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DESIGN FOR ALL Öffentlich zugängliche Gebäude Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Gebäude
Öffentlich
zugängliche
DESIGN
FOR ALL
BERLIN - DESIGN FOR ALL

ÖFFENTLICH
ZUGÄNGLICHE
GEBÄUDE
INHALT

1. RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD 9

1.1 Vorbemerkung 9

1.2 Funktionsketten 11

1.3 Design for all im Kontext von Baukultur 11

1.4 Rechtliche Rahmenbe


d ingungen 13
1.4.1 UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit 14
Behinderung
1.4.2 Europa 14
1.4.3 Deutschlan
d 14
Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
1.4.4 Berlin 14
Die Reform des Landesgleichberechtigungsgesetzes
Bauen in Berlin – rechtliche Grundlagen
Bauordnung für Berlin (BauO Bln) Stand 14.5.20
Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB Bln)
Betriebsverordnung
Allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von
Bauaufgaben Berlins – ABau Link
Konzept Barrierefrei
Denkmalschutz und Barrierefreiheit

2. ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN DES MENSCHEN 19

2.1 Maßstab Mensch 19

2.2 Maße und Bewegungsflächen 21

2.3 Eigenschaften und Fähigkeiten der Nutzerinnen und Nutzer im 23


öffentlichen Raum
2.3.1 Anforderungen motorischer Art 25
2.3.2 Anforderungen sensorischer Art 26
Sehen
Hören
Tasten/Fühlen
2.3.3 d
Anfor erungen kognitiver Art 29
Kognition
Kognitive Störungen
Leichte Sprache
2.3.4 Anforderungen zur digitalen Wahrnehmung 30
Digitales Sehen
Digitales Hören
Digitales Fühlen

3. ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM 31

3.1 Visuelles Wahrnehmen 33

3.2 Taktiles Wahrnehmen 34


INHALT

3.3 Akustisches Wahrnehmen 35

3.4 Kognitives Wahrnehmen 36

3.5 Digitalisierung menschlicher Wahrnehmung 37


Gestaltung für und durch Teilhabe

4. LEITSYSTEME ZUR ORIENTIERUNG UND INFORMATIONSVERMITTLUNG 41

4.1 Visuelle Ausführungen 43


4.1.1 Leuchtdichtekontrast und Lichtreflexionsgrad 43
Reflexionsgrad
Farbkontrast
4.1.2 Belichtung und Beleuchtung 45
4.1.3 Leiten und Warnen durch Licht 45
Lichtqualität und Sehleistung
Vitalität
Individualität
Licht in Emotionsfunktion
4.1.4 Beschilderungen 46
Schrift
Zeilenabstand
Schriftart
Inhalte
Gut lesbare Texte
Regeln für Sätze in Leichter Sprache
Piktogramme

4.2 Taktile Ausführungen 49


4.2.1 Leiten durch die Wahl der Materialität 49
4.2.2 Bodenindikatoren 49
4.2.3 Brailleschrift / Profilschrift 51
4.2.4 Taktile Orientierungs- und Grundrisspläne / Tastmodelle 52

4.3 Akustische Ausführungen 53


4.3.1 Höranlagen 53
Induktive Höranlagen (T)
Infrarot- und Funk-Übertragungssysteme (IR)
Mobile Höranlagen: Funk oder Infrarot (FM)

4.4 Kognitive Anforderungen an Orientierung in Gebäuden 57


4.4.1 Wegeführung durch das Gebäude 59
4.4.2 Leitsysteme / Beschilderungen / Signaletik 61
4.4.3 Hemmnisse einfacher Orientierung 61

4.5 Digitale Ausführungen 63


4.5.1 Audio- und Videoguides 63
4.5.2 Navigationssysteme 63
4.5.3 Info-Terminals und Automaten 65
4.5.4 Dynamische Informationsanzeigen 65
4.5.5 Hörstationen 65
4.5.6 Audio-Deskription 65
INHALT

5. LAGE UND ERREICHBARKEIT - BEREICHE UND RÄUME 67

5.1 Zugänglichkeit und Nutzbarkeit 68


5.1.1 Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr 69
5.1.2 Anbindung an den Individualverkehr 69
Pkw-Stellplätze
Parkhaus/Großgarage
PKW-Parksysteme
5.1.3 Barrierefreie Grundstücksgestaltung 70
5.1.4 Gehwege auf dem Grundstück 71
Gehwegbreite
Längsneigung
Querneigung
Richtungsän
d erung
Oberflächengestaltung
Gehwegabgrenzungen
Orientierungshilfen
d
Mul enrinnen
Beleuchtung
Möblierung

5.2 Zugang und Eingangsbereich 73


5.2.1 Foyer 74
5.2.2. Flure 74

5.3 Rettungswege d/ Bran schutz 75


5.3.1 Baulicher
d Bran schutz 75
5.3.2 Organisatorischer Brandschutz 76

5.4 Counter- und Wartebereiche 76


5.4.1 d
Gar eroben 76

5.5 Sanitärräume / Toilettenräume 77


5.5.1 WC-Kabinen 77
Ausstattungen
Anforderungen an WC-Türen
WC-Becken
Haltegriffe
Weitere Ausstattungen
5.5.2 Toilette für Alle 80
5.5.3 Wickelraum 80
5.5.4 Bäder und Duschen 80
5.5.5 Umklei
d ebereiche 81

5.6 Büroräume in Verwaltungsgebäu


d en 81

5.7 Versammlungsstätten 81
Bühnenzugang
Ausstattung des Versammlungsraumes
INHALT

6. GEBÄUDETEILE + DETAILS 83

6.1 Rampen 84
Rampenbreite
Rampenlängsneigungen
Rampenoberfläche
Handläufe, Umwehrung, Radabweiser, Podeste
Beleuchtung

6.2 Treppen 86
Geometrie und Dimensionierung
Steigungsverhältnis
Orientierung
Setzstufe
Stufenunterschnei
d ungen
Trittstufe
dPo este
Wange und Wandflächen
Handläufe und Umwehrungen
Beleuchtung
Fahrtreppen (und Fahrsteige)

6.3 Aufzüge 89
Abmessungen
Gestaltung
dBe ienelemente
Ruftaster auf der Etage
Ruftableau in der Kabine
Sonstige Ausstattung

6.3.2 Hebeaufzüge ohne Aufzugsschacht


Plattformlift
Mobile Hebeplattform
Hubtreppe
Vertikale Plattformaufzüge

6.4 Türen / Fenster / Oberflächen 91


6.4.1 Türen 91
Türbreite
Orientierung und Bewegungsflächen
Türschloss und Türdrücker/Schließ- und Öffnungssysteme
Gestaltung
Glastüren
6.4.2 Fenster 93
Zusätzliche Ausstattungen
6.4.3 Oberflächen 94
Bodenbeläge Außenbereich
Bodenbeläge Innenbereich
Wände und Decken

6.5 Kommunikationselemente 96
INHALT

Quellen 97

DIN-Normen
Weitere Regelungen
Literatur
Internet

Danke an 101

Stichwortverzeichnis 103

Impressum 105
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
VORBEMERKUNG

1. RAHMENBE-
DINGUNGEN

1.1 VORBEMERKUNG
Die Handbücher “Berlin – Design for all – Öffentlich „Design for all“ als Grundprinzip voraus, welches nicht
zugängliche Gebäude” und “Berlin – Design for all nur die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderun-
– Öffentlicher Freiraum” (2011 und 2012 erschienen) gen berücksichtigt, sondern den gesamten Kreis der
wurden entwickelt, um insbesondere Verständnis, Auf- Nutzenden miteinbezieht. Bei der Planung, Prüfung und
klärung und Einsicht bei der Bauherrenschaft und den Bauausführung ist zwischen dem gleichwertigen Ange-
Planenden zu fördern. Die Aktualisierung reagiert auf bot für Menschen mit Behinderungen und dem ange-
die fortgeschrittenen gesellschaftlichen und rechtlichen messenen Umfang der dafür notwendigen Maßnahmen
Bedingungen im Hinblick auf Entwicklungen im europäi- abzuwägen, ohne dabei unzureichende Barrierefreiheit
schen Raum bzw. auf den technischen Fortschritt. als Ergebnis zu erhalten.

Diese Ausgabe greift beispielhaft aktuelle Problemstel- Um Diskriminierung zu vermeiden, ist es notwendig,
lungen auf und untersucht diese näher. Daher wird ei- einerseits geeignete Vorgaben zum Design for all auf-
nigen Themen mehr Raum gegeben wie beispielsweise zustellen und andererseits die Investitionskosten günstig
der Orientierung oder den Anforderungen für Menschen zu gestalten. Ein Gleichgewicht ist nicht immer herstell-
mit psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen. bar. Planende und Bauende haben im Gestaltungspro-
Das Handbuch setzt für die Planung das Konzept des zess die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu

9
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
VORBEMERKUNG

UND LEITBILD

gewährleisten. Das kann auch in Form von angemesse- • Barrierefreiheit


nen Vorkehrungen erfolgen. Dieses sind Maßnahmen, • Alltagstauglichkeit
die im Einzelfall erforderlich und geeignet sind, um die • Nachhaltigkeit
gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behin- • Sicherheit
derung zu gewährleisten (Artikel 5 Abs. 3 UN-BRK, § • Ästhetik
7 Abs. 2 BGG). Daher sind bezogen auf das jeweilige • Rechts- und Planungssicherheit
Projekt, Design, Funktion, Sicherheit und Nachhaltigkeit • Wirtschaftlichkeit
unter Wahrung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
abzuwägen. Diese Grundsätze sind in einer ausgewogenen Umset-
zung der Standards und Anpassung mit den örtlichen
Als leitende Grundsätze für Planung und Produktaus- Gegebenheiten sowie weiteren Zielvorstellungen in
wahl gelten insbesondere: Einklang zu bringen.
Die Spielräume für die dabei notwendigen Entschei-
dungsprozesse sind gewissenhaft zu untersuchen und in
einem „Konzept Barrierefrei“ (Kap. 2.4.3, letzter Abschnitt)
zu dokumentieren.

10
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
FUNKTIONSKETTEN

1.2 FUNKTIONSKETTEN 1.3 DESIGN FOR ALL


Entscheidendes Element bei der Gestaltung einer barrie- IM KONTEXT VON
refreien Umgebung sind lückenlose Funktionsketten. Wie
Glieder einer Kette greifen unsere täglichen Aktivitäten BAUKULTUR
ineinander, bauen aufeinander auf und führen zum Ziel.
Schnittstellen ist daher eine besondere Beachtung zu Barrierefreies Planen und Bauen heißt Bauen für alle
schenken. Sie lassen mehrere Funktionen erst zu einer Menschen. Ziel ist es, den öffentlichen Raum und seine
Funktionskette werden. Fehlende Schnittstellen können Gebäude sicher und angenehm für jede und jeden zu
ggf. mit angemessenen Vorkehrungen kompensiert werden. gestalten.
Eine bauliche Anlage zu erreichen und zu nutzen, be- Untersuchungen haben gezeigt, dass
ginnt bereits im städtebaulichen Raum. Die Anbindung
des zu bebauenden Grundstücks sowohl an den ÖPNV • 10% der Bevölkerung auf Barrierefreiheit dringend
als auch an das öffentliche Straßenland sind zu über- angewiesen sind
prüfen, auch wenn die Umgestaltung dieser Anbindung • 40% Barrierefreiheit als notwendige Unterstützung
nicht direkt zur Planungsaufgabe gehört. Für eine lücken- brauchen und
lose Funktionskette ist es dennoch entscheidend fehlende • 100% Barrierefreiheit als Komfortverbesserung schätzen.
Schnittstellen zu analysieren und zu dokumentieren.
Ab der Grundstücksgrenze gilt, dass die Anforderungen Design for all verlangt in jeder Phase des Planungs-
für die verschiedenen Beteiligten detailliert umgesetzt prozesses die Einbeziehung derjenigen, die die Räume
sein müssen, wozu im Planungsprozess folgende Fragen zukünftig nutzen und mit Leben erfüllen sollen, sowie
geklärt und Lösungen gefunden werden müssen: die gleichberechtigte und wirksame Beteiligung von
Menschen mit Behinderungen über deren Verbände und
• Welche Wege führen zum Haupteingang? Organisation. Dazu stehen in Berlin für Barrierefreiheit
• Welche Übergänge mit Bauelementen wie Tore, Türen die AG Bauen und Verkehr – barrierefrei sowie weitere
oder vorhandene Sicherheitsschranken und Kommuni- AGs für Menschen mit Behinderungen in anderen Se-
kationsanlagen sind zu passieren, um zum Ziel/ Ge- natsverwaltungen sowie Landes- oder Bezirksbeiräte für
bäudeeingang zu gelangen? Menschen mit Behinderungen zur Verfügung.
• Wie werden verschiedene Ziele auf dem Grundstück/
im Gebäude erkannt und gefunden? Design for all ist damit ein entscheidender Schritt
• Wie können Ein- und Ausgänge markiert werden? zu einer nachhaltigen Zukunftsentwicklung, die die
• Sind Adresse und Türen gut erkennbar sowie intuitiv und Lebensqualität grundsätzlich verbessert und eine
barrierefrei aufzufinden und zu bedienen? nutzungsfreundliche und kosteneffektive Gestaltung
• Wo ist ein Aufzug verortet? Muss ggf. ein Aufzug von ermöglicht. In diesem Zusammenhang erhält der Ansatz
einer separaten Wegeführung erschlossen werden? eine Schlüsselrolle in der raumbezogenen Forschung
und Planungspraxis. Die zukünftigen Eigenschaften des
Im Inneren eines Gebäudes ist eine lückenlose vertikale gestalteten Raumes orientieren sich an den Anforderun-
wie horizontale Wegeführung zu sichern. Das betrifft gen des barrierefreien Bauens und schließen zusätzli-
die Funktionalität der baulichen Ausführung ebenso wie che Bedürfnisse mit ein. Diese sind:
erforderliche Informationen zur Orientierung.
Die Funktionsketten müssen aufeinander aufbauen und • die generelle Anpassung an den Maßstab Mensch,
eine lückenlose Gebäudenutzung vom Freiraum bis hin • die Beachtung der menschlichen Vielfalt (Gender
zu Detailausführungen ermöglichen, bspw. die Anord- Diversity, Disability Mainstreaming),
nung und Gestaltung von einzelnen Bedienelementen. • die Berücksichtigung von Zielgruppen (z.B. Menschen
Funktionsketten können oder müssen mitunter durch mit Behinderungen) und
Serviceangebote unterstützt werden, besonders wenn • Globalität (internationale Gäste, Menschen mit Mig-
bauliche Lösungen absolut nicht umsetzbar sind. Unter- rationshintergrund)
haltung und Pflege einzelner Bauelemente sind eben-
falls einzubeziehen, um alle Funktionen permanent zu Diese Herangehensweise erfordert ein neues Bewusst-
gewährleisten. Es ist fundamental, ein allumfassendes sein aller am Planen und Bauen Beteiligten, aufgrund
und vorausschauendes Denken und Planen im gesam- folgender Grundsätze des Design for all:
ten Prozess zu implementieren.

11
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
DESIGN FOR ALL

1. Gleichberechtigte Nutzung Design for all ist die bestehende und künftige Zielvor-
2. Flexible Nutzung gabe für die Gestaltung unserer Lebensbereiche und
3. Einfache und intuitive Nutzung als Mainstream in Planungs- und Verwaltungsprozessen
4. Mehr-Sinne-Prinzip zu verankern.
5. Fehlertoleranz
6. Komfortable Bedienung Im Handbuch dargestellte Szenen, Bilder oder Skizzen
7. Bewegungsflächen und -raum sind nicht als konkrete Vorgaben zu verstehen und
unterstützen die Aussagen im Text. Sie sollen Orientie-
Diese Grundsätze sind mit einem hohen ästhetischen rung und Anregung im Planungsprozess geben.
Anspruch in Planung und Realisierung umzusetzen. Die
rechtlichen Vorgaben allein können dies nicht erfüllen. In diesem Sinne ist das vorliegende Handbuch für das
Wer baut, muss bei der Komplexität der Zielsetzung öffentliche Bauen in Berlin zu verstehen und anzuwen-
den Anspruch entwickeln, die bauliche Anlage für alle den. Es ersetzt nicht die rechtzeitige Auseinanderset-
nutzbar zu gestalten. zung mit dem Thema und die Abstimmung von geplan-
Die konsequente Umsetzung des Design for all führt ten Bauvorhaben mit Bürgerinnen und Bürgern sowie
letztlich zu barrierefreien Ergebnissen. Design for all ist mit Fachleuten. Auch die Beteiligung der Landesbeauf-
insofern ein Denkprozess, der in allen Überlegungen tragten oder der Bezirksbeauftragten für Menschen mit
die Barrierefreiheit berücksichtigt. Damit erfolgt ein Behinderung, insbesondere der Arbeitsgruppe Bauen
entscheidender Schritt zu einer nachhaltigen Zukunfts- und Verkehr – barrierefrei. und der Koordinierungsstelle
entwicklung, die grundsätzlich die Lebensqualität in der für barrierefreies Bauen bei der Senatsverwaltung für
Stadt für alle verbessert. Stadtentwicklung und Wohnen ist oft unverzichtbar und
förderlich im Planungsprozess. In der Praxis zeigt sich,
Bei Neubauten von öffentlich zugänglichen Gebäuden dass eine rechtzeitige Beteiligung eine umfassende
ist Barrierefreiheit eine Selbstverständlichkeit geworden. und im Detail funktionierende barrierefreie Gestaltung
Trotzdem gibt es mitunter Schwierigkeiten bei der Ange- gewährleisten und Kosten späterer Nachbesserungen
messenheit der Umsetzung oder bei Veränderungen im vermeiden kann.
baulichen Bestand. Hier sind die vielseitigen Interessen
oft nur schwer in Übereinstimmung zu bringen und stel-
len somit eine größere Herausforderung dar, die Kreativi-
tät und Engagement verlangen.

„Zugänglichkeit und Nutzbarkeit für alle werden


dadurch erreicht, dass die Vielfalt der menschlichen
Fähigkeiten und die damit verbundenen funktionalen
Anforderungen als Grundlage für die Gestaltung
betrachtet werden (...) sodass alle Menschen unab-
hängig von Alter, Größe oder Fähigkeit Zugang zu
den verschiedensten Systemen und Umgebungen
haben.“ EN 17210

12
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

1.4 RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

UN-BRK
UN-Konvention über die
Rechte der Menschen
mit Behinderung

EU
BERLIN
Denkmal-
schutzgesetz
LGBG
Landesgleich-
berechtigungs-
gesetz BGG
BauOBln
alle
Vorhaben
RBBau
bundeseigene Vorhaben

Arbeitstätten-

ABau
landeseigene Vorhaben
verordnung

• Handbücher
• Konzept
Barrierefrei Behinderten-
gleichstellungs-
gesetz

DEUTSCHLAND

European Disability Strategy 2010-2020


European Accessibility Act 2018
EN 17210

Schematische Darstellung gesetzlicher Grundlagen

13
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

1.4.1 UN-KONVENTION ÜBER DIE RECHTE DER refreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umgebung
MENSCHEN MIT BEHINDERUNG – Funktionale Anforderungen” als europäische Norm
vor. Dieser neue Standard formuliert grundlegende,
Der nationale Rechtsrahmen entwickelt sich insbeson- allgemeine funktionale Anforderungen und Empfehlun-
dere durch Auslegung und Durchsetzung der internatio- gen für eine barrierefreie Umgebung auf der Grund-
nalen Gesetzeslage. Die UN-Konvention über die Rech- lage der Prinzipien des „Design for All“. Es werden die
te der Menschen mit Behinderung (UN-BRK) fordert die erforderlichen Schutzziele beschrieben und Kriterien für
Vertragsstaaten zu verstärkter Aktivität für die Erlangung Planung, Bau, Sanierung, Instandhaltung oder Umbau
gleichberechtigter Teilhabe für alle Menschen – mit gezeigt, die die gleichberechtigte und sichere Nutzung
oder ohne Behinderungen – auf. Das Übereinkommen öffentlicher Umgebungen durch diverse Nutzergruppen
konkretisiert und spezifiziert die universellen Menschen- ermöglichen. Der große Umfang und die teilweise kom-
rechte aus der Perspektive von Menschen mit Behinde- plizierte Struktur der Norm spiegeln die große Komple-
rungen und vor dem Hintergrund ihrer Lebenslagen. Zur xität von “Design for all” in gelungenen Funktionsketten
Gestaltung der baulichen Umwelt im Sinne des Design im öffentlichen Raum wieder – es wird kaum möglich
for all sind Artikel 4 “Allgemeine Verpflichtungen “und sein jedes Schutzziel vollumfänglich zu erfüllen.
insbesondere Artikel 4 (1) f, in dem die Entwicklung von
Normen und Richtlinien gefordert wird, sowie Artikel Die künftige EN 17210 wird Auswirkungen grundsätz-
9 “Zugänglichkeit” und Artikel 30 “Teilhabe am kul- licher Art auf das Regeln, Planen und Bauen haben.
turellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport“ Planende und Bauende müssen sich in naher Zukunft
relevant. auf umfangreiche Neuerungen und Änderungen der
Auf Bundes- und Landesebene wurden Maßnahmen- bestehenden gesetzlichen Regelungen vorbereiten und
pläne für die Umsetzung der UN-BRK entwickelt. Eine sollten sich daher frühzeitig mit den Anforderungen der
der Kernaufgaben ist die Bereitstellung von Standards EN 17210 beschäftigen.
und Leitlinien sowie die grundsätzliche Anpassung der
rechtlichen Regelungen, wie bspw. der Bauordnungen 1.4.3 DEUTSCHLAND
der Länder.
Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
1.4.2 EUROPA
Bereits seit dem 1. Mai 2002 gilt in Deutschland das
Seitens der Europäischen Kommission wurde die UN- Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) – das Gesetz
BRK ebenfalls ratifiziert. Die EU hat mit einer “European zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen
Disability Strategy 2010-2020” reagiert. Zur Umsetzung im Bereich des öffentlichen Rechts. Es ist ein wichtiger
dieser Strategie wurde 2018 der “European Accessibility Bestandteil bei der Umsetzung des Benachteiligungs-
Act 2018” verabschiedet. Das EU Mandat 376 hat den verbots, das seit 1994 im Artikel 3 Abs. 3 der Grund-
Auftrag, einheitliche Anforderungen an die Zugänglich- gesetzes – „Niemand darf wegen seiner Behinderung
keit bei der öffentlichen Beschaffung von Produkten und benachteiligt werden“ – verankert ist.
Dienstleistungen von Informations- und Kommunikati-
onstechnologien zu entwickeln. Die Bundesregierung hat mit dem Nationalen Akti-
onsplan und dessen Weiterentwicklung ein Instrument
Von EU-weit einheitlichen und damit auch leichter zu- geschaffen, mit dem sie die Umsetzung der UN-BRK
gänglichen Produkten und Dienstleistungen profitieren systematisch vorantreiben will.
Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen, wie
letztendlich alle EU-Bürgerinnen und -Bürger. Europäi- 1.4.4 BERLIN
sche Normungsgremien wie CEN und CENELEC zielen
daher auf die Harmonisierung der nationalen Normen Berlin hat zur Erfüllung des Benachteiligungsverbots als
ab. So sollen auch z.B. Handelshemmnisse abgebaut erstes Bundesland 1999 ein Landesgleichberechti-
und gleiche Voraussetzungen für den EU-Binnenmarkt gungsgesetz (LGBG) beschlossen. Grundlage ist Artikel
geschaffen werden. 11 der Verfassung von Berlin. Ziel des LGBG ist die
Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen von
Weitere strategische Maßnahmen wurden mit den Man- Menschen mit und ohne Behinderungen. Wichtig ist in
daten M/420 und M/473 „Aufgaben zur Erarbeitung diesem Zusammenhang die Einführung des außer-
einheitlicher EU-Standards“ durchgesetzt. Dazu liegt ordentlichen Klagerechts nach Maßgabe der
aktuell ein Entwurf “E DIN EN 17210:2019-06 Barrie- Verwaltungsgerichtsordnung durch das LGBG (§32).

14
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

Den im Landesbeirat für Menschen mit Behinderung BAUEN IN BERLIN – RECHTLICHE GRUNDLAGEN
vertretenen rechtsfähigen gemeinnützigen Verbänden
oder Vereinen wird die Möglichkeit eingeräumt, durch Die zuvor genannten Aktivitäten auf EU- bzw. Bundes-
Widerspruch und gerichtlichen Rechtsschutz die ebene haben Einfluss auf die Baugesetze und Regelun-
Barrierefreiheit durchzusetzen. Der Begriff der gen auf der Landesebene. Das Zusammenspiel der Re-
Barrierefreiheit ist im § 4 LGBG erstmals definiert. gelungen kann sich im Detail als kompliziert darstellen.
Sie beinhalten das übergeordnete Ziel, Diskriminierung
„Selbstbestimmung statt Fürsorge“ ist die neue zu vermeiden und gleichwertige Lebensbedingungen
Richtschnur. Mit dem Fortschreiten zur Auslegung der für alle Menschen – unabhängig von Geschlecht, Alter,
UN BRK wurde das Gesetz erneut auf den Prüfstand Herkunft, Sexualität oder Behinderung – zu ermöglichen.
gestellt und reformiert. In Berlin wurde frühzeitig der Gedanke des “Design
for all” für öffentliche sowie öffentlich bezuschusste
DIE REFORM DES Bauvorhaben implementiert und weiterentwickelt. Die
LANDESGLEICHBERECHTIGUNGSGESETZES Planungsparameter gehen vor allem von Menschen
mit Behinderungen, Senioren und Eltern sowie Kindern
Das LGBG gibt den rechtlichen Rahmen vor und bildet selbst aus und fordern, deren Interessen und Bedürfnis-
den Dreh- und Angelpunkt hinsichtlich der behinder- se zu berücksichtigen.
tenpolitische Vorgaben in der Berliner Verwaltung. Die
chancengleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben Festgezurrte Parameter können dem nicht Stand halten,
ist noch nicht in allen Bereichen erreicht. Es bestehen Flexibilität und eine genaue Analyse der jeweiligen
weitere Zugangsbarrieren in diversen Sektoren, die es Anforderungen sind bei jedem Vorhaben zu prüfen.
weiter abzubauen gilt; neue Barrieren wie, über den Gleichwohl gilt es, Gewährleistung und Rechtssicher-
technischen Fortschritt kommen hinzu. Entsprechend heit abzudecken. Daher wurden bereits mit der DIN-
den Richtlinien der Regierungspolitik soll das LGBG mit Reihe 18040, Teile 1, 2 und 3 zum Barrierefreien Bauen
den neuen Maßstäben der UN-BRK in Einklang ge- Standards mit Schutzzielbeschreibungen entwickelt. Die
bracht werden. Anforderungen werden mit Schutzzielen beschrieben
und meistens durch Beispiele ergänzt.
Mit der bevorstehenden Novellierung des LGBG kann
deutlich werden, dass die Zielsetzung und das Leitprin- Die jeweiligen für das Bauvorhaben passenden Lösun-
zip eine auf Vielfalt ausgerichtete Gesellschaft ist, an gen gilt es zu finden und mit den Schutzzielen und Bei-
der Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und spielen abzugleichen. Damit einher geht eine Flexibilität
inklusiv teilhaben können. Im Zuge der anstehenden in der Gestaltung, die zur Wahrung der Baukultur nötig
Gesetzesreform sollen die Ziele und Grundsätze der ist und genutzt werden soll.
Konvention niedergelegt, die Grundbegriffe konventi-
onskonform ausgestaltet, klare Umsetzungskonzepte Zum Nachweis der Funktionsfähigkeit braucht es oft-
vorgegeben und effektive Implementierung von Mecha- mals detaillierte Fachkenntnisse, ggf. Bemusterungen
nismen verankert werden. Als substantielle Kernpunkte vor Ort sowie die Einbeziehung Betroffener. Insbeson-
sind die Erweiterung des Pflichtenprogramms der dere die Bedürfnisse von sehbehinderten, blinden und
Träger öffentlicher Belange auch in Bezug auf die hörbehinderten Menschen sind oft differenziert und
Bestandssi-tuationen, die Schaffung von Strukturen zur für nicht-betroffene Akteure schwer nachzuvollziehen.
Umsetzung des Gesetzes vor dem Hintergrund der Ebenso haben Personen mit motorischen Einschränkun-
strukturellen Vorgaben der UN-BRK, die Stärkung der gen oder mit Mobilitätshilfen und Rollstühlen oft sehr
Beteiligungs-rechte der Beauftragten und der Beiräte verschiedene Anforderungen. Aber auch für andere
für Menschen mit Behinderungen sowie der Menschen Personengruppen, wie z. B. groß- oder kleinwüchsige
mit Behinde-rungen als Expertinnen und Experten in Personen, Personen mit kognitiven Einschränkungen,
eigener Sachen, der Anspruch auf angemessene ältere Menschen, Kinder sowie Personen mit Kinderwa-
Vorkehrungen und die Möglichkeiten zur gen oder Gepäck, führen einige Anforderungen dieser
Rechtsdurchsetzung vorgesehen. Norm zu einer Erleichterung bei der Nutzung bzw. Kom-
fortsteigerung.

Genau das sollte Ziel der Lösung sein, den Mehrwert für
alle zu erarbeiten und umzusetzen.

