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Beispielhaftes Vortragsmanuskript

eines Vortrages der


Großen Schweißtechnischen Tagung 2000
in Nürnberg

Titel:

„MAG-Schweißen hochfester Feinkornstähle im


Fahrzeugkranbau“

Autor:

Dipl.-Ing. P. Gerster
FAUN GmbH, Lauf
MAG-Schweißen hochfester Feinkornstähle im Fahrzeugkranbau
P. Gerster, Ehingen

Der Einsatz von hochfesten Feinkornstählen ermöglicht durch Leichtbauweise eine wesentliche Verringerung der
Herstell- und Betriebskosten von Mobilkranen. In diesem Bericht werden die schweißtechnische Verarbeitung,
Schweißzusätze und Anwendung dieser Stähle im Mobilkranbau bis zu einer Streckgrenze von 1100 MPa behan-
delt. Dadurch können enorme Traglasten bei geringstem Eigengewicht verwirklicht werden.

1 Entwicklung hochfester Feinkornstähle TM-Stählen bis hin zu Streckgrenzen von 960 MPa.
Alle diese Stähle sind hochzäh und unter Beachtung
Stetig steigende Anforderungen wie Wirtschaftlichkeit, von einschlägigen Verarbeitungsregeln gut schweiß-
Sicherheit, Zähigkeit, bis hin zu höchsten Festigkeits- bar.
werten bei guter Schweißeignung, trieben die For-
schung immer weiter voran, Bild 1. 1.1 Methoden der Festigkeitssteigerung
Durch den Einsatz optimierter Sekundärmetallurgie,
sowie der Vakuumentgasungstechnik, konnten die Bei den ersten Stählen mit höherer Festigkeit wurde
Gehalte unerwünschter Begleitelemente wie z. B. dies primär über chemische Zusammensetzung durch
Schwefel, Phosphor, Stickstoff, Sauerstoff und Was- festigkeitssteigernde Elemente, vor allem Kohlenstoff
serstoff soweit reduziert werden, daß sich immer op- und Mangan erreicht. Durch Zulegieren von Alumini-
timalere Werkstoffwerte einstellen ließen. um zusätzlich zu Silizium wurde der erste höherfeste
Beispielsweise können heute Stähle mit definierten und gut schweißbare Stahl St52-3 entwickelt.
Schwefel- und Stickstoffgehalten von nur wenigen Aluminium bindet den gelösten Stickstoff und trägt so
ppm hergestellt werden. zur Verbesserung der Alterungsbeständigkeit bei.
Heute wird bereits der wasservergütete Feinkornstahl Durch die dabei entstehenden Al-Nitride wird das
mit einer Streckgrenze von 1100 MPa (S1100QL). im Kornwachstum behindert, so dass das Gefüge fein-
Autokran verwendet. körniger wird. Umfangreiche Untersuchungen haben
Durch die Weiterentwicklung der thermomechani- gezeigt, dass aus diesem Grund auch das Schweißen
schen Walztechnik in Verbindung mit einer nachfol- in kaltumgeformten Bereichen ohne Beeinträchtigung
genden Intensivkühlung und anschließender Anlaß- der Zähigkeit möglich ist (entgegen DIN 18800).
behandlung bewegen sich neueste Entwicklungen bei Bei steigenden Festigkeiten ist die Mischkristallbil-

1200

Entwicklung hochfester schweißgeeigneter Stähle S1100QL

1000 StE960V
S960QL S960M
warmgewalzt StE890V
normalgeglüht S890QL S890MC S930MC*
Mindeststreckgrenze in N/mm2

Luftvergütet
800 wasservergütet QStE740TM
S740MC
TM-umgeformt StE690V
QStE690TM
TM-umgeformt + BA S690QL
S700MC
QStE620TM
600 S620MC

StE500N QStE550TM
S500NC S550MC
StE420N QStE420TM
St52 S420NC S420MC
400 S355N
QStE380TM
St37 S380MC
S235

200

Jahr
0
1910 1915 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 1996 1998 2000

