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Tätigkeitsbericht 2015

01.04.2015 - 31.03.2016
„Die Menschen bauen zu viele
Mauern und zu wenig Brücken.“

Isaac Newton

• Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Inhalt

Vorwort 4
Allgemeines 5
Schenken und beschenkt werden 7
„Mehr Chancen als Risiken durch Zuwanderung“ 8
Sommerperiode 1. April 2015 - 31. Oktober 2015 9
Klientenbestand, Beratungsangebot 9
Der Wille ist Kraft 12
Erstauftritte in der Sommerperiode 13
Exkurs: Tätigkeitsbereich Niedriglohnsektor 14
Mit großem Herzen geschrieben 15
Streetwork – ganzjährige Aufgabe 16
Exkurs: Fragestellungen 17
Streetwork: Klientenbestand 18
Lichter 19
Informationsreise nach Rumänien 20
Eine Stadt – nah und fern 21
Winterperiode 1. November 2015 - 31. März 2016 22
Klientenbestand 22
Arbeit hat nichts mit dem Alter zu tun 27
Kälteschutzeinweisungen, Bettenbelegung 28
Nikolausabend 30
Kälteschutz: Erstauftritte, Beratungsangebot 32
Danksagung 34

Herausgeber und Redaktion:


Andreea Untaru, Einrichtungsleiterin, auntaru@hilfswerk-muenchen.de,
Mariana Doncheva und Milka Musovic, Stellvertretende Einrichtungsleiterinnen,
mdoncheva@hilfswerk-muenchen.de und mmusovic@hilfswerk-muenchen.de
Fotos:
Cover und Seiten 14, 19: Viviane Lita; Rückseite und Seiten 14, 19, 22, 26, 28: Erol Gurian;
Seite 29: Bahnhofsmission; Restliche Bilder: das Schiller-Team
Layout:
Nicole Üblacker Graphik (www.ueblacker-graphik.de)
Druck:
unitedprint.com Deutschland GmbH / print24

• 3
Vorwort

Es war einmal in der Steinzeit …


Es gab zwei Dörfer, die durch ein Ufer getrennt waren. Die Menschen gingen ihren täglichen Gewohnheiten nach;
trotzdem beobachteten sie immer wieder neugierig ihre fremden Nachbarn von Gegenüber. Eines Tages kam der
Niederschlag: viele unzählige Regentage und das Hochwasser... Eine Seite des Ufers war geschützt, da sie höher lag.
Deren Bewohner sahen unbeholfen, wie auf der anderen, niedrigeren Seite die schönen grünen Wege verschwanden.
Das Nachbardorf schien in großer Gefahr zu sein. Die Hilferufe wurden immer lauter, so dass die Menschen aus dem
wohlhabenden Dorf sich Sorgen machten. Rasch wurde ein Konzil der Alten ins Leben gerufen. Neue Ideen konnten
nach und nach umgesetzt werden. Trotzdem schien nichts zu funktionieren. Viele Rettungsflöße gingen in den stür-
mischen Wellen unter und gegenüber herrschte nur noch Trauer. Doch dann kam der Geistesblitz: Die erste Brücke,
improvisiert aus Lianen, Holzstämmen und Steinen, ermöglichte den Zugang zu den Menschen, die davor „die uner-
reichbaren Fremden“ von der anderen Seite waren.
Über die Ursprünge unserer heutigen computergesteuerten Hängebrücken denken wir schon lange nicht mehr nach.
Vielmehr schauen wir nach vorne. Bei unseren ambitionierten technologischen Entwicklungen fokussieren wir uns in
erster Linie auf Fortschritt. Dennoch bleibt die Frage nach den einzelnen Personen immer im Vordergrund. Wie kön-
nen wir durch unsere Brücken nicht nur Orten, sondern auch Herzen nahe kommen? Wenn die Mauern der Anderen
so unantastbar scheinen, welche Art von Brücke würde etwas bewirken?

Liebe Leserin, lieber Leser,


mit diesen Fragestellungen konfron- Weg. Sie hilft dem Einzelnen oder der Wir alle wollen weiterkommen.
tieren wir uns ständig auch in der Gruppe, die Reise fortzusetzen. Sie Wir möchten aus einer vielleicht gera-
Migrationsberatung, und ja, das Bild bringt Menschen zueinander und ver- de dunklen Perspektive heraus etwas
auf unserem Cover ist kein Zufall. Die bindet Städte, Regionen, Länder. Sie aufbauen. Möglicherweise einen neu-
Frage nach den Ereignissen des ver- fügt Unverbundenes zusammen und en Weg oder eine Brücke für die Zu-
gangenen Jahres können wir am bes- hebt Trennungen auf. Unabhängig da- kunft. Nicht selten scheitern unsere
ten durch eine Metapher beantwor- von, auf welcher Seite der Brücke man Versuche. Und nicht selten schmie-
ten. Die Brücke ist eines der ältesten sich befindet, egal ob man angekom- den wir – alleine oder gemeinsam –
Symbole der Menschheit. Einerseits men ist oder gerade aufbricht, ob man neue Pläne. Gemeinsam mit unserer
ein Werk zur Überwindung natürli- sich unter der Brücke versteckt oder Zielgruppe sind wir mit Wort und Tat
cher Hindernisse und andererseits alles von oben betrachtet, ob man ge- dabei, den Mythos der „unerreichba-
ein seit Jahrtausenden viel genutztes rade als Bauarbeiter, Tagelöhner oder ren Fremden“ in eine Erfolgsgeschich-
Bild für die Überbrückung von Architekt zur Entstehung einer neuen te umzuwandeln. Die Erfolgsge-
Schwierigkeiten und Gegensätzen. Brücke seinen ganz eigenen und per- schichte des Miteinanders.
sönlichen Beitrag erbringt – all diese
Die Überquerung der Brücke Bemühungen haben einen gemeinsa-
hat sowohl eine pragmatische als auch men Nenner: den Erfolg.
eine spirituelle Bedeutung. Immer
steht sie im Zusammenhang mit dem

Andreea Untaru Mariana Doncheva und Milka Musović


Einrichtungsleitung Stellvertretende Einrichtungsleitungen

• 4 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Allgemeines

Schiller 25 – Migrationsberatung Wohnungsloser betreut


das Kälteschutzprogramm der Landeshauptstadt München
und berät obdachlose/wohnungslose, nichtanspruchs­
berechtigte EU-Zuwanderer und Zuwanderinnen. 1

Gesetzliche Grundlagen gramm ins Leben. Hauptsächlich rich- tungsplätze wurde auf knapp 850
Die Beratung für EU-MigrantInnen, tet sich das Angebot an nichtan- Betten erhöht. Um die Betriebsfüh-
die keinen Anspruch auf Sozialleis- spruchsberechtigte EU-MigrantInnen. rung gewährleisten zu können, wur-
tungen haben, ist eine freiwillige Leis- den unsere Personalstellen auf insge-
tung der Landeshauptstadt München. Seit November 2013 ist Schiller samt neun sozialpädagogische Fach-
Die Beratung von anspruchsberech- 25 die zentrale Einweisungsstelle in kräfte erweitert.
tigten Personen ist in den §§ 67 ff. SGB den Kälteschutz. Zwischen 1. Novem-
XII geregelt. Die gesetzliche Grundla- ber und 31. März ist die Einrichtung Aufsuchende soziale Arbeit
ge für Maßnahmen zum Kälteschutz sieben Tage die Woche geöffnet, um (Streetwork)
ist im § 57 der Gemeindeordnung in Kälteschutzeinweisungen auszustel- Außerhalb der Kälteschutzperiode
Verbindung mit den Artikeln 6 ff. des len und den Hilfesuchenden Bera- lebt ein großer Teil unserer Zielgrup-
Landesstraf- und Verordnungsgeset- tung anzubieten. pe auf der Straße. Um diese Menschen
zes (LStVG) festgelegt. Weitere gesetz- zu erreichen und die jeweiligen Grup-
liche Grundlagen sind die Stadtrats- Alle Menschen, die in den Win- pen in ihrem unmittelbaren Lebens-
beschlüsse vom November 2012, Sep- termonaten in München obdachlos/ umfeld aufzusuchen, führen wir
tember 2013, Oktober 2014 und Okto- wohnungslos sind, können in den Käl- Streetwork im Stadtbereich durch.
ber 2015. teschutzräumen der Bayernkaserne Beim Aufsuchen sogenannter „wilder
während der Nacht untergebracht Camps“, über die wir regelmäßig von
Finanzierung werden. Diese Menschen sollen Zu- der Landeshauptstadt München in-
Der gesamte Kälteschutz sowie die da- gang zu sozialer Beratung haben und formiert werden, achten wir in erster
mit verbundene ganzjährige Bera- über die Hilfsangebote in München Linie auf den gesundheitlichen Zu-
tungsarbeit und aufsuchende Sozial- informiert werden. stand der obdachlosen Menschen.
arbeit werden vom Sozialreferat der Des Weiteren finden die Begehungen
Landeshauptstadt München bezu- Betrieb der Kälteschutzräume statt, um die Zielgruppe an die Bera-
schusst.2 Bereits vor vier Jahren, in der Kälte- tungsstelle anzubinden. Im Winter
schutzperiode 2012/2013, wurde das liegt der Fokus unserer aufsuchenden
Kälteschutz Evangelische Hilfswerk mit der Be- Sozialarbeit darin, wohnungslose Per-
Ausgangspunkt des Kälteschutzes ist triebsführung des Kälteschutzes be- sonen in die Schutzräume zu bringen,
die Verpflichtung der Landeshaupt- auftragt. Da sich die Verknüpfung von um eine eventuelle Selbstgefährdung
stadt München, den Menschen, die Betriebsführung und sozialer Bera- aufgrund von Nächtigung im Freien
sich im Stadtgebiet aufhalten, Schutz tung als erfolgreich erwies, erhielt zu vermeiden.
vor lebensbedrohlichen Umständen Schiller 25 vom Stadtrat im Oktober
zu gewähren. Unter dem Stichwort 2015 erneut den Auftrag, das Kälte- Schwerpunkte der Arbeit in
„Niemand darf in München auf der schutzprogramm (im Haus 12 der ehe- Schiller 25 – ganzjährig:
Straße erfrieren“ rief das Sozialreferat maligen Bayernkaserne) zu überneh- - aufsuchende Kontaktanbahnung
bereits 2012 das Kälteschutzpro- men. Die Kapazität der Übernach- und Clearing >

1 Menschen mit EU-Staatsangehörigkeit oder EU-Aufenthaltstitel


2 Obdachlose, nichtanspruchsberechtigte Familien mit Kindern werden im Winter ebenso im Kälteschutz untergebracht. Die Kosten hierfür
werden vom Sozialreferat – Amt für Wohnen und Migration getragen. Die Beratung und Betreuung der o. g. Zielgruppe finden seit Novem-
ber 2014 in der Einrichtung des Evangelischen Hilfswerks „FamAra – Migrationsberatung wohnungsloser Familien“ statt. Die Einrichtung
wird vom Jugendamt bezuschusst.