15
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

BAUORDNUNG FÜR BERLIN (BAUO BLN)


Stand 14.05.2020

Die Barrierefreiheit des öffentlichen Raums baulich zu Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen


gewährleisten, ist in erster Linie eine kommunale Ange- (VV TB Bln)
legenheit. Das grundsätzliche Ziel in der BauO Bln wird Die VV TB Bln listet alle verbindlich anzuwendenden
in der Generalklausel in § 3 Allgemeine Anforderungen Standards auf.
wie folgt beschrieben:
„Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern Betriebsverordnung
und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit Die Betriebsverordnung regelt den sicheren Betrieb von
oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und baulichen Anlagen. Die betriebliche Organisation zur
die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet Rettung von Menschen im Rollstuhl wird insbesondere
werden und sie die allgemeinen Anforderungen ihrem in § 1 der Betriebsverordnung geregelt. Auch weiterge-
Zweck entsprechend dauerhaft erfüllen und die Nutz- hende Anforderungen an die Barrierefreiheit werden
barkeit für alle Menschen gewährleistet ist.” für Beherbergungs- und Versammlungsstätten in der
Die Bauordnung für Berlin hat mit dem Dritten Gesetz Betriebsverordnung festgelegt.
zur Änderung der Bauordnung für Berlin, in Kraft seit
01.01.2017, deutlich reagiert. Die gesetzliche Basis für Allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und
öffentlich zugängliche bauliche Anlagen (bauliche Durchführung von Bauaufgaben Berlins – ABau
Anlagen können sowohl Gebäude als auch Anlagen Die ABau regelt die Durchführung von öffentlichen oder
auf Grundstücken sein: “Bauliche Anlagen sind mit dem öffentlich geförderten Bauvorhaben. Die darin getrof-
Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte fenen Regelungen sind zusätzlich zu den geltenden
Anlagen...” ) bildet § 50 Barrierefreies Bauen der BauO öffentlichen-rechtlichen Vorschriften, bspw. der Bauord-
Bln, der bauordnungsrechtliche Mindestanforderun- nung, im Sinne einer Selbstverpflichtung des Landes
gen stellt, die erfüllt sein müssen, um die barrierefreie Berlin, verbindlich umzusetzen. Die dafür entwickelten
Erreichbarkeit und zweckentsprechende Nutzung zu Handbücher “Berlin – Design for all” sind daher nicht
ermöglichen. nur eine Information für das interessierte Fachpublikum,
Der § 50 BauO Bln regelt zuallererst, welche Gebäu- sondern auch konkrete Planungsvorgabe, die in der
de oder Teile von Gebäuden barrierefrei sein müssen. Richtlinie II 120 festgeschrieben ist.
Dafür werden beispielhaft einige öffentlich zugängliche
Gebäude aufgezählt. Konzept Barrierefrei
“Zu den öffentlich zugänglichen Gebäuden gehören Die Anleitung zum ‚Konzept Barrierefrei‘ gibt zusammen
insbesondere: mit den Handbüchern Hilfestellung im Planungsprozess
und zeigt WANN, WER, WAS zu leisten hat. Im Neu-,
• Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens, Um- und Erweiterungsbau sowie bei einer Komplettmo-
• Sport- und Freizeitstätten, dernisierung und einer wesentlichen Nutzungsänderung
• Einrichtungen des Gesundheitswesens, ist ein Konzept Barrierefrei gemäß der “Anleitung zum
• Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude, Konzept Barrierefrei” aufzustellen. Die Anleitung ist
• Verkaufs-,Gast- und Beherbergungsstätten, chronologisch nach den Planungsschritten einer öffent-
• Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen.” lichen Baumaßnahme gemäß ABau aufgebaut. Damit
wird der Grundgedanke des Design for all durch den
Diese Liste ist jedoch nicht abschließend. § 50 BauO gesamten Planungsprozess gesteuert.
Bln entfaltet seine Wirksamkeit auch darüber hinaus auf
weitere öffentlich zugängliche bauliche Anlagen, die
ähnliche Nutzungen aufweisen oder sehr speziell sein
können.
Für eindeutige und detaillierte Planungsvorgaben ist die
BauO Bln nicht ausgelegt. Zur näheren Beschreibung
werden daher Verordnungen, wie z.B. die Betriebsver-
ordnung und DIN-Standards herangezogen, die über
die Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen
(VV TB Bln) eingeführt und so auf Gesetzesebene ange-
hoben werden.

16
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

17
RAHMENBEDINGUNGEN UND LEITBILD
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

DENKMALSCHUTZ UND BARRIEREFREIHEIT

Den Denkmalbehörden ist es sehr wichtig, dass Men- • Welche Forderungen bestehen gegenüber der barrie-
schen mit Behinderungen vom Erlebnis und von der Nut- refreien Nutzung?
zung des kulturellen Erbes nicht ausgeschlossen sind. • Was macht den Wert des Bau-, Boden- oder Garten-
Die UN-BRK fordert ausdrücklich, geeignete Maß- denkmals aus?
nahmen für den Zugang zu kulturellen Einrichtungen, • Wo befindet sich die denkmalrelevante, wandfeste
Darbietungen und Dienstleistungen bereitzustellen. Das Ausstattung wie Holzvertäfelungen oder Wandmale-
gilt „so weit wie möglich“ auch für Denkmale und für reien, besondere Fliesen o.ä.?
Stätten von nationaler kultureller Bedeutung. Denkmal- • Welche Auswirkung hat die Realisierung eines Vorha-
geschützte Bauwerke sind authentische Zeugen der Ver- bens auf das Denkmal?
gangenheit, die als solche heute erfahren und genutzt • Wird das Denkmal dadurch ggf. beeinträchtigt?
werden sollen. Nur so können sie ihren Zweck erfüllen, • Welche konkreten Beeinträchtigungen sind das?
zeittypische Entwicklungen erlebbar machen und auf • Handelt es sich um irreversible Eingriffe, die den Denk-
diese Weise identitätsstiftend wirken. malwert beeinträchtigen?
• Wird eine ästhetische Lösung erreicht, die dem Denk-
Das hat das Berliner Denkmalschutzgesetz bereits 1999 malangemessen ist?
als erstes deutsches Denkmalschutzgesetz ergänzend • Kann der Einsatz einer temporären, mobilen Installa-
in § 11 Abs. 6 klargestellt, dass die Denkmalbehörden tion einen befristeten Kompromiss darstellen, solange
bei ihren Entscheidungen die Belange mobilitätsbe- keine endgültige bauliche Lösung gefunden wird?
hinderter Personen zu berücksichtigen haben. Dabei
ist der Wunsch nach einer barrierefreien Zugänglichkeit Bei der Planung eines barrierefreien Zugangs wünschen
von Denkmalen nicht nur als privater, sondern auch als sich die Denkmalbehörden folgende Herangehensweise:
öffentlicher Belang zu berücksichtigen.
• Es muss ein Gesamtkonzept für eine barrierefreie
Da es sich bei dem von der Denkmalpflege im Interesse Erschließung erstellt werden mit Parkplätzen, öffentli-
der Allgemeinheit zu bewahrenden kulturellen Erbe um chem Nahverkehr, Straßenraum, Beleuchtung, Be-
Unikate und einzig verbliebene Zeitzeugnisse unserer schriftung usw.
Bau- und Kulturgeschichte handelt, sind schematische • Die technischen und gestalterischen Möglichkeiten
und verallgemeinerbare Lösungsansätze zur Umsetzung von verfügbaren Lösungen müssen ausgeschöpft und
barrierefreier Baumaßnahmen nicht möglich. Damit ein auf die konkrete Situation zugeschnitten werden.
Denkmal als unverfälschtes Geschichtszeugnis seine • Der konkrete Entwurf muss die Verhältnismäßigkeit
historische Aussagekraft in Gegenwart und Zukunft bei- zwischen einer barrierefreien Zugänglichkeit, dem
behalten kann, ist es notwendig, sowohl die denkmalre- nutzerbedingtem Anliegen und einem öffentlichem
levante Qualität und Substanz des Bestandes als auch Erhaltungsinteresse am kulturellen Erbe wahren.
das Erscheinungsbild zu erhalten. Rekonstruktionen
können das Original lediglich abbilden, es aber mit all Im Bewusstsein der verfassungsrechtlichen und denk-
seinen vielfältigen Informationen nicht ersetzen. Daraus malschutzgesetzlichen Verpflichtung und in Kenntnis
folgt, dass die Belange abgewogen werden müssen. sich wandelnder Nutzungsbedürfnisse und -anforderun-
gen engagieren sich die Berliner Denkmalbehörden ak-
Dieser Abwägungsprozess kann gelingen, wenn er tiv für die Barrierefreiheit. Dies gilt sowohl für private als
durch einen verständnisvollen gleichberechtigten Dia- auch für öffentlich genutzte Gebäude und Freiräume.
log konsensorientiert erfolgt. Daher muss stets im Einzel-
fall geprüft werden, welche Auswirkung eine geplante
Maßnahme auf das Denkmal hat. Der zu befürchtende
Verlust am Denkmal muss ins Verhältnis gesetzt werden
zur Verbesserung von Zugänglichkeit und Erfahrbarkeit.
Bei der geforderten Einzelfallprüfung orientieren sich
die Berliner Denkmalbehörden an folgenden Fragen:

18
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
MAßSTAB MENSCH

2. ANFORDER-
UNGEN UND

150 135 150


150 135 150

2.1 MAßSTAB MENSCH


Planungsvorgaben beziehen sich meist auf idealisierte bzw. Seh- oder Hörhilfen bestimmt. Am meisten beein-
Maße. Diese idealisierten Körpermaße und die Körper- flussen die Bewegungsräume rollstuhlfahrender Perso-
haltung bestimmen die Dimensionierung von Bewe- nen die Bausubstanz. Grundsätzlich dürfen Bewegungs-
gungsräumen, Begegnungsflächen und Ausstattungen. räume und Begegnungsflächen nicht eingeschränkt
Die Planung soll allen Nutzerinnen und Nutzern gerecht werden. Nutzungsbedingte Überlagerungen sind
werden. Unterschiedliche Körpergrößen begrenzen die möglich.
Übersichtlichkeit und Orientierung wie beispielsweise
die Augenhöhe. Die Bewegungsräume müssen nicht Rollatoren sind heute ein nicht mehr wegzudenkendes
nur die körperlichen Maße berücksichtigen. Sie werden Hilfsmittel für Menschen mit temporären oder dauer-
auch durch Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Rollstuhl haften Gehbeeinträchtigungen oder einer allgemein

19
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
MAßSTAB MENSCH

FÄHIGKEITEN
DES MENSCHEN

≤80
≥67
≥35

110 110
110 110

10 30

schwachen Körperkonstitution. Besonders unter dem berollbar ist. Die im Außenbereich maximal zulässigen
Gesichtspunkt der demografischen Entwicklung ist mit Höhenunterschiede von 3 cm können bei Rollatoren
einer steigenden Zunahme von Menschen mit Rolla- bereits problematisch werden. Es wird empfohlen eine
toren im öffentlichen Raum zu rechnen. Deshalb muss Höhe von 2 cm nicht zu überschreiten und unvermeid-
neben den Rollstuhlnutzern auch diese Gruppe bei bare Schwellen angeschrägt oder abgerundet auszu-
einer zukünftigen Planung berücksichtigt werden. Im All- führen. Bei der Höhenanordnung von Bedienelementen
gemeinen gelten für den Innen- und Außenbereich die sind die Anforderungen von im Rollstuhl sitzenden und
Anforderungen, die auch für die Nutzung im Rollstuhl stehenden Personen, auch mit Rollator, abzuwägen.
erforderlich sind wie z.B. ausreichende Bewegungsflä-
chen und ein ebener, rutschfester Bodenbelag, der gut

20
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
MAßSTAB MENSCH

2.2 MAßE UND BEWEGUNGSFLÄCHEN

Platzbedarf Fläche BxT Beschreibung


in cm

Begegnungsflächen ≥ 180 x 180 • für die Begegnung von Rollstuhl nutzenden Personen
• auf Gehwegen/Fluren nach max. 15 m Länge

Bewegungsflächen ≥ 150 x 150 • für Richtungswechsel, Rangiervorgänge, Begegnungen


• vor Drehflügeltüren (Öffnungsseite)
• Wartefläche vor Aufzugstüren, zusätzl. Durchgangs-
breite von 90 cm bei Überlagerung mit anderen
Verkehrsflächen
• am Anfang und am Ende einer Rampe
• vor Service-Einrichtungen (z.B. Kassen, Automaten,
Briefeinwürfe, Ruf- und Sprechanlagen)
• vor Bedienelementen
• z.B. vor WC-Becken, Waschtisch, Duschplatz

PKW-Stellplätze ≥ 350 x 500 • bei Garagen automatischer Türantrieb

Rollstuhlabstellplatz ≥ 180 x 150 • zusätzlich gleiche Fläche vor dem Rollstuhlabstellplatz

Standfläche bei ≥ 150 x 90 • bei seitlicher Anfahrbarkeit


fester Bestuhlung ≥ 130 x 90 • bei rückwärtiger bzw. frontaler Anfahrbarkeit

Tiefe in cm

≥ 300 • Abstand vor abwärtsführenden Treppen gegenüber Aufzugstüren

≥ 250 • Abstand Taster vor Drehflügeltür (Öffnungsseite) bei frontaler


Anfahrt

≥ 150 • Türen mit gegenüberliegender Wand


• bei frontaler Anfahrt Tür: Taster Schiebetür; Drehflügeltür
(Schließseite)
• Zwischenpodeste bei Rampen nach 600 cm Rampenlauf
• vor Rollstuhlabstellplätzen
• vor Liegen 180 cm breit (z.B. in Umkleideräumen)

≥ 120 • bei unterfahrbarer Breite ≥ 150 cm, ansonsten T =150 cm

≥ 70 • von WC-Beckenvorderkante bis zur rückwärtigen Wand

≥ 55 • Unterfahrbarkeit

≥ 50 • Abstand zu Hauptschließkanten bei seitlicher Anfahrt an Türen


• Abstand Bedienelemente zu Raumecken

≥ 45 • Waschbecken, Dusch-Klappsitz

21
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
MAßSTAB MENSCH

Platzbedarf Fläche BxT Beschreibung


in cm

Breite in cm

≥ 150 • Gehwege, Flure und sonstige Verkehrsflächen mit Begegnung


bis 15 m Länge

≥ 120 • Gehwege, Flure, Rampen und sonstige Verkehrsflächen bis


max. 6 m ohne Richtungsänderung, Wendemöglichkeit davor
und danach
• seitliche Anfahrt mit 150 cm Flächenlänge in Fahrtrichtung

≥ 90 • Durchgänge, Türen
• Unterfahrbarkeit
• zu jeder Seite des WC-Beckens

RAMPEN
108

72

36

600 0
100
Höhe (cm) Höhe (cm)
Rampenlänge (m) = Steigung (%) = Höhe (cm) = Steigung (%) x Länge (m)
Steigung (%) Länge (m)

TREPPEN TÜREN

3-5

1-2
≤26
max. 2

Detail Setzstufe max. Leibungstiefe


für manuelles Türöffnen

22
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN

2.3 EIGENSCHAFTEN UND FÄHIGKEITEN DER


NUTZERINNEN UND NUTZER IM
ÖFFENTLICHEN RAUM

Planungsabläufe im öffentlichen Raum sind – vorwie-


gend auf Rationalismus ausgerichteten und damit
technischen und finanziellen Parametern unterlegen.
Mit der Zielsetzung des Design for all soll generell der
„Maßstab Mensch“ mehr Berücksichtigung finden. Der
„Maßstab Mensch“ soll dabei nicht nur als Proporti-
onsschema für Bewegungsabläufe, sondern auch als
Maßstab für die Nutzung und Wahrnehmung betrachtet
werden. Die Architektur soll sich denjenigen, von denen
sie genutzt wird, selbst erklären und eine klare Orientie-
rung und Funktion geben. Der Mensch hat sich nicht im
öffentlichen Raum einer planerischen Idee zu unterwer-
fen. Viel mehr sollen die Planenden die Erfordernisse
und Möglichkeiten der Vielfalt der Nutzerinnen und Nut-
zer sowie deren Diversität durchgängig im Planungsver-
lauf begleiten und berücksichtigen. Die Grundlage zur
Bemessung von Räumen stellt der Mensch mit seinen
Bewegungsmöglichkeiten und seinen Aktionsradien dar.
Ursprünglich bezogen sich die Bemessungsmaßstäbe
(Fuß, Elle, Schritt) direkt auf den menschlichen Körper
(Proportionsschema nach Leonardo da Vinci).

Einschränkungen menschlicher Aktionsmöglichkeiten


lassen sich heute oft sehr gut mit baulichen technischen
Hilfsmitteln kompensieren, wodurch sich teils übliche
Maße, die aus Idealbildern entstanden sind, z.B. Reich-
weite und -höhe, verschieben können. Der Bewegungs-
raum ist so zu bemessen, dass die Menschen gemäß
ihren persönlichen Bedingungen frei und ohne Ein-
schränkung agieren können. Vier Grundanforderungen
sind zu unterscheiden:

• Anforderungen motorischer Art


• Anforderungen sensorischer Art
• Anforderungen kognitiver Art
• Anforderungen digitaler Art

23
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN

Menschliches Proportionsschema nach Leonardo da Vinci


Körpermaße + Dezimalsystem
Idealisierte Körpermaße bei angenommener
Körperhöhe von 183 cm

45,75 cm
Elle

70 cm
183 cm

113 cm
91,5 cm

30,5 cm 15,25 cm
Fuß Spanne

Elle = vom Ellenbogen bis zur Mittelfingerspitze


Fuß = von der Ferse bis zur Zehe
Spanne = Abstand zwischen Daumen- und Mittelfingerspitze

24
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
MOTORIK

120
183

70
60

43

Augenhöhe
ca. 125

Augenhöhe
ca. 105

Arbeits-
höhe 80 Arbeitshöhe
70-75

Kniehöhe
ca. 60 Kniehöhe
ca. 60 110
40-55
70-75
40
30

Greifhöhen Kinder

2.3.1 ANFORDERUNGEN MOTORISCHER ART

Personen mit Einschränkungen motorischer Art:


• Personen mit vermindertem oder fehlendem
Bewegungsvermögen, vor allem der Arme, Beine
und Hände Motorische Fähigkeiten sind:
• Personen mit Mobilitätshilfen und Rollstühlen Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Koordination und Beweg-
• Kinder, klein- und großwüchsige Menschen lichkeit, die sich in Konditions- und Koordinationsfähig-
• ältere Menschen keiten aufteilen. Zur Erstellung der Funktionalität müssen
• Personen mit Gepäck oder Kinderwagen neben den durchschnittlichen Maßen auch die größten

25
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
SENSORIK

900 Augenhöhe 160


125

FO
100

IN
205

optimaler
Lesebereich

113
83

AUGENHÖHE
Augenhöhe
ca. 125

Auge
ca. 10

40-60
Arbeits-
höhe 80 Arbei
70-75

Kniehöhe
ca. 60 Knieh
120

ca. 60
80
40

Greifhöhen Erwachsene

2.3.2 ANFORDERUNGEN SENSORISCHER ART

Die Umwelt wird im Allgemeinen über die Kombination


verschiedener Sinne wahrgenommen, wobei rund 80%
der Wahrnehmung durch das Sehen erfolgt. Um Ein-
und kleinsten Maße Berücksichtigung finden, was zu schränkungen oder Ausfälle kompensieren zu können,
einem erhöhten Platzbedarf führen kann. Besonders zu ist die gleichzeitige Informationsaufnahme über zwei
beachten sind eine horizontale wie vertikale Erschlie- oder mehr Sinne notwendig – Mehr-Sinne-Prinzip – z.B.
ßung, Durchgangsbreiten und Höhen von Bedienele- müssen wichtige visuelle Informationen auch akustisch
menten. oder taktil wiedergegeben werden.

26
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
SENSORIK

ALTERSBEDINGTE VERÄNDERUNG DER SEHKRAFT

d
Verän erung Lebensalter 40°
vermehrter Lichtbedarf 35 + B
Nachlassende Akkomodationsbreite 40 + 35°
Höhere Blendempfindlichkeit 40 + Fixat
A ionslin
Schlechtere Anpassung an grelles Licht 40 + ie
Verminderte Tiefenwahrnehmung 40 + 20°
Verminderte Sehschärfe 50 +
Verzögerte Dunkelanpassung 55 +
Einengung des Gesichtsfeldes 55 + Gesichtsfeld: A: optimales Gesichtsfeld
Längere Dauer für scharfe Wahrnehmung B: maximales Gesichtsfeld
eines Objektes 55 +
Schlechtere Farbwahrnehmung 70 +
30°
15°
A
B

„Wer nicht sieht, verliert den Kontakt zu den Dingen.


90°
SEHEN D
70°
Biologisch betrachtet unterscheiden sich die Anforde- C
rungsprofile durch verschiedene Einschränkungen und
Erkrankungen des Auges. Die Hauptdifferenzierung liegt
in:

• Verringerung der Sehschärfe,


• Sehbehinderungen, wie bspw. Gesichtsfeldeinschrän-
40°
kungen oder erhöhte Blendempfindlichkeit
• frühe Erblindung, 60°
• späte Erblindung.
Blickfeld: C: maximales Blickfeld
Die visuelle Wahrnehmung der Umwelt hängt neben D: erweitertes Blickfeld
95° D
den jeweiligen organischen Fähigkeiten auch von äu- 90°
ßeren Bedingungen, von natürlichen Licht- und Schat- C
tenverhältnissen, von künstlicher Beleuchtung, von der
Farbe, von Form und Struktur der Oberfläche ab. Bei
Blindheit überwiegt die haptische Wahrnehmung. Men-
schen mit einer Sehbehinderung benötigen für visuelle
Informationen kontrastreiche Helligkeitsunterschiede.
Es wird hierbei zwischen dem Leuchtdichtekontrast und
dem Farbkontrast unterschieden. Personen mit einem
beeinträchtigtem Farbsinn erhalten primär durch den
Leuchtdichtekontrast ihre notwendige visuelle Informa- 90°
tion. 95°

27
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
SENSORIK

ALTERSBEDINGTE VERÄNDERUNG DES HÖRENS / ALTERSBEDINGTE VERÄNDERUNG DES TASTENS


TASTENS DURCH REDUZIERTE OBERFLÄCHENSENSIBILITÄT

Veränderung Lebensalter d
Verän erung Lebensalter
Verminderte Hörföhikkeit Verminderung der Tastkörperchen 20 +
bei Männern/Frauen 32 +/37+ Graduelle Abnahme der Hautsensibilität 30 +
Störanfälligkeit für
Hintergrundgeräusche 45 +
Einseitiges Hören 70 +
Deutliche Altersschwerhörigkeit 70 +
Gravierende Störung des Sprachverstehens 70 +

Wer nicht hört, verliert den Kontakt zu den Menschen.“


Immanuel Kant

HÖREN TASTEN/FÜHLEN

Neben dem Sehen ist die Aufnahme akustischer Signale Der Tastsinn ist bei vielen Menschen mit Seheinschrän-
sowie die sprachliche Kommunikation ein bedeutendes kungen besonders gut ausgebildet. Taktile oder hapti-
Element zur Orientierung im öffentlichen Raum. Die sche Oberflächenstrukturen werden von diesen zur Ori-
Anforderungen variieren nach: entierung und Informationsaufnahme gezielt verwendet.
Informationsebenen sind dabei Form und Oberfläche
• Schwerhörigkeit, des eingesetzten Materials, ebenso wie dessen Struktur
• Spätertaubung und und Temperatur sowie der Kontrast dieser Parameter
• Gehörlosigkeit. untereinander oder zur Umgebung. Spezifische Elemen-
te sind z.B.:
Bei leichter und mittlerer Schwerhörigkeit werden neben
der Vermeidung von Nebengeräuschen und Halleffek- • Tastpläne (Grundrisse, Stadtpläne, Streckennetze
ten gut funktionierende Beschallungsanlagen sowie des ÖPNV)
eine optimale akustische Informationswiedergabe • taktile Schriftzeichen (ertastbare alphabetische Schrift
notwendig. Bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit erhabene Schwarzschrift, Brailleschrift, Piktogramme).
(Implantat- oder Hörgeräteträger) können Höranlagen, • figürliche Darstellungen (Tastmodelle)
eine gute Ausleuchtung und Visualisierungen eingesetzt • Bodenstrukturen mit taktilen Informationen oder Boden-
werden. Spätertaubte Menschen benötigen vor allem indikatoren im Sinne der DIN 32984 in Leitsystemen.
eine Visualisierung von Informationen. Gehörlosigkeit
erfordert neben der ausschließlichen Visualisierung Riechen und Schmecken sind in der Bauplanung nur
auch das Dolmetschen in Gebärdensprache. geringfügig gezielt eingesetzte Elemente. Sie können
Hörbeeinträchtigungen werden von der Umwelt oft nur für den Einzelnen dennoch von großer Bedeutung sein.
bei näherem Kommunikationskontakt wahrgenommen. So kann der Riechsinn die Orientierung unterstützen.
Als Beispiel einer gezielten Anwendung kann hier ein
Duftgarten genannt werden.

28
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
KOGNITION

Taktile „points of interest“ zeigen an wo Informationen mit


Hilfe eines RFID-Scanners abgerufen werden können

„Lupenmodelle“ im Maßstab 1:500

Ein Smartphone vermittelt die


Informationen akustisch und visuell

Ausschnitt des sprechenden Tastmo-


dells von Berlin im Maßstab 1:2000,
gebaut: Modell+Design, TU Berlin

2.3.3 ANFORDERUNGEN KOGNITIVER ART

KOGNITION

Die Kognition bezeichnet die Fähigkeit, sensorische Je umfangreicher die Verarbeitungsleistung des Gehirns
Informationen aus der Umwelt aufzunehmen und sie zu gefordert wird, desto schwieriger ist es, diese auszu-
verarbeiten. Sie ist somit die Schnittstelle zwischen der führen. Im Hinblick auf Gestaltungsfragen heißt das,
Umwelt und dem menschlichen Gehirn. Das verdeut- dass Informationen leicht auffindbar, verständlich und
licht, wie zentral es für eine nutzerfreundliche Gestal- eindeutig sein müssen. Hierbei kann das Affordanz-
tung ist, Kenntnisse über die menschliche Wahrnehmung prinzip sehr hilfreich sein, da es sehr direkt mit dem
in Gestaltungsüberlegungen mit einfließen zu lassen. Nutzer kommuniziert und nur niedrigschwellige kognitive
Die Kognition kann nach Hayes (1995) in folgende Be- Prozesse beteiligt sind.
reiche gegliedert werden: Auf baulicher Ebene stehen dabei im Vordergrund: eine
einfache Grundrissgestaltung (klare raumbegrenzende
• Wahrnehmung der Umwelt: Über unsere Sinne Flächen mit möglichst einfachen geometrischen For-
• Aufmerksamkeit auf spezielle Geschehen: Objekte men) sowie Verwendung einfacher Terminologien (z. B.
des Interesses bei Wegweisern oder Leitsystemen, beim Einsatz von
• Nachdenken: Verarbeitung der Information im Gehirn Computern oder Automaten). Neben der erforderlichen
• Speichern der Information: Gedächtnisspeicher für Anwendung von einfachen Darstellungen besonders bei
spätere Erinnerung Orientierungssystemen wird eine barrierefreie Gestal-
• Zuweisung von Bedeutungen: meist über die Sprache tung der Informationstechnik immer dringlicher (Kapitel
4.5, S. 49).
KOGNITIVE STÖRUNGEN
LEICHTE SPRACHE
Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland
rund 1,6 Millionen schwerbehinderte Menschen mit geis- Die Gesellschaft sieht sich zunehmend mit einer Über-
tigen oder seelischen Behinderungen und zerebralen flutung von Informationen konfrontiert, die sich nur
Störungen (2017). Kognitive Einschränkungen können schwer oder oberflächlich verarbeiten lässt. Leichte
aber auch alters- oder krankheitsbedingte Ursachen Sprache und Einfache Sprache ermöglichen ein besse-
haben, wie z.B. Demenz, Parkinson, Schizophrenie, res Verständnis von Inhalten und davon profitieren alle
Schlaganfall, Multiple Sklerose. Menschen, nicht nur Menschen mit kognitiven Beein-
Kognitive Störungen erschweren es dem Menschen sich trächtigungen oder einer anderen Muttersprache.
in seiner Umwelt zurechtzufinden. Dabei gilt:

29
ANFORDERUNGEN UND FÄHIGKEITEN
DIGITALITÄT

2.3.4 ANFORDERUNGEN ZUR DIGITALEN DIGITALES FÜHLEN


WAHRNEHMUNG
Die haptische Wahrnehmung im digitalen bzw. hybriden
Im Zuge der Digitalisierung verändern sich nicht nur Kontext bezieht sich vor allem auf Aspekte der (be-)
Formen der Kommunikation, des Raumes, der Produk- greifbaren Interaktion. Etwa wenn das Berühren eines
tion, Wissensverbreitung, Freizeitgestaltung, Bildung, Touchscreens an einen Vibrationsimpuls als Rückmel-
Arbeit und Fortbewegung, sondern auch die unserer dung gekoppelt ist. Intuitive Bedienbarkeiten lassen
sinnlichen Wahrnehmung. sich hier teils unmittelbarer erzeugen als rein visuell. Ein
Der Mensch denkt, fühlt, handelt und gestaltet unter Beispiel sind die so genannten TUIs: Als Tangible User
Bezugnahme auf und in Beziehung zu seiner gegen- Interfaces bezeichnet man (be-)greifbare Bedienober-
ständlichen Umwelt. Die Lebenswelt des Menschen ist flächen und Geräte, mit denen digitale Interaktionen
von Dingen durchzogen, die immer mehr mit digitalen anhand von physischen Objekten möglich sind. TUIs
Strukturen verbunden sind. So besteht ein kausaler Zu- stehen dem Konzept des GUIs (Graphical User Inter-
sammenhang einer sozialen – nicht zuletzt emotionalen face) gegenüber, bei dem es um die Interaktion mit
– zur dinglichen und digitalen Welt. Geht man davon Hilfe von grafischen Steuerelementen geht (etwa durch
aus, dass der Mensch bei zunehmender Digitalisierung Klicken von Buttons auf einem Bildschirm per Mouse-
auch mit einer erhöhten Reizdichte und Impulsfrequenz, Befehl). Eine tangible Interaktion kann sich auf unter-
und folglich mit einer erhöhten Anforderung zur Ein- schiedliche Körperbereiche beziehen, etwa indem sich
drucks- und Informationsverarbeitung konfrontiert ist, durch entsprechend platzierte Elektroden gezielt Reize
wird deutlich, dass die Digitalisierung unserer Alltags- auslösen lassen, die den Eindruck eines bestimmten
welt nicht ohne neurokognitive Konsequenzen bleibt. haptischen Gefühls vermitteln.
Für Gestaltende und Planende ergeben sich gleich meh- Weitere Forschungen beschäftigen sich zudem mit
rere, im Folgenden beispielhaft skizzierte Aufgabenbe- Aspekten des digitalen Riechens beispielsweise bei
reiche, die sich insbesondere auf die unterschiedlichen der künstlichen Erzeugung und Simulation von Aro-
Sinnes- und Wahrnehmungsorgane und deren immersive mastoffen, was unweigerlich auch den Bereich des
Adressierung im digitalen Kontext beziehen. Immersion digitalen Schmeckens tangiert, da die hier adressierten
fungiert in diesem Zusammenhang als Oberbegriff für Rezeptoren teils nah beieinander liegen, teils identisch
das Eintauchen in eine, nicht zwangsläufig gänzlich sind. Die Riechzellen der Nase sind maßgeblich an der
digital simulierte, zumindest aber digital ergänzend Geschmacksempfindung beteiligt.
unterstützte, „erweiterte Realität“, deren Erfahrbarkeit In städtebaulichen Zusammenhängen ergeben sich im
sich aus einer Verquickung von sinnlichen Eindrücken Kontext der digitalen Wahrnehmung spannende Mög-
zusammensetzt. lichkeiten, etwa wenn es darum geht, fehlende oder
beeinträchtigte Sinne bestimmter Nutzenden(-gruppen)
DIGITALES SEHEN digital zu unterstützen, wenn nicht gar zu ersetzen.
Gerade im Zusammenspiel von vernetzten Dingen
Hier ist vor allem die Mixed Reality (Vermischte Realität) und Architekturen mit den digitalen Infrastrukturen wie
zu nennen. Damit werden Systeme oder Umgebungen Smartphones und dergleichen, zeichnen sich hier Mög-
bezeichnet, die die natürliche Wahrnehmung der Nut- lichkeiten ab, bestimmte (Sinnes-) Reize durch andere
zenden mit künstlich (digital) erzeugten Wahrnehmungs- auszugleichen oder künstlich zu simulieren.
weisen verbinden. Die bekanntesten Beispiele sind Auch auf dem Gebiet der Architektur-, Bau- und Pla-
Virtual Reality (virtuelle Realität) und Augmented Reality nungsvermittlung sind längst Veränderungen zu ver-
(erweiterte Realität). zeichnen. Baupläne und Modelle für zukünftige Plätze
und Gebäude etwa, sind nicht für jedermann gleich
DIGITALES HÖREN zugänglich und plausibel zu erkennen. Immersive
Simulationen und erweiterte Erfahrungswelten können
Bekannte Beispiele wie etwa 3D- oder Surround-Sound dabei behilflich sein, andere, vielleicht neue Formen
entstammen zumeist dem Gebiet des (Home-) Enter- räumlicher sowie generell sinnlicher Wahrnehmung zu
tainments, z. B. bei Musikaufnahmen, Kino/Film oder befördern.
Videogames. Die Erzeugung und Wiedergabe einer Zweifelsohne sind die Möglichkeiten der digitalen Wahr-
möglichst realistischen, mitunter hyperrealistischen nehmung, die ja nicht zuletzt ein weiteres Indiz für die
Raumklang-Erfahrung umfasst dabei gleichermaßen zunehmende Hybridisierung von Mensch und Maschine
die Fortentwicklung von Softwaretechnologien und sind, auch an gesellschaftliche Herausforderungen ge-
Ausgabegeräten. knüpft, die es verantwortungsbewusst zu ergründen gilt.

