Sie sind auf Seite 1von 58

Die Hexe von Schwabach

Historisches Drama mit Textänderung


von
Hans Kipfstuhl

Vorspiel:
Begrüßung der Zuschauer mit der Bitte, erst jeweils nach Ende der Stationen zu
applaudieren !!

Ort der Handlung: Auf dem Marktplatz


Zeit: Heute.
Personen: Fremdenführerin & Teufel

Die Fremdenführerin begrüßt die Leute und erzählt Wissenswertes über die Stadt Schwabach

Fremdenführerin: Herzlich Willkommen zu unserer Stadtführung


durch die wunderschöne Stadt Schwabach. Um
1375 ist Schwabach zur Stadt aufgestiegen und
wurde 1468 zum Sitz eines markgräflichen
Amtmanns. Zwei Jahre später wird Schwabach
zur Haupt-, Münz-, und Legstadt des Fürstentums
Ansbach und bis ins 18. Jahrhundert wurden hier
Münzen geprägt. 1495 wird die neue Stadtkirche
St. Johannes und St. Martin eingeweiht, die wir
später noch sehen werden. Die Bauzeit betrug 26 Jahre.
Dabei handelt es sich um eine gotische
Staffelhallenkirche mit einem prächtigen
Hochaltar aus der Werkstatt des Nürnberger
Meisters Michael Wolgemuth, vermutlich unter
Mitarbeit des berühmten Holzschnitzers Veit
Stoß. Hier im Gasthaus Lamm übernachtete einst
sogar Goethe. Der Bau des Rathauses, welches
sie hier sehen begann 1529.
Hierzu schreibt der Schwabacher Dichter Hans

1
Kipfstuhl folgenden Text, der das Rathaus
wunderbar beschreibt:
Noch prunkt aus längst vergangener Zeit
das markgräfliche Amtsgebäud,
im Gasthaus Lamm, das ihr dort seht,
Fremdenführerin zeigt zum Gasthaus Lamm
schlief einst Deutschlands größter Poet Goethe.

Teufel: Kenn ich, kannte ich gut, den Goethe!

Fremdenführerin: zeigt auf das Rathaus


Das Gebäude das ihr hier seht,
uralt und doch so wunderschön
mit den hübsch geschweiften Bögen
ist das Rathaus - Teufels - Segen
kam manchmal aus seinem Innern,
daran soll der Spruch erinnern,
der jeden Denker bannt.
Hüt´ Dich vor Unverstand.

Teufel: Geht zur Fremdenführerin


Auf ein Wort! Wo wir gerade beim Teufel sind,
so komm ich doch zur rechten Zeit. So hört ich
doch Recht?

Fremdenführerin: Ja, ja… aber… würden Sie mich bitte nicht


(ungeduldig) unterbrechen? Für Kommentare ist später noch
genug Zeit. Wer sind Sie denn überhaupt?
Gehören Sie zur Gruppe?
Wo haben sie ihr Bändchen?

Teufel: Nein nicht so ganz.


Doch bin ich ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will
und stets das Gute schafft.
Ich bin der Geist, der stets vereint!
Und das mit Recht;
Doch bin ich ein Teil von jener Kraft…
“Faust“ … von meinem guten alten Freund Goethe.
Wo waren wir?
2
Fremdenführerin: Ich wollte etwas über Schwabach erzählen,
bevor sie mich unterbrochen haben.

Teufel: Ach ja, richtig! Wie dem auch sei,


dieses langweilige Gerede über Zeit und Land
finde ich sehr uninteressant.
Ich weiß ne Geschicht über diese Stadt
von der manch Seele
noch immer unruhig wacht.

Zu den Besuchern:
Darum folget mir und ich zeig euch das Zeugnis jener
Septembernacht.

Musik-Zufall; Das ist Magie

Der Teufel übernimmt die Führung. Die Führerin wartet verdutzt ab


bis alle an ihr vorbei sind.
Dann setzt sie sich schnell wieder an die Spitze der Gruppe und redet
auf den Teufel ein.
Dieser geht unverdrossen weiter immer mit der richtigen Antwort
als Gegenwehr, z. B. mit folgenden Sätzen:

FV: Sagen sie mal, sie können doch nicht einfach so in meine Gruppe platzen und
alles über den Haufen werfen!

FV: Welches Recht nehmen sie sich denn heraus die Führung zu übernehmen.

Teufel (zu den Besuchern): Ich weiß alles

Der Dialog setzt sich fort bis zur ersten Station.


Vor dem Tor bleibt der Teufel stehen, klettert auf eine Leiter und wendet sich zu den
Zuschauern.

Geigen Musik (Ottos Thema) ertönt.

3
Teufel: Stopp! Hier beginnt unsere Reise.
Nun seht was geschah,
mit der Hexe Barbara.
Eine schöne Frau gar lieb und gut,
da traf sie die sengende Glut
von grausamer Dummheit entfacht,
wurde sie zur Folter gebracht
und unter johlendem Geschrei
wegen teuflischer Hexerei
auf dem Marktplatz verbrannt.
Hüt Dich vor Unverstand!

Fremdenführerin: Bitte erzählen Sie weiter!

Teufel: Ja, sie lebte glücklich und heiter


mit ihrer Tochter Elisabeth
bei ihrem Vater dahin.
Sie kannte nicht die Gefahren
vor über 500 Jahren
die inquisitorischen Rechte
fanatisch herrschender Mächte im
finsteren Mittelalter.
So ward dieses Weib
durch bitteres Leid
ein Opfer der Zeit.

Teufel:

Der Teufel öffnet das Tor und alle gehen hinein. Im Hof befinden sich die Darsteller im
Freeze. Die Kinder stehen im Kreis, Elisabeth bei Gretel und den Nachbarinnen, die
Waschweiber hinter den Ratschen. Barbara oben am Geländer. Der Teufel erweckt sie und
die Szene beginnt.

-> Geige-
Möge das Spiel beginnen

4
Station I

Ort der Handlung: Hinterhof 6Treppe zum Bürgerhaus, Bank


Altertümliches Treiben, Waschfrauen, spielende Kinder

Personen: Vater Schwab


Barbara
Elisabeth, Barbaras Tochter & Kinder
Gretel
2 Nachbarinnen
3 Ratschen
Otto, Ratsherren-Sohn
Handwerker Gustav
Waschweiber
Markgraf zu Pferd

1. Auftritt

Von oben hört man Barbara die Melodie von „Mein Schwabach“ leise verliebt summen.

Kinderreigen: Rings im Kreise, rings im Kreise, rund herum


Rings im Kreise, rings im Kreise dreht euch um.
Klatschen wiederholen

Elisabeth (laut sagen): Mutter lacht wieder.

Nachb. /Zeugin (laut): Ja! Sie ist wieder glücklich.

Kinderreigen: Rings im Kreise, rings im Kreise, rund herum


Rings im Kreise, rings im Kreise dreht euch um.

Einige Buben auf einem kleinen Leiterwagen mit Tannenzapfen bleiben etwas abseits von den
Mädchen und fangen eine Rauferei an und streiten.

5
1. Bub: Du hast all meine Beeren aufgegessen, die ich am Heidenberg
gepflückt habe. Mutter wird aber schimpfen.

2. Bub: Egal! Gib her, ich will auch was haben –

1. Bub: Ich hab mir die Mühe gemacht...

Die Mädchen bewerfen die Buben mit Tannenzapfen. Die Mädchen flüchten schreiend, die
Buben laufen den Mädchen nach ins Bürger-Haus.

6
2. Auftritt

Barbara kommt oben an Geländer und singt das Lied „Mein Schwabach“.

Es gibt soweit die Erde reicht


kein zweites Frankenland.
Kein Städtchen, das dem einen gleicht
wo meine Wiege stand.
Hier ist die Welt nochmal so schön
als irgend anders wo.
Ich müsste von hier mal fort
ich wäre nimmer froh.
Hier kenn ich jedes alte Dach
vertraut schau ich empor.
Ich grüß all´ in unsrer Stadt
am alten Zöllnertor.
Wenn der Himmel sein Rot im Abendglühn´
taucht tief in das Blumengebinde
wenn im Garten die Rosen erblühn´
träum ich dann unter der Linde.
Hör des Baches rauschenden Fall
in Schwabachs lieblichen Grunde.
Und lausche dem Sange der Vögelein
da schlägt jedem Träumer die Stunde.

Auftritt Otto. Er beobachtet sie. Wenn Babara abgeht, pfeift er die Melodie des Titellieds
aus „Der lustige Schmied“.

Gretel (eifersüchtig): Da schaut er schon wieder nach ihr.


Warum kommt er denn nicht zu mir? (schimpfend)

Otto wiederholt. Barbara kommt und antwortet ihm pfeifend – ein Spiel unter Verliebten.
Otto nimmt Barbara in die Arme und dreht sie zu sich ein.

7
Otto: Ach Barbara, wie lieb ich dich –
Hier schwör ich dir aufs Neue:
Dein zu sein in ew´ger Treue
Möge da kommen was will!

Barbara holt Luft und will etwas sagen, doch Otto legt ihr einen Finger auf die Lippen.

Otto: Still nur mein Liebchen sei still.


Ich les aus deinen so lieben Augen,
drin steht es geschrieben
was für mich die Seligkeit ist,
dass du mir alleine gut bist. (küsst Hand)

Barbara: Mein Otto, so glücklich durch mich?


Ach, noch viel glücklicher wär ich,
endlich die deine zu sein,
du weißt, ich bin viel allein,
da hab ich manchmal Gedanken (schaut zu Boden)
Otto – so schwere Gedanken.

Otto: Was ist´s Lieb, ich kenn dich ja kaum.

Barbara sitzt auf einer kleinen Bank vor dem Haus - Otto folgt ihr.

Barbara: Mein Traum, dieser furchtbare Traum.

Otto: Barbara, du siehst Gespenster. (Hand fassen)

Barbara: Dort war es, dort am Fenster (mit Blick vor).


Da sah ich´s im Traume aufflammen
und hörte mich fluchend verdammen
und dann (deckt die Augen zu).

8
Otto: Was dann?

Barbara: Steht auf - steht alleine.


