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Tätigkeitsbericht 2014

01.04.2014 - 31.03.2015
„Keine Macht der Welt wird je
bewirken können, dass eine neue
künstliche Klassenordnung die
natürliche Verschiedenheit der
sozialen Gruppen aufhebt.“

Heinrich von Treitschke, Historiker

• Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Inhalt

Vorwort 4
Allgemeines 6
Ehrenamt im Kälteschutz 8
Praktikum bei Schiller 25 9
Sommerperiode 1. April 2014 – 31. Oktober 2014 10
Zielgruppe: obdachlose, nichtanspruchsberechtigte Familien mit Kindern
Klientenbestand 10
Tagesangebot für obdachlose,
nichtanspruchsberechtigte Familien mit Kindern 12
Haushalts-ID 27XX 14
Rekord-Hilfsaktion der Montessori-Schule Unterschleißheim 15
Zusammenhänge zwischen Tourismus als
Wirtschaftszweig und Wohnungslosigkeit 16
Herausforderung mit Happy End 17
Zielgruppe: obdachlose/wohnungslose Alleinstehende und Paare ohne Kinder
Klientenbestand 18
Streetwork – ganzjährige Aufgabe 19
Klientenbestand 19
Bettelnde KlientInnen 21
Nichts außergewöhnliches 22
Exkurs: Interkulturelle Öffnung 23
Tatsächlich willkommen 24
Der Mensch zählt! 24
Exkurs: Aus- und Zuwanderung 26
Winterperiode 1. November 2014 – 31. März 2015 27
Klientenbestand 27
Exkurs: Erfolgsgeschichte 28
Haushalte im Kälteschutz 30
Alleinstehende und Paare ohne Kinder 31
Einweisungen und Bettenbelegung 31
Klientenbezogene Episoden 32
Schau dir diese grauen Haare an 32
Die Geschichte des obdachlosen Mannes 33
Zusammenarbeit 34

Herausgeber und Redaktion:


Anton Auer, Bereichsleiter, aauer@hilfswerk-muenchen.de
Andreea Untaru, Einrichtungsleiterin, auntaru@hilfswerk-muenchen.de
Fotos:
Erol Gurian: Seiten 1, 25, 34; Christoph Rabas: Seiten 9, 19, 33, 36;
Cemil Inangil: Seite 32; Sorina Grigore: Seite 8;
Montessori-Schule Unterschleißheim: Seiten 14, 15;
Sonstige: Schiller 25-Team
Layout:
Nicole Üblacker Graphik (www.ueblacker-graphik.de)

• 3
Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,


um die politischen und wirtschaftli- schen Hilfswerks München, hat. In in München erörtert wurde; über
chen Auswirkungen der EU-Erweite- der tatsächlichen Arbeit der Migrati- 3.000 Hilfesuchende; über 66.000
rung zu analysieren, wurden und wer- onsberatung setzen wir uns tagtäg- genutzte Schlafplätze in der gesam-
den weiterhin spektakuläre Mengen lich mit den Konsequenzen dieses Ge- ten Kälteschutzperiode von Novem-
an Papier und Tinte verbraucht. Ver- samtbildes auseinander. ber 2014 einschließlich März 2015 –
schiedene Gesichtspunkte, Theorien dies sind die Stichpunkte unserer ge-
und Argumentationen rivalisieren in Trotz der zahlreichen Heraus- meinsamen Bilanz für das abge-
den Massenmedien. Es wird nicht nur forderungen, können wir erfreuli- schlossene Jahr. „Gemeinsam“, weil
über eine gemeinsame Sicherheits- cherweise jeden Tag über größere wir alle – Schulter an Schulter – an den
und Währungspolitik, über die oder kleinere Erfolgserlebnisse be- schwierigeren Momenten buchstäb-
EU-Verfassung oder über den zollfrei- richten: In dem ausgewerteten Zeit- lich gewachsen sind: die Landes-
en Transport der Waren berichtet. raum ist unsere Einrichtung gewach- hauptstadt München, das Evangeli-
sen; die Null-Grad-Regelung wurde sche Hilfswerk, das Schiller-Team und
Auch Begriffe wie Freizügigkeit, aufgehoben, so dass wir die in diesem alle Kooperationspartner und Spen-
Integration, Armutszuwanderung oder Jahr höhere Anzahl an nichtan- der – und natürlich auch die Schil-
Sozialtourismus machen aktuell spruchsberechtigten Obdachlosen/ ler-Klientel. An dieser Stelle ein herz-
Schlagzeilen. Somit entsteht ein Ge- Wohnungslosen kontinuierlich – un- liches Dankeschön an alle!
samtbild, das eine konkrete Auswir- abhängig von der Wetterlage – wäh-
kung auf jeden einzelnen Bürger der rend der Wintermonate nachtsüber in
Europäischen Union und natürlich der Bayernkaserne unterbringen
auch auf die Zielgruppe von Schiller konnten; über 2.500 Beratungsmaß-
25 – Migrationsberatung Wohnungs- nahmen, in denen die Frage nach der Andreea Untaru,
loser, der Einrichtung des Evangeli- jeweiligen persönlichen Perspektive Einrichtungsleitung

• 4 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Wohnungsnot, überteuerte Mieten,
Mietpreisbremse, wildes Campieren,
Flüchtlingsproblematik...
Das sind nur ein paar Schlagworte, die in München in aller Munde sind.
Ja, in München leben Menschen auf der Straße!

L uxuskarossen und Männer im ed-


len Zwirn fahren an obdachlosen
Menschen vorbei, Menschen, die an
rend der kalten Nächte in provisori-
schen Unterkünften Schutz fanden
und niemand erfrieren musste.
Soll neben dem bestehenden
System der Wohnungslosenhilfe für
anspruchsberechtigte Menschen ein
vielen Tagen nicht wissen, wie sie satt weiteres seine Berechtigung finden?
werden sollen. Arm und Reich liegen Aus diesem Winter hatten alle
in unserer Stadt sehr nah beieinander gelernt. Der Stadtrat entschied, dass Soll die Landeshauptstadt so
und diese Schere scheint immer wei- es für EU-Bürger und alle sonstigen viel Geld für Migranten ausgeben?
ter auseinander zu klaffen. nichtanspruchsberechtigten Men-
schen in München Kälteschutzräume Kommen immer mehr Men-
Während es schon lange ein geben soll und die Stadtverwaltung schen nach München, wenn die Stadt
sehr differenziertes System der Woh- eröffnete im November 2012 das erste Unterkünfte und somit Anreize
nungslosenhilfe gibt, in dem an- Mal das Kälteschutzprojekt in der schafft?
spruchsberechtigte Münchner Bür- Bayernkaserne mit ca. 200 Betten.
ger, die kein Obdach haben mit Wohn- Das Evangelische Hilfswerk sorgte Trotz der sehr kontroversen
raum versorgt werden, war das Prob- erstmals für die Betriebsführung und Diskussionen hat die Landeshaupt-
lem der Armutszuwanderung neu. Im die soziale Betreuung der Menschen. stadt gehandelt:
Winter 2011/2012 zeigte sich, dass im- Nach dem ersten Winter war klar, dass
mer mehr Menschen, hauptsächlich die bestehenden Plätze für den nächs- Im Vergleich zu anderen bun-
aus EU-Ländern, nach München ka- ten Winter nicht ausreichen werden. desdeutschen Städten wurden nicht
men, um der Armut und Obdachlosig- die bestehenden Obdachlosen-Unter-
keit in den Herkunftsländern zu ent- Deshalb wurde ein Haus in der künfte für den Kälteschutz genutzt.
fliehen. Die wenigsten von ihnen hat- ehemaligen Bayernkaserne renoviert So wurde nicht, wie z. B. in Berlin oder
ten Anspruch auf eine Unterbringung und für den Kälteschutz 2013/2014 ca. Hamburg, eine Rivalität zwischen An-
oder auf Sozialleistungen und über- 300 Plätze sowie das Beratungszent- spruchsberechtigten und Nichtan-
nachteten auch bei Minus 20 Grad auf rum Schiller 25 geschaffen. Die Ent- spruchsberechtigten erzeugt. Nicht,
der Straße. Eine Notunterkunft für wicklung ging weiter und so waren es wer zuerst kommt, erhält einen
diese Menschen existierte nicht, aber im vergangenen Winter schon 500 Schlafplatz, sondern jeder Mensch be-
es gab die Streetwork der Teestube Plätze. Wieder wurde es knapp, so kommt ein Bett und niemand muss,
beim Evangelischen Hilfswerk und dass von der Stadtverwaltung für die zumindest im Winter, unfreiwillig
viele andere freie Träger der Woh- kommende Saison bereits ca. 850 draußen schlafen. München ist hier
nungslosenhilfe, die in enger Zusam- Plätze geplant werden. bundesweit Vorreiter und nimmt sei-
menarbeit mit dem Amt für Wohnen ne Willkommenskultur ernst, sowohl
und Migration dafür sorgten, dass die Das System „Kälteschutz“ hat in bei den Menschen im edlen Zwirn als
bis dahin noch ca. 50 Menschen wäh- München auch im System der Woh- auch bei den Menschen, die um ihr
nungslosenhilfe für Diskussion ge- Überleben kämpfen.
sorgt:

Anton Auer
Bereichsleiter

• 5
Allgemeines

S chiller 25 – Migrationsberatung
Wohnungsloser betreut das Kälte-
schutzprogramm der Landeshaupt-
Straße erfrieren“ rief das Sozialreferat
bereits 2012 das Kälteschutzpro-
gramm ins Leben. Hauptsächlich
Obdachlose/Wohnungslose während
des gesamten Winters den Kälte-
schutz in Anspruch nehmen konnten
stadt München und berät obdachlo- richtet sich das Angebot an nichtan- – unabhängig von der Temperatur.
se/wohnungslose, nichtanspruchsbe- spruchsberechtigte EU-Migrantinnen Dementsprechend gab es in der aus-
rechtigte EU-Staatsangehörige. und Migranten. gewerteten Kälteschutzperiode
2014/2015 insgesamt 156 Kälteschutz-
Gesetzliche Grundlagen Seit November 2013 ist Schiller nächte.
Die Beratung für EU-MigrantInnen, 25 die zentrale Einweisungsstelle in
die keinen Anspruch auf Sozialleis- den Kälteschutz. Zwischen 1. Novem- Aufsuchende soziale Arbeit
tungen haben, ist eine freiwillige Leis- ber und 31. März ist die Einrichtung (Streetwork)
tung der Landeshauptstadt München. sieben Tage die Woche geöffnet, um Außerhalb der Kälteschutzperiode
Die Beratung von anspruchsberech- Kälteschutzeinweisungen auszustel- lebt ein großer Teil unserer Zielgrup-
tigten Personen ist in den §§ 67 ff. SGB len und den Hilfesuchenden Bera- pe auf der Straße. Um diese Menschen
XII geregelt. Die gesetzliche Grundla- tung anzubieten. zu erreichen und die jeweiligen Grup-
ge für Maßnahmen zum Kälteschutz pen in ihrem unmittelbaren Lebens-
ist im § 57 der Gemeindeordnung in Alle Menschen, die in den Win- umfeld aufzusuchen, führen wir
Verbindung mit den Artikeln 6 ff. des termonaten in München obdachlos/ Streetwork-Begehungen im Stadtbe-
Landesstraf- und Verordnungsgeset- wohnungslos sind, können in den Käl- reich durch. In den sogenannten „wil-
zes (LStVG) festgelegt. Weitere gesetz- teschutzräumen der Bayernkaserne den Camps“, über die wir regelmäßig
liche Grundlagen sind die Stadtrats- während der Nächte untergebracht von der Landeshauptstadt München
beschlüsse von November 2012, Sep- werden. Diese Menschen sollen Zu- informiert werden, achten wir in ers-
tember 2013, Oktober 2014 sowie der gang zu sozialer Beratung haben und ter Linie auf den gesundheitlichen
Beschluss des Kinder- und Jugendaus- über die Hilfsangebote in München Zustand der obdachlosen Menschen.
schusses vom Juni 2014. informiert werden. Des Weiteren bieten wir mobile Bera-
tungen an, um die Zielgruppe an die
Finanzierung Betrieb der Kälteschutzräume Beratung in unserer Dienststelle an-
Der gesamte Kälteschutz sowie die da- Bereits in der Kälteschutzperiode zubinden. Im Winter liegt der Fokus
mit verbundene Beratungsarbeit und 2012/2013 wurde das Evangelische unserer aufsuchenden Sozialarbeit
aufsuchende Sozialarbeit werden Hilfswerk mit der Betriebsführung darin, orientierungslose Personen in
vom Sozialreferat der Landeshaupt- des Kälteschutzes beauftragt. Da sich die Schutzräume zu bringen, um eine
stadt München bezuschusst. Das Ta- die Verknüpfung von Betriebsfüh- eventuelle Selbstgefährdung zu ver-
gesangebot für obdachlose, nichtan- rung und sozialer Beratung als erfolg- meiden.
spruchsberechtigte Frauen mit Kin- reich erwies, erhielt Schiller 25 vom
dern sowie die spezifische Betreuung Stadtrat im Oktober erneut den Auf- Obdachlose, nichtanspruchsbe-
dieser Zielgruppe werden vom Ju- trag, die Betriebsführung der Kälte- rechtigte Familien mit Kindern
gendamt bezuschusst. Im November schutzräume im Haus 12 der ehemali- Bereits Ende 2013 konnten wir fest-
2014 ist aus dieser Finanzierung „Fa- gen Bayernkaserne zu übernehmen. stellen, dass immer mehr Familien
mAra – Migrationsberatung woh- Unsere Kolleginnen und Kollegen wa- mit Kindern nach München kommen,
nungsloser Familien“, eine neue Ein- ren waren während der Kälteschutz- bei denen ein hoher Betreuungs- und
richtung des Evangelischen Hilfs- periode sieben Tage die Woche bis Beratungsbedarf vorliegt. Durch den
werks, entstanden. mindestens 22 Uhr dort präsent. Um Beschluss des Kinder- und Jugendaus-
dies leisten zu können, wurden unse- schusses im Jahr 2014 wurden zwei
Kälteschutz re personellen Kapazitäten um drei Stellen für sozialpädagogische Bera-
Ausgangspunkt des Kälteschutzes ist weitere sozialpädagogische Fachkräf- tung durch das Jugendamt geneh-
die Verpflichtung der Landeshaupt- te erweitert. migt, um obdachlose, nichtan-
stadt München, den Menschen, die spruchsberechtigte Familien mit Kin-
sich im Stadtgebiet aufhalten, Schutz Null-Grad-Grenze dern, die sich in München aufhalten,
vor lebensbedrohlichen Umständen Aus humanitären Gründen hob der zu betreuen und auf das Wohl der
zu gewähren. Unter dem Stichwort Stadtrat im Oktober 2014 die bisheri- Kinder zu achten. Außerdem wurde
„Niemand darf in München auf der ge Null-Grad-Regelung auf, so dass ein Tagesangebot für diese Zielgruppe

