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heutigen Slowakei“ informierte Petr Kreuz lung durch Magie sowie Wetterzauber bis hin
(Prag), der den letzten nachweisbaren He- zu Besenritt und Teufelspakt. Des Weiteren
xenprozess für die böhmischen Ländern auf war der Glaube an Werwölfe, Vampire und
1755/56 datiert. Bis ins 15. Jahrhundert hinein Hexen sowohl in der Unterschicht als auch im
lässt sich für Böhmen und Mähren nur ein ein- Adel weit verbreitet. Als Begründung, war-
ziger Hexenprozess nachweisen. Zur ersten um in Deutschland zur gleichen Zeit keine
belegten Hinrichtung einer angeblichen Hexe Hexenprozesse mehr stattfanden, wurde da-
kam es in Böhmen 1498. Die Höhepunkte der mals seltsamerweise das niedrigere Bildungs-
Verfolgungen lassen sich in zwei Wellen dar- niveau Polens genannt, weswegen die Hexen
stellen – die erste vom letzten Drittel des 16. alle von Deutschland dorthin umgezogen sei-
Jahrhunderts bis in die ersten zwei Jahrzehn- en. Vor allem ab den 1760er Jahren gab es in
te des 17. Jahrhunderts und die zweite Welle Polen immer wieder Bemühungen, die Hexe-
im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts. Bis auf reiverfolgung zu beenden. Zeitschriften, Bro-
drei bekannte Ausnahmen in Böhmen und ei- schüren, Bücher erschienen und verbreiteten
ne Ausnahme in Mähren hatten alle durch- neben den Ideen der Aufklärung auch im-
geführten Prozesse individuellen Charakter. mer wieder die Forderungen nach der Ab-
Das gerichtlich geahndete Delikt der Zaube- schaffung der Wasserprobe, der Folter, der
rei trug in den böhmischen Ländern bis zur Bestrafung vermeintlicher Hexen und nach
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in der Re- einem öffentlichen Strafverfahren. Obgleich
gel den Charakter verschiedener abergläubi- 1766 das Verbot der Folter verhängt wurde,
scher Praktiken oder bezog sich auf den Ein- war der Hexenglauben weit verbreitet und
satz schädigender Zaubertränke; nur in ver- konnte sich bis ins 20. Jahrhundert halten. Der
einzelten Fällen wurde Kontakt mit dem Teu- oft in der älteren Literatur genannte letzte He-
fel vorgeworfen. Bis auf Einzelfälle gewann xenprozess in Polen von 1775 in Doruchów
das Delikt der Zauberei in Böhmen ebenfalls fand jedoch nicht statt. Dafür ist ein Prozess
nie die Gestalt der Apostasie, der Teilnahme in Kleinpolen aus dem Jahre 1785 bezeugt.
am Hexensabbat oder der Zugehörigkeit zu Gründe für die lang anhaltende Prozesstätig-
einer Hexensekte; dasselbe gilt für Mähren bis keit sind vor allem im Fehlen einer juristi-
zum Ausbruch der nordmährischen Hexen- schen Ausbildung der Stadtrichter und einer
verfolgungen im Jahre 1678. Auch für die Slo- vorgesetzten Gerichtsbehörde zu suchen.
wakei sind hauptsächlich Individualprozesse Rainer Decker (Paderborn) stellte in sei-
nachweisbar. Die Verfolgungswelle hatte hier nem Vortrag die „Hexen- und Magieprozes-
ihren Höhepunkt Ende des 17. und erstreck- se im Kirchenstaat während des 19. Jahrhun-
te sich bis in die zweite Hälfte des 18. Jahr- derts“ dar. Wurde die päpstliche Inquisiti-
hunderts. Das geahndete Delikt der Zaube- on in Italien spätestens mit den napoleoni-
rei hatte in dieser Periode in der Slowakei in schen Kriegen abgeschafft, konnte sie sich im
seinen realen Äußerungen in der Regel die Zuge der Restauration im Kirchenstaat re-
Form von verschiedenen Praktiken der Volks- generieren und bis zu dessen Ende 1861/70
magie oder der Volksmedizin. Der Teufels- halten. Als Ursachen für die Ahndung wei-
pakt tauchte zwar in vielen Fällen der Hexen- ßer und schwarzer Magie sind das Festhal-
verfolgung auf, trat aber selten in den Vorder- ten der katholischen Kirche an der Möglich-
grund. keit von Hexerei und Teufelspakt zu nennen.
Um „Hexenprozesse in Polen im Zeitalter Des Weiteren führte Decker die – wegen der
der Aufklärung“, genauer: um Prozesse zwi- relativ fairen Prozesse – fehlende schockie-
schen 1728 und 1795, ging es im Vortrag von rende Erfahrung von Folter- und Gewaltex-
Jacek Wijaczka (Torun). Er stellte dar, dass zessen an. Die Delikttypen des 18. Jahrhun-
Hexenverfolgungen in Polen in der ersten derts: „blasphemia“, „sollicitationes“, „pro-
Hälfte des 18. Jahrhunderts keine Seltenheit positiones haereticales“, „polygamia“, „su-
waren. Die Bandbreite der Vorwürfe reich- perstitio“ und „maleficium“, wurden unter
te von Milch- und Bierverderbung, über Lie- dem Eindruck der italienischen Nationalbe-
beszauber, das Anhexen von Krankheiten bei wegung durch die Zugehörigkeit zu der „sec-
Mensch und Vieh, angebliche Krankheitshei- ta carbonariorum“ oder der „secta liberali-