Ich trug meine Kleider
und fühlte mich so verlassen –
Otto – so einsam und verlassen

Otto: Ein dummer Traum, nimm ihn nicht ernst,


(geht zu ihr - Hand fassen)
dass du die Freude nicht verlernst –
bald bist du ja für immer mein;
sobald dein Vater heut kommt heim
sprech ich mit ihm, hab ich sein Wort
geh ich zum Herrn Kaplan und dort,
bitt ich um baldige Trauung schön- (Gretel erschrickt)

Barbara (zögernd): Otto, ich muss dir erst etwas gestehn (hinsetzen)

Otto: Ist´s doch nichts schlimmes Barbara, sprich.

Barbara: Schlimm, wie man´s nimmt, doch denke ich,


bleib ich vorerst der Kirche fern.

Otto löst sich und sitzt vor Barbara auf dem Boden und hört gespannt zu.

Barbara: Du weißt, dass unser Kaplan Pürkel gern


die Predigten mit Hexen würzt (Otto äfft Kaplan nach)
und sich in einen Eifer stürzt
als säh er selbst den Teufel drin.
Im Gotteshaus, die Nachbarin,
die neben mir im Kirchstuhl saß
schaute dabei so sonderbar, (lachend)
als wär der Teufel schon bei ihr
und da, ich kann ja nichts dafür
ich hab mir nichts dabei gedacht (zögernd aussprechen)
Und hab ganz laut hinausgelacht.

9
ALLE: vor Schreck - mit Ton - einatmen.
Ratschweiber nicken sich zu.

Otto zum Publikum: Drin in der Kirche gelacht, hör ich recht? (Steht auf)
Ach Barbara, du tatest schlecht.
Gerade jetzt, zu dieser Zeit -
Wo selbst der Kaplan liegt im Streit
mit dem Bürgermeister und dem Rat
weil man noch nicht die Hexe hat,
die uns die Pest hat hergebracht.

Barbara: Ich hab mir nichts dabei gedacht.


Und bitt's den Heiligen schon ab.

Otto: Du bedenkst nicht, dass der Rat


an ihr vorbei, der Väter schon beschlossen hat,
etwas zornig bei Kirchenfrevel hart zu sein.

Barbara: Otto! Ich bitte dich halt ein.

Otto: Ach Barbara - du weißt ja nicht


wie schwer die kleinste Schuld heut wiegt (zum Publikum)
Längst loht das Land vom Feuerschein
der Scheiterhaufen drunt am Rhein
von drüben kam die Flamme her -
von Spanien übers weite Meer
nach Frankreich und Italien -
mit seinen Repressalien
fegt's durch Europa wie zum Hohn
auch gegen Reformation.

Barbara: Otto, ich glaube sicherlich (geht zu Otto)


unsere Maria ist gnädig (betende Geste)

10
und lässt solches Unglück nicht zu
Heilige Mutter! (Betet „Hände zur Höh“)
Bitte du für mich, ach für uns beide hier.
Du weißt ja, ich kann nichts dafür.

Otto: Du weißt nicht, wie der Kaplan Pürkel tobt


durch ihn, die Heil´gen sein gelobt
schlug man neulich den Aufruf an
am Rathaustor, der Herr Kaplan
bedrängte Martin Ützlein schwer.
Er sprach, dass er kein Richter wär,
sonst wär die Folterbank nicht frei
wo man, wenn auch mit viel Geschrei,
nach theologischem Gesetz –
des Teufels Brut, die Hexen hetzt.
Waschweiber halten ihm Mund zu

Barbara: Otto – um Gottes Willen sei still!


ängstlich, doch lauter

Beide stehen in Verzweiflung voreinander. Otto nimmt Barbara in den Arm und sie gehen
Hand in Hand zur Seite ab. Währenddessen kehren die Kinder zurück.
Sie versammeln sich in der Mitte um Elisabeth.

11
3. Auftritt

1.Mädchen: Ich kann nimmer

2. Mädchen: ich mag nimmer

3. Mädchen: ich will auch nimmer

4. Mädchen: was spielen wir dann?

5. Mädchen: Wir spielen die Hex

Alle zusammen: Ja, wer macht die Hex?

Die Buben: Die Hexe muss die Schönste sein!

Alle: Dann muss sie die Elisabeth sein. Elisabeth – Elisabeth

Die Kinder schließen um Elisabeth einen Kreis unter Lachen und beginnen den Reigen.
Auftritt des Handwerkers Gustav.

Alle Kinder: Elisabeth, böse Hexe du,


immer lauter werden wir lassen dich nicht mehr in Ruh
wir zwicken und raufen dich
und schlagen dich gar fürchterlich
Elisabeth, böse Hexe du, (fällt zu Boden)
einst wirst du brennen lichterloh

Handwerker Gutav: Seid ihr denn des Teufels Kinder?


Was fällt euch ein, die Hexe spieln
jetzt wo diese Mädchenschinder
wieder nach neuen Opfern schiel´n.
Packt euch weg, schert euch von hinnen,
dass dieses Wort nicht zünden kann
neues Unheil zu ersinnen - (dreht sich zum Publikum)
mit Folterqual und Hexenbann.
Pestilenz und andre Seuchen
ist die Tür zum Hexenwahn.
Von der Ketzerei zu schweigen,
die man so verbinden kann (spielt Handpuppe)

12
angenehm mit krummem Finger,
günstig ist die Zeit dazu -
schert euch fort, ihr dummen Dinger,
auch du, kleine Hexe du –

Während der Handwerker spricht „Mit krummem Finger“, laufen die Kinder ihm hinterher
und machen krumme Finger und laufen dann weg. Bei der letzten Zeile zeigt der
Handwerker auf die zurückgebliebene Elisabeth und hilft ihr beim aufstehen, welches nun
ebenfalls eiligst fliehst, der Handwerker schaut ihr nach und spricht dann zu sich.

Handwerker: Barbara – Barbara


wie zu sich selbst ob sie mich liebt? Halt ich hab´s
Ein Blümlein – wohlan ich wag´s

Der Handwerker pflückt eine Blume und pflückt ein Blättchen nach dem anderen.

Handwerker: sie liebt mich, nein, liebt mich, nein, liebt mich
nein, ja, nein, verdammt! Nochmal frag ich.
(Nimmt eine 2. Blume)
ja, nein, ja, nein, liebt mich!
Jetzt stimmt´s, sie liebt mich, ich wag´s
klopfe sogleich und frag´s -

Barbara (leise rufend)

Gretel: da schaut noch einer nach ihr,


eifersüchtig warum kommt er denn nicht zu mir

Während der Handwerker die Stufen hoch läuft und leise an die Tür klopft: Barbara…

Gretel: wie ich sie hasse – und ihr schönes Gesicht

Handwerker: Barbara, Barbara, hörst du mich nicht?

Gretel: diese verfluchte Schäferin


sie liebt ihn nicht, doch lieb ich ihn

13
Gretel streicht sich die Haare zurück, während der Handwerker aufs Neue lauter ruft

Handwerker: Barbara! Barbara!

Gretel: Verzeiht Geselle- ich bin da (zu ihm)


aufreizend, imponierend warum ruft ihr nur Barbara?
Es gibt doch auch andere, (zeigt auf sich)
und ganz gewiss auch stattliche.

Handwerker: schert euch zum Teufel, nur schnell fort (zu ihr)
mürrisch ihr stört mich nur an diesem Ort
wo Schönheit und die Tugend wohnt (zur Tür)

Gretel: und euch mit Verachtung lohnt (zum Publikum)

Handwerker: wie meint ihr das, was soll das sein? (von oben herab)
rufend, laut

Gretel: sie lässt euch deshalb nicht hinein, (zu ihm)


weil ihr ein armer Schlucker seid –
schaut euer Gwand, ihr tut mir leid

Handwerker: ich bin ein Handwerker und weiß


das Gute kommt von Müh und Fleiß
des Handwerks Boden gülden ist
und ein Hundsfott bleibt, wer das vergisst

Gretel: Ihr sprecht von Gold, wo habt ihr´s denn? (auf die Bank)

Handwerker: Ich glaub, ihr wollt mich nicht verstehen (geht herunter)
was sprech ich bloß, schaut selbst hinauf
zum Kirchturm, macht eure Augen auf
ihr finde, war das Land auch weit
den Umbau-Stil aus Goten´s großer Zeit. (Richtung Kirchturm)
Wer trug im wechselvollen Lauf
der Völker Stein um Stein hinauf?
Und setzte sie mit Kelle, Scheit-
Bis zu der Zinne hoch und weit?
Wer trug das Kupfer denn herbei,
den Bau fortsetzend schwindelfrei (balancieren)
bis zu des Turmes Wetterhahn?

14
Gretel (streitend): ich weiß, ich weiß, doch hört mich an
sie liebt euch nicht
mit ihrem scheinheiligen Gesicht
behext sie bessere, wie ihr seid,
drum trägt sie auch solch feines Kleid

Handwerker: um Gottes Willen, seid still, seid still! (kommt herunter)

Gretel: Weißt halt nicht was du willst!


Und bildest dir den Stiefel ein

Handwerker: ich sage dir, lass das Keifen,


Sonst zeig ich´s dir,

Gretel: was denn, sagt doch (steht auf)


schaut lieber durch das Schlüsselloch
dann seht an Wundern ihr genug.
Vielleicht liegt´s dort, das dicke Buch
Doch bleibt ihm fern, ich rate euch-
Ihr seid kein Schäfer und nicht reich
(geht immer weiter mit)
Geht Bursche- lasst die Schäferin,
sie liebt euch nicht, doch lieb ich dich
und was ihr dort erbetteln müsst
geb ich umsonst, dass ihr´s nur wisst
(verführerisch Kleid hochziehen)

Handwerker: verdammt noch mal, macht, dass ihr geht,


ich weiß schon, wo der Wind jetzt weht

Er ruft nochmal nach Barbara, während Gretel sich erneut an ihn rann macht.

Handwerker Gustav: was nur das Weib schon wieder will


was wollt ihr noch, ich brauch euch nicht!

Gretel: mach doch ein freundliches Gesicht

Handwerker Gustav: Ich sag´s noch mal, lasst mich in Ruh´! (stehen)
du dumme Feuerhexe du! (wütend)

Auftritt Barbara und Otto mit den Kindern, Barbara legt ihrer Tochter Elisabeth einen
Blütenkranz aufs Haar.

15
Gretel: Hopp, scher dich fort du Schlorches du.
Du bleider Hund, Krübbel verreggter, Hunds fodd.

1. Nachbarin: - der sucht a Dach, da wo er hübsch geborgen ist

2. Nachbarin: -dass´t fei dei Werkzeug net vergisst (Hw. geht zurück)

Otto: Was ist hier los, was gibt´s, was war?