30
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
ALLGEMEINES

3. ORIENTIEREN
IM

Eine Orientierung im öffentlichen Raum stellt ein äu- Sprache (kognitiv), bereitzustellen. Sinneswahrnehmun-
ßerst komplexes Geschehen dar, das bewusst und un- gen können bei der Vermittlung in der Gestaltung sehr
bewusst vollzogen wird. Die menschlichen Fähigkeiten gut und gezielt berücksichtigt werden. Je bewusster und
werden dazu vielschichtig und individuell genutzt und eindeutiger dies vermittelt wird, umso verständlicher
nach dem sogenannten Mehr-Sinne-Prinzip umgesetzt. wird es auch wahrgenommen. Hierbei ist zu bedenken,
In der Regel werden die Sinne Sehen, Hören und Tasten was im Konzept und in der Ausgestaltung eindeutig und
berücksichtigt. Der Mensch verfügt jedoch über mehr klar vermittelt wahrgenommen werden kann oder soll.
als nur drei Sinne, die beim barrierefreien Planen und Je entscheidender, entwurfsrelevanter und bedeutender
Bauen ebenso berücksichtigt werden müssen. Zu den eine Information ist, desto eindeutiger muss das wahr-
Sinnen gehören: genommene Ergebnis vermittelt werden.
Für die Leitung und Orientierung gilt:
• sensorische Sinne mit Sehen; Hören; Tasten und Fühlen;
Riechen und Schmecken; Gleichgewicht • gut und sicher auffindbar und erreichbar (ggf. gemäß
• motorische Sinne mit Geschicklichkeit; Handhabung; normierter Blindenleitsystemen bzw. DIN 32984)
Beweglichkeit; Kraft bzw. Kondition; Stimme • eindeutig wahrnehmbar (lesbar, tastbar, hörbar)
• kognitive Sinne mit Intellekt, Vorstellung, Gedächtnis; • einfach verständlich
Sprache, Alphabetisierung • grammatikalisch richtig
• durchgängig in Wegeketten und Handlungsabläufen
Daher sind z.B. visuelle Informationen (Sehen) auch • einheitliches Grundprinzip zur Wiedererkennung trotz
taktil (Tasten) oder akustisch (Hören), ggf. in Leichter projektspezifischer Umsetzung

31
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
ALLGEMEINES

ÖFFENTLICHEN
RAUM

Bürgeramt
EG

III IV

I VI

Priorität hat immer eine Gestaltung,


die sich allen Beteiligten intuitiv erschließt.
Bei der Qualität der Ausführung, Pflege und Wartung ist das Ziel möglichst einfach und gefahrlos erreichen
auf die Wahrung der Wahrnehmbarkeit (besonders im können. Dabei wird auf eine gemeinsame Wegeführung
Außenbereich) ohne Irritation zu achten. Für die gebau- zu einem Gebäude, ebenso wie im Gebäude, für alle
te Umwelt können ebenfalls vielschichtige Instrumente Nutzenden Wert gelegt.
genutzt werden. Das erfolgt durch städtebauliche Die Berücksichtigung aller Nutzergruppen in einer frü-
und architektonische Gestaltung wie z.B. Landmarks, hen Phase der Entwicklung der Gebäude- und Erschlie-
Vorbauten, Vordächer und andere Formen, Farben ßungsstruktur, kann die Entwicklung und Ausführung
etc. Mittels Wegweisern und Schildern können Wege eines komplexen und schlüssigen, durchgängigen und
präzise vorgegeben werden. Weitere Pläne, Modelle intuitiven Leit- und Orientierungssystem maßgeblich be-
oder moderne Techniken unterstützen diesen Vorgang einflussen. Logische und verständliche Gebäude- und
im Detail. Grundsätzlich sind Systeme zur Orientierung Freiraumstrukturen benötigen dann weniger ergänzende
sowie zur Informationsvermittlung so herzustellen und spezifische Leitsysteme.
zu unterhalten, dass alle Nutzergruppen den Weg und

32
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
KOGNITION

INFO 160 Augenhöhe

ca. 151 - 163


Augenhöhe INFORMATION
INFORMATION
120
ca. 120 - 125

Sichthöhen Beschilderung

3.1 VISUELLES WAHRNEHMEN

Da 80% der Informationsaufnahmen über den Sehsinn • Größe des Sehobjektes


erfolgen, werden Gebäudeinformationen hauptsäch- • Form (z.B. Schrift, Beschilderung)
lich visuell vermittelt. Sie müssen dennoch so gestaltet • Farb- und Materialauswahl
werden, dass sie für alle erkennbar sind, auch von • räumliche Anordnung des Sehobjektes
Menschen mit visuellen Einschränkungen. • Betrachtungsabstand
Zu berücksichtigen ist, dass der visuelle Kontrast von • Belichtung und Beleuchtung (Kapitel 4.1.2, S. 45)
Materialien oder Elementen mit Leitfunktion im Innen- • und der Leuchtdichtekontrast (hell/dunkel) zum Umfeld
und Außenraum, unabhängig von Witterung und Ver-
schmutzung, erhalten bleibt. Materialien bzw. Elemente, Informationen, die nur aus kurzer Lesedistanz wahr-
die eine Leitfunktion übernehmen, sollten sich zugunsten nehmbar sind, müssen für ein nahes Herantreten und
von Personen mit Restsehvermögen kontrastreich vom die Betrachtung aus dem Rollstuhl frei zugänglich sein.
Umfeld abheben. Wichtige Einflussfaktoren für das
Sehen und Erkennen sind dabei:

33
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
ALLGEMEINES

3.2 TAKTILES WAHRNEHMEN

Taktile Informationen sind vor allem für blinde- und seh- Auffindbarkeit sowie ein detailliertes Wissen über die
behinderte Menschen eine wichtige Form der Informa- Ziele im Gebäude sind blinden Besuchenden oft nur
tionsvermittlung und werden auf unterschiedliche Weise unzureichend taktil vermittelbar. Alle notwendigen Infor-
wahrgenommen: mationen zum Gebäude und zu dessen Nutzung müs-
sen daher barrierefrei im Internet vorab beschrieben
• mit den Fingern, sein. Digitale Leitsysteme können in komplexen Einrich-
• mit den Händen, tungen analoge bauliche Maßnahmen unterstützen.
• mit den Füßen, Zu beachten ist die Durchgängigkeit der Informations-
• mit dem Langstock. vermittlung vom Ausgangs- zum Zielort.

Hinweise zum Vorhandensein von taktilen Informations-


elementen wie Materialwechsel, taktile Schilder, Tast-
pläne oder Modelle bzw. Bodenindikatoren und deren

34
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
AKUSTIK

3.3 AKUSTISCHES WAHRNEHMEN

Akustische Informationen sowie sprachliche Kom-


munikation müssen sowohl für Menschen anderer
Muttersprache, Menschen mit erhöhtem Bedarf an
Sprachverständlichkeit, z.B. bei einer Beeinträchtigung
der Sprachverarbeitung, Konzentration- oder Aufmerk-
samkeit, als auch für Menschen mit eingeschränktem
Hörsinn verständlich sein. Für stark sehbeeinträchtigte
Menschen kompensieren die akustischen Informationen
DIREKT
auf entscheidende Art den Sehsinn.
Zu erreichen ist dies über:

• eine geringe Lautstärke von Fremdgeräuschen (außen/


innen)
• eine starke und frühe Schallreflexion und
• eine kurze Nachhallzeit.

Die Raumgröße, Raumgeometrie und die Struktur und


Oberfläche von Wänden und Decken beeinflussen
die Schalllenkung und Schallsteuerung im Raum. Eine
Dämpfung des Schalls wirkt sich immer günstig aus.
Dies ist mit geeigneten Materialien an Wänden, Decken
und teilweise auch Böden zu erreichen. Spezielle Ab-
sorber können sich positiv auf die Nachhallzeit auswir-
ken. Dabei ist genau darauf zu achten, welche hörtech-
nischen Anforderungen an die Räumlichkeiten gestellt
werden, also welche Nutzung vorwiegend zu erwarten
ist. Wie unterschiedliche Nachhallzeiten zu erreichen
sind, wird in der DIN 18041:2016-03, geregelt. Es wird
grundsätzlich unterschieden zwischen:

• Räumen mit auditiver Kommunikation über mittlere


und große Entfernungen und
N
K E
O
LE CH

• Räumen mit auditiver Kommunikation über geringe


TI
EF A
R INF

Entfernungen.
E

Bei mittleren bis großen Entfernungen wird die Akustik


besonders über die Schalllenkung und Nachhallzeit
gesteuert, bei geringen Entfernungen über die Schall-
absorption und Verringerung von Störgeräuschen.
Bei der Konzeption von Beschallungsanlagen sind
folgende Anforderungen zu berücksichtigen:
M
R EH
EF R
LE FA • Sprachverständlichkeit,
K CH
TI E
O
N
• gleichmäßige Lautstärkeverteilung,
• Klangqualität,
• Ortung (visuelle und akustische Quelle möglichst
gleichliegend),
• Unempfindlichkeit gegen störende Einflüsse von
Außen,
• Einsatz von Höranlagen.

35
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
KOGNITION

3.4 KOGNITIVES WAHRNEHMEN

Um gebaute Umwelten an die Nutzenden anzupas- Eine Nutzungsmöglichkeit kann auch über das Material
900 Augenhöhe
sen, ist es wichtig zu verstehen, wie der Mensch seine vermittelt werden. Eine Sitzfläche wird z.B. durch ein 160
Umwelt wahrnimmt und welche kognitiven Prozesse 125
Polster zusätzlich betont. Über diese Handlungsange-

FO
damit verbunden sind, die es ihm ermöglichen, sich in bote / Affordanzen kann die Architektur mit den Nutzen-100

IN
ihr zu orientieren und zu handeln. Die Wahrnehmung ist den kommunizieren und intuitiv wirksam werden. Das
205

kein passiver Reiz-Reaktionsvorgang, sondern ein sehr hat den Vorteil, dass alle Nutzer sich sicher im Gebäude
optimaler
komplexer aktiver Prozess. Der Mensch entnimmt der bewegen können, auch solche mit kognitivenLesebereich
Einschrän-

113
Umwelt Informationen, strukturiert und koordiniert diese, kungen, da die Nutzung intuitiv passieren kann.
83

um ein bestimmtes Handlungsziel erreichen zu können


– zum Beispiel einen Ort im Gebäude aufzusuchen. Ein Mensch mit kognitiven Einschränkungen ist also in
Dabei werden bevorzugt solche Umweltinformationen besonderem Maße auf eine Umwelt angewiesen, die
verarbeitet, die zur Erreichung des Handlungszieles eindeutig mit ihm kommuniziert, da seine Fähigkeiten
hilfreich erscheinen. Die Wahrnehmung ist also ein zur Interpretation der Umwelt geringer sind. Affordanzen
selektiver Prozess. sind für diese Nutzergruppe von hoher Relevanz,AUGENHÖHE
damit
Ergänzt werden die Umweltinformationen durch eigenes sie sich sicher in dieser bewegen und handeln können.
Wissen und Erfahrungen. So können wir häufige Hand- Je mehr eine Umweltgestaltung dem Affordanzprinzip
lungen schneller und mit weniger kognitiven Ressourcen folgt, desto besser geht sie auf die Bedürfnisse dieser
ausführen. (Aktivierung von Handlungsmustern). Hier und aller anderen Nutzergruppen ein. Liegen mehre-
läuft eine Art erlerntes Programm ab (Wissen und Erfah- re Nutzungs-/Handlungsmöglichkeiten vor, kann das
rung), das mit aktuellen Umweltinformationen ergänzt besonders bei Menschen mit eingeschränkten kogniti-
wird. So ist es möglich, bekannte Handlungsmuster auf ven Fähigkeiten zu Fehlinterpretationen führen. Es gilt
neue Situationen zu übertragen und sich auch in frem- eindeutige Informationen zu vermitteln.
den Umgebungen zurecht zu finden. Affordanzen bilden auch die Grundlage für die Gestal-
Dieser sehr effektive Prozess der menschlichen Wahr- tungsprinzipien, die der Kognitionspsychologe Donald
nehmung hat den Nachteil, dass es zu Handlungsfeh- Norman entwickelt hat, um Handlungsfehler zu vermeiden.
lern kommt, wenn die Umwelt falsche oder unzurei-
chende Informationen anbietet. Das ist jedoch kein, wie
häufig kommuniziert, Fehler des Nutzers, sondern viel-
mehr ein Gestaltungsfehler. Die Aufgabe der Architektur
ist es demnach, unabhängig vom Erfahrungsschatz,
dem Vorwissen der Nutzenden und ihrer kognitiven
Fähigkeiten, eine Umwelt zu gestalten, die alle notwen-
digen Informationen zur Verfügung stellt.
Wie kann die Architektur Informationen vermitteln? Ein
wesentliches Gestaltungsmittel sind Affordanzen. Das
sind Handlungsangebote, die Objekte Nutzenden durch
ihre Gestaltung (z. B. in Form, Farbe...) geben. Eine
waagerechte Fläche in 40-50 cm Höhe gibt demnach
das Angebot einer Sitzfläche. Befindet sich die Fläche
auf einer Höhe von 70-80 cm, dann wird sie als Abstell-
fläche wahrgenommen.

Affordanzen

36
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
DIGITALITÄT

3.5 DIGITALISIERUNG MENSCHLICHER


WAHRNEHMUNG

1. Konzeptuelles Modell: Die Architektur muss so Dass die Digitalisierung nicht nur unsere Wahrnehmung,
(logisch) gestaltet sein, dass der Nutzer sein Wissen auf sondern auch unser Bewegungsverhalten verändert,
die aktuelle Situation übertragen kann. Beispiel hier- wird jedem bewusst, der schon mal sein Smartphone
für ist die Raumnummerierung, die z.B. die ungeraden zuhause hat liegen lassen. Wir interagieren mit Hilfe
Nummern auf der einen, die geraden Nummer auf der eines reichhaltigen digitalen Angebotes und das verän-
anderen Seite verortet. dert uns, unser Verhalten und unser Verständnis von den
Dingen.
2. Sichtbarkeit: Die Architekturelemente sollen Nutzen-
den sichtbar machen welche Handlungsmöglichkeiten Planende, Gestaltende und Nutzende sind vor diesem
bestehen – z.B. Zugang zum Treppenhaus. Hilfreich ist Hintergrund in ein dynamisches Spannungsfeld zwi-
z.B. auch ein Atrium über mehrere Etagen mit umlaufen- schen Raum und digitaler Technologie geraten, aus
den Erschließungswegen. Hier ist es möglich sich, im- dem sich Chancen, Herausforderungen und viele neue
mer wieder selbst im Bezug zum Gebäude zu verorten. Aufgaben ergeben.
Das Potenzial, über das sie mit Ihrem Erfahrungswissen
3. Mapping: Es beschreibt die Zuordnung der Bedie- über Stadt und Raum verfügen, ist aktuell bei weitem
nelemente zu der Funktion des Systems. Ein übliches noch nicht ausgeschöpft. Denn als primäres Aufgaben-
architektonisches Problem ist die Zuordnung der Licht- gebiet werden traditionell „Straße“, „Haus“, „Fassade“
schalter zu den entsprechenden, von ihnen geschalte- sowie die Grundrissgestaltung angesehen und wenig
ten Lichtquellen. vom komplexen Wissen über Interaktion im Raum mit
wechselseitigen und aufeinander bezogenen Handeln
4. Feedback: Die Architektur gibt dem Nutzer eine oder Beeinflussen unterschiedlicher Akteure im sozio-
Rückmeldung, dass er die richtige Handlung ausführt technischen Gefüge angewandt. Gerade ein solches
oder ausgeführt hat. Fehler sollten so schnell wie mög- Verständnis – etwa vom öffentlichen, halböffentlichen
lich angezeigt und korrigiert werden können (z.B. beim oder privaten Raum – ist grundlegend bei der Gestal-
Auffinden eines bestimmten Raumes) tung von bzw. mit mobilen und digitalen Technologien.

Planerische Entwürfe ermöglichen die fehlerfreie Nut- Hieraus ergeben sich neue Anforderungen, sowohl an
zung baulicher Anlagen und unterstützen die Nutzenden die Profession der Gestaltenden, als auch an die zu
beim Erreichen ihrer Ziele und Bedürfnisse. Damit wer- gestaltenden Objekte und Umgebungen. Insbesondere
den die Selbstbestimmtheit und Sicherheit als Quali- dann, wenn diese „von sich aus“ ihren Nutzenden ver-
tätsmerkmale von Architektur vermittelt. mitteln, wie sie zu benutzen sind. So wie die Maustaste
Hinweise darauf gibt, dass sie geklickt werden kann, um
bestimmte Aktionen auszuführen.
Im Zuge der Digitalisierung unseres Alltagslebens, die
vor allem durch eine Hybridisierung von digital und
analog geprägt ist, ergeben sich zwangsläufig auch
neue Herausforderungen. Wie geht die Gesellschaft mit
der räumlichen und virtuellen Umgebungsgestaltung
und mit der zunehmenden Veränderung von Medien-
gewohnheiten bzw. den daran gekoppelten Verhaltens-
mustern um?
Das Zusammenspiel von explizitem wie technischem,
gestalterischem und (städte- und raum-) planerischem
Wissen oder von implizitem, wie Nutzungs- und Alltags-
wissen, ist hierbei gleichermaßen unumgänglich wie
vielversprechend. Ein Beispiel sind die so genannten
standortbezogenen Dienste (Location-based Services)
– jene Angebote, die Nutzende eines Smartphones in
Abhängigkeit zu deren geografischer Position selektive
Informationen zur Verfügung stellen.

37
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
DIGITALIÄT

Hierbei handelt es sich nicht bloß um App-Entwick- Wenn Architektur durch die Digitalisierung verändert
lungen im Mobilfunkbereich. Hier wird Architektur und Orte im Realen zunehmend mit ihrer Repräsenta-
verändert! Gewachsene städtische Strukturen, Straßen- tion im Virtuellen verbunden werden, so impliziert dies
führung, Wegeleitsysteme, Personennahverkehr, Arbeits- nicht nur ein erweitertes Verständnis vom gestalteten
formen, Außenwerbung, der Schaufensterbummel oder Raum, sondern es ergeben sich auch neue Herausfor-
das Flanieren sind zunehmend durchzogen von nicht derungen in Bezug auf die Einbindung und Teilhabe
baulichen, nicht-dinglichen, virtuellen, plattformvermit- sämtlicher potenzieller Nicht-Nutzenden in ihrer gesam-
telten, datenbasierten, wenn nicht gar datengetriebe- ten gesellschaftlichen Bandbreite.
nen Impulsen. Co-working Spaces fördern und fordern
ein temporäres, projektbasiertes Arbeiten. Hotels erhal-
ten Konkurrenz durch privaten Wohnraum.
Einzelhändler benötigen unter Umständen kein Schild
mehr für ihre Geschäfte, weil sich Kundinnen und Kun-
den auf ganz anderen Wegen erreichen lassen. Allem
voran: über digitale Medien.

Durch die Digitalisierung verändert sich also beides:

Das Räumliche selbst (Stadt, Architektur), aber auch


unsere Wahrnehmung davon. Wir navigieren anders
durch Städte und Gebäude als noch vor wenigen
Jahren. Die zunehmende Entwicklung und Einbin-
dung von Mixed Reality (Virtual Reality, Augmented
Reality) wird diesen Eindruck noch verstärken.

Das gestalterische Wissen über die menschliche


Wahrnehmung von räumlichen Strukturen fließt da-
bei zunehmend auch in die Gestaltung von digitalen
Interfaces mit ein und umgekehrt.

38
A
U
G
M
N E
Rotes AN
V T
IGED
Rathaus A
T R
IOE
A
N L
IT
Y

Fernsehturm

Ziel
Alexanderplatz

U Bahn

Augmented Reality

39
ORIENTIEREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
EXKURS

GESTALTUNG FÜR UND DURCH TEILHABE

Was können Architektur und Städteplanung tun, was für Teilhabe steht neben der Gestaltung durch Teilhabe.
sind Aufgabenbereiche und Möglichkeitsräume, um Dies beinhaltet beispielsweise die Frage, wie durch eine
Teilhabe zu erleichtern, zu praktizieren, sie zuzulassen, aktive Einbindung das Erfahrungswissen von blinden,
aufzugreifen und voranzutreiben? gehörlosen oder mobilitätseingeschränkten Menschen
Gestaltende Disziplinen sind grundlegend an der zur generellen Gestaltung von öffentlichen Plätzen, Ge-
Konstitution von soziokulturellen Kategorien beteiligt. bäuden oder bei der Verkehrsplanung in gestalterisch-
„Behinderung“ ist hierfür ein Beispiel: Dabei ist Behin- planerische Entscheidungsfindungen mit einfließen
derung nicht auf Aspekte der Körperbeschaffenheit zu kann. Bezogen auf das Beispiel Rampe am Eingang
reduzieren, sondern vielmehr als Wechselwirkung zwi- ist festzustellen, dass eine Rampe nicht nur hilfreich für
schen Menschen mit Behinderungen und einstellungs- Rollstuhlnutzende, sondern auch für Eltern mit Kinder-
und baulich bedingten Barrieren zu verstehen, bei wagen, Lieferdienste mit Sackkarren, Fahrradfahrenden
denen auch soziale und kulturelle Prozesse eine Rolle etc. sein kann.
spielen. Es fällt auf, dass Behinderungen gerade durch Das Prinzip einer gleichberechtigten Teilhabe von
räumliche Gestaltung künstlich entstehen können. Die Menschen mit Behinderungen im Gestaltungsprozess,
Frage, ob sich am Eingang eines öffentlichen Gebäu- könnte idealtypisch als Voraussetzung bzw. als Ausdruck
des Treppenstufen oder eine Rampe befinden entschei- einer Grundhaltung beruhend auf dem demokratisches
det grundlegend darüber, wie behindert sich Rollstuhl- Grundverständnis von Gleichheit und Gerechtigkeit
nutzende beim Betreten des Gebäudes fühlen und sein. Eine Gestaltung durch Teilhabe kann im Erfolgs-
darüber, inwieweit die Gesellschaft diese Personen als fall wiederum die Gestaltung für Teilhabe positiv
„behindert“ wahrnimmt. Die körperliche Mobilitätsein- bestimmen. Ausschlaggebend für die kontinuierliche
schränkung ist gar nicht ausschlaggebend, sondern Verbesserung von Stadt und Raum – auf physischer
ebenso gravierend die räumlich gestalterische Lösung. und sozialer Ebene – bleibt die profunde Ergründung
Gestaltung und Behinderung sind also sehr eng mitei- und Durchdringung der Wechselwirkungen zwischen
nander verknüpft. Für die Gestaltung von “virtuellen” gewachsenen Strukturen, vorgegebenen Formen, und
wie „realen“ öffentlichen Räumen ergeben sich mindes- der intersubjektiven Ausgestaltung von sozialen Bezie-
tens zwei Handlungsperspektiven: die Gestaltung für hungen im öffentlichen Raum. Dieser Raum wird immer
Teilhabe und die Gestaltung durch Teilhabe. Ersteres durch eine Vielzahl von Situationen, Phänomenen, Zu-
bezieht sich auf die Bereitstellung und Gestaltung von sammenkünften und Orten des Übergangs, des Verhan-
Infrastrukturen, Gegenständen, Information, Objekten, delns, der Transformation und Vernetzung charakterisiert.
Plattformen, Systemen, kurz: von Dingen, die hilfreich Eine Stadt ist zugleich Ausgangs- und Kulminations-
und dienlich für alltagspraktische Handlungen sind, und punkt der Verräumlichung sozialer, kultureller Prozesse.
für die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen. Hier Zusammenleben wird in ihr und durch sie immer wieder
geht es insbesondere um Artefakte, Produkte, Stadtmö- aufs Neue hergestellt, ausgehandelt und konfiguriert –
bel, Endgeräte und räumliche Beschaffenheiten, die als und ohne Zweifel dadurch auch: gestaltet.
„Tools for Empowerment“ dabei behilflich sein können, Arbeitsfelder von Gestaltenden und Planenden sind
Menschen zu „befähigen“. auf wahrscheinliche Zukünfte ausgerichtet. Mindestens
ebenso elementar für ihre Arbeit ist die Auseinanderset-
Die Möglichkeiten und Entwicklungen der digitalen zung mit wünschenswerten Zukünften. Dies beinhaltet
Technologie versprechen eine ganze Reihe an neuarti- allem voran, über das Wohl der Städte nachzudenken,
gen Formen der Inklusion. Was nicht heißt, dass Design um daraus Strategien zu entwickeln, wie sich Orte
für Inklusion sich allein auf den Einsatz und die Entwick- lebendig machen lassen und wie sich darin Wohnende
lung solcher digitaler Technologien beschränkt. Im Ge- und Gäste über die Rolle als Konsumenten ihres eige-
genteil: Die Verknüpfung von physischem und virtuellem nen Lebens hinaus emanzipieren können. Ein primäres
Raum, birgt – neben einigen Risiken – viel Potenzial. Ziel der Stadtplanung sollte nicht nur die Gestaltung
Durch barrierefreie Beteiligungsverfahren kann die Ge- von Häusern und Straßen sein.
staltung für Teilhabe zugleich Treiber des zweitgenann- Viele Momente im Prozess der Planung entscheiden über
ten Prinzips sein: der Gestaltung durch Teilhabe. Dieses die Wirkung von Architektur mit Auswahl z.B. über die
bezieht sich auf das Prozessuale, also den Aspekt der Farbe von Fußbodenbelägen oder die Positionierung von
Inklusion im Gestaltungsprozess von Design for all. Fenster und Türen – in erster Linie bestimmen jedoch die
Beispiele dafür sind partizipative Forschungs-, Entwick- Menschen und ihre Vorstellungen des Zusammenlebens
lungs- bzw. Co-Design Prozesse. Die Gestaltung wie Gebäude gemeinschaftlich belebt werden.

40
LEITSYSTEME ZUR ORIENTIERUNG
UND INFORMATIONSVERMITTLUNG

4. LEITSYSTEME
ORIENTIERUNG
ZUR UND

41
LEITSYSTEME
ALLGEMEINES

INFORMATIONS-
VERMITTLUNG

ALLGEMEINES

Leitsysteme sind im Kontext zur Architektur zu entwi- Warninformationen sind dort anzubringen, wo unmittel-
ckeln. Die Gestaltungsebenen greifen dabei ineinander. bare Gefahren bestehen, auf die z.B. durch visuelle und
Es sind möglichst Leitsysteme für Menschen mit Behin- akustische Feueralarmsignale oder Markierungen von
derung zu entwickeln, die allen zugänglich und nutzbar Stolperkanten hingewiesen wird. Die Vermittlung der
sind im Sinne von Design for all. Das Augenmerk für die Warninformationen muss eindeutig zu erfassen sein. Für
Planung liegt auf der Schaffung eines durchgehenden blinde und sehbehinderte Menschen ist eine ertastbare
Orientierungs- und Leitsystems das die verschiedenen und visuell kontrastreiche Gestaltung notwendig.
Wahrnehmungsarten kombiniert.
Für den hochgradig komplexen Vorgang der Ent- Entscheidungsinformationen markieren Standort, Rich-
wicklung von Orientierungs- und Leitsystemen stehen tungswechsel und zu erreichende Zielorte, beispiels-
Kombinationen von visuellen, taktilen, akustischen und weise durch eine Beschilderung der Etagen, Ansagen in
digitalen Mitteln zur Verfügung, die einerseits auf bauli- Aufzügen oder Raumbezeichnungen.
cher Ebene z.B. über:
Leitfunktionen führen allgemein, möglichst ohne eine
• Leitsysteme, Unterbrechung durch bauliche Anlagen im Innen- und
• Beschilderung, Außenbereich (Grundstücksgrenzen). Für die visuelle
• Modelle Orientierung im Raum ist es hilfreich, prägnante und
und andererseits auf technischer Ebene z.B. über: wiederkehrende Gestaltungselemente wie z.B. farbige
• Infoterminals, Wände, Sitzelemente, Kunstwerke, Grafiken, wiederkeh-
• Audio- und/oder Videoguides, rende architektonische Elemente wie z.B. Nischen oder
• digitale Leitsysteme umgesetzt werden können. Informationswände, so anzuordnen, dass sie in einer
Blickbeziehung zueinander stehen und so zusätzlich der
Grundsätzlich ist bei der Informations- und Orientie- Orientierung dienen.
rungsvermittlung das Mehr-Sinne-Prinzip einzusetzen.
Die Vorab-, bzw. Erstinformation über ein Orientierungs- Visuelle Informationen werden über Wegweiser, Warn-
und Leitsystem in einer baulichen Einrichtung soll durch hinweise, Orientierungspläne und Türschilder vermittelt.
eine barrierefreie Internetpräsenz gewährleistet sein. Die Empfehlungen des DIN- Fachbericht 142 beinhal-
Damit können auch nutzerspezifische Informationen ten konkrete Anforderungen an Orientierungssysteme,
bereitgestellt werden. zur Informationsgestaltung, zu Beleuchtung, Farben
Bei der Informationsvermittlung wird unterschieden und Formen, zu Schriften, Leitelementen und spezielle
zwischen Warnen, Entscheiden und Leiten. Anforderungen an Schilder.