Bild 1. Entwicklung hochfester Feinkornstähle


dung bei C/Mn-Stählen nicht mehr einsetzbar, da die den bauaufsichtlichen Bereich [2], wo bisher nur nor-
Grenzen der Schweißbarkeit schnell erreicht werden. malisierend gewalzte Stähle mit 460 MPa Streckgren-
In der weiteren Entwicklung wurden also andere fes- ze und vergütete Stähle mit 690 MPa Streckgrenze
tigkeitssteigernde Maßnahmen wie Kornfeinung, Teil- zugelassen sind. Im wesentlichen sind folgende Krite-
chenausscheidung oder Versetzungsanhäufung ein- rien für den Einsatz hochfester Werkstoffe ausschlag-
zeln oder in Kombination eingesetzt. gebend:

1.2 Eigenschaften von thermomechanisch gewalz- 2.1 Erhöhung des Leistungsgewichtes Nutzlast /
ten Feinkornstählen Eigengewicht

Im Bereich niedriger und mittlerer Streckgrenzen geht Durch den Einsatz höherer Streckgrenzen können
die Tendenz zunehmend in Richtung der thermome- insbesondere im Fahrzeugbau Energiekosten (Treib-
chanisch gewalzten Stähle. „Als thermomechanisches stoff) durch geringeres Eigengewicht eingespart wer-
Walzen bezeichnet man Walzverfahren mit einer den. Im Mobilkransektor kann durch den Einsatz so-
Endumformung in einem bestimmten Temperaturbe- genannter Taxikrane, welche die Ausrüstung und das
reich. Das führt zu einem Werkstoffzustand mit be- benötigte Gegengewicht am Fahrzeug integriert
stimmten mechanischen Eigenschaften, der durch transportieren, auf ein weiteres Begleitfahrzeug ver-
eine Wärmebehandlung alleine nicht erreicht wird und zichtet werden. Außerdem werden Transportwege
nicht wiederholbar ist. Die Kurzbezeichnung für die- reduziert, da höhere Nutzlasten/Fahrzeug bewegt
sen Lieferzustand ist M“. [3] werden. Andererseits können höhere Nutzlasten bei
Anmerkung: Das thermomechanische Walzen kann gleichem Eigengewicht realisiert werden, was sich
Verfahren mit erhöhter Abkühlgeschwindigkeit (Inten- positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.
sivkühlung) ohne oder mit Anlassen einschließen.
Die Intensivkühlung mit Anlaßbehandlung wird bei 2.2 Verringerung der Material- und Fertigungskos-
TM-Stählen bei höheren Festigkeiten ab ten
Rp0,2>700N/mm² angewandt.
Die Vor und Nachteile von TM-Stählen werden ge- Bei der konstruktiven Auslegung wird die Blechdicke
genübergestellt, Tabelle 1. Aufgrund der Vorteile des über die vorhandene Spannung ermittelt. Die Ver-
TM-gewalzten Stahles wird sich dieser Werkstoff zu- wendung höherfester Werkstoffe führt zu einer der
künftig vermehrt im Bereich der Stähle von 355 bis Streckgrenze proportionalen Verringerung der Blech-
690 MPa durchsetzen. dicke. Obwohl z.B. ein Stahl mit 890 MPa Streckgren-
