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Jasmin Felicitas Grossegger

DIE NOTWENDIGKEIT VON MYTHEN AM BEISPIEL DER MYTHEN VON


KÖNIG ARTUS UND DEM HEILIGEN GRAL

DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades

Magistra der Philosophie

Studium der Publizistik und Kommunikationswissenschaft

Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Fakultät für Kulturwissenschaften

Begutachter: Vass. Dr. Reinhard Kacianka

Institut: Institut für Medienkommunikation

September 2008
EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende wissenschaftliche Arbeit im Sinne des § 51
Abs. 2 Z. 8 bzw. § 51 Abs. 2 Z. 13 Universitätsgesetz 2002 selbstständig angefertigt und die mit
ihr unmittelbar verbundenen Tätigkeiten selbst erbracht habe. Ich erkläre weiters, dass ich keine
anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle aus gedruckten, ungedruckten oder
dem Internet im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt übernommenen Formulierungen und
Konzepte sind gemäß den Regeln für wissenschaftliche Arbeiten zitiert und durch Fußnoten bzw.
durch andere genaue Quellenangaben gekennzeichnet.

Die während des Arbeitsvorganges gewährte Unterstützung einschließlich signifikanter


Betreuungshinweise ist vollständig angegeben.

Die wissenschaftliche Arbeit ist noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt worden. Diese
Arbeit wurde in gedruckter und elektronischer Form abgegeben. Ich bestätige, dass der Inhalt der
digitalen Version vollständig mit dem der gedruckten Version übereinstimmt.

Ich bin mir bewusst, dass eine falsche Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Kraig, am 3. Oktober 2008


Meiner Familie
und
Allen, die mich auf meinem Weg unterstützt haben
INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT 3

1 EINLEITUNG 5

1.1 AKTUALITÄT UND RELEVANZ DES THEMA 5


1.2 FRAGESTELLUNG 6
1.3 GLIEDERUNG DER ARBEIT 7

2 DER BEGRIFF MYTHOS 9

3 MEDIENMYTHEN IM ALLTAG 13

3.1 STAND DER FORSCHUNG 13


3.2 MYTHEN, NEOMYTHEN UND MEDIEN 16
3.3 ROLAND BARTHES – MYTHEN DES ALLTAGS 26

4 KÖNIG ARTUS UND DER HEILIGE GRAL IM WANDEL DER ZEIT 32

4.1 KÖNIG ARTUS – FAKT ODER FIKTION 34


4.2 BÜCHER 38
4.3 FILME 41

5 MEDIENBEISPIELE 43

5.1 MARION ZIMMER BRADLEYS DIE NEBEL VON AVALON 43


5.2 DAN BROWNS SAKRILEG – THE DA VINCI CODE 52
5.3 KING ARTHUR 60
5.4 MONTY PYTHON - DIE RITTER DER KOKOSNUSS 68
5.5 EXCALIBUR 75
5.6 DIE HEXE UND DER ZAUBERER 84

6 ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT 91

QUELLENVERZEICHNIS 98

1
ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Barthes semiologisches Schema zur Beschreibung von Mythen


(vgl. ebd. 93) 29
Abbildung 2: Barthes semiologisches Schema mit Umbenennungen 30
Abbildung 3: Julianna Margulies als Morgaina in DIE NEBEL VON AVALON (2001) 46
Abbildung 4: Samantha Mathis als Gwenwhyfar in DIE NEBEL VON AVALON (2001) 47
Abbildung 5: Audrey Tautou als Sophie Neveu und Tom Hanks als Robert Langdon
in THE DA VINCI CODE – SAKRILEG (2006) 53
Abbildung 6: Ioan Gruffud als Lancelot, Keira Knightley als Guinevere und
Clive Owen als Atorius in KING ARTHUR (2004) 64
Abbildung 7: Keira Knightley als Guinevere in KING ARTHUR (2004) 65
Abbildung 8: Die Komödiengruppe Monty Python als Ritter der Tafelrunde in
MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS (1975) 74
Abbildung 9: Nigel Terry als König Arthur in EXCALIBUR (1981) 77
Abbildung 10: Helen Mirren als Morgana und Nicol Williamson als Merlin in
EXCALIBUR (1981) 79
Abbildung 11: Floh/Artus in DIE HEXE UND DER ZAUBERER (1963) 85
Abbildung 12: Floh/Artus und Merlin in DIE HEXE UND DER ZAUBERER (1963) 88
Abbildung 13: Madame Mim und der verwandelte Floh/Artus in
DIE HEXE UND DER ZAUBERER (1963) 89

2
Vorwort

A LONG, LONG TIME AGO. IF I WERE THERE THEN,


I WOULD NOT BE THERE NOW.
IF I WERE THERE NOW AND AT THAT TIME,
I WOULD HAVE A NEW STORY...OR AN OLD STORY...
OR I MIGHT HAVE NO STORY AT ALL...

(traditioneller Anfang Irischer Mythen)

Seit ich denken kann, haben mich Sagen und Mythen immer am meisten fasziniert, wenn ich
etwas lesen sollte oder mir Geschichten anhören durfte. Bevor ich lesen konnte, ließ ich mir von
meiner Mutter Sagen und verschiedene, meist von ihr erfundene, Geschichten erzählen. Nachdem
ich lesen gelernt hatte, habe ich Bücher von Mythen, von den griechischen bis zu den nordischen,
ebenso verschlungen wie Sagen und Märchen aus aller Welt. Natürlich findet sich in den meisten
Büchern auch die Artus-Sage und/oder der Mythos vom Heiligen Gral. Aber erst nachdem ich
Marion Zimmer Bradleys Die Nebel von Avalon gelesen hatte, erklärte ich diesen Mythos zu
einer meiner Lieblingsmythen, der bis heute eine große Faszination auf mich ausübt. Sowie ich
einen Buch- oder Filmtitel mit dem Wort „Artus“ oder auch dem Wort „Gral“ lese, muss ich
wissen, um was es genau geht und ob es interessant sein könnte oder nur ein Abklatsch eines
guten Buches oder Filmes ist.

Es gibt mittlerweile schon fast jedes Jahr ein neues Buch oder einen neuen Film, der auf den
Mythen rund um König Artus und den Heiligen Gral basiert. Daher interessiert mich, warum
diese Geschichten immer wieder von den Medien als Basis herangezogen wird, und warum die
Rezipienten dem Mythos mit seinen verschiedenen Variationen nicht satt haben.

Während meines Studiums der Medien- und Kommunikationswissenschaften gab es aber leider
keinen Kurs, der sich mit solchen Themen beschäftigte. Dennoch war mir schon seit Beginn
meines Studiums klar, dass ich mich in meiner Diplomarbeit mit der Artus-Sage und dem damit
3
verbundenen Mythos des Heiligen Grals beschäftigen will. Dank meinem Betreuer, Dr. Reinhard
Kacianka, der mir mit Rat und Tat zur Seite stand, um aus meiner Idee über die Mythen rund um
König Artus und den Heiligen Gral zu schreiben ein Thema für eine Abschlussarbeit zu machen,
bekam ich die Möglichkeit meinen Wunsch in die Tat umzusetzen. Somit werde ich mich in
meiner Abschlussarbeit mit einem Thema beschäftigen, das mir sehr viel bedeutet: den Mythen
von König Artus und dem Heiligen Gral!

4
1 Einleitung

Essenzen solcher edlen Weine,


Gold und Juwelen nicht alleine
Umhüllen sich mit Nacht und Graus.
Der Weise forscht hier unverdrossen;
Am Tag erkennen, das sind Possen,
Im Finstern sind Mysterien zu Haus.

Johann Wolfgang von Goethe, Faust - Zweiter Teil

Märchen, Sagen und Mythen begleiten uns mehrheitlich in unserer Schulzeit und Kindheit. Sie
gehören in vielen Schulen zur Pflichtlektüre. In Latein werden beispielsweise die griechischen
und römischen Sagen behandelt und es kann auch vorkommen, dass im Englischunterricht Texte
zu König Artus zur Lehre herangezogen werden. Die Erzählungen haben schließlich auch
erzieherische Qualitäten und sollen uns lehren, was im Leben wichtig ist und wie man sich in
verschiedenen Situationen verhält. Sie lehren uns beispielsweise Geschichte, Moral und andere
Werte. Es gibt aber auch Menschen, für die eine derart starke Faszination von Mythen, Märchen
und Sagen ausgehen, dass sie sich auch über die Kindheit und Jugend hinaus noch damit
beschäftigen. Natürlich gibt es aber auch Mythen, Märchen oder Sagen, die, auch über
Generationen hinweg, weit mehr Interesse und Faszination finden, als andere. Ein Beispiel dafür
ist der Mythos rund um König Artus und die Suche nach dem Heiligen Gral.

Die vorliegende Abschlussarbeit behandelt somit kritisch, das fortwährende Interesse am Artus-
und Gralsmythos und befasst sich in diesen Zusammenhang mit der Notwendigkeit von Mythen
für die Gesellschaft.

1.1 Aktualität und Relevanz des Thema


Es vergeht kaum ein Jahr, ohne dass wieder ein Roman, ein Film, eine Serie oder dergleichen, die
auf der Artus-Sage basieren, veröffentlicht werden. Wenn man in der Suchmaschine einer
Bibliothek das Stichwort ‚Artus’ oder ‚Gral’ eingibt, bekommt man nicht selten über vierzig oder

5
noch mehr Treffer, je nach Bestand der Bibliothek. Beim Stichwort ‚Artus’ erhält man über 300
Treffer beim Gesamtkatalog des Österreichischen Bibliothekenverbunds (Zugriff über die URL:
http://meteor.bibvb.ac.at/F?func=file&file_name=start&local_base=acc01), ebenso wie beim
Stichwort ‚Gral’, um ein konkretes Beispiel zu nennen. Ich denke, dass dieses Beispiel nicht nur
mein Interesse an den Mythen von König Artus und des Heiligen Grals darstellt, sondern auch
verdeutlicht, dass ein allgemeines wie auch ein wissenschaftliches Interesse an diesen beiden
Mythen besteht. Weiters gehören Mythen, vor allem die der Griechen zum Lehrplan in Mittel-
und Höheren Schulen. Daher erscheint es mir sinnvoll, die Notwendigkeit und Relevanz von
Mythen für unsere heutige Gesellschaft zu untersuchen, weil ich während meines Studiums von
manchen Seiten gehört habe, dass Mythen heutzutage nicht mehr unbedingt notwendig sind.

1.2 Fragestellung
In der vorliegenden Diplomarbeit möchte ich mich kritisch mit dem Thema „Notwendigkeit von
Mythen“ beschäftigen. Einige Skeptiker, wie kurz oben erwähnt, behaupten schließlich, dass
Mythen heute nur mehr bedingt, in einer bestimmten Phase des Lebens, wenn überhaupt
notwendig sind. Da ich von klein auf mit Mythen, Märchen und Sagen in Berührung gekommen
bin, bin ich da anderer Meinung, und das Ziel dieser Arbeit ist natürlich, diesen Skeptikern zu
beweisen, dass Mythen sehr wohl noch eine Notwendigkeit für die Gesellschaft inne haben, und
sei es nur als Quelle für Unterhaltung. Daher soll man auch den Begriff der Notwendigkeit in
diesen Zusammenhang nicht zu eng sehen und mehr als Überbegriff verstehen. Meine
Forschungsfrage befasst sich also natürlich damit, in welchen Ausmaß - wenn überhaupt - für die
heutige Gesellschaft noch eine Notwendigkeit an Mythen besteht. In diesem Zusammenhang
kommt heute auch die Frage auf, wieso Medien alte Mythen, wie etwa - und besonders - den
Mythos um König Artus und den Heiligen Gral, mit dem ich mich beschäftigen werde, immer
wieder aufgreifen und diese zu Unterhaltung für die breite Masse machen. Diese Forschungsfrage
ist besonders interessant und auch relevant, weil Medienprodukte einen großen Teil unseres
Lebens ausmachen und uns vieles, wie etwa Werte und Moral, vermitteln sollen. Die Fragen mit
denen ich mich auseinandersetzen werde, um die Notwendigkeit von Mythen und die
Unterhaltungsfunktion zu klären, sind:

 Welche Ziele verfolgen die Medien, wenn sie alte Mythen als Vorlage für Filme, Bücher
etc. nehmen?

6
 Was sollen die „neuen alten“ Mythen den Rezipienten vermitteln? Sollen sie überhaupt
etwas vermitteln?

 Werden die Mythen durch mediale Auseinandersetzung entmysthifiziert oder von Neuem
zu Mythen?

Die Beantwortung dieser Fragen soll aufzeigen, inwiefern Mythen auch heute noch für unsere
Gesellschaft als notwendig angesehen werden können. Es sollen aber durch Ansätze von Kritik
an der Verarbeitung der Mythen auch Denkimpulse zur weiteren Auseinandersetzung mit
mythischen Stoffen und Themen ausgelöst werden.

1.3 Gliederung der Arbeit


Die vorliegende Arbeit ist in vier Teile - wie folgt - gegliedert, denen eine Definition des Mythos-
Begriff vorangeht, um eventuelle Missverständnisse zu vermeiden:

Zuerst wird dem Leser - in Kapitel 3 - der Stand der Forschung bzw. die vorhandene Literatur
zum Thema Mythos nahe gebracht. In diesem Kapitel werde ich auch die wissenschaftliche
Kernliteratur, nämlich Roland Barthes’ Mythen des Alltags vorstellen, das in späteren Kapiteln
große Bedeutung findet.

Um die Brücke zum methodischen Teil meiner Diplomarbeit zu schlagen wird im darauf
folgenden Kapitel darauf eingegangen, wie sich der Mythos um König Artus und den Heiligen
Gral im Laufe der Zeit entwickelt hat und welche mehr oder minder starken Abweichungen es
zwischen den Beispielen gibt. Hier wird es einen kurzen Überblick über bisherige Filme und
Bücher, die auf den Mythen von Artus und/oder dem Heiligen Gral basieren, geben.

Der dritte Abschnitt, und damit der eigentliche methodische Teil dieser Arbeit - Kapitel 5 -
beinhaltet die Untersuchung verschiedener ausgesuchter Medienbeispiele. Hier stütze ich mich
auf Roland Barthes, um darzustellen, was sie die ausgesuchten Medienbeispiele zu Mythen macht
und wie man sich nach Barthes in der Semiologie verorteten Methode mit den Medienprodukten
auseinandersetzen und aufnehmen kann. In Verbindung damit, werde ich die Mythen im Hinblick

7
auf ihre Funktionen, Leistungen und ihre Bedeutungen untersuchen. Dadurch möchte einen
Einblick zu gewinnen, warum Medien genau diese Mythen immer wieder aufgreifen.

Abschließend werde ich meine Erkenntnisse zusammen fassen und mein persönliches Fazit zum
Thema der Notwendigkeit von Mythen, insbesondere der Mythen um König Artus und den
Heiligen Gral, ziehen.

8
2 Der Begriff Mythos
Erklärungen und etymologische Herleitungen vom Begriff Mythos gibt es wahrscheinlich ebenso
viele wie es Mythen gibt. Wie Anastassios Kodakos hervorhebt, gibt es mehrere Ansätze zur
Herleitung einer Erklärung des Begriffs Mythos aus der Etymologie. Unter anderen könnte
Mythos - etymologisch hergeleitet – ‚denken’, ‚das ausgesprochene Wort’, ‚sinnen’, ‚meinen’,
‚erinnern’, ‚sagen, aussprechen’, ‚Rede, Wort, Bericht’, ‚Gedanke’ oder auch ‚Geschichte,
Gerücht, Erzählung’ bedeuten. (Kodakos, 1993: 12-13) Diese Ausführungen lassen schon darauf
schließen, dass es sich bei Mythen um Erinnerungen, Worte, und Geschichten handelt.

Aleksej Losev hat sich in seinem gleichnamigen Buch mit der Dialektik des Mythos beschäftigt
und so aufgezeigt, was der Mythos ist und was er nicht ist, indem er dialektische Momente des
Mythos untersucht hat. Schon in der Einleitung von Alexander Haardt wird dargebracht, dass für
Losev der Mythosbegriff „ein weites Spektrum von Erzählformen“ (Haardt in Losev, 1994: XVI)
umfasst: von der beliebigen Erzählung, die das Charakteristische einer Person beschreibt, bis zur
fantastischen, wunderbaren Geschichte, die dem Vertrauten und Gewohnten entgegen steht. (ebd.
S. XVI)

Für die folgenden Ausführungen ist es wichtig zu wissen, dass Losev davon ausgeht, dass wir in
einer mythischen Welt leben und dass Mythen in dieser Welt allgegenwärtig sind und die Welt
eigentlich nur aus Mythen besteht. (vgl. Losev, 1994: 5)

Für Losev ist der Mythos weder Fiktion noch Fantasie oder dergleichen. Er ist der Meinung, dass
der Mythos „eine dialektisch notwendige Kategorie des Bewußtseins und des Seins“ ist und dass
„Für das mythische Subjekt […] der Mythos keine Fiktion, sondern eine echte Notwendigkeit“
(ebd. 173) ist. Das liegt daran, dass das mythische Subjekt nicht existieren könnte, wenn der
Mythos nicht real wäre. Man kann aber auch nicht sagen, dass der Mythos ideales Sein ist,
„sondern tatsächlich erlebte und geschaffene, materielle Realität.“ (ebd.), was weiter unterstützt,
dass der Mythos nicht erfunden ist und zumindest für das mythische Subjekt real ist. Weiters
führt Losev aus, dass der Mythos Leben ist, und nicht Wissenschaft, und dass er ein eigenes
Wahrheitsverständnis besitzt. Es wird erklärt, dass der Mythos „stoffliche Wirklichkeit ist, die
sich jedoch gleichzeitig vom gewohnten Lauf der Dinge abhebt und verschiedene Abstufungen
9
enthält.“ (ebd. 174) Somit könnte man sagen, dass der Mythos zwar die Wirklichkeit erzählt, aber
auch, da er sich „vom gewohnten Lauf der Dinge abhebt“ (ebd. 174), Elemente, die man nicht
erwartet, wie etwa einen überaus starken Helden, darbietet.
Man kann, wie Losev ausführt, auch durch Untersuchungen des Begriffs Wunder feststellen, dass
der Mythos Symbol ist und nicht etwa Allegorie oder dergleichen. Das bedeutet, dass der Mythos
als ein Symbol genau das ist, was er seinem Wesen nach ist. Andererseits ist Poesie etwas, das
der Mythos nicht ist. Losev erklärt, dass „seine Losgelöstheit […] nichts mit der eines poetischen
Bilde zu tun“ (ebd. 175) hat, weil der Mythos eigentlich ein abgelöstes poetisches Bild ist, das
aber stofflich verankert ist. Es ist auch wichtig zu verstehen, dass der Mythos nichts mit
religiösem Erzeugnis oder Dogma zu tun hat, wohl aber mit Geschichte, historischen Ereignissen
und, vor allem, dem Wort. Losev beendet seine Ausführungen mit der Beschreibung: „Der
Mythos ist in Worten gegebene wunderbare personhafte Geschichte.“ (ebd. 183), was eigentlich
eine allgemein gültige Definition des Begriffs Mythos ist. Losev ist der Meinung, dass es eine
Formel für den Begriff Mythos gibt, die aus vier Elementen besteht, nämlich der Person, dem
Wort, der Geschichte und dem Wunder, jedoch gibt es keine Ausführung die alle Elemente in
einer Definition unterbringt. Daher versucht er weiterhin, eine passende Definition zu finden, die
alle - seiner Meinung nach - essenziellen Momente des Mythos beherbergt. Aus drei Momenten -
Person, Wort und Geschichte - ergibt sich für ihn aber die folgende Definition: „Mythos ist
entfalteter magischer Name.“ (ebd. 184) Diese endgültige Definition kann laut Losev nicht mehr
vereinfacht oder umstrukturiert werden und besitzt weiters eine universale Bedeutung. (vgl. ebd.
172-185)

Losev zeigt in seinen Ausführungen zur Dialektik des Mythos, wie schwierig es ist den Begriff
Mythos adäquat zu definieren. Dennoch ist er zu einer Lösung gekommen, indem er versucht hat
auszuschließen, was der Mythos ist und was nicht und wie der Mythos sich selbst sieht und
versteht (vgl. ebd. 3-4). Er verdeutlicht, dass es verschiedene Widersprüche gibt, wenn man
Mythos definieren will und ist durch Analysen im Hinblick auf und mit Hilfe des Wunderbegriff
zu dem Schluss gekommen, dass der „Mythos entfalteter magischer Name ist.“ (ebd. 184)

Karl Kerenyi, der sich mit der Mythologie der Griechen beschäftigt hat, hat in einer Einführung
erklärt, was er unter Mythologie versteht. In seinem Zusammenhang kann man Mythologie auch
als eine Sammlung von Mythen verstehen. Das heißt, dass Mythen der Inhalt der Mythologie

10
sind. Daher gehe ich im Folgenden kurz darauf ein, wie er Mythologie, und somit auch Mythen
beschreibt.

In einigen Punkten ist Kerenyi einer Meinung mit Losev während die beiden sich in anderen
Punkten widersprechen. Kerenyi führt aus, dass der Mythos Lebensgründung ist. Somit geht er in
seinen Ausführungen zur Mythologie von einer Auffassung aus, die vom ‚Leben’ ausgeht und
nicht, beispielsweise vom ‚Sein’. Weiters ist Kerenyi der Meinung, dass Mythologie mit
Dichtung, also Poesie, interferiert und dass sie ebenso ohne eine Verbindung zur Poesie
existieren kann. In diesem Punkt unterscheiden sich Losev und Kerenyi, da Losev explizit
darstellt, dass der Mythos nichts mit Poesie zu tun hat. Aber in anderen Punkten gibt es durchaus
Übereinstimmungen: Kerenyi erläutert, wie Losev, dass man Mythen von religiösem Erkenntnis
und Theologie trennen muss, weil der Mythos und Mythologie einen schöpferisch-künstlerischen
Charakter haben. Weiters teilen sich die beiden Autoren die Meinung in dem Punkt, dass eine
Verbindung des Mythos zur Geschichte existiert. (vgl. Kerenyi, 1997: 13-19)

Eine Definition für Mythologie nach Kerenyi sähe also wie folgt aus: „Alles ist Mythologie, was
eben jene Art Personen auftreten läßt, die man aus der Religionsgeschichte als Götter oder
Dämonen kennt. Sie sind historische Gegebenheiten einer vergangenen Kultur.“ (ebd. 19)
Für Kerenyi sind Mythen demnach Geschichten, die an Poesie erinnern und teilweise
geschichtlichen Hintergrund haben. Essenziell bei Mythen ist für ihn aber, dass man sie in ihr
Medium zurückversetzt, um sie zu verstehen: Man muss sie erzählen. (vgl. ebd. 15-18)

Im Duden findet man folgende Erklärungen für den Begriff Mythos: „1. überlieferte Dichtung,
Sage, Erzählung o.Ä. aus der Vorzeit eines Volkes (die sich bes. mit Göttern, Dämonen, der
Entstehung der Welt, der Erschaffung des Menschen befasst). 2. Person, Sache, Begebenheit, die
(aus meist verschwommenen, irrationalen Vorstellungen heraus) glorifiziert wird, legendären
Charakter hat. 3. falsche Vorstellung“ (Duden – das Fremdwörterbuch, 2007: 689)
Englische Lexika erklären den Begriff Mythos wie folgt: „1 A story, presented as historical,
dealing with the cosmological and supernatural traditions of a people, their gods, culture, heroes,
religious beliefs, etc. 2 A fable or folk tale. 3 A parable, allegory.” (The New International
Webster’s Comprehensive Dictionary of the English Language, 2003: 841) So lassen diese
Erklärungen darauf schließen, dass Mythen im Allgemeinen als Geschichten, Legenden und

11
Erzählungen, meist einer bestimmten Kultur und oft auch aus einer früheren Zeit, über bestimmte
- glorifizierte - Personen und deren Taten oder ihres Verständnisses der Entstehung der Welt,
verstanden werden.

In der vorliegenden Arbeit soll der Begriff Mythos als Erzählungen oder Geschichten und ihren
Botschaften verstanden werden, die vorwiegend von Helden und ihren Mitmenschen handeln.
Des weiteren können sie auch fantastische Elemente, die der realen Welt fern sind, enthalten. Es
ist hier auch nicht ausgeschlossen, dass diese Erzählungen einen historischen (wahren) Kern
haben können, auf dem sie basieren.

Es bleibt mir nun noch zu sagen, dass eine Erklärung des Begriffs Mythos von Roland Barthes,
dessen Werk Mythen des Alltag meine wissenschaftliche Kernliteratur bildet, in einem späteren
Kapitel vorgestellt wird, das sich ausschließlich mit dem Autor und seinem Werk beschäftigt.

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3 Medienmythen im Alltag

Was jenseits des Denkens, jenseits des Wissens liegt,


das kann man sich nicht vorstellen
oder in einen Mythos oder ein Geheimnis
für die Wenigen verwandeln.
Es ist da, man muß es nur sehen.

(Krishnamurti, Jiddu (2006): Vollkommene Freiheit. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, S. 258)

3.1 Stand der Forschung


Zur bisherigen Literatur im Hinblick auf Mythen, König Artus und den Heiligen Gral lässt sich
eine relativ komplexe Situation beschreiben, da die Veröffentlichungen in verschiedenen
Richtungen gehen. Folgende Beispiele sollen dies verdeutlichen.

Aufgrund der obigen Ausführungen zum Mythosbegriff lässt sich schon erahnen, dass es sich
hier um ein relativ breites Spektrum an wissenschaftlicher, aber auch nicht-wissenschaftlicher,
Literatur handelt, weil der Begriff für vieles verwendet wird, um Aufmerksamkeit zu erregen,
oder weil die Autoren denken, dass die Verwendung eines Begriffs, der nicht deutlich definiert
wurde, adäquat ist. Um dies zu erläutern ist nun folgendes Beispiel angeführt: Im Onlinekatalog
des Österreichischen Bibliothekenverbunds (Zugriff über URL:
http://meteor.bibvb.ac.at/F?func=file&file_name=start&local_base=acc01), erhält man bei
Eingabe des Suchbegriffs Mythos über 6000 Treffer. Verschafft man sich dann beim Durchlesen
der Titel einen Überblick über die Bücher, die es zum Thema gibt, wird klar, dass etwa die Hälfte
der Treffer den Begriff Mythos im Titel aufweisen, weil ein bestimmtes Phänomen, eine Situation
oder ein Ding untersucht wurde1. Diese Trefferquote dürfte, wie bereits erwähnt, an der
Weitläufigkeit des Begriffs und dem Mangel an genauen, allgemein gültigen Definitionen liegen.
Nichtsdestotrotz findet man schließlich auch Literatur, die sich mit dem Phänomen Mythos an

1
Vgl. dazu etwa: Aichele Tobias (1996): Mythos Porsche. Texte unter Mitw. von Johannes Hübner. Stuttgart:
Motorbuch-Verl. Oder Amann, Jürgen M. (2007): Mythos Interkulturalität? Die besondere Problematik deutsch-
syrischer Unternehmenskooperationen. München; Wien: Profil-Verl.

13
sich oder etwa dessen Definition beschäftigt. Weiters gibt es einige wissenschaftliche Literatur
zur Funktion, Leistung oder dem Bildungswert von Mythen, wie auch über die Möglichkeiten des
wissenschaftlichen Zugangs. Ebenso darf in dem wissenschaftlichen Diskurs über Mythen eine
Abhandlung über bestimmte Mythen, wie etwa die griechischen oder die von König Artus und
dem Heiligen Gral, und deren Ursprung etc. nicht fehlen.

Gibt man im Onlinekatalog (oben genannte URL) den Begriff Artus ein, bekommt man ein
anderes Bild. Unter den fast 400 Treffern für die Suche findet man, abgesehen von den Treffern,
die sich auf Autoren mit dem Namen Artus (in dieser oder ähnlicher Schreibweise) beziehen,
natürlich Primärliteratur der Mythen von König Artus sowie Sekundärliteratur zu den Mythen,
die etwa die Hälfte der Treffer ausmacht. Hierbei gibt es Vergleiche der Primärliteratur nach
Unterschieden aufgrund von regionaler Auffassung2 oder bestimmte Aspekte der Mythen werden
untersucht, wie etwa die Beziehungen von König Artus3. Natürlich sind auch Bücher zur
Rezeption der verschiedenen, neueren Artus-Sagen und ihrer Verarbeitung vorhanden4. Es gibt,
aufgrund der zahlreichen Verfilmungen des Artus-Stoffes auch einen Filmdiskurs, jedoch findet
man, zumindest in den österreichischen Bibliotheken dazu nur Bücher, die von Kevin J. Harty
herausgegeben wurden, und auf die ich mich in späteren Kapiteln noch beziehen werde. Es ist
auch noch wichtig zu erwähnen, dass es zumindest eine Zeitschrift gibt, die sich nur mit den
Legenden und Mythen von König Artus und dem Heiligen Gral befasst, nämlich Arthuriana -
The Journal of Arthurian Studies.

Beim Stichwort Gral erhält man bei der Online-Suche eine Trefferanzahl von etwa 360 Büchern.
Darunter findet man selbstverständlich einiges an (Sekundär)Literatur, dass sich mit auch mit
König Artus beschäftigt. Ebenso findet man aber auch Sekundärliteratur, die sich mit den
Gralsepen beschäftigen5.Wichtig ist aber auch, dass ein Großteil der Treffer im Titel die Worte

2
Vgl. dazu etwa: Bromwich, Rachel (Hrsg.) (1999): The Arthur of the Welsh. The Arthurian legend in medieval
Welsh literature. Cardiff: Univ. of Wales Press.
3
Vgl. dazu etwa: Korrel, Peter (1984): An Arthurian triangle. A study of the origin, development and
characterization of Arthur, Guinevere and Modred. Leiden: Brill.
4
Vgl. dazu etwa: Essl, Monika (1995):Die Rezeption des Artusstoffes in der englischen und amerikanischen
Literatur des 20. Jahrhunderts bei Thomas Berger, Marion Zimmer Bradley, E. A. Robinson, Mary Stewart und T. H.
White. Lewiston, NY (u.a.): Mellen.
5
Vgl. dazu etwa: Rohr, Gottfried Wilhelm (1922): Parzival und der Heilige Gral. Eine neue Deutung der Symbolik
der Graldichtungen. Hildesheim: Borgmeyer.

14
‚die Suche nach dem Gral’ tragen und sich - historisch - mit den Fragen, was der Gral ist und wo
er zu finden ist, beschäftigen6.

