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Kinderwut
verstehen &
begleiten lernen
friedvolle mutterschaft
Liebe Mama,
viele von uns fühlen sich überfordert, wenn das Kind wütet. Da
sind große Emotionen, die häufig stark ausgedrückt werden; so
wird geschrien, sich auf den Boden geworfen, geschimpft,
geschlagen, etc.
Du wirst dich sicherer in solchen Situationen fühlen, wenn du
weißt, was deine Aufgabe ist und wie du dein Kind begleiten
und führen kannst.
Wenn dein Kind wütet (schreit, sich auf den Boden legt, mit etwas schmeißt, haut)
drückt es sich emotional aus. Das ist wichtig und gesund - wir Eltern dürfen lernen,
im Team des Kindes zu bleiben und ein führender Kompass zu sein.
Dein Kind macht das Beste, was es gerade kann. Mit seinem Verhalten zeigt es
etwas auf: eine Not, ein Bedürfnis. Du bist das Auffangbecken deines Kindes, das
Grenzen kommuniziert, wenn es dies braucht, das Raum schenkt zum Fühlen,
wenn es dies braucht und das liebevolle Führung schenkt, wenn es dies braucht.
Ein Kind, das wütet, braucht unsere emotionale & körperliche Begleitung, da es
(aufgrund der noch fehlenden Gehirnreife) nicht im Stande ist, alleine seine
Gefühle zu regulieren. Ein Kind das wütet, ist in Not (ganz gleich was es tut und
auch, wenn für dich schleierhaft ist, warum es wütet). Es sollte nicht alleine
gelassen oder mit Strafen erniedrigt werden. Dein Kind wird mit den Jahren
lernen, seine Gefühle und Handlungen zu begleiten, wenn es dies durch dich immer
wieder erfahren durfte.
Autonomiestreben
Das Kind strebt, mit dem Größer werden, nach Autonomie. Dies gehört zur
Persönlichkeitsentwicklung, ist sehr wichtig und trägt zur Bildung des Ich-
Bewusstseins bei. Das Kind nimmt sich immer mehr als eigenständige Person
wahr und will viel ausprobieren, alleine machen und seine Ziele verfolgen.
Wenn das Kind sich in diesem Bedürfnis eingeschränkt fühlt, macht es dies mit
schreien, wüten oder fluchen bemerkbar. Das ist ok, wir Eltern dürfen achtsam
reflektieren, wann wir einen sicheren Rahmen geben und den Frust begleiten
oder das Kind machen lassen. Bewusste Grenzensetzung ist etwas sehr wichtiges
und darf liebevoll-begleitend-konsequent geschehen (damit haben viele Eltern
große Probleme, weil Grenzen setzen häufig mit Machtmissbrauch erlebt
wurde.
Überreizung/ Überforderung
Es gibt viele Kinder, die empfangene Reize gut aufnehmen können und nur
selten in eine Überforderung rutschen. Du kannst es dir so vorstellen, als hätten
diese Kinder einen großen Eimer - eine große Kapazität für die Reizaufnahme
und Verarbeitung.
Andere Kinder wiederum haben anstelle des großen Eimers ein Schnapsglas
pro Tag zur Verfügung. Das Kind empfängt dann zu viele Reize auf einmal,
kann im Allgemeinen Reize schwerer filtern und es kommt so zu einem
Übermaß an Eindrücken. Das Schnapsglas läuft über. Diese Not zeigt sich
häufig durch hauen, schreien und man bekommt das Gefühl, das Kind gar nicht
mehr erreichen zu können.
Gründe
Frust
Kinder werden sehr häufig damit konfrontiert, nicht weiter zu kommen. Sie
versuchen Dinge immer wieder und sind doch für vieles "zu klein", "zu
schwach", etc. Frustrationstoleranz darf mit der Zeit erlernt werden, indem
eine Bezugsperson dem Kind zur Seite steht.
Es gibt viele Gründe, warum ein Kind wütet. WICHTIG: Unter der Wut
stecken immer andere Gefühle (Hilflosigkeit, Trauer, Angst, etc.), die dein
Kind nicht anders, als durch Wut-Verhalten ausdrücken kann.
Deine Aufgabe
Das Gehirn des Kindes ist noch nicht ausgereift. Besonders nicht das
Schaltzentrum im Frontallappen, das dafür zuständig ist, Impulse zu regulieren.