Vater Schwab: Warum schaut man so sonderbar? (kommt hinten dazu)

Gretel: Die Feuerhexe werter Herr


sei ich fürwahr, so sagte er.

Vater Schwab: Verdammt numal, ich zeig ihm gleich


Wie mer mit ihm verfährt – schert euch
zum Teufel oder sonst wo hin. (geht ins Haus)

Gustav: Aber Otto, ich… (geht auf Otto zu)

Otto: Später Gustel! Versteh mich … verschwind, mach hin!

Barbara: In Tür
Ich bitt dich Otto bleibe hier
auf dieser Bank und folg erst mir
wenn es mein guter Vater will;
doch sei wegen des Vorfalls still.
Mein Vater ängstigt sich schon so –

Otto (singt): Ach hätt´ ich doch unsres Schöpfers Macht


Was würde ich dir alles geben.
Ich streute in unbeschreiblicher Pracht
Blumen der Liebe fürs Leben.
Und ich spräche dazu: (Rose pflücken)
Oh. Duftet Ihr Blüten duftete wie nie
leuchtet ihr Rosen für sie
Singet ihr Vöglein der Einen,
meiner Geliebten, der Reinen. (Zu Barbara zeigen; kopfschüttelnd)
Duftet Ihr Blüten duftete wie nie
leuchtet ihr Rosen für sie
Singet ihr Vöglein der Einen, (Gretel bietet Schoß auf B.)
meiner Geliebten, der Reinen.
(Gretel schleicht sich hin zur Bank)

16
Otto legt sich singend verträumt auf die Bank - in Gretels Schoß und fährt
erschrocken auf.

Gretel: Ihr schaut gar nicht, als wärt ihr froh


ich glaube gar, es fehlt euch da,
recht gern rück ich ein bisschen nah (geht näher hin)

Otto: bleibt, wo ihr seid, ich bitt euch schön; (geht Schritt weg)
doch dreht euch um und lasst mich sehn (Pause)
ob ihr auch da recht stattlich seid

Gretel: Dazu bin ich recht gern bereit

Otto: ihr seid ein drollig Ding und fein; (Po-Klaps = Musik aus)
doch geht und lasst mich jetzt allein (zwickt sie, neckt sie)

Barbara: Otto! Komm bitte jetzt herein!

Gretel: So ein eingebildetes Fass, (über Otto; eifersüchtig)


glaubt wunder wer er sei und was
dabei ist er vollständig hohl -
der ganze Kerl ein Haufen Kohl
scharwenzelt hin zur Barbara,
als wär die ganz alleine da,
die schnappt mir alle Männer fort!

1. Nachbarin: des Schäfers Reichtum hält sie dort,


sie wissen, hier ist nichts zu holen

2. Nachbarin: dafür geht’s drüben aus dem Voll’n

Gretel (laut, energisch): ha, ich weiß genug, (geht hin und her)
das kommt von dem dicken Buch
wer sich von Gott abwendet hat (laut, energisch)
kein Herz, doch einen Stein recht hart
drum lachte auch das lose Ding
als letzt der Herr Kaplan in der Kirch‘ anfing,
über Hexen, Teufels-Vettern
einmal gründlich loszuwettern
(alter Tratsch „Etz wiss mas“ )

17
1. Nachbarin: jetzt wird mir auch das Rätsel klar
warum des Hagels End hier war
(Klugscheißerin, hochnäßig, eleganter Feder-Hut)

Gretel: er schlug uns alles kurz und klein,


Ja, nur bei dem Schäfer hielt er ein

2. Nachbarin: und meine Missgeburt im Stall?

Gretel: Ich sage bloß, verdammt noch mal


drum hebt sie auch wie ich oft seh‘,
beschwörend ihre Händ‘ zur Höh‘,

3. Nachbarin: die ganze Sippschaft ist verflucht.

Gretel: hier wohnt die Hexe, die man sucht.

Alle: Ja!!!

(Vater Schwab und Barbara treten auf den Balkon)

Vater Schwab: Was gibt’s, habt ihr noch nicht genug?

Gretel: verbrennt erst euer Zauberbuch!


und wehrt der Tochter Hexerei

Vater Schwab: zum Teufel auch mit dem Geschrei,


seid ihr denn alle schon verrückt!

1. Nachbarin: Mich, mich hat sie gestern erst gedrückt


(jetzt geht’s ihr schlecht, stöhnt vor Schmerzen)

Gretel: (steigt auf Bank) Sie ist die Hexe, ich gab Acht,
in der letzten Johannisnacht;
ich sah von meinem Fenster aus
schwarze Wolken überm Haus
da blitzte, rauschte es auf einmal sehr,
dann kam sie vom Kamin daher,
auf einem Besen reitend hui,
vielleicht flog sie zum Blockberg, pfui!

Stichwort für den Auftritt des Markgrafen zu Pferd. Stadtknecht gibt das Zeichen.

18
Alle: Pfui!!!

Barbara: Otto! Mein Otto! Ein Wort nur sprich!


Sag ihnen, dass du glaubst an mich.
Dich Mutter Gottes fleh ich an – (Hände betend zur Höhe)

3. Nachbarin: jetzt fängt sie noch zu lästern an

Alle: Verfluchte Hexe! Schlagt sie tot! (durcheinander)

Otto: Zum Henker! Wollte ihr ruhig sein,


haltet das Maul und schert euch heim!

Gretel: Sie ist die Hexe!

Alle: Hexe – Hexe – Hexe.

Der Aufruhr schwillt bedenklich an, auch Vater Schwab ist furchtbar erregt.

Gretel: Ich rat euch, macht euch schleunigst fort,


recht weit von dieser Hexe dort.

Alle: Hexe – Hexe – Hexe.

Nachbarin: Der Markgraf!

G. oder Gretel: Des is ja die Markgräfin – so jung? Des muss die Tochter
sei

(Auftritt Markgraf zu Pferd. Alle erstarren in ihren Posen, bis der Markgraf vorbei ist.)
Alle beugen sich zum Boden runter

19
Zwischenspiel 1

Die Markgräfin was will sie persönlich hier. Wo wird sie hingehen? Rathaus?
Die Besucher werden von der Fremdenführerin aufgerufen, ihm in das Rathaus zu folgen.
Improvisation!)

Fremdenführer: Überholen Sie mich bitte nicht, Sie könnten sonst von
Unvorhergesehenem überrascht werden
(Markgräfin rechts runter)

Marie: Schau mal Liesl, was is’n da drunten los?

Liesl: Keine Ahnung, weißt du was, schmeiß dein


Putzlumpen weg, wir geh’n runter und fragen!

(Die nächsten zwei Ratschweiber stehen auf der Straße und unterhalten sich. Sie gehen
dann auf die Theaterbesucher zu und fragen, woher sie kommen und wohin sie gehen).

Fremdenführer: Wir gehen ins Rathaus, die Schwabin is‘ die Hex‘
und wird wahrscheinlich eingesperrt

Ein Stück weiter des Weges sind wieder zwei Ratschweiber, die eine kehrt die Straße, die
andere schüttelt einen Eimer Wasser vor die Füße der Zuschauer. Beide fragen die bereits
mitlaufenden Ratschweiber:

Wo geht ihr denn alle hin?

Antwort der anderen aufgeregt:


Die Schwabin ist die Hex‘, kommt mit zum Rathaus!

20
S T A T I O N II

Ort der Handlung: Rathauszimmer des Rathauses

Personen: Markgraf zu Ansbach


Bürgermeister Link
Otto
Ratsherr Hans v. d. Mühle
Richter Martin Uetzlein
Kaplan Pürkel
Barbara Schwab
Elisabeth
Gretel
Zeugin
2 Stadtknechte
Vater Schwab
3 Waschweiber vor dem Rathaus

Vorspiel bei Ankunft der Zuschauer

Vater Schwab wird von den Stadtknechten der Eintritt zum Rathaus verwehrt.

Vater Schwab: Es is mei Kind, mei armes Kind.


Seid nett so hart, erbarmt euch mein!

Stadtknecht: Kein Zutritt ist für Leut wie Dich hier – Nein!
Geh heim und wart‘ aufs Urteil – ich find
Für Euch wär’s besser dort als hier.

Vater Schwab: Ihr wisst net, wie’s drin ist in mir …

Stadtknecht: Jetzt gebt a Rouh! Verschwind! Verschwind!

Vater Schwab: Es ist mei Kind. Mein armes Kind!

Zuschauer werden eingelassen, Stadtknechte zählen ab (ca. 60 Personen). Der Rest wird mit
einleitenden Worten von Inge zum Brunnen geführt, dort warten Chor & Herolde.

21
Liebe Gäste, bitte folgen Sie mir zum Schönen Brunnen.

Mein Großvater Hans Kipfstuhl schrieb nicht nur dieses historische Drama, er schrieb
auch noch viele Gedichte – einige heitere, aber auch besinnliche. Er hat uns
Menschen beobachtet und seine Gedanken niedergeschrieben. Mein
Lieblingsgedicht ist „Die Zeit“. Haben Sie sich schon mal gefragt, was das Wort ZEIT
bedeutet?!

Ich freue mich – liebe Gäste – dass Sie sich heute für uns so viel Zeit nehmen. Und
hätte ich jetzt noch mehr Zeit, würde ich Ihnen gerne dieses Gedicht vortragen, doch
dazu möchte ich Sie gerne ein andermal einladen.

Großvater schrieb auch wunderbare Texte in seiner Hoffnung, dass sie von einem
Komponisten in einfühlsame Melodien umgesetzt würden. Das Glück hatte ich in
dem großartigen Musiker Peter Aschberger, der mit dem Bariton Gerhard Göttler
eine CD mit Heimatmelodien produzierte.

Hören Sie nun „Mein Schwabach“ im Chor-Satz von Herrn Dr. Gerald Fink – gesungen
vom Volkschor Schwabach unter der Leitung von Martha Engelhardt. Denn wie
könnte man sein Heimatstädtchen schöner beschreiben und besingen, als dass es
heißt:

CHOR: Mein Schwabach 6‘

HEROLD Barbara Schwab wird beschuldigt,


dass sie den Männern hat gehuldigt.
Auch mit dem Teufel Beischlaf gepflegt
und drauf ein Bündnis abgelegt.
Mit seiner Hilfe die Pest gebracht
wie zahlreiche Tränklein gemacht.
Auch weiß sie wo ein Kräutlein wächst,
mit dem man Nachbars Kuh behext,
dass sie beim Melken gebet Blut.
Sie machte auch das Wetter gut,
und hat in der Walpurgisnacht
sich zum Kamin hinausgemacht --
Zum Blocksberg hin, auf einem Besen,
dort sei die die ganze Nacht gewesen,
beim Teufel und ihres Gleichen,
tanzte sie den Hexenreigen.