Somit geht die Forschung im Bereich Mythen im allgemeinen Sinn, aber auch im Bereich der
Mythen von König Artus und dem Heiligen Gral in verschiedene Richtungen, was die
Beschreibung eines Forschungsstand schwer gestaltet. Man kann auch sagen, dass es in Punkto
Notwendigkeit von Mythen kaum Veröffentlichungen oder wissenschaftliche Forschung zum
Thema gibt, obwohl sich verschiedene Autoren, wie etwa Nietzsche oder auch die deutschen
Frühromantiker - Schelling u.a. -, schon früh einig waren, dass Mythen notwendig für das
Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft sind. (vgl. Frank, 1988: 18-71) Nietzsche
etwa, war der Meinung, dass der Mythosverlust in der Moderne bzw. der Kultur der Moderne zu
Unbehagen führte. (vg. Nietzsche, 2005: 145-149) Für Nietzsche ist der Mythos eine
„Abbreviatur der Erscheinung“ (ebd. 145), worauf auch heute noch zurückgegriffen wird. Um ein
konkretes Beispiel zu nennen hat Norbert Bolz Nietzsches Ansicht aufgegriffen:

„Dem mythenlosen Menschen der Moderne fehlt die Kraft der


Abbreviatur, der Horizontbegrenzung, die der Mythos leistete. Der
Mythos ist die Matrix des Weltbildes – er stellt ein Bild von der Welt und
umstellt die Welt mit Bildern.“ (Bolz, 1991: 20)

Die Frage, die sich für mich daher stellt, ist, ob Bolz, Nietzsche oder die Frühromantiker heute
noch der gleichen Meinung wären bzw. im Recht sind, oder ob auch sie sich in der heutigen Zeit
Skeptikern, die glauben Mythen seien in der heutigen - postmodernen - Gesellschaft nur mehr
bedingt notwendig, anschließen würden. Da sich in meiner Recherche - mit Ausnahme von
Michael Fliris „Mythos, Ritual und Selbstentwicklung – Über die unveränderte Relevanz und
Notwendigkeit von Mythen und Ritualen“, der der Auffassung ist, dass jeder Mensch sich
unbewusst seine eigene persönliche Mythologie erschafft, die dessen Leben beeinflusst und
strukturiert (vgl. Fliri, 2007: 46) - keine weiteren Aussagen bezüglich der Notwendigkeit der
Mythen in der postmodernen Gesellschaft ergeben haben, werde ich diesen Anschluss mit meiner
Diplomarbeit vollziehen. Schließlich geht vor allem von den Medien ein großes Interesse an
Mythen als Thema bzw. Grundlage für neue Bücher und/oder Filme aus, wodurch die Mythen

6
Vgl. dazu etwa: Lincoln, Henry, Michael Baigent, Richard Leigh (2005): Der Heilige Gral und seine Erben.
Illustrierte Ausgabe. Bergisch Gladbach: Lübbe. (eines der führenden Bücher zur Verschwörungstheorie rund um
den Heiligen Gral)

15
definitiv eine Unterhaltungsfunktion inne haben sollen. Somit, so sollte man meinen, müssten
mythische Erzählungen in gewisser Hinsicht auch heute noch notwendig sein, was im Laufe
dieser Arbeit erörtert werden wird.

3.2 Mythen, Neomythen und Medien


Gleich zu Beginn möchte ich in diesem Kapitel auf Jean-François Lyotard hinweisen. Sein Buch
Das postmoderne Wissen ist, wie der Name schon schließen lässt, einer der Schlüsseltexte zum
Thema Postmoderne. Lyotard erklärt, dass „wir die aktuellen Entwicklungen mit unseren
traditionellen Theorien nicht mehr adäquat erfassen können.“ (Engelmann in Lyotard, 1993: 9-
10) Das Wort postmodern bezeichnet laut Lyotard „den Zustand der Kultur nach den
Transformationen, welche die Regeln der Spiele der Wissenschaft, der Literatur und der Künste
seit dem Ende des 19. Jahrhunderts getroffen haben. Hier orten wir diese Transformationen im
Verhältnis zur Krise der Erzählungen.“ (Lyotard, 1993: 13) Die Wissenschaft hat schon immer
ein massives Problem, bzw. einen Konflikt, mit den Erzählungen, also den Mythen, gehabt.
Jedoch muss sich die Wissenschaft auch legitimieren und wenn eine solche Legitimation über
einen Metadiskurs, der auf eine „große Erzählung zurückgreift wie die Dialektik des Geistes, die
Hermeneutik des Sinns, die Emanzipation des vernünftigen oder arbeitenden Subjekts“ (ebd. 13),
geschieht, wird diese Wissenschaft als modern bezeichnet. Hingegen ist die Auffassung „einer
Skepsis gegenüber den Metaerzählungen [...] ‚postmodern’ [Anm.: meine Kursivschrift]“ (ebd.
14).
Da Wissenschaft aber nicht mit Wissen gleichzusetzen, geschweige denn identisch, ist,
unterscheidet Lyotard in seinem Bericht zwei Arten von Wissen, nämlich das wissenschaftliche
und das narrative, die miteinander im Konflikt stehen. Die beiden unterscheiden sich etwa
dadurch, dass im wissenschaftlichen Wissen eine Aussage nicht durch Wiederholung allgemein
gültig wird. Wie sich aus den Begriff narrativ schon schließen lässt, ist die Erzählung die Form
des narrativen Wissens und zwar, in Lyotards Worten:

„in mehrfacher Hinsicht.


Zunächst erzählen diese populären Geschichten selbst, was man positive
oder negative Bildungen* [sic] nennen könnte, das heißt die Erfolge oder
Mißerfolge, die die Wagnisse der Helden krönen, und diese Erfolge oder
Mißerfolge geben entweder gesellschaftlichen Institutionen ihre
Legitimität (Funktion der Mythen) [Anm.: meine Hervorhebung durch
Fettschrift] oder repräsentieren positive oder negative Integrationsmodelle

16
(glückliche oder unglückliche Helden) in etablierte Institutionen
(Legenden, Märchen).“ (ebd. 68)

Somit legen die Erzählungen/Mythen also die Basis für gesellschaftliche Konventionen und
Kompetenzen und die Bewertung der Leistungen. In anderen Worten: „Das, was mit den
Erzählungen überliefert wird, ist die Gruppe pragmatischer Regeln, die das soziale Band
ausmachen.“ (ebd. 72) Aus diesem Grund ist es auch verständlich, dass sich das narrative Wissen
nicht mehr legitimieren muss, stattdessen besitzt es von Beginn an seine Legitimität.
Nichtsdestotrotz, so Lyotard, ist die Glaubwürdigkeit der großen Erzählung in der Postmoderne
verloren gegangen während die Technik einen Aufschwung erlebt hat und wie der Philosoph
erklärt ist „Die Sehnsucht nach der verlorenen Erzählung [...] für den Großteil der Menschen
selbst verloren.“ (ebd. 122) Auch sei für ihn eine Wiederkehr der großen Erzählung in der
Postmoderne nicht denkbar. Der Mensch müsse sich daher auf selbst erfundene „kleine
Erzählung[en]“ (ebd. 175) stützen.

In ähnlicher Weise sieht der Mythologe Joseph Campbell den Untergang der großen Erzählung,
obwohl er diese unter dem Begriff Mythen zusammenfasst. In den 80er Jahren stellte er fest, dass
wir „in einer Endmoräne solcher überlebten Mythen und mythischen Symbole, großer und kleiner
Bruchstücke von Traditionen, die früher einmal Kulturen stifteten und trugen [leben].“
(Campbell, 1985: 7) Er spricht davon, dass wir uns vor allem in religiösen Dingen, wenn
überhaupt, von einer Heiligen Schrift leiten lassen, die eigentlich nicht mehr in unsere Zeit passt.
Trotzdem klammern wir uns daran fest, statt dass wir eigene Mythen hervorbringen. Um dies zu
erläutern zitiert er Nietzsches Zarathusta und William Butler Yeats Gedicht „Die Wiederkunft“
(engl. Originaltitel „The Second Coming“), die aussprechen bzw. andeuten, dass Gott tot ist.
Campbell schließt daraus, dass jeder einzelne Mensch sich Bruchstücke aus den Mythen
heraussuchen muss, um für sich selbst Orientierung im Leben zu finden. Im Gegensatz zu
Lyotard, der sagt wir sollen uns an „kleinen Erzählungen“ orientieren, ist der Mythologe der
Meinung, dass es an der Zeit wäre, dass wir eine allgemein gültige Mythologie entwerfen, „Denn
alle Mythologien, ob sie sich nun großartig oder bescheiden gebärden, verleihen dem Streben des
menschlichen Geistes Ausdruck und sind daher zugleich universelles Gut (des menschlichen
Geistes) und örtlich-geschichtliches (eines bestimmten Volkes).“ (ebd. 8) Somit haben alle
Mythen gemeinsam, dass sie einerseits eine universelle Bedeutung haben, andererseits aber
kulturgebunden sind und dadurch Menschen kulturelle Wertesysteme indoktrinieren sollen.
17
Daher sind Mythen für Campbell zeit- und gesellschaftsgebunden und um uns an ihnen zu
orientieren müssten wir heute alle Mythen der Welt auf allgemeine Aussagen durchforsten, um
eine für alle Menschen gleichermaßen gültige Mythologie zu erschaffen. (vgl. ebd. 7-8) Auch
wenn Campbell der Meinung ist, dass mythische Aussagen heute nicht mehr die gleiche
Gültigkeit besitzen, wie zu der Zeit als sie entstanden sind, kann man aus seinen Ausführungen
schließen, dass Mythen im Allgemeinen für Menschen notwendig sind, weil sie uns in unserem
Leben Halt und Orientierung liefern und uns kulturelle Werte übermitteln.

Dem schließen sich mehrere Autoren, wie etwa Hermann Schrödter, an. Schrödter geht aber
einen Schritt weiter, indem er auch anmerkt, dass es kritisiert wird, dass die so genannten
Neomythen „weithin in einer Struktur, nicht mehr in traditionellen Inhalten“ (Schrödter, 1991: 2)
bestehen. Das heißt, dass die neuen Mythen mehrheitlich wissenschaftliche Forschungsergebnisse
mythisieren bzw. damit verknüpft werden. Ein Problem der Neomythen ist also, dass der
Mythosbegriff, wie bereits erwähnt, relativ beliebig verwendet wird. Daher ist es wichtig,
ebenfalls oben erwähnt, dass, um Neomythen zu entwerfen, man sich im Klaren sein muss, was
ein Mythos überhaupt ist. (siehe dazu Kapitel 2: Der Begriff Mythos) Schrödter fügt aus
verschiedenen Ansätzen zusammen, dass wir etwas mythisch nennen,

„wenn es als umfassendes, geschichtliches, präsentatives Symbol mit


Systemcharakter die Vertrautheit des Symbolisierenden mit der
Überlegenheit des Symbolisierten allem Menschlichen gegenüber
verknüpft und auf emotionales Beteiligtsein an der Einbindung in
Überindividuelles ausgerichtet ist.“ (ebd. 12)

Dies deckt sich in den meisten Punkten mit meinen Aussagen in Kapitel 2. Das Neomythische
aber unterscheidet sich vom mythischen in gewissen Aspekten, „vor allem durch seine auf
unmittelbare Ermächtigung zielende Ausgestaltung des Verhältnisses von Vertrautheit und
Überlegenheit und seinen reflektierten Einsatz vom traditionell Mythischen.“ (ebd. 12) Das heißt,
dass sich Neomythen traditionelle Mythen zum Vorbild nehmen und diese reflektieren. Weiters
will der Neomythos Vertrautheit und Überlegenheit formen, um dadurch legitim zu werden. Im
Prinzip will man mit Neomythen „kulturelles und soziales Unbehagen“ (ebd. 18), worauf auch
Nietzsche hingewiesen hat, beseitigen, weil das Mythische „dem Unbehagen produzierenden
Erklärungsmuster der ‚Wissenschaft’ und deren Folgeerscheinungen entgegen[wirkt].“ (ebd. 21)
Die Wissenschaft, die für alles eine Erklärung sucht, ist also eigentlich dafür verantwortlich, dass
18
die Menschen sich nicht mehr auf Mythen und die ihnen zugrunde liegenden Wahrheiten
verlassen. Stattdessen orientieren sich die Menschen heute mehrheitlich an Aussagen, die
wissenschaftlich eindeutig belegbar sind, was verschiedene Auswirkungen auf die Menschen hat.
Allen voran erzeugt eine solche Orientierung des Menschen Unbehagen. Demnach sind sich
einige Wissenschaftler und Philosophen - unter anderem die bisher zitierten: Nieztsche, Bolz,
Campbell, Schrödter - einig, dass Mythen für Menschen notwendig sind, weil sie ihnen helfen,
verschiedene Dinge zu verstehen und Orientierung im Leben bieten.

Unsere Kultur und die Medien sind heutzutage extrem produktiv und auch innovativ, wie
Hartmut Heuermann anmerkt. Jedoch kann man auch deutlich regressive Tendenzen in den
Bereichen der Kultur und der Medien erkennen. Immer wieder tauchen alte Themen und
Symbole auf, von denen wir dachten, dass sie eigentlich nicht mehr existent, oder in anderen
Worten, tot, sind. Diese Tendenzen kann man in allen medialen Formen, ob Buch, Film, Kunst
oder Werbung, erkennen. Genau in dieser Zeit können durch die regressiven Tendenzen alte
Mythologien, die eigentlich notwendig sind, wieder aufleben. Die Menschen erkennen und haben
oft seelische Probleme und versuchen sich in alte Erinnerungen und Erfahrungen zu flüchten.
Diese regressive Strömung wird wiederum von den Medien aufgegriffen und in
sensationalistischer oder künstlerischer Art behandelt. Daher ist Heuermann der Meinung, dass es
eine Verbindung zwischen den menschlichen und den medialen regressiven Tendenzen gibt und
dass „die vielfältige mediale Behandlung regressiver Phänomene als kulturelles Korrelat
seelischer Problemlagen aufzufassen [ist].“ (Heuermann, 1994: 20)

An dieser Stelle möchte ich kurz auf den Begriff der Kulturindustrie nach Theodor W. Adorno
und Max Horkheimer eingehen. Die beiden Philosophen haben ein Kapitel ihres Buches Dialektik
der Aufklärung der Kulturindustrie gewidmet, in dem sie die Kernthesen ihrer Kulturindustrie-
Theorie beschreiben (vgl. ebd. 128-176). Dazu gehört, dass jede Form von Kultur zur Ware wird
und dass Kunst über den ökonomischen Wert und nicht den ästhetischen definiert wird. Des
Weiteren ist das Ästhetische eine Funktion der Ware: die Reklame findet ihre Bilder, indem sie
vom Ästhetischen vorbestimmt werden. Die Philosophen weisen darauf hin, dass alle Medien
gleich sind: sie teilen die Zuschauer in Kategorien ein (vgl. Horkheimer/Adorno, 1972: 131) und
liefern ihnen „fertige Clichés, beliebig hier und dort zu verwenden, und allemal völlig definiert
durch den Zweck, der ihnen im Schema zufällt.“ (ebd. 133) Der Konsument passt sich der

19
Kulturindustrie an und umgekehrt, weil diese den Konsumenten braucht. Der wiederum lässt sich
von ihr bedienen und ist dabei auch nicht wählerisch oder anspruchsvoll. Schließlich will er
verstehen, was ihm gezeigt wird. Dadurch bildet der Konsument allerdings sein kritisches
Denken nicht aus und kann aus diesem Grund auch der Kulturindustrie nicht widersprechen. Ein
Individuum gibt es für die Kulturindustrie auch nicht, denn man trägt nur die Konsumentenrolle.
So schlägt „Kultur heute [...] alles mit Ähnlichkeit.“ (ebd. 128) denn „Immergleichheit regelt
auch das Verhältnis zum Vergangenen. [...] Die Maschine rotiert auf der gleichen Stelle.
Während sie schon den Konsum bestimmt, scheidet sie das Unerprobte als Risiko aus.“ (ebd.
142) Es werden nur Produkte, die sich schon als Bestseller bewiesen haben, wieder und wieder
verarbeitet. Der Profit und die Verwertbarkeit der Produkte sind die Dinge, die zählen. Die
Kulturindustrie lebt dem Zuschauer eine Scheinwelt vor, was die Philosophen am Beispiel der
Trickfilme erklären, die früher „Exponenten der Phantasie gegen den Rationalismus waren.“
(ebd. 146) Heute zeigen sie den Zuschauern, wie das Leben und die Welt funktionieren, und dass
man sich eingliedern muss. Sie hämmern „die alte Weisheit in alle Hirne, daß die kontinuierliche
Abreibung, die Brechung allen individuellen Widerstandes, die Bedingungen des Lebens in
dieser Gesellschaft ist.“ (ebd. 147) So verkörpert die Zeichentrickfigur Donald Duck einen
Menschen der Gesellschaft, der seine Prügel bezieht. Dadurch lernen die Zuseher mit ihren
eigenen umzugehen und sich an sie zu gewöhnen. Aus diesem Grund fragen sich die
Philosophen, ob die Kulturindustrie überhaupt noch die Ablenkungsfunktion bietet, mit der sie
sich eigentlich präsentiert, denn „Immerwährend betrügt die Kulturindustrie ihre Konsumenten
um das, was sie immerwährend verspricht.“ (ebd. 148) Sie bietet nicht die Alltagsflucht, die sie
verspricht, sondern konfrontiert die Konsumenten stets damit und bietet diesen Alltag sogar als
Paradies an. Somit ist „Amusement [...] die Verlängerung der Arbeit unterm Spätkapitalismus.“
(ebd. 145) Daher folgern die Philosophen, dass die Kulturindustrie schon eine Flucht anbietet,
allerdings nicht vor der Realität sondern vor dem Widerstand gegen den schlechten Alltag. Des
Weiteren beeinflusst die Kulturindustrie die Menschen in ihrem Handeln. In Film, Buch, Radio
und Werbung wird gezeigt, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat. Es gibt
nichts Individuelles mehr, wie es auch kein Individuum gibt, sondern nur Nachahmung, wie am
Beispiel der Werbung deutlich wird. „personality bedeutet ihnen [Anm.: den Konsumenten]
kaum mehr etwas anderes als blendend weiße Zähne und Freiheit von Achselschweiß und
Emotionen. Das ist der Triumph der Reklame in der Kulturindustrie, die zwanghafte Mimesis der
Konsumenten an die zugleich durchschauten Kulturwaren.“ (ebd. 176)

20
Somit produziert die Kulturindustrie nach Horkheimer und Adorno bevorzugt bereits bekannte
Kulturgüter und Medienprodukte. Dabei wird sie von den Konsumenten und deren Wünschen
geprägt, die wiederum von der Kulturindustrie beeinflusst werden und von ihr amüsiert werden
wollen. Durch diesen Teufelskreis kann sich keiner der beiden weiterentwickeln und Kulturgüter
werden auf ihren Warenwert reduziert, denn nur was Geld einbringt, indem es konsumiert wird,
ist auch etwas wert.

Auch bei Heuermann beeinflussen sich die Medien und die Konsumenten gegenseitig. Allerdings
betrachtet er die Kulturindustrie nicht so pessimistisch wie Horkheimer und Adorno. Zum ersten
ist die Kulturindustrie, also die Medien, nach Heuermann innovativ und zum zweiten helfen die
Medien den Menschen ihre Erinnerungen und die alten Mythologien aufleben zu lassen.
Zusätzlich zur regressiven Tendenz der Medien und der Menschen erläutert Heuermann auch,
dass sich in der Geschichte ein „>Sprung< vom Mythos zum Logos“ (Heuermann, 1994: 61)
ereignet hat. Dabei wurde in der griechischen Aufklärung der Grundstein für die Entmythisierung
gelegt, wie nicht nur Heuermann, sondern auch Adorno und Horkheimer festhalten:

Die Verdoppelung der Natur in Schein und Wesen, Wirkung und Kraft,
die den Mythos sowohl wie die Wissenschaft erst möglich macht, stammt
aus der Angst des Menschen, deren Ausdruck zur Erklärung wird.[...] Die
Götter können die Furcht nicht vom Menschen nehmen, deren
versteinerte Laute sie als ihre Namen tragen. Der Furcht wähnt er ledig zu
sein, wenn es nichts Unbekanntes mehr gibt. Das bestimmt die Bahn der
Entmythologisierung, der Aufklärung, die das Lebendige mit dem
Unlebendigen ineinssetzt wie der Mythos das Unlebendige mit dem
Lebendigen. Aufklärung ist die radikal gewordene, mythische Angst.
(Horkheimer/Adorno, 1972: 17)

Der Mensch der Aufklärung glaubt also nach Horkheimer und Adorno, dass er keine Angst mehr
hätte, wenn er alles erklären könnte, allerdings ist die Aufklärung so gesehen selbst eine Form
von Angst. Man kann also, wie bei Schrödter (vgl. Schrödter, 1991: 21) und auch bei Heuermann
(vgl. Heuermann, 1994: 9-63), erkennen, dass der Drang zur Wissenschaft und der Drang nach
Erkenntnis zur Folge haben, dass eine Entmythisierung der Welt stattfindet. Es gibt auch, so
Heuermann, Unterschiede in der Weltansicht der Anhänger des Mythischen und der Anhänger
des Logischen. Während die Imagination das Signum des mythischen Menschen ist, ist die
Abstraktion die des logischen, philosophischen und analytischen. Im Prinzip sehnen wir uns aber

21
nach der Zeit der Imagination und daher besteht großer Bedarf an Neomythen, was sich etwa in
den regressiven Tendenzen der Menschen und der Medien äußert. Man kann daran, sowie an den
fortbestehenden Heldenmythen erkennen, dass der Logos noch nicht gänzlich über den Mythos
gesiegt hat. (vgl. Heuermann, 1994: 62-63) Weiterführend sieht man aber auch in der
Literaturgeschichte den Einfluss des Logos. Hier trägt das Ergebnis der Entmythisierung den
Namen Fiktion. Heuermann führt aus, dass der Mythos in der Literaturgeschichte nur zum Zweck
des künstlerischen Interesses am Leben erhalten wird. Jedoch wird „seinem weltanschaulichen
Anspruch […] die Gefolgschaft verweigert. Venus bezaubert noch, aber sie verzaubert nicht
mehr.“ (ebd. 71) Somit wären die Medienprodukte, die sich alter Mythen bedienen, Handlanger
des Logos, mit dem Ziel die Rezipienten zu bezaubern. Man bietet ihnen eine fiktive Welt zur
puren Unterhaltung an. Nichtsdestotrotz kann der Logos den Mythos nicht gänzlich auslöschen,
weil „Das mythische Lebensgefühl, das wir spätestens mit der Aufklärung glaubten abgestreift zu
haben, lebt als psychisches Erbe fort.“ (ebd. 72) Dies ist vergleichbar mit der Anatomie des
Gehirns. Es wird davon ausgegangen, dass wir bestimmte Dinge nicht verlernen oder vergessen
können, weil die Teile des menschlichen Gehirns weiterhin ihre bestimmten Aufgaben haben.
Daher kann man den Mythos immer wieder hervorholen, wie man an verschiedenen
Remythisierungstendenzen, wie etwa beim islamischen Fundamentalismus, erkennen kann. (vgl.
ebd. 71-73) Aus evolutionärer Sichtweise folgert Heuermann:

„1. Die Entmythisierung ist generell ein unbezweifelbares evolutionäres


Faktum. 2. Sie ist kein abgeschlossener, sich selbst überwindender und
den Mythos auslöschender Vorgang. 3. Sie verhindert keine Phasen der
Remythisierung, in denen gesellschaftliche Gruppen oder ganze Völker
vorübergehend >rückfällig< werden.“ (ebd. 73)

Es scheint also, als würden Mythos und Logos fortwährend einen Kampf um die Vorherrschaft
führen müssen, weil die Psyche die Geschichte nicht vergisst. Der Rückschritt zum Mythos hat
verschiedene, positive und negative, Auswirkungen. Vor allem aber, kann der Mythos wahren
Fortschritt bringen, wenn man erkennt, dass der bisherige Weg mit dem Logos falsch wahr. (vgl.
ebd. 73-74) Somit kann man sagen, dass die Medienprodukte, die heute Mythen aufgreifen und
sie im Sinne des Logos zu Fiktion werden lassen, auch als Rückschritte zum Mythos gesehen
werden können. Sie haben schließlich die Möglichkeit, uns falsche Entwicklungen vor Augen zu
führen und uns zu zeigen, wie man diese wieder in die richtige Richtung leiten kann. Man kann
die Medienprodukte, wie etwa Filme und Bücher, die in fast allen Teilen der Welt publiziert
22
werden, also eigentlich guten Gewissens als Ansätze für eine allgemein gültige Neomythologie
bezeichnen. Immerhin haben sie, wenn man sie als Rückschritte zum Mythos liest, auch das Ziel
uns Halt und Orientierung in problematischen Zeiten zu geben.

Es gibt jedoch auch andere Ansichten zu Mythos und Logos. Michael Fliri beispielsweise ist der
Meinung, dass der Mythos nicht durch Logos ersetzt wurde oder werden soll, sondern dass
anstelle des Mythos ein anderer Mythos getreten ist. Schließlich beeinflussen immer noch
mythische Strukturen unser Leben und jeder Mensch entwickelt im Laufe der Zeit seine eigene
persönliche Mythologie. Der Mensch selbst ist ein „zutiefst mythisches Wesen“ (Fliri, 2007: 51).
Die persönliche Mythologie beeinflusst und leitet unser Leben und sie hat oft nichts mehr mit
religiösen Vorstellungen zu tun. Im Prinzip sucht man sich das, was einem gefällt, zusammen und
lebt danach. Man sucht sich seinen Platz im Leben, jedoch passiert dieser Prozess der
Mythenbildung meist unbewusst. Veränderung ist auch ein wichtiger Teil, weil sich durch
bestimmte Erfahrungen und Veränderungen über die Einflüsse auf sich selbst die eigene
Mythologie verändern muss. Man verändert damit die eigene Weltanschauung, die von der
persönlichen Mythologie geleitet wird. Weiters erläutert Fliri, dass es immer noch Menschen
gibt, die nach alten Traditionen leben, die über eine rationale Denkweise weit hinausgehen. (vgl.
ebd. 46-52)Wenn man sich an diesen Menschen ein Beispiel nimmt, und sich bewusst auf die
Mythen einlässt und sie lebt, kann man einen weit größeren Sinn in allem erkennen „und, wie
Ken Wilber schreibt, ein mythisches Leben […] führen.“ (ebd. 52)

Beachtet man Fliris Sichtweise könnten Medienschaffende mit ihren Produkten der eigenen,
persönlichen Mythologie Ausdruck verleihen. Man erschafft also beispielsweise seine eigene
Mythologie, indem man sich aus allgemeinen Mythologien das heraussucht, was der eigenen
Persönlichkeit und Erfahrung am ehesten entspricht, beispielsweise Aspekte der Mythen von
König Artus, mit denen man sich identifizieren kann. Als Medienschaffender hat man dann auch
die Möglichkeit, seine Ansichten einer breiten Masse zugänglich zu machen. Da ich der
Auffassung bin, dass jeder Medienschaffende seinem Produkt eine persönliche Note geben will
kann man erkennen, dass sich dadurch Geschichten mit demselben Kerninhalt extrem
unterscheiden und verändern können. Hierbei kann dann die persönliche Mythologie die tragende
Rolle spielen, weil sie die Weltanschauung des Medienschaffenden steuert und somit auch,
welche persönliche Note sie einem ihrer Produkte verleihen wollen. Weiterführend kann man

23
dann also sagen, dass Medienschaffende ihre persönliche Mythologie, die sie durch ihre Produkte
darstellen, offen zur Schau stellen und damit anderen die Möglichkeit geben, sich durch ihre
Darstellung der Mythologie weiterzubilden, indem auch sie sich bestimmte Aspekte, die ihnen
entsprechen heraussuchen und nach diesen leben. Dadurch könnte sich im Laufe der Zeit eine
allgemein gültige Mythologie herausbilden, nach der etwa Campbell oder Schrödter fragen. Die
Frage ist aber, ob dies nötig ist, wenn jeder Mensch sich seine eigene persönliche Mythologie
bildet. Das Problem, das schließlich noch bleibt, ist, dass sich in der heutigen Zeit viele
Menschen weigern, die Mythologie anzuerkennen, wodurch, meiner Meinung nach, das Gefühl
des Unbehagens, das Nietzsche anspricht, entsteht. Wenn wir uns also zu Herzen nehmen, dass
man Mythologie nicht auslöschen kann und uns wieder auf die logisch nicht unbedingt erklärbare
Welt, die uns eigentlich täglich begleitet, einlassen, wird sich auch das Gefühl des Unbehagens
wieder in Luft auflösen.

Ein Beispiel für eine derartige mediale Verarbeitung der persönlichen Mythologie findet man im
Bereich der Künste, denn auch Donald Kuspit hat sich mit dem Thema der persönlichen
Mythologie beschäftig. Laut Kuspit kann sich der Avantgarde-Künstler „in größerem Maße als
jeder andere durch seine Kreativität verwirklichen“ (Kuspit, 1995: 13). Zusätzlich ist er aber auch
„Leitstern“ (ebd. 13) und führt die Menschen in eine Wahrnehmungswelt und damit zu einem
„neuartigen Lebensgefühl“ (ebd. 13), wodurch er als eine Art Held gesehen werden kann. Somit
lebt der Künstler seine persönliche Mythologie vor und dadurch beeinflusst er auch sein
Publikum. Im Prinzip zeigt der Künstler uns, wie wir leben könnten. In Kuspits Worten: „Durch
das Wunder der Kunst verwandelt sich Verzweiflung über das Leben in Lebensfreude;
ekstatische Erfahrung tritt anstelle des Gefühls der Sinnlosigkeit des Lebens.“ Der Künstler zeigt
den Weg zu einer Änderung in unserem Leben und lebt uns eine Selbstüberwindung vor, deren
Weg auch wir einschlagen können und so die Welt mit den Augen des Künstlers zu sehen oder
selbst für kurze Zeit zum Künstler/Held werden. Es ist in diesem Zusammenhang auch wichtig zu
verstehen, dass der Avantgarde-Künstler ein besonderes Gespür für das Elementare hat, was nach
Hermann Broch „Mystik des Mediums“ (ebd. 24) genannt wird. Hierbei verstärkt das Medium
das Gespür für beide Realitäten, die objektive und die subjektive und selbst wird das Medium
„als primärer Gegenstand sinnlicher Erfahrung, als ihr Spielfeld, zum Ersatz und Sprachrohr des
Selbst. Es wird zugleich inneres wie äußeres Objekt und stellt damit einen Beziehungsmodus in
sich selbst dar.“ (ebd. 25) Somit ergibt sich für den Künstler und das Medium eine symbiotische

24
Verschmelzung, da das Medium den Künstler nährt und stärkt und auch die Absichten des
Künstlers verkörpert. Das Medium hilft dem Künstler auf dem Weg „zum vollständigen
Ausdruck des Selbst.“ (ebd. 25), da es sinnliche und emotionale Wahrnehmung zu verbinden
weiß. Es kann Phantasien und Beschreibungen gleichermaßen erzeugen und letzten Endes hat
sich die „Kunst [...] die nahtlose Verschmelzung beider zum Ziel gemacht.“ (ebd. 26) Aber
Kuspit erläutert auch, dass Avantgarde-Kunst und Neo-Avantgarde-Kunst narzisstisch
erscheinen, da sie von einem Konzept der „Kunst um der Kunst willen“ ausgehen, was eine
„kultivierte Mystik des Mediums, in der die Gefühls-Präsentationen innerhalb der Sinnes-
Präsentationen überbewertet werden, oder vielmehr in der Sinnes-Präsentationen von selbst als
Gefühls-Präsentationen erfahren werden, anstatt sie nur zu symbolisieren.“ (ebd. 26) ist. Dadurch
wird hier die Kunst der beste Weg, „innere Realität auszudrücken“ (ebd. 26) und somit ist die
Kunst auch der beste Weg, um die persönliche Mythologie des Künstlers auszudrücken. Des
Weiteren hat die Kunst laut Kuspit einen therapeutischen Effekt, da sie es dem Künstler und auch
dem Publikum ermöglicht sich mit Gegensätzen auseinander zu setzen, auch wenn das Publikum
hier diesen Konflikt eher aus zweiter Hand erfährt. Als therapeutisches Mittel gibt die Kunst dem
Künstler somit auch Macht. Im Gegensatz zu Fliri ist Kuspit aber der Meinung, dass die Kunst in
der Postmoderne (Neo-Avantgarde-Kunst) nicht mehr Ausdruck der persönlichen Mythologie
und Therapie für den Künstler und das Publikum ist. Die Kunst „hat ihren therapeutischen Willen
verloren [...], man könnte sagen, den Willen, ihr Publikum zu heilen (das in der Tat unheilbar
sein mag). [...] Die Postmoderne signalisiert, daß die Kunst ihren Willen zur Macht verloren hat.“
(ebd. 34) Dies führt zu einer künstlerischen Weltlichkeit, die sich etwa darin zeigt, dass Kunst
erschaffen wird, um an Ruhm und Reichtum zu kommen oder darin, dass „Kunst in der
postmodernen Kultur nicht mehr ohne Publicity leben [kann]“ (ebd. 52), da erst sie der Kunst
Bedeutung verleiht. Allerdings wird auch erwähnt, dass sich der Neo-Avantgarde-Künstler einen
bestimmten künstlerischen Stil zum Vorbild nimmt und ihn dann „zum persönlichen
Manierismus“ (ebd. 59) umwandelt. Man könnte auch sagen, dass der Neo-Avantgarde-Künstler
einen Stil auf seine Art verarbeitet und somit ebenso seine persönliche Mythologie kreiert wie der
Avantgarde-Künstler indem er sich mit sich selbst und seinen Konflikten beschäftigt um seine
künstlerische Identität – man vergleiche dazu auch personal branding - (oder persönliche
Mythologie) zu erschaffen. (vgl. ebd. 11-64)

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Auch wenn viele Menschen es nicht verstehen bzw. es nicht sehen wollen sind Mythen
allgegenwärtig. Mythen begleiten uns von Anfang an und über unser ganzes Leben hinweg. Sie
finden in allen möglichen Lebensbereichen Bedeutung und wollen uns Sinnzusammenhänge
erklären. Man rufe sich nur das Thema eines Helden oder Erlösers ins Gedächtnis. Es gibt
heutzutage viele Menschen, allen voran Politiker oder etwa Heiler, die uns versprechen, dass sie
uns von unserem Elend erlösen, wie etwa ein Held die Welt von einem Monster befreit, was ein
gängiges Thema in allen Mythologien ist. Sie versprechen uns, uns ins Paradies zu leiten, was
wiederum Mythologie ist. Man kann also erkennen, dass uns mythische Bilder, vor allem in den
Medien, die mythische Themen immer wieder aufgreifen, ständig begleiten. Genau das hat
Roland Barthes schon in den 50er Jahren erkannt und ein Buch, nämlich Mythen des Alltags
darüber geschrieben.

