle Risikofaktoren)
~ Listen to your hospital (lokale Epidemiologie/ Resistenzsituation)
~ Hit hard and hit early (prompter Beginn, breit genug)
~ Get to the point (Pharmakokinetik/-dynamik, Konzentration am Wirkort)
~ Focus, Focus, Focus (Reevaluation, Deeskalation nach Ergebnis)
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Antibiotic Stewardship (ABS)
Ziele:
~ Qualität der Antiinfektivaverordnungen zu verbessern
~ Anwendungsdauer mithilfe der Substanzen zu verbessern und zu sichern
~ beste klinische Behandlungsergebnisse mit minimaler Toxizität für den Patienten
~ geringe Resistenzentwicklung und Kosten
Multidisziplinäres Team!

Intensivmedizin I – SIRS/ Sepsis


Definition Sepsis: eine lebensgefährliche Organ-Dysfunktion, verursacht durch eine dysregulierte
Immunantwort auf eine Infektion
Definition Septischer Schock: eine Unterform der Sepsis, bei der die zirkulatorischen, zellulären und
metabolischen Reaktionen stark genug sind um die Mortalität wesentlich zu steigern
SOFA-Score
akute Veränderung von ≥ 2 Punkten

quickSOFA
‫ﻬ‬ Veränderung des Bewusstseins
‫ﻬ‬ systol. RR ≤100 mmHg oder
‫ﻬ‬ Atemfrequenz ≥22 /min
Pathophysiologie: Infektion beginnt lokal (häufigste Ursache primäre oder beatmungsassoziierte Pneumonie)
- Antigen-Faktoren: Menge, Virulenz, PAMPs
- Wirt-Faktoren: Umgebung, Genetik, Alter, Vorerkrankungen, Medikamente
-> unkontrollierte Infektion/Trauma/Schock.., PAMPs rufen Immunreaktion hervor, Effektorzellen schütten
Mediatoren und Biomarker disseminiert aus, großer Einfluss auf alle Organe
Mortalität: 25%
Fokus: Atemwege>Abdomen>Blutbahn>Harnwege

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Therapie:
Zeit ist entscheidend!!
Innerhalb von 3h erledigen:
‫ﻬ‬ Laktat messen (korreliert gut mit Mortalität)
- Laktat: Marker für Gewebeminderperfusion (zelluläre Hypoxie)
- Wert >2 mmol/L kritisch, insbesondere in Verbindung mit metabolischer Azidose
‫ﻬ‬ mehrere Blutkulturen abnehmen vor Antibiose
- für Beweis, und gezielte Antiobiotika-Therapie
- peripher-venöse Abnahme
- immer anaerob und aerob (2 Paare vor Antibiotika-Therapie)
‫ﻬ‬ Breitband-Antibiose
- look at your patient (individuelle Risikofaktoren)
- listen to your hospital (Krankenhausinterne Resistenzstatistiken)
- Hit hard (früh, hochdosiert, Breitspektrum)
- Get to the point (effektive Gewebespiegel erreichen)
- Focus (tägl. Reevaluation, De-Eskalation sobald wie möglich, Dauer typ. 7-10 T)
‫ﻬ‬ kristalloide Flüssigkeit zur Schock-Therapie (keine kolloidale, da dann Nierenversagen)
- Wichtig: intialer Bolus von 30ml/kg
- permanente Erfolgskontrolle (Volumenreagibilität noch vorhanden?)
- passive leg raising: RR geht hoch? Ja, kann Volumen noch verarbeiten
- Kreislauf-Monitoring
Innerhalb von 6h erledigen
‫ﻬ‬ Vasopressoren geben,
- MAD > 65, damit alle Organe perfundiert werden (Noradrenalin, (Vasopressin))
- HZV ausreichend (Dobutamin, Adrenalin)
‫ﻬ‬ ZVD und zentralvenöse Sättigung messen = Hinweis auf Herzfunktion
- Konserve? Inotropie?
- zentralvenöse Sättigung >70%
‫ﻬ‬ Laktat erneut messen, falls erhöht, um Therapie-Anschlag zu evaluieren
Danach
‫ﻬ‬ Stress-Dose-Hydrocortison
- Gabe von niedrig dosiertem Hydrocortison über Perfusor (200mg/d) für 4-7 Tage
- nur bei Erwachsenen mit septischem Schock wenn RR schlecht stabilisiert werden kann
‫ﻬ‬ Intensivierte Insulin-Therapie
- wenn BZ nach Aufnahme 2x > 180mg/dl
- Beginn mit kontinuierlicher Insulininfusion
- Ziel-BZ: 80-150 (<180) mg/dl
‫ﻬ‬ Lungenprotektive Beatmung
‫ﻬ‬ Thromboembolieprophylaxe
‫ﻬ‬ Stressulcusprophylaxe
‫ﻬ‬ Oberkörperhochlagerung (Pneumonie vermeiden)
‫ﻬ‬ Überprüfung und Kontrolle der Sedierungstiefe
‫ﻬ‬ Nierenersatztherapie
‫ﻬ‬ Immunglobuline messen und substituieren

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Intensivmedizin II - Grundlagen der Beatmung
Normwerte in Ruhe = 5-8l/min = 12-18/min x 450-600ml
Lungenvolumina:

Normwerte BGA:
pH: 7,35-7,45
paCO2: 35-45 mmHg
paO2 > 70mmHg

Spontanatmung in Rückenlage: intrabdomineller Druck steigt, drückt auf Thorax, Atmung erschwert, wird
ausgeglichen durch tiefes Atmen, und bewegen (unter Narkose nicht möglich)
-> spontan atmend werden auch die dorsalen Anteile belüftet, da gleichmäßiges Herunterziehen der Luft mit
Diaphragma (FRC normal)
-> in Narkose passives Reinpressen (positiver Druck), und vor allem Belüftung der ventralen Anteile (FCR
vermindert, mit mehr Druck kann man gegensteuern), das kann Atelektasen mit Erhöhung des Shunts
verursachen -> Verschlechterung der Oxygenierung
Selbst geringe Shunt-Anteile haben erheblichen Einfluss auf die Oxygenierung!
Beatmungsformen Parameterwahl

Beatmungseinstellungen
Störung der Ventilation:
~ Steigerung des AMV (durch Atemfrequenz oder Atemzugvolumen)
~ permissive Hyperkapnie
Störung der Oxygenierung (niedriger paO2):
~ Erhöhung des PEEP
~ Erhöhung der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration (FiO2)
Unter Beatmung kommt es regelhaft zu einem Abfall des Blutdruckes. Ursächlich ist ein Abfall des
Herzzeitvolumens.
Weil der positive Druck im Thorax eine verminderte kardiale Füllung verursacht, durch venöses Pooling
besonders im Splanchnikus-Gebiet.
30
Intensivmedizin III – ARDS
= Acute/Adult respiratory distress syndrome (IRDS = infant RDS)
Berlin Definition
1. akut, also innerhalb einer Woche
2. bilaterale Infiltrate und Verschattungen (+Klinik!)
3. Herkunft des Ödems darf nicht anders erklärt werden (Herz-Ausschluss mittels Echo..)
4. Oxygenierung, wie schlecht?
~ Horovitz-Quotient (PaO2/FiO2)
~ > 300 mmHg = gesund
~ 200-300 = mild (Mortalität = 27%)
~ 100-200 = moderat (Mortalität = 32%)
~ <100 = schwerwiegend (Mortalität = 45%)
~ PEEP dabei mindestens 5 cm H2O
Inzidenz = 1,5-3 Fälle / 100.000 Einwohner
Letalität = im Mittel 45% (abh. von Alter, Komorbidität, Organversagen, begleitender Sepsis)
15-20% der Intensivpatienten sind betroffen!!!

Indirekte Lungenschäden (extrapulmonal) Direkte Lungenschäden (intrapulmonal)


~ SIRS /Sepsis ~ Pneumogene Sepsis (Bakterien, Viren, Pilze,
Protozoen…)
~ Massentransfusion (TRALI, >15EK in 24h) ~ Lungenkontusion
~ Polytrauma (ohne Lungenkontusion) ~ Ertrinken/ Beinahe-Ertrinken (Salz-/Süßwaser,
Säure, Lauge)
~ Pankreatitis ~ Toxisches Inhalationstrauma
~ schwere Verbrennungen ~ Höhenödem, hypoxisches Lungenödem
~ DIC/ Verbrauchskoagulopathie ~ Aspiration
~ Fruchtwasser- / Fettembolie
~ Intoxikation (org. Phosphate, Kokain,
Heroin..)
~ Medikamente (Paraquat, Bleomycin,
Cordarex…)
~ Extrakorporale Zirkulation (HLM, ECLS…)

Pathophysiologie
- aggressive Substanzen über Blut/ Luftweg (z.B. disseminierte Entzündung)
- erhöhte Kapillarpermeabilität
- alveoläres Ödem
- Surfactant-Denaturierung
- Abnahme Compliance/ Dehnbarkeit der Lunge
- Rechts-Links-Shunt, da kein Gasaustausch mehr
- Rechtsherz-Belastung durch erhöhten Widerstand der Lunge

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Baby Lung Ventilation
- Zone H: gesunde Lunge, nimmt teil am Gasaustasch
- Zone R: rekrutierbar
- Zone D: erkrankte Lunge
-> zum Beatmen nur die H-Zone, also sehr kleines Volumen macht mit (20-30%).
-> niedriges Tidalvolumen, hohe Frequenz (wie beim Baby)
-> druckkontrolliert, optimierter PEEP
-> wenn nicht hilft: permissive Hyperkapnie, verlängerte Inspirationszeit
Stadien
- I Exsudation:
~ reversibel
~ intestitielles Lungenödem, capillary leakage syndrome
~ Inaktivierung von Surfactant
~ Atelektasen, hyaline Membranen und Mikrothromben
- II Fibroproliferation:
~ teilweise reversibel
~ Infiltrate (Monozyten und Makrophagen)
~ Verbreiterung des Interstitiums
~ alveoläres Lungenödem
~ Beginn interstitielle Fibrosierung und Intimaproliferation
- III Endstadium:
~ nicht reversibel
~ generalisierte Lungenfibrose
~ fibrotischer Verschluss von Alveolen und Kapillaren
~ verringerte Kapillar- und Alveolaroberfläche
Therapie:
1. Grunderkrankung/ Ursache behandeln
2. symptomorientierte Basistherapie (Lungenprotektive Beatmung, Flüssigkeitsmanagement, Lagerung,
medikamentöse Optimierung)
3. Rescue- Therapie (ILA, ECMO, ECLS)
Druckkontrollierte Beatmung = bestimmter Druck in Lunge - doof im OP, wenn Chirurg sich auf Thorax
abstützt, aber gut wenn man bestimmten Druck nicht überschreiten will = baby lung, außerdem haben
langsam belüftete Alveolen (dorsal gelegene) eine bessere Chance teilzunehmen
Volumenkontrollierte Beatmung = besser bei gesunden Menschen, deren Atemzugvolumen man gut
einschätzen kann
Flüssigkeit: Keep the lung dry! (jeder Tropfen zu viel geht in die Lunge und verlängert die Diffusionsstrecke)
Lagerung: Die gute Lunge nach unten! Mind. 16 auf Bauch verbessertes Outcome. Dann wird dorsale Lunge
besser belüftet und das hilft beim Heilungsprozess. (nicht für alle Patienten, erfahrenes Team!)
Medikamente:
~ Iloprost-Vernebelung (Prostaglandin-Derivat)
~ NO-Vernebelung (Vasodilatation, Umverteilung von belüftet zu nicht belüftet)
~ Therapie Rechtsherzversagen (Inodilatatoren)

32
Extracorporale Asisstverfahren:

Intensivmedizin IV (ANV)
- ein Drittel aller Intensivpatienten erleiden ein ANV
Definition
Abnahme der Nierenfunktion innerhalb von 24h definiert durch
~ absoluten Anstieg des Serum-Kreatinins ≥0,3 mg/dl (≥26,4 µmol/l) oder
~ prozentualen Anstieg des Serum-Kreatinins ≥50% (das 1,5fache des Ausgangswertes) oder
~ Verminderung der Urin-Ausscheidung <0,5 ml/kg/h über mehr als 6 Stunden
Auswirkungen (viele entfernte Organe betroffen)
~ Ausfall der Flüssigkeitsausscheidung und –bilanz
~ Kumulation harnpflichtiger Substanzen
~ Verschiebung des Elektrolythaushalts (Herz!)
~ Verschiebung des Säure-Basen-Haushalts
~ zunehmende Intoxikation mit den nichteliminierten Substanzen
~ Urämie
Flüssigkeitsüberladung ist ein Ganzkörper-Problem! (Myokardödem, Nierenstauung, Hirnödem…)
RIFLE-Kriterien (von oben nach unten erhöht sich die Mortalität)
Stadium Kreatinin-Kriterium Ausscheidungs-Kriterium
Risk 1,5-2facher Kreatininanstieg <0,5ml/kg/h für 6h
Injury 2-3facher Kreatininanstieg <0,5 ml/kg/h für 12h
Failure >3facher Krea-Anstieg oder <0,3 ml/kg/h für 24h oder
Serum-Krea >4 mg/dl mit einem fehlende Urinausscheidung
akuten Anstieg ≥0,5 mg/dl (Anurie) für 12h
Loss dauerhaftes Nierenversagen für
>4 Wochen
End Stage Renal Disease dauerhaftes Nierenversagen für
>3 Monate
Diagnostik: Harnstoff, Krea, Urinausscheidung, Bilanz, ZVD, Elektrolyte, Säure-Basen-Haushalt…..
-> Krea kein guter Marker, da später Anstieg, und individuell (Muskelmasse)
-> Harnstoff nicht so gut, da verändert bei Lebererkrankungen, Ernährung, Lyse körpereigener AS,
Gabe von AS
Cystatin C
‫ﻬ‬ Cystein Proteasen Inhibitor
‫ﻬ‬ Produktion in allen kernhaltigen Zellen
‫ﻬ‬ konstante Freisetzung ins Blut
‫ﻬ‬ weitestgehend unabhängig von Muskelmasse, Gewicht, Ernährung, Alter, Geschlecht, Inflammation
33
Prophylaxe
‫ﻬ‬ aggressive hämodynamische Stabilisierung bei jeder Störung der Kreislaufsituation und bei Schock
‫ﻬ‬ Volumenmangelzustände beheben und vermeiden
‫ﻬ‬ Kreislaufstabilisierung mit Katecholaminen
‫ﻬ‬ Einstellung metabolischer Parameter (z.B. Blutzucker)
‫ﻬ‬ Diuretika können Wasserausscheidung erhöhen, verhindern aber nicht das akute Nierenversagen
‫ﻬ‬ postrenales ANV nicht mit Diuretika sondern nur durch Behebung der Ursache (also
Harnabflussbehinderung) behandeln
‫ﻬ‬ Vermeidung bekannter nephrotoxischer Substanzen (KM, Aminoglykoside etc.)
‫ﻬ‬ beim kontrasmittelinduzierten ANV ist insbesondere eine präexpositionelle Optimierung des
Volumenstatus mit ausreichender Hydrierung wichtig; evtl. Gabe von N-Acetylcystein ebenso wie
niedrig-konzentrierte Bikarbonatlösung
Nierenersatztherapie
Prinzip: Gegenstromverfahren über eine semipermeable Membran
Intermittierende Hämodialyse (iHD)
‫ﻬ‬ z.B. 3x pro Woche über 4 Stunden
‫ﻬ‬ schneller Volumenentzug, hohe Kreislaufbelastung
‫ﻬ‬ für hämodynamisch instabile Patienten kommt es nicht in Frage
Kontinuierliche Hämodialyse (CCRT)
‫ﻬ‬ ununterbrochen, bzw. mehrere Tage am Stück
‫ﻬ‬ langsame Blutflussraten und langsamer Volumenetzug
‫ﻬ‬ viel weniger kreislaufbelastend
‫ﻬ‬ geeignet für hämodynamisch instabile mit Nierenversagen, z.B. bei septischem Schock
Slow extended daily dialysis (SLEDD)
‫ﻬ‬ 8-12h Laufzeiten
‫ﻬ‬ ähnliche Effektivität wie iHD, aber vergleichbar gut wie CCRT
‫ﻬ‬ gut anpassbar an individuellen Patienten
Kombinierte Nieren- und Leberdetoxifikation: extra Filter für Ammoniak und Bilirubin
Nebenwirkungen:
- Ernährung: Ersatz von dialysierten Stoffen (AS, wasserlöslichen Vitaminen)
- Medikamente: Dosiserhöhung in Abhängigkeit von der GFR und dem Nierenersatzverfahren; Beispiel
Antibiotika
- Hypothermie
- Antikoagulation, Blutungen
Antikoagulation: mit Citrat als Calcium-Binder (Faktor IV) bei Beginn der Blutzirkulation im Gerät, Substitution
von Calcium bei Rückfluss des Blutes in den Patienten (systemische Antikoagulation wird vermieden, gut für
Trauma-Patienten etc.)