CHOR: Ottos Lied 3‘ + Das Lieben bringt groß Freud /


Waldvögelein 4‘

22
1. Auftritt

Um einen Tisch im Ratszimmer sitzen Ratsherr von der Mühle, Bürgermeister Link mit dem
Richter Uetzlein. Den Vorsitz führt der Bürgermeister, er steht bei Ankunft der Zuschauer.
Otto etwas abseits am Fenster, das geöffnet ist, um den Chor “von Fern zu hören“.

Bgm. Link: Herr Uetzlein, hör ich wohl, seid Ihr


zu fordern Recht als Richter hier;
düngt mir auch sonderbar die Hast
mit der Ihr sie habt abgefasst:
das Malefiz – und Hexenweib (Otto schaut)

Uetzlein: Sie hat den Teufel selbst im Leib.

Bgm. Link: Ein altes Weib, Herr Uetzlein, wie?

Uetzlein: Im Gegenteil, so schön wie die


gibt’s nicht zu viel, ich glaub mit Recht
sie ist die Schönste – aber schlecht (Otto schaut)

Link: Was redet man ihr alles nach

v.d. Mühle: (schlägt das Buch zu; sehr übertrieben – jedes Wort betont)
Es ist fürwahr schier eine Schmach
wie die Burschen ködern soll,
die sind nach ihr schier liebestoll
selbst aus den besten Häusern hier.

Uetzlein: Man sprach von Ratsherren-Söhnen mir. (Blick zu Otto)

Bgm Link: Wie heißt die Hexe, Herr Uetzlein

Uetzlein: Es ist die schöne Tochter


vom Schäfer Schwab, vom Zöllner Tor (dreht sich um).

Otto: Da sei der Leibhaftige vor!

Otto schlägt mit der Faust auf den Tisch, Uetzlein erhebt sich. Pürkel tritt auf.

23
2. Auftritt

Kaplan Pürkel: Gott zum Gruß, Ihr edlen Herrn


(Teufel) wohl niemals hörte ich so gern
von einer Nachricht, die der Rat
mir heute gab um diese Tat
danke ich Euch Herr Uetzlein sehr.
Ist es auch schon recht lange her,
dass man nach dieser Hexe sucht,
die von uns allen sei verflucht.

Otto: (schaltet sich ein)


Noch weiß man nicht, ob sie es ist!

Pürkel: Sie ist die Hexe, dass ihr’s wisst,


der Hagel ging bis knapp zu ihr,
dafür sind ja auch Zeugen hier.

Otto: Einmal muss wohl die Grenze sein,


bei Hagel wie bei Sonnenschein -
bald einmal hier, bald einmal dort.

Pürkel: Die Grenze fällt bei Hexen fort -


Sie haben alle Teufelsmacht.
Hat sie nicht neulich auch gelacht,
dieweil ich meine Predigt hielt?
Ich habe den Bösen selbst gefühlt (bekreuzigt sich)
es ging mir wie durch Mark und Bein,
nur diese kann die Hexe sein.

Bgm. Link: Hat man die Hexe schon gefasst?

Pürkel: Sie sitzt im Bogen, doch sie passt


in dieses Loch nicht gut hinein
Ich habe den Antrag schon gemacht
Nürnbergs hohen Rat zu bitten:
Uns nach altem Brauch und Sitten
und nach üblicher Berechnung
bis zum Urteil und Vollstreckung
ihren Henker, Hans Rosenzweig, auszuleihen.
(Richter + Ratsherr wiederholen)

Pürkel legt den Antrag dem Bgm. vor, Otto greift schnell zu und zieht ihn weg

24
Otto: Erst muss die Schuld erwiesen sein.
Solange lehn ich als verfrüht
den Antrag ab, was dann geschieht
hängt vom Verhör der Zeugen ab.

Pürkel: Was ich dazu zu sagen hab


ist, vor uns liegt ein klarer Fall,
drum warn ich jeden noch einmal,
sich mit der Hexe gleichzustell’n (zu Publikum)
Auch halt ich keine Grenzen gut,
wenn man die Hexe foltern tut.
Der Hexenhammer legt es klar
und überaus verständlich dar.
Ich habe das Buch gleich mitgebracht.

Pürkel zeigt das Buch des „Hexenhammers“, Otto geht zu ihm, um es in Empfang zu
nehmen, Pürkel lässt es kurz vorher zu Boden fallen. Otto muss sich bücken, um es
aufzuheben. (zeigt es Publikum)

Otto: Und die Erfahrung, die man macht?

Pürkel: Sie kommen recht bald zur Vernunft,


verraten selbst noch ihre Zunft.

Otto: Es ist nur eines, was mich stört,


dass jede Hexe wie man hört,
sobald es an die Folter geht,
schon alles Mögliche gesteht,
selbst Dinge, die unmöglich sind.

Wütend schlägt Otto das Buch auf den Tisch, dem Bgm. vor die Nase.

Bgm. Link (schreit): Otto! (sich kurz erhebend)

Pürkel: Der Hexenzauber macht uns blind,


im Hexenhammer steht es ja:
Die finsteren Mächte sind allda

Bgm. Link: Der Antrag soll noch heute fort

25
Pürkel: Der Antrag soll? Der Antrag muss!!!
Er muss noch vor der Tore Schluss
Hinein in unsre Schwesterstadt,
weil Schwabach keinen Henker hat. (-> Uetzlein)
Schon längst hat man den Rhein entlang
nach intensiven Hexenfang
gleich überall in Stadt und Land
die Hexen haufenweis verbrannt.
Wollt Ihr, dass diese Hexenbrut
auch uns noch bringt um Hab und Gut?

Von unten herauf ertönt das Markgräfliche Signal (Jagd-Horn) und der Markgraf erscheint.

Bgm. Link: Sein Signal – er ist im Ort


Der Markgraf selbst. (stehen auf - v.a. v.d. Mühle)

26
3. Auftritt

Alle Ratsherren stehen auf, wenn der Markgraf hereinkommt. Während dieser die
Ratsherren begrüßt, fordert er sie wieder durch eine Handbewegung zum Sitzen auf.

Markgraf: Gott grüße Euch!


Liebwerte Herrn vom Magistrat!

Bgm Link: Verzeiht hochedler Herr, der Rat


tut seiner Freude hiermit Kund,
dass ihr ihn unverhofft zur Stund
die hohe Ehre schenkt allhier –

Markgraf: Schon gut lasst sein …


Ich will zur Jagd für kurze Zeit
und wollte im Vorbeireiten
nur einmal nach dem Rechten sehn;
doch seh ich recht, der Herr Kaplan
bei hohen Rat, was ficht´s euch an,
dass ihr der Ratsherrn Sorgen teilt?
Was sind die Wunden, die ihr heilt
im Kreis der Väter meiner Stadt?

Pürkel: Hochedler Herr, verzeiht man hat


hier eine Hexe eingebracht

Markgraf: Oh ich verstehe und Ihr macht


den Kläger selbst nach Recht und Brauch -
das ist mir gleich, Ihr dürft es auch,
doch rat ich allen, seid gerecht - (mit erhobenen Zeigefinger)
ein rasches Urteil ist meist schlecht
erst, wenn die Schuld erwiesen ist,
dann alle Schärfe, dass Ihr´s wisst
und nun mit Gott! Gehabt euch wohl!

Alle: Gott zum Gruß, gehabt Euch wohl!

Dabei blicken Pürkel und Otto sich an, kreuzen ihren Weg und wechseln die Seiten.
Pürkel folgt schleimerisch dem Markgraf.

27
Bgm. Link: Der Markgraf selbst – nun ist er fort
Wohledle Herrn! Nun liegt das Wort
an unseren Fragemännern hier.
Man leite das Verhör sodann
Ankläger ist der Herr Kaplan.

Richter Uetzlein schlägt zur Bestärkung mit dem Richter-Hammer aufs Holz!

28
4. Auftritt:

Gretel: Was soll ich denn alles sagen?


(wird von beiden Seiten bedrängt: 1 P. links; 1 P. rechts)

Pürkel: Gute Frau, nur was wir fragen.


Barbara Schwab ist beschuldigt,
dass ihr die Männer sehr gehuldigt
(geht zu Otto)

Otto: Ihr habt es ja doch selbst gesehn?

Gretel: Oh ja, ja, das muss ich eingestehn


auch feine Herren war´n dabei
Diese verdammte Hexerei –

Pürkel: Ich glaube, dass das schon genügt


Sie hat das Wetter so gefügt, (beugt sich zum Richter)
dass nur des Schäfers Ernt blieb gut

Gretel: So eine gottverdammte Drud!

Otto: So geben Sie das Wetter zu? (ironisch lächelnd)

Gretel: Es stimmt, es stimmt, auch mit der Kuh.

Otto: Danach hat man noch nicht gefragt. (scharf)

Gretel: Ich hab ja bloß es stimmt gesagt!

Pürkel (spielt erstaunt): Die Kuh hat auch Blut gegeben?

Gretel (zögernd): So nebenbei, ganz daneben.

Otto: Was heißt daneben, war es Blut? (zu ihr, dann zur Zeugin)
Deckt sich die Aussage nicht gut,
dann, liebe Frau, geht es Euch schlecht! (erbost)

Zeugin (ängstlich): Ganz rot, es stimmt, Ihr habt ganz recht.


Dürf mer ehr fort, räuspern, wir möchten gehen.

Otto: Wir sind noch lange nicht zu End (flehend zum Bgm)

29
Gretel: Es war die Hexe, die Ihr kennt –

Pürkel: Wie war es mit dem Hexenritt,


den durch den Schornstein sie gemacht?

Gretel (9xklug): Das war in der Walpurgisnacht!

Otto (schreiend): Alles L Ü G E !!!

Nach dem Schrei bedrückende Stille. Pürkel holt Elisabeth und kniet sich zu ihr.