3.3 Roland Barthes – Mythen des Alltags


Roland Barthes Werk Mythen des Alltags ist im Prinzip ein zweiteiliges Buch. Der erste Teil
enthält eine Sammlung von Essays, die der Autor in den 50er-Jahren für eine französische
Zeitschrift geschrieben haben. In diesen Essays untersucht Barthes verschiedene Phänomene –
Mythen für Barthes - , wie etwa die Faszination, die von Einsteins Gehirn ausgeht. Der zweite
Teil enthält theoretische Aussagen über den Mythos sowie ein semiologisches Schema, auf das
ich später genauer eingehen werde. Durch den zweiten Teil entsteht eine Verbindung zwischen
den verschiedenen Essays. Man kann auch sagen, dass sich die beiden Teile der Mythen des
Alltags gegenseitig erläutern und somit zum besseren Verständnis des jeweils anderen Teils
beitragen.

In der Vorbemerkung zu Mythen des Alltags erklärt Roland Barthes, warum er sich mit „Mythen
des französischen Alltagslebens“ (Barthes, 1989: 7) beschäftigt hatte. Nach eigenen Angaben war
der Ausgangspunkt für die Untersuchungen der Mythen der Moderne

„meistens ein Gefühl der Ungeduld angesichts der »Natürlichkeit«, die


der Wirklichkeit von der Presse oder der Kunst unaufhörlich verliehen
wurde, einer Wirklichkeit, die, wenn sie auch die von uns gelebte ist,
doch nicht minder geschichtlich ist. Ich litt also darunter, sehen zu
müssen, wie »Natur« und »Geschichte« ständig miteinander verwechselt
werden und wollte in einer dekorativen Darlegung dessen, »was sich von
selbst versteht«, den ideologischen Mißbrauch aufspüren, der sich meiner
Meinung nach darin verbirgt.“ (ebd. 7)

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Er benutze den Begriff Mythos, weil dieser sehr gut auf die Situationen, bzw. „die falschen
Augenscheinlichkeiten“ (ebd. 7) in Barthes’ Worten, zutrifft. Erst verstand Barthes den Begriff
Mythos in einem „traditionellen Sinn“ (ebd. 7), weil er von der Tatsache, dass der Mythos eine
Sprache ist, überzeugt war und versuchte, daraus „alle Konsequenzen zu ziehen“ (ebd. 7)
Nachdem er aber recherchiert hatte, versuchte er, „den zeitgenössischen [Anm.: die französische
Erstausgabe wurde 1957 veröffentlicht] Mythos auch methodisch zu definieren“ (ebd. 8), woraus
sich ein semiologisches System ergab, auf das ich in Kürze eingehen werde. Zuvor erscheint es
mir wichtig, aufzuzeigen, welche Eigenschaften ein Mythos - der zeitgenössische, heutige
Mythos - nach Barthes aufweist.

Nach Barthes ist der Mythos heute, also der zeitgenössische Mythos, eine Aussage, eine Botschaft
und/oder ein Mitteilungssystem. Da der Mythos zwar formale, aber keine inhaltlichen Grenzen
hat, kann, so der Autor, auch alles, jede Aussage, jedes Wort, Mythos werden. Damit etwas zum
Mythos wird muss aber die Gesellschaft darüber sprechen und somit den Dingen Bedeutung
geben. Weiters hat die Mythologie immer einen geschichtlichen Hintergrund, „denn der Mythos
ist eine von der Geschichte gewählte Aussage; aus der »Natur« der Dinge vermöchte er nicht
hervorzugehen.“ (ebd. 86) Die Materie, in der ein Mythos oder eine mythische Aussage
auftaucht, also ob Buch, Fotographie oder Film etc., ist nicht ausschlaggebend für die Bedeutung
und deren Reflektion, weil der Mythos sich nicht durch „das Objekt seiner Botschaft“ (ebd. 85)
definieren lässt sondern nur „über die Art und Weise, wie der diese ausspricht“ (ebd. 85). Genau
daher soll der Mythos, wie Barthes ausführt, nicht wie Sprache behandelt werden. Nicht über die
Linguistik sondern über die Semiologie soll man sich mit dem Mythos beschäftigen. (vgl. ebd.
85-88)

Somit sind Mythen nach Roland Barthes unbewusste und kollektive Bedeutungen, die von der
Gesellschaft von einem semiotischen Prozess abgeleitet werden. Das heißt, dass beispielsweise
Alltägliches vergöttert wird, indem sich die Gesellschaft damit beschäftigt, und in der Folge zum
Mythos wird bzw. dass Natur und Geschichte miteinander verwechselt werden wodurch
Alltagsmythen nach Barthes entstehen. Somit sind Alltagsmythen gemachte Mythen. Wichtig ist
dabei allerdings, dass der Mythos meist nicht mehr viel mit Religion zu tun hat. Im Kapitel zum
Begriff Mythos wurde erläutert, dass Mythen religiös legitimiert sind und beispielsweise von

27
Schöpfungsgeschichten erzählen, obwohl hierbei natürlich die Meinungen auch auseinander
gehen. Bei Barthes geht dieser religiöse Aspekt eigentlich komplett verloren, wie man am
Beispiel „Mythos Marilyn Monroe“ gut erkennen kann. Daher kann auch alles zum Mythos
werden. In ähnlicher Weise definieren Lyotard und Schrödter Alltagsmythen, auch wenn bei
ihnen andere Namen verwendet werden. Bei Lyotard heißt es, dass man sich aufgrund des
Untergangs der großen Erzählung auf selbst erfundene kleine Erzählungen stützen soll (vgl.
Lyotard, 1993: 175), die eigentlich nichts anderes sind als gemachte Mythen. Schrödter erklärt,
dass Neomythen sich traditionelle Mythen zum Vorbild nehmen und diese reflektieren (vgl.
Schrödter, 1991: 12). Dies trifft ebenso Barthes Vorstellung von Alltagsmythen, denn für Barthes
sind die Alltagsmythen Mythen zweiter Ordnung, da sich hier die Medien verschiedener
mythischer Stoffe oder auch entmythisierter Begriffe bedienen und sie zu ihrem Nutzen
instrumentalisieren. Die mediale Behandlung und die darauf folgende gesellschaftliche
Diskussion der mythischen Themen macht diese zu Alltagsmythen. Im Gegensatz dazu stehen die
Mythen erster Ordnung, also die traditionellen Mythen (der großen Erzählung), wie etwa jene
von König Artus und dem Heiligen Gral. So könnte man auch sagen, dass eigentlich alle
mythischen Stoffe, die von den Medien aufgegriffen werden auch einen Alltagsmythos nach
Roland Barthes repräsentieren. Dieser Aspekt wird allerdings in späteren Kapiteln behandelt.

Da man Mythen nicht über die Sprache sondern über die Semiologie behandeln soll hat Barthes
in Anlehnung an ein existierendes, dreidimensionales, semiologisches Schema ein
semiologisches System gezeichnet und dargestellt, dass Mythen beschreiben soll bzw. erklären
soll, wie man Mythen lesen und sich mit ihnen auseinandersetzen kann.

28
Sprache
1. Bedeutendes 2. Bedeutetes
[Objektsprache]
3. Zeichen
I. BEDEUTENDES II. BEDEUTETES
MYTHOS
[Metasprache]
III. ZEICHEN

Abbildung 1: Barthes semiologisches Schema zur Beschreibung von Mythen (vgl. ebd. 93)7

Wie Barthes erklärt und wie man an der oberen Grafik erkennen kann, ist der Mythos „ein
sekundäres semiologisches System“ (ebd. 92), weil er auf der bereits existieren semiologischen
Kette der Sprache aufbaut. Der Mythos enthält also zwei semiologische Systeme „von denen
eines im Verhältnis zum anderen verschoben ist.“ (ebd. 93) Die obere Grafik verdeutlicht somit,
dass das Zeichen, „das heißt assoziatives Ganzes eines Begriffs und eines Bildes“ (ebd. 92) des
ersten Systems, der Sprache, bzw. Objektsprache nach Barthes, zugleich das Bedeutende, also
das „akustische Bild (der psychischen Ordnung zugehörig)“ (ebd. 91) des zweitens Systems ist,
dem Mythos, den Barthes Metasprache nennt. Der Mythos bedient sich also der Sprache, der
Objektsprache, „um sein eigenes System zu errichten“ (ebd. 93) Weiters stellt der Mythos, die
Metasprache, „eine zweite Sprache [dar], in der man von der ersten spricht.“ (ebd. 93)
Die Metasprache macht sich somit das Zeichen der Objektsprache zu Nutzen, indem sie dieses als
Bedeutendes für sich übernimmt und zusammen mit einem Bedeuteten ein weiteres Zeichen
produziert.

Barthes ändert in der weiteren Folge aber die Terminologie, um Missverständnisse zu vermeiden,
weil man schließlich das Bedeutende (das akustische Bild) im Bereich des Mythos verschieden
betrachten kann: einerseits ist das Bedeutende das Ende des linguistischen Systems, also der
Sprache, andererseits ist es der Beginn des Mythos, also der Metasprache. Daher benennt Barthes
in weiterer Folge das Bedeutende Sinn, wenn das Bedeutende als Endterminus der Sprache

7
Kurze Erklärung der Begriffe:
1. Bedeutetes: ist der Begriff (vgl. Barthes, 1989: 91)
2. Bedeutendes: „ist das akustische Bild (der psychischen Ordnung zugehörig)“ (ebd. 91)
3. Zeichen: ist „die Beziehung von Begriff und Bild“ (ebd. 91) bzw. das assoziative Ganze „eines Begriffs und
eines Bildes“ (ebd. 92)

29
gebraucht werden soll, und Form, wenn es als Ausgangsterminus des Mythos verwendet werden
soll. Im Bereich des Bedeuteten gibt es keine Zwiespältigkeit, also wird es fortfolgend Begriff
genannt. Beim dritten Terminus, dem Zeichen, gibt es wiederum eine Zwiespältigkeit, da die
Verbindung der ersten beiden Elemente bei der Objektsprache das Zeichen ergibt. Demnach muss
man wiederum auf einen anderen Namen zurückgreifen, um Missverständnisse bei der Erklärung
zu vermeiden. Somit nennt Barthes dieses dritte Element, das auch bei der Metasprache bisher als
Zeichen bekannt war, Bedeutung. Weiterführend ist der Mythos selbst die Bedeutung. (vgl. ebd.
95-102) Somit könnte man die obige Grafik auch wie folgt darstellen:

Sprache
1. Bedeutendes 2. Bedeutetes
[Objektsprache]
3. Zeichen
I.a. SINN I.b. FORM II. BEGRIFF
MYTHOS
[Metasprache]
III. BEDEUTUNG

Abbildung 2: Barthes semiologisches Schema mit Umbenennungen

Dieses semiologische Schema hat Barthes in weiteren Werken immer wieder bearbeitet und auf
verschiedene sprachliche Systeme, wie etwa Kleidung angewendet. (vgl. dazu Reif, 1973: 11-24)

Wenn man beachtet, dass das Bedeutende des Mythos zugleich Sinn und Form sein kann ergeben
sich drei Lesearten (vgl. Barthes, 1989: 110-111) des Mythos, wie Barthes anmerkt:

 Die des Erzeugers der Mythen: Es wird von einem Begriff ausgegangen und eine Form
dafür gesucht. Da der Erzeuger von Mythen sich auf ein leeres Bedeutendes eingestellt
hat, bleibt der Begriff eindeutig und die Bedeutung ist wörtlich. Dies ist eine zynische
Einstellung und man versucht, die „Intentionen [des Mythos] zur Schau [zu] stellen“ (ebd.
111)

 Die des Mythologen: Der Mythologe versteht Mythen als Deformation, weil er sie
entziffert. Mythologen sind auf ein erfülltes Bedeutendes eingestellt. Sinn und Form

30
werden hier unterschieden. Die Bedeutung des Mythos wird zerstört und er wird als
Betrug aufgenommen. Diese Einstellung ist entmystifizierend und versucht, den Mythos
zu demaskieren.

 Die des Lesers von Mythen: Der Leser antwortet „auf den konstitutiven Mechanismus des
Mythos“ (ebd. 111). Hier wird das Bedeutende des Mythos „als ein unentwirrbares
Ganzes von Sinn und Form ins Auge“ (ebd. 111) gefasst und man empfängt die
doppeldeutige Bedeutung. In dieser Einstellung, einer dynamischen, wird der Mythos
nicht zerstört, sondern gelebt und erlebt „in der Art einer wahren und zugleich irrealen
Geschichte.“ (ebd. 111)

In den fortfolgenden Kapiteln, die sich mit den Mythen rund um König Artus und den Heiligen
Gral und ihren Medienbeispielen beschäftigen, werde ich mich - in methodischer Hinsicht - auf
Barthes semiologisches Schema und die oben erläuterten Lesearten stützen, um somit die Mythen
hinsichtlich ihrer Notwendigkeit zu untersuchen.

31
4 König Artus und der Heilige Gral im Wandel der Zeit

There isn’t a single person in this country


who doesn’t know of King Arthur.

(Price, Anthony [Anthony Parker](1975): Our Man in Camelot. London: Gollancz, S. 92)

Die Mythen von König Artus und dem Heiligen Gral erwecken immer wieder das Interesse der
Menschen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass es viele Medienprodukte – um die 100
Filme und mehr als 150 Bücher zur Artus-Sage, auf einige davon wird in späteren Kapiteln
genauer eingegangen - gibt, die diesen mythischen Stoff immer wieder aufbereiten, ob nun für
Erwachsene, Jugendliche oder Kinder. Natürlich geben die Bearbeiter eines literarischen Stoffes
ihrem Werk auch immer eine persönliche Note bei, wodurch sich die Medienbeispiele mehr oder
minder stark unterscheiden. Oft erkennt man auch, dass die Zeit, in der die Bearbeiter des
mythischen Stoffes gelebt haben oder leben, Einfluss auf die Darstellung der Mythen hat.

Die Meinung von Karoline Furch zu dieser Angewohnheit den Mythos immer wieder neu zu
bearbeiten und zu verändern ist, dass dadurch „der Artus-Komplex weit mehr geworden [ist] als
nur The Matter of Britain.“ (Furch, 1998: 8), also dem Kollektiv an Erzählungen und Sagen mit
geschichtlichem bzw. keltischem Hintergrund aus Großbritannien. Ganz Europa und auch
Amerika haben an der Verbreitung des Mythos mitgewirkt und „seine Faszination hat im Laufe
der Jahrhunderte eher zu- als abgenommen“ (ebd. 8). Furch erklärt, dass sich die Geschichten um
König Artus im Lauf der Zeit insofern verändert haben, als dass man durch diese Geschichten
den Zeitgeist widerspiegelte. Man hat eine eigene Fassung der Geschichte geschrieben und darin
die Gewohnheiten, Ängste und Ideale ausgedrückt. (vgl. ebd. 8-10) Des weiteren listet Furch eine
Reihe von Aspekten, die zur Faszination des Mythos führen. Zum ersten ist die zeitlose
Geschichte an sich ein Grund dafür, dass der Mythos weiterhin seinen Reiz hat. Es geht nicht um
die Sprache oder den Stil, in denen der Mythos präsentiert wird. Ganz im Gegenteil sind diese
Aspekte sogar völlig egal, denn es geht um „die transportierten überzeitlichen Aussagen […] und
zweitens die Personen, ihre Konstellationen und die damit verbundenen Schlüsselkonflikte“ (ebd.
103) Die Themen, die im Mythos behandelt werden, sind nach wie vor aktuell und relevant, in
32
Furchs Worten sind es die „allgemein-menschlichen Themen“ (ebd. 103): Krieg und Frieden,
Liebe - eines der Hauptthemen in allen möglichen Formen - und Ehe, Macht und viele mehr.
Auch Bedürfnisse und Ängste - politische, religiöse und emotionale - werden angesprochen. Im
Prinzip wird das Leben selbst im Mythos dargestellt und dies auf eine sehr reale Weise anstatt
einer schönredenden. Man findet das Positive und das Negative, Dunkelheit und Licht Seite an
Seite. Wie Furch selbst sagt hat

„Der Artus-Mythos […] nichts Mickriges, nichts Alltägliches und nichts


Mittelmäßiges an sich. Sein Thema ist Großartigkeit […] Im Artus-
Mythos geht es um große Gefühle, um Glück und Unglück und die
Untrennbarkeit von beidem – der Stoff aus dem klassische Tragödien
bestehen und der Menschen schon immer fasziniert hat.“ (ebd. 105)

Demnach beschäftigt sich der Artus-Mythos mit den Themen, mit denen sich auch die Menschen
selbst beschäftigen. Zusätzlich gibt es im Mythos im allgemeinen ein stabiles Wertesystem, also
auch eine Trennung von Gut und Böse. Artus selbst verkörpert Stabilität, was laut Furch eine
zeitlose Attraktivität hat, denn so einen Herrscher wünscht sich jedes Volk – heute mehr denn je.
Auch das Wertesystem - Treue, Loyalität, Idealismus, etc. - in das der Mythos eingebettet ist, und
das eigentlich nicht dem Zeitgeist der letzten Dekaden entspricht, wird angenommen, weil sich
die Menschen danach sehnen und eines stabilen Wertesystems bedürfen. Der Mythos von König
Artus hat diese Bedürfnisse und Wertvorstellungen konserviert und aktualisiert sowie ihnen
Attraktivität verliehen. Auch die Charaktere bzw. Rollenbilder selbst sind nicht idealisiert
sondern fehlerhaft und ambivalent, was sie wiederum attraktiv macht. Eine der Grundregeln für
das Zusammenleben von Menschen, nämlich der Verzicht auf etwas für das Gemeinwohl und die
Gemeinschaft wird ebenso im Mythos thematisiert und vor allem durch die Tafelrunde
repräsentiert. Des weiteren hat das Magische und das Übernatürliche einen großen Stellenwert,
da dadurch eine Alternative angeboten wird, oder wie Furch es ausdrückt:

„Artus-Literatur ist also eskapistische Literatur in dem positiven Sinne,


daß sie nicht eine Flucht vor der Realität darstellt, sondern einen Ausweg
aus der Sinnentleerung des Zeitgeistes ermöglicht: Alles, was die
aufgeklärte, desillusionierte Realität verweigert, bietet der Artus-Mythos“
(ebd. 108)

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Zusätzlich spricht der Mythos Träume und Sehnsüchte an, etwa nach Großartigkeit oder etwas
nicht-alltäglichem. Ebenso ist Hoffnung ein zentraler Teil des Mythos. Man erkennt etwa die
Hoffnung, dass auch der einzelne Mensch etwas in der Welt verändern kann und dass der
Versuch etwas zu tun zählt und nicht das endgültige Ergebnis. Auch die Hoffnung, dass das Gute
über das Böse siegt oder siegen wird auch wenn dazu nicht ein Mensch sondern eine weitere
Generation dazu beitragen muss ist zentral und macht den Mythos zu einer modernen Utopie.
(vgl. ebd. 102-118)

Auch Norris J. Lacy beschäftigt sich mit der Faszination des Mythos und erklärt, dass diese darin
liegt, dass der Mythos sowohl ernste wie auch lustige Elemente beinhaltet. Wie Furch sieht auch
Lacy einen der Gründe für die andauernde Faszination in der Moral- und Wertvorstellung, die
präsentiert wird. Auch die Vorstellung eines „golden age“ (Lacy, 1997: 271) und eines Mannes,
der, wenn etwas schief ging, es wieder in Ordnung brachte, haben zum Reiz des Mythos
beigetragen. Ein weiterer Punkt in dem sich Furch und Lacy einig sind, ist die narrative Form des
Mythos als eskapistische Literatur, ebenso wie der Reiz der Geschichte und der Charaktere an
sich und die Themen, die dadurch angesprochen werden, allen voran die Liebe. Lacy erwähnt
auch, dass die Beliebtheit des Mythos auch daher kommt, dass man ihn in praktisch jede Zeit
versetzen kann und auch in anderer Hinsicht ist der Mythos vielseitig. Lacy schließt aber, dass
wir uns nicht erklären können, warum der Mythos uns so fasziniert:

Ultimately, the best explanation of the appeal of Arthur may lie in our
very inability to explain it adequately. Arthur is not just legend and
certainly not just a historical of pseudo-historical figure: his story, as
suggested above, is myth. And it is in the nature of myth that, to a
significant degree, our response to it occurs on an unconscious level: we
remain aware of its power but unable to account rationally for it.” (ebd.
272)

4.1 König Artus – Fakt oder Fiktion


Fiktion
Der Ursprung der (verschriftlichten) Mythen rund um König Artus und den Heiligen Gral findet
sich laut Norris J. Lacy im Mittelalter. Die Geschichten von König Artus und dem Heiligen Gral
wurden erst in mündlicher Form weitergegeben und bildeten dann die Matter of Britain, die
traditionellen Sagen und Mythenerzählungen von England, auf die ich in Kürze etwas genauer
eingehen werde. Im Laufe der Zeit wurde der Mythos von den verschiedensten Autoren

34
aufgegriffen und teilweise verändert und dadurch erweitert: der Mythos wurde persifliert, ihm
wurde neue Bedeutungen gegeben, aber es wurde auch die ihm zu Grunde liegende Realität
reflektiert. Nichtsdestotrotz, so Lacy, bleibt der Ursprung der (verschriftlichten) Mythen im
Mittelalter und man kann die Erzählung als eine Art ritterliche Utopie ansehen, da König Artus’
England stark idealisiert wird. Die Artus-Sage ist eine Kollektivarbeit von mehreren Autoren,
jedoch hat der Autor Geoffrey von Monmouth ca. 1136 eine fiktive Biographie des
Sagencharakters veröffentlich, was König Artus von allen anderen Sagencharakteren
unterscheidet. In ganz Europa wurde der Stoff verarbeitet, unter anderem vom Franzosen
Chrétien de Troyes und vom Deutschen Wolfram von Eschenbach. Eine der bekanntesten
britischen Versionen der Artus-Sage ist die von Sir Thomas Malory, obwohl diese im Vergleich
mit den vorher genannten sehr spät erschien, nämlich erst im 15. Jahrhundert. Es ist nicht
unverständlich, dass der Artus-Stoff im Mittelalter so oft verwendet wurde, wenn man
berücksichtigt, dass es im Mittelalter fast verpönt war, dass man selbst kreativ und originell war.
Daher war es weit verbreitet, dass man an traditionellen „recognized bodies of material“ (Lacy,
1997: 2) arbeitete, wie eben der Artus-Sage, die zur Matter of Britain, einer der drei Bestandteile
der so genannten matters war – die anderen beiden waren laut Lacy die französischen und die
römischen Erzählungen. Im Gegensatz zu den französischen und römischen Erzählungen sind die
britischen, die mehrheitlich aus den Geschichten von König Artus bestehen viel mysteriöser, weil
man keine klare Antwort auf die Frage, ob König Artus tatsächlich existiert hat geben kann.
Daran kann man auch erkennen, dass mittelalterliche Schriftsteller wenig Sinn für Authentizität
hatten, während man heutzutage immer versucht, alles korrekt und authentisch zu erzählen. Im
Mittelalter schrieb man über Dinge, die das Publikum interessierten und verstanden, also von
Hexen und Zauberern, Rittern und Liebesaffären etc. Die historische Umgebung war bis auf
einige Details, wie etwa Religionen und die Zeit, in der man der einen oder der anderen Religion
zugehört, nicht wichtig. Somit kann man auch keine eindeutige Aussage über die tatsächliche
historische Existenz von König Artus machen, obwohl mittelalterliche Schriftsteller
wahrscheinlich der Meinung waren, dass der außerordentliche König existierte. Das wichtigste
war aber, dass für sie der Stoff dazu da war, um ihn zu fiktionalisieren, um Geschichten darüber
zu schreiben und auszuschmücken, denn „it was a realm of the imagination, but its creators
would have denied that they were simply inventing out of nothing.” (ebd. 4). Die Rezipienten
kümmere es, so Lacy, ohnehin wenig, ob etwas tatsächlich existiert hat oder nicht. Es gibt aber
auch - mehr oder weniger - historische Hinweise auf die Existenz eines außerordentlichen

35
Anführer der Engländer. In vielen Geschichtserzählungen, u.a. von Gildas oder Bede, gibt es
Erzählungen aus der Zeit vor, während und nach den Kriegen mit den sächsischen Völkern. Eine
Figur, die immer wieder auftaucht ist Vortigern, der die Sachsen nach Britannien gebracht haben
soll. Nach seinem Tod soll es immer wieder Versuche gegeben haben, die Sachsen wieder aus
England zu vertreiben und mit Hilfe eines außerordentlichen Kriegers oder Königs soll dies
gelungen sein. In Nennius’ Historia Brittonum taucht dann erstmals der Name Arthur auf,
obwohl es Hinweise gibt, dass diese Nennung auf einem Gedicht basiert. Nichtsdestotrotz kann
man daraus schließen, dass Artus schon damals eine legendäre, und wahrscheinlich auch
geschichtliche, Figur war. Eine weiteres historisches Werk, in der Artus genannt wird sind die
Annales Cambria (Annals of Wales), in der eigentlich ausschließlich reale Personen genannt
werden. Weiters kann man noch den walisischen Barden Taliesin nennen, der Gedichte über
König Artus geschrieben hat, wie etwa „The Spoils of Annwfn“, in dem man Hinweise auf die
Sagenfigur und die Suche nach dem Heiligen Gral findet. In den meisten Fällen historischer
Nennungen ist aber nicht die Rede von einem König über ganz Britannien sondern eher von
einem außerordentlicher Krieger bzw. einem regionalen König. Natürlich findet man auch
Geschichten über König Artus in traditionellen Erzählungen, wie etwa der walisischen
Mabigonion. Interessant ist aber, dass man in der bretonischen Literatur die beste Erzählung aus
dem 5. Jahrhundert über König Artus findet, die den historischen Begebenheiten entsprechen,
nämlich Legend of St. Goeznovius von einem Autoren, der sich selbst als William vorstellt. Diese
Erzählung hat außerdem viel historisches Potenzial, da, außer vielleicht Artus, alle Details
historisch korrekt sind. Es gibt auch Vermutungen, dass König Artus eigentlich Riothamus hieß
und dass beispielsweise Geoffrey von Monmouths Biographie auf diesem basiert und mit den
walisischen Geschichten ausgeschmückt wurde. Geoffrey von Monmouths Biographie fand im
Mittelalter viel Anklang und wurde auch als historisch korrekt und wahr angesehen, vor allem,
weil die Orte, von denen er erzählte, tatsächlich existierten, bzw. auch heute noch existieren, wie
eben Tintagel und Glastonbury. Es wird auch gesagt, das Cadbury früher Camelot gewesen sei.
An diesen drei Orten findet man, so Lacy, die tiefsten Wurzeln der Artus-Sage. Es gibt aber auch
noch andere Hinweise auf die historischen, und damit auch literarischen, Ursprünge der Artus-
Sage: der Name Arthur ist walisisch für den römischen Namen Atorius, was natürlich zu der Zeit,
in der die Sage spielt, passt, weil es einen Nachläufer der römischen Herrschaft über Britannien
darstellt. Des weiteren gibt es auch Einträge über einen Lucius Atorius Castus, der 184 nach

36
Christus in Britannien stationiert war, und dann möglicherweise Namensgeber für einen
außerordentlichen Krieger, der die Sachsen vertrieben hatte, war. (vgl. ebd. 1-55)

Wie man sieht, gibt es doch einige Hinweise auf die tatsächliche Existenz von König Artus. Aber
man wird die Frage, ob König Artus tatsächlich einmal gelebt hat, wie auch Anne Berthelot
festgestellt hat, nie beantworten können. Berthelot ist aber auch der Meinung, dass dies eigentlich
egal ist und keine Bedeutung hat, denn der König existiert „als eine sagenumwobene literarische
Figur, um die herum sich Motive aller Art und Szenarien unterschiedlichster traditioneller
Ausprägung gruppiert und herausgebildet haben.“ (Berthelot, 2005: 19) Auch bei Berthelot ist die
Grundstruktur des Mythos in der Biographie von Geoffrey von Monmouth niedergeschrieben und
danach weitererzählt worden und in weiterer Folge in Mundartfassungen weitergeführt worden,
unter anderem von einem normannischen Geistlichen namens Wace und seinem Roman de Brut
wie auch von Layamon in Frühmittelenglisch. Berthelot verdeutlicht, dass diese drei Schriften,
also die von Geoffrey von Monmouth, Wace und Layamon, bereits die Schlüsselelemente der
Erzählung enthalten, in ihren Worten:

„der Versuch der Machtergreifung eines Landesfürsten, der sich mit den
Sachsen verbündet, der endgültige Sieg der legitimen Dynastie, die
wundersame Geburt des künftigen König Artus, seine glorreichen
Eroberungen und schließlich sein durch den Verrat eines nahen
Verwandten verschuldeter Tod in einer letzten Schlacht.“ (ebd. 19)

Diese Grundelemente findet man in praktisch jeder weiteren Verarbeitung des mythischen
Stoffes. Aber Berthelot stellt des Weiteren noch fest, dass die Grundstruktur, obwohl romanhaft
angelehnt, einem „strikt politisch-militärischen Modell [folgt], das der mythischen Dimension der
Artusfigur und ihrer Umgebung kaum Raum lässt.“ (ebd. 19) Dies ist wahrscheinlich einer der
Gründe dafür, dass der sagenhafte König Artus für realer gehalten wird als manch andere
Sagengestalt. Des Weiteren verfügt Artus, wie bereits erwähnt, auch über eine eigene Biographie
was ihn wiederum für viele zu einer Person macht, die tatsächlich gelebt hat. Daher ist es auch
umso interessanter, dass Chrétien de Troyes der erste war, der König Artus im 12. und 13.
Jahrhundert keine weitere Biographie mit nur geringen Veränderungen andichten wollte.
Stattdessen kultivierte er die Artussage, „indem er die mündlich überlieferten und in den
»britischen« Erzählungen verstreuten Motive in stimmiger Weise zusammenfasste.“ (ebd. 20)

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Ob König Artus nun einen historischen Hintergrund hat oder nicht, eines lässt sich nicht
bestreiten: Die Geschichten haben einen solchen Anklang beim Publikum gefunden, dass sie sich
weltweit verbreiteten und zu einer der bekanntesten Mythologien überhaupt geworden sind. Dies
lässt sich auch daran erkennen, wie viele Filme und Bücher in Anlehnung an die Mythen
produziert worden sind, was die nachfolgenden Kapitel verdeutlichen sollen.

