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«Bezichtigt, gefoltert und hingerichtet»

Frühneuzeitliche Hexenprozesse in Zürich 1487 - 1701

Teil A: Hintergrundwissen und Leitfragen


Teil B: Quellenrecherche im Staatsarchiv Zürich
Teil C: Referatsthemen

Titelbild: «Hexensabatt». Illustration aus der Bilderchronik Wickiania des Zürcher Chorherrn Johan Jacob Wick, entstanden
zwischen 1559 -1588.

Blockwoche Geschichte | 1. Klassen KS Stadelhofen | Thomas Bachmann


Inhaltsverzeichnis

Teil A: Einleitung und Leitfragen S. 3 - 15

Teil B: Quelleninterpretation im Staatsarchiv Zürich S. 16 -17

Teil C: Referatsthemen S. 18
Teil A: Einführung und Leitfragen

1. Einführung Hexenverfolgung gelten das Waadtland und


Graubünden mit jeweils über 1000 Hexenprozessen.
Etwas quer zur Aufbruchsstimmung der
Renaissance, stehen die Hexenverfolgungen in In Zürich wurden vergleichsweise wenige
Europa, die im Spätmittelalter ihren Ursprung haben Personen, darunter 79 Frauen, der Hexerei
und zwischen 1580 und 1650 ihren Höhenpunkt bezichtigt und unschuldig hingerichtet. Insgesamt
erreichet. Insgeheim bringt man dieses Phänomen forderte der Hexenwahn in Zürich zwischen 1487
fälschlicherweise mit dem Mittelalter in und 1701 84 unschuldige Opfer. Ein Hinweis auf
Verbindung. Dem war aber nicht so. ihr Schicksal sucht man hier vergeblich.

Im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert war die Die wohl «berühmteste» oder bekannteste Hexe,
Überzeugung in allen sozialen Schichten verbreitet, war die 47-jährige Magd Anna Göldin. Sie wurde
dass es Hexen und Hexer gäbe, die mit ihrem europaweit als letztes Opfer der Hexenverfolgung
unheilvollen Treiben den Menschen Schaden im Jahr 1782 in Glarus hingerichtet. Seit 2014
zufügten. Diese Idee begann sich bereits gegen Ende erinnert ein Mahnmal am Glarner Gerichtshaus an
des 15. Jahrhunderts zu verfestigen und hat mit dem sie.
Erscheinen des berüchtigten «Hexenhammers» 1486
zu tun, einem Handbuch, das die Hexen- Die Ursachen der Hexenverfolgung können
vorstellungen festschrieb. Gemäss Schätzungen wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich und
fanden in Westeuropa zwischen dem 15. und dem kulturell interpretiert erklärt werden. Diesen gehen
18. Jahrhundert rund 110'000 Hexenprozesse statt – wir auf den Grund. Wir beschäftigen uns also mit
gut 10'000 davon auf dem Gebiet der heutigen einem düsteren Kapitel europäischer und somit auch
Schweiz. 6000 Todesurteile wurden dabei der Schweizer Geschichte, indem wir einerseits im
vollstreckt, 80% der Opfer waren dabei arm, ledig Staatsarchiv in Zürich Originalquellen und
und weiblich. Damit nimmt die Schweiz einen Verhörprotokolle besichtigen und studieren,
Spitzenplatz in Europa ein. Als regionale anderseits mit Textauszügen, Sekundärquellen, mit
Schwerpunkte der gesamtschweizerischen Podcasts und einem Spielfilm auseinandersetzen.

Übersichtskarte Hexenverfolgung in Europa 15. – 18. Jahrhundert

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1.1 Leitfragen

Im Rahmen unserer Projektwoche nehmen Sie sich folgenden Fragestellungen an:

1. Was wird generell unter dem Begriff «Hexenwesen» verstanden?


2. Wie lassen sich Geschlechterverhältnisse im Mittelalter und in der frühen Neuzeit charakterisieren? Welche
rechtliche Stellung hatten Frauen und welches Frauenbild dominierte damals?
3. Sind die Hexenverfolgungen generell ein Phänomen der Neuzeit oder lässt sich schon früher Ähnliches
beobachten?
4. Erläutern Sie, weshalb so viel mehr Frauen als Männer der Hexereianklage zum Opfer fielen? (T32/33, S.
125/126)
5. Was wird Ihnen vorgeworfen? Wofür werden diese verantwortlich gemacht?
6. Welche Rolle spielt das Handbuch der «Hexenhammer»?
7. Gab es auch zeitgenössische kritische Stimmen, die sich gegen die Hexenprozesse erhoben? Waren diese
erfolgreich?
8. Was versteht man unter dem Begriff «kumulatives Hexenkonzept»?
9. Wie kam es zu einem Hexenprozess und wie lief dieser ab? Gibt es hier einen idealtypischen Ablauf?
10. Wie sieht die Situation für die Schweiz und Zürich im Besonderen aus? Weshalb wurden kaum Frauen aus
der Stadt Zürich der Hexerei bezichtigt?
11. Welche Rolle spielte dabei die Kirche?
12. Was muss man sich damals unter dem Stadtstaat Zürich vorstellen? Wer sprach Recht, resp. was verstand
man damals unter der «Blutgerichtsbarkeit» und wer übte diese aus?
13. Weshalb wird im Zusammenhang mit den Hinrichtungen heute von «Justizmorden» gesprochen?
14. Wie steht die Schweiz im Vergleich zum benachbarten Ausland da? Lässt sich die Schweiz hier nahtlos
einordnen oder gibt es spezifische Eigenheiten?
15. Welche Erklärungen haben Historikerinnen und Historiker heute für dieses dunkle Kapitel der europäischen
Geschichte? Gibt es einen monokausalen Erklärungsansatz?