34
Perioperatives Wärmemanagement
Ursachen einer intraoperativen Hypothermie
‫ﻬ‬ Bedingungen im OP
- ungünstiges Klima (Temperatur, Luftströmungsgeschwindigkeit)
- schlechte Isolation
- große Verdunstungsoberflächen
‫ﻬ‬ Einfluss der Allgemeinanästhesie
- kein willentliches Temperaturregulationsverhalten
- geringere metabolische Aktivität
- größerer Abstand zwischen den Regulationsschwellenwerten
- periphere Vasodilatation und Wärmeumverteilung in Hautregion
‫ﻬ‬ Einfluss einer rückenmarksnahen Regionalanästhesie
- Änderung der peripheren Temperaturempfindung
- periphere Beeinträchtigung von Zittern und Vasokonstriktion
- geringere Wärmebildung
‫ﻬ‬ Besonderheiten im Kinderalter
- größeres Oberflächen/ Volumen-Verhältnis
- schlechtere Isolation durch Körperschale
- geringere absolute gespeicherte Wärmemenge (kleinerer Körper)

Folgen
‫ﻬ‬ Immunfunktion↓ macht Wundheilungsstörungen
‫ﻬ‬ Gerinnungsfunktion↓ macht Blutverlust
‫ﻬ‬ Kardiovaskuläre Funktion↓ macht Ischämien
‫ﻬ‬ Aufwachphase, verzögerte Erholung, Kältezittern
Wärmemanagement
‫ﻬ‬ alle Patienten bekommen
- Monitoring der Körpertemperatur
- vorgewärmte Infusionslösungen
- intraoperative konvektive Wärmebehandlung
- Heizmatten (Konduktion nur 15%, an Stellen wo Patient aufliegt wenig Blut, also nicht soo
effektiv)
‫ﻬ‬ mittlere/ große Eingriffe +/- Volumenumsatz
- ,Pre-Warming‘ im Einleitungsbereich
- Einsatz eines Infusionswärmesystems
- ggf. Erhöhung der Saaltemperatur

35
Komplikationen in der Anästhesie
Aspiration (1,4-5: 10.000 Inzidenz)
‫ﻬ‬ nur ca 1/3 wird symptomatisch (Husten, Giemen, Brummen, Zyanose, Tachykardie, RR↓, ..)
‫ﻬ‬ Komplikationen: mechanische Verlegung, physiko-chemische Schädigung, a-/ bakterielle
Inflammation, Aspirationspneumonie, Lungenödem
‫ﻬ‬ Prävention:
~ PPI, Anti-Histaminika, Antiazida
~ Lagerung, Magensonde
~ Regionalanästhesie, RSI
‫ﻬ‬ Therapie:
~ Intubationsindikation großzügig
~ blinde Absaugung vor Beatmung
~ Bronchoskopie; ggf. Röntgen
~ nicht sofort indiziert: Antibiose, Lavage, Steriode
Anaphylaxie (0,5-3/10.000 Inzidenz)
‫ﻬ‬ Anaphylaktische Reaktion: Soforttypreaktion durch präformierte IgE-Ak
‫ﻬ‬ Anaphylaxie/ Anaphylaktischer Schock: Maximalvariante einer allergischen Reaktion
‫ﻬ‬ Anaphylaktoide Reaktion: nicht antikörpervermittelte Reaktion des allergischen Substrats mit der
Mastzelle
‫ﻬ‬ Pathophysiologie:
~ Exposition: Bildung von IgE-Ak
~ Re-Exposition: IgE vermittelte Histamin-Freisetzung (PAF, PGE, TXA, Leukotriene….)
~ Kreuzallergien möglich
~ Histaminwirkung
 H1: Bronchokonstriktion, Gefäßkonstriktion, Gefäßdilatation, Zunahme der
Gefäßpermeabilität, Koronararterienkonstriktion
 H2: Bronchodilatation, Tachykardie, HRST, Zunahme der Gefäßpermeabilität,
Koronararteriendilatation, Myokardkontraktilität↑, gastrale Säuresekretion↑
‫ﻬ‬ Stadien:
~ I: leichte Allgemeinreaktion (Flush, Urtikaria, Schleimhautreaktion, Unruhe, Kopfschmerz)
~ II: ausgeprägte Allgemeinreaktion (Hypotonie, Tachykardie, Atemnot, Larynxödem)
~ III: bedrohliche Allgemeinreaktion (Kreislaufschock, Bronchospasmus, Bewusstseinstrübung)
~ IV: vitales Organversagen (Atem- und Kreislaufstillstand)
‫ﻬ‬ Trigger: Muskelrelaxantien und Latex führend
‫ﻬ‬ Therapie:
~ Allgemein: Allergen weg, O2-Gabe, i.v.-Zugang und Volumen
~ Katecholamine: Adrenalin, Noradrenalin
~ Antihistaminika: H1: Fenistil oder Tavegil; H2: Tagamet
~ Glukokortikoide: spezifischer Effekt: hemmt Phospholipase (Leukotriensynthese↓),
unspezifischer Effekt: membranstabilisierend und gefäßabdichtend (Wirkung nach 10-30
min.)
~ Theophyllin: nicht erste Wahl, nur bei schwerer Spastik, die nicht auf β-Mimetika und
Kortikoide anspricht

36
PONV (35-52% Inzidenz)
~ Risikofaktoren: weiblich, Nichtraucher, PONV bzw. Kinetosen vorher, postoperative
Opiatanalgesie (Apfel-Score), Lachgas, Anästhesiedauer, Alter, präoperative Angst
operativer Eingriff, Maskenbeatmung, Magensonden, postoperative
Bewegungsreize
~ POVOC-Score (Post Operative Vomiting in Children): Alter >3 Jahre, Dauer
>30min., Strabismuschirurgie, PONV Anamnese
~ Prophylaxe und Therapie:
~ Regionalanästhesie, keine volatilen Anästhetika/ Lachgas, Propofol,
Reduktion Opiatverbrauch, Vermeidung von Neostigmin, ausreichende Infusion/ Hydrierung
~ 5-HT3-Blocker, Neuroleptika, Dexamethason, Antihistaminika, Metoclopramid

Awareness (0,1-0,2% Inzidenz)


~ = intraoperative Wachheit
~ Folgen: PTBS (Alpträume, Schlafstörung, Angstzustände, Depressionen)
~ Ursachen:
 zu flache Narkose (unbemerkt bei Muskelrelaxantien),
 Fehlinterpretation der Beurteilungsparameter für Narkosetiefe (RR, HF, Pupillen, Tränenfluss,
Schwitzen)
 erhöhter Anästhetikabedarf (jüngere, Raucher, Substanzabusus)
 Gerätedysfunktion (Vapor leer, Dekonnektion/ Paravasat i.v.-Anästhetika)
~ Risikofaktoren: weiblich, ASA I-II, Alter <60J., Verzicht auf volatile Anästhetika
~ Vermeidung: Prämedikation mit Benzos, ausreichende Induktionsdosis, ausreichende Hypnose,
adäquate Gerätewartung, Alarmeinstellungen, Neuromonitoring zur Bestimmung der Narkosetiefe

Maligne Hyperthermie (1:60.000 Inzidenz)


~ Störung des zellulären Ca2+-Haushalts (pharmakogenetisch, subklinisch)
~ Triggerung durch volatile Anästhetika o.ä. (Stress, Alkohol, Drogen, Lösungsmittel)
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~ autosomal dominant mit inkompletter Penetranz und unterschiedlicher Expressivität
~ Mutation von Ryanodinrezeptor, Dihydropyridinrezeptor, Serotonin-Rezeptor oder andere
~ Trigger:
 volatile Anästhetika (Isofluran, Desfluran, Sevofluran)
 depolarisierende Muskelrelaxantien (Succinylcholin)
 Psychostimulantien (Kokain, Antidepressiva, Alkohol)
 galenische Hilfsstoffe (zur Zubereitung von Medikamenten verwendet)
 fraglich: Belastung (psychisch, physisch), Phosphodiesterase-III-Hemmer

~ Formen:
 57% abortiver Verlauf (Masseterspasmus, postoperatives Fieber)
 21% isolierter Masseterspasmus
 6,5-22% fulminante Krise mit mindestens drei der folgenden Symptome (Hyperkapnie,
kardiale Symptome, metabolische Azidose, Temp>38,8°C, generalisierte Muskelrigidität,
ungeklärte Todesfälle, Herzstillstände)
~ Therapie: Zufuhr von Triggersubstanzen sofort beenden!!
 alveoläre Ventilation steigern (AMV 3-4fach erhöhen)
 Frischgas >15l/min, FiO2=1,0
 Dantrolen: initial 2,5mg/kg, bei fehlender Wirkung sofort Repetition – weiter titrieren nach
Wirkung
 Antiarrhythmika
 β-Blocker, Lidocain
 cave: Digitalis, Calcium-Antagonisten
 Pufferung, Kühlen, zentrale Zugänge, art. Kanüle, Dauerkatheter
 falls indiziert: Glukose/ Insulin, i.v. Heparinisierung, OP schnellst möglich beenden,
postoperative Überwachung, Laborkontrollen

Risiko- und Qualitätsmanagement


Entstehung von Krisen

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Fixierungsfehler: Festhalten an falscher Verdachtsdiagnose, extensives Suchen nach Alternativen,
Veränderungen als Artefakte abgehakt, Hilfe abgelehnt
Fehler durch Kommunikationsverlust
Simulation
Vorteile: realitätsnah, planbare Szenarien, seltene Erkrankungen, Videodokumentation, Debriefing
Standard Operating Procedures (SOPs)
‫ﻬ‬ Dokumente die das Vorgehen in einem betriebswirtschaftlichen Arbeitsprozess beschreiben
‫ﻬ‬ häufige Abläufe textlich beschrieben zur Hilfe der Ausführenden
‫ﻬ‬ enthält ca. 70-80% aller Prozeduren
‫ﻬ‬ Handlungsanweisen rund um die Uhr, vereinfachte Einarbeitung/ Ausbildung
‫ﻬ‬ Anwendung evidenzbasierter Medizin
‫ﻬ‬ Optimierung von Prozessabläufen
‫ﻬ‬ rationaler Umgang mit Ressourcen/ Arbeitsmaterial
-> Beeinflussung durch lokale Gegebenheiten, Leitlinien der Fachverbände, Evidenz-Based Medicine
Fehlermeldesystem: Critical Incident Reporting System (CIRS)
Grundvoraussetzungen:
‫ﻬ‬ Volle Identifizierung der Klinikleitung mit dem Gedanken von CIRS
‫ﻬ‬ Mündliche und schriftliche Verpflichtung zum Verzicht auf Sanktionen.
‫ﻬ‬ Verankerung von Patientensicherheit und allen damit zusammenhangenden Fragen im Wertesystem
der Klinik, Teil der Unternehmenskultur.
‫ﻬ‬ Wahrung der Anonymität
‫ﻬ‬ Sicherstellung vor Juristischer Nachverfolgung

Kinderanästhesie
Anatomische und physiologische Besonderheiten
‫ﻬ‬ Definitionen: Neugeborenes (erste 24h), Neugeborenenperiode (28 T), Frühgeborene (<38 Wo.),
Säugling (1.LJ), Kleinkind (2.-6. LJ)
‫ﻬ‬ Altersbestimmung:
~ keine Zähne <6-8 Monate
~ offene Fontanelle <18-24 Mo.
~ Zahnlücken <7 Jahre
‫ﻬ‬ Gewichtsbestimmung: (Alter + 4) x2
‫ﻬ‬ Besonderheiten: größeres Oberflächen/ Volumen-Verhältnis; schlechtere Isolation durch
Körperschale; geringere absolute gespeicherte Wärmemenge (OP-Saal hochheizen!)
‫ﻬ‬ Folgen von Hypothermie: VO2↓ um ca. 6-7% pro °C (CAVE Erwärmung), erschwerte O2-Abgabe
(Linksverschiebung), Atemfrequenz↓, MAC Reduktion, vermehrte Wundinfekte, reduzierte
Gerinnung, vermehrte Blutverluste -> aktive Wärmedokumentation und –management

‫ﻬ‬ Wärmemanagement:
~ Prophylaxe: Entkleiden notwendig?, Raumtemperatur erhöhen
39
~ Behandlung: Heizmatten, konvektive Luftwärmung, warme Infusion
~ CAVE: Überwärmung
‫ﻬ‬ Atemwege und Lungen
~ Larynx steht höher, nicht Stimmbandebene sondern Ringknorpel engste
Stelle
~ Tubusgröße = ca. Alter/4 +4
~ Fehlintubation sowohl rechts als auch links möglich! (beide Seiten gleich
steil)
~ keine Kopfhochlagerung zur Intubation
‫ﻬ‬ Herz und Kreislauf
~ Belüftung der Lunge, Dekompression der Lungenstrombahn: Abfall des pulmonalen
Gefßwiderstandes
~ CAVE: bei SpO2↓ = pulm. Gefäßwiderstand↑ (Wiedereröffnung von Foramen ovale und
Ductus arteriosus, persistierende fetale Zirkulation: SpO2↓, da Foramen ovale zunächst nur
funktionell verschlossen ist -> Infusionen luftfrei!!)

~ Herzfrequenz deutlich relevanter als Blutdruck!!! (Tachykardie unkritisch, nur Bradykardie


schlecht)
Praxis
~ Kind möglichst ruhig einschleusen (alle Sachen vorher besprechen/ vorbereiten, damit nichts vor
dem Kind diskutiert wird)
~ inhalative Einleitung (Sevofluran), dann i.v.-Zugang und das Hypnotikum (Thiopental/ Propofol)
~ Intubation
~ RSI beim Kind: Maschinelle Zwischenbeatmung,
da zu schnell O2-Abfall (nicht über Ösophagus-
Sphincter-Druck)
i.v.-Hypnotika: Thiopental
~ 1. Wahl, hohe Dosen notwendig (insbesondere Säuglinge), rektal 30mg/kg
Reanimation
~ Prognose schlecht beim Herzstillstand, also vermeiden!
~ Ursache vor allem Hypoxämie -> 5 initiale Beatmungen
~ 15 : 2
~ Adrenalin 10 µg/kg; Amiodaron: 5mg/kg
~ Schock mit 4 J/kg

40
Regionalanästhesie
Indikation: Operationen und Eingriffe (Geburt), postop. Analgesie, Mobilisation, Vermeidung einer
Vollnarkose (z.B. PONV), Wunsch des Pat.