• 6 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Kommunikation und Vernetzung
mit der Münchner Wohnungslo-
senhilfe und den Migrationsdiens-
ten, u. a. von Caritas, Arbeiterwohl-
fahrt, Deutschem Gewerkschafts-
bund und open.med, Öffentlich-
keitsarbeit bzgl. der Thematik „Zu-
Hauptamtliches Team (v. links): Cemil Inangil, Arnold Tolnai, Franziska Liegl, Sorina wanderung/Kälteschutz“,
Grigore, Tsvetomira Petrova, Anton Auer (Bereichsleitung EHW), Selda Kalkan, Andreea > Mitarbeit in allen fachlich relevan-
Untaru, Mariana Doncheva, Claudia Frei, Adriana Mihaita, Florentina Ion, Gerhard
ten Gremien.
Hintermeier, Werner Müller

Entwicklung der Einrichtung und


ins Leben gerufen. Dieses startete im > Streetwork für „wilde“ Camper, aktuelles Team
Januar 2014. Im Rahmen der Tagesbe- > Information und Beratung über Auf Grund der Ausweitung der
treuung bestand sowohl für die Kin- Perspektiven/Perspektivlosigkeit EU-Migration ist in der Kälteschutz-
der als auch deren Eltern die Möglich- in München im Bezug auf Arbeit, periode 2014/2015 im Vergleich zur
keit, Deutsch zu lernen. Kindern und Wohnen und Ansprüche auf Sozial- Kälteschutzperiode des Vorjahres die
Jugendlichen wurde der Zugang zu leistungen, Anzahl der Klientel um 36% gestie-
Bildungseinrichtungen wie Kinderta- > umfassende Beratung über das so- gen. Die Streetwork-Aufträge haben
gesstätten und Schulen ermöglicht. ziale Hilfesystem in München, sich im Vergleich zum Vorjahr ver-
Auf die Einhaltung der Schulpflicht > umfassende Beratung in allen ar- doppelt. Demzufolge und auf Grund
wurde streng geachtet. Die Beratungs- beits-, sozial- und gesundheits- der neuen Aufgaben (Betrieb der Käl-
arbeit wurde durch Streetwork er- rechtlichen Belangen, teschutzräume) wurde die Personal-
gänzt. Dieser Ansatz war die Voraus- > Informationen über alternative Un- besetzung der Einrichtung durch den
setzung dafür, dass die Kinder und terkünfte, wie z. B. Arbeiterwohn- Stadtratsbeschluss vom Oktober 2014
Jugendlichen und deren Familienan- heime und ggf. die Vermittlung in von 4,5 auf 8 Stellen erweitert. Das so-
gehörige überhaupt erreicht werden diese, zialpädagogische Team wird von zwei
konnten. Unser Team fokussierte sich > Vermittlung zu geeigneten und Teilzeit-Verwaltungskräften und zwei
stets auf die altersgerechte Entwick- fachspezifischen Beratungsstellen, Mitarbeitern im haustechnischen
lung der Kinder. Mit den Eltern/El- die den aktuellen Beratungsprozess Dienst unterstützt.
ternteilen wurde besprochen, wie sie ergänzen,
ihre Kinder selbst unterstützen kön- > Entwicklung positiver und realisti- Das aktuelle Team deckt neun
nen und welche Angebote sie dazu scher Lebensperspektiven, Fremdsprachen ab (Rumänisch, Bul-
nutzen können. > Rückkehrberatung und Rückkehr- garisch, Türkisch, Ungarisch, Serbo-
hilfen in die Heimatländer, kroatisch, Italienisch, Spanisch, Fran-
Am 1. November 2014 wurde > Entwickeln von Unterstützungs- zösisch, Englisch). In der Winterperio-
die neue Einrichtung des Evangeli- möglichkeiten in den Herkunfts- de wird das hauptamtliche Schil-
schen Hilfswerks „FamAra – Migrati- ländern der Zielgruppe; wenn mög- ler-Team von ehrenamtlichen Mitar-
onsberatung wohnungsloser Famili- lich Aufbau eines Hilfenetzwerkes beitern unterstützt. Im Zeitraum No-
en“ eröffnet. Die oben beschriebenen im Ausland (gemeinsam mit der vember 2014 – März 2015 waren in der
Aufgaben werden nun von unseren Landeshauptstadt München und Schiller 25 insgesamt 28 ehrenamtli-
Kolleginnen, mit denen wir sehr eng anderen Kommunen), che Kolleginnen und Kollegen sowie
zusammenarbeiten, weitergeführt. > konzeptionelle Weiterentwicklung zwei Praktikantinnen tätig, die bei
und Evaluation des Dienstes in Zu- den Einweisungen in die Kälteschutz-
Schwerpunkte der Arbeit in sammenarbeit mit der Landes- räume unterstützten, so dass wir mit
Schiller 25– ganzjährig: hauptstadt München, unseren Hilfesuchenden in insge-
> aufsuchende Kontaktanbahnung > Zusammenarbeit mit der Landes- samt 15 Fremdsprachen kommunizie-
und Clearing, hauptstadt München und enge ren konnten.

• 7
Ehrenamt im Kälteschutz

I ch hatte die Möglichkeit,


im diesjährigen Kälte-
schutzprogramm der Landes-
Straße angesprochen und auch
häufig mit einem Lächeln be-
grüßt. Dies zeigte mir, dass
hauptstadt München als ehren- dieses Programm in die rich-
amtliche Mitarbeiterin tätig tige Richtung geht und die
zu sein. Menschen, die auf der unters-
ten Stufe der Gesellschaft
In einem Informationsge- stehen, nicht vergisst.
spräch wurden wir Ehrenamtli-
chen auf unsere Tätigkeit um- Auch konnte ich im Verlauf
fassend vorbereitet. der Monate viele positive
Entwicklungen bei einigen
Ich war sehr gespannt, da Klienten mitverfolgen. Ein
die Landeshauptstadt München paar haben zwischenzeitlich
mit die einzige Stadt in einen festen Job und eine Un-
Deutschland ist, die so ein terkunft gefunden. Und das
Programm für Obdachlose an- freut mich persönlich sehr
bietet. Ich persönlich finde und macht mich mächtig stolz,
dieses Programm klasse, da dass ich, wenn auch nur einen
Menschen, die sonst auf der kleinen Anteil, daran habe
Straße erfrieren würden, die durfte.
Möglichkeit erhalten im War-
men zu übernachten. Die Kli- Zudem möchte ich die Zusam-
entel, die uns aufsuchte, war menarbeit und den Zusammen-
sehr international. Viele Ob- Abschiedsessen zu Ende des Kälte- halt zwischen uns ehrenamtli-
dachlose nutzten dieses Pro- schutzes: ehrenamtliches und hauptamt- chen und den hauptamtlichen
liches Team, April 2015
gramm und waren sehr froh, MitarbeiterInnen besonders
dass es so etwas überhaupt hervorheben, da diese uns in
gibt. Denn es ist nicht immer Viele Obdachlose waren auch jeder Minute unserer Tätig-
selbstverständlich, dass Ob- sehr froh und dankbar über ein keit mit Rat und Tat zur Seite
dachlose mit einer gewissen aufmunterndes Lächeln sowie standen.
Menschenwürde behandelt wer- kurze Gespräche, da sie die-
den. Daher freuten sich vie- ses im normalen Leben nicht so Zusammenfassend kann ich
le, dass in unserem Büro im- häufig spüren und erleben und sagen, dass diese Zeit eine
mer eine helfende Hand vor- oftmals fast wie ‚Aussätzige‘ Erfahrung für mich war, die
handen war, sei es für ein behandelt werden. Viele be- ich nicht mehr missen möchte.
warmes Bett oder andere klei- dankten sich dafür, dass sie Und ich hoffe, dass es dieses
ne Probleme des Alltags sowie bei uns als Mensch zählen. Programm auch in den nächsten
ärztliche Versorgung oder Oftmals wurde ich persönlich Jahren geben wird. Dana Hoyk
Verpflegung. von unseren Klienten auf der

•8 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Praktikum bei Schiller 25

Doch was passiert mit all Formularen, bei Problemen mit


denjenigen, die dann wirklich dem deutschen Behördensystem
– allein oder mit der gesamten oder, wenn jemand mal eine
Familie - die Heimat verlas- viel zu dünne Jacke oder
sen? So unterschiedlich die längst zerschlissene Schuhe
Menschen sind, die sich auf hat. Besonders eindrucksvoll
den Weg machen, so unter- war für mich der Besuch in der
schiedlich sind natürlich Bayernkaserne, zu sehen, wo
auch deren Geschichten. Einen all die Menschen, die mir
kurzen Blick auf einen klei- tagsüber im Büro begegneten,
nen Teil dieser Geschichten die Nächte verbringen. Mit
konnte ich bei meinem zweiwö- ca. 8-10 weiteren Menschen
chigen Erkundungspraktikum in teilen sie sich dort ein Zim-
der Einrichtung Schiller 25 mer für die Nacht. Niemand
im November 2014 werfen. Ich spricht von „seinem Bett“, da
begegnete dabei Menschen aus jede Nacht die Zimmer neu ver-
den verschiedensten Ländern. teilt werden.
Viele von ihnen kamen aus Ru-
mänien, Bulgarien, andere Ich hatte auch die Möglich-

M ein Name ist Maria Baum-


gartner. Ich komme ur-
sprünglich aus der Nähe von
wiederum aus
Drittländern.
Ungarn oder keit, an einem Abend bei der
Streetwork dabei zu sein, bei
der die Klienten gezielt auf
München und studiere zurzeit Dabei lernte ich Schiller der Straße aufgesucht werden,
Soziale Arbeit in Dresden. 25 als eine Einrichtung ken- das Angebot von Schiller 25
Bevor ich jedoch mein Studium nen, die sich um die spezifi- bekannt gemacht und Hilfe an-
begann, war ich ein Jahr lang schen Belange wohnungsloser geboten wird. Am meisten blie-
im Freiwilligendienst in Ru- Migranten kümmert, von denen ben mir jedoch die Gespräche
mänien und arbeitete dort in viele versuchen, ohne Arbeit mit den Klienten in Erinne-
verschiedenen sozialen Pro- und Wohnung und zudem mit ge- rung, wenn sie mir einfach von
jekten mit. Dabei bekam ich ringen Sprachkenntnissen in ihrem Leben – hier oder dort
einen Eindruck vom Leben der der Fremde Fuß zu fassen. In - erzählt haben…
Menschen vor Ort, das zum Teil allererster Linie besteht die
doch ganz anders ist, als ich Hilfe darin, den Betroffenen Ich danke dem ganzen Team
es aus meiner deutschen Sicht durch die Kälteschutzeinwei- für die Liebenswürdigkeit,
gewohnt war. Und leider be- sungen in den Wintermonaten die sie mir entgegengebracht
gegneten mir immer wieder einen warmen und trockenen haben, für die Möglichkeit,
Menschen, die mir von ihrer Schlafplatz in einem richti- ihnen bei der alltäglichen
Perspektivlosigkeit in der gen Bett zu vermitteln. Frauen Arbeit zusehen zu dürfen, und
Heimat berichteten und die mit Kindern bekamen diese Hil- dafür, dass sie all meine Fra-
sich und ihre Familien nicht feleistung sogar ganzjährig. gen mit so viel Geduld beant-
ausreichend versorgen können, wortet haben. Ihr habt meinen
da die Löhne zu gering und die Darüber hinaus gibt es ein höchsten Respekt dafür, dass
Mieten viel zu hoch sind. Und Beratungsangebot, bei dem die ihr euch trotz der zeitweise
viele sprachen davon, sich Sozialarbeiter versuchen, bei herrschenden Hektik so viel
nach Westeuropa aufzumachen, all jenen Problemen zu unter- Zeit für jeden Einzelnen nehmt
um dort Arbeit zu suchen, um stützen, mit denen sich die und jedem Menschen nicht nur
einen Lohn zu bekommen, von Klienten zusätzlich konfron- mit Respekt begegnet, sondern
dem sie besser leben können. tiert sehen. Dies beginnt ihm auch zeigt, dass er wich-
beispielsweise bei der Über- tig ist. Maria Baumgartner
setzung von Briefen der Kran-
kenkasse, dem Ausfüllen von

• 9
Sommerperiode 1. April 2014 – 31. Oktober 2014
Zielgruppe: obdachlose, nichtanspruchsberechtigte Familien mit Kindern

Klientenbestand Anzahl der Familien mit Kindern Alter der Kinder


Zahlreiche Familien aus den soge- in der Beratung Mit 43 Kindern war der größte Anteil
nannten Krisenländern der EU kom- Im ausgewerteten Berichtszeitraum unter 6 Jahre alt. 30 Kinder waren zwi-
men mit ihren Kindern nach Mün- konnten wir 132 Haushalte mit Kin- schen 6–9 Jahre alt. Weitere 22 Kinder
chen, da sie Arbeit und Wohnung im dern in der Beratung dokumentieren. waren im Schulalter und zwischen
Heimatland verloren haben. Oft ha- Bei 102 von ihnen fand der erste Kon- 10–13 Jahre und 22 Kinder waren zwi-
ben die Väter keine Möglichkeit, ihre takt nach dem 1. April statt. Die restli- schen 14–18 Jahre alt.
Familien im Ursprungsland unterzu- chen 30 Haushalte befanden sich be-
bringen und nehmen sie deshalb mit. reits in der vergangenen Kälteschutz- Vergleich: Nationalitäten und
Einige Familien haben ihre Heimat periode in unserer Beratung. Aufenthaltsland vor München
schon vor längerer Zeit verlassen und Der Aufenthaltsort der Familien vor
bereits mehrere Jahre in einem ande- Die 102 neuen Familien hatten der Einreise nach München war nicht
ren EU-Land gelebt. Aufgrund der insgesamt 117 Kinder. Schwanger wa- immer das Heimatland. Bei der unten
schwierigen wirtschaftlichen Lage se- ren 25 Frauen; 10 davon haben in der stehenden Auswertung wird deutlich,
hen sie sich nun gezwungen, bessere Sommerperiode entbunden, was eine dass es sich um eine Zuwanderung in-
Perspektiven in einem neuen EU-Land sehr intensive Betreuung und Unter- nerhalb der EU handelt.
zu suchen. In diesen Fällen haben die stützung durch das sozialpädagogi-
Mütter oft eine andere Staatsangehö- sche Team erforderte, da die Frauen Mehrere Familien afrikani-
rigkeit als die Kinder. All diese Famili- nicht krankenversichert waren. scher Herkunft (besonders aus Nige-
en haben einen sehr niedrigen Le- ria, aber auch aus dem Senegal und
bensstandard, finden keinen Zugang Staatsangehörigkeit der Kinder Ägypten) kamen aus Italien. Diese Fa-
zum Arbeitsmarkt und können sich Die Mehrheit der Kinder der neuen milien hatten über Jahre hinweg ihren
keine Unterkunft leisten. Trotzdem Familien hatte rumänische oder bul- Lebensmittelpunkt dort (in drei Fällen
müssen sie die ganz elementaren Be- garische Staatsangehörigkeit. 19 Kin- aber auch in Spanien bzw. in zwei Fäl-
dürfnisse ihrer Kinder erfüllen, wie z. der hatten die italienische Staatsan- len in Frankreich). Die Kinder dieser
B. eine gute Ernährung, Kita-Plätze, gehörigkeit und 9 Kinder die deut- Familien sind in diesen Ländern gebo-
Betreuung und Deutschkurse. sche Staatsangehörigkeit.