• 5
Allgemeines

- Streetwork für „wilde“ Camper - konzeptionelle Weiterentwicklung Vorjahr verdreifacht. Das aktuelle
- Information und Beratung über und Evaluation des Dienstes in Zu- Team deckt zehn Fremdsprachen ab
Perspektiven/Perspektivlosigkeit in sammenarbeit mit der Landes- (Rumänisch, Bulgarisch, Türkisch,
München in Bezug auf Arbeit, Woh- hauptstadt München Ungarisch, Serbisch, Kroatisch, Bos-
nen und Ansprüche auf Sozialleis- - Zusammenarbeit mit der Landes- nisch, Italienisch, Spanisch, Franzö-
tungen hauptstadt München und enge sisch, Polnisch Englisch). In der Win-
- umfassende Beratung über das so- Kommunikation und Vernetzung terperiode wird das hauptamtliche
ziale Hilfesystem in München mit der Münchner Wohnungslosen- Schiller-Team von ehrenamtlichen
- umfassende Beratung in allen ar- hilfe und den Migrationsdiensten, MitarbeiterInnen unterstützt. Im
beits- und sozialrechtlichen sowie u. a. mit Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Zeitraum November 2015 – März 2016
gesundheitlichen Belangen Deutschem Gewerkschaftsbund, waren in Schiller 25 knapp 30 ehren-

Werner Müller und Gerhard Hintermeier

Oben, von links nach rechts: Anton Auer


(Bereichsleitung) und das Schiller-Team:
Tsvetomira Petrova, Cemil Inangil, Sorina Grigore,
Florentina Ion, Mariana Doncheva, Adriana Mihaita.
Unten, von links nach rechts: Claudia Frei,
Arnold Tolnai, Andreea Untaru, Selda Kalkan

- Informationen über alternative open.med und Malteser Migranten amtliche Kolleginnen und Kollegen
Unterkünfte, wie z. B. Arbeiter- Medizin tätig, die bei den Einweisungen in die
wohnheime und ggf. die Vermitt- - Öffentlichkeitsarbeit bzgl. der The- Kälteschutzräume unterstützten, so
lung in diese matik „Zuwanderung/Kälteschutz“ dass wir mit unseren Hilfesuchenden
- Vermittlung zu geeigneten und - Mitarbeit in allen fachlich relevan- in insgesamt 15 Fremdsprachen kom-
fachspezifischen Beratungsstellen, ten Gremien. munizieren konnten.
die den aktuellen Beratungsprozess
ergänzen Entwicklung der Einrichtung und Gliederung des Tätigkeitsberichts
- Entwicklung positiver und realisti- aktuelles Team Der aktuelle Bericht ist unterteilt in
scher Lebensperspektiven Entgegen allen Befürchtungen ist die einen Teil bezüglich unserer Tätigkeit
- Rückkehrberatung und Rückkehr- Anzahl der Personen, die in der Be- in der Winterperiode (Kälteschutz)
hilfen in die Heimatländer richtsperiode den Kälteschutz in An- und unserer Arbeit in der Sommerpe-
- Entwickeln von Unterstützungs- spruch genommen haben, im Ver- riode (außerhalb des Kälteschutzes).
möglichkeiten in den Herkunftslän- gleich zum Vorjahr konstant geblie- Die gesamten Zahlen (Klientenbe-
dern der Zielgruppe; wenn möglich ben. Im Gegensatz dazu hat sich die stand, Beratungsangebot etc.) sind ge-
Aufbau eines Hilfenetzwerkes im Gesamtzahl der Personen, die unser sondert für die zwei sogenannten
Ausland (gemeinsam mit der Lan- Beratungsangebot nutzten, verdop- „Jahreszeiten“ ausgewertet. Die Aus-
deshauptstadt München und ande- pelt. Die Anzahl der Streetworkbege- wertung der aufsuchenden sozialen
ren Kommunen) hungen hat sich im Vergleich zum Arbeit erfolgt für das komplette Jahr.

• 6 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Schenken und beschenkt werden
I m Trubel des Großstadtge-
wimmels der Stadt München
stehe ich kurz still. Nehme die
– wichtig für mich als zukünf-
tige Mitarbeiterin im Ehrenamt
hinter dem Frontoffice – dessen
Papier und reiche es über den
Tresen. Der Mensch nimmt das
Papier, schiebt es schnell in
Menschen wahr. Eine Gruppe jun- administrative Aufgabe. Ab da seine Tasche und sieht mich
ger Männer steht vor einem bin ich ein Teil des Ehren- über den Tresen hinweg nochmal
blauen Eckhaus, Mann für Mann amt-Teams von „Schiller 25“. an. Er sieht mich an und dreht
tritt hinein. Ich sehe genauer Hier kann ich kurzfristig hel- sich rasch weg, um in die Welt
hin, da steht „Schiller 25 – fen, indem ich einen kleinen hinaus zu gehen. Nochmal ein
Migrationsberatung Wohnungs- bürokratischen Akt ausüben kurzer, geschenkter Blick.
loser“. Ich gehe durch die Tür darf: eine unkompliziert aus-
und werde von einer jungen Frau gestellte, individuelle Be- Wirklich überraschend für
begrüßt „Was kann ich für Sie rechtigung zum Übernachten an mich ist das Gefühl der Freude
tun?“ einem warmen Ort, eine sich am Ende des ehrenamtlichen
täglich wiederholende Situati- Dienstes. Man empfindet diese
Im laufenden Gespräch darf on in der Schillerstraße 25. Freude vor, während, aber vor
ich Fragen stellen und die Ant- Dadurch wird vielen Menschen allem nach der Arbeit. Tiefer-
worten hören, aber vor allem für einen kurzen Moment Er- gehend ist die Empfindung des
sehe ich sie live und in Farbe. leichterung verschafft. Vor Staunens, wer alles vor uns
Es gefällt mir, wie wertschät- meiner Tätigkeit hier wusste steht. Zu den „Obdachlosen“
zend und umsichtig alle mitein- ich nicht, dass es für alle hatte ich vorher eine „Husch-
ander umgehen. Die respektvol- wohnungslosen Menschen in der blick - Beziehung“. Ich sah
le, tatkräftige und fröhliche Stadt ohne „wenn“ und „aber“ fi- sie, sah sie aber auch nicht.
Art der fleißigen Mitarbeite- nanzierte, gesicherte Über- Persönlich kannte ich vorher
rInnen gibt den Aus­schlag, ger- nachtungsmöglichkeiten wäh- keinen. Seit meiner Aufgabe bei
ne hier mitmachen zu wollen. rend der kalten Wintermonate „Schiller 25“ sehe ich sie in
gibt. Mein Gegenüber reicht mir ihrem ganzen Sein. Jeden ein-
„Ich möchte hier ehrenamt- sein Wertvollstes: seinen Aus- zelnen besonderen wertvollen
lich arbeiten und mithelfen“. weis. Und seine Aufmerksam- Menschen.
Die Antwort am Ende des Ge- keit. Ich begrüße ihn, nehme
sprächs kommt sehr offen: „Du das Dokument und beginne mit Vorurteile? Enge Sichtweise?
bist willkommen!“ der Anmeldung für die Not- Helfersyndrom? Alles Quatsch.
schlafstelle. Zwischenmen­ Das echte bunte Leben ruft,
„Du bist willkommen“ ist das schlich, während des Vorgan- legt seinen Ausweis auf den
Credo der Einrichtung „Schil- ges, oft ein schneller Blick. Schiller-Empfangstresen und
ler 25“ und wird tagtäglich ge- Dieser Blick erreicht mich. In- will gelebt werden. Und über-
lebt. Auf Worte folgen Taten. nen wie außen… Schwungvoll set- rascht immer wieder.
Schwuppdiwupp bin ich bei der ze ich nach der Registrierung Maja Demirović, ehrenamt­liche
informativen Einführung zum und Überprüfung der Dokumente Mitarbeiterin
Thema Kälteschutzprogramm und den offiziellen Stempel auf das

• 7
Einführung

„Mehr Chancen als Risiken


durch Zuwanderung“
S o heißt einer der Zuwanderungsmonitore des Instituts für Arbeits-
markt- und Berufsforschung (IAB) vom Januar 2015. Was bei dem
normalen Bürger allerdings einen stärkeren Einfluss hat, sind die Bil-
der des Alltags, die einem auf der Straße begegnen, die roten Titel der
Boulevard-Presse und alarmierenden Reportagen. Monatlich analy-
siert die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit die Aus-
wirkungen verschiedenster Faktoren auf den Arbeitsmarkt. Obwohl
öffentlich, kommen diese Ergebnisse meistens nur bei denjenigen an,
die sich mit der oben genannten Thematik auseinandersetzen:

„Ohne Zuwanderung würde das Erwerbspersonenpotenzial bis zum Jahr 2050 rund um ein Drittel sinken.
Das Bruttoinlandsprodukt und die Einkommen der einheimischen Bevölkerung sind durch die
Zuwanderung gestiegen.“

„Die gegenwärtig in Deutschland lebende ausländische Bevölkerung zahlt mehr Steuern und Abgaben als
sie personenbezogene Leistungen des Staates und der Sozialversicherungen bezieht.“

„Langfristig ergeben sich durch Zuwanderung erhebliche Nettogewinne für die öffentlichen Haushalte und
Sozialversicherungssysteme, weil die gegenwärtigen Zuwanderer sehr viel besser qualifiziert und in den
Arbeitsmarkt integriert sind als der Durchschnitt der ausländischen Bevölkerung im Jahr 2012.“

„Ausländer tragen genauso wie Deutsche durch ihre Steuern und Abgaben zum Aufbau staatlichen
Vermögens bei, etwa durch staatliche Investitionen. Auch finanzieren sie durch ihre Steuern und Abgaben
die Defizite staatlicher Unternehmen.“

„Langfristige Effekte der Zuwanderung: Da Zuwanderer durchschnittlich jünger sind als die bereits in
Deutschland lebende Bevölkerung, steigt durch Zuwanderung das Verhältnis von Erwerbspersonen zu den
nicht mehr Erwerbstätigen. Die künftigen Zuwanderer tragen deshalb einen größeren Anteil des Transfers
der Erwerbstätigen an die ältere Generation als in der Gegenwart. Das verbessert die fiskalische Bilanz der
Zuwanderung. Durch die positiven Auswirkungen der Zuwanderer auf die Altersstruktur der Bevölkerung
müssen die Migranten allerdings nicht genauso gut wie die einheimische Bevölkerung qualifiziert und in
den Arbeitsmarkt integriert sein, damit ein positiver Nettobeitrag entsteht.“

In Anbetracht der in diesen Studien ermittelten Auswirkungen


der Zuwanderung ist es befremdlich von „Chancen“ zu sprechen. Viel-
mehr lässt sich mit nachweisbarer Sicherheit bereits feststellen, dass
die Zuwanderung nicht nur Chancen aufweist, sondern im buchstäb-
lichen Sinne schon ein Gewinn für die Gesellschaft ist.

Zitate aus: IAB, Zuwanderungsmonitore von Januar und Juni 2015

• 8 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Sommerperiode 1. April 2015 - 31. Oktober 2015