Kontraindikation: Ablehnung des Pat., Infektion, Gerinnungsstörung (Marcumar, Heparin!), Allergie, Schwere
kardiovask. Erkrankung, Hypovolämie

Lokalanästhetika

‫ﻬ‬ Procain, Licocain, Ropivacain, …


‫ﻬ‬ Intoxikation
- Zuerst: periorbitales Kribbeln und metallischer Geschmack
- ZNS-Symptomatik (Schwindel, Sprach-Sehstörung, Krampf, Koma)
- Kardiale Symptomatik (Hyv pertonie, EKG-Veränderung, Bradykardie, Hypotension, Asystolie)

PDA (Periduralanästhesie)

‫ﻬ‬ Intra- und Postoperativ (in der Regel Katheteranlage)


‫ﻬ‬ Abdominalch., Thoraxch., untere Extremität, Geburtshilfe
‫ﻬ‬ Komplikation
- Hypotension, intravasale Injektion, Postpunktionskopfschmerzen, Cauda-Equina-Syndrom

SpA (Spinalanästhesie)

‫ﻬ‬ Meist single-shot-Verfahren (Dauer 2-4h)


‫ﻬ‬ Unterbauch, untere Extremität, Urologisch, Gynäkologisch
‫ﻬ‬ Punktion nie höher als L2-L3
‫ﻬ‬ Komplikationen
- Hypotension, intravasale Injektion, Postpunktionskopfschmerzen, Intrathekale Injektion

Periphere Nervenblockade

‫ﻬ‬ Transcutan und Applikation direkt an den Nerven


‫ﻬ‬ Nervenstimulation und Injektion, bis Stimulation aufhört

Therapie akuter Schmerz


Akuter Schmerz

‫ﻬ‬ Zeitlich limitiert


‫ﻬ‬ Biologisch sinnvolle Warnfunktion
‫ﻬ‬ Schutz vor Noxen

Nozizeptiver Schmerz

‫ﻬ‬ Somatisch: Scharf, stechend, pochend, gut lokalisierbar


- Knochen, Bindegewebe, Muskulatur
‫ﻬ‬ Viszeral: Kolikartig, dumpf, drückend, schlecht lokalisierbar
- Viszerale Hohl- und Parenchymorgane

41
Neuropathischer Schmerz

‫ﻬ‬ Betrifft somatosensorisches System (Sensibilitätsstörungen,


brennender/dumpfer Dauerschmerz, spitze/helle/einschießende
Attacken)
‫ﻬ‬ Hyperalgesie: Übersteigertes Schmerzempfinden auf einen leicht schmerzhaften Reiz
‫ﻬ‬ Allodynie: Schmerzempfinden aufgrund eines Reizes, welcher normalerweise nicht schmerzhaft ist

Therapie

WHO-Stufenschma (Akut abwärts, chronisch aufwärts)

‫ﻬ‬ Ebene I: Nicht-Opioid-Analgetika (NSAR, Paracetamol, Metamizol, etc.)


‫ﻬ‬ Ebene II: Schwache Opioide (Tramadol, Codein, etc.)
‫ﻬ‬ Ebene III: Starke Opioide (Morphin, Fentanyl, etc.)
‫ﻬ‬ (Stufe IV): Parenterale Opioide, Lokalanästhetika, Neurolysen
‫ﻬ‬ Jeweils mit
- Adjuvanter Medikation (Antiemetika, Laxantien)
- Co-Analgetika (Antidepressiva, Antikonvulsiva, … )

Nicht-Opioid-Analgetika

‫ﻬ‬ Nicht selektive COX-Hemmer (Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen)


- NW: Schleimhautschäden, Magengeschwüre, Nierenschädigend (GFR senkend)
‫ ﻬ‬30% aller terminalen Niereninsuff. Stehen im Zusammenhang mit NSAR
‫ﻬ‬ Selektive COX2-Hemmer (Celecoxib, Etoricoxib)
‫ﻬ‬ Metamizol
- Analgetisch, antipyretisch, antiphlogistisch
- Viszeraler nozizeptiver Schmerz / Krämpfe
- Cave: Agranulozytose
‫ﻬ‬ Paracetamol
- 1. Wahl zur antipyretischen Therapie
- Nozizeptiver Schmerz, eher schwaches Analgetikum
- Cave: Leberinsuffizienz

Opioide

‫ﻬ‬ Sucht durch Belohnungssystem (Pat.A)


‫ﻬ‬ Wirken bes. über µ und k
‫ﻬ‬ Nebenwirkungen: Obstipation, Übelkeit, Sedierung, Schwindel
‫ﻬ‬ Intoxikation: Sedierung, Atemdepress, Koma, Muskelrigidität (bei i.v.)
‫ﻬ‬ WHO II: Tilidin /Naloxon, Tramadol
‫ﻬ‬ WHO III: Piritramid, Morphin, Oxycodon, Hydromorphon, Buprenorphin, Methadon, Fentanyl
‫ﻬ‬ Naloxon mit
- Tilidin: Naloxon wird im Magen inaktiviert - bei i.v. antagonisiert es: also kein Missbrauch
möglich
- Oxycodon: weniger Obstipation

42
PCA = Applikation über Infusionspumpe i.v.

‫ﻬ‬ Mit Basalrate, Einzeldosis des Bolus, Sperrzeit


‫ﻬ‬ Indikation: Bei insgesamt hohem Opioidbedarf

Periphere RA: Nerven-Blockade, Blockade eines Plexus

Anwendungsbeispiele (variierbar, abhängig von Konstitutionen)

‫ﻬ‬ Aufwachraum: Metamizol oder Paracemtaol und Piritramid, ggf. PCA oder RA
‫ﻬ‬ Station: Metamizol, Piritramid oder Oxycodon
‫ﻬ‬ Kinder: Ibuprofen, Morphin, ggf. PCA oder RA
‫ﻬ‬ Notfall: Ketamin oder Fentanyl

Therapie chronischer Schmerz


‫ﻬ‬ Länger als 3 Monate bzw. als der erwartete Heilungsprozess
‫ﻬ‬ Keine sinnvolle Warnfunktion
‫ﻬ‬ Eigenständige Erkrankung

Psycho-soziale Beeinträchtigung

‫ﻬ‬ Schmerzmodulation durch psychische Faktoren


‫ﻬ‬ Angst/Vermeidungsverhalten
‫ﻬ‬ Depressive Stimmung, Hilflosigkeit, soziale Beeinträchtigung

Multimodale Behandlung

‫ﻬ‬ Mind. 7-tägig multimodale Behandlung


‫ﻬ‬ Behandlungsplan
‫ﻬ‬ Mind. 2 weitere Fachdisziplinen (eine davon: psycho/psychiatrisch)

Nicht-Medikamentöse Therapie

‫ﻬ‬ Psychotherapie, Entspannungsverfahren, Physiotherapie, Arbeitsplatztraining

43
Spezielle Schmerztherapie

Toxikologie
„Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“
-> jede Vergiftung durch chemische Stoffe/ Produkte muss an BfR gemeldet werden. (keine Medis)
-> Nummer in Bonn: 0228 19240
Maßnahmen
- Elementarhilfe (Vitalfunktionen) & Symptomatische
Behandlung
- Primäre Giftentfernung
‫ ﻬ‬Verhinderung weiterer Giftzufuhr und Resorption
- Sekundäre Giftentfernung
‫ ﻬ‬Erhöhung der Eliminationsrate
- Antidot-Behandlung
Identifikation des Giftes an Hand von Symptomkomplexen
- Z.B. Morphin: Miosis, Atemdepression, tiefe Bewusstlosigkeit
Anticholinerges Cholinerges Narkotisches Sympato-
Syndrom Syndrom Syndrom mimetisches
Syndrom
Symptome trockene, gerötete Miosis Koma Hypertonie
Haut Tränenfluss Hypoventilation Tachykardie
Exsikkose Bradykardie Hypotonie Erregungszustand
Mydriasis Erbrechen Krämpfe
Tachykardie Muskelfaszi-
Delir, Krämpfe kulationen
Lähmungen
Auslöser Tricyclische AD Alkylphosphate Sedativa Cocain
Tollkirsche Opioide Amphetamin
Ethanol Theophyllin

44
Primäre Giftentfernung
- Äußere Dekontamination: Spülen mit Wasser (Auge: ca. 15min, Spülung vor Ort entscheidend)
- Resorptionsverminderung im Magen-Darm-Trakt
‫ ﻬ‬CAVE: Aspirationsgefahr bei Bewusstseinsstörung!!
‫ ﻬ‬Nur unter 1h anwenden
‫ ﻬ‬Induziertes Brechen (Sirup ipecacuanhae: Emesis erst nach 20 Minuten; nicht bei (drohender)
Bewusstlosigkeit)
‫ ﻬ‬Magenspülung
‫ ﻬ‬Gabe von Aktivkohle (große poröse Oberfläche)
 Hohe Dosierung (0,5-1g/kg alle 8-12h) (4-5 Blisterpackungen)
 Nicht bei Säuren, Laugen, Alkohole, …
‫ ﻬ‬Anterograde Darmspülung
Sekundäre Giftentfernung (erst nach der Resorption)
- Hämodialyse (Ethanol, Lithium, Methanol, Ethylenglykol, Chloralhydrat)
- Hämoperfusion
‫ ﻬ‬Adsorbentien: Aktivkohle u.a.
‫ ﻬ‬NW: Gerinnungsstörung, Thrombocytopenie, Leukocytopenie, Störung Elektrolythaushalt,
Hypotension
‫ ﻬ‬ASS, Paracetamol, Digitoxin, Chinidin, Theophyllin, Organophosphate, Amanitin, …
- Forcierte Diurese
 12l Elektrolytlösung (+ Furosemid)
 NW: Störung Elektrolyt-Wasserhaushalt
- Hyperventilation
- Unterbrechung enterohepatischer Kreislauf
Methanol-Vergiftung
- Symptome vom Alkohol, Symptomfreies Intervall, Azidose-Symptome
- Sehartefakte, Visusverlust, Kussmaulsche Atmung
- Therapie
‫ ﻬ‬Hämodialyse
‫ ﻬ‬Hemmung der Alkoholdehydrogenase (ADH)
 Ethanol (auf ca. 1 Promille halten), Fomepizol
‫ ﻬ‬Natriumbicarbonat bei schwerer Azidose
‫ ﻬ‬Folsäure: Beschleunigt Abbau der Ameisensäure
‫ ﻬ‬Aktivkohle unwirksam
Organophosphat-Vergiftung
Organophosphat = Insektizide
- Irreversible AchE-Hemmer  Stimulation von N- und M-Rezeptoren
- Können auch über die Haut resorbiert werden
Nikotinerge Wirkungen (an veg. Ganglien + motor. Endplatte)
- Muskelfaszikulationen, Krämpfe, Tremor, Sprachstörungen, Bewusststeinsstörungen, Atemlähmung

45
Muskarinerge Wirkungen
- Speichelfluss, Tränenfluss, Bronchosekretion, Koliken, Durchfälle, Erbrechen, Miosis, Bradykardie,
Hypotension
Therapie
- Primäre Giftentfernung (Kohle, Magenspülung)
- Atropin (Dosierung nach Speichelfluss titrieren)
‫ ﻬ‬Cave: Atropinvergiftung  Physostigmin
- Obidoxim (immer in Kombination mit Atropin)
Antidote: Immer hohe Loading-Dosis + Erhaltungsdosis
Toxische Substanz Antidot
funktionelle Antidote Kohlenmonoxid Sauerstoff
MetHB-Bildner (z.B. Nitrat/Nitrit) Methylenblau
Methanol Ethanol, Fomepizol
Anticholinergika (Atropin, tricycl. AD, Physostigmin (peripher + zentral)
Antihistaminika)
Opioide Naloxon
Benzodiazepine Flumazenil
Organophosphate + Carbamate Atropin, Oxime
Coumarinderivate Vitamin K1
a-Amanitin Silibinin

Dekorporierungsantidote Schwermetalle Chelatbildner


Blausäure, Cyanide MetHB-Bildner
Paracetamol N-Acetylcystein
Heparin Protamin
Herzglycoside Digitalis-Antitoxin

Atropin:
- Nur am M-Rezeptor
- bei Überdosierung: Physostigmin
Physostigmin
- AChE-Hemmstoff – Indirektes Parasympathomimetikum
- Antodit: Atropin
Flumazenil
- Cave: Entzugsdelir + Krämpfe (Benzo´s wirken relaxierend)
Silibinin
- Stabilisiert Zellmembran der Leberzellen (keine Aufnahme)
a-Amanitin (aus Pilzen)

- erst Brechdurchfall und Exsikkose, dann 2d trügerische Besserung, dann rasch Lebernekrose, Leberkoma
und Nekrose der Nierentubuli

46
Akutes Koronarsyndrom
Pathophysiologie
- Herz benötigt 10% des gesamten O2-Bedarfs in Ruhe
- Steigerung bei Arbeit nur durch Perfusion
- Perfusionsdruck direkt abhängig vom diastolischen Blutdruck
- bis zu 50% Stenose normale Durchblutung (in Ruhe bis zu 80% Stenose)
ACS Definition = Ischämie + koronares Ereignis; plus Troponin-Erhöhung
- meist durch Endokarditis (aus linkem Ventrikel selten, da Klappe in Systole vor Öffnungen der
Koronarien)
Symptome:
- Angina pectoris
- Atemnot: durch regionale/ globale Dyskinesien, das Blut bleibt ,,in der Lunge stecken‘‘
- plötzlicher Herztod: Elektrik funktioniert ohne Sauerstoff nicht mehr, HRST, Kammerflimmern
Erstmaßnahmen:
- M - Morphin: nur bei Stress, Tachykardie, Hypertension (macht venöses Pooling und Symp.↓, nicht
bei kardiogenem Schock!); 5-10mg Morphin
- O – O2: wenn Sättigung <95%, oder Luftnot
- N – Nitro: bei hypertensiver, kardialer Dekompensation; nicht bei kardiogenem Schock (brauchen die
Vorlast), macht auch venöses Pooling
- A – ASS (Aspisol): 1 Ampulle, gegen weißen Thrombuspfropf
- H – Heparin: gegen roten Pfropf, nicht bei Ausweis, HIT II
Koronarangiographie: nur bei instabiler Symptomatik
NSTEMI: <72h wenn stabil; sofort wenn instabil
STEMI: sofort: contact to balloon <120 min.
wenn mehr Zeit: Lyse
Echo:
- hohe negative Prädiktion
- keine Zeit verlieren!