Andere Länder
Rumänien zw. 14-18 Jahre
Frankreich 3% 13% 25% 19% zw. 0-5 Jahre
Nigeria 4%
Spanien 4% 37%
Ungarn 5% zw. 10-13 Jahre
19%
Deutschland
8% Bulgarien
22%
Italien zw. 6-9 Jahre
16% 25%

Staatsangehörigkeit der Kinder Alter der Kinder

• 10 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


ren und erhielten nach mehreren Jah-
ren die Staatsangehörigkeit des jewei-
ligen Landes. Die Mütter bzw. die El-
tern verfügten über einen Dauerauf-
enthaltstitel in der EU, was ihnen das
Recht auf Freizügigkeit (allerdings
nicht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit)
gab. Bei diesen Familien war es in der
Beratung sehr wichtig zu klären, unter
welchen Voraussetzungen eine Ar-
beitserlaubnis erteilt werden kann.
Falls innerhalb von drei Monaten kein
Arbeitsvertrag vorlag, waren diese Fa-
milien ausreisepflichtig.

Drei Familien aus Rumänien


und vier Familien aus Bulgarien hiel-
ten sich vor München in anderen
deutschen Städten auf, so dass keine
Anspruchsberechtigung für eine
Übernahme in das Regelsystem der
Wohnungslosenhilfe vorlag. Am Ende
der Sommerperiode befanden sich 36
Haushalte mit insgesamt 61 Kindern
in Notunterbringungen nach erwei-
tertem SGB VIII. Diese Haushalte wur-
den in den Kälteschutz übernommen.

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14

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6
4
3 3
2
0 0

• 11
Sommerperiode 1. April 2014 – 31. Oktober 2014
Zielgruppe: obdachlose, nichtanspruchsberechtigte Familien mit Kindern

Tagesangebot für obdachlose, nichtanspruchs-


berechtigte Familien mit Kindern
Hintergrund tigten, obdachlosen Familien mit Kin- Öffnung des Tagesangebots
Ende März 2014 waren insgesamt 19 dern getroffen werden mussten. Aufgrund der Dringlichkeit kam das
Haushalte mit Kindern (darunter vier Jugendamt sehr rasch zu einem Er-
werdende Mütter) in Pensionen im Diskussionen zwischen Jugend- gebnis. Das Evangelische Hilfswerk
Rahmen des Kälteschutzes unterge- hilfe, Trägern und Migrationsdiens- wurde mit dem Aufbau eines Bera-
bracht. Es handelte sich um Familien, ten zeigten bereits Ende 2013, dass für tungs- und Unterstützungsangebots
die nach München gekommen waren, diese Zielgruppe ein spezielles Ange- beauftragt. Zielgruppe sind die Fami-
um für sich und ihre Kinder eine bes- bot installiert werden muss. lien mit Kindern, zu deren Unterbrin-
sere Lebensperspektive zu finden. Die gung die Landeshauptstadt nicht ver-
bisherigen Erfahrungen unserer Bera- Beschluss des Kinder- und Jugend- pflichtet ist.
tungsstelle zeigen, dass die Familien ausschusses, Juni 2014:
selten die Möglichkeit der kurzfristi- Die Vermeidung von Benachteiligung, Das Ziel des Projektes ist es, eine
gen Rückkehr in ihr Herkunftsland in das Recht auf Gleichheit, Schutz, elter- Struktur sowie altersgerechte Anre-
Betracht ziehen. liche Fürsorge, auf Bildung sowie gungen für die Kinder zur Verfügung

Durch die intensive Betreuung


gelang es dem Familienvater
aus Rumänien eine Arbeit zu
finden. Seine Kinder besuchen
den Kindergarten.

Bei den 19 Familien wurde in je- Schutz vor Gewalt und Ausbeutung zu stellen, um neue Perspektiven zu
dem Einzelfall vom Wohnungsamt sind für das Jugendamt in allen seinen entwickeln. Das Tagesangebot starte-
überprüft, ob eine Unterbringung im Überlegungen, Maßnahmen und te im Januar 2014.
Regelsystem in Frage kommt. Dies traf Schritten handlungsleitend. Kinder
bei neun Familien zu; für die restlichen und Jugendliche auf der Flucht und/ Im ausgewerteten Zeitraum
zehn Haushalte mit Kindern gab es oder in Armut haben ihre Situation wurden im Tagesangebot pro Woche
nach Beendigung des Kälteschutzpro- nicht zu verantworten und müssen da- durchschnittlich 15 Haushalte mit
gramms nur die Alternative der Ob- her in der Wahrnehmung ihrer Rechte Kindern betreut. Pro Tag waren zwi-
dachlosigkeit. Nicht nur für das Evan- unterstützt und gestärkt werden.(…). schen 5–10 Familien anwesend. Insge-
gelische Hilfswerk, sondern auch für Unabhängig von der Jahreszeit ist je- samt wurde das Tagesangebot von
das Jugendamt war deutlich, dass be- doch sicher zu stellen, dass u.a. das mehr als 60 Familien in Anspruch ge-
sondere Maßnahmen für die in Mün- Kinderrecht auf angemessene Lebens- nommen.
chen lebenden nichtanspruchsberech- bedingungen gewährleistet ist.

• 12 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Schwerpunkte der sozialpädagogi- ung konnten unsere Kolleginnen die folgte umgehend eine Meldung an das
schen Arbeit im Tagesangebot und Themen Unterbringung, Kinder- Stadtjugendamt/Sozialbürgerhaus.
in Schiller 25 schutz, Bildung, Gesundheit, Perspek-
Die Familien wurden teilweise über tiven in München, Sozialsystem mit Gemeinsam mit den Mitarbei-
die aufsuchende Sozialarbeit auf der jeder einzelnen Mutter – sehr oft sogar tenden des Jugendamtes konnte so in
Straße erstmalig erreicht. So waren in der Muttersprache – intensiv be- 14 Fällen Kindeswohlgefährdung ver-
das Aufsuchen von Plätzen, an denen sprechen und bearbeiten. mieden und entsprechende Hilfe ein-
wild campiert wurde, sowie der Kon- geleitet werden.
taktaufbau zu bettelnden Kindern Die Eltern wurden bei der Suche
und deren Familien die vorrangige nach einem Kindergartenplatz unter- Kooperationspartner
Aufgabe von Schiller 25. Ziel war es, stützt und die neu eingeschulten Kin- Es fanden enge Kooperationen/Ge-
die Familien zu motivieren, das Bera- der wurden am ersten Schultag durch spräche mit weiteren Einrichtungen
tungs- und Betreuungsangebot von unsere Kolleginnen in die Ü-Klassen und Institutionen statt, u. a. der Mal-
Schiller 25 anzunehmen. Zudem wur- begleitet. Die Eltern wiederum konn- teser Migranten Medizin, OpenMed,
den auch Familien in prekären Wohn- ten die Zeit nutzen, sich kurzzeitig zu Karla 51, Bahnhofsmission sowie wei-
verhältnissen von der Bahnhofsmissi- entspannen, sich untereinander aus- teren Migrationsdiensten. Auch wur-
on an uns vermittelt. zutauschen bzw. zu erfahren, wo sie den Kontakte zu Einrichtungen in den
mit ihren Kindern den Tag sinnvoll Heimatländern hergestellt, um be-
Das Tagesangebot öffnete sieben verbringen können. troffenen Familien Rückkehrperspek-
Tage die Woche zwischen 10–16 Uhr tiven aufzeigen zu können.

Unterbringung nach erweiterten


§19 SGB VIII in Zusammenarbeit
mit dem Jugendamt
Um Kinder und ihre Familien im ein-
zelnen Notfall nachts zu versorgen,
brachte das Stadtjugendamt zusam-
men mit Schiller 25 Mütter/Väter mit
Kindern im Rahmen des erweiterten §
19 SGB VIII unter.

Von insgesamt 132 Haushalten


mit Kindern wurden 65 Mütter mit
Kindern untergebracht. Diese ob-
dachlosen Familien nahmen auch das
Tagesangebot in der Bayernkaserne in
Anspruch. Die Unterbringung fand in
und konnte den Familien einen not- Eine große Herausforderung bei privaten Beherbergungsbetrieben
wendigen Schutzraum bieten. Uns der Arbeit war die Vermittlung zahlrei- statt. Da es keine Kontingente in den
war es wichtig, den Kindern eine al- cher kulturbedingter Erziehungswer- Pensionen gab, war die Suche nach
tersgerechte Entwicklung und Zugang te, so dass unsere Mitarbeiter häufig Plätzen in kostengünstigen Pensio-
zu Bildung zu ermöglichen. Auf einem als Kulturvermittler agierten. nen sehr zeitaufwändig.
einfachen Niveau wurde mit den El-
tern und Kindern deutsch geübt, für Kindeswohl An dieser Stelle möchten wir
die kleineren Kinder stand eine Spiel- Um den Kinderschutz nach § 8a SGB uns bei allen Pensionen bedanken, die
ecke zur Verfügung und den Schulkin- VIII sicher zu stellen, fand eine inten- Verständnis für unsere Arbeit und für
dern bot das Schiller-Team eine Haus- sive Zusammenarbeit mit dem Sozial- die Notlage unserer Klientinnen zeig-
aufgabenbetreuung an. Außerdem bürgerhaus Mitte – vor allem mit der ten und die betroffenen Familien be-
wurde täglich ein Mittagessen ge- Bezirks-sozialarbeit – statt. Bei einer herbergten.
reicht. Im Rahmen der Elternbetreu- drohenden Kindeswohlgefährdung er-

• 13
Sommerperiode 1. April 2014 – 31. Oktober 2014
Zielgruppe: obdachlose, nichtanspruchsberechtigte
Familien mit Kindern

Haushalts-ID 27XX
D er Fall schien perspekti-
vlos. Daniela O. und ihr
Sohn Gabriel waren jeden Tag
im Tagesangebot präsent, un-
sere Kollegen telefonierten
jeden Tag mit zahlreichen
Stellen, um sich über die kom-
plexe Problematik von Daniela
eine Übersicht zu verschaf-
fen: Obdachlosigkeit, Mittel-
losigkeit, ungeklärte Ansprü-
che, fehlende Geburtsurkunde,
unklarer Insolvenzantrag.

Der Beratungsplan enthielt


F rau K. und ihre zwei klei-
nen Töchter kamen Anfang
August nach München - mittel-
noch weitere Punkte, die unse- los, aber voller Hoffnung. In
rem Team Sorgen bereiteten. Spanien hatte die Marokkane-
Daniela konzentrierte sich in rin immer nur für sechs Monate
erster Linie auf ihren neuge- im Jahr Arbeit in der Land-
borenen Sohn. Für sie waren wirtschaft gefunden. In Mün-
ein Schlafplatz für Gabriel chen sollte alles besser wer-
und ein ruhiger Ort, wo sie den, doch der Neustart war
ihn stillen konnte, die dring- schwieriger als gedacht.
lichsten Aspekte. Den Bera-
tungsplan besprach sie mit der „Schiller 25“ konnte die
jeweiligen Sozialarbeiterin niela und Gabriel hatte, konn- Familie schließlich in einer
oder mit dem jeweiligen Sozi- ten wir es fast nicht glauben. Pension unterbringen. Die
alarbeiter in Ruhe, wenn Gab- beiden Mädchen besuchen in-
riel schlief. Sobald er sie Ein Jahr ist seitdem ver- zwischen die Schule, und was
brauchte, legte sie alles an- gangen. Gabriel hat vor eini- sie dafür brauchen, bekamen
dere auf Eis. Als er ein wenig gen Monaten seinen ersten Ge- sie von der Montessori-Schule
größer war, schaute er ihr zu, burtstag gefeiert. Die beiden Clara Grunwald in Unter-
wie sie in der Beratung endlo- leben derzeit in einem Mut- schleißheim: Kleidung, Sport-
se Formulare ausfüllte. „Du ter-Kind-Heim und Daniela sachen, Rucksäcke, Stifte,
wirst Beamter, Gabriel, nicht wird bald eine eigene Wohnung Hefte, dazu Spielsachen. In-
wahr?“ machte sich Daniela beziehen dürfen. Sie besucht zwischen hat Frau K. eine Ar-
über die Situation ein wenig einen Sprachkurs mit Kinder- beitsstelle in Aussicht.
lustig. Wir bewunderten die betreuung und redet jeden Tag
Kraft von Daniela, denn uns weniger Englisch – dafür aber Herr M., 42 Jahre alt,
erschien die Situation da noch immer mehr Deutsch. Gabriel stammt aus Rumänien und hat
aussichtslos. ist gesund, jeden Tag gut ge- vor kurzem seine Arbeit in
launt und scheint sich zu Italien verloren. Weil er
Als unsere Kollegin von freuen, wenn Daniela ab und an nicht mehr für seine Familie
„Karla 51“ uns mitteilte, dass zu uns in die Beratungsstelle sorgen konnte, hat er sich in
sie ein freies Zimmer für Da- zu Besuch kommt. München einen neuen Job in der
Andreea Untaru Baubranche gesucht – und