ze im Einkauf ca. das doppelte/t im Vergleich mit
Tabelle 1. Vor und Nachteile von TM-Stählen im Ver- S235J0 kostet, fallen aufgrund des wesentlich gerin-
gleich zu wasservergüteten Stählen geren Gewichtes geringere Materialkosten an. Auf-
grund der höheren Streckgrenzen reduzieren sich die
Vorteile Nachteile Blechdicken sowie das einzubringende Schweißgut.
Somit können die anfallenden Lohnkosten deutlich
• Je nach Blechdicke und • Blechdicken eingeschränkt* reduziert werden. Dies wird auch dadurch deutlich,
Herstell-verfahren deut- • Höhere Eigenspannungen
lich geringerer Preis • Wärmebehandlung mit
daß bei Kehlnähten das einzubringende Schweißgut
• Bessere Ebenheit höheren Temperaturen oder quadratisch zum a-Maß zunimmt.
• Bessere Schweißbarkeit Warmumformung nicht mög-
aufgrund geringerem lich Bei solchen Betrachtungen darf jedoch der höhere
CET (Kohlenstoffäquiva- • etwas geringere Zähigkeit
lent) und damit keine o-
Fertigungsaufwand z.B. durch Vorwärmen und der
der geringere Vorwär- * TM-gewalzte Stähle z.Zt bis Konstruktionsaufwand, welcher zwangsläufig auf-
mung erforderlich 10mm, intensivgekühlte und grund des konstanten E-Moduls auftritt, nicht außer
• Geringere Abkantradien angelassene TM-Stähle bis acht gelassen werden. Da die elastische Durchbie-
möglich 25mm Dicke
gung der Konstruktion oft aus Funktions- und/oder
psychologischen Gründen (Kranausleger, Fahrwerke)
2 Wirtschaftliche Kriterien für den Einsatz hö- begrenzt ist, sind die Konstrukteure gefordert die nöti-
herfester Stähle in Stahlkonstruktionen ge Steifigkeit über die Bauteilgestaltung zu realisieren.
Die dabei erhöhten Kosten, z.B. durch mehr Verstei-
fungsrippen müssen bei einer Wirtschaftlichkeitsrech-
Aufgrund des hohen Kosten- und Wettbewerbsdru-
nung gegengerechnet werden.
ckes sind besonders die Hersteller schweißintensiver
Produkte gezwungen, ständig ihre Fertigungsprozes-
Trotzdem sind aufgrund der höheren Leistungs- und
se zu optimieren und die Produktion leistungsfähiger
Kostenvorteile höchstfeste Feinkornbaustähle nicht
zu gestalten. Der Schlüssel dazu ist die Umsetzung
mehr wegzudenken. Die Herstellung moderner Mobil-
neuer Technologien und damit die Erhöhung der Pro-
und Raupenkrane mit Nutzlasten bis zu 1000 t und
duktivität, beispielsweise durch den Einsatz neuer
mehr ist ohne diese Werkstoffe nicht möglich. Das
Werkstoffe. Dabei sind bei Stahlbaukonstruktionen
Einsparungspotential beim Einsatz hochfester Stähle
hochfeste Stähle unverzichtbar und werden sich auch
wird verdeutlicht, Tabelle 2.
in Zukunft vermehrt durchsetzen. Dies gilt auch für
Tabelle 2. Einsparung durch Verwendung hochfester
Feinkornstähle [9]

