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Projektmanagement

in der Automobilindustrie
Gerhard Hab • Reinhard Wagner

Projektmanagement
in der Automobilindustrie
Effizientes Management
von Fahrzeugprojekten
entlang der Wertschöpfungskette

4., überarbeitete und aktualisierte Auflage


Gerhard Hab Reinhard Wagner
Augsburg, Deutschland Andechs, Deutschland

ISBN 978-3-8349-4368-2 ISBN 978-3-8349-4369-9 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-8349-4369-9

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Lektorat: Susanne Kramer, Renate Schilling

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Vorwort zur 4. Auflage

Die Automobilindustrie hat in den letzten beiden Jahren wieder zur gewohnten Stärke
zurückgefunden. Die konjunkturelle Delle der Jahre 2008 und 2009 mit dramatischen
Absatzeinbrüchen in nahezu allen Segmenten und Ländern scheint vergessen zu sein.
Allerdings hat der Markt in Nordamerika noch längst nicht zur alten Stärke zurückge-
funden. Zudem schwächelt der Absatz im krisengeschüttelten Westeuropa. Selbst das
außergewöhnliche Wachstum in China scheint sich langsam aber sicher dem Ende
zuzuneigen. Neue, attraktive Absatzmärkte abseits von Triade und BRIC-Staaten sind
erst im Entstehen.

Es kommt heute also vor allem auf ein überzeugendes Angebot und ein geschicktes
Management an, um im internationalen Verdrängungswettbewerb erfolgreich zu sein -
und beides scheint bei den meisten Unternehmen der deutschen Automobilindustrie
momentan reichlich vorhanden zu sein! In Manager-Magazinen häufen sich Berichte
über die Stärken deutscher Unternehmen und ihrer Manager. Vom Streben nach Qua-
lität und Perfektion, von Präzision, Verlässlichkeit und von der Liebe zum Detail ist
dann die Rede. Dabei wird häufig vergessen, dass es in der heutigen Zeit nicht mehr
ausreicht, nur technisch perfekt zu sein, sondern es immer mehr auch auf die Fähig-
keit zum Management der Projekte ankommt.

Innovative und qualitativ hochwertige Fahrzeuge müssen in kurzer Zeit unter Einsatz
möglichst geringer Ressourcen auf den Markt gebracht werden. Eine Sisyphusarbeit,
die höchste Professionalität erfordert. Erfreulicherweise haben viele Unternehmen in
den letzten Monaten wieder verstärkt ins Projektmanagement investiert. Neben der
Weiterbildung der Projektmanager werden zunehmend auch die Verbesserung inner-
betrieblicher Projektmanagement-Standards sowie das Multiprojektmanagement als
wichtige Hebel zur Steigerung von Effektivität und Effizienz gesehen. Das sind ermu-
tigende Signale, allerdings bleibt noch viel zu tun.

Die 4. Auflage von „Projektmanagement in der Automobilindustrie“ zeigt praxisorien-


tierte Lösungen für die Branche auf. Neben dem Management einzelner und mehrerer
Projekte sowie der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit in Projekten zeigt
es auch auf, wie Projektmanagement eingeführt und optimiert werden kann. Damit
kann die deutsche Automobilindustrie sicher ihre Erfolgsgeschichte fortschreiben ...

Augsburg, im September 2012 Gerhard Hab


Reinhard Wagner

V
Vorwort zur 1. Auflage

Schon wieder ein Buch zum Projektmanagement? So könnte der erste Eindruck bei der
flüchtigen Lektüre des Titels sein. Wir wollten aber nicht der großen Zahl an PM-
Fachliteratur noch ein weiteres Grundlagen-Werk hinzufügen. Vielmehr ging es uns
darum, einen praxisorientierten Leitfaden über das Projektmanagement in einer spezi-
fischen Branche, nämlich der Automobilindustrie, zu schreiben – ein weißer Fleck in
der Fachliteratur, wie wir festgestellt haben! Damit wollen wir den Fach- und Füh-
rungskräften bei Automobilherstellern, -zulieferern und -dienstleistern spezifisches
Know- how für die Praxis im Projektmanagement zur Verfügung stellen.

Die Automobilindustrie ist eine der wichtigsten Industriezweige in Deutschland. Mehr


als 5 Millionen Menschen finden direkt oder indirekt ihre Beschäftigung durch das
Auto. Auch in Zukunft wird sich an dieser Spitzenstellung sicherlich nicht viel ändern.
Dennoch steht die Automobilindustrie auch hierzulande unter großem Druck. Durch
eine Sättigung in den wichtigsten Absatzmärkten (USA, Japan, Westeuropa) sind die
Automobilhersteller gezwungen, Fahrzeuge in immer kürzeren Abständen zu günsti-
gen Preisen und in hoher Qualität auf den Markt zu bringen. Projektmanagement wird
deshalb zur Schlüsseldisziplin. Leider fehlt es aber den meisten Unternehmen der
Branche an der konsequenten Umsetzung bekannter Konzepte oder der Anpassung
vorhandener Systeme an die veränderten Rahmenbedingungen. Dies stellt eine zu-
nehmende Herausforderung im globalen Wettbewerb dar.

In Kapitel 1 haben wir deshalb die wichtigsten Trends in der Automobilindustrie so-
wie die Anforderungen und Erfolgsfaktoren für das Projektmanagement dargestellt.
Auf dieser Basis entwickeln wir dann in den zentralen Kapiteln 2 bis 4 die aus unserer
Sicht wichtigsten Aspekte des Projektmanagements in der Automobilindustrie. Kapitel
2 beschäftigt sich mit dem Management von einzelnen Automotive-Projekten („Single-
Projektmanagement“), Kapitel 3 mit dem Management von mehreren Automotive-
Projekten („Multi-Projektmanagement“) und Kapitel 4 mit dem Management von
unternehmensübergreifenden Automotive-Projekten („Cross-Company-Collaboration-
Projektmanagement“). Zur besseren Orientierung haben wir einen einheitlichen Auf-
bau der Kapitel gewählt, der neben den wichtigsten Rahmenbedingungen auch die
einzelnen Phasen im Projektablauf wiedergibt. Kapitel 5 fasst die wesentlichen Aussa-
gen des Buches noch einmal zusammen und zeigt die zukünftigen Herausforderungen
für das Projektmanagement in der Automobilindustrie auf.

VI
Vorwort zur 1. Auflage

In dieses Buch sind unsere langjährigen Erfahrungen im Projektmanagement in der


Automobilindustrie eingeflossen. Dabei haben wir die Erlebnisse aus der operativen
Praxis genauso verarbeitet wie die Erkenntnisse aus unserer momentanen Tätigkeit als
Berater, Trainer oder Coach in unterschiedlichen Unternehmen der Branche. An ver-
schiedenen Stellen des Buches verweisen wir auf die von uns im letzten Jahr gemein-
sam mit dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) durch-
geführten Studie „Automobilentwicklung in Deutschland - wie sicher in die Zu-
kunft?“, die wertvolle Aussagen zum Projektmanagement liefert. Schließlich haben
wir auch als Leiter der Fachgruppe „Automotive-Projektmanagement“ der GPM
Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. von den intensiven Gesprächen mit
zahlreichen Experten der Branche profitiert. Dadurch entstand ein rundes Bild von
den aktuellen Herausforderungen und sinnvollen Lösungsansätzen in der Automobil-
industrie.

An dieser Stelle möchten wir uns deshalb bei all denjenigen bedanken, die uns dabei
geholfen haben diese Erfahrungen zu sammeln oder mit uns im Dialog über das The-
ma Projektmanagement waren. Wir würden uns natürlich sehr freuen, diesen Dialog
auch in Zukunft weiter fortzuführen. Vieles ist noch nicht zu Ende gedacht und nur
durch eine intensive Auseinandersetzung werden wir es gemeinsam zur Reife bringen.
Wir freuen uns über alle Anregungen und Rückmeldungen.

Besonderer Dank gilt unseren Familien, die es uns ermöglicht haben, neben dem nor-
malen Tagesgeschäft an diesem Buch zu arbeiten.

Augsburg, im Oktober 2004 Gerhard Hab


Reinhard Wagner

VII
Geleitwort zur 1. Auflage

Es gibt "zwei Dinge, auf denen das Wohlgelingen in allen Verhältnissen beruht. Das
eine ist, dass Zweck und Ziel der Tätigkeit richtig bestimmt sind. Das andere aber
besteht darin, die zu diesem Endziel führenden Handlungen zu finden." Das sagte der
griechische Philosoph Aristoteles. Offenbar wusste man also schon vor fast 2.000 Jah-
ren, was Projektmanagement im Kern bedeutet. Im Grunde hat diese Definition nichts
an Aktualität verloren. Nur die Projekte sind komplexer geworden, wobei dieser Pro-
zess heute durch die Globalisierung kräftig angetrieben wird.

Das gilt auch für die Automobilindustrie, die als Global Player diese Entwicklung zum
einen mit voranbringt und gestaltet und zum anderen ganz entscheidend von ihr
geprägt wird. So durchläuft unsere Branche strukturelle Umwandlungsprozesse, die
sich auf alle Bereiche von der Produktentstehung bis hin zum Vertrieb auswirken. Der
Wettbewerbsdruck wird stärker. Innovations- und Marktzyklen werden kürzer.
Marktspezifische Produkte müssen in kürzerer Zeit zu attraktiven Preisen und in
hervorragender Qualität entwickelt und auf den Markt gebracht werden. Zudem gilt
es in unserer globalen Branche, geographische, zeitliche, kulturelle und sprachliche
Barrieren zu überwinden. Diese neuen Herausforderungen kann man nur schwer oder
gar nicht mit klassischen Vorgehensweisen in Angriff nehmen und umsetzen. Genau
so, wie sich Produkte verändern und an die Ansprüche der Kunden angepasst wer-
den, müssen auch die Prozesse, die bei der Produktidee beginnen und sich über die
Entwicklung und Produktion bis hin zur Vermarktung ziehen, neu gesteuert werden.

Was ist heute wichtig? Voraussetzung ist zuerst einmal, dass die Bedeutung eines
effektiven Projektmanagements erkannt wird. Außerdem muss das Projekt mit dem
entsprechenden Zeitvorlauf in Gang gebracht werden, damit der Projektmanager -
weil zu spät eingesetzt - nicht zum Trouble Shooter wird. Das würde letztlich wie in
einer Kettenreaktion zu noch mehr Feuerlöschaktionen führen. Dann kommt es darauf
an, Projektziele klar zu definieren und zeitgemäße Methoden und Organisationsfor-
men zum Einsatz zu bringen. Projektcontrolling, Qualitätsmanagement oder Risiko-
management sind hier wichtige Teilbereiche des Projektmanagements. Es geht aber
auch - und das darf nicht unterbewertet werden - um Mitarbeiterführung, Motivation
und Kommunikation.

All dies stellt neue Herausforderungen an das in unserer Branche weit verbreitete
Berufsbild des Ingenieurs, das ohnehin schon lange nicht mehr dem Cliché des einsa-
men Tüftlers und Entwicklers entspricht. Besonders in global tätigen Unternehmen
müssen Ingenieure aber noch weiter über den Tellerrand ihres Fachgebietes hinaus-
schauen und die Aufgaben von Projektmanagern übernehmen.

IX
Geleitwort zur 1. Auflage

Damit sind sie nicht mehr nur für einzelne fachliche Komponenten, sondern für ein
Projekt in seiner Ganzheit - für Kosten, Technik, Termine, Qualität und Kundenzufrie-
denheit - verantwortlich.

Das kann nur dann zum Erfolg führen, wenn das Projektmanagement akzeptiert und
mit den gewachsenen Strukturen eines Unternehmens in Einklang gebracht wird so-
wie Projektmanager ausgebildet und gefördert werden. Für die Automobilindustrie
sind aufgrund ihrer Internationalität und ihrer Rolle als Schwergewicht in Sachen
Wirtschaftskraft, aber auch wegen des scharfen Wettbewerbs und der hohen Taktzah-
len, in denen hier agiert wird, effizientes Projektmanagement und fähige Projektma-
nager der Schlüssel für den künftigen Erfolg. Das Potenzial an fähigen Mitarbeitern ist
zweifellos vorhanden und der Bedarf noch nicht gedeckt.

Dieses Buch gibt einen Einblick in die zentralen Elemente des modernen Projektmana-
gements und soll helfen, diese in einem Unternehmen zu etablieren und weiterzuent-
wickeln. Ich hoffe, dass die Leser den einzelnen Beiträgen viele zündende Ideen ent-
nehmen und diese nutzbringend in die Praxis umsetzen können.

Frankfurt am Main, im Oktober 2004 Prof. Dr. Bernd Gottschalk

Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA)

X
Inhaltsübersicht

Vorwort V

Geleitwort IX

Inhaltsübersicht XI

Inhaltsverzeichnis XIV

Abkürzungsverzeichnis XXI

1. Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche 1

1.1 Wichtige Trends in der Automobilindustrie 3

1.2 Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobilindustrie 9

1.3 Projektmanagement-Erfolgsfaktoren in der Automobilindustrie 17

2. Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“) 23

2.1 PM-Erklärungsmodell und Einordnung in Prozesse der

Automobilindustrie 26

2.2 Organisation im Automotive-Projekt 33

2.3 Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Automotive-

Projekt 46

2.4 Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt 62

2.5 Projektplanungsphase 108

2.6 Projektsteuerungsphase, Änderungs- undmanagement 144

2.7 Projektabschlussphase 188

3. Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“) 195

3.1 Erklärungsmodell des Multi-Projektmanagements 199

3.2 Organisation des Multi-Projektmanagements 203

XI
Inhaltsübersicht

3.3 Kommunikation und Zusammenarbeit in der Multi-Projektumgebung 220

3.4 Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM

(Projektportfolio-Management) 223

3.5 Prozess und Methoden des operativen Multi-PM

(Programm-Management) 238

3.6 Prozess und Methoden des Ressourcenmanagements 245

4. Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“) 253

4.1 Bedeutung unternehmensübergreifender Projektarbeit 253

4.2 Organisationsformen für die Projektarbeit in vernetzten Strukturen 256

4.3 Projektarbeit im Spannungsfeld von Kooperation und Wettbewerb 267

4.4 Projektziele und Anforderungen gemeinsam definieren 278

4.5 Unternehmensübergreifende Planung („Cross Company Planning“) 288

4.6 Integrierte Projektsteuerung im C3PM 298

4.7 Aus unternehmensübergreifenden Projekten lernen 311

5. Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln 317

5.1 Organisationale Kompetenz – ein ganzheitlicher Ansatz 317

5.2 Analyse und Bewertung der Organisationalen PM-Kompetenz 319

5.3 Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz 327

5.4 Kontinuierliche Verbesserung der Organisationalen PM-Kompetenz 347

6. Fazit und Ausblick 353

6.1 Mit Projektorientierung und professionellem Projektmanagement


zum Erfolg 354

6.2 Zukünftige Herausforderungen 356

XII
Inhaltsübersicht

Literaturverzeichnis 365

Abbildungsverzeichnis 373

Stichwortverzeichnis 385

Die Autoren 393

XIII
Inhaltsverzeichnis

Vorwort V

Geleitwort IX

Inhaltsübersicht XI

Inhaltsverzeichnis XIV

Abkürzungsverzeichnis XXI

1. Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche 1

1.1 Wichtige Trends in der Automobilindustrie 3

1.2 Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobilindustrie 9

1.3 Projektmanagement-Erfolgsfaktoren in der Automobilindustrie 17

2. Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“) 23

2.1 PM-Erklärungsmodell und Einordnung in Prozesse der


Automobilindustrie 26

2.2 Organisation im Automotive-Projekt 33

2.2.1 Projektleitung als zentrale Führungsfunktion 33

2.2.2 Projektorganigramm als Instrument der Rollenklärung 36

2.2.3 Einbindung in die Unternehmensorganisation 41

2.2.4 Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung der Projekt-

beteiligten 44

2.3 Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt 46

2.3.1 Zusammenarbeit im Team fördern 47

2.3.2 Kommunikation im Projekt regeln 53

2.3.3 Kommunikation in internationalen Teams als Herausforderung 57

2.3.4 Informationsfluss im Projekt gestalten 60

XIV
Inhaltsverzeichnis

2.4 Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt 62

2.4.1 Einführung und Überblick zur Definitionsphase 62

2.4.2 Frontloading als Projektmanagement-Strategie 66

2.4.3 Auftragsklärung und Projektumfeldanalyse 68

2.4.4 Projektübergabe 70

2.4.5 Projektstartklausur / -workshop 72

2.4.6 Zielklärung und Lastenheft 75

2.4.7 Projektergebnisstruktur (Produkt- bzw. Anlagenstruktur) 85

2.4.8 Phasen- und Meilensteinplan 88

2.4.9 Businessplan, Wirtschaftlichkeit und Angebotskalkulation 96

2.4.10 Auftaktworkshop / externer Kick-Off 103

2.4.11 Interner Projektauftrag 105

2.4.12 Kick-Off Meeting intern 107

2.5 Projektplanungsphase 108

2.5.1 Einführung 109

2.5.2 Planungsworkshop 112

2.5.3 Projektstrukturplan 112

2.5.4 Arbeitspakete 115

2.5.5 Terminplan 118

2.5.6 Feinterminplan 124

2.5.7 Kapazitäts-/Ressourcenbedarfsplanung 125

2.5.8 Kostenplanung / Kalkulation 127

2.5.9 Optimierung der Projektplanung 131

2.5.10 Risikomanagement 133

2.6 Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement 144

2.6.1 Überblick Projektcontrolling und Projektsteuerung 144

2.6.2 Systematik der Projektsteuerung 145

2.6.3 Termin- und Fortschrittskontrolle 147

2.6.4 Terminprognose mit der Meilensteintrendanalyse 153

XV
Inhaltsverzeichnis

2.6.5 Kostenkontrolle und Mitkalkulation 156

2.6.6 Reifegradcontrolling Produkt und Prozess 158

2.6.7 Analyse der Abweichungen und Einleiten von Steuerungs-

maßnahmen 162

2.6.8 Steuerungsmaßnahmen 164

2.6.9 Projektstatusbesprechung 169

2.6.10 Projekt-Reporting / Berichtswesen 175

2.6.11 Änderungs- und Claimmanagement 180

2.7 Projektabschlussphase 188

2.7.1 Projektabschlussaktivitäten im Überblick 188

2.7.2 Das Projektabschlussgespräch (Review) 190

2.7.3 Der Projektabschlussbericht 193

3. Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“) 195

3.1 Erklärungsmodell des Multi-Projektmanagements 199

3.1.1 Abgrenzung strategisches und operatives Multi-

Projektmanagement 200

3.1.2 Begriffsklärung Projektportfolio-Management 201

3.1.3 Begriffsklärung Programm-Management 202

3.2 Organisation des Multi-Projektmanagements 203

3.2.1 Rolle des (strategischen) Multi-Projektmanagers 203

3.2.2 Organisatorische Einbindung des Multi-Projektmanagements

im Automobilunternehmen 207

3.2.2.1 Projektmanagement-Office als organisatorische Heimat des

Multi-Projektmanagements 208

3.2.3 Gremien im Multi-Projektmanagement 212

3.2.3.1 Der strategische Projektausschuss (Projektportfolio-Board) 213

3.2.3.2 Der Projektsteuerkreis als operatives Lenkungsgremium

im Multi-Projektmanagement 216

XVI
Inhaltsverzeichnis

3.2.3.3 Die Projektleiter-Runde als Plattform für das projekt-

übergreifende Wissensmanagement 218

3.3 Kommunikation und Zusammenarbeit in der Multi-Projekt-Umgebung 220

3.4 Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM

(Projektportfolio-Management) 223

3.4.1 Der zyklische Prozess des Projektportfolio-Managements 223

3.4.2 Projektportfolio-Initiierung 224

3.4.3 Projektportfolio-Planung 227

3.4.4 Projektportfolio-Controlling 232

3.4.5 Projektportfolio-Bereinigung 236

3.4.6 Softwareunterstützung 237

3.5 Prozess und Methoden des operativen Multi-PM

(Programm-Management) 238

3.5.1 Struktur und Organisation von Programmen in der Automobil-

industrie 238

3.5.2 Der Prozess des Programm-Managements 240

3.5.3 Programm-Initiierung 241

3.5.4 Programm-Planung und Programm-Controlling 242

3.5.5 Programm-Abschluss 244

3.6 Prozess und Methoden des Ressourcenmanagements 245

3.6.1 Systematik und Organisation des Ressourcenmanagements 245

3.6.2 Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Ressourcenmanagement 247

3.6.3 Gezielte Planung von Engpass-Ressourcen 249

3.6.4 Ablauf des Ressourcenmanagements 250

4. Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“) 253

4.1 Bedeutung unternehmensübergreifender Projektarbeit 253

4.2 Organisationsformen für die Projektarbeit in vernetzten Strukturen 256

4.2.1 Das Projekthaus als zentrale Drehscheibe 258

XVII
Inhaltsverzeichnis

4.2.2 Projekte - virtuell realisiert 260

4.2.3 Resident Engineering 263

4.2.4 Instanzen zur übergeordneten Projektsteuerung 264

4.2.5 Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in

unternehmensübergreifenden Projekten 266

4.3 Projektarbeit im Spannungsfeld von Kooperation und Wettbewerb 267

4.3.1. Coopetition – widersprüchliche Interessen in der

Projektarbeit balancieren 271

4.3.2. Kulturelle Rahmenbedingungen im C3PM 273

4.3.3. Rolle der Verständigung im C3PM 275

4.3.4 Neue Anforderungen an die Mitarbeiter im C3PM 276

4.4 Projektziele und Anforderungen gemeinsam definieren 278

4.4.1 Kooperativer Zielvereinbarungsprozess 278

4.4.2 Collaborative Project Scorecard 281

4.4.3 Vom Zielkonflikt zur Zielverträglichkeit 285

4.5 Unternehmensübergreifende Planung („Cross Company Planning“) 288

4.5.1 Synchronisation von Herstellern und Zulieferern 289

4.5.2 Von der gemeinsamen Kostenzielermittlung zur individuellen

Kostenplanung 294

4.5.3 Absicherung von Kooperationsrisiken 296

4.6 Integrierte Projektsteuerung im C3PM 298

4.6.1 Übergeordnete Steuerung von unternehmensübergreifenden

Projekten 299

4.6.2 Reifegradmessung als Grundlage der integrierten Projekt-

steuerung 301

4.6.3 Konfigurations- und Änderungsmanagement als Schlüssel-

disziplinen im C3PM 303

4.6.4 Berichtswesen im C3PM 309

XVIII
Inhaltsverzeichnis

4.7 Aus unternehmensübergreifenden Projekten lernen 311

4.7.1 Barrieren auf dem Weg zum kooperativen Lernen 312

4.7.2 Kompetenzentwicklung in Projekt-Netzwerken der Automobil-

industrie 313

4.7.3 Voraussetzungen für kooperatives Lernen 315

5. Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln 317

5.1 Organisationale Kompetenz – ein ganzheitlicher Ansatz 317

5.2 Analyse und Bewertung der Organisationalen PM-Kompetenz 319

5.2.1 Analyse der Ausgangssituation 320

5.2.2 Abgrenzung des Betrachtungsbereichs 321

5.2.3 Projektmanagement-Assessment 322

5.3 Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz 327

5.3.1 Organisation und Planung 328

5.3.2 Bestandsaufnahme und Standortbestimmung 330

5.3.3 Soll-Konzeption und Realisierungsplanung 333

5.3.3.1 Strategischer Fit des Projektmanagements 334

5.3.3.2 Synchronisation der Prozesslandschaft 338

5.3.3.3 Balancierung von Projekt- und Linienorganisation 339

5.3.3.4 Schaffung einer projektfreundlichen Kultur 340

5.3.4 Implementierung und Erfolgskontrolle 343

5.4 Kontinuierliche Verbesserung der Organisationalen PM-Kompetenz 347

5.4.1 Wissen in Projekten zur Verbesserung nutzen 349

5.4.2 Wissen über Projekte zur Verbesserung nutzen 349

5.4.3 Wissen aus Projekten zur Verbesserung nutzen 350

6. Fazit und Ausblick 353

6.1 Mit Projektorientierung und professionellem Projektmanagement

zum Erfolg 354

XIX
Inhaltsverzeichnis

6.2 Zukünftige Herausforderungen 356

6.2.1. Kontinuierliche Steigerung der Effizienz nötig 356

6.2.2. Internationalisierung der Projektarbeit nimmt zu 358

6.2.3. Multi-Projektmanagement gewinnt an Bedeutung 360

6.2.4. Umgang mit Unplanbarem wird zur Normalität 361

6.2.5. Den „soft skills“ gehört die Zukunft 363

Literaturverzeichnis 365

Abbildungsverzeichnis 373

Stichwortverzeichnis 385

Die Autoren 393

XX
Abkürzungsverzeichnis

AKV Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten

AP Arbeitspaket

APQP Advanced Product Quality Planning And Control Plan

BRIC Brasilien, Russland, Indien, China

BSC Balanced Scorecard

C3PM Cross-Company-Collaboration-Projektmanagement

CAD Computer Aided Design

CAQ Computer Aided Quality Management

CCP Cross Company Planning

CMMI Capability Maturity Model Integrated

CPM Collaborative Project Management

CPS Collaborative Project Scorecard

CRM Customer Relationship Management

CSCW Computer Supported Cooperative Work

DFM Design for Manufacturing

DMU Digital Mock-Up

DoE Design of Experiments

EDL Entwicklungsdienstleister

EDM Engineering Data Management

ERP Enterprise Resource Planning

F+E Forschung und Entwicklung

FEM Finite Elemente Methode

FMEA Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse

GM General Motors

GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V.

XXI
Abkürzungsverzeichnis

IPMA International Project Management Association

IT Informationstechnik

KBA Kraftfahrt-Bundesamt

Kfz Kraftfahrzeug

KM Konfigurationsmanagement

KPI Key Performance Indicator

LOI Letter Of Intent

LOP Liste offener Punkte

MPM Multi-Projektmanagement

MTA Meilensteintrendanalyse

Nfz Nutzfahrzeug

OEM Original Equipment Manufacturer

PDM Product Data Management

PEP Produktentstehungsprozess

Pkw Personenkraftwagen

PL Projektleiter

PLM Product Lifecycle Management

PM Projektmanagement

PMM Programm-Management

PMO Project-/Program Management Office

PPM Projektportfolio-Management

PPS Produktionsplanungssystem

PSC Project Scorecard

QFD Quality Function Deployment

QM Qualitätsmanagement

QSV Qualitätssicherungsvereinbarungen

SE Simultaneous Engineering

SOP Start of Production

VDA Verband der Automobilindustrie e.V.

XXII
1 Projektmanagement als
Herausforderung in einer
dynamischen Branche

Die Automobilindustrie hat in den letzten vierzig Jahren eine wahre Erfolgsgeschichte
geschrieben. So hat sich beispielsweise der Fahrzeugbestand in Deutschland von ca. 14
Millionen im Jahr 1970 auf heute knapp über 50 Millionen mehr als verdreifacht (vgl.
Abbildung 1-1). 1 Damit stieg die Fahrzeugdichte im gleichen Zeitraum von 229 Kfz
auf heute über 612 Kfz je 1000 Einwohner an. International ist eine ähnliche Entwick-
lung zu beobachten. Vor allem durch die hohen Wachstumsraten in Ländern wie Chi-
na, Indien und Brasilien wuchs der Fahrzeugbestand auf nahezu eine Milliarde Fahr-
zeuge weltweit an. Diese Entwicklung hat Automobilherstellern wie Zulieferern
bislang enorme Wachstumsraten beschert. Insbesondere im Premium-Segment konn-
ten die deutschen Hersteller wie Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Co. ihren Markt-
anteil aufgrund hervorragender Qualität, innovativer Technologien und einer großen
Zuverlässigkeit stetig ausbauen. „Made in Germany“ und „German Engineering“
galten dabei immer als Basis für den weltweiten Erfolg deutscher Unternehmen.

Abbildung 1-1: Fahrzeugbestand in Deutschland (in Mio.)

60
50
40
30
20
10
0
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010

1 Kraftfahrt-Bundesamt (KBA)

1
G. Hab, R. Wagner, Projektmanagement in der Automobilindustrie,
DOI 10.1007/978-3-8349-4369-9_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Im Herbst 2008 legte die Automobilindustrie allerdings eine „Vollbremsung“ hin. 2
Nach der Finanz- bzw. Immobilienkrise in den USA und dem Zusammenbruch mehre-
rer großen Banken brach auch die Nachfrage nach Automobilen weltweit drastisch ein.
Die deutschen Hersteller konnten sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Hatten sie
in den vorangegangenen Jahren die Schwäche in den Triade-Märkten USA, West-
Europa und Japan noch durch Wachstum in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland,
Indien und China) ausgleichen können, so ging auch hier plötzlich nichts mehr. Die
global aufgestellte Branche durchlebt eine der schwierigsten Phasen der letzten (sehr
erfolgreichen) Dekaden.

Besonders hart traf es die Automobilhersteller in Nordamerika. Die einst so stolzen


Unternehmen General Motors und Chrysler konnten sich nur dank staatlicher Hilfen
über Wasser halten und mussten im Rahmen eines Insolvenzverfahrens schmerzliche
Einschnitte bei Händlern, Zulieferern und Produktionsstandorten hinnehmen. Auch
Toyota, der bis zu diesem Zeitpunkt volumenstärkste und profitabelste Massenher-
steller, geriet in den Sog der Ereignisse. Aufgrund starker Abhängigkeiten vom Absatz
in Nordamerika mussten die sonst so erfolgsverwöhnten Toyota-Manager erstmals
Verluste verkünden und ihre Wachstumsziele drastisch nach unten korrigieren.

Experten hatten schon längere Zeit vor einem Crash gewarnt. 3 Sie führen strukturelle
Probleme in der Autoindustrie und gravierende Managementfehler als Hauptursachen
für die Misere an. So werden die Überkapazitäten der weltweiten Automobilindustrie,
die verfehlte Modellpolitik mit dem Trend zu immer größeren, wenig umweltscho-
nenden Fahrzeugen und die zu geringe Profitabilität von Volumenherstellern wie auch
Zulieferern gerügt. 4

In der Krise mussten dann wohl oder übel die Kapazitäten massiv heruntergefahren
und gleichzeitig neue, sparsamere Modelle entwickelt werden. Dies kostet natürlich
zusätzliches Geld, Geld das aufgrund einer oft zu geringen Profitabilität fehlte und am
Kapitalmarkt nicht mehr zu beschaffen war. Diesem Teufelskreis fielen zahlreiche,
auch namhafte, Unternehmen zum Opfer.

Die Krise hat auch die deutschen Player hart getroffen. Spezialisiert auf das Premium-
Segment, blieben plötzlich zahlungskräftige Kunden weg, was zu Verlustmeldungen
bei BMW, Mercedes & Co. sorgte, die daraufhin flächendeckend mit Kurzarbeit und
harten Einschnitten reagierten. Volkswagen und Opel konnten temporär von der
„Abwrackprämie“ profitieren. Die staatliche Stützungsaktion für 2 Mio. geförderte
Fahrzeuge löste eine Sonderkonjunktur bei Klein- und Kleinstwagen aus und half, die
Zahl der deutschen Neuzulassungen in 2009 zu stabilisieren.

2 Süddeutsche Zeitung, Ausgabe vom 22. August 2009, S. 25


3 vgl. Becker (2007a)
4 vgl. Becker (2007b)

2
Wichtige Trends in der Automobilindustrie
1.1
VDA-Präsident Wissmann geht davon aus, dass die deutsche Autobranche stärker aus
der derzeitigen Krise hervorgehen wird und sieht sogar Chancen: „Die weltweite
Wirtschafts- und Finanzkrise wirkt sich nun auch schmerzhaft auf die Automobilin-
dustrie aus. Die Unternehmen handeln entschlossen und passen ihre Produktion in-
nerhalb kürzester Zeit an die rückläufige Nachfrage an. Hierzu sind der Abbau von
Arbeitszeitkonten, verlängerte Werksferien und teilweise auch Kurzarbeit notwendig.
Ich bin allerdings davon überzeugt, dass die deutschen Hersteller und Zulieferer mit
ihrer Innovationskraft und ihren hervorragenden Produkten schneller und stärker als
andere aus dieser Krise hervorgehen werden." 5

1.1 Wichtige Trends in der Automobilindustrie


Die Automobilindustrie hat sich in den letzten Jahrzehnten weltweit zu einem der
wichtigsten Wirtschaftszweige entwickelt. Im Jahr 2008 haben fast neun Millionen
Beschäftigte knapp 57 Millionen Autos gefertigt und trugen damit immerhin ca. 15%
zum Welt-Bruttosozialprodukt bei. Auch in Deutschland spielt die Automobilindustrie
mit einem Umsatz von knapp 284 Mrd. € und annähernd 750.000 Beschäftigten eine
gewichtige Rolle im Wirtschaftsleben. 6

Allerdings haben die Auswirkungen der Globalisierung nicht Halt vor der Automobil-
industrie gemacht. So hat es in den letzten Jahrzehnten auf Seiten der Automobilher-
steller eine dramatische Konzentrationsbewegung gegeben. Existierten 1964 noch 52
selbständige Hersteller, so hat sich deren Zahl bis heute auf ein Dutzend global tätige,
unabhängige Konzerne reduziert. In Schwellenländern wie z.B. China und Indien
etablieren sich zwar zunehmend neue Anbieter, allerdings sind deren Versuche, sich
auf der internationalen Bühne zu betätigen, bislang noch nicht sonderlich erfolgreich.

Die Absatzkrise hat den Überlebenskampf der Automobilhersteller verschärft. 7 Exper-


ten sehen die Zukunft der Hersteller in Bündnissen und fordern unkonventionelle
Kooperationsmodelle. Vor allem das Segment der kleinen Volumenhersteller ist betrof-
fen und muss künftig Partner finden, um die Kosten, die etwa in Forschung und Ent-
wicklung entstehen, besser abdecken zu können. Synergien sind aber auch im Einkauf,
in der Produktion oder bei der Realisierung von Skaleneffekten, z.B. durch Nutzung
von Plattformen und Gleichteilen, möglich. 8

5 VDA, Pressemitteilung vom 21. Januar 2009


6 vgl. VDA, Jahresbericht 2009
7 vgl. Studie „Automotive Performance 2007/2008“ des FHDW Center of Automotive
8 vgl. Financial Times Deutschland, Ausgabe vom 10. Dezember 2008, S. 4

3
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Die Krise traf auch die Zulieferer hart. So mussten allein in Deutschland 2008 und 2009
mehrere Dutzend Unternehmen Insolvenz anmelden, die Gewinne bei den restlichen
Unternehmen fielen zumeist negativ aus. Es wird verstärkt zu Zusammenschlüssen
(wie z.B. Continental/Schaeffler oder Webasto/Edscha) kommen und neue Geschäfts-
modelle geben. Experten konstatieren, dass deutsche Zulieferer aufgrund ihrer Inno-
vationskraft und ihres unternehmerischen Handelns stärker als ihre Wettbewerber aus
der Krise hervorgehen werden. Auch wenn sich Umsatz und Ergebnis erst wieder 2014
auf dem Niveau von 2007 einpendeln werden, so profitieren die Zulieferer vom hohen
Anteil an der automobilen Wertschöpfung. 9

Prognosen zu den Wertschöpfungsanteilen von Automobilherstellern und Zulieferern


basieren weitgehend auf Zahlen vor Einbruch der Absatzzahlen. Demnach profitieren
die Zulieferer vom Outsourcing der Hersteller und können ihren Anteil auf über 70 %
ausbauen (vgl. Abbildung 1-2).

Abbildung 1-2: Wertschöpfungsentwicklung in der Automobilindustrie 10

903
weltweit in Mrd. €

645
700 Zulieferer
(77%) inkl. Dienstleister
417
(65%)

228 203 OEM


(35%) (23%)
2002 2015

Allerdings haben die Original Equipment Manufacturer (OEM) in letzter Zeit wieder
verstärkt Kapazitäten ins eigene Unternehmen zurückgeholt, so z.B. Entwicklung und
Fertigung von Derivaten wie Sport- und Geländewagen, die keine großen Stückzahlen
bringen, nichtsdestotrotz mit einer hohen Flexibilität zusammen mit anderen Model-
len auf einem Band montiert werden können.

9 Pressemitteilung von VDA und Oliver Wyman, Frankfurt am Main/München, 19. Mai 2009
10 vgl. die Studie „Future Automotive Industry Structure (FAST) 2015“ von Oliver Wyman
(vormals) Mercer Management Consulting und Fraunhofer Gesellschaft, München, 2003

4
Wichtige Trends in der Automobilindustrie
1.1
Technologische Veränderungen bewirken auch ein Umdenken bei den OEM, was die
eigenen Kernkompetenzen angeht. Vor allem im Bereich Elektrik/Elektronik nehmen
die Hersteller wieder verstärkt selbst das Ruder in die Hand. Der Entwicklungsleiter
für Elektrofahrzeuge bei Daimler geht sogar noch einen Schritt weiter: „Getriebesteue-
rungen entwickeln wir heute zu 100% selbst. Bei Motorsteuerungen wird das ab 2012
der Fall sein und die Power Control Units für Hybrid- und Elektroautos entwickeln
wir ebenfalls inhouse.“ 11 Volkswagen reagiert auch bei konventioneller Technik mit
einer Erhöhung des Eigenanteils. Durch eine bessere Auslastung der eigenen Kompo-
nentenwerke mit Ingenieur-Leistungen, Produktion, Prototypen- und Werkzeugbau
soll eine jährliche Produktivitätssteigerung von zehn Prozent realisiert werden. 12 Es
bleibt also abzuwarten, wie sich die Wertschöpfungsanteile zukünftig weiter entwi-
ckeln werden.

Das Stichwort „Elektroauto“ macht deutlich, dass sich für Hersteller wie Zulieferer die
strategischen Schwerpunkte verschoben haben. Waren in den letzten Jahren Themen
wie z.B. die Ausweitung der Modellpaletten, die Verbesserung der Produktqualität,
die globale Aufstellung und Verknüpfung von Wertschöpfungsketten im Zentrum des
Interesses, steht die Automobilindustrie heute am Beginn einer technologischen Zei-
tenwende. „Erstmals in der mehr als hundertjährigen Geschichte des Automobils
bestehen realistische Chancen, dass fossile Kraftstoffe beim Antrieb der Fahrzeuge
nicht mehr die alleinige Lösung sind. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Treiber:
Erstens verlangt die Umwelt- und Klimapolitik – angesichts der Gefahren des Klima-
wandels – eine Verringerung der CO2-Emissionen von Autos. Zweitens haben der
rasante Anstieg des Ölpreises bis zur Jahresmitte 2008 sowie die Erwartung, dass der
aktuelle Ölpreisrückgang lediglich ein vorübergehendes Phänomen ist, dazu geführt,
dass die Automobilwirtschaft ihre Forschungsanstrengungen im Bereich alternative
Antriebe intensiviert hat.“ 13

Primär wurde die Entwicklung also durch externe Einflussfaktoren getrieben, obwohl
gerade die deutschen Automobilhersteller schon lange an alternativen Antrieben und
umweltfreundlichen Technologien arbeiten. Hinzu kommt, dass sich die Käufer von
Fahrzeugen heute eher für sparsame Modelle entscheiden und gesellschaftlich „klein
und sauber“ einfach besser ankommt. Die Zulassungszahlen im Zeitraum von Juli
2008 bis Juli 2009 zeigen ein klares Wachstum bei Kleinst- und Kleinwagen sowie im
Bereich der Kompaktklasse. Mittelklasse, obere Mittelklasse, Oberklasse und Sportwa-
gen sind die klaren Verlierer dieser Entwicklung (vgl. Abbildung 1-3). Allerdings sind
Premium und Umweltverträglichkeit auch kein Widerspruch, das beweist Toyota mit
seinen Hybrid-Modellen des Lexus genauso wie deutsche Premiumanbieter.

11 VDI nachrichten Nr. 27, Ausgabe vom 03. Juli 2009, S. 4


12 Meldung der Automobilindustrie in ihrer Online-Ausgabe vom 02.09.2009
13 Deutsche Bank Research, EU-Monitor 62, Ausgabe vom 06. Februar 2009, S. 2

5
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Abbildung 1-3: Veränderungen bei Pkw-Neuzulassungen nach Segmenten 14

Mini + 144,1

Kleinwagen + 67,5

Kompaktklasse + 43,8

Mittelklasse - 16,8

Obere Mittelklasse - 22,5

Oberklasse - 15,1

Geländewagen + 6,3

Sportwagen - 29,1

Vans + 10,6

Utilities + 18,7

-30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70


Veränderungen [in %] von Juli 2008 auf Juli 2009

Die Analyse der Entwicklungen in der Automobilindustrie muss heute mehr denn je
auf globaler Ebene vorgenommen werden. Nach einer weitgehenden Sättigung der
wichtigsten Absatzmärkte in der Triade (Nord-Amerika, West-Europa und Japan) und
dem Erstarken der BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) ist die Auto-
mobilindustrie wesentlich komplexer geworden.

Der nordamerikanische Markt hatte in den letzten beiden Jahren besonders unter der
Rezession zu leiden. So wurden in den USA 2009 nur noch 10,4 Mio. Light Vehicles
abgesetzt, 21 Prozent weniger als im Vorjahr. 15 Hohe Kraftstoffpreise, schärfere Kre-
ditbedingungen, fallenden Aktien- und Häuserpreise sowie eine zunehmende Arbeits-
losigkeit ließen die Nachfrage nach neuen Fahrzeugen weiter einbrechen. Der Absatz
in West-Europa (+1%) konnte nur Dank stattlicher Massnahmen stabilisiert werden, in
Japan nahm dagegen die Zahl der Neuzulassungen wie in den Vorjahren ab (-7%).
Damit wird deutlich, dass sich die klassischen Absatzmärkte in einer Sättigungsphase
befinden.

14 KBA
15 VDA

6
Wichtige Trends in der Automobilindustrie
1.1
Die Krise hat aber auch den Absatz in einigen Ländern betroffen, die zu den Wachs-
tumsmärkten der Automobilindustrie zählen. So konnten zwar in Brasilien die Ver-
käufe um 13 % auf mehr als 3 Mio. Fahrzeuge gesteigert werden, das Nachbarland
Argentinien verbuchte hingegen einen Absatzrückgang um ein Fünftel. In Russland
hat sich 2009 das Pkw-Geschäft aufgrund der wirtschaftlichen Lage nahezu halbiert,
auch in Rumänien und Bulgarien ging der Absatz um mehr als die Hälfte zurück,
lediglich in Polen, Tschechien und der Slowakei waren leichte Zuwächse zu verzeich-
nen. In China und Indien hat sich der Absatz nach einer kurzen Schwächephase An-
fang 2009 weiter sehr dynamisch entwickelt, so konnten in China im Gesamtjahr 8,4
Mio. Fahrzeuge abgesetzt werden, fast 50% mehr als im Vorjahr, Indien konnte eine
Steigerung um 17 % auf 1,8 Mio. Pkw verzeichnen.

In den nächsten Jahren erwarte Analysten für die BRIC-Staaten ein überproportionales
Wachstum (vgl. Abbildung 1-4). Dieses Wachstum speist sich überwiegend aus dem
wirtschaftlichen Erstarken der Schwellenländer mit einer parallel steigenden Kaufkraft
der Bevölkerung und einem erhöhten Bedarf an Transportmitteln. Die Triade wird
dagegen rückläufige Absatzzahlen verzeichnen bzw. stagnieren.

Abbildung 1-4: Wachstum und Absatz nach Regionen 16

16 vgl. Automobilindustrie, Ausgabe 9/2009, S. 26

7
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Die Automobilhersteller versuchen wie schon in den letzten Jahren mit immer neuen
Modellen und Varianten Marktanteile zu halten oder neue hinzu zu gewinnen. BMW
hat beispielsweise in den letzten Jahren seine Modellpalette kontinuierlich erweitert
(vgl. Abbildung 1-6). Die Ausweitung der Modellvielfalt erhöht allerdings die Kom-
plexität in den Produktentstehungsprozessen - von der Entwicklung über die Ferti-
gung bis hin zu den After-Sales-Services. Vielfältige Abhängigkeiten und die Gefahr
der Kannibalisierung, d.h. der Erhöhung der Absatzzahlen eines Modells auf Kosten
eines anderen, sind Herausforderungen für das Management. Dabei müssen die inter-
national tätigen Automobilhersteller ihre Marken und Modelle auch noch zunehmend
auf regionale Käufergruppen abstimmen, was den Aufwand zusätzlich erhöht.