•14 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Rekord-Hilfsaktion
der
Montessori-Schule
Unterschleißheim

Unser Bild zeigt (hinten von links) Cemil Inangil mit Sohn Baris
Mikail, Nico Hasselmeier, Niklas Dischner, Maren Milos, Andreea Un-
taru und Ömer Yilmaz sowie (vorne von links) Marlene Rempis und
Melina Müller.

schnell wieder verloren, weil lein“. In der Früh standen re- Ihr Ziel erreicht haben da-
er auf einem schriftlichen gelmäßig Schüler am Schulein- mit auch die Pädagogen: „Im
Vertrag bestand. Danach lebte gang, um Spenden entgegenzu- Sinne des Montessori Frieden-
Herr M. erst einmal auf der nehmen. Mehrere Wochen lang serziehungskonzeptes möchten
Straße. „Schiller 25“ hat auch hätten sich fast täglich Leute wir unsere Schüler für sozia-
ihm mit Unterstützung der erkundigt, „wo sie die Sachen le Fragen sensibilisieren und
Montessori-Schule helfen kön- hin tun sollen und wo sie was sie zu verantwortungsvollem
nen: Er erhielt Kleidung, abgeben können“, erzählen Ömer Verhalten erziehen“, erklären
Schuhe und einen Rucksack. Yilmaz und Niklas Dischner. Antonalla Kisselat und Katrin
Die Bilanz hat dann am Ende Jarosch. Mit der „Monte-Hilfs-
Sechs Achtklässler hatten alle Erwartungen übertroffen: aktion“ dürfte das in jedem
die Aktion im Winter 2014/15 55 große Säcke mit Spenden Fall gelungen sein.
mit für Schüler ungewöhnli- sind zusammengekommen.
chen Dimensionen organisiert: Eine besondere Anerkennung
Flyer, sonstige Werbung, Sam- Andreea Untaru und ihr Kol- gab es auch vom Lions-Club
melstelle und Zwischenlager lege Cemil Inangil fuhren Schleißheim: Er verlieh den
einrichten, „Sprechstunden“ deshalb persönlich nach Un- Achtklässlern für ihre tolle
für Fragen der Eltern, Waren terschleißheim, um sich für Aktion einen mit 1000 Euro do-
sortieren. Um alles haben sich das außerordentliche Engage- tierten Jugendpreis, der un-
die Schüler selbst gekümmert. ment zu bedanken und den sechs ter dem Titel „Jugend enga-
Der Einstieg war nicht ohne: beteiligten Achtklässlern Ur- giert sich“ ausgeschrieben
Allein „der Flyer war schon kunden zu überreichen. Und worden war und beim Schleiß-
ein Stück Arbeit“, erinnert als die beiden dann auch von heimer Schlossfest 2015 fei-
sich Nico Hasselmeier. Die der Arbeit in der Beratungs- erlich übergeben wurde.
Vorbereitungen seien am auf- stelle erzählten, waren die Birgit Grundner,
wändigsten gewesen, finden auch Mühen bei den Kindern ohnehin Montessori Schule
Maren Milos, Marlene Rempis schnell vergessen: „Es ist Unterschleißheim
und Melina Müller rückbli- schon schön, wenn man dann
ckend. Aber „als dann alles hört, welchen Leuten die Ak-
lief, lief es fast von al- tion zu Gute kommt“, stellten
sie übereinstimmend fest.

• 15
Sommerperiode 1. April 2014 – 31. Oktober 2014
Zielgruppe: obdachlose, nichtanspruchsberechtigte Familien mit Kindern

Zusammenhänge zwischen Tourismus


als Wirtschaftszweig und Wohnungslosigkeit

D ie privaten Beherbergungsbetrie-
be, in den wir die obdachlosen
Mütter/Väter mit Kindern mithilfe
deswohlgefährdung geführt, so dass
wir uns verpflichtet sahen, ein Ob-
dach für diese Familien zu finden.
Arbeitszeiten an den Shuttle anzupas-
sen. In einigen Fällen musste die Auf-
sichtspflicht anderen Müttern über-
des Jugendamts über den gesamten tragen werden. Für die Pendler wur-
Sommer untergebracht hatten, waren Die Unterstützung kam von der den Lunchpakete von der Herzogsäg-
für die Oktoberfestzeit längst ausge- Herzogsägmühle, einer Einrichtung mühle zur Verfügung gestellt.
bucht. Es war dringend notwendig, ei- der Inneren Mission München – Dia-
ne Alternativlösung für die Notunter- konie in München und Oberbayern. Ein Teil unseres Teams zog für
bringung dieser Familien zu finden. Unsere KollegInnen aus Peiting stell- die gesamte Periode nach Peiting bzw.
Die Kinder waren zum größten Teil ten uns über 80 Betten für die gesam- pendelte täglich. Vor Ort waren unse-
bereits eingeschult, einige Mütter te Oktoberfestzeit zur Verfügung. An re KollegInnen rund um die Uhr zu
starteten im Sommer versicherungs- dieser Stelle möchten wir uns beim erreichen. Dessen ungeachtet funktio-
pflichtige Arbeitsverhältnisse – es Team von Herzogsägmühle erneut nierte unsere Einrichtung in der Schil-
stellte sich also die Frage, ob eine Ein- recht herzlich für die außerordentli- lerstraße 25 wie gewohnt fort.
gliederung in das Regelsystem der che Flexibilität und Hilfsbereitschaft
Wohnungslosenhilfe möglich war. bedanken! Für zwei Frauen und ihre Kin-
der (darunter ein Neugeborenes) war
Knapp 30 Haushalte wurden Die Unterbringung der Famili- die neue Situation zu belastend: Eine
vom Wohnungsamt überprüft. Die en in Herzogsägmühle erfolgte in Familie ist nach Italien zurückge-
Anspruchsberechtigung konnte in Form einer Erholungsmaßnahme, die kehrt, die zweite fand eine Unterkunft
fünf Fällen festgestellt werden, so zwischen 19. September und 05. Okto- im Bekanntenkreis in München.
dass 25 Familien zum Start des Okto- ber 80 km von München entfernt
berfestes erneut von Obdachlosigkeit stattfand. Das Ganze erforderte eine Die gesamten Kosten wurden
bedroht waren. Auch diese schwierige sehr genaue Vorbereitung. Für die 22 vom Jugendamt getragen.
Lage konnte die Familien nicht zur Haushalte mit 38 Kindern (insgesamt
Rückkehr motivieren. Die Obdachlo- 60 Personen) wurde ein regelmäßiger Anfang Oktober standen dann
sigkeit wiederum hätte zu einer Kin- Shuttle organisiert. Einige Kinder die Plätze in den privaten Beherber-
wurden für diesen Zeitraum von der gungsbetrieben in München wieder
Schulpflicht befreit; für die arbeiten- zur Verfügung.
den Mütter war es nicht einfach, ihre

• 16 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Herausforderung mit Happy End

Für uns alle gab es täglich


Frühstück, Mittag- und Abend-
essen. Wir haben uns auch mit
dem Koch zusammengesetzt und
überlegt, wie wir das Essens-
angebot für alle noch verbes-
sern können, da es auch mosle-
mische Familien gab, die nur
bestimmte Fleischsorten es-

S tell dir eine Meinungsum-


frage vor: „Was verbindest
du mit dem Oktoberfest?“ Wahr-
gehen. Wir konnten für die be-
rufstätigen Frauen und die
Schulkinder einen Shuttle-Bus
sen. Nach dem täglichen ge-
meinsamen Essen im Aufent-
haltsraum, hatten wir die Mög-
scheinlich würde ich als Ant- organisieren, der morgens sehr lichkeit die Sporthalle zu
wort solche Dinge hören wie: früh nach München und abends nutzen. Vor allem die Kinder
schöne Trachten, Spaß, Freun- wieder zurück zur Herzogsäg- hatten viel Spaß! Viele Bas-
de treffen, Bier, Musik, La- mühle fuhr. Es gab spezielle telstunden, Ausflüge in die Na-
chen, die beste Zeit des Jah- Fahrzeiten, die den Transfer tur und etliche Kinderspiele
res, ... erleichtert haben. standen auf der Tagesordnung.
Überraschend war, dass selbst
Wenn du im September 2014 Unsere nächste Herausforde- die Mütter begeistert teilge-
den Sozialberatern von Schil- rung war: Was machen die Fami- nommen haben.
ler 25 die gleiche Frage ge- lien mit ihrem Gepäck und ih-
stellt hättest, hättest du so- rem Hab und Gut? All das, wo Mit der Zeit fingen die Frau-
fort gemerkt, dass ihre Ge- sozusagen ihr ganzes Leben en an, sich immer mehr unter-
sichter bedrückt wirkten. drin steckt. Unsere Befürch- einander anzufreunden. Für
tung, die Gepäckstücke vor- die Kinder war dies natürlich
Als die Zeit des Oktober- erst in München zurücklassen von Anfang an kein Problem.
festes näher rückte, bekamen zu müssen, hat sich zum Glück
wir nur aussichtslose Rück- nicht bewahrheitet. Wir beka- Ein junger Mitarbeiter hat-
meldungen von den Pensionen, men die Möglichkeit einfach te den Einfall, etwas Aufre-
was die freien Plätze für ob- alles mit auf die Reise zu gendes mit Kindern zu unter-
dachlose Familien anging. Nun nehmen. Vom Wasch- und Bett- nehmen. So kamen wir auf die
musste schnell eine Zwischen- zeug über Babyausstattung und Idee, einen Besuch bei der
lösung her. Unsere Zwischen- Lunchpakete der Familien, al- Feuerwehr des Ortes zu machen.
lösung war die Herzogsägmüh- les musste und passte in den Den Kindern wurde der Beruf
le. Bus – und los ging es zur Her- des Feuerwehrmanns und die
zogsägmühle! Feuerwehrkleidung erklärt.
Als wir die Nachricht an die Jeder Einzelne durfte sie so-
Familien weitergegeben haben, Wir wurden von den Leitern gar anprobieren, auch die Müt-
waren viele nicht unbedingt und Mitarbeitern der Herzogs- ter! Letztendlich hatten wir
begeistert. 80 km von München ägmühle sehr freundlich in eine aufregende Zeit, die die
entfernt und wieder eine frem- Empfang genommen. Das Perso- Familien trotz der schwieri-
de Umgebung... Manche berufs- nal der Herzogsägmühle war gen Umstände genossen haben.
tätigen Frauen waren richtig überaus nett, engagiert und
erschrocken darüber, dass sie hilfsbereit gegenüber unseren Alles in allem war es eine
dadurch eventuell ihre Ar- Familien. Es kam schon mal tolle Zeit! Die Herzogsägmüh-
beitsplätze verlieren könnten vor, dass überraschend ein le hat nun einen besonderen
und die Kinder mussten ja na- Mitarbeiter Kuscheltiere für Platz in unseren Herzen und
türlich weiterhin zur Schule die Kinder vorbeibrachte. Lebensgeschichten.
Florentina Ion

• 17
Sommerperiode 1. April 2014 – 31. Oktober 2014
Zielgruppe: obdachlose/wohnungslose Alleinstehende und Paare ohne Kinder

Klientenbestand nischer und bulgarischer Herkunft sen leben, besteht keine Möglichkeit
In der ausgewerteten Berichtsperiode hielten sich vor München in anderen für eine polizeiliche Anmeldung, so
wurden 388 neue KlientInnen doku- deutschen Städten oder in Italien auf. dass diese Zielgruppe nur anhand ei-
mentiert: 240 Männer und 147 Frau- ner postalischen Adresse eine Chance
en. Insgesamt waren im Sommer 439 Staatsangehörigkeiten der Gesamt- auf dem Arbeitsmarkt erhält. Auch für
verschiedene KlientInnen in der Bera- klientel in der Sommerperiode den Schriftverkehr mit Ämtern und
tung (262 Männer und 177 Frauen) 149 Hilfesuchende kamen aus Rumä- Behörden ist es für unsere Klienten
und es wurden 856 Beratungsmaß- nien und 107 hatten bulgarische wichtig, postalisch erreichbar zu sein.
nahmen dokumentiert. Staatsangehörigkeit. Des Weiteren do-
kumentierten wir 23 Hilfesuchende Zu Anfang der Sommerperiode
Weitervermittelt wurden täg- aus Italien, 22 Personen mit deutscher (01.04.2014) hatten 188 Hilfesuchende
lich ca. zehn Personen, die aufgrund Nationalität und 13 Hilfesuchende eine Postadresse in unserer Einrich-
ihrer Problematik nicht zu unserer mit nigerianischem Pass. 125 Hilfesu- tung. Im Berichtszeitraum (01.04.2014
Zielgruppe gehörten. Diese Kurzkon- chende kamen aus anderen Ländern. – 31.03.2015 zählten wir insgesamt 512
takte sind nicht in der Auswertung Hilfesuchende mit Postadressen. Es
erfasst. Angebot im Rahmen der Beratung: wurden 324 Adressen neu eröffnet. Im
Postfach bei Schiller 25 selben Zeitraum wurden aber auch
Vergleich bei den neuen KlientIn- Für das Zustandekommen eines versi- 258 Postadressen gelöscht, da die Hil-
nen: Nationalität und Aufenthalts- cherungspflichtigen Arbeitsverhält- fesuchenden ihre Post nicht innerhalb
land vor München nisses ist eine Adresse erforderlich. einer bestimmten Frist abholten oder
Auch bei dieser Auswertung wird der Für die obdachlosen/wohnungslosen nicht mehr obdach-/wohnungslos wa-
Hintergrund der EU-Zuwanderung er- Hilfesuchenden sowie für diejenigen, ren. Zum 01.04.2015 zählte unsere Ein-
kennbar. Mehrere KlientInnen rumä- die in sehr prekären Wohnverhältnis- richtung 254 aktive Postadressen.