42
LEITSYSTEME
VISUELLE GESTALTUNG

4.1 VISUELLE AUSFÜHRUNGEN

Starker Farbkontrast Starker hell-dunkel Kontrast

4.1.1 LEUCHTDICHTEKONTRAST UND


LICHTREFLEXIONSGRAD

Der Leuchtdichtekontrast bezeichnet den Unterschied für Bodenindikatoren führt oft zu weißen Indikatoren.
von der Helligkeit (Leuchtdichte) eines Objektes (L1) zu Baukulturell und gestalterisch stellt dies mitunter eine
seinem Hintergrund (L2). Herausforderung dar. Denn nicht immer unterliegt die
Die Kontrastwerte K werden in Deutschland üblicher- vorherrschende Gestaltungsidee diesem Ansinnen.
weise nach der Michelson Formel oder international Besonders bei einem Denkmal gilt es daher Alternativ-
(ISO 21542 bzw. EN 17210) auch zum Teil nach der lösungen zu entwickeln. So kann z.B. mit einer verstärk-
Weber-Formel berechnet. Die Weber-Kontrastformel ten und fokussierten Beleuchtung eine erhöhte Aufmerk-
KW basiert ebenfalls auf dem Leuchtdichtekontrast und samkeit hergestellt werden. Gefahrenstellen müssen
wird am häufigsten zur Berechnung von Kontrastwerten dabei im Fokus stehen.
für kleine Elemente wie Symbole oder Text verwendet,
die auf einer Oberfläche angebracht sind. Die Metho- FARBKONTRAST
den basieren auf unterschiedlichen Formeln und sind
nicht vergleichbar. Die ausgewählte Methode ist daher Der Farbkontrast ist ein zusätzliches Mittel der Gestal-
konsequent anzuwenden. tung. Die farbliche Gestaltung von Objekt und Hin-
Im Allgemeinen gilt: Je höher der Leuchtdichtekontrast tergrund unterscheidet sich und liefert so zusätzliche
ist, desto besser ist die Erkennbarkeit. Das kann für ge- Informationen für die Orientierung.
nerelle Sehaufgaben im Gebäude meist durch geeig-
nete Farb- und Materialkombinationen erreicht werden. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Hellig-
Die Informationen sind einheitlich und kontinuierlich keit der Farbe, die Oberflächenstruktur des Objektes
nachvollziehbar zu geben. (Materials), die Art der Beleuchtung und der Reflexions-
grad die Leuchtdichte beeinflussen und somit in Abhän-
REFLEXIONSGRAD gigkeit voneinander zu betrachten sind. Farben sollten
alleine keine Informationen vermitteln. Sie unterstützen
Der Reflexionsgrad beschreibt wie viel Prozent des jedoch die Auffindbarkeit von Bauelementen wie Türen,
Lichtstroms, der auf eine Fläche fällt, reflektiert wird. Treppen oder auch Schildern, in einem Gebäude.
Helle Flächen haben einen hohen, dunkle Flächen Dabei ist immer der Leuchtdichtekontrast zu betrachten.
einen niedrigen Reflexionsgrad. Auch Kombinationen aus bspw. rot und grün sind nicht
Die Forderung nach einem Reflexionsgrad von 0,5 zu empfehlen (Störung der Farbwahrnehmung).

43
LEITSYSTEME
VISUELLE GESTALTUNG

Schwacher Farbkontrast Schwacher hell-dunkel Kontrast

Sehaufgabe Michelson Min. Reflek- Kontrastwert Km nach Wirkungen


Kontrast KM [%] tionsgrad Michelson
[%] K < 0,28 undeutlich
Berechnungsfor- Km = (L1 - L2) : L1 „Verwaschungen“
mel + L2 K > 0,4 “kontrastierend”
L1 ist Leuchtdichte K zw. 0,4 und 0,6 „komfortabel“
eines Objektes zu K > 0,7 „stark kontrastierend“
seinem Hintergrund K > 0,83 „kann ggf. blenden“
L2
generelle ≥ 40 ≥ 40
K = 0,10 K = 0,40
Informationen entspricht K≥0,4
großflächige
Bereiche wie z.B. ≥ 40 ≥ 40
Wände, Böden, entspricht K≥0,4
Decken,Türen
Elemente zur Ori- ≥ 40
entierung wie z.B. entspricht K≥0,4 ≥ 40
Bodenindikatoren
warnende ≥ 70 ≥ 70
Elemente entspricht K≥0,7
Bedienelemente K = 0,70 K = 0,99
wie z.B. Bedi- ≥ 70 ≥ 70
enknöpfe, Texte entspricht K≥0,7
oder Symbole
Übertriebene
Kontrastwerte ≥ 82 %
können ggf. auch entspricht K ≥ 0,82
zu Blendungen
führen Weiß auf Blau

44
LEITSYSTEME
VISUELLE GESTALTUNG

4.1.2 BELICHTUNG UND BELEUCHTUNG renziert nach räumlichen Bereichen bzw. Sehaufgaben
angegeben. So gelten für den Außenraum 20 lx oder in
Die künstliche Beleuchtung sollte zusammen mit der Aufenthaltsräumen 300 bis 500 lx bis hin zu unmittel-
natürlichen Belichtung und der Wahl von Oberflächen baren Arbeitsbereichen mit 1000 lx. Licht beeinflusst die
und Materialien erfolgen. Grundsätzlich sind visuelle Kreativität, Kommunikations- und Entscheidungsfähig-
Informationen ausreichend, gleichmäßig und blendfrei keit. Licht sollte daher alle Gütekriterien für die jeweili-
auszuleuchten (100lx). ge Sehaufgabe erfüllen. Wichtige Faktoren sind:
Die Ausleuchtung mit künstlichem Licht ist den Spek-
tralfarben des Tageslichtes (Farbwiedergabeindex • hohes Maß an Tageslicht,
möglichst Ra >80 ) anzupassen, so dass Farben und • direkte/indirekte Leuchten für freundlich helle Decken,
Kontraste unverfälscht wiedergegeben werden. Star- • konzentriertes Licht auf den Bereich der Sehaufgabe,
ke Schattenbildung und Blendeffekte sind dabei zu • tageslichtabhängige Lichtsteuerung.
vermeiden. Nicht zu unterschätzen sind die von Mate-
rialoberflächen ausgehenden Reflexionen. Sie sind bei
Beleuchtungskonzepten unbedingt zu berücksichtigen. 4.1.3 LEITEN UND WARNEN DURCH LICHT
Wege zu einem Gebäude sind ausreichend und lü-
ckenlos wegweisend (Beleuchtungsrichtung) auf den Licht dient nicht nur dem Sehen, sondern auch der
Eingang ausgerichtet zu beleuchten. In Übergangsbe- Hervorhebung repräsentativer Objekte und als Orien-
reichen von Außen nach Innen bzw. umgekehrt sollte tierungshilfe. So können Lichtelemente z.B. bei ihrem
Beleuchtung oder Belichtung als Verbindungselement gezieltem Einsatz in eine bestimmte Richtung lenken.
wirksam eingesetzt werden und so den Sehkomfort stei- Dabei ist zu beachten, dass künstliches Licht nur in Aus-
gern sowie nachteilhafte Anpassungszeiten der Augen nahmefällen die erforderliche Kontrastgestaltung bei
reduzieren. Zur besseren Orientierung und Sicherheit ist Tageslicht ersetzen kann. Gleichzeitig darf die künstli-
die Beleuchtung von baulichen Elementen wie Treppen, che Beleuchtung nicht die vorhandenen Leuchtdichte-
Rampen, Lifte blend- und schattenfrei auszuführen. kontraste des Umfeldes bei Tageslicht beeinträchtigen.
Automatische Beleuchtungen müssen ausreichend Beispiele dafür sind:
Zeit zum sicheren Passieren z.B. zum Erreichen eines
Einganges sichern. • Stufenmarkierungen (ersetzt nicht die erforderliche
materialbezogene Markierung von Stufenkanten!)
Spiegelungen und Blendungen oder starke Schatten- • Wegmarkierungen im Innen- und Außenbereich z.B.
bildungen im Bereich der Bodenmaterialien können mit Bodeneinlässen oder in Sockelhöhe. Dabei ist zu
auch durch ihre psychologische Wirkung fehlinterpre- beachten, dass Bodenstrahler nicht im unmittelbaren
tiert werden. Gehbereich zu verlegen sind, da von diesen leicht
Blendwirkungen ausgehen.
Beispielsweise werden dunkle und schlecht beleuchtete • punktueller Lichteinsatz (z.B. Bedienelemente, Leit-
Ecken generell von allen Menschen ungern passiert und funktion)
an Demenz erkrankte Menschen nehmen diese als un-
überwindbare Hindernisse wahr. Die Wahrnehmung im Zur Warnung vor Gefahrensituationen können neben
Raum wird grundsätzlich durch eine gleichmäßig helle einer Kontrastgestaltung und dem Einsatz von Warnfar-
und ausgeglichene Ausleuchtung angenehm begünstigt. ben zusätzliche Lichteffekte erforderlich werden (z.B.
Entscheidend sind hier Kriterien wie bei einer Baustellenabsicherung mit Blinken). Sie sollen
nach unten abstrahlen, um Blendungen zu vermeiden.
• ausgewogene Helligkeitsverteilung,
• Leuchtdichtedifferenzen und Plastizität LICHTQUALITÄT UND SEHLEISTUNG
• Gleichmäßige Beleuchtungsstärke in der Umgebung,
• Vermeidung von Schlagschatten, Die Fachwelt unterscheidet bei der Lichtqualität zwi-
• Ergänzung des Kunstlichtes durch Tageslicht, schen ergonomischen Faktoren (ELI) wie Sehleistung,
• flimmerfreies Licht und (psychologische) Blendung, Sehkomfort, Vitalität und Individualität sowie Faktoren
• Sicherheitsgefühl, der Energieeffizienz (LENI).
• Farb- und Kontrastwiedergabe. Alle Faktoren sollten nach Möglichkeit in einem Be-
leuchtungskonzept berücksichtigt werden. Im Allgemei-
Orientierungswerte zur Leuchtstärke gibt z.B. die ISO nen besteht die Absicht tageslichtähnliche Verhältnisse
21542:2020 (E). Es wird eine Spannbreite in Lux diffe- durch eine gleichmäßige Ausleuchtung der Räume (mit-

45
LEITSYSTEME
VISUELLE GESTALTUNG

telbare Beleuchtung) herzustellen. Der Anspruch an die 4.1.4 BESCHILDERUNGEN


Lichtqualität steigt, wenn Konzentration, Effizienz oder
Kreativität beispielsweise am Arbeitsplatz gefragt sind. Beschilderungen sind verständlich und eindeutig zu
Bei der Planung sollten zunächst die Anforderungen gestalten. Schilder sollen in ihrer Gestaltung einheitlich
an ein Projekt definiert und im Anschluss die geplante und durchgängig bezogen auf Farbe, Form, Schrift
Lösung bewertet werden. Je nach Anwendungsgebiet (Sonderzeichen, Piktogramme) und Anordnung sein.
ergeben sich unterschiedliche Schwerpunkte bei der Farben und Formen unterstützen z.B. durch wiederkeh-
Bewertung der Lichtqualität. rende Prinzipien die Geschlossenheit einer Informati-
onskette.
Vitalität
Licht hat Einfluss auf das Wohlbefinden und die Aktivitä- Beschilderungen sollen aus größerer Entfernung wahr-
ten des Menschen. Kriterien wie: nehmbar sein und möglichst Symbol und Bezeichnung
des Ziels enthalten. Sie sind visuell kontrastreich und
• tageslichtähnliches Licht taktil zu gestalten. Dabei spielen die Schildoberfläche
• ggf. tageszeitliche Anpassung (abends verringerter und der -hintergrund sowie die lokale Anordnung eine
Blauanteil entscheidende Rolle. Spiegelungen und Blendungen
• Vermeidung von unbeabsichtigter Wärmestrahlung auf der Oberfläche sind zu vermeiden. Das Schild soll
• Vermeidung elektromagnetischer Felder unterstützen einen guten visuellen Kontrast zum Umfeld darstellen.
die Aktivierung und Stimulierung. Die Beschriftung kann je nach Informationsinhalt aus
Schriftzeichen, Richtungspfeilen und Piktogrammen be-
Individualität stehen. Die Farbe der Schrift soll eine hohe Leuchtdich-
Unterschiedliche Sehbedürfnisse, Sehtätigkeiten oder te (Hell-Dunkel-Kontrast) zum Hintergrund aufweisen,
Nutzungszeiten verlangen eine individuelle Einflussnah- damit die Informationen auch bei unterschiedlichen Licht-
me auf die Beleuchtungssituation. Sensoren und Steu- und Beleuchtungsverhältnissen gut wahrnehmbar sind.
erungssysteme helfen den Nutzerinnen und Nutzern die
Lichtsituation ihren jeweiligen Bedürfnissen anzupassen Beschilderungen sind in Abhängigkeit vom Blickwinkel
– z.B mittels persönlicher Beeinflussung durch und der Lesedistanz des Betrachters auszuführen. Hier
sind Abwägungen zur Leseaufgabe zu treffen. So ist
• Schalten und Dimmern, beispielsweise eine Höhe von 1,40 m ab Unterkante
• Wahl der Lichtstimmung, Beschriftung/Piktogramm ein geeignetes Maß für In-
• Präsenzmeldung, formationen aus der Nähe. Die Schrift kann sowohl aus
• tageslichtabhängige Steuerung, der sitzenden Position wahrgenommen werden als auch
• Wahl der Lichtszenarien, von stehenden Personen beispielsweise mit einer Lupe
• Flexibilität bei Umbauten oder durch Tasten. Ein nahes Herantreten ist zu ermögli-
chen.
Licht in Emotionsfunktion
Licht wirkt sich auf das emotionale Empfinden aus.
Helligkeit, Farbe, Lichtverteilung und -dynamik prägen
die Stimmung im Raum. Je nach Planungsziel kann eine
Atmosphäre anregender Dynamik oder entspannender
Ruhe erzeugt werden. Solche emotionalen Faktoren
können für besondere Personengruppen unterstützend
wirken.
160 160
140 INFO
Es gibt keine optimale Lösung, die den verschiedenen
100
Anforderungen an die Beleuchtung bezüglich Sehleis-
tung, Raumeindruck und Wohlbefinden in gleichem
Maße gerecht wird. Die Beleuchtung muss bei der
Planung individuell an den Nutzen und Bedarf ange-
passt werden. Effektive Technologien, ein intelligentes
Beleuchtungskonzept und Lichtmanagement leisten
einen Beitrag zu einer energieeffizienten aber auch auf
den Menschen ausgerichteten Lichtlösung.

160
46
h˘8 120

70
LEITSYSTEME
VISUELLE GESTALTUNG

SCHRIFT

Die DIN 1450 Leserlichkeit unterscheidet in ihrer ak- hängt immer von der Zielgruppe, der Textart und dem
tuellsten Ausgabe die Textarten und ihre individuellen Kommunikationsanlass ab. Der Einsatz von Leichter
Kriterien. Interessant für Leit- und Orientierungssyste- Sprache (Kapitel 2.2.3, S 29) und die Vorlesefunktion
me sind die Abschnitte zu sog. Signalisationstexten. mittels Screenreadern bei digitalen Dokumenten (PDFs,
Des Weiteren unterscheidet sie Konsultationstexte, Word Dateien, etc.) soll dabei berücksichtigt werden.
wie Indices, Fußnoten u.ä. und Lesetexte, wie Bücher,
Zeitschriften etc.. Die Schriftgröße wird durch den
Betrachtungsabstand und den Sehwinkel bestimmt. Ein Regeln für Sätze in Leichter Sprache
optimaler Sehwinkel für Signalisationstexte, Texte, die
der Orientierung im öffentlichen Raum dienen, beträgt • Machen Sie kurze Sätze.
9°. Nähere Informationen dazu sind in der DIN 1450 zu In jedem Satz soll nur ein Gedanke
finden. Nach DIN 1450 Tabelle 2 ergibt sich für einen
Betrachtungsabstand von bspw. 1 m und einen Sehwin- stehen.
kel von max. 9° eine Schriftgröße von mindestens 15
Picapoint (pt). Als Faustregel für Signalisationstexte
• Machen Sie einfache Sätze.
gilt: Die Schriftgröße in Picapoint verdoppelt sich mit • Die Sätze sollen nicht verschachtelt sein.
jedem Meter Betrachtungsabstand.
• Schreiben Sie jeden neuen Satz in eine
Der Zeilenabstand wird laut DIN 1450 Tabelle 1 in
neue Zeile.
Abhängigkeit der Schriftgröße (s) ermittelt und beträgt
120% der Schriftgröße (s). Bei einem dunklen Hinter- Regeln für Wörter:
grund müssen die Schriftgröße und damit auch der
Zeilenabstand um 25% vergrößert werden. Als Faustre- • Nehmen Sie kurze Wörter.
gel gilt hier, dass ungefähr ein 1,5-facher Zeilenabstand • Verzichten Sie auf schwierige Wörter.
eingehalten werden muss.
Manchmal muss man ein schwieriges
Schriftarten mit Serifen sowie Kursivschrift sind im
Fließtext zu vermeiden. Die Schrift muss halbfett oder
Wort benutzen.
fett sein und darf nicht unterstrichen werden. Zu beach- Dann muss man das Wort erklären.
ten sind weiterhin die Linienbreite, der Wortabstand und
die Zeilenlänge. Die DIN 1450 nennt einige geeignete • Nehmen Sie immer die gleichen Wörter
Schriftarten, auch für Signalisationstexte; Gill Sans, für die gleichen Dinge.
Calibri, Verdana, Myriad, Vectora, DIN Mittelschrift etc.
Diese Schriftarten haben offene Innenformen und Zum Beispiel: Sie schreiben einen Text
bieten auch bei schlechteren Lesebedingungen eine
ausreichende Unterscheidbarkeit der einzelnen Buch- über einen Aufzug.
staben. Es sollte immer sinnvoll, logisch und selbster- Im ganzen Text benutzen Sie immer das
klärend mit der Anordnung von Informationen umge-
gangen werden. Inhalte müssen einfach und schnell zu Wort Aufzug.
erfassen sein und das Mehr-Sinne-Prinzip darf nicht
Wechseln Sie nicht zwischen Aufzug,
vernachlässigt werden. Wenn Inhalte nicht taktil oder vi-
suell zu übermitteln sind, muss über eine Audio-Lösung Fahrstuhl und Lift.
nachgedacht werden.
• Vermeiden Sie Wörter wie:
Für gut lesbare Texte gelten eigene Regeln. Unter- hätte, könnte, müsste, wäre, würde.
schiedliche Kommunikationsanlässe und Medien
(Ausstellung, Zeitung, Fernsehen, Internet, etc.) erfordern • Verzichten Sie auf Abkürzungen.
spezifische Formen der Vermittlung. So stellt z.B. das
Lesen im Stehen mit Nebengeräuschen durch Installati-
• Trennen Sie lange Wörter.
onen oder neben anderen Besucherinnen und Besucher Dann kann man die Wörter besser lesen.
besondere Anforderungen. Die Art der Formulierung

47
LEITSYSTEME
VISUELLE GESTALTUNG

PIKTOGRAMME

Piktogramme sind stark vereinfachte und international


verständliche Bildzeichen. Sie können Menschen mit
kognitiven Einschränkungen das Verständnis erleichtern.
Allein ergeben sie oft keine ausreichende und eindeu-
tige Erklärung. Erst in Kombination mit zusätzlichen
Informationen ermöglichen sie gezielte und komplexe
visuelle Orientierung. Taktil erfassbare Symbole können
Regeln zur Gestaltung eingeschränkt sinnvoll sein, beispielsweise an Sanitär-
räumen. Nationale und europäische Normen liegen
• Nehmen Sie eine klare Schrift: derzeit nicht vor. Generell gilt:
Neue Frutiger 1450, Calibri, Wayfinding Die Piktogramme aus der internationalen Normung ISO
7001 können angewendet werden. Geringe Abweichun-
Sans, Fago, Frutiger Next gen der Darstellung auf Grund nationaler und kultu-
• Nehmen sie eine große Schrift. reller Angleichungen sind zulässig. Dabei dürfen die
Schlüsselelemente und die Bedeutung der Piktogramme
Dieser Text ist in Schrift-Größe 14 Punkt. nicht beeinträchtigt werden. Das ist besonders wichtig
für die einheitliche und eindeutige Erkennbarkeit. Die
• Lassen Sie genug Abstand zwischen Piktogramme können in verschiedenen Größen und
den Zeilen. Farben gestaltet werden; immer unter Beachtung des
Leuchtdichtekontrasts und einer Größe, die dem Zweck
Dieser Text hat einen Zeilen-Abstand der Orientierung zuträglich ist.
Für Räume und Ausstattungen, die von Menschen mit
von 21 Punkt
folgenden Einschränkungen genutzt werden, sollen die
• Schreiben Sie linksbündig. Piktogramme aus folgenden Quellen genutzt werden:

• Machen Sie viele Absätze. • Menschen mit Mobilitätsbehinderung: ISO 7001


• Menschen mit Sehbehinderung: World Blind Union
• Menschen mit Hörbehinderung: World Federation of
the Deaf symbol

Piktogramme nach ISO 7001

48
LEITSYSTEME
TAKTILE GESTALTUNG

4.2 TAKTILE AUSFÜHRUNGEN

Nach DIN 18040 Teil 1 sind in öffentlich zugänglichen und Zonierung im Raum bieten und den Einsatz von
Gebäuden Leit- und Orientierungssysteme für Men- Bodenindikatoren auf ein Minimum reduzieren. Diese
schen mit Sehbeeinträchtigungen vorzusehen. Ge- sollen überwiegend Gefahrensituationen markieren.
schickte Materialwechsel, die Schnittstellen zwischen
Boden und Wänden oder festen Einbauten wie z.B.
Fußleisten können blinden Menschen zur Orientierung 4.2.2 BODENINDIKATOREN
dienen. Nicht immer sind dafür normierte taktile Bode-
nindikatoren nötig. Die Verkehrsflächen sind von festen Für die Eindeutigkeit eines Bodenleitsystems sind spe-
und mobilen Einbauten freizuhalten. zielle Anforderungen für Bodenindikatoren in der DIN
32984 festgelegt. Es wird darin von differenzierten Ein-
satzformen ausgegangen wie Informieren, Orientieren,
4.2.1 LEITEN DURCH DIE WAHL DER MATERIALITÄT Leiten und Warnen, wobei je nach Einsatz eine dieser
Funktionen in der Regel vorherrschend ist. Werden
Allgemeine Bodeninformationen über visuell und taktil spezielle Bodenindikatoren erforderlich, so sind sie in
kontrastreiche Materialkombinationen dienen blinden Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten anzu-
Menschen mit Langstock ebenso wie sehbehinderten ordnen. Alle sonstigen Orientierungshilfen für blinde und
Menschen über Fußkontakt sowie allen Nutzenden. Taktil sehbehinderte Personen wie Handlaufinformationen,
erfassbare Orientierungshilfen müssen sich vom Umfeld die Beschriftung mit Brailleschrift und kontrastreich an-
deutlich unterscheiden, z.B. durch Form, Material und gelegter Pyramidenschrift erfolgt gemäß DIN 32976.
Oberflächengestaltung. Der durchdachte Einsatz eines Die bauliche Komplexität und die zum Teil wechselnde
Materialwechsels, bzw. die unterschiedliche Oberflä- Nutzungsstruktur in öffentlichen Gebäuden stellen im
chenbearbeitung eines Materials kann Orientierung Verhältnis zum öffentlichen Verkehrsraum (z.B. Bahn-

49
höfe, Haltestellen) abweichende Anforderungen an die • taktile Aufmerksamkeitsfelder etagenweise, mindest-
Gestaltung von Leit- und Orientierungssystemen sowie ens oberhalb vor frei im Raum liegenden Treppenab-
deren Nutzbarkeit. Im öffentlichen Verkehrsraum ist die gängen
Anwendung normierter taktiler Bodenindikatoren ein • Auffindestreifen/Hinführung z.B. zu Treppen, Aufzügen,
unverzichtbarer Bestandteil der Verkehrssicherheit und Etageninformationspunkten, Wartebereichen und
wurde mit der AV Geh- und Radwege für Berlin präzise Sanitärräumen
festgelegt. Im Gebäudeinneren kennzeichnen taktile In öffentlichen Einrichtungen mit viel Publikumsverkehr,
Bodenindikatoren Gefahrenstellen und unterstützen die vielfältigen Funktionen und weiträumigen Verkehrsflä-
Orientierung, vor allem in großen Eingangsbereichen chen (z.B. Bildungseinrichtungen und öffentliche Biblio-
und an Knotenpunkten. Beispiele: theken) können Bodenleitsysteme sinnvoll sein und sind
in ein Gesamtleitkonzept einzubinden, ergänzt durch
• vor Aufzügen, taktile Gebäudeübersichten, Handlaufbeschriftungen,
• vor Treppenabgängen, vor allem bei Treppen, die frei taktile Etagenpläne und akustische oder elektronische
im Raum beginnen, d.h. außerhalb von Treppenhäusern, Informationssysteme.
• in relevanten großen Räumen (z.B. großes Foyer),
• vor Ein- und Ausgängen sowie Bodenleitsysteme sind in den meisten Gebäuden ent-
• vor Bedien- und Informationselementen behrlich, wenn diese eine intuitive Orientierung ohne
(bspw. Ruftaster am Aufzug oder Tastmodellen). Gefahrenstellen aufweisen, bspw. durch Gänge, die
die Wegeführung vorgeben. Zur weiteren Unterstützung
Je nach der Übersichtlichkeit der Gebäude ergeben sich ist es denkbar, in das allgemeine Leit- und Orientie-
unterschiedliche Anforderungen das Bodenleitsystem: rungssystem nach dem sog. Bojen-System aufzubauen.
Dabei werden mit Auffindestreifen an den Entschei-
• Leitstreifen vom Ein-/Ausgang bis zu den jeweiligen dungspunkten der Wege zu Treppen, WCs, Aufzügen
Funktionsbereichen/räumen (z.B. Hauptinformations- oder Infotresen visuell und taktil markiert.
punkte, Kassen, Treppen, Aufzüge),
50
LEITSYSTEME
TAKTILE GESTALTUNG

BLINDENSCHRIFT-ALPHABET, SYSTEM LOUIS BRAILLE

Gruppe 1

A B C D E F G H I J

Gruppe 1
ergänzt um
Punkt 3
K L M N O P Q R S T

Gruppe 1 er-
gänzt um Punkt
3+6
U V X Y Z ß ST

Gruppe 1
ergänzt um
Punkt 6
AU EU EI CH SCH Ü Ö W

ÄU Ä IE Zahlenzeichen

4.2.3 BRAILLESCHRIFT / PROFILSCHRIFT


1 4 Taktile Beschriftungen müssen sowohl als erhabene
Schwarzschrift (Profilschrift) als auch durch Brailleschrift
vermittelt werden. Es ist davon auszugehen, dass vielen
Menschen auf Grund einer Erblindung im Alter (52%

2 5 aller blinden und sehbehinderten Menschen in Deutsch-


land sind 75 Jahre und älter), keine Brailleschrift lesen
können. Ergänzungen durch taktile Piktogramme oder
Sonderzeichen sind beschränkt möglich; nur einfache
und gut umgesetzte Symbole lassen sich eindeutig er-
fassen. Taktile Beschilderungen sind in einer Höhe von
3 6 1,40-1,60 m anzubringen. Pultförmige Schilder können
auch niedriger (Höhe 1,00-1,10 m bei ca.15° Neigung)
installiert werden.

51
LEITSYSTEME
TAKTILE GESTALTUNG

0,18 x

Höhe
10-13
max 50

1-2,5 10-15

15°

1,5
10,8
100-110

6,6 2,7
2,7

0,6-0,7 10

4.2.4 TAKTILE ORIENTIERUNGS- UND GRUNDRISSPLÄNE / TASTMODELLE

Bei der Gestaltung von dreidimensionalen Orientie- bar verortet. Die Pläne sollen der Realität entsprechend
rungselementen (z.B Prägedruck, Tastmodell) ist der ausgerichtet (genordet) sein.
Standort zu markieren, und darauf zu achten, dass nur Generell kann eine akustische Orientierung im Gebäu-
absolut notwendige Informationen kontrastreich und de über den Einsatz von Materialwechsel unterstützt
leicht verständlich dargestellt werden. werden, die das Gehgeräusch verändern. So kann eine
Nach diesem Prinzip dargestellte Lagepläne oder Ge- lineare akustische Wegeführung erreicht werden. Der
bäudegrundrisse geben eine Übersicht und Vorstellung Einsatz von Klangkörpern, Wasserspielen oder Musik
über die Funktionsverteilung und Wegeführung. Beson- kann punktuell erfolgen und so ebenfalls zur Orien-
ders für komplexe Gebäudegrundrisse ist diese Darstel- tierung beitragen. Für die akustische Barrierefreiheit
lungsform zu verwenden. Taktile Pläne erleichtern die in öffentlichen Veranstaltungsräumen wie z.B. Veran-
Kommunikation mit blinden und sehbehinderten Men- staltungssälen, Kirchen, Kinos und Theatern kommen
schen. Idealerweise sind sie in unmittelbarer Nähe des Höranlagen zum Einsatz.
Eingangs, bzw. an Entscheidungspunkten taktil auffind-

52
LEITSYSTEME
AKUSTISCHE GESTALTUNG

4.3 AKUSTISCHE AUSFÜHRUNGEN

4.3.1 HÖRANLAGEN

Höranlagen ermöglichen eine direkte Übertragung des


Schalls ohne Nebengeräusche bei der Nutzung von:

• Kopfhörern,
• Hörgeräten,
• Ohrimplantaten (Cochlea-Implantat).
Zu unterscheiden sind:
• Induktive Höranlagen (T),
• Infrarot-Übertragungssysteme (IR),
• Funk-Übertragungssysteme (FM) und
• Streaming per WLAN

Allgemein ist bei Höranlagen zu beachten, dass ein-


zelne Plätze möglichst nahezu Referenten auszuweisen
sind und für einen guten Sichtkontakt zu Sprechenden
gesorgt wird. Die Übertragung muss möglichst lippen-
synchron sein, d.h. mit einer möglichst geringen Latenz
(=Zeitverzögerung) zwischen Sender und Empfänger.
Daher sind Übertragungen über WLAN im Moment noch
nicht das Mittel der Wahl, obwohl sie durch die Nutzung
des eigenen Geräts (Smartphone) erhebliche Vorteile
mit sich bringen. Hier ist die Latenz jedoch im Moment
noch sehr hoch, so dass eine lippensynchrone Über-
tragung nicht möglich ist. Inwieweit sich diese Systeme
technisch weiterentwickeln und so die Vorteile überwie-
gen, ist weiter zu verfolgen. Vorerst sind Übertragungen
per WLAN nur in Ausnahmefällen anzuwenden, wenn
tatsächlich keine andere der folgenden Lösungen ge-
funden werden kann.
Wichtig ist auch die Information mittels Symbolen direkt
am ausgestatteten Raum und Hinweise auf der Web-
seite und bei Einladungen. In diesem Zusammenhang
sollte auch über Gebärdensprachdolmetschen oder
Schriftdolmetschen nachgedacht und ggf. informiert
werden.