Diese Fragen beantworten wir einerseits mit den zur Verfügung gestellten Materialien, Links und dem
Geschichtsbuch, anderseits sollen ihre Erkenntnisse aus dem Staatsarchiv hierzu beitragen.

Hinrichtung von drei Hexen am 4. November 1585 in Baden (Schweiz), Illustration aus der Bilderchronik
Wickiania des Zürcher Chorherrn Johan Jacob Wick, entstanden zwischen 1559 -1588.

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2. Beantwortung der Leitfragen:

1. Was wird generell unter dem Begriff «Hexenwesen» verstanden?

Recherchieren Sie hierzu im Internet und fassen Sie Ihre Erkenntnisse in wenigen Sätzen
zusammen.
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011450/2014-10-16/#HFrFCheNeuzeit

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2. Wie lassen sich Geschlechterverhältnisse im Mittelalter und in der frühen Neuzeit charakterisieren? Welche
rechtliche Stellung hatten Frauen und welches Frauenbild dominierte damals? Wie lebten Männer und
Frauen in Familien zusammen? Welche Position hatten unverheiratete Frauen? Antworten auf diese Fragen
liefern Ihnen die folgenden beiden Texte.

Geschlechtergeschichte: Historische Probleme


und moderne Konzepte

Über Frauen und Männer äußerten sich vor allem sagte man jetzt, habe über Maria Magdalena den
Geistliche und Mediziner. Häufig verbreitete die Frauen den Weg zum Himmel offenbart. (...)
Kirche die Vorstellung, dass die Frau das Erbe Evas Nicht nur Kleriker und Mediziner beschäftigten sich
in sich trage und auf Grund ihrer sexuellen mit den Beziehungen der Geschlechter; für Adel und
Anziehungskraft den Mann zur Sünde verführe und Könige war es notwendig, dass die Frauen die
sein Seelenheil gefährde. Besonders deutlich wurden Aufgabe übernahmen, legitime, insbesondere
Kleriker während der kirchlichen Reformbewegung männliche Nachkommen zu gebären, um diesen
im 11. Jahrhundert; so wütet z.B. der Güter, Ruhm und Ehre der Familie zu vererben. War
Kirchenreformer Marbod von Rennes 1098 gegen die Frau untreu, bestand die Gefahr, dass sich
die Frau als „Versucherin, Hexe, Schlange, Pest, «Bastarde" in den Schoß der Familie einschlichen,
Ungeziefer, Ausschlag, Gift, Flamme, Rausch". das Erbe veruntreuten und die Verarmung der
Diese Furcht vor der Unheil bringenden Eva geht für Familie herbeiführten.
Geistliche wie Marbod mit der inbrünstigen, ja Zahlreiche Traktate dienen nun der Erziehung der
leidenschaftlichen Verehrung der Jungfrau Maria Frauen zum Erhalt der Ordnung des
einher, die Jesus «unbefleckt» empfangen und ,,ganzen Hauses". Dabei werden drei Modelle
geboren und die jeder Sinnenlust widerstanden habe. propagiert: das Bild der Jungfrau, die Eigenschaften
Dieser scharfe Gegensatz zwischen Eva und Maria wie Keuschheit, Zucht und Reinheit verkörpert und
war nicht dazu angetan, den Frauen Seelentrost zu die jede sinnliche Regung abzutöten hat; ferner das
bieten. War eine Ehefrau verdammt, weil sie niemals Ideal der Ehefrau, die zurückhaltend, verschwiegen,
die Heiligkeit Marias erreichen würde? Als Antwort treu und gehorsam zu sein hat und sich nicht nur dem
darauf bot die Kirche später die heilige Maria Ehemann, sondern auch den Schwiegereltern
Magdalena als Identifikationsfigur für die Frauen, unterordnen muss, sowie das Ideal der Witwe, die
die „Sünderin", die bereut und gebüßt hat und daher bescheiden lebt und sich um den Fortgang der
einen Weg zum Heil aufzeigt. Mit dem 11. und 12. Familie kümmert.
Jahrhundert beginnt ihr großer Kult, ausgehend von
der burgundischen Abtei Vezelay, wo die Reliquien Aus: Wunderer, H.: Geschlechtergeschichte: Historische
Probleme und moderne Konzepte. Braunschweiz 2005. S. 29f.
von Maria Magdalena verehrt wurden. Christus, so