136

83 Rumänien 34%
81
Bulgarien 24%
62 Italien 5%
57
Deutschland Andere 5%
Länder Rumänien
40 29% 34%
Nigeria 3%
24 26
Andere Länder 29%
Nigeria 3%
Deutschland 5%
Bulgarien
Italien 5%
24%

Vergleich: Staatsangehörigkeiten der


Nationalitäten und Aufenthaltsland vor München Gesamtklientel in der Sommerperiode

• 18 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Streetwork – ganzjährige Aufgabe

Klientenbestand kären Wohnverhältnissen lebten. Hier Staatsangehörigkeiten


In der gesamten Berichtsperiode wur- wurden 31 Erwachsene und 14 Kinder 171 Personen waren aus Rumänien,
de zu 299 Personen Kontakt aufge- aus Bulgarien angetroffen; 11 Erwach- hiervon waren 99 Männer, 61 Frauen
nommen. 172 Personen waren uns sene waren uns bereits aus der Bera- und 11 Kinder. Weitere 86 Personen
von der Beratungsstelle bekannt oder tungsstelle bekannt. Eine weitere Mel- kamen aus Bulgarien (darunter doku-
sie kannten bereits das Kälteschutz- dung zu prekären Wohnverhältnissen mentierten wir 56 Männer, 16 Frauen
programm. Somit entstanden 127 erhielten wir vom Sozialreferat. und 14 Kinder). Zehn Personen kamen
Erstkontakte. Hinzukommen weitere aus Deutschland, sechs Personen hat-
69 Personen, die bei Streetwork-Bege- Auf Grund der neuen Aufgaben ten italienische Staatsangehörigkeit
hungen regelmäßig angetroffen wur- für die Betreuung und Beratung der und weitere sechs Personen kamen
den. Von den KlientInnen erhielten obdachlosen Familien mit Kindern aus Tschechien/Slowakei. Bei 33 Per-
wir Auskunft über weitere 80 bis 90 sowie wegen Personalmangel konnte sonen blieb die Nationalität unbe-
Personen, die an verschiedenen Plät- in der Sommerperiode Streetwork kannt oder sie kamen aus anderen
zen wild campieren sollten, aber bei nur eingeschränkt durchgeführt wer- Ländern (Ungarn, Mazedonien, Po-
unseren Begehungen nicht angetrof- den. len).
fen wurden. Ob diese Personen später
an anderen Plätzen angetroffen wur- „Wildes Campieren“ Staatsangehörigkeit der Frauen
den, bleibt leider unbekannt. Vom Abstimmungskreis
„Wildes Campieren“ der Tschechien/
Deutschland Italien
Unbekannt/
Es fanden über 70 Begehungen Landeshauptstadt Mün- Andere
3% 2% Slowakei
2%
an 45 verschiedenen Plätzen statt. Bei chen erhielten wir über 40 7%

sieben Begehungen wurden keine Kli- Meldungen zu 26 Plätzen,


entInnen angetroffen oder das „be- an denen „wild campiert“
wohnte“ Areal wurde bereits vor dem wurde. Hierbei handelte es
Bulgarien
Rumänien
Zeitpunkt der Begehung geräumt. sich um Lager im Freien, 29%
57%
bzw. um Plätze, an denen
Eine der Begehungen fand infol- Menschen in Autos, Wohn-
ge einer Meldung der Bezirkssozialar- wägen oder im Freien (Un-
beit in einer Truderinger Wohnung terführungen, Kirchenein-
statt, wo mehrere Familien in sehr pre- gänge etc.) übernachteten. >

• 19
Streetwork – ganzjährige Aufgabe

61 Frauen kamen aus Rumänien, 16 Clearing-Schwerpunkte der Gesundheitszustand


Frauen hatten bulgarische Staatsan- Streetwork Circa 10 % der KlientInnen befanden
gehörigkeit. Bei weiteren 11 Frauen Grundsätzlich werden die angetroffe- sich in einem sehr problematischen
blieb die Staatsangehörigkeit unbe- nen KlientInnen zu den folgenden gesundheitlichen Zustand. Die Ver-
kannt oder sie kamen aus anderen Themen informiert: mittlungen zur Malteser Migranten
Ländern. Medizin, Open.med und St. Bonifaz
» Beratungszeiten in der Schiller 25 können nur sehr begrenzt die ge-
Geschlecht und Alter » Gesundheitsversorgung in Mün- sundheitliche Lage der KlientInnen
Insgesamt dokumentierten wir 186 chen für Menschen ohne Kranken- verbessern.
Männer, 88 Frauen und 25 Kinder. Das versicherung
Durchschnittsalter der erwachsenen » Obdachloseneinrichtungen in
KlientInnen lag bei 40 Jahren. München
» Rückkehrmöglichkeiten über
Innerstädtische, regelmäßige die Bahnhofsmission
Streetwork-Begehungen » Klärung von Wohnungs-
Unseren hauptamtlichen KollegIn- und Arbeitsmarktperspek-
nen ist oft bekannt, an welchen Plät- tiven in München
zen, Straßenzügen oder Grünflächen » Kindeswohl
sich unsere Klientel vorwiegend auf- » Kälteschutz
hält bzw. welche Schlafplätze im In- » nicht-toleriertes Campen,
nenstadtbereich genutzt werden. Aus Räumung
diesem Grund besuchen wir unsere » öffentliche Ordnung und
KlientInnen regelmäßig, indem wir Sicherheit
unsere festgesetzten Routen ablau- » sicherheitsrechtliche Allge-
fen. Diese finden vor allem im Zent- meinverfügung über die
rum (Sendlinger Tor, Hauptbahnhof, Untersagung bestimmter
Tal, Alten Botanischen Garten, Son- Formen des Bettelns.
nenstraße etc.) und entlang der Isar Wegbeschreigung zu einem wilden Camp: Wildes
statt. Durch diese Kontinuität der auf- Weitere Problemberei- Campieren
suchenden sozialen Arbeit gewöhnen che werden bei der Beratung
sich die Klientinnen auch an die re- in der Schillerstraße thematisiert.
gelmäßige Präsenz der Sozialberate-
rInnen. Hierdurch wird eine für die Einkommenssituation und
Beratung sehr notwendige Vertrau- Unterkunft
ensbasis aufgebaut. Alle KlientInnen, die bei der Street-
work angetroffen wurden, sind ob-
dachlos, mittellos und arbeitslos
bzw. arbeitssuchend. Sie bestreiten
ihren Lebensunterhalt von Tagelöh-
nerjobs, durch Pfandflaschensam-
meln oder Betteln.

• 20 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Bettelnde KlientInnen

F ür einen wesentlichen Teil der aus-


nehmend armen Bevölkerung aus
Rumänien und anderen Ländern Süd-
„Organisiertes Betteln soll
verboten werden“
Arbeitskreis „Rumänien“ bei der
Landeshauptstadt München
Aus unseren bisherigen Auswertun-
osteuropas ist das Betteln die einzige (…) Betteln ist in Deutschland gen konnten wir feststellen, dass die
Überlebensmöglichkeit. Diese Men- grundsätzlich erlaubt, in München meisten „Armutsflüchtlinge“ aus Ru-
schen bestreiten den Lebensunterhalt gelten aber bereits jetzt Ausnah- mänien hauptsächlich aus den Krei-
ihrer Familien seit dem Ende des men. So darf in den Fußgänger- sen Arges, Brasov und Covasna kom-
Kommunismus im Südosteuropa zonen der Altstadt grundsätzlich men. Zu unseren Aufgaben gehört
(1989) hauptsächlich durch Betteln. nicht gebettelt werden. In jüngs- auch die Mitarbeit an Projekten in
Demzufolge ist die Frage nach der In- ter Zeit hat die Zahl derer, die im den Heimatländern, damit die Men-
tegrationsmöglichkeit dieser Ziel- Tal und in der Gegend um den schen nicht mehr aus Armutsgrün-
gruppe auf dem Arbeitsmarkt schwer Hauptbahnhof um Geld bitten, den/Perspektivlosigkeit gezwungen
zu beantworten, da das Ausüben einer deutlich zugenommen. Das be- sind auszuwandern.
bestimmten Tätigkeit über Jahrzehn- stätigen sowohl die Streetworker
te verschiedene Folgen gesellschaftli- des Evangelischen Hilfswerks, der Außerdem ist es notwendig, die
cher aber auch psychologischer Natur „Teestube komm“, als auch die Menschen in den Heimatländern
mit sich bringt. Münchner Polizei. über die allgemeine Lage in München
Nach übereinstimmenden Schät- zu informieren, bevor sie mit falschen
Im Rahmen der aufsuchenden zungen handelt es sich um 50 bis Hoffnungen hierher kommen.
sozialen Arbeit achten wir darauf, 60 Bettler innerhalb des Mittleren
dass Familien, die mit Minderjähri- Rings. Das seien jedoch „deutlich So wurde im Mai 2014 von der
gen betteln, sofort und so ausführlich weniger“ als in anderen deutschen Landeshauptstadt der Arbeitskreis
wie möglich über die Kindeswohlge- Großstädten, sagt Franz Herzog, „Rumänien“ ins Leben gerufen. Ge-
fährdung informiert werden. In der Chef der „Teestube komm“. Er meinsam mit dem Rumänischen
ausgewerteten Sommerperiode hat- will auch nicht von Bettlerbanden Konsulat und dem AWO/Infozentrum
ten wir die Möglichkeit, obdachlose sprechen, denn viele der Bettler Migration und Arbeit streben wir an,
Minderjährige gemeinsam mit einem seien Opfer von vor allem osteu- die Lage vor Ort näher kennen zu ler-
Elternteil unterzubringen, um Kin- ropäischen Hintermännern, die nen und Kontakt mit den dortigen Be-
deswohlgefährdung zu vermeiden. den Bettlern das verdiente Geld ratungs- und Anlaufstellen sowie den
Die Maßnahme wurde vom Ju- abpressen. In jüngster Zeit halten zuständigen Bürgermeistern und
gendamt finanziert. In den Fällen, in sich in München vermehrt Bettler Multiplikatoren aufzunehmen, um
denen unsere Streetworker eine Kin- aus der Slowakei, Rumänien und einen produktiven Austausch zu er-
deswohlgefährdung vermutet haben, Bulgarien auf. Aber die wachsen- reichen. Längerfristig soll der Aufbau
wurde sofort die Bezirkssozialarbeit de Altersarmut zwingt mittlerwei- von Kontaktdaten und die Initiierung
informiert. le auch Münchner auf die Straße. von Projekten erreicht werden.
Süddeutsche Zeitung, 09.04.2014

• 21
Streetwork – ganzjährige Aufgabe

Nichts Außergewöhnliches

S ehr oft habe ich mich ge-


fragt: Was muss passieren,
damit eine Mutter ihren Wohn-
rende Frage „Willst du nicht
endlich mal dein eigenes Le-
ben starten?“, hat Veronica
Zinsen, mehr sparen, anstren-
genden Arbeitszeiten. Veroni-
ca sprach nur noch von Essen,
sitz verlässt und mit den Kin- mit der Zeit zu sehr bedrückt. Kleidern und Schulsachen für
dern ins Nirgendwo zieht? Was Sie hat geheiratet und ist die Kinder. Ihr Mann fühlte
treibt sie weg von ZU HAUSE? rasch ins Haus ihrer Schwie- sich missverstanden und er-
Wie groß muss ihre Angst sein gereltern umgezogen. Kurz da- setzte die Abendessen mit
und woher nimmt sie die Kraft nach kamen die ersten zwei Austauschrunden in der Knei-
und Hoffnung, um doch positiv Kinder auf die Welt – eine pe. Inzwischen kam Veronicas
in die Zukunft zu schauen? große Freude für die ganze Fa- drittes Kind auf die Welt.

Veronica saß zusammen mit


ihrer 11-jährigen Tochter
letzten Sommer bei mir in der
Beratung. Angetroffen haben
wir sie beim Betteln im Zent-
rum Münchens. Nach mehreren
Kontakten im Rahmen der
Streetwork, entschloss sie
sich, unser „Angebot“ anzu-
nehmen und zu uns in die Bera-
tungsstelle zu kommen.

Ihre Lebensgeschichte ist


die Geschichte von unzähligen
Müttern, deren außergewöhnli-
ches Schicksal sich „nur“ da-
durch charakterisiert, dass
sie ein normales Leben in ih- Veronica, 38 Jahre, seit Oktober 2014 versicherungspflichtig beschäftigt und ihre Tochter,
ren Familien führen wollen. Schülerin in einer Übergangsklasse in München.
Nicht mehr, nicht weniger.
milie. Trotzdem nichts Außer- Nichts Außergewöhnliches.
Diese Lebensgeschichte, die gewöhnliches.
ich erzählen möchte, beginnt Veronica warf ihrem Mann
vor mehreren Jahren in einem Ihr Mann arbeitete als Ta- vor, nicht genug für die Kin-
kleinen Ort, 1500 km von Mün- gelöhner in der Landwirt- der zu sorgen. Er schlug sie
chen entfernt. Dort hat Vero- schaft und bemühte sich, Geld und warf ihr vor, nichts für
nica die Schule besucht, bis für die Winterzeit zurückzu- die Verbesserung der finanzi-
sie 14 Jahre alt war. Danach legen. Die Zeit verging sehr ellen Situation gemacht zu
musste sie im Haushalt aus- schnell. Nichts Außergewöhn- haben. Es gab keinen Tag, an
helfen und auch für die jünge- liches. dem es nicht zur Eskalation
ren Geschwister musste sie kam. Die älteren Kinder ver-
sorgen. Nichts Außergewöhnli- Das Thema Geld wurde täg- suchten die Mutter zu schüt-
ches. Bald wurde das Eltern- lich beim Abendessen disku- zen, waren dabei selbst ge-
haus zu klein für die ganze tiert. Veronicas Mann sprach fährdet und weinten oft. Ab
Familie. Die immer wiederkeh- immer wieder von Darlehen, und zu übernachteten sie in

•22 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


der Nachbarschaft. Veronica nige Problembereiche zugewie- Übergangsklasse, wo sie zum
fand keinen Ausweg und wandte sen: Klientin-ID: 59XX, ersten Mal das Schreiben und
sich an die Polizei. Daraus nicht-anspruchsberechtigte Lesen üben konnte. Dank eines
resultierten nur eine Warnung EU-Migrantin mit Kind, mit- verständnisvollen Arbeitge-
wegen Gewalt in der Familie tellos, obdachlos, lebt vom bers erhielt Veronica eine
und Bußgelder, welche wieder- Betteln. Tochter: 11 Jahre Vollzeitstelle als Küchenhil-
um von den Gesamteinkünften alt, kann kaum schreiben und fe. Deutsch hat sie bald zu-
bezahlt wurden, d. h. das Geld
für das Essen wurde weniger.
Veronica musste feststellen, Exkurs: Interkulturelle Öffnung –
dass die Polizei ihr nicht Dienstunterricht bei der Polizeiinspektion 14
helfen konnte.
Am 14. und 20.11.2014 fand bei der Polizeiinspektion Mün-
Verzweifelt floh sie zu ih-
chen-Westend Dienstunterricht für Wach- und Streifenbeam-
ren eigenen Eltern und wurde
vom Mann verfolgt und an-
ten statt. Ein Teil unseres Teams wurde eingeladen, um über
schließend bedroht, dass er die Lage der Roma aus Bulgarien und Rumänien zu referieren.
die Kinder umbringen würde, Zum Schluss der Präsentation unseres Themas durften wir
wenn sie nicht zurückkäme. uns mit den Kolleginnen und Kollegen der PI 14 über Armut-
Das Leben ihrer Kinder berei- sproblematik und die dadurch bedingten Herausforderungen
tete ihr noch größere Sorgen. austauschen. Die Debatte war für beiden Seiten bereichernd
Die Ehe schien ihr sinnlos, – wir bedanken uns bei den Hütern unserer Sicherheit für die
diese wurde zu einer riesigen interkulturelle Öffnung!
Last für die ganze Familie. Es
herrschte nur noch Angst und
Am 20. November war auch der Bayerische Rundfunk mit da-
eine Rettung beziehungsweise
bei. Das Bild ist ein Ausschnitt aus der Sendung „Jetzt mal
Besserung war nicht absehbar.
Die älteren Kinder heirateten
ehrlich. Bettler: Geld
bald und verließen das El- geben oder nicht?“. An
ternhaus. dieser Stelle möchten
wir uns bei der BR-Re-
Einen Arbeitsplatz zu fin- porterin Susanne Fied-
den, war für Veronica unmög- ler für die sehr gute
lich – in ihrem Ort gab es Zusammenarbeit be-
fast keine Angebote. In der danken! Die Sendung
benachbarten Stadt kannte sie erhielt 2015 den Medi-
niemanden, sie hätte sich kei- enpreis Sozialcourage
ne Miete leisten können. Wie-
der Caritas.
der nichts Außergewöhnliches.