Die Notwendigkeit von Höranlagen ist anhand folgen-


der Aspekte abzuwägen:
• Ist eine Beschallungsanlage für alle anderen Teilneh-
menden vorhanden?
• Welche Funktion hat der Raum; finden Vorträge,
Unterricht oder Musikvorspiele statt?
• Wie groß ist der Raum (ab 80 m2 sollte eine Höranlage
vorgesehen werden)?
• Ist die Qualität der Akustik des Raumes ohne Hilfsmittel
ausreichend?

53
LEITSYSTEME
AKUSTISCHE GESTALTUNG

Eigenschaft Induktive Höranlagen FM-Anlagen Infrarot-Anlagen

mehrere Kanäle mehrere Kanäle


Kanalanzahl Einkanalig
simultan möglich simultan möglich

Eingeschränkte Platz-
freie Platzwahl und
freie Platzwahl und wahl (Sichtverbindung
Mobilität Bewegung innerhalb
Bewegung zum
der Schleife
IR-Sender)

Empfänger in HdO- Empfänger mit Halsring- Empfänger mit Halsring-


Empfänger für Träger Hörgeräten vorhanden, schleife oder Audioka- schleife oder Audioka-
mit Hörgeräten teilweise auch in bel an einige HdO-Hör- bel an einige HdO-Hör-
HdO-Hörgeräten geräte ansteckbar geräte ansteckbar

Empfänger für Träger Induktiv-Empfänger mit FM-Empfänger mit IR-Empfänger mit


ohne Hörgeräte Kopfhörer Kopfhörer Kopfhörer

Induktive Empfänger FM-Empfänger nicht an IR-Empfänger nicht an


Anpassung an
nicht an individuellen individuellen Hörverlust individuellen Hörverlust
individuellen Hörverlust
Hörverlust angepasst angepasst angepasst

Kopfhörer über HdO- Kopfhörer über HdO-


bei HdO- (oder IdO-)
Vor- und Nachteile bei Hörgeräten schwierig Hörgeräten schwierig
Hörgeräten mit T-Spule
Kopfhörerbetrieb (akustische Rückkopp- (akustische Rückkopp-
nicht sinnvoll
lung) lung)

offene Kopfhörer gut offene Kopfhörer gut


Kombinierbarkeit offene Kopfhörer gut kombinierbar mit IdO- kombinierbar mit IdO-
kombinierbar mit IdO- Hörgeräten Hörgeräten
Hörgeräten Stethoclip-Kopfhörer Stethoclip-Kopfhörer
nicht anwendbar nicht anwendbar

ggf. Bewilligung / bei Nachrüstung ggf.


Installation des Schlei-
Frequenzerteilung durch aufwändig
Aufwand für den Einbau fenkabels bei Nachrüs-
Fernmeldebehörde (z.B wegen Denkmal-
tung ggf. aufwändig
erforderlich schutzbestimmungen)

Brummeinstreuungen bei
HF-Störfelder, andere kein „Sichtkontakt“ zum
elektromagnetischen
Mögliche FM-Anlagen, bisweilen IR-Sender, bisweilen
Felder oder falscher
Störeinwirkungen auch durch elektroni- Störungen durch Son-
Schleifen-
sche Vorschaltgeräte nenlicht
dimensionierung

alle öffentlichen Räume Dolmetscherbetrieb, Dolmetscherbetrieb,


Besondere Eignung für mit wechselndem Personenführungsanla- private Nutzung für
Publikum gen, Schulen Radio-/Fernseher-Ton

Ausstattung für den Raum einzelne Personen einzelne Personen

ANMERKUNG HdO-Hörgerät: Hörgerät, das Hinter dem Ohr getragen wird


IdO-Hörgerät: Hörgerät, das In dem Ohr getragen wird

54
LEITSYSTEME
AKUSTISCHE AUSFÜHRUNG

Induktive Höranlage im Boden

INDUKTIVE HÖRANLAGEN (T)

Fest verlegte induktive Höranlagen in Fußboden, Wand Induktionsschleifen wie einfachen Schleifen in kleinen
oder Decke sind für größere Versammlungsstätten wirt- Räumen oder Schleife in Form einer „8“ für große Räu-
schaftlich planbar und bieten Nutzenden von Hörge- me entscheidet über die Qualität.
räten einen optimalen Empfang. Induktive Höranlagen Auf vorhandene Höranlagen sollte bevorzugt vorab über
sollten nach dem „Low-Spillover-Prinzip“ von Fach- Flyer oder im Internet aufmerksam gemacht werden.
leuten geplant und verlegt werden. So wird garantiert, Die Piktogramme der World Federation of the Deaf
dass keine fest verlegten oder mobilen Höranlagen (Kapitel 4.1.4, S 48) können übernommen werden und
in angrenzenden Räumen gestört werden und der sind jeweils am Counter, am Eingang des Raumes
gesamte Raum in gleicher Qualität erreicht wird. Die bzw. am Platz anzubringen. Im Bestand, wo schwierige
Nutzerinnen und Nutzer können sich innerhalb induktiver Gegebenheiten vorliegen können, sind mindestens 20%
Hörschleifen frei bewegen. Das Zusammenspiel von eines Raumes abzudecken. Können nur einzelne Plätze
Nutzungsziel, Raumakustik und Elektroakustik ist aus- ausgewiesen werden, so sollten sie sich in der Nähe der
schlaggebend für eine gute Funktion Empfohlen werden Position der Vortragenden befinden.
eine Computersimulation bzw. raumakustische Messun-
gen vor Abschluss der Bauarbeiten. Die Verlegeart von

55
LEITSYSTEME
AKUSTISCHE AUSFÜHRUNG

Infrarot- und Funk-Übertragungssystem

INFRAROT- UND FUNK-ÜBERTRAGUNGSSYSTEME (IR) MOBILE HÖRANLAGEN: FUNK ODER INFRAROT (FM)

Die über Mikrofon übertragene Sprache wird kabellos Mobile Anlagen, beispielsweise per Funk oder Infrarot,
durch Infrarotstrahlen oder Funkwellen auf einen kleinen haben den Vorteil, dass sie kabellos, ortsungebunden,
Empfänger übertragen, den die Zuhörenden tragen. leicht zu transportieren und somit überall einsetzbar
sind. Die akustische Übertragungsqualität ist optimal.
Sie können ungünstige Situationen verbessern. Der
Funk- oder Infrarot-Empfänger wird dabei am Körper
getragen und der Ton per Teleschlinge oder Kopfhörer
übertragen. Das induktive Feld bleibt durch die Tele-
schlinge oder den Kopfhörer auf die Person begrenzt.
Verschiedene Kanäle ermöglichen eine Mehrfachnut-
zung ohne sich gegenseitig zu stören, bspw. zum Dol-
metschen. Infrarot-Systeme erfüllen durch den nötigen
Sichtkontakt zum Sender auch sicherheitstechnische
Anforderungen, da die Übertragung so auf einen be-
stimmten Raum begrenzt werden kann.

56
LEITSYSTEME
KOGNITIVE ANFORDERUNGEN

4.4 KOGNITIVE ANFORDERUNGEN


AN ORIENTIERUNG IN GEBÄUDEN
Man kann im öffentlichen Raum und in Gebäuden vier Die einfachste Form ist die Orientierung über eine
verschiedene Orientierungsformen unterscheiden. Diese direkte Blickbeziehung, d.h. das Ziel ist unmittelbar
stellen unterschiedliche Anforderungen an die kognitive sichtbar und kann direkt angesteuert werden. Diese
Leistungsfähigkeit der Nutzenden und sind daher nicht Orientierungsform bietet die größtmögliche Sicherheit
alle gleichermaßen geeignet und kann auch unter Stress, welcher die Orientierungs-
fähigkeit mindert, intuitiv angewendet werden.

WC

ZUGANG

WARTEN

57
LEITSYSTEME
KOGNITIVE ANFORDERUNGEN

Insbesondere bei Ortsunkenntnis ist es wichtig, den Ein- über Informationstafeln zu bevorzugen. Eine direkte
gangsbereich eines öffentlichen Gebäudes zu erkennen Blickbeziehung vom Haupteingang zum zentralen Infor-
und einfach überschauen zu können und einen Raum mationspunkt und dessen gestalterische Akzentuierung
vorzufinden, der durch seine klare Zonierung leicht zu sind besonders wichtig. Auch wartenden Personen kann
erfassen ist. Vorhandenes und ansprechbares Personal ein Blickkontakt zum Personal Sicherheit geben.
bietet als erste Anlaufstelle Sicherheit und ist gegen

LIFT & TREPPEN

INFORMATION

Sichtbeziehungen im Foyer

58
LEITSYSTEME
KOGNITIVE GESTALTUNGSPARAMETER

ZIEL IN SICHTWEITE

4.4.1 WEGEFÜHRUNG DURCH DAS GEBÄUDE

Müssen sich Besuchende durch komplexere Gebäude- kann es sehr hilfreich sein, sogenannte Referenzpunkte
strukturen bewegen, wird neben der Orientierung über oder Landmarks im Gebäude einzusetzen. Diese Orte
eine direkte Sichtbeziehung auch die Orientierung ent- mit einem sehr hohen Wiedererkennungswert zeichnen
lang eines Weges genutzt. Dabei folgt man beispiels- sich durch eine spezifische Gestaltung oder besondere
weise Fluren oder abgesetzten Streifen im Bodenbelag. Blickbeziehungen aus, z.B. in den Außenraum. Referenz-
Je eindeutiger und suggestiver die Laufrichtung durch punkte sind besonders an Plätzen sinnvoll, an denen
die Architektur beschrieben wird, desto leichter fällt die zwischen verschiedenen Richtungen ausgewählt werden
Wegefindung. kann. Eine eindeutige Unterscheidung von Bereichen
Die komplexere Art der Wegefindung ist die sequenziel- unterstützt die Orientierung.
le Orientierung von Punkt zu Punkt. Betritt beispielswei-
se ein Gast das Foyer, muss er von dort zunächst den Die vierte und komplizierteste Art der Orientierung
Lift am Ende eines Flures ansteuern. Mit dem Lift fährt er basiert auf einer kognitiven Karte. Sie verlangt gute
zwei Etagen nach oben, durchquert dort einen Warte- Kenntnisse der Räumlichkeiten und anspruchsvolle ko-
bereich bis zu einer Glastür, hinter der sich sein Ziel be- gnitive Prozesse. Daher eignet sie sich nicht für öffentli-
findet. Um diese Form der Orientierung zu erleichtern, che Gebäude.

59
LEITSYSTEME
KOGNITIVE GESTALTUNGSPARAMETER

ZIELFÜHRUNG EINES WEGES ERREICHBAR

ZIELFÜHRUNG VON PUNKT ZU PUNKT

ZIELFÜHRUNG MITTELS KOGNITIVER KARTE

60
LEITSYSTEME
KOGNITIVE GESTALTUNGSPARAMETER

4.4.2 LEITSYSTEME / BESCHILDERUNGEN / 4.4.3 HEMMNISSE EINFACHER ORIENTIERUNG


SIGNALETIK

Neben einer leicht verständlichen und intuitiv nutzbaren Bauliche bzw. organisatorisch bedingte Stressfakto-ren
Architektur sind Beschilderungen für eine gute Orientie- können die Orientierung hemmen. Dazu gehören
rung in öffentlichen Gebäuden unerlässlich. Es soll ein beispielsweise Lärm, Enge, Blendung, glatt wirkende
ganzheitliches Leitsystem entwickelt und implementiert Bodenbeläge, unzureichende Beleuchtung oder ein
werden. Die Architektur bietet vielerlei Möglichkeiten, Übermaß an Informationen. All diese Aspekte lassen
dieses zu unterstützen wie durch die Nutzung erforder- sich unter dem Aspekt einer zu hohen Reizdichte zu-
licher Markierungen auf Glasflächen oder Auswahl von sammenfassen. Diese kann zu einer kognitiven Über-
Materialien und Farben zur Differenzierung von Berei- forderung führen und steht einer intuitiven Orientierung
chen. Beide Systeme müssen miteinander entwickelt entgegen. Auch psychologische Effekte, wie Unsi-
werden und eine gemeinsame Sprache sprechen. cherheit beim Hineinlaufen in ein düsteres Foyer ohne
Es sind folgende Aspekte zu beachten: natürliche Belichtung oder Angst des Herabstürzens
bei Böden aus Gitterrost auf Aussichtsplattformen, sind
• Um eine Reizüberflutung zu vermeiden, müssen Infor- zu berücksichtigen.
mationsträger im Gebäude sparsam und präzise Die beschriebene Überforderung soll durch eine an-
platziert werden. sprechende und reizreduzierte Gestaltung, die leicht
• Schrift wird in der Regel gut erkannt. Einfache und zu interpretieren ist und dem Nutzer Sicherheit bietet,
kurze Begriffe sind zu bevorzugen. vermieden werden.
• Ergänzung mit einfachen Piktogrammen ist sinnvoll.
Diese sollen die Information direkt wiedergeben und
leicht erkennbar sein.
• Bei der Verwendung von zweidimensionalen Pfeilen ist
zu berücksichtigen, dass diese auch zu Irritationen
führen können, wenn dreidimensionale Wege be
schrieben werden; Beispiel: ein nach oben gerichteter
Pfeil könnte darauf hinweisen, dass das Ziel gerade
aus zu finden ist oder aber auch, dass der Nutzer eine
Ebene nach oben gehen muss. In unmittelbarer Nähe
von Treppen und Aufzügen ist dieser Pfeil nicht geeig-
net. Ebenso wenig eignet er sich, wenn sich viele
Wege in verschiedene Richtungen kreuzen.
• Farbcodierungen für bestimmte Ebenen oder Bereiche
können ergänzend eingesetzt werden.
• Die Montagehöhe von Beschilderungen soll zwischen
1,20 m und 1,60 m liegen.
• Informationen, die seitlich zur Laufrichtung angeord-
net sind, werden weniger wahrgenommen als im
direkten Laufbereich liegende Informationen.

61
LEITSYSTEME
KOGNITIVE GESTALTUNGSPARAMETER

Orientierung durch
Wiederkennung und Sichtbeziehung

62
LEITSYSTEME
DIGITALE AUSFÜHRUNGEN

4.5 DIGITALE AUSFÜHRUNGEN

Audio- oder Videoguides und vor allem verschiedene, 4.5.2 NAVIGATIONSSYSTEME


personengebundene Funksysteme spielen eine im-
mer größere Rolle für barrierefreie Informations- und Eine zukünftige Zielsetzung ist die Steigerung der
Leitsysteme. Bei digitalen Inhalten ist eine barrierefreie Mobilität und Sicherheit bei blinden und stark sehbehin-
Nutzbarkeit sicherzustellen. derten Menschen, die durch eine handybasierte Fuß-
gängernavigation außerhalb und innerhalb von öffentli-
4.5.1 AUDIO- UND VIDEOGUIDES chen Gebäuden ermöglicht werden. In Kombination mit
baulichen Informationselementen wie Bodenleitsysteme
Audio- und Videguides können tragbare Geräte/Klein- und Beschilderungen ermöglichen Navigationssysteme
bildschirme oder fest installierte Informationssysteme eine selbstständige und sicherere Wegeführung.
sein. Sie bieten die Möglichkeit, auf individuelle Ansprü- Die für eine Navigation notwendige Positionsbestim-
che zugeschnittene Informationen visuell und auditiv zu mung im Außen- und Innenbereich basiert auf unter-
übermitteln. Informationen können in Gebärdenspra- chiedlichen Ortungstechnologien. Während für die
che bzw. Lautsprache in Textform ebenso übermittelt Positionsbestimmung im Außenbereich überwiegend
werden, wie in leichter Sprache oder als inhaltlich das Global-Positioning-System (GPS) mit der Nutzung
anspruchsvoller Volltext in verschiedenen Sprachen. Sie von Weltraumsatelliten zum Einsatz kommt, erfolgt die
finden z.B. in Museen, komplexen Gebäudestrukturen Ortung innerhalb von geschlossenen Räumen über
oder Städten Anwendung und können neben Orientie- eigene Indoor-Ortungs-Systeme. Die Technologien auf
rungs- und Leitinformationen beliebig viele weiterfüh- denen die Positionsbestimmung im Innenbereich auf-
rende Inhalte übermitteln. baut, können variieren. Bislang liegen keine einheit-

63
LEITSYSTEME
DIGITALE AUSFÜHRUNGEN

GPS

WLAN

BLUETOOTH, NFC,
RFID, BEACON

SMARTPHONE SENSOREN

lichen Standards vor. Nutzende von Android basierten Die Bedienbarkeit und der Erfolg einzelner Systeme
Geräten haben andere Voraussetzungen als diejenigen und der damit einhergehende Mehrwert für die Nut-
mit IOS-Geräten und stetig steigende Übermittlungsra- zung durch visuell eingeschränkte Menschen hängt von
ten und Bluetooth-Neuerungen führen zu zahlreichen, unterschiedlichen Faktoren ab:
sich parallel entwickelnden Lösungsansätzen, sowohl in
wirtschaftlich agierenden Betrieben, als auch in staat- • Genauigkeit (Stock-Radius),
lich geförderten Konsortien und Hochschulen. • Stabilität der Datenübertragung,
Meist beruht die Positionsbestimmung auf externen Sig- • On-oder Offlinefähigkeit der Anwendung,
nalgebern wie WLAN, Bluetooth Low Energy Beacons, • Für Android und iOS-Betriebssysteme geeignet,
in Kombination mit internen Smartphone-Sensoren, der • Installations- und Wartungskosten,
geräteeigenen Kamera oder Lesefunktionen für QR- • Aktualität der übermittelten Daten und
Codes und NFC-Chips. Je nach Technologie wird die • Nutzerfreundlichkeit.
bis zu unter 30 cm genaue Position in digitalen Grund-
rissdarstellungen, in entsprechenden Applikationen Die größte Herausforderung besteht in der Verbindung
(Apps) auf mobilen Endgeräten abgebildet. von Out- und Indoornavigation für eine Door-to-Door-
Die für die digitale Navigation in Gebäuden notwen- Navigation, wie sie beispielsweise im Forschungs- und
digen Elemente und das Vorhalten von technischen Entwicklungsprojekt m4guide entwickelt wurde.
Voraussetzungen wie z.B. WLAN, Beacons, Kurzstrecken-
Funktechnik, RFID-Tags, NFC- Chips oder QR- Codes
sollte bereits in der Planungsphase für das Leiten von
Besucher- und Kundenströmen bedacht werden.

64
LEITSYSTEME
DIGITALE AUSFÜHRUNGEN

4.5.3 INFO-TERMINALS UND AUTOMATEN 4.5.4 DYNAMISCHE INFORMATIONSANZEIGEN

Terminals und Automaten haben barrierefrei zugänglich Es gibt unterschiedliche Anzeige-Medien, beispielswei-
und nutzbar zu sein. Sie müssen für Personen im Roll- se im öffentlichen Personennahverkehr oder in Verwal-
stuhl erreichbar und unterfahrbar, ggf. höhenverstellbar, tungsgebäuden, mit denen dynamische Informations-
nicht in Wänden und sonstigen Bauelementen einge- systeme ausgestattet werden können. Diese müssen
lassen oder scharfkantig ausgebildet sein. Blinde und für alle lesbar sein. Die am häufigsten vorzufindenden
sehbehinderte Menschen sollen sie leicht auffinden und Anzeigemedien sind:
über kontrastreiche und ertastbare Elemente bedie-
nen können. Automaten müssen auch von Personen • LED (Licht Emmitierende Dioden) und
mit einer eingeschränkten Greiffähigkeit leicht genutzt • LCD (Liquid Crystal Display – Flüssigkristallanzeige).
werden können. Akustische Kommunikationsanlagen
unterstützen die Wahrnehmung bei Menschen mit Hör- Kriterien für die Lesbarkeit sind:
behinderungen.
• von Weitem gut erkennbar,
Zielführende Standards liegen derzeit nicht vor. Es sind • übersichtliche Gestaltung,
die Anforderungen der DIN 18040-1, insbesondere unter • deutliches und klares Erscheinungsbild der Anzeige,
4.5 Bedienelemente und 4.6 Service-Schalter, Kassen • blend- und flimmerfrei,
und Kontrollen, zu beachten. Zu den Forderungen und • frontale und seitliche Ablesbarkeit,
Maßgaben der baulichen Einordnung gehören: • Schriftgröße,
• Leuchtdichtekontrast (hell/dunkel),
• barrierefreie Zugänglichkeit, • Farbkombination (z.B. Berücksichtigung von Rot-Grün-
• Leit- und Orientierungselemente, Fehlsichtigkeit)
• Bewegungsflächen • hohe Auflösung, gut lesbare Schrift,
• Sprachausgabe.
und zur Nutzung:
4.5.5 HÖRSTATIONEN
• visuelle, taktile und akustische Wahrnehmung
(Mehr-Sinne-Prinzip), Zu beachten sind folgende Hinweise:
• Touchscreen, der eine Nutzung mit Prothesen ermög- • technische Kompatibilität mit Hörhilfen wie beispiels-
licht, alternativ Funktionstasten für die Nutzung vom weise Hörgeräte mit Telespule und Cochlea-Implan-
Rollstuhl aus, da die Perspektive von unten die Dar- tate; Audiokabel-Anschluss sicherstellen,
stellung auf dem Bildschirm unter Umständen • visuell und taktil kontrastreiche Bedienelemente
beeinträchtigt, vorsehen
• 5-Button-Tastensteuerung (Vor/Enter/Zurück/Plus- • Textfassungen anbieten
Modus/Ein-Aus): barrierefreie Nutzung für motorisch
beeinträchtigte und sehbehinderte Menschen mit 4.5.6 AUDIO-DESKRIPTION
Drucktastern,
• Unterfahrbarkeit, Eine Audio-Deskription als „Video-Beschreibung“,
• Bildschirm (Höhe, Kontrast, Schriftbild, ggf. verstellbar, „Beschreibende Schilderung“ stellt zusätzliche Infor-
blendfrei) – schräge Bedienoberfläche (Pult 15°), mationen über Handlungen, Akteure, Texte und andere
• Software (einfache und intuitive Bedienung, Sprach- visuelle Inhalte auf dem Bildschirm bereit. Die techni-
ausgabe), sche Ausrüstung dazu ist bereit zu halten.
• Audiobuchsen für Kopfhörer sowie Lautsprecher erlau-
ben, die Inhalte zusätzlich zu hören.

Über Bildschirme und Projektoren werden Informationen


visuell dargestellt. Lautsprecher und Braillezeilen ma-
chen die Informationen akustisch und taktil zugänglich.

65
LEITSYSTEME
DIGITALE AUSFÜHRUNGEN

Touristische Informationsstele Berlin

66
LAGE UND ERREICHBARKEIT

5. LAGE UND ER-


REICHBARKEIT
ÖFFENTLICH ZUGÄNGLICHE GEBÄUDE

Lage und Erreichbarkeit Bereiche und Räume Gebäudeteile und Details

Wege Eingang / Foyer / Flure Rampen

Rettungswege Treppen

ÖPNV IPV

Schaler / Wartebereiche Aufzüge


Parkplätze

Garderoben Türen/
Barrierefreie Fenster/
Grundstücksgestaltung Oberflächen

Sanitärräume
Zugang Wände/
Decken

Büroräume

Kommunikations-
einrichtungen
Versammlungsstätten / Ausstellungen

Verkaufs- / Gast- / Beherbergungsstätten

67
LAGE UND ERREICHBARKEIT

BEREICHE UND
RÄUME

Wege- und Funktionsketten zum Erreichen


des Gebäudeeinganges

5.1 ZUGÄNGLICHKEIT Die Anbindung ist auf Barrierefreiheit und Sicherheit


zu überprüfen. Auf der Homepage der Betreiber ist die

UND NUTZBARKEIT barrierefreie Erreichbarkeit mit Nutzungshinweisen zu


beschreiben.

68

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Parkplatzgestaltung auf dem Grundstück

5.1.1 ANBINDUNG AN DEN ÖFFENTLICHEN 5.1.2 ANBINDUNG AN DEN INDIVIDUALVERKEHR


PERSONENNAHVERKEHR (ÖPNV)
Es ist eine möglichst direkte Beziehung vom Parkplatz
Die Wege von den Haltestellen des ÖPNV zu öffentlich zum Haupteingang eines Gebäudes über barrierefreie
zugänglichen Gebäuden sind auf Barrierefreiheit zu Wege herzustellen. Bei Zufahrtskontrollen mit Schranken
überprüfen. Zu berücksichtigen sind Kriterien wie: ist ein barrierefreier Bereich zum Passieren mit dem
Rollstuhl mit einer lichten Durchgangsbreite von min-
• Oberflächen, destens 0,90 m zu berücksichtigen. Dieser Bereich muss
• visuelle und taktile Bodenindikatoren, für blinde und sehbehinderte Menschen mittels visuell
• Bordsteinabsenkungen, und taktil kontrastreichen Bodenelementen gekenn-
• ebener Zugang, zeichnet werden.
• Rampen,
• Leitsysteme und Beschilderung, PKW-STELLPLÄTZE
• Baustellen.
Pkw-Stellplätze für Menschen mit Behinderungen sind
Die Betreiber des ÖPNV können hierzu durch Informati- zielnah – vorzugsweise unmittelbar am Haupteingang
onen über die Lage von Haltestellen und Stationen bei- des Gebäudes, jedoch nicht mehr als 100 m vom Haupt-
tragen. Dabei ist an Hinweise auf temporäre Einschrän- eingang entfernt – zu verorten. Als Bemessungsgrundla-
kungen durch bauliche Maßnahmen sowie veränderte ge sind die Richtwerte der AV Stellplätze anzuwenden.
Wegeführungen zu denken. Die Anzahl der nach § 49 Absatz 1 Satz 1 BauO Bln zu
schaffenden Stellplätze wird nach den Richtzahlen der

69
LAGE UND ERREICHBARKEIT
ZUGANGLICHKEIT UND NUTZBARKEIT

Anlage 1 bestimmt, die zu erhöhen oder zu verringern PKW-PARKSYSTEME


ist, wenn das Ergebnis im Missverhältnis zum Bedarf
steht. Pkw-Parksysteme haben den Zweck, den Parkraum
optimal auszunutzen. Für Menschen im Rollstuhl sind nur
Sind nach den Richtzahlen der Anlage 1 mehr als zwei Parksysteme geeignet, bei denen der Pkw automatisch
PKW-Stellplätze erforderlich, soll anstelle von zwei zu zu der vorgesehenen Parkzone geführt wird und von dort
schaffenden Pkw-Stellplätzen ein Stellplatz für einen wieder geordert werden kann. Parksysteme, bei denen ein
Kleinbus eingerichtet werden. direktes Befahren der mobilen Plattform erforderlich ist,
Um ein ungehindertes Ein- und Aussteigen zu ermög- sind aufgrund des erforderlichen Unterbaus von einer
lichen, muss eine Stellplatzbreite von 3,50 m berück- Höhe von ca. 0,10 m des Transportsystems für Rollstuhl
sichtigt werden. Bei Längsparkplätzen ist für Sonder- nutzende Menschen nicht geeignet. Kommt dieses zum
fahrdienste und Pkw eine zusätzliche Bewegungsfläche Einsatz sind zusätzlich feste Pkw-Stellplätze vorzusehen.
(2,50 m Länge) im Heckbereich zum Ein- und Ausladen
zu beachten. Ein barrierefreier Zugang von der Umstei- 5.1.3 BARRIEREFREIE GRUNDSTÜCKSGESTALTUNG.
gefläche zum Haupteingang ist sicherzustellen.
Ein stufen- und schwellenloser Zugang von der straßen-
Erschließungswege müssen ausreichend breit, stufen- seitigen Grundstücksgrenze zum Gebäude ist sicherzu-
und schwellenlos, sowie eben und erschütterungsarm stellen (z.B. Bordsteinabsenkung). Neben den Anforde-
sein. Durch eine Beschilderung und vorzugsweise ganz- rungen, die an das Gebäude selbst zu stellen sind, ist
flächige Kennzeichnung im Boden ist auf das Sonder- auch der barrierefreie Zugang zu einem Gebäude zu
parkrecht aufmerksam zu machen. betrachten (Kapitel 5.2, S. 73). Bei Gebäudekomplexen
Generell erfordern besonders große Parkeinrichtungen sind die Anforderungen an das Wegekonzept zwischen
auffällige, einfach und nachvollziehbar zu erfassende den einzelnen Gebäuden und Funktionen einzubezie-
Gestaltungssysteme, die die Orientierung und Nutzung hen.
für alle erleichtern oder erst ermöglichen.

Nicht überdachte Stellplätze stellen einen Nachteil für


mobilitätsbehinderte Personen bei einer ungünstiger
Wetterlage dar. Durch einen zeitlich meist längeren Ein-
und Aussteige-Prozess kommt es zu nicht unterschätzen-
den Beeinträchtigungen.

PARKHAUS/GROSSGARAGE

Ausgewiesene Sonderstellplätze in Parkhäusern sollen


auf der Erdgeschossebene angeordnet sein, um im
Gefahrenfall unmittelbar ins Freie gelangen zu können.
Andernfalls sind sie in unmittelbarer Nähe zum Aufzug
anzuordnen, um lange Wege zu vermeiden und an den
öffentlichen Straßenraum bzw. an andere Gebäude-
ebenen angebunden zu sein. Eine direkt zugeordnete
und ausreichend bemessene Beleuchtung ist vorzuse-
hen.
Um eine räumliche und wirtschaftliche Ausnutzung des
gesamten Stellplatzangebotes zu erhalten, kann sich
die seitliche Bewegungsfläche bei nebeneinanderlie-
genden Sonderstellplätzen überlagern. Umzusetzen
ist eine ausreichende Tiefe von mindestens 1,50 m
innerhalb der baulichen Sicherheitszone (Schleuse) –
zwischen geöffneten Türen – sowie die automatische
Funktion der anliegenden, meist auf Brandschutz aus-
gerichteten Türen.