Klientenbestand Von der Gesamtzahl der 870 Lebensunterhalt der Hilfe­


870 Zuwanderinnen und Zuwanderer Hilfesuchenden, die sich in der Som- suchenden
nahmen in der ausgewerteten Be- merzeit in unserer Beratung befan- Auskünfte hierüber werden in der
richtsperiode an 2.763 Beratungsmaß- den, hatten 369 Personen einen ru- Erstberatung erhoben. Eine genaue
nahmen teil. Über die Hälfte der Kli- mänischen Pass und 263 Personen Datenerhebung über den Lebensun-
entInnen (489 Personen), die sich in einen bulgarischen. Des Weiteren do- terhalt der KlientInnen konnte nur
der Beratung befanden, waren neu in kumentierten wir 43 Personen mit bei 420 Personen stattfinden. 201 von
der Einrichtung und hatten somit den italienischer Staatsangehörigkeit. 195 den 420 Hilfesuchenden hatten be-
ersten Kontakt zu Schiller 25 nach Personen kamen aus anderen Län- reits ein vertragliches Arbeitsverhält-
dem 1. April 2015. dern wie z. B. Ungarn, Polen etc. nis oder übten Gelegenheitsjobs aus.
80 obdachlose KlientInnen bestritten
Im Vergleich zum vergangenen Nationalität Sommer 2014 Sommer 2015 ihren Lebensunterhalt durch Fla-
Sommer hat sich die Anzahl der Perso- schensammeln oder Betteln. Bei 61
nen in der Beratung verdoppelt, wäh- Rumänien 149 369 der Hilfesuchenden, die neu in Mün-
rend die Anzahl der Beratungsgesprä- Bulgarien 107 236 chen waren, wurde der Lebensunter-
che sich mehr als verdreifacht hat . halt durch eigene Ersparnisse oder
durch die Unterstützung Angehöriger
Täglich fanden ca. 11 Weiterver- Im Vergleich zu der Sommerpe- ermöglicht und bei 41 Personen un-
mittlungen statt. Alleinstehende und riode 2014 haben sich die Zahlen der terstützten karitative Einrichtungen.
auch Familien, deren Fragen einen an- gesamten Hilfesuchenden mehr als Der Sozialleistungsbezug stellte ledig-
deren Fokus als die Wohnungs-/Ob- verdoppelt. lich bei 14 Personen den Lebensunter-
dachlosigkeit der nichtanspruchsbe- halt sicher (11 Personen bezogen ALG
rechtigten EU-Zuwanderer hatten, Klientenbestand nach Alter II-Leistungen, 3 Personen SGB
wurden über anderweitige Beratungs- 273 Personen waren zwischen 41-50 XII-Leistungen). Arbeitslosengeld be-
angebote informiert. Die Weiterver- Jahre alt. Die zweitgrößte Altersgrup- zogen 8 unserer KlientInnen und 7
mittlung erfolgte unkompliziert am pe war zwischen 31-40 Jahre alt. Hier- Personen erhielten Rentenleistungen.
Empfang von Schiller 25, ohne dass zu gehören 237 Personen. 195 Perso-
ausführliche Beratungen vorgenom- nen waren im Alter zwischen 18-30 Beratungsangebot
men wurden. Demzufolge sind diese Jahre. 127 Personen waren zwischen In den 2.763 Beratungsgesprächen
Personen nicht in unseren Statistiken 51-60 Jahre alt. 38 Personen waren wurden diverse Themen und Proble-
erfasst. über 61 Jahre alt. Somit war der größte me der KlientInnen bearbeitet.
Anteil der KlientInnen im erwerbsfä-
Geschlecht, Nationalität und Alter higen Alter. Knapp 40 % der Beratungsge-
der gesamten Hilfesuchenden spräche hatten als Hauptthema die
Der Frauenanteil beträgt in der ausge- Hauptprobleme beim Erstauftritt Perspektive auf dem Münchner Woh-
werteten Berichtsperiode 25 %. Im Dies waren die Obdach-/Wohnungslo- nungs- und Arbeitsmarkt durch den
Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil sigkeit (bei 718 KlientInnen), das pre- Einstieg in sozialversicherungspflich-
der Frauen gesunken. Allerdings ist käre Wohnen bzw. das kurzfristige tige Arbeitsverhältnisse. In der Hälfte
diese Zahl beträchtlich hoch im Ver- Wohnen bei Bekannten/Freunden davon (530 Beratungsgesprächen)
gleich zu der „klassischen“ Wohnungs- (bei 126 KlientInnen) sowie die gerin- wurde den Hilfesuchenden in der
losen-/Obdachlosenhilfe. Offen­sicht­ gen oder fehlenden Deutschkenntnis- Muttersprache erklärt, wie der Ar-
lich nimmt die Gleichstellung der Ge- se (bei 640 KlientInnen). Bei zahlrei- beitsmarkt funktioniert. Weitere we-
schlechter auch in unserem Arbeits- chen KlientInnen wurden gleichzeitig sentliche Punkte wie Beantragung ei-
gebiet zu. Nichtsdestotrotz dürfen die mehrere Probleme dokumentiert. ner Steuer-ID-Nummer, Steuerklas-
Schwierigkeiten, mit denen eine ob- sen, schriftliche/mündliche Arbeits-
dachlose Frau in einem fremden Land verträge, Pflege von Dienstzeitnach-
konfrontiert wird, nicht außer Acht weisen, Arbeitsverlust, wurden eben-
gelassen werden. so erläutert. Bei weiteren 523 Gesprä-
chen wurde anschließend eine Post-
adresse zwecks Arbeitssuche eröff- >

• 9
net. Dies führte bei 215 Personen u. a.
zur Unterzeichnung eines Arbeitsver-
trages. Des Weiteren wurden – bei den
Hilfesuchenden, die sich in Notsitua-
tionen befanden - 368 mildtätige
Maßnahmen durchgeführt. In Einzel-
fällen wurde z. B. für Medikamente
eine geringfügige Geldsumme zur
Verfügung gestellt oder Schlafsäcke
wurden verteilt. In 270 weiteren Bera-
tungsmaßnahmen wurde allein das
Nationalität der Gesamtklienten (Sommerperiode) Thema Unterkunft besprochen sowie
die Erfolge der Hilfesuchenden, die ei-
ne Unterkunft finden konnten (Miet-
vertrag, Rechte, Pflichten etc.). Zu den
Themen Krankenversicherung, Über-
tragung der ausländischen Kranken-
versicherung, Beantragung einer neu-
en Krankenversicherung, Kranken-
hauskosten, Krankentransport-Ab-
rechnung, gesundheitliche Notver-
sorgung, Vermittlung zu Open.med,
Malteser Migranten Medizin und St.
Bonifaz, fanden insgesamt 233 Ge-
spräche statt. 123 Gespräche hatten
das Thema Rückkehr in die Heimat.
Davon wurden knapp 80 Fälle an die
Bahnhofsmission zwecks Rückfahr-
karte weitervermittelt. Ein weiteres
vorrangiges Beratungsthema bei un-
seren Hilfesuchenden sind Schulden.
Klientenbestand nach Alter(Sommerperiode) Da wir keine Schuldnerberatungsstel-
le sind, vermitteln wir in komplexen
Fällen zu der Schuldnerberatungsstel-
le des Evangelischen Hilfswerks. Ein-
fache Fragestellungen können wir al-
lerdings in einer Schuldnererstbera-
tung klären, da unsere Zielgruppe oft
über mangelnde Deutschkenntnisse
verfügt und die Schuldnerberatungs-
stellen Beratung nur in deutscher
Sprache anbieten können. Vor allem
die Fragen „Wie stelle ich einen Antrag
auf Ratenzahlung und was muss ich
dabei beachten?“ wurden in 123 Bera-
tungsmaßnahmen beantwortet.

Inhalte der Beratung in der Sommerperiode

• 10 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Sommerperiode 1. April 2015 - 31. Oktober 2015

In 112 Gesprächen wurden ord- kratische Angelegenheiten ist es für


nungs- und strafrechtliche Themen unsere Zielgruppe sehr wichtig, post-
geklärt. Hierzu zählen MVG-Strafen, alisch erreichbar zu sein. Innerhalb
die Bettelverordnung der Landes- von sieben Monaten gab es insgesamt
hauptstadt München, das sogenannte 523 aktive Postadressen bei Schiller 25.
„wilde Campieren“, Problembereiche 224 neue Postadressen wurden in die-
nach der Haftentlassung. Außerdem sen Zeitraum eröffnet und 41 Postad-
wurden verschiedene Schreiben der ressen wurden abgemeldet.
Staatsanwaltschaft übersetzt.

In knapp 100 Fällen wurden die


Hilfesuchenden zu verschiedenen
Ämtern und Behörden begleitet. 80
Personen wurden ausschließlich zum
Thema Ansprüche auf Sozialleistun-
gen beraten. Sonstige 303 Beratungs-
gespräche fanden zu den Themen
psychosozialen Krisen, Kriseninter-
ventionen etc. statt.

Aktive Unterstützung bei der


Arbeitssuche: „c/o Schiller 25“
Da unsere Hilfesuchenden nach Mün-
chen eingereist sind, um eine neue
Perspektive aufzubauen, ist die Frage
nach dem „Fußfassen“ auf dem
Münchner Arbeitsmarkt von großer
Bedeutung und kann nur schrittweise
beantwortet bzw. bearbeitet werden.
Für den Start ist eine Steuer-Identifi-
kationsnummer erforderlich. Nicht
jeder Arbeitgeber ist bereit, einer Per-
son einen Arbeitsvertrag anzubieten,
wenn diese keine Meldeadresse nach-
weisen kann. Außerdem ist nicht je-
des kleine Unternehmen darüber in-
formiert, wie die Erstmeldung beim
Finanzamt erfolgt. In einem Koopera-
tionsgespräch mit dem Münchner Fi-
nanzamt konnten wir eine Menge er-
Ich bin aus Spanien nach München
fahren, was für unsere Hilfesuchen- gekommen, weil ich hier arbeiten wollte.
den wichtig ist. Für den Kontakt mit Es war sehr schwierig eine Arbeitsstelle zu
den Behörden, für die künftige Woh- finden. Schiller 25 hat mich durch Adriana
nungssuche sowie für weitere büro- sowohl moralisch als auch finanziell
unterstützt.

• 11
W er will, der kann. Alles
ist möglich - Wege gibt es
Beratungstermin und einen
Flyer mit der Wegbeschreibung
überall. Der Wille ist die
Kraft, die mit ihrer Stärke
Der Wille zu unserer Einrichtung. Am
nächsten Tag erschien er wie
alles überwindet. Er ist nicht
angeboren, sondern wird mit
ist Kraft versprochen. Er erzählte,
dass das Haus am Abend davor
der Zeit erworben. Die aus- von der Polizei geräumt wor-
sichtslosen Situationen des den war und er plötzlich ob-
Lebens wirken wie ein Aktiva- dachlos war. Er bekam von uns
tor für unsere Willensstärke. einen Übernachtungsschein im
Dies gilt auch für unseren Kälteschutz. Iliya wollte
Klienten Iliya. wissen, was er alles für die
Arbeitssuche brauche. Im Lau-
Iliya ist 49 Jahre alt und fe der Beratung wurde ihm eine
kommt aus Bulgarien. Er ge- Postadresse eröffnet, damit
hört zu einer türkisch spre- er seine Briefe empfangen und
chenden Minderheit, ist ver- Arbeit suchen kann. Nach ei-
heiratet und hat zwei Söhne. ner Woche betrat er das Büro
Die Schule absolvierte er mit mit einem Lächeln. Er infor-
gutem Abschluss. Nach dem mierte uns, dass er eine Stel-
Wehrdienst arbeitete er in le als LKW-Fahrer hat. Der
einer Fabrik als Speditions- erste Schritt war gemacht.
leiter. Eines Tages wurde die
Fabrik privatisiert und Iliya Iliya hat nach einigen Mo-
wurde arbeitslos. Er fand un- naten auch eine Unterkunft
terschiedliche Aushilfsjobs gefunden. Später besuchte er
und verdiente ca. 200 Euro mo- einen Deutschkurs. Sein Ziel
natlich, was aber nicht genug ist nach wie vor, so schnell
war, um seine Familie über wie möglich seine Familie zu
Wasser zu halten. Er sah in sich zu holen. Dazu gehört
Bulgarien keine Perspektive auch seine Nichte, deren El-
mehr und entschied, 2013 nach tern bei einem Autounfall ums
Deutschland zu gehen. Als er Streetwork-Tätigkeit hin. In Leben gekommen sind. Er spart
in München ankam, erfuhr er, dem verfallenen Haus gab es Geld, um den Traum seines Le-
dass es eine Migrationsbera- keinen Strom und kein Wasser. bens mit der ganzen Familie in
tungsstelle für wohnungslose Die Menschen übernachteten München zu verwirklichen.
und obdachlose Menschen gibt. auf Matratzen und bezahlten „Ich hätte es allein nicht ge-
dafür Miete. Die Bewohner wa- schafft“, sagt Iliya. „Bei
Wir von Schiller 25 erhiel- ren sowohl Familien mit Kin- euch habe ich die Kraft bekom-
ten eines Tages eine Meldung: dern als auch alleinstehende men, um weiter zu kämpfen. Am
In einem Haus in Moosfeld wür- Männer und Frauen. Das war un- Anfang wart ihr es und danach
den viele Bulgaren in prekä- sere erste Begegnung mit der Wille. Danke!“
ren Wohnverhältnissen leben. Iliya. Er bekam sofort einen Mariana Doncheva und
Wir fuhren im Rahmen unserer Cem Inangil

• 12 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Sommerperiode 1. April 2015 - 31. Oktober 2015

Klientenbestand der neuen Vergleich: Nationalität dieser Offiziell lebten in München im


Hilfe­suchenden (Erstauftritte). Gruppe und Aufenthaltsland vor Jahr 2015 knapp 420.000 MigrantIn-
Nationalität dieser Gruppe. München nen, die Hälfte davon aus der Europä-
Von der Gesamtzahl der 870 Hilfesu- Ähnlich wie im vergangenen Sommer ischen Union. Von der Gesamtanzahl
chenden, die sich in der Sommerperi- ist hierbei der Hintergrund der EU-Zu- kommen ca. 3 % aus Bulgarien und 4
ode in der Beratung befanden, waren wanderung erkennbar. Von den ge- % aus Rumänien. Bundesweit sieht
56 % neu in unserer Beratungsstelle. samten 215 neuen Hilfesuchenden, die die Lage folgendermaßen aus: Die An-
Bei 310 Personen der 489 neuen Hilfe- eine rumänische Staatsangehörigkeit zahl der MigrantInnen aus Bulgarien
suchenden fand der Erstkontakt zu hatten, kamen nur 142 direkt aus Ru- und Rumänien ist in den ersten acht
der Einrichtung kurz nach der Einrei- mänien; auch die 133 neuen bulgari- Monaten des Jahres 2015 um 99.000
se in München statt. schen KlientInnen kamen nicht alle Personen (+14 % gegenüber Vorjahres-
unmittelbar aus Bulgarien; viele von zeitraum), aus den acht mittel- und
Die Nationalitäten der neuen ihnen hielten sich vor München in an- osteuropäischen Staaten der ersten
489 Hilfesuchenden setzen sich wie deren deutschen Städten oder in Itali- Osterweiterungsrunde um 76.000
folgt zusammen: 215 Personen hatten en auf. Dies hat folgenden Grund: Vie- Personen (+7 %), gewachsen .
eine rumänische, 133 Personen eine le Südosteuropäer, die in Italien, Spa-
bulgarische Staatsangehörigkeit. Wei- nien oder in anderen deutschen Städ- Unsere Zielgruppe wird nur
tere 28 Personen waren Italiener. 53 ten keine Arbeit finden konnten oder teilweise in diesen Statistiken aufge-
Personen stammen aus anderen die ihre bisherigen Arbeitsstellen ver- zeigt. Die obdachlosen MigrantInnen
EU-Ländern (Ungarn, Kroatien, Spani- loren, ziehen innerhalb der EU weiter. können sich als Personen „ohne fes-
en, Polen, Portugal, Deutschland etc.); Viele von ihnen kommen in München ten Wohnsitz“ nicht anmelden, so
60 Personen kamen aus Drittstaaten an, da die Meinung besteht, dass die dass sie zu der Dunkelziffer gehören,
(16 Personen aus Marokko; je 5 Perso- Arbeitsstellen in Deutschland im Ver- die in den statistischen Berichten
nen aus Nigeria, Albanien, Serbien, gleich zu den übrigen EU-Ländern bes- nicht erfasst wird.
Ägypten und Somalia). ser bezahlt werden.