S960
S235

Gesamtlänge 14650 mm
Schweißverbindung Hauptauslegerlänge (5-tlg.) min. 12,8 m
max. 51 m
Verhältnis S235J2 S960QL Verhältnis max. Gegengewicht
1 Streckgrenze 5 am Kran bei 12 t Achslast 7,3 t
5 Blechdicke t 1 dabei Tragfähigkeit max. 100 t bei 3 m
17 Schweißnahtvolumen 1 max. 0,9 t bei 30 m
1 Schweißdrahtkosten 3,3
5,3 Schweißgutkosten 1
bei 25 t Gegengewicht max 0,5 t bei 46 m
12 Spez. Schweißnahtkosten 1
5 Gesamtkosten inkl. Grundwerkstoff 1 Bild 3. Konventioneller Autokran
Randbedingungen: Abschmelzleistung 3 kg/h Die ALL-Terrain-Krane der Compact Truck-Reihe
Lohn- und Masch.-kosten 60 DM/h
Spez. Schweißnahtkosten = unterscheiden sich in wesentlichen von „herkömmli-
Schweißzusatzwerkstoffe + chen“ Mobilkranen. Sie werden angetrieben vom
Schweißen weltweit ersten schnelllaufenden Hydrostaten, was zu
Berechnungsgrundlagen Re / 1,5 einer Vielzahl an konstruktiven und anwendungstech-
nischen Vorteilen führt. So konnten sowohl die Fahr-
3 Konstruktive Gestaltung zeugabmessungen wie auch die Gesamtgewichte und
Achslasten gegenüber Modellen vergleichbarer Trag-
Die höchstfesten FK-Stähle ermöglichen große Trag- lastklassen entscheidend und zum Vorteil des Betrei-
lasten bei geringem Eigengewicht. Das neue Mobil- bers optimiert werden.
krankonzept der Compact Truck–Reihe der Firma CC Die revolutionäre Auslegertechnologie erlaubt einer-
(Compact Cranes) ermöglicht bei gleicher Ausnutzung seits ein stufenloses Ein- und Austeleskopieren unter
der Stähle bis 1100 MPa Streckgrenze ein noch ge- Last bis zur vollen Auslegerlänge und bis unter Hori-
ringeres Eigengewicht, d.h. es kann bei Ausnutzung zontalniveau, während andererseits die Ausleger im
der gesetzlichen Achslasten (12 t) wesentlich mehr eingefahrenen Zustand überhaupt nicht oder aber nur
Ballast bzw. der komplette Ballast (Taxikrane) mitge- geringfügig die Konturen des Fahrzeugchassis über-
führt werden. Das Beispiel des neu entwickelten CT4 schreiten.
mit 110 t maximaler Traglast im Vergleich zu einem Des Weiteren bieten die Compact Trucks zusätzlich
konventionell gebauten Autokran der gleichen Trag- zur kranüblichen Auslegerverlängerung weitere Zu-
lastklasse zeigt deutlich der Vorteil dieses neuen Kon- satzausrüstungen an, die bislang im Kranbereich eher
zeptes, Bild 2 und Bild 3. provisorisch eingesetzt wurden. Hubarbeitsbühnen,
Hubarbeitsgerüst sowie Hubgabelfunktion ermögli-
chen eine bedeutende Erweiterung des herkömmli-
chen Arbeitsspektrum im Kranbereich.
Compact Trucks sind mittlerweile weltweit unter allen
klimatischen Bedingungen im Einsatz, von Asien über
Europa bis nach Amerika.