4.2 Bücher
Wie umfangreich die Literatur, die an die Mythen von König Artus angelehnt ist, ist, zeigt
beispielsweise ein Blick auf das über 40-seitige Literaturverzeichnis von Karoline Furchs Die
Wiederkehr des Mythos. Zur Renaissance der Artus-Mythen in der modernen Fantasy-Literatur.
Furch zählt hier um die 300 Romane auf, die von 1970 bis 1995 veröffentlicht worden sind.

Der Mythos hat, wie oben erläutert, seinen Ursprung in der oralen Kultur. Später wurde vieles in
Sammlungen von Sagen und Legenden einer Region, wie etwa der Mabigonion
niedergeschrieben. Die Mabiginion wurde laut Norris J. Lacy um 1050 geschrieben und war,
seiner Chronologie zufolge, zusammen mit Culwych im 11. Jahrhundert das erste literarische
Werk zum Mythos von König Artus. Darauf folgten im 12. Jahrhundert die französischen Werke
von Wace, Chrétien de Troyes, Marie de France, Thomas und Béroul. Die erste deutsche
Überlieferung eines Teiles der Artus-Sage wurde auch im 12. Jahrhundert von Eilhart von
Oberge verfasst. Eine lateinische Version von Andreas Capellanus entstand ebenfalls in diesem
Zeitraum. Im 13. Jahrhundert folgten weitere keltische, französische, deutsche und lateinische
Versionen der Artus-Sage: Der Franzose Robert de Boron hat in seinem Werk Merlin
beispielsweise als erster das Schwert, das aus dem Stein herausgezogen werden musste, erwähnt.
Auch im deutschen Sprachraum findet man in im 13. Jahrhundert bekannte Namen, unter
anderem Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straßburg. Des Weiteren entstanden in
dieser Zeit auch die ersten spanischen bzw. italienischen Versionen der Artus-Sage. Im 14.
Jahrhundert erscheinen auch die ersten englischen Werke, wie etwa Sir Tristem in 1300 und im
späten 14. Jahrhundert Mortes. Im 15. Jahrhundert erscheint im englischen Sprachraum das
bekannte Le Morte d’Arthur von Sir Thomas Malory wie auch Sir Gawain and the Green Knight.
Der deutsche bzw. spanische Sprachraum konzentriert sich unterdes auf die Geschichte von
Tristan und Isolde. Daraufhin nimmt der literarische Zugang zu den Geschichten der Artus-Sage
etwas ab. Im 16. Jahrhundert schreibt etwa Hans Sachs seine Version und im 17. Jahrhundert

38
zählt Lacy nur Cervantes. Danach erkennt man, dass mehrheitlich in der englischsprachigem
Bereich Bücher oder Geschichten über König Artus geschrieben werden. Zwischen 1800 und
1849 findet man allerdings noch deutsche Werke von Christoph Martin Wieland und Karl
Immerman, die sich beide mit dem Charakter Merlin beschäftigt haben. Zwischen 1860 und 1869
tut es ihnen der Franzose Edgar Quinet gleich. Die Engländer bzw. Amerikaner hingegen
beschäftigen sich bis dahin mehrheitlich mit Artus selbst oder auch mit Guinevere, seiner Frau.
Im 19. Jahrhundert schreibt Mark Twain sein A Connecticut Yankee, in dem ein Yankee nach
einer Schlägerei ungewollt eine Zeitreise macht und am Hofe von König Artus aufwacht. Richard
Hovey hingegen widmet sich der Geschichte von Lancelot und Guenevere und der deutsche Karl
Volkmüller Parzival. Zwischen 1900 und 1909 findet man im Französischen wie auch im
Deutschen Versionen der Geschichte von Tristan und Isolde. 1910-1919 beschäftigen sich etwa
der Amerikaner Edwin Arlington Robinson und der Deutsche Gerhard Hauptmann mit Merlin.
Ab 1920 gibt es vereinzelt französische literarische Werke aber mehrheitlich englische, wie etwa
weitere nach Charakteren benannte von Edwin Arlington Robinson – Lancelot und Tristam.
Zwischen 1930und 1939 datiert man Autoren wie James Joyce mit Finnegan’s Wake und auch T.
H. White mit The Sword in the Stone, das später von Disney verfilmt wurde. Nur ca. 20 Jahre
später erschein ein weiteres Werk von T. H. White, nämlich The Once and Future King. Auch
John Steinbeck hat sich in seinem Werk The Acts of King Arthur mit dem mythischen Stoff
beschäftigt. Zwischen 1970 und 1979 erscheinen auch wieder Werke in der deutschen Sprache
mit den scheinbaren Lieblingsstoff, den Geschichten von Parzival und Tristan und Isolde. In der
darauf folgenden Dekade erscheinen, wie auch schon davor, viele englischsprachige Werke, wie
etwa Parke Godwins Firelord, Marion Zimmer Bradleys The Mists of Avalon oder Jane Yolens
Merlin’s Booke. In deutscher Sprache erscheint Tankred Dorsts Merlin oder das wüste Land und
im französischen Jacques Roubauds Le Roi Arthur. Ab 1990 erscheint im Englischen Donald
Barthelmes The King, das im England des 2. Weltkrieges spielt, und Iris Murdochs The Green
Knight, das das mittelalterliche Gedicht „Sir Gawain and the Green Knight“ ein wenig parodiert.
Im deutschen Sprachraum erscheint Adolf Muschgs Der rote Ritter, das, wie viele deutsche
Verarbeitungen der Mythen von König Artus, ebenfalls von Parzival erzählt. (vgl. Lacy, 1997:
xviii-xxxv) Natürlich blieben in diesem kurzen Überblick viele Werke unerwähnt und ich bitte
dies zu entschuldigen, aber wie gleich zu Beginn erläutert gibt es eine große Menge an Literatur
über die Mythen von König Artus und vor allem in den letzten Jahren findet man auch die
verschiedensten Zugänge zum Mythos. Marion Zimmer Bradley, deren Buch Die Nebel von

39
Avalon später genauer behandelt wird, beschäftigt sich vor allem mit der Perspektive der Frauen
im Mythos. Hingegen beschäftigt sich Dan Brown in seinem Werk The Da Vinci Code - Sakrileg
ausführlich mit dem Heiligen Gral und somit nur indirekt mit der Artus-Sage. Der deutsche
Fantasy Autor Wolfgang Hohlbein hat in Kollaboration mit Heike Hohlbein die Trilogie Die
Legende von Camelot geschrieben in der der Küchenjunge Dulac den Helden spielt, der später zu
Lancelot wird. Peter David versetzt König Artus in seinem Roman Knight Life nach New York
wo er mit Hilfe eines zehnjährigen Merlin sowie Straßendieben und Rittern der Tafelrunde
Bürgermeister werden will. Parke Godwin widmet sich in seiner Camelot Chronik, zu der das
vorher genannte Werk Firelord gehört, nicht nur im ersten Buch dem Leben und Sterben von
König Artus sondern auch in den darauf folgenden Teilen Guineveres Leben nach dem Tod ihres
Mannes. Zusätzlich zu den Werken, die durch ihren Titel oder auch die Inhaltsangabe explizit auf
den Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral hinweisen, gibt es auch die Werke, die stark
an den Mythos erinnern, obwohl auf den ersten Blick keine Verbindung zu existieren scheint. Ein
Beispiel dafür wäre J. R. R. Tolkiens The Lord of the Rings. Wie María José Álvarez-Faedo
anmerkt gibt es in diesem Werk viele Elemente der Artus-Sage, angefangen mit der
Gemeinschaft des Ringes, die mit der Tafelrunde gleichgesetzt werden kann über den Magier
Gandalf, der stark an Merlin erinnert, bis hin zu Aragorn, der, wie Artus, recht spät von seiner
königliche Herkunft erfährt und dann auf den richtigen Zeitpunkt wartet, um sein Erbe anzutreten
(vgl. Álvarez-Faedo, 2007: 185-205). Dieser Liste könnte man auch J. K. Rowlings Harry Potter-
Serie beifügen: Harry wächst, wie Artus, nicht bei seinen Eltern auf und findet im Schuldirektor
Albus Dumbledore - der auch stark an Merlin erinnert - seinen Mentor wie der junge Artus in
Merlin seinen Mentor findet. Die Freunde des jungen Magiers im Haus Gryffindor können mit
den Rittern der Tafelrunde verglichen werden. So könnte die Harry Potter-Serie den Aspekt der
Kindheit von König Artus behandeln.

Der Mythos hat sich literarisch im Laufe der Zeit extrem weiterentwickelt und von Zeitreisen
über das Versetzen in andere Zeiten bis hin zu verschiedenen Blickwinkeln findet man in der
Literatur eigentlich alle Variationen. Dennoch bin ich der Meinung, dass noch trotz der Menge an
bereits existierender Literatur und den nicht unerheblichen Unterschieden in den Werken immer
noch Wege gefunden werden können, den Stoff anders zu erzählen, da es vom individuellen
Erzähler abhängt, was er oder sie wirklich erzählen möchte. Daher wird ein vollständiger

40
Überblick über die Literatur zum Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral wohl ein Ding
der Unmöglichkeit sein.

4.3 Filme
Filme
Zahlreich sind nicht nur die Bücher zu den Mythen von König Artus und dem Heiligen Gral
sondern auch die Verfilmungen des Stoffes. Laut der Internet Movie Database gibt es zum
Stichwort King Arthur 52 Filme, angefangen mit einer Verfilmung von Mark Twains A
Connecticut Yankee in King Arthur’s Court aus dem Jahre 1921, das aber in den darauf folgenden
Jahren mehrmals verfilmt wurde. In der Liste der Internet Movie Database finden sich natürlich
auch Filme wie KNIGHTS OF THE ROUND TABLE (1953), die Disney Verfilmung (1963) von T. H.
Whites The Sword in the Stone, MONTY PYTHON AND THE HOLY GRAIL (1975), EXCALIBUR
(1981), A KID IN KING ARTHUR’S COURT (1995), der TV Zweiteiler MERLIN (1998), wie auch die
Verfilmung von Marion Zimmer Bradleys The Mists of Avalon, KING ARTHUR (2004) oder die
Dreamworks Produktion SHREK THE THIRD (2007). (vgl. imbd.com, 1990-2008a:
http://www.imdb.com/keyword/king-arthur/?sort=date) Dies ist aber bei weitem keine
vollständige Liste, wie etwa Kevin J. Harty beweist.

Harty, ein Experte auf dem Gebiet der Verfilmungen des Artus-Stoffes, nennt noch viele weitere
Filme, die den Mythos von König Artus und/oder dem Heiligen Gral zum Thema haben. Auf
seiner Liste befinden sich etwa FIRE AND SWORD (1981), INDIANA JONES AND THE LAST CRUSADE
(1989), oder FIRST KNIGHT (1995) mit Richard Gere als Lancelot. Insgesamt zählt Harty um die
908 Filme auf, die auf der Artus-Sage basieren. In dieser Liste finden sich auch verschiedene
Verfilmungen des Parzival-Stoffes und der Geschichte von Tristan und Isolde. Der älteste Film
ist laut Harty eine Verfilmung mit Namen PARSIFAL aus dem Jahre 1904 gefolgt von
Verfilmungen von der Legenden von Tristan und Isolde und Lancelot und Elaine aus dem Jahre
1909. (vgl. Harty, Juli 1997: http://www.lib.rochester.edu/camelot/acpbibs/harty.htm) Da diese
Liste von Harty aber aus dem Jahre 1997 stammt, fehlen hier die neueren filmischen
Interpretationen des Stoffes. Seinem Buch King Arthur on Film aus dem Jahre 1999 fügt Harty
ein 30-seitiges, nach seinen Aussagen vollständiges, Verzeichnis über die Filme, die sich mit

8
Man muss hierbei noch erwähnen, dass einige Filme in dieser Liste doppelt aufscheinen, weil sie auch unter
anderen Namen bekannt sind, bzw. weil auch deutsche oder französische Titel extra aufgelistet werden. Allerdings
wird in diesen Fällen auch auf die anderen Titel hingewiesen.

41
König Artus beschäftigen, bei. Nach Hartys Recherchen sind es zum damaligen Zeitpunkt 75
Filme gewesen, die von 1904 bis 1998 veröffentlicht worden sind. (Harty, 1999b: 233-263)

Vom heutigen Zeitpunkt aus betrachtet kann natürlich keine der Listen von Harty vollständig
sein, denn seither sind noch viele weitere Filme entstanden. Einer davon ist etwa der bereits kurz
erwähnte KING ARTHUR (2004), der sich auf letzte geschichtliche Forschungsergebnisse stützt,
dass König Artus ein Römer mit Namen Atorius Castus war. Des Weiteren gehört zu den Filmen
auch noch die Buchverfilmung von Dan Browns The Da Vinci Code - Sakrileg aus dem Jahre
2006. Im folgenden Jahr erschienen auch Filme mit dem Artus-Stoff als Hintergrund, die nicht
unerwähnt bleiben sollten. DIE LETZTE LEGION (OT: THE LAST LEGION) spielt im 5. Jahrhundert
und erzählt vom Fall des Römischen Imperiums. Dabei beruft sich der Film auch auf einige
Elemente der Artus-Sage, wie etwa, dass Artus von dem römischen Herrscher Konstantin
abstammt. Des Weiteren ist das Schwert Excalibur hier das Schwert von Julius Cäsar worauf
auch eine tagline9 des Films hinweist: „Before King Arthur there was Excalibur“ (imbd.com,
1990-2008b: http://www.imdb.com/title/tt0462396/taglines). Zu den letzten filmischen
Interpretationen der Mythen von König Artus und dem Heiligen Gral gehört etwa auch SHREK
DER DRITTE (OT: SHREK THE THIRD) aus dem Jahr 2007: Um einem Leben als König zu
entgehen, weil er mit der Tochter des eben verstorbenen Königs verheiratet ist, macht sich der
Oger Shrek auf die Suche nach Artus, dem letzten lebenden Verwandten des Königs, und will
Artus an seiner Stelle auf den Thron setzen.

Wie man sieht sind die Film-Versionen des Artus-Stoffes bei weitem nicht so zahlreich wie die
literarischen. Nichtsdestotrotz sind auch sie ein Grund für die allgemein große Präsenz der Artus-
Sage und daher sollten sie nicht unerwähnt bleiben. Immerhin zeigen auch sie verschiedene
Blickwinkel der Sage, sei es nun eine Persiflage, wie etwa bei MONTY PYTHON AND THE HOLY
GRAIL, oder eine kindgerechte Behandlung des Stoffes wie bei THE SWORD IN THE STONE. Somit
werden einige der filmischen Interpretationen des Stoffes auch in den folgenden Kapiteln
ausführlicher behandelt werden.

9
Eine tagline ist eine extrem kurze – meistens nur ein kurzer Satz - Inhaltsangabe eines Films, die auch
Aufmerksamkeit erregen soll.

42
5 Medienbeispiele
Im Folgenden werden ausgesuchte Medienbeispiele unter verschiedenen Gesichtspunkten, wie
etwa Unterschiede in der Verarbeitung des mythischen Stoffes, den Bedeutungen und
Botschaften, aber auch allgemeinen Funktionen und Leistungen von Mythen, untersucht. Weiters
werde ich mich mit den Mythen nach Barthes in der Semiologie verorteten Methode mit dem
Mythen beschäftigen und versuchen zu klären, was die ausgewählten Medienbeispiele zu Mythen
macht.

Um besser auf die Unterschiede in der Verarbeitung des Stoffes eingehen zu können, werde ich
als Basis dafür eine mittelalterliche Version der Erzählung heranziehen. Da, wie oben erläutert,
der Ursprung des Mythos in der oralen Kultur liegt und es daher schon von Anfang an gewisse
Veränderungen in der Erzählung des Stoffes gegeben hat, habe ich beschlossen als gemeinsame
Grundlage zur Untersuchung der Unterschiede der Medienbeispiele Sir Thomas Malorys Le
Morte d’Arthur einsetzen, auch wenn diese Erzählung im Vergleich mit anderen relativ spät
erschien. Der Grund für meine Entscheidung ist, dass ich der Meinung bin, dass sich Malory
mehr als beispielsweise Eschenbach oder de Troyes mit König Artus’ Geschichte beschäftigt. Die
Mabiginion, die, wie oben erwähnt, als eines der ersten literarischen Werke zum Mythos von
König Artus und dem Heiligen Gral gehandhabt wird, finde ich für einen solchen Vergleich zu
umfangreich. Des weiteren haben die Charaktere oft andere Namen, als die bekannten, was,
meiner Meinung nach, zu Verwirrung führen kann.

5.1 Marion Zimmer


Zimmer Bradleys Die Nebel von Avalon

Vielleicht liegt die Wahrheit zwischen beiden Geschichten und wird durch
sie hindurchschimmern.
Denn das wissen die Priester mit ihrem Einen Gott und der Einen
Wahrheit nicht: Die eine wahre Geschichte gibt es nie und nimmer. Die
Wahrheit hat viele Gesichter, und die Wahrheit ist wie der alte Weg nach
Avalon: Es hängt von deinem Willen und deinen Gedanken ab, wohin
der Weg dich führt.

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»Denn alle Götter sind ein Gott«, sagte sie damals zu mir, wie sie es
bereits oft getan hatte, und wie ich viele Male zu meinen
Priesterschülerinnen gesagt habe, und wie jede Priesterin, die nach mir
kommt sagen wird. »Und alle Göttinnen sind eine Göttin, und es gibt nur
einen Gott, mit dem alles begann. Jeder Mensch hat das Recht auf seine
eigene Wahrheit und auf den Gott, der durch sie spricht.«

(Marion Zimmer Bradley (1999): Die Nebel von Avalon, Frankfurt am Main: Fischer Verlag,
S. 9, Anm.: meine Hervorhebungen in Fettschrift.)

Das in den 80er Jahren erschienene Buch Die Nebel von Avalon (OT: The Mists of Avalon)
befasst sich eingehend mit den Frauen in König Artus Leben. Die Geschichte wird daher auch
aus den Blickwinkeln der Frauen, mehrheitlich Morgaine, Artus’ Schwester, und Gwenhwyfar,
Artus’ Gemahlin, erzählt. Natürlich sind in verschiedenen Kapiteln auch Artus’ Mutter Igraine
oder Tante Morgause die Hauptakteure und ihre Geschichte und ihre Gefühle werden in den
Vordergrund gestellt. Man kann aber nicht sagen, dass sie die Erzähler wären, obwohl es dem
Leser manchmal so vorkommt, denn die einzige Person, die tatsächlich eine Erzählstimme besitzt
ist Morgaine. Diese Passagen beginnen dann mit dem Worten „Morgaine erzählt…“ (siehe:
Zimmer Bradley, 1999: 7) bzw. im englischen Original „MORGAINE SPEAKS…“ (siehe: Zimmer
Bradley, 2001: ix) und ihre Stimme ist in kursiver Schrift gedruckt. Zusätzlich zur Erzählung der
Geschichte aus dem weiblichen Blickwinkel, werden im Buch auch die gegensätzlichen
Religionen behandelt, nämlich die heimische keltische und die eingewanderte christliche. Dabei
wird die heidnische Religion von der Autorin eigentlich aufgewertet, da sie, im Gegensatz zum
Christentum, zumindest versucht, Verständnis für alle anderen, wie auch die andere – einfachere
– Religion aufzubringen. Somit setzt sich Marion Zimmer Bradley für die keltische Religion ein.
Dies unterscheidet sich auch massiv von anderen Erzählungen der Artus-Sage, denn meistens
wird nur auf die christliche Religion eingegangen und als Religion der guten und zivilisierten
Gesellschaft dargestellt, während die keltischen Religionen die der Bösen sind. Nicht zuletzt
dadurch hat Die Nebel von Avalon großen Anklang beim Publikum gefunden und bei diesen auch
Spuren hinterlassen, wie Zimmer Bradleys spätere Co-Autorin für weitere Avalon-Romane,
Diana L. Paxson erläutert. Sie nennt als Gründe für den Erfolg etwa, dass Zimmer Bradley den

44
Zeitgeist der Generation getroffen hat, und dass es dadurch so vielen Menschen gefallen hat und
auch heute noch gefällt. Sie erwähnt auch, dass die Autorin in der Folge von den verschiedensten
Menschen um spirituellen Rat10 gefragt wurde. Dies hatte allerdings zur Folge, dass sich Zimmer
Bradley immer mehr zurückzog. (vgl. Paxson in Zimmer Bradley, 2001: 880-881)

Einer der interessantesten Aspekte des Buches ist auch die Charakterzeichnung der Autorin. Die
Standpunkte und Gedanken der verschiedenen Akteure werden wunderbar herausgearbeitet,
wodurch man die Stärken und Schwächen der einzelnen Charaktere kennen lernt. Des Weiteren
erfährt man so auch von der Sichtweise der Charaktere über den jeweiligen anderen, auch wenn
manche es als verwirrend bezeichnen, dass beispielsweise Morgaine in einem Kapitel als die
Heldin dargestellt wird, im anderen aber als die Verkörperung des Teufels. Dies zeichnet jedoch
nur die Autorin aus, der es gelungen ist, sich in die von ihr erschaffenen Charaktere
hineinzuversetzen. Vergleicht man diese Charakterzeichnung etwa mit Malory, so trifft man in Le
Morte d’Arthur schlichtweg eine Reihe von Namen, die nicht weiter beschrieben werden, an, wie
auch Robert Graves in seiner Einleitung zum Buch feststellt. (vgl. Graves in Malory, 2001: xiv)

Die Nebel von Avalon unterscheidet sich weiter von Malory, da die Charaktere in seiner Version
eigentlich alle dem christlichen Glauben angehören sollten und da auch der eine oder andere Part
in der Geschichte von einem anderen Charakter übernommen wird. In Le Morte d’Arthur ist etwa
Morgan Le Fay, wie Morgaine in den meisten Versionen der Geschichte genannt wird, die Mutter
von Uwayne/Uwain11. Des weiteren wird sie als eindeutig böse dargestellt, da sie den Thron für
sich haben will und einige Ritter der Tafelrunde, wie Sir Launcelot/Lancelot oder Sir
Tristam/Tristan, verführen will. Morgan Le Fay ist aber nicht, wie in Die Nebel von Avalon die
Mutter von Modred/Mordred. Das inzestuöse Kind wird von Artus und seiner Tante
Margawse/Morgause gezeugt.

10
Im Jahre 1978 gründete Marion Zimmer Bradley zusammen mit Diana L. Paxson die spirituelle Gemeinschaft
„Darkmoon Circle“, die teilweise auf der Wicca-Religion basiert. Die Gemeinschaft ist nur für Frauen, die in ihren
Treffen die Göttin ehren. (siehe http://www.thespiralpath.org/groups/)
11
In den beiden Versionen gibt es natürlich unterschiedliche Schreibweisen der Namen. Um dies zu zeigen, führe ich
beide Schreibweisen an. Die erste bezieht sich auf Malory, die zweite auf Zimmer Bradley.

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Ein weiterer ungewöhnlicher Zugang zu den Charakteren in Die Nebel von Avalon ist, dass die
Autorin keinen der Charaktere als eindeutig böse gezeichnet ist. Marion Zimmer Bradley hat es
geschafft, dass man für jede Figur in ihrem Buch aus bestimmten Gründen eine Art Verständnis
für deren Taten aufbringt. In den meisten Fällen, wie etwa dem von Gwydion, bzw. Mordred wie
er später genannt wird, versteht der Leser, dass das Schicksal und/oder die jeweilige Erziehung
dafür verantwortlich ist/sind, dass der Charakter von den anderen Romanfiguren als böser oder
schlechter Mensch empfunden wird. Als Beispiel dafür gibt es eine Stelle in Die Nebel von
Avalon, in der Mordred
seiner Ziehmutter
Morgause erzählt, dass er
eigentlich, wie jeder andere
auch, König Artus einfach
nur lieben möchte, weil er
ein guter und gerechter
König ist, aber leider sei es
sein Schicksal, dass Vater
und Sohn Feinde sein
sollen. (vgl. Zimmer
Bradley, 1999: 825-833)

Abbildung 3: Julianna Margulies als Morgaina in DIE NEBEL VON AVALON (2001)

Karoline Furch ist hier allerdings anderer Meinung. Sie sagt, dass Charaktere wie Artus oder
Gwenhwyfar, die eigentlich immer positiv belegt werden, negativ dargestellt werden und
umgekehrt, dass eigentlich negativ dargestellte Charaktere wie Mordred oder Morgaine positiv
belegt werden. (vgl. Furch, 1998: 78-79). Bei der Untersuchung des Charakters Mordred räumt
Furch aber ein, dass Marion Zimmer Bradley schlicht versucht, herauszufinden, warum Mordred
böse geworden ist (vgl. 79-80), wie ich schon oben ausgeführt habe. Gwenhwyfar wird laut Furch
als „eine ängstliche, manchmal geradezu hysterische Frau [dargestellt], die mit ihrem religiösem
Fanatismus und kurzsichtigem Egoismus Artus negativ beeinflußt.“ (ebd. 84) Natürlich wird
Gwenhwyfar in den Beschreibungen von Morgaine recht negativ dargestellt, weil die beiden
Frauen praktisch gegeneinander kämpfen müssen. Allerdings wird der Leser, meiner Meinung

46
nach wie bei Mordred, in den Passagen, die Gwenhwyfars Sicht der Dinge beschreiben, auch
gelehrt, warum sie so handelt. Dasselbe gilt für Morgaine, die in den meisten Kapiteln des
Romans als Erzählerin auftritt, und die komplett aus ihrer eigentlichen Charakterdarstellung, der
bösen Hexe, herausfällt. Nichtsdestotrotz wird sie, passend zu den meisten Darstellungen von ihr,
von den anderen Charakteren in Die Nebel von Avalon als Hexe und schlechte Frau beschrieben.
Dies führt auch Furch aus, die sie sogar als Identifikationsfigur beschreibt, denn Morgaine ist die
erste Liebe von König Artus. Des weiteren will Morgaine ihrem Bruder helfen und ihm nicht
schaden, allerdings, so Furch, schadet sie ihm letzten Endes aufgrund der unterschiedlichen
Lebensvorstellungen. (vgl. ebd. 85) Furch erklärt, dass „Marion Zimmer Bradley ihre scheinbar
bösen Taten aus der Stofftradition zwar aufgreif[t], aber in einem anderen Licht erscheinen
[lässt].“ (ebd. 85), denn, zum Beispiel, ihre inzestuöse Beziehung mit Artus ist das Ergebnis der
kultischen Vermählung, die der zukünftige König nach der keltischen Religion mit dem Land und
der Muttergöttin eingehen muss. Am wichtigsten ist dennoch, dass keiner der beiden weiß, dass
sie Bruder und Schwester sind und sie dies erst nach dem Ritual erfahren. (vgl. Zimmer Bradley,
1999: 229-241) Auch María Isabel García-Martínez vergleicht die beiden weiblichen
Hauptcharaktere, Gwenhwyfar
und Morgaine, und erläutert, dass
Morgaine, von der Beschreibung
ihres Aussehens – dunkle Haare,
dunkle Haut – die matriarchale
keltische Religion repräsentiert,
die die Mutter Erde verehrt.
Gwenhwyfar wird als blond und
hellhäutig beschrieben und ist
damit der Inbegriff des
Weiblichen in ihrer Rolle als die
Frau von König Artus. Allerdings
repräsentiert sie auch die
unflexible und männliche
christliche Religion.

Abbildung 4: Samantha Mathis als Gwenwhyfar in DIE NEBEL VON AVALON (2001)

47
Des Weiteren unterschieden sich die beiden, da Morgaine mutig und kühn ist, während
Gwenhwyfar scheu, demütig und kleinlaut ist und an Angstzuständen leidet. Letztere hat auch
aufgrund ihrer Erziehung Angst davor, gegen die christlichen Vorstellungen einer Frau zu
rebellieren. Morgaine hingegen ist so erzogen worden, dass sie kämpfen darf. Somit sind die
beiden Frauen „mirrored doubles“ (García-Martínez, 2007: 174) also gespiegelte Duplikate
voneinander wie auch von den gegensätzlichen Religionen (vgl. García-Martínez, 2007: 174)

Das Buch Die Nebel von Avalon zeigt allerdings nicht nur andere Blickwinkel der Artus-Sage, es
verkörpert vor allem einen Alltagsmythos nach Roland Barthes, da unbewusste und kollektive
Bedeutungen von der Gesellschaft von einem semiotischen Prozess abgeleitet werden. Wie
Hartmut Heuermann anmerkt wird bei Die Nebel von Avalon eine „Regression in das Reich der
Großen Mutter“ (Heuermann, 1994: 204) dargestellt. In der keltischen Religion und Lebensweise
war die Frau dem Mann gleichwertig, wenn nicht sogar teilweise höher gestellt. Durch die
feministische Gegenwartsliteratur wurde dieser Aspekt wieder aufgegriffen und in einem Roman
verpackt bzw. in Heuermanns Worten:

„Die symbolische Regression dient der Vergegenwärtigung und Prüfung


einer historisch vorgeprägten Alternative zum Patriarchat. Es wird
imaginativ wieder etwas in Besitz genommen, was in geschichtlichen
Spuren noch existiert, aber bewußtseinsmäßig im Korridor der Zeiten zu
entschwinden droht – die magisch-mythische Welt der keltischen
Bewohner Britanniens zur Zeit ihrer Christianisierung.“ (ebd. 204)

Das heißt, dass Zimmer Bradley mit ihrer Vorführung, dass auch das Matriarchat funktionierte,
zeigt, dass es auch in der Gegenwart möglich wäre, einen Ausgleich zwischen Mann und Frau zu
finden, so dass keiner dem anderen untergestellt ist. Allerdings siegt, so Heuermann, in ihrem
Werk das Männliche und das patriarchale Christentum über die matriarchale keltische Religion,
wie Kevin, der Merlin und Barde erklärt: „... die Tage von Avalon sind vorüber. Der Nazarener
hat gesiegt, und wir müssen weiter in den Nebeln versinken, bis wir nur noch eine Legende und
ein Traum sind.“ (Zimmer Bradley, 1999: 1018) Für Heuermann kehrt Zimmer Bradley die
Vorstellungen der beiden Religionen um. Anstatt der keltischen Religion, die meist als roh und
barbarisch dargestellt wird, wird die vermeintlich höhere und geistreichere christliche Religion in
Frage gestellt. Somit „entpuppt sich im Lichte feministischer Prüfung [die keltische

48
Naturreligion] als das Humanere, da Natur- und Lebensfreundlichere [...] Die christliche
Dämonologie basiert [...] wesentlich auf dem Pantheon heidnischer Götter.“ (Heuermann, 1994:
205) Die christlichen Priester verdrängen mit großem Erfolg die heidnische Religion und
verbreiten das Patriarchat. So verschwindet Avalon in den Nebeln „und die Göttin hat keinen
Platz mehr in der Welt. Bis auf weiteres...“ (ebd. 205). Denn wie Heuermann ausführt, wird in
Die Nebel von Avalon

„ein altes Erbe bewußt reklamiert und nicht eine frühe Fixierung
unbewußt aufgesucht; hier wird durch den kalkulierten Rückschritt in die
Kulturgeschichte der gewünschte Fortschritt für die Frau gefördert. Mit
anderen Worten: Avalon vermittelt eine politische Botschaft: Matriarchat
ist auf seine Weise dem Patriarchat überlegen, Erinnerung fördert
Entwicklung, tiefe Vergangenheit verspricht bessere Zukunft.“ (ebd. 206)

Demnach verkörpert Marion Zimmer Bradleys Version der Artus-Sage einen Mythos nach
Roland Barthes. Ein traditioneller Mythos, der von König Artus und dem Heiligen Gral, wird zu
einem Mythos zweiter Ordnung, da er über die Medien behandelt wird und so instrumentalisiert
wird: Im Medienprodukt werden unbewusste, kollektive Bedeutungen, im konkreten Fall etwa
die Rolle der Frau in der Gesellschaft, diskutiert und so kann auch die Gesellschaft darüber
diskutieren und diese über ein semiotisches Schema ableiten. Aber auch die persönliche
Mythologie der Autorin wird dargestellt und wird durch die Verbreitung des Buches einem
weltweiten Publikum zugänglich gemacht und gibt somit anderen Menschen Anstöße für die
eigene persönliche Mythologie bzw. trägt zur Kreation einer universalen, allgemein gültigen
Mythologie, wie Campbell es fordert, bei. Marion Zimmer Bradley lässt durch ihren Roman die
Muttergottheit Ceridwen wieder aufleben und erweckt sie eigentlich wieder zum Leben. Sie hat
wieder ihren Platz in der Welt, auch wenn dieser Platz für viele nur in der Literatur sichtbar ist.
Die Autorin hat viel dazu beigetragen, dass die keltische Naturreligion und ihre Göttin wieder
einen Platz unter allen anderen Religionen und Gottheiten findet. Des Weiteren spricht sich die
Autorin in ihrem Werk für die Aufwertung des Weiblichen aus, was zum Zeitgeist der 80er Jahre
mit der feministischen Gegenwartsliteratur passt.