Ein Kind, das wütet, KANN nicht anders. Dein Kind hat es also in vielen
Situationen sehr schwer, überlegt zu handeln. Das "überlegte Handeln" lernt
dein Kind mit der Zeit, durch deine Begleitung und die voranschreitende
Gehirnreife. Es braucht dich dafür.
... im Team deines Kindes zu bleiben. Im Team zu bleiben bedeutet nicht, dass
alles Verhalten deines Kindes OK ist. Es bedeutet auch nicht, dass du dein Kind
alles machen lässt, ganz im Gegenteil. Du kannst im Team deines Kindes sein, es
nicht erniedrigen und dennoch einen sicheren Rahmen aus Führung,
Grenzenkommunikation und Auffangen schaffen.
... dich selbst immer wieder damit zu konfrontieren, welches Gefühl du hast, wenn
dein Kind wütet. Dieses Gefühl ist deins und hat nichts mit deinem Kind zu tun,
sondern mit deiner eigenen Geschichte.
Deine Aufgabe ist es, der Kompass deines Kindes zu sein. Ein Kompass, der in der
Notsitutaion liebevoll und sicher führt.
Deine Anleitung:
SELBSTBEGLEITUNG 2
GEFÜHLE
3 BEGLEITEN
LIEBEVOLLE
FÜHRUNG 4
AUSHALTEN & 5
AUFTANKEN
Schritt 1
Bitte bewerte nicht, ob dies nun angebracht ist oder nicht. Wenn dein Kind sich
emotional ausdrückt, dann hat es immer einen Grund und ist berechtigt (auch wenn
das Kind bereits zwei Eis hatte und sich auf den Boden wirft, weil es das Dritte nicht
bekommt oder weil du den Apfel falsch aufgeschnitten hast, etc.).
Erkenne wie dein Kind sich typischerweise emotional ausdrückt. Also, was macht es
meistens, wenn es wütend ist. Manche Kinder schreien sehr laut und lange, andere
werden motorisch und hauen oder werfen, wieder andere benutzen ganz viele
Schimpfwörter. Wenn du im Allgemeinen weißt, was dein Kind in der Regel macht,
bist du darauf vorbereitet und es überrumpelt dich nicht. Du kannst dann (nachdem
du reflektiert hast, wie dein Kind seine Not typischerweise ausdrückt), für dich
schauen, was dir in solchen Situationen helfen kann (Ohropax, Leitsätze wie "Mein
Kind ist nie gegen mich", etc.). Vorbereitung ist key.
Besonders, wenn dein Kind immer wieder nach den selben Aktivitäten wütet (beim
Abholen vom Kiga, beim Situationswechsel, z. B. vom Spielplatz nach Hause) kannst
du dich bereits im Vorweg darauf vorbereiten und schauen, ob es z. B. besser wäre
schon früher vom Spielplatz nach Hause zu gehen aufgrund von Überreizung (nur ein
Beispiel).
Wenn dein Kind wütet, ist es wichtig, dass du dies akzeptierst und nicht versuchst
dein Kind davon abbringen zu wollen, indem du seine Gefühle negierst, es immer
wieder versuchst abzulenken oder es dazu ermahnst das nun zu lassen. Akzeptiere,
dass es so ist und übe dich darin, dein Kind immer sicherer durch solche
Gefühlsstürme zu führen.
Ich kenne mein Kind und seine Wut. Ich bewerte es nicht, sorge aber
dafür, dass ich vorbereitet bin. Ich weiß, wann mein Kind eine Pause
braucht oder wann es meine Hilfe benötigt (Spielbesuch, am Abend, nach
der Kita, etc.).
Schritt 2
#2: Selbstbegleitung
Wenn du dein Kind durch schwere Situationen und Gefühlsstürme begleiten und
führen möchtest, ist deine Selbstbegleitung das Entscheidende. Wenn du dich
provoziert fühlst, hilflos und/ oder unsicher, bleibt dein Kind in seiner Not alleine
zurück.
Du kannst nur dann hinter dem Wüten deines Kindes seine Not erkennen, wenn du
deine eigenen Themen an der Hand hast und vom Verhalten deines Kindes nicht
getriggert wirst.
Daher ist es so wichtig, dass du dich damit befasst, wie du dich fühlst, wenn dein
Kind wütend ist. (Wenn du stark emotional darauf reagierst, hat das nichts mit
deinem Kind zu tun, sondern mit deiner eigenen Geschichte). Es kann sein, dass du
selbst wütend wirst (zur Mamawut später mehr) oder versuchst die Wut deines
Kindes ständig zu vermeiden.