Gretel (ängstlich): Nur nicht die Tochter, ich bitt. (erschrocken zu Otto)
(zieht Elisabeth zu sich)

Pürkel: Ist sie die Hexe, sprich!? (holt Elisabeth)

Lange Pause – schnaufen,

Elisabeth: Ja, ja sie ist´s, sie ist´s (bedeckt ihr Gesicht und schluchzt)

Pürkel lacht zu Uetzlein

Otto: Habt ihr sie damals selbst gesehen? (zu Gretel)

Gretel: Den Besen, nur den Besen – ich – kann – nicht – mehr
stehen!

Otto: Die nächste Zeugin. (zu Uetzlein)

Pürkel: Mit Nichten, es genügt, wir woll´n verzichten.


(arrogante Geste zu E.)
Wir seh´n, Ihr Herren, der Fall ist klar.

30
5. Auftritt

Der Büttel fährt Barbara herein. Barbara nimmt Elisabeth in die arme und „übergibt“ sie an Gretel,
diese mit Zeugin und Elisabeth ab. Otto legt Barbara eine Hand auf die Schulter …

Bgm. Link: Otto!

Pürkel: Ist es wahr? Die schöne Barbara seid Ihr,


Ihr habt die Pest ins Land gebracht
und habt am heil´gen Ort gelacht – (sehr betont)
verderbt die Jugend hier im Ort

Otto: Wohledle Herrn, lasst mir das Wort! (laut)

Richter will Klopfen

Pürkel: Gemach! Herr Richter, das Gericht


steht beiden zu – ich bin´s der spricht
Ich frage, seid Ihr´s gewesen,
welche flog auf einem Besen
im Hexenritt durch den Kamin
zum Sammelplatz, dem Blocksberg hin
gedenkt ihr der Walpurgisnacht?
Auf Mensch und Tier mit Blutkraut und Steinchen warft,
dass der oder das sogar starb?
Mit dem Teufel Beischlaf gehabt?

Barbara: Ich hab nie ähnliches gemacht! (Blick zu Otto)

Pürkel: Ihr scheint auch noch verstockt zu sein (hält sie fest)

Bgm. Link: Ich glaub, es hat noch keinen Sinn, (steht auf)
sie weiter zu befragen –

Pürkel: Die Nadelprobe! Im Hexenhammer (hochhalten)


steht´s, die Hexenprobe erst, dann geht´s. (holt Barbara. zu sich)
ich weiß schon längst, dass Ihr die Hexe seid.
Wie ist´s, tut es Euch noch nicht leid,
sprecht schnell, eh’ ich die Probe mach.
(hält Nadel hoch, zeigt sie allen)

31
Barbara: bin ich als Weib sonst auch recht schwach,
find ich in meiner Liebe doch
Stärke und Mut zur Treue noch (reißt sie zurück)
Otto! Mein einziger bist du (Umarmung)

Pürkel: Die N A D E L P R O B E !!! (hält wiederholt hoch)

Otto geht hin – Link ruft ihn zurück. Pürkel „markiert“ die Nadelprobe, Barbara blickt ihm erstaunt
nach, denn sie hat nichts gespürt.

Bgm. Link: Die Nadel zeigt kein bisschen Blut (zeigt sie allen)

Pürkel: Sie ist die Hexe, es ist gut!

Richter Uetzlein schlägt zu Bestärkung mit dem Richter-Hammer aufs Holz!


Der Büttel führt Barbara ab (Brief der Markgräfin -> Elisabeth in Obhut),
Pürkel, Otto und Bgm halten inne bis die Zuschauer den Saal verlassen.

Die Fremdenführerin greift ein: „Das ist ja schreckliches, könnte es so gewesen sein … “

Die Gruppen tauschen und die Szene wird wiederholt. Danach führt die FV alle Zuschauer zum
Bürgerhaus, dort erklingt Musik (aus dem Kerker), der alle folgen.

32
Station an der Stadtmauer

Waschweiber: Jetzt haben wir schon hier, in Schwabach, bettelnde Kinder.

Bettler 1: Bitte gebt uns etwas!

Bettler 2: Wir haben Hunger

Waschweiber: Wir sind selber arm, ihr frechen Gören.

Bettler 3: Unser Vater ist an der Pest gestorben und


unsere Mutter ist auch schon krank!

Bettler 4: Habt ihr denn kein Mitleid mit uns?

Waschweiber: Sammelt doch Kräuter und Beeren im Wald!

Bettler 5: So etwas machen wir nicht!


Wir sind doch keine Hexen!

Bettler 6: Und außerdem gibt es mehr giftige Pflanzen


im Wald als Ungiftige.

Bettler 7: Und dann enden wir wie unsere Eltern!

Waschweiber: Wir haben früher auch Beeren gepflückt und sind


nicht gestorben!

Vater Schwab: Habt ihr denn kein Herz? (gibt einen Apfel)

Waschweiber: Besser kein Herz als eine Hexe als Tochter

Bettler: Vergelts Gott!

Bettler: sie haben ein gutes Herz

Waschweiber: Uns schenkt a Keiner was.


Mei Mo is a an der Pest gestorben.

33
Station III

Ort der Handlung: Kerker

Personen: Barbara
Engel & Boten mit Buben
Kinder – Engelchen
Beichtvater
Kerkermeister (Teufel)

1.Auftritt

Geigen- und Flötenmusik eines schwedischen Volksstücks in 3 Teilen


Engel (mit Boten & Boten) im Rundgang bis in den Kerker: Kerzen – gesungen oder gesprochen

Schön ist das Leben – schön die Welt – die Heimat liegt im Glanze.
Des reifen Sommers weites Feld erstrahlt im bunten Kranze im Erntedank der
Erntezeit.
Und doch: bist du voll Trauer, voll unsagbarem Herzeleid, erfüllt von Angst und
Schauer.
Nun wird für dich die Welt so leer, der Abschied fällt dir ach so schwer.
Du armes Weib tust uns so Leid – der Abschied fällt dir schwer.

Engelkinder (flüsternd): Komm zu uns – komm zu uns


Komm zu uns liebes Weib – wirst erlöst …

Engel & Buben: Wirst erlöst von Not und Pein …

Engelkinder: von Not und Pein!

Engelboten (vorkommend): Verlass dein Heimatstädtchen –

Engel: - und lass dein Trauern sein.

Engelkinder: Flieg –

Engel & Boten: flieg –

Engelkinder: flieg mit den göttlichen Milden,

Engel & Boten: uns Engeln –

34
Engelkinder: uns Engeln Himmels zu –

Engel & Boten: in unseren Gefilden findest du ewige Ruh´-

Engelkinder: ewige Ruh´- wir kennen keine Sorgen, keine Sorgen …


(Kopf hin und her bewegen)

Engel & Boten: keine Sorgen in diesem Heil´gen Ort.


Verlass dein Heimatstädtchen

Alle: komm mit – komm mit – komm mit uns fort.


komm mit – komm mit – komm mit uns fort.
(rückwärts laufen zur Tür raus)

Barbara: Angstschrei!
Mein Gott! Wo – wo bin ich!
Otto! Otto! Ich fürchte mich,
mein Traum und … dieser unheimliche Raum!

35
2.Auftritt

Beichtvater: Bete, meine Tochter - - - nur zu


Und errette dein Seelenheil.
Ist auch der Rückweg für dich steil,
so blicke bittend doch empor:
Gott Vater leiht auch dir sein Ohr
und gibt dir von seiner Gnade.

Barbara (verzweifelt): Für mich gibt es keine Gnade

Beichtvater (vorwurfsvoll): Unselige! Was willst du dann,


hält dich so fest des Teufels Bann???
Graut dir nicht vor der Natternbrut
und vor Luzifers Höllenglut
seiner ausgebrannten Schächte,
willst du durch endlos lange Nächte
gar niemals mehr die Sonne seh’n
und unbarmherzig untergeh’n?

Barbara: Ich wusste es – auch Ihr (sie richtet sich auf)


werft Eueren Stein der Schuld nach mir,
doch steht Ihr nicht an meiner Stell‘ -
ich bin’s, die man da hier schnell
als Hexe an den Pranger stellt.
Ist das die ganze Geisteswelt, (blickt vor)
aus der Ihr mit viel Gelehrtheit
nehmt den Glauben an die Wahrheit.
Ich bin eine schlichte Bürgerin,
doch tausch ich mit der Weisheit nicht,
die Ihr mit ruhelosen Händen
holt aus vergilbten Klosterbänden
verlierend so das Maß der Zeit.
(verzweifelt, sehr laut) Für Euch gibt es nicht mehr das Heut‘.
Statt über Morsches weg zu geh’n -
bleibt Ihr auf Staub und Moder steh’n.

Beichtvater: Du hältst mir Staub und Moder vor?


Sprichst wie die Hex zu Endor? (geht an ihr vorbei)

36
Barbara: (auf Knie) Hochwürden, wie unendlich weit (Hände fassen &lösen)
liegt das zurück und wie viel Leid
zog seitdem um, von Ort zu Ort,
verschuldet oft nur durch ein Wort,
das Bosheit oder Neid erfand,
vielleicht auch gar im Unverstand!

Beichtvater: Du stammst aus gutem Haus mein Kind,


doch deine Sprache hier – ich find
von Jugend keine Spur -
Mein Gott, mir fällt es selber schwer,
die Unschuld von der Schuld zu trennen,
fast möchte ich dich selbst Opfer nennen.

Barbara: Ich bin unschuldig, glaubt es mir, (Hände fassen & lösen)
bei Gott, was kann ich denn dafür,
dass so der Böse mächtig ist -
Ihr kennt des Bösen Hinterlist
und doch seid Ihr nicht klug genug,
dass Ihr die Wahrheit vom Betrug
durchschaut und zweifelt nur an mir.

Beichtvater: Nur kurz ist hier die Erdenrast


Trotz deiner Sünden schwere Last –
(Segnung: Hände auf Kopf)
Du sprichts so klug, mein Kind, so wie‘,
als wärst zu zweimal schon ein Greis.

Barbara: Ich gab dem Bösen niemals Raum (steht auf)


und hab wohl in der Kirche kaum
an eine Schuld auch nur gedacht
als ich ein bisschen habe gelacht (zur anderen Seite gehend)
in meinem stillen Glück für mich,
was ist es denn so fürchterlich,
dass mich ein Ratsherrn – Sohn begehrt.

Beichtvater: Barbara höre auf – halt ein (fasst sie an der Schulter -
Barbara Abwehr)

37
Barbara: Ihr wisst nicht, Hochwürden, wie es tut,
wenn Sehnsucht kocht im Blut.
Wenn’s in den Schläfen hämmert wild,
wenn sich der Kerker grausig füllt
von Schreckensbildern ohne Zahl -
ihr kennt sie nicht, die Seelenqual
und angsterfüllten Schreckensnächten,
ihr seht sie nicht, die Folterknechte,
die selbst im Schlaf die Ruhe stehl’n
und mitleidlos ihr Opfer quäl’n….