Neurologische Notfälle
Warnsymptome: Bewusstseinsverlust, Pupillenstörung (+Mydriasis), Hemiparese, Tetraparese
(+Atemlähmung), Paraparese (+Blasenlähmung)
Ursachen: Koma, Status epilepticus, ,,akutes Psychosyndrom‘‘, spinaler Querschnitt, Guillain-Barré-Syndrom,
myasthene Krise (neuromuskuläre Übertragung funktioniert nicht mehr)
Klinische Untersuchung
- Beobachten: Spontanmotorik, Atemmuster, Sprachäußerungen
- Vigilanz: somnolent (erweckbar), soporös (mit Schmerzen erweckbar), komatös (keine Reaktion)
- Nackensteifigkeit (Meningitis, SAB)
- Pupillenfunktion (vestibulo-okulärer Reflex, Kornealreflex, Würgereflex -> Hirnstammproblem)
- Schmerzwahrnehmung (Nagelbett)
- Muskeleigenreflexe, Babinski
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Epileptischer Anfall

Koma-Ursachen
- Subarachnoidale/ intracerebrale Blutung
- Tumor mit Einklemmungssymptomatik
- Vaskuläre Ursachen (raumfordernder Insult, Sinusvenenthrombose)
- Intoxikation
Intoxikation
- Symptome: Foetor, Hautfarbe, Schwitzen, Verwirrtheit, psychomotorische Unruhe, Pupillenweite
und –rekation (keine Anisokurie)
- Diagnostik: Analyse vom Blut, Urin, Magensaft
- Procedere: multidisziplinäre Betreuung (Internist, Neurologe, Psychiater)
Spinaler Querschnitt
- Symptome:
‫ ﻬ‬hoher Querschnitt: motorische Ausfälle aller Extremitäten, sensible Ausfälle aller Qualitäten
unterhalb der Läsion; CAVE: Zwerchfellparese
‫ ﻬ‬Conus-Cauda-Syndrom: morotische Defizite der unteren Extremitäten, sensible Ausfälle i.S.
der Reithosenanästhesie; CAVE: Mastdarmfunktionsstörungen
- Ursachen: Trauma, Tumor, Bandscheibenvorfall, Blutung/ Ischämie, Myelitis
- Procedere: spinales MRT -> OP

48
Schlaffe Tetraparese + Dyspnoe
- Guillain-Barre-Syndrom (Polyradikulitis): Gangstörung und aufsteigende Lähmungen
‫ ﻬ‬+ Parästhesien, normale Sensibilität, Areflexie
‫ ﻬ‬+ Ophthalmoplegie, Dysphagie, Allgemeinsymptome (DD: Botulismus)
- Myasthene Krise: Gangstörung und aufsteigende Lähmungen
‫ ﻬ‬+ Augenmuskellähmungen, Dysarthrie, Dysphagie
‫ ﻬ‬+ Blässe, weite Pupillen, Tachykardie (DD: Cholinerge Krise)
Durchgangssyndrom
- Symptome: erhaltenes Bewusstsein (!), psychomotorische Unruhe, Verwirrtheit, Desorientiertheit
- Diagnostik: Fremdanamnese, körperliche Untersuchung, Fieber messen, Blut- und Urinanalysen
- Procedere: erst danach (!) Sedierung, apparative Diagnostik

Notarzt: Bewusstlosigkeit
Definition: Einschränkung oder Verlust der Fähigkeit, die Umwelt wahrzunehmen oder mit ihr zu
kommunizieren.
Qualitative Bewusstseinsstörungen
‫ﻬ‬ Organischer Dämmerzustand (Epilepsie, Postiktaler Dämmerzustand, Intoxikationen (Alkohol,
Drogen), metabolisch bedingter Dämmerzustand (Hypoglykämie, Hyponatriämie))
‫ﻬ‬ Psychogener Dämmerzustand (durch psychische Erkrankungen, simuliert)
Quantitative Bewusstseinsstörungen
‫ﻬ‬ Benommenheit: leichte Verlangsamung
‫ﻬ‬ Somnolenz: leicht schläfrig, öffnet Augen auf gezielte Ansprache
‫ﻬ‬ Sopor: Patient öffnet die Augen nur noch auf Schmerzreize
‫ﻬ‬ Koma: Patient öffnet Augen nicht mehr, motorische Reaktionen noch möglich
Häufigste Ursachen: Intoxikationen, Traumata, Sauerstoffmangel (MI, Schlaganfall)
Präsentationstypen der Bewusstlosigkeit
1. Ohne fokal neurologisches Defizit; ohne Meningismus
‫ ﻬ‬Ursachen: Intoxikationen (Alkohol, Barbiturate, Opiate); metabolische Störungen
(diabetische Azidose, Urämie, hepatisches Koma, Hypoglykämie); Elektrolytstörungen
(Hyponatriämie, Hypophosphatämie); Epilepsie; hypertensive Enzephalopathie/ Eklampsie;
Hyperthermie/ Hypothermie, Schädel-Hirn-Trauma
2. Ohne fokal neurologisches Defizit; mit Meningismus
‫ ﻬ‬Ursachen: akute, bakterielle Meningitis, Subarachnoidalblutungen, einige Formen viraler
Encephalitiden
3. Mit fokal-neurologischem Defizit
‫ ﻬ‬Ursachen: große intrazerebrale Hämorrhagien, Hemisphäreninfarkte, maligne Mediainfarkte,
Hirnstamminfarkt durch A. basilaris-Verschluss, epidurale und subdurale Hämatome,
Hirntumoren, Schädel-Hirn-Trauma

49
Klinisches Vorgehen
‫ﻬ‬ GCS<9 intubieren, aber nicht immer (Behinderte Menschen, …)
‫ﻬ‬ Fieber messen (bei Krampf z.B. Fieberkrampf)
‫ﻬ‬ Atemfrequenz: Veränderung?
‫ﻬ‬ Blutdruck sehr hoch? -> bei intrazerebralen Blutungen, hypertensiven Enzephalopathien,
gesteigertem Hirndruck
‫ﻬ‬ Blutdruck sehr niedrig? -> eher bei Diabetes, Alkohol- und Barbituratintoxikationen, inneren
Blutungen, Myokardinfarkten, Aortendissektion
‫ﻬ‬ Reaktivität (Ansprache, Schmerzreiz)
‫ﻬ‬ Hirnnervenfunktionen/ Hirnstammreflexe (Pupillen? Cornealreflex?)
‫ﻬ‬ Meningismus
‫ﻬ‬ Motorik
‫ﻬ‬ Blutzucker!
Indikationen zur Intubation:

 GCS <9 (nicht obligat)


 verlegter Atemweg
 Oxygenierung versagt
 Verlauf könnte Intubation erfordern

Analgesie und Anästhesie in der Notfallmedizin


Nicht-medikamentöse Analgesie
 Zuwendung und Einbeziehung von Patienten und Angehörigen in Therapie
 Ruhe und Sicherheit (professionelles Auftreten)
 Lagerungsmaßnahmen (Ruhigstellen und Repositionieren)
Medikamentöse Analgesie
Benzodiazepine
 Nebenwirkungen:
‫ ﻬ‬Atemdepression (Alte Menschen)
‫ ﻬ‬Blutdruckabfall ( 20-30% des Ausgangwertes)
‫ ﻬ‬Paradoxe Reaktion (v.a. Kinder werden wild, ggf. antagonisierbar (Flumazenil)
 Diazepam (Valium):
‫ ﻬ‬Indikation: Angst- und Erregungszustände, Krampfanfall, Sedierung bei beatmeten Patienten
‫ ﻬ‬Wirkung: zentral sedierend, anxiolytisch, antikonvulsiv
 Midazolam (Dormicum)
Novalgin
 Nebenwirkungen: allergische Reaktion mit massivem Verlauf, Blutdruckabfall bei zu rascher Injektion
 schlecht kompatibel mit Alkohol
 Hypotension: Risikoabwägung

50
Ketamin (Ketanest)
 Indikation: Analgesie (gut: atmet noch, aber stärkste Schmerzen weg), Kurznarkotikum bei kleinen
Eingriffen, therapieresistenter Status Asthmaticus
 Wirkung: kurzwirksame Sedierung und Schmerzausschaltung, Schutzreflexe werden kaum
beeinträchtigt, wenig Kreislauf und Atemdepression
 S-Ketamin doppelt so potent wie R-Ketamin
 nicht bei Herzinfarkt da Sympathikus-Aktivierung
Morphin

 Indikation: schwere Schmerzzustände, Lungenödem, akuter Myokardinfarkt, terminale Schmerzen


 Wirkung: zentrale Analgesie, sedierend, euphorisierend, Vor- und Nachlast senkend
 Nebenwirkungen: Atemdepression, Sedierung, selten Erregungszustände, Blutdrucksenkung,
Übelkeit
 Antidot: Nalaxon
Fentanyl

 Indikation: schwerste Schmerzzustände und Narkose


 Wirkung: Opioid ca. 200x stärker als Morphin, Analgesie, Sedierung
 Nebenwirkungen: Atemdepressionen, Blutdrucksenkung, Bradykardie bis zur Asystolie, Übelkeit,
Erbrechen, Miosis, allergische Reaktionen
 KI: Unmöglichkeit der Beatmung
 Antidot: Naloxon
Rapid Sequence Induction
ausreichende Präoxygenierung (3 min., keine Magenüberblähung!)
1. Hypnotikum:
~ Thiopental (keine analgetische Wirkung, kreislaufdepressiv, nicht bei Herzinsuffzienz und Asthma)
~ Propofol (stark kreislaufdepressiv, kurze Wirkdauer)
~ Etomidat
~ Midazolam
2. Relaxans
~ Succinylcholin (depolarisierend, kürzeste Anschlagzeit, Risiko der Hyperkaliämie)
~ Rocuronium (nicht depolarisierend)
3. Analgesie

51
Luftnot und Thoraxschmerz im Rettungsdienst
Differentialdiagnosen bei thorakalen Schmerzen:
kardial pulmonal hämato- vaskulär gastro- orthopädisch/
logisch enterologisch infektiös
akutes Lungenembolie Anämie Aorten- Ösophagitis Bandscheiben-
Koronarsyndrom dissektion erkrankungen
Perimyokarditis Pneumothorax Aorten- Ulcus ventriculi Rippenfraktur
aneurysma
Kardiomyopathie Pneumonie Pankreatitis Herpes Zoster
kardiales Trauma Cholezystitis
Vorhofflimmern
Diagnosestellung: Anamnese, klinische Untersuchung, EKG
Indikation zur Koronarangiographie/ invasiv versus konservativ:
Frühzeitig:
‫ﻬ‬ refraktäre Symptomatik
‫ﻬ‬ Herzinsuffizienz
‫ﻬ‬ hämodynamisch instabil
‫ﻬ‬ maligne Arrhythmien
‫ﻬ‬ dynamische ST-Streckenveränderungen
Innerhalb von 48-72h:
‫ﻬ‬ Troponin positiv
‫ﻬ‬ Diabetes mellitus
‫ﻬ‬ Z.n. Revaskularisation
‫ﻬ‬ Belastungsischämie
Lungenembolie
Erstmaßnahmen
‫ﻬ‬ Oberkörperhochlagerung
‫ﻬ‬ bei resp. Insuffizienz O2-Gabe, ggf. Intubation und Beatmung
‫ﻬ‬ oft Analgosedierung nötig (Morphin und Midazolam)
‫ﻬ‬ bei Hypotension: Dobutamin (2,5 µg/kg KG/min), positiv inotrop, dilatiert die peripheren Gefäße
‫ﻬ‬ ggf. zusätzlich Noradrenalin, Ziel ist die Aufrechterhaltung der koronaren Perfusion
‫ﻬ‬ Vollhepariniserung über 4-10 Tage (Bolus: 5000-10.000 IE, dann 1000-1500 IE/h, Ziel: PTT x2-3)
‫ﻬ‬ Fibrinolyse nur bei massiver Embolie (Stadium III-IV), bei postoperativen Patienten mit LE des
Stadiums III: gut abwägen (schwere Blutungskomplikation in 3-28% der Fälle)
in der Klinik:
‫ﻬ‬ EKG (oft nur Sinustachykardie)
‫ﻬ‬ Echokardiographie
‫ﻬ‬ Röntgen Thorax (zum Ausschluss anderer Ursachen)
Labor (Thrombophilie? D-Dimere)
Goldstandard zum Nachweis: Spiral-CT/ Pulmonalisangiographie

52
Zentralvenöse Katheter (ZVK)
Komplikationen
Punktionskomplikationen: Gefäßverletzungen (A. carotis 1-3%, Nervenverletzungen
Verlaufskomplikationen: Kathetersepsis
Einführtiefe: 170cm Patient -> 16cm (für jede 10cm Unterschied wird Katheter um 1cm korrigiert)
Lagekontrolle:
‫ﻬ‬ leichte Aspiration aller Lumina (intravasal)
‫ﻬ‬ BGA (Ausschluss arteriell)
‫ﻬ‬ ZVD-Kurve (Ausschluss arteriell)
‫ﻬ‬ EKG, Röntgen Thorax (Ausschluss intraatrial)

Pädiatrische Intensivmedizin
Patientenkollektiv
~ unter 28 Lebenstagen = Neonatologie
~ ältere Frühgeborene
~ alle Kinder <18 Jahre
~ wenig Unterteilung in Subspezialitäten (Kardio, Onko, …)
Abschätzen des Alters
~ Säugling ohne Milchzähne <6-8 Monate
~ Kind mit vollständigen Schneidezähnen 12-15 Monate
~ Kind mit offener Fontanelle <12-18 Monate
~ Kind mit Windel <3-4 Jahre
~ Kind mit Fahrradunfall >5-6 Jahre
~ Kind mit Lücken im Milchgebiss >6 Jahre
Normwerte für Herzfrequenz und Blutdruck
Altersstufen Pulsfrequenz (1/min.) Systolischer Blutdruck (mmHg)
Säugling 120-160 75-85
Kleinkind 110-130 85
Schulkind 80-100 90

Anhaltszahlen für das Gewicht


Alter Gewicht
Neugeborenes 3-4 kg
Einjähriges Kind 10-15 kg
Sechsjähriges Kind 20-30 kg
Zwölfjähriges Kind 40-50 kg

Gründe für eine Beatmung


~ postoperativ
~ Infektion der oberen bzw. unteren Atemwege (häufigstes Problem)
~ zentrale Atemstörungen (extrem Frühgeborene oder Behinderungen)
~ Sepsis/ Multiorganversagen (v.a. onkologisch)
~ Fremdkörperaspiration
53
Womit beatmen?
~ Spontanatmung mit Sauerstofflow über eine Maske (CAVE: O2 trocknet Atemwege aus)
~ High-Flow über Maske oder Pongs
~ CPAP (continuous positive airway pressure) über Maske
- luftdichtes System
- Nasenmaske/ Fullface-Maske
~ CPAP mit interponierten Atemzügen
~ invasive Beatmung über Larynxmaske, Larynxtubus oder endotrachealen Tubus
-> möglichst nicht invasiv, da kleiner Atemweg bei Reizung schneller zuschwillt
Beutelgrößen: 125ml, 250ml, 500ml
Tubus
- konisch: wird nach unten hin enger, eher bei Frühchen, da dann weniger Totraum
- zylindrisch: eher bei Größeren
Alter in Jahren+16
- Formel: Innendurchmesser [mm] =
4

Magillzange: beim nasalen Intubieren schiebt man oral den Tubus mit dieser Zange in die Trachea
Laryngoskop
- grader Spatel: bis zum 1. LJ mit gradem Spatel -> Epiglottis wird aufgeladen
- gebogener Spatel: danach gebogen -> in Hautfalte ventral der Epiglottis
Zugänge
- Venensucher mit Kaltlichtquelle
- Umbilikal-Katheter: in Nabelvene (meist auf 12 Uhr; eine Vene, zwei Arterien)
- Katheter ähnlich Magensonde (auch veerwendbar)
- große Gefäße (Port, Broviak) nur mit den Kinderchirurgen zusammen
- Alternativen
~ nach 90 Sekunden Misserfolg umsteigen auf ossär
Flüssigkeitsbedarf bei Säuglingen und Kleinkindern
1. 10 kg 2. 10 kg 3. 10 kg
pro kg KG 4 ml/kg/h 2 ml/kg/h 1 ml/kg/h
pro kg KG 100 ml/kg/d 50 ml/kg/d 25 ml/kg/d
Frühchen haben höheren Flüssigkeitsbedarf, da mehr Atemarbeit

Krankheitsbilder
Bronchiolitis
‫ﻬ‬ kleine Bronchiolen betroffen, je kleiner das Kind desto anfälliger
‫ﻬ‬ vor allem Viren (RSV z.B.)
‫ﻬ‬ Alter: im ersten Lebensjahr (wenn Anatomie größer wird, kein Problem mehr)
‫ﻬ‬ meist Oktober bis März
‫ﻬ‬ Risikokinder: ehemalige Frühchen mit Lungenproblemen, Kinder mit Vitium cordis (müssen geimpft
werden)
‫ﻬ‬ gesunde Frühchen können geimpft werden
‫ﻬ‬ Prävention: passive Immunisierung mit Palivizumab (nicht bei allen, da teuer und nicht so effektiv)