Nationalität der neuen Hilfesucheneden

Vergleich: Nationalitäten und Aufenthalt vor München (Sommerperiode)

• 13
Exkurs:
Tätigkeitsbereich
Niedriglohnsektor

E s ist für manch einen überhaupt


nicht vorstellbar, dass es in
Deutschland Arbeitsausbeutung gibt.
gerne beschäftigen, sind vor allem
das Bau-, Gaststätten-, Tourismus-,
Pflege- und Reinigungsgewerbe.
Die Mehrheit der Unionsbürger
geht in Deutschland einer sozialversi-
cherungspflichtigen Beschäftigung
Insbesondere MigrantInnen aus wirt- nach und viele haben ein gesichertes
schaftlich schwachen Ländern, meist Diese Menschen möchten ge- Einkommen2. Doch ein beachtlicher
aus der EU, sind jedoch davon betrof- nau wie alle anderen Arbeitnehmer Anteil gerät leider in ausbeuterische
fen. Viele hoffen in einer reichen für ihre geleistete Arbeit angemessen Arbeitsverhältnisse. Die Betroffenen
Stadt wie München eine Arbeit zu fin- bezahlt werden, um damit sich und können wegen der schlechten Bezah-
den und hierfür auch anständig ent- ihre Familien zu versorgen. Der ar- lung unter anderem keinen Wohn-
lohnt zu werden. Der Trend einer stei- beitsrechtliche Grundsatz, dass jede raum mieten und sind dadurch ge-
genden Beschäftigung von Auslän- Arbeitstätigkeit auch entlohnt wer- zwungen entweder obdachlos zu sein,
dern in Deutschland ist bis zur Jahres- den muss, wird offensichtlich von un- in prekären Wohnverhältnissen zu le-
mitte 2015 ungebrochen. In den ver- terschiedlichsten Arbeitgebern nicht ben oder sie müssen zusätzlich zu ih-
gangenen fünf Jahren ist die Zahl der sonderlich ernst genommen. rem geringen Lohn aufstockende
abhängig Beschäftigten in Deutsch- Leistungen nach dem ALG II beantra-
land um 1,1 Millionen, im Juli 2015 ge- Es gibt verschiedene Fallkons- gen, um ihre Existenz sichern zu kön-
genüber Juli 2014 um 283.000 Perso- tellationen wie es zu diesen prekären nen. Wenn diese Menschen für ihre
nen gestiegen.1 Leider können Statis- Arbeitsverhältnissen kommt. So wird geleistete Arbeit auch den ihnen ge-
tiken jedoch nicht die ganze Band- bereits von Anfang an beispielsweise setzlich zustehenden Lohn erhalten
breite des Alltags wiedergeben. So ist ein Stundenlohn von vier Euro ver- würden, müsste die überwiegende
es beispielsweise vollkommen unver- einbart oder der Verdienst wird vom Mehrheit der MigrantInnen keine
ständlich, dass trotz Einführung des Arbeitgeber nie ganz ausbezahlt. Be- aufstockenden Leistungen beantra-
Mindestlohnes und bestehender ar- liebt ist auch die Einstellung auf Mini- gen. Es ist alarmierend, dass der An-
beitsrechtlicher Vorschriften nach jobbasis, wobei die Betroffenen meist teil an erwerbstätigen Leistungsbezie-
wie vor eine erhebliche Umgehung Vollzeit arbeiten. Dementsprechend hern auffallend hoch ist. So waren im
bzw. direkte Verstöße hiergegen zum sind diese Arbeitnehmer dann trotz Januar 2016 rund 41 Prozent der er-
Arbeitsalltag in der Weltstadt mit Vollzeitbeschäftigung zum einen un- werbsfähigen ALG II-Leistungsbe-
Herz gehören. terbezahlt und zum anderen auch rechtigten aus Bulgarien und Rumä-
nicht sozialversicherungspflichtig. nien erwerbstätig3. Abgesehen davon,
Die betreffenden Beschäfti- dass der Sozialleistungsbezug von
gungsverhältnisse werden in der Re- Dies alles wird von den „Ausge- MigrantInnen stark politisiert wird,
gel freiwillig abgeschlossen, da selbst beuteten“ dennoch akzeptiert, da sie entgehen durch diese Vorgehenswei-
die unter den üblichen branchentypi- ihre Notlage und die Notwendigkeit, sen der betreffenden Arbeitgeber
schen Mindesttarifen bezahlten Ge- ihre Familien finanziell zu unterstüt- dem Staat unwiederbringliche Sozial-
hälter dennoch höher sind als in den zen, dazu zwingt, die ungünstigen Ar- leistungs- und Steuerbeiträge.
Herkunftsländern. Die Branchen, die beitsverhältnisse in Kauf zu nehmen. Milka Musovic
diese „günstigen Arbeitskräfte“ sehr

1 Quelle: IAB, Aktuelle Berichte 14/2015: Flüchtlinge und andere Migranten am deutschen Arbeitsmarkt: Der Stand im September 2015, S. 6
2 Diakonie Deutschland, Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in Deutschland 2014, S. 7
3 IAB, Aktuelle Berichte: Zuwanderungsmonitor Mai 2016, S. 5

• 14 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Sommerperiode 1. April 2015 - 31. Oktober 2015

Mit großem Herzen geschrieben

M ein Ehemann und ich sind


aus Slowenien nach Deutsch-
land gekommen, um hier zu le-
mit großer Aufmerksamkeit zu
und versuchte dann, mit uns
gemeinsam eine Lösung zu fin-
werbung abgeschickt und am
nächsten Morgen bekam mein
Mann einen Anruf, dass er zu
ben und zu arbeiten, um uns den. Die „erste Hilfe“ war, einem Bewerbungsgespräch kom-
ein besseres Leben aufzubau- dass wir zunächst einen men soll. Gleich am nächsten
en. Schlafplatz in verschiedenen Tag wurde mein Mann einge-
Einrichtungen bekamen. Leider stellt.
Als wir angekommen sind, wurden wir getrennt unterge-
haben wir sofort Arbeit ge- bracht – ich in einer Einrich- Mit unserer Sozialberaterin
funden und wir hatten ein tung für Frauen, Karla 51, und sind wir weiterhin in Kon-
kleines Untermietzimmer. Kurz mein Mann in der Obdachlosen- takt. Nicht nur sie, sondern
danach fingen wir auch mit ei- unterkunft für Männer an der alle Mitarbeiter dieser Ein-
nem Deutschkurs an, um uns das Pilgersheimerstraße. richtung bemühen sich mit
Leben und die Arbeit zu er- großem Herzen uns und Men-
leichtern. Nach eineinhalb In den folgenden Tagen wa- schen, die ähnliche Schwie-
Jahren verloren sowohl mein ren wir ständig in Kontakt mit rigkeiten haben, zu helfen.
Mann als auch ich ganz überra- unserer Sozialberaterin und Ich habe unsere Geschichte
schend unsere Arbeitsstellen. wir bemühten uns eine gemein- ebenso mit einem großen Her-
Infolgedessen schmiss uns der same Unterkunft zu bekommen. zen geschrieben, um sie mit
Eigentümer unseres Zimmers Wir hatten überhaupt kein Geld Menschen, die sich in ähnli-
von heute auf morgen raus. Auf mehr und Schiller 25 konnte chen Lebensumständen befinden,
einmal waren wir nur mit unse- uns auch hier durch eine ge- zu teilen und um meine tiefe
ren nötigsten, persönlichen ringfügige Geldspende aushel- Dankbarkeit gegenüber unserer
Sachen auf der Straße. Wir fen, die wiederum durch Beraterin und dem Team von
wussten nicht, wohin wir ge- Geldspenden anderer hilfsbe- Schiller 25 auszudrücken.
hen und was wir machen soll- reiter Menschen ermöglicht
ten, wir gingen ziellos durch wird. Liebes Schiller 25-Team,
die Stadt und verbrachten die bleibt weiterhin so wunder-
Nacht im Hauptbahnhof. Am Nach einigen schwierigen volle Seelen und bemüht euch
nächsten Morgen erfuhren wir, Wochen schafften wir es dann immer weiter. Danke für al-
dass es eine soziale Einrich- endlich, über das Notunter- les! Gott segne euch!
tung für Wohnungslose gibt bringungssystem der Stadt
und dass die Mitarbeiter dort München ein gemeinsames, In großer Dankbarkeit,
verschiedene Fremdsprachen kleines Zimmer zu erhalten, Bojana und Dragan“
sprechen. wo wir endlich wieder zusam-
men sein konnten. Wir hatten
Dort erzählten wir in der danach auch sehr großes Glück.
Beratung von unserem Problem. Wir hatten eines Abends von
Unsere Beraterin hörte uns einem Internetcafé eine Be-

• 15
Streetwork – eine ganzjährige Aufgabe

I n der gesamten Berichtsperiode


fanden 223 Begehungen an 67 ver-
schiedenen Plätzen in München
den 23 Obdachlosenplätze mehr als
im Vorjahr begangen.

statt1. Bei 57 Begehungen wurden kei- Schwerpunkte der Begehungen


ne Personen angetroffen. Meldungen Bei 92 Begehungen handelte es sich
zu 45 Plätzen kamen vom Abstim- um Plätze, an denen Obdachlose „wild
mungskreis „Wildes Campieren“ der campiert“ haben. In 49 Fällen über-
Landeshauptstadt München. 85 % der nachteten die Menschen im Freien.
Begehungen fanden außerhalb der Hier, anderes als beim sog. „wilden
Kälteschutzzeit statt. Die Anzahl der Campieren“, räumten die Obdachlo-
Plätze, die uns von der Landeshaupt- sen am Morgen ihre Schlafutensilien
stadt gemeldet wurde, hat sich im weg, so dass diese Plätze tagsüber leer
Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt standen. In 42 Fällen wurde über das
(vergangene Berichtsperiode: 26 Plät- Thema „Betteln“3 aufgeklärt und bei
ze). Die Meldungen der Stadt basier- weiteren 23 Begehungen ging es um
ten wiederum auf Mitteilungen von Ansammlungen von Menschen an öf-
Bürgern oder verschiedenen Ämtern. fentlichen Plätzen. In 14 Fällen han-
Eine Zunahme dieser Meldungen ist delte es sich um sonstige Situationen, Streetwork-Begehung am Hauptbahnhof.
unseres Erachtens nicht zwingend wie z. B. Übernachten im Auto oder Ergebnis der Begehung: „Keine Personen
angetroffen“.
mit einer Zunahme der „wilden Wohnwagen, prekäres Wohnen etc.
Camps“ verbunden; vielmehr spielt
hier auch die Boulevard-Presse eine In München wird das „wilde aufnahme im Rahmen der aufsu-
große Rolle, da durch Schlagzeilen zu Campieren“ nicht geduldet. Mit der chenden Sozialarbeit stattfindet. Die
Obdachlosen und MigrantInnen die Landeshauptstadt wurde vereinbart, Streetworker4 klären vor Ort die Ob-
Bevölkerung für dieses Thema sensi- dass vor einer Räumung durch das zu- dachlosen über das nicht erlaubte
bilisiert wurde. ständige Referat zuerst eine Kontakt- Campieren auf. Das Hauptziel von
Streetwork ist die Vermittlung
Die Anzahl an Begehun- an die soziale Beratung (Schil-
gen hat sich im Vergleich zum ler 25 bzw. weiteren zuständi-
Vorjahr verdreifacht2. Es wur- gen Einrichtungen).