Abbildung 1-5: Produktportfolio der BMW Group 17

Premium/
high cost

Rolls Royce

Coupé

X6
Practical, X5 Touring 7er 6er Z4
5er Enthusiasm,
rational X3 1er 3er Cabrio M emotional
X1

Compact

Mini

Budget,
low cost

Durch die expansive Modellpolitik der letzten Jahre sind die Automobilhersteller
gezwungen worden, große Teile ihrer Wertschöpfung an kompetente Zulieferer auszu-
lagern. Zulieferer spielen heute eine wesentliche Rolle bei Entwicklung und Fertigung
von Fahrzeugteilen, Modulen und Systemen. Teilweise übernehmen sie komplette
Fahrzeuge (Derivate) mit einem geringen Volumen wie z.B. Cabrios, geländegängige
Fahrzeuge oder Sportwagen).

17 in Anlehnung an Becker (2003), S. 64

8
Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobilindustrie
1.2
Die Systemlieferanten sind für große Anteile verantwortlich und steuern die Unter-
nehmen der nachgelagerten Wertschöpfungsstufen aus. Neue Formen der Zusammen-
arbeit zwischen Herstellern und Zulieferern entstehen (vgl. Abbildung 1-7). In Zu-
kunft wird die automobile Wertschöpfung in komplexen Netzwerken erbracht.

Abbildung 1-6: Neue Formen der Zusammenarbeit in der Automobilindustrie 18

Vergangenheit:
Unabhängige Lieferanten

Gegenwart:
Strategische Partnerschaften
unter den Lieferanten

Zukunft:
Vernetzte Unternehmen

1.2 Anforderungen an das Projektmanagement


in der Automobilindustrie
In gleichem Maße wie sich die Automobilindustrie verändert und die strategischen
Herausforderungen für Hersteller und Zulieferer zunehmen, steigen auch die Anfor-
derungen an das Projektmanagement. Eine zunehmend anspruchsvollere Käuferschaft
erwartet auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Autos mit neuesten Technologien
und hoher Funktionalität, wie z.B. Komfort, Sicherheit und Fahrleistung, sind aller-
dings immer weniger bereit, für diese Innovationen auch einen höheren Preis (im
Vergleich zum Vorgängermodell) zu bezahlen. Die Hersteller sind im globalen Wett-
streit gezwungen, in immer kürzeren Abständen neue Fahrzeuge, Modelle oder tech-
nische Neuerungen auf den Markt zu bringen, und zwar zu möglichst hoher Qualität
und attraktiven Preisen.

18 Kurek (2004), S. 23

9
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Das „magische Dreieck“ des Projektmanagements von Qualität, Kosten und Terminen
wandelt sich zum „teuflischen Dreieck“ (vgl. Abbildung 1-7). Es stehen immer gerin-
gere Budgets für die Erzielung hochwertiger Fahrzeuge bei einem verkürzten „Time-
to-market“ zur Verfügung. Damit schränkt sich der Handlungsspielraum deutlich ein
und die Anforderungen an Effizienz und Effektivität in der Projektabwicklung steigen.

Abbildung 1-7: Vom „magischen“ zum „teuflischen“ Dreieck

Zeit

Qualitätsmängel Kosten

Standen in den vergangenen Jahren vor allem die Rationalisierungsbemühungen in


den Produktionsbereichen im Vordergrund (z.B. Lean Production, Re-Engineering), so
rücken heute verstärkt die Prozesse der Produktentwicklung in den Mittelpunkt der
Anstrengungen zur Steigerung von Effizienz und Effektivität.

Das Potenzial ist gewaltig. So konnten wir schon vor Jahren nachweisen, dass sich die
Effizienz in Fahrzeugentwicklungsprojekten um annähernd 30 Prozent (!) steigern
lässt. In der Gemeinschaftsstudie mit dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft
und Organisation (IAO) unter dem Titel „Automobilentwicklung in Deutschland –
wie sicher in die Zukunft?“ kommt das Autorenteam zu dem Schluß, dass man sich
ernsthafte Sorgen um den Entwicklungsstandort Deutschland machen müsse. 19 Dann
werden die Probleme klar beim Namen genannt: So wird das Projektmanagement als
Schlüsseldisziplin in der Fahrzeugentwicklung offensichtlich nicht mit der erforderli-
chen Professionalität praktiziert. Es wird deshalb gefordert, den Stellenwert des Pro-
jektmanagements zu erhöhen und als zentrale Funktion in der Unternehmensorgani-
sation zu verankern. Würde dem Thema Projektmanagement in den Unternehmen der
Automobilindustrie der nötige Stellenwert beigemessen, dann ließen sich die Projekte
erheblich effizienter abwickeln und die festgelegten Ziele besser erreichen, so eine der
zentralen Aussagen der Studie.

19 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003)

10
Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobilindustrie
1.2
Voraussetzung für ein professionelles Projektmanagement ist - neben einer projektori-
entierten Kultur mit einer ausgewogenen Balance zur Linienorganisation und einer
starken Position des Projektleiters - vor allem eine standardisierte Vorgehensweise von
der Projektdefinition bis zum -abschluss.

Unsere regelmäßigen Befragungen zeigen, dass die Effizienz in der Projektabwicklung


nicht besser, in manchen Fällen sogar schlechter geworden ist - mit fatalen Folgen für
die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie. So erfordern nicht nur
die steigenden Kundenanforderungen und die Notwendigkeit der Differenzierung
zwischen unterschiedlichen Fahrzeugmodellen, sondern auch die kooperative Projek-
tabwicklung eine frühzeitige Abklärung und Formulierung der Ziele im Rahmen des
Lastenheftes. In der Praxis existieren allerdings bis weit über den Projektbeginn hinaus
unterschiedliche Auffassungen zwischen den Projektbeteiligten über die anzustreben-
den Ziele – mit verheerenden Folgen für das Projekt und die Zusammenarbeit.

Die zunehmende technologische wie organisatorische Komplexität in der Automobil-


industrie erzwingt eine professionelle Projektplanung und deren Abstimmung mit den
beteiligten Projektpartnern. Auch wenn noch zahlreiche Unwägbarkeiten bezogen auf
die Randbedingungen und den Projektverlauf in der frühen Projektphase bestehen, ist
es erforderlich, wesentliche Abläufe und Ereignisse zu planen, um die Transparenz im
Projekt zu erhöhen. Dies bietet Orientierung für die Beteiligten und reduziert den
tatsächlichen Aufwand in der Realisierung.

Kooperative Projektarbeit über Bereichs- und Unternehmensgrenzen hinweg erfordert


gerade zu Beginn eines Projektes Klarheit bezüglich der jeweiligen Zuständigkeiten
(Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten) sowie der organisatorischen
Regeln im Netzwerk zwischen Herstellern und Zulieferern. Werden diese nicht klar
vereinbart, drohen Doppelarbeiten, Unterlassungen oder Reibungsverluste zwischen
den Partnern, was einer notwendigen Steigerung von Effektivität und Effizienz in der
Projektabwicklung sicherlich abträglich ist.

In Folge der Dynamik in der automobilen Produktentstehung erscheint es ebenfalls


notwendig zu sein, ein systematisches Änderungsmanagement zu implementieren.
Neben der Vermeidung und Vorverlagerung von Änderungen durch „Frontloading“
(d.h. die frühe Entscheidung über Projektzustände und deren Festschreibung sowie
das disziplinierte Festhalten an diesen Vereinbarungen) sollten standardisierte und IT-
gestützte Abläufe für mehr Effizienz und Effektivität im Umgang mit Änderungen
sorgen. Wegen der Komplexität heutiger Projekte, ist das Änderungsmanagement
sicherlich kaum mehr von einer einzigen Person zu bewerkstelligen. Die Einrichtung
eines interdisziplinär besetzten „change-boards“ scheint deshalb die beste Lösung zu
sein, um Änderungen und deren Auswirkungen auf den Projektverlauf durch eine
Gemeinschaftsleistung wirksam bearbeiten zu können.

Die wesentlichen Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobil-


industrie sind in Abbildung 1-8 noch einmal zusammengefasst.

11
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Abbildung 1-8: Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobilindustrie

„ Stellenwert des Projektmanagements erhöhen und als zentrale Funktion in der Unterneh-
mensorganisation verankern
„ Projektmanagement standardisieren
„ wichtige Partner wie Systemlieferanten und Entwicklungsdienstleister frühzeitig zu Projekt-
beginn einbeziehen
„ kein Projektstart ohne klar definierte Ziele und klares Lastenheft
„ frühzeitig die Projektplanung zwischen den Entwicklungspartnern abstimmen
„ zu Projektstart Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Partner verbindlich
festlegen
„ klare Messgrößen mit Hilfe von Meilensteinen und Arbeitspaketbeschreibungen definieren
„ Einrichten eines Change-Board, das Änderungen und ihre Auswirkungen auf das Gesamtpro-
jekt bearbeitet
„ Änderungen so früh wie möglich und offen kommunizieren

Die Vielzahl der parallel ablaufenden Projekte bei Herstellern wie Zulieferern erfor-
dert neben der professionellen Abwicklung einzelner Projekte zusätzlich noch ein
systematisches Multi-Projektmanagement. Von strategischer Bedeutung ist dabei das
bewusste Auswählen von Projekten in das Projektportfolio. Knappe Ressourcen ma-
chen deshalb eine Bündelung auf wenige Projekte notwendig. Dies betrifft die finanzi-
ellen Ressourcen ebenso wie das spezifische Know-how einzelner Mitarbeiter bzw. die
in der Regel nur begrenzt verfügbaren Managementkapazitäten. Eine Verzettelung
verursacht sonst unnötig Probleme.

Darüber hinaus ist die Planung und Steuerung der vielfältigen Abhängigkeiten im
Projektportfolio zentrale Herausforderung des Multi-Projektmanagements. Ob kriti-
sche Ressourcen optimal geplant und gesteuert werden, kann überlebenswichtig im
Verdrängungswettbewerb der Automobilindustrie sein. Das Aufzeigen der Abhängig-
keiten, die vernetzte Planung und das frühzeitige Reagieren auf Probleme in der über-
greifenden Projektarbeit sind zentrale Aufgaben für eine übergeordnete (Multi-) Pro-
jektmanagementinstanz – oft als „Programm-Management“ bezeichnet. Die Vielzahl
der Abhängigkeiten und die Dynamik der Veränderungen im Projektportfolio erfor-
dern sicher auch Unterstützung durch ein leistungsfähiges Multi-Projektmanagement-
Werkzeug. Dies kann mit Hilfe vordefinierter Frühindikatoren wertvolle Informatio-
nen für die Steuerung der vielen Projekte geben und notwendige Berichte in dem
dafür vorgesehenen Format zur Verfügung stellen. Damit kann der verantwortliche
Manager den Überblick bewahren und sich auf seine wesentlichen Aufgaben konzent-
rieren.

12
Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobilindustrie
1.2
Die Projektarbeit in der Automobilindustrie findet heute überwiegend im Rahmen von
unternehmensübergreifenden Kooperationen statt. Dabei gibt es eine Vielzahl an prak-
tizierten Modellen der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern (vgl.
Abbildung 1-9).

Abbildung 1-9: Praktizierte Formen der Zusammenarbeit 20

35 %
29 %

20 %

11 %

5%

Netzwerk mit Netzwerk mit eigenes nach Angaben kein Simultaneous


anderen OEM Entwicklungsteam des OEM Engineering
Zulieferern beim OEM

Die Ursache für diese Situation ist sicherlich in der weitgehenden Verlagerung von
Wertschöpfungsanteilen vom Automobilhersteller in Richtung der nominierten Zulie-
ferer zu sehen. Teilweise erreicht der Anteil der Zulieferer heute schon mehr als 2/3
der automobilen Wertschöpfung. So widmen sich die Automobilhersteller zukünftig
wesentlich stärker den der Produktion nachgelagerten Aufgaben wie z.B. Vertrieb,
Service und Kundenbetreuung. 21 Ausgewählte Zulieferer übernehmen als System-,
Technologie-, Entwicklungs- oder Produktionsspezialist Aufgaben, die vom Hersteller
früher selbst erledigt wurden. 22 Um das Zuliefernetzwerk zukünftig besser steuern zu
können, müssen die Hersteller – ausgehend vom Branding bzw. der Modellpolitik
Klarheit bezüglich der Differenzierungsmerkmale einzelner Modelle sowie der einge-
setzten Technologien schaffen und sich verstärkt um die Fahrzeugintegration küm-
mern.

20 VDA (2001), S. 68
21 Pressemitteilung der Mercer Management Consulting, München, vom 15. Dezember 2003
22 VDA (2001), S. 11

13
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Schließlich gewinnt die Auswahl und das Management der strategischen Zulieferer als
Partner im Produktentstehungsprozess für den Automobilhersteller eine zentrale
Rolle. Die Zusammenarbeit im Netzwerk zwischen Zulieferern und Herstellern stellt
eine Reihe neuer Anforderungen an die beteiligten Unternehmen und deren Mitarbei-
ter (vgl. Abbildung 1-10).

Abbildung 1-10: Voraussetzungen für die Zusammenarbeit im Netzwerk 23

Strategie
Organisation Mitarbeiter
- Konzentration auf
- projektbezogene Kernprozesse - Interdisziplinäres Arbeiten
Organisation - Best-in-Class-Communities - wechselnde Aufgaben und Rollen
- Benefit Sharing - Projektmitarbeit
SL 1
- selbstregulierende - Ergebnisverantwortung
Elemente (Regelkreis)
- Unternehmens- OEM 1 SL 2 Wissen
übergreifende
Zielvereinbarungen - Know-how Sharing
Value
- permanentes Lernen
Prozesse Network
- Partnermanagement
- unternehmensüber-
greifende Kernprozesse
OEM 2 EDL Kultur
- Standardisierung der
Kernprozesse - offene Kultur, Vertrauen
- Reduktion der Schnittstellen durch Technologie- - Kooperation / Entscheidung
partner durch Konsens
Aufbau von selbstregulierenden
Einheiten - Ergebnisverantwortung

In diesem Szenario werden sich die Unternehmen entlang der Wertschöpfung entspre-
chend ihrer jeweiligen Kernkompetenzen zu „Best-in-Class-Communities“ zusam-
menschließen und projektbezogen organisieren. Die möglichst selbständigen Einhei-
ten werden dabei durch unternehmensübergreifende Zielvereinbarungen und eine
faire Verteilung von Chancen („benefits“) und Risiken („risks“) ausgesteuert. Prozesse
werden unternehmensübergreifend standardisiert und möglichst frei von Schnittstel-
len an den übergreifenden Wertschöpfungsprozessen ausgerichtet.

Für die Mitarbeiter bedeutet die Arbeit in Netzwerken vor allem eine vermehrte Ver-
antwortungsübernahme in der Projektarbeit sowie wechselnde Aufgaben und Rollen
in einem interdisziplinären Umfeld. Permanentes Lernen und der offene Austausch
von Wissen nehmen im veränderlichen Umfeld der Projektarbeit sicherlich weiter an
Bedeutung zu.

23 in Anlehnung an Becker (2003), S. 71

14
Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobilindustrie
1.2
Wichtig wird es zukünftig sein, die Partner mit Hilfe eines zielgerichteten Manage-
ments auf die neuen Aufgaben vorzubereiten und im Verlauf der Kooperation tatkräf-
tig zu unterstützen. Diese Form der Netzwerkarbeit funktioniert allerdings nur bei
einer Kultur des gegenseitigen Vertrauens und des offenen Umgangs miteinander,
wobei Entscheidungen auf „gleicher Augenhöhe“ und im Konsens getroffen werden,
jeder aber für die Erreichung seiner Ergebnisse verantwortlich ist.

Eine Untersuchung der Fachgruppe „Automotive-Projektmanagement“ der GPM


Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. in Zusammenarbeit mit der Uni-
versität Augsburg (Prof. Dr. Fritz Böhle) zum Thema „Cross-Company-Collaboration-
Projektmanagement (C3PM)“ 24 zeichnet allerdings ein ernüchterndes Bild der Zu-
sammenarbeit zwischen Automobilherstellern und ihren Zulieferern: im Bereich der
Fahrzeugentwicklung schneiden vor allem die für Aufbau und Pflege einer Kooperati-
on wichtigen Aspekte der kulturellen Rahmenbedingungen sowie der individuellen
Fähigkeiten mit Abstand am schlechtesten ab (vgl. Abbildung 1-11). Aber auch die
Klärung der Projektziele sowie die Prozessteuerung werden in der übergreifenden
Zusammenarbeit nur mit mittelmäßigen Noten bewertet.

Abbildung 1-11: Ergebnisse einer Expertenbefragung in der Fahrzeugentwicklung 25

Zufriedenheit (1 = sehr gut; 6 = mangelhaft)

Kulturelle Rahmenbedingungen 3,6

Individuelle Fähigkeiten 3,3

Fahrzeugentwicklung 3,0

Prozesssteuerung 3,1

Projektorganisation 2,3

Klärung der Projektziele 2,5

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0

Zu den Defiziten im Bereich der kulturellen Rahmenbedingungen zählen vor allem


mangelndes Vertrauen zwischen Herstellern und Zulieferern, die Angst der Zulieferer,
aufgrund der ungleichen Machtverhältnisse „unter die Räder zu kommen“ und
schließlich der wenig konstruktive Umgang mit Fehlern, der meistens in einseitigen
Schuldzuweisungen an die Zulieferer endet.

24 vgl. Pander/Wagner (2005)


25 ebenda, S. 41

15
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Statt partnerschaftlichem Umgang dominiert in den meisten Fällen die klassische
„Kunde-Lieferanten“-Beziehung. Ein Zulieferer formulierte die wahren Grundsätze
der Zusammenarbeit wie folgt: „Wir versuchen, mit dem Kunden zu kooperieren, aber
im Endeffekt hat der Kunde das letzte Wort.“ Und so endet das Ziel „Partnerschaft“
allzu oft in einem „Partner, schafft!“

Bei den Mitarbeitern fehle es, so die Experten, vor allem an den Fähigkeiten, selbst-
ständig persönliche Netzwerke aufzubauen und richtig zu kommunizieren. Oft fehle
die Zeit, „um Verständnis für den Partner zu entwickeln, da man sich zu schnell in die
Technik stürze“, so der Tenor vieler Gesprächspartner. Das persönliche Gespräch
komme vielfach zu kurz. Im technisch geprägten Umfeld der Automobilindustrie
mangele es darüber hinaus an wichtigen sozialen Fähigkeiten. Mitarbeiter würden
zwar über eine hervorragende fachliche Ausbildung verfügen, müssten sich soziale
Fähigkeiten aber erst mühsam „on-the-job“ erwerben. Reibungsverluste und unnötige
Probleme in der Zusammenarbeit seien zwangsläufig die Folge. Der Weg zur Zusam-
menarbeit in Wertschöpfungsnetzwerken in der Automobilindustrie führt deshalb nur
über tiefgreifende Veränderungen bei Herstellern und Zulieferern. Diese betreffen den
organisatorischen Rahmen, die Prozesse und die IT-Infrastruktur in der Zusammenar-
beit genauso wie die Kultur der Zusammenarbeit (vgl. Abbildung 1-12).

Abbildung 1-12: Notwendige Veränderungen im Netzwerk 26

Rahmenwerk Prozesse
• rechtliche und qualitative Absicherung • unternehmensübergreifende
wechselnder Partnerschaften Prozessabläufe
• Benefit-Sharing-Modelle über das • Spielregeln der Zusammenarbeit
gesamte Wertschöpfungsnetzwerk
• real-time und unternehmens-
• unternehmensübergreifendes übergreifender Informationsfluss /
Zielmanagement -zugriff

Cultural Change Management


IT-Infrastruktur
• gegenseitige Wertschätzung aller
• standardisierte und offene
Teilnehmer des Netzwerkes
System-Landschaft
• Aufbau einer Vertrauensbasis als • mandantenfähige Systeme,
Voraussetzung zum Know-How-Sharing Sicherheitskonzepte
• neue Anforderungsprofile von admini- • web-basierte Applikationen
strativer Arbeit zur Projektarbeit

26 AUTOMOBILENTWICKLUNG, Ausgabe 01/2004, S. 8-11

16
Projektmanagement-Erfolgsfaktoren in der Automobilindustrie
1.3
1.3 Projektmanagement-Erfolgsfaktoren in der
Automobilindustrie
Kapitel 1.1 hat verdeutlicht, dass die Branche vor großen Herausforderungen steht, die
es erfolgreich zu meistern gilt. Wenn die Automobilindustrie in Deutschland so weiter
macht wie bisher, wird sie die kommenden Herausforderungen nicht meistern. Um
der steigenden Komplexität und dem zunehmenden Druck auf Kosten und Termine
zu begegnen, ist ein Umdenken bei Herstellern wie Zulieferern notwendig.

Die Fachgruppe „Automotive-Projektmanagement“ der GPM hat in einer Untersu-


chung zum Status-quo des Projektmanagements in der Automobilindustrie Anfang
2010 gravierende Probleme aufgedeckt. So erreichen zwar die meisten Befragten ihre
Projektziele (u.a. Lastenheftvorgaben), allerdings werden in vielen Fällen Termine und
Budgets überschritten - teilweise sogar erheblich. Dabei sind unrealistische Terminvor-
stellungen, Mängel in der Projektorganisation, ambitionierte Anforderungen und
Budgetvorgaben die wichtigsten Ursachen für diese Abweichungen.

Wie kann eine Branche die Herausforderungen des Marktes bestehen, wenn sie schon
jetzt die Projektabwicklung nicht mehr beherrscht? Wunsch und Wirklichkeit klaffen
in der Branche weit auseinander. Dabei fehlt es oft nur an der konsequenten Umset-
zung. Um die Projektarbeit entscheidend zu verbessern, ist ein Umdenken bei allen
Unternehmen der Wertschöpfungskette erforderlich.

Nur durch das Zusammenwirken eines ganzen Bündels unterschiedlicher Maßnah-


men kann die erwünschte Steigerung von Effektivität und Effizienz auch tatsächlich
erreicht werden. Im Sinne eines ganzheitlichen Projektmanagement-Verständnisses ist
es notwendig, die in 1.2 aufgezeigten Anforderungen bei der Gestaltung und Optimie-
rung des Projektmanagements zu berücksichtigen und nicht etwa nur einseitig Me-
thoden oder bestimmte Software-Lösungen in den Vordergrund zu stellen.

Nach dem Management-Vordenker Peter F. Drucker gilt: „structure follows process


follows strategy.“ Demnach leiten sich die organisatorischen Strukturen aus den wert-
schöpfenden Prozessen ab und diese wiederum orientieren sich an der Strategie eines
Unternehmens oder des gesamten Wertschöpfungsnetzwerkes. Die Strategie ergibt
sich aus den Marktgegebenheiten und ihren besonderen Anforderungen für das Un-
ternehmen sowie das Netzwerk. Da Projektarbeit immer auch Zusammenarbeit von
Menschen bedeutet - innerhalb von Unternehmen oder über Unternehmensgrenzen
hinaus – haben wir die oben genannten Aspekte noch um den „weichen“ Aspekt der
Kultur ergänzt.

17
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Mit dem in Abbildung 1-13 aufgezeigten „KI4-Success“-Modell beschreiben wir vier
zentrale Schlüssel („keys“) zum erfolgreichen Management von Fahrzeugprojekten.
Dabei gehen wir von einem ganzheitlichen Projektmanagement-Verständnis aus, das
ausgehend von den Marktanforderungen und den strategischen Vorgaben die Abhän-
gigkeiten zu den wertschöpfenden Prozessen, den organisatorischen Strukturen sowie
den kulturellen Einflussfaktoren aufzeigen will. Diese Beschreibung dient uns zu-
gleich als Ausgangsbasis für eine detaillierte Behandlung des Projektmanagements in
der Automobilindustrie in den darauf folgenden Kapiteln.

Abbildung 1-13: Vier Schlüssel zum Erfolg („KI4-Success“)

18
Projektmanagement-Erfolgsfaktoren in der Automobilindustrie
1.3
Schlüssel 1: Konzentration und Innovation
In einem Markt mit typischen Sättigungssymptomen, wie dies im Automobilmarkt mit
Verdrängungswettbewerb und Preiskämpfen der Fall ist, liegt der erste Schlüssel für
die Projektarbeit in der Konzentration auf den wirklichen Kundennutzen. Die Modell-
offensive der Hersteller hat zu einer Vielfalt an neuen Fahrzeugen geführt, die mit
Innovationen, technischen Neuerungen und Raffinessen den Kunden umwerben.
Jedoch erhält der Endkunde mittlerweile auch Produktmerkmale, die er zum Teil nur
noch marginal wahrnimmt und oft nicht einmal nutzt. 27 Hier ist ein Umdenken nötig.
Weniger komplexe Produkte können in der Projektabwicklung besser beherrscht wer-
den und haben auch weniger komplexe Prozesse zur Folge. Dabei ist es notwendig,
die Erwartungen des Endkunden wieder deutlich stärker in den Mittelpunkt zu rü-
cken. „Wir überfordern den Kunden, wenn wir alles, was technisch realisierbar ist,
gleichzeitig ins Auto bringen“, so die Erkenntnis bei einem Automobilhersteller. 28 Die
Projektverantwortlichen sollten sich deshalb deutlich früher und intensiver mit dem
wahren Kundennutzen auseinandersetzen, um durch eine bessere Klärung der Pro-
duktziele unnötigen Aufwand zu vermeiden.

Neben der Konzentration auf den Kundennutzen ist auf strategischer Ebene auch die
Konzentration auf die eigenen Stärken und Kernkompetenzen notwendig. Ausgehend
von einem klaren Markenprofil und -image müssen sich alle Unternehmen der Lie-
ferpyramide - vom Hersteller über die Systemlieferanten bis hin zu den Teileherstel-
lern - auf klare technische Kompetenzen fokussieren und diese gezielt im Sinne eines
„best-in-class“-Ansatzes in die Zusammenarbeit einbringen. Darauf aufbauend kann
der jeweilige Automobilhersteller ein effizientes Netzwerk zusammenstellen, in dem
die Aufgaben klar verteilt sind und möglichst wenige Überschneidungen der techni-
schen Kompetenzen vorkommen.

Die Zusammenarbeit in unternehmensübergreifenden Fahrzeugprojekten wird auch


deutlich effektiver, wenn die Hersteller mit ihren Zulieferern langfristige strategische
Partnerschaften eingehen, anstatt diese von Projekt zu Projekt neu zu schließen. Dies
spielt vor allem dort eine große Rolle, wo es um komplexe Systeme geht. „Bei einem
solchen System überlegen Sie es sich sehr genau, ob Sie die Kompetenz, die ein Zulie-
ferer eingebracht hat, oder die Art des Zusammenspiels, die Sie in einem solchen Pro-
jekt lernen, nach einem Modellzyklus einfach wieder über Bord werfen“, so der Ein-
kaufschef eines OEM. 29 Die Zukunft in der Automobilindustrie wird nur den
Netzwerken gehören, die es geschafft haben, ihre Kernkompetenzen optimal aufei-
nander abzustimmen und Kontinuität in der kooperativen Projektarbeit zu wahren.

27 vgl. Spiegel, Ausgabe 19/2004, S. 214 bzw. auto motor sport, Ausgabe 2/2004, S. 32
28 AUTOMOBILINDUSTRIE, Online-Ausgabe vom 27.04.2004
29 Automobilwoche, Ausgabe 10/2004, S. 24

19
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Schlüssel 2: Koordination und Integration
Ausgehend von einem Wertschöpfungsnetzwerk in der Produktentstehung, das den
Kundennutzen klar im Blick hat, müssen nun zunächst die Prozesse und dann die
Strukturen in der Zusammenarbeit optimal koordiniert und integriert werden. Nur so
kann der gewünschte positive Effekt für die Verbesserung in der Projektarbeit erreicht
werden. Deshalb steht dieser Schlüssel auch im Mittelpunkt unserer Betrachtungen
zum Projektmanagement in der Automobilindustrie.

Hierzu ist eine Kombination und Abstimmung der wichtigsten Prozesse aller Beteilig-
ten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg notwendig. Schnittstellen müssen
professionell ausgesteuert und synchronisiert werden. Diese Steuerungs- und Koordi-
nationsaufgaben fallen hauptsächlich in den Aufgabenbereich der Automobilherstel-
ler, ggf. kann aber auch ein spezialisierter Dienstleister bei dieser komplexen Aufgabe
mit Hilfe geeigneter Werkzeuge und Ressourcen unterstützen.

Die zentrale Botschaft dieses Buches ist die Stärkung des Projektmanagements. Das
Projektmanagement hält die Fäden im Projekt zusammen und benötigt daher klare
Kompetenzen gegenüber den Fachabteilungen und den beteiligten Partnern. Das Pro-
jektmanagement plant und steuert die operative Umsetzung des Projektes in Richtung
der vereinbarten Ziele unter Berücksichtigung der vorgegebenen Kosten und Termine.
Um diese Koordinationsaufgaben zu optimieren, müssen vor allem das Anforde-
rungsmanagement, die Projektplanungs- und Startphase sowie das Änderungsma-
nagement deutlich verbessert werden (vgl. hierzu auch Kapitel 1.2).

Angesichts der wachsenden technischen Komplexität (z.B. Mechatronik) reicht dies


alleine heute jedoch nicht mehr aus. Vielmehr setzt das Erreichen der Sachergebnisse
im Produktentstehungsprozess im Sinne eines ganzheitlich stimmigen Endproduktes
eine technische Integrationsleistung voraus, die es – im Unterschied zur Luft- und
Raumfahrttechnik – in der Automobilindustrie in dieser Konsequenz nicht gibt. In
diesen Branchen kümmern sich so genannte „Systems Engineers“ (ergänzend zum
Projektmanagement oder ihm unterstellt) um die Integration der verschiedenen tech-
nischen Leistungsmerkmale zu einem Gesamtsystem bzw. -produkt.

Gesamtfahrzeugfähigkeit kommt nicht alleine dadurch zustande, dass viele Spezialis-


ten in einem Team zusammenarbeiten und Termine und Kosten kontrolliert werden,
sondern erst durch eine konsequente und ganzheitliche Integrationsleistung (siehe
Abbildung 1-14). Hier kann die Automobilindustrie sicherlich von den Erfahrungen
der Luft- und Raumfahrtbranche profitieren.

20
Projektmanagement-Erfolgsfaktoren in der Automobilindustrie
1.3
Abbildung 1-14: Projektmanagement und Produktintegration

Projektmanagement

Produktentstehung
(Wertschöpfungsprozesse)

Produktintegration

Auf Basis abgestimmter Prozesse müssen schließlich die organisatorischen Strukturen


zwischen den beteiligten Projektpartnern (flexible Vernetzung) geschaffen sowie die
Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (AKV) geregelt werden. Insbeson-
dere erscheint uns eine Klärung zwischen Linie und Projekt nötig, um unnötige Rei-
bungsverluste in der Zusammenarbeit zu vermeiden.

Schlüssel 3: Kooperation und Interaktion


Nach der Abstimmung von Prozessen und Strukturen geht es nun darum, eine Kultur
zu schaffen, die eine optimale Zusammenarbeit der Partner über die Projektdauer
hinweg gewährleistet. Für eine langfristige Partnerschaft ist eine Vertrauenskultur
notwendig, die nur durch gegenseitiges Commitment zu den vereinbarten Zielen und
Spielregeln, durch eine faire Verteilung von Chancen und Risiken sowie durch eine
gegenseitige Achtung der Autonomie des Partners, entsteht. Das bedeutet aber auch,
dass die Zulieferer deutlich früher in die Klärung der Projektziele einbezogen werden
müssen als bisher.

In der Projektarbeit, die stark vom Wissen und den Erfahrungen der Mitarbeiter ab-
hängt, darf der Mensch nicht nur als „Mittel zum Zweck“ gesehen werden. Er muss
vielmehr mit seinen individuellen Wünschen und Fähigkeiten deutlich stärker in den
Mittelpunkt der Betrachtungen rücken. 30

30 vgl. Wagner (2003a), S. 179 ff

21
Projektmanagement als Herausforderung in einer dynamischen Branche
1
Personalinstrumente für Auswahl, Einsatz, Entwicklung und Führung der Mitarbeiter
müssen an die besonderen Anforderungen der Projektarbeit und die Situation der
unterschiedlichen Rollen im Projekt angepasst werden, damit die Potenziale der Mit-
arbeiter möglichst optimal zur Wirkung kommen. 31

Damit Kooperationen im Rahmen der internen wie externen Lieferbeziehungen im


Projekt funktionieren, ist es notwendig, die persönlichen Kontakte der Mitarbeiter
über Bereichs- und Unternehmensgrenzen hinweg weiter zu stärken. So sollte Zeit für
ein erstes Kennenlernen schon vor dem Projektbeginn eingeplant werden. Auch die
Teambildung und –entwicklung sollte einen hohen Stellenwert haben, damit sich die
Teams im Projektverlauf voll und ganz auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren
können. Schließlich sollte die für den Erfolg von Kooperationen so wichtige Vertrau-
enskultur von den Führungskräften nicht nur gefordert, sondern auch aktiv vorgelebt
werden.

Schlüssel 4: Kommunikation und Information


Kommunikation ist das A und O einer erfolgreichen Projektarbeit. Der offene Aus-
tausch von Projektinformationen und die zur Abwicklung notwendigen Erfahrungen
sind über den gesamten Projektverlauf von allen Beteiligten sicher zu stellen. Kom-
munikation muss über alle Ebenen hinweg funktionieren, d.h. zwischen unterschiedli-
chen Unternehmen im Rahmen einer Kooperation, zwischen verschiedenen Bereichen
eines Unternehmens (z.B. zwischen dem Projektteam und der Linienorganisation)
sowie zwischen einzelnen Mitarbeitern (z.B. im Rahmen des Erfahrungsaustausches).
Nur so kann sichergestellt werden, dass unnötige Doppelarbeiten vermieden, Proble-
me frühzeitig erkannt und behoben bzw. Konflikte rechtzeitig gelöst werden können.

Dabei spielt die direkte bzw. persönliche Kommunikation eine besondere Rolle. Gera-
de im Rahmen von Kooperationen ist sie in ihrer Verbindlichkeit und Wirkung durch
nichts zu ersetzen. Moderne Informations- und Kommunikations-Technologien kön-
nen zwar bei der Überbrückung von Barrieren - wie z.B. räumlichen Entfernungen -
helfen, wirkliche Beziehungen, die später schnelle Problemlösung und unkomplizierte
Anpassungsleistungen im Projekt versprechen, entstehen dadurch aber sicherlich
nicht. Der offene Dialog, als besondere Form der Kommunikation zwischen gleichbe-
rechtigten Partnern, erscheint uns hier besonders geeignet zu sein. Im „KI4-Success“-
Modell dient die Kommunikation somit als zentrale Drehscheibe und verbindendes
Element im Rahmen der Projektabwicklung.

31 vgl. Wagner (2003b), S. 447 ff.

22
2 Management einzelner
Automotive-Projekte („Single-
PM“)

Projektmanagement in der Automobilindustrie basiert in erster Linie auf einer Viel-


zahl von Einzel-Projekten und Programmen, die professionell geführt werden wollen.
Erst auf dieser Grundlage lassen sich weitere Überlegungen in Richtung Multi-
Projektmanagement (Kapitel 3) und Management von unternehmensübergreifenden
Projekten (Kapitel 4) anstellen.

In der Automobilindustrie und auch innerhalb der Unternehmen der Branche herr-
schen relativ unterschiedliche Vorstellungen über Projekte. Vielfach werden Aufga-
benstellungen zum Projekt erklärt, um sie für die Verantwortlichen und Beteiligten
interessanter zu machen. Deshalb werden zu Anfang dieses Kapitels einige grundle-
gende Begriffe in Kurzform geklärt, soweit dies für das Verständnis erforderlich ist.
Generelle Projektmanagement-Grundlagen und Methoden werden allerdings nur im
Zusammenhang mit den Besonderheiten von Automotive-Projekten erläutert. Insbe-
sondere wird auf Projektmanagement-Vorgehensweisen und Methoden eingegangen,
die bei Automotive-Projekten verbreitet sind oder denen aufgrund der Erfahrung der
Autoren und der Erkenntnisse aus einschlägigen Untersuchungen 32 besondere Bedeu-
tung zukommt.

Nach DIN 69901-5 ist ein Projekt ein Vorhaben, das gekennzeichnet ist durch: 33

„ Einmaligkeit
„ Zielvorgabe (Kosten, Termin, Qualität)
„ Zeitliche, finanzielle und personelle Begrenzungen
„ Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben (Rahmenbedingungen)
„ Projektspezifische Organisation (Team...)
Durch die oben genannten Projektkriterien ergeben sich zwangsläufig besondere An-
forderungen an die Führung und das Management eines solchen Vorhabens, das ei-
gentliche „Projektmanagement“.

32 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003) S.26ff


33 DIN (2009b) S. 11

23
G. Hab, R. Wagner, Projektmanagement in der Automobilindustrie,
DOI 10.1007/978-3-8349-4369-9_2, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Projekte sind keine Routinevorgänge, sondern zeichnen sich durch eine gewisse Ein-
maligkeit aus. Das heißt, dass Anforderung und Aufgabenstellung in aller Regel un-
terschiedlich sind. Das bedeutet aber nicht, dass Strukturen und Methoden unter-
schiedlich sein müssen. In der Automobilindustrie geht es auf Herstellerseite immer
um gesamte Fahrzeuge und bestimmte Komponenten. Auf der Seite der Zulieferer
findet man meist eine relativ große Spezialisierung auf einzelne Produk-
te/Komponenten oder bestimmte Systeme bzw. Module. Dadurch sind die Strukturen
von Projekt zu Projekt relativ ähnlich, auch wenn durch ständige Innovation immer
neue Anforderungen und Erkenntnisse in die Projekte einfließen. Damit lassen sich
zumindest die Projektmanagement-Prozesse und Methoden zum großen Teil standar-
disieren.

Wir wollen uns in den folgenden Ausführungen auf die klassischen Projektarten in der
automobilen Wertschöpfungskette konzentrieren, das sind im Wesentlichen die Fahr-
zeugentwicklungs- und Betriebsmittel-Projekte. Diese Projektarten sind typisch für die
Automobilindustrie und bringen auch die „automotive-spezifischen“ Anforderungen
mit sich. Sie finden sich im Modell des VDA wieder. 34

Abbildung 2-1: Aufgabenfelder im Projektablauf der Automobilindustrie

Aufgabenfelder (nach VDA 6)


Konzeption
Produktentwicklung und Verifizierung
Planung und Verifizierung d. Produktionsprozesse
Produktabnahme aus Kundensicht
Beschaffung der Produktionsressourcen
P D
Produktion
A C
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (APQP)
A B C D E F G
Projekt- Freigabe Freigabe Freigabe zur Freigabe Freigabe Abschluß
auftrag/ zur Grob- zur Detail- Detailplanung Beschaffung zur Serien-
-anfrage entwicklung entwicklung Produktions- u. Herstellg. produktion
Produkt und Produkt prozess Produktions-
Prozess ressourcen

Meilensteine (Quality Gates)

34 vgl. VDA (2003b), S.13ff

24
Projektmanagement-Erfolgsfaktoren in der Automobilindustrie
1.3
Automotive-Projekte dauern in vielen Fällen länger als ursprünglich erwartet, spren-
gen den Kostenrahmen und benötigen mehr Ressourcen als vorgesehen. Wichtige
Termine und entscheidende Arbeitsergebnisse werden nicht systematisch vorbereitet
und „wandern“ deshalb auf der Zeitachse. Abhängigkeiten der verschiedenen Aktivi-
täten untereinander werden zu spät oder gar nicht erkannt. Meist werden aber durch-
aus hohe Erwartungen mit der Aufgabenstellung verbunden und Auftraggeber wollen
konkrete Ergebnisse sehen. Dadurch entstehen Frustration und Konflikte bei allen
Beteiligten. 35

Systematisches Projektmanagement kann hier Abhilfe schaffen. Der Prozess, nach dem
Projekte ablaufen, ist vielschichtig und komplex. Alle Aktivitäten beeinflussen sich
gegenseitig und bauen aufeinander auf. Die Frage ist, auf welchem Weg und wie
schnell ein Projektleiter zu einem fundierten Projektplan und dann zu einer erfolgrei-
chen Realisierung des Projekts kommen kann. Dieses Thema steht im Mittelpunkt
dieses Kapitels.

Nach DIN 69901-5 bildet Projektmanagement die Gesamtheit aller Führungsaufgaben,


-organisation, -techniken und –mittel für die Abwicklung eines Projekts. 36 Abbildung
2-2 verdeutlicht diesen Sachverhalt.

Abbildung 2-2: Projektmanagement als ganzheitliches Führungssystem für Projekte 37

Management Führung
(Sache) (Mensch)
Systematik Ziele Rollenverteilung
und Strukturen Teamarbeit
Planung Kommunikation
Methodik Analyse Moderation
Steuerung Zielvereinbarungen

Formulare Organigramm
Checklisten Funktionsdiagramm
Hilfsmittel DV-Tools Spielregeln
und Vorlagen- und Besprechungen
Standards Präsentationstechn.
Werkzeuge

35 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S.27f


36 DIN (2009b) S. 14
37 Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 21

25
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Projektmanagement ist eine Vorgehensweise zur ergebnisorientierten Planung und
Steuerung. Damit steht die Frage nach der „Effektivität“ (die „richtigen“ Dinge tun)
im Vordergrund. Denn was nützt es dem Projektleiter, wenn er mit viel Aufwand und
Engagement ein perfektes Produkt entwickelt hat, die Anforderungen des Kunden
aber nicht ausreichend berücksichtigt sind? In zweiter Linie wird natürlich auch die
„Effizienz“ der Projektarbeit gesteigert, indem bewährte Methoden und Tools (Check-
listen, Vorlagen...) zur Anwendung kommen, die das Vorankommen erleichtern. Diese
ergebnisorientierte Sichtweise wird im folgenden Kapitel erläutert.

2.1 PM-Erklärungsmodell und Einordnung in


Prozesse der Automobilindustrie
Um den gesamten Prozess der Fahrzeugentwicklung und Produktion mit seinen un-
terschiedlichen Kompetenzschwerpunkten bestmöglich zu koordinieren, ist ein detail-
lierter Projektmanagement-Prozess erforderlich. Er soll alle Entwicklungsphasen be-
gleiten, alle Abläufe abbilden und steuern, um den hohen Ansprüchen an Qualität,
Kosten und Termine gerecht zu werden. Produktdatenmanagement, kontinuierliche
Kollisionskontrolle über Digital-Mock-Up (DMU) und Fehlervermeidung durch FMEA
(Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse), Änderungs-, Toleranz- und Schnittstellen-
management sowie Reifegrad-Controlling sind Elemente des technischen Entwick-
lungsprozesses, die es durch das Projektmanagement zu koordinieren gilt.

Die Anforderungen an das Automotive-Projektmanagement und die Art der Vorge-


hensweise bzw. Systematik lassen sich unabhängig von Projektgröße und Laufzeit auf
einen gemeinsamen Nenner bringen. Die korrespondierenden Entwicklungsprozesse
laufen unabhängig vom jeweiligen Hersteller und Systemlieferanten nach gewissen
einheitlichen Gesetzmäßigkeiten ab, durch die sich vergleichbare Phasen und Meilen-
steine mit entsprechenden Zwischenergebnissen / Reifegraden ergeben.

Damit entsteht die Möglichkeit einen „Projektmanagement-Prozess“ als Standard-


Erklärungsmodell zu definieren. Jedes Projekt lässt sich in die generellen Phasen Defi-
nition, Planung, Steuerung/Realisierung mit Änderungen und Abschluss unterglie-
dern. Abbildung 2-3 zeigt diesen Zusammenhang schematisch auf.