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Geschlechterverhältnisse im Mittelalter und der Krankenpflegerinnen ein. Sie genossen als
Frühen Neuzeit Heilkundige hohes Ansehen.
Die weiblichen Orden nahmen ursprünglich als
Recht und Arbeit Nonnen ausschliesslich Frauen adeliger Herkunft
auf, damit diese eine standesgemässe Versorgung
Die mittelalterliche Gesellschaft wies Männern und erhielten.
Frauen unterschiedliche Lebensbereich und Rollen
zu. Es gab eine Männerwelt, die nach aussen Familie und Ehe
gerichtet war. Die Frauen hatten sich dagegen um
den inneren Lebenskreis des Hauses und der Familie Die mittelalterliche Familie war eine
zu kümmern, wobei ihnen auch die Aufsicht über im Hausgemeinschaft mit gemeinsamer Wohnung und
Haus lebende Gesellen und das Gesinde (= Das Besitz. Sie bestand in der Regel aus Mann, Frau und
Gesinde bezeichnet die zu häuslichen minderjährigen Kindern, wobei die Söhne das Erbe
Arbeitsleistungen verpflichteten oder verdingten weitergaben oder sich neues Erbe erheirateten.
Dienstboten eines Grund- oder Gutsherrn.) Vorherrschend war somit die Zwei-Generationen-
Ehefrauen halfen darüber hinaus im Familie: Wer heiratete, gründete in der Regel einen
Handwerksbetrieb oder im Handelsgeschäft des eigenen Haushalt. Starb ein Ehepartner, gab es die
Ehemannes mit. Möglichkeit der Wiederverheiratung.
Die mittelalterliche Gesellschaft war eine Weger der hohen Säuglingssterblichkeit blieb die
patriarchalische Gesellschaft: weil Frauen von Natur Durchschnittsfamilie recht klein; Historiker haben
aus nicht als waffen- und wehrfähig galten, für eine Ehe den statistischen Wert von 2.6 Kindern
unterstanden sie der Geschlechtsvormundschaft, errechnet. (heute in der Schweiz: 1.5). In West- und
d.h., sie besassen keine von Rechts- und Mitteleuropa heirateten die Menschen relativ spät,
Handlungsfähigkeit. Vor Gericht musste sie der was sich auf die Anzahl der möglichen Kinder
Mann vertreten. Bei unverheirateten Frauen war dies auswirkte. Das Heiratsalter lag in der Regel bei Mitte
meist der Vater, bei verheirateten der Ehemann. bis Ende Zwanzig. Im Vergleich mit anderen
Verstarben beide, ging die Vormundschaft auf Kulturen war die späte Heirat ungewöhnlich. Sie
männliche Verwandte über. In einigen Städten hatte ihren Grund darin, dass in Mittel- und
führten jedoch Frauen selbständig Prozesse. Auch Westeuropa kein kultureller oder religiöser Zwang
waren städtische Kauffrauen im Gegensatz zu zu einer frühen Eheschliessung bestand.
Bäuerinnen und Ehefrauen der Oberschicht voll In der mittelalterlichen Ständegesellschaft herrschte
rechts- und geschäftsfähig. die Vorstellung vor, dass die Ehepartner aus dem
Obwohl die Sorge für den Lebensunterhalt bei den gleichen Stand kommen sollten. Die Ehe blieb eine
Männern lag, mussten Bäuerinnen oft bei Feld- und wirtschaftliche Gemeinschaft. Die Kirche machte
Erntearbeiten mithelfen, um die Existenz zu sichern. den Konsens der Partner zur Grundlage der
Die Arbeit der Bürgerfrauen in den Städten Eheschliessung. Die Vorstellung von monogamen,
beschränkte sich zwar ebenfalls weitgehend auf das von Gott als Sakrament gestifteten und daher
Haus, doch konnten sie bestimmte Handwerksberufe unauflöslichen Beziehung hat sich im Verlauf des
im Textilgewerbe ausüben und Handel treiben. Im Mittelalters in den christlichen Kulturkreisen
Spätmittelalter wurde bestimmt, dass eine Frau den durchgesetzt.
Handwerksbetrieb ihres verstorbenen Mannes
weiterführen durfte. In gewissen Städten konnten Aus: Grohmann, M. / Jäger, W.: Das Mittelalter. Materialien zur
Geschichte und Geschichtskultur einer Epoche. Berlin 2008, S.
sich Frauen sogar in Zünften organisieren. Eine 41.
Sonderstellung nahmen Hebammen und

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Vorwürfe und Verfolgungen
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3. Sind die Hexenverfolgungen generell ein Phänomen der Neuzeit oder lässt sich schon früher Ähnliches
beobachten? Beantworten Sie diese Frage mithilfe des folgenden Schemas.
M 7 Vorwürfe gegen Minderheiten

Quelle: zusammengestellt von J. Graf Adelmann

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M 8 Hexerei
M 8.1 Hexerei und Medizin
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Tausend Jahre hindurch war die Hexe der einzige
Arzt des Volkes. Die Kaiser, Könige, Päpste, die rei-
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chen Barone hatten einige Doktoren aus Salerno,
Mauren und Juden, aber die Masse jeden Standes, ja
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man könnte sagen in der Welt, fragte nur die Saga
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oder kluge Frau um Rat. Wenn sie nicht "heilte", be-
schimpfte man sie und nannte sie Hexe. Aber ge-
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wöhnlich belegte man sie aus einem mit Furcht ge-
mischtem Respekt mit dem Namen "gute Frau" oder
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"schöne Frau" (bella donna), derselbe Name, den
man den Feen gab.
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Quelle: J. Michelet, Die Hexe, S. 20

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M 8.2 Hexenprozesse als Einnahmequelle
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Nach einer Originalrechnung des Rats von
Zuckmantel vom 20. Oktober 1639 brachte das
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Einäschern von 11 Hexen 425 Reichstaler ein.
Davon empfing:
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der Bürgermeister 9 Taler 6 Groschen
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der Rat 9 Taler 6 Groschen
Hexen bei der Zubereitung von Zaubersalben; Holzschnitt 1571 Foto: AKG
der Vogt 18 Taler 6 Groschen
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die Gerichtsschöffen 18 Taler 6 Groschen
der Stadtschreiber 9 Taler 6 Groschen
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der Stadtdiener 9 Taler 6 Groschen
Der Überrest von 351 Talern und 23 Groschen
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wurde dem Fürstbischof von Breslau als dem Lan-
desherren eingehändigt.
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Quelle: nach Hausschild u.a., Katalog, S. 45
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4. Erläutern Sie, weshalb so viel mehr Frauen als Männer der Hexereianklage zum Opfer fielen? (T32/33, S.
125/126)
5. Was wird Ihnen vorgeworfen? Wofür werden diese verantwortlich gemacht?
6. Welche Rolle spielt hierfür das Handbuch der «Hexenhammer»? (Vgl. T32, S. 125 (132)
7. Gab es auch zeitgenössische kritische Stimmen, die sich gegen die Hexenprozesse erhoben? Waren diese
erfolgreich?