Schwerpunkte der Begehungen

1 Zahlreiche Plätze mussten mehrmals begangen werden, da die Personen oft nicht angetroffen wurden.
2 In der gesamten Berichtsperiode war die Personalbesetzung deutlich besser als im Vorjahr, obwohl das Team nicht kontinuierlich voll
besetzt war.
3 Sicherheitsrechtliche Allgemeinverfügung über die Untersagung bestimmter Formen des Bettelns in Teilen des Stadtgebietes München
(KVR München vom 01.08.2014)
4 Hier findet permanent eine enge Zusammenarbeit mit den Streetworkern der Teestube „komm“ statt.

• 16 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Exkurs: Fragestellungen

Eine verpasste Chance, ein Kühlschrank und


eine Streetwork-Aufgabe

D er Kühlschrank steht vor


dem Zelt, mitten im Wald.
Weit und breit keine Elektri-
scheiben heraus, setzt sich
auf eine Plastikplane auf den
Boden und macht sich ein Sand-
Kreuz tragen, war das dann
schon alles? Und wenn man doch
etwas machen könnte, was wäre
zität. Bloß die S-Bahn hört wich. „Habt ihr Hunger?“ Die dieses „Machbare“? Wie kann
man aus der Ferne – sie exis- zwei Streetworker schütteln der Mann mit dem Kühlschrank
tiert ja noch, die moderne den Kopf. einfach so wieder in die „nor-
Welt da draußen. Hier ist es male“ Welt hinein geholt wer-
aber alles andere als modern. *** den?
Aus dem Zelt kommt ein junger
Mann heraus, mit einer Krücke Ein riesiges Puzzle setzt ***
unter dem Arm. Der Oktober ist sich aus solchen Fragmenten
kalt, den Mann scheint dies zusammen. Dazwischen schlei- Verpasste Chancen können
nicht zu stören. chen sich Fragen ein, die all- nicht nachgeholt werden. Was
zu oft unbeantwortet bleiben. definitiv machbar ist: eine
Sein rotgraues T-Shirt ist Wie kann der Mann mit dem zweite Chance anbieten. Und,
die einzige Farbe in der ne- Kühlschrank unterstützt wer- wenn notwendig, auch eine
beligen Umgebung. Er öffnet den? Wenn er meint, er habe dritte oder eine vierte Chan-
den Kühlschrank, holt sich die Chance seines Lebens ver- ce. Wer von uns hat sie nicht
eine halbe Salami, ein Messer passt und könne jetzt nur noch bekommen?
und die letzten vier Toast- am Rande der Gesellschaft sein Andreea Untaru

• 17
Streetwork: Klientenbestand

Klientenbestand möglich, mit einer hundertprozenti- Nationalität


Im Berichtszeitraum wurde zu 553 Per- gen Genauigkeit zu erfahren, wer sich Die Nationalitäten der KlientInnen
sonen Kontakt aufgenommen. 291 Per- bereits in der Beratung befindet, wer setzten sich wie in der unten stehen-
sonen waren uns von der Beratungs- mindestens einmal im Kälteschutz den Abbildung zusammen:
stelle oder von vorherigen Street- übernachtet hat und wer mindestens
work-Begehungen bekannt oder sie einen Kontakt mit unserem Street- Todesfälle
hatten bereits Informationen über work-Team ausschließlich außerhalb Frau V. I. war seit über sechs Jahren in
das Kälteschutzprogramm. Bei 52 Per- der Einrichtung aufgenommen hat. allen Obdachlosen-Einrichtungen be-
sonen war unklar, ob der Kontakt zum Um doppelte Auswertungen zu ver- kannt. Sie wurde regelmäßig von un-
ersten Mal stattfand1. Somit entstan- meiden, werden hier nur die 187 Per- serem Streetwork-Team an ihrem
den 187 Erstkontakte. Es wurden 60 sonen ausgewertet, zu denen wir Schlafplatz aufgesucht, vor allem
noch nicht bekannte Personen mehr beim Streetwork erstmalig Kontakt auch aufgrund ihrer sehr prekären
als im Vorjahr bei der Streetwork an- aufnahmen. Diese Personen waren physischen Situation. Nach einem
getroffen. demnach neu in München oder erst Notarzteinsatz wurde Frau V. I. im ver-
im Berichtszeitraum obdachlos ge- gangenen Herbst ins Krankenhaus
Hintergrund der Auswertung: worden. transportiert, wo sie kurz danach im
Im gesamten Berichtszeitraum gab es Alter von 55 Jahren verstarb.
in der Beratungsstelle Kontakt zu ca.
3.500 verschiedenen Personen, sei es
in der Beratung oder im Kälteschutz.
Nach Beendigung des Kälteschutzes
übernachten viele Klienten in größe-
ren oder kleineren Gruppen im Frei-
en. Zu den bestehenden Gruppen
kommen regelmäßig neue Personen
hinzu. In solchen Fällen werden nicht
die einzelnen Personen beraten, son-
dern die jeweiligen Gruppen. Es ist
darum bei unserer Zielgruppe un-

Nationalität der Streework-KlientInnen

1 Es ist nicht immer möglich, die Obdachlosen beim Streetwork anzusprechen oder einen Kontakt herzustellen. Dies kommt insbesondere
vor, wenn die Personen schlafen, wenn sie sich in einem alkoholisierten Zustand befinden oder wenn diese jegliches Gespräch ablehnen.

• 18 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Lichter
S ila trug immer ein buntes
Kopftuch, so dass man sie
abends an ihrem Schlafplatz
rasch erkennen konnte. Auch an
ihrer rauen Stimme erkannten
wir, die Streetworker, dass sie
da war. Ab und zu kam sie in
die Beratung mit irgendeinem
Brief. Ihr Mann begleitete sie
immer.

„Ich war wieder im Kranken- letzt festhielt – trüben: Alexandru Nan möchte ich mich
haus. Kannst du entziffern, „Ach, und wenn sie mich fest- bedanken – er hat sich sehr
was ich wieder habe? Die Ärzte halten würden, was dann? Was eingesetzt, um den letzten Weg
haben wie immer auf Medizi- können sie mir wegnehmen? Die von Sila so wertschätzend wie
nisch geschrieben…“ Pferde vom Fahrrad? (Rumäni- möglich zu gestalten. Beim
sches Sprichwort; wird ver- Gottesdienst herrschte in der
Ich musste mich zusammen- wendet, wenn man nichts zu Kirche eine nahezu greifbare
reißen, vor allem weil die ge- verlieren hat.) In meinem Al- Stille. Sila war wieder die
sundheitliche Situation von ter muss ich ja kein Fahrrad einzige Frau unter den dutzen-
Sila ernst war. mehr fahren… Außerdem stehen den Obdachlosen – und alle ge-
wir auch diese schwierigen meinsam waren ein Teil dieser
„Auf Medizinisch?“ Zeiten zusammen durch“. Stille. In Erinnerung blieben
mir die von Trauer geprägten
„Ja, das ist doch die Spra- Sila wollte im Winter nicht Gesichter, der spürbare Zu-
che der Ärzte, weißt du nicht?“ in den Kälteschutz. „Ohne mei- sammenhalt zwischen den Men-
Und ihre Augen lachten, als nen Mann kann ich nicht schla- schen in diesen Stunden. Es
sie sprach, so dass ich nicht fen. In der Bayernkaserne muss waren die Männer, die ich aus
wusste, ob sie gerade einen ich ja alleine in den Frauen- der Beratung kannte: groß,
Witz machen wollte. bereich…“ stark, etwas grob, nicht be-
sonders sensibel – zumindest
In dem Beratungsprofil von Sie übernachteten gemeinsam nicht nach außen. Nun hielt
Sila gab es nichts Witziges. draußen, sowohl im Winter als jeder eine Kerze in der Hand,
Unabhängig davon, ob sie sich auch im Sommer. Dann, auf ein- schluchzend, zitternd, zer-
gerade wegen ihren Hepati- mal, erreichte mich die Nach- brechlich. Mir ging ein Satz
tis-Medikamenten oder wegen richt, dass Sila nicht mehr durch den Kopf, den ich in Ru-
der drohenden Abschiebung in unter uns sei. Es geschah im mänien oft gehört hatte „Män-
der Beratung befand, ob sie Krankenhaus. Sie wurde von ei- ner weinen nicht“. Obdachlose
über die Vergangenheit redete nem Rettungswagen von ihrem schon. Der Mann von Sila stand
– über Kommunismus, Revoluti- Schlafplatz abgeholt, ihr Mann ganz vorne, in der ersten Rei-
on, Kapitalismus oder Armut, durfte nicht mitfahren. Sie he. Er stand da und versuchte,
über ihren damaligen Beruf als ist alleine verstorben; die nicht zusammenzubrechen. Sei-
Straßenkehrerin oder über ihr Krankenschwester erzählte ne Kerze schien mit ihm zusam-
einziges, nicht geborenes Kind später, dass sie ihr eine Ker- men zu weinen – riesige Wach-
– alles kam mir sehr ernst ze angezündet hatte. stränen auf seinen Fingern,
vor. Diese aussichtslosen Er- auf der braun polierten Bank,
eignisse konnten aber weder Danach folgte die schönste auf dem Boden.
ihren Sinn für Humor noch ihre Beisetzung, die ich je gesehen Adriana Mihaita,
Hoffnung – an der sie bis zu- habe. Vor allem beim Priester Ema Grigore, Andreea Untaru

• 19
Informationsreise nach Rumänien

I n den letzten drei Winterperioden konnte Schiller 25


feststellen, dass von der Gesamtzahl der Obdachlosen,
die nachts im Kälteschutz untergebracht wurden, über 25
Eine intensive Vernetzung und Kontaktpflege mit
Behörden und sozialen Institutionen aus den Landkreisen
Arges, Brasov und Covasna sowie mit dem Rumänischen
% aus Rumänien stammen. Der Großteil dieser Personen Konsulat in München fanden bereits statt. Vor Ort werden
wiederum kommt aus drei rumänischen Landkreisen: Ar- Kooperationsgespräche durchgeführt
ges, Brasov (Kronstadt) und Covasna. werden mit Regierungsvertre-
tungen auf Kreisebene,
Zu den langfristigen Zielen von Schiller 25 – Migra- Jugendämtern und
tionsberatung Wohnungsloser gehört, gemeinsam mit Sozialämtern auf
der Landeshauptstadt München ebenso die Entwicklung Kreisebene,
von Unterstützungsmöglichkeiten in den Heimatländern
zu schaffen, damit die Menschen nicht mehr gezwungen
sind, wegen Perspektivlosigkeit und Armut auszuwan-
dern bzw. nach München zu ziehen und hier in sehr pre-
kären Verhältnissen zu leben. Es ist notwendig, die „Ar-
mutsmigrantInnen“ in den Heimatländern über die all-
gemeine Lage in München zu informieren, bevor
sie mit falschen Erwartungen hierher reisen. Aus
diesem Grunde ist eine Informationsreise für
den Zeitraum vom 7. bis 11. Mai 2017 geplant, an
der – gemeinsam mit uns – Vertreter der Verwal-
tung der Landeshauptstadt, Münchner Stadträte
sowie zwei KollegInnen der Arbeiterwohlfahrt (AWO)
– Infozentrum Migration und Arbeit (Beratungscafé)
teilnehmen werden.