26
PM-Erklärungsmodell und Einordnung in Prozesse der Automobilindustrie
2.1
Abbildung 2-3: Erklärungsmodell zum Automotive Projektmanagement-Prozess

Projektmanagement-Prozess
Projektorganisation
Qualitätsmanagement-System

Kommunikation + Teamarbeit

Steuerung+
Definition Planung Änderung Abschluss

Standard-Automotive Geschäftsprozesse

Parallel zu diesen methodischen „Projektmanagement-Phasen“ laufen Führungspro-


zesse wie Projektorganisation, Kommunikation und Teamarbeit. 38 Sie entscheiden oft
mehr über den Erfolg der Projekte als in der technisch dominierten „Automotive-
Projektwelt“ vermutet wird. Viele Überschneidungen gibt es mit dem Qualitätsma-
nagement. Durch Vorgaben der Automobilhersteller wie VDA 6, QS 9000 mit APQP
und ISO 16949, sind viele Projektmanagement-Methoden und Aufgaben über die
„Qualitätsschiene“ bei den Unternehmen der Automobilindustrie eingeführt worden.
Hier war oft der Zertifizierungsdruck der maßgebliche Treiber. Eine klare Abgrenzung
ist deshalb schwierig aber sinnvoll. Generell betrachten die Qualitätsmanagement-
Systeme aber alle Unternehmensprozesse und bilden deshalb eher eine Klammer um
alle Prozesse. In den meisten Automotive-Unternehmen wird deshalb auch das Pro-
jektmanagement als eigener Prozess mit eigener Verfahrensanweisung im gesamten
QM-System geführt.

Im Kerngeschäft der Automobilindustrie plant und steuert das Projektmanagement


die operative Umsetzung des Fahrzeugentwicklungsprozesses in Richtung der ge-
wünschten Projektziele unter Berücksichtigung der gegebenen Ressourcen und im
Rahmen der vorgegebenen Kosten- und Terminziele. Abbildung 2-4 zeigt den Zu-
sammenhang zwischen dem generell gültigen „Projektmanagement-Prozess“ und
dem „Technik-Prozess“ der Fahrzeugentwicklung.

38 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 6

27
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Im Projektmanagement-Prozess werden alle Themen behandelt, die Planung und
Steuerung des Projekts betreffen (Managementaufgaben). Hier werden folgende Fra-
gen beantwortet: Wer? Macht Was? Bis Wann? Und damit wird der terminliche Fort-
schritt gewährleistet. Der fachliche Inhalt, die eigentliche „Arbeit“ wird im „Fahrzeug-
entwicklungs-Prozess“, geleistet. Hier stellt sich die Frage nach dem Wie.

Abbildung 2-4: Projektmanagement-Prozess und Fahrzeugentwicklungs-Prozess in Anleh-


nung an VDA 39

Projektorganisation

Kommunikation + Teamarbeit

Steuerung+
Definition Planung Änderung Abschluss

Konzeption
Produktentwicklung und Verifizierung

Planung und Verifizierung d. Produktionsprozesse

Produktabnahme aus Kundensicht


Beschaffung der Produktionsressourcen

Serienanlauf
Serienproduktion

A B C D E F G
Projekt- Freigabe Freigabe Freigabe z. Freigabe Freigabe Ab-
auftrag/ zur Grob- zur Detail- Detailplanung Beschaffung u. zur Serien- schluß
-anfrage entwicklung entwicklung Produktions- Herstellung Produktion (Kamm
Prod. + Proz. Produkt prozess Produktions- (SOP/Job#1) -linie)
mittel

Meilensteine (Quality gates)

Der Fahrzeugentwicklungsprozess nach VDA gliedert sich in Aufgabenfelder und


definiert den technischen Ablauf. Das Projektmanagement plant und steuert diesen
Prozess bezogen auf ein konkretes Projekt und erfordert deshalb vor- bzw. nachgela-
gerte Aktivitäten im Sinne der Definitions- und Abschlussphase.

39 vgl. VDA (2003b)

28
PM-Erklärungsmodell und Einordnung in Prozesse der Automobilindustrie
2.1
Wesentliche Voraussetzung für ein funktionierendes Projektmanagement in der Fahr-
zeugentwicklung sind stabile technische Prozesse. In den meisten Unternehmen der
Automobilindustrie sind diese auch mehr oder weniger standardisiert vorhanden.
Problematisch ist, dass die Prozesse bei manchen Automobilzulieferern nur zu „Zerti-
fizierungszwecken“ eingeführt wurden und nicht richtig „gelebt“ werden. Damit wird
auch das Projektmanagement erschwert.

Besondere Komplexität für das Projektmanagement ergibt sich aus dem Sachverhalt,
dass in Fahrzeugentwicklungsprojekten in der Regel parallel am Produkt und an der
Produktionsanlage entwickelt wird. Abbildung 2-5 zeigt am Beispiel eines Fahrzeug-
herstellers den Zusammenhang nochmals deutlich auf.

Abbildung 2-5: Parallelität von Produkt- und Produktionsanlagenentwicklung 40

Produktentwicklung

Design
Konstruktion Freigabe PVS O-S SOP

Vor-Prototypen Prototypen
Optimierung Abnahme

Produktionsanlagenentwicklung

SET PVS O-S SOP


Planung
Vergabe
Konstruktion
Realisierung

Für die Koordination der parallel laufenden Prozesse spielen Meilensteine und Syn-
chronisationspunkte eine wesentliche Rolle. Im Kapitel 2.4 wird auf dieses Thema im
Detail eingegangen. Wichtige „Top-Meilensteine“, die sogenannten „Quality Gates“
(nach VDA 6 und QS 9000) und die wesentlichen Prozesse in der Gesamtfahrzeugent-
wicklung zeigt das folgende Beispiel (Abbildung 2-6).

40 Quelle: Volkswagen AG

29
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-6: Gesamtfahrzeugentwicklungsprozess 41

Wie bereits erwähnt, bilden Standard-Entwicklungsprozesse eine wichtige Basis für


ein professionelles Automotive-Projektmanagement. Sie regeln die logische Abfolge
der Entwicklungs-Aktivitäten und definieren damit einen Großteil der Arbeitspakete
von der ersten Anfrage/Idee bis zur laufenden Serienproduktion. Damit liefern sie
unabhängig vom einzelnen Projekt die Eingangsinformationen für einen Standard-
Projektplan. Die Projektstruktur muss nicht mehr neu erfunden werden, sondern ist
durch den Standardprozess größtenteils vorgegeben. Es geht im einzelnen Projekt
dann um die konkrete Klärung der Ziele, Organisation, Termine, Kosten, Ressourcen
und geforderten Ergebnisse.

Die große Bedeutung der Meilensteine für ein erfolgreiches Projektmanagement in der
Automobilindustrie ist hinreichend bekannt. Besonders wichtig erscheinen uns die
Meilensteine in den frühen Phasen eines Projektes. Gerade die strategischen Meilen-
stein-Entscheidungen in der Angebotsphase wie Anfrageselektion, Angebotsfreigabe
und Projektfreigabe werden bei den Automobilzulieferern noch vielfach vernachläs-
sigt. Auf die praktische Umsetzung der Meilensteinplanung im Projekt wird in Kapitel
2.4 vertiefend eingegangen.

41 Quelle: Bertrandt

30
PM-Erklärungsmodell und Einordnung in Prozesse der Automobilindustrie
2.1
In der folgenden modellhaften Darstellung des Projektmanagement-Prozess sind die
Methoden und Ereignisse zusammengefasst, mit denen der Projektmanager sein Au-
tomotive-Projekt planen und steuern kann. Sie lassen sich auf eine Vielzahl von Pro-
jektarten und –ebenen anwenden und sind wie die „Tasten eines Klaviers, auf dem der
Projektleiter spielt“. Wie bereits am Anfang des Kapitels erwähnt, lässt sich der PM-
Prozess in die Phasen Definition, Planung, Steuerung und Abschluss gliedern. Diesen
Phasen können dann die entsprechenden Methoden und Ereignisse zugeordnet wer-
den. Damit entsteht ein Modell, das wie ein Baukasten aufgebaut ist und analog zum
Entwicklungsprozess als Standard für bestimmte Projektarten im Unternehmen ver-
einbart werden kann. Ganzheitlich betrachtet fehlt in dieser sachorientierten Darstel-
lung allerdings noch der Faktor „Mensch“. Nachdem empirisch nachgewiesen ist, dass
die „weichen Faktoren“ der Führung, Kommunikation, Beziehungen und Zusammen-
arbeit zu mehr als 50% über den Erfolg von Projekten entscheiden, wurde dieser As-
pekt in Abbildung 2-7 besonders hervorgehoben.

Abbildung 2-7: Wesentliche Methoden und Ereignisse im Projektmanagement-Prozess

Projektmanagement-Prozess

Projektorganisation

Kommunikation + Teamarbeit

Steuerung+
Definition Planung Änderung Abschluss

• Projektübergabe • Teamentwicklung • Abnahme


• Machbarkeitsanalyse • Projektstruktur • Nachkalkulation
• Projektorganisation • Arbeitspakete • Teambesprechungen (Jour Fixe) • Projektabschluß-
• Funktionsdiagramm • Ablauf- und Terminplan • Termin- und Fortschrittskontrolle gespräch
• Regelkommunikation • Kapazitätsplanung • Kostenkontrolle und Mitkalkulation • Projektabschluss-
• Kalk./Wirtschaftlichkeit • Kostenplanung • Risikocontrolling bericht (lessons
• Lastenheftprüfung und • Risikoanalyse • Reifegradcontrolling learned)
Zieldefinition • APQP- • Abweichungsanalysen • Archivierung
• Vertragsprüfung Qualitätsvorausplanung • Prognosen und Trendaussagen Projektdokumentation
• Produkt-/Anlagenstrukt. • Pflichtenhefterstellung • Steuerungsmaßnahmen + • Übergabe an
• Meilensteinplan • Planungsklausur Problemlösungen (8D, PDC A) Serienbetreuung bzw.
• Projektablage • Projekt-Statusbesprechungen -produktion
• A (LOP) • Projektreporting
• Projektauftrag • Meilenstein-Reviews und Freigaben
• Kick-Off-Meeting • Änderungs- und Claimmanagement

31
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Der „PM-Prozess“ stellt die PM-Methoden und Ereignisse, die in den einzelnen Pha-
sen der Fahrzeugprojekte zur Anwendung kommen im Überblick dar. Werden die hier
aufgeführten Methoden konsequent angewandt, so können besonders in der kritischen
Anlaufphase von Fahrzeugprojekten die Früchte geerntet werden. Der Nutzen der
Investition in professionelles Projektmanagement äußert sich dann in reduzierten
Änderungsschleifen, geringerem „Troubleshooting“ und höherer Produktqualität zum
Serienbeginn. Faktoren, die gerade in der aktuellen Situation der Automobilindustrie
besonders wichtig sind. Abbildung 2-8 visualisiert diesen Zusammenhang.

Abbildung 2-8: Weniger Probleme zum Serienstart durch Projektmanagement 42

Planungs-/
Koordinations- Projektabwicklung ohne PM Eskalation der Probleme
aufwand Projektabwicklung mit PM

Maßnahmen zur Problemlösung

Problem-
erkennung

Endtermin Zeit

Die richtige Projektorganisation und die Person des Projektleiters spielen bei all diesen
Überlegungen eine zentrale Rolle.

42 Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 7

32
Organisation im Automotive-Projekt
2.2
2.2 Organisation im Automotive-Projekt

2.2.1 Projektleitung als zentrale Führungsfunktion


„Der Chef, das ist nicht der, der etwas tut, sondern der, der das Verlangen weckt, etwas zu
tun.“ Edgard Pisani, französischer Politiker

Die Person des Projektleiters spielt erfahrungsgemäß eine zentrale Rolle in Projekten.
In Automotive-Projekten scheinen die Anforderungen besonders hoch zu sein, weil sie
durch ihren technologischen Anspruch Projektleiter erfordern, die zum einen gute
Manager sind und zum anderen ein Gesamtverständnis für die Prozesse und Techno-
logien der Fahrzeugentwicklung und –produktion besitzen. Damit ist der Automotive-
Projektleiter eher ein Generalist. Abbildung 2-9 zeigt schematisch die Abgrenzung des
Kompetenzprofils zu klassischen Fach- bzw. Führungskräften.

Abbildung 2-9: Projektleiter-Kompetenzprofil

Fachkompetenz
_
Methodenkompetenz

_
Sozialkompetenz

Fachmann ---
Führungskraft ........
_

_
_

Projektleiter ____

_
Persönlichkeitskompetenz

Als Projektleiter sehen wir hier nicht nur die Stars, die auf oberster Ebene eines Fahr-
zeugprogramms als Gesamtprojektleiter agieren. Den gleichen Anforderungen, wenn
auch mit eingeschränktem Verantwortungsbereich, unterliegen auch Projektleiter und
Arbeitspaketverantwortliche auf den darunter liegenden Ebenen eines Gesamtpro-
jekts, sei es beim OEM oder bei Zulieferern und Entwicklungsdienstleistern.

33
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Das organisatorische Zusammenwirken der verschiedenen Projektebenen und Hierar-
chien, auf denen Projektleiter agieren, wird im folgenden Abschnitt unter „Projektor-
ganisation“ erläutert. Die folgende Auflistung (Abbildung 2-10) zeigt eine unvollstän-
dige Auswahl von Projektleiter-Positionen in der Automobilindustrie, die sowohl auf
Hersteller- als auch auf Zuliefererseite relevant sind.

Abbildung 2-10: Projektleitungs-Positionen in der Automobilindustrie

Beispiele für Projektleitungs-Positionen bei OEMs und Zulieferern

„ Fahrzeug-/Baureihen-Programm Manager
„ Gesamtfahrzeugprojektleiter/-manager
„ Entwicklungs-Projektleiter/-manager
„ Betriebsmittel-/Produktionsanlagen-Projektleiter/-manager
„ Bereichsprojektleiter
„ Funktionsgruppen-Sprecher / Modul-Teamleiter
„ Teilprojektleiter Bereich xy
„ SE-Teamsprecher, etc.
„ Arbeitspaketverantwortliche

Abhängig von der jeweiligen Projektleiter-Rolle, Ebene der Projekthierarchie und vom
Unternehmensumfeld sollte für jeden Projektleiter eine klare Funktionsbeschreibung
vorliegen. Sie definiert Befugnisse/Kompetenzen, Aufgaben, Verantwortung und not-
wendigen Fähigkeiten. In Unternehmen der Automobilindustrie mit einer reifen Pro-
jektmanagement-Organisation gibt es Standard-Funktionsbeschreibungen für ver-
schiedene Führungsfunktionen im Projekt. Durch den unternehmensspezifischen
Standard muss nicht von Projekt zu Projekt neu ausgehandelt werden, was der Pro-
jektleiter darf oder nicht. Abbildung 2-11 zeigt beispielhaft eine Auswahl wesentlicher
Funktions-Kriterien für Projektleiter in der Automobilindustrie. Sie kann als Checklis-
te für die Entwicklung eines unternehmensspezifischen Standards verwendet werden.
Dabei liegt die schwierigste Aufgabe darin, für die Projektleiter ausreichende Rechte
und Kompetenzen durchzusetzen. Die Aufgaben und die Verantwortung sind meist
schnell definiert. Widerstände gibt es bei der „Machtfrage“, weil größere Befugnisse
der Projektleiter meist zu Lasten des etablierten Linienmanagements gehen.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Projektleitung ist die Regelung der „Mannschafts-
aufstellung“ im Projekt. Begrifflich wird dies oft als Projektorganisation und teilweise
fälschlich auch als Projektstruktur bezeichnet. Wir gebrauchen hier den Begriff Projek-
torganigramm, als Synonym für Darstellung und Inhalt der Projektorganisationsstruk-
tur.

34
Organisation im Automotive-Projekt
2.2
Abbildung 2-11: Beispiel: Projektleiter – Funktionsbeschreibung

Rechte + Kompetenzen:

„ Handlungsvollmacht (Unterschrift: i.V.)für projektbezogenen Verhandlungen gegenüber


Kunden und Lieferanten bis zu einer Größenordnung von x-tausend Euro
„ Freigabe von Kalkulationen für Verhandlungen mit Kunden
„ Verfügungsrecht über das Projektbudget im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse
„ Vergabeentscheidung bei Fremdvergaben
„ Projekt aus wichtigem Grund anhalten
„ Fachliche Weisungsbefugnis (Leistungs- und Zielvereinbarung) gegenüber Projektbeteiligten
„ Ressourcenunterstützung bei administrativen Aufgaben
„ Vorschlagsrecht und Mitsprache bei der Teambesetzung
„ Mitsprache bei der Entwicklungs-/Versuchsplanung bzw. Fertigungs-/Betriebsmittelplanung
„ Recht alle projektbezogenen Informationen von allen Stellen einzufordern
„ Einflussnahme auf die betrieblichen Abläufe in Absprache mit Projekt-Steuerkreis
„ Recht auf persönliche Qualifizierungsmaßnahmen, Coaching
Verantwortung:

„ Termin-, Kosten-, Qualitäts- und Leistungsziele (Lastenheft) einhalten


„ Transparenz über Reifegrad / Konfiguration des Produktes sicherstellen
„ Kundenzufriedenheit sicherstellen
„ Wirtschaftlichkeit des Projektmanagement sicherstellen (Effizienz)
„ Gewinnerzielung im Rahmen der vereinbarten Ziele
Pflichten + Aufgaben:

„ Termine, Kosten, Qualität, Leistungen und Reifegrade planen, überwachen + steuern


„ Strategische und technische Entscheidungen koordinieren und frühzeitig herbeiführen
„ Kundenbeziehung pro-aktiv pflegen
„ Informationsfluss hausintern und mit Partnern organisieren und optimieren
„ Alle Vereinbarungen / Festlegungen schriftlich dokumentieren (Lebenslauf, LOP)
„ Team- / Projektorganisation und Zusammenarbeit regeln und optimieren
„ Prioritäten zwischen den Projekten absprechen und kooperieren
„ Änderungsverwaltung mit Kalkulation
„ Reviews und Freigaben mit Projektbeteiligten und Lieferanten durchführen
„ Projektberichterstattung an Auftraggeber und Projektgremien (Steuerkreis)
Fähigkeiten + Qualifikation:

„ Präsentationsgeschick, Humor
„ Fachliche Kompetenz
„ DV-Hilfsmittel anwenden können, Organisationstalent
„ „Rückgrat“ intern und gegenüber Kunden

35
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.2.2 Projektorganigramm als Instrument der Rollen-
klärung
„Die richtigen Leute einzustellen ist das Beste, was ein Manager tun kann." Lee Iacocca, US-
amerikanischer Industriemanager

Das Projektorganigramm trägt in Automotive-Projekten wesentlich zur Klärung von


Schnittstellen, Aufgabenstellung und zur Verantwortungsabgrenzung bei. Dadurch
werden potentielle Konflikte minimiert und die Erledigung der anfallenden Aufgaben
sichergestellt.

Es empfiehlt sich die Verantwortungsbereiche im Organigramm grafisch darzustellen,


mit eindeutigen Beziehungen untereinander, so dass Weisungsbefugnisse, Kommuni-
kations- und Informationswege sowie Berichtspflichten klar erkennbar sind. Hierar-
chien sind zwar aus der Mode gekommen, doch ohne eine klare Rollenverteilung wird
im Projekt nur Chaos erzeugt. Deshalb sind Projektorganigramme vielfach hierar-
chisch aufgebaut, wie in Abbildung 2-12 schematisch dargestellt ist.

Abbildung 2-12: Projektteam-Struktur auf 2 Ebenen, schematische Darstellung

Projektleiter (PL) PL

Kernteam /
Teilprojekt- TPL TPL TPL TPL TPL
Leiter (TPL)

Erweitertes
ooo
Team / APV APV APV APV APV
Arbeitspaket-
Verantwortliche
(APV)

Typisch sind die Ebenen „Projektleiter, „Kernteam/Teilprojektleiter“ als Spre-


cher/Leiter/Vertreter der verschiedenen Bereiche/Module/Funktionsgruppen und
„Erweitertes Projektteam / Arbeitspaket-Verantwortliche“ als Ausführende Teamlei-
ter/Gruppenleiter auf der operativen Ebene, sprich in den Fachabteilungen der Linien-
organisation oder bei Lieferanten.

36
Organisation im Automotive-Projekt
2.2
Das Ganze kann natürlich beliebig um übergeordnete Lenkungsgremien wie den Pro-
jekt-Steuerkreis, Auftraggeber, Partner im Projekt bzw. Lieferanten und sonstige pro-
jektrelevante Fach-Experten erweitert werden. Das folgende Beispiel (Abbildung 2-13)
zeigt die Teamorganisation eines Systemlieferanten.

Abbildung 2-13: Beispiel: Projektrahmenorganisation Systemlieferant 43

Projektrahmenorganisation

Product Decision Committee (PDC) Lenkungskreise (LK)

Review-Team Projekt-Pate Projekt-Büro (PB)

Kunde Projekteinzelorganisation
PL
Contr.
Q AV
PMA
Vertrieb
PMA L
PMA
AV Werk
Kernteam
Fachteam
Entwicklung PI PMA PMA
Ein-
kauf
PMA ...
PMA Q
Lieferanten

Die Aufteilung der Verantwortungsbereiche hängt immer von der Art des Projektes
ab. Bei Fahrzeugentwicklungsprojekten kann das Kernteam folgende Funktionen
beinhalten:

„ Gesamtprojektleiter/Programm Manager
„ Teilprojektleiter Entwicklung/Design
„ Teilprojektleiter Einkauf/Beschaffung
„ Teilprojektleiter Produktionsvorbereitung/Betriebsmittel
„ Qualitätsmanager
„ Projektcontroller/-supporter
43 Quelle: Webasto

37
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Das erweiterte Team erfordert neben den klassischen Arbeitspaket-Verantwortlichen
bei Fahrzeugentwicklungsprojekten z.B. Vertreter folgender Funktionen:

„ Vertrieb
„ Logistik
„ Lieferanten
„ Produktion
„ Serienbetreuung/Service
„ Fabrikplanung/Arbeitsvorbereitung

Abbildung 2-14 zeigt das Projektorganigramm einer Gesamtfahrzeugentwicklung aus


Sicht des Entwicklungsdienstleisters, der in diesem Fall als Integrationspartner des
Automobilherstellers auftritt.

Abbildung 2-14: Beispiel: Projektorganigramm Gesamtfahrzeugentwicklung 44

44 Quelle: Bertrandt

38
Organisation im Automotive-Projekt
2.2
Abbildung 2-15 zeigt das Projektorganigramm für eine neue Fahrzeug-Baureihe eines
Automobilherstellers.

Abbildung 2-15: Beispiel: Projektorganigramm Automobilhersteller 45

Strategischer
Projektunterstützer
Projektleiter

Vertrieb Produktion Produktion Material-


Controlling Design After Sales Entwicklung Qualität
Fahrzeug Aggregate einkauf

Funktionsgruppen mit Teileverantwortung Gesamtfahrzeugintegration Querschnitt,


Mandate
Rohbau, Ausstattung, Elektrik/ Sonder- Packaging, Ergonomie Ökologie
Fahrwerk Triebstrang
Exterieur Interieur Elektronik fahrzeuge Dokumentation
Änderungsmanagement Qualität
Rohbau Innen- Vernetzung, Vorderachse Motor- und Einsatz- Verbrauchsmanagement,
ausstattung Bordnetz Getriebe- Prozess
fahrzeuge, Zertifizierung
Rückwandtüren Hinterachse kühlung Sonderschutz Aufbau Prototypen
Sitzanlage Regelsysteme Service/Parts
Oberfläche Bremsen Kraftstoff- Taxi
Designo Absicherung Gesamtfahrzeug Beschaffung
Cockpit Leitungssätze anlage
Front-, Federung,
Heckend, Klima, Wischer MMI Dämpfung, Abgasanlage Passive Sicherheit, Crash, Produktions-
Teilprojekte Betriebsfestigkeit konzept
Anbauteile, Räder
Türen Rückhalte- Motoren AMG Aktive Sicherheit, Fahrdynamik,
system Lenkanlage Aerodynamik Produkt-
Zubehör architektur
Einglasung Triebstrang, Allrad Design
Getriebe

Auf der Ebene der Teilprojekte innerhalb eines Gesamtfahrzeugprojekts spielt der
Bereich Produktionsanlagen eine besondere Rolle. Aufgrund der Komplexität dieses
Projektumfangs und der unterschiedlichen Aufgabenstellung im Gegensatz zur klassi-
schen Entwicklung sehen die Verantwortungsbereiche im Projektorganigramm etwas
anders aus. Es findet sich häufig folgende Aufteilung:

„ Projektleiter
„ Projektkaufmann/-controller
„ Teilprojektleiter Engineering
„ Teilprojektleiter Mechanik
„ Teilprojektleiter Elektrik
„ Einkäufer
„ Baustellenleiter
Abbildung 2-16 zeigt das fiktive Beispiel für ein Anlagenprojekt.

45 Quelle: Daimler

39
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-16: Beispiel: Projektorganigramm Produktionsanlagen (fiktiv)

Projektorganigramm: AAF-Roboterzelle mit Laser


Lenkungsausschuß Kernteam Verantwortung/Aufgaben Erweitertes Team Verantwortung/Aufgaben
Hubert Helle (Vorstand)
Oliver Ohne (Vertrieb) Martin Mechanik Teilprojektleiter Mechanik Franz Gscheid Vertrieb
Gesamtverantwortung bis Abnahme Albert Dratig Projektierung
Reiner Konsenz Konstruktion Mechanik
Max Kontroller Konstruktion Elektrik
Erich Elektrik Teilprojektleiter Elektrik Elmar Spürer Logistik, Einkauf
Gesamtverantwortung bis Abnahme Ute Schuler Dokumentation
Hermann Fräser Produktion
Wilhelm Montes Montage
Heini Zackig Teilprojektleiter Engineering Rudi Neu Inbetriebnahme
Konzeption, Schnittstellen, Gesamtsystem ...

Projektleiter
Franz Fleissig Maria Fein Einkauf Fremdumfänge und Großteile
Ass.: Helga Gut Lieferantenkoordination

Bruno Hurtig Baustellenleiter

Elsa Lieb Projektcontrolling


stv. Projektleitung Terminpläne, Mitkalkulation, Verträge

NN Qualitätsmanagement

Generell gilt, dass ein Projektorganigramm immer durch Personen definiert ist und
deshalb diese auch namentlich dort dokumentiert sein müssen. Eigentlich selbstver-
ständlich, aber die Erfahrung hat uns gelehrt, dies explizit zu fordern. Für jeden Pro-
jektleiter und Teilprojektleiter ist eine verbindliche Stellvertreterregelung zu treffen,
die auch namentlich im Organigramm dokumentiert sein muss. Damit wird Klarheit
geschaffen, Verfügbarkeit sichergestellt (zumindest auf dem Papier) und Mehrfachbe-
lastung von Mitarbeitern offenbar.

Das Kernteam sollte nicht mehr als 7 Personen umfassen (Effizienz, Kommunikation
und Zusammenarbeit), d.h. bei größeren Projekten muss aus Gründen der Effizienz
mehr Verantwortung in Form von Arbeitspaketen delegiert werden. Bei kleineren
Projekten müssen mehrere Verantwortungsbereiche von einer Person abgedeckt wer-
den bzw. bestimmte Funktionen in der Linienorganisation durch Arbeitspakete abge-
wickelt werden.

Der Projektleiter erstellt und pflegt das Organigramm. Die Besetzung der einzelnen
Verantwortungsbereiche wird im Regelfall im Vorfeld des Projektstarts bzw. des Pro-
jektübergabegesprächs mit dem Linienmanagement abgestimmt. Die Art und Weise,
wie diese Abstimmung erfolgt und welchen Einfluss das Linienmanagement auf das
Projektgeschehen hat, hängt von der generellen Einbindung des Projekts in die Unter-
nehmensorganisation ab.

40
Organisation im Automotive-Projekt
2.2
2.2.3 Einbindung in die Unternehmensorganisation
Automobil-Unternehmen stehen in wachsendem Maße vor dem Problem, dass die
gegebene Organisationsstruktur nicht den Anforderungen innovativer Produktent-
wicklungsprojekte gerecht wird. Als Folge wird eine Projektorganisation als zusätzli-
che Dimension zur Koordination der Produktentwicklung eingeführt. Dadurch steigt
natürlich die Komplexität der Gesamtorganisation.

Auf die verschiedenen Organisationsformen zur Einbindung des Projektmanagement


wird hier nicht im Detail eingegangen. Die einschlägige Literatur zu Projektmanage-
ment-Grundlagen46 gibt darüber erschöpfend Auskunft. Generell werden folgende
Möglichkeiten unterschieden:

„ Reine Projektorganisation (Unternehmen im Unternehmen)


„ Matrixorganisation (Internes Auftraggeber-/Auftragnehmer-Verhältnis)
„ Stabsorganisation (Einfluss-Projektmanagement)
„ Projekte aus der Linienorganisation (Projektmanagement als „Nebenberuf“)
„ Poolorganisation
In der Automobilindustrie ist aufgrund der technischen Komplexität und strategi-
schen Wichtigkeit der Projekte die Matrixorganisation am häufigsten anzutreffen und
auch am besten geeignet. Sie vereint eine starke Know-how-Bündelung mit einer ge-
wissen unternehmerischen Weisungsbefugnis. Natürlich abhängig von der jeweiligen
Unternehmenskultur. Nur die strategischen Projektleiter bei den Fahrzeugherstellern
kommen im Regelfall in den Genuss einer reinen Projektorganisation mit disziplinari-
scher Weisungsbefugnis gegenüber ihren unmittelbaren Teammitgliedern.

Abbildung 2-17 zeigt das Schema einer Matrixorganisation mit den funktionalen Lini-
enbereichen (vertikal) und den Projekten als Querschnittsfunktion (horizontal). Die
interne Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung zwischen Projekt und Linie wird
durch die symbolisch dargestellten Arbeitspaket-Aufträge verdeutlicht.

Das Projektmanagement und der PM-Prozess stellen im Regelfall eine zusätzliche


(virtuelle) Organisationsform zur klassischen Linienorganisation im Unternehmen dar.
Im Sinne dieser Matrix-Struktur werden die Projekte bereichsübergreifend abgewi-
ckelt. Der Projektleiter berichtet im Regelfall direkt an die Unternehmensleitung. In
immer mehr Unternehmen unterstützt ein PM-Office (siehe 3.3) die Projektleiter zent-
ral bei administrativen Aufgaben und bei der Anwendung der PM-Methoden. Die
operative Zusammenarbeit zwischen Projekt- und Linienorganisation erfolgt über die
sogenannten Arbeitspakete. Im Sinne eines Kunden/Lieferantenverhältnisses beauf-
tragt der Projektleiter (als Kunde) die Linienabteilungen (als interne Lieferanten) und
externe Partner mit Hilfe der definierten Arbeitspakete (siehe 2.5).

46 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 36f

41
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-17: Projektorientierte Matrixorganisation, schematisch

Unternehmensleitung

Vertrieb Muster- Entwick- Konstruk Produk-


bau + lung -tion tion
Versuch

Projekt ..
A .. .. .. .
. . .

Projekt ..
B ..
. .. . ..
. .

Abbildung 2-18 zeigt auf 2 Ebenen das Beispiel der Matrixorganisation eines Gesamt-
fahrzeugentwicklers mit Produktionsanlagensparte. Bereichsübergreifend werden
Gesamtfahrzeugprojekte abgewickelt und die Projektleiter berichten direkt an den
Vorstand. Bereichsintern werden Dienstleistungs- und Anlagenprojekte abgewickelt.

Die Matrixorganisation, wie sie hier dargestellt ist, soll eine Klammerfunktion darstel-
len, zwischen der Linienorganisation einerseits und der Projektorganisation ander-
seits. Bedingt durch die unterschiedlichen Zielsetzungen beider Organisationsformen
(Linie = fachorientiert; Projekt = ergebnisorientiert), die beide berechtigt und notwen-
dig sind, ergeben sich zwangsläufig Konfliktpotenziale. Diese sollen mit Hilfe von
klaren Rollenverteilungen und Spielregeln minimiert werden. Details dazu erläutern
wir in Kapitel 3.4.

Zur administrativen Unterstützung und zur besseren Umsetzung von Projektma-


nagement gehen immer mehr Unternehmen dazu über, zentrale Supportfunktionen
als PM-Offices bzw. Projektcontrolling-Abteilungen zu etablieren. Die obige Darstel-
lung zeigt eine mögliche Anordnung dieser Funktion im Organigramm. Details wer-
den in Kapitel 3.3 erläutert.

42
Organisation im Automotive-Projekt
2.2
Abbildung 2-18: Beispiel: Matrixorganisation eines Gesamtfahrzeugentwicklers 47

PM: Projektmanager

Vorstand LA: Lenkungsausschuss


TE: Entwicklung + Versuch
MP: Modell + Prototypenbau
BM: Betriebsmittelkonstruktion

PM AB: Anlagenbau

Office PMO: PM-Offices dezentral

Fachbereiche Partnerfirmen

TE MP BM AB
PMO PMO PMO PMO PMO PMO
Int. NL´s

LA
PM

LA
PM

Bezogen auf den Fahrzeugentwicklungsprozess, der den Projektablauf in Automotive-


Projekten im Wesentlichen bestimmt, sind aber noch weitere Regelungen zu treffen,
um Effektivität zu gewährleisten und Konflikte zu vermeiden. Das wichtigste Instru-
ment in diesem Zusammenhang ist das Funktionendiagramm zur Regelung der Auf-
gaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (AKV) der beteiligten Personen und
Fachabteilungen im Projektverlauf.

47 Quelle: EDAG

43
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.2.4 Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung der
Projektbeteiligten
Wesentliche Effizienzverluste in der Projektarbeit entstehen vor allem durch Unklar-
heit bei Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungsbereichen. Deshalb ist ein klares
Rollenkonzept bezogen auf die Aufgabenpakete und Meilensteine im Projekt unab-
dingbar. Auf dieser Basis kann ein ebenso einfaches wie wirkungsvolles Instrument
zur klaren Abgrenzung von Aufgaben und Verantwortungsbereichen eingesetzt wer-
den, das sogenannte Funktionendiagramm. Mit Hilfe einer Matrix werden die Zu-
ständigkeiten der Aufbauorganisation mit den Prozessschritten und Aktivitäten der
Ablauforganisation abgestimmt. Doppelarbeit und Verantwortungsvakuum werden
durch dieses Instrument vermieden. Es ist einfach in der Handhabung und stärkt das
Verständnis für das Zusammenwirken von verschiedenen Beteiligten im Rahmen eines
Projekts. Abbildung 2-19 zeigt das Schema.

Abbildung 2-19: Funktionendiagramm, schematische Darstellung

Aufbauorganisation / Struktur

X = Verantwortlich
Projektsteuerkreis
Projektcontroller
o = Mitwirkung
Linienmanager
Teammitglied
Projektleiter

Grundaufgaben
Vollständige Zielsetzung o o X
Ablauforganisation / Prozess

Projektstruktur / -Plan X o
Ressourcenplan / -Antrag X o
Ressourcen- / Gesamtfreigabe o X
Erarbeiten Detaillösungen X o
Stimmigkeit Gesamtlösung o o X
Istwerterfassung (Projektstatus) o o X
Bewertung Projektstatus X o
Vorschlag Korrekturen X o
Projektsteuer-Entscheidungen o X
Projektberichtswesen X o

44
Organisation im Automotive-Projekt
2.2
Durch eine frühzeitige Erarbeitung des Funktionendiagrammss (schon in Angebots-
phase) und entsprechende Diskussionen im Vorfeld eines Projektes wird die Identifi-
kation des einzelnen Mitarbeiters mit seiner Aufgabe gestärkt und Konflikte vermie-
den. Abbildung 2-20 zeigt das Beispiel eines Funktionendiagramms für ein „Key 1“-
Projekt.

Abbildung 2-20: Beispiel eines Funktionendiagramms 48

»Key-1« - Projekt Technische

Teilprojekt-

Teilprojekt-

Verwaltung
männische
Infor-
Geschäfts-

Gesamt-

lieferant
(Konstruktion) mations-

Leitung
leiter 1

leiter 2
leitung

Kunde
Office/
führer

Back-
Kauf-
transfer

Sub-
Aufgabenbereich / Aufgaben

1. Konstruktion gesamt I E,P I Eg 1x / Woche

1.1 Technische Entwicklung K P I I P 1x / Woche

1.2 Fertigungsplanung K I P I P 1x / Woche

Sonderprojekte / Mehrleist.
1.3 K I I P P 1x / Woche
(Fuktionsm ., RPS, PDM,DMU)
Schnittstellenbetreuung
2. E,P I I I Eg 1x / Woche
(Datentransfer ...)

3. Techn. Berichtwesen gesamt I E,P M M M I A I 1x / Monat

3.1 Intern E,P M M M I A I 1x / Monat

3.2 Extern E,P I 1x / Monat

4. Kalkulation / Preisgestaltung E, P M M bei Bedarf

5. Angebotserstellung I K P A bei Bedarf

6. CAD- / EDV- Organisation E P M M I

7. Personal / Ressourceneinsatz E M M M P

8. Projektcontrolling, Konsequenzen I E,P M A 1x / Monat

9. Projekteinkauf (< 50.000 €) E P P I I A

10. Projekteinkauf (> 50.000 €) E K P A

P: Prozessverantw., E: Entscheidung, M: Mitsprache, A: Ausführung, I: Information, K: Kontrolle

Konflikte zwischen Entwicklungsbereichen wie Planung, Fertigung, Qualitätswesen


usw. können ebenfalls durch Funktionendiagramme geregelt werden. Die Aufgaben
sollten so definiert sein, dass alle beteiligten Fakultäten frühzeitig in eine gemeinsame
Verantwortung „gezwungen“ werden.

48 vgl. Kurek/Schindler (2002), S. 105

45
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Das in der Praxis immer wieder auftretende Phänomen, dass nachgelagerte Prozess-
funktionen Informationen für vorgelagerte Prozessfunktionen bewusst nicht zur Ver-
fügung stellen, um sich am Ende als „Retter des Projektes“ feiern zu lassen, wird
dadurch vermieden. Auch „Kompetenzgerangel“ zwischen Linie und Projekt kann
mittels Funktionendiagrammen unterbunden werden. 49

Ein wesentliches Führungsinstrument im Zusammenspiel zwischen Projekt- und Lini-


enorganisation stellen sogenannte Projektsteuergremien dar. Den Autoren ist kein
Fahrzeugprojekt bekannt, bei dem diese Gremien nicht eine entscheidende Rolle spie-
len. In Kapitel 3.3 wird im Rahmen des Multiprojektmanagements auf diese Gremien
näher eingegangen.

2.3 Teamarbeit und Kommunikation als


Erfolgsfaktoren im Projekt
In den Projekten der Automobilindustrie wird interdisziplinär, meist in sogenannten
„SE-Teams“ gearbeitet. 50 Die wichtige Rolle der Teamarbeit und die Schritte, die zu
einem erfolgreichen Team führen, werden in diesem Kapitel erläutert. Darüber hinaus
spielen Kommunikationsmittel und –wege und ein professioneller Informationsfluss
eine wesentliche Rolle für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Abbildung 2-21 auf der nächsten Seite zeigt das Beispiel einer SE-Team-Struktur in der
Fahrzeugentwicklung. Im SE-Hauptteam werden Vorgaben, Lösungen und Entschei-
dungen abgestimmt, die das gesamte Fahrzeug bzw. die Schnittstellen zwischen den
Modulen oder Haupt-Funktionsgruppen betreffen. Dies ist die Ebene des technischen
Projektmanagements. Innerhalb der Module gibt es je nach Komplexität des Moduls
noch eine Unterstruktur, die wieder ein entsprechendes Team erforderlich macht. Für
den Entwicklungsprozess eines jeden Submoduls oder einer jeden Funktionsgruppe
arbeiten dann die einzelnen Fachabteilungen prozessorientiert zusammen. Deren
Koordination erfolgt in einem interdisziplinären, prozessorientierten SE-Team mit je
einem Vertreter aus jeder Abteilung.

49 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 37


50 vgl. Dixius (1998), S. 10ff

46
Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt
2.3
Abbildung 2-21: Beispiel: SE-Teamstruktur Gesamtfahrzeugentwicklung 51

Interieur

Elektrik Exterieur

SE-Hauptteam
Fachliche Abstimmung

Gesamtfahrzeuge

BIW HOP ...

Dichtungen Klappen

Türen Modulorientierung
Entwicklung Prozessorientierung
Montageein-
Elektrik Modulteam / richtungen
Funktionsgruppe (Serie)
Presswerk-
CAE
zeuge
(Serie)
Versuch
Prototypen Rohbau-
anlagen (Serie)

2.3.1 Zusammenarbeit im Team fördern


„Wer Menschen führen will, muss hinter ihnen gehen.“ Laotse, chinesischer Philosoph

Projektarbeit ist in den meisten Fällen Teamarbeit. Vielfach sind die Beteiligten aber
noch kein Team, weil ihnen das Bewusstsein dafür fehlt oder sie mehr oder weniger
wegen der „Verfügbarkeit“ oder „Anordnung von oben“ zusammenarbeiten. Zwi-
schenmenschliche Probleme und Konflikte sind dann vorprogrammiert.

Aus der Erfahrung vieler schwieriger oder gescheiterter Projekte haben sich einige
Erfolgsfaktoren für Teamarbeit herauskristallisiert (siehe Abbildung 2-22).

51 Quelle: EDAG

47
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-22: Erfolgsfaktoren von Projektteams

Ein erfolgreiches Projektteam zeichnet sich im Wesentlichen durch folgende Kriterien aus:

1. Sorgfältige Auswahl und richtige Zusammensetzung der Teammitglieder

2. Eindeutiger Auftrag und klare Zielvorstellung

3. Geklärte Beziehungen, gegenseitige Akzeptanz und Kooperation

4. Klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche und Rollenverteilung

5. Vereinbarte und akzeptierte Spielregeln und Abläufe

Je nach Größe und Zusammensetzung (Teammitglieder kennen sich bereits, bzw. ar-
beiten zum ersten Mal zusammen) eines Projektteams ist eine aktive Teamentwick-
lungsmaßnahme Voraussetzung dafür, dass ein Team optimal zusammenarbeitet. Der
Faktor „Mensch“, also die Fähigkeit zur Kommunikation und Zusammenarbeit, ent-
scheidet zu über 50% über den Erfolg / Misserfolg eines Projektes. Somit ist eine
Zeitinvestition in die Teamentwicklung ratsam. Damit die Phasen zügig durchlaufen
werden, kann die Teamentwicklung „aktiv“ durch einen professionell moderierten
Workshop gefördert werden.

Der Weg einer Teamentwicklung läuft im Wesentlichen in 4 Phasen ab:

1. Statik/Entstehung/Forming (Kennenlernen, „Abwarten“ und Zurückhaltung, feh-


lende Planungs- und Steuerungsinstrumente)

2. Aufbruch/Storming (Auseinandersetzungen, „Teeniealter“, „Hinterfragen“ von


Zielen, Werten und Abläufen, persönliche Konflikte Æ konstruktive Konfliktbe-
wältigung)

3. Ordnung/Norming (Richtlinien entwickeln, Konfliktlösung, Kommunikationsre-


geln, regelmäßige Besprechungen)

4. Leistung/Performing (Übereinstimmung bezüglich Ziele, Rollen, Spielregeln. Ei-


geninitiative und Verantwortungsbereitschaft)

Die Realität zeigt, dass die einzelnen Phasen nicht übersprungen werden können,
ohne sich negativ auf das Leistungsniveau des Teams auszuwirken. Es gibt jedoch
viele Teams, die in den Phasen 1 oder 2 „stecken bleiben“ und sich in der Folge relativ
schlecht zusammenarbeiten und keine Effizienz zeigen.