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Laryngotracheitis (,,Pseudokrupp‘‘)
Alter: Kleinkindalter
Erreger: Parainfluenzaviren (Rhinoviren, Adenoviren…)
‫ﻬ‬ jahreszeitliche Häufung abhängig vom Virussubtyp (im Sommer eher selten)
‫ﻬ‬ Risikokinder vorbestehende Lungenerkrankung
‫ﻬ‬ keine Impfung verfügbar, keine Therapie (kalte Luft, vernebeln, Suprarenin)
‫ﻬ‬ selten Intubation und Beatmung notwendig
‫ﻬ‬ ,,Steeple Sign‘‘ im Röntgen (verengte Luftröhre nach oben hin)
Epiglottitis
‫ﻬ‬ Notfall!!
‫ﻬ‬ Alter: 3-5 Jahre
Erreger: Hämophilus influenzae B (Kinder sind oft nicht geimpft)
Symptome: hohes Fieber mit red. Allgemeinzustand, inspiratorischer Stridor mit Speichelfluss
‫ﻬ‬ Impfpräventabel
‫ﻬ‬ elektive Intubation unter Tracheotomiebereitschaft (durch Manipulation weitere Schwellung
möglich)
Fremdkörperaspiration
‫ﻬ‬ Alter <5 Jahre
‫ﻬ‬ plötzliches Ereignis aus völliger Gesundheit
‫ﻬ‬ häufig beim Essen oder Spielen (Erdnüsse auf der Couch)
‫ﻬ‬ exspiratorischer Stridor, ggf. abgeschwächtes Atemgeräusch auf der betroffenen Seite
‫ﻬ‬ manchmal auch Ventilmechanismus -> Spannungspneu
Röntgen: Überblähung
Therapie: Entfernung, außer bei biologischen Dingen, die können auch abgebaut werden, Antiobiose fast
immer
-> Heimlich-Manöver: Kind Kopf nach vorne unten, kräftig auf den Rücken schlagen mit flacher Hand
‫ﻬ‬ bei klassischer Anamnese auch ohne klin. Symptomatik -> flexible Bronchoskopie
‫ﻬ‬ mit klin. Symptomatik: starre Bronchoskopie
Prävention: keine Nüsse, keine kleinen Spielzeugteile in dieser Altersklasse
Pneumonie
‫ﻬ‬ alle Altersklassen, am häufigsten im Kleinkindalter
‫ﻬ‬ häufig bei Grunderkrankungen wie BPD/CLD, Mukoviszidose, neuromuskuläre Erkrankungen,
anatomische Fehlbildungen, Aspiration, Tracheotomie
‫ﻬ‬ sekundär nach viraler Infektion (bakterielle Superinfektion)
‫ﻬ‬ nosokomial
Erreger: Einteilung pathologisch/ anatomisch
-> atypische Pneumonien nicht-bakteriell; außer Chlamydien- (Neugeborene), Mykoplasmen- (Schulkinder),
Legionellenpneumonien

55
Therapie:
‫ﻬ‬ nach wahrscheinlichem Erreger
‫ﻬ‬ Unterscheidung zwischen community acquired und hospital acquired
‫ﻬ‬ Pediatric Intensive Care Unit (PICU) mit MRSA-Screening
‫ﻬ‬ kontinuierliches SaO2-Monitoring
‫ﻬ‬ BGA (kapillär, arteriell, zentralvenös)
‫ﻬ‬ Sauerstoffgabe nach Bedarf über Nasenbrille
‫ﻬ‬ Atemunterstützung/ Beatmung entsprechend Oxygenierungs- oder Ventilationsstörung
ARDS
‫ﻬ‬ häufig onkologische Patienten
‫ﻬ‬ gemeinsame Endstrecke jeder schweren Lungenerkrankung mit inhomogener Lungenbelüftung,
Ödembildung und Inaktivierung von Surfactant (Pneumozyten II, Gabe von außen möglich)
‫ﻬ‬ bei schwerer Pneumonie, Trauma, Verbrennung, Sepsis, Beinahe-Ertrinken, Massentransfusion,
Reanimation
Therapie:
- hoher PEEP
- niedrige Tidalvolumina (6ml vs. 12ml)
- Lagewechsel inkl. Bauchlage (Physio)
- nicht unbedingt: Steriode, inhalatives NO, Katecholamine, Hochfrequenzbeatmung, ECMO

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Rechtsmedizin
Versorgung von Gewaltopfern im Gesundheitswesen
Gewalt gegen alte Menschen:
 über 65 Jährige 1-10%
 9,6% der Patientinnen im Pflegeheim
Gewalt gegen Kinder:
 täglich in Deutschland: 11 Kinder misshandelt, 39 Kinder sexuell missbraucht
 jede Woche: 3 Kinder sterben an Folgen von Misshandlung
 2014:
- 108 getötete Kinder (75% jünger als 6 Jahre)
- 81 Tötungsversuche
- 4233 Fälle (körperliche Misshandlung, 44% unter 6 J.)
 fast immer sind Ärzte involviert, da chronisch (merken es nur oft nicht)
 Kinder haben schlechte psychosoziale Prognose
 Dental Neglect: verfaulte Zähne und Läuse korrelieren oft mit Gewalt
Folgen für die Betroffenen:
‫ﻬ‬ Körperliche Folgen: Verletzungen
‫ﻬ‬ (Psycho-) Somatische Folgen: chron. Schmerzsyndrome, Magen-Darm-Störungen
‫ﻬ‬ Psachische Folgen: PTBS, Depression, Ängste, Schlafstörungen, Verlust von Selbstachtung/
Selbstwertgefühl
‫ﻬ‬ Gesundheitsgefährdende (Überlebens-) Strategien: Alkohol, Medikamente, Drogen
‫ﻬ‬ Tötung
‫ﻬ‬ Suizid
Vorgehen:
‫ﻬ‬ Diagnose ,,Gewalt‘‘ stellen
‫ﻬ‬ Behandlung von verletzungen
‫ﻬ‬ Behandlung psychischer Traumatisierung
‫ﻬ‬ Dokumentation (Verletzung oft einziger Beweis), Spurensicherung
‫ﻬ‬ Beratung, Weitervermittlung in Hilfenetzwerke
Die Gewalt lebt davon, dass sie von anständigen Menschen nicht für möglich gehalten wird.

ANSPRECHEN WICHTIG! Oft outen Patienten sich nicht, da Täter aus nahem Umfeld kommt, oder aus Angst
vor Ungläubigkeit.
Dokumentation
‫ﻬ‬ sofort! (Befunde und Spuren sind vergänglich)
‫ﻬ‬ bei JEDEM Verdacht auf eine Gewalttat (auch ohne Polizei)
‫ﻬ‬ entweder direkt durch Polizei vorgestellt, dann Spurensicherung durch Polizei begleitet
‫ﻬ‬ oder Patienten zuerst zum Arzt, möchte keine Polizei! Trotzdem Dokumentation/ Spurensicherung,
auf Wunsch dann als ASS (anonyme Spurensicherung = wird gehortet bis Patienten anzeigt)

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‫ﻬ‬ Gerichtsfest:
- muss Rekonstruktion der Tat bieten auch nach langer Zeit
- präzise und eindeutig
- vollständig
- (daten)sicher
- Wort (manchmal sind Bilder mehrdeutig interpretierbar) und Bild (mit Farbskala um
Bildbearbeitung abzustreiten)
- mit Spurensicherung/ Asservieren
Spurensicherung
‫ﻬ‬ für DNA
‫ﻬ‬ Sperma, Speichel, festes Zupacken (Würgen), Kratzen
‫ﻬ‬ DNA-freie Wattetupfer
‫ﻬ‬ trocknen!!! Keine feuchte Kammer!!!
‫ﻬ‬ Transportweg zum Lagerort muss nachvollziehbar sein
Asservation
‫ﻬ‬ immer bei Verdacht auf Einwirkung von Fremdsubstanzen (Drogen, Alkohol…)
‫ﻬ‬ akute Beeinflussung = Blut UND Urin
‫ﻬ‬ länger zurück = Haare
‫ﻬ‬ Transportweg und Lagerungsort muss nachvollziehbar sein
Formen der Gewalt
‫ﻬ‬ Emotionale und psychische Gewalt (Isolierung, ignorieren, nötigen, beschimpfen…)
‫ﻬ‬ Sexualisierte Gewalt (Verletzung der Intimsphäre)
‫ﻬ‬ Körperliche Gewalt (grobes Anfassen, schlagen, treten…)
‫ﻬ‬ Vernachlässigung (Unterlassen notwendiger Hilfen und Versorgungsleistungen, Pflege, Ernährung)
‫ﻬ‬ Ökonomische Gewalt (knappe Einteilung finanzieller Mittel, Nötigung zu Geschenken)
‫ﻬ‬ Freiheitsentziehende Maßnahmen (fixieren, einsperren, nicht-indiziertes medikamentöses
Ruhigstellen)
Risikofaktoren für Pflegende Risikofaktoren für Gepflegte
‫ﻬ‬ Überforderung ‫ﻬ‬ eingeschränkte kognitive Fähigkeiten,
‫ﻬ‬ Strukturmangel am Arbeitsplatz Demenz
‫ﻬ‬ mangelnde Qualifikation ‫ﻬ‬ körperliche Behinderungen, chronische
‫ﻬ‬ niedrige Arbeits- und Lebenszufriedenheit Erkrankungen
‫ﻬ‬ psychische Auffälligkeiten, Substanzmissbrauch ‫ﻬ‬ Depressivität
‫ﻬ‬ Angehörige: ‫ﻬ‬ Alkoholmissbrauch
o wechselseitige Abhängigkeitsverhältnisse ‫ﻬ‬ aggressives Verhalten
o soziale Isolation ‫ﻬ‬ wenig soziale Kontakte
o ungünstige Lebens- und Wohnverhältnisse ‫ﻬ‬ vorbestehende schwierige Beziehung im
o mangelnde Unterstützung sozialen Nahraum
‫ﻬ‬ Armut
‫ﻬ‬ geringe Autonomie

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Red Flags
Pflegebedürftige: unerklärliche Verletzungen oder Beschwerde, insbes. bei wiederholtem und gleichartigem
Auftreten; Ängstlichkeit, Scheu, Zurückgezogenheit, Aggressivität
Pflegende/ Kontaktperson: Kontrolle, Verhinderung eines Vier-Augen-Gesprächs, Gleichgültigkeit,
Aggression, Verärgerung

Objektivierung eines Verdachts


‫ﻬ‬ Anamnese/ Gespräch, sensibel ansprechen, unter 4 Augen
‫ﻬ‬ körperliche Untersuchung (vereinbar mit Schilderungen? unerklärlich?)
‫ﻬ‬ Überprüfung Medikation
‫ﻬ‬ bei Bedarf Laboruntersuchungen
‫ﻬ‬ Dokumentation in Wort und Bild
‫ﻬ‬ Prüfung auf Risikofaktoren (Rahmenbedingungen?, Beziehungsmuster?)
Was tun wenn es geschehen ist?
‫ﻬ‬ Sicherheit herstellen
‫ﻬ‬ Diagnostik, Klärung der Situation
‫ﻬ‬ Dokumentation
‫ﻬ‬ Therapie psychischer und physischer Schäden
‫ﻬ‬ häusliche Pflege: Entlastung, ggf. vorübergehende stationäre Betreuung
‫ﻬ‬ institutionelle Pflege: Info Heimleitung, ggf. Heimaufsicht
‫ﻬ‬ ggf. Strafanzeige

Forensische Traumatologie 1
Scharfe Gewalt
‫ﻬ‬ spitz zulaufende oder schneidende Werkzeuge (Messer, Schere, Glasscherben, Beil….)
‫ﻬ‬ Charakteristika:
~ Gewebsdurchtrennung unterschiedlicher Tiefe
~ gradliniger und glatter Wundrand
~ Fehlen von Gewebsbrücken beim Spreizen (Platzwunden haben welche)
Stichwunden
Morphologie abhängig von:
‫ﻬ‬ Art des Werkzeugs (scharf, geriffelt, einschneidig, zweischneidig)
‫ﻬ‬ Charakteristika des Stichvorgangs
~ Länge des Stichkanals ≠ Klingenlänge
~ Breite der Wunde > Messerklinge
~ Einstich bis zum Heft können Vertrocknungen resultieren (oberflächliche Schürfungen)
~ kombinierte Stich-Schnitt-Wunde, Wunde breiter als Klinge (meist der Fall, da Kampf)
~ Drehen eines Messers in der Wunde führt zu ,,Schwalbenschwänzen‘‘ (häufig im
Kampf; erst in OP/Obduktion zu unterscheiden)

59
Schnittwunden
‫ﻬ‬ häufig kombiniert mit Stichverletzungen
‫ﻬ‬ als Abwehrverletzungen
~ passiv: Hände vors Gesicht und dabei
~ aktiv: dem Täter ins Messer greifen (meist nur oberflächlich und leicht zu übersehen)
Hiebverletzungen
mit Elementen scharfer Gewalt + Gewebequetschung, Knochendefekte (Axt in den Schädel)

Totschlag = im Kampf töten


Mord = absichtlich und gezielt (schlimmer bestraft)
Todesursachen durch scharfe Gewalt
verbluten: nur wenn es sehr tief ist
Luftembolie: hohes Risiko!
Blutaspiration: wenn Trachea eröffnet (dann in betroffenen Alveolen kein Gasaustausch
mehr, kaum Therapie-Möglichkeiten)

Suizid
~ Probierschnitte = bei suizidalen Schnittverletzungen, erstmal gucken wie viel Kraft man benötigt
(würde ein Mörder nie tun)
~ Pulsadern auch verdächtig für Suizid
~ Borderline: Selbstverletzung ansprechen (meist dankbar fürs Ansprechen)
Spurensicherung
~ als Notarzt immer alles von vor Ort mitnehmen (Notarzt-DNA behindert Spurensicherung)
~ möglichst auch nichts von vor Ort verfälschen
Stumpfe Gewalt
= mechanische Einwirkung einer mehr oder minder begrenzten Fläche gegen den Körper (flächig!)
Hämatome
Dokumentation: Wo? Wie groß? Form? Geformt(Abdruck vom Gegenstand erkennbar)? Alter?
Abschätzung des Hämatomalters:
graublau frisch
blauviolett max. wenige Tage
grünlich mind. 4-5, idR 6-8 Tage
gelblich um 8 Tage

Schürfwunde
port mortem = Vertrocknung (nicht erkennbar ob post oder ante mortem entstanden)
~ Schürfrichtung erkennbar an Schüppchen, nur wenn unangetastet
~ Vitalität (Schwellung zeigt, dass Opfer Wunde mindestens eine Zeit lang überlebt hat)

60
Riss-Quetschwunde
~ Gewebsbrücken bei Spreizen! (DD zu scharfer Gewalt)
Geformte Verletzungen
~ auch diskrete Befunde müssen dokumentiert werden (können Beweise sein)
~ Schläge mit stockähnlichen Gegenständen (Gerte, Schürhaken, Gürtel….)
- Kapillaren werden an den Rand gedrängt, und nur dort kommt es zu Einblutungen (deswegen
das typische Doppelstriemen-Muster
Kopf
‫ﻬ‬ von außen oft wenig dramatisch (innen schon)
‫ﻬ‬ Impressionsfrakturen bei direkter Gewalteinwirkung
‫ﻬ‬ Contrecoup – Coup (subdurale Blutung – Rindenprellungsherde/Kontusion)
Hutkrempenregel
~ Verletzungen oberhalb der Hutkrempe untypisch für einfache Stürze
~ oberhalb = Schlag von oben
~ unterhalb = Sturz
Rumpf
~ man muss äußerlich nicht viel sehen
~ Biegungsbrüche: Kompression des Knochens an Einwirkungsseite
- Zug an der andere Seite
- Dreiecksbruch = Messerer-Bruch
- Dreieck zeigt in andere Richtung, als die Gewalt kommt
Fußgänger-PKW-Unfall
I. Anprallverletzungen: am Unterschenkel durch Stoßstange evtl. an Hüfte-Oberschenkel durch
Kotflügel/ Motorhaube
II. Aufwurf mit Aufprallverletzungen: je schneller der PKW, desto höher wird der Fußgänger
aufgeworfen. Verletzungen v.a. des Kopfes durch Aufprall an Windschutzscheibe, A-Säule oder
Dachrand (am gefährlichsten wegen Kopf-Verletzungsgefahr)
III. Sekundäre Sturzverletzungen durch ,,Abwurf‘‘