Auch ist es erforderlich, ein soziales Netz-


werk für eine erfolgreiche Rückführung ins Hei-
matland aufzubauen. Die Kontakte sollen auch
nach der Inforeise aufrechterhalten bleiben
und ausgebaut werden, damit die Münchner
Stellen (Schiller 25, AWO) auch gezielt eine er-
folgreiche Rückkehrberatung durchführen kön-
nen. Derzeit ist die Rückkehrberatung auf-
grund der Perspektivlosigkeit in der Heimat
und der fehlenden Vernetzung sehr oft erfolg-
los. Agenturen für Zahlung von Sozialleistungen, der Agentur
für Arbeit, Kreisschulämtern sowie Diensten für Bewäh-
Für die Vorbereitung der Reise fanden bereits Aus- rungshilfen auf Kreis­ebene. Alle Institutionen werden
tauschgespräche mit dem Deutschen Städtetag – der be- von der Leitungsebene vertreten. Auch soziale Träger aus
reits verschiedene Delegationsreisen in Rumänien durch- den o. g. Landkreisen haben die Teilnahme bestätigt. Hier-
führte – und mit der Delegationsgruppe, die mit einem zu zählen die Caritas Alba Iulia (Roma-Projekt im Kreis
ähnlichen Ziel 2012 Bulgarien besuchte, statt. Covasna), Stiftung für soziale Jugendarbeit (Kreis Kron­
stadt), Nationale Pfadfinder-Vereinigung Rumänien (An-
tenne Kronstadt) und die Agentur für nachhaltige Ent-
wicklung des Kreises Kronstadt.

• 20 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


A ls ich in die Schule in ei-
ner fernen Stadt in Bulga-
beit in der Tourismusbranche.
Ihre Kinder wurden groß und
rien ging, war ich schon weg
von meinem Zuhause. Es war ein
Eine Stadt studieren, das Geld reichte
nicht mehr aus, hinzu kam die
Kunstgymnasium und wir hatten
dort einen alten Mann, der als
– nah Verschuldung. Eines Tages
nahmen beide einfach den ers-
Model für graphisches Zeich-
nen posierte, ein Obdachloser und fern ten Bus nach München und hoff-
ten, beruflich wieder Fuß zu
mit langem, hellen Mantel, fassen. Nach zweiwöchiger Un-
vernachlässigt, immer schwei- terbringung in Hotels und
gend, starr, mit dem Blick Pensionen in der bayerischen
nach vorne… Wir sahen ihn im- Metropole, waren die Erspar-
mer auf ein und dergleichen nisse schnell ausgeschöpft
Strecke, zwischen seiner und mit ihren geringen Sprach-
Platte und der Haltestelle kenntnissen blieben sie ihrem
bei der Bäckerei „Rosa“, im Traumjob fern. Über das In-
Zentrum der kleinen Stadt. Er ternet erfuhren die zwei
wartete dreimal am Tag auf den Migranten vom Angebot Kälte-
Bus, mit der Hoffnung, seine schutz und so kamen sie in die
verschwundene Frau und seine Beratungsstelle Schiller 25.
Kinder wiederzusehen. Allmählich fanden sie Arbeit
im Reinigungsbereich und wie
Es war meine erste Begeg- viele andere wurden sie von
nung mit Mitmenschen aus ei- ihrem Arbeitgeber ausgebeu-
nem anderen Milieu der Ge- tet, Geld wurde nicht über-
sellschaft. Seit sieben Mona- wiesen und es kamen neue
ten begegnen mir in meinem Schulden hinzu…
Alltag viele Obdachlose auf
den Straßen Münchens, anders Es wird bald Frühling und
gesagt – sie sind inzwischen für die meisten Menschen ohne
Teil meines Lebens geworden, Dach über dem Kopf in München
viele verschiedene Gesichter, werden die Brücken, Parkbän-
Sprachen und Seelen. Welches ke, Unterführungen, Wälder
Schicksal steckt in jedem sowie verlassene Gebäude in
dieser in ausgeleierten Klei- hübschen Stadt an der bulga- der Stadt wieder ihr Zuhause.
der geschmückten Menschen? rischen Schwarzmeerküste. Für die obdachlosen Migranten
Die Antwort ist bunt, eigent- Dort sind die meisten nur im bedeutet Frühling, mit ausge-
lich sind es Tausende und Mil- Sommer beschäftigt und wäh- latschten Schuhen und Män-
lionen verschiedene Antwor- rend der Winterzeit werden teln, mit hoffnungslosem
ten, Schicksale ... die gesammelten Gelder für Blick in eine ungewisse Zu-
Nahrungsmittel und Strom wie- kunft durch die Straßen von
Bei einer Beratung in der der ausgegeben. Die Eheleute München zu laufen, in einer
Schillerstraße 25 lernte ich haben beide einen Berufsab- Traumstadt zu leben, die so
die Familie Z. kennen. K. und schluss als Masseure, finden nah und doch zugleich unglaub-
B. kommen aus einer kleinen, jedoch nur im Sommer eine Ar- lich fern ist.
Emil Ivanov

• 21
Kälteschutz 1. November 2015 – 31. März 2016

I n der Kälteschutzperiode 2015/2016 wur-


den alle Personengruppen (alleinstehende
Männer und Frauen, Paare ohne Kinder, Paare
mit Kindern) in abgetrennten Bereichen im
Haus 12 der Bayernkaserne untergebracht.
Diese Vorgehensweise garantierte eine Gleich-
behandlung der Personengruppen und er-
leichterte die Beratungsarbeit und das Bett-
platzmanagement. Das sozialpädagogische
Team hatte einerseits die Beratung der Klien-
ten als Haupttätigkeit und andererseits die
Koordinierung des Bettplatzmanagements
vor Ort, in Zusammenarbeit mit der Wach-
dienstfirma. Wie im Vorjahr stand das Haus 12
für Übernachtungen täglich zwischen 17:00
Uhr bis 9:00 Uhr zur Verfügung. Der Bera-
tungsdienst war während der Kälteschutzpe-
riode in der Schiller 25 als auch in der Bayern-
kaserne wie folgt geöffnet: Schiller 25:
täglich von 13:00 bis 21:00 Uhr, auch an Feier-
tagen und Wochenenden; Bayernkaserne:
täglich von 17:00 bis 22:00 Uhr, auch an Feier-
tagen und Wochenenden.

• 22 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Kälteschutz 1. November 2015 – 31. März 2016

Klientenbestand Klientenbestand nach Geschlecht Im Vergleich zum Vorjahr ist


Hilfe und Zuflucht wurde in dieser Insgesamt haben 414 (14,2 %) Frauen die Anzahl der Rumänen und Bulga-
Zeit für 2.918 Alleinstehende und Paa- und 2.504 (85,8 %) Männer den Kälte- ren gestiegen. Bei den anderen Natio-
re ohne Kinder (Vorjahr: 2.945) ge- schutz genutzt. Prozentual ist bei den nalitäten sind die Zahlen leicht zu-
währt. Das entspricht einem Rück- Frauen im Vergleich zum Vorjahr ein rückgegangen.
gang von 0,92 % im Vergleich zum leichter Rückgang von 0,3 % feststell-
Vorjahr. bar.
Nationalität 2014/2015 2015/2016

Klientenbestand nach Rumänien 704 856


Volljährige Personen im Kälteschutz: Vergleich
zu den vorangegangen Kälteschutzperioden Nationalitäten Bulgarien 674 716
Im diesjährigen Kälteschutz kamen
2012 / 2013 / 2014 / 2015 / Deutschland 306 277
2013 2014 2015 2016 die Hilfesuchenden überwiegend aus
den EU-2-Ländern. 856 Personen Italien 183 145
Kälteschutz-
nächte 125 96 156 152 stammen aus Rumänien. Die nächst-
Ungarn 122 108
größere Gruppe stellten die Bulgaren
Personen im mit insgesamt 716 Personen. Eine Polen 107 93
Kälteschutz 1.692 2.300 2.945 2.918
deutsche Staatsangehörigkeit konn-
Marokko 121 88
Prozentuale ten 277 Personen nachweisen. Aus
Steigerung - 36% 33% -0,92% Flüchtlingsländern übernachteten
im Kälteschutz 222 Personen. Es folg-
ten Italiener (145 Personen), Ungarn
Erstkontakte (108 Personen) und Polen (93 Perso-
Von den 2.918 Personen hatten 75 % nen). 411 Personen kamen aus ande-
den ersten Kontakt zur Einrichtung ren Ländern, wie z. B.: Marokko: 88
nach Beendigung der Kälteschutzpe- Personen, Kroatien: 49 Personen,
riode 2014/2015. Demzufolge nah- Slowakische Republik: 40 Personen,
men 2.189 Personen erstmalig den Nigeria: 38 Personen, Spanien: 31 Per-
Kälteschutz 2015/2016 in Anspruch. sonen.
Diese Zahlen belegen, dass das Ange-
bot der Landeshauptstadt München
nur als vorübergehende Übernach-
tungsmöglichkeit genutzt wird. Ein –
oft befürchteter – Pooleffekt ist dem-
nach nicht eingetreten.

Nationalitäten der Hilfesuchenden im Kälteschutz

Erstkontakte im Kälteschutz
>
1 Es wurden hier nicht alle Länder erfasst, sondern nur die ersten Positionen aus der Statistik

• 23
Aufenthalt vor der Anreise nach Die Auswertung der Frage nach Italien, 14 aus anderen deutschen Städ-
München dem Aufenthalt vor München führte ten und 8 aus anderen EU-Ländern. Die
Ähnlich wie in der Sommerzeit ist wie- bei den Personen aus Marokko und Ni- nigerianischen Staatsbürger kamen
der der Hintergrund der EU-Zuwande- geria zu folgendem Ergebnis: Aus der ebenso hauptsächlich aus Italien (17
rung erkennbar.1 Mehrere KlientInnen Gesamtzahl der 88 Marokkaner kamen Personen) oder Deutschland bzw. aus
rumänischer und bulgarischer Her- 13 Personen direkt aus Marokko, 53 aus anderen EU-Ländern (13 Personen).
kunft hielten sich vor München in an-
deren deutschen Städten oder in Itali-
en auf. 243 KlientInnen gaben an, sich Aufenthalte vor der Anreise nach München (Kälteschutz)
vor dem ersten Kontakt zu unserer Be-
ratungsstelle in München aufgehalten
zu haben, was darauf schließen lässt,
dass die Obdachlosigkeit in München
entstanden ist. Jedoch ist diese Angabe
nur eingeschränkt gültig. Zum einen
wurden nicht alle KlientInnen, die den
Kälteschutz in Anspruch nahmen, be-
raten, sondern es gab nur einen kurzen
Erstkontakt zur Einweisung für den
Übernachtungsplatz. Zum anderen ist
davon auszugehen, dass nicht alle be-
fragten KlietInnen die Fragestellung
„Aufenthalt vor München“ richtig ver-
standen haben.

Flüchtlinge im Kälteschutz aus diesen Ländern zwischen einer aufgelisteten Ländern (Höchstzahl:
Auch die Flüchtlingssituation spie- und drei Einweisungen erhalten. Die 53 Personen aus Syrien; niedrigste
gelt sich in der Kälteschutzauswer- 222 Personen kamen aus den hier Zahl: 2 Personen aus Eritrea).
tung wider. Bereits Mitte November
erhielten wir von der Leitung des
Amtes für Wohnen und Migration
den Auftrag, Flüchtlinge auf
Durchreise für ein paar Nächte im
Kälteschutz aufzunehmen. Bei ihrer
Ankunft wurden die Flüchtlinge auf
die Möglichkeit der Registrierung
hingewiesen. Waren sie auf der
Durchreise und wollten ohnehin nur
einen oder zwei Tage in München
bleiben, dann wurden sie zur Über-
nachtung im Kälteschutz aufgenom-
men. Des Weiteren fanden hierzu Ab-
sprachen mit dem Roten Kreuz und
mit den Ehrenamtlichen, die am zen-
tralen Omnibusbahnhof die Flücht-
lingssituation koordinierten, statt.
Durchschnittlich haben die Personen

• 24 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Kälteschutz 1. November 2015 – 31. März 2016

Klientenbestand nach Alter Ältere Menschen im Kälteschutz Bei 12 der 26 Hilfesuchenden