48
Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt
2.3
In immer mehr Automotive-Projekten kommen „virtuelle Teams“ zum Einsatz, die
nicht an einem Standort zusammenarbeiten sondern sich nur temporär persönlich
sehen. Bei dieser Art von Teamarbeit sind die Entwicklungsphasen besonders deutlich
und müssen, aufgrund der räumlichen Distanz, bewusst gestaltet werden. Ein echtes
und tragfähiges Wir-Gefühl, das effiziente Hochleistungsteams charakterisiert, kann
ohne das Durchlaufen dieser Phasen nicht entstehen.

Hierin liegt jedoch häufig das Problem: Nicht selten wird gerade die “unangenehme“
Aufbruchphase umschifft oder ihr Durchleben unterdrückt bzw. kontraproduktiv
abgekürzt. Obwohl gerade in dieser Phase die Grundlage erfolgreicher Teamarbeit
geschaffen wird. Die Distanz bei virtuellen Teams „lädt“ förmlich dazu ein, Mei-
nungsverschiedenheiten, Akzeptanzprobleme und Reibungspunkte zu verdrängen
und das bewusste Durchleben dieser Phase zu vernachlässigen. Das äußert sich dann
in Leistungsabfall, erkennbar u.a. durch folgende Signale: Termine werden nur noch
bedingt eingehalten oder geschoben; das Projekt nimmt in der „Prioritätenliste“ der
Teammitglieder eine zunehmend nachrangige Position ein; Team-Mitglieder springen
ab; Missverständnisse häufen sich; Anzahl von Absprachen aufgrund widersprüchli-
cher Wahrnehmungen steigt....

Im Rahmen der Teamentwicklung müssen wichtige Kernelemente der Teamarbeit so


erarbeitet werden, dass sie eine tragfähige Basis bilden:

„ Spielregeln
„ Teampositionen und -rollen
„ ein klarer Arbeits- und Ablaufplan
„ echtes Commitment der Teammitglieder zur Rollenverteilung, Aufgabenstellung
und Vorgehensweise

„ Vertrautheit und gute Beziehungen zwischen den Mitgliedern


Die Teamentwicklung ist eine wesentliche Führungsaufgabe des Projektleiters. Im
Mittelpunkt steht gute Kommunikation und Information sowie ein funktionierendes
Konfliktmanagement. Ein Moderator bzw. Coach kann dabei sinnvoll unterstützen.
Teamentwicklung ist ein kontinuierlicher Prozess, der im Rahmen der Projektdefiniti-
on angestoßen werden soll. Dies erfolgt am besten mit Hilfe eines „Teambildungs-
Workshops“. Bei lokalen Teams müssen, je nachdem wie gut sich die Beteiligten be-
reits kennen und wie groß die Gruppe ist, etwa 6 – 12 Stunden für diese Veranstaltung
eingeplant werden. Bei standortübergreifenden oder sogar internationalen Teams ist
der Zeitaufwand für die Teambildung und –entwicklung bedeutend höher. Allerdings
ist diese Maßnahme dann auch existenziell notwendig (siehe Kapitel 2.3.3). Im Tea-
mentwicklungsworkshop werden unter Anleitung eines Moderators die wesentlichen
Kriterien erfolgreicher Teamarbeit erarbeitet und die Grundlagen für eine kooperative
Zusammenarbeit und den notwendigen „Teamgeist“ gelegt. Abbildung 2-23 zeigt eine
mögliche Tagesordnung.

49
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-23: Beispiel: Agenda Teamentwicklungs-Workshop

Nr. TOP Verantwortlich Dauer

1. Grundlagen Teamarbeit Coach 60 min


2. Persönlichkeit und Verhalten (z.B. mit DISG,HBDI) Coach/ Teil- 90 min
nehmer
3. Strategien zur Verbesserung der Zusammenarbeit Teilnehmer 60 min
und Kommunikation
4. Spielregeln und Abläufe vereinbaren Teilnehmer 90 min
5. Rollen- und Aufgabenverteilung, Organisation Teilnehmer 60 min
6. Nächste Schritte und Maßnahmen Teilnehmer 30 min

Die weiteren Schritte der Teamentwicklung erfolgen automatisch im Rahmen der


regelmäßigen Teambesprechungen bzw. gezielt durch gemeinsame Freizeitaktivitäten.
Die Abbildungen 2-24 und 2-25 zeigen ein Beispiel für Spielregeln, die zu Beginn des
Projekts im Rahmen eines Team-Workshops vereinbart werden können.

Abbildung 2-24: Beispiel: Spielregeln im Projektteam Teil 1

Spielregeln für die Zusammenarbeit im Projektteam

Informationsfluss zwischen Projektteam und Kunde

„ Alle vertragsrelevanten Informationen werden parallel an alle Kernteammitglieder gegeben


„ E-Mail-Kommunikation: „Projekt AAF...“ als erstes Wort vor den Betreff setzen
Terminplanung und -steuerung

„ Es wird ein verbindlicher Grobterminplan für das gesamte Projekt erstellt und gepflegt
„ Die Abstimmung der Arbeitspakete erfolgt auf Basis der Detailtermine, die zwischen den
Teilprojektleitern und der Linie vereinbart wurden.
Projektorganisation und Verantwortlichkeiten

„ Die Verantwortungsbereiche sind aus dem Organigramm ersichtlich.


„ Für PL und Kernteam werden Rechte und Pflichten in Funktionsbeschreibungen definiert
Berichterstattung an die Bereichsleitung

„ Es wird ein monatlicher Statusbericht für die Geschäftsleitung erstellt.


„ Inhalte sind: Grobterminplan (Soll/Ist), Fortschritt an Aktivitäten (Status der Umsetzung, ge-
plante Installationen), aktuelle Risiken, Kostensituation (Soll/Ist) und Abrechnung

50
Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt
2.3
Abbildung 2-25: Beispiel: Spielregeln im Projektteam Teil 2

Projektdokumentation und Ablage

„ Die Ablagestruktur wird im Intranet einheitlich entsprechend der Projektorganisation geregelt


„ Die Bezeichnung der Dateinamen wird ebenfalls einheitlich geregelt
Führungsverantwortung im Kernteam

„ Es gilt das Motto "Unternehmer im Unternehmen"


„ Themenbezogene Problemlösung und Aktivitäten erfolgen selbständig
„ Die Statusbesprechung wird mit themenbezogenen Problemlösungen nicht belastet.
Projektkultur

„ Wir investieren Vertrauen und reden „mit einander“ und nicht „über einander“
„ Konflikte werde offen und sofort angesprochen und gemeinsam gelöst
Statusbesprechungen im Kernteam

„ Für Kernteammitglieder ist die Teilnahme an Statusbesprechungen Pflicht (evtl. Vertreter).


„ Unentschuldigtes Fehlen oder Zuspätkommen kostet pro Minute Euro 1,-- in die Projektkasse
„ Handys bleiben während Besprechungen ausgeschaltet (jedes Klingeln Euro 5,--).
Aktivitätenliste und Abarbeitung

„ Wenn eine Aktivität mit Verantwortlichkeit und Termin vereinbart wurde, so kümmert sich der
Verantwortliche selbständig und eigenverantwortlich um die Abarbeitung.
„ Eine Verfolgung der gleichen Aktivität durch mehrere Kernteammitglieder ist nicht effektiv und
nur in Ausnahmefällen (nach Abstimmung im Kernteam) möglich.

Bei virtuellen Teams, deren Mitglieder an verschiedenen Standorten – oft weltweit


verteilt – arbeiten, ist bedeutend mehr Aufwand zu treiben. Die wesentlichen Merkma-
le von leistungsstarken, virtuellen Teams sind:

„ Den Teammitgliedern ist Ziel, Sinn und Zweck des Projektes klar; die einzelnen
Personen können sich mit der Aufgabe identifizieren und sehen einen echten per-
sönlichen Sinn in der Mitarbeit – das Verhältnis zwischen individuellen Interessen
und den Möglichkeiten, sich in das Projekt einzubringen, sind geklärt.

„ Der Vorgehensplan des Projektes ist von den Teammitgliedern gemeinsam erar-
beitet und verabschiedet worden.

„ Die Regeln der Zusammenarbeit sind festgelegt und akzeptiert.


„ Alle Teammitglieder haben ihren „Platz“, ihre Rolle gefunden und können sich mit
derselben identifizieren; allen Mitgliedern ist jedoch bewusst, dass eine Verschie-
bung der Herausforderungen oder der Rahmenbedingungen eine Rollenverände-
rung, -verschiebung nach sich ziehen kann.

51
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
„ Das Verhältnis der Teammitglieder zueinander kann mit „funktionaler Vertraut-
heit“ umschrieben werden. Jedes Mitglied hat zu den anderen Teammitgliedern so
weit Vertrauen, dass es sich auf die anderen tatsächlich verlässt oder mögliche
Probleme aufgrund einer tragfähigen Beziehung sofort ansprechen kann.

„ Sämtliche Teammitglieder verfügen über ein notwendiges technisches Equipment


(Internetanschluss, E-Mail, Mobiltelefon etc.) um standort-unabhängig kom-
munizieren zu können und nutzen diese optimal.

„ Kommunikationskanäle sind eingerichtet, deren Einsatz ist eindeutig und für alle
Teammitglieder klar definiert. Alle halten sich an die getroffenen Vereinbarungen.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind einige Anstrengungen erforder-


lich. Am besten wird ein systematischer Teamentwicklungsprozess mit professioneller
Unterstützung aufgesetzt. Das folgende Schema (Abbildung 2-26) zeigt einen solchen
Prozess in 3 Phasen.

Abbildung 2-26: Entwicklungsprozess für virtuelle Teams, Vorgehensmodell

Phase I Phase II Phase III


Initialisierung Produktivarbeit
Abschluss
und Kick-off und follow-up

Zielsetzung Zielsetzung Zielsetzung


• sämtliche Teammitglieder bekennen • Teammitglieder arbeiten an • gemeinsamer Abschluss
sich zu den Zielen des Projektes ihren Aufgabenstellungen des Projektes mit
• die Teammitglieder kennen sich, • fallweise und periodische gemeinsamer Vorbereitung
wissen in der ersten Phase um ihre Abstimmung über Internet, der Präsentation
Stärken und Schwächen – funktionale Videokonferenzen, Telefon etc. • Planung des weiteren
Vertrautheit ist gegeben • Follow-up-Veranstaltung – Vorgehens
• Art und Qualität der Zusammenarbeit Lessons-learned-Workshop • Lessons-learned-Summary
sind festgelegt und lebbar ist erarbeitet

Vorgehen Vorgehen Vorgehen


Outdoor-Teambuilding mit sämtlichen (1) Produktivarbeit der (1) Gemeinsame Planung des
Teammitgliedern Teammitglieder Abschlusses (frühzeitig) –
Elemente: Teamarbeit, Rollenverteilung, (2) Abstimmung entsprechend den Telefonkonferenz,
Einzelarbeit mit konkreter getroffenen Spielregeln Videokonferenz
Zielvorgabe; Simulation von (3) „Distanzabstimmung“ (2) Abschlussworkshop mit
Spielregeln; bewusst die (4) Follow-up-Veranstaltung Event
gemeinsame Teambrille aufsetzen; Lessons-learned-Workshop (1-
organisatorische Abläufe im Projekt 4 mal abhängig von der Dauer
erarbeiten etc.; Medien und des Projektes)
Maßnahmen der Kommunikation und
des Konfliktmanagements erarbeiten

52
Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt
2.3
2.3.2 Kommunikation im Projekt regeln
Ein Großteil der fehlgeschlagenen Projekte scheiterte nicht an der Technik, Organisati-
on oder fehlenden Teamfähigkeit sondern schlichtweg an der Kommunikation. Damit
ist die Kommunikation zu einem der größten Risikofaktoren in der Projektarbeit ge-
worden. Wird berücksichtigt, dass für Projekte heute immer weniger Zeit zur Verfü-
gung steht und auch das Budget stark begrenzt ist, wird die Bedeutung einer optima-
len Kommunikation schnell deutlich.

Auf Feinheiten der zwischenmenschlichen Kommunikation wird an dieser Stelle nicht


näher eingegangen. Hier verweisen wir auf die einschlägige Literatur bzw. Grundla-
gen-Werke zum Projektmanagement. 52 Für Automotive-Projekte wird allerdings das
Thema der Kommunikation im internationalen und multikulturellen Umfeld immer
wichtiger, deshalb wird darauf noch gesondert eingegangen. Einen Überblick über die
verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten im Projekt, geordnet nach Raum und
Zeit, liefert Abbildung 2-27.

Abbildung 2-27: Kommunikationsmöglichkeiten nach Raum und Zeit

Zeit

elektronische
Postsysteme

spez. Datenbanken
versetzt
spez. Planungssysteme

Groupware

synchron Video-, Telefon-,


Desktopkonferenzen
Sitzungen,
Besprechungen

Raum
zusammen entfernt

52 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), Schulz von Thun (1983) und Mayershofer (1999)

53
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Technisch gesehen lässt sich Kommunikation im Projekt unterscheiden nach:

„ Sprachkommunikation
„ Textkommunikation
„ Bildkommunikation
Bei der Sprachkommunikation spielt die klassische persönliche Besprechung und das
Telefon sicher noch die größte Rolle. Erfahrungsgemäß wird dies so bleiben, weil ge-
rade im Projektmanagement nicht nur reine Sachinformationen ausgetauscht werden,
sondern viele Führungs- und Steuerungsinformationen auf der „nonverbalen“ und
„emotionalen“ Ebene fließen. Dafür sind gute Beziehungen und persönliche Begeg-
nungen erforderlich. Ohne diese würde die Arbeit auch wenig Spaß machen...

Abbildung 2-28 zeigt die wichtigsten persönlichen Kommunikationsformen im Projekt


geordnet nach der Qualität für das Projektmanagement und dem Ressourcenbedarf.

Abbildung 2-28: Persönliche Kommunikationsformen im Projekt 53

Projektmanagement
Qualität

hoch Projekt-
workshop

mittel Projekt-
sitzung

Einzel-
niedrig
gespräche

Ressourcen-
niedrig mittel hoch bedarf

53 vgl. Gareis (2000)

54
Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt
2.3
Damit diese persönlichen Begegnungen auch bei räumlich verteilten Projektteams und
trotz des hohen Drucks des Tagesgeschäfts verbindlich stattfinden, braucht es klare
Regeltermine, die über einen langen Zeitraum von allen Beteiligten im Terminkalender
„geblockt“ werden. Der Aufwand, einen Besprechungstermin ad hoc zu vereinbaren,
ist um ein vielfaches höher, als einmal einen Regeltermin abzusagen. Das sollten alle
erfahrenen Projektleiter wissen. Abbildung 2-29 zeigt Regeltermine mit entsprechen-
der Frequenz bei einem Automobilhersteller.

Abbildung 2-29: Regelbesprechungen im Projekt 54

Steuerungsebenen Besprechungstyp Inhalt Termine

Projekt- Projektleiter-Besprechung 1) Infos aus der monatlich


Projektleiter Projektleitung
Leitung
Gesamtfunktions- 2) Berichterstattung der
1 GFG-Sprecher zum
gruppen-Sprecher
Gesamt- Kostenteam-Sprecher Projektstand
funktions- Terminteam-Sprecher 3) Maßnahmenfestlegung
gruppen
Sprecher
Geamtfunktionsgruppen- 1) Koordination der 14-tägig
2 Besprechung FG Arbeit
Funktions Funktionsgruppen-Sprecher 2) Vorbereiten der
gruppen und Vertreter Aktivitäten der
Steuerungsebene 1

Funktionsgruppen-Besprechung 1) Koordination der nach Bedarf,


3 Funktionsgruppen-Mitglieder laufenden Arbeit wöchentlich
Funktions- 2) Vorbereiten der
gruppen Aktivitäten der
Steuerungsebene 2
Team-Besprechung
Projektleiter 1) Infos aus der viermal
Funktionsgruppen-Sprecher Projektleitung pro Jahr
Kostenteam-Sprecher 2) Berichterstattung der
Terminteam-Sprecher Funktionsgruppen-
Sprecher zum Projektstand
3) Maßnahmenfestlegung

Die digitalen Medien spielen durch die zunehmende Internationalisierung und stand-
ortübergreifendes Arbeiten eine immer größere Rolle. Die Internet-Technologie bietet
hier sinnvolle Möglichkeiten.

54 Quelle: Daimler

55
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Nach der Offenheit bzw. Sicherheit für die Nutzer lassen sich drei Anwendungsberei-
che unterscheiden:

„ Das Intranet steht einer begrenzten geschlossenen Gruppe zur Verfügung, z.B.
einem Unternehmen, oder auch nur einer Projektgruppe.

„ Im Extranet wird dieser Kreis bereits erweitert, so wird z.B. ein externer Projekt-
partner oder Kunde in das interne Intranet mit einbezogen.

„ Das Internet stellt die Möglichkeit einer völligen Öffnung dar, also zur weltweiten
Kommunikation und einem entsprechenden Informationsaustausch.

Als gängige Kommunikationsform für Text und Bild im Projekt gilt die E-Mail. Das
Versenden von „elektronischer Post“ ist heute sicherlich eine der am meisten verbreite-
ten Kommunikationsmöglichkeiten. Neben der eigentlichen Textnachricht lassen sich
Dokumente aller Art als sogenannte „attachments“ anhängen und elektronisch ver-
senden. In der Projektarbeit wird dies insbesondere für den Austausch von elektroni-
schen Formularen und Vorlagen zwischen den Projektmitgliedern genutzt. Auch im
Bereich Terminplanung und bietet sich dieses Medium an. So lassen sich z.B. zur Pro-
jektorganisation die Termine der Teammitglieder per Rückmeldung mittels E-Mail
koordinieren. Über die Zusammenstellung von Gruppen lassen sich für bestimmte
Themenbereiche die Empfänger festlegen. Die Auswahl der Gruppe hat dann eine
Verteilerfunktion. Der Vorteil dabei ist, dass auch wirklich nur die relevanten Empfän-
ger Nachrichten erhalten.

Für die Kommunikation von Sprache und Bild auf analoge oder digitale Weise bietet
sich die Videokonferenz an, eine bereits seit längerem bekannte, jedoch aufgrund der
Einschränkung hinsichtlich Sprach- und Bildqualität wenig genutzte, Kommunikati-
onsmöglichkeit.

Mit den Entwicklungen in der Netzwerktechnologie, insbesondere der Steigerung der


Übertragungsleistung, gewinnt diese Kommunikationsart jedoch an Bedeutung.
Grundvoraussetzung für eine gelungene Videokonferenz ist immer noch eine ausrei-
chende Übertragungskapazität. Nur mit entsprechenden Bandbreiten lässt sich eine
ansprechende Qualität hinsichtlich Bild und Sprache erreichen.

„ Eine der derzeit wohl innovativsten Neuentwicklungen für die Kommunikation im


Projektmanagement stellt die Nutzung virtueller Projekträume dar. Ursprünglich
für Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich E-Learning entwickelt, lassen diese sich
auch sehr gut in der Projektarbeit, insbesondere bei virtuellen Projektteams, einset-
zen. Von der Funktionalität bietet ein virtueller Projektraum die Möglichkeit, eine
reale Besprechung nachzubilden.

Projektportale im Internet sind ebenfalls auf die Unterstützung der Teamarbeit ausge-
richtet. Für die Kommunikation im Projekt stehen verschiedene Funktionselemente
zur Verfügung:

56
Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt
2.3
„ Messaging, Calendaring und Scheduling (also gemeinsame Nachrichten und Pla-
nungsräume), gemeinsamer „Projektnachrichten-Eingang“;

„ Diskussionsforen (frei oder moderiert) und Synchrone Chat-Räume;


„ E-Conference, E-Learning, News-Bulletins (mit personalisierter Anzeige der für
den Anwender neuen Einträge).

Aber die komfortable Kommunikationstechnik hat auch ihre Schattenseiten. Durch die
einfache Anwendung wird oftmals zu viel Information an einen zu großen Kreis ver-
teilt. Wer kennt z.B. nicht das Problem einer mit nicht relevanten Daten überlaufenden
Mailbox. Eine solche unnötige Informationsflut ist Ressourcenverschwendung und
lähmt die Kommunikation. Die Verwendung von unterschiedlichen Formaten und
Anwendungen oder auch die Nichterreichbarkeit des Kommunikationspartners führt
oft zu Aggressionen, Frust und Konflikten. Das Fehlen des persönlichen Kontakts
zwischen den Beteiligten kann ebenfalls durchaus mit Nachteilen verbunden sein. Da
die modernen Kommunikationskanäle immer nur einen Ausschnitt der gesamten
Kommunikation abbilden, können leicht Irritationen oder Fehlinterpretationen entste-
hen, die im direkten Gespräch erst gar nicht auftreten bzw. wesentlich leichter ausge-
räumt werden können.

2.3.3 Kommunikation in internationalen Teams als


Herausforderung
Sind Projektteam und Aufgaben auf verschiedene internationale Standorte verteilt,
steht das Projektmanagement vor einer besonderen Herausforderung: Viele Fragestel-
lungen, die in nationalen, standortbezogenen Projekten durch direkte Kommunikation
auf dem "kleinen Dienstweg" gelöst werden können, schaffen in internationalen Pro-
jektteams große Probleme. Schwierigkeiten bereiten z.B. folgende Punkte:

„ kulturelle Unterschiede sowie andere Arbeits- und Vorgehensweisen, zum Beispiel


das unterschiedliche Meeting-Verhalten verschiedener Nationalitäten

„ Schwierigkeiten in der Teamkommunikation aufgrund unterschiedlicher Zeitzo-


nen und Sprachfähigkeiten, oft verstärkt durch Probleme mit den verschiedenen
Sprachversionen von Software

„ großer Abstimmungsaufwand zwischen den Standorten, etwa bei der Terminkoor-


dination für übergreifende Statusmeetings und Workshops

„ die unterschiedliche organisatorische Ausgestaltung der verschiedenen beteiligten


Standorte. Damit verbunden ist das Problem, dass der Projektleiter die richtigen
Ansprechpartner nur schwer identifizieren kann, da diese an verschiedenen Stellen
der lokalen Organisation angesiedelt sein können.

57
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Wer mit Menschen aus fremden Kulturen zusammenarbeitet, muss deren Sitten und
Gebräuche, Gefühle und Befindlichkeiten kennen und respektieren. Und er muss
umgekehrt auch dazu fähig sein, seinen Partnern aus anderen Kulturkreisen die eige-
nen Verhaltensweisen verständlich zu machen. Nur wer Unterschiede bewusst wahr-
nimmt, vermeidet Kosten, Zeitverluste, „Fettnäpfchen“ und Konflikte. Und er kann
die Synergieeffekte multikultureller Zusammenarbeit besser nutzen.

"Interkulturelle Kompetenz" heißt das Schlüsselwort im Zusammenhang mit multikul-


turellen Projekten. Das ist keine neuartige Qualifikation oder Fähigkeit, sondern eine
Kombination sozialer, kognitiver und kommunikativer Kompetenzen, gepaart mit
Wissen über die eigene Kultur und Partnerkulturen.

Wie sollte ein Projektmanager oder Projektmitarbeiter mit kulturellen Unterschieden


umgehen?

„ Der Projektmanager muss sich der kulturellen Unterschiede in der sozialen Etiket-
te (Begrüßungsrituale, Tischrituale, Sitzordnungen...) bewusst sein.

„ Er sollte soziale Störungen registrieren und ihre Ursachen erforschen.


„ Standards für soziales Verhalten sind abhängig von persönlichen und kulturellen
Orientierungen. Die Teilnehmer multikultureller Meetings sollten deshalb voreilige
persönliche Urteile über andere vermeiden.

„ Der Projektmanager muss verstehen, was andere Projektteilnehmer erwarten, da-


mit sie sich während eines Meetings wohl fühlen können. Und er sollte wissen,
was sie in ihrem Umfeld brauchen, um die sozialen Verpflichtungen zu erfüllen,
mit denen sie in diesem Meeting konfrontiert werden.

„ Alle Projektteilnehmer sollten das Projekt dazu nutzen, ihr Repertoire an sozialen
Verhaltensweisen im Arbeitsumfeld auszubauen.

Die Fähigkeit, in multikulturellen Projekten zu arbeiten, kann sich optimal entfalten,


wenn die Mitarbeiter sich für kulturelle Unterschiede interessieren und die gemein-
same Suche nach der besten Lösung von allen Projektteilnehmern unterstützt und als
gemeinsames Ziel angenommen wird.

Kulturelle Unterschiede können die Dynamik von Projektteams außerordentlich berei-


chern. Sie stellen ein kreatives Potenzial für die gemeinsame Entwicklung innovativer
Ideen dar. Andererseits können sie aber auch Missverständnisse, Verärgerung und
Misstrauen auslösen und so die Zusammenarbeit erheblich belasten.

Der bewusste Umgang kulturell kompetenter Projektmitarbeiter mit diesen Unter-


schieden ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Multikulturelle Zusammenarbeit kann nur mit
gegenseitigem Respekt und Interesse an anderen Meinungen, Sichtweisen und Sitten
funktionieren.

58
Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt
2.3
Die vielleicht wichtigste Herausforderung internationaler oder interkulturell besetzter
Projekte besteht darin, kulturelle Unterschiede nicht nur zu integrieren, sondern als
echten Produktivfaktor im Projekt zu verankern. Gerade die Kreativität und Vielfalt
im Vorgehen unterscheiden internationale Projektteams positiv von rein nationalen
Teams. So kann z.B. die in Deutschland weit verbreitete Fokussierung auf qualitativ
hochwertige Produkte und technische Perfektion mit der in Frankreich eher vorherr-
schenden Orientierung an den Bedürfnissen des Kunden durchaus eine glückliche
Konstellation ergeben.

Ob es so weit kommt, hängt letztendlich von den Projektleitern und den Entscheidern
im Top-Management ab. Entscheidend ist deren Bereitschaft, internationale Projekt-
teams angemessen zu unterstützen und ihnen – auch über die unmittelbaren operati-
ven Erfordernisse hinaus – Freiraum zur Verfügung zu stellen. Dabei geht es etwa um
die Schaffung von Transparenz über die Ziele des Projekts, aber auch um das Aushan-
deln gemeinsamer Regeln der Zusammenarbeit sowie die Einigung auf Vorgehens-
weisen und Tools im Projektmanagement.

Hinzu kommt der Faktor Vertrauen, auf den international arbeitende Teams aufgrund
der geographischen Entfernung und der schwierigen Kommunikationsbedingungen
weitaus stärker angewiesen sind als herkömmliche Projektteams. Wird in der Definiti-
onsphase gezielt in dieses Vertrauen investiert, ist in späteren Phasen mit erheblichen
Kosteneinsparungen aufgrund von gesteigerter Produktivität zu rechnen. In der Praxis
hat es sich bewährt, Start-Workshops mit dem gesamten Kernteam und mit Unterstüt-
zung von (internen oder externen) Prozessbegleitern durchzuführen. Während solcher
Start-Workshops lernen sich die Teilnehmer persönlich kennen und klären ihre Erwar-
tungen, Ziele, die Kommunikationswege und -medien sowie die Rollen einzelner
Teammitglieder im Projekt (siehe 2.3.1).

Internationale Projektarbeit ist Projektarbeit unter erschwerten Bedingungen – mit der


Chance auf erhöhten Gewinn für alle Beteiligten. Erfolgreiche internationale Projekte
leisten oft einen herausragenden Beitrag zum Zusammenwachsen global orientierter
Unternehmen in der Automobilindustrie. Voraussetzung ist jedoch, dass den besonde-
ren Umständen im Projekt Rechnung getragen wird. Insbesondere die Projektdefiniti-
onsphase gilt als wichtige Weichenstellung für einen späteren Erfolg. Daneben spielen,
wie bereits erwähnt, der Informationsfluss und die entsprechenden technischen Mög-
lichkeiten eine wichtige Rolle.

59
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.3.4 Informationsfluss im Projekt gestalten
Das klassische Informationsmanagement in den Unternehmen der Automobilindustrie
ist häufig noch nicht optimal auf die Projektarbeit ausgerichtet. Bei der Entwicklung
der IT-Infrastruktur und Installation entsprechender Software haben in der Vergan-
genheit die Anforderungen kommerzieller (ERP-System) und technischer Prozesse
(CAD, Simulation, DMU) klar dominiert. Über das weit verbreitete „Office-Paket“ sind
viele Unternehmen nicht hinausgekommen. Dementsprechend unübersichtlich sind
die Ablagen und elektronischen Verzeichnisse der Projektteams. Das Ablegen und
Wiederfinden von Dokumenten in der aktuell gültigen Version bereitet Projektleitern
und –mitarbeitern immer wieder „Kopfzerbrechen“.

Damit alle Projektbeteiligten auf dem aktuellen Informationsstand sind, sollte das
Projektmanagement einige Punkte beherzigen: 55

„ Sorgen Sie dafür, dass die strategische Ausrichtung des Projekts (Vision, Ziele,
Planung) dokumentiert und für jeden Mitarbeiter zugänglich ist, zum Beispiel auf
einer Projekt-Homepage im Intranet.

„ Legen Sie sich im Voraus auf die Dokumentationsform der Arbeitsergebnisse fest,
die im Projekt erzeugt werden sollen. Orientieren Sie sich dabei an den Projektpro-
zessen. Verwenden Sie standardisierte Dokumentvorlagen.

„ Arbeitsergebnisse sollten anhand eindeutiger Kriterien identifizierbar sein: Versi-


on, Status, Erstellungsdatum, letztes Änderungsdatum, verantwortlicher Bearbei-
ter.

„ Führen Sie eine Übersicht der Arbeitsergebnisse, um jederzeit beurteilen zu kön-


nen, ob ein ausgedrucktes Dokument noch aktuell ist. Dabei unterstützen Sie Do-
kumentenmanagement- und Konfigurationsmanagementsysteme oder – im ein-
fachsten Fall – ein Programm zur Tabellenkalkulation.

„ Erstellen Sie eine Übersicht Ihrer Werkzeuglandschaft und bilden Sie Ihren Infor-
mationsbedarf darauf ab.

„ Legen Sie Verteilerkreise für die verschiedenen Ergebnistypen fest. Orientieren Sie
sich an diesen, wenn Sie zu Besprechungen einladen. Verteilerkreise können Sie
z.B. in einem Groupware-Server einrichten.

„ Einigen Sie sich auf eine Ablagestruktur und ordnen Sie die Ergebnistypen festen
Ablageorten zu. Diese Ordnung erleichtert es speziell Mitarbeitern ohne Detailwis-
sen, Informationen zu finden.

55 vgl. Rohr, J. in: Projektmagazin 4/2004

60
Teamarbeit und Kommunikation als Erfolgsfaktoren im Projekt
2.3
„ Erstellen Sie eine Übersicht der Daten, die für die Steuerung nötig sind. Prüfen Sie
dann, in welchen Werkzeugen diese Daten vorgehalten werden. Ergänzen Sie die
Funktionen der Werkzeuge. Die meisten lassen sich flexibel konfigurieren.

„ Nutzen Sie grafische Auswertungen, um einen schnellen Überblick zu bekommen.


„ Lassen Sie sich periodische Berichte automatisch erzeugen.
„ Archivieren Sie Informationen, die Sie nicht mehr brauchen.
Einen wesentlichen Beitrag zu einem effizienten Informationsmanagement im Projekt
spielt die zentrale Ablage aller Projektinformationen, auch „zentrale Projektakte“
genannt. Mit Hilfe einer Datenbank lassen sich die Projektdaten zentral ablegen, so
dass jeder Projektbeteiligte auf die gleichen Informationen zugreift. Moderne Systeme
basieren mittlerweile vollständig auf der Internet-Technologie. Die Anwender benöti-
gen als Client lediglich einen aktuellen Browser.

Über Intra- oder Internet können damit alle Projektbeteiligten immer die aktuellen,
verbindlichen Dokumente, Schriftverkehr, Zeit- und Kostenpläne abrufen. So vermei-
det die Projektleitung Konflikte zwischen unterschiedlichen lokalen Versionen von
Dokumenten. Bearbeitet ein Projektmanager gerade sein Projekt, so ist es in der Da-
tenbank für Änderungen durch andere gesperrt.

Diese Datenbank gestützte Verwaltung der Projektinformationen bewirkt zugleich


eine starke Formalisierung des Projektmanagements, da sie ein verbindliches und
einheitliches Schema für die Projektdokumentation erzwingt. Als Vorteile ergeben sich
daraus:

„ Die Projektbeteiligten brauchen die Daten nur noch einmal einzugeben.


„ Jeder – auch neue – Mitarbeiter findet sich in der Dokumentation schnell zurecht.
„ Der Projektablauf ist systematisch dokumentiert.
Nachteil dieser Herangehensweise ist die Festlegung auf die vorgegebenen Informati-
onsstrukturen. Zwischenzeitlich gibt es am Markt auch eine ganze Reihe leistungsfä-
higer DV-Tools die das Informationsmanagement im Projekt erleichtern. Eine Markt-
übersicht findet sich im Internet. 56 Sicher ließe sich noch Vieles zu diesem Thema
sagen, allerdings sind die Informationsarchitekturen und –standards in den Unter-
nehmen doch recht unterschiedlich, so dass es über die aufgeführten Punkte hinaus
wenig generell gültige Regeln gibt. Eine zentrale Projektakte in Form einer datenbank-
gestützten Ablage aller Projektinformationen ist aber auf jeden Fall empfehlenswert.

56 www.pm-software.info

61
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.4 Definitionsphase als strategische Investition
im Automotive-Projekt
Der richtige Start eines Projekts hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg. Der Spruch
„Sag mir, wie dein Projekt startet, und ich sag dir, wie es endet!“ ist ja in der Projekt-
management-Welt hinreichend bekannt. Die Aktivitäten zum Start im Rahmen der
Definitionsphase behandelt dieses Kapitel. Besonders in der Zusammenarbeit zwi-
schen Auto-Hersteller und Zulieferer gibt es da viele Hürden zu überwinden. Von der
Initiierung über die Klärung der Ziele und Anforderungen (Lastenheft) bis zum Kick-
Off werden die wesentlichen Methoden, die Automotive-Projekten zum Erfolg verhel-
fen, erläutert.

2.4.1 Einführung und Überblick zur Definitionsphase


Die Erfahrung in vielen Unternehmen zeigt, dass der kritischste Zeitpunkt eines Pro-
jektes am Anfang desselben ist. Die ersten Wochen entscheiden darüber, ob ein Projekt
planvoll und zielgerichtet abgewickelt wird, oder ob Krisen, Konflikte und Chaos die
Abwicklung beherrschen. In den meisten Fällen können Versäumnisse, die am Anfang
des Projekts gemacht werden, nur mit großem Aufwand wieder gutgemacht werden.
Deshalb ist eine systematische Projektdefinitionsphase ein wesentlicher Erfolgsfaktor
für jedes Projekt.

Die Projektdefinition beinhaltet die Klärung der Ziele (Lastenheft), Strategien, Struktu-
ren, Verantwortlichkeiten und Zusammenarbeit im Projekt. Die klare Zieldefinition
bzgl. Produktergebnissen, Qualität, Termine und Kosten hilft allen Beteiligten „zielge-
richtet“ zu arbeiten und sich nicht mit Nebensächlichkeiten zu beschäftigen oder sich
zu verzetteln. Eine Projektstrategie, die über die Ziele des Unternehmens informiert,
hilft alle Projektmitarbeiter durch „Informationen über den Sinn und Zweck des Pro-
jekts“ zu motivieren. Strukturen wie ein Meilensteinplan und eine Produkt- oder An-
lagenstruktur bringen Transparenz und Übersichtlichkeit. Die Klärung von Verant-
wortlichkeiten und Informationsflüssen mit Hilfe von Organigrammen, Funktionen-
diagrammen (AKV) und Spielregeln liefern die Grundlage für eine reibungsarme,
effiziente Zusammenarbeit.

In vielen Fällen fehlt vor allem den Zulieferern eine klare Systematik für den Start von
Fahrzeugentwicklungsprojekten. Handlungsorientierung bestimmt das Geschäft. D.h.,
wenn vom Auftraggeber „grünes Licht“ erteilt wurde, wird sofort mit der Entwick-
lung begonnen. Für die Erarbeitung einer gemeinsamen Strategie und eines entspre-
chenden Projektplanes haben die Beteiligten vermeintlich „zu wenig Zeit“. Da sie eh
zu spät dran sind, darf also „keine Minute verloren werden“. Das führt zu operativer
Hektik und Plan- bzw. Ziellosigkeit, das Gegenteil von Effektivität.

62
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Eine Situation, mit der viele Unternehmen der Branche zu kämpfen haben. Spätestens
zum Serienanlauf eskalieren dann Probleme, die bei frühzeitiger Klärung gar nicht erst
aufgetreten wären. Abbildung 2-30 verdeutlicht diesen Negativ-Kreislauf.

Abbildung 2-30: Negativ-Kreislauf der „operativen Hektik“ in der Projektdefinitionsphase

Reklamationen
vom Kunden

Ressourcen für
Eskalation von Brandbekämpfung
Problemen im gebunden
Serienanlauf

Notlösungen Anfrage/Auftrag
und Improvisation vom Kunden

Nur „Brennendes“ Machbarkeits-


wird erledigt prüfung
Projekt-
Reviews + planung
Freigaben Lastenheft-
prüfung und
Ressourcen- -freigabe Nicht ausgereifte
engpässe Projekt-
selektion Technologien

Für einen professionellen Projektstart ist in erster Linie die Projektleitung verantwort-
lich. Sie muss sich um die notwendigen Ressourcen kümmern (Kernteam) und voll-
ständige Informationen und Unterlagen vom Auftraggeber (Management, Vertrieb,...)
einfordern. Gerade beim „Stapellauf“ des Projekts kann ein interner oder externer
Projektcoach wertvolle Unterstützung leisten. Die verschiedenen Aktivitäten des Pro-
jektstarts lassen sich am besten im Team erledigen. Damit steigt die Akzeptanz und
Transparenz für alle Teammitglieder. Hierfür werden verschiedene Gespräche und
Workshops organisiert. Das hat gleichzeitig den Vorteil, dass die Planungsarbeit, die ja
oft von dringlichem Tagesgeschäft verdrängt wird, einen festen Platz hat. Planungsge-
spräche und Workshops mit zielgerichteter Moderation erzeugen brauchbare Ergeb-
nisse und Entscheidungen in kurzer Zeit. Es ist wichtig, diesen Zeitaufwand zu inves-
tieren, damit alle Projektbeteiligten die gleiche Sprache sprechen und den gleichen
Informationsstand bekommen. Generell gilt, dass der Umfang der Aktivitäten zum
Projektstart stark von der Projektgröße und Komplexität abhängt.

63
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Bei kleinen Projekten lassen sich viele Dinge zusammenfassen und werden evtl. vom
Projektleiter alleine erledigt. Abbildung 2-31 zeigt den systematischen Prozess der
Projektdefinition im Überblick.

Abbildung 2-31: Projektdefinition als Prozess

Auftragsklärung

Einlader: Auftraggeber
Projektübergabe- Teilnehmer: Projektleiter +
gespräch Linienmanagement
Moderation: PM-Coach
Projektdefinitionsphase

Start-
workshop

Einlader: PL
„Team- Teilnehmer: PL + Team
entwicklung“ Moderation: PM-Coach

Einlader: PL
Auftakt Teilnehmer: PL + Teams der
Workshop Vertragspartner
Moderation: PM-Coach

Einlader: PL
Teilnehmer: PL + Team + betroffene
Kick-Off-Meeting Mitarbeiter / Abteilungen
Moderation: PM-Coach

Meilenstein „Projektfreigabe“

Einen Überblick über die Ereignisse, PM-Methoden und –Unterlagen, die im Rahmen
der Projektdefinition zur Anwendung kommen können zeigt beispielhaft die Checklis-
te in Abbildung 2-32. Checklisten dieser Art helfen dabei, dass keine Aktivität verges-
sen wird und innerhalb eines Unternehmens eine einheitliche Vorgehensweise
herrscht.

64
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Abbildung 2-32: Beispiel: Checkliste Projektdefinitionsphase

Checkliste Projektdefinition
Legende : AG = Auftraggeber, PL = Projektleiter, KT = Kernteam, PC = Projektcoach, VT = Vertrieb

47 . . . . . . .
(Projekt-Nr.) (Kunde) (Projektbezeichnung)

Wer Erledigt
1. Auftragsklärung
- kommerziell / Konditionen AG, VT
- technisch / Mengengerüst, Lastenheft (Ergebnisse)
- Generelle Anforderungen und Randbedingungen

2. Projektsteckbrief PL

3. Projektübergabegespräch AG, PL (+ KT), PC


- Termine / Kapazitätsbedarf / Ablauf + betroffene
- Teamzusammensetzung / Projektorganisation Linienmanager
- Vollständigkeitsprüfung der Projektunterlagen
- Chancen und Risiken bewerten
- Projektleiter-Beauftragung (Kompetenzen)

4. Start Workshop PL + KT, PC


- Projektziele / Abnahmekriterien, Lastenheftvorgaben
- Projektorganigramm
- Projektergebnisstruktur (Produkt / Anlage)
- Phasen-/Meilensteinplan
- Ablauf für Änderungs- und Claimmangement
- Büro- / Arbeitsmittel
- Projektablage + Infofluss

5. Teamentwicklung PL + KT, PC
- Rollenverteilung und Persönliche Stärken
- Verantwortung / Aufgaben / Funktionen
- Information / Kommunikation
- Entscheidungsordnung
- Zusammenarbeit / Spielregeln

6. Auftaktworkshop PL + KT + Kunde
- Vorstellung der Projektorganisation und Aufgabenzuordnung + ggfs.
- Abstimmung der Grob-Meilensteinplanung Vertragspartner
- Abstimmung der Lastenheftvorgaben + Rahmenbedingungen PC

7. Projektauftrag int. Auftraggeber+PL

8. Vertragsprüfung / Auftragsbestätigung PL

9. Kick-Off Meeting PL + KT+


betr. Abteilungen

65
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.4.2 Frontloading als Projektmanagement-Strategie
Generell beklagen viele Zulieferer eine zu späte und oft nicht klar geregelte Einbin-
dung in die frühen Entwicklungsphasen. In vielen Fällen dominieren noch Ausschrei-
bungen und Vergabeprozeduren wie Wettbewerbe das Verhältnis zwischen Hersteller
und Zulieferer. Eine frühzeitige Partnerschaft im Sinne einer gemeinsamen Optimie-
rung des Projektstarts und der Projektplanung ist dadurch nicht möglich. Innovatio-
nen werden dabei verhindert. Besonders die Regelung der Aufgaben, Kompetenzen
und Verantwortlichkeiten (AKV) wird vernachlässigt und führt später zu Schnittstel-
lenproblemen, Fehlern und Konflikten zwischen den beteiligten Partnern. Aus Angst,
eine genaue Festlegung könne zu Forderungen der Gegenseite führen, verzichten viele
OEMs und Systemlieferanten auf dieses mächtige Instrument. Es fehlt die Verbind-
lichkeit in der Projektabwicklung. Doppelarbeit und Fehler bzw. Versäumnisse sind
vorprogrammiert. 57

Ohne gezieltes „Projektmanagement-Frontloading“ im Sinne von angewandter Pro-


jektmanagement-Methodik in der Projektdefinitionsphase lassen sich Projekte nicht
strategisch und effektiv einsteuern. Abbildung 2-33 zeigt die Philosophie des „Front-
loading“.

Abbildung 2-33: Frontloading als Projektmanagement-Strategie 58

100%
Kostenverantwortung

Produktwissen
Erweiterung des
Produktwissens durch
Stärkung der frühen Phase

Freiheitsgrad
für Entscheidungen
Fertigungs-
vorbereitung
Konzept Entwurf Ausarbeitung ...
0%
Projektvorbereitung Serienentwicklung Serienlauf

57 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S.71


58 vgl. Gessner (2001), S. 17

66
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Ein modifizierter Fahrzeugentwicklungsprozess mit stärkerer Gewichtung der frühen
Phasen reduziert das Planungsrisiko durch eine starke Verkürzung der Entwicklungs-
zeit. 59 Dies wird durch die weitgehende Parallelisierung der Entwicklungsprozesse
und den (fast) gleichzeitigen Start aller produktdefinierenden Teilprozesse zu Beginn
der Projektvorbereitung erreicht.