Je mehr wir das Verhalten unseres Kindes verstehen und dahinter das Bedürfnis
erkennen können, desto leichter fällt es uns ruhig und friedvoll zu bleiben.
Dein Kind ist nie gegen dich, auch wenn es schlägt, dich beschimpft, "ignoriert", etc.
Wenn du dein Kind begleiten möchtest - ihm in seiner Not zur Seite stehen
möchtest - gilt der Leitsatz "Selbstregulation vor Co-Regulation". Das bedeutet, dass
du erst einmal dich und deine Emotionen (Erschöpfung, eigene Wut, Gereiztheit) an
die Hand nehmen musst, bevor du die Hand deines Kindes greifst.
Deine Aufmerksamkeit muss zu einem großen Teil bei dir liegen um in der Ruhe
bleiben zu können.
Die Selbstbegleitung ist mit das größte Thema der friedvollen Mutterschaft und ich
kann es hier leider nur streifen, doch am Ende wartet da noch was auf dich
Bevor ich mein Kind begleiten kann (ohne Strafen, laut werden, grob
anpacken), darf ich den Fokus auf die Begleitung meiner eigenen
Gefühle richten. Wann komme ich in die Wut, was könnte mir dann
genau helfen?
Schritt 3
Wenn dein Kind beim wüten sich oder andere verletzt, ist es wichtig, dass du neben
dem Begleiten seiner Gefühle einen sicheren Rahmen schaffst. In solchen Momenten
braucht dein Kind keine lange Rede darüber, warum man nicht haut, etc. Es
braucht eine klare Grenzenkommunikation, ein klares verbales "Stopp" mit
körperlicher Begleitung. Z. B., dass du aus dem Schlagradius deines Kindes trittst
und die "Stopp-Hand" machst (erhobene ausgestreckte Hand) oder, wenn dein Kind
dich oder ein anderes Kind weiter schlägt, beißt, etc. die liebevolle, aber bestimmte
körperliche Begleitung. Bei der körperlichen Begleitung geht es nie um ein grobes
anpacken, sondern darum Schutz zu bieten, indem du dich oder andere vor dem
nächsten Schlag schützt, indem du die Arme deines Kindes liebevoll aber sicher
festhälst (dies ist nur anzuwenden um ein anderes Kind oder dich zu schützen). Bei
der körperlichen Begleitung ist es sehr wichtig auf dein Kind einzugehen und die
Verbindung zu halten.
Schritt 3
Dies wird am Anfang schwer für dich sein, weil die Wenigsten von uns liebevolle
körperliche Begleitung erfahren haben. Manche Kinder, die ihre Emotionen
motorisch ausdrücken, brauchen die körperliche Begleitung, sie können auf ein
verbales "Stopp" nicht reagieren, da dies im Gehirn nicht mehr ankommt.
Begleiten setzt immer voraus, dass du im Team deines Kindes bleibst. Dein Kind
spürt, ob du "Für" es oder "Gegen" es bist. Es geht immer um die Grundhaltung. Um
"Für " dein Kind zu sein, musst du es nicht immer verstehen können. Du musst auch
nicht immer allem zustimmen und in jeder Situation ein "Ja" auf den Lippen haben.
Du musst dafür auch dich nicht zurücksetzen oder aufgeben.
"Für" dein Kind zu sein bedeutet, dass du dir bewusst bist über das Machtgefälle
eurer Beziehung. Dass du dir darüber im Klaren bist, dass dein Kind nie gegen dich
ist, allein schon aus dem Grund, weil es maßlos von dir abhängig ist.
Wenn es dir ums begleiten, ums großlieben deines Kindes geht, beginnt alles bei dir.
Und so schaue in den schwiergen Momenten mit deinem Kind auf deinen
emotionalen Zustand.
"Aber was ist, wenn mein Kind mich immer wieder schlägt, beleidigt, ignoriert, provoziert
und es mich gereizt/ wütend/ traurig macht?"
Wenn du das Verhalten deines Kindes immer wieder persönlich nimmst und es in
dir eine Wunde antippt, ist es wichtig, dass du merkst, dass diese Wunde deine ist;
sie ist da aufgrund deiner Geschichte und hat sehr wenig mit deinem Kind zu tun.