Menschliche Bisse
- häufig Bissring zu sehen, oft aber auch rundes Hämatom durch Saugen
- frisch = an Speichel und Spurensicherung denken
- meist Kinder oder Sexualverbrecher

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Gewalt am Hals
Problem: Sauerstoffmangel im Gehirn, nach wenigen Sekunden Bewusstlosigkeit, nach wenigen Minuten
irreversible Hirnschädigung
Erhängen
‫ﻬ‬ meist Suizid
‫ﻬ‬ Todeseintritt durch Verschluss der Halsarterien
‫ﻬ‬ Bewusstlosigkeit tritt rasch ein, Selbstrettung daher meist nicht möglich
‫ﻬ‬ 3-5 kg genügen für Verschluss der Halsarterien (Gefangene unterm Bett mit Klamotten)
‫ﻬ‬ selten Aufhängen einer Leiche zur Verdeckung eines Mordes
- Unterscheidung: keine Einblutungen ins Weichteilgewebe (Vitalzeichen)
‫ﻬ‬ autoerotisches Strangulieren: zur Masturbation (gefährlich!)
Typisches Erhängen Atypisches Erhängen
‫ ﻬ‬aufrechte Position, frei in der Luft ‫ ﻬ‬Körper hängt nicht frei
‫ ﻬ‬Knoten im Nacken in der Mitte ‫ ﻬ‬Knoten irgendwo
‫ ﻬ‬rascher und vollständiger Verschluss ‫ ﻬ‬meist ein Teil der art. Blutzufuhr
aller Gefäße erhalten, deshalb
Stauungserscheinungen (rotes Gesicht)
‫ﻬ‬ kein Stauungssyndrom, da alle Arterien Gesicht livide, gedunsen, unterhalb des Strickes
zu sind (blasses Gesicht) als deutliche Linie normale Haut
‫ ﻬ‬rascher Todeseintritt ‫ ﻬ‬Bewusstlosigkeit auch hier schnell
‫ ﻬ‬suffizienter
‫ﻬ‬ Tod durch Dens axis-Fraktur (Genickbruch) nur bei Sturz in große Tiefe, in normaler Wohnung nie

Erdrosseln
‫ ﻬ‬Kompressionen von Blutzufuhr und Atemwege
‫ ﻬ‬meist ausgeprägte Stauungsebene
‫ ﻬ‬Lokalbefund am Hals = sehr unterschiedlich
‫ ﻬ‬allermeistens durch fremde Hand oder mit anderen Verletzungen, meist Kampf (also DNA unter
Fingernägeln suchen)
‫ ﻬ‬selten Unfälle (Schal in Fahrrad)
‫ ﻬ‬sehr selten Suizide (Fixieren erforderlich)
‫ ﻬ‬sehr verdächtig bei livider Gesichtsfärbung mit schlagartigem Ende am Hals
Erwürgen
‫ﻬ‬ Kompression der vorderen Halsweichteile (Gefäße, Atemwege)
‫ﻬ‬ Suizid nicht möglich
‫ﻬ‬ meist ausgeprägtes Stauungssyndrom
‫ﻬ‬ Lokalbefund am Hals = sehr unterschiedlich
‫ﻬ‬ allermeistens durch fremde Hand oder mit anderen Verletzungen, meist Kampf (also DNA unter
Fingernägeln suchen)
‫ﻬ‬ fast keine Folgeschäden (HNO), Enuresis, Enkopresis

62
Forensische Traumatologie 2
Schuss
Ist es eine Schussverletzung?
→ echter Substanzdefekt, oft schwarz vom Öl der Kugel
Wo sind Ein- und Ausschuss?
→Morphologie abhängig von Waffe + Munition und durchschossenen Strukturen
Einschuss-Zeichen:
~ Trichter wird nach innen weiter
~ Abstreifring durch Öl der Kugel (Kleidung!)
~ Gewebe spritzt raus beim Einschießen der Kugel (wie Vulkan), und schürft den Randsaum =
Schürfsaum
~ Kontusionshof = Gewebe wird durch Kraft gezerrt + traumatisiert = Blutungen
Ausschuss-Zeichen:
~ Trichter wird nach außen weiter
~ fehlende Einschusszeichen
~ i.d.R. adaptierbarer Gewebsdefekt
~ oft schlitzförmig oder mehrstrahlig (variabel!)
Aus welcher Entfernung wurde geschossen?
~ Absoluter Nahschuss (aufgesetzte Waffe): Stanzmarke durch Waffenaufsetzen, Schmauchhöhle
(Druck der ins Gewebe eindringende Pulvergase), Pulverrückstände, v.a. Suizide (Kopf)
~ Näherer relativer Nahschuss: Beschmauchung, Einsprengung unverbrannter Pulverteilchen
~ Weiterer relativer Nahschuss: nur Einsprengung unverbrannter Pulverteilchen (kommen weiter, da
mehr Gewicht), keine Beschmauchung
~ Fernschuss: nichts von beidem
~ Asservierung von OP-Präparaten zur Schussentfernungsbestimmung
Aus welcher Richtung?
Einschusswinkel am Schürfsaum abzulesen
Selbstbeibringung? Fremdbeibringung?
Hände ansehen! (Oft verspritzes Gewebe/ Blut, Verletzungen durch falschen Umgang mit der Waffe oder
Schmauch zu sehen bei Suizid)
Handlungsfähigkeit?
Tod im Wasser
Ertrinken: Ersticken aufgrund einer Flüssigkeitsaspiration
Typisches Ertrinken: bei vollem Bewusstsein, erhaltene Schutzreflexe, typische, massive
Ertrinkungsbefunde
Atypisches Ertrinken: Bewusstseinstrübung oder Reflextod, typische Ertrinkungsbefunde fehlen,
plötzliches Untertauchen mit Todeseintritt, vermutlich durch vagale Reize, ,,wie ein Stein, kein Kampf‘‘
Beinahe Ertrinken: Ertrinkungsvorgang wird gewisse Zeit überlebt, oft danach ARDS vermutlich
wegen Surfactant-Verlust
63
Risikofaktoren: Wasser (Tiefe, extreme Temperatur, Strömung, Brandung), Verunfallte (Nichtschwimmer,
Überhitzung, Sprung ins Wasser, Unterkühlung, Erschöpfung, Panik, vorbestehende Erkrankungen, Einnahme
zentralnervös wirksamer Substanzen, Alkoholisierung →besonders Einflüsse die vegetative Instabilität oder
raschen Bewusstseinsverlust begünstigen)
Pathophysiologie (Dauer 4-5 Minuten):
~ Stadium 1 (Inspiration): reflektorisch beim plötzlichen Hineinkommen in kaltes Wasser
~ Stadium 2 (Apnoe): willkürliches Anhalten der Atmung, nur kurze Zeit möglich
~ Stadium 3 (Dyspnoe): CO2↑ - Atemzentrum↑ - Wiedereinsetzen der Atmung – Husten/Verschlucken
von Wasser – Erbrechen – Bewusstlosigkeit (O2-Mangel) – tiefe Aspiration von Wasser -
Atemwiderstand↑ - krampfartiges Atmen – Emphysema Aquosum (Lungenblähung) – schaumiger
Atemwegsinhalt (auch eingetrocknet möglich)
~ Stadium 4 (Krampfstadium): tonisch-konische Krämpfe infolge fortschreitender zerebraler Hypoxie
~ Stadium 5 (Atemlähmung): erst präterminale Atempause, dann finale Schnappatmung und
Atemstillstand
Typische Befunde:
~ Schaum/ wässriger Inhalt in den Atemwegen, evtl. Sand…
~ akutes Lungenemphysem (Emphysema Aquosum), Lungen können sich vor Herzbeutel berühren
~ selten: Z.n. Aspiration von Speisebrei
~ ,,Paltauf-Flecken‘‘ unter der Pleura Pulmonalis (rote Blutungen, Risse der Schleimhaut bei großen
Mengen)
~ wässriger Inhalt in Magen/ Duodenum (selten: ,,Sehrt’sche Schleimhautrisse‘‘ insb. in Cardia)
Wasserleichen:
~ treiben häufig in Bauchlage – Totenflecken meist spärlich ausgeprägt, avitale Treibverletzungen
(Tierfraß, Bergeverletzungen, Schiffsschrauben)
~ Fundort meist nicht Ereignisort
~ Hautveränderungen: Wasch-Haut, Oberhautablösung, Herausziehbarkeit der Haare, Algenrasen
(wichtig für Liegezeitbestimmung)

Hitze
z.B. Unfalltod im Brandherd, Brandstiftung, suizidale Selbstverbrennung, Leichenbeseitigung, (Kindes-)
Misshandlung
Hitzeschaden an Haut beeinflusst durch:
~ Einwirkende Temperatur
~ Einwirkdauer
~ dadurch tatsächlich im Gewebe erreichte Temperatur
Verbrühungen: bei gleicher Temperatur heftigere Schäden, durch bessere Wärmeleitfähigkeit von
Flüssigkeiten /Dampf

64
Grad Tiefe Aussehen Kapillarfüllung Schmerzempfinden Abheilung
1° oberflächlich, rot, normale + + 5-10 T.
epidermal Gewebebeschaffenheit
2° oberflächlich rot, Blasen, ödematös, + + 10-20 T.,
dermal rosa oder weiß, geringe Narben
Blasen, verdickt
tief dermal rosa oder weiß, +/- +/- 25-60 T.,
Blasen, verdickt Narben
3° transdermal weiß, braun, lederartig - - keine
Spontanheilung
4° bis subkutan verkohlt, Haut fehlt - - keine
Spontanheilung

Lebendig oder tot in Brandherd geraten? → Vitale Zeichen


~ Rußaspiration bis in tiefe Atemwege, Rußverschlucken, Zeichen des Inhalationstraumas (Histologie!)
~ Rauchgasinhalation mit positivem CO-Hb-Befunden oder Zyanidkonzentration
~ Ausbildung von Krähenfüßen an den Augenwinkel durch Augen zukneifen
Soforttod Spättod Postmortale Hitzeschäden
Rauchgasvergiftung: CO, Cyanid Verbrennungskrankheit Destruktion der Leiche im
Brandherd
Lokale Hitzeschäden der Haut/ Inhalationstrauma Folge direkter Brandzehrung
Schleimhäute und Wasserdampfbildung
,,Flashfire‘‘: Atemstillstand über Infektiöse Komplikationen Charakteristisch:
Laryngo-/ Bronchospasmus, einen ~ Hitzerisse der Haut
vagalen Reiz oder einen (oft rel. Glattrandig)
Inhalationshitzeschock

O2-Mangel: im geschlossenen Raum ~ Fechterstellung


(Schrumpelung der
Muskulatur)
Hitzeschock: Umverteilung des ~ Brandhämatom
Blutvolumens infolge Hitzewirkung auf (epidural, ziegelrot,
die Haut bröckelig)

Kälte
Hypothermie = Körperkerntemperatur <35°C (tief rektal)
Wind (Bezugstemperaturen in °C bei Windstille; Bft = Windstärke)
0 Bft +10 +5 0 -5
3Bft +4 -2 -9 -15
5 Bft 0 -8 -15 -22
7 Bft -3 -10 -18 -26
Wasser
Wassertemperatur Überlebenszeit
20°C Ca. 40 h
15°C Ca. 5 h
10°C Ca. 3 h
5°C Ca. 2 h
0°C Nach 30 Minuten akute Lebensgefahr
Körperliche Aktivität (schwimmen!) erhöht Auskühlungsgeschwindigkeit um ca. 30-50%!
Alkoholisierung beschleunigt Abkühlung!

65
Befunde bei der Leichenschau:
~ Hell-rötlich gefärbte Totenflecke
~ Kälteflecken/ Kälteerythem: rötlich, livide Hautverfärbungen (Akren, Handrücken, Knie- und
Ellenbogengelenk Streckseiten), oft glänzend und teigig geschwollen
~ Blutungen infolge vasomotorischer Störungen bzw. infolge von Störungen der Blutgerinnung
o Hämorrhagische Schleimhauterosionen des Magens (Wischnewski-Flecken)
o Blutungen in den M. iliopsoas
Kälteidiotie = Paradoxes Wärmegefühl führt zur Entkleidung (DD: Sexualdelikt!)

Klinik
Stadium 1 Stadium 2 Stadium 3 Stadium 4
Leichtgradig 35-33°C Mittelgradig 33-30°C Tief 30-27°C Tiefst <27°C
Muskelzittern Abnahme des aktiven Zunahme der passiven Weitere Dämpfung der
Muskeltonus, Zittern Muskelrigidität Vitalfunktionen
verschwindet
Tachykardie, Sinusbradykardie, Bradyarrhythmie, weitere Vita reducta (Scheintod)
Vasokonstriktion periphere periphere
Widerstandserhöhung Widerstanderhöhung durch
Viskositätszunahme des
Blutes
Stimulation der Zentrale Atemdepression Bradypnoe, apnoische Oder: Herz-kreislauf-
Atmung Pausen Stillstand durch
Kammerflimmern oder
Asystolie, Atemstillstand
Gesteigerte Vigilanz, Desorientiertheit, Bewusstlosigkeit,
evtl. Verwirrtheit Apathie, ,,Kälteidiotie‘‘ Reflexverlust
Schmerzhaftigkeit Abklingen der Schmerzen
der Akren
Erregungsstadium Erschöpfungsstadium Lähmungsstadium Kältetod
(,,Exzitation‘‘) (,,Adynamie‘‘) (,,Paralyse‘‘)

Strom
~ Maßgeblich sind: Stromstärke, Stromflusszeit, Stromart, Weg des Stromes
~ Spezifische Stromwirkung (Auslösung von Erregungsprozessen an Muskeln (Herz) und Nerven)
- v.a. Niederspannungsbereich (Steckdosen)
- 1-15 mA: Kribbeln in der Fingern
- >15 mA: Muskelkontraktionen
- > 50 mA: Gefahr des Herzkammerflimmerns
~ Unspezifische Stromwirkung: thermische Gewebsschädigung
- v.a. Hochspannungsbereich (Blitz, Stromleitungen)
~ Strommarken:
- Verbrennung 2.-4. Grades
- Sehr variables Aussehen, können auch fehlen
- Typisch kraterartig, wallartiger Rand
~ Selten Suizide, häufig Unfälle, manchmal Tötung
~ Wichtig: Spurenarmes Bild bei Leichenschau (Dran danken und systematisch suchen!)