Beantworten Sie die oben aufgeführten Fragen auf der folgenden Seite mithilfe dieser Quellen a-e)

a) „...deshalb wollen wir zur zweiten Hauptfrage schreiten, und zwar zuerst, warum bei dem so gebrechlichen
Geschlechte diese Art der Verruchtheit mehr sich findet als bei den Männern. Das Wort femina nämlich kommt
von fe und minus (fe = fides, d.h. Glaube; minus = weniger; also femina = die weniger Glauben hat), weil sie
immer geringeren Glauben hat und bewahrt, und zwar aus ihrer natürlichen Auslegung zur Leichtgläubigkeit. Also
schlecht ist das Weib von Natur, da es schneller am Glauben zweifelt, was die Grundlage für Hexerei ist. (...)
Daher ist es kein Wunder, dass es eine solche Menge Hexen in diesem Geschlechte gibt. (...) Suchen wir nach, so
finden wir, dass fast alle Reiche der Erde durch die Weiber zerstört worden sind. (...) Gepriesen sei der Höchste,
der das männliche Geschlecht vor solcher Schändlichkeit bis heute bewahrte, da er in demselben für uns geboren
werden und leiden wollte, hat er es deshalb auch so bevorzugt.“
(Quelle: Jakob Sprenger, Heinrich Institoris. Der Hexenhammer. 1487)

b) „Nun, du fragst, was ich davon halte, ob die Hexen die Kühe austrocknen und ihnen die Milch nehmen können,
sodass sie keine Milch mehr geben, und können sie die Milch aus einem Stock oder Axtstiel melken? Ich sage: Ja,
durch die Hilfe des Teufels können sie es. Wie geht das vor sich? Es gibt eine gewisse Regel in dieser Sache, dass
nämlich der Teufel ein Ding von einem Ort an den anderen tragen kann, wenn es leiblich ist. Daher kommt es,
dass eine Hexe auf einer Gabel sitzt und diese mit Salbei einreibt und die Worte spricht, die sie sprechen soll, so
fährt sie dann dahin... Mit der Milch der einen Kuh macht er es auch, die mag er aus ihr nehmen, aus ihrem Leib
ziehen und an einen anderen Ort tragen, wenn er das Zeichen der Hexen sieht.“
(Quelle: der Straßburger Prediger Johann Geiler 1508 in einer seiner Fastenpredigten. In: Hansen, Joseph. Quellen und Untersuchungen zur
Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter).

c) „(...)Vor damals drei Jahren kehrt sie erzürnt von einem Besuch bei ihrer Tochter in Lunkhofen zurück. Auf der
Strasse kommt der böse Geist als Mannsperson in schwarzen Hosen und spricht sie auf ihren Kummer an. Seine
Avancen lehnt sie ab. Acht Tage später kommt es am selben Ort zur Verleugnung Gottes und zum Beischlaf, das
übergebene Geld ist nur Laub. Darnach Tanz mit drei von vier beim Hagelbrunnen unterm Blitzenbuch
anwesenden bösen Geistern und Beischlaf. Sie wird von diesen geschlagen. Schädigung von Mensch und Vieh
mittels einer vom Bösen übergebenen Salbe und mittels Angreifens. Erwirken von Regen auf Instruktion des
Bösen hin. Anwendung der Marter. Verbrennen bei lebendigem Leib.“
(Quelle: Prozessakte der verurteilten und hingerichteten Margaretha Füglistaller, 1611. In: Sigg, Otto (Hg.): Hexenprozesse mit Todesurteil.
Justizmorde der Zunftstadt Zürich. 2013. S. 130)

d) „Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden, denn sie richten viel Schaden an,
was bisweilen ignoriert wird, sie können nämlich Milch, Butter und alles aus einem Haus stehlen… Sie können
ein Kind verzaubern… Auch können sie geheimnisvolle Krankheiten im menschlichen Knie erzeugen, dass der
Körper verzehrt wird… Schaden fügen sie nämlich an Körpern und Seelen zu, sie verabreichen Tränke und
Beschwörungen, um Hass hervorzurufen, Liebe, Unwetter, alle Verwüstungen im Haus, auf dem Acker, über eine
Entfernung von einer Meile und mehr machen sie mit ihren Zauberpfeilen Hinkende, dass niemand heilen kann …
Die Zauberinnen sollen getötet werden, weil sie Diebe sind, Ehebrecher, Räuber, Mörder … Sie schaden
mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit
dem Satan haben.“
(Quelle: Martin Luthers Haltung über die Hexenverfolgung. Predigt vom 6. Mai 1526, WA 16, 551f.)

e) „Auf jedes noch so geringe Gerüchtchen schreiten die Fürsten mit Windeseile gleich zu gefährlichen
Folterungen. Ja, sie schleppen da auch Leute zur peinlichen Frage (Folter), die ganz allgemein im Ruf des
ehrenhaftesten, untadeligsten Lebenswandels stehen. (...) Die Fürsten sollten sich in erster Linie zur Aufgabe
machen, mit äusserster Tatkraft zusammen mit ihren Ratgebern dahin zu wirken, dass die Folter gemildert und
den Schuldlosen grösste Sicherheit gewährleistet werde (...). Die Nächstenliebe treibt mich an, mich mit allem
Eifer dafür ins Mittel zu legen, dass meine Befürchtung nicht wahr werde, ein unglückseliger Windhauch könne
die Flammen dieser Scheiterhaufen auch auf schuldlose Menschen übergreifen machen. Es ist kaum zu glauben,
was (...) unter dem Volke für Aberglauben, Missgunst, Verleumdung, Ehrabschneidung, heimliches Gerede und
dergleichen gilt. Die Obrigkeit bestraft diese Dinge nicht, und die Prediger rügen sie nicht. Sie sind es, die zu
allererst den Verdacht der Hexerei in die Welt setzen.“
(anonyme Quelle gegen die Hexenprozesse, ca. 1631. Sie wird dem Jesuitenpfarrer Friedrich Spee zugeordnet

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8. Was versteht man unter dem Begriff «kumulatives Hexenkonzept»?