Dieser Denkansatz gilt auch für das Projektmanagement. Untersuchungen in der


Elektroindustrie haben gezeigt, dass die Parallelisierung von Entwicklungsprozessen
besonders erfolgreich ist, wenn es gelingt, frühzeitig die dem Entwicklungsprozess
eigene Unsicherheit zu reduzieren. Ziel des parallelisierten Produktentstehungspro-
zesses ist daher, bereits in der frühen Phase möglichst großes Produktwissen zu schaf-
fen und gleichzeitig die Entscheidungszeitpunkte so spät wie möglich im Prozess -
nahe an den Serienanlauf - zu legen. Dieser Ansatz wird in der Automobilindustrie
unter dem Begriff „Frontloading“ diskutiert. Zur Erhöhung der Entscheidungsbasis in
der frühen Phase sollten so viele alternative Lösungsvorschläge wie möglich unter-
sucht werden (Simulation und virtuelle Absicherung). Dies führt zu fundierteren Ent-
scheidungen, da die Auswirkungen einer Entscheidung auf das Gesamtkonzept besser
untersucht und abgeschätzt werden können. Damit reduziert sich auch die Anzahl der
notwendigen Änderungsschleifen.

Aus Projektmanagement-Sicht müssen zu Beginn des Fahrzeug-Projekts in einer kon-


zentrierten Klausur (Start- und Auftaktworkshop bzw. Kick-Off) die wesentlichen
Prämissen, Strukturen und Umfänge eines Projekts mit allen Beteiligten geklärt und
verabschiedet werden. Ein wichtiger Tagesordnungspunkt ist dabei die Vereinbarung
eines Organigramms und Funktionendiagramms für das Projekt, in dem die Aufgaben,
Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (AKV) der einzelnen Partner festgelegt wer-
den. Dadurch sprechen alle „eine Sprache“ und können dann pro-aktiv und selbstän-
dig loslegen. Ständige Rückfragen beim Projektleiter und Frust durch „Unwissenheit“
erübrigen sich.

In einer Planungsklausur, die bei einzelnen Systemlieferanten bereits vorbildlich prak-


tiziert wird, können Projektleiter und –team dann die Projektplanung verfeinern. Veri-
fizierung der Projektziele, Meilensteinpläne, Projektstrukturen, Termin- und Kosten-
planung sowie Risikoanalyse sind die „hard facts“ auf der Tagesordnung. Diese
Vorgehensweise wird in den folgenden Abschnitten im Detail erläutert. Die „soft
facts“ lassen sich durch parallel mitlaufende Teamentwicklungsaktivitäten unterstüt-
zen. Wichtige Themen sind: Spielregeln für die Zusammenarbeit und Klärung von
Rollen und Beziehungen. Abgesehen von gezielten Maßnahmen passiert im Rahmen
einer „Klausur“ mit dem Projektteam ohnehin sehr viel auf der zwischenmenschlichen
Ebene. Wenn die Kollegen mal für ein bis mehrere Tage „eingesperrt“ werden kom-
men sie sich ganz automatisch nahe. Damit wird eine wesentliche Grundlage für gute
Beziehungen und damit kooperative Teamarbeit gelegt.

59 vgl. Gessner (2001), S. 17

67
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.4.3 Auftragsklärung und Projektumfeldanalyse
"Wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht, ist es sinnlos, miteinander Pläne zu
schmieden." Konfuzius, chinesischer Philosoph

Eine fundierte Auftragsklärung hilft unnötige Risiken und Doppelarbeit zu vermei-


den. Je besser die Informationen und Anforderungen des Auftraggebers aufbereitet
sind, desto effektiver kann das Projekt gestartet werden. Wenn es sich um Auf-
tragsprojekte handelt, so wird die Auftragsklärung oft schon im Rahmen der Ange-
botserstellung erfolgen. Ohne Klarheit über die Kundenanforderungen und Eckdaten
eines Projekts kann kein qualifiziertes Angebot abgegeben werden. Bei internen Pro-
jekten wird diese Aufgabe oft vernachlässigt und damit sind Missverständnisse und
Enttäuschungen vorprogrammiert. Abbildung 2-34 zeigt einen Fragenkatalog zur
Auftragsklärung.

Abbildung 2-34: Fragenkatalog zur Auftragsklärung bei der Projektdefinition

Folgende Fragen helfen bei der Auftragsklärung:

„ Was wollen / sollen wir erreichen und wozu?


„ Mit welchem Nutzen?
„ Wie lautet das Ziel des Projektes?
„ Wozu leistet das Projekt fachlich einen Beitrag?
„ Wie beeinflusst es Geschäftsziele des Kunden?
„ Welches Problem, welche Frage steht im Mittelpunkt der Projektaufgabe?
„ Wozu leistet das Projekt einen wirtschaftlichen Beitrag?
„ Wie genau soll das gewünschte Ergebnis aussehen?
„ Was soll hinterher neu / da / anders sein?
„ Welche Produkte sollen entstehen?
„ Woran erkennen wir, dass wir unsere Ziele erreicht haben (Messkriterien)?
„ Sind bestimmte Vorstudien, Informationen für das Projekt vorhanden?
„ Was brauchen wir noch, um loslegen zu können?
„ Welche Randbedingungen und Einflüsse kennen wir, die das Projekt einschränken und be-
hindern, aber auch fördern könnten?

Besonders bei komplexen und strategischen Projekten, die viele externe und interne
Schnittstellen haben, liefert das Instrument der Projektumfeldanalyse wichtige Infor-
mationen zur Auftragsklärung. Darüber hinaus bilden die daraus gewonnenen Er-
kenntnisse auch eine wichtige Grundlage für die Zielklärung, spätere Risikoanalysen
und die Informationspolitik im Rahmen der Projektsteuerung.

68
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Nicht wenige Projekte sind schon an der Missachtung des politischen und sozialen
Umfeldes gescheitert oder haben zumindest vermeidbare Störungen und Behinderun-
gen dadurch erlebt.

In der Literatur wird in diesem Zusammenhang häufig von der „Stakeholder-


Analyse“ gesprochen. Stakeholder eines Projektes sind alle Personen, Personengrup-
pen und Institutionen die ein Interesse am Projekt haben oder vom Projekt in irgend-
einer Weise betroffen sind. 60 Damit deckt sich diese Definition mit der des Projektum-
feldeses, abgesehen von den technischen Randbedingungen. Abbildung 2-35 gibt dazu
eine Übersicht.

Abbildung 2-35: Einflussgrößen der Projektumfeldanalyse

Kunden Wettbewerber

Politik Lieferanten
Vertrieb Produktion

Projekt ...
Personal Fachabt.
Technik
Finanzen ...
Partner
Unternehmen
Wissenschaft
Kapitalgeber
Gesellschaft

Wichtige Fragen der Projektumfeldanalyse sind u.a.:

„ Welche Erwartungen haben die Stakeholder an das Projekt?


„ Stehen Sie dem Projekt positiv oder negativ gegenüber?
„ Welchen Einfluss haben die Stakeholder auf das Projekt?
„ Welche Maßnahmen sind zu ergreifen?
Sind die grundsätzlichen Fragen der Auftragsklärung soweit behandelt, sollte jetzt der
Projektleiter offiziell den Stab übergeben bekommen. Mit der Projektübergabe geht
nicht nur die formale Verantwortung auf die Projektleitung über, sondern sie wird im
Sinne eines Rituals auch richtig emotional „inthronisiert“, was für die Begeisterung
und Einsatzbereitschaft eine große Rolle spielt.

60 Quelle: ISO 10006

69
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.4.4 Projektübergabe
Das Projektübergabegespräch 61 soll einen schnellen und erfolgreichen Projektstart
sicherstellen, indem es frühzeitig zur Klärung fehlender Informationen und Entschei-
dungen beiträgt. Außerdem dient es dazu, langfristig die Disziplin im Vertrieb und die
Qualität der Angebotserstellung zu verbessern, weil unvollständige Unterlagen und
ungeklärte bzw. ungenaue Vertragsverhältnisse frühzeitig offenbar werden. Für den
Projektleiter bietet es die wichtigsten Informationen über das Projekt und seinen Sta-
tus. Es ist eine Besprechung im kleinen Kreis zwischen dem internen Auftraggeber des
Projekts (z.B. Geschäftsleitung bzw. Vertrieb), dem Projektleiter und ggfs. den be-
troffenen Ressourcenverantwortlichen aus der Linie. Im Focus steht die Informations-
weitergabe und den Stabwechsel von der vorgelagerten Phase (z.B. Vorstudie, Vor-
entwicklung, Akquisition, Vertrieb, Angebotserstellung) zum Projektleiter für die
Serienentwicklung, Produktionsanlage oder Auftragsabwicklung. Der Ablauf ist aus
folgender Agenda ersichtlich (Abbildung 2-36):

Abbildung 2-36: Beispiel: Agenda Projektübergabegespräch

Top Uhrzeit Min. Thema Sprecher

1 9:30 30 Informationen zum Kundenauftrag/Projekt Vertrieb


Vertragsumfang (grob)
Terminsituation/Kapazitätsbedarf/Ablauf
3 10:00 30 Teamzusammensetzung festlegen PL, Int. Auf-
Kernteammitglieder (Projektorganisation) traggeber +
Linien-
Arbeitspaketverantwortliche in der Linie management.
2 10.30 60 Stellungnahme und Klärungen zum Kun- Projektleiter/
denauftrag alle
Risiken, offene/unklare Punkte
4 11.30 30 Beauftragung Projektleiter Interner Auf-
traggeber
3 12:00 30 Offene Punkte und fehlende Unterlagen Projektleiter/
gemäß Checkliste alle
4 12:30 15 Terminvereinbarung: alle
x Workshop Projektstart
x Workshop Teamentwicklung
x Kick-Off-Meeting

61 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 29f

70
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Eine Checkliste zur Projektübergabe ist ein wesentliches Führungsinstrument für den
Projektleiter. Mit ihr wird geklärt, welche Informationen für den Start des Projekts
vorhanden sind und welche noch fehlen. Abbildung 2-37 zeigt ein Beispiel.

Abbildung 2-37: Beispiel: Checkliste zur Projektübergabe

Checkliste Projektübergabe
Kunde/Auftraggeber:
Projekt/Kundenauftrag:
Projektleiter:
übergeben erstellen/überarbeiten
Stand E Ü verantwortlich Termin
Angebotsunterlagen
• Anfragespezifikation
• Angebot mit Anlagen
• Angebotsschriftverkehr
• Angebotskalkulation
• Grobterminplan
• Projektsteckbrief

Verhandlungsergebnisse
• Auftragssumme + Währung
• Zahlungsvereinbarungen/Finanzierung
• Ein- und Ausfuhrbestimmungen
• Garantievereinbarungen
• Verhandelte Stundensätze
• Ecktermine, Meilensteine
• Standorte
• zus. techn. Vereinbarungen
• zus. kaufm. Vereinbarungen (z.B. local content)
• Projektorganisation vom Kunden, Ansprechpartner
• Auftragsnummer des Kunden
• letter of intent
• Verhandlungsprotokolle

Liefer- und Leistungsumfang:
• Verzeichnis und Beschreibungen
• Spezifikation/Lasten- und Pflichtenheft
• Fremdumfänge mit Angeboten
• Projektmanagement
• Beistellumfänge vom Kunden
• Ersatzteile
• Service/Wartung

Nachdem der Projektleiter jetzt in „Amt und Würden“ ist, muss er seine Projektstrate-
gie erarbeiten, die Mannschaft aufstellen und auf das Projekt einschwören. Dies ge-
schieht am Besten in einer konzentrierten Teamklausur.

71
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.4.5 Projektstartklausur / -workshop
Um wichtige Projekte professionell einsteuern zu können, brauchen Projektleitung
und –team eine Phase der Kreativität und Konzentration frei vom Tagesgeschäft. Eine
je nach Projektgröße und Komplexität, 1-5-tägige Startklausur kann da wahre Wunder
bewirken. In diesem Rahmen wird alles geklärt und erarbeitet, was für eine professio-
nelle Projektdefinitionsphase erforderlich ist. Nicht nur Ziele, Strukturen, Methoden
und Strategien, sondern auch die Zusammenarbeit im Team spielen dabei eine wichti-
ge Rolle. Am Ende steht eine Präsentation vor dem internen Auftraggeber des Projekts,
dem Projektsteuerkreis und/oder der Geschäftsleitung.

Der Startworkshop dient in erster Linie dazu, das Projekt zielgerichtet „in Fahrt zu
bringen“. Er informiert alle Projektmitglieder über die Inhalte und Organisation sowie
die Ziele des Projekts und trägt somit zum systematischen, zielgerichteten Start bei.
Versäumnisse in der Definitionsphase des Projekts können später nur mit unverhält-
nismäßig großem Aufwand wieder kompensiert werden. Deshalb ist der systemati-
sche Projektstart ein Erfolgsfaktor für jedes Projekt.

Im Rahmen des Startworkshops sollen mindestens die folgenden Inhalte vorgestellt


und vom Projektteam überprüft / ergänzt werden:

„ Organigramm (Verantwortlichkeiten)
„ Projektziele (Strategische-, Sach-, Termin- und Kostenziele)
„ Liefer- und Leistungsumfang/ Projektergebnisstruktur
„ Meilensteine / Mastertiming
„ Projektinfrastruktur, -ablage
„ Ablauf Änderungsmanagement

Mit der guten Vorbereitung durch den Projektleiter, ggf. unterstützt durch einen Mo-
derator, steht und fällt die ganze Veranstaltung. Je mehr Standards in einem Unter-
nehmen schon vorhanden sind, desto weniger Vorarbeit ist natürlich zu leisten. Gene-
rell gilt, dass der Umfang der Aktivitäten zur Projektdefinition stark von der
Projektgröße abhängt. Bei kleinen Projekten lassen sich viele Dinge zusammenfassen
und werden evtl. vom Projektleiter alleine erledigt. Bei größeren Projekten ist eine
Vorbereitung des Workshops im Team erforderlich.

Abbildung 2-38 zeigt anhand einer Agenda, wie eine Startklausur ablaufen kann.

72
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Abbildung 2-38: Beispiel: Agenda für Projektstartklausur/-workshop

Top Min. Thema Sprecher

1 15 Begrüßung und Organisatorisches Moderator


2 60 Vorstellung der Teilnehmer (Rolle im Projekt, Erwartungen an Alle
den Workshop ...)
3 120 Diskussion Teamarbeit, Klärung der Rollen und Stärken der Alle
Teammitglieder, Verabschiedung der Projektorganisation
4 120 Definitionen der Funktionen und Verantwortungsbereiche im Alle
Detail (Funktionendiagramm) und Vereinbarung von Spielre-
geln und Abläufen im Projekt
5 180 Gemeinsames Lastenheft-Review, Projektziele ergänzen und Projektleiter /
vereinbaren Alle
6 ? Gemeinsame Teamaktivität am Abend zur Förderung der Alle
guten Beziehungen und Kommunikation
7 120 Projektergebnisstruktur definieren und offene Punkte bzgl. Alle
Pflichtenheft sammeln
8 60 Ecktermine und Vorgaben des Kunden mit internen Prozessen Projektleiter /
abstimmen und mit Standard-Terminplan abgleichen. Maß- Alle
nahmen zur Verkürzung der Zeitachse definieren
9 60 Wirtschaftlichkeitsrechnung des Projekts diskutieren, aktuali- Projektleiter
sieren und Maßnahmen zur Kostenminimierung definieren
10 60 Reporting, Reviews und Regelungen zum Projektcontrolling Alle
vereinbaren. Arbeitspakete für die erste Projektphase definie-
ren und abstimmen
11 60 Änderungsablauf, Projektinfrastruktur, -ablage vorstellen und Projektleiter
ergänzen
12 30 Vorbereitung der nächsten Statusbesprechung/ Kick-Off mit Alle
dem Kunden und intern
13 60 Präsentation der Workshopergebnisse vor dem internen Auf- Projektteam +
traggeber / Steuerkreis mit Entscheidungsvorlage und Emp- Steuerkreis
fehlungen
14 30 Abschluss und nächste Termine (Kick-Off, Jour Fixes etc.) Moderator

Verschiedene Automobilhersteller und Systemlieferanten haben für komplexe Fahr-


zeugentwicklungsprojekte eigene Workshop-Konzepte als Standardprozesse festgelegt
um die Professionalität in der Startphase von Projekten zu steigern.

73
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-39 zeigt das Workshop-Konzept eines Systemlieferanten. „PACT“ steht
für „Project Acceleration by Coaching and Teamwork“. Es geht also um eine Beschleu-
nigung des Projektes durch gezielten Einsatz von Coaching und Teamarbeit. In mehre-
ren, aufeinander aufbauenden, moderierten Workshops werden die wesentlichen
strategischen und Projektmanagement relevanten Pläne erarbeitet und Entscheidun-
gen vorbereitet. Als Zusammenfassung erfolgt dann eine Präsentation vor dem Ma-
nagement.

Abbildung 2-39: Beispiel: Workshop-Konzept eines Systemlieferanten62

Die einzelnen PM-Methoden und Vorgehensweisen, die in den Startworkshops kon-


zentriert zur Anwendung kommen, werden im Folgenden erläutert.

62 Quelle: Siemens

74
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
2.4.6 Zielklärung und Lastenheft
„Für ein Schiff, das seinen Hafen nicht kennt, weht kein Wind günstig.“ Seneca, römischer
Politiker, Redner, Philosoph und Schriftsteller

Aus Expertengesprächen mit Systemlieferanten, die die Autoren im Rahmen einer


Studie63 geführt haben, hat sich der Eindruck verfestigt, dass Anforderungen an Auf-
tragnehmer/Partner Fahrzeugprojekten seitens einzelner OEMs bewusst spät oder gar
nicht festgelegt werden, damit jederzeit „ein Hintertürchen offen bleibt“ und potenti-
elle Nachforderungen vermieden werden. Damit wird beim Entwicklungspartner eine
Haltung des „Abwartens“ erzeugt, die dazu führt, dass das Projekt dort zu spät einge-
steuert wird. Kaum ein Auftragnehmer fängt zu arbeiten an, wenn die Gefahr besteht,
dass ein Großteil der Ergebnisse für den Papierkorb ist. Es leidet die Qualität der Pla-
nung und Entwicklung, weil erst zu einem relativ späten Zeitpunkt in großer Hektik
Ergebnisse erzielt werden müssen. Wenn trotz fehlender Spezifikationen und Lasten-
hefte mit der Entwicklungsarbeit begonnen wird, sind unnötige Änderungsschleifen
vorprogrammiert. Dies kostet Zeit und Geld. Es belastet die Effizienz des Entwick-
lungsprojekts. Die Aussage eines Systemlieferanten war in diesem Zusammenhang:
„Ein professionelles Requirements-Management seitens der OEMs ist ein zentrales
Problem! Lastenhefte des OEM sind oft lückenhaft bzw. gar nicht vorhanden, weil das
Wissen fehlt, bzw. mit Unschärfe nicht umgegangen werden kann.“

Die folgende Abbildung verdeutlicht den Zusammenhang zwischen frühzeitiger Klä-


rung der Produktanforderungen und dem Änderungsaufwand im Serienanlauf.

Abbildung 2-40: Frühzeitige Lastenheftabsicherung und reduzierter Änderungsaufwand 64

Lastenheft SOP
100% Kenntnisstand
Produkteigenschaften
Änderung
Realisierung Fehlerbeseitigung
Produkt

Test/
Konzept Definition Entwicklung Produktion
Integration
= Bestrebungen zur frühzeitigen Absicherung von Entwicklungsergebnissen

63 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S.42ff


64 Quelle: Fraunhofer IAO

75
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Die Kette der Erfolgsfaktoren für eine frühzeitige Absicherung von Entwicklungser-
gebnissen in Fahrzeugprojekten stellt sich wie folgt dar:

„ Das Lastenheft ist zu Beginn der Entwicklungsphase vorhanden, geprüft und aus-
reichend detailliert

„ Es findet eine frühzeitige Erprobung mit ausgereiften Entwicklungsergebnissen


statt

„ Fehler werden im Rahmen der Erprobung systematisch erkannt sowie geeignete


Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt

„ Zum Serienanlauf hat das Produkt einen hohen Reifegrad.


Zwingend notwendig ist auch eine frühzeitige Festlegung und Vereinbarung eines
Lastenhefts zwischen den Partnern im Entwicklungsprojekt. Dabei müssen im Zwei-
felsfall Annahmen getroffen und eine gewisse „Unschärfe“ in Kauf genommen wer-
den. Legt der Auftraggeber sich nicht fest, sollte der Auftragnehmer im Eigeninteresse
ein Lastenheft erstellen, das er als Auftragsgrundlage heranzieht. Eine Projektdefiniti-
onsphase ohne Lastenheft ist jedenfalls höchst uneffektiv und belastet die Beziehung
der Entwicklungspartner. Spezifikationen, die ohne Einbindung des Lieferanten allein
vom Auftraggeber erarbeitet werden, sollten der Vergangenheit angehören. Der
Know-how Schwerpunkt hat sich in der Automobilindustrie ohnehin schon stark auf
die Lieferanten verlagert. Einige Systemlieferanten würden sogar gerne die Initiative
für die Erarbeitung OEM-übergreifender Komponenten-Standards ergreifen. Weil sie
im Regelfall für mehrere OEMs arbeiten, haben sie auch den Überblick und sehen hier
große Einsparpotentiale bei den Entwicklungskosten, sofern sich die OEMs einigen
könnten. 65

Alle Beteiligten sollen in die gleiche Richtung arbeiten, deshalb ist neben dem Lasten-
heft eine Konkretisierung weiterer Anforderungen in Form von Projektzielen zu Be-
ginn des Projekts unerlässlich. Die Erfahrung zeigt, dass fehlende Zielklarheit zu Rei-
bungsverlusten, Konflikten und mangelnder Effektivität in der Projektabwicklung
führen. Ein Projektziel ist ein nachzuweisendes Ergebnis und / oder eine vorgegebene
Realisierungsbedingung der Gesamtaufgabe eines Projektes. 66 Es werden Maßstäbe
für den Erfolg des Projektes definiert. Wir sprechen von sogenannten Sachzielen oder
Ergebniszielen in den Bereichen Produkt und Prozess (Abnahmekriterien des Auf-
traggebers), Abwicklungsziele (Kosten, Termine, Organisation), strategische Ziele
(Anforderungen des Managements) und Rahmenbedingungen (unumstößliche Gege-
benheiten) bzw. Einflüsse des Projektumfeldes. 67 Die folgende Abbildung zeigt die
verschiedenen Zielkategorien.

65 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S.53


66 vgl. ISO 10006
67 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 43f

76
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Abbildung 2-41: Zielkategorien im Projekt

ƒ Rendite
ƒ Markt/Kunde
ƒ Technologie
Strategische ƒ Unternehmensentwicklung
Ziele /
Firmenziele

ƒ Qualitäts- und
Sach- / Ergebnisziele Leistungsdaten
ƒ Abnahmekriterien
ƒ Ressourcen
(Eigen/Fremd)
Abwicklungs- / Durchführungsziele ƒ Termine, Kosten
ƒ Ablauforganisation
ƒ Normen
Rahmenbedingungen / Projektumfeldeinflüsse
ƒ Gesetze
ƒ Standort
ƒ Kultur/Sprache

Die professionelle Formulierung der Ziele ist nicht trivial und hat schon manches
Projektteam zum Schwitzen gebracht. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Krite-
rien, die dabei berücksichtigt werden sollten.

Abbildung 2-42: Anforderung an die Formulierung von Projektzielen

ƒ lösungsneutral
ƒ überprüfbar
ƒ vollständig
ƒ konkret S pezifisch
ƒ verständlich M essbar
ƒ widerspruchsfrei A bgestimmt
ƒ attraktiv R ealistisch
ƒ realistisch T erminiert
ƒ akzeptiert
ƒ schriftlich fixiert
ƒ priorisiert

77
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Die Ziele sollten gemeinsam von Projektleiter und Kernteam im Rahmen der Aktivitä-
ten zur Projektdefinition (Startworkshop) erarbeitet werden. Brainstorming, Mind-
maps und Metaplantechnik bieten sich als hilfreiche Methoden an. Die Ziele werden
vom internen Auftraggeber freigegeben. Zum Aufstellen der strategischen Ziele (aus
Sicht der Unternehmensleitung) helfen folgende Fragen weiter:

„ Welchen Beitrag zum Unternehmensergebnis soll das Projekt leisten?


„ Welche Ziele sollen im Hinblick auf Kundenzufriedenheit erreicht werden?
„ Welche strategischen/technologischen Ziele sind erstrebenswert?
„ Wie stellt sich die Geschäftsstrategie gegenüber dem Kunden/Wettbewerb dar?
Im Gegensatz zu den strategischen Zielen, sind die operativen Ziele sehr konkret zu
fassen und zu definieren. Sie leiten sich vielfach aus den technischen und ökonomi-
schen Voruntersuchungen bzw. dem Lastenheft ab. Wir unterscheiden dabei soge-
nannte Sachziele bzw. Systemziele, die Anforderungen an das Produkt bzw. die Anla-
ge definieren und sogenannte Abwicklungsziele bzw. Durchführungsziele, die
Anforderungen an die Projektabwicklung darstellen. 68

Abbildung 2-43: Beispiele für operative Zielkriterien in der Fahrzeugentwicklung 69

Sach-/Systemziele:

„ Gewicht (kg)
„ Herstellkosten p. Teil/Fahrzeug, Stückkosten (Euro)
„ Anforderungen an Prüfmittel
„ Qualitätskriterien und Kennzahlen (cpk..) pro Teil
„ Prototypen/Musterteile (Anzahl, Funktion, Qualitätsstand)
„ Dokumentation, Datenqualität...
Abwicklungs-/Durchführungsziele:

„ Entwicklungskosten (Euro)
„ Invest-, Anlagen-, Werkzeugkosten (Euro)
„ Ecktermine für Reviews
„ Anforderungen an Kommunikation (Regeltermine)
„ Anforderungen an Entscheidungsprozesse (Gremien, Reporting, Eskalation)
„ Anforderungen an den Infofluss (Medien, Datenaustausch, Turnus)
„ Methodeneinsatz (FMEA, QFD, FEM, Simulation, DMU...)
„ Systemeinsatz (CAD, Test, Termincontrolling)

68 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 43f


69 vgl. Schuh (2000), S. 96

78
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Bei der Definition der Sachziele (Abnahmekriterien, abgeleitet aus dem Lastenheft des
Kunden) helfen folgende Fragen weiter:

„ Welche Kernanforderungen sind an das Werkzeug/ die Anlage gestellt? (nach wel-
chen Kriterien nimmt der Kunde den Liefer- und Leistungsumfang ab?)

„ Welche Leistungen sollen erbracht werden?


„ Welche Herstellkostenziele sollen erreicht werden?
„ Welche Qualitätsanforderungen werden gestellt?
„ Welche Technologie ist gefragt?
„ Welche Anforderungen werden konzeptionell gestellt?
„ Welche Anforderungen werden an die Prozesstechnik gestellt?

Die Abwicklungsziele umfassen die Themen:

„ Ecktermine (Abnahme, Freigaben)?


„ Organisationsanforderungen?
„ Wie kann das Projekt optimal und kostengünstig abgewickelt werden?
„ Welche Ressourcen sollen eingesetzt werden (Make or Buy)?

Fragen zur Klärung der Rahmenbedingungen:

„ Welche Normen sollen eingehalten werden?


„ Muss auf bestehende Anlagen Rücksicht genommen werden? (Patente, etc.)
„ In welcher Sprache und in welchem Umfang soll die Dokumentation erstellt wer-
den?

„ Gibt es Sondervereinbarungen (Local Content)?


„ An welchen Standorten soll das Projekt abgewickelt werden?
„ Welche kulturellen Randbedingungen sind zu berücksichtigen?

Generell muss auf eine ergebnisorientierte Formulierung der Ziele (mess- und über-
prüfbar) geachtet werden. Sind die Ziele nicht messbar formuliert, kann der Erfolg in
Form der Zielerreichung auch nicht nachgewiesen werden. Projektleiter und –team
können dann auch nicht „erfolgreich“ Ziele erreichen. Die folgende Abbildung zeigt
ein Beispiel für einen Zielkatalog.

79
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-44: Beispiel: Zielkatalog eines Betriebsmittelprojekts (fiktiv)

Projektziele AAF, Roboterzelle mit Laser

1. Strategische Ziele:

„ 5% Gewinn unter Berücksichtigung aller Änderungen und Nachträge erreichen


„ Komplettvergabe der Vorrichtungen an die ostdeutsche Tochter
„ Marktanteil in Automobil-Dachfertigung auf 30% steigern
„ Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit AAF für weitere Projekte nutzen
„ Pilotprojekt für neuen Projektmanagement-Prozess
2. Produkt- und Prozessziele:

„ Leistungsmerkmale nach Lastenheft wie z.B.:


„ Audit-Note 1,5
„ Maßhaltigkeit 0,1
„ Qualitativ bessere Oberfläche als beim Vorgängermodell
„ Verfügbarkeit 99%
„ Taktzeit 5 min.
„ Abnahmekriterien nach AAF Vorschrift
3. Abwicklungsziele:

„ Bei Auslieferung: Komplett vormontierte und funktionsgeprüfte Einheiten


„ Komplettvergabe von Vorrichtungen an die ausländische Tochter
„ Erfahrungen und Einsparpotentiale aus dem Vorgängerprojekt nutzen
„ Konstruktion zu 100% in CATIA
„ Konstruktionsfreigabe: 30.6.
„ Lieferung Pilotanlage: 30.9.
„ Probebetrieb Produktionsanlage: 31.12.
„ Abnahme: 31.3.
„ Budget für Grundauftrag (HK): 9 Mio. Euro
4. Rahmenbedingungen:

„ Schwäbische Zoll- und Einfuhrbestimmungen


„ Dokumentation in Bayrisch
„ AAF-Werknormen
„ Es gilt nur das geschriebene Wort
„ Kulturelle Barrieren
„ Sicherheitsvorschriften der Autoindustrie

80
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
In komplexen Fahrzeugentwicklungsprojekten ist es mit einer globalen Zieldefinition
nicht getan. Hier müssen die technischen Ziele und Anforderungen auf die einzelnen
Komponenten und Funktionen des Produktes heruntergebrochen werden. Aus der
Produktentwicklungsmethodik und dem Qualitätsmanagement gibt es einschlägige
Methoden und Vorgehensweisen, die im Folgenden beispielhaft behandelt werden.
Abbildung 2-45 zeigt eine Auswahl relevanter Methoden in Fahrzeugentwicklungs-
prozessen im Überblick

Abbildung 2-45: Methodeneinsatz in der Prozesskette der Fahrzeugentwicklung 70

Produktanforde- Produkt
rungen ermitteln entwerfen

Prozessanforde- Prozess
rungen ermitteln entwerfen
• QFD (Quality function
Deployment)
• Target costing

• Requirement Analyse •Requirement Management


• Lead-User-Analyse • Produkt-FMEA
• Beschwerde- (Fehlermöglichkeits- • Prozess-FMEA
Management und Einflussanalyse) • ABC-Analyse
• Nutzwertanalyse • System-FMEA • Prozesskostenrechnung
• Benchmarking • DFA (Design for Assembly) • Netzplantechnik
• DFM (Design for manufacturing)

Die Detaillierung der technischen Projektziele/Sachziele kann auf verschiedene Weise


erfolgen. Eine systematische Vorgehensweise liefert die Methode des Quality Function
Deployment (QFD). 71 Dabei legen die produktdefinierenden Bereiche die Projektziele
in einem zweiphasigen Prozess fest. Zunächst werden im Zielfindungsprozess die
Ziele identifiziert. Im nachfolgenden Zielvereinbarungsprozess erfolgt die Erstellung
des Projektzielkatalogs, der die Ziele in technische Anforderungen übersetzt und
quantifiziert. Anzustreben ist immer eine Konsensentscheidung, da nur so Einigkeit
aller Fachbereiche über verbindliche Projektziele besteht. In der ersten Phase (Pro-
duktplanung) steht die Erstellung eines „House of Quality“ im Mittelpunkt. Das
„House of Quality“ ist ein System von hierarchischen Listen, Tabellen und Matrizen,
das im folgenden Schema (Abbildung 2-46) dargestellt ist.

70 Quelle: Fraunhofer IAO


71 vgl. Gessner (2001), S. 18 ff und Gausemeier (2001), S. 65 ff

81
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-46: House of Quality, schematische Darstellung 72

In der horizontalen Marktschiene werden in der hierarchischen Liste kundenrelevante


Produktmerkmale abgelegt (1), denen relative Bedeutungen zugeordnet werden (2). In
der Wettbewerbs-Tabelle (3) werden diese Kundenmerkmale mit den Wettbewerbern
verglichen. In der vertikalen Technikschiene werden in eine hierarchische Liste techni-
sche Produktmerkmale eingetragen (4). Konflikte zwischen den technischen Merkma-
len lassen sich in der Kopfmatrix darstellen (6). In der Hauptmatrix erfolgt die Ver-
knüpfung der Kundenwünsche mit den technischen Anforderungen (5). Dabei wird
ermittelt, wie stark die gewichteten Kundenwünsche die technischen Produktmerkma-
le beeinflussen. In der Technik-Tabelle (7) kommt es zum Abgleich der technischen
Zielwerte in einem technischen Wettbewerbsvergleich. Dies beschreibt den Zielfin-
dungsprozess.

Der anschließende Zielvereinbarungsprozess komplettiert den Projektzielkatalog und


legt die Zielwerte für die weitere Prozesskette verbindlich fest. Bei der Erstellung des
„House of Quality“ sind die Merkmale und Ziele in geeigneter Granularität zu wäh-
len, da die Datenmenge mit jeder Phase der QFD quasi exponentiell ansteigt und die
Gefahr besteht, dass das System am Ende nicht mehr handhabbar ist. Die Detaillie-
rung im Projektzielkatalog kann auch als Basis für eine mögliche Fehlermöglichkeits-
und Einflussanalyse (FMEA) herangezogen werden. Die Kundenwünsche des „House
of Quality“ sind jedoch zu relativieren, da der Kunde nicht alle Wünsche explizit ver-
balisiert. So unterscheidet man Basisanforderungen, die der Kunde unausgesprochen
als Selbstverständlichkeit annimmt und deren Fehlen automatisch zum Nichtkauf
führt (Fahrfähigkeit, gesetzliche Zulassung etc.).

72 vgl. Gessner (2001), S. 18ff

82
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Leistungsanforderungen verbalisiert und erwartet der Kunde als Leistung. Das Fehlen
empfindet er als negativ (Airbags, Radio etc.). Begeisterungsanforderungen stellen für
den Kunden eine unerwartete, aber angenehme Überraschung dar. Diese definieren
die Alleinstellungsmerkmale des Produkts. Basis für den Zielvereinbarungsprozess ist
die Identifikation der Produktanforderungen im Zielfindungsprozess. Dies erfolgt
beispielsweise im Rahmen einer QFD, deren Ergebnis in der ersten Phase die Erstel-
lung der nach Kundenrelevanz gewichteten Produktmerkmale ist. Im konventionellen
Fahrzeugentwicklungsprozess wird hieraus ein Projektzielkatalog entsprechend der
Unternehmensstrategie abgeleitet. Der Projektzielkatalog stellt aber einen Kompro-
miss dar, weil aufgrund von Zielkonflikten nicht alle Kundenwünsche gleichermaßen
berücksichtigt werden können. Abbildung 2-47 zeigt die hierarchische Gliederung des
Zielvereinbarungsprozesses.

Abbildung 2-47: Hierarchische Gliederung der spezifischen Projektziele 73

73 ebenda, S. 59ff

83
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Das Projektmanagement organisiert und moderiert diesen Zielfindungs- und Ziel-
vereinbarungsprozess. Im Projektzielkatalog werden auch wesentliche Meilensteine,
wie der Markteinführungstermin, festgelegt. Auf Basis der Produktspezifikationen
und den festgelegten Zeitpunkten erstellt das Projektteam dann später den Projektab-
laufplan, der neben der Bestimmung aller notwendigen Arbeitspakete auch einen
detaillierten Zeitplan mit allen Meilensteinen sowie eine Ressourcenplanung enthält.
Bei der Definition der Rahmenbedingungen für das jeweilige Projekt spielen vor allem
die einschlägigen Normen und Vorschriften der Automobilhersteller und die gesetzli-
chen Vorgaben eine große Rolle. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel für kun-
denspezifische Forderungen der Marke Mercedes.

Abbildung 2-48: Beispiel Rahmenbedingungen eines OEM 74

1. Verträge • LOI (Letters of Intent)


• Entwicklungs- und Produktionsvertrag
• Einkaufsbedingungen
• Grundsatz-QSV (Qualitätssicherungsvereinbarung)
• ppm Vereinbarung
2. Design • Lastenheft
• Zeichnungen, CAD-Daten
• Spezifikationen DBL, Mercedes-Normen MBN
• Grundmuster für Interieurmaterialien
• Grundmuster für Lackierungen
• Meilensteinplan entsprechend MDS
3. Produktion • Mercedes-Benz Special Terms
(Logistik, PPF-Verfahren, Umwelt, FMEA)
• Odette Logistikanforderungen (VDA Band 17)
• vereinbarte Grenzmuster
• Abruf (Liefertermine, -mengen, Verpackung)
• Zusatz QSV auf Produktmerkmalsebene
4. Qualitätsmanagement • zu berücksichtigen als mitgeltende Unterlagen VDA-Bände
(1, 2, 3.1, 3.2, 4.1, 4.2, 4.3, 6, 6.1, 6.2, 6.3, 6.4, 6.5, 7, 10, 19)
• Daimler Chrysler Prozessaudit DCPA
5. Kommunikation • Global Supplier News Journal
• Foren mit Zulieferern
• Workshops mit Zulieferern

Eine weiter Konkretisierung der Anforderungen an das Projektergebnis, sei es Fahr-


zeug (-komponente) oder Produktionsanlage, erfolgt mit Hilfe der Projektergeb-
nisstruktur.

74 Quelle: Daimler

84
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
2.4.7 Projektergebnisstruktur (Produkt- bzw. Anlagen-
struktur)
Für eine effektive Projektabwicklung ist es unabdingbar, dass sich das Projektteam
bereits beim Start auf die wesentlichen, vom Auftraggeber geforderten Projektergeb-
nisse fokussiert. Dieser Ansatz entspricht dem Denken der klassischen Wertanalyse,
wo die Frage nach den Funktionen eines Produkts, die auch wirklich vom Kunden
wahrgenommen und bezahlt werden, im Vordergrund steht. Die Projektergebnisstruk-
tur 75 stellt den Liefer- und Leistungsumfang des Projekts zum Zeitpunkt der Überga-
be (oder Abnahme) an den Auftraggeber graphisch dar. Wir sprechen deshalb je nach
Projektart von der Produktstruktur (Entwicklungsprojekt) bzw. Anlagenstruktur (Pro-
duktionsanlagen- bzw. Betriebsmittelprojekt). Die Projektergebnisstruktur definiert
alle Liefergegenstände (Objekte), die dem Kunden bis zum letzten Meilenstein des
Projekts übergeben wurden und Leistungen, die dann noch zu erbringen sind (z.B.
Service, Produktionsbetreuung). Für das Projektteam schafft diese Vorgehensweise
Transparenz und sie hilft bei der Klärung der Auftragsinhalte mit dem Auftraggeber.
Des Weiteren bildet die Projektergebnisstruktur die Basis für die nächsten systemati-
schen Planungsschritte. Abbildung 2-49 zeigt den Zusammenhang auf.

Abbildung 2-49: Von den Zielen zur Projektergebnisstruktur 76

OEM: Lieferant:

Ziele und Vorgaben Projektergebnisse

• Fahrzeugkonzept (Rahmenheft) • Modulkonzept und -struktur

• Designvorgaben des OEM • Bauraum und Spezifikation für


(Außenhaut, geometrische Komponenten (Pflichtenheft)
Vorgaben)
• Produktions- und
• funktionale Anforderungen Logistikprozess
(Lastenheft incl. Vorschriften)
• Dokumentation
• Produkt-/Projektziele
• Musterteile

Die Darstellung der Projektergebnisse erfolgt in einer Baumstruktur. Diese ist in meh-
reren Ebenen gegliedert, wobei jede Ebene aus in sich logisch abgeschlossenen Teilum-
fängen besteht. Die erste Ebene ist die Grobgliederung des gesamten Produkts (Fahr-
zeug, Modul...) oder der Anlage.

75 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 49ff


76 vgl. Schuh (2000), S. 126

85
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
In Summe ergeben alle Teilumfänge das gesamte Projektergebnis. Jede weitere, tiefer-
gestufte Ebene ist eine Detaillierung des entsprechenden Teilumfangs. Abbildung 2-50
zeigt das Beispiel eines Systemlieferanten für ein komplettes Fahrzeugmodul.

Abbildung 2-50: Beispiel: Projektergebnisstruktur eines Systemlieferanten

Ergebnisstruktur Frontend

Stoßfänger-Modul Montageträger-Modul Kühler-Modul Scheinwerfer

ƒ Stoßleiste ƒ Montageträger ƒ Kühlerhutze ƒ Scheinwerfer li


ƒ Zusatzscheinwerfer ƒ Luftleitteil li/re ƒ Wasserkühler ƒ Scheinwerfer re
ƒ Luftführungselemente ƒ Schlosszug - Kühlerlager oben ƒ Stellmotor
ƒ Kunststoffabdeckung ƒ Anschlagpuffer - Kühlerlager unten
ƒ Kühlergitter ƒ Dichtung Frontklappe - Kühlwasserschlauch
ƒ Markenzeichen ƒ Abdeckung ƒ Klima-Kondensator
ƒ Signalhorn ƒ Elektro-Lüfter
ƒ Schriftzug
ƒ Kabelbaum - Lüfter
ƒ Blickleuchte li/re Prozesse
ƒ Aufnahme Motor- - Lüfterstern
ƒ Defo-Element vorn li/re
abschirmung - Unterdruckdose
ƒ Zugstrebe ƒ Frontklappenstange ƒ Ladeluftkühler
ƒ Halteleisten li/re/mitte ƒ Verbindungsteil - Ladeluftkühler Muster + Prototypen
ƒ Spoilerlippe Längs-/ Querträger - Ladeluftrohr
ƒ Luftführungskanal ƒ Temperaturfühler - Halter
ƒ Stoßfängeraufnahme - Dichtung Dokumentation

Die Projektergebnisstruktur wird vom Projektleiter mit dem Projektteam gemeinsam


im Projektstart-Workshop gegliedert. Dadurch haben alle Beteiligten das gleiche Ver-
ständnis für das Projekt und die geforderten Ergebnisse. Auf Basis der vorliegenden
Informationen (Angebot, Referenzprojekte, Vorstudien, Lastenheft...) und unter Be-
rücksichtigung der Projektziele bzw. der Vertragsinhalte werden zunächst alle wesent-
lichen Objektteile/Elemente aus denen das Produkt bzw. die Anlage besteht gesam-
melt.

Hierbei sind Methoden wie das Brainstorming oder Mindmapping sehr hilfreich. Die
Strukturierung erfolgt zunächst am besten Top Down an der Pinwand mit Kartentech-
nik. Es geht nicht um den Detaillierungsgrad einer Stückliste, bis auf die letzte
Schraube, sondern um die wesentlichen Elemente/logischen Einheiten aus (Projekt-)
Management-Perspektive.

Für die weitere Dokumentation kann das Ergebnis als Baumstruktur dann elektro-
nisch mit Hilfe von PM-Tools oder Grafikprogrammen festgehalten werden. Abbil-
dung 2-51 zeigt als Beispiel die Produktstruktur einer Gesamtfahrzeugentwicklung.