Trotz vieler Übereinstimmungen muss ich Heuermann in einem Punkt widersprechen. Nach
seiner Ausführung hat die Göttin Ceridwen nur durch den Roman wieder Platz in der
(wirklichen) Welt gefunden und die Religion, die sie verehrt, gibt es am Ende des Romans nicht

49
mehr. Natürlich wird die heidnische Religion vom Christentum verdrängt, allerdings erkennt
Morgaine am Ende, dass dies nicht das Ende für die Göttin, geschweige denn für die Religion,
ist, denn die Nonnen verehren Maria, die eigentlich selbst nur eine andere Gestalt der
Muttergöttin ist. (vgl. Zimmer Bradley, 1999: 1107-1115) Somit haben sich auch Igraines Worte,
die Heuermann als ein letztes Aufbäumen gegen den christlichen Glauben gedeutet hat (vgl.
Heuermann, 1994: 205), zumindest in Die Nebel von Avalon bewahrheitet: „’Die Große Mutter
steht über allen Göttern. Religionen mögen kommen und gehen, wie auch die Römer feststellen
mußten, und die Christen zweifellos feststellen werden, aber sie ist das Eine, das besteht.’“
(Zimmer Bradley, 1999: 426)

Auch der Heilige Gral ist ein Teil des Romans. Allerdings wird er, im Gegensatz zu vielen
anderen Geschichten, in Marion Zimmer Bradleys Roman „als eine Art überkonfessionelle
Sehnsucht nach Gott [erklärt und] so aus seiner symbolischen Erstarrung [gelöst].“ (Furch, 1998:
72) Magie an sich wird im Roman als Überlieferung von altem Wissen und Naturbeobachtungen
dargestellt, wie Furch anmerkt. Die magischen Elemente werden aber durch die Beschreibungen
des Heiligen Grals vermehrt. Der Gral repräsentiert die „Sehnsucht aller Religionen“ (ebd. 76)
und die Personen, denen er präsentiert wird, erleben wunderbares, schmecken ihre
Lieblingsspeise und sind fasziniert von ihm. Somit sind die Ritter, die sich daraufhin auf die
Suche nach ihm machen besessen von ihm, denn er stillt und weckt alle Sehnsüchte.(vgl. ebd. 70-
76 und Zimmer Bradley, 1999: 979-986) Die Beschreibung des Grals passt sehr gut zu der
Entstehung von Mythen nach Roland Barthes, denn Zimmer Bradley beschreibt mit dem Gral
kollektive und unbewusste Bedeutungen, die die Gesellschaft von einem semiotischen Prozess
ableitet. Die Menschen streben danach das Geheimnis des Heiligen Grals zu erforschen und sie
sind, wie die Ritter der Tafelrunde in Die Nebel von Avalon und anderen Artus- und/oder Grals-
Romanen fasziniert und besessen von ihm. Der Gral verkörpert alle unsere Sehnsüchte und somit
auch kollektive und unbewusste Bedeutungen. Immer wieder wird das Thema aufgegriffen und
neu bearbeitet und weiter erforscht aber auch neu beschrieben, wie etwa bei Marion Zimmer
Bradley, die den Gral zwar, wie die meisten, als einen Kelch beschreibt, allerdings steht er für
alle Sehnsüchte der Anwesenden. Der Gral wird als „großer funkelnder Juwel, wie ein Rubin, wie
ein lebendes schlagendes Herz“ (Zimmer Bradley, 1999: 981), „Kessel von Ceridwen“ (ebd. 891)
und „Kelch des Lebens“ (ebd. 982) aber auch als „Stern“ (ebd. 983) bezeichnet und beschrieben.
Somit steht der Gral stellvertretend für die Sehnsüchte der Religionen und der Menschen, die sich

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nach langem Leben, Ruhm und Glanz sehnen. Der Heilige Gral an sich ist ein Mythos aber er ist
auch ein Alltagsmythos nach Roland Barthes, denn der Gralsmythos wurde im Medienprodukt
bearbeitet und so instrumentalisiert um die Leser auf ihre eigenen Sehnsüchte hinzuweisen.
Daher werden im Roman unbewusste und kollektive Bedeutungen der Gesellschaft behandelt und
so die Diskussion darüber und die Ableitung mit Hilfe eines semiotischen Schemas ermöglicht.

Marion Zimmer Bradleys Roman enthält, wie oben erläutert, Alltagsmythen nach Roland Barthes
und erzählt den Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral auf eine andere Weise, als die,
die man gewöhnlich kennt. Somit wird das „Andere“ in Die Nebel von Avalon dargestellt.
Allerdings ist die Erzählung aus der Sicht der Frau und die Einbindung der Frau in den Mythos
nicht neu. Wie Rubén Valdés-Miyares ausführt war dies schon im zwölften Jahrhundert der Fall.
In seinen Worten:

„The subtext of female mythology was not invented or discovered by


Bradley, whose novel was only its most significant interpretation in the
twentieth century. It seems to have always been there, a much older
substratum than the world of chivalry. [...] As to how far Morgan’s myth
affected the actual life of medieval women, like Arthur’s myth caused the
making of the Round Table of Winchester and Eward III’s Arthurian
tournaments, the subject still demands research. But it almost certainly
affected culture as it still does, altering our understanding of the matter of
Britain which traditionally centred on King Arthur alone. It plays its role
on the myth as the ethics of ‘otherness’ [die besagen, dass der Mythos
eine Andere Welt darstellt, dass es immer etwas Anderes zum sagen oder
vorstellen gibt und dass der Mythos dem Anderen die Möglichkeit gibt,
sich darzustellen.] No reading of the Arthurian Myth can be complete
without a reading of its other. This is as true of the early twentry-first
century as it was in the late twelth, when Morgan Le Faye first emerged
from the mists of Avalon and entered romance.” (Valdés-Miyares, 2007:
151-152)

Die Autorin von Die Nebel von Avalon hat sich verschiedener Teile der Mythen von König Artus
und dem Heiligen Gral sowie kollektiven und unbewussten Bedeutungen der Gesellschaft bedient
um ihr Buch zu schreiben. Dadurch hat sie es geschafft, den anderen, weiblichen, Mythos der
Geschichten von König Artus zu erzählen sowie ihn von Neuem zu mystifizieren. Somit hat sie
die Geschichte von Morgaine, der Herrin von Avalon, zu einem Alltagsmythos gemacht.

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5.2 Dan Browns Sakrileg – The Da Vinci Code

The Holy Grail ‘neath ancient Roslin waits.


The blade and chalice guarding o’er Her Gates.
Adorned in masters’ loving art, She lies.
She rests at last beneath the starry skies.

(Dan Brown (2004): Sakrileg – The Da Vinci Code, Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, S. 580)

2003 erschien Dan Browns Roman Sakrileg – The Da Vinci Code im Englischen Original und
wurde kurz darauf von Ron Howard verfilmt. Der Film kam 2006 in die Kinos. Eigentlich
beschäftigen sich weder der Roman noch der Film eingehend mit der Geschichte von König
Artus, weshalb es hier schwer ist, Vergleiche mit Malorys Le Morte d’Arthur anzustellen.
Stattdessen geht es in Sakrileg um die Gralssuche. Es finden sich allerdings mehrere Hinweise
auf König Artus, die mehrheitlich auf den Zusammenhang zwischen der Artussage und dem
Mythos des Heiligen Grals hinweisen:

„Für die spätere Zeit gibt es keine Berichte von »Sichtungen« des Grals
mehr – nur gelegentlich Gerüchte, dass er in England, dem Land von
König Artus und den Rittern der Tafelrunde, sein Versteck gefunden
habe.“ (Brown, 2004: 234)

„Zeitlose Sagen, wie die von Sir Gawain und dem grünen Ritter, von
König Artus und der Tafelrunde oder das Märchen von Dornröschen
waren Allegorien auf den Gral.“ (ebd. 359)

„In dem markanten achteckigen Raum, der von einem riesigen runden
Tisch beherrscht wurde, hätten sich auch König Artus und die Ritter der
Tafelrunde wohl gefühlt, wären da nicht die zwölf Computerarbeitsplätze
mit Flachbildschirm gewesen.“ (ebd. 509)

„Diese geographischen Koordinaten der Kapelle [Anm.: Rosslyn Chapel]


stimmen genau mit dem durch Glastonbury verlaufenden Nord-Süd-
Meridian überein. Diese longitudinale Rosenlinie wird der Überlieferung
zufolge als Markierung von König Artus Insel Avalon betrachtet und gilt
als zentrale Bezugsachse der heiligen Geometrie Britanniens.“ (ebd. 579)

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Da die Gralssuche aber ein wichtiger Teil der Artus-Sage ist, auch wenn die Geschichten des
Königs und seiner Tafelrunde in Sakrileg mehr oder weniger außer Acht gelassen worden ist,
empfinde ich es als wichtig, sich auch mit Dan Browns Variante des Grals-Mythos zu
beschäftigen.

Buch wie Film wurden heftig von Angehörigen der christlichen Religion kritisiert, da sie „die
Geschichte als gefährlich, gotteslästerlich und antichristlich“ (ebd. 611) empfanden. Grund dafür
ist Browns Interpretation der Grals-Legende, die laut dem Autor bereits von einigen Grals- und
Kunsthistorikern beschrieben worden war. Aber auch, wenn die Orte, Gemälde und geheimen
Gesellschaften, die im Roman vorkommen, real sind, betont Brown immer wieder, dass Sakrileg
ein Roman und damit fiktiv ist. Selbst bezeichnet sich der Autor allerdings eher einen Skeptiker
als einen Verschwörungstheoretiker. Nichtsdestotrotz hat er sich dem Stoff angenommen, und
zwar aus einem bestimmten Grund: „Das Geheimnis hinter SAKRILEG [sic] war jedoch zu gut
dokumentiert und zu bedeutsam, um es zu ignorieren.“ (ebd. 618) Somit sind die Ideen hinter
dem Roman laut Autor seit langem bekannt, obwohl sie das erste Mal in Form eines populären
Romans niedergeschrieben wurden.

Abbildung 5: Audrey Tautou als Sophie Neveu und Tom Hanks als Robert Langdon in THE DA VINCI CODE –
SAKRILEG (2006)

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Das Ziel hinter Sakrileg war, eine neue Glaubensdiskussion anzuregen. In Browns Worten:
„Meine Hoffnung beim Schreiben dieses Romans war, dass die Geschichte als Katalysator für die
Leser fungieren und sie motivieren würde, über die wichtigen Themen von Glauben, Religion
und Geschichte zu diskutieren.“ (ebd. 610-611) Der Leser muss selbst entscheiden welchen
Standpunkt zur Geschichte er/sie wählt, indem die Standpunkte der Charaktere im Buch
interpretiert und diskutiert werden. Das Buch ist also dazu gedacht, den Mythos zu diskutieren,
und damit auch über den eigenen Glauben bzw. die eigene Spiritualität zu sprechen und sie so zu
entwickeln. Heftige Debatten, wie der Autor ausdrückt, helfen uns, unsere eigene Spiritualität zu
verstehen. Daher sind auch die Diskussionen über Sakrileg eine positive Macht. Brown selbst,
und ich - sowie wahrscheinlich auch oben genannte Autoren wie Campbell und Fliri - stimme
ihm hier voll und ganz zu, ist der Meinung dass,

„Glaube [...] ein Kontinuum [ist], und wir alle werden irgendwann einmal
auf die eine oder andere Weise damit konfrontiert. Indem wir versuchen,
den Glauben zu klassifizieren, enden wir damit, über Semantik zu streiten
bis zu einem Punkt, wo wir das Offensichtliche ganz und gar aus den
Augen verlieren – dass wir alle versuchen, die großen Geheimnisse des
Lebens zu entschlüsseln und dass jeder einzelne von uns seinem eigenen
Weg zur Erleuchtung folgt. Ich betrachte mich als Student vieler
Religionen. Je mehr ich lerne, desto mehr Fragen habe ich. Für mich ist
die spirituelle Suche ein lebenslanger, niemals endender Prozess.“ (ebd.
613)

Schließlich muss man, so Brown, auch noch beachten, dass die Geschichtsschreibung wie wir sie
kennen eigentlich nicht genau, sondern parteilich, ist, weil nur die Sieger, also die
„Gesellschaften und Glaubenssysteme, die überlebt oder erobert haben“ (ebd. 612) die
Geschichte niedergeschrieben haben. Dieser Aspekt wird im Roman wie im Film recht subtil
behandelt. Allerdings steht der Aspekt an einer bestimmten Stelle auch im Vordergrund, da
erwähnt wird, dass

„die Heilige Schrift keine Schöpfung Gottes ist, sondern der Menschen.
Sie ist nicht auf wundersame Weise irgendwann einmal fertig vom
Himmel gefallen. Die Menschen haben sie als Chronik eines
dramatischen Zeitgeschehens geschaffen. Die Heilige Schrift hat sich
angesichts zahlloser Hinzufügungen, Korrekturen und Neuübersetzungen

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verändert und fortentwickelt. Es hat nie eine endgültige Version des
Buchs der Bücher gegeben.“ (ebd. 319-320)

Des Weiteren erfährt der Leser, dass es über achtzig Evangelien gegeben haben soll von denen
nur vier in der heutigen Heiligen Schrift zu finden sind. Grund dafür ist die Vereinigung und
Verschmelzung der Religionen, heidnischer und christlicher, zur Zeit von Kaiser Konstantin des
Großen. Im Konzil von Nizäa wurde dann über alle Termine für Festtage, Macht der Bischöfe,
die Sakramente und auch die Göttlichkeit von Jesus diskutiert. Der Sohn Gottes wurde zur
damaligen Zeit mehr als Prophet denn als Gott betrachtet. Erst im Konzil wurde er durch
Abstimmung zum Gott ernannt. In der Folge mussten aber die Schriften, in denen Jesus noch als
Mensch bezeichnet wurde verschwinden, wobei aber einige noch erhalten sein sollen. Unter
ihnen soll sich die wahre Gralsgeschichte befinden, nämlich dass der Heilige Gral eine Frau ist.
Genauer gesagt, soll es Maria Magdalena sein, die laut einigen der verbannten Schriften seine
Frau und Mutter seiner Kinder ist. Zusätzlich erwähnt Maria Magdalena in ihrem Evangelium,
dass sie nach Jesus Tod die Kirche weiterführen sollte. Dies gefiel aber einigen der Anhänger
nicht und so musste die Frau flüchten. Man muss auch noch wissen, das Maria Magdalena von
königlichem Blut war und aus dem Hause Benjamins stammte. Somit hatten sie und Jesus, der
ebenfalls von königlichen Geblüts aus dem Hause Davids war, „legitimen Anspruch auf den
jüdischen Königsthron“ (ebd. 344) Was wirklich zu verschleiern war, war allerdings nicht Maria
Magdalenas Herkunft, sondern dass sie und Jesus zumindest ein Kind hatten, denn sie war „der
>Kelch, der das Blut Christi aufgefangen hat<“ (ebd. 344) Somit geht es in der Gralslegende, die
allgegenwärtig ist, um das königliche Geblüt von Jesus und Maria Magdalena, und das sogar im
wörtlichen Sinn, wie mittlerweile recht bekannt ist. Eine alte Schreibweise von sangreal, was in
der Unterteilung San Greal der Heilige Gral bedeuten soll, ist anders unterteilt, nämlich Sang
Real, was soviel bedeutet wie königliches Blut. (vgl. ebd. 318-345)

Dies ist Browns Interpretation der Grals-Legende, die wie allerdings erwähnt, schon vor
Erscheinen des Buches zumindest und Grals- und Kunsthistorikern bekannt war. Aufgrund der
kontroversen Standpunkte, die dargestellt werden und die auch die Leser einnehmen, ist das Buch
allerdings eine Bereicherung für Diskussionen über Glauben, Religion und Geschichte, wie es
auch in Browns Sinne war. So erwähnt der Autor in einem Interview auch, dass viele den Roman
nicht als Bedrohung ansehen, sondern darin Chancen sehen: „Wir sind aufgerufen, uns kreativ
mit der Kultur zu beschäftigen, und das ist es, was ich tun möchte. Ich denke, Dan Brown hat mir
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einen Gefallen erwiesen. Er hat mir eine Möglichkeit gegeben, über Dinge zu sprechen, die
wichtig sind.“ (Father John Sewell in ebd. 615)

Im Internet finden sich weitere Beispiele für die Auseinandersetzung mit Dan Browns Roman:
Steven Clark Goad hat auf der Webseite des Grace Centered Magazine einen Artikel mit dem
Titel „Decoding Da Vinci: A Critical Look at The Da Vinci Code“ publiziert. In diesem
vergleicht er Aussagen in Sakrileg und erklärt was, seiner Meinung nach, die Wahrheit und
tatsächlich Fakt ist. Hier steht man Brown sehr kritisch gegenüber, und es wirkt auch, als würde
sich der Autor persönlich von einigen Details im Roman angegriffen fühlen. Des weiteren teilt
Goad auch des Öfteren seine Meinung mit. Allerdings wird der Leser im Unklaren darüber
gelassen, wo Goad sein Wissen über die Fakten gegenüber der Fiktion in Sakrileg erworben hat,
denn ein Literatur- und Quellenverzeichnis fehlt. Der Artikel endet mit dem Appell „Dear ones,
please don’t confuse truth with fiction.“ (Goad, 1999-2008:
http://www.gracecentered.com/da_vinci_code.htm) Auch die Webseite „History vs. The Da
Vinci Code“ befasst sich mit der Klärung der geschichtlichen Hintergründe des Romans: „This
site is an online resource which aims to comprehensively analyse the various historical claims
made in Dan Brown's bestseller and compare them to the historical evidence.” (O’Neill, 2006a:
http://www.historyvsthedavincicode.com) Hierfür werden einige Kapitel in Sakrileg unter die
Lupe genommen und so eine Art Handbuch für die Leser erstellt. Auf der Homepage selbst wird
erklärt, dass die Untersuchungen der Aussagen in Sakrileg ohne irgendwelche Vorurteile in
religiöser Hinsicht zustande gekommen sind, denn es wurde nur von der historischen Perspektive
beurteilt. Der Grund für das Entstehen der Webseite war, dass Brown in Interviews (vgl. O’Neill,
2006b: http://www.historyvsthedavincicode.com/fiction.htm) mehrfach bestätigt hat, dass die
geschichtlichen Hintergründe im Roman Fakten und nicht Fiktion sind, da der Autor dies lange
recherchiert hatte. Allerdings, so Tim O'Neill, der Autor der Webseite, stimmen ihm da viele
Historiker nicht zu. So reagiert O’Neill auch auf das Argument, dass immer nur die ‚Sieger’ die
Geschichte schreiben: „Brown's statement that 'history is written by the winners' is a totally
oversimplified cliche, and one he uses to try to excuse the complete lack of evidence for most of
his claims.” (O’Neill, 2006a: http://www.historyvsthedavincicode.com)Laut O’Neill gibt es
nämlich auch genug geschichtliche Berichte von den ‚Verlieren’ und den ‚Neutralen’ und daher
müssen Historiker nicht auf jede Quelle verlassen oder jede Quelle für bare Münze nehmen. (vgl.
ebd.)

56
Natürlich beschäftigen sich nicht nur Privatpersonen sonder auch Akademiker mit dem Roman.
Ein wissenschaftlicher Artikel zu Sakrileg wurde in der Zeitschrift Skeptic veröffentlicht. In dem
Artikel „The Da Vinci Code Cult. A Critical Look at Dan Brown’s The Da Vinci Code” von
Robert Sheaffer wurde der Wahrheitsgehalt von Sakrileg überprüft und die Fakten mehr oder
weniger wiederlegt. Sheaffer beschäftigt sich, wie viele andere, aufgrund der Tatsache, dass
Brown zu Beginn seines Romans eine Fakten-Seite einfügt (vgl. Brown, 2004:11) sowie mit
einigen Aussagen in Browns Roman:

“In this ‘factual novel,’ Brown makes some extremely remarkable claims
that, if true, would revolutionize not only all of the Christian religion, but
much of history as well. Brown would have us believe that the practices
of early Christianity were vastly different than we have been taught, and
that a huge conspiracy has prevented us from knowing this. A patriarchal
plot by a famous Roman emperor obliterated the early Christians’
worship of ‘the sacred feminine.’ Jesus and Mary Magdalene were
married and sired a royal bloodline that continues to this day. A secret
society of some of history’s most famous scientists and artists has been
dedicated to preserving these ancient secrets for almost a thousand years.
At a minimum, these claims would overthrow more than a century’s
worth of painstaking research by serious scholars from the most respected
universities in the world. If ever there were an extraordinary historical
claim that requires extraordinary historical proof, this is it. How good is
the proof that Brown presents?” (Sheaffer, 1992-2008:
http://www.skeptic.com/the_magazine/featured_articles/v11n4_da_vinci_
code.html)

Somit wird wieder die Grals-Interpretation des Autors geprüft, was auch nicht verwunderlich ist,
wenn man bedenkt, dass sich aus dem Roman ein Kult entwickelt hat und viele Menschen die
Aussagen zu Geschichte, Religion und Glauben ohne weitere Recherche glauben. Sheaffer
erläutert, dass die frühen Texte, die als Nag Hammadi Texte bekannt sind, wahrscheinlich erst ab
333 nach Christus datiert werden können während die Texte im Neuen Testament ab 51 nach
Christus datiert werden. Somit wären die vermeintlich verbannten Texte jünger auch wenn es
sein kann, dass sie früher verfasst wurden, allerdings würden sie auch dann, so Sheaffer, Brown
Interpretation nicht bewahrheiten können. Des Weiteren haftet ein Plagiatsverdacht auf Browns
Interpretation, da in den 80er Jahren das Buch Der Heilige Gral und seine Erben (OT Holy
Blood, Holy Grail) von Michael Baigent, Richard Leigh und Henry Lincoln erschienen ist, das
die Theorie, dass Jesus und Maria Magdalena verheiratet waren und Kinder hatten, forciert hat.
57
Daher wurde Brown auch von den Autoren verklagt. Nichtsdestotrotz sprechen aber beweisbare
Tatsachen, so Sheaffer, gegen beide Bücher und die in ihnen präsentierten Theorien. Die Prieuré
de Sion, die als Beschützer des Heiligen Grals fungieren soll und laut Brown 1099 gegründet
wurde (vgl. Brown, 2004: 11) ist laut Sheaffer, der die Webseite www.priory-of-sion.com zitiert,
erst 1956 gegründet worden. Zum Thema der Christianisierung mit einer männlichen Gottheit
erläutert Sheaffer, dass es im griechisch-römischen Bereich trotz Polytheismus und einer Vielzahl
an weiblichen Gottheiten kein Matriarchat gegeben hat und nicht nur die Göttin verehrt wurde.
Die männlichen Götter dominierten den Polytheismus in Griechenland und im Römischen Reich.
Für die Theorie, dass Konstantin der Große neue christliche Dokumente in Auftrag gegeben
haben soll, die Jesus’ Position als Gottheit bestätigen, werden weder in Der Heilige Gral und
seine Erben noch in Sakrileg Referenzen oder Quellen angeführt. Somit kann die Theorie für
Sheaffer nicht bestätigt werden. Allerdings wurde aus dieser Theorie eine moderne urbane
Legende und somit auch ein Mythos. Die historische Grundlage fehlt aber, denn die Autoren
haben einfach das Konzil von Nizäa umgeschrieben und verzerrt, wofür es laut Sheaffer
genügend glaubwürdige Beweise gibt. Ein weiteres Thema in seinem Artikel ist die Frage nach
Maria Magdalena. Sheaffer erklärt, dass Maria Magdalena möglicherweise nur eine fiktive Figur
in der Bibel ist, die erschaffen wurde, um Beschimpfungen für Jesus’ Mutter Maria entgegen zu
nehmen. Grund dafür ist, dass die Juden eine andere Sicht von Maria hatten, nämlich dass sie
eine Prostituierte war, und sie in Hebräisch Miriam m’qadella nannten. Da Maria als Mutter
Gottes keine Prostituierte sein konnte, ist es gut möglich, dass die Evangelisten daher die Dirne
Maria Magdalene in ihre Berichte einfügten. So würden die Anschuldigungen und
Beschimpfungen, die eigentlich der Mutter Maria galten, auf Maria Magdalena zurückfallen, da
sie laut den Berichten einmal eine Prostituierte war. Die Theorie, dass Jesus feministisch
veranlagt war, und dass dies in den Nag Hammadi Texten deutlich sichtbar ist, verlangt laut
Sheaffer sehr selektives Lesen, da die Texte hier nicht immer übereinstimmen. Als letztes
beschäftigt sich Sheaffer mit der Passage, in der Brown auf Walt Disneys Einfluss auf die
Geschichte des Heiligen Grals hinweist:

„Er [Robert Langdon] hielt seine Mickymaus-Uhr hoch und erklärte


Sophie, dass Walt Disney, der schon zu Lebzeiten als »moderner da
Vinci« gepriesen wurde, es sich zur heimlichen Lebensaufgabe gemacht
hatte, die Gralsgeschichte an die kommenden Generationen
weiterzugeben. Beide Männer waren begnadete Künstler, Mitglieder einer
Geheimgesellschaft und ihrer Zeit um Generationen voraus – und beide
58
hatten es faustdick hinter den Ohren. Wie Leonardo hatte auch Walt
Disney seinen Werken mit diebischem Vergnügen versteckte Botschaften
und Symbole beigefügt. Kenner der Symbolik wurden in frühen Disney-
Filmen mit Anspielungen und Metaphern förmlich zugeschüttet.“
(Brown, 2004: 359)

Walt Disney soll durch seine Märchenverfilmungen, wie etwa Dornröschen oder Schneewittchen,
immer „die Einkerkerung des göttlich Weiblichen“ (ebd.) thematisiert haben. Der Film ARIELLE,
DIE MEERJUNGFRAU soll speziell an Maria Magdalena und den Weiblichkeitskult erinnern. (vgl.
ebd. 359-360) Sheaffers Stellungnahme dazu: “It is indeed possible that Brown included this
section as a warning to the reader not to take anything in this book seriously. But if so, he did it in
a cypher so opaque — a reductio ad absurdum — that almost nobody has yet managed to decode
it.” (Sheaffer, 1992-2008:
http://www.skeptic.com/the_magazine/featured_articles/v11n4_da_vinci_code.html) Der Autor
erläutert, dass Brown diese Passage absichtlich eingefügt hat, damit man den Roman auch als
fiktionales Werk versteht. Allerdings ist es nicht klar, warum dies in einer derart verschleierten
Art gemacht wurde. Sheaffers Fazit zu Sakrileg ist demnach, dass Fiktion für jeden gute
Unterhaltung bietet. Allerdings entstehen, wie im Fall Sakrileg, Probleme, wenn man offenbar
widerlegbare Aussagen als Fakten präsentiert und dadurch ein Kult entsteht, der auf falschen
Informationen basiert. So sollte man Dan Browns Roman auch als Unterhaltung sehen und sich
nicht den Kopf über die darin gemachten Interpretationen der Gralslegende machen. (vlg. ebd.)

Es gibt noch viele Beispiele dieser Art im Internet. Sie alle haben aber gemeinsam, dass durch sie
über Sakrileg und somit auch über die Themen Religion, Glauben und Geschichte diskutiert wird,
wie es sich Dan Brown gewünscht hat. In diesem Sinn verkörpert der Roman Sakrileg einen
Alltagsmythos nach Roland Barthes, weil in der Diskussion über das Buch auch unbewusste und
kollektive Bedeutungen besprochen werden. Der Roman greift den traditionellen Mythos von
Heiligen Gral auf und verändert ihn. Dadurch wird dieser Mythos zu einem Mythos zweiter
Ordnung und dazu instrumentalisiert, um bestimmte Themen in der Gesellschaft zu diskutieren.
Der Mythos vom Heiligen Gral wird durch diesen semiotischen Prozess erneut mythisiert.

59
5.3 King Arthur

Guinevere: My father told me great tales of you.


Arthur/Atorius: Really? And what did you hear?
Guinevere: Fairy tales. The kind you hear about people so brave, so selfless, that they can't be
real.

(Gespräch zwischen Guinevere und Arthur/Atorius in Antoine Fuquas KING ARTHUR, 2004)

Antoine Fuquas Film betrachtet den Mythos von König Artus aus einer historischen Perspektive.
Gleich zu Beginn des Films wird der Zuseher informiert, dass von neuen Funden ausgegangen
wird, dass der legendäre König ein in Britannien stationierter Römer war. (siehe auch Kapitel 4.1
König Artus – Fakt oder Fiktion):

„Historians agree that the classical 15th century tale of King Arthur and
his Knights rose from a real hero who lived a thousand years earlier in a
period often called the Dark Ages. Recently discovered archeological
evidence sheds light on his true identity.” (Schriftzug zu Beginn von
KING ARTHUR, 2004).

Dies ist wohl auch der größte Unterschied zur Malorys Le Morte d’Arthur, wo König Artus etwa
als „King of all Britain. Conqueror of Rome“ (Malory, 2001: 508) beschrieben wird. In KING
ARTHUR ist Atorius Castus der Sohn einer Britin und eines Römers und Heerführer der römischen
Armee, die in Britannien stationiert ist. Von seinen Rittern wird der Heerführer Arthur genannt.
Viele andere Charaktere fallen auch aus den bekannten Rollenbildern heraus: Guinevere,
Arthurs/Atorius’ zukünftige Frau, ist ebenso keltische Piktin wie dessen Mutter und auch Merlin
ist Pikte. Die Ritter der Tafelrunde sind alle Söhne von Sarmaten, die nach einem Krieg von den
Römern gezwungen wurden, in ihrer Armee zu dienen. Die Pikten überfallen regelmäßig die
römischen Siedlungen südlich des Hadrianswalls, um die Römer aus ihrem Land zu vertreiben.
Bei einem solchen Überfall wurde auch Arthurs Mutter getötet, weshalb er einen Groll gegen die
Pikten, allen voran Merlin, der die Überfälle befiehlt, hegt. Als aber die Sachsen alle Einwohner
Britanniens bedrohen und die Insel von Rom im Stich gelassen wird, erfüllt Arthur sein Schicksal
und kämpft Seite an Seite mit den Pikten um Leben und Land.

60
Ein weiterer Unterschied zu Malory ist, dass die Geschichte des Heiligen Grals völlig außer Acht
gelassen wird. Grund dafür dürfte sein, dass die Gralslegende dem historischen Charakter des
Films entgegenwirkt. Antoine Fuquas KING ARTHUR wirbt damit, dass hier die wahre Geschichte
des sagenhaften Königs der Briten erzählt wird. Die Gralslegende würde dem Gesamtbild des
Films widersprechen, weil diese den Film in eine fiktive Richtung bringt, denn der Gral ist ein
Mythos und als solcher nicht zwingenderweise real oder hat bewiesenen historischen
Hintergrund.