Die einzige Hoffnung war


ihre jüngste Tochter, die sie lesen. Für unsere Statistik sammen mit ihren Arbeitskol-
fest an der Hand hielt und ihr nichts Außergewöhnliches. legen gelernt. Die Zeiten, in
Kraft gab. Und mit dieser denen sie fliehen oder betteln
Hoffnung kam Veronica nach Dank einer einmaligen Fi- musste, sind vorbei. Veronica
München. Im Rahmen der Erst- nanzierung des Jugendamtes und ihre Tochter führen nun
beratung in Schiller 25 bekam konnten wir Veronica und ihre ein „normales“ Leben. Für die
sie in unserem Dokumentati- Tochter in einer Pension un- zweiköpfige Familie – immer
onssystem gleich eine eigene terbringen. Die Tochter bekam noch sehr außergewöhnlich.
Identifikationsnummer und ei- bald einen Platz in einer Adriana Mihaita

• 23
Streetwork – ganzjährige Aufgabe

Tatsächlich „Du kommst aus Polen, nicht wahr? Echt, aus

willkommen Rumänien? Also, trotzdem aus dem Ostblock…“

A ls stolze Rumänin trage ich


in mir alles, was sozusagen
von Haus aus zum Ostblock ge-
Und plötzlich begegneten wir
in unseren Wohnblöcken „den
Ausländern“. Wie sollte man
vielleicht auch ein Studium?
Warum nicht Kulturvermittle-
rin? Warum nicht eine Quer-
hört: aufgewachsen in einer mit ihnen umgehen? Wie lassen einsteigerinnen-Tätigkeit im
nicht besonderes reichen Fa- sich nun ganz praktisch Demo- sozialen Bereich? Warum nicht
milie, die eigene Strategien kratie und die anderen schö- ein deutsches Projekt in Süd-
entwickeln musste, um sich nen, westlichen Begriffe in- amerika unterstützen? Warum
über Wasser zu halten und na- terpretieren? Dass die Inter- nicht ein Projekt leiten? Und
türlich geprägt von den Er- pretation aus den Begrenzun- all das, worüber ich mich vor
fahrungen, die meine sozia- gen der alten „Ostblock-Schub- 15 Jahren nicht mal getraut
listisch erzogenen Eltern und lade“ entstanden ist – das ist hätte zu träumen, wurde mir
Großeltern erleben durften. eine andere Geschichte. in München ermöglicht. Wieso
die Ostblock-Etikette so
Vor 25 Jahren, nach der Es hat nicht lange gedau- schnell fiel, warum mir in ei-
Öffnung des Eisernen Vor- ert, bis „die Ausländer“ auch nem fremden Land so viel Ver-
hangs, waren wir – die im Ost- selbst ihre eigenen Schubla- trauen geschenkt wurde – das
block lebenden Menschen – von den bekamen. Es waren „die war für mich am Anfang ein
Begriffen wie Demokratie, Herzlosen, die Katzen und Rätsel. Nun weiß ich, dass
Reisefreiheit, Öffnung der Hunde töten, um ihr Blut zu dahinter die Münchner Will-
Grenzen, Migranten-willkom- trinken“, „die Gigolos, die kommenskultur steckt.
men-heißen usw. zuerst be- unsere Frauen verführen, um
geistert und kurz danach über- sie in die Prostitution ins Knapp 3.100 Wirtschafts-
fordert. Von der Reisefrei- Ausland zu verkaufen“ und „die migrantInnen waren im vergan-
heit haben die ersten Wirt- Geschäftsmänner, die mehrere genen Winter in München ob-
schaftsmigrantInnen rasch Ehefrauen haben dürfen und dachlos und über Schiller 25
profitiert. Es waren Menschen darum nur gut aussehende Se- nachts im Kälteschutz not-
aus China, Italien und aus dem kretärinnen suchen“. dürftig untergebracht. Auch
arabisch sprechenden Raum, sie haben sich entschieden,
die nach Rumänien kamen, um Vor 14 Jahren entschied einen solchen Schritt zu ma-
ein neues Leben zu starten. auch ich mich dazu, von die- chen und das Angebot der EU –
ser Reisefreiheit zu profitie- die Freizügigkeit – anzuneh-
Andere Kulturen waren uns ren. Warum nicht einen Ar- men. Sie sprechen Bulgarisch,
nur aus dem Fernsehen bekannt. beitsvertrag in München? Und Türkisch, Rumänisch, Unga-

Der Mensch zählt!


Man fragt mich: „Du bist Als Deutschtürkin und Mutter seinen Mitmenschen Unter-
Deutschtürkin und arbeitest von zwei Kindern bin ich stolz, stützung in jeder Hinsicht
beim Evangelischen Hilfs- Mitarbeiterin des Evangeli- bietet und manchen vielleicht
werk – wie geht das?“ schen Hilfswerks und somit sogar damit das Leben rettet.
Ganz einfach! Und übrigens: Teil eines Unternehmens zu Was will man mehr?
wieso auch nicht?! sein, das für andere da ist, Für mich ist das Evangelische

•24 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Rubrik

Das Schiller-Team beim Betriebsausflug Salzburg 2014 Klienten erhalten Kälteschutzeinweisungen in Schiller 25

risch, Polnisch, Italienisch, ist als die „bloße“ sprachli- dem sie regelmäßig dolmet-
Spanisch, Serbisch u.a.. Es che Verständigung: Sie brin- schen und übersetzen. Diese
sind 3.100 Menschen, die vol- gen Erfahrungen aus verschie- Bereicherung ist nicht nur
ler Hoffnung, mit einem Pass denen Zivilisationen mit. eine rein fachliche, sondern
in der Hand, mit einem kleinen Denn ohne dieses Hintergrund- auch eine – sehr oft – per-
Rucksack auf der Schulter, wissen über die jeweilige sönliche Bereicherung.
Alles auf einige, wenige Kar- Kultur und Religion wäre eine
ten setzen. Eine dieser Kar- komplexe, verständnisvolle „Willkommenskultur“ und
ten sind die Beratungsmaßnah- Beratung nie möglich und die- „interkulturelle Öffnung“
men, die unsere sieben Team- se Menschen würden mit ihren sind große Worte, deren In-
mitglieder in Schiller 25 Pässen und Rücksäcken, aber halt nicht nur Definitionen
durchführen. auch voller Enttäuschung wei- sind. Es sind die unterschied-
ter ziehen. lichsten Erfahrungen aus den
Es war keineswegs einfach, verschiedensten Ländern, Kul-
sieben SozialpädagogInnen zu In Schiller 25 sind die turen und Religionen, die je-
finden, die nicht nur das pas- Aufgaben sehr breit gefä- den von uns bereichern. Viel-
sende Studium mitbringen, chert, so dass von jedem leicht wird sich das ein wenig
sondern auch die notwendigen Teammitglied sehr viel Flexi- kommunistisch anhören, aber
Sprachkenntnisse und den bilität erwartet wird. Diese das Risiko gehe ich ein: Nur
Migrationshintergrund. In un- Flexibilität wird nicht nur miteinander können wir diese
serem Team werden insgesamt vom sozial-pädagogischen anspruchsvollen Ziele weiter
zehn Sprachen gesprochen, Team, sondern auch vom Ver- aufbauen! Andreea Untaru
aber was wesentlich wichtiger waltungsteam gefordert, in-

Hilfswerk ein weltoffener kann und wie und wer man ist gen, fühle auch ich mich wert-
Arbeitgeber, der einen nicht – ganz egal, ob Frau oder geschätzt und sehr wohl.
daran misst, woher man Mann und in welchem Alter. Auch, dass ich Beruf und Fa-
kommt und welchen ethni- Es zählen der Mensch und das milie unter einen Hut bringen
schen Hintergrund man hat. Wir. So wie wir den Klienten- kann, macht mich glücklich.
Sondern daran, was man Wertschätzung entgegenbrin- Daher vielen Dank für die
offene Hand. Selda Kalkan

• 25
Streetwork – ganzjährige Aufgabe

Exkurs: Aus- und Zuwanderung

In erster Linie profitieren die hochqualifizierten Fachkräfte von der Willkommenskultur


Deutschlands.
Gleichzeitig versuchen auch weniger qualifizierte Menschen im Rahmen der gegenwär-
tigen Möglichkeiten des europäischen Arbeitsmarktes eine vorteilhafte Zukunft für sich
und ihre Familien zu gestalten. Deutschland ist ein attraktives Zielland für viele Europäer,
auch für viele Rumänen und Bulgaren, die zusammen knapp 50% unserer Hilfesuchenden
ausmachen.

D as Institut für Arbeitsmarkt und


Berufsforschung beantwortet
zahlreiche Zuwanderungsfragen: Die
trägern“ und „Sonstiger Sozialleis-
tungsbetrug“ 195 Tatverdächtige aus
Bulgarien und Rumänien, das ent-
fig wird in der Öffentlichkeit behaup-
tet, Bulgaren und Rumänen würden
Gewerbe anmelden, um ergänzende
Beschäftigungsquote der bulgarischen spricht 0,5 Promille der bulgarischen Leistungen nach dem SGB II zu bezie-
und rumänischen Bevölkerung beträgt und rumänischen Bevölkerung. Insge- hen. Tatsächlich gab es bundesweit im
insgesamt zw. 67- 72 % (Gesamtzahl der samt zählte die Polizei 21.046 Ver- August 2014 nur 2.558 Fälle, in denen
in Deutschland lebende Bevölkerung dachtsfälle in diesen beiden Betrugs- Selbständige ergänzende Leistungen
aus Bulgarien und Rumänien: 571.000 kategorien, der Anteil der Bulgaren nach dem SGB II bezogen. Der Anteil
Personen). Die Arbeitslosenquote die- und Rumänen an den Verdachtsfällen der Leistungsbezieher unter den Selb-
ser Zielgruppe – berechnet auf der Ba- auf Sozialbetrug in Deutschland be- ständigen ist vergleichbar mit dem der
sis der abhängig Beschäftigten – be- läuft sich also nur auf 0,9 Prozent. Zuwanderer aus den Ländern der ers-
trug im Oktober 2014 9,2 % und ist so- ten Osterweiterungsrunde und seit
mit seit Einführung der Arbeitnehmer- Auch sonst gibt es wenig Hin- Einführung der Arbeitnehmerfreizü-
freizügigkeit um 2,2 Prozentpunkte weise auf Leistungsmissbrauch: Häu- gigkeit gesunken.
gesunken. (…)

Es gibt keinerlei
Hinweise darauf, dass
„Leistungsmissbrauch“
oder „Sozialbetrug“ un-
ter der Bevölkerung aus
Bulgarien und Rumäni-
en stark verbreitet sind.
Die polizeiliche Krimina-
litätsstatistik zählte zum
Jahresende 2013 in den
beiden Kategorien „Be-
trug zum Nachteil von
Sozialversicherungen
und Sozialversicherungs-

Quelle: IAB, Zuwanderungsmonitor Bulgarien und Rumänien, Dezember 2014 und Januar 2015

• 26 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Winterperiode 1. November 2014 – 31. März 2015