66
Thanatologie und Leichenschau

Der Weg der Leiche


Arzt/ Notarzt → unverzügliches Aufsuchen des Leichnams → Feststellen eines sicheren Todeszeichens
→Leichenschau →sorgfältiges Vorgehen plus Befragung von Ärzten, Angehörigen etc.
Keine Zweifel an natürlichem Tod = komplett an Leichenschau-Veranlasser/ Bestattungsverpflichter
Todesart ungeklärt/ Hinweise auf nicht natürlichen Tod →Polizei übernimmt sofort
Fallstricke bei der Leichenschau
1. Fehlendes Wissen um Rechtsgrundlagen und formale Anforderungen
~ Leichenschau unverzüglich sorgfältig an vollständig entkleideter Leiche mit allen
Körperregionen durchführen
~ Meldepflichten: Polizei bei Todesursache unklar oder nicht-natürlich oder Leiche unbekannt;
Gesundheitsbehörde bei Infektion
~ Feststellung von Personalien, Tod, Todeszeitpunkt, Todesart, Todesursache
2. Unklarheit hinsichtlich ,,sicherer‘‘ Todeszeichen
~ Sichere Todeszeichen: Totenflecke, Totenstarre, Fäulnis, nicht mit Leben vereinbare
Verletzungen
~ Unsichere Todeszeichen: Lichtstarre weite Pupillen, Areflexie, Fehlen einer Herztätigkeit,
Fehlen einer Atmung, Absinken der Körperkerntemperatur
~ Vita minima/ reducta (liegen unsichere Zeichen beim Lebenden vor) Ursachen:
- A = Alkohol, Anämie, Anöxämie
- E = Elektrizität/ Blitzschlag
- I = Injury (SHT)
- O = Opium, Drogen, zentralwirksame Substanzen
- U = Urämie, andere metabolische Komata, Unterkühlung
~ Unter Reanimation nach 30 min. ohne Erfolg mit Null-Linien-EKG (10 min. nach Beenden)
3. Fehlinterpretation thanatologischer Befunde
~ Totenflecken:
- Lage (Schwerkraft!)
- Farbe (livid normal, bei CO, Cyanid oder Kälte rot)
- Wegdrückbar/ umlagerbar = max. 20h alt
- Einflussfaktoren: Temperatur (kalt blutet länger), Sport vorher (schneller starr),
feucht (faulen schneller)
- ,,Vibices‘‘ = Berstungstotenflecke, Kapillaren bersten, an Stellen besonders starker
Schwerkraft (hängt frei, dann an Füßen)
normal blaulivide Venöses Blut
CO Hellrot CO-Hb
Unter Nägeln auch hellrot
Cyanid Hellrot Oxygeniertes Blut (Hemmung der Cytochromoxydase)
Unter Nägeln auch hellrot
Kälte, Unterkühlung Hellrot O2-Diffusion durch die Haut
Unter Nägeln nicht hellrot
Nitrite, Nitrate, Natriumchlorat Braun Methämoglobin
Anämie, Verbluten Blass/ fehlend Hb-Verlust

67
~ Totenstarre:
- Tritt ein nach ca. 1h, lockert sich nach ca. 8h
- Bis nach 8h = Widereintritt der Starre
 Normal, einmal Starre gelöst, nicht wieder starr
 Hier werden nur einzelne Fasern gelöst, andere waren noch nicht starr,
deswegen wird der Muskel danach wieder fest
- Temperaturabhängig
- Nysten’sche regel: Auftreten der Starre in cranio-kaudaler Richtung
4. Fehleinschätzung des Todeszeit
~ Körpertemperatur (ca. 1°C pro Stunde Abfall, rektal)
~ Totenflecken
~ Totenstarre
~ Elektrische Muskelerregbarkeit, ideomuskulärer Wulst, Pupillenreaktionen auf
Mydriatika/Miotika
~ Beurteilung später Leichenerscheinungen
5. Fehlerhafte Differenzierung zwischen den Todesarten
~ Natürlicher Tod = ausschließlich krankheitsbedingter Ursache. Unabhängig von rechtlich
bedeutsamen äußeren Faktoren
~ Nicht-natürlicher Tod = Mindestens Anhaltspunkte, dass ein von außen verursachtes,
ausgelöstes oder beeinflusstes Geschehen zum Todeseintritt beigetragen hat (Gewalt,
Unfälle, Intoxikationen, Fehlbehandlung, Suizid, Vernachlässigung…)
~ Ungeklärte Todesursache: keine Unterscheidung möglich
6. Unvollständige Leichenschau
~ Vollständige Entkleidung
~ Alle Körperregionen und Körperöffnungen (falls möglich)
7. Übersehen von Hinweisen auf nicht-natürliche Todesarten
8. Unvollständiges/ fehlerhaftes Ausfüllen des Leichenschauscheins
9. Einordnung bei besonderen Fallkonstellationen
~ Auch bei langen Intervallen darf man nicht natürlich bescheinigen wenn vor Jahren etwas
Äußeres der Einfluss war

68
Palliativmedizin

Klinische Ethik
Klinische Ethik
Gründe für den zunehmenden Bedarf

~ Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts wächst


~ Pluralismus der Moralvorstellung / Multikulturalität
~ Ökonomische Aspekte
~ Technischer Fortschritt
Moral = Gesamtheit an Werten und Normen, die von einer Person oder Gruppe als verbindlich
angesehen werden

Ethik = alle Formen des Reflektierens über Moral

„Hippokratischer Eid“: Wohl des Patienten, Schadensvermeidung, Verschwiegenheit

Biomedizinische Ethik
~ Nutzen / Fürsorge / Nichtschaden
~ Respekt vor Autonomie
~ Gerechtigkeit

Ethikkommission
~ Für Studien an Patienten und Probanden
~ Rechtlich weitgehend geregelt

Ethikkomitee
~ Rechtlich in Deutschland Freiraum
~ Für ethische Fallberatung und Entwicklung ethischer Handlungsempfehlungen

Symptomkontrolle
Dyspnoe
~ Pleuraerguss /Aszitis  Punktion
~ Luftzufuhr, Lagerung, Physio, Psycho (Entspannung etc.)
~ Opioide, bei Angst Benzodiazepine

Schmerz
~ Physikalisch (Wärme), Physio, Analgetika (Stufenschema)

Angst
~ Psychoonkologisch, Gespräche, Pflegerisch (Massage), Physio
~ Benzodiazepine

Palliativmedizin
~ verbessert Lebensqualität von Patienten und Familien unter lebenslimitierenden Erkrankungen
~ kontrolliert Schmerzen und andere Symptome
~ Schwäche, Müdigkeit, Schmerzen, Angst, Luftnot, Verstopfung, …
~ Unterstützung (physisch, sozial, spirituell, psychosozial)
~ Ziel: Symptomkontrolle + Lebensqualität, Normalstation, häusliche Umgebung, Hospiz

69
Hospizlich-Palliative Versorgungsstrukturen
Ambulant:
 AAPV (allgemeinen ambulante Palliativversorgung): Pflegedienste, Hausarzt, Pfarrer, Pflegedienst,
Sozialdienst… (lockere Vernetzung)
 SAPV (spezielle ambulante Palliativversorgung): hohe Symptomlast, wenn AAPV nicht ausreicht;
Palliativmediziner, enge Kooperation, viele med. Tätigkeiten werden zu Hause durchgeführt
Stationär:
 Hospiz (viele Angebote, schönes Atmosphäre…) wird bezahlt
 Pflegeheim (Pat. Selber bezahlen)

Unterschied Hospiz und Palliativstation


 Hospiz = nicht an Kh angebunden, primär Pflege wenig Ärzte, Liegezeit länger
 Station = eher akute Symptomkontrolle, kürzere Liegezeiten

Ehrenamt überall möglich!

Trauer
„Palliative Care dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit
einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung
von Leiden mittels frühzeitiger Erkennung, hochqualifizierter Beurteilung und Behandlung von
Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur.“
Spiritual Care = Teilhabe an einem als für sinnvoll erachtetes Leben
Trauermodelle
Phasenmodell (Bolby 1980) Traueraufgabenmodell (Worden, Duales Prozessmodell (Stroebe
1991) und Schut 1999)
Schock den Verlust als Realität … und die veränderte Welt als
akzeptieren Realität anerkennen
Sehnsucht und Suche nach der den Trauerschmerz verarbeiten …und auch zeitweise bewusst
verlorenen Person Abstand vom Trauerschmerz
nehmen
Verzweiflung sich an eine Welt ohne die …und die Anforderung der
verstorbene Person anpassen veränderten (subjektiven) Umwelt
bewältigen
Reorganisation eine dauerhafte Verbindung …und neue Rollen, Identitäten
inmitten des Aufbruchs in eine und Beziehungen aufnehmen
neues Leben finden

 Phasen wichtig um adäquat auf Menschen eingehen zu können


 Oft Achterbahn
 Trauer beginnt mit Diagnose

Risikotrauer: nach Suizid, nach Tod eines Kindes, nach plötzlichem Unfalltod, Organentnahme
Aktiv werden: Beziehung aufnehmen außerhalb der Klinik, Trauerangebote, Nachgespräch nach 4-6 Wochen

70
Palliative Sedierung
schafft Erleichterung des Leidens
Mambalginen = Gift der schwarzen Mamba; als Medikament gut, man stirbt ohne Schmerzen
ALS häufigster Einsatzbereich der palliativen Sedierung

Seminare
Anästhesie

Intubationsseminar
Identifikation/ Safety Check
1. Patienten fragen: Geburtsdatum? Was für eine OP wird gemacht? Allergien? Zähne fest/raus?
2. Richtige Seite ggfl. markieren
3. Mallampati überprüfen, Kopf-Reklination gut?
4. Maskenbeatmung? -> Bart? Kinn fliehend? Adipositas? Verletzung am Kopf?
5. Geräte intakt? (macht idR. Anästhesie-Pflege)
Narkose einleiten
1. mit O2 fluten
2. Propofol 2mg/kg/KG (Herzkranke = 1; Kinder/Aufgeregte = 3)
3. 30µg Sufentanyl und Muskelrelaxans
4. sobald Lidschlussreflex fehlt bebeuteln
5. Beutel geht nicht: Guedel/Wendl
6. TOF
7. Intubation -> klappt nicht: BURP-Manöver; Lage verbessern (Röllchen in den Nacken); Narkose
vertiefen/ Relaxantien nachgeben
~ Männer = 8,0 Tubus/ Frauen = 7,0 Tubus (nasal eine Größe kleiner)
8. Cuff-Druck: etwas höher als Beatmungsdruck
9. fixieren, konnektieren
RSI = Rapid Sequence Induction
~ stärker Präoxygenieren
~ keine Maskenbeatmung (Gefahr der Aspiration, da Magen immer mit bebeutelt wird)
~ Thiopental
~ Succinylcholin: zuckt, wenn aufhört wirkt es vollständig
~ kein Opiat vorher! -> noch mehr Übelkeit ->Analgesie erst nach Intubation
~ Magensonde: nur wenn eindeutig aus dem Dünndarm erbrochen wurde (Ileus)
Larynxmaske/ Larynxtubus = nur für Drücke <20 mmHg
Murphy Tubus = klassisch; an der Spitze ein rundes, angeschrägtes Loch für den höheren Bronchus, falls zu
tief (Murphy-Auge)
Woodbridge-Tubus = flexibel, knickt nicht ab bei mechanischer Belastung

71
Labor
Präanalytik
= alles was mit den Proben geschieht bis zur Auswertung (danach Analytik und Postanalytik)
‫ﻬ‬ vor allem hier fehleranfällig
Spezielle Einflussgrößen
= Ergebnisse entsprechen dem Zustand im Patienten zum Zeitpunkt der Abnahme
‫ﻬ‬ körperliche Anstrengung: CK, D-Dimere↑
‫ﻬ‬ längere Immobilisation: CK, Creatinin↓
‫ﻬ‬ Z.n. Reanimation: Troponin, CK, CK-MB, Myoglobin↑
‫ﻬ‬ mechanische Herzklappen: LDH ↑, Haptoglobin↓
‫ﻬ‬ Winter: Vitamin D↓
‫ﻬ‬ Hochgebirgsaufenthalt: Hämatokrit↑
‫ﻬ‬ Z.n. rektaler Palpation: PSA↑
‫ﻬ‬ postprandial: Glukose, TAGs↑
Identifikation sicher stellen!
Störfaktoren
= Ergebnisse entsprechen nicht dem in vivo Zustand des Patienten
Beispiele: Patienten-/ Probenverwechslung, falsche Probengewinnung, langer Transport usw.
EDTA: gerinnt irreversibel, für Blutbild, alles mit Zellen zählen, Kalium nicht messbar oberhalb von 10
Citrat: lässt Blut reversibel gerinnen, für Gerinnung, Verhältnis einhalten
Heparin: Blut gerinnt nicht, für klinische Chemie, Säure-Basen, BGA
Plasma: keine Gerinnung abwarten (mit Fibrinogen einfach verwenden), keine Zeitverzögerung, höhere
Materialausbeutung
Serum: keine Antikoagulantien, flüssiger Anteil des geronnen Blutes (ohne Fibrinogen)
Probengewinnung
1. keine Zugänge verwenden, Kontaminationen vermeiden, nach Entnahme schwenken (Mischung)
2. vollständig füllen: wenn Vene kollabiert, absetzen, erneut aufsetzen
3. Reihenfolge: Blutkulturen, Nativblut/Serum, Citratblut (nie als erstes, da sonst Verunreinigung mit
Thromboplastin an Punktionsstelle), Heparinblut, EDTA-Blut, Fluoridblut
- Nativröhrchen vor Röhrchen mit Zusätzen

72
EKG 1
‫ﻬ‬ PQ-Zeit unter 2 Kästchen (0,12-0,21 sec.)
‫ﻬ‬ QRS unter 1 Kästchen (0,11 sec.)
‫ﻬ‬ Frequenz: 600/Abstand der großen Kästchen von Zacke zu Zacke

‫ﻬ‬ Überdrehter Rechtstyp und Rechtstyp bei Erwachsenen immer pathologisch


‫ﻬ‬ Verdrehung nach links: Adipositas, LH-Belastung /-hypertrophie, Hinterwand-MI/ Narbe,
Linksanteriorer Hemiblock
‫ﻬ‬ Verdrehung nach rechts: Emphysem-Thorax, Kyphoskoliose, RH-Belastung/ -hypertrophie,
Seitenwandinfarkt/ Narbe, Linksanteriorer Hemiblock, akut: Lungenembolie
Analyse
1. Rhythmus: RR-Abstände -> regelmäßig oder unregelmäßig?
2. Frequenz: brady-, normo- oder tachykard?
3. QRS-Breite: <120ms
4. P-Wellen
-> Sinusrhythmus: regelmäßige normale P-Wellen, konstante PP-Intervalle, Beantwortung jeder P-Welle mit
QRS
Respiratorische Sinusarrhythmie: so 12 mal pro Minute eine kurze Tachykardie
‫ﻬ‬ negativer Druck bei Atmung, Herz wird nach unten gezogen,
längerer Weg zum Ausgang, reflekt. Tachykardie, da weniger oben
ankommt
‫ﻬ‬ eher ein gutes Zeichen
Schenkelblöcke
‫ﻬ‬ akuter Linksschenkelblock wie STEMI behandeln!
‫ﻬ‬ Erregung braucht länger, deswegen wird QRS breiter
‫ﻬ‬ V1/2 = eher rechts; V5/6 = eher links

73
‫ﻬ‬ gedachte, senkrechte Linie zwischen letzter positiver Zacke V1 und V6 im QRS
~ V1-letzte Zacke früher als V6 = LSB, da es dort länger braucht
~ V6-letzte Zacke früher als V1 = RSB
‫ﻬ‬ RSB= plumpes S in I

‫ﻬ‬ LSB = M-Konfiguration in V6


‫ﻬ‬ bei einem Schenkelblock ST-Hebung nicht mehr verwertbar!
Extrasystolen
Supraventrikuläre ES: vorzeitig einfallende P-Wellen, leichte
Deformierung der P-Welle, QRS normal
Junktionale ES: keine P-Wellen zu sehen, normaler QRS

Ventrikuläre ES: vorzeitiger Einfall des QRS, kompensatorische Pause, je nach


Ursprung ähnlich RSB oder LSB
Bigeminus: abwechselnd normal, breit, normal, breit
Trigeminus: auf eine normale folgen zwei breite
Myokardinfarkt
ST-Hebung: bei Hyperkaliämie hohes T überall (Hypokaliämie flaches T und
evtl. U-Welle). Es gehen Zellen kaputt, also viel Kalium, die toten Zellen sind
positiv, also Vektor zeigt bei komplett erregtem Herzen auf tote Zellen. ST-
Strecke ist der Moment, in dem alle Zellen erregt sein sollten.
DD: Perikarditis (auch Untergang von Zellen)
Brustwandableitung: ST-Hebung mindestens 2 Mini-Kästchen
Extremitätenableitung: ST-Hebung mindestens 1 Mini-Kästchen
~ Inferiore Hinterwand (RCA): II, III, aVF eine ST-Hebung, in
gegenläufigen Vektoren eine ST-Senkung
~ Seitenwand: aVL, I, V5/6
~ Vorderwand (RIVA): V1-4
~ Posteriore Hinterwand (RCX): V1-2 Senkung (extra: V7-9 eine Hebung!)
~ die Ableitungen mit einer Hebung zeigen auf einen Infarkt
Rechts spielt im EKG kaum eine Rolle, da es in der Ableitung vom linken Herz untergeht
Akutes Stadium: ST-Hebung
Folgestadium: Rückbildung der ST-Hebung, zunehmende T-Negativierung, R-Verlust/ R-Reduktion, Q-
Zackenbildung
Chronisches Stadium/ Endstadium: pathologischer QRS