Barbara bricht weinend zusammen, kauert sich auf den Knien und
weint:

Ich bin unschuldig!

Pause, denkt nach, schluckt

Beichtvater: Barbara! Ich helfe dir!


(wirkt erschüttert) Schuldlos darf man dich nicht strafen!

Der Beichtvater drückt Barbara ein kleines Holzkreuz in die Hand und eilt davon, Barbara
betrachtet das Kreuz, und drückt es an sich.

38
3. Auftritt

Kerkermeister durchs Publikum von hinten an sie heran.


Spricht zu sich selbst Tierlaute

Kerkermeister: Na, du wilde Hexe du,


(Teufel) gibst du’s jetzt immer noch nicht zu, (entreißt ihr das Kreuz)
ein bisschen für mein armes Herz (fasst sie)

Barbara: (erstarrt) Ihr treibt doch Scherz, mir schaudert hier …

Kerkermeister: Es ist kein Scherz, das sag ich dir, (treibt sie vor sich her)
denn nur die Schande rettet dich.
Komm Schätzchen, klammre dich an mich, (hält sie fest)
komm schnell, es ist nicht mehr viel Zeit,
sie kommen bald, ich bin bereit.
Sei klug, was macht’s, ob Er – ob ich …

Barbara: (apathisch) Mein Gott, das ist ja fürchterlich (reißt sich los)
Heilige Mutter – hilf!! (Kerkermeister blickt sich um)

Kerkermeister: Kein Mensch im Haus kommt dir zu Hilf‘ (Geste zum Publikum)
Ich bin für dich alleine da … (packt sie energisch)

Barbara: (wild) Zurück! Gebt Acht! Ich kratze Euch die Augen aus!

Kerkermeister: Sei vernünftig, sieh mich an (nimmt ihr Gesicht seitlich


zum Publikum)
Ich bin bestimmt der rechte Mann
für eine Hexe, wie du bist!

Barbara: (wehrt sich) Entmenschte Bestien seid Ihr,


fort, mich ekelt her

Kerkermeister: Du Närrin – (wirft sie zu Boden) – glaubst du denn ich hätt‘


(macht Beine auseinander)
umsonst gewagt, dass ich dich rett‘!!!

Er bäumt sich vor ihr auf wie ein Tier auf dem Sprung zum Raub/Biss.

39
Barbara: (schreit) Lieber den Tod, mir graut vor Euch,
ein Tier seid Ihr, ein wildes Tier!

Kerkermeister: (wütend) Zum Henker auch, das sagst du mir – (zieht Hose runter)
Weißt du, wie wir’s mit solchen machen,
dieweil die andren ringsum lachen.

Kerkermeister zieht sie an den Beinen zu sich heran, drückt ihre Beine (Tritt) auseinander. Barbara
tritt den Kerkermeister ins Gemächt, der vor Schmerz aufheult und dann flüchtet. Die
Fremdenführerin singt aus dem Dunkel heraus das Barbara-Lied.

Geige

Musik. Fremdenführerin: „Da sie nun jetzt durchs Feuer muss,


Ruhiger Ort (singt) Denkt sie noch mal zurück
Ihr Leben war so schön all hier (ruft nach Elisabeth, Vater Otto)
2 x Mal, gemeinsam Vergesst sie nicht.
Für sie gibt’s keine Rettung mehr,
Herr, steh ihr bitte bei.
Ich kann ja nichts dafür Sie kann ja nichts dafür,
Doch muss sie gehen durch dieses Leid
Bald ist‘s soweit
Herr, steh ihr bei
Bald ist’s soweit
Herr, steh ihr bei.“

Fremdenführerin greift ins Geschehen ein und führt die Zuschauer in den Apothekers-Garten.

Sie ist doch unschuldig, das denken sie doch auch. Kommt alle mit, wir gehen in den Apothekers-
Garten.

40
Station IV

Ort der Handlung: Apothekersgarten

Personen: Vater Schwab & Elisabeth


Otto
Gustav & Freunde

1.Auftritt

Otto kommt vom Spielplatz mit wehendem Mantel gelaufen. Schäfer Schwab am Brunnen.
Elisabeth liegt schlafend auf Stroh. Fackeln brennen.

Schwab: Schon 4 Uhr, die verfluchte Zeit


enteilt wie rasend, nicht mehr weit,
ist jene, wo sich das Gericht –

Otto: Bei Gott, soweit kommt´s nicht,


beruhigt Euch, Herr Schwab, ich find,

Schwab: es ist mein Kind, mein armes Kind


(sehr verzweifelt rufend)

Otto: und meine Braut, Herr Schwab, meine Braut

Schwab: um Gottes Willen, nur nicht so laut!


(zeigt Elisabeth, die stöhnt)

Otto: Es ist die Angst, Herr Schwab, die Angst,


sonst nichts, als wie die heiße Angst –
Mein Gott, wie könnt´ ich zweifeln,
so schön und gut!
Und das soll eine Hexe sein?
Verflucht - wer kommt denn dann hinein
in diesen Ort, den man das Reich
des Himmels nennt.
(zeigt zum Himmel)

Schwab: Beherrsche dich!


Otto – wir alle wissen nichts,
als dass der gold´ne Strahl des Lichts
das Leben ist und auch der Tod,
von einem ist man stets bedroht,
so wird das Leben uns zum Fluch.

41
Otto: Das lest ihr wohl aus Eurem Buch?

Otto macht einen Gang hinterm Brunnen zu Elisabeth, kniet nieder, streichelt ihr Haar.

Schwab: Manchmal denk ich darüber nach,


bin ich da draus den lieben Tag
mit meiner Herde so allein,
ich werde nächstens 50 sein,
mein Sohn! Da schaut die Welt nicht mehr
so hoffnungsvoll, - da wird sie leer.
Und ist auch trüber unser Blick,
schaut man doch äußerst klar zurück
und zieht dabei Bilanz des Lebens.

Otto: Mein Gott – nur diesmal nicht vergebens


(streichelt schlafender Elisabeth über den Kopf)

Schwab: Es geht schon stark auf Fünfe zu.

Otto: Es ist die Ruh’ da drauß´ , die Ruh´ , (nach hinten)


die bringt mich um, die bringt mich um.

Schwab: Sei still, Otto! Um Gottes Willen,


kein Wort mehr, willst du selbst erfüll´n
was Tücke schuf und Hinterlist -
und noch in Schicksals Schwebe ist.

Otto: Schritte! Oh Gott, hört Ihr´s, Schritte! (auf Brunnenrand)

Gustav kommt

Herr Schwab! Sie kommen, Rettung naht!


Herein ihr Freunde, nur herein -
Herr Gott! Gleich einem schweren Stein
fällt es von mir! Nun seid ihr da,
nun erst ist wirklich Rettung nah!
Seid mir gegrüßt!

42
2.Auftritt

Gustav: Durch Dick und Dünn


geh´n wir mit dir zur Hölle hin!
Und wenn der Teufel selbst drin steht!
Das letzte nur, wenn es schief geht.

Schwab: Willkommen hier, ich dank Euch sehr,


ist auch mein Haus jetzt freudenleer.

Otto: Wir hauen sie bestimmt heraus,


wenn nicht, dann ist das Ganze aus!

Schwab: Bedenkt, Ihr dürft nie mehr zurück,


ganz gleich, ob´s gut geht oder schlecht,
Ihr bleibt verfemt, so will´s das Recht,
doch bringt man Euch als Täter ein

Otto: Das lasst nur unsre Sorge sein!

Schwab: Otto, du bringst Barbara zur Bäs


ins Hessische, ein Glück nur, dass
wir dort Verwandte haben, die
uns leiden mögen – bitte sie,
Barbara unterzubringen -
Doch, soll Euer Werk gelingen,
dann rasch noch mal den Plan gefasst.

Otto: Das Plätzchen, das am besten passt,


ist hinterm Bogen, nächst dem Beck,

Gustav: Dort ist ein sicheres Versteck


Auch hörn wir dich von dort recht gut.

Schwab: Beherzigt beides: Ruhig Blut


und schnell gehandelt, äußerst schnell!

Otto: Freunde! Im Osten wird es hell.


Brecht auf! – nehmt Eure Plätze ein!

Vater Schwab: Vergesst den Grenz und Freistein


nicht, im Falle äußerster Gefahr –

Gustav: Der bleibt zuletzt, das ist uns klar.

43
Schwab: Doch nun Glück auf – Gehabt Euch wohl!
(alle Hände aufeinander + hoch)

Alle (Handwerker): Glück auf! Glück auf! Gehabt Euch wohl! (ab)

Nachdem die Freunde gegangen sind, bleiben Otto und Schwab allein.

Schwab: Mein Sohn, die Stunde ist nun da,


von beiden ist nun eines nah,
die Rettung, oder auch der Tod.

Otto: Seht hin! – Das erste Morgenrot!


Nun muss ich gehen, nehmt Vater Schwab
den Schwur der Treue von mir ab.

Schäfer Schwab legt dem sich jetzt vor ihm niederknienden Otto die rechte Hand auf den
Scheitel, während Otto die rechte Hand hochhält. 3 Finger

Otto: Ich schwöre bei Gott und allen Heiligen,


der Mutter Jesu, - jetzt will ich geh´n.
Barbara Schwab, der Liebsten mein,
Retter aus schwerster Not zu sein.

Nimmt seine Hand mit beiden Händen – zieht ihn hoch


Otto steht auf, er umarmt Vater Schwab dramatisch und greift im Abgehen eine Fackel.

Schwab: Otto, mein Sohn, - ich danke dir! (umarmen)

44
Zwischenspiel Waschweiber

Waschweiber: Ihr schon wieder!?


Seid ihr denn nach den (Essen) noch nicht satt?

Gespräch geht weiter


Währenddessen:

3 Bettler beklauen die Waschweiber


1 Bettler wird erwischt. Die anderen rennen weg.

Waschweiber: Du verzogenes Kind! Wie kannst du uns nur beklauen!


So eine Frechheit…

Bettler: Aber ich hatte doch nur Hunger!

Waschweiber streiten untereinander.


Kind nutzt die Chance und reißt sich los.