Aufgrund des historischen Hintergrunds und der filmischen Umsetzung ist diese Geschichte von
König Artus um ein vielfaches glaubhafter als manch anderer Film, der etwa Malorys Erzählung
von König Artus fast eins zu eins umsetzt und daher auch sofort ins Genre der Fantasy eingereiht
werden kann. Dieser Meinung ist auch M. Gabriela García-Teruel, die mit diesem Film als
Beispiel ein Konzept zur Erörterung von Filmen, die angeben historisch akkurat zu sein, im
Schulunterricht entwickelt hat. Der Hintergrundgedanke war, dass Schüler lieber einen Film
sehen als die Geschichte mit Hilfe von historischen Quellen aus Büchern zu lernen, da dies
zeitaufwendiger ist. Des Weiteren scheint klar zu sein, dass die Schüler heutzutage Filme, die
angeben historisch korrekt zu sein, wie eben KING ARTHUR, nicht genügend hinterfragen und
annehmen, dass diese Filme tatsächlich die Wahrheit repräsentieren. So hat García-Teruel ein
Modell entwickelt, mit dem man diese Filme hinterfragen kann und gleichzeitig Schüler dazu
bringt sich mit anderen historischen Quellen auseinander zu setzen. Zuerst werden Zettel mit
Stichwörtern ausgeteilt, welche in zwei Spalten geteilt werden müssen: die eine steht für
Personen und Ereignisse, die tatsächlich existieren, die andere Spalte ist für die fiktiven Begriffe.
So wird festgestellt, welches Basiswissen die Schüler haben. Nachdem der Film gezeigt wurde,
wird darüber diskutiert und auch auf einige Aussagen der Produzenten hingewiesen, die kritisch
betrachtet werden sollen. Danach werden die Quellen, auf die sich die Schreiber und Produzenten
von KING ARTHUR stützen behandelt und mit dem Film verglichen. Der Charakter
Artus/Arthur/Atorius wird in der nächsten Stufe analysiert, um herauszufinden, wer er war. In der
Folge sollen die Schüler die Zeitangaben im Film untersuchen und mit historischen Quellen
vergleichen. Zuletzt wird ein Fazit gezogen, welches dann ist, dass man Medienprodukte kritisch
betrachten soll. Die erste Übung mit der Zuordnung von Begriffen wird wiederholt, und dann

61
werden ersten Gedanken zu Fakt und Fiktion verglichen und diskutiert. (vgl. García-Teruel,
2007: 211-227)

So ein Model scheint heutzutage nötig zu sein, wenn ein Film aufgrund seiner Vermarktung12
verspricht die historische Wahrheit zu behandeln. Die Produzenten von KING ARTHUR geben
selbst allerdings an, dass sie die Geschichte teilweise verändert haben, in Jerry Bruckheimers
Worten:

„it’s a new look at a tale that we thought we were familiar with. The truth
is that King Arthur lived in a much earlier time period than you see in
most of the movie versions – the Dark Ages. David Franzoni worked out
a new approach to the subject matter that offered a more historically
accurate story of King Arthur.” (Anonym, 2008:
http://www.cinemareview.com/production.asp?prodid=2564)

Grund für die Beschäftigung mit dem Sagenstoff war, dass ein Name, nämlich Lucius Atorius
Castus, wie auch eine Schlacht, nämlich die am Badon Hill, bekannt sind. David Franzoni dazu:

“This battle changed the face of Britain and created a legend which has
survived for generations and has been reinvented many times. I thought it
was a great opportunity to go back and try to find out what these people
were like and to tell their story realistically.” (ebd.)

So erklären die Produzenten nicht, dass das, was sie darstellen der Geschichte hundertprozentig
entspricht. Sie bestehen nur darauf, dass ihr Film realistischer ist, als andere Verfilmungen des
Sagenstoffs. Allerdings waren die Macher des Films nach Recherchen davon überzeugt, dass
Artus wirklich existierte, wie Antoine Fuqua ausführt: “I believe that ‘King Arthur’ will give
people a sense of the reality of the man; the person behind the legend […] Arthur wasn’t just a
legend, he was a real man: someone who sacrificed himself to become a leader and earned the
right to be called King.” (ebd.) Wie jedoch im Kapitel 4.1 König Artus – Fakt oder Fiktion
ausgeführt wurde, wird man nie herausfinden können, ob der legendäre König existiert hat oder
nicht. García-Teruel erläutert allerdings auch, dass man durch Vergleiche mit anderen
literarischen Helden die Fiktionalität des Charakters beweisen kann. Der Charakter des

12
Der Film KING ARTHUR trägt unter anderem die tagline „The Untold True Story That Inspired The Legend”. (siehe
http://www.imdb.com/title/tt0349683/taglines)

62
legendären Königs wurde im Laufe der Zeit von vielen Autoren behandelt und immer erweitert.
Zentral sind die Charakterzüge, die die meisten mythischen, legendären und traditionellen Helden
in ihren Geschichten besitzen:

“Most heroes are white, male, British/American/European, young,


accompanied by a singel male companion or leaders of a group of
adventurers, involved in a quest and dominate the environment, enemies,
friends, women and their own emotions. They never doubt the rightness
of their cause and their attitudes reinforce the established views of the
world.” (Fra in García-Teruel, 2007: 220)

Fuquas Arthur/Atorius besitzt die meisten dieser Eigenschaften. Allerdings ist sein Verhältnis mit
Guinevere ebenso wie der Grund für Aufgabe und deren Richtigkeit problembehaftet. Dadurch
und aufgrund seines zweischichtigen Charakters ab dem Zeitpunkt, da er erkennt, dass die Welt
nicht so ist, wie er sie sich vorgestellt hat, wird der legendäre König für die Zuseher zu einer
Person, die tatsächlich gelebt hat. Arthur/Atorius glaubt an ein Rom, in dem jeder durch seinen
freien Willen über sein Leben und seine Taten entscheiden kann und nicht von Geburt und durch
die Erbsünde bestimmt wird, was für ein Mensch man wird. Allerdings wird schon mit dem
Auftreten von Bischof Germanius klar, dass es dieses Rom nicht gibt. Der letztere beauftragt die
Ritter eine Familie, die nördlich des Hadrianswalls lebt, vor den Sachsen zu retten. Dieses Gebiet
ist aber das Territorium der Pikten, was den Auftrag sehr gefährlich macht. Da der Befehl aber
von Rom kommt, befolgt ihn Arthur/Atorius. Schließlich soll er danach nach Rom gehen können,
wo ihn sein Lehrer Pelagius und eine Beförderung erwartet. Während der Rettungsaktion erkennt
er aber, dass es das Rom, an das er glaubt, nicht gibt: Der Vater der römischen Familie, die
gerettet werden soll, bestraft jeden, der nicht seine Weltanschauung teilt. Daraufhin erklärt
Arthur/Atorius, dass er ab sofort die Armen und Schwachen beschützen und auch diese in die
Siedlung südlich des Hadrianswalls bringen will, worin man auch seine Erziehung von Pelagius
erkennen kann. Guinevere, in dieser Version laut García-Teruel Merlins Tochter, ist
Arthurs/Atorius’ Alter Ego und mit ihrem Erscheinen schwindet auch Arthurs/Atorius’
mutmaßliche Härte in einigen Szenen. García-Teruel erklärt dazu:

„the enemy he has identified as the reason for his own unhappiness
(Artorius [sic] accuses Merlin of having been responsible for his mother’s
death) and has been chasing since. But Guinevere appears before him as a

63
defenceless, unarmed, hurt and ailing woman, the opposite of what he
thought of his rivals.” (ebd. 221)

Durch sie lernt er auch die Sichtweise der Pikten über ihn kennen: „the famous Briton who kills
his own people“ (Guinevere in KING ARTHUR, 2004). Sie erklärt damit, dass Arthur/Atorius blind
die Befehle von Rom befolgt, wie man auch in der ersten Hälfte des Films erkennen kann. Er
empfindet keine Liebe sondern nur eine Bürde und Hass für das Leben in Britannien. Guinevere
ist im Gegensatz zu anderen Adaptionen der Artus-Sage eine starke Persönlichkeit, was sich in
ihrem Umgang mit Worten zeigt. Sie kann immer die Wahrheit aussprechen, vor der sich
Arthur/Atorius versteckt und fürchtet. García-Teruel ist der Meinung, dass das Zusammenspiel
der beiden Charaktere zeigt, wie
aus einem legendären
Sagencharakter ein gewöhnlicher
Mann geworden ist, der tatsächlich
existierte. Dazu Guinevere sagt
auch, dass „you and I are not those
polite people that live in poems.
We are blessed and cursed for
living in these times.” (ebd.)

Abbildung 6: Ioan Gruffud als Lancelot, Keira Knightley als Guinevere und Clive Owen als Atorius in KING
ARTHUR (2004)

Guinevere ist wie Arthur/Atorius ein Charakter mit zwei Gesichtern: „the virtuous lady and the
rechless and fickle woman, always ready to play her game if she feels like it.“ (García-Teruel,
2007: 222) So ist es auch nicht verwunderlich, dass, wie in anderen Adaptionen, auch hier eine
Dreiecksbeziehung zwischen Guinevere, Arthur/Atorius und Lancelot angedeutet ist. In KING
ARTHUR scheint sich Guinevere aber nur anfangs nicht zwischen beiden Männern entscheiden zu
können und entscheidet sich dann für den Heerführer und zukünftigen König und nicht für den
Ritter. Die Frau bringt den zukünftigen König im Laufe des Films dazu, die Augen zu öffnen für
die Welt, in der er lebt, und für das Schicksal der Einwohner von Britannien, wenn die Sachsen
kommen. So entscheidet er sich letztlich Rom und seiner Illusion den Rücken zu kehren und für

64
sich selbst und sein Volk zu kämpfen. Nachdem er den Respekt der Pikten gewonnen hat, wird er
auch König über das vereinte Volk. (vgl. ebd. 219-223)

Der Charakter von Guinevere, wie oben schon kurz


angeschnitten wurde, porträtiert einen Dux Femina
Bellorum nach Maria Isabel García-Martinez. Sie
hat einen aktiven Part im Film und kämpft später
Seite an Seite mit ihrem Volk, Arthur/Atorius und
den Rittern der Tafelrunde. „Her astonishing
bravery, strength and fighting power which surpass
the male warriors’ are highlighted in order to fit the
ideal of a Celtic Britain whose pagan gods and
rituals, close to nature and the mother earth, will
free the land from foreign invaders.“ (García-
Martinez, 2007: 163)

Abbildung 7: Keira Knightley als Guinevere in KING ARTHUR (2004)

So verkörpert Guinevere auch die Vorstellung einer keltischen Frau, die sich nicht hinter den
Männern ihres Stammes zu verstecken braucht. Dies steht im Kontrast zu anderen
Interpretationen der Artus-Sage, in der Guinevere als höfische Dame, die sich nicht selbst
beschützen kann beschrieben wird. García-Martinez erklärt, dass die Frau im Film die Initiative
ergreift, um Arthur/Atorius auf sich aufmerksam zu machen. Schließlich ist die Lage im Land
nicht absehbar und instabil, was Guinevere dazu veranlasst, nach einer Carpe Diem Philosophie
zu leben. So denkt sie nicht unbedingt an den nächsten Tag und die möglichen Ereignisse. Die
feministische Darstellung von Guinevere endet allerdings nach der großen Schlacht mit ihrer
Hochzeit mit Arthur/Atorius, „demanded by the legend, but explicitely unnecessary in a film that
has taken so much liberty in its handling of the Arthurian myth.“ (ebd. 163). Diese Hochzeitszene
mit der Frau in weiß bedeutet, dass Guinevere nur durch ihre Vermählung mit König
Arthur/Atorius eine richtige Frau wird. Die Hochzeit ist die Belohung für Taten und ihren Mut
als Kämpferin. Aber diese Szene nimmt Guinevere ihre vorherige wilde Unabhängigkeit und
Freiheit. (vgl. ebd. 163) So trifft der Film den Zeitgeist der heutigen Gesellschaft und spiegelt die

65
Stellung der Frau wider: Einerseits darf eine Frau unabhängig sein, allerdings ist sie andererseits
ohne die Heirat keine richtige Frau, denn nur dadurch wird sie ein vollständiges Mitglied der
Gesellschaft und erfüllt die ihr zugedachte Rolle.

Hierzu möchte ich allerdings noch anführen, dass sich auf der Director’s Cut DVD (von
Touchstone Home Entertainment, erschienen 2005) von KING ARTHUR ein alternatives Ende
befindet, in dem der Film mit dem Begräbnis von Lancelot und nicht mit einer Hochzeit endet.
Hier werden die Themen des Schicksals, die den Film beherrschen sollen, wieder aufgegriffen:
Beherrsche dein Schicksal, ein Schicksal wird nicht geteilt und man wird seinen Weg gehen. Dies
wird deutlich, wenn Merlin erklärt: „No fate is shared!“ und wenn Bors zu seinen Kameraden
sagt: „They chose their own fate, as did we all.“ Dass man seinen (vorbestimmten) Weg gehen
wird, wird ausgedrückt als der kleine Lucan das Schwert von Dagonet aus dem Boden ziehen will
und Arthur/Atorius zum ihm sagt: „One day you’ll be strong enough and you’ll come back for
it.“ Der König selbst hat in einer Szene früher im Film das Schwert seines Vaters aus dessen
Grab gezogen, um seine Mutter zu befreien, die in einem brennenden Haus eingesperrt war und
darin gestorben ist. Wenn die Zeit reif ist, und das Schicksal es will, wird der kleine Junge auch
das Schwert seines Idols aus dessen Grab ziehen können. Das alternative Ende trifft aber nicht
nur den Gesamtton des Films besser, man erkennt auch, dass sich zwischen Arthur/Atorius und
Guinevere Liebe entwickelt. Beim Hochzeitsende wirkt es hingegen so, dass es eine
zweckmäßige Hochzeit ist, um die Völker zu vereinen. Schließlich erklärt Merlin bei der
Hochzeit „Arthur, Guinevere, our people are one, as you are.“ (Merlin in KING ARTHUR, 2004)
Schaltet man das Audiokommentar von Antoine Fuqua an, erfährt man, dass das alternative Ende
mit dem Begräbnis eigentlich als Ende für den Film gedacht war. Allerdings zeigte man den Film
einem Testpublikum, das sich ausdrücklich ein weniger bedrückendes Ende wünschte. Das
Publikum wollte eine Hochzeit und ein Happy End, damit man nicht so bedrückt aus dem Kino
gehen muss. Daher wurde für die Endfassung des Films das Hochzeitsende gedreht, das
eigentlich nicht zum Gesamtbild und -ton des Films passt, da es unter anderem den Charakter von
Guinevere schlussendlich umdreht. Man könnte aber auch sagen, dass sich das Testpublikum
unterbewusst die Hochzeit wünschte, da sie einfach in die Legende von König Artus gehört, wie
auch García-Martinez in ihrem Artikel anmerkte. Dazu passt auch eine Aussage Lancelots, der im
Film eine Erzählstimme besitzt: „And as for the knights who gave their lives, their deaths were
cause for neither mourning nor sadness. For they will live forever, their names and deeds handed

66
down from father to son, mother to daughter, in the legends of King Arthur and his knights.“
(Lancelot in KING ARTHUR, 2004) Dass viele der Ritter sterben gehört ebenso in die Legende,
wie die Hochzeit von Artus und Guinevere. So ist die Geschichte weitergegeben worden und so
soll sie auch in Zukunft erzählt werden, damit die Charaktere ewig leben können.

Fuquas Film beschäftigt sich aber nicht nur mit den historischen Hintergründen einer Geschichte
und der Rolle der Frau sondern auch mit dem Thema Freiheit und freier Wille. Arthur/Atorius ist
ein zweischichtiger Charakter, wie bereits oben erwähnt. Durch seine Erziehung glaubt er an ein
Rom und eine Welt, die es nicht in der Form gibt. Er wurde gelehrt, dass jeder Mensch frei über
sein Leben, sein Schicksal und seinen Willen verfügen kann und dass man nicht der Geburt
wegen ein bestimmtes Leben führen muss. Andererseits aber, befolgt Arthur/Atorius ohne zu
Hinterfragen die Befehle von Rom und zeigt somit hierbei auch keinen freien Willen, zumindest
bis ihm die Augen geöffnet werden und er erkennt, dass er für etwas gekämpft hat, das es nicht
gibt. Als Arthur/Atorius erfährt, dass es diese Welt, an die er glaubt, nicht existiert, scheint er
eine solche Welt erschaffen zu wollen, indem er in der Folge das Volk von Britannien beschützen
und ihm helfen will. So zeigt er, dass es sich lohnt für etwas Gutes zu kämpfen, denn schließlich
erfüllt sich der König zum Schluss seinen Traum von einer idealen Gesellschaft, wie er es gelehrt
wurde. Arthur/Atorius erklärt: “Let every man, woman, child bear witness, that from this day all
Britons will be united in one common cause.” (Arthur/Atorius in KING ARTHUR, 2004) So vereint
Arthur/Atorius das Volk und alle können in Frieden und Freiheit zusammen leben, weil er eine
andere Weltanschauung hat, als die alles beherrschen wollenden Römer. So ist er ein
willkommener König für alle, die in Britannien leben. Auch Lancelot erklärt durch seine
Erzählstimme, dass die Schlacht am Badon Hill einem größeren Ziel diente, als nur das Land zu
verteidigen: „For two hundred years knights had fought and died for a land not their own, but on
that day on Badon Hill all who fought put their lifes in service of a greater cause: freedom.”
(Lancelot in KING ARTHUR, 2004)

So beschäftigt sich der Film zum einen mit der Geschichte und der Glaubwürdigkeit der
historischen Quellen und zum anderen mit der Glaubwürdigkeit eines medialen Produktes, das
angibt sich auf historische Quellen zu berufen. Des Weiteren ist KING ARTHUR eine
Charakterstudie und behandelt das Zusammenspiel von Mann und Frau in der Geschichte ebenso
wie in der heutigen Gesellschaft. Die Rolle der Frau wurde so umgeschrieben, dass sie auch zur

67
heutigen Gesellschaft passt. Ein weiterer Punkt ist, dass das Publikum erkennt, dass man auch
den Mut haben muss, den eigenen Vorstellungen und Idealen den Rücken zu kehren, wenn man
erkennt, dass sie falsch sind. In der Folge zeigt KING ARTHUR noch, dass es sich lohnt für eine
Sache einzustehen und dafür zu kämpfen, denn nur so kann man sich seine Träume erfüllen. In
diesem Sinn behandelt KING ARTHUR also auch unbewusste und kollektive Bedeutungen, die die
Gesellschaft von einem semiotischen Prozess ableitet. Zusätzlich dazu wird der Mythos von
König Artus durch die mediale Verarbeitung zu einem Mythos zweiter Ordnung gemacht, da die
Geschichte dazu benutzt wird, um auf wichtige gesellschaftliche Themen aufmerksam zu
machen. In der Diskussion über den Film wird dann auch über diese Themen und somit
unbewusste und kollektive Bedeutungen der Gesellschaft diskutiert. So verkörpert KING ARTHUR
einen Alltagsmythos nach Roland Barthes und wird erneut mystifiziert.

5.4 Monty Python - Die Ritter der Kokosnuss

Artus: I am your king.


Frau: Well I didn't vote for you.
Artus: You don't vote for kings.
Frau: Well how'd you become king then?
Artus: The Lady of the Lake, her arm clad in the purest shimmering samite held aloft Excalibur
from the bosom of the water, signifying by divine providence that I, Arthur, was to carry
Excalibur. THAT is why I am your king.
Dennis: Listen, strange women lyin' in ponds distributin' swords is no basis for a system of
government. Supreme executive power derives from a mandate from the masses, not from some
farcical aquatic ceremony.

(Gespräch zwischen Artus, einer Frau und Dennis in Terry Gilliam’s und Terry Jones’ MONTY
PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS, 1975)

Die britische Komödiengruppe Monty Python bestehend aus Graham Chapman, John Cleese,
Terry Gilliam, Eric Idle, Terry Jones und Michael Palin hat im Film MONTY PYTHON – DIE
RITTER DER KOKOSNUSS den Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral persifliert und
gezeigt, dass der Mythos auch lustig sein kann. Beispielsweise scheinen die Ritter nicht die

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schlauesten zu sein und finden praktisch keine Beachtung beim Volk. Des Weiteren reiten König
Artus und die Ritter nicht, sondern sie tun nur so, denn sie besitzen gar keine Pferde. Stattdessen
erzeugen ihre Diener das Geräusch des Hufklapperns indem sie Kokosnüsse aufeinander
schlagen. Zusätzlich wird die Komik des Films durch gezeichnete Animationen unterstützt, die
die teilweise unzusammenhängenden Szenen verbinden. Weitere komische Elemente sind
Sprünge in die Gegenwart, die die Ritter einzuholen scheint, oder der Vorspann mit pseudo-
schwedischen Untertiteln, die eine Geschichte erzählen und das Publikum animieren soll, Urlaub
in Schweden zu machen. Gleich zu Beginn des Films erhält das Publikum den Eindruck
wortwörtlich im falschen Film zu sein, da ein schwarz-weiß Film gestartet wird. Darauf folgt eine
Entschuldigung, dass die falsche Filmrolle eingelegt wurde. Aufgrund dessen ist auch klar, dass
es gravierende Unterschiede zwischen dem Film und Malorys Le Morte d’Arthur gibt. Auffällig
ist etwa, dass im Film keine der in anderen Versionen wichtigen Frauen, also etwa Guinevere
oder Morgan Le Fay, eine Rolle spielen. Auch viele andere Charaktere, wie Merlin, Mordred
oder der Gralsritter Perceval, finden keine Beachtung. Zu Beginn des Films begibt sich Artus auf
die Suche nach Rittern für seinen Hof Camelot. Diese Suche gestaltet sich aber als schwierig,
denn niemand scheint sich für ihn zu interessieren geschweige denn zu wissen, dass es einen
neuen König für das Volk der Britannier gibt. Schließlich finden sich doch ein paar Ritter,
nämlich Sir Bedivere, Sir Lancelot, Sir Galahad, Sir Bors und Sir Robin sowie noch ein Mann,
der im Film nicht erscheint. Sie begeben sich nach Camelot, das eigentlich nur eine Attrappe ist,
beschließen aber, als sie ankommen, doch nicht dort zu hausen, da der Fernsehempfang zu
schlecht sei. Danach bekommen sie von Gott den Auftrag den Heiligen Gral zu suchen. Auf der
Suche, die den Rahmen für den Film bildet, trennen sich die Ritter und ihre Geschichten werden
erzählt, beispielsweise, dass Sir Lancelot eine Hochzeit stürmt und ein Blutbad anrichtet, weil er
glaubt eine holde Maid vor der Zwangsehe retten zu müssen. Es stellt sich aber heraus, dass es
sich um den Bräutigam handelt, der um Hilfe gebeten hat. Natürlich gibt es für die Ritter einige
für das Publikum komische Rückschläge auf der Suche nach dem Heiligen Gral und zum Ende
des Films, kurz bevor Artus mit seinem Heer die französische Burg stürmen will, auf der sich der
Gral befindet, wird Artus von der Polizei festgenommen. Grund dafür ist, dass während eines
Sprunges in die Gegenwart ein Historiker von einem Ritter getötet wurde und die Polizei seitdem
nach dem Mörder sucht. Artus wird von der Frau des Historikers, die den Mord beobachtet hat,
eindeutig als der Täter identifiziert, und so endet der Film. Dies steht im krassen Gegensatz zu

69
Malorys Le Morte d’Arthur, wo die Ritter glorifiziert werden und diese den Gral schließlich doch
finden.

Kevin J. Harty beschreibt, dass mit MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS „Arthurian
Cinema was in the 1970s moving from the sublime to the ridiculous. There is, however, more to
the Monty Python film than slapstick.” (Harty, 1999a: 23) Schließlich parodiert der Film laut
Harty nicht den Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral an sich sondern bisherige
Verfilmungen und andere mediale Verarbeitungen des Stoffes:

„Against carefulley chosen authentic backdrops of castles and their ruins,


the film presents what may at first only appear to be the broad satire and
farce that became the Monty Python trademark: holy hand grenades, killer
rabbits, fear inducing shrubbery, a castle of maidens begging for X-rated
punishment for the sin of lighting a Grail-shaped beacon in the tower, and
so on, but there is clearly method to madness here. The film abounds in
conventions from and threads of the Arthurian legend, as well as in
takeoffs on Hollywoodesque swashbuckling adventures, spectacles, and
fights to the death – and just a note or two of Bresson’s [Anm.:
LANCELOT DU LAC (1974)] doom and gloom sent up, of course,
comically.” (ebd.)

MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS ist daher eines der wenigen Medienbeispiele, die
den Mythos von König Artus auf eine komische Art beschreiben. Allerdings soll nicht der
Mythos sondern nur die anderen ernsten Medienbeispiele persifliert werden. Beispiele für diese
Persiflage findet man in den Dialogen, wie Richard H. Osberg und Michael E. Crow feststellen.
Sie erklären, dass der folgende Dialog eine Parodie auf den Film A CONNECTICUT YANKEE IN

KING ARTHUR’S COURT aus dem Jahre 1949 ist:

Artus: I am your king.


Frau: Well I didn't vote for you.
Artus: You don't vote for kings.
Frau: Well how'd you become king then?
Artus: The Lady of the Lake, her arm clad in the purest shimmering
samite held aloft Excalibur from the bosom of the water, signifying by
divine providence that I, Arthur, was to carry Excalibur. THAT is why I
am your king.
Dennis: Listen, strange women lyin' in ponds distributin' swords is no
basis for a system of government. Supreme executive power derives from
a mandate from the masses, not from some farcical aquatic ceremony.

70
Artus: Be quiet!
Dennis: Well you can’t expect to wield supreme executive power just
‘cause some watery tart threw a sword at you.
Artus: Shut up!
Dennis: I mean, if I went around saying I was an emperor just because
some moistened bind had lobbed a scimitar at me, they’d put me away!
(Artus, Dennis und Frau in MONTY PYTHON – DIE RITTER DER
KOKOSNUSS, 1975)

Osberg und Crow erklären, dass Dennis verbale Angriffe auf die Herrin vom See auch Angriffe
auf Artus’ Autorität sind und diese untergraben. Dies liegt zum einen daran, dass die Sprache, die
Artus benutzt, um die Herrin vom See zu beschreiben, durch Dennis entmystifiziert wird. Des
Weiteren erklärt Dennis, dass „the Lady of the Lake’s favor may be as easy as her virtue.“
(Osberg/Crow, 1999: 41) Somit würde Artus Anrecht auf den Königsthron augrund eines
Gefallens und Vetternwirtschaft basieren und nicht auf einer göttlichen Anordnung, was Artus
nicht hören will. Immerhin wird er dadurch in seiner Ehre verletzt und seine Autorität
untergraben. Auch Maureen Fries beschäftigt sich mit dieser Szene, denn hier wird die Herrin
vom See beschrieben, die danach im Film nicht mehr vorkommt. Im Allgemeinen erklärt sie, dass
es sie nicht überrascht, dass die wichtige Rolle der Herrin vom See ebenso wie Morgan Le Fay
fast völlig außer Acht gelassen wird. Schließlich werden im Monty Python Film Frauen, wenn sie
vorkommen, nicht sehr vorteilhaft dargestellt: „carrot-nosed suppositious witches or Grail-
deceiving, sex-starved suppositious virgins, created and performed by a troupe of wacky male
cross-dressers and frequent female impersonators for whom any representation of the Fay proper
might have threatened an already problematic tone?“ (Fries, 1999: 72) Allerdings, so Fries, ist der
Film zumindest nicht sexistisch, wie einige andere Artus-Verfilmungen, denn auch das Rittertum,
der Heilige Gral, Romantik, Heldenmut und grässliche Kreaturen werden persifliert. (vgl. ebd.)
Ein weiteres Beispiel für die Parodie von A CONNECTICUT YANKEE IN KING ARTHUR’S COURT ist,
dass Sir Bedivere im Monty Python Film sein Helmvisier immer öffnet, wenn er spricht, auch
wenn dieses nichts zur (Un)Verständlichkeit seiner Sprache beiträgt. In A CONNECTICUT YANKEE
IN KING ARTHUR’S COURT wird Sir Sagramore vom Yankee Hank Martin nicht verstanden
solange dieser mit geschlossenem Visier spricht. Daher ist Sir Bediveres Öffnen des Visiers „a
sybolic equivalent of the ways in which pseudo-medieval language is mediated by idiomatic
modernisms.“ (Osberg/Crow, 1999: 42) Deutlich wird die Parodie des Films auch in der
Gebrauchsanweisung der Heiligen Handgranate, in der die pseudomittelalterliche Sprache mit
Ausdrücken der moderner Umgangsprache gespickt ist:
71
And the Lord spake, saying „First shalt thou take out the Holy Pin. Then,
shalt thou count to three, no more, no less. Three shalt be the number thou
shalt count, and the number of counting shalt be three. Four shalt thou not
count, nor either count thou two, excepting that thou then proceed to
three. Five is right out. Once the number three, being the third number, be
reached, then lobbest thou thy Holy Hand Grenade of Antioch toward thy
foe, who, being naughty in my sight, shall snuff it.” (Priester in MONTY
PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS, 1975)

Osberg und Crow erläutern anhand dieses Beispiels, dass die mittelalterliche und formale
Sprache im Umfeld der umgangssprachlichen Ausdrücke, wie „Five is right out“, „naughty“ und
„snuffy“, noch lächerlicher wirkt, obwohl sie korrekt gebraucht wird. Grund für die
Lächerlichkeit der Sprache dürfte aber auch sein, dass gewisse Ausdrücke, wie etwa thou, thy,
thee und ye in MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS fast übertrieben oft benutzt
werden, wodurch das Publikum den Eindruck bekommt, dass diese Übertreibung ein Mittel der
Komik des Film und somit ein Stilmittel ist. Sprache wird, so Osberg und Crow, allerdings nicht
nur als Stilmittel sondern auch als Symbol benutzt. Als Beispiele dafür nennen die Autoren etwa
den Schriftzug „England 932 A.D.“ zu Beginn des Films, der wiederum eine Parodie auf A
CONNECTICUT YANKEE IN KING ARTHUR’S COURT darstellt, da dort die gleiche Schriftart für den
Schriftzug „England 1912“ verwendet wird, und die animierten Parodien auf die großen
historischen Initialen, in denen beispielsweise die Mönche von den Buchstaben runtergespült
werden. Ein weiteres Beispiel für die symbolische Nutzung von Sprache ist die aramäische
Inschrift auf einer Felswand, die den Weg zum Heiligen Gral erklären soll. Zum Ende der
Inschrift wird auf das „Castle of Aaaaaaah“ hingewiesen, wodurch zwischen Schrift und
gesprochene Sprache vermittelt wird und die beiden verbunden werden, denn die Ritter
diskutieren heftig darüber: „Look, if he was dying, he wouldn’t bother to carve ‚Aaaaaaaah’.
He’d just say it!“ (Ritter in MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS, 1975) Die Bedeutung
des „Castle of Aaaaaaah“ wird erst zum Ende des Films klar, wo sich das Schloss als „The Castle
Aggh“ herausstellt. Hier befindet sich aber anstelle des Grals ein Franzose, der die Sprache bis
ins Unverständliche hin biegt. Um aber der allgemeinen Bedeutungsverwirrung,
Unverständlichkeit und Zusammenhanglosigkeit entgegenzuwirken wird der Film mit Hilfe des
„book of the film“, das auch Kapitelüberschriften enthält, erzählt. Osberg und Crow erklären,
dass dies an die Idee, dass allen Filmen ein Buch oder zumindest die Idee eines Buches zugrunde
liegt, angelehnt ist. Ob dies nun das Skript des Films oder ein Geschichtsbuch ist, ist egal.
72
Sprache dient im Film aber nicht nur der Komik sondern auch der Rekonstruierung der
mittelalterlichen Welt. Sprache trägt dabei eine aktive Rolle, denn sie beschreibt nicht nur die
Handlung, sondern nimmt auch an ihr teil. Osberg und Crow erklären, dass heute Taten mehr
sagen als tausend Worte und dadurch wird uns der performative Charakter der Sprache nicht
mehr deutlich. Im Mittelalter und daher in Filmen über das Mittelalter wird dem entgegengewirkt
denn „The medieval world of Arthurian Film is one bound by the character’s given word“
(Osberg/Crow, 1999: 50) Als Beispiel dafür nennen sie die Szene in der Lancelots Diener
Concorde von einem Pfeil getroffen wird, an dem eine Nachricht hängt:

Lancelot: At last, a call, a cry of distress! This could be the sign that leads
us to the Holy Grail. Brave, brave Concorde! You shal lnot have died in
vain!
Concorde: Uh, I’m, I’m not quite dead, sir.
Lancelot: Well, you shall not have been mortally wounded in vain!
Concorde: Uh, I, I think, uh. I could pull through, sir.
Lancelot: Oh, I see.
Concorde: Actually, I think I’m all right to come with you –
Lancelot: No, no, sweet Concorde! Stay here! I will send you help as
soon as I have accomplished a daring and heroic rescue in my own
particular…(sigh)
Concorde: Idiom, sir.
Lancelot: Idiom!
(Lancelot und Concorde in MONTY PYTHON – DIE RITTER DER
KOKOSNUSS, 1975)

Dies bedeutet für Lancelot, dass er sich seinen Weg durch die Hochzeitsgäste bahnt und einen
nach dem anderen verletzt oder tötet, nur um herauszufinden, dass das vermeintliche Fräulein,
das er retten will, ein junger Mann ist, „who desires to turn the film into musical comedy“
(Osberg/Crow, 1999: 49) Lancelot erklärt sein Verhalten mit: „I think when I’m in this idiom, I
sometimes get a bit, uh, sort of carried away“ (Lancelot in MONTY PYTHON – DIE RITTER DER

KOKOSNUSS, 1975) Darauf will der König des Sumpflandes im Glauben, dass sowohl sein Sohn
als auch der Brautvater gestorben sind, die Braut mit Sir Lancelot vermählen und bezeichnet
diese Verbindung erst als „merger“, was laut Osberg und Crow, die Eheschließungen im
Mittelalter treffend bezeichnet, da diese eher politischer und finanzieller Natur waren als
romantischer. Er verbessert sich aber und bezeichnet die Eheschließung als „union“, um der
Zeremonie doch noch die Romantik beizufügen, von der man annimmt, dass das Publikum sie
mit dem mittelalterlichen Ritterroman verbindet. Somit erläutern die Autoren, dass auch

73
Handlung eine Art Sprache ist und daher hat sie in Filmen über das Mittelalter und/oder König
Artus auch noch Macht und performativen Charakter. (vgl. Osberg/Crow, 1999: 39-53) Alles in
allem erkennt man aber, dass die Sprache im Monty Python Film sowohl als Stilmittel als auch
als Symbol dem Zweck der Komik und der Persiflage dient, denn auch die mittelalterliche Welt
wird hier durch die vermutliche Realitätsnähe im Gegensatz zur romantischen Vorstellung, die
dem Publikum in Hollywoodfilmen vorgestellt wird, parodiert.