4 Schweißzusätze nach DIN EN - Normen

Da von den Schweißzusätzen bzw. der Schweißver-


bindung in der Regel die gleichen mechanisch-
Gesamtlänge 12500 mm technologischen Eigenschaften erwartet werden, wie
Hauptauslegerlänge (9-tlg.) min. 8,75 m beim Grundwerkstoff, müssen diese entsprechend der
max. 59 m Festigkeitsklasse legiert sein. Bei Wurzellagen und
max. Gegengewicht einlagigen Kehlnähten findet eine Auflegierung des
am Kran bei 12 t Achslast 16 t Schweißgutes durch den Grundwerkstoff statt.
dabei Tragfähigkeit max. 110 t bei 3 m Streckgrenze und Zugfestigkeit werden dadurch im
max. 0,7 t bei 44 m Vergleich zum „reinen“ Schweißgut erhöht. Man ver-
bei 25 t Gegengewicht max 0,8 t bei 54 m wendet deshalb, vor allem bei hochfesten Stählen, für
Wurzellagen und einlagige Kehlnähte üblicherweise
Bild 2. Kompakter Mobilkran CT4-B
niedriger legierte Schweißzusätze als für Füll- und Das Kaltrißverhalten von Schweißverbindungen wird
Decklagen. außer von der chemischen Zusammensetzung des
In letzter Zeit wurden die Normen für diese Schweiß- Grundwerkstoffes und des Schweißgutes CET auch
zusätze europaweit überarbeitet. Ein Überblick über von der Blechdicke d, dem Wasserstoffgehalt des
die neuen EN – Normen für Feinkornstähle ist nach- Schweißgutes HD und dem Wärmeeinbringen Q beim
folgend dargestellt, Tabelle 3. Schweißen sowie dem Eigenspannungszustand der
Verbindung maßgebend bestimmt. Durch die Auswer-
Tabelle 3. EN-Normen für Kombinationen von tung einer Vielzahl entsprechender Untersuchungen
Schweißzusätzen und Schweißverfahren wurde die Wirkung dieser Einflußgrößen auf die Vor-
wärmtemperatur deutlich [5]. Sie läßt sich mittels
GAS LBH UP WIG MAG MSG / nachfolgender Summenformel beschreiben:
/ MIG FD
unleg. Tp [C] = 700 CET + 160 tanh (d/35) + 62 HD0,35+(53 CET–32)Q–330
prEN EN EN EN EN
und FK- EN 758
12536 499 756 1668 440
Stähle
hochfeste In dieser Gleichung bedeuten CET das Kohlenstoff-
EN prEN
Re > 500
757
EN 12534
12535
äquivalent in %, d die Blechdicke in mm, HD den
N/mm² 3
Wasserstoffgehalt in cm / 100 g deponiertes
Schutz-
gase /
EN
EN 439
Schweißgut nach DIN 8572 und Q das Wärmeein-
760 bringen in kJ/mm. Bei der Ableitung dieser Beziehung
Pulver
Lieferbe- wurden Eigenspannungen in Höhe der Streckgrenze
dingun- EN 759 und prEN 12074 des Grundwerkstoffs bzw. des Schweißgutes unter-
gen
stellt. Bei Schweißverbindungen mit günstigerem Ei-
genspannungsniveau sind niedrigere Vorwärmtempe-
5 Schutzgase raturen vertretbar. Im Falle von Schweißverbindungen
mit extrem hohem Verspannungsgrad (z.B. bei Näh-
Grundsätzlich sind alle Schutzgase nach DIN EN 439 ten an Stutzen oder Rohrknoten) können jedoch hö-
für die MAG – Schweißung geeignet, wobei die Gase here Vorwärmtemperaturen erforderlich sein.
der Gruppe M 1 nur in Ausnahmefällen zur Anwen-
dung gelangen. Wir setzen ein argonreiches Mischgas Beim Auftreten von Kaltrissen stellt man immer wieder
mit 18% CO2 ein. Der Einfluß der Schutzgase auf die fest, dass zwar die richtige Vorwärmtemperatur ge-
mechanisch-technologischen Eigenschaften ist zu wählt, jedoch die tatsächliche Wärmeableitung am
berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, je höher die Bauteil nicht richtig eingeschätzt wurde. Zum einen