Recherchieren Sie hierzu im Internet. Der «Schöpfer» dieses Konzepts, Brian P. Levack, mag hier eine erste
Anlaufstelle sein.

Unter dem kumulativen Hexenkonzept wird Folgendes den angeblichen Hexen vorgeworfen:
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9. Wie kam es zu einem Hexenprozess und wie lief dieser ab? Wer war alles beteiligt? Gibt es hier einen
idealtypischen Ablauf? Entwerfen Sie hierzu ein Schema!

Hören Sie sich unter folgendem Link den Podcast (22:46) „Unschuldig muss ich sterben“: Die Bamberger
Hexenprozesse 1590-1630. Dieser hier geschilderte Fall im heutigen Deutschland weist verschiedene spannende
Merkmale auf.

https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/die-bamberger-hexenprozesse-unschuldig-
muss-ich-sterben-1/1858845

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10. Wie sieht die Situation Zürich im Besonderen aus? Weshalb wurden kaum Frauen aus der Stadt Zürich der
Hexerei bezichtigt?
11. Was muss man sich damals unter dem Stadtstaat Zürich vorstellen? Wer sprach Recht, resp. was verstand
man damals unter der «Blutgerichtsbarkeit» und wer übte diese aus?
12. Welche Rolle spielte dabei die Kirche?

Beantworten Sie die oben aufgeführten Fragen mithilfe der folgenden Ausführungen Zur mittelalterlichen
Gerichtsbarkeit recherchieren Sie im Internet. Der angegebene Link auf S. 3 bietet ebenfalls viele Hinweise.

Hexenverfolgung auf Zürcher Hoheitsgebiet wenn eine Person sich in der Heilkunde auskannte,
speziell aussah oder sich «ungewöhnlich» verhielt.
Zwischen 1487 und 1701 sind im alten Stadtstaat
Zürich 84 Fälle von Hinrichtungen dokumentiert Die Vorwürfe stammten in der Regel aus der
(79 Frauen, 5 Männer). Abgesehen von einer Dorfgemeinschaft und waren häufig auf
Stadtzürcher Bürgerin stammten alle Opfer aus nachbarschaftliche Konflikte zurückzuführen, auf
Landgemeinden. Die unschuldigen Personen Misstrauen, Neid, aber auch auf wirtschaftliche Not
wurden im Wellenberg-Turm in der Limmat und Angst. So vermuten Forscherinnen und
gefoltert und nach erzwungenem Geständnis Forscher, dass die «kleine Eiszeit», die zu
hingerichtet. Missernten und Hungersnöten führte, zur markanten
Zunahme der Hexenprozesse um 1600 beigetragen
Der letzte Zürcher Hexenprozess fand im Jahr 1701 hatte. In vielen Fällen war eine Anschuldigung aber
statt. Sieben Frauen und einem Mann aus auch ein bequemes Mittel, um ein Problem aus der
Wasterkingen wurde von anderen Welt zu schaffen, etwa ausstehende
Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohnern Schadens- Schuldzahlungen (wie z. B. im Fall von Anna Suter
zauber vorgeworfen: Ein Ochse will den Pflug nicht aus Meilen, die Schulden ihres verstorbenen Manns
mehr ziehen, die Milch wird nicht zu Rahm, eine einforderte), missliebige Konkurrenz (wie z. B. im
Bäuerin hat die Haare voller Läuse, eine andere hat Fall von Margreth Bucher aus Oberwil bei Dägerlen,
Bauchschmerzen, einem Kind schwillt das Bein an, die als Heilerin vermutlich dem Dorfarzt in die
ein Stierkalb stirbt. Sie wurden verhaftet, in den Quere kam) oder ein uneheliches Verhältnis (wie z.
Gefängnisturm Wellenberg überführt und aufs B. im Falle von Anna Göldin, der «letzten Hexe
Schwerste gefoltert, bis sie gestanden, sich mit dem Europas»).
Teufel eingelassen zu haben. Eine der Frauen wurde
bei lebendigem Leibe verbrannt, die übrigen Folter als Mittel zur «Wahrheitsfindung»
Angeklagten wurden enthauptet und danach
verbrannt.
Bis die Gerüchte zu einer Verhaftung führten, konnte
es Jahre dauern. War es dann aber so weit, gab es für
Die Todesurteile für die sieben Personen aus die Frauen und Männer wenig Hoffnung. Sie wurden
Wasterkingen bilden das Ende einer dunklen Epoche von den staatlichen Behörden in den Wellenberg-
in der Geschichte des Zürcher Stadtstaats, der Turm gesperrt und der «Kleine Rat» übernahm als
geografisch zu grossen Teilen dem heutigen Kanton Malefizrat, als Strafgericht. Der Kleine Rat, der
entspricht. Über 80 Personen wurden im Zuge der gleichzeitig als Regierung, Parlament und
Hexenverfolgung hingerichtet, noch höher lag die Gerichtshof des Stadtstaats Zürich fungierte, setzte
Anzahl der Prozesse, die ohne Todesurteil endeten. sich aus 48 Ratsherren aus den Zünften und der
Zürich stand damit nicht alleine da. In ganz Europa Gesellschaft zur Constaffel (der früheren Zürcher
fanden in der frühen Neuzeit schätzungsweise 110 Oberschicht) zusammen. Der Rat teilte sich auf zwei
000 Hexenprozesse statt, rund 10 000 davon in der sich halbjährlich abwechselnde Ratsgruppen auf.
Schweiz. Zwischen 40 000 und 60 000 Personen Zwei Mitglieder der aktuell amtierenden Ratsgruppe
wurden in Europa insgesamt hingerichtet, die wurden jeweils als Untersuchungsrichter eingesetzt.
überwältigende Mehrheit davon waren Frauen. Diese führten die Verhöre durch, unterstützt von
einem Foltermeister, der die Angeklagten im
Viele Gründe für Anschuldigungen Wellenturm grausamsten Misshandlungen unterzog,
etwa der Streckfolter mit angehängten Gewichten.
Den betroffenen Personen wurden wie den Die Folter war damals ein übliches gerichtliches
Angeklagten aus Wasterkingen die wunderlichsten Mittel zur «Wahrheitsfindung». Ziel war ein
Dinge vorgeworfen: Sie hätten Tiere oder Menschen Geständnis der Angeklagten, dass sie sich körperlich
gelähmt oder erblinden lassen, sie hätten Kontrolle mit dem Teufel eingelassen hatten – denn erst darauf
über das Wetter, sie könnten sich in Tiere stand die Todesstrafe durch Verbrennen. Die
verwandeln und auf Stecken reiten oder sie hätten an ursprünglich geäusserten Vorwürfe spielten nur
Hexensabbaten teilgenommen. Oft reichte es schon, noch eine untergeordnete Rolle. Die Folter führte
dazu, dass die Angeklagten noch die irrwitzigsten
Vorwürfe gestanden und in der Not weitere