Abbildung 8: Die Komödiengruppe Monty Python als Ritter der Tafelrunde in MONTY PYTHON – DIE RITTER
DER KOKOSNUSS (1975)

MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS ist also eindeutig eine Persiflage auf die
Hollywood-Versionen der Artus-Sage und deren Darstellung des Mittelalters. Allerdings
verkörpert der Film auch einen Alltagsmythos nach Roland Barthes. Der Mythos von König
Artus und dem Heiligen Gral wird durch die mediale Verarbeitung zu einem Mythos zweiter
Ordnung, der von den Medien instrumentalisiert wird. Das Publikum wird dazu angeregt, sich
mit der Darstellung des Mittelalters und der Artus-Sage in bisherigen Medienbeispielen zu
beschäftigen und so werden kollektive und unbewusste Bedeutungen von einem semiotischen
Prozess abgeleitet. In der Folge wird der Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral durch
dessen Behandlung in MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS erneut zu einem Mythos
und einem Alltagsmythos nach Roland Barthes.

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5.5 Excalibur

Arthur: Merlin, where are you going?


Merlin: Where do you think? You have a kingdom to rule.
Arthur: But how? I don't know how.
Merlin: You knew how to draw the sword from the stone.
Arthur: That was easy.
Merlin: Was it? I couldn't have done it.

(Gespräch zwischen Arthur und Merlin in John Boormans EXCALIBUR, 1981)

John Boormans Film EXCALIBUR soll eine Verfilmung von Malorys Le Morte d’Arthur sein.
Daher beschäftigt sich der Film auch mit der Lage des Landes bevor König Uther und König
Arthur13 es regierten, die durch das sagenhafte Schwert Excalibur die Macht erhielten Könige zu
sein und Britannien zu vereinen. Excalibur ist zentral in der Geschichte, denn es begleitet die
Hauptcharaktere in guten und in schwierigen Zeiten. Das Schwert wurde schon vor langer Zeit
geschmiedet und ist somit ein besonderes und machtvolles Schwert. Erst erhält es Merlin von der
Herrin vom See und gibt es an Uther weiter, der Excalibur vor seinem Tod in einen Stein stoßt.
Derjenige, der es wieder heraus zieht wird der nächste König. Allerdings kann es nur der
rechtmäßige Erbe des Throns schaffen, Excalibur aus dem Stein zu ziehen und dies ist Arthur.
Mit Excalibur an seiner Seite erschafft der König ein ideales Königreich. Allerdings gibt es, wie
Merlin im Film feststellt, das Gute nicht ohne das Böse und so verliert Arthur seine Frau
Guinevere an seinen besten Ritter Lancelot während er selbst von seiner Schwester Morgana
getäuscht wird und mit ihr einen Sohn zeugt. In der Folge verliert der König auch Excalibur.
Danach triumphiert das Böse über das Gute und die Situation des Königreichs verschlechtert sich
zunehmend. Daher schickt Arthur seine Ritter aus um nach dem zu suchen, was sie verloren
haben: den Heiligen Gral. Perceval, der Gralsritter, ist der Einzige, der das Geheimnis
entschlüsseln kann und damit dem König wieder Kraft gibt, um Excalibur zu finden und für sich
und sein Königreich zu kämpfen. So ist Excalibur eng mit dem Schicksal des Königs verbunden.
Wie Kevin J. Harty feststellt ist Merlin, ähnlich dem Schwert, ein zentraler Charakter im Film, da

13
Wie in KING ARTHUR wird der legendäre König auch in EXCALIBUR in der deutschen Übersetzung Arthur genannt
und nicht Artus.

75
er die Vergangenheit, die Zukunft und die Gegenwart verbindet. Ebenso drehen sich die
Ereignisse im Film um die drei Frauen Igrayne, Guinevere und Morgana und deren Beziehungen
zu den drei Männern Arthur, Lancelot und Merlin. (vgl. Harty, 1999a:26)

Auch wenn Boorman, wie Harty erläutert, die Geschichte von König Artus nach Malory erzählen
wollte ging er doch sehr frei mit der Quelle um (vgl. ebd.). Es gibt teilweise gravierende
Unterschiede zu Le Morte d’Arthur, wie etwa der Charakter von Arthurs Schwester Morgana, die
die Rolle der Morgawse bei Malory übernimmt während letztere im Film überhaupt nicht
vorkommt. Morganas Sohn Mordred wird von ihr selbst großgezogen mit dem Wunsch ihrem
Bruder zu schaden. Arthur lernt ihn erst kennen, nachdem Perceval ihm durch das Geheimnis des
Grals wieder Kraft gegeben hat. Gleich darauf beginnt der Krieg gegen Mordred, der den Thron
haben will. Bei Malory kennt Arthur seinen Sohn schon früher, denn dieser lebt sogar am Hof
und geht mit seinen Brüdern ein und aus. Es gibt auch Unterschiede zur Darstellung des Heiligen
Grals, der in Le Morte d’Arthur für christliche Werte steht. In EXCALIBUR hat der Gral eine ganz
andere Bedeutung, denn er steht für die Erkenntnis, dass das Land und der König eins sind, und
weist somit auf keltische Fruchtbarkeitsrituale hin, wie Harty feststellt (vgl. ebd.) Schließlich
muss der König nach den keltischen Ritualen, die in vielen Erzählungen der Artus-Sage zentral
sind, mit seinem Nachfolger, in diesem Fall Mordred, um den Thron kämpfen. Da dies nicht zum
richtigen Zeitpunkt geschieht, verendet das Land und das Volk ist unzufrieden. Erst als Arthur
wieder daran erinnert wird, erkennt der König, dass er im Kampf beweisen muss, dass er noch
immer der rechtmäßige und vor allem bessere König ist als sein Sohn Mordred. Nach dieser
Erkenntnis beginnt das Land wieder aufzublühen. Allerdings ist die Zeit der keltischen
Naturreligion vorbei und die Zeit des Christentums, dem eigentlich auch Arthur angehört,
gekommen. So sterben die beiden Kontrahenten und das Land muss auf einen König warten.
Auch Excalibur, das einen Teil der alten Religion repräsentiert, wird dem Land zurückgegeben,
damit der zukünftige König es wieder erhält.

76
Abbildung 9: Nigel Terry als König Arthur in EXCALIBUR (1981)

In einem Punkt, nämlich der Sprache, erkennt man allerdings, dass Boormans Film auf einem
mittelalterlichen Manuskript der Artus-Sage basiert. Durch die Verwendung von altmodischen
Wörtern oder Redewendungen soll das Publikum an den Stil des Mittelalters erinnert werden. Ein
Beispiel für diese Archaismen in EXCALIBUR wäre etwa folgende Aussage von Uriens über
Merlin: „He’s trying to foist a fatherless boy upon us.“ (Uriens in EXCALIBUR, 1981, Anm.:
meine Hervorhebung in Kursivschrift.) Auch grammatikalisch wird die Sprache verändert, um
der Vorlage von Malory besser gerecht zu werden. Wie Richard H. Osberg und Michael E. Crow
in ihrem Artikel zur Sprache in Verfilmungen der Artus-Sage anmerken erinnert das
Zusammenhängen von Sätzen mit der Konjunktion „und“ an eine „ceremonial, almost liturgical,
dignity“ (Osberg/Crow, 1999: 44). Aber auch das Weglassen einer solchen Konjunktion erzeugt
eine formale Sprache, die an das Mittelalter und an die literarische Vorlage von EXCALIBUR
erinnert. Ein Beispiel hierfür wäre eine Aussage Arthurs gegenüber Lancelot: „You are that and
much more. You are its [Anm.: der Tafelrunde] greatest knight. You are what is best in men.“
(Arthur in EXCALIBUR, 1981) Osberg und Crow erklären somit, dass gewisse sprachliche
Taktiken, wie eben das Hinzufügen und das Weglassen von Konjunktionen der Sprache Größe,
Würde und Formalität verleihen und daher Sprache ein Stilmittel ist. Sprache hat aber auch einen

77
performativen Charakter, was sich in EXCALIBUR vor allem in der Beschreibung der Magie zeigt.
Merlins Zauberspruch „Anal nafrak urvas bethad dachiel dienvee“ in der alten, mehr oder
weniger toten, Sprache ebenso wie Aussagen, dass „the spririts of wood and stream grow silent“
(Merlin in EXCALIBUR, 1981) zeigen, dass die Magie verschwindet. Laut Osberg und Crow zeigt
Boorman, dass die Menschen früher im Einklang mit der Natur lebten und dass Wörter im
direkten Zusammenhang mit der Welt standen. So haben dann Zaubersprüche die Magie in der
Welt entfacht. Im Film symbolisiert Merlins unverständlicher und unübersetzbarer - da in einer
toten Sprache – Zauberspruch so auch den Verlust der Magie. In EXCALIBUR wird die Sprache
dazu benutzt, zu verdeutlichen, dass es eine Verbindung zwischen Welt und Wort gibt. Dies wird
deutlich, wenn man beachtet, dass vor allem Merlin immer Gegensätze anspricht: „Here, you
enter the coils of the Dragon. Here, my power was born. Here, all things are possible and all
things meet their opposites.” (Merlin in EXCALIBUR, 1981) Schließlich verkörpert der Drache
alles, wie Merlin Arthur erklärt. „It is everywhere. It is everything. Its scales glisten in the bark of
trees. Its roar is heard in the wind.” (Merlin in EXCALIBUR, 1981) Osberg und Crow sehen darin
die Erklärung, dass der Drache, der Bezeichner, und die Welt, das Bezeichnete, eine Einheit
bilden, das Gleiche bedeuten und nicht austauschbar sind. In diese Einheit fällt auch das Wissen,
dass Arthur und das Land eins sind. Die Konsequenz daraus wird laut Osberg und Crow
verdeutlicht, wenn Merlin erklärt, dass die wichtigste Tugend eines Ritters Wahrhaftigkeit ist: „It
must be truth, above all. When a man lies, he murders some part of the world.” (Merlin in
EXCALIBUR, 1981) So müssen Welt und Wort im Einklang miteinander sein, denn der falsche
Gebrauch der Sprache zerstört die Realität. (vgl. Osberg/Crow, 1999: 43-57) Sprache ist also
nicht nur ein Stilmittel sondern im Film EXCALIBUR vor allem ein Motiv, da durch die
Behandlung der Sprache und ihres performativen Charakters auf verschiedenste Themen und
somit auf kollektive und unbewusste Bedeutungen hingewiesen wird.

Ein Thema im Film, das nicht auf die Sprache zurückzuführen ist, ist der Charakter von Morgana
und somit die Behandlung der Frauen in der Artus-Sage. Wie Maureen Fries anmerkt ist
Boormans Morgana in Sachen Gender vorurteilsbehaftet. Hier, wie in vielen Medienprodukten
zur Artus-Sage, personifiziert Morgana alles Böse und kämpft gegen die männliche Welt, die die
dominierende und, vor allem für sie, eigentlich feindliche Welt ist. Fries erklärt, dass Boorman
die Charaktere Morgan Le Fay und Morgawse, die in Malory die Mutter von Mordred ist,
verschmolzen hat um sie als Hauptbedrohung für Camelot zu etablieren und der Figur auch die

78
Macht der Magie wiederzugeben, die sie ursprünglich hatte. Des Weiteren gibt Boorman
Morgana auch einen Grund für ihre Rachegelüste gegenüber Arthur. Morgana ist nämlich „never
a free observer but a captive by what she sees (or mis-sees): herself a picture, she at the same
time becomes the object of sight for the gaze of the filmgoer.“ (Fries, 1999: 76)

Abbildung 10: Helen Mirren als Morgana und Nicol Williamson als Merlin in EXCALIBUR (1981)

Das erste, das das Publikum von Morgana sieht, ist das hypersensible Kind mit etwa sieben
Jahren. Sie hat die Gabe des Gesichts, das heißt, sie kann zum Beispiel spüren, wann ihr Vater
stirbt. Im Gegensatz zu ihrer Mutter, mit der sie sich eigentlich identifiziert hat, wird sie auch
nicht von Merlins Zauber, der Uther in Igraynes Gemahl verwandelt, getäuscht. Sie beobachtet
auch recht gefühllos, wie ihre Mutter praktisch von Uther vergewaltigt wird und wie der
Leichnam ihres Vaters an ihr vorbeigetragen wird. Von Uther wird Morgana auch nie akzeptiert,
da sie ihn, mit ihrem Blick und ihren Augen, zu sehr an ihren Vater erinnert. Ebenso wenig
scheint Merlin sich für das junge Mädchen zu interessieren, das ihn mit ihren Blicken und der
Frage, ob er Vater und Mutter für Arthur sei, als er das Baby mit sich nimmt, einzuschätzen
versucht. Als Merlin Morgana als Erwachsene bei Arthurs Hochzeit wieder sieht bemerkt er auch
als erstes ihre Augen. Sie weist auf die Ähnlichkeit von ihr und Merlin hin, da sie beide Magier
sind und bittet ihn sie zu unterrichten. Als die beiden sich umarmen, umarmen sich auch Arthur
und Guinevere, wie Fries erklärt „a visual counterpointing of two ultimately treasonous

79
relationships, a mirroring which will produce further tragic intersections.“ (ebd.) So bringt
Morgana etwa Gawain dazu, die ehebrecherische Liebesbeziehung zwischen Lancelot und
Guinevere vor der versammelten Tafelrunde anzuklagen. Gleich darauf siegt sie über Merlin, der
den Hof und die Welt verlassen wollte, zu der er nicht mehr gehört. Der Zauberer verspottet sie
wegen ihrer minderwertigen Fähigkeiten, und zeigt ihr seine Macht. Dann versagt er aber, als er
ihren Untergang beschwören will. Als Arthur Excalibur beim Anblick vom Liebespaar Lancelot
und Guinevere in den Boden rammt, sieht Merlin sich davon aufgespießt, was ihn verwirrt.
Daraufhin benutzt Morgana seine Macht um ihn in einem Eisklotz einzusperren. Sie schwört ihm
auch, dass sie einem Mann – Arthur - finden werde und mit ihm einen Gott – Mordred - zeugen
wird. Sie verführt Arthur mit demselben Zauber, durch den Igrayne sich Uther hingab, und
verwandelt sich in Guinevere. Mit der Geburt ihres Sohnes verenden Arthur und sein Königreich
langsam, worauf die Gralssuche folgt. Morgana erzieht ihren Sohn als den Rächer der Familie
und Schlächter der Tafelrunde, mit Ausnahme von Perceval, der als Gralsritter hervorgeht und
Arthur und dem Land wieder Leben spendet. Arthur im Gegenzug bekommt Excalibur wieder,
das Guinevere aufbewahrt hat, und ruft auch Merlin ins Leben zurück, der nun sein Werk
vollenden und Morgana zerstören soll. Merlin findet sie im Lager von Mordred. Sie hat all ihre
Magie dazu benutzt schön und jung zu bleiben und ist im Moment in ähnlicher Verfassung als
Merlin zu der Zeit als sie ihn bezwungen hat. Merlin bringt sie dann dazu, den Zauber zu
sprechen und so den Nebel heraufzubeschwören, der ihren und Mordreds Tod bedeutet. Als
Mordred zu ihr kommt, um sich über den Nebel zu beschweren, findet er sie in ihrer wahren
Gestalt, einer alten Hexe. Daraufhin erwürgt er sie. Fries erläutert:

„Morgana’s career in Boorman’s film thus ends as a distorted mirror to its


own beginning, by the bedside of a woman besieged by an aggressive
male; but this time, rather than the watching child she is herself the
powerless (and here old) woman, the object of violent male incursion
rather than the gazer upon it.” (ebd. 78-79)

So beginnt und endet die Darstellung von Morganas Charakter mit Gewalt ausgehend von einem
Mann. Morgana selbst beobachtet und wird beobachtet in einer böswilligen Absicht und mit
einem Verlangen, das nie gestillt wird und das der Illusion, die sie antreibt und die ihre einzige
Waffe gegen die männliche Welt und deren Gewalt ist, entspricht. (vgl. ebd. 74-79) Morgana
wird im Film EXCALIBUR von ihren eigenen Erfahrungen, die eigentlich allesamt schlechte
Erfahrungen sind, angetrieben, sich ein besseres Leben zu verschaffen. Ihr Verhalten wird schon
80
durch die ersten Szenen, die sich mit ihrer Kindheit beschäftigen, erklärt, denn dort liegt die
Wurzel ihres Wunsches nach Rache. Es scheint so als wäre ihr Verhalten durch die kindlichen
Erfahrungen so geprägt, dass sie selbst zur Gewalt greift, um ihre Ziele zu verwirklichen. So ist
sie für die anderen Charaktere im Film und das Publikum die Personifizierung von allem Bösen.
Ähnlich sieht das auch María Isabel García-Martinez. Sie erklärt, dass Morgana zum Ende des
Film für ihre Taten von zwei Männern, nämlich Mordred und Merlin, bestraft wird und dass
dadurch die maskuline Kraft wieder hergestellt wird. Zusätzlich ist es Morgana in EXCALIBUR
verwehrt, Arthurs Leiche mit den anderen Frauen nach Avalon zu bringen, wie es in anderen
Versionen der Fall ist. Stattdessen wird sie von Merlin und auch Mordred bestraft und erscheint
am Ende des Film als alte, hässliche, hexenähnliche Frau, die von ihrem Sohn nicht mehr erkannt
wird, was für sie den Tod bedeutet. García-Martinez erläutert, dass dem Publikum das Bild einer
Frau präsentiert wird, „whose power had depended on her seductive beauty as a ‘femme fatal,’
and who loses all her privileges once she is deprived of her main weapon, her beauty. Hence, the
most effective punishment on her is to turn her into an ugly old witch.“ (García-Martinez, 2007:
172)

Die Magie, die von Merlin und Morgana ausgeht spiegelt sich auch in der Kulisse und im
Zeitplan des Films wider, wie Muriel Whitaker erklärt: „Tennyson [Anm.: Alfred, Lord
Tennyson, Autor von Idylls of the King und eigentliche Inspiration für Boormans Film] provided
a mythic time scheme that links the progress of Arthur’s life to a seasonal cylce, making it
possible to use the world of nature as a source of mood and symbol.” (Whitaker, 2002: 45) So
steht beispielsweise der Winter für die grausame und barbarische Zeit, in die Arthur geboren
wurde. Auch die Umgebung wandelt sich nach Arthurs Geburt von einem dunkeln, gefährlichen
und heimtückischen Wald zu einem grünen mit Bannern behangenen Wald, wo er das Schwert
aus dem Stein zieht. Im blütenreichen Mai kommt Guinevere zu Arthur und Lancelot erscheint
im Sommer auf einer sonnenbeleuchteten Wiese. Mordred’s Zeit hingegen ist der Herbst „where
bare branches and brown bogs signify oppression and sterility.“ (ebd.) Auch der letzte Kampf
scheint zum Jahresende hin stattzufinden während die Schlussszene mit der Barke, die ins Licht
segelt, das neue Jahr zu bringen scheint. Whitaker dazu: „The cyclical time allows for the
possibility that Arthur will return.” (ebd.) Zusätzlich zu diesem Zeitplan ändert Boorman nach
Whitaker auch die Geschichte des Heiligen Grals in einen Fruchtbarkeitsmythos um, in dem die
Gesundheit des Herrschers das Land beeinflusst. Nachdem Perceval das Geheimnis des Grals –

81
eben dass das Land und der König eins sind – erfährt und dem König aus dem Gral „(both a
pagan vessel of healing and a Christian symbol of grace)“ (ebd.) zu trinken gibt, erholt sich
Arthur wieder und mit ihm das Land. Whitaker erklärt: „Boorman equates the ‘achievement’ of
the Grail with man’s repossession of ancient magic through a transcendent experience
independent of the materialistic world.” (ebd.) Der Film an sich basiert ästhetisch gesehen auf
Gegensätzen: Erst liegt das Reich, über das Arthur herrschen soll im Dunkeln, und während
seiner Herrschaft blüht es zu Hochglanz auf. Die alte Magie, die nach und nach verschwindet,
steht im Gegensatz zum aufkommenden Christentum. Die unberührte Natur verschwindet im
Angesicht des Aufkommens der Menschen. So sind auch Elemente wie Feuer und Wasser zentral
in der Darstellung des Films. Feuer steht für Gewalt und Magie und beschwört das Primitive, das
Zerstörerische und die Leidenschaft. Aber es wird auch apokalyptisch gebraucht: „Merlin’s
brightening staff symbolizes the light of civilization, a significance reinforced by the curtain of
white candles which illuminates the Round Table in Arhtur’s new hall and the bright knights who
sit down to feast wearing complete plate armour. The lights dim as the King’s power fades.”
(ebd. 46) Auch das Element Wasser soll bestimmte Assoziationen hervorrufen. Da es
Verbindungen zwischen Wasser und der übernatürlichen Welt gibt, wird Wasser im Film in
Szenen verwendet, die über das Weltliche hinausgehen. Arthur wird im Burggraben zum Ritter
geschlagen, was an eine Taufe erinnert. Guinevere reinigt Arthurs Wunden mit Wasser aus einer
reinen Quelle. Arthur, voll Zorn und Neid, und Lancelot kämpfen im Wasser, wo Excalibur
bricht und ihm neu geschmiedet wieder gegeben wird. Dies wird so interpretiert, dass die
Unterwasserwelt Arthurs Unterbewusstsein repräsentiert: „the sword is mended by the Lady of
the Lake to symbolize the King’s supression of anger, pride, and envy.” (ebd.) Auch Percevals
Sieg über Zweifel und Angst folgt eine Art Reinigung durch Wasser bevor er nackt im
Gralsschloss ankommt. Neben den Elementen gibt es noch zwei weitere zentrale Bilder in
EXCALIBUR, nämlich das Schwert Excalibur und den Drachen. Das Schwert verbindet viele
Gegensätze: „history and myth, reality and fantasy, water and rock. A gift from the underwater
world it is held in rock to await its destined possessor. Because it represents sovereignity, it must
be returned to the Otherworld when the King’s reign ends.” (ebd. 47) Des Weiteren spiegelt das
Schwert auch Arthurs moralische und spirituelle Lage wider, denn nachdem das Schwert in
einem Anfall von Rage zerbrochen wurde und Arthur das einsieht, wird es ihm wieder gegeben.
Allerdings verliert er es, als er aus Wut Excalibur in den Stein stoßt, als er Guinevere und
Lancelot zusammen sieht. Der Drache ist Arthurs und Uthers Bannersymbol aber ihm zugrunde

82
liegt das ältere Symbol des Drachens als ursprüngliche Quelle des Lebens. „It represents the spirit
of nature in all its forms – the snake descending from the branch, the owl, the centipede, the
lizard, the fire, the rock.” (ebd.) Von ihm haben auch Merlin und Morgana ihre Kraft, während
Arthur ihn fürchtet. So ist der Drache auch ein Symbol der Magie.(vgl. ebd. 44-47) Im Film
EXCALIBUR werden also durch die Elemente, wie auch durch Excalibur und den Drachen, die
Magie, das Leben, die spirituelle und übernatürliche Welt und verschiedene Emotionen
symbolisiert, die in der Artus-Sage zentral sind.

John Boormans EXCALIBUR spricht verschiedene Themen an, wie etwa dass der Mensch die
Verbundenheit zur Natur, der Welt und der Magie verloren hat. Dies zeigt sich vor allem in der
Gralsinterpretation in EXCALIBUR, da hier auf keltische Rituale hingewiesen wird. Die keltische
Naturreligion, wie oben erläutert, wird aber vom Christentum verdrängt. So schwindet auch die
Macht der Zauberer, wie Merlin und Morgana es sind, da auch dies ein Teil der Vorstellungen
der Naturreligion ist. Für diese ist aber wegen des Aufkommens des Christentums kein Platz
mehr in Britannien. Nichtsdestotrotz wird im Film für keine der Religionen Partei ergriffen.
Merlin, ein Anhänger der keltischen Religion, ist der einzige Berater von König Arthur, der selbst
ein christlicher König ist. So wird keine der beiden Religionen idealisiert sondern nur gezeigt,
dass in der keltischen Religion mehr Platz für Naturverbundenheit und Magie gibt. Dies ist auch
verständlich, wenn man berücksichtigt, dass die Artus-Erzählungen auf keltischen Mythen
basieren – wie auch in Kapitel 4 König Artus und der Heilige Gral im Wandel der Zeit erläutert
wurde – und danach christianisiert wurden. (vgl. Göttner-Abendroth, 1980: 197) Des Weiteren
beschäftigt sich der Film mit der Darstellung der Frau und der Personifizierung des Bösen und in
Verbindung damit auch mit Wünschen, Illusionen, Verlangen und Antriebskräften wie Rache.
John Boorman hat mit seinem Film EXCALIBUR den Artus-Mythos in einen Mythos zweiter
Ordnung verwandelt und ihn zu seinem Nutzen instrumentalisiert, um etwa auf den Verlust der
Naturverbundenheit in unserer Gesellschaft hinzuweisen. Es werden unbewusste und kollektive
Bedeutungen präsentiert und diskutiert und in der Diskussion über den Film kann sich auch die
Gesellschaft mit diesen beschäftigen und sie über ein semiotisches Schema ableiten. Daher
verkörpert John Boormans Film einen Alltagsmythos nach Roland Barthes, denn der Mythos von
König Artus und dem Heiligen Gral wurde erneut mystifiziert.

83
5.6 Die Hexe und der Zauberer

Floh/Artus: I'm in an awful pickle. I'm king!


Archimedes: He pulled the sword from the stone.
Merlin: Ha ha! Of course, of course. King Arthur and his Knights of the Round Table.
Floh/Artus: Round table?
Merlin: Oh, would you rather have a square one?
Floh/Artus: Oh, no. Round will be fine.

(Gespräch zwischen Floh/Artus, Merlin und Archimedes in Wolfgang Reithermans DIE HEXE UND
DER ZAUBERER, 1963)

Die Disney Produktion unter der Regie von Wolfgang Reitherman mit dem Namen DIE HEXE
UND DER ZAUBERER (OT: THE SWORD IN THE STONE) basiert auf T. H. Whites The Once and
Future King und ist laut Kevin J. Harty „the first full length animated version of the legend of
King Arthur“ (Harty, 1999a: 19). Des Weiteren beschäftigt sich der Film als einer der wenigen
mit der Kindheit von König Artus. In DIE HEXE UND DER ZAUBERER wird beschrieben wie Artus,
genannt Floh bzw. im englischen Originalton Wart, am Hof seines Stiefvaters Sir Ector
aufwächst und Merlin trifft, der sein Lehrer wird und der als einziger erkennt, das der Junge zu
etwas Höherem bestimmt ist, als nur Knappe zu sein. Nachdem die beiden zusammen mit der
sprechendenden Eule Archimedes einige Abenteuer – darunter auch das magische Turnier
zwischen Merlin und seiner Erzfeindin Madame Mim - erlebt haben, wodurch Floh/Artus
wichtige Lektionen über das Leben lernt, geht Floh/Artus in seiner Rolle als Knappe mit seinem
Stiefvater Sir Ector und seinem Stiefbruder Kay nach London, wo Kay am Turnier um den
Königsthron teilnimmt. Das Land ist seit einiger Zeit ohne König und bisher vermochte niemand
das Schwert aus dem Stein zu ziehen. Nach der Inschrift auf dem Schwert soll nur der Mann, der
das Schwert aus dem Stein zieht der nächste König von England sein. Floh/Artus hat aber Kays
Schwert vergessen und so versucht er, ein anderes zu beschaffen und zieht dabei das Schwert aus
dem Stein, was ihm dann zuerst keiner glauben will. So wird er noch mal auf die Probe gestellt
und besteht diese, indem er das Schwert erneut zieht und in der Folge zum König gekrönt wird.