74
Reanimationsrhythmen
-> Elektrische Therapie: Puls- und Drucklose VT; Kammerflimmern
-> Keine elektrische Therapie: Asystolie; Pulslose Elektrische Aktivität (PEA)
Ventrikuläre Tachykardie
~ rhythmisch, schnell und breit!
~ es gibt druck- und pulslos, stabil und instabil
~ einzige DD: Schenkelblock mit supraventrikulärer Tachykardie
Kammerflimmern

~ keine Kammerkomplexe mehr abgrenzbar


~ Herz-Kreislauf-Stillstand

EKG II
Bradykarde Herzrhythmusstörung

AV-Blockierungen
~ AV-Block I: PQ-Zeit >200 ms, jede P-Welle wird von einem Kammerkomplex gefolgt
~ AV-Block II

 Typ Wenckebach: periodische Zunahme der PQ-Zeit


 Typ Mobitz: plötzlich und unerwartete Blockierung der Vorhofüberleitung und Ausfall von
Kammererregungen (Blockierung distaler gelegen, hohe Gefahr
des totalen AV-Blocks)
~ AV-Block III
 sekundäres Automatiezentrum
 tertiäres Automatiezentrum
 typ. Erstmanifestation: Adam-Stokes-Anfall (VH:120/min, Kammer
35/min)

75
AV-junktionaler Ersatzrhythmus
 ohne Vorhoferregung
 mit langsamer oder schneller retrograder Vorhoferregung
Tachykarde Herzrhymthmusstörung

ventrikuläre Tachykardien supraventrikuläre Tachykardien

~ Kardioversion: mit Kurznarkose und Sync-Taste! bei instabiler tachykarder HRST


Supraventrikuläre Tachykardien - arrhythmisch
~ Arrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern
 kreisende Erregungen im Bereich der Lungenvenen
u./o. der Vorhöfe
 Vorhoffrquenz >300/min
 Gefahr: Herzinsuff. durch schnelle Überleitung, Thrombenbildung
 Therapie: selbst limitierend, <48h medikamentös/Kardioversion, >48h Frequenzkontrolle (β-
Blocker)
~ Permanentes Vorhofflimmern
 Therapie: Antikoagulation, Katheterablation, AV-
Ablation, HSM
Supraventrikuläre Tachykardien - rhythmisch
~ Vorhofflattern
 kreisende Erregung um den Anulus der Trikuspidalklappe
 Vorhoffrequenz 240-340/min (HF 120-170/min)
~ Fokale atriale Tachykardie
 kreisende Erregung im Vorhof mit charakteristisch deformierten P-Wellen
 Therapie: Carotissinus-Massage, Valsalva, Adenosin, β-Blocker, Kardioversion
~ AV-Knoten-Reentry-Tachykardie und junktionale ektope Tachykardie
 kreisende Erregung innerhalb des AV-Knotens
durch Reentry
 Therapie: siehe fokale atriale Tachykardie

76
~ AV-Reentry-Tachykardien z.B. WPW-Syndrom
 zusätzliche AV-Leitung
 orthodrom und antidrom
 Therapie: siehe fokale atriale Tachykardie

Ventrikuläre Tachykardien – rhythmisch


~ Ventrikuläre Tachykardie
 kreisende Erregung im Ventrikel
 Therapie: symptomatisch (Defibrillation,
elektr. Kardioversion, Amiodaron) kausal
(Revaskularisierung, Ablation)
 ,,betende Mönche‘‘
Ventrikuläre Tachykardien – arrhythmisch
~ Torsades de pointes-Tachykardie
 Elektrolytentgleisung,
Antiarrhythmika, KHK, Herzinsuff., Hypoxämie, Long-QT-Syndrom
 Therapie: Ursachen absetzen, akut: 2g Mg2+ auch repetitiv
Schrittmacher-Nomenklatur
~ Stimulationsort: A/V/D Ort des Sensing: A/V/D Modus: T/I/D
~ A = atrial (Vorhof)
~ V = ventrikulär = (Ventrikel)
~ D = dual
~ T = triggernd
~ I = inhibierend

Toxikologie
Anamnese:
-> WER? (Alter, Geschlecht, Gewicht, Risikofaktoren) WOMIT? (Angaben zum Giftstoff) WIE? (Aufnahmeweg)
WANN? (Zeitpunkt der Einnahme) WIE VIEL? (Mengenangabe) WESHALB? (suizidal, irrtümlich, Sucht)
Paracetamol
~ Grenzdosis: ca. 6-10g oder ca. 150-200mg/kg KG
~ Rumack-Matthew-Nomogramm zur
Abschätzung des vermutlichen Schweregrads ab
Serumspiegel (8h): 100mg/l; keine Aussage über
klinischen Verlauf, nur bei einmaliger Dosis plus
Einnahmezeitpunkt bekannt

77
Therapie:
~ erst oberhalb der toxischen Dosis: Beginn der Therapie
~ Antidot: N-Acetylcystein (Fluimucil) (i.v.)
~ 150mg/kg KG initial Bolus; 50mg/kg KG über 4h; 100mg/kg KG für 20h
~ NW: allergische Reaktionen
Symptome der Intoxikation:
Stadium Zeit nach Symptome, Klinik
Einnahme
I 0,5-24h häufig symptomfreies Intervall, Übelkeit, Erbrechen
Leitsymptom: Oberbauchschmerzen
II 24-48h scheinbare Besserung der Symptome, Schmerzen im rechten oberen Quadranten
III 72-96h Maximum der Leberschädigung (Ikterus), Nierenversagen möglich
IV 4d-2w Besserung der Leberfunktion, meist keine Folgeschäden

Ethylenglykol (Frostschutzmittel)
~ Kombination aus metabolischer Azidose, Erhöhung der Anionenlücke, Erhöhung der Osmollücke
meistens toxische Alkohole (Ethylenglykol, MeOH)
~ Akkumulation von Oxalsäure (Abbauprodukt) und Kristallisation in Niere!
Symptome:
~ erste Wirkungen bereits nach 30 Minuten (z.B. Kopfschmerz, Schwindel, Coma, Rausch ohne foetor
alcoholicus, gastrointestinale Symptome (Bauchschmerz, Durchfall)
~ Symptomfreies Intervall von 4-12h möglich: Generation der toxischen Abbauprodukte durch
Metabolismus
~ Azidose-Symptome: Kussmaul’sche Atmung
~ Akutes reversibles Nierenversagen: Schädigung des proximalen Tubulus durch Glykolat sowie durch
Ausfallen von Oxalatkristallen
Therapie:
~ symptomatisch: Natriumbicarbonat
~ primäre Giftelimination: Magenspülung, Aktivkohle, Auslösen von Erbrechen
~ sekundäre Giftelimination: Hämodialyse, da geringes Verteilungsvolumen des Ethylengylcols, also ein
großer Anteil liegt im Blut vor
~ Antidot: Hemmung des Abbaus zu Oxalsäure durch Alkoholdehydrogenase (ADH); Fomezipol, Ethanol
 Ethanol geht schnell, geringe Kosten
 Bolus 0,6g/kg (5-10% alc.), Erhaltungsdosis 0,1 g/kg/h
 Ziel: Blut-Ethanolkonzentration 100-150mg/dl, also stündl. Bestimmung bis steady
state erreicht
 oral durchaus möglich bei bewusstseinsklaren Patienten (1,5ml/kg KG (40%))
 Fomezipol, nicht zentral wirksam, (relativ) hohe Kosten
 Bolus 15mg/kg
 Erhaltungsdosen; 10mg/kg, 4x alle 12h
 dann 15mg/kg alle 12h bis zur Normalisierung des Säure-Basen-Status
 Enzyminduktion durch Fomezipol: Steigerung des Abbaus, Dosisanpassung nötig
 HWZ von Ethylenglycol verdreifacht sich durch Fomezipol/Ethanol

78
~
~ Widmark-Formel
 Verteilungsvolumen: Männer: 0,68–0,7l/kg KG; Frauen/Jugendliche: 0,55–0,60l/kg KG;
Säuglinge/Kleinkinder: 0,75–0,80l/kg KG
 Alkohol spez. Gewicht: 0,8g/cm3

Antidepressiva
Symptome: zentrale, kardiale, anticholinerge (oft mit Latenzzeit)
Therapie: symptomatisch (Hämodialyse wenig effizient)

Humangenetik – Marfan-Syndrom
Zeichen

- Großwuchs: große gewachsen, Arme/Beine überproportional lang, lange & dünne Finger
(Arachnodaktylie)
- Thorax/Körperfehlbildung: Kielbrust (Pectus carinatum), Trichterbrust (Pectus excavatum), Skoliose
(>20°), Protrusio acetabuli, Plattfüße
- Faziale Auffälligkeiten: Dolichozephalie (Schädeldeformation), Enophthalmus, nach lateral hin abfallende
Lidachsen, maxilläre Hypoplasie, Retrogenie
- Weitere Kardinalsymptome
‫ ﻬ‬Aneurysma der Aortenwurzel oder Dissektion der A. asc.
‫ ﻬ‬Subluxation der Linse
- Murdoch-Zeichen
‫ ﻬ‬Bei Umfassen des Handgelenkes überdeckt der Daumen das Endglied des 5. Fingers
- Steinberg-Zeichen:
‫ ﻬ‬Beim Faustschluss das Endglied des eingeschlagenen Daumens vollständig aus der Faust
herausragen lassen

Ursache

- Mutation im Fibrillin-1-Gen (FBN-1) auf Chromosom 15q


‫ ﻬ‬Zu 70% eine Missense-Mutation (Möglich aber auch Deletion oder Nonsense-Mutation)
‫ ﻬ‬25% Neumutation
- Verminderte Produktion von Mikrofibrillen  gestörte Extrazellulärmatrix und gesteigerte Aktivität von
TGF-beta-Signaltransduktion

Vererbung

- Inzidenz: 1-2:10.000, M=F


- Autosomal-dominant mit 100%iger Penetranz

79
Palliativ
Palliativ Seminar 1
KRASSE Schema

 Zum Menschen
 Relevante Diagnosen und Verlauf
 Symptomlast auf 4 Ebenen
- Spirituell: katholisch/ evangelisch, andere Wünsche
- Sozial: Versorgung, häusliches Umfeld, Vorsorgevollmacht, DNR/ DNI
- Psychisch: Ängste, Verleumdung, Demoralisation (kein Lebensmut mehr)
- Physisch: Symptome
 Palliativstadium und Prognose

Symptombehandlung:
Atemnot
- Opiate Morphin s.c. 2,5 mg alle 4 h Beginn
- Handventilator erleichtert durch Luftzug
- offenes Fenster
- Aufstützung auf Rollator
- Physiotherapie
- psychoonkologische Maßnahme
- Ursachen wie Anämie, Hämoptysen, COPD, pulmonale Stauung etc. behandeln
O2 verschlechtert eher, da Schleimhäute austrocknen, Durst, Volumen, Einlagerungen auch in Lunge, mehr
Atemnot,
Glukokortikoide eher nicht, höchstens zum abschwellen
Angst:
- Benzos wie Tavor (Lorazepam) oder Dormicum (Midazolam), Antidepressiva, Neuroleptika
(Haloperidol: geringe Dosen: Übelkeit, hohe Dosen: Angst)
- Dignitytherapie (Lebensgeschichte aufschreiben), Kunsttherapie, Hundetherapie, psychische
Begleitung, Entspannungstraining, autogenes Training
 Situative Angst: zielgerichtet Furcht (OP, Chemo, Ersticken, vor Symptomen, vor Entstellen…)
 Psychiatrische Angst: Anpassungsstörung,
 Organische Angst: Hypoglykämien, Tumoren die Angst machen
 Existentielle Angst: nicht mehr am normalen Leben teilnehmen können

Wir werden es nie nachvollziehen können.


Übelkeit und Obstipation:
Magensonde möglichst umgehen, lieber PEG, medikamentöse Ruhigstellung des Darms (Octreotid/
Sandostatin), Movicol, Relistor (Antidot was Opiat-Obstipation aufhebt)
Schmerz:
- siehe Schmerztherapie Vorlesung
- Bedarfsmedikation unretardiert (schnell ankommend) ca. 1/6 – 1/10 der Tagesdosis, aber
Dosisreduktion um 30-50%
- Oral auf i.v. nur noch ein Drittel der Dosis
80
Phasen der Palliativphasen
Rehabilitationsphase: normales Leben, z.T. Arbeit/ Hobbys (Monate bis Jahre)
Frühe Terminalphase: Wochen bis Monate deutlich eingeschränkter, nicht bettlägerig
Späte Terminalphase: Tage bis Wochen, bettlägerig langsam, mehr zurückziehen, eigene Welt
Finalphase: Tage
Nach dem Tod: spirituelle Waschung mit Angehörigen, Kontakt mit Angehörigen

Betreuung in der Finalphase:


Definition: Anzeichen des Todeseintrittes, Rückzug, Atmung verändert (Pausen), Somnolenz, Haut- und
Gesichtsveränderungen, keine Flüssigkeit trinken wollen,
-> immer gucken ob noch was reversibel ist
 Häufig: Schmerz, Angst, Unruhe, Dyspnoe
 Spirituell
 Diagnostisch und therapeutisch kritisch
 Nur gegen Symptome medis
 Ernährung und Flüssigkeitsbedarf überprüfen

Notfälle in der Finalphase: Blutungen (grüne Tücher damit nicht so schlimmes Bild),Erstickungsgefahr
SAPV: spezialisierte, invasivere Eingriffe
AAPV: nicht ausgebildet, allgemeine Teams

Palliativ Seminar 2
Patientenzentrierte Kommunikation
‫ﻬ‬ Aktives Zuhören
‫ﻬ‬ Wahrnehmen von Emotionen
‫ﻬ‬ Eruieren, ob und wie der Patient über seine Situation informiert werden möchte
‫ﻬ‬ Eruieren individueller Belastungen, Problemlagen und Nöte
‫ﻬ‬ Kontinuierliche aktive Rückversicherungen, ob oder wie Botschaften „angekommen“ sind
‫ﻬ‬ Ermutigung zur aktiven Beteiligung an Entscheidungsprozessen
Spikes Modell
S – Setting (Gesprächsrahmen schaffen)
P – Perception (Kenntnisstand erfragen)
I – Invitation (Einladung an den Patienten aussprechen)
K – Knowledge (Wissensvermittlung)
E - Emotions (Emotionen ansprechen und mit Empathie reagieren)

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P - Palliative Versorgung und DNR Order besprechen
S – Summary
3 Gründe eine Verleumdung aufzulösen
 Lebensnotwendige Compliance wird verhindert (z.B. Medikamente nicht einnehmen)
 Wenn massive Kommunikationsprobleme in der Familien schädliche Konsequenzen hätte (z.B. wenn
Familie die Chance des Abschiednehmens genommen wird)
 Lösung wichtig sozialer Probleme wird verhindert (z.B. kein Testament vorliegt, es zu finanziellen
Notlagen in der Familie kommen kann)

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Klinische Ethik I
4 allgemeingültige Prinzipien (egal welche Konfession)
‫ﻬ‬ Fürsorge
‫ﻬ‬ Nicht-Schaden
‫ﻬ‬ Autonomie (Patientenwillen)
‫ﻬ‬ Gerechtigkeit (Vergabe knapper Ressourcen, wie Geld und Organe)
-> oft Konflikte zwischen einzelnen Punkten
-> juristisch ist Autonomie am wichtigsten, ethisch sind alle gleichwertig

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