86
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Abbildung 2-51: Produktstruktur Gesamtfahrzeugentwicklung

Entwicklung
Derivat-Fahrzeug

Dokumentation Rohbau Türen + Klappen Exterieur Ges. Fahrzeug

Qualitäts-
CAD-Daten Surfaces ICEM Surfaces ICEM Surfaces ICEM
dokumentation

Änderungs- Freigabefähigkeit Freigabefähigkeit Lieferanten- Meilenstein-


doku Konstruktions- Konstruktions- liste dokumentation
daten Prototyp daten Prototyp
Geom.
Stücklisten Statusberichte
Simulation
Freigabefähigkeit Freigabefähigkeit
Konstruktions- Konstruktions- Toleranzen für Meßpläne Produkt
Spezifikationen daten Serie daten Serie u. Prozess BIW...
Bauteile

Spann + Spann + Toleranz-


Protokolle Lieferantenliste
Fixierkonzept Fixierkonzept studien

Toleranzen für Toleranzen für 1 Cubing


... Bauteile Bauteile ... Aussen

1 Cubing
Toleranzstudien Toleranzstudien
Innen

... ... ...

Der große Vorteil dieser, zugegebenermaßen etwas aufwändigen, Strukturierungsme-


thode besteht darin, dass allen Beteiligten der Auftragsumfang klar wird und sie einen
Blick für das Gesamte bekommen. Dadurch wird es später bedeutend leichter die
Schnittstellen und die Rollenverteilung im Team zu klären. Insbesondere bei heteroge-
nen Projektteams mit ein oder mehreren „Neulingen“ hilft die Projektergebnisstruktur
die „inneren Bilder“ abzugleichen und Klarheit zu schaffen. Wir haben im Rahmen
von Startworkshops vielfach schon sehr fruchtbare und intensive Diskussionen an
dieser Stelle erlebt.

Je nach Projektart sieht die Projektergebnisstruktur völlig unterschiedlich aus. Am


stärksten kommt dieser Unterschied zwischen Produktentwicklung und Produktions-
anlage zum Tragen. Abbildung 2-52 zeigt das fiktive Beispiel der Projektergebnisstruk-
tur einer Produktionsanlage.

87
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-52: Beispiel Projektergebnisstruktur Produktionsanlage

AAF, Roboterzelle mit


Laser (Anlagenstruktur)

Vorrichtungen und
Roboter Laser Zellen-Steuerung Bauteile Dokumentation
Infrastruktur

Betriebs-
Mechanik Greifer Strahlquelle Steuerschrank Pilotteile
anleitung

Installation + Wartungsan-
Steuerschrank Konsolen Steuerschrank Probeteile
Kabel leitung

Layout und
Sensorik Gestelle Software Software i.O. Bauteile
Pläne

Installation + Justier- Energie- Sicherheits- Stücklisten und


Kabel einrichtungen versorgung technik Zeichnungen

Sicherheits-
Software Strahlführung Schaltpläne
technik

Software-Doku

Ist das Ergebnis klar definiert und damit eine Vision auf das Projekt-Ende hin geschaf-
fen, kann das Projektteam damit beginnen den Weg dorthin - mit seinen Etappen -
grob zu planen.

2.4.8 Phasen- und Meilensteinplan


Der Phasen- und Meilensteinplan ist die Gliederung eines Projekts in einzelne „Etap-
pen“. Eine Phase bezeichnet in diesem Zusammenhang den Zeitabschnitt vor einem
Meilenstein. Der Meilenstein ist das eigentliche Etappenziel zu dem eine Phase abge-
schlossen ist. Die gesamte Projektdauer wird hierbei in logische Abschnitte eingeteilt,
die aus dem Standard-Fahrzeugentwicklungsprozess im jeweiligen Unternehmen
abgeleitet werden. Projektspezifisch lassen sich beliebig viele Meilensteine ergänzen,
sofern sie für das Projektmanagement hilfreich sind. Den einzelnen Meilensteinen sind
Zwischenergebnisse zugeordnet, die bis zum jeweiligen Zeitpunkt erreicht werden
müssen. Im englischsprachigen Raum spricht man auch vom „Stage (Phase)-Gate
(Meilenstein)“-Prozess. 77

Projekte in der Automobilindustrie können heute nicht mehr als serielle Prozessketten
angesehen werden, sondern haben aufgrund von Überlappungen und Parallelprozes-
sen vielmehr den Charakter von Prozessnetzen.

77 vgl. Kerzner (2003), S. 59f

88
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Die Endpunkte der Prozessschritte sind als Meilensteine in einem Entwicklungszyklus
zu sehen und geben Auskunft über die Erreichung eines gewünschten Zustandes bzw.
eines vorgegebenen Ziels. Sie stellen die Übergabepunkte einer Vorleistung zu einer
Nachfolgeleistung dar. Wenn sich also ein Meilenstein verschiebt, hat dies direkte
Auswirkungen auf den Gesamterfolg, den Projektabschluss. Die Auswirkungen einer
Meilensteinverschiebung sind bei dieser Sichtweise umfassender zu sehen als bei einer
seriellen Prozesskette. Es verschieben sich zum einen Nachfolgeprozesse, zum ande-
ren aber auch parallele und überlappende Prozesse und haben somit Auswirkungen
auf das gesamte Netzwerk. Durch den harten Wettbewerb in der Automobilindustrie
müssen Entwicklungszeiten immer mehr verkürzt werden, so dass Pufferzeiten meist
gänzlich entfallen und immer mehr Prozessschritte parallel ablaufen. Die Verschie-
bung eines einzigen Meilensteins kann daher die Überschreitung von Lieferterminen
oder die Verzögerung von Folgeaufträgen nach sich ziehen, was im Extremfall direkte
Konsequenzen für die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens haben kann. Um
frühzeitig auf negative Entwicklungen reagieren zu können, ist es nötig, Meilensteine
systematisch zu planen und konsequent zu kontrollieren. Im Produktentwicklungs-
prozess (PEP) spielen sogenannte Quality Gates und Synchronisationspunkte dabei
eine zentrale Rolle. Abbildung 2-53 zeigt den Zusammenhang.

Abbildung 2-53: Quality Gates und Synchronisationspunkte im


Produktentwicklungsprozess (PEP) 78

Quality Gates Synchronisationspunkte


A B C Prozess- Prozess-
abschnitt abschnitt
Voraussetzung 1 Voraussetzung 1

Messgröße 1 Messgröße 1 RP

Messgröße ... Messgröße ...


Prozess- Prozess-
Voraussetzung ... Voraussetzung ... abschnitt abschnitt

Messgröße ... Messgröße ...

Quality Gates teilen den PEP in Phasen, an Synchronisationspunkte unterstützen die


deren Ende der Projektfortschritt und der Koordination zwischen Herstellern,
Reifegrad festgestellt wird. Zulieferern und Entwicklungspartnern.
Hierzu werden Voraussetzungen und Zu festgelegten Zeitpunkten werden
Messgrößen definiert, die die Anforderungen Entwicklungsstände bewertet, erforderliche
an das Durchschreiten eines Quality Gates Abstimmungen durchgeführt und
beschreiben. Entscheidungen getroffen.

78 Quelle: Fraunhofer IAO

89
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Ausgehend vom Standard-Produktentwicklungsprozess des Unternehmens müssen
die jeweiligen Meilensteine für die Projekte sauber definiert werden. Abbildung 2-54
zeigt schematisch den Zusammenhang auf.

Abbildung 2-54: Meilensteindefinition auf Basis der Phasen des Produktentwicklungs-


prozesses

Zwischen-Gate-Review

1 2 Abschluss-Gate-Review
Absicherung Qualität
Prototypen
3

4
Zeit
5
Kosten
6

7 8 9

Auftrag SOP

Der Phasen- und Meilensteinplan ist ein wesentliches Hilfsmittel für eine koordinierte
und systematische Projektdurchführung. Insbesondere bei komplexen Projekten ist es
sehr hilfreich, wenn die Beteiligten auf definierte Zwischenergebnisse mit bestimmten
Realisierungsterminen hinarbeiten, anstatt nur das komplexe Endprodukt „im Visier“
zu haben. Damit steigt die Motivation und Leistungsbereitschaft aller Projektbeteilig-
ten. „Die Lebenserfahrung lehrt, dass sich die Menschen um fünf vor zwölf schneller bewegen
als um halb zwölf.“ 79

Weiterhin dient der Meilensteinplan zum besseren Projektcontrolling, da die Messgrö-


ßen in Form von erreichten Ergebnissen am Ende jeder Projektphase durch den Mei-
lensteinplan vorgegeben sind. Grundlage für den Phasen- und Meilensteinplan sind
die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Auftraggeber, die Abwicklungsziele und
die daraus resultierenden Ecktermine.

79 Georg Kofler, Premiere-Geschäftsführer, über die Verhandlungen zur Rettung des Abosenders
(aus: Wirtschaftswoche, Nr. 21 vom 16.05.2002)

90
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Es ist darauf zu achten, dass der Phasen- und Meilensteinplan zu den definierten Mei-
lensteinen konkrete Etappenziele in Form von messbaren und überprüfbaren Ergeb-
nissen enthält, keine Aktivitäten! Diese sind im Terminplan enthalten. Insbesondere
für längere Realisierungsphasen ist es sinnvoll, eine Unterteilung in mehrere Unter-
phasen/Meilensteine vorzunehmen.

Meilensteine in einem Fahrzeugprojekt sinnvoll zu definieren, so dass sie auch ihren


Zweck erfüllen, ist nicht so einfach. Neben den obligatorischen Phasenendpunkten
gibt es auch existenziell wichtige Zeitpunkte innerhalb von Phasen, zu denen der
Reifegrad des Projektes anhand von Zwischenergebnissen überprüft werden sollte. Im
Regelfall ist das am Ende eines Prozessschrittes der Fall (z.B. A, B, C-Muster, Anlagen-
konzeptfreigabe). Abbildung 2-55 zeigt das Beispiel eines Standard-Phasen- und Mei-
lensteinplanes für einen Systemlieferanten auf Basis der VDA-Anforderungen.

Abbildung 2-55: Phasengliederung eines Systemlieferanten 80

Kammlinie/
Beschaffungs- Interne End of
Projekt-
Projektstart Projektauftrag Projektfreigabe Planungsfreigabe freigabe Serienfreigabe Production
abschluss

Phase 1:
Initiierung

Phase 2:
Konzeption

Phase 3:
Applikationsentwicklung
Phase 4:
Produktionsvorbereitung

Phase 5:
Serienanlauf

Phase 6:
Absicherung
Bestätigung Serie
C - Muster &
B-Muster &
Grob- Fein- Entwicklung Vorbereitung
Entwicklung
konzeption konzeption B-Muster Erstbemusterung
C - Muster
durch Kunden
(A - Muster) Design freeze Entwicklungsfreeze D - Muster
(B - Muster)

Die modellhafte Darstellung allein schafft natürlich noch keine Klarheit über die Ziele,
Detail-Meilensteine und Inhalte einer jeden Phase. Diese Informationen sind in der
folgenden Tabelle dargestellt (Tabelle 2-1). Im Sinne eines Standard „Phasen- und
Meilensteinschemas“ lässt sich damit eine gute Informationsgrundlage für den Pro-
jektmanagement-Prozess im Automobilunternehmen legen.

80 in Anlehnung an VDA (2003b), S.14ff

91
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Tabelle 2-1: Ziele, Meilensteine und Inhalte des Phasenkonzepts eines Systemlieferanten

Applikations- Produktions-
Phase: Initiierung Konzeption Serienanlauf
entwicklung vorbereitung

Grobkonzept Feinkonzept und Abgesicherte Freigegebene Erreichen der


und Einschät- geprüftes Lasten- Entwicklungsergeb- Serienteile, lieferbe- geforderten Produk-
zung der heft als Basis für nisse als Basis für reite Produktionslo- tionsstückzahl
Phasen- Machbarkeit Umsetzungs- Produktionsplanung gistik, qualifiziertes (Kammlinie) und
ziele und Wirtschaft- strategie (Pflich- und Komponenten- Personal und systematischer
lichkeit als tenheft) und beschaffung zuverlässig laufende Projektabschluss und
Basis für ein Projektplanung. Produktionsanlagen Übergabe an die
Angebot. Letter of intent Serie

Projektstart Kick-Off Projekt- Entwurfs Review Funktionsfreigabe SOP Intern


team

Kick-Off Konzept Review Planungsfreigabe SWZ-fallende Serienfreigabe


Konzeptteam Zukaufteile Kunde
Detail-
Lastenheft- A – Muster Design Review C – Muster SOP OEM
Meilen-
Freigabe
steine
Angebotsabga- Pflichtenheft- B – Muster Prozessfreigabe Kammlinie
be Freigabe

Projektauftrag Projektfreigabe Beschaffungs- Interne Serienfreiga- Projektabschluss


freigabe be

Machbarkeits- Pflichtenheft- Detailentwicklung Änderungen des Serienstart intern und


analyse, Abstimmung nach Lastenheft Kunden im Ent- beim OEM , Anlauf-
Lastenheft- intern und mit zum Prototyp wicklungsablauf betreuung und
Abstimmung Kunde, Konstruk- (Design freeze) umsetzen und Optimierung Produk-
und Verhand- tions- bzw. dokumentieren tionsprozess
lung mit Kunde System-FMEA

Bewertung der Projektteam Detailentwicklung Aufbau und Inbe- Prozesskontrolle und


Projektanfrage, bilden und wird vom Kunden triebnahme der Prozessfähigkeitsun-
Wesent- entwickeln, akzeptiert (Entwick- Produktionsanlagen, tersuchung
liche externe Partner lungs – freeze) Probebetrieb
Phasen- einbinden
inhalte
nach APQP Projektziele, Projekt planen Planung Produkti- Planung Logistik und Produktionskontroll-
Wirtschaftlich- und einsteuern onsprozess und Instandhaltung plan und Prüfvor-
keit Produktionsmittel, schriften, PPAP
Prozess-FMEA

Klärung Prototypenteile Herstellung und Qualifizierung der Projektabschluss und


Projektorgani- und –werkzeuge Lieferung Prototypen Lieferanten und des Übergabe an die
sation und anfragen Produktionsperso- Serie
Ressourcen, nals
externe Partner

Phasen- Interner Interne Projekt- Beschaffungs- Interne Serien-


Projektabschluss
ergebnis Projektauftrag freigabe freigabe freigabe

92
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Damit die Meilensteine auch als effektives Hilfsmittel zur Fortschrittskontrolle dienen,
müssen klare Messgrößen pro Meilenstein festgelegt werden, die sogenannten „De-
liverables“. Sie definieren mess- und überprüfbare Sachergebnisse, die zum jeweiligen
Meilenstein vorliegen müssen und wie bei einer Abnahme „abgehakt“ werden kön-
nen. Abbildung 2-56 zeigt Beispiele von Meilensteinergebnissen.

Abbildung 2-56: Mögliche Meilensteinergebnisse in Fahrzeugentwicklungsprojekten

Produktergebnisse
• Konstruktionszeichnungen / -daten
• Designmodelle, Berechnungen
Meilenstein • Prototypen, Funktionsmuster
Produktionsprozessergebnisse
• Anlagenlayout
• Anlagenspezifikation
• Produktionsfreigaben
Ergebnisse: Testergebnisse
• Materialprüfung
• Erprobung im Kundenfahrzeug
• Werkzeugfreigabe
• Nullserienfreigabe
projektbezogene Ergebnisse
• Projektkalkulation
• Projektterminplan
• Projektberichte

Aus Sicht der Autoren ist hier „weniger“ oft „mehr“. Um den Reifegrad eines Fahr-
zeugentwicklungsprojektes zu beurteilen, sollten pro Meilenstein nur die wesentlichs-
ten Kriterien abgefragt werden. Komplexe „Quality-Gate-Systematiken“, die dann
auch noch eigener Software-Tools bedürfen, sollten vermieden werden.

Der Phasen- und Meilensteinplan wird vom Projektleiter und -team erstellt. Er muss
mit den Linienverantwortlichen abgestimmt werden. Die gemeinsame Abstimmung
und Klärung der Etappenziele ist ein wesentlicher Motivationsfaktor im Projekt. Ab-
bildung 2-57 zeigt das Beispiel eines Meilenstein-Schemas für ein Produktionsanlagen-
projekt.

93
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-57: Beispiel: Meilensteinplan Projekt „Roboterzelle mit Laser“(fiktiv)

Meilenstein mess- und überprüfbare Ergebnisse

Projektübergabe o Projektsteckbrief
00
o Technische und kommerzielle Vorgaben
o Projektleiter ist benannt
o Projektteam ist benannt

Projekt Kick-Off o Projektziele und -strategie


0
o Projektorganisation
o interner Projektauftrag
o Projektergebnisstruktur
o Meilensteinplan

Start Realisierung o Projektstruktur


1
o Grob-Termin- und Kapazitätsplan
o Kostenplan/Kalkulation
o Risikoanalyse
o techn. Konzept + Layoutentwurf

Start Konstruktion o Abgesichertes Layout


2
o Konstruktionsrichtlinie
o Konstrutionsentwürfe
o Steuerungskonzept
o Vorkalkulation
o Feinterminplan Konstruktion
o Lieferanten- und Kaufteilliste

Start Fertigung/Beschaffung o Bestellung Langlaufteile


3
o Fertigungszeichnungen
o Schaltpläne
o Stücklisten Mechanik und Elektrik
o Feinterminplan Fertigung-Montage
o Rahmenverträge mit Lieferanten

Start Montage/Inbetriebnahme o Komponenten am Montageort


4
o Montageplan + Richtlinie
o Software-Entwürfe

5 Pilotanlage betriebsbereit o Lauffähige Anlage


o Softwaredokumentation
o Bauteile für Probebetrieb
o Funktionsabnahme (Protokoll)

Abschluss Probebetrieb o Dokumentation Probebetrieb (Protokoll)


6
o Optimierte Anlage
o Pilotteile
o Produktionsabnahme (Protokoll)

7 Abnahme o komplette Dokumentation


o Endabnahme d. Kunde (Protokoll)

Projektabschluss o Nachkalkulation
8
o Übergabe an Service
o Projektreview und -bericht
o Projektorganisation aufgelöst

94
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
In Gesamtfahrzeug-Entwicklungsprojekten ist die Welt noch etwas komplexer als in
den oben dargestellten Grafiken erkennbar ist. Innerhalb einer Phase gibt es hier eine
Vielzahl von funktionalen Meilensteinen, zu denen Aussagen über den Reifegrad des
Produktes und den Entwicklungsfortschritt gemacht werden müssen. Darüber hinaus
spielen die sogenannten Synchronisationspunkte zur Abstimmung der unterschiedli-
chen Module, Komponenten und Funktionen eine wesentliche Rolle. Abbildung 2-58
zeigt einen Ausschnitt aus einer Gesamtfahrzeug-Entwicklung.

Abbildung 2-58: Detail-Meilensteine im Fahrzeugentwicklungsprojekt 81

Strategiephase Technologiephase Fahrzeugphase


Development ofTechnlogy & Concepts Planning & Development of Product & Process Testing Product &
Process

Gate 1 Gate 2 Gate 3 Gate 4 Gate 5 Gate 6 Gate 7


Project Management
Prel. MSS/ Final Final Final
VTS/MTS MSS VTS/MTS MMSTS

Programm Specification
Clay
Freeze structure
Freeze SF UDR ext/int VDR ext/int DKM
relevant items

Styling Process

Product Engineering Process


Package Freeze SC (DMU) IC (DMU) VCT (DMU)
Concept Defin.
Concept Development / Package DMU
Rel. SC Rel. IC Tooling Release
Start EndFlange Freeze Start End Start End

SC Design IC Design Serial Design Design Improv


SC virt. IC virt. VCT virt.

CAE
Concept Appr.
Component Development Testing
KPC RPS / MT CT MP

DIM Updating & cont. Improvements


FCC FMC FSC FIC

Prototyping

Aufgrund der Komplexität und dem hohen Abstimmungsbedarf der parallel laufen-
den Prozesse und Entwicklungsaktivitäten in Fahrzeugprojekten ist die Planung und
Koordination der Meilensteinketten und Synchronisationspunkte sinnvoll nur mit
entsprechenden DV-gestützten PM-Tools zu leisten. Nur wenige Systeme sind am
Markt verfügbar, die an dieser Stelle eine entsprechende Funktionalität aufweisen.
Hier verweisen wir auf die entsprechenden Marktübersichten für PM-Software. 82
Abbildung 2-59 zeigt die Bildschirmdarstellung von Synchronisationsverbindungen
im Terminplan eines Fahrzeugentwicklungsprojekts.

81 Quelle: EDAG
82 www.pm-software.info

95
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-59: Synchronisationspunkte im Fahrzeugprojekt, Screenshot 83
a e a age

Synchronisations
-Verbindungen

Teilprojekt-
leiter

Externer
Engineering-
dienstleister

2.4.9 Businessplan, Wirtschaftlichkeit und Angebots-


kalkulation
Neben den Zielen, Ergebnissen und Eckterminen im Sinne der Meilensteine muss zum
Start des Automotive-Projekts auch die Wirtschaftlichkeit geklärt werden. Nur wenige,
strategische Projekte müssen nicht über diese Hürde springen. Am Anfang steht die
Kostenermittlung bzw. Schätzkalkulation. Dies betrifft zum einen die Produkt- bzw.
Stückkosten, d.h. die aus der Entwicklung resultierenden Herstellkosten des Fahr-
zeugmoduls oder der jeweiligen Komponente. Zum anderen werden auch die Projekt-
kosten, d. h. die Aufwendungen, die im Rahmen der Entwicklung anfallen, festgelegt.
Diese Aufteilung der Kostenziele in Herstell- und Entwicklungskostenziele findet sich
zudem in den Anforderungen vieler Automobilhersteller wieder, die auch im abzuge-
benden Angebot einen Preissplit fordern.

83 Quelle: Actano

96
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Bei der Kostenfestlegung kann auf das Konzept des Target Costing zurückgegriffen
werden. Der Grundgedanke dabei ist, die Kosten an den Kundenerwartungen zu
orientieren, so dass marktseitig erfolgreiche Preise realisiert werden können. Im Rah-
men einer Fahrzeugentwicklung legt der Automobilhersteller die Modul- und Kom-
ponentenpreise und damit verbunden die Herstellkosten grob fest und entscheidet
auch über die Höhe des zur Verfügung stehenden Entwicklungsbudgets.

Die Vorgehensweise der Kostenzielermittlung kann vereinfacht in zwei Phasen unter-


gliedert werden. In der ersten Phase werden die Entwicklungs- und Herstellkosten für
das System "bottom-up" abgeschätzt. Neben einer Abschätzung der Entwicklungskos-
ten und der Herstellkosten muss ein Systemlieferant zusätzlich die Kosten abschätzen,
die aus den koordinierenden Projektmanagementaufgaben bei ihm anfallen. Ist der
Systemlieferant zugleich für die Entwicklung und Produktion einer Komponente
verantwortlich, so muss er auch die sich hieraus ergebenden Kosten, sprich Investitio-
nen abschätzen. Abbildung 2-60 zeigt das Vorgehensmodell in 2 Phasen.

Abbildung 2-60: Kostenermittlung bei der Fahrzeugentwicklung in 2 Phasen 84

1. Phase Abgleich des


Angebots 2. Phase
Ermittlung des Ziel- Ermittlung der
Preises/-budgets Detail-Kostenziele
des Angebots

Aggregation des
Auftraggeber
(OEM, Tier1) Festlegung des Gesamt-
Angebots
Zielpreises/-budgets
Abschätzung der
Ableitung der
Herstellkosten
Entwicklungskostenziele
Abschätzung der
Entwicklungs- Ableitung der
kosten Herstellkostenziele

Kostencontrolling
Lieferant + Änderungs-
Lieferant
(Tier1, Tier2) management

Ankündigung Anfrage Angebot Vertrag

Wenn die Kostenabschätzungen für einzelne Komponenten vorliegen, ist es Aufgabe


des Systemlieferanten, die Kosteninformationen zu einem aussagekräftigen Angebot
für das Modul zu aggregieren.

84 vgl. Schuh (2000), S. 99

97
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Damit diese Aggregation leicht fällt, sollte bereits die Kostenabschätzung mit Hilfe
eines entsprechend standardisierten Vorkalkulationsblattes erfolgen. Auf Basis der
aggregierten Gesamtentwicklungs- und Gesamtherstellkosten für das Modul / System
werden nun erste Zielpreise und Entwicklungsbudgets berechnet und dem Automo-
bilhersteller angeboten. Mit diesem Schritt ist die erste Phase der Kostenzielermittlung
abgeschlossen. Wenn der Auftraggeber das Angebot generell akzeptiert, wird ein
Abgleich der Preisvorstellungen zwischen Hersteller und Modullieferant in intensiven
Verhandlungsrunden erfolgen. Bei positivem Abschluss ist das Ergebnis ein gemein-
sam definiertes, neues Entwicklungsbudget sowie ein neuer Zielpreis, der in der Regel
unter dem ersten Angebotszielpreis liegen wird. Beide Kostenziele müssen nun top-
down auf die einzelnen Komponenten bzw. Arbeitspakete heruntergebrochen werden.
Eine einfache Vorgehensweise, die hierzu angewendet werden kann, zeigt Abbildung
2-61.

Abbildung 2-61: Schema zur Kostenermittlung und -verteilung

Bottom-Up

HK/St* EK* %HK/St %EK/St


• Ermittlung der Herstellkosten
M 100 100.000 10% 10%

K1 300 500.000 30% 50% • Ermittlung der Entwicklungskosten

K2 150 10.000 15% 1%


• Ableitung der prozentualen
K3 450 390.000 49% 39% Kostenstruktur

¦ Gesamt 1.000 1.000.000 100% 100%


* in Euro

Angebot Abgleich der Bottom-Up Entwicklungs-


Kostenfestlegung
1.000 Euro HK/St ermittelten Entwicklungs- kostenziele
900 Euro HK/St
1.000.000 Euro EK und Herstellkosten mit dem 850.000 Euro EK
Auftraggeber

Top-Down

HK/ST* EK* %HK/ST %EK/ST


• Kostenlücke entsprechend der
prozentualen Kostenstruktur verteilen M 90 85.000 10% 10%
• Herstellkosten K1 270 425.000 30% 50%
• Entwicklungskosten
Legende: K2 135 8.500 15% 1%
HK = Herstellkosten
EK = Entwicklungskosten K3 405 331.500 49% 39%
Herstellkosten-
M = Modul
K = Komponente ziele ¦ Gesamt 900 850.000 100% 100%
* in Euro

98
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Aufbauend auf den Ergebnissen der bottom-up-Abschätzung der Herstell- und Ent-
wicklungskosten wird zunächst die Kostenstruktur des Angebotes, d. h. die prozentu-
ale Zusammensetzung der Herstell- und Entwicklungskosten, ermittelt. Die Kostenlü-
cken, die aufgrund des Abgleichs mit dem Hersteller entstanden sind, werden
anschließend gemäß der Kostenstruktur verteilt. Problematisch bei dieser Vorgehens-
weise ist, dass kein Unterschied zwischen Bereichen bzw. Komponenten mit hohen
und niedrigen Kosteneinsparungspotentialen gemacht wird („Gießkannenprinzip“).
Eine weniger systematische, dafür aber genauere Vorgehensweise zur komponenten-
spezifischen Kostenzielermittlung kann unter Zuhilfenahme der Erfahrungswerte aus
vergleichbaren Projekten oder von Einkaufs-Know-how realisiert werden. Abhängig
von den realisierbaren Einsparpotentialen im Rahmen des Entwicklungs- und Verga-
beprozesses werden die Zielpreisreduzierungen unterschiedlich stark vorgenommen.

Basis für fundierte Schätzpreise ist eine gut strukturierte Kostenkalkulation. Für Fahr-
zeugentwicklungsprojekte bedeutet dies, dass die Stückzahlen, die Produktstruktur
sowie die relevanten Meilensteine des Entwicklungsprozesses bekannt sind. Das Las-
tenheft und die vorangegangenen PM-Aktivitäten in der Projektdefinitionsphase soll-
ten alle notwendigen Informationen liefern. Das Kalkulationsblatt wird mit einer Zeit-
achse und einer Kostenachse als Tabelle aufgebaut. Wichtig ist dabei, dass abhängig
von der Projektphase Serienentwicklung oder -produktion verschiedene Zeitskalen
verwendet werden. Abbildung 2-62 zeigt ein Schema.

Abbildung 2-62: Prinzipieller Aufbau eines Kalkulationsschemas

(Entwicklungsprozess) (Serienproduktion) t

t1 1 3 ... t2
2

Perioden
Projektmeilensteine
¦
(laufende Produktion)
Entwicklungskosten

• Entwicklung
• Konstruktion
• Versuch
• Sim ulation
• Musterbau Entwicklungskosten (EK)
• Beschaffung
• .......

Herstellkosten ¦ EK
• Material /Kaufteile
• Prod.Personal
• Qualitätswesen
Herstellkosten (HK)
• Logistik
• Abschreibungen
• ....... ¦øHK

99
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
In der Entwicklungsphase werden die vorgegebenen Meilensteine zur Skalierung
genutzt. Die Produktionsphase wird hingegen durch feste Perioden gegliedert. Ähnli-
ches gilt auch für die Gliederung der Kosten. Auch hier werden abhängig von der
betrachteten Projektphase spezifische Gliederungen der Kostenarten gewählt. Für die
Entwicklungsphase wird eine ressourcenorientierte Kostengliederung verwendet
(Entwicklung, Versuch, Material, ...). Die Herstellkosten werden klassisch nach dem
Produktionsablauf (Fertigungskostenstellen) und dem eingesetzten Material bzw.
Kaufteilvolumen gegliedert. Die zwei Kalkulationsbereiche (Entwicklungs-, Herstell-
kosten) können im Detail folgendermaßen gegliedert werden:

Entwicklungskosten

„ Personalkosten für Entwicklung, Musterbau, Versuch, Serienvorbereitung, PM


„ Arbeits- und Betriebsmittel bzw. Investitionen wie z.B. Vorrichtungen, Werkzeuge,
Lehren und Messgeräte sowie technische DV-Einrichtungen

„ Materialkosten, Kaufteile für z.B. Versuchsaufbauten, Musterteile, Prototypen


„ Flächen und Gebäudekosten wie z.B. Mieten, Infrastruktur
Auf der Zeitachse werden pro Meilenstein die jeweiligen Kosten als Schätzgröße ins
Kalkulationsblatt eingetragen. Das folgende Schema (Abbildung 2-63) zeigt die Struk-
tur.

Abbildung 2-63: Struktur des Entwicklungskosten-Kalkulationsblattes 85

Zeitachse

KA PH DM/MU
Entwicklungskosten h l €/h Euro h €/h Euro h €/h
ressourcenorientiert

Personal
Kostengliederung

Material
Arbeits- und Betriebsmittel
Flächen und Gebäude

Nutzungsdauer der Ressource = Meilenstein


Stundensatz der Ressource KA = Konzeptabgabe
Investitionen und PH = Pflichtenheft
DM/MU = Datenmodell/ Muster
ressourcenspezifische Kosten

85 vgl. Schuh (2000), S. 106

100
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Herstellkosten

„ Fertigungskosten mit Fertigungseinzelkosten (FEK), im Wesentlichen Löhne bzw.


Maschinenstundensätze, Fertigungsgemeinkosten (FGK) wie Hilfslöhne, Hilfsma-
terial, Energiekosten sowie kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen, Lizenz-
kosten etc. und Sondereinzelkosten (SdF), wie fertigungsspezifische Werkzeuge
und Betriebsmittel, die nicht in den Entwicklungskosten enthalten sind.

„ Materialkosten als Materialeinzelkosten (MEK) für Rohmaterial, Kaufteile, Hilfs-


und Betriebsstoffe und Materialgemeinkosten (MGK), in denen Lager-, Logistik-
und Personalkosten der Beschaffung und Qualitätssicherung verborgen sind.

„ Verwaltungskosten für das Verwaltungspersonal, Beleuchtung, Miete etc. werden


nur anteilig auf das Projekt verrechnet.

„ Vertriebskosten sind alle für den Vertrieb der jeweiligen Business-Unit anfallen-
den Kosten für Vertriebspersonal, Akquisition, Werbung, Marketing.

„ Umlagen für die dem Produkt bzw. Produktionsprozess nicht direkt zuordenbaren
Kosten für z.B. Serienbetreuung und -verbesserung, Service, Ersatzteilverwaltung
während der Serienproduktion...

Anders als bei der Entwicklungsphase wird die Zeitachse der Serienproduktion nicht
durch Meilensteine untergliedert, sondern in Perioden (jährlich oder monatlich) unter-
teilt. Die Abschätzung der einzelnen Kostenblöcke muss dementsprechend periodisch,
gemäß der vom Kunden angegebenen Stückzahlen pro Periode ermittelt werden.
Abbildung 2-64 zeigt das Schema.

Abbildung 2-64: Struktur des Herstellkosten-Kalkulationsblattes 86

Zeitachse

Periode 1 Periode 2 Periode 3 ...


Herstellkosten Euro Euro Euro
Fertigungskosten
Fertigungseinzelkosten
Kostengliederung

Fertigungsgemeinkosten
Sondereinzelkosten
Materialkosten
Materialeinzelkosten
Materialgemeinkosten
Verwaltungskosten
Vertriebskosten
Umlagen

86 ebenda, S. 108

101
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Im nächsten Schritt müssen die Kalkulationsdaten für die Wirtschaftlich-
keitsberechnung zusammengefahren und aufbereitet werden. Aus dem Zielpreis des
Kunden, der Stückzahl-Prognose und den Kalkulationsdaten lassen sich dann Margen,
Deckungsbeiträge, Amortisationszeiten, Break-Even-Points und weitere Wirtschaft-
lichkeits-Kennzahlen ermitteln. Für die Entscheidung zur Projektfreigabe bzw. An-
nahme eines Auftrags sind diese Informationen am besten in einem standardisierten
„Businessplan“ aufzubereiten. Einschlägige Tabellenkalkulationsprogramme leisten
hierzu im Regelfall gute Dienste. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel.

Abbildung 2-65: Beispiel: Businessplan für ein Projekt beim Systemlieferanten

Wirtschaftlichkeit: VK, HK, Marge, Umsatz Investitionen, Entwicklungskosten, Musterkosten


Auftrag Ist Vorschau Auftrag Ist Vorschau
Stückzahl im 1. Jahr
300 250 200 Investitionen (T€)
(Tsd.)
VK € / St. Incl. Umlage
Entw./Invest OEM (1.J)
29,47 33,15 31,22 Invest gesamt 3.697 6.394 6.552
Umlage Entw./Invest Kostenübernahme
OEM pro Stück in €
0,00 0,00 0,00 Kunde (Einmalzahlung)
1.573 4.442 5.333
Umlagebasis:
Stückzahl (Tsd.)
0 0 0 Netto Invest 2.124 1.952 1.219

HK. € / St. o. Amort.


26,87 29,07 25,12 Entwicklungskostenosten (T€)
Kunde o. WA (1. J)
Bruttomarge in % Entwicklungskosten
(Durchschnitt)
-1,18% 2,31% 9,54% gesamt
2.055 2.548 2.650
Umsatz in T€ p.a. Kostenübernahme
(Durchschnitt)
25.050 25.691 24.196 Kunde (Einmalzahlung)
0 111 111
Netto
Gesamtkosten und Wirtschaftlichkeit 2.055 2.437 2.539
Entwicklungskosten
Einmalkosten ges.(T€): Summe Entw. + Invest
Invest, Entw, Muster
6.972 10.442 10.802 (o. Umlage Teilepreis)
4.179 4.389 3.758

Einmalkostenübernahme Netto Entw. + Invest


d. Kunde gesamt (T€)
2.402 5.453 6.444 (m. Umlage Teilepreis)
4.179 4.389 3.758
Netto Einmalkosten
4.570 4.989 4.358 Musterkosten (T€)
gesamt (T€)
Gesamtumsatz (inkl.
Produktivität) (T€)
141.456 159.120 149.856 Kalkuliert 1.220 1.500 1.600
Gesamtkosten (Einmal + Preis erzielt
HK - Produktivität) (T€)
133.546 144.525 124.934 (Übernahme Kunde)
829 900 1.000
Nettomarge in %
(Durchschnitt)
-4% -1% 7% Deckung -391 -600 -600

Produktivität, Jahresstückzahlen
Jahr 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr 6. Jahr Gesamt
Produktivitätssteigerung Kundenforderung (%) 0 3 2 2 0 0 7
Produktivitätssteigerung machbar (%) 0 2 2 0 0 0 4
Auftrags-Stückzahl (Tsd.) 300 1.000 1.000 1.100 800 600 4.800
Vorschau-Stückzahl (Tsd.) 200 600 1.100 1.200 1.000 700 4.800

Für das Management lassen sich die wesentlichen Kennzahlen grafisch aufbereiten.
Abbildung 2-66 zeigt ein Beispiel.

102
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
Abbildung 2-66: Beispiel: Projektwirtschaftlichkeit grafisch

Kumulierter Deckungsbeitrag In Mio. €


10,0
Auftragsstand
Vorschau
8,0

6,0

4,0

2,0 Break Even Point

0,0
Start SOP 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr

-2,0

-4,0

-6,0

Ist die Wirtschaftlichkeit gesichert und der Wille zur Zusammenarbeit bekundet (meist
durch einen LOI = Letter of Intent / Absichtserklärung), so sollten sich Auftraggeber
und Auftragnehmer im Fahrzeugprojekt an einen Tisch setzen und die wesentlichen
Informationen und Festlegungen aus der Projektdefinitionsphase abgleichen.

2.4.10 Auftaktworkshop / externer Kick-Off


Der Auftaktworkshop soll die Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftrag-
nehmer bzw. zwischen den unterschiedlichen Vertragspartnern in Fahrzeugprojekten
verbessern und für eine fundierte Klärung von Auftragsinhalten, Schnittstellen und
Verantwortlichkeit sorgen.

Die intensive Beschäftigung mit dem Lastenheft, den Projektzielen, Spezifikationen


und Anforderungen des OEM wirft zumindest auf der Zuliefererseite immer ein gan-
zes Bündel an Fragen und Abstimmungsbedarf auf, das zeitnah und möglichst persön-
lich geklärt werden sollte. Durch das gegenseitige Kennenlernen der Projektteams in
einem Workshop und die gemeinsame Bearbeitung von Aufgaben wird die Basis für
eine kooperative und erfolgreiche Zusammenarbeit gelegt. Neben all den Sachthemen
steht dann auch die zwischenmenschliche Komponente im Mittelpunkt.

103
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Ein Auftakt-Workshop dauert in der Regel 1,5 – 2,5 Tage, bei internationalen Projekten
muss durchaus mit höherem Aufwand gerechnet werden. Die Veranstaltung beinhal-
tet z.B. folgende Themen:

„ Vorstellung der Teilnehmer


„ Vorstellung der Projektorganisation der beteiligten Firmen (Kunde, evtl. Partner)
„ Präsentation der bisherigen Unterlagen zur Projektplanung (Lastenheft/Ziele,
Projektergebnisstruktur, Meilensteinplan)

„ Brainstorming zu potentiellen Konflikten und Risiken im Projektverlauf


„ Gruppenarbeiten und Ergebnispräsentationen zu
1. Konfliktmanagement

2. Terminplanung und -steuerung

3. Information und Kommunikation

4. Änderungs- und Claimmanagement

5. Qualitätsmanagement

„ Gemeinsame Aktivitätenliste („to do“)


„ Spielregeln + Vereinbarungen für die Zusammenarbeit
„ Themenspeicher / offene Punkte
„ Gemeinsame Freizeitaktivität
Die Einladung für den Auftakt-Workshop erfolgt durch den Projektleiter. Er ist dafür
verantwortlich, dass die Zusammenarbeit mit dem Kunden und den anderen Ver-
tragspartnern möglichst reibungsarm und erfolgreich funktioniert. Die Organisation
und Moderation des Workshops kann durch einen internen oder externen Moderator
bzw. PM-Coach erfolgen.

Sind die grundsätzlichen Themen und die strategischen Fragen im Projekt intern wie
extern geklärt, so sollte die Projektleitung darauf dringen, eine klare Zielvereinbarung
mit ihrem internen Auftraggeber - meist der Geschäftsleitung - zu treffen. Der Projek-
tauftrag dokumentiert diesen Vorgang und bildet die Basis für das weitere Agieren
von Projektleiter und –team.

104
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
2.4.11 Interner Projektauftrag
Der Projektauftrag soll die Absprachen bezüglich Zielen, Aufgabenstellung, Projekter-
gebnissen, Eckterminen, Voraussetzungen und Projektorganisation zwischen dem
internen Auftraggeber/ der Geschäftsleitung und dem Projektleiter/-team als schriftli-
che Vereinbarung eindeutig dokumentieren. Damit stellt er eine Zielvereinbarung
zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (Projektleiter) des Projekts dar. Er dient
als Freigabedokument für die Bearbeitung des Projekts und stellt sicher, dass alle Pro-
jektbeteiligten und Linienabteilungen darüber informiert sind.

Der Projektauftrag fasst die Eckdaten des Projekts und die Kompetenzen des Projekt-
leiters in einem Dokument zusammen. Weitere Informationen und Unterlagen, die
Bestandteil des Projektauftrags sind, finden sich in der Anlage:

„ Projektzielkatalog
„ Projektergebnisstruktur (Produkt/Anlage)
„ Meilensteinplan
„ Projekt-Organigramm
Für die Erstellung des Projektauftrags ist der Projektleiter verantwortlich. Die Freigabe
erfolgt durch den internen Auftraggeber (i.d.R. die Geschäftsleitung). Abbildung 2-67
zeigt ein Beispiel:

105
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-67: Beispiel: Projektauftrag(fiktiv)

Datum Heute
Projektauftrag Aussteller Franz Fleissig

4711 AAF/Schwaben Roboterzelle mit Laser


(Auftrags -Nr.) (Kunde/Land) (P rojektbezeichnung)

Franz Fleissig Elsa Lieb

Steuerkreis: Hubert Helle (Vorstand) + Bereichsleiter

Monatlicher Statusbericht an: Oliver Ohne (Vertrieb), Klaus Kontroller (Controlling)

Sonstige Informationen: Regelmäßige Abstimmung mit Key Account Manager AAF

Projektziele: Liefertermin: 30.9., Abnahme 31.3.


Budget: 9 Mio Euro (Grundauftrag)
Strategisch: 5% Gewinn, Komplettvergabe Vorrichtungen an Tochterges. Ungarn
Marktposition Dachfertigung ausbauen, Pilotprojekt PM
Produkt Leistungsmerkmale nach Lastenheft, Auditnote 1,5
/Qualität: Verfügbarkeit 99%, Taktzeit 5 min., Abnahme nach AAF-Vorschrift
Rahmenbedingungen: AAF-Werksnorm, Sicherheitsvorschriften, Doku in Bayerisch

Projektspezifische, zusätzliche Handlungsvollmacht und Vergabeentscheidung bis 500.000 Euro


Kompetenzen, Aufgaben des Vertragsverhandlungen mit Kunden
Projektleiters: Weisungsbefugnis gegenüber Kernteammitgliedern
Budgethoheit und Freigabe aller Beschaffungsvorgänge

Projektteam: Mechanik Martin Mechanik Controlling Elsa Lieb


Elektrik Erich Elektrik Beschaffung
Engineering Heini Zackig ......................
Montage Bruno Hurtig ......................
Qualität NN ......................

Besondere Vereinbarungen: Die kukturellen Unterschiede und landesspezifischen


Besonderheiten sind besonders zu berücksichtigen

Mitgeltende Unterlagen o Lastenheft/Spezifikation des Kunden


(siehe Anlage): o Angebotsunterlagen
o Kalkulation
o Terminplan
Prüfung/Freigabe:

(Datum) (Geschäftsleitung) (Projektleiter/Stellvertreter)

Ist die Projektleitung offiziell bevollmächtigt worden, das Projekt im Unternehmen


abzuwickeln, so geht es im nächsten Schritt darum, alle betroffenen und beteiligten
Führungskräfte und Fachleute zu informieren und einzubinden. Internes Projektmar-
keting mit Hilfe einer Kick-Off Veranstaltung verleiht dem Projekt die nötige Rücken-
deckung im Unternehmen.