Waschweiber: Wie konntet ihr sie nur entkommen lassen!

Bettelvorschläge: Wir haben Hunger!


Erbarmen sie sich!
Bitte geben sie uns etwas!
Wir haben nichts!
Sehen sie uns doch an
Haben sie kein gutes Herz?
Wir haben letzte Woche das letzte Mal etwas gegessen!
Wir brauchen doch Geld für die Medizin unserer Mutter!
Letzte Woche mussten wir unseren kleinen Bruder
begraben.
Er war doch erst 2 Jahre alt.
Wollen sie, dass wir so enden?

PAUSE – im Bürgerhaus

45
Station V

Ort der Handlung: Spital- oder Franzosenkirche. Altarraum.


Kinder schlafend vor Kirche zuvor bettelnd?

Orgel 2x + Chor-Choral: Freut Euch Ihr Christen + Orgelspiel für die Andacht des Bgm.

Personen: Bgm. Link


Beichtvater
Kaplan Pürkel (Teufel)
Otto

1.Auftritt

Bürgermeister Link beim Gebet in der Kniebank. Plötzlich erscheint Barbaras Beichtvater,
läuft aufgeregt zum Altar und reißt den Bürgermeister aus seiner Andacht.

Beichtvater: Allmächtiger nur kurze Zeit


bewahre Sie vor Qual und Leid
bis ich ihr Rettung bringen kann –

Er erblickt jetzt den Bürgermeister, weil dieser hustet.

Beichtvater: Herr Bürgermeister, so allein?

Bgm. Link: Man möchte es gar manchmal sein,


besonders in schweren Stunden,
wo die Pflicht wird hart empfunden.

Bürgermeister bekreuzigt sich und hält zum Altar noch einmal Andacht.

Beichtvater: Ihr sprecht von Pflicht? Ich bin entsetzt!


Die Pflicht – und ausgerechnet jetzt,
wo ich sie selbst verletzen will …
Ein eigentümliches Gefühl ist´s
das in meiner Seele klingt.
So unvollkommen, missgestimmt,
dass ich mich qualvoll selber frage,
ist´s wirklich Pflicht, die es vermag,
dass wir Gefühle unterdrücken?
Will das der Gott, der von Liebe spricht?
Ist das der Weg zu Gottes Angesicht?

46
Link: Es ist die Pflicht – ihr gibt das Heut
Berechtigung – das ist die Zeit!
Versucht es, sie zu übergeh´n,
ihr werdet bald alleine steh´n.
Zu träge ist der Geist der Massen,
und wenn´s auch ihr und ich erfassen,
das Hindernis – es ist zu groß!
Selbst für der Kirche heiligen Schoß. (lauter, verzweifelt)

Beichtvater: Und Kaplan Pürkel? – Glaubt ihr nicht?

Bgm. Link: Der handelt streng nach seiner Pflicht! (Fingerzeig)

Beichtvater: So bleib ich ganz alleine noch?

Bgm. Link: Mit Nichten, Hochwürden, jedoch …


ich zweifle, dass es uns gelingt,
wenn nicht der Zufall Hilfe bringt,
die Folterung versagt fast nie … (sehr laut)

Beichtvater: Barmherz´ger Gott! – man foltert sie?


Ich muss zu ihr! Oh steht mir bei!
Sagt meinetwegen, ich selbst sei
für sie einzusteh´n bereit
wenn sie auch nur für kurze Zeit
aussetzen mit der Folterung …

Bgm. Link: Und – wie begründet´s ihr?

Beichtvater: Sie ist unschuldig, glaubt es mir!

Der Chor stimmt ein Halleluja an. Beide gehen durch den Mittelgang ab. Auftritt Otto
mit Gustav, sie verharren an der Säule und warten Musik ab.

47
2.Auftritt

Otto und Gustav stehen bei Sante an Tür.

Kaplan Pürkel kommt aus der Sakristei. Otto von der Seite mit Gustav.

Otto: Bleib hier versteckt und hör gut zu


Bald ist vorbei die heil’ge Ruh.

Otto geht durch die Mitte vor und kniet nieder und hält sich an Kaplan Pürkels Saum fest.
Kaplan Pürkel geht zu Altar, dreht sich um auf Stufen über ihm, dreht sich um.

Kaplan Pürkel: Wenn auch des bösen Feindes Macht


groß ist – Er wird zu Fall gebracht …
Sei es, in welcherlei Gestalt!

Otto: (fester Gang mit klarem Ziel, klare Standpunkte)


Ihr sprecht von göttlicher Gewalt?
(anfangs fragen respektvoll)

Kaplan Pürkel: Nichts andres, als Gottes Streiter


fühl ich mich – und kämpfe weiter
bis unser Feind am Boden liegt.

Otto: Wir kämpfen mit dem Mute (steigend)


ehrlicher Christen für das Gute -
Auch ich, Kaplan, drum haltet ein! (steht auf)

Kaplan Pürkel macht sich von Ottos Umklammerung los und geht den Mittelgang
entlang.

Kaplan Pürkel: Zu spät – Ihr habt kein Glück (geht arrogant weiter)
die Hexe hat sich längst geregt -
und ein Geständnis abgelegt!

Otto (schreit): Lasst Barbara so lange sein,


bis ich den Markgrafen gesehn -
ich will den Schirmherrn selbst anfleh’n

Kaplan Pürkel: Barbara muss weg! Auch mich hat sie verhext!
(geht in andere Richtung ohne umdrehen)

Otto bricht zusammen, findet das Buch (Bürgermeister lässt bei Altar liegen) und
beginnt zu lesen. Der Chor singt das Gloria, erst kräftig, wenn Otto das Buch zuschlägt,
wird der Chor leiser.

48
Otto: Die Wahrheit (zum Publikum)
(laut und weinerlich) ÜBERRAGEND STEHT DU DA
WIE EIN FELS IM MEER;
OBWOHL DIR DIE BRANDUNG NAH
BLEIBST DU START UND HEER.
STÜRTZ AUCH MANCHE TRÜBE FLUT
WUTENTBRANNT AUF DICH,
IHRE HEMMUNGSLOSE WUT
BRICHT SICH JÄMMERLICH.
UND DU GLEICHEST EINEM TURM
LEUCHTEND IN DER HÖH,
DER NACH JEDEM SCHWEREN STURM
FESTER STEHT DENN JE!

Das Gloria vom Chor endet.

Gustav: Otto! Fasse Dich – beruhig‘ Dich nur.

Otto: (Hände falten und sehr andächtig, dann sehr laut)


Gott! Ich wiederhole meinen Schwur: (zum Altar)
bei dem Allmächtigen und allen Heiligen -
bei der Jungfrau Maria: jetzt will ich geht,
Barbara Schwab, der Liebsten mein,
Retter in schwerster Not zu sein.
Und ist das Schicksal gegen mich,
dann Gustav, Freund! – so schwöre ich,
bin auch im Tode ich bei ihr!

Otto rennt durch den Mittelgang aus der Kirche, Gustav folgt ihm, schreit nach Otto.
Orgel-Akkord – STILLE – Orgelausklang.

Fremdenführerin: Das klingt ja schrecklich!


Kann man sie wirklich nicht mehr retten?
Bitte folgen Sie mir.

Zwischen-Station an der Schwabach mit den Waschweibern, die singend und den
Zuschauern bequatschend die Wäsche einholen. Fackeln erleuchten die Szenerie.
Zuschauer folgen der FV zum Pferdebrunnen am Marktplatz und gehen dann zum
Scheiterhaufen.

49
S T A T I O N VI

Ort der Handlung: Marktplatz vor dem Rathaus. Fremdenführerin gibt Zeichen.

Personen: BGM Link


Henker Rosenzweig
Stadtknechte
Richter Uetzlein
Ratsherr Hans von der Mühle
3 Klatschbasen
Vater Schwab
Beichtvater
Barbara
Otto
Gustav / Gretel
Waschweiber

1. Auftritt

1. Klatschbase: Wann bringen’s denn die Hexe her?


(Alle wiederholen)

2. Klatschbase: Die Plätze san ja alle noch leer!

3. Klatschbase: Neigierig bin ich, wer dou alles kummt!


(Hochdeutsch) (6. Klatschbase wiederholt)

1. Klatschbase: (zeigt nach drüben)


Schaut mal, wer is’n des dou drunt?

4. Klatschbase: Ja, wer ist denn das?

Vater Schwab kommt von Eisdiele her – nähert sich dem Scheiterhaufen, er klammert
sich an seinen Schäferstab.

2. Klatschbase: Das ist der Schäfer, lasst ihn gehen,


der möchte noch mal die Tochter sehn!

3. Klatschbase: A armer Kerl – miech bringert’s um,


wäre ich an seiner Stell. – Ganz krumm
kummt der heit übern Marktplatz rauf.

5. Klatschbase Ja, mir ??? sehr lieb, der arme Mann

50
1. Klatschbase: Dou passt mer halt schon eher auf
und jammert net erst, wenn’s z’spät ist!

2. Klatschbase: Des hilft eich nix, die Hex is gwieß!

3. Klatschbase: Ihr dürft mirs glauben, das weiß keiner

1. Klatschbase: Ich denk, die Hexe weiß das alleine

2. Klatschbase: Su a arme Frau verbrenna

3. Klatschbase: Was meinst’n, wenns des net denna,


dann wärn mier bald mit Hexn gspickt!

1. Klatschbase: Miech hat scho su heit Nacht wos drückt

2. Klatschbase: Geh, lass mir mit dem Krampf mei Rouh!

Vater Schwab: Gengt Leit, so helft mir doch, gengt zou!


Mei Kind, mei Kind, mein armes Kind!

3. Klatschbase: Geht heim und tröstet Euch, ich find


für Euch wärs besser dort, wie hier!

Vater Schwab: Ihr wisst net, wie’s drin ist in mir!


Mei Kind, es ist mei Kind, ihr Leit!

1. Klatschbase: Dou kann mer nix ändern mehr, seid g’scheit!

2. Klatschbase: (alle) Gebt obacht! Etz! Etz kummas scho!

3. Klatschbase: Der Bürgermeister is vorn dro.

6. Klatschbase: (Wiederholung)
Der Bürgermeister ist vorne dran.
Ich habe ihn vorne dran gesehen!

Waschweib A: Wer is vorn dro? Mir wolln a waos sehn dahint!

6. Klatschbase: Richtig, Da hinten will man auch was sehen

2. Klatschbase: Ja – genau! Macht’s g’schwind.

51
1. Klatschbase: Wos is denn, gebts a Rouh dahint!