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unschuldige Personen beschuldigten. Sie alle (heutiges Chamhaus) gehörte. Damit unterscheidet
wurden unschuldig zum Tode verurteilt. sie sich von den meisten Opfern, die oft mittellos
waren. Sie lebte ein für Frauen zur damaligen Zeit
Die Kirche mischte mit unübliches, selbstständiges Leben, war in dritter Ehe
mit einem deutlich jüngeren Mann verheiratet und
Im damaligen Rechtsverständnis diente die Folter bestens vernetzt in der Zürcher Oberschicht. Sie
dazu, die Angeklagten mit Gott zu versöhnen. Ein wurde wegen ihres «gottlosen, unchristlichen und
Schuldbekenntnis war die Voraussetzung für die lasterhaften» Lebens 1546 zum Tode verurteilt,
Vergebung der Sünden. Viele Theologen dieser Zeit, nachdem sie sieben Jahre zuvor schon einmal
angeklagt und dank ihren guten Beziehungen
katholische und reformierte, unterstützten die
Hexenprozesse denn auch. Als Leitfaden mag den freigesprochen worden war. Konkret warf man ihr
Richtern der sogenannte «Hexenhammer» des unter anderem vor, ihren zweiten Ehemann Adam
Fry «unter dem Gürtel gelähmt» zu haben – obwohl
Dominikaners und Theologen Heinrich Kramers
gedient haben, eine eigentliche Anleitung für die dieser in jener Zeit mehrere uneheliche Kinder
Hexenverfolgung. Der Teufelsglaube der Kirche zeugte. Auf ihr «Vergehen» hätte auch der Feuertod
stehen können. Offenbar verteidigte sich Agatha
sowie die Vorstellung, dass man von Gott abfallen
Studler aber so geschickt, dass ihr dieser wie auch
kann, bildeten die Basis für die Hexenverfolgung.
Zürcher Pfarrer spielten auch bei den vorangehende Streckfolter erspart blieben.
Hexenprozessen selbst eine Rolle, indem sie die
Angeklagten besuchten und sie dabei zu Unüblich war auch, dass bei ihrer Verurteilung die
Geständnissen drängten – eine Rolle, die der Namen der Geschädigten nicht verlesen wurden.
reformierte Zürcher Kirchenrat 2001 verurteilt hat. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Stadt Zürich
damals wenige tausend, eng untereinander
Agatha Studler, ein untypisches Opfer verwandte und verschwägerte Einwohnerinnen und
Einwohnern zählte. Niemand wollte mit Hexerei in
Verbindung gebracht werden, selbst als Geschädigte
Die Verurteilten wurden bei lebendigem Leibe auf nicht. Auf dieses enge städtische
einer Kiesbank der Sihl verbrannt, in späteren Jahren Beziehungsgeflecht ist es wohl generell
wurden sie vermehrt gnadenhalber zuvor enthauptet. zurückzuführen, dass neben Agatha Studler kein
Angeklagte, die dem Vorwurf der Teufelsbuhlschaft weiteres Stadtzürcher Opfer der Hexenverfolgung
entgehen konnten, wurden in der Limmat ertränkt. bekannt ist.
So z. B. auch Agatha Studler, das einzige
Stadtzürcher Opfer der Hexenverfolgung. Agatha Quelle: https://www.stadt-
Studler war eine sehr wohlhabende Bürgerin, der das zuerich.ch/prd/de/index/stadtarchiv/bilder_u_texte/geschichte-
Haus zur Meerkatze an der Unteren Zäune 1 vor-ort/Hexenverfolgung.html

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13. Weshalb wird im Zusammenhang mit den Hinrichtungen heute von «Justizmorden» gesprochen?

Hierzu wird immer wieder Fall von Anna Göldin zitiert, der als erster Justizmord in die Geschichte einging.
Über diesen Begriff erfahren Sie hier mehr:

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/swr2-zeitwort-20200104-ein-hexenurteil-wird-als-
justizmord-entlarvt-100.html

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14. Wie steht die Schweiz im Vergleich zum benachbarten Ausland da? Lässt sich die Schweiz hier nahtlos
einordnen oder gibt es spezifische Eigenheiten?