70
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5.1.4 GEHWEGE AUF DEM GRUNDSTÜCK

Zu nachfolgenden Ausführungen ist zusätzlich das schränkungen nutzbar. Die Längsneigung darf bis zu
Handbuch Berlin-Design for all – Öffentlicher Freiraum 6% betragen, wenn in Abständen von max. 10,0 m
heranzuziehen. An dieser Stelle werden nur einige all- Zwischenebenen mit einer Längsneigung von max. 3%
gemeine Hinweise gegeben. angeordnet werden.
Lassen sich aufgrund topographischer Gegebenheiten
GEHWEGBREITE stärkere Neigungen nicht vermeiden, sind alternative
Möglichkeiten bzw. Umgehungen oder Rampen zu
Gehwege müssen ausreichend breit für die Nutzung mit berücksichtigen. Auf unvermeidbare abweichende
dem Rollstuhl oder mit Gehhilfen sein, auch im Begeg- Neigung, bzw. erforderliche Umgehungen ist vor Ort
nungsfall. In der Regel sind 1,50 m ausreichend, wenn hinzuweisen.
für den Begegnungsfall nach 18 m eine Fläche von
1,80 x 1,80 m angeordnet wird. Die Mindestbreite von QUERNEIGUNG
1,20 m ist vertretbar, wenn die Länge des Gehweges
maximal 6,0 m beträgt und davor und danach Bewe- Zur Entwässerung des Gehweges ist je nach Griffigkeit
gungsflächen von 1,50 x 1,50 m angeordnet werden. und Oberflächenstruktur eine Querneigung bis maximal
Engstellen und Wege mit einer Breite von 1,20 m sollen 2,5 % möglich. Eine höhere Querneigung ist für Roll-
gut einsehbar sein. stuhlnutzende problematisch, da ein stetiges Gegen-
steuern sehr kraftaufwendig ist.
LÄNGSNEIGUNG
RICHTUNGSÄNDERUNG (siehe Handbuch Design for
Die maximale Längsneigung des Gehweges darf all Öffentlich zugänglicher Freiraum)
grundsätzlich 3% nicht übersteigen. Eine Längsneigung
bis 3% ist für Rollstuhlfahrende oder andere Personen Wegen des Sicherheitsempfindens sind erfahrungsge-
mit Mobilitätsbeeinträchtigung ohne besondere Ein- mäß unüberschaubare Bereiche zu vermeiden. Scharf-

71
LAGE UND ERREICHBARKEIT
ZUGANGLICHKEIT UND NUTZBARKEIT

winklige Ecksituationen bei der Weggestaltung sind mit zugänglich und nicht im unmittelbaren Gehbereich
einer Abrundung oder Abschrägung ggf. anzupassen. anzuordnen. Auf eine möglichst geringe Lesedistanz für
Bei Richtungsänderung soll die Mindestbreite des We- sehbehinderte Personen ist zu achten. Spiegelung und
ges auf 1,50 m erhöht werden oder eine Bewegungsflä- Reflexion sind durch geeignete Materialwahl zu vermei-
che von 1,50 x 1,50 m angeordnet werden. den.

OBERFLÄCHENGESTALTUNG MULDENRINNEN

Die Oberfläche muss griffig, rutschhemmend, eben, In Gehrichtung eingearbeitete Mulden- bzw. Entwässe-
fugenarm und erschütterungsfrei befahrbar sowie nicht rungsrinnen können für blinde und sehbehinderte Perso-
reflektierend sein. Als griffige Oberflächen gelten sol- nen eine ergänzende Orientierungshilfe sein. Dagegen
che, die auch bei Verschmutzung, Nässe oder Schnee, sind Rinnen in Quer- wie in Längslage für Rollstuhlfah-
den Schuhsohlen, Gehhilfen und den Rädern eines Roll- rende wie für Personen mit Gehhilfen problematisch.
stuhles noch sicheren Halt geben. Bewährt haben sich: Sie dürfen daher nur eine Tiefe bis zu 1/30 ihrer Breite
haben und müssen im Kontrast zu ihrem Umfeld stehen.
• Betonsteine/Betonplatten/Betondecken, Dabei sind die Wangen zum Rinnenboden hin abzu-
• Natursteinbeläge, schrägen (mind. 45°). Eine alternative Lösung ist das
• gebrannte, flachverlegte Klinker, bodenbündige Abdecken der Rinne, beispielsweise mit
• Gussasphalt mit Splitteineinstreuung, einem Gitter.
• Waschbetonplatten mit Kieseleinstreuung.
BELEUCHTUNG (siehe Handbuch Öffentlicher Frei-
Eine zu grob strukturierte Oberfläche erhöht den Rollwi- raum)
derstand der Räder und ist daher ungeeignet.
Die Beleuchtung soll gleichmäßig und blendfrei sein.
GEHWEGABGRENZUNGEN (siehe Handbuch Öffentli- Eine Überlappung der Lichtkegel einzelner Leuchten
cher Freiraum) ist sicher zu stellen, sodass keine Verschattungszonen
entstehen. Die häufig auf Wegen begleitenden Bo-
Die seitlichen Abgrenzungen des Gehweges sollen denleuchten und im Geländer integrierte Leuchtkörper
so ausgebildet werden, dass eine klare Wegeführung können bei einem unsachgemäßen Einbau ein sicheres
besteht, insbesondere für blinde und sehbehinderte Per- Befahren oder Begehen behindern. Solche Lichtstrahler
sonen. So können zum Beispiel angrenzende Rasenflä- sollten immer nach unten abstrahlen.
chen, Rasenkantensteine oder Pflastersteine deutliche
taktile Akzente setzen, die blinden Personen zusätzliche MÖBLIERUNG
Tast- bzw. Orientierungshilfe geben.
Die Breite eines Gehweges darf nicht durch Einbauten
ORIENTIERUNGSHILFEN (Kapitel 4.2.1, S. 49) und Gegenstände wie Masten, Bänke und Hinweisschil-
der beeinträchtigt werden. Ist dieses unvermeidbar,
Informationen können durch Markierungen, Belagwech- dann sind sie für blinde und sehbehinderte Menschen
sel in der Gehwegoberfläche bzw. durch markante erkennbar zu gestalten. Möblierungen des öffentlichen
Randausbildung (Kanten) gegeben werden. Konkrete Raums müssen kontrastreich gestalten und möglichst in
Informationen erfolgen über taktile Beschriftung am einer gesonderten Zone aufgestellt werden. Bänken ist
Handlauf. Beschilderungen (siehe Kap…) und sonsti- eine seitliche Aufstellfläche für Rollstühle und Kinderwa-
ge visuelle Vermittlungen von Informationen sind frei gen zuzuordnen.

t maxt max
t maxt max 1/301/30
b b
1 cm1 cm
b b
t = Tiefe Gestaltung von
b = Breite Muldenrinnen
t=Tiefe,
t=Tiefe,
b=Breite
b=Breite

72
5.2 ZUGANG UND EINGANGSBEREICH
Eingangsbereiche besitzen einen hohen Stellenwert. Sie • automatisch funktionierend mit Impulsgeber,
bilden die Schnittstelle zwischen Innen und Außen und • bei Einlasskontrollsystemen leichte Kontaktaufnahme
entscheiden zu einem großen Teil über Eindruck, Nut- ermöglichen. Dabei ist auf die Auffindbarkeit, Erreich-
zungsakzeptanz und -qualität eines Gebäudes. Damit barkeit und Bedienbarkeit von Klingel und Gegen-
obliegt ihnen die Doppelfunktion, einerseits einladend sprechanlage zu achten. Es ist sicher zu stellen, dass
zu wirken, andererseits jedoch den Abschluss, Schutz Personal erreichbar ist und der Sichtkontakt
und eine Kontrolle zu bieten. Eine gemeinsame Ein- zum Personal hergestellt werden kann.
gangssituation für alle Nutzerinnen und Nutzer stellt die
Voraussetzung für Inklusion dar und soll nur in Einzelfäl- Für Menschen mit sensorischen oder kognitiven Ein-
len umgangen werden. Für Menschen mit einer motori- schränkungen sind bedeutend:
schen Einschränkung sind erforderlich:
• Auffindbarkeit und eindeutige Zuordnung des Gebäu-
• stufenlose Eingangsvarianten, des/der Einrichtung aus dem öffentlichen Raum durch
• Tür- bzw. Durchgangsbreiten von mind. 0,90 m, Beschilderung bzw. Leit- und Gestaltungselemente
• Türöffnungsvarianten: • Hervorheben des Haupteingangs durch Form, Propor-
• manuell bedienbare leichtgängige Türen; ein Kraftauf- tion, Farbe, Material und Kontrast,
wand bis max. 25 Newton • Hinweis- und Informationsschilder (Kapitel 4.1.4, S. 46)
• elektromotorisch bedienbar mit Anforderungstaster, und Bedienelemente (Kapitel 6.3, S. 89).

73
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

5.2.1 FOYER Informationsschalter sind nach dem Mehr-Sinne-Prinzip


zu gestalten. In Anwendung des Mehr-Sinne-Prinzips
Das Mindestmaß für die Tiefe des Windfangs bei geöff- sollen akustische, visuelle und taktile Elemente gleicher-
neten Türflügeln beträgt 1,50 m. Die Mindestbreite aller maßen verwendet werden. Insbesondere Schalter mit
Durchgänge liegt bei 0,90 m. Im Foyer werden eindeu- Glastrennung können mit einer Sprechanlage und einer
tige Informationen und Leitelemente sowie ggf. Perso- induktiven Höranlage ausgestattet werden.
nal zur direkten Kontaktaufnahme erwartet. Foyerbereiche mit einer Anbindung an Treppenhäuser
Bei der Gestaltung mit intuitiven Leitelementen sind zu und Aufzüge sind meist als Rauch- oder Brandabschnit-
berücksichtigen: te durch schwere Rauch- oder Brandschutztüren von
den übrigen Flurbereichen abgegrenzt. Diese Schnitt-
• klare Grundrissgestaltung, stellen sind zwingend barrierefrei nutzbar zu gestalten.
• Farbgebung (Leuchtdichtekontrast), Mögliche Lösungen sind:
• Materialwahl (visuelle und taktile Kontraste, z.B. im
Boden), • offenstehende Türen mit Rauchmeldern,
• blend- und spiegelungsfreie Beleuchtung • automatische Türöffner oder
(Kapitel 4.1.2, S 45), • leichtgängige Türen (Kraftaufwand bis max. 25 Newton).
• leicht verständliche und taktile Grundrisspläne oder
Tastmodelle, 5.2.2 FLURE
• leicht bedienbare Informationsterminals und Automa-
ten (Kapitel 4.5.3, S. 65) oder andere technische Folgende Anforderungen sollen umgesetzt werden:
Einrichtungen wie Tonträger, Telefone – akustische • nutzbare Breite von mind. 1,50 m,
Maßnahmen für Menschen mit Hörbehinderungen • Begegnungsfläche von mind. 1,80 x 1,80 m nach
(Kapitel 2.3.2, S. 28), max. 15 m Flurlänge,
• Leit- und Orientierungssysteme (Kapitel 4., S. 41) mit • lichte Raumhöhe bzw. unter Einbauten (Treppen) von
Wegweisern, mind. 2,20 m freihalten (z.B. bei in den Flur hinein-
• personeller Service (Pförtner), vgl. Abschnitt kognitive ragenden Beschilderungen beachten)
Orientierung. • großflächig verglaste Wände mit Sicherheitsmarkie-
rungen kennzeichnen (Kapitel 6.4.1, S 93), es sei denn

150

150

ma Hö
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74
150
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

die Erkennbarkeit dieser Wände ist auf andere Weise erleichtern nicht nur die Orientierung im Gebäude für
sichergestellt (z.B. Schaufenster mit Auslage). Dabei alle Menschen, sondern unterstützen auch die (Eigen-)
ist zu berücksichtigen, dass diese Markierungen nicht Rettung im Notfall. (Bewegungs-)Flächen und Durch-
zu Reizüberflutungen und Irritationen führen. gangsbreiten fallen sowohl im Brandschutz als auch bei
der Barrierefreiheit Schlüsselrollen zu.
Flure und sonstige Verkehrsflächen dürfen nicht stärker
als 3% geneigt sein, andernfalls sind Rampen oder 5.3.1 BAULICHER BRANDSCHUTZ
Aufzüge vorzusehen.
Intuitiv verfolgbare Verkehrswege innerhalb eines Ge- Das Ziel ist es, Vorkehrungen zu treffen, damit eine
bäudes tragen zur leichteren Orientierung bei: größtmögliche Nutzergruppe alarmiert wird und sich
so weit wie möglich selbst retten kann. Hier schränkt
• Materialwechsel im Boden heben beispielsweise be- jedoch nicht nur die ggf. vorhandene Behinderung
deutende Funktionen hervor, ein, sondern auch Besuchende die keine umfassende
• zu Wand und Boden kontrastierende Fußleisten, Ortskenntnis haben, können durch Barrierefreiheit in der
• punktueller oder auch linienförmiger Einsatz von Licht- Eigenrettung unterstützt werden.
elementen, Ein Grundelement ist die konsequente Umsetzung des
• Einsatz von Farben, Strukturen, etc. Mehr-Sinne-Prinzips, vor allem in der Informations-
vermittlung. Taktile Grundrisse an leicht zugänglichen
Informationsträger und andere (mobile) Ausstattungen Orten können blinden und sehbehinderten Menschen,
dürfen nicht im unmittelbaren Verkehrsbereich aufge- wie allen anderen auch, ein Verständnis vom Gebäu-
stellt werden oder in diesen hineinragen. Sie müssen de wie den Ein- und Ausgängen vermitteln. Im akuten
jedoch so angebracht sein, dass sie gut sichtbar und Rettungsfall ist vor allem das Alarmsystem relevant. Gut
wahrnehmbar sind (vgl. Orientierung / Kognition), In- verständliche Sprachdurchsagen können Evakuierun-
formation sollen sich seitlich zur Laufrichtung befinden gen effektiv organisieren. Zudem müssen alle Bereiche,
oder die Personen auf die Informationen zulaufen. in denen sich Menschen alleine aufhalten oder eine
erhöhte Geräuschkulisse herrscht, wie z. B. in WCs oder
Sporthallen, mit einer Alarmierung nach dem Mehr-Sin-

5.3 RETTUNGSWEGE / ne-Prinzip (Blitzleuchten) ausgestattet werden. Durchsa-


gen sollten vorzugsweise in Leichter Sprache erfolgen.

BRANDSCHUTZ In den meisten größeren Gebäuden kann die Herstel-


lung von gesicherten Wartebereichen sinnvoll sein. Die-
se Bereiche sollten in ausreichender Größe und nicht im
Unter dem Oberbegriff Brandschutz versteht man Rettungs- oder Angriffsweg verortet sowie mit Kommu-
allgemein den vorbeugenden Brandschutz. Der vorbeu- nikationselementen (Mehr-Sinne-Prinzip) ausgestattet
gende Brandschutz besteht aus dem anlagentechni- sein, die auch das subjektive Sicherheitsempfinden
schen, baulichen und organisatorischen Brandschutz. In erhöhen. Davon ausgehend, dass nicht alle Menschen
öffentlich zugänglichen Gebäuden oder deren Teilbe- Flucht- und Rettungspläne, gerade in einer Ausnahme-
reichen, die von Menschen im Rollstuhl durchschnitt- situation, interpretieren können, sollte die Beschilderung
lich, d.h. bis 1% bezogen auf die Besucherinnen und der Fluchtwege so angeordnet werden, dass diese gut
Besucher, genutzt werden, müssen die für die Anlagen sichtbar und eindeutig zu verstehen sind.
Verantwortlichen im Einvernehmen mit der Berliner Feu- Zusätzliche bauliche Maßnahmen für die Selbstrettung
erwehr betriebliche Maßnahmen für die Rettung dieses von Menschen im Rollstuhl sind dann erforderlich, wenn
Personenkreises durch geregelte fremde Hilfe festlegen. die bauliche Anlage oder Teile davon durch diese
Die Regelungen werden in die Brandschutzordnung Personengruppe überdurchschnittlich, bezogen auf den
aufgenommen und durch Aushang an zentraler Stelle Bevölkerungsanteil der Menschen mit Behinderung,
bekannt gemacht. Die Grundsätze der barrierefreien genutzt werden:
Gestaltung wirken sich allgemein positiv auf die Anforde-
rungen des vorbeugenden Brandschutzes vor allem der • die Einrichtung brandgesicherter Wartebereiche bzw.
Gestaltung von Rettungswegen aus. Erforderlich sind zwei Brandabschnitte für den Aufenthalt bis zur Rettung
voneinander unabhängige Rettungswege. Gute Leit- und durch fremde Hilfe
Orientierungssysteme, intuitiv zu erfassende Wegefüh- • visuelle Informationen mittels Lichtsignalgebern in und
rungen und eine klare Gestaltung mit Akzentuierung aus den von gehörlosen und schwerhörigen Personen
der wichtigsten Anlaufstellen, Eingang und Information, überwiegend alleine genutzten Räumen und Fluren.

75
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

Signalübertragungssysteme: 5.3.2 ORGANISATORISCHER BRANDSCHUTZ


• akustische Informationen für blinde und sehbehinderte
Personen, z.B. akustische Signale in Fluchtrichtung, Neben den baulichen Grundsätzen übernimmt der
Sprachalarmierung organisatorische Brandschutz einen wichtigen Aspekt
• taktile Informationen, z.B. ein individuell ausgerichte- zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung im
tes Informationssystem für blinde und sehbehinderte Rettungsfall. Eingewiesenes Personal, das ansprechbar,
Personen durch entsprechende Darstellung des Rett- vor Ort und verantwortungsbewusst ist, stellt die Vor-
ungsweges mittels taktil und visuell gut auffindbarem aussetzung für eine gelungene Rettung im Notfall dar.
Tastmodell bzw. visuell kontrastreich und taktil gestal- Speziell geschulte Rettungspaten können diese Aufga-
teter Rettungspläne (z.B. Schwellkopie). be übernehmen. Evakuierungsstühle sind eine Möglich-
keit der Fremdrettung, aber nicht für alle Rollstuhlnut-
Der Sicherheit dienen zusätzlich: zende praktikabel. Über das Verhalten im Gefahrenfall,
• visuell kontrastreiche Gestaltung von Fluchtwegen besonders über die Hilfeleistung für Rollstuhl nutzende
auch im Bodenbereich, z.B. durch kontrastreiche Fuß- Personen, müssen die Betriebsangehörigen regelmäßig
leisten oder Lichtbänder, richtungweisende Beleuch- geschult werden. Die Rechtsgrundlage ist die Verord-
tung, zusätzliche Kennzeichnungen im Bodenbereich nung über den Betrieb von baulichen Anlagen.
(Informationen im Deckenbereich bei Rauchentwick-
lung nicht wahrnehmbar)
• Sicherheitsbeleuchtung
• Rauchmelder (akustischer und visueller Alarm) 5.4 COUNTER- UND
• dynamische Fluchtweganzeiger (in Kombination mit
akustischen Elementen) WARTEBEREICHE
• gut wahrnehmbare Sprachansagen
• Applikationen für mobile Endgeräte 5.4.1 GARDEROBEN

• taktil und visuell auffindbar,


• kein einschränkendes Mobiliar,
• zusätzliche Kleiderhaken oder -stangen in Bedienhöhe
und Handhabung für Rollstuhl nutzende Personen,
evtl. mobiles Möbelstück,
• Ablage in 0,85 m Höhe und 0,50 m von Ecken oder
angrenzen Bauteilen und/oder Mobiliar entfernt,
• unterfahrbare Schließfächer für Rollstuhlnutzende mit
teilweise max. Bedienhöhe 0,85-1,10 m und Unterfahr-
barkeit,
• taktil erfassbare Nummerierung und Beschriftung der
Schlüssel.
80

80
67

67

55 90
150 30
150 120 150

76
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

a) Raumkonzept mit jeweils integrierter barrierefreier b) Raumkonzept mit barrierefreier Einzelkabine für
Damen- und Herrenkabine Damen und Herren

5.5 SANITÄRRÄUME / TOILETTENRÄUME


Unterschiedliche Raumkonzepte, Anordnung und Anzahl Der Vorteil von Variante b) ist die Nutzbarkeit mit Hilfs-
der Sanitärräume können sich auf Grund der Nutzungs- personen oder im regen Pausenbetrieb bei Spielstätten.
frequenz sowie vorhandener Flächenangebote ergeben. Ist der Kabine kein Vorraum zugeordnet, dann sollte der
Öffentlich zugänglichen Nutzungseinheiten ist mindes- Zugang vor einem direkten Einblicken geschützt werden.
tens ein barrierefreies WC unmittelbar zuzuordnen.
Das ist besonders bei funktionellen, auch temporären
Abtrennungen von Gebäudeteilen zu beachten. 5.5.1 WC-KABINEN
Gemäß § 42 BauO Bln müssen Verkaufsstätten mit
einer Verkaufsfläche von mehr als 400 m2 ein Kunden- sind gemäß DIN 18040 Teil 1 mit
WC haben. Es ist zulässig ein barrierefreies und ge- • einer Bewegungsfläche von 1,50 x 1,50 m,
schlechtsneutrales WC für alle Kunden anzubieten. • zweiseitiger Umsteigefläche am WC-Becken.
Bei Nutzungseinheiten mit mehr als zwei Geschossen
ist die Anzahl der barrierefreien Toilettenräume ent- Abweichungen können im Bestand erforderlich sein und
sprechend bedarfsgerecht zu erhöhen, mindestens müssen begründet werden, bspw. im baulichen Bestand
ein zusätzlicher zweiter barrierefreier Toilettenraum ist oder als Ergebnis eines Aushandlungsprozesses im
anzuordnen. Das räumliche Konzept kann abhängig von Denkmalschutz. Es bietet sich ggf. eine Lösung mit einem
Grundriss- und Nutzungsbedingungen variieren: automatisch verschiebbaren WC-Becken an, um trotz
enger Platzverhältnisse ein beidseitiges Umsteigen zu
a) Raumkonzept mit jeweils integrierter barrierefreier ermöglichen.
Damen- und Herrenkabine
b) Raumkonzept mit barrierefreier Einzelkabine für
Damen und Herren

77
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

90

90
65...(70)
220

40

70 (20)..30
90

WC-Kabine erfüllt umfassende


220
Anforderungen gemäß
DIN 18040 Teil 1

AUSSTATTUNGEN

Sanitärobjekte und Bedienelemente sind visuell und • Beschriftungen außen visuell und taktil kontrastreich in
taktil kontrastreich zu Wand- und Bodenflächen sowie in einer Höhe von ca. 1,40 m möglichst rechts neben der
logischer Reihenfolge (Seifenspender, Papier, Abfall…) Türöffnungsseite,
zu gestalten. Bei der Beleuchtung sind Spiegelung, • Piktogramme eindeutig erkennbar, ggf. Ergänzungen
Blendung und Reflexion zu vermeiden (Lichtquellen mit durch Schrift,
Blendschutz, indirektes Licht benutzen). • Innenliegender waagerechter Türöffner.
Zur unabhängigen und selbständigen Nutzung kann ein
Einheitsschließsystem (Euro-Schlüssel) vorhanden sein, Der Einbau von Schiebetüren erfordert gegenüber Dreh-
sofern die WC-Tür für andere Nutzerinnen und Nutzer flügeltüren ein ca. 0,10m breiteres Rohbaumaß, um die
verschlossen bleiben soll. lichte Breite einhalten zu können.

ANFORDERUNGEN AN WC-TÜREN (Kapitel 6.4.1, S. 91) WC-BECKEN

• lichte Durchgangsbreite 0,90 m, Für WC-Becken sind in der Regel folgende Abmessun-
• Türaufschlag grundsätzlich nach außen konzipieren, gen zu beachten:
• bei manuell bedienbaren Türen einen waagerechten
Griff in 0,85 m Höhe auf der Türinnenseite anbringen, • Tiefe 0,70 m,
• Entriegelung von außen möglich , • Höhe 0,46-0,48 m einschließlich Sitz,
• Ver- und Entriegelungssystem müssen einfach ver- • Rückenstütze 0,55 m hinter Vorderkante WC-Becken,
ständlich und nutzbar sein,
• Tür (Türrahmen, -zargen oder -blatt) sowie Türdrücker Im oben dargestellten Planungsfall ist diese zwingend
kontrastreich zueinander und zum Umfeld gestalten, erforderlich.

78
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

65
-75
95-195

140
55

46-48 28
90
70
40
80

90
0
20-3

150 90
150

HALTEGRIFFE • eine Montagehöhe von 0,80 m über OKFF,


• die Unterfahrbarkeit in der Höhe von 0,67-0,70 m
• visueller Kontrast der Haltegriffe, (keine Warmwasserbereiter unter dem Waschbecken),
• Oberkante der Haltegriffe in 0,28 m Höhe oberhalb • Beinfreiraum mind. 0,90 m breit,
des Sitzes, • den Siphon möglichst in oder auf die Wand zu verlegen,
• 0,15 m über die Vorderkante des WC-Beckens hinaus- • Einhebelarmaturen – Abstand zum vorderen Rand des
ragend, Waschtisches max. 0,40 m, bei Eckwaschtischen Armatur
• beidseitige Anfahrt: beidseitig Klappgriffe anbringen, seitlich installieren,
• lichter Abstand zwischen den Haltegriffen 0,65-0,70 m, • ggf. höhenverstellbar,
• einseitige Anfahrt: Klappgriff auf der Umsteigeseite und • Armaturen sollen intuitiv bedienbar sein,
ein fester Griff auf der Wandseite (z.B. in L-Form oder • Verbrühschutz, Sicherstellung der maximalen Wasser-
auch schräg) vorsehen temperatur von 45°,
• waagerecht: ca. 0,40 m lang, Höhe ca. 0,70 m über
OKFF, Es sind keine speziell geformten Waschtische erforder-
• senkrecht: ca. 0,80 m lang mit Ausrichtung an Vorder- lich. Aufsatzwaschbecken können die Anforderungen
kante WC-Becken, nicht erfüllen.

Der Spülauslöser ist mit einer einfachen kontrastieren- WEITERE AUSSTATTUNGEN


den Bedienung (integriert im Haltegriff) auszustatten.
Eine Möglichkeit zur hygienischen Abfallentsorgung • Intuitive Bedienung der Spülung ist sicher zu stellen
sollte vorgesehen werden z. B. durch einen dicht- und • Seifen- bzw. Handtuchspender mit einfacher Bedie-
selbstschließenden Abfallbehälter. Die barrierefreie nung in einer Höhe von max. 0,85 m,
Nutzung des Waschbeckens erfordert: • wandbündiger Spiegel: UK ca. 0,95 m und
OK ca. 1,95 m (Kippspiegel sind nicht erforderlich),

79
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

OK Sitzhöhe +28
85

50

46-48
150
150

• Ablagen in einer Höhe von max. 0,85 m, Nicht jede öffentliche Toilette muss eine “Toilette für
• Kleiderhaken in einer Höhe von max. 1,20 m (Variante: Alle” bereithalten. Bestimmte Einrichtungen sollten die-
in 2 Höhen für stehende und sitzende Position), ses Angebot jedoch vorhalten. Bspw. Bahnhöfe, Flughä-
• rutschhemmender Fußboden (Kapitel 6.4.3, S. 84), fen, Touristische Highlights.
• Notrufleine- oder Schalter bis zu einer Höhe von
max. 0,20 m über OKF im Bereich der Umsteigefläche, 5.5.3 WICKELRAUM
• eventuell Aufsatz zur Erhöhung des Toilettensitzes.
• Bei größeren, bzw. einrichtungsspezifischen WC- Bei fest montierten Wickelauflagen (Wickeltisch 0,70 x
Anlagen sollte eine Sanitäreinheit für kleinwüchsige 0,70 m) muss die Raumgröße unter Berücksichtigung
Menschen und Kinder vorgesehen werden – WC-Be- der Bewegungsfläche angepasst werden. Bei einer
cken in einer Höhe von 0,35 m (ohne Sitz) und Urinal- klappbaren Ausführung ist die eingeklappte Tiefe zur
becken auf eine Höhe von 0,50-0,57 m setzen. Mindestraumbreite hinzuzufügen.
• Waschtisch höhenverstellbar oder auf OK 0,55 m
5.5.4 BÄDER UND DUSCHEN
5.5.2 TOILETTE FÜR ALLE
müssen die Anforderungen gemäß DIN 18040-1 erfüllen.
Unter dem Begriff “Toilette für Alle” versteht man Toilet-
ten für mehrfach und schwerbehinderte Menschen, für • Bodengleiche Duschfläche 1,50 x 1,50 m (nicht mehr
die eine barrierefreie Toilette nicht ausreicht. Die “Toi- als 20 mm abgesenkt, z.B. angeschrägt),
lette für Alle” bietet zusätzlich zur Barrierefreiheit gemäß • Duschklappsitz, Duschhocker, Duschstuhl: Sitzfläche
DIN 18040-1: mind. 0,50 m tief, Sitzhöhe 0,46-0,48 m,
• eine höhenverstellbare Liege • Haltestangen waagerecht in Höhe von 0,85 m, senk-
• Decken- oder Standlift recht bis 1,50 m Höhe,
• eine ausreichende Größe

80
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

• Bedienelemente (Armatur, Brauseschlauch, Seife) in Generell sollte eine barrierefreie Anpassung der Büro-
ca. 0,85 m Höhe seitlich erreichbar, räume bzw. des Arbeitsplatzes ohne große Umbauten
• Bodenbelag des Duschbereiches rutschhemmend möglich sein.
(nach DGUV Information 207-006 mindestens Be Die konkreten baulichen Anforderungen, auch an die
wertungsgruppe B), Barrierefreiheit, sind in den Technischen Regeln für
• Ablage oder Rollregal in Höhe von ca. 0,85 m, Arbeitsstätten zu finden. Die hier beschriebenen An-
• Trennwände aus Glas visuell kontrastreich markieren, forderungen stellen nur eine Auswahl der wichtigsten
• Armaturen sollen intuitiv bedienbar sein, Aspekte dar. Für Büroräume in Verwaltungsgebäuden
• Verbrühschutz, Sicherstellung der maximalen Wasser- sind folgende bauliche Kriterien zu beachten:
temperatur von 45°.
• Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von Gemeinschafts-
5.5.5 UMKLEIDEBEREICHE räumen (Seminarräume, Kantine, Teeküche),
• Türen (Kapitel 6.4, S. 91): Durchgangsbreite 0,90 m,
Für Umkleidebereiche, besonders in öffentlich zugäng- Beschriftung, visuell kontrastreiche Markierungen von
lichen Bädern und großen medizinischen oder Well- Glasflächen,
ness-Einrichtungen, muss sich mindestens eine Kabine • Bewegungsfläche im Raum (Kapitel 2.2, S. 21),
zum Aufstellen einer Liege eignen. Es gelten folgende • barrierefreie Möblierung,
Vorgaben: • Bedienelemente: z.B. zum Öffnen von Fenstern
• Kabine mit einer Bewegungsfläche von 1,50 x 1,50 m (Kapitel 6.4.2, S. 93) bzw. für Sonnenschutz in Höhe
• Liege in Höhe von 0,46-0,48 m, von 0,85 - 1,20 m, Heizung, Klimaanlage,
• Schranknutzung: Höhe der Schließvorrichtungen • spezielle individuelle Hilfsmittel,
0,85 m; unterste Schrankablage in 0,40 m Höhe; Klei- • Zuordnung von Sanitärräumen,
derstangen oder -haken in einer Höhe von max. 1,20 m, • ausreichende Beleuchtung, Blendungen, Schattenbil-
• Bank mit Sitztiefe von mind. 0,50 m, dungen und Spiegelungen sind zu vermeiden
• ggf. Wechsel auf Duschrollstuhl ermöglichen, (Kapitel 4.1.2, S. 45),
• taktile und visuelle Kennzeichnung von Schränken, • kontrastreiche Gestaltung.
• Fönbedienung,
• Schlüsselanhänger mit taktiler Kennzeichnung.