Vater Schwab: Es is mei Kind, ihr Leut, mei Kind!

2. Klatschbase: Drum hättst bei Zeit aufpasst daham!

1. Klatschbase: Etz reiß dich doch a mal a bissla zam

4. Klatschbase Genau, jetzt reiß dich ….

3. Klatschbase: Geh nemm dich doch a bissala zam!


Wenn’s die Kind wär, wos tätst’n nou!

1. Klatschbase: Ich schauet dou ganz gwieß net zou!

Vater Schwab: So helft mir halt, so helft mir halt!


(lässt sich auf den Boden fallen und steht wieder auf und geht
ab)

5. Klatschbase: Man, es kou blous a höhere Gewalt

2. Klatschbase: Ja, gouter Mann, das wäre Gewalt

3. Klatschbase: Ich sags nochmal: Geht heim, geht heim.

Der Schäfer geht nach diesen Worten müde auf die andere Seite.

1. Klatschbase: (alle, nah) Es ist sein Kind, bedenkt’s ihr Leute!

6. Klatschbase: Ja bedenkt, wenn es euer Kind wäre!

2. Klatschbase: Mir wolln’s doch brenna seng heit


die Hex!
Alle
Stadtknecht: Jetzt is a Rouh!

Es ertönt von einem der Stadtknechte ein 1. Trommelspiel als Signal für den Beginn der
Gerichtssitzung. Richter Uetzlein, Ratsherr von der Mühle mit Bgm Link treten auf.

Stadtknecht: Ruhe! Das hoch-wohl-löbliche Gericht!

Stadtknecht mit Fackel ab in Richtung Henkerswagen. Der Henker kommt ihm


entgegen.

Bgm Link: Ist jemand hier, der Rechtes notdürftig ist,


dem will ich helfen, soviel er Recht hat.
52
Henker: Ich, der Henker Rosenzweig fordere einen Fürsprecher
Um Gottes und des Jüngsten Gerichts Willen.

Uetzlein: Ich frage die Schöffen?!

von der Mühle: Wir erlauben es, weil nach Rechten


gefordert ihm ein Helfer zusteht, der
für ihn Recht fordert, soweit er Recht hat.

Henker: Ich wähle somit den ehrbaren Schöffen


Hans von der Mühle. (gibt Zeichen für den Karren)

von der Mühle: Herr Richter! Ihr habt ein schändlich Weib
in meines gnädigen Herrn und euren Banden,
ich begehre und bitte mit Recht sie ist mein.

2. Trommeln! Zwei Stadtknechte ziehen den Wagen, auf dem die Hexe festgebunden
steht bis zum Scheiterhaufen. Der Beichtvater begleitet den Wagen. Büttel und Henker
Rosenzweig voran.

Bgm Link: Barbara Schwab, Ihr seid beschuldigt,


dass ihr viel Männern habt gehuldigt.
Auch mit dem Teufel Beischlaf gepflegt‘
und mit ihm drauf ein Bündnis gelegt.
Mit seiner Hilfe die Pest gebracht,
wie auch zahlreiche Tränklein gemacht.
Auch wisst ihr wo das Kräutlein wächst,
mit dem man Nachbars Kuh behext,
dass sie bei Melken gebet Blut.
Ihr macht euch auch das Wetter gut,
und habt in der Walpurgisnacht
Euch zum Kamin hinausgemacht --
Zum Blocksberg hin, auf einem Besen,
dort seid ihr die Nacht gewesen,
beim Teufel und eures Gleichen,
tanztet ihr den Hexenreigen.

Barbara: Nein, der keines gesteh ich, ich hab’s vor großer
bitterer Marter wegen alles bekannt!

Klatschbasen: „Sie ist schuld“, „Alles Lüge“, „Die lügt doch“


„So a Läinggoschen“

53
Bgm Link: Ich werde nun ihr Urgicht verlesen:
„Ich, Barbara Schwab, gestehe
meine Schuld ein und ich sehe
in allem die reine Wahrheit
auch habe ich bei voller Klarheit
wie ohne Zwang dieses bekannt
und hebe zum Schwur die rechte Hand
BARBARA SCHWAB.“

Barbara: Ich bitte um einen Fürsprecher


auf dass er meine Antwort vernehme.

Bgm Link: Ihre Antwort werde billig gehört.

Barbara: (bittend, schreit aus Verzweiflung)


Hochedle Herrn, Oh hört mich an,
ich habe nie solches getan,
was man mich hat beschuldigt, frei
bin ich von jeder Zauberei -
und mein Geständnis, das ich gab,
gab ich, weil ich gefürchtet hab,
noch weit’re Folter, neue Pein,
d’rum bitte ich – erbarmt euch mein

Klatschbase: „Freilich ist sie die Hex“

Uetzlein: Ihr Leugnen und Verneinen hat keine Festigkeit,


denn sie hat selbst gestanden.

Bgm Link: Die Schöffen mögen abstimmen

Trommler: Fängt ganz leicht das 3. schnelle Trommeln an. Während


dessen entsteht ein Tumult unter den Waschweibern und
Ratschen.

Klatschbasen: Zünds doch o, mir wolln’s brenna seh’n

Klatschbasen: verbrennt’s doch gleich mit dem Karren.

Waschweiber: Jawoll. Verbrennt’s. Des is die Hex‘…

54
Bgm Link: Die Angeklagte wurde mit allen Stimmen
als schuldig befunden und somit
einstimmig zum Tode verurteilt!
Wer soll mir helfen, dass dem Urteil
Folge geschehe und wer gibt mir Schutz.

Uetzlein: Der Richter mit seiner Gewalt.

Bgm Link: Wenn jemand den Tod der Hexe ahndet,


welches Recht habe ich?

von der Mühle: Ihr habt alle Rechte gegenüber denen,


die sie rächen wollen.

Bgm Link: Henker! Ich übergebe Euch hiermit die


Hexe. Waltet Eures Amtes!

4. Trommeln – Der Henker zieht Barbara (wehr sich sehr) zum Scheiterhaufen, reißt ihr
den Ärmel aus der Bluse (ein Band, das in ihrem Ärmel steckt) und bindet mit diesem
Barbaras Kopf an der Stange des Scheiterhaufens fest.

Beichtvater: Betet Barbara! Betet und sterbet als ein Christenmensch.


Seid stetig im Glauben an Gott und rufet:
Jesus Nazarenus Rex Judaeorum!

Der Scheiterhaufen wird in Brand gesteckt. Der Beichtvater geht betend den
Scheiterhaufen entlang und betet mit Barbara: „Jesus Nazarenus …“. Ein Stadtknecht
drängt sich durch die Menge, mit Otto, er ist Blut verschmiert.

Bgm Link: Was ist los? – Was wollt Ihr mit ihm?

Stadtknecht: Er ist der Anführer von denen,


die die Hexe wollten nehmen!
Wir hörten deutlich, wie er schrie:
Drauf ihr Freunde, jetzt oder nie!

Gustav & Gretel kommen zu den Ratsherren gelaufen und bleiben entsetzt stehen.

Gretel: Seht, sein Gesicht, es ist voll Blut!

Bgm Link: Barmherz’ger Gott --- das --- es ist gut


Otto, was hast du bloß gemacht!

55
Otto: Habt ihr vielleicht an mich gedacht?
Ihr gottverfluchten Mörder hier, --
seid allesamt verflucht von mir!

Gustav: (schreit) Otto! Du bringst dich in Gefahr! Halt ein!


Lass diesen wütend Wahnsinn sein.

Otto: Siehst Du, dort oben steht mein Glück


Oh Barbara – ich komme zurück –

Vater Schwab: Um Gottes und um Jesu Willen.

Gustav: Welch Schicksal soll sich hier erfüllen?!

Otto: Geliebte – ich will bei dir sein!

Otto macht sich vom Knecht los, stößt den Beichtvater zur Seite und springt ins Feuer.

Otto: Sei wenigstens im Tode mein!

Alle: N – E – I – N !!!

56
EPILOG – in der entsetzlichen Stille erklingt eine Geigenmelodie.

(Sprecher treten jeweils vor – jeweils Ende Reihe vor Scheiterhaufen; Jeweils erst vorne
in Reihe sprechen! Früher los gehen!)

Kaplan Pürkel: Wer unter euch ohne Sünde ist,


der werfe den ersten Stein.
Ihr denket wohl
ich hätt‘ ein rechtes Teufelsstück getan
Doch bedenket dies:
der Mensch hat selber Schuld dran
Wir wissen nicht, was wirklich war
und wie’s passiert …

Stadtführerin: Die Zeit ist hin, die Menschen stumm,


jedoch lebt die Erinnerung
aus jener unglückseligen Zeit,

Beichtvater: die Schrift reicht fort bis zu dem Heut,


sie spricht gleich aus der Väter Mund
auch jetzt zu uns in dieser Stund,

Vater Schwab: doch während weiterrauscht der Strom


vergang’ner Zeit, trifft wie ein Hohn
uns die Erkenntnis immerdar –

Bgm Link: dass dieser Rückstand damals war


und dass wir besser sind als sie …

Gretel: Raunt’s nicht in uns wie Ironie,


dass jede Generation
die beste war auf Erden schon?

Gustav: So lebt der Mensch im steten Wahn,


bei ihm fängt alle Weisheit an
und mitleidig schaut er zurück,
trübt selbstgefällig seinen Blick.

57
Otto: Drum sieht er nie die Dunkelheit
und wir zum Opfer seiner Zeit.
Doch über dies ist wichtig nur
dass es nicht mehr geschieht.

Barbara: Drum prüfe gut, wer du nun bist


bevor du die Entscheidung triffst.
Geht du voll Mut den guten Pfad,
oder nimmst voll Pflichtgefühl und Angst
den schmalen Grad?

Die Geigenmelodie endet. In die Stille hinein sprechen alle gemeinsam:

Alle: Denkt gut nach!


Nun gute Nacht. Das Spiel zu enden,

Teufel: Begrüßt uns mit gewognen Händen! (will Applaus)

ENDE

Alle Urheberrechte und Leistungen über Gedichte, Lieder und Theaterstücke von
Hans Kopfstuhl bleiben der Enkelin Ingeborg Kipfstuhl vorbehalten.
Kein Verleih! Keine unerlaubte Vervielfältigungen, Aufführungen oder Sendung!

58

Das könnte Ihnen auch gefallen