106
Definitionsphase als strategische Investition im Automotive-Projekt
2.4
2.4.12 Kick-Off Meeting intern
Umfassende Information über das Projekt (technisch oder organisatorisch) ist die
Voraussetzung dafür, dass alle „am gleichen Strang ziehen“ und Ideen und Kreativität
im Rahmen der Auftragsabwicklung einbringen. Das Kick-Off Meeting ist eine „inter-
ne Marketingveranstaltung“ für das Projekt, mit dem Ziel, alle Beteiligten zu informie-
ren und für die Mitarbeit im Projekt zu begeistern.

Das Kick-Off Meeting informiert die Linienabteilungen und Arbeitspaketverantwortli-


chen über die Inhalte, Ziele, Strukturen, Organisation, Terminplanung und Rahmen-
bedingungen des Projekts. Die wesentlichen Ergebnisse und Festlegungen aus der
Projektdefinitionsphase werden in konzentrierter Form präsentiert und diskutiert.
Verantwortlich für die Einladung, Durchführung und das Protokoll des Kick-Off Mee-
tings ist der Projektleiter. Die Vorbereitung und Präsentation sollte allerdings durch
das Projektteam erfolgen und nicht als „One-Man-Show“.

Je nach Projektgröße und –umfang wird der Rahmen der Kick-Off Veranstaltung (Zeit
und Örtlichkeit) so gewählt, dass die Projektbeteiligten im Sinne des internen Marke-
tings für das Projekt entsprechend begeistert werden können. Abbildung 2-68 zeigt
das Beispiel einer Agenda:

Abbildung 2-68: Beispiel: Agenda Kick-Off Meeting intern

Agenda Kick-Off Meeting


1. Begrüßung/Kundenauftrag/Organisation GL 20 min
2. Ziele/Lastenheft/Auftragsumfang PL 40 min
3. Technische Lösung. (Konzept) Team 40 min
4. Meilensteine, Grobterminplan Team 20 min
5. Kapazitätsbedarf Team 20 min
6. Kostensituation/Kalkulation Team 20 min
7. Änderungs-/Claimmanagement Team 20 min
8. Anregungen, Abschlussdiskussion Alle

Mit dem Kick-Off Meeting ist das Projekt offiziell in das Unternehmen eingesteuert
worden. Die Projektdefinition ist damit abgeschlossen. Im nächsten Schritt geht es um
die weitere Ausarbeitung der Projektplanung. Sie bildet die Grundlage für eine erfolg-
reiche Realisierung des Projekts.

107
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.5 Projektplanungsphase
„Man sollte mit Prophezeiungen und Vorhersagen, wenn sie die Zukunft betreffen, sehr vor-
sichtig sein!“ Hermann-Josef Abs, ehemaliger Vorstand Deutsche Bank AG

Im Rahmen der Projektplanung werden die Strukturen und Inhalte des Projekts fest-
gelegt und die Vorgaben bzgl. Kosten, Termin und Qualität detailliert. Der systemati-
sche Zusammenhang zwischen Projektstruktur, Ablaufplanung, Aufwandsschätzung
und Terminplan wird in diesem Kapitel erläutert. Der Projektplan bildet die Basis für
Projektsteuerung, Änderungs- und Claimmanagement.

Unrealistische Planung wird in der Studie „Automobilentwicklung in Deutschland“


von den befragten Unternehmen als eine der Hauptursachen für nicht erreichte Pro-
jektziele genannt. 87 Abbildung 2-69 zeigt diesen Sachverhalt.

Abbildung 2-69: Wichtigste Gründe für das Nichterreichen von Projektzielen

Zeitplanung
unrealistisch

Produktkostenziele
unrealistisch

Mängel in der
Projektorganisation

Andere

technische Ziele
unrealistisch

Entwicklungskosten-
planung unrealistisch

Qualifikation der
Partner ungeeignet

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

87 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 53

108
Projektplanungsphase
2.5
Aufbauend auf unklaren Anforderungen zum Projektstart werden auch die Projekt-
pläne häufig nicht abgestimmt. Zum einen mangelt es an einheitlichen Vorstellungen
und Vorgaben zu den verwendeten PM-Methoden und Systemen, zum anderen wer-
den Ecktermine oft einseitig vom Auftraggeber vorgegeben, ohne dass die Deliverab-
les zu den jeweiligen Terminen klar abgestimmt wären. Der zeitliche Aufwand für die
Abstimmung von Projektstrukturen und Terminplänen wird vielfach gescheut.
Dadurch entstehen Schnittstellenprobleme und Blindleistung bei allen Beteiligten,
sowie unnötige Konflikte im Rahmen der Realisierung.

Mit Hilfe von Planungs-Workshops im Projektteam können Projektpläne frühzeitig


inhaltlich abgestimmt und gemeinsam optimiert werden. Gleichzeitig lernen sich die
Projektteammitglieder immer besser kennen. Besonders bei standortübergreifenden
Projekten, die ja in der Automobilindustrie immer häufiger werden, ist dies wichtig.
Unternehmensübergreifende Projektmanagement-Systeme mit internetbasierter
Kommunikationsplattform ermöglichen eine vernetzte Projektplanung mit allen Liefe-
ranten und Entwicklungspartnern im Projekt (siehe Kap. 4). Auch bei Änderungen
und Abweichungen wird allen Partnern der gleiche Informationsstand online zur
Verfügung gestellt. Dadurch stehen Termininformationen schneller zur Verfügung
und gleichzeitig reduziert sich der Pflegeaufwand für Projektpläne bei den beteiligten
Projektteams drastisch.

2.5.1 Einführung
„Der 'richtige' Zeitplan ist der, dessen Einhaltung völlig unmöglich ist, dem man dies aber
nicht auf den ersten Blick ansieht.“ Tom DeMarco, Schriftsteller

Planung ist die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns. Die wachsende


Komplexität von Projekten zwingt zu gezielter und systematischer Planung. Höherer
Planungsaufwand senkt den Realisierungsaufwand. Planung ohne Kontrolle ist sinn-
los – Kontrolle ohne Planung unmöglich. Die Qualität der Projektplanung hat ent-
scheidenden Einfluss auf den Projekterfolg. Ohne systematische Planung ist ein effek-
tives Projektmanagement nicht machbar. Die Projektplanung ist das Instrument, mit
Hilfe dessen die Beteiligten im Projekt (Kernteam, Linienabteilungen, Arbeitspaket-
verantwortliche und Lieferanten) die Vorgehensweise, Aufgabenstellung und Etap-
penziele/ Zwischenergebnisse vereinbaren - also ein Führungsinstrument des Projekt-
leiters. Sie bildet auch die Basis für alle Projektsteuerungsaktivitäten und das
Änderungs-/ Claimmanagement, da ohne Planung auch keine Abweichungen (Soll /
Ist-Vergleich) ermittelt werden können.

109
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Allerdings kann man auch über das Ziel hinaus schießen. Deshalb ist es wichtig, den
Planungsaufwand auf das Nötigste zu beschränken, damit sich das Projekt durch die
Planung nicht in Selbsthemmung bringt, sondern den oben beschriebenen Nutzen
generiert. Abbildung 2-70 zeigt dieses Spannungsfeld auf.

Abbildung 2-70: Spannungsfeld Planungstiefe

So detailliert wie nötig, So einfach wie möglich,


weil Projektplanung... weil Projektplanung...

Ö Komplexität reduziert Ö vom Handeln abhält

Ö Effizienz erhöht Ö Zeit kostet

Ö Chancen und Risiken aufdeckt Ö aufwändig ist

Ö Entscheidungssicherheit erhöht Ö Flexibilität einschränkt

Ö Transparenz schafft Ö zunehmend komplizierter wird

Ö Unsicherheit reduziert Ö Kreativität einschränkt

Ö vernetztes Arbeiten ermöglicht

Die Projektplanung liegt in der Verantwortung des Projektleiters. Aufbauend auf den
Ergebnissen der Projektdefinition, werden in der Planungsphase folgende Unterlagen
erstellt bzw. projektspezifisch aus den vorhandenen Standards und Templates (Vorla-
gen) angepasst (siehe Abbildung 2-71 auf der nächsten Seite):

„ Projektstruktur (5)
„ Arbeitspakete und Aufwandsschätzung (6)
„ Termin- und Kapazitätsplan (7)
„ Detailterminplan und Standard-Durchlaufzeiten(8)
„ Kostenplan / Kalkulation (9)
Den Ausgangspunkt für die Projektplanung bilden die Projektinformationen aus dem
Angebot und der Projektdefinition, wie z.B.

„ Angebotsinformationen, Wirtschaftlichkeit, Lastenheft, Projektumfeldanalyse und


Vertragsprüfung / Risikoanalyse (1)

„ Projektziele (2)
„ Projektergebnisstruktur (3)
„ Meilensteinplan (4)

110
Projektplanungsphase
2.5
Auf Basis dieser Informationen wird in einem Planungsworkshop die Projektstruktur
und die Anzahl und Bezeichnung der Arbeitspakete erarbeitet. Der Schwerpunkt liegt
auf der Strukturierung der Aufgaben im Projekt, wodurch die Komplexität von Fahr-
zeugprojekten wesentlich reduziert wird. Im nächsten Schritt werden Aufgaben lo-
gisch und zeitlich zusammengefasst und als Arbeitspakete spezifiziert. Nach Abschät-
zung der Aufwände und Vereinbarung mit den jeweiligen Arbeitspaket-
Verantwortlichen ergeben sich verbindliche Werte für die Ressourcen- und Kostenpla-
nung, sowie Dauern / Durchlaufzeiten für den Terminplan. Abbildung 2-71 zeigt den
Zusammenhang der einzelnen Planungsschritte.

Abbildung 2-71: Planungssystematik 88

1 Startworkshop
Angebot
2
Wirtschaftlichk.
Projektziele Lastenheft
Umfeldanalyse
Vertrag/Risiko Projektergebnisstruktur
4 3
Meilensteine

Projektstruktur Planungsworkshop
6 5
Aufwands-
schätzung Standard
Durchlaufzeiten

8
6
Arbeits-
pakete Terminplan Detailterminplan
7
Kalkulation
Kapazitätsplan 8
9 7

Eine systematische Projektplanung ist die Basis für die erfolgreiche Steuerung von
Projekten. Die Erfahrung zeigt, dass der Wille zur Projektplanung vorhanden ist, je-
doch oftmals den aktuellen Anforderungen des Tagesgeschäfts und der „Machermen-
talität“ zum Opfer fällt.

88 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 95

111
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
„Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht.“
Albert Einstein, deutscher Physiker

Deshalb macht es Sinn, wenn das Projektteam für die Planungsarbeit „in Klausur“
geht. Wir bezeichnen diese Veranstaltung dann als Planungsworkshop.

2.5.2 Planungsworkshop
Die Durchführung eines Planungsworkshops ermöglicht die Projektplanung in kon-
zentrierter Form, so dass in kürzester Zeit die wesentlichen Planungsunterlagen er-
stellt werden können. Zusätzlich bietet der Planungsworkshop den Vorteil, dass das
Projektteam gemeinsam plant und somit ein gemeinsames Verständnis für das Projekt
entwickelt. Für die Unterstützung bei der PM-Methodik, sowie für die Moderation des
Planungsworkshops kann ein Coach eingebunden werden. Abbildung 2-72 zeigt mög-
liche Inhalte einer solchen Planungsklausur:

Abbildung 2-72: Inhalte und Ablauf einer Projektplanungsklausur

Tagesordnung Planungsklausur

„ Projektstruktur auf Basis der Ergebnisstruktur sowie Phasen- und Meilensteinplans (Ergeb-
nisse des Startworkshops) aufstellen
„ Arbeitspakete inhaltlich definieren bzw. Standard-Arbeitspakete anpassen
„ Aufwand und Dauer der Arbeitspakete abschätzen
„ Terminplan aufbauen bzw. Standard-Terminplan anpassen (Vorwärtsterminierung)
„ Terminplan entsprechend der Meilensteinvorgaben optimieren
„ Wirtschaftlichkeit bzw. Kostenplanung aktualisieren und optimieren
„ Arbeitspaket-Termine, Budgets und Kapazitätsbedarf als Entwurfsvorlage für die Vereinbarung
mit den Fachabteilungen zusammenfassen
„ Risikoanalyse durchführen

2.5.3 Projektstrukturplan
Die Projektstruktur ist der Dreh- und Angelpunkt für die Projektplanung und – steue-
rung hinsichtlich Kosten, Terminen und Aufgaben. Sie dient dazu, das Projekt in über-
schaubare und abgrenzbare Einheiten zu zerlegen. Diese können dann zu Arbeitspa-
keten zusammengefasst und als solche innerhalb des Unternehmens oder extern
delegiert werden. Erst dadurch wird eine erfolgreiche Abwicklung von großen und
komplexen Umfängen möglich.

112
Projektplanungsphase
2.5
Der Projektstrukturplan enthält alle Aktivitäten, die für die Durchführung eines Pro-
jekts notwendig sind. Das wesentliche Merkmal des Projektstrukturplans ist, dass er
im Gegensatz zur Projektergebnisstruktur sowie dem Phasen- und Meilensteinplan
keine Ziele/Ergebnisse enthält, sondern Aktivitäten. Er umfasst genau die Tätigkeiten,
die bezogen auf ein Element der Ergebnisstruktur, bis zu einem bestimmten Meilen-
stein durchgeführt werden müssen. Hierbei werden bestimmte Aktivitäten zu Ar-
beitspaketen zusammengefasst. Dadurch lässt sich der gesamte „Arbeitsberg“ in über-
sichtliche Einheiten gliedern. In Anlehnung an die Teilziele („Etappen“) des Phasen-
und Meilensteinplans erhält man somit eine strukturierte Planung der Aufgaben. Der
Projektstrukturplan wird gemeinsam durch das Projektteam im Rahmen eines Pla-
nungsworkshops erstellt. Mit Hilfe der Ergebnisstruktur sowie des Phasen- und Mei-
lensteinplans stellt man die Frage: „Was ist in zum Meilenstein X bzgl. des Elements Y
des Liefer- und Leistungsumfangs zu tun?“ Diese Frage wird für jedes Element der
Produkt-/Anlagenstruktur, bezogen auf jeden Meilenstein, gestellt. Die Produkt-
/Anlagenstruktur dient in diesem Fall als Checkliste. Bei zeitlicher Ausdehnung einer
Aktivität über mehrere Meilensteine, ist diese dem Meilenstein zuzuordnen, zu dem
sie abgeschlossen wird. Abbildung 2-73 zeigt schematisch die Matrix einer Projekt-
struktur auf Basis der Dimensionen Produktstruktur/Leistungsumfang (horizontal)
und Meilensteinplan (vertikal).

Abbildung 2-73: Projektstruktur als Matrix, schematisch

Gesamtmodul Montageträger Scheinwerfer Kühlermodul


Projekt-
freigabe • Grobkonzept erst. • Pflichtenheft erst. • Lastenheft erst. • Lastenheft erst.
• Pflichtenheft erst. • Kalkulation erst. • Lieferanten- • Lieferanten-
• System FMEA • Lieferanten- anfragen anfragen erst.
• Zielkosten- anfragen erst. erst.(Prototypen) (Prototypen)
engineering (Werkzeuge)
Planungs-
freigabe • Angebote prüfen
• Integrations-Tests • Detail- • Angebote prüfen
• Prototypenbau entwicklung • Vergabe durchf. • Vergabe durchf.
• Produktions- • Versuche • Entwicklungs- • Entwicklungs-
prozess planen • Prototypenbau ergebnisse prüfen ergebnisse prüfen
• Vergabe Anlage
Beschaffungs-
freigabe
• Prototypenlieferung • Detail- • Prototypen • Prototypen
• Aufbau entwicklung abnehmen abnehmen
Produktionsanlage • Versuche • Logistikplanung • Logistikplanung
• Probebetrieb • Prototypen- • Lieferanten- • Lieferanten-
lieferung qualifizierung qualifizierung
Interne
Serienfreigabe

113
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Folgende Fragen helfen bei der Strukturierung:

„ Lassen sich die Strukturelemente zu logischen, sachlichen und technologischen


Gruppen (zu Arbeitspaketen) zusammenfassen, die auch terminlich und bezüglich
der Verantwortung abgegrenzt werden können?

„ Sind Dienstleistungen wie Dokumentation, Schulungen, FMEA, Untersuchungen


und Tests ausreichend berücksichtigt?

„ Ist bei der Strukturierung auch die Kalkulation und Kostenverfolgung ausreichend
berücksichtigt worden?

„ Ist eine problemlose Änderungsabwicklung möglich?


Grundsätzlich gilt: So viele Arbeitspakete wie nötig, so wenige wie möglich!

Ein Beispiel für eine Produktionsanlage zeigt Abbildung 2-74.

Abbildung 2-74: Beispiel: Projektstrukturplan Produktionsanlage (fiktiv)

AAF, Roboterzelle
mit Laser

Vorrichtungen + Zellen-
Roboter Laser
Infrastruktur Steuerung

Greifer- und Schweißversuc


Arbeitspaket Spannkonzept he durchführen
Start
Realisierung Layout Fügekonzept
MS1 optimieren erstellen

Angebote Konstruktions- Angebote Steuerungskon


verhandeln richtlinie erst. verhandeln zept erstellen
Start
Konstruktion Lieferanten Entwürfe Lieferanten Schnittstellen
MS2 festlegen erstellen festlegen definieren

Peripherie Detail- Aktivität


komponenten konstruktion Bestellung
bestellen
IR-Simulation Langläufer Lieferanten- Aktivität
durchführen bestellen überwachuung
Start Fertigung/
Beschaffung Simulation + Prozess- Aktivität
MS3 Ablaufplan versuche

Disposition +
MS4
Aktivität Beschaffung Aktivität

MS5
Aktivität Aktivität Aktivität
MS6

114
Projektplanungsphase
2.5
2.5.4 Arbeitspakete
Mit Hilfe von Arbeitspaketen lässt sich ein Fahrzeugprojekt auf der operativen Ebene
in überschaubare fachlich und inhaltlich abgrenzbare Einheiten (Ergebnis, Termin +
Kosten) mit eindeutiger Verantwortung gliedern. Auf dieser Ebene in der Projekthie-
rarchie befinden wir uns in der Regel in einem Teilprojekt bzw. Modul oder in einer
Funktionsgruppe. In der Zulieferer-Pyramide kann dies allerdings auch die Kompo-
nenten- oder Teilsystem-Ebene sein. Für die effiziente Planung und Steuerung sollte
eine Anzahl von 30-40 Arbeitspaketen pro Automotive-Teilprojekt nicht überschritten
werden. Der Projektleiter kann mit den Zielvereinbarungen für jedes Arbeitspaket
effektiv führen und Verantwortung delegieren. Die Auftragnehmer (der Arbeitspake-
te) haben definierte Aufträge, die eine Kapazitätsplanung bedeutend erleichtern und
Schnittstellenprobleme vermeiden helfen. Außerdem sind eindeutig abgegrenzte Ar-
beitspakete die Basis für das Projektcontrolling, weil die Arbeitspaket-
Verantwortlichen potentielle Abweichungen über den Statusbericht frühzeitig melden
können und definierte Ergebnisse eine objektive Fortschrittskontrolle ermöglichen.

Ein Arbeitspaket beinhaltet eine Summe von logisch zusammenhängenden Aktivitäten


(minimal eine Aktivität) bzw. eine Summe von Aktivitäten, die in einem Verantwor-
tungsbereich ausgeführt werden. Im Sinne des internen Kunden/Lieferanten-Prinzips,
ist ein Arbeitspaket ein Auftrag, den der Projektleiter an einen Verantwortlichen einer
Fachabteilung (Linienorganisation), Niederlassung, Firma (internes Kunden / Liefe-
rantenverhältnis) oder einen externen Leistungserbringer/Lieferant erteilt. Jedes Ar-
beitspaket ist eingebunden in die „Projektstruktur“ und dadurch klar abgegrenzt
(Schnittstelle) von anderen Arbeitspaketen. Abbildung 2-75 zeigt die wesentlichen
Merkmale.

Abbildung 2-75: Die wesentlichen Merkmale eines Arbeitspakets


Kosten

Budget / Kostendruck

Arbeitspaket XY
Verantwortlich: N.N.
• Ergebnis Termindruck
• Inhalt / Aufgabenstellung
• Voraussetzungen
• Aufwand und Dauer
• Ressourcen
• Kosten /Budget
• Rahmenbedingungen /Schnittstellen Zeit

115
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Externe Leistungserbringer / Lieferanten erhalten Arbeitspakete in Form von Beauf-
tragungen/Bestellungen. Die Summe aller Arbeitspakete ergibt das Gesamtprojekt. Ein
Arbeitspaket wird beschrieben durch ein mess- und überprüfbares Ergebnis, das zu
einem bestimmten Termin und Budget erbracht werden soll. Jedes Arbeitspaket hat
nur einen Verantwortlichen der als „Unternehmer“ den definierenden Leistungsum-
fang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen (Fachabteilung) eigenverantwort-
lich abwickelt.

Die Verwaltung der Arbeitspakete erfolgt innerhalb des Projektstrukturplans und auch
im Terminplan durch über ein Nummernsystem, den sog. „PSP–Code“ (Projekt-
Struktur-Plan-Code). Der PSP-Code dient zur eindeutigen Bezeichnung eines Arbeits-
paketes und setzt sich zum Beispiel wie folgt zusammen:

PSP-Code: ppp:m.aa(.nn)

p: Projekt Wertebereich: p = 3 Zeichen

m: Meilenstein Wertebereich: 0dmd9

aa: Arbeitspaket Wertebereich: 00 d a d 99

Für die Definition der Arbeitspakete sind der Projektleiter und die Kernteammitglie-
der zuständig. Die Benennung der Arbeitspaket-Verantwortlichen erfolgt in der Regel
durch die Fachabteilung. Bei der Definition der Arbeitspakete müssen im ersten Schritt
die Randbedingungen und Zielgrößen für jedes Paket erstellt werden. Folgende Pla-
nungsunterlagen liefern hierzu Informationen:

„ Projektstrukturplan (Anzahl und Gliederung der Arbeitspakete)


„ Zielkatalog/Lastenheft (Ecktermine, Anforderungen des Kunden)
„ Technische Spezifikationen (Budget, Leistungsumfang, Kapazitätsbedarf)
Der Projektleiter bzw. das Kernteam definiert mit Hilfe obiger Informationen das Ar-
beitspaket im Entwurf. Aufwand (Kapazitätsbedarf), Dauer (Durchlaufzeit) und Kos-
ten für Material und Fremdleistungen müssen anhand von Erfahrungswerten abge-
schätzt werden. Dabei können Nachkalkulationen abgeschlossener Projekte oder auch
die Meinung von Experten aus dem Unternehmen herangezogen werden. In vielen
Fällen gibt es eigene „Kalkulatoren“, die bereits im Angebotsstadium Werte ermittelt
haben. Diese Informationen müssen dann nur noch entsprechend der Projektstruktur
„um“-geschlüsselt werden.

Der Entwurf wird dann mit dem AP-Verantwortlichen abgestimmt (Zielvereinbarung),


ggf. korrigiert und ergänzt und dann von beiden Seiten unterschrieben (internes Ver-
tragsverhältnis). Je nach Komplexität und Umfang des Arbeitspaketes, erstellt der AP-
Verantwortliche zur besseren Planung und Steuerung einen „Arbeitspaket-
Terminplan“. Abbildung 2-76 zeigt ein Beispieldokument mit Inhalten.

116
Projektplanungsphase
2.5
Abbildung 2-76: Beispiel: Arbeitspaket in einem Produktionsanlagenprojekt (fiktiv)

Arbeitspaket
Projekt: Roboterzelle mit Laser
Projektleiter: Franz Fleissig Kunde: AAF, Augsburg
Arbeitspaket: Entwurfskonstruktion Mechanik
PSP-Code: 319.3.01 AP-Verantwortlich: Ernst Entwurf
Budget (Euro): 50.000 Ausführende Abteilung/NL: Konstruktion ME/Ulm
Kapazität (h): 600 Frühester Start-Termin: 15.2.
Dauer 20 AT Spätester End-Termin: 15.4.
Aufgabenstellung:
Auskonstruierte Entwürfe aller Sondervorrichtungen, Greifer und Spanntechnik erstellen.
Geometrien und Zugänglichkeit absichern. Layout-Auswirkungen berücksichtigen.
Schlüsselkomponenten und Langlaufteile spezifizieren. Mechan. Schnittstellen zu Roboter und
Transporttechnik definieren.
Konstruktionsrichtlinie für Detailkonstruktion erstellen. Stücklistenstruktur festlegen.

Voraussetzungen:
Zellen-Layout, Greiferkonzept, Spannkonzept, Fügekonzept, Bauteildatensätze

Ergebnisse (meß- und überprüfbar):


Entwurfszeichnungen aller Vorrichtungen, Greifer und Spanntechnik
Konstruktionsrichtlinie und Stücklistenstruktur
Spezifikationen von Schlüsselkomponenten und Langlaufteilen

Randbedingungen/Bemerkungen:
AAF-Vorschriften und Werksnormen, Landessprache (Schwäbisch), AAF-Lastenheft,
Fertigungsphilosophie und –Standards von AAF
Dokumente und Unterlagen zum Arbeitspaket (Anlagen):
AAF-Vorschriften und Werksnormen, AAF-Lastenheft, Greifer-, Spann-, und Fügekonzept,
Bauteildatensätze, Zellen-Layout
Freigabe:
30.1. 30.1.
Projektleiter: AP-Verantwortliche(r ):

Wie bei allen PM-Unterlagen gilt auch hier: wenn im Unternehmen für die Fahrzeug-
projekte bestimmte Standard-Arbeitspakete und Vorlagen definiert wurden, so müs-
sen diese nur noch projektspezifisch angepasst und ergänzt werden. Das gilt natürlich
auch für den Terminplan, der dann im nächsten Schritt erstellt werden kann.

117
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.5.5 Terminplan
Die Terminplanung dient dazu, den Projektfortschritt transparent und überprüfbar zu
machen. Es werden kritische Pfade, miteinander kollidierende Vorgänge und zeitliche
Puffer sichtbar. Auswirkungen von Planabweichungen auf den Endtermin können
frühzeitig erkannt und Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden.

Eine aktuelle Terminplanung ist die Voraussetzung für die Kapazitätsplanung. Aus
diesem Grund sollte eine grobe Terminplanung bereits in der Angebotsphase einset-
zen, um Wechselwirkungen mit laufenden Aufträgen schon frühzeitig zu erkennen.
Unter Terminplanung versteht man die projektspezifische Planung von:

„ Abfolge, Dauer und Abhängigkeiten der Arbeitspakete und Vorgänge bzw. intern
oder extern zu erbringende Leistungen

„ Arbeitspaket-Code und Arbeitspaket-Verantwortliche(r)


„ Meilensteinen zur Projektfortschrittsüberwachung
„ Liefertermine
„ Termine für Beistellungen und Leistungen vom Kunden
„ Meilensteine der zu erbringenden Maßnahmen des Kunden
basierend auf der Projektstruktur.

Die grobe Abfolge der Arbeitspakete im Terminplan ergibt sich aus der Zuordnung zu
den Meilensteinen (siehe Abbildung 2-77).

Abbildung 2-77: Zuordnung der Arbeitspakete zu den Phasen/Meilensteinen

Start Phase 1 MS1 Phase 2 MS2 Phase 3 MS3

Ö Arbeitspaket 2.1
Ö Arbeitspaket 2.2
Ö Arbeitspaket 2.3

Die Terminplanung wird vom Projektleiter mit dem Kernteam erstellt. In den Unter-
nehmen der Automobilindustrie kann vielfach schon auf Standard-Terminpläne zu-
rückgegriffen werden. Diese werden dann projektspezifisch angepasst. Liegt kein
Standard vor, so muss der Terminplan von Grund auf neu entwickelt werden.

118
Projektplanungsphase
2.5
Ausgehend von der Projektstruktur und der Arbeitspaket-Definition wird der Ter-
minplan dann meilensteinorientiert aufgebaut:

„ Aktivität für Aktivität bzw. Arbeitspaket für Arbeitspaket zum jeweiligen Meilen-
stein wird aus der Projektstruktur in den Terminplan übertragen, jedes Arbeitspa-
ket ist mit dem entsprechenden AP-Code (siehe auch Methode ´Arbeitspaket´) zu
kennzeichnen

„ Aktivitäten und Arbeitspakete ablauforientiert anordnen (parallel, nacheinander)


und Abhängigkeiten definieren

„ Aufwand und Durchlaufzeiten aus den Arbeitspaket-Entwürfen übernehmen und


„Vorwärts-Terminierung“ , d.h. Verknüpfung entsprechend der logischen Abfolge
durchführen

„ Abgleich mit den Meilensteinen des Kunden und Angebots durchführen und Ter-
minplan optimieren (welche Vorgänge liegen auf dem kritischen Pfad und können
wie beschleunigt bzw. verkürzt werden?).

Als Darstellungsform hat sich der Balkenterminplan in Automotive-Projekten durch-


gesetzt. Bei Fahrzeugprojekten kommt die Terminplanung ohne DV-Unterstützung
nicht aus. Eine Vielzahl von Systemen sind am Markt, die je nach Projektgröße und
Einbindung in die Informationstechnik des Unternehmens mehr oder weniger geeig-
net sind. 89 Abbildung 2-78 zeigt den Ausschnitt einer Bildschirmdarstellung für ein
Fahrzeugentwicklungsprojekt bei einem Systemlieferanten.

Abbildung 2-78: Beispiel: Balkenterminplan eines Systemlieferanten, Screenshot

89 www.pm-software.info

119
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Der besondere Vorteil vernetzter Balkenpläne, bei denen die Beziehungen zwischen
den Arbeitspaketen als dynamische Verknüpfung im System gepflegt sind, liegt in der
Möglichkeit der Simulation von alternativen Planungsszenarien. Dies ist zum einen
für die Optimierung der Planung von Vorteil und zum anderen lassen sich die Aus-
wirkungen von Plan-Aktualisierungen im Rahmen der Projektsteuerung sofort erken-
nen. Die Visualisierung des kritischen Pfades ist ein weiterer Nutzen des vernetzten
Balkenplans. Abbildung 2-79 zeigt dies am Beispiel eines Produktionsanlagenprojekts.

Abbildung 2-79: Beispiel: Vernetzter Balkenterminplan Produktionsanlage (fiktiv)

In größeren und komplexen Fahrzeugprojekten ist es häufig mit einem Terminplan


nicht getan. Entsprechend der Projektstruktur, die sich auf oberster Ebene in Teilpro-
jekte für entsprechende Funktionsbereiche, Module oder Komponenten aufbricht,
müssen dann auch unterschiedliche Terminpläne für jeden Strukturast und jede Struk-
turebene aufgebaut und gepflegt werden. Dies geht bis zum einzelnen Arbeitspaket,
das je nach Umfang und Dauer einen eigenen Terminplan erfordern kann.

120
Projektplanungsphase
2.5
Wichtig ist dabei, dass die wesentlichen Ecktermine (Meilensteine und Synchronisati-
onspunkte) miteinander möglichst dynamisch verknüpft werden, bzw. regelmäßig
abgestimmt werden (Terminbesprechung). Abbildung 2-80 zeigt dies schematisch.

Abbildung 2-80: Ebenen von Terminplänen in größeren Projekten (schematisch)

Die komplexe Terminplanstruktur in einem Gesamtfahrzeugprojekt auf mehreren


Ebenen zeigt Abbildung 2-81. Zwischen den Ebenen gibt es eine Vielzahl von Informa-
tionsbeziehungen zum Abgleich der wesentlichen Ecktermine (Meilensteine, Synchro-
nisationspunkte). Auf der obersten Ebene koordiniert der strategische Projektleiter.
Auf der zweiten Ebene sind Teilprojektleiter für 10 Geschäftsbereiche eingesetzt. Auf
der dritten Ebene werden für ca. 25 produktbezogene und 25 querschnittsbezogene
Funktionsgruppen je ein Terminplan gepflegt. Auf der Ebene darunter existieren pro
Funktionsgruppe noch weitere Terminpläne für kritische Bauteile, Werkzeuge, Proto-
typenaufbau, etc.

121
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-81: Ebenen der Terminplanung im Fahrzeugprojekt eines OEM 90

Strategischer Gesamt
Projektplan Vertrieb

Entwicklung

Einkauf

Prod.-Pl.

Werk A

Werk B

Werk C

Produktion
Einkauf
Vertrieb Gesamtfzg.
Entwicklung Gesamtfzg.
Gesamtfzg. Rohbau
Gesamtfzg. Rohbau
Rohbau Antrieb
Rohbau Antrieb
Antrieb
Antrieb

Funktionsgruppen Querschnittsfunktionen

Komponenten Prototypfahrzeuge Werkzeuge

Die dynamische Vernetzung der einzelnen Terminpläne auf unterschiedlichen Ebenen


lässt sich in modernen PM-Systemen komfortabel darstellen. Auch die Sicht eines
Projektleiters auf Ausschnitte unterschiedlicher Teilpläne, die an bestimmten Stellen
vernetzt sind (Synchronisationspunkte), lässt sich problemlos erzeugen.

Abbildung 2-82 zeigt das Beispiel einer Bildschirmdarstellung für ein Fahrzeugent-
wicklungsprojekt:

90 Quelle: Daimler

122
Projektplanungsphase
2.5
Abbildung 2-82: Bildschirmdarstellung eines vernetzten Fahrzeugterminplans 91

Projektleitung

CAD-
Konstruktion

Entwicklung

Produktions-
planung

Alle bisherigen Überlegungen zur Terminplanung haben ihre Gültigkeit in den Berei-
chen und Ebenen eines Projektes, wo es nicht um die Steuerung einzelner Komponen-
ten, Bauteile und Vorgänge im Rahmen der Beschaffungs- und Produktionsprozesse
eines Unternehmens geht. Speziell bei Produktionsanlagenprojekten ab dem Start der
Beschaffungsaktivitäten und bei Entwicklungsprojekten ab Prototypenbeschaffung
sind Feinterminpläne in Tabellen- oder Listenform erforderlich. Die Vielzahl der Paral-
lelaktivitäten würde einen Balkenterminplan völlig unübersichtlich machen. Außer-
dem geht es meist um die Steuerung der Prozesskette Beschaffung, Fertigung und
Montage, deren Prozessschritte sequentiell voneinander abhängen. Diese Abhängig-
keit muss in der Terminplanung auch rechnerisch erfasst werden. In großen Unter-
nehmen ist dies die Domäne der PPS-Systeme, die allerdings oft keine vernünftigen
Schnittstellen bzw. Berichtsgeneratoren haben, so dass in vielen Fällen die bewährte
Excel-Tabelle für einen Feinterminplan die einfachste Lösung darstellt.

91 Quelle: Actano

123
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.5.6 Feinterminplan
Die Feinterminplanung ist ein Hilfsmittel, um alle erforderlichen Projektaktivitäten
auf Bauteil- oder Baugruppenebene in der Prozesskette Konstruktion bis Monta-
ge/Zusammenbau zu koordinieren. Sie regelt zudem auch die funktionale Zusammen-
arbeit zwischen den Linienabteilungen entlang der Prozesskette der Auftragsabwick-
lung im Unternehmen. Die Feinterminplanung ist ein Informations- und
Steuerungshilfsmittel vor und während der Realisierungsphase. Die Planung der Fein-
termine unter Berücksichtigung der Durchlaufzeiten für die einzelnen Komponen-
ten/Baugruppen in den Abteilungen ist ein wesentliches Hilfsmittel zur Priorisierung
im Projekt. Durch konsequente Rückwärtsterminierung auf dieser Ebene kann eine
Reihenfolgeplanung erfolgen, die es ermöglicht, die Gesamt-Durchlaufzeit eines Pro-
jektes drastisch zu verkürzen.

Die Feinterminplanung plant alle Prozessschritte ab dem Ende der Konstruktion auf
Basis der Projektstruktur und des detaillierten Mengengerüsts (wie z.B. Baugruppen
oder Komponenten) in einer sachlogischen und terminlichen Abfolge. Sie ist somit die
Feinplanung der Umsetzungsphase eines Projekts. Diese Planung erfordert einen
hohen Detaillierungsgrad und berücksichtigt auch Abhängigkeiten, die durch die
Prozessabläufe der Linienorganisation (z.B. Planung - Konstruktion - Fertigung) vor-
gegeben und nicht bzw. nur bedingt beeinflussbar sind.

Die Verantwortung für die Durchführung der Feinterminplanung trägt der Projektlei-
ter. Häufig wird sie allerdings auch von einer zentralen Fertigungsplanung und –
steuerung im Unternehmen wahrgenommen. Die Planung und Kontrolle einzelner
Feintermin-Aktivitäten (Termine, Durchlaufzeiten,...) erfolgt durch ein Teammitglied,
das für die Terminkoordination verantwortlich ist oder durch eine zentrale Stelle im
Unternehmen. Die Zulieferung der Termine wird durch die Arbeitspaket-
Verantwortlichen (intern und extern) bzw. Linienabteilungen durchgeführt.

Die Struktur des Feinterminplans wird durch das Kernteam, in Abstimmung mit allen
Projektbeteiligten, festgelegt. Basierend auf dem detaillierten Mengengerüst werden
alle erforderlichen Prozessschritte der einzelnen Linienabteilungen (Arbeitspakete) in
einer Tabelle aufgelistet (siehe Abbildung nächste Seite). Hierbei werden alle relevan-
ten Informationen und Teilschritte zu einer Komponente/Baugruppe erfasst.

Der Feinterminplan wächst mit dem Projektfortschritt. Begonnen wird mit den Kom-
ponenten/Baugruppen aus dem Lieferumfang, die die längste Gesamt-Durchlaufzeit
haben (kritischer Pfad) und somit als erste in die Prozesskette eingesteuert werden
müssen.

Zur Feinterminplanung müssen folgende Schritte durchgeführt werden:

„ Erstellen des Feintermin-Planungsschemas


„ Ermittlung von Standard-Durchlaufzeiten (z.B. Durchlaufzeit Konstruktion, Be-
schaffung...)

124
Projektplanungsphase
2.5
„ Festlegung der Reihenfolge aufgrund der Erfordernisse am Ende der Prozesskette
und der längsten Durchlaufzeiten (Rückwärtsterminierung)

„ Ständige Aktualisierung der Feinterminplanung und Informationsweitergabe an


den Projektleiter sowie Teilprojektleiter

Abbildung 2-83 zeigt das Beispiel einer Tabelle zur Feinterminplanung.

Abbildung 2-83: Beispiel: Feinterminplan-Liste Produktionsanlage (fiktiv)

Baugruppe Bezeichnung Fertigstellungstermine der Prozessschritte (Arbeitspakete/Abteilungen)


Nr. Konstruktion Beschaffung/Fertigung Montage Inbetriebnahme
Soll Ist Soll Ist Soll Ist Soll Ist
4711 Konsole 30.5. 15.7. 22.7. .....
4712 Tisch 30.5. 15.7. 22.7. .....
4713 Spanner A 30.5. 15.7. 22.7. .....
4714 Spanner B 30.5. 15.7. 22.7. .....
4715 Greifer 15.5. 15.7. 22.7. .....
4716 Ablage 15.6. 30.7. 6.8. .....
4717 ...
Gesamt Station 10 30.7. 6.8.
4801 Konsole 6.6. 22.7. 29.7. .....
4802 Tisch 6.6. 22.7. 29.7. .....
4803 Spanner A 6.6. 22.7. 29.7. .....
4804 Spanner B 6.6. 22.7. 29.7. .....
4805 Greifer 15.5. 15.7. 22.7. .....
4806 Ablage 15.6. 30.7. 6.8. .....
4807
Gesamt Station 20 30.7. 6.8.
4901 Konsole 30.5. 15.7. 22.7. .....
4902 Tisch 30.5. 15.7. 22.7. .....
4903 Spanner A 30.5. 15.7. 22.7. .....
4904 Spanner B 30.5. 15.7. 22.7. .....
4905 Greifer 15.5. 15.7. 22.7. .....
4906 Ablage 15.6. 30.7. 6.8. .....
4907 ...
Gesamt Station 30 30.7. 6.8.

2.5.7 Kapazitäts- / Ressourcenbedarfsplanung


Die Kapazitäts- und Ressourcenplanung dient der Absicherung der Terminplanung.
Im Regelfall konzentriert man sich dabei auf die sogenannten „Engpass-Ressourcen“.
Das können bestimmte Abteilungen sein, wie z.B. Entwicklung, Versuch, Test, Proto-
typenbau, oder auch bestimmte Einrichtungen wie Teststände, Berechnungssysteme,
Fertigungseinrichtungen etc. Ziel der Planung des Ressourcenbedarfs ist die Feststel-
lung von projektbezogener Über- bzw. Unterdeckung von Projektressourcen mit den
vorhandenen Projektressourcen. Dadurch erhält das Linienmanagement frühzeitig
Informationen über den geplanten Ressourcenbedarf und kann entsprechende Vorsor-
ge treffen.

125
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Lässt sich ein Arbeitspaket nicht mit einer dafür vorgesehenen Ressource abdecken, so
können bereits im Planungsstadium zur Sicherstellung des Projektablaufs alternative
Lösungen erarbeitet werden. Für Entscheidungen zur Annahme von neuen Aufträgen
ist eine Kapazitätsplanung unumgänglich, um sicherzustellen, dass Ressourcen für
eine Realisierung zur Verfügung stehen. Die Funktion und Aufgabenstellung einer
zentralen Ressourcenplanung und –steuerung im Unternehmen wird im Rahmen des
Multiprojektmanagement in Kap. 3 erläutert. Im einzelnen Projekt steht zunächst die
Ermittlung des Ressourcenbedarfs im Vordergrund. Dafür liefern die Aufwandsschät-
zungen der Arbeitspakete die wesentlichen Informationen. Abbildung 2-84 zeigt
schematisch die meilensteinbezogene Ermittlung des Ressourcenbedarfs auf Basis der
Arbeitspakete.

Abbildung 2-84: Ermittlung des Ressourcenbedarfs auf Basis der Arbeitspakete

Start Phase 1 MS Phase 2 Ende

 Arbeitspaket 1.1 B: (3)  Arbeitspaket 2.1 A: (3)


 Arbeitspaket 1.2 D: (12)  Arbeitspaket 2.2 C: (17)
 Arbeitspaket 1.3 D: (1)  Arbeitspaket 2.3 D: (10)
 Arbeitspaket 1.4 A: (4)
 Arbeitspaket 1.5 € 2000,-

Personentage: 20 Personentage: 30
Kosten: € 2000,-

Ö A, B, C, D: Ressourcen
Ö Ressourcen: Einsatzmittel aller Art wie z.B. Personen, Geräte, Räume
Ö (n): Personentage (z.B. à 8 Arbeitsstunden)

Der Projektleiter fordert Ressourcen über die Arbeitspakete bei den Linienabteilungen
an. Basis hierfür ist die Aufwandsschätzung der Arbeitspakete, die ja mit dem jeweili-
gen Auftragnehmer (Arbeitspaketverantwortlicher bzw. Linienmanagement) vorher
abgestimmt wurde. Die Dauer und zeitliche Lage des Arbeitspaketes und damit auch
des Kapazitätsbedarfes über der Zeit ergibt sich aus dem Terminplan. Gängige PM-
Systeme bieten vielfältige Möglichkeiten, den Ressourcenbedarf zu erfassen bzw. au-
tomatisch aus dem Terminplan in Verbindung mit der Arbeitspaket-Information abzu-
leiten. Als Entscheidungshilfe lassen sich dann entsprechende Grafiken (z.B. Histo-
gramme) erzeugen. Ressourcenplanung ist generell mit hohem administrativem
Aufwand verbunden und sollte deshalb mit aller gebotenen Vorsicht praktiziert wer-
den. Weil die Ressourcenplanung und –steuerung oft selbst sehr viele Ressourcen
bindet, wird sie vielfach nur halbherzig praktiziert oder nicht zeitnah gepflegt. Dann
sollte gleich darauf verzichtet werden!

126
Projektplanungsphase
2.5
Oft sind regelmäßige Termin- und Kapazitätsgespräche zwischen Projekt- und Linien-
abteilungen, die die Ressourcen verwalten, ohnehin sinnvoller als die Verwaltung von
„Zahlenfriedhöfen“. Abbildung 2-85 visualisiert die Ableitung des Ressourcenbedarfs
aus dem Terminplan.