5.7 VERSAMMLUNGS-
5.6 BÜRORÄUME IN STÄTTEN
VERWALTUNGS- “Versammlungsstätten sind bauliche Anlagen oder Teile
baulicher Anlagen, die für die gleichzeitige Anwesen-
GEBÄUDEN heit vieler Menschen bei Veranstaltungen, insbesondere
erzieherischer, wirtschaftlicher, geselliger, kultureller,
Das Sozialgesetzbuch IX verpflichtet Arbeitgeber dazu, künstlerischer, politischer, sportlicher oder unterhal-
Arbeitsstätten und das Arbeitsumfeld so zu gestalten, tender Art bestimmt sind, sowie Schank- und Spei-
dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Behin- sewirtschaften. Versammlungsräume sind Räume für
derung dauerhaft eine Beschäftigung finden. Dazu zählt Veranstaltungen oder für den Verzehr von Speisen und
auch die Sicherstellung einer barrierefreien Informa- Getränken. Hierzu gehören auch Aulen und Foyers, Vor-
tionstechnik und Kommunikation (Kapitel 4.5.3, S. 65; trags- und Hörsäle sowie Studios.“ (BetrVO § 23 Abs. 2)
Kapitel 6.6, S. 96; BITV 2.0). Grundsätzlich sind die allgemeinen Anforderungen an
Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert in Artikel öffentlich zugängliche Bauten zu beachten. In Veran-
27 darüber hinaus die inklusive Gestaltung der Ar- staltungsräumen, die als Versammlungsstätten genutzt
beitswelt. Das heißt, Arbeitsbedingungen sollen an den werden, aber nicht formell unter die Betriebsverordnung
Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt. fallen (Hinweis: Die BetrVO gilt erst ab Versammlungs-
Beschäftigt ein Arbeitgeber Menschen mit einer Behin- räumen mit 200 Besucherplätzen) und eine feste Be-
derung, dann hat er nach der Verordnung über Arbeits- stuhlung oder Stufenreihen haben, müssen für Rollstuhl-
stätten (ArbStättV §3a (2)) für die barrierefreie Nutzung nutzende mindestens 1% der Plätze, mindestens jedoch 1
der Räume und Arbeitsplätze Sorge zu tragen. Platz auf ebener Standfläche vorhalten. Sie müssen den

81
LAGE UND ERREICHBARKEIT
BEREICHE UND RÄUME

Anforderungen der DIN 18040 Teil 1 entsprechen, unab- • ein zusätzlicher Handlauf (z.B. bei steilen oder sehr
hängig von der Anzahl der Besucherplätze insgesamt. breiten Treppen) für mehr Sicherheit (Kapitel 6.2, S. 87).
Diese Plätze können auf die nach § 26 Abs. 4 BetrVO • Vermeidung von Personensperren wie Drehkreuzen als
erforderliche Anzahl (mind. 1%, mind. jedoch 2 Plätze) alleinige Ein- oder Ausgänge, unvermeidliche Perso-
angerechnet werden, wenn mehr als 200 Besucherplät- nensperren z.B für Personen im Rollstuhl öffenbar,
ze vorhanden sind und die Versammlungsstätte damit • mindestens ein barrierefreies WC je 10 Rollstuhlplätze
der BetrVO unterliegt. (§12 MVStättV).
Nach DIN 18040-1 sollen darüber hinaus Sitzplätze mit
einer größeren Beinfreiheit für gehbehinderte und groß- BÜHNENZUGANG
wüchsige Menschen zur Verfügung gestellt werden. Bei
Neubauten sind bereits in früher Planungsphase not- Barrierefreiheit ist nicht nur im Publikumsbereich von
wendige und angemessene Anforderungen zu ermitteln. Bedeutung. Menschen mit Behinderungen ist die Teilha-
Gebäuden im Bestand zeigen dagegen mitunter bauli- be am kulturellen Leben und damit auch auf der Bühne
che Zwänge. Es sind jedoch alle Möglichkeiten auszu- zu ermöglichen. Der Bühnenzugang ist daher stufenlos
schöpfen. Folgende Kriterien sind bei Plätzen für Rollstuhl zu gestalten und ggf. mit mobilen Rampen oder Huban-
nutzende Menschen zu beachten: lagen zu organisieren.

• Angebote an Plätzen mit unterschiedlichen Sicht- und AUSSTATTUNG DES VERSAMMLUNGSRAUMES


Hörqualitäten sowie Preiskategorien sind vorzusehen,
bei steigender Bestuhlung bieten sich dazu seitliche Es ist zu beachten:
Plätze bei den Auf- bzw. Abgängen an. • Tische mit Unterfahrbarkeit: Höhe von ca. 0,70 m und
• Plätze für Begleitpersonen, direkt daneben anzuordnen. Breite von mind. 0,90 m, ggf. höhenverstellbar und
• Die Brüstungshöhe vor Sitzplätzen ab einer Höhe von Kontrast zum Boden,
0,60 m ist für eine ungehinderte Sichtqualität transpa- • Raumakustik, Verstärkeranlagen und Maßnahmen zur
rent zu gestalten (Sichtlinie aus dem Rollstuhl heraus, Schallabsorption sowie induktive Höranlagen
DIN EN 13200-1). (Kapitel 4.3, S 53).
• visuell und taktil kontrastreiche Sitzplatznummerierungen,
• variable, bedarfsorientierte Plätze anbieten, bspw. Gestaltung des Redebereichs mit:
leicht zu handhabendes Steckgestühl zum Auf- bzw. • heller Beleuchtung und Mikrofon,
Abbau, • Platz für Gebärdendolmetscher mit guter Beleuchtung,
• Wege zu Plätzen visuell und taktil kennzeichnen, Durch- • Audiotranskriptionsanlagen und Audiodiskription
gangsbreite mind. 0,90 m, (Kapitel 4.5.6, S. 65).
• bei ansteigenden Sitzreihen sind Stufenmarkierungen
notwendig,
≥130

≥150

≥130

≥90
≥150

≥90 ≥90

Bestuhlung erste Reihe Bestuhlung Gangseite

82
6. GEBÄUDE-
TEILE + DETAILS
GEBÄUDETEILE + DETAILS
RAMPEN

6.1 RAMPEN
Absturz-
sicherung

Handlauf
85-90
Radabweiser
mind 10
mind 120

Der Gestaltung einer Rampe soll besondere Aufmerk- RAMPENNEIGUNGEN


samkeit geschenkt werden. Gegenüber Treppenläufen
beansprucht sie z.B. bei 6% Steigung die sechs- bis sie- Rampenquerneigungen sind unzulässig.
benfache Länge. Da Rampen vielfach im Bestand als
nachträgliche Einbauten zur Überwindung vorhandener Steigung bis 3% (geneigter Weg)
Höhendifferenzen Anwendung finden, hängen Akzep- Eine Rampe bis zu max. 3% Steigung ist als geneigter
tanz und Annehmlichkeit entscheidend von den verwen- Weg zu betrachten, der die üblichen Konstruktionsmerk-
deten Konstruktions- und Gestaltungselementen ab. male wie seitliche Aufkantungen oder Handläufe nicht
Um mögliche psychische Barrieren einer steilen, langen zwingend aufweisen muss. Dennoch ist auf eine griffige
Rampe herabzusetzen, können künstlerische Elemen- Oberfläche, gute Beleuchtung sowie akzentuierte seitli-
te in die Gestaltung einbezogen werden. Eine groß- che Abgrenzungen zum Umfeld zu achten.
flächige Überbrückung von Höhenunterschieden in
Form geneigter Ebenen birgt nicht zu unterschätzende Steigung 3 bis 6%
Probleme, da allgemeine Unsicherheiten besonders bei Rampen dieser Steigung können sowohl zu Fuß als
Gehbehinderungen und bei handbetriebenen Rollstüh- auch mit anderen radgebundenen Hilfsmitteln gut be-
len auftreten. Derartige Lösungen sind besonders zu wältigt werden.
kennzeichnen und durch ebene Flächen zu unterbre-
chen. Die Platzierung und Wegeführung kann besonders Steigung > 6%
bei langen Rampen durch verschiedene Richtungs- Rampen ab dieser Steigung sind grundsätzlich Aus-
wechsel irritierend sein, da das Ziel nicht sichtbar nahmefällen (z.B. Bestand) vorbehalten! Das konkrete
erkennbar ist. Als Gebäudezugang sollten Rampen Steigungsverhältnis sollte durch Beschilderung angege-
bei maximal 0,80-1,00 m Höhendifferenz eingesetzt ben werden.
werden, andernfalls sind technische Hubanlagen zu
bevorzugen. Dies gilt auch innerhalb von Gebäuden. Steigung bis 8%
Rampen dieser Steigung stellen bereits erhöhte Anfor-
RAMPENBREITE derungen an die Nutzung. Subjektive physische und
psychische Faktoren sowie bestimmte Rollstuhlmodelle
Eine Rampe ist nach der DIN 18040-1 mit einer Breite bzw. andere technische Hilfsmittel oder Witterungsein-
von 1,20 m zu dimensionieren. Dies ist im Allgemeinen im flüsse im Außenbereich setzen hier Grenzen.
Gebäudezugang optimal. Bei eingeschränkten Platzver-
hältnissen kann eine kurze und übersichtliche Rampe, die Steigung bis max. 10%
zusätzlich zu einer Treppenanlage angebracht ist, auch Rampen dieser Steigung dürfen nur als sehr kurzer
mit einer Breite von 1,00 m funktionsgerecht sein. Rampen Abschnitt (z.B. zur Überwindung einer Stufe oder eines
mit Richtungswechsel oder viel Publikumsverkehr sollen Bordsteines) gebaut und ausschließlich mit personellem
wegen ihrer Unübersichtlichkeit unbedingt auf ein Maß von Service angeboten werden, da für viele Rollstuhlmodel-
1,50-1,80 m verbreitert werden. le bereits Gefahrenmomente (Kippen) entstehen können.

84
GEBÄUDETEILE + DETAILS
RAMPEN
150

≥150
≥30

≥30

≥150 ≤600 ≥150 ≤600 ≥150


108

6 % Steigung
72

36

18 m 12 m 6m 0m
Podest Podest Podest

RAMPENOBERFLÄCHE HANDLÄUFE, UMWEHRUNG, RADABWEISER,


PODESTE
Die Oberfläche einer Rampe darf weder zu glatt sein,
noch größere Unebenheiten aufweisen oder eine Bei Rampenkonzepten ohne begleitende Stufenanla-
reflektierende Wirkung haben. Die Materialauswahl gen besonders im Außenraum werden Handläufe zu
beeinflusst das äußere Erscheinungsbild und die Funkti- einem besonders wichtigen Element. Sie sollten eine
onsfähigkeit in entscheidendem Maße. Bei sehr langen angenehm griffige Oberfläche erhalten, z.B. Holz und
Rampen kann z.B. mit einer differenzierten Material- gestrahltes Metall und wenn möglich in gerundeter
auswahl die Attraktivität gesteigert werden. Geschickte Formgebung und durchgehend bis 0,30 m in die ebene
Gestaltungsakzente können psychische Sicherheit Fläche hineinreichen. Zur Einbauhöhe siehe Seite 84.
vermitteln. Steigungsbeginn, -ende oder -wechsel sollen Radabweiser als seitliche Aufkantungen sind 0,10 m
mit Material-, Kontrast- und Farbwechsel (Kapitel 4.1.1 hoch auszuführen. Podeste sind nach 6,00 m Rampen-
S. 45, Kapitel 4.2.1, S. 49) signalisiert werden (Boden- länge mit 1,50 m Tiefe einzuplanen. Je nach topogra-
indikatoren nur bei sehr steilen Rampen). Bei Witterung phischer und baulicher Situation können angepasste
ausgesetzten und besonders steilen Rampen besteht Abstände gewählt werden. Am Anfang und Ende der
Rutschgefahr. Querrillen (ggf. Gummirilleneinsätze) Rampe ist eine Bewegungsfläche von mindestens
oder eine Steinverlegung im Schuppenversatz können 1,50 x 1,50 m einzuplanen. In der Verlängerung einer
die Situation zum Teil verbessern. Bewährt haben sich Rampe darf erst im Abstand von mind. 3,00 m eine
Klinker- und Betonsteinbeläge. Natursteine dürfen nur abwärtsführende Treppe angeordnet werden.
mit geschnittener/gestockter Oberfläche eingesetzt
werden. Metallkonstruktionen und -oberflächen lassen BELEUCHTUNG
sich den Gegebenheiten oft gut anpassen, erzeugen
aber bei Nässe Glätte. Sie sollen geeignete Profile (ma- Rampen sind blendfrei auszuleuchten, besonders am
ximale Gitterweite 12 x 12 mm) besitzen. Gegebenen- Steigungsbeginn und -ende, wo besondere Akzente
falls sind für die kalte Jahreszeit Matten bereitzuhalten. gesetzt werden sollen.

85
GEBÄUDETEILE + DETAILS
TREPPEN

6.2 TREPPEN
nutzbare
Treppenart Laufbreite min. max. min. max.
cm min.

Baurechtlich not-
100 140 190 260 370
wendige Treppe

Baurechtlich nicht
notwendige 50 140 210 210 370
(zusätzliche) Treppe

Treppen erfüllen neben funktionalen und technischen


Aspekten auch entscheidende kommunikativ-soziale
sowie raumbildende und ästhetische Qualitäten. Oft
werden Treppen sehr funktional und nüchtern gestaltet
oder dienen als Fluchtweg für Notfälle. Dabei können
sie in kreativer Form psychische Barrieren stark abbau-
en und damit die physische Nutzung erleichtern. Die
0
Anordnung der Treppen / Aufzügen und Rampen soll 20
nd
in direktem räumlichen Zusammenhang oder in Blick- mi
beziehung sein, um alle Möglichkeiten der vertikalen
Erschließung gleichzeitig erfassen zu können.

GEOMETRIE UND DIMENSIONIERUNG

Treppenläufe sind mit geradem Lauf zu gestalten.


Gewendelte Läufe sind zu vermeiden. Nicht notwendige
Treppen dürfen in begründeten Einzelfällen von dem
geforderten geraden Lauf abweichen.
Eine Treppe benötigt ein optimales Steigungsverhält-
nis. Die durch die DIN 18065 vorgegebenen Werte der
Maximalsteigungen sind nicht zu überschreiten und
die Minimalmaße für Auftritte nicht zu unterschreiten.
An freien seitlichen Stufenenden ist eine Aufkantung zu
bevorzugen (z.B. Gehhilfen).
Unterhalb einer lichten Höhe von 2,20 m müssen bau-
liche Vorkehrungen ein unbeabsichtigtes Unterlaufen
verhindern.

STEIGUNGSVERHÄLTNIS

Das Steigungsverhältnis einer Treppe ergibt sich aus


der mittleren Schrittlänge des Menschen (Schrittmaß
59 - 65 cm) und lässt sich wie folgt berechnen:
2S + A = 59 - 65 cm
(S=Steigungshöhe in cm, A=Auftrittstiefe in cm)

86
GEBÄUDETEILE + DETAILS
TREPPEN

ORIENTIERUNG Sitzstufen sind durch übliche Treppenläufe inklusiv


Handläufen zu ergänzen.
Störungen des Bewegungsrhythmus auf einer Treppe
werden im Allgemeinen durch einen zu spät erkenn- PODESTE
baren An- oder Austritt, die Änderung von Stufenhöhen
im Treppenlauf, undeutliche Stufenkanten oder unan- Treppenpodeste unterbrechen die Steigbewegung der
gepasste Podestmaße hervorgerufen. Abhängig von Nutzerinnen und Nutzer mit einigen Schritten auf einer
der Treppenkonstruktion sind Stufenkanten wie folgt zu ebenen Fläche. Dies vermindert die physische Belas-
markieren: tung beim Treppensteigen. Es ist darauf zu achten, dass
ein ungestörter Gangrhythmus durch eine angepasste
• bis zu 3 Steigungen – jede Stufe, Podesttiefe (Schrittmaßregel) gewährleistet wird. Mate-
• in Treppenhäusern – erste und letzte Stufe des Trep- rial-, Farb- bzw. Kontrastunterschiede zwischen Podes-
penlaufes; vorzugsweise alle Stufen, ten und Trittstufen unterstützen das Nutzungsanliegen.
• bei gewendelten Treppen mit einem Durchmesser Es dürfen keine Scheinstufen entstehen.
≥ 2 m (DIN 18065) – alle Stufen,
• Tiefe der Markierung: Trittstufe 40-50 mm, Setzstufe WANGEN UND WANDFLÄCHEN
10-20 mm (jeweils an der Trittkante beginnend).
Diese können durch eine kontrastreiche Gestaltung die
Bei Treppenanlagen, die frei im Raum beginnen oder Orientierung bzw. visuelle Wahrnehmung der Treppe
deren Lage sich nicht unmittelbar aus dem baulichen unterstützen.
Kontext ergibt, soll der obere Treppenantritt durch takti-
le Bodenindikatoren eine gestalterische Aufmerksamkeit HANDLÄUFE UND UMWEHRUNGEN
erhalten: visuell und taktil mit einem Aufmerksamkeits-
feld einen Auftritt tief direkt hinter der obersten Trittstufe. Ein Handlauf gibt Halt, stützt und leitet.
Scheinstufen, visuell auf Flurebene erscheinende Stu- Handläufe sind durchgehend auf beiden Seiten der
fen, sind zu vermeiden. Auch bei ausschließlich taktilen Treppe anzuordnen. Sie sollen 0,30 m in die An- und
Unterschieden desselben Materials können visuelle Austrittsebene hineinragen und auch Podeste und
Kontraste und damit Scheinstufen entstehen. Zu emp- Treppenaugen umlaufen. Die Höhe ist mit DIN 18065
fehlen ist daher ein Abstand des Aufmerksamkeitsfeldes festgeschrieben – bevorzugte Höhe 0,85-0,90 m
von ca. 0,60 m zur ersten Trittstufe. Oberkante Handlauf. An Orten an denen sich Kinder
(oder kleinwüchsige Menschen) selbstständig und allein
SETZSTUFE bewegen (z.B. Kindertagesstätten) sind zusätzliche
Handläufe (Höhe 0,60-0,75 m) vorzusehen. Handläufe
Setzstufen geben mehr Sicherheit, besonders bei einer sind ergonomisch wie folgt zu gestalten:
kontrastreichen Ausbildung zur Trittstufe und werden
mit §50 (3) und DIN 18040-1 verbindlich gefordert. Auf • runde und elliptische Profile mit einem Durchmesser
Werbung ist zu verzichten. von 30-45 mm aus angenehm greifbaren Materialien
wie z.B. Holz,
STUFENUNTERSCHNEIDUNGEN • Halterungen, die an der Unterseite angeordnet sind,
• seitlicher Abstand zur Wand mind. 50 mm,
Stufenunterschneidungen sind zu vermeiden oder nur • abgerundeter Abschluss von frei in den Raum ragen-
sehr geringfügig im Sinne einer Profilierung auszubil- den Handläufen z.B. nach unten oder zu einer Wand-
den. Eine Unterschneidung bis 20 mm ist bei schrägen seite,
Setzstufen zulässig. • Leuchtdichtekontrast zur Wand oder zum Raum –
erhöht die Nutzungsqualität,
TRITTSTUFE • taktile Informationen in Braille- oder taktiler Schwarz-
schrift am Handlauf (Orientierungsschwerpunkte),
Trittstufen müssen rutschfest und mit einer kontrastrei-
chen Vorderkante ausgebildet sein. Zusätzliche rutsch- Geländer im Sinne von Umwehrungen sind an der freien
hemmende Profile an den Stufenkanten erhöhen die Seite von Treppen und Podesten zum Schutz erforder-
Sicherheit. Transluzente Stufenmaterialien dürfen nicht lich. Schmuckgeländer oder Balustraden sollen aus
verwendet werden. Sind Ausgleichstufen unumgänglich, Gründen der Sicherheit durch kontrastreiche Handläufe
dann müssen diese deutlich gekennzeichnet werden. ergänzt werden.

87
GEBÄUDETEILE + DETAILS
TREPPEN

60

,5
3-4
≥5

30

OK 85-90
30
30

BELEUCHTUNG
3-5
Eine Beleuchtung mit natürlichem Licht ist zu bevorzu- 1-2
gen. Künstliches Licht sollte die Trittstufen vom darüber
liegenden Treppenlauf her ausleuchten, um Schattenbil-
dungen und visuelle Irritationen zu vermeiden. Seiten- max 2
leuchten oder Stufenbeleuchtung können Blendwir-
kungen hervorrufen und sind daher nur mit schwacher
Luxzahl und nach unten abstrahlend einzusetzen. Auch
eng gebündelte Lichtstrahler erzeugen mitunter harte
Schatten. Die Beleuchtung unterstützt das Leiten und
die Orientierung innerhalb einer Gebäudes. bei Fahrsteigen:
• max. Steigungswinkel ca. 7° (angenehme Nutzung),
FAHRTREPPEN (und Fahrsteige) • max. Nenngeschwindigkeit 0,5 m/s,
• Fahrsteigbreite mind. 0,90 m,
Fahrtreppen sind dann eine sinnvolle Ergänzung zu • seitliche kontrastreiche Markierung,
baulichen Treppen oder Rampen, wenn z.B. Fußgän-
gerinnen und Fußgänger große Höhenunterschiede Mit diesen Richtwerten können Fahrsteige auch von
überwinden müssen. Es ist folgendes zu beachten: Personen im Rollstuhl oder mit Kinderwagen angenehm
genutzt werden. Dabei muss gewährleistet sein, dass
bei Fahrtreppen: die Rollstühle sicher auf dem Fahrsteig zum Stehen
• max. Steigungswinkel 30°, gebracht werden können.
• max. Laufgeschwindigkeit 0,5 m/s, Fahrtreppen und Fahrsteige können nicht von allen mo-
• mind. drei Stufen Vorlauf, bilitätseingeschränkten Personen genutzt werden und
• Treppenbreite ca. 1,00 m; mindestens aber 0,80 m, sind deshalb als alleinige Alternative zu Treppen und
• Stufenkanten sowie seitliche Stufenenden visuell kon- Aufzügen nur bedingt geeignet. Der zusätzliche Einbau
trastreich markieren, eines Aufzugs ist daher unbedingt erforderlich.

88
GEBÄUDETEILE + DETAILS
AUFZÜGE

6.3 AUFZÜGE

160...200
90
110

140
90
140

150
110...140

Um eine uneingeschränkte vertikale Erschließung von RUFTASTER AUF DER ETAGE


Gebäuden sicherzustellen, müssen barrierefreie Auf-
züge die Anforderungen aller Nutzerinnen und Nutzer • in einer Höhe von 0,85 m, rechtsseitig anordnen,
berücksichtigen. • Abmessung mind. 50 x 50 mm oder im Durchmesser
Zusammengefasst sind vor allem nachstehende Anfor- 50 mm (Größe des Symbols 30-40 mm),
derungen zu beachten: • Rückmeldung der bedienten Taste über ein sichtbares
und hörbares Signal
ABMESSUNGEN
RUFTABLEAU IN DER KABINE
• Bewegungsfläche vor dem Aufzug mindestens
1,50 x 1,50 m, • Höhe ca. 0,85 m (Unterkante) bis 1,05 m (Oberkante),
• nutzbare Grundfläche des Fahrkorbs mind. 1,10 x 1,40 m, • Anordnung rechts bzw. auf der schließenden Türseite,
• nutzbare Grundfläche Über-Eck-Aufzug mind. • mittige Anordnung auf der Seitenwand (sinnvoll in
1,40 x 1,60 m bzw. bei erforderlichem Liegentransport größeren Aufzugskabinen),
1,40 x 2,00 m • Schriftzeichen, Zahlen und Symbole ca. 30-40 mm
• lichte Türbreite von 1,10 bis 1,40 m Breite, groß mit eindeutiger Zielangabe,
• gegenüber Aufzugsanlagen dürfen keine abwärts- • visueller und taktiler Kontrast der Ruftaster sowie
führenden Treppen angeordnet werden, sind dort Schriftzeichen, Zahlen und Symbole (erhaben
unvermeidbar, dann muss ihr Abstand mindestens 3 m gestalten: z.B. erhabene Profilschrift, Braille),
betragen. • eindeutige Etagenbezeichnungen, abgestimmt mit
bereits existierendem Leit- und Orientierungssystem,
GESTALTUNG • Taster der Eingangs-/Ausgangsetage taktil und visuell
hervorheben,
• Aufzugtür oder Rahmen sowie Ruftaster und Ruftableau • Ergänzung durch Piktogramme sinnvoll,
jeweils im Kontrast (hell/dunkel) zur unterlagerten Fläche, • Angaben in Leichter Sprache,
• Innenwände aus nicht reflektierendem Material, farbli- • Notruf mit Bestätigung der Auslösung nach Mehr-
cher Kontrast zum Boden. Sinne-Prinzip.

BEDIENELEMENTE Bei Aufzügen mit zwei Zugängen über Eck muss je ein
Bedientableau gegenüber der Tür angebracht werden.
• Mindestabstand zu Ecken oder einem anderen Bauteil Visuelle Informationen, die z.B. über Leuchtanzeigen
mind. 0,50 m, (Kapitel 4.5.4, S. 65), gegeben werden, müssen durch
• visueller und taktiler Kontrast der Ruftaster sowie akustische Signale bestätigt werden und umgekehrt
Schriftzeichen, Zahlen und Symbole (erhaben: z.B. (Mehr-Sinne-Prinzip).
erhabene Profilschrift, Braille).

89
GEBÄUDETEILE + DETAILS
AUFZÜGE

SONSTIGE AUSSTATTUNG 6.3.2 HEBEAUFZÜGE OHNE AUFZUGSSCHACHT

• Spiegel zur rückwärtigen Orientierung gegenüber Es ist zu beachten:


der Tür, alternativ polierter Edelstahl. Weitere Anord- • Tragkraft von 300-350 kg möglich,
nungen von Spiegeln kann aufgrund der resultieren- • maximale Hubhöhe ca. 4,0 m.
den visuellen Täuschung zu Unsicherheit führen.
• Handlauf mind. einseitig auf ca. 0,85 m Höhe, PLATTFORMLIFT
• akustische Ansagen der Etagen,
• Beleuchtung blendfrei und gleichmäßig, • sollte nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden,
• gegebenenfalls Klappsitz. • lichte Plattformmaße: mind. 0,90 x 1,30 m,
• maximale Hubhöhe ca. 1,80 m,
Zusätzlich können Aufzüge mit einer induktiven Höran- • Bewegungsfläche von 1,50 m Tiefe für die Auffahrt
lage (Kapitel 4.3.1, S. 55) ausgestattet werden, so dass beachten.
bei Notfällen hörbehinderte Personen informiert werden
können. Soweit angemessen, sollte eine personalisierte Mobile Hebeplattform
elektronische Zugangskarte vorhanden sein, die eine • Eignung für temporären Einsatz (eingeschränkte Nut-
Sprachenauswahl und die Aktivierung weiterer Merk- zung),
male der Barrierefreiheit umfasst, wie beispielsweise • Tragkraft 230 kg,
längere Zeiten zum Offenhalten der Aufzugstür. Bei • Nutzfläche Plattform 0,95 x 0,75 m,
Aufzugsgruppen ist ein Ankunftssignal des ankommenden • maximale Hubhöhe ca. 1,00 m.
Aufzugs zu geben.
HUBTREPPE

6.3.1 SONSTIGE AUFZÜGE UND HUBANLAGEN Der Einsatz ist besonders für den historischen Bestand
(Denkmalschutz) geeignet, da so der Gesamteindruck
Sonstige Aufzüge und Hubanlagen können in Sonder- eines Gebäudes erhalten bleibt und eine Lösung am
fällen, in der Regel im Bestand, eingesetzt werden. Das Haupteingang ermöglicht. Zu beachten sind:
sind z.B. Plattformlifte, mobile Hebeplattformen und
Hubtreppen. Sie werden nach der Maschinenrichtli- • ausreichende Plattformgröße,
nie eingebaut und sind ohne Aufzugsschacht und mit • ausreichende Treppenbreite,
einer Auffahrrampe einsetzbar. Die Auswahl der tech- • ausreichende Auffahrfläche.
nischen Anlage ist neben den vorhandenen baulichen Ein horizontales Tableau mit einer geneigten Oberflä-
Bedingungen stark von der Nutzung der baulichen che (Pult) ist einer vertikalen Anordnung vorzuziehen.
Anlage abhängig. Beim Einsatz soll die Tragfähigkeit Eine doppelte Ausführung wird nicht gefordert.
für den öffentlichen Bereich von mindestens 350-400
kg ermöglicht werden. Die Art der Bedienbarkeit ist VERTIKALE PLATTFORMAUFZÜGE
je nach Nutzungssituation auszuwählen. Dazu gibt es
verschiedene Systeme wie die Bedienung über Taster, Vertikale Plattformaufzüge müssen EN 81-41 entspre-
Schlüssel (Euro-Schlüssel), Zahlencode, Chip oder eine chen. Sie sollen sowohl von Rollstuhlnutzenden als auch
funktionelle Fernbedienung. Folgende Kriterien können durch Personen ohne Rollstuhl nutzbar sein. Befehlsge-
die Auswahl der technischen Hubanlage bestimmen: ber und Signale müssen barrierefrei sein. Die Informati-
onen sind im Mehr-Sinne-Prinzip zu kommunizieren. Der
• Höhendifferenz, Bodenbelag muss rutschfest sein und die Türen müssen
• autorisierter Kreis von Nutzenden, selbständig und barrierefrei funktionieren. Die Hebeme-
• Nutzungsfrequenzen, chanismen an der Seite der Plattform müssen geschützt
• Bedienpersonal, sein, um Gefährdungen für den Benutzer zu verhindern.
• Tragfähigkeit. Es müssen ausreichende Beleuchtung und visueller
Kontrast für einen sicheren Zugang und ein sicheres
Hebeaufzüge, Plattformlifte, Hebeplattformen oder Verlassen der Plattform vorhanden sein.
Hubtreppen sind nur im Bestand und nach Prüfung
aller Alternativen (Rampen, Aufzüge) einzubauen. Eine
selbstständige Bedienung der Anlagen zur vertikalen
Erschließung wird generell bevorzugt.