84
Im Vergleich mit Malorys Le Morte d’Arthur gibt es einige Gemeinsamkeiten aber auch ein paar
Unterschiede. Ein Unterschied zu Malory ist, dass Artus den Zauberer Merlin im Buch erst nach
dem Herausziehen des Schwertes und somit der Erfüllung seines Schicksals persönlich kennen
lernt. Im Film lernen sich die beiden schon früher kennen und Merlin wird Flohs/Artus’ Lehrer.
Merlin kennt zwar den Grund nicht, aber er ist sich sicher, dass der Junge Floh/Artus zu Höherem
bestimmt ist. Er kann allerdings nicht mit Sicherheit sagen, was das sein soll. Bei Malory weiß
Merlin vermutlich als einziger, dass Artus der rechtmäßige König ist und er kennt ihn auch schon
seit dieser geboren wurde. Schließlich hat der Zauberer Artus zu seiner Pflegefamilie gebracht
und über ihn gewacht, auch wenn Artus das nicht bekannt ist. In DIE HEXE UND DER ZAUBERER
nimmt sich Merlin dem Jungen an, weil er erkennt, dass mehr in ihm steckt. Es wird aber nicht
erzählt, wie Floh/Artus zu Sir Ector gekommen ist, und warum praktisch niemand weiß, dass er
der rechtmäßige König ist, denn in einigen anderen Versionen ist es Sir Ector wohl bekannt, dass
Artus der Sohn von Uther und somit rechtmäßiger Herrscher über Britannien ist. Die Eckpunkte
der Erzählung mit Artus’ Stiefvater und –bruder, dem Turnier und dem Schwert im Stein, das nur
von König Artus herausgezogen werden kann, stimmen somit alle mit Malorys Version überein.
Allerdings wird dieser Teil der Geschichte in etwa zwei Seiten erzählt und die Kindheit von
König Artus völlig außer Acht gelassen (vgl. Malory, 2001: 24-26) während Wolfgang
Reitherman einen 76 Minuten langen Film für die Erzählung von Artus Kindheit und seiner Tat
und somit seinem Werdegang als
Mensch und König aufbringt.
Somit ist, wie Harty feststellt,
„The Sword in the Stone [...]
unique among films in its
portayal of King Arthur’s
childhood, a topic often murky in
medieval versions of the legend.“
(vgl. Harty, 1999a: 20)

Abbildung 11: Floh/Artus in DIE HEXE UND DER ZAUBERER (1963)

85
Gleich zu Beginn seines Essays über Trickfilme über den Artusmythos stellt Michael N. Salda
klar, dass Trickfilme praktisch nur für gewinnbringende Zwecke und ohne hohe
Produktionskosten gemacht wurden. So wurde eine Vielzahl an Trickfilmen über die Artus-Sage
produziert und der Artus-Trickfilm dadurch schrittweise getötet, wie Salda ausdrückt: „Disney
did not kill the Arthurian Cartoon. It was already dead by the time The Sword in the Stone was
released on Christmas Day, 1963.” (Salda, 1999: 217) Nach der jahrelangen Produktion war die
Nachfrage nach solchen Trickfilmen zu Beginn der 1960er Jahre stark gesunken. So sehen viele
Kritiker, wie Salda erklärt, den Film auch als fehlerhaft und unwürdig an. Auch die meisten
Trickfilme an sich seien, so der Autor, unbeachtlich, da viele nur Teile der Artus-Sage
übernehmen und sie von jeglicher anderen Assoziation isolieren. (vgl. ebd.) Nach Raymond H.
Thompson dürfte der Misserfolg des Trickfilms an der Romanvorlage liegen, die vom Publikum
geliebt wird und eigentlich ins Disney-Schema der Fantasie passt. Allerdings wurde, so der
Autor, nur wenig von der Vorlage übernommen und relativ viel verändert, um so statt Wörtern
Bilder zu verwenden. Allerdings lässt der Film dadurch mehr Platz für Ironie. Als Beispiel für
diese Ironie nennt Thompson die Episode, in der Floh/Artus als Fisch durch den Burggraben
schwimmt und für das Publikum eher komisch verhindert, dass er von einem Hecht gefressen
wird. Diese Verfolgungsjagden wiederholen sich im Laufe des Films stetig, denn Floh/Artus wird
auch von einem Wolf, einem Eichhörnchen, einem Habicht und Madame Min verfolgt, mit dem
Ziel dem Publikum und Floh/Artus zu zeigen, dass Verstand und Mut einem helfen, stärkere
Gegner zu besiegen. In eben diesen Verfolgungsjagden gibt es auch viel Spielraum für Ironie,
allerdings wird das Publikum, so der Autor, müde von der ständigen Wiederholung. Dadurch
wird die Ironie vorhersehbar und verliert sich in den Szenen ebenso wie die Lektionen, die
Floh/Artus zu lernen hat, inmitten der Hektik der Verfolgungsjagden. (vgl. Thompson, 2002:
110-117) Allerdings zeigt sich, meiner Meinung nach, Ironie nicht nur in den Verfolgungsjagden
sondern auch in den Dialogen. Beispiele hierfür ist der folgende Dialog, in denen die heutige Zeit
ebenso wie die Artus-Sage ironisiert wird:

“Floh/Artus: I'm in an awful pickle. I'm king!


Archimedes: He pulled the sword from the stone.
Merlin: Ha ha! Of course, of course. King Arthur and his Knights of the
Round Table.
Floh/Artus: Round table?
Merlin: Oh, would you rather have a square one?
Floh/Artus: Oh, no. Round will be fine.

86
Merlin: Boy, boy, boy. You’ll become a great legend. They’ll be writing
books about you for centuries to come. Why, they might even make a
motion picture about you.
Floh/Artus: Motion picture?
Merlin: Oh. Well, that's something like television... without
commercials.“ .“(Floh/Artus, Archimedes und Merlin in DIE HEXE UND
DER ZAUBERER, 1963)

Im Schlussdialog des Films erinnert sich Merlin als Zeitreisender in Bermuda-Shorts an die Sage
von König Artus und der Tafelrunde und beeinflusst Floh/Artus mit seiner Erzählung. Dadurch
wird die Sage ironisiert, denn nur durch Merlin erfüllt sich die Geschichte der Tafelrunde. Des
Weiteren erzählt Merlin, dass Floh/Artus zu einem legendären König wird und man viele Bücher
über ihn schreiben wird und vielleicht sogar Filme über sein Leben. So werden die vielen
Medienprodukte über König Artus angesprochen und, da DIE HEXE UND DER ZAUBERER selbst ein
solches ist, der Film ebenso ironisiert, wie die anderen Medienprodukte. Zusätzlich wird auch auf
Fernsehen und Werbung hingewiesen wodurch die heutige Gesellschaft angesprochen wird.

Alice Grellner beschäftigt in ihrem Essay sich ausführlicher mit dem Disney Film über Artus’
Kindheit. Für sie ist es ein wunderbarer Film, der lebendig, farbenfroh und mit einem
optimistischen Ton gezeichnet wurde. Die ersten Szenen werden in Form einer Ballade
vorgetragen und mit Hilfe eines Bilderbuches visuell unterstützt. Es wird von der dunklen Zeit
erzählt, da das Land keinen König mehr hat. In der Folge wird ein dunkler und gefährlich
anmutender Wald gezeigt, worauf aber der Blick auf eine gemütlich aussehende Hütte in diesem
Wald gelenkt wird. So lernt der Zuseher Merlin, der Floh/Artus erwartet, und dessen sprechende
Eule Archimedes kennen. Nicht nur diese Art der Vorstellung der Charaktere sondern auch das
Beibehalten der in der Regel lebendigen Farben bei deren Verwandlungen unterstützt die
Zeichnungen. So wird Merlins Blau bei all seinen Verwandlungen ebenso beibehalten wie
Flohs/Artus’ Orange und die Farben kommen im Vergleich mit den Umgebungsfarben, die von
blau über grün und grau zu braun reichen, entsprechend zur Geltung, wie Grellner erläutert. Vor
allem punktet der Film aber durch seine märchenhafte Art:

„One of the charms of the film is the way it plays off of fairy-tale
allusions: the wicked wolf pursuing Wart in the woods, the Cinderella
image of Wart doing dishes and being told he cannot go to the tournament
after all, Wart’s falling into clutches, á la Hansel and Gretel, of Mim, the
87
wicked witch in the woods. This shapeshifter, part Morgan Le Fay and
part Nimue, changes size like Alice in Wonderland, has a temper like the
Red Queen, and competes with Merlin in a battle of wits and sexes.”
(Grellner, 2002: 119)

Somit bietet der Film ein hohes Maß an Intertextualität mit anderen Filmen über und Bildern aus
Märchen. Des Weiteren werden, wie in Märchen, auch verschiedene Lektionen über das Leben
angesprochen und der Zuseher lernt ebenso wie Floh/Artus aus diesen Lektionen. Eine solche
Lektion ergibt sich etwa aus dem Kampf zwischen Merlin und Mim, denn Merlin erklärt
Floh/Artus danach: „It was worth it, lad, if you learned something from it.“ (Merlin in DIE HEXE
UND DER ZAUBERER, 1963) Floh/Artus antwortet darauf: „Knowledge and wisdom is the real
power.“ (Floh/Artus in DIE HEXE UND DER ZAUBERER, 1963) Durch eben solche Lektionen soll
Floh/Artus ein besserer König
werden, da er lernt, wie er
Stärkere austricksen kann. Des
Weiteren lernt er auch über die
Liebe, die eine der mächtigsten
Kräfte ist und bei der auch keine
Magie der Welt helfen kann. So
wird auch eine Lektion über
Magie selbst erteilt, denn Magie
löst nicht alle Probleme. (vgl.
Grellner, 2002: 118-120)

Abbildung 12: Floh/Artus und Merlin in DIE HEXE UND DER ZAUBERER (1963)

Das Thema des Lernens ist somit zentral im Film. Die Lektionen, die Floh/Artus zu lernen hat
gelten aber nicht nur für ihn und das mittelalterliche Leben sondern können auch für das heutige
Leben und für uns alle. Dadurch ist der Film ein lehrreicher Film für Kinder und Erwachsene und
verkörpert auch einen Mythos nach Roland Barthes. Der Artusmythos wurde von den Medien
aufgegriffen, bearbeitet und so in einen Mythos zweiter Ordnung verwandelt. Wie Floh/Artus soll
auch das Publikum erkennen, dass es wichtig ist gewisse Lektionen über das Leben zu lernen, um
ein besserer Mensch zu sein und auch das eigene Wissen und die eigenen Weisheit im täglichen

88
Leben einzusetzen. So wird der Mythos von den Medien instrumentalisiert und die Gesellschaft
kann in der Diskussion über den Film unbewusste und kollektive Bedeutungen von einem
semiotischen Prozess ableiten.

Natürlich ist in DIE HEXE UND DER ZAUBERER nicht nur das Thema des Lernens sonder auch die
Darstellung der Frau ein Thema im akademischen Diskurs. Maureen Fries erläutert, dass die
Darstellung der Madame Mim, als praktisch einzige Frau, abgesehen von den Wäscherinnen und
Köchinnen am Hof, dumm und antifeministisch ist. Des Weiteren ist Madame Mim ein
lächerlicher Stereotyp: „Fat, warty, gray-haired, and vainglorious, she advertises herself in
cracked-voiced song to the Wart [Anm.: Floh/Artus] , who [...] has fallen accidentally down her
chimney, as ‘marvelous,’ with ‘more magic’ in her ‘little finger’ than Merlin in his whole body.”
(Fries, 1999: 74) Sie erklärt Floh/Artus, dass sie schwarze Magie praktiziert und sich extrem
hässlich oder wunderschön machen kann, obwohl sie selbst dann nicht wirklich schön aussieht
und diese Verwandlung eher wie Selbsttäuschung wirkt, wie Fries anmerkt. Im magischen
Turnier mit Merlin bricht die Hexe eigentlich ihre eigenen Regeln, denn Kreaturen, die es nicht
gibt, wie etwa rosa Drachen, sollen nicht erlaubt sein. Sie verwandelt sich prompt in einen
lilafarbenen Drachen. Trotzdem verliert sie gegen den männlichen Kontrahenten, der sie in Form
eines Virus besiegt. Dadurch erleidet sie Hitzewallungen und Schüttelfrost, was Fries als „agist
and sexist slur“ (ebd.) interpretiert. Die Autorin erklärt, dass Flohs/Artus’ Aussage, dass Magie
nur für etwas Gutes gut ist und nur so gerechtfertigt eingesetzt werden kann, Merlins Sieg und
Überlegenheit gegenüber der bösen Hexe
Mim, „his fat, vain, and menopausal
opponent“ (ebd.), bestätigt. Auch
Aussagen, dass Merlin im Film karikiert
wird kann Fries nur zurückweisen, denn
wie sie sagt: „As so often in fiction as
well as in life, white-haired old men are
seen as socially beneficial, whereas
white-haired old women appear as
witchlike.“ (ebd.)

Abbildung 13: Madame Mim und der verwandelte Floh/Artus in DIE HEXE UND DER ZAUBERER (1963)

89
So spiegelt der Film auch die Rolle der Frau, besonders einer älteren Frau, in der Gesellschaft
wieder. Immerhin sind die Frauen, die dargestellt werden, entweder Arbeiterinnen in der Küche
und bedienen die Männer oder eben böse, allein lebende alte Frauen, die allein schon durch diese
stereotypische Art zu leben zur Hexe werden. Dadurch beschäftigt sich der Film auch mit der
Rolle und der Position der Frau in der (heutigen) Gesellschaft und verweist so auf unbewusste
und kollektive Bedeutungen. In der Diskussion über den Film kann die Gesellschaft eben diese
Bedeutungen von einem semiotischen Schema ableiten. So wird der traditionelle Mythos von
König Artus durch die mediale Bearbeitung zu einem Mythos zweiter Ordnung und zum Zwecke
der Darstellung der Rolle und Position der Frau instrumentalisiert.

Der Film DIE HEXE UND DER ZAUBERER behandelt verschiedene für die Gesellschaft wichtige
Themen, angefangen vom Lernen bestimmter Lektionen hin zur Darstellung der Frau. Diese
Themen sind auch kollektive und unbewusste Bedeutungen der Gesellschaft, die diese in der
Auseinandersetzung mit dem Film von einem semiotischen Schema ableitet. Des Weiteren hat
der Film die Artus-Sage, wenn auch in minimalisierter Form, als Vorlage und dadurch wird aus
dem traditionellen Mythos von König Artus ein Mythos zweiter Ordnung. Aus diesem Grund
verkörpert DIE HEXE UND DER ZAUBERER einen Alltagsmythos nach Roland Barthes und wird so
von neuem mystifiziert.

90
6 Zusammenfassung und Fazit
Mythen und mythische Themen sind allgegenwärtig. Sie begleiten uns in unserer Kindheit und
Schulzeit und teilweise auch darüber hinaus. Mythen sind Teil der sogenannten Großen
Erzählung, durch die den Menschen soziale Regeln und Normen beigebracht werden. Sie sind die
Basis für gesellschaftliche Konventionen und Kompetenzen und die Bewertung der Leistungen
der Mitglieder der Gesellschaft. Allerdings haben viele Wissenschaftler feststellen müssen, dass
Mythen, und somit die Große Erzählung, in der Postmoderne immer weiter an Bedeutung verlor,
da sie nicht mehr zeitgemäß sind und da der Drang der Wissenschaft nach Erkenntnis und
Erklärungen für alle möglichen und unmöglichen Phänomene zu einer Entmythisierungstendenz
geführt hat. Dies führt dann zu einem Gefühl des Unbehangens und daher sind sich eben diese
Wissenschaftler und Akademiker einig, dass Mythen für das Zusammenleben der Menschen
notwendig sind. Schließlich vermitteln sie den Menschen die Regeln über das Zusammenleben
und geben in schwierigen Zeiten Orientierung und Halt. Es gibt allerdings verschiedene Ansätze
im Umgang mit dem Thema, wie oben erläutert wurde. Einige sind der Überzeugung, dass die
Menschen sich anhand von erfundenen kleinen Erzählungen orientieren sollen, andere sprechen
sich für die Entwicklung einer allgemein gültigen Mythologie für alle Menschen aus. Wieder
andere sind der Meinung, dass wir die Menschen sich trotz der Vorherrschaft des Logos an den
Mythos klammern und sich nach ihm sehnen, wodurch der Bedarf an Neomythen entsteht, den
die Medien in ihren regressiven Tendenzen decken. Immerhin können solche Rückschritte der
Medien sowie der Menschen zum Mythos auch die Erkenntnis bringen, dass der Logos den
falschen Weg gezeigt hat und man diesen mit Hilfe des Mythos korrigieren kann. Dann gibt es
noch die Meinung, dass der Mythos nie wirklich verschwunden ist und vom Logos ersetzt wurde,
denn der Mensch ist ein mythisches Wesen. Stattdessen wurde der Mythos von einem anderen
Mythos ersetzt, denn mythische Strukturen beeinflussen das Leben der Menschen und so gestaltet
sich jeder Mensch im Laufe der Zeit seine eigene persönliche Mythologie, die sich allerdings
nicht unbedingt mit religiösen Vorstellungen decken muss. Die persönliche Mythologie besteht
aus dem, was einem gefällt und mit dem man sich identifizieren kann. Dieser Prozess geht aber
unbewusst von Statten und basiert auf Veränderungen. So beeinflusst die persönliche
Mythologie, die sich stetig ändern darf und kann, die Weltanschauung.

91
Diese letzte Betrachtung von Mythen und ihrer Notwendigkeit bedeutet für die Medien und
Medienschaffende, dass durch Medienprodukte der eigenen persönlichen Mythologie Ausdruck
verleiht werden kann und diese einer breiten Masse zugänglich gemacht werden kann.
Schließlich steuert die persönliche Mythologie die Weltanschauung von Menschen und so auch
von Medienschaffenden, die ihren Produkten oft eine persönliche Note verleihen. Dadurch, dass
diese Mythologie in Form der persönlichen Note dem Publikum zugänglich gemacht wird, kann
sich auch dieses von der Mythologie des Medienschaffenden beeinflussen lassen und die eigene
persönliche Mythologie wieder verändern und weiterentwickeln. So könnte im Laufe der Zeit
eine allgemein gültige Mythologie entstehen, die manche Wissenschaftler fordern. Allerdings
könnte sich herausstellen, dass diese unnötig ist, da sich jeder Mensch trotz der allgemein
gültigen Mythologie weiterhin unbewusst eine persönliche kreiert. Da die Bildung der
persönlichen Mythologie aber wie erläutert unbewusst geschieht, lassen sich manche Menschen
nicht darauf ein, wodurch das Gefühl des Unbehagens hervorgerufen wird. Dieses Gefühl kann
aber minimiert werden, wenn man sich wieder auf das mythische Wesen der Menschen besinnt
und nicht versucht die Mythologie auszulöschen.

Wie andere Wissenschaftler und Akademiker hat auch Roland Barthes erkannt, dass Mythen und
mythische Themen allgegenwärtig sind. Er befasste sich mit dem Thema, weil in den Medien
immer öfter entmythisierte Begriffe oder Themen behandelt wurden und dadurch auch
Alltägliches vergöttert wurde. Daher untersuchte Barthes die französischen Alltagsmythen. Der
Mythos ist für ihn eine Aussage, Botschaft oder ein Mitteilungssystem und hat formale aber keine
inhaltlichen Grenzen. Somit kann alles zu einem Mythos werden, allerdings erlangt der Mythos
erst Bedeutung, wenn die Gesellschaft sich mit ihm befasst. Da der Mythos sich nur durch die Art
und Weise der Aussprache seiner Botschaft definieren lässt, und nicht über das Medium, durch
das er sich präsentiert, soll der Mythos nach Barthes mit Hilfe der Semiologie behandelt werden.
Immerhin liegen Mythen unbewusste und kollektive Bedeutungen inne, die von der Gesellschaft
von einem semiotischen Prozess abgeleitet werden. Wichtig ist, dass Alltagsmythen gemacht
werden und daher auch kaum religiöse Assoziationen haben, wie die meisten klassischen
Mythen, die etwa eine Schöpfungsgeschichte erzählen. Diese gemachten Mythen kann man auch
gut mit den kleinen Erzählungen oder Neomythen, die von anderen Wissenschaftlern als Lösung
für den Verlust der Mythologie gesehen werden vergleichen, denn auch diese sind eigentlich
gemachte Mythen. Die Alltagsmythen von Barthes werden als Mythen zweiter Ordnung

92
bezeichnet, da die Medien mythische Stoffe oder entmythisierte Begriffe verwenden, um diese
für ihrem Zweck zu instrumentalisieren. Indem sich die Gesellschaft damit beschäftigt und diesen
Stoffen oder Begriffen Bedeutungen gibt entstehen Alltagsmythen. Im Gegensatz dazu sind
Mythen erster Ordnung die traditionellen und klassischen Mythen der großen Erzählung, wie
etwa der Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral.

Dieser Mythos wurde im Laufe der Zeit von einem oralen zu einem literalen Mythos und hat
somit seinen Ursprung in der großen Erzählung, genauer gesagt zur Matter of Britain, dem
Kollektiv der Sagen und Mythen aus Großbritannien. Der Mythos verbreitete sich aber schnell
auch im restlichen Europa und Amerika, wodurch die Faszination für den Mythos immer weiter
zunahm, unter anderem weil die medialen Verarbeitungen des Mythos den Zeitgeist der
jeweiligen Generationen wiederspiegelten und die Ängste, Gewohnheiten und Ideale
ausdrückten. Dies ist natürlich nur möglich, da der Mythos eine zeitlose Geschichte ist und so
nicht schnell an Reiz verliert. Die Themen, die der Mythos anspricht sind heute wie damals
relevant, da es allgemein-menschliche Themen sind wie Liebe oder Krieg und Frieden. So
gesehen wird im Mythos das Leben auf eine sehr reale Weise dargestellt, anstatt das es
schöngeredet wird, denn Positives und Negatives werden Seite an Seite präsentiert. Der Mythos
ist so erfolgreich, weil er den Menschen zeigt, was sie sich wünschen: ein Wertesystem mit
Punkten wie Treue, Idealismus und Loyalität, Regeln für das Zusammenleben in einer
Gemeinschaft und eine stabile Regierung, denn Artus selbst verkörpert Stabilität. Trotz dieser
Idealisierung und Utopie betreffend Artus und seiner Regentschaft werden die Charaktere selbst
nicht idealisiert sondern mit all ihren Fehlern und Vorzügen dargestellt. Der Mythos zeigt auch
Hoffnung im Hinblick auf eine bessere Zeit und verkörpert so eine moderne Utopie. Einen Teil
der Attraktivität des Mythos macht auch aus, dass er nicht unbedingt zeitgebunden ist, denn man
kann ihn in jede beliebige Zeit versezten. Zusätzlich dazu, soll der Artus-Mythos auch so beliebt
sein, weil man die Anziehungskraft, die davon ausgeht nicht genau erklären kann. Ein weiterer
Grund ist auch, dass sich die Akademiker und Wissenschaftler nicht einig sind, ob der legendäre
König tatsächlich gelebt hat. Allerdings ist Artus der einzige mythische Charakter, für den eine
(fiktive) Biographie geschrieben wurde. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich um die 100
Filme und mehr als 150 Bücher mit dem Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral oder
einem Aspekt davon beschäftigen.

93
Die mediale Bearbeitung des Mythos begann im Mittelalter, da es verpönt war, selbst kreativ zu
sein. Man erzählte Geschichten, die schon da waren, wenn auch in abgeänderter Form. Vor allem
schrieb man aber über Dinge, die die Menschen interessierten, also Liebe und Ritter. Allerdings
wurde der Mythos schon damals erweitert und teilweise verändert. Somit ist die Artus-Sage eine
Kollektivarbeit von mehreren Autoren. Vom heutigen Standpunkt aus gesehen reichen die
Medienbeispiele bei den Büchern von Erzählungen über Artus’ Kindheit über Erzählungen über
bestimmte Charaktere, wie Parzival, Merlin oder Tristan und Isolde, bis hin zu Erzählungen über
Zeitreisen an den Hof von König Artus oder von König Artus in eine spätere Zeit. Bei den
Filmen sieht es ähnlich aus, denn viele sind Verfilmungen der Bücher über den legendären
König. Zusätzlich dazu gibt es noch Filme, die sich mit dem historischen Kern der Artus-Sage
beschäftigen oder die eine Art Vorgeschichte zum Mythos sein sollen.

In der vorliegenden Arbeit wurden sechs dieser Medienbeispiele, nämlich Marion Zimmer
Bradleys Die Nebel von Avalon, Dan Browns Sakrileg. The Da Vinci Code, Antoine Fuquas KING
ARTHUR, Terry Gilliams und Terry Jones’ MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS, John
Boomans EXCALIBUR und Wolfgang Reithermans DIE HEXE UND DER ZAUBERER, untersucht, um
festzustellen, inwiefern sich die Medien mythischer Stoffe bedienen und warum sie das tun. Ziel
der Untersuchung war es, durch die genauere kritische Beurteilung der Medienbeispiele auf die
Notwendigkeit von Mythen in der postmodernen Gesellschaft zu schließen.

Marion Zimmer Bradley hat mit ihrem Roman den Zeitgeist der feministischen
Gegenwartsliteratur getroffen, indem sie sich mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft und in
der Artus-Sage beschäftigt hat. Somit hat sie die Artus-Sage benutzt, um auf Gegebenheiten in
der heutigen Gesellschaft hinzuweisen und zu zeigen, dass die Machtverteilung eines
Patriarchates unterdrückend ist, und dass es auch anders funktioniert. Des Weiteren hat die
Autorin in ihrem Roman mit ihrer Darstellung des Heiligen Grals auf die Sehnsüchte der
Menschen hingewiesen, und dass das Streben nach etwas, die Sehnsüchte zugleich stillen und
wecken kann.

Dan Browns Sakrileg – The Da Vinci Code beschäftigt sich mehr mit dem Mythos des Heiligen
Grals denn mit der Artus-Sage. Der Autor hat den traditionellen Mythos vom Kelch, der ewiges
Leben verspricht und alle Sehnsüchte stillt, aufgrund einer Theorie, dass der Heilige Gral eine

94
Frau ist umgeschrieben. Ziel war es, die Menschen mit Hilfe des Romans auf die Themen
Glauben, Geschichte und Religion aufmerksam zu machen und ihnen zu helfen, eine Grundlage
für eine Diskussion dieser Themen zu schaffen.

Der Film KING ARTHUR beschäftigt sich vor allem mit der historischen Basis für den Mythos von
König Artus und dem Heiligen Gral. Der Film trifft den Zeitgeist der heutigen Gesellschaft, denn
eines der großen Themen ist die historische Korrektheit von Filmen und Büchern, die immer
seltener hinterfragt wird. Des Weiteren wird auch die Rolle der Frau und das Zusammenspiel von
Mann und Frau in der heutigen Gesellschaft dargestellt, denn Guinevere darf zwar, solange sie
alleine ist, eine starke Frau sein, allerdings wird sie erst dann eine richtige Frau, wenn sie
heiratet. Auch das Thema Freiheit, die Freiheit über das eigene Leben und Schicksal zu
entscheiden sowie die in Freiheit zu leben, findet im Film ein Sprachrohr.

MONTY PYTHON – DIE RITTER DER KOKOSNUSS ist eine Persiflage des Mythos von König Artus
und dem Heiligen Gral. Das Ziel des Films ist es, dem Publikum zu zeigen, dass die
Vorstellungen über das Mittelalter möglicherweise falsch sind. Der Monty Python Film will nicht
den Mythos von König Artus und dem Heiligen Gral an sich, sondern nur die anderen Filme und
Bücher über den Mythos parodieren. So soll das Publikum animiert werden, sich mit der
Darstellung des Mythos und des Mittelalters in den Medien zu beschäftigen und diese zu
hinterfragen.

John Boormans EXCALIBUR versteht sich als Verfilmung von Malorys Le Morte d’Arthur.
Allerdings gibt es dazu gravierende Unterschiede und andere literarische Werke wirken eher als
die eigentliche Vorlage. Boorman spricht mit seinem Film hauptsächlich den Verlust der
Naturverbundenheit des Menschen an, was sich in der Gralsinterpretation des Films zeigt, die auf
keltischen Fruchtbarkeitsrituale hinweist, denn es wird auch des Öfteren darauf hingewiesen, dass
Land und König eins sind. Des Weiteren beschäftigt sich EXCALIBUR, wie viele andere
Medienbeispiele auch, mit der Darstellung der Frau und in Verbindung damit mit der
Personifizierung der Frau als das Böse, denn Morgana wird als der Erzfeind des Königreichs und
damit der Gesellschaft dargestellt.

95
Die Disney-Verfilmung eines Teils von T. H. Whites The Once and Future King beschäftigt sich
mit der Kindheit des legendären Königs. Der Film spricht vor allem das Thema des Lernens an,
denn Floh/Artus werden von Merlin durch Verwandlungen in einen Fisch, ein Eichhörnchen oder
einen Vogel wichtige Lektionen über das Leben, die Liebe und die Magie beigebracht. Zusätzlich
wird aber auch die Rolle der Frau in der heutigen Gesellschaft durch die Darstellung der Hexe
Madame Mim angesprochen, die das Stereotyp einer alten, alleine lebenden Frau verkörpert.

Alle sechs behandelten Medienbeispiele verkörpern Alltagsmythen nach Roland Barthes. Die
Filme und Bücher greifen Mythen erster Ordnung, also die traditionellen Geschichten von König
Artus und dem Heiligen Gral, auf und instrumentalisieren sie zu ihrem Nutzen. Bei allen
Medienbeispielen zeigt sich, dass das Publikum auf wichtige Themen, wie die Rolle der Frau in
der Gesellschaft, Religion und Glaube, historische Korrektheit, das blinde Vertrauen in die
(pseudo-)korrekte Darstellung eines Mythos und des Mittelalters in den Medien, den Verlust der
Naturverbundenheit des Menschen und die Wichtigkeit des Lernens aufmerksam gemacht
werden soll und dazu angeregt werden soll, diese Themen zu hinterfragen und zu diskutieren.
Daher sprechen die Medienbeispiele unbewusste und kollektive Bedeutungen der Gesellschaft an,
die diese von einem semiotischen Prozess ableiten muss. So wird der Mythos von König Artus
und dem Heiligen Gral durch die mediale Behandlung erneut zu einem Mythos. So kann man
auch darauf schließen, dass nach wie vor eine Notwendigkeit an Mythen besteht, denn sonst
würden die Medien sich nicht mythischer Stoffe bedienen, um daraus neue Mythen zu machen.

Mythen sind heute genauso aktuell und notwendig für das Zusammenleben der Menschen in der
Gesellschaft wie vor über 1000 Jahren. Durch Mythen, ob nun traditionelle oder Alltagsmythen,
werden die Menschen auf wichtige Themen aufmerksam gemacht und dazu angehalten diese zu
hinterfragen. Zusätzlich haben die Mythen in der postmodernen Gesellschaft auch immer noch
die Funktion uns Orientierung und Halt zu geben und uns die Regeln für das Zusammenleben zu
erläutern. Die Mythen von König Artus und dem Heiligen Gral sind in vieler Hinsicht ein
Paradebeispiel für die anhaltende Notwendigkeit von Mythen. Die Faszination am Artus-Mythos
ist ungebrochen, weil darin eine Welt gezeigt wird, von der sich die Menschen wünschen, dass
sie in dieser leben können. In dieser Welt gibt es eine stabile Regierung, die sich um das Wohl
des Volks kümmern und zum Wohl des Volks handelt, was in der realen Welt scheinbar selten
der Fall ist. Der Mythos verkörpert in diesem Sinn zwar eine moderne Utopie aber

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nichtsdestotrotz zeigt er auch, dass die Menschen nicht fehlerfrei sind und dass Gutes und Böses
Seite an Seite steht und existieren kann. Der Mythos erklärt aber nicht, dass man sich dem Leben,
wie es ist, hingeben soll, denn man soll Hoffnung haben, weil ein einzelner Mensch das Schicksal
verändern kann. Die Medienbeispiele zum Mythos führen den Menschen vor Augen, was in der
Gesellschaft nicht stimmt und woran man arbeiten soll, denn man soll die Themen, wie Religion,
Verlust der Naturverbundenheit oder die Rolle der Frau in der Gesellschaft, nicht totschweigen
sondern ansprechen. Der Mythos kann den Menschen, wenn sie es zulassen, den Weg in die
richtige Richtung zeigen, wenn man ihn verloren hat, während der Logos, der fortwährende
Drank alles erforschen und für alles eine Erklärung finden zu müssen, die Menschen in die Irre
führt.

97
Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis
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