Trenn das - immer wieder, übe dich darin.
Wenn wir Grenzen kommunizieren ist es wichtig, dass wir klar und sicher in unserer
Entscheidung sind. Du bist die Entscheiderin, das bedeutet auch, dass du dich oft dazu
entscheiden kannst, dass dein Kind entscheiden oder mitentscheiden kann (davon bin
ich ein großer Fan), aber es bedeutet auch, dass du immer mal wieder Entscheidungen
triffst, mit denen dein Kind nicht einverstanden ist. Z. B. entscheidest du, dass es kein
Eis gibt (warum auch immer) oder, dass es langsam nach Hause geht, weil du nicht
mehr kannst oder dein Kind bereits reizüberflutet ist. Wenn du nicht klar in deinen
Entscheidungen bist und Angst hast vor dem wüten deines Kindes, wird dies dein
Kind spüren und es macht die ganze Situation sehr viel schwerer, da du nicht liebevoll
führen kannst. Oft ist es dann so, dass diese Vermeidung dazu führt, dass man über
seine eigenen Grenzen geht, immer erschöpfter und gereizter wird und am Ende
droht, schreit und nicht mehr begleiten kann.
Es gibt häufig zwei Möglichkeiten; es ist wichtig, dass du dich bewusst für eine
entscheidest und dabei dein Kind begleitest. Bleiben wir mal bei dem Beispiel mit
dem Spielplatz und dem nach Hause gehen.
1. Du entscheidest dich, den Wunsch deines Kindes zu erfüllen und ihr bleibt auf
dem Spielplatz. Bitte schaue aber wirklich, dass du dich damit gut fühlst und
nicht um weitere Wut deines Kindes zu vermeiden.
2. Du entscheidest dich dafür, den Wunsch Deines Kindes abzulehnen. Dabei ist es
wichtig dies zu begründen und den Frust deines Kindes zu begleiten. "Ich
verstehe, dass du noch länger bleiben möchtest. Wir werden jetzt nach Hause
gehen, da wir zuhause noch Zeit brauchen für unser Abendritual. Welche letzte
Sache möchtest du noch machen?"
Erwarte nicht, dass es durch die Begleitung deines Kindes funktionieren wird, dass
dein Kind dann ganz schnell aufhört mit dem wüten. Es geht nicht um das
Funktionieren. Erwarte nicht, dass dein Kind dann gleich mit seinem Verhalten
(schreien, schlagen, etc.) aufhört. Es geht nicht um das Aufhören. Durch liebevolle
Begleitung lernt dein Kind mit der Zeit, dass es auf anderen Wegen kommunizieren
kann und wie es seine Impulse regulieren kann.
Oft ist es dann so, dass dein Kind, nachdem du Raum für alle Gefühle gelassen hast,
langsam ruhiger wird. Dafür gibt es aber keine Zeitangabe, jedes Kind ist dort
unterschiedlich. Je öfter dein Kind jedoch liebevolle Führung erfährt, detso schneller
kann es die Begleitperson als Auffangbecken empfinden.
Je nach dem emotionalen Zustand deines Kindes, kann es nach dem Wüten total
bindungsleer sein. Danach ist es sehr von Vorteil, sich eine Zeit der Verbindung zu
nehmen. Viele Kinder lieben es, dann noch kurz zu kuscheln, andere mögen
zusammen ein Buch lesen oder ähnliches.
Nehmt euch nach einem schweren Moment Zeit zum Kraft und
Bindung tanken. Dein Kind braucht dich. Es braucht kein Gespräch,
indem du erzählst, wie du es in Zukunft haben möchtest und dass das
nicht lieb war, etc.
Tipp-Liste
Kreative Ideen für die Kinderwut
Körperliche Übung.
Findet gemeinsam eine Wut gemeinsam betrachten.
"Wutbewegung", die ihr immer Wut malen oder beschreiben
gemeinsam macht, wenn die Wut und/ oder lokalisieren lassen.
kommt. Z. B. Augen schließen und Weißt du, wo deine Wut gerade
tief ein- und ausatmen oder Fäuste sitzt? Welche Farbe hat sie?
anspannen und bei "jetzt" Fäuste Wollen wir sie zsm. aufmalen?
wieder loslassen und den ganzen
Körper ausschütteln.
@friedvollemutterschaft
www.friedvollemutterschaft.de