Recherchieren Sie!
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15. Welche Erklärungen haben Historikerinnen und Historiker heute für dieses dunkle Kapitel der europäischen
Geschichte? Existiert ein monokausaler (= auf einer einzelnen Ursache zurückgehender) Erklärungsansatz?

a) „Was reichte als Grund zur Anklage aus? Alles. Wer konnte und musste Anzeige erstatten? Jedermann; auch
Fieberträume von Kranken waren bisher als Beweis zugelassen. Wen durfte die Anklage betreffen? Jeden, auch
Kinder, in der Hauptsache selbstverständlich Frauen und Mädchen. Stand eine Frau allein im Feld und ein
plötzliches Hagelwetter brach los: Hexerei! Hatte sie ausserdem gegen irgendjemanden, dessen Felder ebenfalls
verhagelt waren, irgendwann –und sei es vor Jahren- eine bedrohliche Äusserung getan, so zweifelte niemand
mehr an ihren Hexenkünsten, sondern glaubte nur, sie hätte jenem Betreffenden den Hagel aufs Feld geholt.
Gutes Gedeihen der eigenen Haustiere: Hexerei. Guter Erntetag: Hexerei...
Ungewöhnlicher Fleiss, hervorragende Sauberkeit. Hexerei. Mehr Glück bei den Männern als die Nachbarstochter:
Hexerei! – Anderseits legte Heimatlosigkeit, ein abstossendes Äusseres, unstetes Leben, Neigung zu
gefahrdrohenden Schimpfwörtern, übler Körpergeruch, Muttermale und Warzen den Verdacht auf Hexerei nahe.“
(Quelle: E. Orthbandt, Das deutsche Abenteuer, 1960. S. 617.)

14
b) „Die Hexenverfolgung war vor allem ein Geschäft. Das Vermögen der Opfer wurde beschlagnahmt und verteilt.
Oft verdiente der Landesherr, öfter ein Denunziant. Richter und Schreiber, Folterer und Henker bekamen ihren
Teil aus dem Besitz der Opfer. Ein Beobachter sagte um 1590: „Sie hofften, aus der Asche ihrer Opfer Reichtum
zu gewinnen.“
(Quelle: unbekannt)

c) „Die Hexenprozesse erfüllten vor allem die Aufgabe, Sündenböcke für alle Leiden des Alltags zu finden und
zu bestrafen. Die zahlreichen unwetterbedingten Missernten von 1562 bis ca. 1630 und der starke Preisanstieg für
Nahrungsmittel wurde mit dem Wirken der Hexen erklärt. Die Hexen waren nach der Meinung der Menschen auch
schuld an der Armut, an Todesfällen und an Kriegszügen.“
(Quelle: unbekannt)

d) „Der Hexenwahn stellte nur die höchste Zuspitzung einer jahrhundertelangen Frauenverachtung der Kirche dar.
Vor allem die mittelalterlichen Mönche, die in Keuschheit und Ehelosigkeit gelebt hatten, verachteten die Frauen
als minderwertig.“
(Quelle: unbekannt)

e) „Die Hexenverfolgungen galten den weisen Frauen, die mit Kräutern Leiden heilten, Krankheiten besprachen,
Liebestränke und heilende Säfte brauten. Besonders wurden die Hebammen verfolgt. Sie besassen damals typisch
weibliches Wissen über Verhütung und Abtreibung. Auch der neue Berufsstand der Ärzte, zu denen Männer an
Universitäten jetzt ausgebildet wurden, waren Gegner der weisen Frauen und Hebammen. Sie sahen in ihnen eine
Konkurrenz.“
(Quelle: unbekannt)

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Teil B: Archivführung und Quellenrecherche im Staatsarchiv Zürich

1. Archivführung
Im Rahmen unseres Besuches im Staatsarchiv Zürich erhalten Sie eine Führung durch das Archiv. Dabei werden
Sie viel Neues und Spannendes erfahren. Achten Sie sich während der Führung auf eine der Fragen, die Sie als
Zweierteam zugewiesen bekommen. Sie haben die Aufgabe, diese Frage im Anschluss in der Schule schriftlich
zu beantworten.

1. Welche Quellengattungen werden im Staatsarchiv aufbewahrt?


2. Wie kommen die Quellen ins Archiv?
3. Was geschieht mit den Quellen, wenn sie im Archiv ankommen?
4. Wie werden Quellen im Archiv aufbewahrt?
5. Werden auch Quellen aussortiert und vernichtet? Wer entscheidet darüber?
6. Wie kann man die Quellen im Archiv so aufbewahren, dass man sie auch wieder findet, wenn man sie
braucht?
7. Wer hat ein Interesse daran, die Quellen im Archiv zu nutzen?
8. Warum gibt es Archive? Welche Funktion haben sie in unserer Gesellschaft?

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2. Originalquellen zu vier Zürcher «Hexen»-Prozessen

Wir schauen uns Quellen zu vier sog. Hexenprozessen an:

1. Prozess: Frau Ursula Baltassin von Weiach, 1616


Signatur der Originalquelle im Staatsarchiv: B VI 266a, fol. 139 f., 6. Januar 1616
Transkript: Sigg, Otto: Nr. 53, S. 146 f.
Hintergrundinformation: Letsch, Walter, Dm 705, S. 86 ff.

2. Prozess: Anna Leemann von Küsnacht, 1622


Signatur der Originalquelle im Staatsarchiv: B VI 267, fol. 98 f., 9. Mai 1622
Transkript: Sigg, Otto: Nr. 56, S. 153 ff.
Hintergrundinformation: Letsch, Walter, Dm 705, S. 86 ff.

3. Prozess: Adelheita Düggeli von Goldbach, 1590


Signatur der Originalquelle im Staatsarchiv: B VI 264, fol. 86v. f., 26. August 1590
Transkript: Sigg, Otto: Nr. 25, S. 71 ff.
Hintergrundinformation: Letsch, Walter, Dm 705, S. 86 ff.