950 Personen waren zwischen 19–30 Besorgniserregend ist die Auswer- mit deutscher Staatsangehörigkeit ist
Jahre alt. Die zweitgrößte Gruppe war tung der Personen über 61 Jahre. Die die Obdachlosigkeit in München ent-
zwischen 31–40 Jahre alt. Hierzu ge- Staatsangehörigkeit der 100 Perso- standen.
hörten 789 Personen der gesamten nen, die in diesem Winter hierzu ge-
Hilfesuchenden. 673 Personen waren hörten, ist in der unten abgebildeten Für unsere Sozialarbeiter be-
zwischen 41–50 Jahre alt. Weitere 354 Auswertung ersichtlich. 18 Männer deutet die Arbeit mit dieser Zielgrup-
Personen waren zwischen 51–60 Jahre und 8 Frauen hatten die deutsche pe eine sehr intensive Beratung und
alt. 100 Personen waren über 61 Jahre Staatsangehörigkeit. 14 Männer und 6 Suche nach entsprechenden Angebo-
alt. 52 Personen waren 18 Jahre alt. Der Frauen kamen aus Rumänien, 13 Män- ten.
größte Anteil der Klientel war somit ner und 2 Frauen aus Bulgarien.
im erwerbsfähigen Alter. Todesfälle
Die Auswertung der 23 Perso- Trotz Kälteschutz gibt es Obdachlose,
Im Vergleich zur letzten Kälte- nen, die aus anderen Ländern kamen, die das Angebot der Landeshaupt-
schutzperiode ist die Gruppe der setzt sich wie folgt zusammen: je 2 stadt nicht in Anspruch nehmen. Per-
jüngsten Personen (zwischen 19–30 Personen kamen aus Griechenland, sonen, die eine Übernachtung in ei-
Jahre alt) um knapp 100 Personen ge- Litauen, Österreich, Polen, Portugal, nem engen Raum, gemeinsam mit
stiegen. Dass sehr junge Menschen Slowakische Republik, Slowenien, weiteren 11 unbekannten Menschen
ihre Heimat verlassen, um eine besse- Tschechische Republik und je eine nicht ertragen können oder die sich
re Perspektive im Ausland zu finden, Person kam aus Argentinien, Großbri- die Fahrt in die Bayernkaserne nicht
ist sicherlich mit der wirtschaftlichen tannien, Marokko, Schweden, Serbien, leisten können, schlafen auch in den
Situation in den jeweiligen Her- Spanien, Türkei. Wintermonaten im Freien. Die Ob-
kunftsländern verbunden. Die Zahlen dachlosen, deren Schlafplätze uns be-
bei den anderen Altersgruppen sind Diese Zielgruppe benötigt drin- kannt sind, werden von unserem
im Vergleich zum Vorjahr zurückge- gend ein geeignetes separates Ange- Streetwork-Team regelmäßig aufge-
gangen oder ähnlich geblieben. bot, da der Kälteschutz nicht für die sucht. Dass keine(r) unserer KlientIn-
Bedarfe älterer Menschen zugeschnit- nen im vergangenen Winter auf der
ten ist. Vor allem aufgrund bestehen- Straße ums Leben kam, ist mitunter
der Krankheiten (physischer und psy- durch den relativ warmen Winter be-
chischer Art) ist es unbedingt notwen- dingt.
dig, dass diese Personen künftig in
Häusern mit spezialisiertem Personal
ganztags untergebracht und betreut
werden können.

Alter der Hilfesuchenden im Kälteschutz Ältere Menschen im Kälteschutz

• 25
Kälteschutz 1. November 2015 – 31. März 2016

Nachts geht es bald in den Park


hren aus Sein Spitzname ist Gringo. „Oder Cow- sehr schwierig, sagt Andrea Untaru, Leite-
zogen, ei- boy“, sagt Janko Nenkov, lacht und zeigt rin des Beratungszentrums für Woh-
etrieb. Er auf seinen Hut. Er lebt seit mehr als ei- nungslose Schiller 25. „Sie werden meist
r Autoin- nem Jahr in München. Im Sommer im ausgebeutet und schlecht oder gar nicht
er Mutter Park, im Winter in Kälteschutzbetten der bezahlt in ihren Jobs.“ Das größte Pro-
Elternzeit Stadt. Der 48-Jährige ist nach Deutsch- blem sei, dass sie zu wenig Deutsch spre-
land gekommen auf der Suche nach Ar- chen, um ihre Rechte durchzusetzen.
hatte sich beit. Egal was, sagt er. In Bulgarien hat er Dieser Teufelkreis führt bei vielen der-
ozialwoh- keine Perspektive mehr gesehen. In Mün- jenigen EU-Migranten, die als ungelernte
e beiden chen hat er auf dem Bau gearbeitet, Stra- Arbeiter und nicht als Fachkräfte kom-
n er nun ßen und Gebäude gereinigt. „Zwei Tage men, dazu, dass sie auf der Straße leben
ihr über- habe ich Arbeit, dann viele Tage nicht.“ müssen oder horrende Mietverträge ein-
zialwoh- Dann geht er Pfandflaschen sammeln, gehen. Sie zahlen dann 900 Euro für ein
hkeit be- um sich etwas zu essen kaufen zu können. Zimmer, sagt Untaru. Nenkov macht sich
r Kriteri- Er ist EU-Bürger und darf hier arbei- Sorgen, weil der 31. März näher rückt.
hältnisse, ten. Doch ohne Wohnung hat er keine Mel- Dann endet das Kälteschutzprogramm,
haftliche deadresse, und ohne Meldeadresse findet Nenkov muss nachts im Park schlafen.
inra er keinen regulären Job. Kontinuität sei inra FOTOS: BARTH, HESS, PELJAK, RUMPF

• 26 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Kälteschutz 1. November 2015 – 31. März 2016

Arbeit hat nichts mit dem Alter zu tun

K amelia bekreuzigt sich


packt ihre gesamten Unter-
lagen, inklusive Kälteschutz­
„Ich will dir noch die Un-
terlagen zeigen, die ich bei
der Beratung nicht hatte. Hier
weiß auf dem Papier, das sie
gerade mit der linken Hand
hält. Die rechte Hand hat sie
einweisung, in ihre Stoffta- ist der Bescheid zum Integra- auf den Heizkörper gelegt, um
sche ein und verlässt Schil- tionskurs. Und hier habe ich sich ein wenig aufzuwärmen.
ler 25. Eine Woche später, eine Kopie vom Rentenbescheid
während meines Dienstes in aus Bulgarien über die knapp „Ich mache mir Kopien davon
der Bayernkaserne sehe ich hundertvierzig Euro, die ich und faxe sie morgen weg. Und
sie dort wieder. Ich erkenne hierher überwiesen bekomme. wir drücken gemeinsam die
sie an ihren schnellen Schrit- Die Kopie auf Bulgarisch von Daumen.“ Mit Tränen in den Au-
ten, an den Haaren, die fast meinem Abschluss als Bank- gen nimmt sie meine Hand und
genauso weiß sind wie der kauffrau vom 1971 hast du bedankt sich. Und ich frage
Schnee, der auf dem Weg zu schon bekommen. Inzwischen mich, wie hoch meine Rente in
Haus 12 liegt. Sie geht ins hat mir mein Chef bestätigt, vierzig Jahren sein wird.
Haus rein und meldet sich bei dass ich seit anderthalb Jah-
der Wachdienstkollegin, die ren bei ihm als Putzfrau tätig Für mich ist Kamelia ein
die Zimmer verteilt. Ich lau- bin. Und auch eine Bescheini- Inbegriff für eine ehrenhaf-
fe ihr hinterher und erreiche gung, dass ich in Bulgarien te, hilfsbereite und kraft-
sie, als sie schon ihr Bett nichts besitze, habe ich hier. volle Frau, die für ihre Ziele
bezieht. Meinst du, diese Unterlagen mit Willensstärke und Bestän-
reichen jetzt aus?“ digkeit kämpft, alles gibt
„Komm rein, setzt dich und sogar anderen mit ihrem
hier“, sagt sie und zeigt auf Sie lächelt mich an und ich Wissen und Können hilft. Das
eine Ecke des Bettes, das sie erahne ihre Hoffnung. Das Alter ist nur eine Zahl, die
gerade mit dem Einweg-Laken Einzige, was nicht ausreicht, uns nicht daran hindern soll,
bezogen hat. Prinzipiell bin ist das Geld. Sie hat momentan unser Vorhaben, unsere Wün-
ich nicht schüchtern; dieses dieses warme Bett in einem sche und Träume auch im Ren-
Mal betrete ich das Zimmer mit Vierbettzimmer in der Bayern- tenalter zu verwirklichen.
dem Gefühl, in die ganz priva- kaserne. Was passiert aber Tsvetomira Petrova
te Sphäre eines Menschen ein- nach dem Kälteschutz? Wenn
zudringen. Kamelia macht dies die Unterlagen nicht ausrei-
aber nichts aus. Sie öffnet chen, um für diese fünfund-
ihren Koffer und holt ein paar sechzig Jahre alte Frau
Kleider raus, die sie zusam- eine Unterbringung zu
menrollt, um sie als Kopfkis- finden, wo geht sie
sen zu nutzen. Sie sucht im hin? In der Heimat
Koffer weiter und findet hat sie nichts
schnell die Stofftasche. mehr. Das sehe
ich schwarz auf

• 27
Einweisungen und Bettenbelegung schutz. Der Tag mit der höchsten Bele- prin­zipiell für drei Nächte erstellt, es
Im ausgewerteten Zeitraum gab es gung war der 09.03.2016 mit 474 Al- sei denn, die Hilfesuchenden verlan-
insgesamt 152 Kälteschutz-Nächte leinstehenden und Paaren ohne Kin- gen eine Einweisung für einen kürze-
(Vorjahr: 156 Nächte). Im Haus 12 der der. Wenn man die letzten drei Jahre ren Zeitraum. Menschen, die nach der
Bayernkaserne standen insgesamt vergleicht, schaut die durchschnittli- ersten Nacht in der Bayernkaserne
822 Betten zur Verfügung. Ab dem che Bettenbelegung bei den Alleinste- feststellen, dass sie dieses Angebot
12.02.2016 musste der südwestliche henden und Familien ohne Kinder nicht wahrnehmen können/möchten
Teil des Hauses den Flüchtlingen zur wie folgt aus: (z. B. aufgrund von physischen oder
Verfügung gestellt werden. Ab diesem psychischen Krankheiten, aufgrund
Zeitpunkt wurden die Elternteile mit Durchschnittliche Personen der räumlichen Entfernung der Kälte-
Kindern in einer Pension unterge- pro Nacht im Kälteschutz schutzräume zur Innenstadt oder feh-
bracht, so dass in der Bayernkaserne 2013 / 2014 2014 / 2015 2015 / 2016 lender finanzieller Mittel für die Fahrt
nur noch 582 Plätze zur Verfügung in die Bayernkaserne) verzichten
203 310 332
standen. Zusätzlich wurden von der gleich nach der ersten Nacht auf die
Heilsarmee 13 Schlafplätze für Män- Einweisung. Diese Tatsache führt zu
ner mit gesundheitlichen Problemen Für Alleinstehende und Paare der hohen Zahl der nicht genutzten
bereitgestellt. ohne Kinder wurden im Berichtszeit- Betten.
raum insgesamt 50.489 Schlafplätze
Ähnlich wie im Vorjahr wurden genutzt; dies weist eine
die Einweisungen für Alleinstehende Steigerung von 4 % im Ver-
und Paare ohne Kinder für maximal gleich zum Vorjahr nach.
drei Nächte in der zentralen Einwei- In der Kälteschutzperiode
sungsstelle Schiller 25 erstellt. Für Fa- 2014/ 2015 wurden 48.454
milien mit Kindern waren unsere Kol- Schlafplätze genutzt.
leginnen von FamAra, ebenso eine
Einrichtung des Evangelischen Hilfs- Die Zahl der ausge-
werks, zuständig. Nach Ende der Öff- stellten Einweisungsschei-
nungszeit von FamAra (ab 16:00 Uhr), ne lag im Berichtszeitraum
am Wochenende und an Feiertagen gesamt bei 63.168, was
erhielten die Familien mit Kindern Auskunft darüber gibt,
die Kälteschutz-Einweisungen in der dass 20 % der Betten, für
Schillerstraße 25. die eine Einweisung er-
stellt wurde, nicht genutzt
Durchschnittlich zählten wir wurden. Die Kälteschutz­
332 Personen pro Nacht im Kälte- einweisungen werden

Anzahl der Einweisungen pro Nacht wurden für 1–2 Monate im Kälteschutz
2014/2015 2015/2016
pro Person eingewiesen und 290 Personen erhiel-
Im Berichtszeitraum erhielten 159 Per- ten Einweisungen für mehr als 2 Mona- 1 Nacht 3% 6%
sonen Einweisungen für eine Nacht. te. Ähnlich wie im vergangenen Winter
1.442 Personen übernachteten insge- sah die Mehrheit unserer Klientel das 2-9 Nächte 57 % 49 %
samt zwischen 2 und 9 Nächten im Käl- Kälteschutzangebot als vorübergehen-
teschutz. 390 Personen nahmen zwi- de Übernachtungsmöglichkeit. 10-19 Nächte 12 % 13 %
schen 10–19 Nächte das Kälteschutz-
20-30 Nächte 6% 9%
programm in Anspruch. 249 Personen Die Anzahl der Einweisungen
erhielten Einweisungen für 20–30 pro Person und Nacht ist ähnlich wie
Über 1 Monat 22 % 23 %
Nächte im Kälteschutz. 388 Personen im Vorjahr:

• 28 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Kälteschutz 1. November 2015 – 31. März 2016

Spende von Hygieneartikeln


Die Oswald-Stiftung in Pfarrkirchen spendete der Evan-
gelischen Bahnhofsmission 5.000,00 €. Durch diese
großzügige, zweckgebundene Spende war es der Bahn-
hofsmission möglich, Hygieneartikel für obdachlose
Menschen zu kaufen. Nach Rücksprache mit den Spen-
dern, Renate und Wolfgang Oswald, konnten die Hygie-
neartikel sowohl in der Bahnhofsmission ausgeben als
auch ein Kontingent an Hygieneartikeln der Einrichtung
Schiller 25 zur Verfügung gestellt werden. 1.600 Zahnpas-
ten, 646 Zahnbürsten im Zweierpack, 1.250 Einweghand-
tücher, 1.400 Duschgels & Shampoos sowie 900 Einweg-
rasierer bzw. 380 Seifen wurden bestellt, gekauft und auf
die Bahnhofsmission und Schiller 25 verteilt.