Festigkeit und je tiefer die Einsatztemperatur ist. muß die Vorwärmtemperatur in ausreichendem Ab-
stand von der Schweißnaht gemessen werden, zum
6 Schweißtechnische Voraussetzungen anderen muß natürlich an Stellen, wo mehrere
Schweißnähte zusammentreffen und damit neben der
Beim Schweißen von Feinkornstählen sind unbedingt höheren Wärmeableitung noch dreidimensionale
an jedem Arbeitsplatz Möglichkeiten für das Vorwär- Spannungszustände auftreten können, welche die
men zu schaffen. Die Kontrolle der Vorwärm- und Kaltrissbildung zusätzlich begünstigen, auch sorgfälti-
Zwischenlagentemperatur kann mit Temperaturmess- ger vorgewärmt werden.
stiften, Magnet-Haftthermometer, digitalen Tempera-
turmessgeräten oder Pyrometer erfolgen. 6.2 Mechanische Eigenschaften von Schweißver-
Vor Beginn der Schweißarbeiten ist der Nahtbereich bindungen
zu säubern. Schneidschlacke, Zunder und Rost sind
dabei durch Bürsten, Schleifen oder am besten durch Die mechanischen Eigenschaften von Schweißver-
Strahlen zu entfernen. Durch Trocknen oder Vorwär- bindungen werden in erster Linie bestimmt durch die
men ist außerdem sicherzustellen, dass der Nahtbe- chemische Zusammensetzung von Stahl und
reich feuchtigkeitsfrei ist. Schweißgut sowie die beim Schweißen auftretenden
Temperaturzyklen. Die wichtigsten Einflußgrößen
6.1 Vermeidung von Kaltrissen bezüglich der Temperaturzyklen sind das Schweißver-
fahren, die Vorwärmtemperatur, die Streckenenergie
Ein wirksames Mittel ist das Vorwärmen. Es verzögert sowie die Werkstückdicke und die Nahtgeometrie.
die Abkühlung des Nahtbereiches und begünstigt die Diese verfahrenstechnischen Einflußgrößen fasst man
Wasserstoffeffusion. Das Kaltrißverhalten von Stählen zu einer für den Temperatur-Zeit-Verlauf beim
hat wesentlichen Einfluß auf die Schweißkosten. Es Schweißen charakteristischen Kenngröße, die Ab-
besteht deshalb großes Interesse, Stähle hinsichtlich kühlzeit t 8/5 zusammen.
ihres Kaltrißverhaltens einzustufen. Dies wird ermög- Eine zu schnelle Abkühlung der Schweißraupen aus
licht durch das in [4] aus umfangreichen Kaltrißunter- dem Austenitgebiet wirkt sich ungünstig auf das Ver-
suchungen abgeleitete Kohlenstoffäquivalent CET. Es formungsverhalten der Verbindung aus. Es besteht
lautet: außerdem die Gefahr von Kaltrissen. Infolge des nied-
rigeren Wasserstoffgehaltes (HD ca. 2-3) beim MAG-
CET [%] = C + (Mn + Mo) / 10 + (Cr + Cu) / 20 + Ni / 40
Schweißen liegt die Mindestabkühlzeit t 8/5 zur Ver- Die Anzahl von Stahlherstellern, die das Know-how
meidung von Kaltrissen hier bei 5 s. besitzen hochfeste Stähle herzustellen verringert sich,
Eine zu langsame Abkühlung der Schweißraupen aus wenn Anforderungen an Streckgrenze und Reinheit
dem Austenitgebiet hat dagegen zur Folge, daß die steigen. Nur drei Hersteller bieten zur Zeit einen hoch-
Festigkeitseigenschaften des Schweißgutes nicht festen, zähen Feinkornbaustahl mit 1100 MPa Streck-
mehr denen des Grundwerkstoffes entsprechen. Es grenze an:
besteht dabei außerdem die Gefahr, daß die WEZ • SSAB Schweden Weldox 1100
eine zu niedrige Zähigkeit aufweist. Bei hochbean- • Thyssen Deutschland Xabo 1100
spruchten Konstruktionen empfiehlt sich deshalb, die • Dillinger Hütte Dillimax 1100
Abkühlzeit t 8/5 entsprechend nach oben zu begren-
zen, Bild 4. 7.1 Schweißen