4. Elsbetha Rutschmann von Wasterkingen, 1701


Signatur der Originalquelle im Staatsarchiv: B VI 274, fol. 24, 9. Juli 1701
Transkript: Sigg, Otto: Nr. 72, S. 199-204, 227-228
Hintergrundinformation: Meili: Hexen in Wasterkingen Dd 42.19 (1)

Auftrag:

a) Versuchen Sie zuerst selbst, die Originalquelle zu entziffern.


b) Schauen Sie Sich danach das Blatt mit der gedruckten Version an. Wieviel davon können Sie verstehen?
c) Fotografieren Sie die Originalquelle.
d) Gebt den anderen Gruppen eine kurze Zusammenfassung eures Falls:

• Die drei Ws - Wer, wann, wo?


• Welche Personen tauchen in der Quelle auf? Wie ist ihr Verhältnis zueinander? Wer sind die Ankläger /
wer sind die Angeklagten (Beruf, gesellschaftliche Stellung, etc.)?
• Welche sind die Vorwürfe an die angeklagten Frauen? Was passiert mit der Verurteilten?

e) Habt ihr verstanden, worum es geht, oder gibt es inhaltliche Fragen?


f) Diskutiert die Gemeinsamkeiten, bzw. Unterschiede der vier Fälle:

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Teil C: Referatsthemen

1. Der niederländische Arzt Johannes Weyer: Mutige Kritik am Hexenhammer. Inwiefern mutet diese
Kritik «modern» an? T34 S. 126/127.
2. Hexen und Hexer: Inwiefern wurden auch Männer der Hexerei bezichtigt? Weshalb? Unterschieden
sich die Vorwürfe im Vergleich mit den der Hexerei beschuldigten Frauen?
3. Gibt es regionale und konfessionelle Unterschiede? Hexenverfolgung im Kanton Luzern im Vergleich
mit der Situation in Zürich.
4. Bis heute ist die Forderung nach einem Mahnmal für die Opfer der Hexenverfolgung in Zürich nicht
umgesetzt. Gehen Sie der Frage nach, inwiefern ein solches Mahnmal sinnvoll ist und welche Aufgabe
ein solches Mahnmal für die heutige Gesellschaft haben soll? Weshalb regte sich dagegen Widerstand?
Was für Argumente gegen ein Mahnmal wurden vorgebracht? Wie wurde darauf geantwortet?
5. Entwerfen Sie ein Mahnmal für die Opfer der Hexenverfolgung in Zürich. Orientieren Sie sich dabei an
bereits realisierten Projekten, bspw. in Basel, in Glarus oder Luzern.
6. Hexen werden in Europa schon lange nicht mehr verfolgt. Doch gilt dies auch für die restliche Welt? In
welchen Regionen der Welt gibt es heute noch «Hexenjagden»? Was wird den «Hexen» heute
vorgeworfen? Erkennen Sie Parallelen zur Phase der Neuzeit?
7. Die Folter ist gemäss diversen internationalen Abkommen (Bspw. Allgemeine Erklärung der
Menschenrecht 1948, Europäische Anti-Folter-Konvention 1987) und nationalen Gesetzgebungen
geächtet. Demokratische Rechtstaaten distanzieren sich in aller Form. Trotzdem wird heute noch
gefoltert, teils auch in Demokratien. Was wird heute darunter verstanden? Wo wird die Folter heute
noch praktiziert? Wie wird diese gerechtfertigt?
8. Macht euch mit dem bekannten Märchen "Hänsel und Gretel" vertraut. Wie endet das Märchen? Wie
verhalten sich Hänsel und Gretel nach dem Tod der Hexe? Wie bewertet ihr das Märchen nachdem ihr
die Sendung über die Hexenjagd in Bamberg gehört habt?

Sie bilden 2er- und 3er-Gruppen und bearbeiten das Ihnen zugewiesene Thema. Ihr Produkt umfasst eine kurze
Präsentation von mind. 6 – 8 Minuten. Über die Art und Weise, wie Sie als Gruppe ihre Erkenntnisse der Klasse
näherbringen, sind Sie frei. Dies kann klassisch eine Power-Point- oder Prezi-Präsentation umfassen, mittels
Podcast, Film oder MindMap geschehen. Sie fassen Ihre Erkenntnisse in einem Word-Dokument (1 A4-Seite)
zusammen, das auf MS Teams abgelegt wird.

Literaturverzeichnis und Weblinks


• Letsch, Walter: Hexen am Zürichsee und anderswo, in: Küsnachter Jahrheft 2015.
• Meili, David: Hexen in Wasterkingen: Magie und Lebensform in einem Dorf des frühen 18. Jahrhunderts,
Wetzikon 1979 (Dd 42.19 (1)
• Sigg, Otto: Hexenmorde Zürichs und auf Zürcher Gebiet: Nachträge und Ergänzungen zur Dokumentation
2012: auch ein Beitrag zum Jubiläum 500 Jahre Zürcher Reformation, Hettlingen 2019 (Dg 2019).
• Sigg, Otto: Hexenprozesse mit Todesurteil: Justizmorde der Zunftstadt Zürich: vom bösen Geist in Stadt
und Land Zürich und im aargauischen Kelleramt - Dokumentation zu den 79 mit Todesurteil endenden
sogenannten Hexenprozessen im Hoheitsgebiet der Stadt Zürich 1487-1701, Zürich 2012 (Dg 1308).

Weiterführende Weblinks:
• https://hls-dhs-dss.ch
• https://www.srf.ch/news/schweiz/hexenverfolgung-luzerner-opfer-der-hexenprozesse-erhalten-ein-mahnmal
• https://www.gemeinderat-zuerich.ch/Geschaefte/detailansicht-geschaeft/Dokument/faf14ea7-bba2-4178-
b82e-d996992abce7/2013_0427%20Protokollauszug%20substanziell.pdf

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