Klientenbestand ren Ländern, wie z. B.: Albanien, Nige- tens 17 % der Hilfesuchenden nicht
In der Winterperiode erhielten 3.065 ria, Syrien, Kroatien, Tunesien etc. Die direkt aus ihren Heimatländern nach
volljährige Personen mindestens ei- große Mehrheit dieser Personen ver- München eingereist sind. Vor allem
nen Einweisungsschein in die Kälte- fügte über europäische Daueraufent- aus Italien kamen knapp 400 Perso-
schutzräume. haltstitel. nen, wobei die Anzahl der italieni-
schen Staatsbürger 183 Personen be-
Seit dem 1. Januar 2014 genie- Asylsuchende (z. B. aus Albani- trägt.
ßen auch Rumänien und Bulgarien en, Syrien) waren Ausnahmen und
die uneingeschränkte Arbeitnehmer- nur eine oder zwei Nächte im Kälte- Klientenbestand nach Geschlecht
freizügigkeit. Diese Aufhebung der schutz. Sie wurden an die Erstaufnah- 14,5 % der gesamten Hilfesuchenden
Einschränkung führte zur Befürch- mestelle der Regierung von Oberbay- waren im Berichtszeitraum Frauen.
tung, dass der Zuzug von Armuts- ern vermittelt. Hiervon waren rund 12 % alleinste-
migranten stark ansteigen könnte. Im hend, oder hatten keine Kinder.
Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich Prozentual sank die Anzahl der
die Anzahl der untergebrachten Per- Hilfesuchenden aus Rumänien im Klientenbestand nach Alter
sonen um 33 %. Hierbei ist jedoch zu Vergleich zum Vorjahr. Bei den Hilfe- 920 Personen (30 %) waren zwischen
berücksichtigen, dass, aufgrund der suchenden aus Bulgarien und 30-39 Jahre alt. Die zweitgrößte Grup-
Aufhebung der Null-Grad-Grenze die Deutschland blieben die prozentua- pe war zwischen 20-29 Jahre alt. Hier-
Anzahl der Kälteschutznächte um 50 len Zahlen in etwa gleich. zu gehörten 858 Personen und somit
% anstieg. 28 % der gesamten Hilfesuchenden.
Aufenthaltsland vor der Anreise 767 Personen (25 %) waren zwischen
Klientenbestand nach Staatsange- nach München 40-49 Jahre alt. 340 Personen waren
hörigkeit Bei einem Vergleich dieser beiden Sta- zwischen 50-59 Jahre alt. Nur 4 % der
704 Personen und damit knapp 23 % tistiken wird deutlich, dass mindes- Klienten waren über 60 Jahre alt. 2 %
der Hilfesuchenden kamen aus Ru- der Klientel waren unter 20 Jahre
mänien. Die zweitgrößte Gruppe alt. Der größte Anteil der Hilfesu-
stellten die Bulgaren mit insgesamt Rumänien
chenden war somit im erwerbsfä-
674 Personen und somit knapp 22 % Andere Länder 18% higen Alter.
dar. Eine deutsche Staatsangehörig- 33%
Bulgarien
keit konnten 306 Personen nachwei- 18% Todesfälle
sen (10 % der Hilfesuchenden). Es unbekannt
Auch der Aufhebung der
folgten Italiener (183 Personen, 6 %), 7% Italien Null-Grad-Regelung ist es zu ver-
Deutschland 13%
Ungarn (122 Personen, 4 %), Marok- 11% danken, dass im vergangen Winter
kaner (121 Personen, 4 %) und Polen niemand auf der Straße erfroren ist.
(107 Personen, 3,5 %). 848 Personen An dieser Stelle möchten wir uns
und somit 27,5 % kamen aus ande- auch bei der Münchner Polizei be-
danken. Die gute Vernetzung
Volljährige Personen im Kälteschutz: trug dazu bei, dass die jeweili-
Vergleich zu den vorangegangen Kälteschutzperioden gen Streifen-Polizisten, die von
28% andere
Nationalitäten 23% Rumänien Kälte gefährdeten Personen in
(Albanien, Nigeria, 2012 / 2013 2013 / 2014 2014 / 2015
Syrien, Kroatien,
Tunesien etc.)
unsere Einrichtung bzw. direkt
Kälteschutznächte 125 96 156 in die Bayernkaserne gefahren
3,5% Polen
4% Marokko 22% Bulgarien Personen im und somit zum Erfolg des Käl-
4% Ungarn
Kälteschutz 1.692 2.300 3.065 teschutzprogramms beigetra-
6% Italien
10% Deutschland gen haben.
Prozentuale
Steigerung - 36% 33%

• 27
Winterperiode 1. November 2014 – 31. März 2015

Exkurs: Erfolgsgeschichte: Aus Rumänien über Italien nach München

Es ist der 24. Dezember 2014. An diesen Weihnachtsabend tritt ein junger Mann, lediglich
mit einer Jeansjacke bekleidet an die Empfangstheke der Schiller 25. Ein hauptamtlicher
Kollege nimmt den 22-jährigen rumänischen Staatsbürger in die Beratung.

D er Kollege vermerkt, dass


Florin eine Arbeit als Au-
tomechaniker sucht. Er habe
Das mitgebrachte Geld reich-
te um die erste Nacht im Hotel
zu verbringen und sich eine
chen ohne Bezahlung zur Probe
arbeiten. Mit einem Arbeits-
vertrag könne er erst nach
keine Zeugnisse vorzulegen Kleinigkeit zu Essen zu kaufen. einigen Monaten rechnen.
und auch keine Ausbildung ab- Dass die Übernachtungskosten
geschlossen, dennoch repa- in München derart hoch sind, Auf diese Weise musste Flo-
riert er schon seit über 10 damit rechnete Florin nicht. rin, wie unzählige andere Ar-
Jahren Autos: Mit elf Jahren Die zweite Nacht verbrachte er beitsmigranten auch, die Er-
fing er an, in der Garage des am Hauptbahnhof. Hier traf er fahrung machen, dass viele
Vaters in Rumänien zu helfen. Rumänen und andere Migranten, Angebote auf dem Arbeitsmarkt
Bis zu seinen 15 Lebensjahren die in einer ähnlichen Situati- unseriös und ausbeuterisch
unterstütze er seinen Vater, on waren wie er selbst. Von ih- sind. Weitere, etwas vielver-
zuerst in Rumänien, später nen erfuhr er von der Bera- sprechendere Angebote folgten
dann in Süditalien, wo er mit tungsstelle „Schiller25“ und zeitnah, entpuppten sich je-
seinen Eltern hinzog, um der den Notquartieren für die Nacht doch ebenfalls als leere Ver-
wirtschaftlichen Situation im in der Bayernkaserne. sprechungen.
Heimatland zu entkommen. Als
er dann 15 Jahre alt wurde, Am 24. Dezember übernachte- Die Zeit verging, das Ende
ging er seinen eigenen Weg und te Florin dort zum ersten Mal. der Kälteschutzzeit rückte
arbeitete in mehreren Auto- Er blieb bis zum Ende des Käl- näher. Florin war sich im Kla-
werkstätten. Bis zu seiner teschutzes, den 1. April. Ei- ren darüber, dass er bis zum
Ausreise nach Deutschland ar- ne feste Arbeit konnte er bis 1. April eine Festanstellung
beitete er an 6 Tagen die Wo- dahin nicht finden. Regelmäßig brauchte, sonst würde er auf
che, bis zu 12 Stunden am Tag. nahm er während dieser Zeit der Straße landen oder zurück
Am Sonntag schraubte er pri- Beratungstermine im Schiller nach Italien kehren müssen.
vat für Freunde und Bekannte wahr, kümmerte sich um den nö- Ohne Zertifikate und Zeugnisse
weiter, damit er sich ein Zu- tigen „Papierkram“ um legal schien es nahezu unmöglich
brot verdienen konnte. Mit arbeiten zu können, und fing eine seriöse Arbeit als Auto-
den 30 Euro, die ihm sein Chef einen Sprachkurs an. In die- mechaniker zu finden. Eine an-
pro Tag zahlte, kam er kaum ser Zeit suchte er über 30 dere Arbeit kam jedoch für
aus. Eine Zukunft konnte er Autowerkstätten auf. In eini- Florin nicht in Frage.
sich so nicht aufbauen, das gen davon arbeitete er zur
war Florin klar. Probe. Ende Mai suchte der Bayeri-
sche Rundfunk Interviewpart-
Zwei Tage vor Weihnachten Bereits nach dem 2. Bera- ner zum Thema Arbeitszuwande-
entschloss er sich endgültig, tungstermin erzählte Florin, rung. Unter anderen wandte
trotz der Bedenken seiner Fa- er habe eine Arbeit gefunden. sich der Sender auch an Schil-
milie, den weiten Weg nach Im Nachhinein stellte sich ler 25. Florin erklärte sich
München anzutreten. heraus, er sollte mehrere Wo- bereit, einige Fragen zu sei-

•28 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


nen Migrationsgründen zu be- ren Familie. Momentan wohnt Die erreichten Erfolge sind
antworten. Kurz nach Aus- er gemeinsam mit ihr bei deren jedoch nicht zuletzt seinem
strahlung der Sendung, schrieb Eltern. Sobald sie ihre Lehre starken Willen, seiner Geduld
uns ein engagierter Zuhörer abschließt und eine feste An- und seinem eisernen Durch-
und bot an, Florin bei der stellung aufnimmt, wollen die haltevermögen zuzuschreiben.
Arbeitssuche zu unterstützen. beiden gemeinsam eine Wohnung Trotz der unzähligen Strapa-
Ein befreundeter Automechani- suchen und zusammenziehen. zen und Hürden, der prekären
ker könnte Florin eventuell Arbeits- und Wohnbedingungen,
weiterhelfen. So kam es, dass In Zusammenarbeit mit sei- die er über sich ergehen las-
der Automechaniker für Luxus- nem Chef und mit der Unter- sen musste, bewahrte er sich
autos Florin anbot eine stützung von Schiller25, stets seine positive Denkwei-
Schnupperlehre in seiner konnte Florin, trotz der knap- se, auch wenn er sich dessen
Werkstatt zu machen. Eine An- pen Zeit, die nötigen Forma- bewusst ist, dass nach einem
stellung kam jedoch nicht in litäten rasch erledigen und „Hoch“ oft wieder ein „Tief“
Frage, womit sich die Sache eine Festanstellung antreten. lauern kann. Arnold Tolnai
für Florin erledigte. Der
Werkstattbesitzer hatte den-
noch einen Vorschlag, wo er
Florin weitervermitteln konn-
te: Ein benachbarter Autome-
chaniker suchte dringend Ver-
stärkung.

Voller Hoffnung und sich


dessen bewusst, dass es sich
um seine letzte Chance han-
deln könnte, machte sich Flo-
rin auf den Weg zum vielleicht
letzten Vorstellungsgespräch
in München. Dieses Mal klapp-
te alles. Der Werkstattbesit-
zer sprach sogar fließend Ita-
lienisch, da seine Werkstatt
auf italienische Hersteller
spezialisiert ist. Nach einer
zweitägigen Probezeit ent-
schloss sich der Automechani-
ker, Florin in seiner Werk-
statt aufzunehmen. Seit An-
fang April ist Florin nun da-
bei. Momentan arbeitet er ganz
alleine in der Werkstatt, da
sein ehemaliger Kollege eine
weiterführende Schule be-
sucht.

Florin machte schnell Fort-


schritte beim Deutschlernen.
Üben konnte er vor allem mit
seiner neuen Freundin und de-

• 29
Winterperiode 1. November 2014 – 31. März 2015

Haushalte im Kälteschutz Staatsangehörigkeiten der Kinder Minderjährige nach Alter (gesamt


2.945 Hilfesuchende und somit 96 % In der vergangenen Kälteschutzperio- Minderjährige: 206)
waren alleinstehende Personen oder de zählten wir 206 Kinder. Zu den Na- 42 % der Kinder (86 Kinder) waren
Paare ohne Kinder. Im Kälteschutz tionalitäten, siehe Auswertung unten. zwischen 0-5 Jahre alt. 54 Kinder (26
wurden Alleinstehende und Paare oh- %) waren zwischen 6-9 Jahre und 37
ne Kinder in der Bayernkaserne, nach Aufenthaltsland vor München Kinder (18 %) waren zwischen 10-13
Geschlecht getrennt, untergebracht. Ähnlich wie bei den Alleinstehenden Jahre alt. 29 Kinder (14 %) waren zwi-
und Paaren ohne Kinder wird auch schen 14-18 Jahre alt.
4 % (120 Frauen) waren Mütter bei den Müttern deutlich, dass der
oder werdende Mütter mit insgesamt Grund der Anreise nach München im Anzahl der Übernachtungen im
206 Kindern. Diese wurden in Pensio- Kontext der EU betrachtet werden Kälteschutz
nen untergebracht. muss. Über 35 % der Mütter haben ei- 30 % (25 Frauen) übernachteten insge-
ne Perspektive in anderen europäi- samt zwischen 2 und 9 Nächten im
Staatsangehörigkeiten der Mütter schen Ländern gesucht, vor allem in Kälteschutz. 16 % (13 Frauen) nahmen
24 Frauen und damit 20 % kamen aus Italien und in anderen deutschen zwischen 10–30 Nächte das Kälte-
Bulgarien. An zweiter Stelle lagen die Städten. schutzprogramm in Anspruch. Weite-
rumänischen Staatsangehörigen: 21 re 13 Mütter mit Kindern übernachte-
Frauen und somit knapp 17,5 %. Eine ten maximal 2 Monate im Kälte-
italienische Staats-angehörigkeit schutz. 12 Frauen mit Kindern nah-
konnten 9 Frauen nachweisen (8 %). men den Kälteschutz bis zu 4 Monate
in Anspruch. 18 Frauen mit Kindern
nahmen das Angebot zwischen 4–5
Monate wahr.