Die Aufgabenstellung für die Verfahrensprüfung war


eine Mindeststreckgrenze von 1100 MPa bei belasse-
ner Nahtüberhöhung. Für die Kerbschlagzähigkeit
wurden 27J bei-40°C als Mindestanforderung zugrun-
degelegt. Als Schweißzusatz wurde für das Heften ein
weicher Schweißzusatz EN 440-G 50 3 M G4Si1, die
Wurzelschweißung ein Zusatzwerkstoff mit Rp0,2=700
MPa (G 69 4 M Mn3Ni1CrMo) und für die Füll- und
Decklagen ein hochfester Zusatzwerkstoff mit 900
MPa Streckgrenze (G 89 4 M Mn4Ni2,5CrMo) nach
[6] verwendet. Sämtliche Schweißdaten wurden zu-
nächst nach SEW 088 [7] ermittelt. Das CET lag bei
Bild 4. Einfluss von t8/5 auf die mech.-techn. Werte beiden Sorten bei 0,39 und unter Beachtung der
Schweißgutanalyse bei 0,42. Daraus wurden die Min-
Die mechanisch-technologischen Eigenschaften wer- destvorwärmtemperaturen bestimmt, Tabelle 4.
den also hauptsächlich von t8/5 beeinflusst. Die Ab-
kühlzeit wird dabei hauptsächlich von folgenden Ein- Tabelle 4. Errechnete Mindestvorwärmtemperatur
flussgrößen bestimmt:, Bild 5.
Hersteller/Werkstoff Blech- Mindestvorwärm-
Chemische Zusammensetzung Schweißbedingungen dicke temperatur
SSAB/Weldox 1100 8 97
Thyssen/Xabo 1100 10 105
Schweißverfahren Schweißparameter Arbeitstemperatur Nahtgeometrie
eta U, I, v To d, F
Es war von vorneherein klar, dass die geforderten
Werkstoffwerte der Schweißverbindung nur mit ex-
Abkühlzeit t 8/5 trem kurzen Abkühlzeiten erreicht werden können. Für
die Versuchsreihe wurde ein Abkühlzeitfenster (t8/5)
Mechanische Eigenschaften
von 5-8 s über die Schweißparameter eingestellt und
daraus Zugversuche mit abgearbeiteter Nahtüberhö-
hung durchgeführt. Die Streckgrenze des Schweißgu-
Bild 5. Einfluss der Schweißbedingungen auf die me- tes lag erwartungsgemäß unter den Werten des
chanischen Eigenschaften Grundwerkstoffes, waren aber durch die kurze Ab-
kühlzeit und durch Aufmischungsvorgänge höher als
7 Einführung eines hochfesten Werkstoffes im die beim reinen Schweißgut. Die Mittelwerte der
Mobilkranbau am Beispiel des Stahles Streckgrenze lagen bei allen Proben zwischen 960
S1100QL und 1070 MPa und die der Zugfestigkeit bei 1100 bis
1190 MPa.
Bei der Einführung neuer Werkstoffe in der Fertigung Nachdem die Schweißparameter mit den vorange-
sind umfangreiche Untersuchungen bezüglich der gangenen Versuchsreihen festgelegt waren, wurde
mechanisch-technologischen Werkstoffeigenschaften anhand dieser Werte eine Schweißanweisung (WPS)
nötig. Daneben müssen zunächst die Voraussetzun- erstellt, die als Arbeitsgrundlage für die nachfolgende
gen in bezug auf Gesetzeslage, Regelwerk und Nor- Verfahrensprüfung mit nicht abgearbeiteter Nahtüber-
mung geprüft werden. Im Mobilkranbau haben sich höhung diente. Diese Vorgehensweise konnte festge-
heute genormte Vergütungsstähle mit Streckgrenzen legt werden, da in der Praxis die Schweißnähte eben-
von 690 MPa bis 960 MPa als Standard etabliert. Die falls nicht abgeschliffen werden. Die Ergebnisse wa-
Einführung eines neuen, nicht genormten Fein- ren entsprechend der Forderung, Tabelle 5.
kornbaustahles im Fahrzeugkranbau soll nachfolgend
am Beispiel eines Stahles mit 1100 MPa Streckgrenze
beschrieben werden.
Tabelle 5. Ergebnisse der Verfahrensprüfung 8 Zusammenfassung

Nr. Rp0,2 Rm Kerbschlagzähigkeit Hochfeste Feinkornstähle sind heute bei der Fertigung
[MPa] [MPa] –40°C(Mittelwerte aus allen von Nutzfahrzeugen, insbesondere im Schwerlastbe-
Versuchsreihen reich und im Mobilkranbau unverzichtbar und werden
1 1180 1200 45 J sich auch im Stahlbau vermehrt durchsetzen. Aus
2 1315 1330 75 J wirtschaftlichen Gründen, sowie aufgrund der guten
Verarbeitungseigenschaften in bezug auf Schweißen
Zusätzlich wurden verschiedene Schliffe angefertigt. und Biegen werden thermomechanisch gewalzte
Trotz der hohen Härteverläufe ist der Einsatz dieses Stähle im Streckgrenzenbereich bis 690 MPa ver-
Stahles aufgrund der guten Zähigkeitseigenschaften mehrt eingesetzt.
gegeben. Den typischen Härteverlauf einer Fülllagen- Höchstfeste Feinkornstähle wie der S1100QL müssen
schweißung zeigt, Bild 6. ausgiebig auf Ihre Verwendung untersucht werden.
Diese Stähle eignen sich nicht für die breite Masse
der Anwendungen, können aber in Einzelfällen zur
optimierten Gestaltung leistungsfähiger Konstruktio-
nen eingesetzt werden.