90
GEBÄUDETEILE + DETAILS
TÜREN

6.4 TÜREN / FENSTER / OBERFLÄCHEN

90

≥205
85-105

≥5
0

150
150

6.4.1 TÜREN

Türen sind ein entscheidendes und häufig genutztes man zugeführt wird, umso mehr (s. Orientierung).
Bauelement zur selbständigen Erschließung von Funkti- Die Affordanz (s. theoretische Angaben Kognition), eine
onsräumen. Die Aufmerksamkeit ist neben ausreichen- Tür zu öffnen und zu benutzen, kann durch eine entspre-
der Bewegungsfläche auf visuelle und funktionelle chende Gestaltung wie z.B bei der Verglasung, Mate-
Merkmale zu legen. Wie eine Tür im Raum platziert ist, rialität und Farbgebung unterstützt werden. Türen zu
hat Auswirkungen auf deren Erkennbarkeit und Wahr- wichtigen Räumen können so besonders hervorgehoben
nehmung. Türen, die parallel zur Laufrichtung platziert werden.
sind, werden weniger wahrgenommen, Türen, auf die

91
GEBÄUDETEILE + DETAILS
TÜREN

Türarten nach ihrer Zweckbestimmung: TÜRSCHLOSS UND TÜRDRÜCKER / SCHLIESS- UND


Tore (Garage, Grundstück) sind nur mit Kraftbetätigung ÖFFNUNGSSYSTEME
barrierefrei zu gestalten.
Gebäudeeingangstüren Kraftbetätigung ist in der Re- Das Öffnen und Schließen von Türen muss mit geringem
gel erforderlich. Kraftaufwand möglich sein (ca. 25 Newton). Andernfalls
Brandschutztüren erfordern in der Regel eine Kraftbe- sind automatische Türsysteme erforderlich.
tätigung. Automatische Türen müssen sich frühzeitig öffnen und
Rauchschutztüren können mittels Feststelleinrichtungen eine verzögerte Schließbewegung aufweisen, sodass
zur Offenhaltung passierbar gestaltet werden. ausreichend Zeit zum Passieren der Tür durch mobi-
Sanitärraumtüren müssen nach außen öffnen. litätsbeeinträchtigte Nutzerinnen und Nutzer besteht.
Schallschutztüren – Es ist zu berücksichtigen, dass die Impulsgeber müssen auch die Bewegungsfläche im
Stärke des Türblattes die Durchgangsbreite einschränkt. Türbereich erfassen. Alle Schließ- oder Öffnungssys-
teme sind im manuellen Bedienbereich auf die Höhe
Türarten nach Konstruktionsprinzipien: von 0,85 m bis max. 1,05 m auszurichten. Insbesonde-
Drehflügeltüren – Es ist auf erforderliche Bewegungs- re bei barrierefreien WC-Anlagen und barrierefreien
flächen zu achten. Beherbergungsräumen ist eine Bedienhöhe von 0,85 m
Drehschiebetüren bieten Einsatzmöglichkeiten bei einzuhalten. Manuelle und automatische Schließ- oder
beengten Raumverhältnissen. Öffnungssysteme sind kontrastreich zu gestalten. Im-
Karusseltüren sind mit begleitenden Drehflügeltüren zu pulsgeber wie Taster zur automatischen Türöffnung sind
planen. an geeigneter Stelle anzuordnen:
Schiebetüren sind grundsätzlich geeignet.
Pendeltüren sind als einziger Zugang ungeeignet. Für • bei seitlicher Anfahrt – mind. 0,50 m Abstand zum
eine barrierefreie Nutzung müssen sie mit Schließvor- aufschlagenden Türblatt (Hauptschließkante).
richtungen vorgesehen werden, die ein Durchpendeln • bei frontaler Anfahrt – mind. 1.50 m bis 2,50 m Ab-
verhindern. stand in Öffnungsrichtung (Türblattbreite ca. 0,95-
Falttüren und Raumspartüren sind in öffentlich zu- 1,00 m) und mind. 1,50 m Abstand in Schließrichtung.
gänglichen Gebäuden auszuschließen. Der Einbau von
Fingerschutzprofilen verhindert ein Einklemmen oder Drückergarnituren sind greifgünstig auszubilden, z.B.
Quetschen der Finger. bogen- oder u-förmige Griffe oder senkrechte Bügel.
Für Rollstuhl nutzende Menschen wird das Zuziehen
TÜRBREITE einer Tür mit einem horizontal auf dem Türblatt montier-
ten Griff in 0,85 m Höhe wesentlich erleichtert. In das
Die erforderliche nutzbare lichte Durchgangsbreite Türblatt eingelassene Griffe (z.B. Muschelgriffe o.ä.) wie
von 0,90 m darf nicht, z.B. durch das Hineinragen des bei Schiebetüren üblich, sind auszuschließen und durch
Türblattes, reduziert werden. Die nutzbare lichte Türbrei- Griffe zu ersetzen. Ebenso ungeeignet sind Drehgriffe
te kann im Bestand im Einzelfall auch mit mindestens wie Knäufe. Türlaibungen mit einer Tiefe größer als 0,26
0,80 m (Innentüren) als funktional ausreichend bewer- m sind zu vermeiden. Im Bestand werden Kompensa-
tet werden. Dies gilt jedoch nicht für Eingangstüren zu tionsmaßnahmen erforderlich. Folgende Maßnahmen
Gebäuden und Einrichtungen. sind denkbar:

ORIENTIERUNG UND BEWEGUNGSFLÄCHEN • Verbreiterung der Öffnung um mind. 50 cm


(z.B. zweiflüglige Türen)
Bei automatischen Drehflügeltüren ist der Schwenkbe- • Anordnung in Wandmitte (Blockzarge)
reich visuell und taktil kontrastreich hervorzuheben. • Verwendung automatischer Türen, wenn keine der
Generell ist vor Türen ausreichend Bewegungsfläche genannten Maßnahmen realisierbar ist.
von 1,50 x 1,50 m vorzusehen. Das gilt auch bei Drehflü-
geltüren für den Bereich vor dem aufgeschlagenen Tür- Die Platzierung der Taster muss so erfolgen, dass die
blatt. An der Hauptschließkante einer Drehflügeltür ist Zuordnung zu der Tür und die Erkennbarkeit / Auffind-
neben dem Türdrücker ein Mindestabstand zur seitlichen barkeit intuitiv gegeben ist. Insbesondere bei einem
Wand oder dem nächsten Bauteil von 0,50 m einzuhal- größeren Abstand müssen neben der guten Platzierung
ten. Bei einer fehlenden Bewegungsfläche ist mittels auto- unterstützende Maßnahmen, wie Farbmarkierungen
matischer Steuerung dieser Umstand zu kompensieren. oder Beschriftungen erfolgen. Bei senkrechten Türstan-
gen und Panikbeschlägen lässt sich nicht immer erken-

92
GEBÄUDETEILE + DETAILS
TÜREN /FENSTER

nen, an welcher Seite die Türen angeschlagen sind. Hier 6.4.2 FENSTER
können unterstützende Markierungen oder Piktogramme
zur Anwendung kommen. Auch die Information, ob der Fenster sind nur in speziell genutzten Funktionsberei-
Nutzer drücken oder ziehen muss erleichtert die Bedien- chen barrierefrei auszurichten. Das betrifft z.B. barri-
barkeit einer Tür. erefreie Büroräume oder barrierefreie Gästezimmer
in Beherbergungsbetrieben. Bei diesen Fenstern ist
GESTALTUNG folgendes zu beachten:

Türen sind zur Wandfläche kontrastreich abzugrenzen. • vor dem Fenster Bewegungsfläche von mind.
Der Kontrast zur Wand kann sowohl als Fläche (Türblatt) 1,50 x 1,50 m. Von wesentlicher Bedeutung ist die Art
oder als Rahmen (Zargen) ausgebildet sein. Kontraste der Bedienung und Öffnungsrichtung von Fenster-
sollen hell-dunkel oder farbig mit hohem Leuchtdichte- flügeln.
kontrast sein. Untere Türanschläge und Schwellen sind • Bedienteile zum Öffnen, Schließen und Verstellen
zu vermeiden, wenn sie technisch unabdingbar sind, (z.B. Rollläden) im Greifbereich einer im Rollstuhl
sollen sie auf eine maximale Höhe von 20 mm (z.B. sitzenden Person – Höhe 0,85-1,05 m über OKF,
angeschrägt oder abgerundet) begrenzt werden. Gitter- • andernfalls Ausstattung mit geeigneten Hilfsmitteln
roste vor Türen sollten eine maximale Maschenweite von (z.B. Umlenkgestänge, verlängerte Griffe),
12 x 12 mm nicht überschreiten. • visuell kontrastreiche Gestaltung der Bedienelemente,
• Brüstungshöhe ab ca. 0,60 m – freier Ausblick,
GLASTÜREN • einfache, intuitive Bedienung.
• Die Markierung großer Verglasungen sollte nicht irri-
Glastüren können dem Nutzer die Orientierung erleich- tierend sein und zur Reizüberflutung führen.
tern, da die Funktion hinter der Tür visuell erkennbar ist, • Ein Bezug zum Außenraum kann die Orientierung
beispielsweise farbige Gestaltung oder ein Glasaus- unterstützen, deswegen ist die Lage der Fenster und
schnitt. Glasausschnitte unterstützen auch die Nutzbar- die Inszenierung der Ausblicke unterstützend zum
keit, da zu erkennen ist, ob sich jemand hinter der Tür Orientierungssystem möglich.
befindet.
Ganzglastüren und große Glasflächen müssen durch Drehflügelfenster ermöglichen rollstuhlnutzenden und
Sicherheitsmarkierungen gekennzeichnet sein, die kleineren Menschen eine optimale Bedienung, sofern
sich die Fensterolive im Greifbereich befindet. Drehflü-
• über die gesamte Glasbreite reichen, gelfenster mit Dreh-Kippbeschlag sind für rollstuhlnut-
• visuell kontrastreich sind (Wechselkontrast hell/dunkel) zende Menschen nur eingeschränkt bedienbar.
dun Schwingflügelfenster haben den Vorteil der leichten Be-
• in einer Höhe zwischen 0,40-0,70 m und 1,20-1,60 m dienbarkeit, da der Griff am unteren Fensterholm ange-
angeordnet werden. bracht ist. Nachteilig ist ein mögliches Durchschwingen.
Wendeflügelfenster können von rollstuhlnutzenden
Die notwendigen Glasmarkierungen sollen nicht irritie- Personen gut bedient werden. Im geöffneten Zustand
rend sein und zu einer Reizüberflutung führen. Dabei ragen sie allerdings in den Raum und schränken die Be-
sollten die Markierungen einen Bezug zum gesamten wegungsfläche ein.
Leit- und Orientierungssystem aufweisen. Sie sind nur
notwendig wenn sie an Verkehrsflächen anschließen. Schiebefenster sind insbesondere für Menschen im Roll-
stuhl in der selbsttätigen Benutzung gut geeignet. Die
Bewegungsfläche wird nicht beeinträchtigt.
Das eigenständige Öffnen eines Oberlichtfensters kann
für eine im Rollstuhl sitzende Person mit Hilfsmitteln er-
160 möglicht werden. Es eignet sich ein Gestänge oder eine
Kurbel zur Betätigung des Oberlichtöffners. Das Steue-
h≥8 120 rungsteil ist zwischen 0,85 m und 1,05 m anzuordnen.

70 ZUSÄTZLICHE AUSSTATTUNGEN
40
• außen- und innenliegender Sonnen- und Sichtschutz –
leicht manuell bedienbar, ggf. automatische Funktion.

93
GEBÄUDETEILE + DETAILS
OBERFLÄCHEN

6.4.3 OBERFLÄCHEN Entsprechend den unterschiedlichen Rutschgefahren


werden die einzelnen Bereiche den Bewertungsgruppen
BODENBELÄGE AUSSENBEREICH A, B oder C zugeordnet.
Ein nassbelasteter Barfußbereich ist mit einem nut-
Oberflächen von Bodenbelägen müssen eben, erschüt- zungsgerechten Bodenbelag der Bewertungsgruppe B
terungsarm zu berollen und zu begehen sein. Sie müs- (Prüfung nach DIN 51 097) einzurichten. Dazu zählen z.B.
sen auch bei Nässe ihre Griffigkeit behalten. Es sind:
• Barfußgänge und Sanitärbereiche (soweit nicht in
• Stoßkanten abrunden, Bewertungsgruppe A),
• Fugenanteile minimieren, • Duschräume und Duschbereiche.
• Längs- und Quergefälle verringern.
In Einzelfällen können zusätzliche Kriterien bei der Aus-
Wenn Oberflächen besondere Elemente zur Orientie- wahl von Bodenbelägen zu berücksichtigen sein. Dies
rung enthalten, sind diese taktil sowie visuell kontrast- gilt insbesondere für nassbelastete Barfußbereiche in
reich zum angrenzenden Belag auszubilden. So ist z.B. medizinischen Badeabteilungen (z.B. balneologischen
Mosaikpflaster als taktiles Element fugenoffen auszufüh- und hydrotherapeutischen Abteilungen von Kranken-
ren. Materialbeispiele sind: häusern und Kureinrichtungen).
Allgemein zu beachten ist, dass eine Stolperstelle ab
• Naturstein: gute Eigenschaften bei geschnittener einer Unebenheit von 4 mm gegeben ist. Abdeckungen
Ober- und Seitenfläche, von Überlauf- bzw. Ablaufrinnen sind bündig mit dem
• Beton- und Klinkerstein: gute Oberflächenstrukturen, Fußboden zu verlegen. Angeschnittenen Fliesen sind
auch bei Nässe rutschfest, in vielen Farbvarianten und die Kanten zu brechen/fasen. Stufenvorderkanten sind
Steinformaten erhältlich, zu runden (gerundete Abschlusskanten, z.B. durch Form-
• wasserdurchlässige Oberflächen wie Rasengittersteine steine). Zusätzlich sind alle Stufenvorderkanten von ins
und wassergebundene Decken: erfordern ergänzende Wasser führenden Treppen deutlich visuell kontrastreich
Maßnahmen für Menschen im Rollstuhl, z.B. Ausbil- zu kennzeichnen.
dung ebener, berollbarer Spuren. Hochflorige Beläge sind zu vermeiden, da sie einen
hohen Rollwiderstand haben. Schwellen sind zu vermei-
Ein Materialmix bietet gute Gestaltungsmöglichkeiten den. Sind sie unabdingbar, dürfen sie maximal 2 cm
mit visuellen und taktilen Kontrasten. hoch sein und sollten angeschrägt werden. Die Muster
im Fußboden dürfen nicht räumlich als Höhenunterschie-
BODENBELEGE INNENBEREICH de (Vertiefungen, Stufen) interpretierbar sein. Schwarze
Bodenmarkierungen, bspw. vor Türen, werden beispiels-
Oberflächen von Fußböden in Innenräumen sind eben, weise in Einrichtungen der Altenpflege als „Löcher“
rutschhemmend und nicht spiegelnd zu gestalten. interpretiert, helle Flächen als erhöhte Stufen.
Bei Bodenbelägen für Nassräume ist besonders auf Ausreichende Leuchtdichtekontraste zwischen Wand
eine Rutschhemmung zu achten. Für die Auswahl des und Boden sowie die scharfe Abtrennung der Raum-
Bodenbelags ist die DGUV Information 207-006 anzu- seiten (kein seitliches Hochziehen von Bodenbelägen)
wenden. unterstützt die eindeutige Erkennung der Raumgrenzen.

94
GEBÄUDETEILE + DETAILS
OBERFLÄCHEN

frei nach Musikschule Hanns-Eisler

WÄNDE UND DECKEN

Verschiedene Oberflächenstrukturen bei einer Differen- Unterschiedliche Belichtungs- und Beleuchtungskon-


zierung des gleichen Materials können zur Orientierung zepte, z.B. über eine automatische Regelung, sollten bei
im Raum beitragen. Materialien in abwechselnder An- der Gestaltung berücksichtigt werden. Farbkontraste mit
wendung wie Beton – Naturstein – textile Oberflächen einer hohen Leuchtdichte (Hell-Dunkel-Kontrast) verbes-
– Metall – Tapete halten unterstützende Informationen, sern bzw. erleichtern die Orientierung.
besonders für sehbehinderte Menschen bereit.

95
GEBÄUDETEILE + DETAILS
KOMMUNIKATIONSELEMENTE

6.5 KOMMUNIKATIONSELEMENTE

120

85
85 - 120

Adressschild, Briefkasten, Klingel oder Gegensprechan- Akustische Signale (Rückmeldungen) sind visuell wie-
lage haben die Sicht- und Sprechhöhe von rollstuhlnut- derzugeben bzw. umgekehrt, sodass möglichst immer
zenden und kleineren Personen (ca. 1,20 m) zu berück- mehrere Sinne gleichzeitig angesprochen werden. Zu
sichtigen. Bedienelemente sind in einer Höhe von Schriften vgl. Kapitel 4.1.4, 47.
0,85 m kontrastreich zu planen.

96
QUELLEN

QUELLENVERZEICHNIS
DIN-NORMEN

DIN 18040
Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen, Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude

DIN 18041
Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen

DIN 18065
Gebäudetreppen – Begriffe, Messregeln, Hauptmaße

DIN 32974
Akustische Signale im öffentlichen Bereich – Anforderungen

DIN 32975
Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung

DIN 32976
Blindenschrift – Anforderungen und Maße

DIN 32984
Bodenindikatoren im öffentlichen Raum

DIN 33402
Ergonomie – Körpermaße des Menschen
Teil 1: Begriffe, Messverfahren, Teil 2: Werte,
Teil 3: Bewegungsraum bei verschiedenen Grundstellungen und Bewegungen

DIN 51 097
Bodenbeläge im Innenbereich

DIN 1450
Schriften – Leserlichkeit

DIN 5035
Beleuchtung mit künstlichem Licht
Teil 3: Beleuchtung im Gesundheitswesen; Teil 6: Messung und Bewertung

DIN Fachbericht 124


Gestaltung barrierefreier Produkte

DIN Fachbericht 142


Orientierungssysteme – Anforderungen an Orientierungssysteme in öffentlichen Gebäuden

DIN EN 12665
Licht und Beleuchtung – Grundlegende Begriffe und Kriterien für die Festlegung von Anforderungen an die Be-
leuchtung

DIN EN 12464
Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten

97
QUELLEN

Teil 1: Arbeitsstätten in Innenräumen


Teil 2: Arbeitsplätze im Freien

DIN EN 12193
Licht und Beleuchtung – Sportstättenbeleuchtung

DIN EN 13200
Zuschaueranlagen

DIN EN 1154
Schlösser und Baubeschläge – Türschließmittel mit kontrolliertem Schließablauf – Anforderungen und Prüfverfahren

DIN EN 1155
Schlösser und Baubeschläge – Elektrisch betriebene Feststellvorrichtungen für Drehflügeltüren – Anforderungen
und Prüfverfahren

DIN EN 12217
Türen – Bedienungskräfte – Anforderungen und Klassifizierung; Mai 2004 (deutsche Fassung)
(Entwurf: November 2010)

Entwurf E DIN EN 17210:2019-06 Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umgebung –


Funktionale Anforderungen

WEITERE REGELUNGEN

ISO: International Organization for Standardization

ISO 7001
Graphische Symbole zur Information der Öffentlichkeit

World Blind Union, grafische Symbole für Menschen mit Sehbehinderung


World Federation of the Deaf, grafische Symbole für Menschen mit Hörbehinderung

ISO 21542
Kontrastwert KW

Anforderungen der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.1.) ,


EN 301 549, European Accessibility Act ab 2025

VDI: Verein Deutscher Ingenieure

VDI 6000 Blatt 6


Ausstattung von und mit Sanitärräumen
Blatt 6: Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen

Bauordnung für Berlin (BauO Bln), Stand mit 5. Änderung des Gesetzes vom 28.10.2020
https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-BauOBE2005rahmen

Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB Bln)


https://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/download/bauen/VVTBBlnLesefassung.pdf

Betriebsverordnung
https://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/download/bauen/BetrV.pdf

98
QUELLEN

Ausführungsvorschriften zu § 49 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) über Stellplätze für Kraftfahrzeuge für
Menschen mit schwerer Gehbehinderung und Rollstuhlnutzende sowie für Abstellplätze für Fahrräder
(AV Stellplätze) vom 15. Juli 2020, (ABl. S. 4318); berichtigt ABl. S. 4513
https://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/download/bauen/AVStellplaetze.pdf

Allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins – ABau
https://senstadtfms.stadt-berlin.de/eabau/lesefassung.pdf

Konzept Barrierefrei
https://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/barrierefreies_bauen/download/Konzept_Barrierefrei.pdf

Berliner Denkmalschutzgesetz
https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-DSchGBE1995rahmen

Rundschreiben WiTechFrau II F Nr. 2/2008


Öffentliches Auftragswesen – Barrierefreie Kassenautomaten und andere Dienstleistungsautomaten

Design for all – Checkliste zur Konzeption und Gestaltung barrierefreier Ausstellungen;
Hrsg.: Landesverband der Museen zu Berlin e.V. (LMB)

BGR/GUV-R 181
Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr;
Hrsg.: Bundesministerium für Gesundheit

DGUV Information 207-006


Bodenbeläge im Innenbereich

GUV-I 8527
Bodenbeläge für nassbelastete Barfußbereiche;
Hrsg.: Deutsche gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)

GUV-SR S2
Kindertageseinrichtungen
Hrsg.: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)

GUV-SI 8011
Richtig sitzen in der Schule – Mindestanforderungen an Tische und Stühle in allgemein bildenden Schulen;
Hrsg.: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)

Musterraumprogramme für Sportplatzgebäude /Sporthallen/Zusatzräume


Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin

VVBIT
Verwaltungsvorschriften zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik

BbgBITV
Brandenburgische Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung
(Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Brandenburgischen Behindertengleichstel-
lungsgesetz)

BITV 2.0
Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung

99
QUELLEN

(Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz)

Richtlinie für taktile Schriften – Anbringung von Braille- und erhabener Profilschrift und von Piktogrammen
DBSV Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V.

LITERATUR

Berlin-Design for all – Öffentlicher Freiraum


Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin; November 2011

Verbesserung von visuellen Informationen im öffentlichen Raum – Handbuch für Planer und Praktiker
Bundesministerium für Gesundheit; Bonn, 1996

„einfach machen“ – Unser Weg in eine inklusive Gesellschaft


Nationaler Aktionsplan (NAP) der Bundesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen
über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Berlin, Kabinettbeschluss: 15.06.2011

Gesamtkonzept „Inklusive Schule“ – Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinde-
rungen, Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Januar 2011

Barrierefrei Bauen für die Zukunft


Dipl. Ing. Ulrike Rau (Hrsg.); Berlin, 2. Auflage 2010

Universal Design
Oliver Herwig, Birkhäuser Verlag; 2008

ECA – Europäisches Konzept für Zugänglichkeit – Handbuch


Hrsg.: Europäisches Institut Design für Alle in Deutschland e.V. (EDAD), Fürst Donnersmarck-Stiftung zu Berlin;
Mai 2005

Barrierefrei Konzipieren und Gestalten – Leitfaden für Ausstellungen im Deutschen Technikmuseum Berlin
Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin (DTMB); Berlin, 2008

Das neue Wörterbuch für Leichte Sprache (Auszug)


Hrsg.: Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V.

Einfach Leipzig – Ein Kulturführer in Leichter Sprache


Hrsg.: Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V., Leipzig

Schriftensammlungen:
DBSV e.V. – Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V.
Sozialverband VdK Deutschland e.V.

„SENSI“-Katalog, H. Biermann, H. Weißmantel

Für die Texte zur Kognition: Brunswik, 1952, Norman, 2002, Gibson, 1979

100
QUELLEN

INTERNET

http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/barrierefreies_bauen/

https://www.berlin.de/sen/inneres/moderne-verwaltung/digitale-barrierefreiheit/berliner-standards/

www.universalraum.de

www.eph-psychiatrie.de

www.eph-barrierefreiheit.de

www.eph-demenz.de

www.tombieling.com

http://www.baufachinformation.de/

http://nullbarriere.de

http://pro-retina.de/beratung/mobilitaet/literatur

http://acs-akustik.at

http://bik-online.info/

http://www.people1.de/

http://leichtesprache.org

http://netz-barrierefrei.de/seite/einfache-sprache-10-regeln.html

DANKE AN
Für die Texte zur Kognition:
universalRAUM®- Institut für evidenzbasierte Architektur im Gesundheitswesen GmbH
Dr.-Ing. Nadine Glasow, Ing. Arch. Šárka Voríšková, Dr. phil. Katharina König

Für die Texte zur Digitalität


Dr. des. Tom Bieling, www.tombieling.com

Für die Texte zur Reform des Landesgleichberechtigungsgesetzes


Peter von Rymon-Lipinski, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales

Für die Texte zu Denkmalschutz und Barrierefreiheit


Dr. Ruth Klawun, Landesdenkmalamt

Die Mitglieder der AG Bauen und Verkehr – barrierefrei, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Bauen und
Wohnen Berlin

101
102
STICHWORTVERZEICHNIS

STICHWORTVERZEICHNIS
A I

Affordanz, 29, 36, 91 Induktive Höranlage: 53-55, 82


Akustik: 35, 52-57 Informationssystem: 50, 63, 65, 76
Akustische Information: 28, 35, 76 Infrarot- und Funk-Übertragungssystem: 54, 56
Aufmerksamkeitsfeld: 50, 87
Aufzüge: 74, 75, 89, 90 K
Augenhöhe: 19, 25, 26
Automaten: 65 Kino: 30, 52
Kontrast: 27,28,33, 42-46, 48,49, 52, 65, 69, 72-79, 81,
B 82, 85, 87-90, 92-96

Bedienelemente: S. 19, 38, 39, 41, 43, 54, 59, 67, 68 L


Begegnungsfläche: 19, 24, 74
Beleuchtung: 33, 43, 45, 46, 72, 74, 85, 88, 90 Längsneigung: 71, 84
Beschallungsanlage: 28, 35, 53 Leichte Sprache: 29, 31, 47, 48, 53, 75, 89
Beschilderungen: 46, 51, 61, 64, 72, 74 Leitelement: 42, 73
Bewegungsfläche: 12, 20, 21 65, 70-72, 77, 80, 81, 85, Leitsystem: 28,29, 31, 32, 34, 38, 42, 49, 50, 61, 63, 69
89-93 Leit- und Orientierungssystem: 32, 47, 49, 50, 74, 75, 89,
Bewegungsraum: 23 93
Bodenindikatoren: 34, 43, 49, 50, 69, 85, 87 Leuchtdichtekontrast: 27, 33, 43, 45, 48, 65, 74, 87, 93,
Brailleschrift: 28, 49, 51 94
Brandschutz: 70, 74-76
M
D
Mehr-Sinne-Prinzip: 12, 26, 31, 42, 47, 65, 74, 75, 90
Design for all: 9, 11, 12, 14.16, 23, 40, 42, 71 Muldenrinne: 72

E N

erhabene Schwarzschrift: 28, 51 Navigation: 63


Einheitsschließsystem (Euro-Schlüssel): 78 Navigationssystem: 63
Neigung: 51, 71, 84
F
O
Farbkontrast: 27, 43, 44, 95
Funk-Übertragungssystem: 53, 56 Oberfläche: 27, 28, 30, 35, 43, 45, 46, 69, 71, 84, 85,
90, 91, 94, 95
G Oberflächengestaltung: 72
Gehweg: 21, 22, 71, 72 Orientierung: 9, 12, 19, 23, 28, 31, 32, 41-50, 52, 57,
Glasmarkierung: 93 59,61, 70, 73, 75, 87, 88, 90-95
Greifhöhe: 25, 26 Orientierungshilfe: 45, 49, 72
Orientierungselement: 52, 65
H
P
Handlauf: 49, 50, 72, 82, 87, 90
Hell-Dunkel-Kontrast: 46,95 Piktogramm: 28, 46, 48, 50, 55, 61, 78, 89, 93
Höranlage: 28, 35, 52-56, 74, 82, 90
Hubanlage: 82, 84, 90

103
STICHWORTVERZEICHNIS

Querneigung: 71, 84
Querrillen: 85

Rampe: 21, 22, 39, 45, 69, 71, 75, 82, 84-86, 88, 90
Rettungswege: 75
RFID-System: 29

Sanitärräume: 48, 50, 77, 81


Scheinstufen: 78
Schrift: 28, 33, 42, 46-48, 61, 65, 78, 89, 96
Stellplätze: 16, 21, 69, 70
Steigung: 22, 84-88
Stufe: 22, 70, 73, 81,84-88, 94
Stufenkante: 45, 87, 88
Stufenmarkierung: 22, 45, 82, 88
Stufenunterschneidung: 22, 87, 88

Tastmodell:28, 29, 50, 52, 73, 75


Treppen: 21, 22, 43, 45, 50, 51, 74, 82, 85-90, 94
Türen: 11, 22, 40, 43, 44, 60, 73, 74, 78, 81, 91-93

UN-(Behindertenrechts-) Konvention: 14
Unterfahrbarkeit: 20, 21, 22, 65, 79, 82

Verkehrsfläche: 21, 22, 49, 50, 75, 93

104
IMPRESSUM
Herausgeber der überarbeiteten 3. Auflage
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
- Kommunikation -
Fehrbelliner Platz 4
10707 Berlin
http://stadtentwicklung.berlin.de

Konzeption und fachliche Bearbeitung


- Abteilung VI | Bautechnik -
Koordinierungsstelle Barrierefreies Bauen
Maike Pischke: maike.pischke@senstadt.berlin.de
Fehrbelliner Platz 4
10707 Berlin

Idee und Konzept Zeichenpuppe


Burkhard Lüdtke
1ART: info@1art-design.de

Illustration
Robert Niemann

Text- und Bildredaktion, Layout


Annette Müller

Technische Universität Berlin: info@modellunddesign.de

Verlag und Vertrieb

Internetredaktion: senstadt.berlin.de

Berlin, Mai 2022

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