Mütter/
werdende
Mütter 1 Nacht
4% zw. 14-17 Jahre zw. 4-5 Monate 6%
14% 22%
zw. 0-5 Jahre zw. 2-9 Nächte
zw. 10-13 Jahre 42% zw. 2 - 4 Monate 30%
18% 10%
Alleinstehende
und Paare ohne zw. 1 Monat -
Kinder 2 Monate zw. 10 Nächte -
zw. 6-9 Jahre
16% 1 Monat
96% 26% 16%

Haushalte im Kälteschutz Minderjährige nach Alter Anzahl der Übernachtungen im Kälteschutz

Deutschland 26%
Andere Albanien Italien 17%
(Kosovo, 4% Rumänien 16% Länder
20% Andere
28% Andere: Marokko, Deutschland
Bulgarien Bulgarien 14% 16%
Nigeria, Bulgarien Ungarn 4% 26%
Polen, Portugal, Portugal etc.) Spanien 7%
23% Spanien 7%
Griechenland etc.) 23% Ungarn 4%
18% Rumänien Spanien
3% Ghanna Andere Länder 16%
3% Spanien 6% Deutschland Bulgarien Italien
4% Rumänien 12% 14% 17%
Marokko 5% 14% Rumänien
7% 8% Italien Italien
4% Deutsch- Nigeria 14% 16%
Ungarn land

Griechenland
4%

Staatsangehörigkeiten der Kinder


Staatsangehörigkeiten der Mütter Aufenthaltsland vor München

• 30 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Alleinstehende und Paare ohne Für Mütter mit Kindern und wurden an diesem Tag 459 Betten von
Kinder im Kälteschutz werdende Mütter wurden zu Beginn Alleinstehenden genutzt und weitere
Anzahl der Übernachtungen im der Kälteschutzperiode 120 Betten in 146 Betten durch Mütter mit Kindern.
Kälteschutz drei verschiedenen privaten Beher-
3 % (89 Personen) übernachteten eine bergungsbetrieben zur Verfügung ge- So wie im Vorjahr war die Aus-
Nacht im Kälteschutz. stellt. Diese 120 Plätze waren jedoch lastung der Kälteschutzräume am En-
schon Ende November ausgelastet, so de der Kälteschutzperiode am größten.
57 % (1.680 Personen) über- dass weitere Familien in der Bayernka-
nachteten insgesamt zwischen 2 und9 serne untergebracht werden mussten. Unterbringungen
Nächten im Kälteschutz. 12 % (352 Per- Für die Haushalte mit Kindern wurde
sonen ) nahmen zwischen 10-19 Näch- Pro Tag wurden durchschnitt- das Kälteschutzprogramm durch die
te das Kälteschutzprogramm in An- lich 140 Personen registriert, die eine Landeshauptstadt München um zwei
spruch. 6 % (178 Personen) waren für Einweisung in den Kälteschutz erhiel- Wochen verlängert (170 Kälteschutz-
20-29 Nächte im Kälteschutz. 648 Per- ten. nächte). Innerhalb der ersten zwei Ap-
sonen (22 %) übernachteten mehr als rilwochen wurde vom Wohnungsamt
30 Nächte im Kälteschutz. Für Alleinstehende und Paare und Jugendamt sehr intensiv die An-
ohne Kinder wurden im Berichtszeit- spruchsberechtigung auf Unterbrin-
Die große Mehrheit unserer raum insgesamt 48.454 Schlafplätze gung im Regelsystem überprüft. So
Klientel sah das Kälteschutzangebot genutzt; 1.500 hiervon in der Heilsar- konnten insgesamt 22 Haushalte mit
als vorübergehende Notübernach- mee. Für die Alleinstehenden und die Kindern durch die Landeshauptstadt
tungsmöglichkeit. Paare ohne Kinder wurden Einwei- untergebracht werden.
sungen für jeweils drei Nächte in
3% Schiller 25 ausgestellt. Insgesamt wur- Im Vergleich hierzu wurden
1
22% über 30 Nächte Nacht den Einweisungen für ca. 60.000 nach der Kälteschutzperiode
6% zw. 20-29 Nächte
Nächte (59.815) ausgestellt. Knapp 20 2013/2014 neun Haushalte mit Kin-
57% zw. 2-9 Nächte % der Betten, für die eine Einweisung dern über die Stadt untergebracht.
12% zw. 10-19 Nächte
ausgestellt wurde, wurden nicht ge-
nutzt. Klientenbezogene Tätigkeiten
Ca. 800 von insgesamt 2.945 obdach-
Frauen mit Kindern losen/wohnungslosen Alleinstehen-
Es wurden knapp 18.000 Betten von den und Paaren ohne Kinder befan-
Einweisungen und Bettenbelegung Frauen mit Kindern benutzt. Die Müt- den sich in der Beratung unseres sozi-
Im ausgewerteten Zeitraum gab es ter mit Kindern und die Schwangeren alpädagogischen Teams. Es wurden
insgesamt 156 Kälteschutz-Nächte. erhielten Einweisungen für jeweils insgesamt 1.700 Beratungsmaßnah-
sieben Nächte. Die Kälteschutzeinwei- men innerhalb der fünfmonatigen
Das Haus 12 der Bayernkaserne sungen für Frauen mit Kindern wur- Kälteschutzperiode durchgeführt.
wurde vor Beginn der Kälteschutzperi- den nicht in Schiller 25 ausgestellt,
ode von der Landeshauptstadt Mün- sondern in der neuen Einrichtung Fa- Zusätzlich zu den Beratungsge-
chen renoviert. Es standen 490 Plätze mAra des Evangelischen Hilfswerks. sprächen in Schiller 25 waren unsere
zur Verfügung. Zusätzlich wurden von Schiller-Personal war bei jedem Haup- Berater täglich zwischen 17.00 und
der Heilsarmee 13 Betten für Männer teinweisungstag in FamAra präsent. 22.00 Uhr vor Ort in den Kälteschutz-
mit gesundheitlichen Problemen be- räumlichkeiten. Unser Team konnte
reitgestellt. Im Vergleich zum Vorjahr Während im Vorjahr durch- auf diese Weise in Notfällen rasch und
wurde die Bettplatzkapazität somit schnittlich noch 203 alleinstehende unbürokratisch agieren, um eine sozi-
um ca. 65 % erhöht. Das Haus 12 stand Personen pro Nacht den Kälteschutz al orientierte Betriebsführung des
für den Kälteschutz zwischen 17.00 in Anspruch genommen haben, wa- Kälteschutzes zu bewerkstelligen und
Uhr und 9.00 Uhr offen. Spätestens ren dies im Berichtszeitraum 310 Per- um Eskalationen zu vermeiden.
um 9.00 Uhr mussten die Obdachlo- sonen. Der Tag mit der höchsten Bele-
sen die Kälteschutzräume verlassen. gung war der 11.03.2015. Insgesamt

• 31
Winterperiode 1. November 2014 – 31. März 2015
Klienten bezogene Episoden

Schau dir diese grauen Haare an

W eißt du… Sie hat mir alles


gegeben, was sie mir geben
konnte: Verständnis, Aufmerk-
ein Einreiseverbot in die EU,
es wurde in Holland ausge-
stellt, weißt du…
Ich bin hier gestrandet,
mit 100 Euro in der Tasche.
Klar musste ich zuerst auf der
samkeit, Liebe, Freiheit. Und Straße leben! Mal unter der
Zeit, vor allem Zeit! Sie hat Das habe ich ihr nie er- einen Brücke, mal unter der
nie versucht, mich zu irgend- zählt, aber ich glaube, sie anderen… Wie das war? Ich habe
was zu zwingen. Sie hat alles hat es geahnt… Jahre später viele Jahre einfach nur ge-
für mich gemacht und ist lag sie in ihrem Sarg, mit kämpft… Manchmal habe ich mich
trotzdem immer im Hintergrund frei gefühlt. Manchmal war
geblieben. Sie selber hat nie ich einfach nur kaputt. Das
etwas erwartet, weißt du… Sie Leben auf der Straße hat mir
hat mich nie gefragt, was ich viel Kraft geraubt. Nach ei-
in der Nacht gemacht habe und nigen guten Jahren war ich so
warum die Polizei nach mir erschöpft von den ganzen Be-
suchte. Auch nicht, wie ich mühungen, dass ich dachte, es
mein Geld verdiente. Auch eins muss sich etwas ändern. Immer
konnte sie nicht - und dafür wieder neu zu starten war
bin ich ihr heute sehr dankbar nicht mehr so reizend, weißt
- sie konnte meine Erfahrun- du … Ich wollte es auch nicht
gen nicht an meiner Stelle ma- mehr. Ich dachte: „Du bist
chen, weißt du… jetzt nicht mehr so jung, du
musst etwas unternehmen!“
Diese musste ich selbst an
meiner eigenen Haut experi- Doch dann… Nachdem ich be-
mentieren… Ob das gut war, schloss, ein normales Leben
fragst du?! Schau dir diese zu führen, bekam ich hier eine
grauen Haare an: hier steckt Arbeitsstelle angeboten. Das
ganz schön viel Lebenserfah- war Zufall, weißt du … Mal
rung! … Ha-ha-ha, klar bin ich wieder Glück gehabt!
stolz darauf! Natürlich war
es nicht einfach. Ich bin ganz Ich erhielt von allen Sei-
schön tief gefallen, hatte ten Hilfe, als ob alle Men-
aber immer ganz viel Glück… schen, die ich traf, Interes-
Ich glaube, ihre Gebete haben se gehabt hätten, mich zu ret-
mir geholfen. Sie war sehr ten. Dieses Wort gefiel mir
gläubig, weißt du … damals nicht, ich war doch
demselben Lächeln im Gesicht… nicht ertrunken, weißt du …
Tja, damals, mit 14 war ich Ja, sie war eine tolle Frau,
schon auf der Straße, mit 17 weißt du … Aber ich ließ mich retten,
kannte ich das Strafgesetz- sozusagen, weil ich, wie ge-
buch auswendig, mit 18 hatte Ob ich meine Großmutter sagt, zu müde war. Soziale Un-
ich schon alles auf dem Dro- vermisse?? … Ich glaube schon… terstützung nannten sie das
genmarkt ausprobiert und mit Bald nachdem sie tot war, Ganze. Das hatte ich zum ers-
20 – eine fette Akte bei der durfte ich wieder ausreisen, ten Mal in meinem Leben ge-
Staatsanwaltschaft. Mit 21 und das habe ich auch getan, hört, weißt du …
bekam ich in meinen Reisepass weißt du …

•32 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


Ich weiß nicht, warum sie Aber jetzt mit 35 denke ich terstützung – so nennt ihr
das gemacht haben. Vor allem mir, dass ich auch ein biss- das, oder? – leisten. Es ginge
eine ganz nette Beraterin, chen weiter geben kann, von eventuell manchmal auch zwei
die wahrscheinlich in mich dem, was ich bekommen habe, Mal in der Woche, aber nie
verliebt war. Ich habe sie weißt du? Ja-genau, als Vo- sonntags, da gehe ich zum Fuß-
dann zum Kaffee eingeladen, lontär meine ich das! ball. Und freitagnachmittags
sie hat aber sofort „nein“ ge- geht’s auch nicht, da muss ich
sagt. Das man einfach so, kos- Wahrscheinlich werde ich zum Stammtisch, weißt du?
tenlos, Hilfe anbietet, das keine Obdachlosen von der
kam mir verdächtig vor. „Du Straße holen können, zu euch Was für ein Stammtisch? Es
bist doch nicht meine Groß- müssen sie selber kommen, aber ist so eine Austausch-Gruppe,
mutter!“ Ich glaube, mit dem ich kann schon einmal in der mein Arzt hat mich dorthin ge-
Satz habe ich sie beleidigt, Woche für ein paar Stunden bei schickt, aber Stammtisch
weißt du? euch ein bisschen soziale Un- klingt doch besser, weißt du…
A.E.

Die Geschichte des obdachlosen Mannes

A n einem kalten winterli-


chen Tag war ich in der
Stadt unterwegs. Vor einem
und ist trotzdem Gott dafür
sehr dankbar. Geld, das er
nicht selbst verdient hat,
Restaurant sah ich einen ob- will er nicht annehmen. Ich
dachlosen Mann mit einer Plas- habe ihm die 2 Euro gegeben
tiktüte in der Hand. Je mehr und bin nachdenklich weiter
ich mich annäherte, desto gegangen.
klarer wurde mir das ganze
Bild. Im Nu merkte ich, dass Die Geschichte des obdach-
der Mann ein Klient von losen Mannes hat mich sehr be-
„Schiller 25“ ist. Ein kleines Katzenbaby saß rührt und zum Nachdenken ge-
in seiner Hand. Er erzählte bracht. Sie hat mir gezeigt,
Er stand vor einem Restau- mir, dass er kein Geld hat, um dass Prinzipien stärker als
rant, genau neben einem Lüf- Katzenfutter zu kaufen. Das der Hunger sein können. Bevor
tungsschacht. Alles war ne- Katzenbaby hatte er unter ei- man die Menschen verurteilt,
belig und ich konnte nicht nem Baum gefunden und sofort sollte man gut nachdenken und
richtig feststellen, was der mitgenommen. Er wusste, was sich ein paar Fragen stellen.
Mann dort wollte. Ich hielt es bedeutet, im Winter bei Mi- Jeder von uns kann obdachlos
den Atem an und ging mit lang- nusgraden auf der Straße zu werden, aber nicht jeder wür-
samen Schritten auf ihn zu. schlafen, und wollte vermei- de sein Geld für ein Tier aus-
Was ich dann sah, hatte ich den, dass das Tier erfriert. geben, statt sich selber zu
nicht erwartet. Ich begrüßte Ich habe ihm 5 Euro angeboten. versorgen. Wer obdachlos ist,
ihn höflich und fragte ihn, was Er schaute mich mit seinen mü- muss sich nicht dafür schä-
er macht. Er drehte sich lang- den Augen an und sagte, dass men. Der Mann hat bewiesen,
sam zu mir und sah mich mit er nur 2 Euro annehmen möchte, dass er trotz seiner Not ein
weit geöffneten Augen an. damit er für die Katze was Herz hat und seinen Prinzipi-
kaufen kann. Er hat an dem Tag en folgt. Mariana Doncheva
nur trockenes Brot gegessen

• 33
Zusammenarbeit
Bei folgenden Einrichtungen/Ämtern/Kooperationspartnern/Kollegin-
nen und Kollegen möchten wir uns für die sehr gute Zusammenarbeit
recht herzlich bedanken:

> Landeshauptstadt München (Amt für Wohnen


und Migration, Stadtjugendamt, Sozialbürgerhäuser)
> Jobcenter und Agentur für Arbeit
> Rumänisches Konsulat und Frau Konsulin Ramona Chiriac
> Infozentrum Migration und Arbeit der Arbeiterwohlfahrt
> Deutscher Gewerkschaftsbund
> Bildung statt Betteln, Caritas
> Malteser Migranten Medizin
> Open Med
> Bahnhofsmission München
> Obdachlosenhilfe St. Bonifaz und Frater Prior Emmanuel Rotter OSB
> Haus an der Pilgersheimer Straße
> Haus an der Pilgersheimer Straße
> Heilsarmee
> Münchner Beherbergungsbetriebe und Pensionen,
die unsere Klientinnen mit Kindern aufgenommen haben
> Teestube „komm“–Streetwork
> Frauenobdach Karla 51
> Evangelischer Beratungsdienst für Frauen
> Herzogsägmühle (Diakonie Oberbayern)
> Werner Müller und Gerhard Hintermeier

• 34 Tätigkeitsbericht 01.04.2014 - 31.03.2015


„Die ganze Vielfalt, der ganze Reiz,
die ganze Schönheit des Lebens
besteht aus Schatten und Licht.“

Lew Tolstoi

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Finanzielle Unterstützung, die steuerlich abzugsfähig ist,
erbitten wir auf das Spendenkonto:
HypoVereinsbank / Kto.-Nr.: 275 44 44 / BLZ: 700 202 70
BIC: HYVEDEMMXXX / IBAN: DE33 7002 0270 0002 7544 44

Bitte geben Sie bei allen Zahlungen den Betreff „Schiller 25“ an.

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