9 Schrifttum

[1] Dr. Geyer, Ing.Mag. Rauch, Dipl.-Ing. Schütz,


VOEST-ALPINE Stahl Linz GmbH Hochfeste Fein-
kornstähle mit optimierten Verarbeitungseigenschaf-
ten in Tagungsband zum Fortbildungsseminar für
Schweißfachleute an der Schweißtechnischen Zent-
ralanstalt in Wien, 18.05.1995, Bild 2

Bild 6. Makroschliff und Härteverlauf einer Schweiß- [2] DIN EN 10149-1, Warmgewalzte Flacher-
probe zeugnisse aus Stählen mit hoher Streckgrenze zum
Kaltumformen, Teil 1: allgemeine Lieferbedingungen
7.2 Überwachung der Schweißdaten September 1995, 3.5

Die Überwachung der wichtigsten Schweißdaten be- [3] Deutsches Institut für Bautechnik Allgemeine
schränkt sich in der Praxis auf die Kontrolle der Vor- bauaufsichtliche Zulassung Bauprodukte aus hochfes-
wärmtemperatur und ggf. der Zwischenlagentempera- ten schweißgeeigneten Feinkornstählen...10.12.1997
tur sowie die Messung der Abkühlzeit t8/5. Für den
Praktiker ist es hilfreich, unter Verwendung der Dia- [4] Uwer, D. und Höhne, H.: Charakterisierung
gramme im DVS-Merkblatt 0916 [8], die minimal und des Kaltrissverhaltens beim Schweißen in Schweißen
maximal zulässige Streckenenergie in Abhängigkeit und Schneiden 43 (1991) Heft 4, Seite 195-199.
der Blechdicke aufgrund der Vorgabe der Abkühlzeit
zu bestimmen. Mit diesen Werten kann man in einem [5] Uwer, D. und Höhne, H.: Ermittlung ange-
weiteren Diagramm abhängig vom Drahtelektroden- messener Vorwärmtemperaturen in Schweißen und
durchmesser die zugeordneten minimalen und maxi- Schneiden 43 (1991) Heft 5, Seite 282-287.
malen Schweißgeschwindigkeiten ermitteln. Diese
sind dann in der Praxis sehr einfach zu kontrollieren. [6] DIN EN 12534 Drahtelektroden und Schweiß-
gut zum Metall-Schutzgasschweißen von hochfesten
7.3 Qualifikation der Schweißer Stählen, Nov. 1999

Die Schweißer müssen eine Qualifikation nach DIN [7] SEW 088, Schweißgeeignete Feinkornbau-
EN 287-1 für die Werkstoffgruppe W03 nachweisen. stähle, Richtlinien für das Verhalten, besonders für
Interne Schulungen und Unterweisungen der Schwei- das Schmelzschweißen, Oktober 1996, Stahl-Eisen-
ßer über Vorwärmen und ggf. Nachwärmen sowie die Werkstoffblatt (SEW) des Vereins Deutscher Eisen-
Einhaltung der geforderten Streckenenergie (Viella- hüttenleute.
gentechnik) in Abhängigkeit der verwendeten Werk-
stoffe müssen laufend durchgeführt werden. Dabei ist [8] DVS-Merkblatt 0916: Metall-Schutzgas-
es sinnvoll, dass der Schweißer die Schweißge- schweißen von Feinkornbaustählen.
schwindigkeit über den Nahtaufbau und Nahtquer-
schnitt einstellt, da dies jederzeit einfach kontrolliert [9] Gerster, P.: Kostengünstiges Konstruieren
werden kann. und Fertigen im Autokranbau in DVS-Berichte Band
101, (1986), Seite 36-40

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