Die gespendeten Hygieneartikel wurden den Kli-


entInnen abends in der Bayernkaserne überreicht. Diese
Artikel ermöglichen den Menschen, dass sie zumindest
ihre tägliche Grundhygiene realisieren können. Dies ge-
hört unseres Erachtens zu den Grundvoraussetzungen
für ein menschenwürdiges Leben. Die KlientInnen waren
hierüber sehr glücklich, da gerade die genannten Grund-
artikel für sie meist Luxus sind.

Im Namen der KlientInnen sagen wir ganz herzli-


chen Dank an die Bahnhofsmission und an die
Spender Renate und Wolfgang Oswald!

• 29
D er bordeauxrote Dienstwa-
gen mit dem Logo des Evan-
gelischen Hilfswerks biegt
Als sich die Türen des in-
zwischen vor der Herberge
geparkten Fahrzeuges öffnen,
Stille wandelt sich im Hand-
umdrehen in eine Ausgelas-
senheit. Es scheint als wür-
um die Kurve zum Ostflügel des scheint das bunte Treiben den die Kinder ebenfalls die
Hauses 12 auf dem Gelände der für einen Moment still zu Geheimsprache der Künstler
Bayernkaserne. Es ist ein stehen. Die Sozialarbeiter sprechen. Das Lachen und
gewöhnliches Bild an einem sind an diesem Tag in Beglei- Kreischen der Kinder ziehen
dunklen Dezemberabend. Trotz tung. Es sind zwei Clowns mit wie ein Magnet immer mehr
der frischen Temperaturen Pippi-Langstrumpf-Frisuren Mütter und Kinder nach drau-
herrscht reger Betrieb: Kin- und gelben Staubwendeln in ßen.
der eilen mit Fahrrädern und der Hand, die kaum aus dem
Rollern kreuz und quer, Müt- Wagen gestiegen, wilde und Die angesammelte Gruppe
ter unterhalten sich vor der dennoch liebevolle Gesten geht nun geschlossen in ei-
Herberge sitzend miteinan- und Pantomime zum Ausdruck nen großen Raum im Erdge-
der, während sie jede Bewe- bringen und dadurch die Auf- schoss des Hauses. Kinder,
gung ihrer Zöglinge beäugen. merksamkeit aller Anwesenden Väter, Mütter mit Babys auf
erwecken. Die anfängliche dem Arm nehmen auf Betten,

• 30 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Nikolausabend

Stühlen und Tischen Platz. Sobald sich die zwei Clowns Eine weitere Viertelstunde
Nun kann die Show beginnen. zu den anderen Gästen ins Pu- zaubert der Magier allen ein
Die Clowns ziehen aus ihren blikum gesellen, setzt laute Lächeln ins Gesicht. Zum
mitgebrachten Körben Musik- Musik ein und erzeugt die nö- Schluss bekommt jedes Kind
instrumente, Ratschen und tige Spannung, um die Zau- eine große Tasche überreicht:
einen überdimensionierten bertricks des Magiers zu be- Mandarinen, Nüsse, Süßes so-
Staubwedel, mit dem sie ihre gleiten. Mit großen Augen wie warme Strickmützen und
improvisierte Show unterma- verfolgen nun alle die flin- Schals sind darin verpackt.
len. ken Hände des ehrenamtlichen Ein besonders schöner Abend
Künstlers. Wie von Zauber- in der täglichen Routine des
Nach einer knappen halben hand bewegt er seinen Stab Kälteschutzprogrammes geht
Stunde stürmt plötzlich eine durch die Luft, zaubert den zu Ende.
schwarz gekleidete Person kleinen Gästen rote Clown-Na- Arnold Tolnai
aus dem Publikum zu den bei- sen ins Gesicht, um sie einen
den Clowns. Es kommt zu einem Moment später bei den Älte-
weiteren Höhepunkt des ren, hinter dem Ohr, wieder
Abends: eine Magier-Show. auftauchen zu lassen.

• 31
Kälteschutz 1. November 2015 – 31. März 2016

Hauptprobleme beim Erstauftritt mengefasst: Arbeit gefunden, Arbeit


Kälteschutz Kälteschutz
Hier sind anzuführen Obdach-/Woh- 2014/2015 2015/2016 verloren, Arbeitssuche, Finanzsystem,
nungslosigkeit (bei 1.125 KlientInnen), Arbeitsgericht. Je nach Problematik
Personen
das prekäre Wohnen bzw. das kurz- 800 1.435 wurden diese KlientInnen weiter bera-
in der Beratung
fristige Wohnen bei Bekannten/ ten oder an zuständige Stellen (z. B.
Freunden (bei 102 KlientInnen) sowie Personen AWO – Infozentrum Migration und Ar-
2.945 2.918
im Kälteschutz
die geringen oder fehlenden Deutsch- beit, DGB) weitervermittelt.
kenntnisse (bei 1.020 KlientInnen),
die Arbeitsplatzsuche bzw. der Job- Auch in der Winterperiode
verlust (bei 707 KlientInnen) und wurden viele Postadressen in un-
Finanznot (bei 401 Personen). Bei serer Einrichtung eröffnet. 443
zahlreichen KlientInnen wurden KlientInnen erhielten ein Post-
gleichzeitig mehrere Probleme do- fach in Schiller 25. Somit hatten
kumentiert. am Ende der Kälteschutzperiode
925 Personen eine Postadresse in
Beratungsangebot unserer Einrichtung. Zu den
In diesem Zeitraum wurden 3.475 „sonstigen“ Beratungsgesprä-
Beratungsmaßnahmen bei 1.435 chen gehören hauptsächlich Kri-
Inhalte der Beratung in der Winterperiode
Klienten durchgeführt. Davon wa- seninterventionen, Schuldner-
ren 777 Personen zum ersten Mal in erstberatungen, Begleitungen,
der Beratung. In der aktuellen Be- Bei über 55 % der Beratungsge- Informationen zu Deutschkursen,
richtsperiode waren doppelt so viele spräche war „Arbeit“ das Thema. Unter Clearinggespräche in der Bayernka-
Personen an einem Beratungsge- dem Stichwort „Arbeitsberatung“ sind serne im Rahmen der Betriebsfüh-
spräch interessiert als im Vorjahr: folgende Beratungsinhalte zusam- rung.

Staatsangehörigkeit der KlientIn­ Lebensunterhalt legenheitsjobs aus. 87 obdachlose


nen in der Beratung Auskünfte hierüber werden – wie in KlientInnen bestritten ihren Lebens-
Von den 1.435 Hilfesuchenden, die sich der Sommerperiode – in der Erstbera- unterhalt durch Flaschensammeln
in der Beratung befanden, kamen 455 tung erhoben. Eine genaue Datener- oder Betteln. Bei 75 der Hilfesuchen-
Personen aus Bulgarien und fast ge- hebung über den Lebensunterhalt der den, die neu in München waren, wur-
nauso viele (456 Personen) aus Rumä- KlientInnen konnte bei 594 Personen de der Lebensunterhalt durch eigene
nien. Weitere 73 Hilfesuchende waren stattfinden. 242 Personen hatten be- Ersparnisse oder durch die Unterstüt-
Italiener, 67 Personen kamen aus Un- reits ein vertragliches Arbeitsverhält- zung Angehöriger ermöglicht. Der
garn, und 51 Personen hatten eine nis und 146 Hilfesuchende übten Ge- Leistungsbezug stellte lediglich bei
deutsche Staatsangehörigkeit. 44 Personen den Lebensun-
44 Hilfesuchende kamen aus Po- terhalt sicher (29 Personen be-
len und weitere 38 Personen ka- zogen ALG II-Leistungen, 15
men aus dem zuletzt beigetrete- Personen ALG I-Leistungen).
nen EU-Mitgliedsstaat, Kroatien.
Weitere 271 Personen kamen aus
Marokko, Spanien, Serbien etc.

Nationalitäten der Klienten in der Beratung im Kälteschutz

• 32 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


Dankesbrief

• 33
Von links:
Cemil Inangil, Emil Ivanov, Sorina Grigore,
Tsvetomira Petrova, Mariana Doncheva,
Andreea Untaru, Adriana Mihaita, Milka
Musovic, Florentina Ion, Arnold Tolnai,
George Tapciuc.

Klausurtag 2016

Danksagung
Bei folgenden Einrichtungen, Ämtern, Kooperationspartnern, Kolleginnen und Kollegen, Spenderinnen
und Spendern möchten wir uns für die sehr gute Zusammenarbeit recht herzlich bedanken:

› Sozialreferat der Landeshauptstadt München


› Kommunalreferat der LH München, Herrn Karl-Peter Rank
› Fa. DMU Consult, Herrn Markus Möbius
› Bahnhofsmission München
› Teestube „komm“
› Bildung statt Betteln, Caritas
› Beratungscafé der Arbeiterwohlfahrt
› Deutscher Gewerkschaftsbund und Nadia Kluge
› Bischof Sofian von Kronstadt und Rumänisch-Orthodoxe
Metropolie München
› Hl. Basilius – Christliche Nächstenhilfe e. V.
› Priester Alexandru Nan
› Evangelische Straffälligenhilfe, Hr. Peter Möller
› Oswald-Stiftung, Pfarrkirchen
› Rumänisches Konsulat
› Heilsarmee
› Haus an der Pilgersheimerstraße
› Malteser Migranten Medizin
› Open.med
› Frauenobdach Karla 51
› Diakonia
› Mitzwe Makers Seniorenprojekte
› Angelika Niermann
› Obdachlosenhilfe St. Bonifaz
› MVHS – Sozialpädagogische Begleitung der Integrationskursteilnahme
bildungsferner EU-Zuwanderer in prekären Lebenslagen
› Agentur für Arbeit München, Arbeitsmarktdienstleistung und Haushalt
› Bodelschwingh-Haus
› „L43“- Kontaktladen
› Werner Müller und Gerhard Hintermeier
› Diakonia

• 34 Tätigkeitsbericht 01.04.2015 - 31.03.2016


... Ganz banal ist es, im Arbeitsleben eine
Schublade aufzumachen oder einen Stempel
rauszuholen. Genauso gewöhnlich ist dieses
Handeln für uns auch oft im täglichen
Miteinander. Jeder Mensch, also auch Sie und
wir, bekommt seine eigene Schublade, seinen
eigenen Stempel, je nachdem, wie er aussieht,
wie er redet, was er anhat, wie er riecht, was
für ein Gepäck oder Kreuz er gerade trägt …

• 35
Finanzielle Unterstützung, die steuerlich abzugsfähig ist, erbitten wir auf das Spendenkonto:
HypoVereinsbank / Kto.-Nr.: 275 44 44 / BLZ: 700 202 70
BIC: HYVEDEMMXXX / IBAN: DE33 7002 0270 0002 7544 44.

Bitte geben Sie bei allen Zahlungen den Betreff „Schiller 25“ an.

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