Abbildung 2-85: Ressourcenbedarf, abgeleitet aus Terminplan und Arbeitspaketen

Ressource Anzahl

Ausschnitt aus Terminplan


Tätigkeiten R Rx Zeitachse
Tätigkeit 1 A 1
Tätigkeit 2 B
Tätigkeit 3 A 0,5
Tätigkeit 4 A 2
Tätigkeit 5 C

Ressourcen- Kapazität
Histogramm: 3
"Schranke"
(hier für die Ressource A) Einsatzmittelbestand
(= Verfügbarkeit)
2

Zeit

Ist der Ressourcenbedarf aus dem Projekt generiert, hat das Linienmanagement alle
Informationen, die es zur Kapazitätsplanung benötigt. Jetzt ist es Aufgabe der Linie zu
prüfen, ob auch genügend Kapazität verfügbar ist. Bei Engpässen muss die nächste
Planungsschleife durchlaufen werden (Fremdvergabe, Änderung des Ablaufs...). Da-
mit ist klar, dass die eigentliche Kapazitätsplanung Aufgabe der Linie und nicht des
Projektmanagements ist. Allenfalls im Rahmen eines „Multiprojektmanagements“
kann Ressourcenplanung zentral für alle Projekte unter der Hoheit eines PM-Office
oder eines Projektcontrollings praktiziert werden (siehe Kapitel 3).

2.5.8 Kostenplanung / Kalkulation


Eine fundierte Kalkulation ist die Basis für Kostentransparenz im Projekt. Ohne sys-
tematische Kostenplanung ist eine Kostenverfolgung im Rahmen des Projektcontrol-
lings unmöglich. Darüber hinaus lassen sich in einer übersichtlichen Kalkulationsta-
belle die Kostenschwerpunkte recht gut erkennen. Diese Information ist für die
Optimierung/Reduzierung der Kosten hilfreich.

127
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Bei der Angebotserstellung, wenn es um die Preisfindung und Beurteilung der Wirt-
schaftlichkeit geht, ist das Thema Kalkulation erfolgsentscheidend. Mit unscharfen
Informationen muss die „Zukunft“ möglichst genau bewertet werden. Das ist vielfach
die Sache von Kalkulationsexperten, die über jahrelange Erfahrung in ihrem Geschäft
verfügen. Umfangreiche Unterlagen und Datenbanken kommen hier zum Einsatz.
Etwas anders verhält es sich, wenn bereits eine systematische Projektplanung erfolgt
ist. Im engeren Sinne ist die Projektkalkulation eine Zusammenfassung der Kostenin-
formationen aus den Arbeitspaketen. Im Zuge der Arbeitspaket-Vereinbarung wurde
bereits ein Budget ermittelt, das sich aus unterschiedlichen Kostenarten zusammen-
setzt. Die folgende Abbildung zeigt die Budgetermittlung auf der Ebene der Meilen-
steine (1) und Arbeitspaket (2).

Abbildung 2-86: Kostenzuordnung auf Meilensteine und Arbeitspakete 92

1
Master-
Meilensteine

2
Funktionale
Meilensteine
• Arbeitspaket 1
• Arbeitspaket 2
• ...
Meilensteinspezifische
1
Kostenplanung
2 Arbeitspaketspezifische
Jedem Meilenstein wird ein Kostenplanung
Kostenbudget zugeordnet
Einem Arbeitspaket wird ein
Kostenbudget zugeordnet

Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen leistungsbezogenen Kosten und Sachkos-


ten. Diese werden wie folgt ermittelt:

Leistungsbezogene Kosten (Planung, Projektierung, Entwicklung, Konstruktion,


Versuch, Fertigung, Montage, Inbetriebnahme...):

„ Geschätzter Aufwand (in Std.) x Stundensatz (Euro/Std.)


„ Der Aufwand ergibt sich aus der Aufwandsschätzung im Rahmen der Arbeitspa-
ketdefinition. Der Stundensatz ist für interne Leistungen als Kalkulationssatz
durch das Unternehmenscontrolling vorgegeben. Bei externen Leistungen werden
die angebotenen bzw. verhandelten Sätze der Lieferanten zugrunde gelegt.

92 vgl. Schuh (2000), S. 222

128
Projektplanungsphase
2.5
Sachkosten (Material, Kaufteile, Fremdleistungen, Reisekosten...):

„ Der Kalkulationswert wird hier entweder aufgrund vorliegender Angebote oder


aufgrund von Erfahrungswerten ermittelt. In den meisten Unternehmen gibt es
Kalkulatoren, die als Experten über eine Fülle solcher Erfahrungswerte und ent-
sprechende Archive oder Datenbanken verfügen. Außerdem kann auf die Nach-
kalkulationen vergleichbarer, abgeschlossener Projekte zurückgegriffen werden.
Auch Einkäufer haben häufig ein sehr gutes „Kostengefühl“.

Damit liegen alle notwendigen Informationen für die Kostenplanung vor und können
in einer Kalkulationstabelle zusammengeführt werden. Es bietet sich an, die Zeilen
dieser Tabelle nach den Kostenarten, die das Rechnungswesen des Unternehmens
definiert hat, zu gliedern. Damit ist die Basis für einen späteren Soll-Ist-Vergleich im
Rahmen der Kostenkontrolle gelegt. Die Spalten der Tabelle sollten nach den verschie-
denen Arbeitspaketen gegliedert werden. Neben der Gesamtsumme des Projekts kön-
nen Zwischensummen für die einzelnen Phasen/Meilensteine ausgewiesen und dann
später kontrolliert werden.

Mit Hilfe der Zuordnung der Kalkulationswerte zu Meilensteinen und damit zum
zeitlichen Verlauf des Fahrzeugprojekts, lässt sich die Kostenentwicklung über der
Zeit auch grafisch darstellen (siehe Abbildung 2-87).

Abbildung 2-87: Entwicklung der Projektkosten im Zeitverlauf (fiktiv)

Kosten
Kostensummenlinie
(kumuliert)

Sachfortschritt n.
Meilensteinen
(geplant)

Kostenganglinie

(in linearen Zeitabschnitten) Zeit

129
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Je nach Projektart, Produkt- und Unternehmensstruktur sieht die Gliederung einer
Projektkalkulation in die entsprechenden Kostenarten unterschiedlich aus. Die we-
sentlichen Kostenarten beim Entwicklungsprojekt sind bereits in Kapitel 2.4 im Rah-
men der Kostenschätzung erläutert. Abbildung 2-88 zeigt nun das Beispiel einer Pro-
jekt-Kalkulationstabelle für Produktionsanlagen mit den spezifischen Kostenarten.

Abbildung 2-88: Beispiel: Projektkalkulation Produktionsanlage

Projektkalkulation Phase3: Entwurfskonstruktion


Stand: 28.2.2002
Kunde: Projekt: AAF, Roboterzelle mit Laser

Pos. Arbeitspakete: Beschaffung Entwurfskonstr. Kaufteilliste +


Nr. Roboter + Laser Mechanik ... Lieferantenausw. Pro
Kostenarten: % % % %
(Euro) (Euro) (Euro)
1 Fertigungsmaterial / Kaufteile 212.000
2 Materialgemeinkosten auf Pos. 1 5% 10.600 5% 0 5% 0 5%
3 Fertigungskosten
4 Montage- und Inbetriebnahmekosten
5 Auswärtige Bearbeitung
6 Fertigungskosten durch Personalleasing
7 Montage- u. Inbetriebnahme durch
Personalleasing und Fremdfirmen
8 Fertigungssonderkosten
9 Reisekosten 2.000 5.000 15.000
10 Fremdkonstruktion mechanisch 20.000
11 Fremdkonstruktion elektrisch
12 Eigenkonstruktion mech. Versuch u. Prozeß 5.000 45.000 12.000
13 Eigenkonstruktion elektrisch 7.000
14 Planung/Projektabwicklung/EDV/CAD 5.000 15.000 17.000
15 Herstellkosten 234.600 85.000 51.000
16 Gemeinkosten von Pos. 21
17 Fracht
18 Sonst. Vertriebssonderkosten
19 Provision von Pos. 21

1 Umsatzerlöse
2 Gewinn / Verlust von Pos. 21
Bemerkungen:

Datum: 17.03.2002 Projektleiter: Unte

Abhängig vom Stadium, in dem sich ein Projekt befindet, nimmt die Genauigkeit der
Kalkulation kontinuierlich zu. Im Rahmen der Projektsteuerung wird auf die Mitkal-
kulation eingegangen. Abbildung 2-89 zeigt die unterschiedlichen Kalkulationsstadien
im Fahrzeugprojekt.

130
Projektplanungsphase
2.5
Abbildung 2-89: Stadien der Projektkalkulation in Fahrzeugprojekten 93

Geplante
Erfahrungs-
Projekt-
daten
größen

Aufwands- Kostenrechnung +
Kostenrechnung
schätzverfahren Abschätzung

Geschätzte Eingetretene Erreichte


Projekt- Projekt- Projekt-
kosten kosten kosten

Vorkalkulation Mitkalkulation Nachkalkulation

Voka- Mika- Naka-


Blatt Blatt Blatt

Kostenplanung Kostenkontrolle Kostenanalyse

Mit der Kostenplanung ist die Systematik der ersten Projektplanung abgeschlossen.
Nur in seltenen Fällen steht damit der Projektplan für unser Fahrzeugprojekt. In der
Praxis bedarf es mehrerer Optimierungsschleifen, bis sich die Plangrößen einigerma-
ßen mit den Projektzielen und Vorgaben des Auftraggebers decken.

2.5.9 Optimierung der Projektplanung


Am Ende des ersten Planungsdurchlaufs stellt sich natürlich die Frage, ob die Ziele
und Vorgaben des Auftraggebers realistisch erreicht werden können. Bei der systema-
tischen Planungsarbeit haben wir bewusst den Ansatz der „Bottom-Up“-Planung bzw.
der „Vorwärtsterminierung“ gewählt. Damit soll verhindert werden, dass durch
„Druck von oben“ das Planungsergebnis mehr dem Wunsch als der Realität ent-
spricht.

93 vgl. Schuh (2000), S. 103

131
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Natürlich steht im Projektmanagement die Erfüllung der Kundenbedürfnisse und –
vorgaben an oberster Stelle. Diese Vorgaben können nur mit einer realistischen Pla-
nung auch wirtschaftlich und professionell erreicht werden. Deshalb wird die Planung
nach dem „ersten Wurf“ noch einmal optimiert, um die Ziele erreichen zu können.
Diese „Planungs-Schleife“ hat den Vorteil, dass wir uns jetzt genau auf die Punkte im
Projektplan konzentrieren können, die auch das Ergebnis und die Ziele beeinflussen.
Weiterhin müssen alle Optimierungsmaßnahmen im überarbeiteten Projektplan do-
kumentiert werden. Man weiß dann, warum die eine oder andere zusätzliche An-
strengung im Projekt unternommen werden muss.

Grundsätzlich unterscheiden wir drei Bereiche der Optimierung:

„ Die Verkürzung der Zeitachse (Termin-Optimierung)


„ Die Reduzierung der Kosten (Kosten-Optimierung)
„ Die Absicherung der Ressourcen (Ressourcen-Optimierung)

Im Folgenden erarbeiten wir einige Optimierungsansätze:

Welche Maßnahmen greifen, wenn der Endtermin aus der ersten Planung einige Wo-
chen später als die Vorgabe des Auftraggebers liegt?

„ Ermittlung der Arbeitspakete, die auf dem kritischen Pfad liegen


„ Parallelisierung kritischer Arbeitspakete (Start mit unreifen Voraussetzungen)
„ Kapazitätserhöhung bei kritischen Arbeitspaketen (Mehrarbeit, Ressourcen)
„ Leistungsbereitschaft und Produktivität der Mitarbeiter in kritischen Arbeitspake-
ten steigern (Coaching, Arbeitsvorbereitung, Arbeitsumfeld und Infrastruktur...)

„ Anforderungen (Lastenheft + Pflichtenheft) überprüfen und so weit wie möglich


gemeinsam mit dem Auftraggeber vereinfachen

Welche Maßnahmen greifen, wenn die Gesamtkosten der ersten Kalkulation 20% über
der Vorgabe des Auftraggebers liegen?

„ Einsparpotentiale beim Produkt und Prozess mit ABC-Analyse gezielt ermitteln


„ Anforderungen (Lastenheft) prüfen und gemeinsam mit dem Auftraggeber verein-
fachen (u.a. Wertanalyse)

„ Vergabeprozess durch Benchmarking und Wettbewerb unterstützen


„ Alternative Materialien, Technologien und Lieferanten suchen

132
Projektplanungsphase
2.5
„ Leistungsbereitschaft und Produktivität der Abteilungen bei kostentreibenden
Arbeitspaketen steigern (Coaching, Arbeitsvorbereitung, Infrastruktur...)

„ Vorhandene Lösungen übernehmen (Standardisierung, Übernahmeteile, Kaufteile)


und damit den Entwicklungsaufwand reduzieren

Welche Maßnahmen greifen, wenn die geplanten Ressourcen in der Linie, oder bei
Lieferanten nicht im entsprechenden Zeitraum zur Verfügung stehen?

„ Ablauf (Reihenfolge der Arbeitspakete) umplanen bzw. Arbeitspakete splitten


„ Fremdvergabe, Alternativlieferanten suchen
„ Gemeinsam mit den Lieferanten Lösungen ausarbeiten, wie das Projekt beschleu-
nigt werden kann

„ Vorhandene Lösungen übernehmen (z.B. Norm-, Übernahme- oder Kaufteile), um


damit den Entwicklungsaufwand zu reduzieren

„ Alternative technische Lösungen suchen, um den Ressourcenbedarf zu senken

Ist die Planung optimiert und mit allen Beteiligten abgestimmt, so könnten Projektlei-
ter und –team mit ruhigem Gewissen in die Realisierung starten, wenn nicht immer
wieder gewisse Risiken, die zu jedem Fahrzeugprojekt gehören, eintreten würden.

2.5.10 Risikomanagement
„Risiko ist die Bugwelle des Erfolges.“ Carl Amery, Schriftsteller und Publizist

Fahrzeugentwicklungsprojekte sind per se risikoreiche Projekte. Parallele Abläufe


sowie die zunehmende Komplexität durch die verstärkte Vernetzung entlang der
Lieferpyramide tragen maßgeblich zur Erhöhung der Risikowahrscheinlichkeit bei.
Der hohe Innovationsdruck des Automobilmarktes und die daraus entstehende Ge-
fahr, unreife Produkte in Serie zu bringen, verursachen eine Vielzahl von Risiken. Die
aktuellen Rückrufaktionen fast aller großen Automobilhersteller sprechen heute eine
deutliche Sprache. Abbildung 2-90 gibt einen Überblick über die generellen Risi-
koarten, die im Projektverlauf auftreten können.

133
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-90: Generelle Risikoarten im Projektverlauf

Terminliche Risiken Risiken höherer Gewalt


Wirtschaftliche Risiken • Meilenstein-Termine werden • Überschwemmungen
• Währungsrisiko nicht eingehalten • Unwetter
• Bonität des Kunden • SOP verschiebt sich • Streik, Terroranschläge
• Transportrisiken Soziokulturelle Risiken
• Lieferantenkonkurs
• Wertevorstellungen
• Kulturelle Konflikte

Idee, Anfrage, Abnahme


Auftrag Projekt-Realisierung

Technische Risiken Politische Risiken


• Neuartigkeit von Tools • Einfluss von Interessengruppen
• Technische Komponenten Interpersonelle Risiken • Importrestriktionen
sind nicht ausgereift • Mitarbeiter sind nicht • Neue Gesetze und Vorschriften
• Prozesse nicht stabil ausreichend qualifiziert
• Konflikte im Team

Um eine möglichst effektive und effiziente Bewältigung von Projektrisiken in der


Automobilindustrie zu ermöglichen, bedarf es eines durchgängigen Risikomanage-
ments. Das Risikomanagement lässt sich gliedern in die Elemente Risikopolitik, Risi-
koanalyse, Risikomaßnahmen und Erfolgskontrolle. In der Risikopolitik wird die
grundsätzliche Risikophilosophie aus Sicht der Geschäftsleitung festgeschrieben und
durch risikopolitische Zielvorgaben konkretisiert. Die Teilaufgaben der Risikoanalyse
im einzelnen Projekt bestehen in der Risikoidentifizierung und der Risikobewertung.
Die identifizierten Risiken werden hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und
des zu erwartenden Schadenausmaßes vom Projektteam bewertet. Für die nicht trag-
baren Risiken werden mögliche Maßnahmen zur Vermeidung oder Minderung erar-
beitet. Diese werden dann sowohl hinsichtlich ihrer Effektivität, also der Reduzierung
von Schadeneintrittswahrscheinlichkeit bzw. -ausmaß, als auch unter wirtschaftlichen
Gesichtspunkten priorisiert. Die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen wird im
Rahmen einer kontinuierlichen Risikokontrolle überwacht. Die folgende Abbildung
zeigt die beschriebenen Elemente des Risikomanagements.

134
Projektplanungsphase
2.5
Abbildung 2-91: Elemente des Risikomanagements in Fahrzeugprojekten

Risikopolitik
• Aufbau einer Risikophilosophie
• Festlegung der prinzipiellen Risikobereitschaft
in Abhängigkeit von den Unternehmenszielen
• Quantifizierung risikopolitischer Ziele
• Dokumentation in einem Risikomanagement-Handbuch

Risikoanalyse Risikomaßnahmen Erfolgskontrolle


Risikoidentifizierung Risikobewertung • Risikovermeidung • kontinuierliche Über-
• Risikominderung wachung der Risiko-
• Ermittlung potenzieller • Eintrittswahrschein- • Risikoüberwälzung maßnahmen
• Risiken lichkeit von Schäden • Selbsttragen des • Vergleich mit Risiko-
• Risikofolgen • Schadensausmaß Risikos politischen Zielen
(Schäden) • Transparenz der
• Risikoursachen Risikokosten

Der Risikomanagement-Prozess

Der Risikomanagement-Prozess im Projekt beinhaltet alle Aktivitäten, die dazu die-


nen, potentielle Risiken zu erkennen, zu bewerten und zu vermeiden bzw. den Scha-
den zu minimieren. Wichtig sind hierbei insbesondere präventive Maßnahmen zur
Vermeidung der Risiken. Grundlage bildet die Risikoanalyse, die technische, kommer-
zielle und organisatorische Risiken bzgl. ihrer Wahrscheinlichkeit und Auswirkung
auf Kosten und Termine bewertet und in einer Tabelle darstellt. Als Checklisten für die
systematische Identifizierung von potentiellen Risiken können die Produktstruktur,
Projektstruktur und Meilenstein-/Terminpläne herangezogen werden. Sind Risiken
identifiziert und Maßnahmen definiert, so können diese Auswirkung auf die Projekt-
organisation, Kosten- und Ablauf-/Terminplanung haben (Abbildung 2-92).

135
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-92: Risikomanagement-Prozess 94

Produktstrukturplan Projektstrukturplan Meilensteinplanung


Frontend Projekt

Stoßfänger Scheinwerfer Design


Modul Fabrik Logistik
... ... Prototyp
... ... ...
FV
... ... ... ... ...

Risikomanagement

Risiko-
Risiko- Risiko-
Risiko- Risiko-
Risiko-
identifikation
identifikation analyse
analyse maßnahmen
maßnahmen

Projektorganisation Kostenplanung Ablaufplanung

- Verantwortlichkeiten - Kalkulatorische - Zeitreserve einbauen


verändern Risikovorsorge treffen - zusätzliche Reviews
- Personaleinsatz - Kostenrahmen für einfügen
anpassen präventive Maßnahmen - Abhängigkeiten
- ... - ... anpassen
- ...

Für die Analyse technischer Risiken in der Produktentwicklung hat sich die Methode
der FMEA etabliert. Sie wird im Rahmen der QM-Systeme ohnehin gefordert und ist
in der einschlägigen Literatur zum Entwicklungs- und Qualitätsmanagement erschöp-
fend behandelt. Das Automotive-Projektmanagement muss allerdings eine umfassen-
dere Risikobetrachtung auf Management-Ebene anstellen, was wir unter dem Begriff
„Risikomanagement“ verstehen. Abbildung 2-93 zeigt die Einordnung des Risikoma-
nagements und seiner Methoden in die verschiedenen Ebenen der Prozesse und Struk-
turen der Fahrzeugentwicklung.

94 vgl. Schuh (2000), S. 181

136
Projektplanungsphase
2.5
Abbildung 2-93: Risikomanagement und FMEA in den Prozessen und Strukturen der Fahr-
zeugentwicklung 95

Entwicklung Produktion

Komponente
technische Modul / Merkmal, Prozeß- Prozeß-
Betrachtungstiefe Teilsystem parameter schritt
System an Eigenschaften
intern
Schnittstelle

Abtastung
Gehäuse Schock- Abtastrate
des
Beispiele Frontend Scheinwerfer Befestigungs- Reflektor festigkeit Design-
Design-
elemente Schwingungen Modell
Modells

Prozeß - Ebene
Entwick- ...
lungs- Entwicklungsprozess-FMEA
prozeß
Versuchs- Risiko-
prozeß
management

physikalische Ebene

Produkt
Prozess-FMEA
Teil- Kom- Konstruktions- /
system ponente System-FMEA
Entwicklungs-FMEA

Eine Weiterentwicklung der klassischen Prozess-FMEA für die Produktionsprozesse


stellt die sogenannte „Entwicklungsprozess-FMEA“ für den gesamten Fahrzeugent-
wicklungsprozess dar. Sie ergänzt das klassische „Projekt-Risikomanagement“ um die
spezifischen Aspekte der Fahrzeugentwicklung. Im Rahmen der Entwicklungspro-
zessplanung analysiert sie die Risiken im Produktentstehungsprozess und erlaubt
somit die frühzeitige Einleitung von Maßnahmen zur Risikovermeidung. Regelmäßig
eingesetzt, führt sie zur nachhaltigen Optimierung der Entwicklungsprozesse. Abbil-
dung 2-94 zeigt die Systematik in drei Schritten.

95 ebenda, S. 177

137
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-94: Entwicklungsprozess-FMEA als Instrument des Risikomanagements 96

Prozess- Risikoanalyse Maßnahmen zur


strukturierung und -bewertung Risikominimierung
Strukturierung des Ermittlung potenzieller Ableitung von Maßnahmen
Entwicklungsprozesses Ereignisse wie z.B.: zur Risikominimierung.
bzgl.: • Leistungseinbrüche Grundlegende Handlungs-
• Einbettung in Prozess- • Technologiesprünge alternativen:
landschaft • Lieferantenausfälle • Präventiv (Risiko-
• Aufgaben vermeidung
Ermittlung der Prozess-
• Abhängigkeiten, Schnitt- • Reaktiv („fall back“-
folgen bei Eintritt eines
stellen Strategien)
Ereignisses.
• Entscheidungspunkte
Bewertung der Bedeutung
• Quality Gates
für die Projektziel-
erreichung

Risikomanagement Durchführung

Für die Durchführung der Risikoanalyse im Projekt ist der Projektleiter verantwort-
lich. Die erste Risikoanalyse sollte bereits in der Angebotsphase durchgeführt werden.
Folgende Fragen helfen dabei (siehe auch Risikocheckliste auf der nächsten Seite):

„ Welche Risiken können auftreten? Worin liegen deren Ursachen?


„ Welche Auswirkungen haben die Risiken?
„ Gibt es Verkettungen einzelner Risiken?
„ Wie entwickeln sich die Risiken im Zeitverlauf?
„ Ist die technische Lösung sicher (neues Produkt oder altbewährtes)?
„ Ändert der Kunde noch seine Vorstellungen (Vertragsumfang fest definiert)?
„ Wie sind Lieferantensituation (Beschaffungsmarkt) und Zusammenarbeit mit den
internen und externen Partnern?

„ Sind die Rahmenbedingungen klar (Restriktionen beim Kunden, Produktions-


Standort, Normen, Vorschriften etc.)?

„ Wie ist die Kapazitätssituation im Hause (Personal, EDV-Ressourcen, etc.)?


„ Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Kunden (Kunden-Projektteam)?
„ Funktioniert die EDV-Kommunikation (E-Mail, Datenaustausch etc.)?
Ein Beispiel einer Risiko-Checkliste zeigt Abbildung 2-95.

96 Quelle: Fraunhofer IAO

138
Projektplanungsphase
2.5
Abbildung 2-95: Beispiel: Projektrisiko-Checkliste

1. Technische Risiken i.O. Risiko


- Bereitstellung der Kunden-Infrastruktur o
- Neuheit von Produkt, Anwendung, Technologie o
- Reifegrad des Konzepts o
- zugesicherte Eigenschaften/Leistungen (Abnahmekriterien) o
- Schnittstellen o
- Zulieferanten o
- Logistik, Transport und Verpackung (Maße, Gewichte) o
- spezifische Normen + Vorschriften o
- vorgeschriebene Lieferanten o

2. Kommerzielle Risiken
in Verbindung mit der technischen Leistung
- Pönalen o
- Zulieferer-Risiko o
- Produkthaftung/Folgeschäden o
- Baustelle/Inbetriebnahme o
innere Risiken
- hoher Auftragswert o
- Kalkulationsrisiko o
- Abnahmebedingungen und -zeitpunkte o
Risiken aus dem Umfeld
- politisches/wirtschaftliches Risiko o
- Währungsrisiko o
- geltendes Recht o
- Schiedsgerichts-Klausel o
- Behördenrisiko (Genehmigungsverfahren) o
- Konsortialrisiko o
- Finanzierungsrisiko (extern), Zahlungsziel des Kunden o
- lokale Steuern und Abgaben o
- höhere Gewalt o
- Zollabwicklung o

3. Organisatorische Risiken
intern
- verfügbare Ressourcen (Kapazität) o
- Besetzung Projektleiter/Kernteam o
- Auslastung der Firma o
- neue oder geänderte Abläufe o
- Projektabwicklung überregional o
extern
- Generalunternehmerschaft (Einfluß) o
- Kundenbeistellungen (Daten, Infrastruktur, etc.) o
- Projektteam beim Kunden (Zusammenarbeit) o
- Kommunikation in Fremdsprache o
- DV-Kommunikation (Datentausch) o

Im Rahmen der Projektplanung wird die Risikoanalyse aktualisiert und ggf. verfeinert.

139
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Hilfreich ist die Befragung von Experten sowie die Analyse des Projektumfeldes und
des Projektstrukturplanes. Ergebnisse aus FMEAs, Simulationen und Versuchen kön-
nen ebenfalls Informationen liefern. Die potentiellen Risiken werden dann am Besten
im Rahmen einer Planungsklausur gemeinsam im Team analysiert. Das Projektteam
trägt in einem Brainstorming mögliche Risiken zusammen und bewertet sie bzgl.
Auswirkung auf Kosten, Termine und Eintrittswahrscheinlichkeit. Dabei helfen zum
einen die Risikocheckliste und zum anderen ein systematisches „Abklopfen“ jeder
einzelnen Position in der Projektstruktur bzw. im Terminplan. Das Ergebnis wird in
einer Risikotabelle dokumentiert (siehe Abbildung 2-96). 97 Die Risikotabelle unter-
stützt dabei, die Risiken systematisch zu erfassen und zu bearbeiten. Folgender Ablauf
ist empfehlenswert:

„ Risiko erfassen und beschreiben (1. Spalte)


„ Ursache des Risikos dokumentieren (damit die entsprechenden Maßnahmen mög-
lichst an der Ursache und nicht am Symptom ansetzen)

„ Wahrscheinlichkeit des Eintretens abschätzen (hoch, mittel, gering)


„ Tragweite bzw. Auswirkung für das Projekt beurteilen (hoch=Projektabbruch,
mittel=große Abweichungen bei Termin, Kosten, Qualität, gering=kompensierbare
Abweichungen bei Termin, Kosten, Qualität)

„ Risikokennzahl (RKZ) aus Wahrscheinlichkeit (WS) und Tragweite (TW) ermitteln


„ Auswirkungen quantitativ auf die Projektkosten und den Projekttermin abschät-
zen und dokumentieren

„ Mögliche Maßnahmen definieren zur Vermeidung / Minimierung des Risikos


(präventiv) bzw. Kompensation der Auswirkungen bei Eintritt (korrektiv)

„ Priorisierung der Risiken vornehmen z.B. anhand der Risikokennzahl (RKZ), damit
die Anzahl der Maßnahmen auf ein realisierbares Maß reduziert werden kann

„ Gründe für die Priorisierung dokumentieren (Nachvollziehbarkeit)


„ Art der Umsetzung der Maßnahmen dokumentieren (zusätzliches Arbeitspaket,
Punkt in der Aktivitätenliste...)

Im nächsten Schritt werden die Maßnahmen dann in die Projektplanung eingearbeitet


bzw. in das Projekt direkt im Rahmen einer Projektbesprechung eingesteuert (Aktivitä-
tenliste). Der Aufwand für die Umsetzung der Maßnahmen und das Restrisiko wird
entsprechend in der Kalkulation berücksichtigt. Zusätzliche Arbeitspakte und Aktivi-
täten müssen in den Ablauf (Terminplan) eingearbeitet werden.

97 vgl. Stein (2004), S. 105ff

140
Projektplanungsphase
2.5
Abbildung 2-96: Beispiel: Projekt-Risikotabelle

141
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Entscheidend für ein effektives Risikomanagement ist die Auswahl der größten Risi-
ken, die minimiert werden sollen. Die Klassifizierungsmöglichkeiten in A-, B- und C-
Risiken verdeutlicht die folgende Abbildung.

A-Risiken können den Projekterfolg komplett in Frage stellen

B-Risiken beeinträchtigen das Fahrzeugprojekt in seinem Erfolg ganz erheblich

C-Risiken führen zu einer geringen Beeinträchtigung des Projekterfolgs

Abbildung 2-97: Klassifizierung von Projektrisiken

hoch

A
Eintrittswahrscheinlichkeit

möglich

gering B

unwahr- C
scheinlich

gering- spürbar schwer- kritisch


fügig wiegend
Schadensausmaß/Tragweite

Mögliche Maßnahmen zur Minimierung der identifizierten Projektrisiken können sein:

„ Vermeidung: Durch eine grundsätzliche Änderung oder Alternativlösung. Ist


beispielsweise eine gewählte Verbindungstechnik risikobehaftet, so ist eine Elimi-
nierung des Risikos durch den Einsatz einer ausgereiften, zuverlässigen Alternativ-
technologie möglich.

142
Projektplanungsphase
2.5
„ Versicherung: Die Versicherung von Risiken beeinflusst nicht die Eintrittswahr-
scheinlichkeit, reduziert jedoch das Schadensmaß, das bei Eintritt des Ereignisses
getragen werden muss. Typische Risikoversicherungen stellen die Produkthaft-
pflichtversicherung oder eine Rückrufkostenversicherung dar.

„ Übertragung (auf Auftraggeber, Partner, Lieferanten u.a.): Eine Übertragung von


Risiken ist durch eine entsprechende Vertragsausgestaltung möglich, durch die
beispielsweise das Risiko einer verzögerten Produkteinführung auf den Auftrag-
geber übertragen wird.

„ Verminderung: Eine Verminderung des Risikos senkt die Eintrittswahrscheinlich-


keit und/ oder das erwartete Schadensausmaß. Eine Verminderung kann zum ei-
nen durch technische Maßnahmen erreicht werden wie der zusätzlichen Einfüh-
rung weiterer Qualitätsprüfungen oder durch organisatorische Maßnahmen, etwa
durch eine Schulung der Mitarbeiter.

In bestimmten Fällen macht es durchaus Sinn, ein Risiko zu akzeptieren. Bei der Ak-
zeptanz eines Risikos werden die Konsequenzen eines möglichen Eintretens des Er-
eignisses bewusst in Kauf genommen. Dies ist besonders sinnvoll, wenn es sich um
Risiken einer niedrigen Risikoklasse handelt oder bei Risiken, deren Aufwand zur
Vermeidung oder Verminderung unverhältnismäßig groß wäre.

Die Wahl der jeweiligen Maßnahmen zur Risikobewältigung muss sich an der Klassi-
fizierung der Risiken orientieren. Im Folgenden ist eine denkbare Zuordnung von
Risikoklasse und Dringlichkeit und Art der Maßnahme aufgezeigt:

„ A-Risiken: nur eine sofortige Eliminierung oder Versicherung ist akzeptabel


„ B-Risiken: Vermeidung anstreben, wenn nicht möglich zumindest Minimieren
oder Übertragen

„ C-Risiken: Überprüfen, ob Verminderung oder Übertragung möglich ist, sonst


bewusste Akzeptanz des Risikos

Wird das Risikomanagement professionell betrieben, so leistet es einen wertvollen


Beitrag zur Projektsteuerung. Potentielle Probleme im Projektverlauf werden frühzei-
tig erkannt und evtl. sogar vermieden. Im Rahmen der Projektsteuerung sollte die
Datenbasis des Risikomanagements kontinuierlich gepflegt werden. Mit zunehmen-
dem Projektfortschritt können immer mehr Risiken ausgeschlossen werden. Die Pro-
jektplanung ist entsprechend anzupassen.

143
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.6 Projektsteuerungsphase, Änderungs- und
Claimmanagement
Einhaltung von Terminen und Kostenbudgets ist nach wie vor ein zentrales Thema in
der Fahrzeugentwicklung. Dies zeigen auch die Ergebnisse der Studie „Fahrzeugent-
wicklung in Deutschland.“ 98 Bei 20% der befragten Unternehmen werden die Anlauf-
termine nicht eingehalten und 30% der Automobilunternehmen überschreiten die
Zielkosten. Um ein Automotive-Projekt auf Kurs zu halten, ist eine Reihe von PM-
Methoden anzuwenden. Die „Systematik des Projektcontrollings“ zeigt den Zusam-
menhang der einzelnen Methoden von der Abweichungsanalyse bis zum Berichtswe-
sen. Die Statusbesprechung spielt dabei eine zentrale Rolle. Als wesentlicher Erfolgs-
faktor in Automotive-Projekten hat sich ein professionelles Änderungs- und
Claimmanagement herauskristallisiert. Dieser Prozess muss eng mit dem Projektcon-
trolling verzahnt werden.

2.6.1 Überblick Projektcontrolling und Projektsteuerung


„Klug ist nicht, wer keine Fehler macht. Klug ist der, der es versteht, sie zu korrigieren.“
Wladimir Iljitsch Lenin, russischer Revolutionär und sowjetischer Staatsmann

Automotive-Projekte laufen in den seltensten Fällen „nach Plan“. Vielfältige Einflüsse


des Unternehmens, des Umfelds, des Kunden und der Lieferanten sorgen dafür, dass
die Arbeit für Projektleiter und –team in der Realisierungsphase erst richtig spannend
wird. Planungsfehler und zwischenmenschliche Probleme tragen dazu bei, dass die
Abwicklung des Projekts nicht nur Routine wird. Es gibt also eine Vielzahl von Stör-
größen, mit denen gerechnet werden muss. Damit wir nicht all den Störungen in der
Projektabwicklung hilflos ausgeliefert sind, brauchen wir eine professionelle Projekt-
steuerung.

Projektsteuerung ist der in der Projektmanagement-Literatur gängige Begriff für alle


Anstrengungen von Projektleiter und –team, die dazu dienen, das Projekt „auf Kurs“
zu halten, sprich die vereinbarten Ziele und Ergebnisse zu erreichen. Aus technischer
Sicht ist der Begriff der „Steuerung“ unzureichend, weil es um eine „Regelung“ geht.
Der engl. Begriff „Projektcontrolling“ bringt den Sachverhalt besser zum Ausdruck.
Dem Controlling liegt prinzipiell der Regelkreis- Gedanke zugrunde (engl. to control =
regeln). Projektcontrolling ist in vielen Automobil-Unternehmen eine Gemeinschafts-
aufgabe von Projektmanagement und dem zentralen Projekt- oder Unternehmenscon-
trolling.

98 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 46

144
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Der Controller liefert in vielen Fällen, zumindest bei größeren Projekten, die Planungs-
und Steuerungsdaten und pflegt die entsprechenden Systeme. Er kümmert sich auch
um Informationsbeschaffung, die Analyse von Ursachen bei Planabweichungen und
Dokumentation der Ergebnisse (Planungsunterlagen, Abweichungs-Berichte, Tabellen
etc.). Der Projektleiter trifft Entscheidungen und veranlasst Maßnahmen, die zur Ziel-
erreichung bzw. Kurskorrektur dienen. Abbildung 2-98 zeigt das Regelkreis-Modell
der Projektsteuerung.

Abbildung 2-98: Projektsteuerung als Regelkreis-Modell

T Änderungen?
Reporting

Aktualisierte K Q
Planung Steuerungsmaßnahmen
Korrekturmaßnahmen
vorschlagen

Entscheiden Soll-Ist-Vergleich
Im Gesamtüberblick Bewertung
Bewertung+ Prognose

Start Planung Steuerung Abschluss

Einwirken/ Wahrnehmung
Steuern Ist-Wert-Erfassung

Fahrzeugentwicklungsprozess (das „eigentliche“ Projekt)

2.6.2 Systematik der Projektsteuerung


Die Projektsteuerung ist die Methodik / Vorgehensweise, um vorher definierte Ziele
(Kosten, Termine, etc.) zu erreichen. Sie liefert regelmäßig Informationen über Abwei-
chungen und Vorschläge für Korrekturmaßnahmen. In größeren Projekten ist in der
Regel ein Mitarbeiter als Projektcontroller für Planungs- und Steuerungsinformationen
verantwortlich. In kleineren Projekten übernimmt der Projektleiter diese Aufgabe in
Personalunion.

145
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Projektsteuerung in einem Fahrzeugprojekt ist ein fortlaufender Prozess. Die prinzi-
piellen Controlling-Aktivitäten wiederholen sich periodisch (Controlling-Schleife), z.B.
in einem monatlichen Rhythmus, so dass immer wieder aktuelle Ist-Daten zur Verfü-
gung stehen. Der Steuerungs-Kreislauf in einem Projekt lässt sich wie folgt darstellen
(Abbildung 2-99):

Abbildung 2-99: Systematik der Projektsteuerung

PB = Projektbesprechung LOP LOP = Liste Offener Punkte

Liefer- und Leistungsumfang • • Termin- und Fortschrittskontrolle


Strukturen •
PB • Terminprognose
Kostenplan • • Kostenkontrolle / Mitkalk.
Terminplan •
• Reifegradcontrolling
Qualitätsplan •
Aktualisierte Vorschau /
LOP Planung Kontrolle PB
PB
LOP

• Abweichungs-
Meilenstein- • Berichts- Analyse / analyse
Freigabe wesen Maßnahmen
• Risikomanagement
Statusbericht • • Steuerungs-
Änderungs-
/Reporting maßnahmen
PB management
PB

LOP LOP
• Änderungsliste
• Änderungsbewertung
• Änderungsentscheidung
• Claimmanagement

Die Projektsteuerung beinhaltet grundsätzlich alle Maßnahmen, die dazu dienen, das
Projekt im Sinne der definierten Ziele „auf Kurs“ zu halten. Hierzu gehören im We-
sentlichen die Informationen über den Projektstatus (Soll/Ist-Termine, Soll/Ist-Kosten,
Soll/Ist-Qualität und Produktreife) und Projektfortschritt (erledigte Arbeitspakete und
Vorschau auf das Ende des Projektes). Dann werden Abweichungen von der Projekt-
planung analysiert, Entscheidungen über Korrekturmaßnahmen getroffen und die
Aktivitäten zu deren Umsetzung eingeleitet. Änderungen des Kunden und deren
effektive Einsteuerung ins Projekt (Änderungsmanagement) und auch die daraus
entstehenden Mehrkostenforderungen (Claimmanagement) gehören ebenfalls in den
Bereich der Projektsteuerung. Abbildung 2-100 zeigt mögliche Statusinformationen in
einem Fahrzeugprojekt.

146
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-100: Statusinformationen und Soll-Ist-Vergleiche im Fahrzeugprojekt

1. Erfassung Ist-Daten: Stichtag

„Die Aktualität
ist wichtiger als Sachfortschritt Kosten
die Genauigkeit • Entwicklungsstand • Entwicklungs-
der Daten!“ • Gewicht kosten
• Herstellkosten • Invest
• ... • .....

2. Soll-Ist-Vergleich:
Termine

Plan-Daten Ist-Daten
Sach-
fortschritt Kosten
„Nur ein Vergleich auf Basis des Sachfortschritts (Zwischenergebnisse) ist sinnvoll !“

Die wesentlichen Instrumente der Projektsteuerung sind:

„ Termin- und Fortschrittskontrolle


„ Kostenkontrolle/Mitkalkulation (monatlich)
„ Reifegradcontrolling für Produkt und Prozess
„ Abweichungsanalyse
„ Steuerungsmaßnahmen
„ Projektstatusbesprechung
„ Reporting bzw. der Projektstatusbericht
„ Änderungsmanagement und Claimmanagement
Die einzelnen Instrumente werden in den folgenden Kapiteln im Detail erklärt.

2.6.3 Termin- und Fortschrittskontrolle


Die Termin- und Fortschrittskontrolle dient dazu, die zu Beginn des Projekts verein-
barten Meilensteine zu erreichen. Durch regelmäßige Kontrolle der Arbeitsergebnisse
wird sichergestellt, dass Abweichungen frühzeitig erkannt und entsprechende Steue-
rungsmaßnahmen eingeleitet werden. Die Fortschrittskontrolle beinhaltet Maßnah-
men, um das Projekt im Sinne der definierten Sachergebnisse und Termine auszusteu-
ern.

147
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Hierzu gehören im Wesentlichen Aussagen über

„ erledigte Aktivitäten bzw. Arbeitspakete


„ angefangene Arbeitspakete und deren Erfüllungsgrad
„ geplante Arbeitspakete
„ Terminliche Abweichungen von der ursprünglichen Projektplanung
„ änderungsbedingte Terminverschiebungen
Die Termin- und Fortschrittskontrolle des Gesamtprojekts liegt in der Verantwortung
des Projektleiters, unterstützt durch das Projektteam. Für die einzelnen Teilprojekte
und Arbeitspakete sind die jeweiligen Kernteam-Mitglieder verantwortlich. Zunächst
werden Informationen über Status, Fortschritt und Abweichungen vom Plan erfasst.
Diese Informationen erhält man durch Rückfragen bei den Verantwortlichen der Ar-
beitspakete, die aktuell in Arbeit sind. Dies kann auch im Rahmen einer regelmäßigen
Terminbesprechung erfolgen. Anhand von Meilenstein-Reviews lässt sich der Projekt-
fortschritt am elegantesten ermitteln. Durch die klare Zuordnung von Sachergebnissen
kann auch die Erledigung der Aufgaben transparent nachgewiesen werden. Zur Sta-
tus-Visualisierung dienen dabei in vielen Fällen die sogenannten „Ampel-
Bewertungen“ (siehe Abbildung 2-101):

Abbildung 2-101: Kriterien für die Ampelbewertung von Meilenstein-Messgrößen99

Signal Definition

Der Ist-Wert der Messgröße weicht vom Soll gravierend ab.


rot
Es liegt kein abgesicherter Maßnahmenplan vor.

gelb Der Ist-Wert der Messgröße weicht vom Soll ab.


Es liegt ein abgesicherter Maßnahmenplan vor.

grün Der Ist-Wert der Messgröße stimmt mit dem Soll überein.

Meilensteine oder „Quality Gates“ gehören mit zu den wichtigsten Steuerungsinstru-


menten in Fahrzeugentwicklungsprojekten. Weil diese Entscheidungspunkte auch
vom jeweiligen Management genau beobachtet werden, ergeben sich in der Praxis
vielfältige psychologische Probleme.

99 Quelle: Daimler

148
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Ein Thema ist, dass seitens der Auftraggeber Freigaben oft zu spät oder verzögert
erteilt werden, weil es offensichtlich an der Entscheidungsfreude oder am Verantwor-
tungsbewusstsein fehlt (Angst vor Fehlentscheidungen und deren Konsequenzen).

Viele Methodiker und QM-Experten haben sich mit der sogenannten Quality-Gate
oder Reifegrad-Systematik - vor allem bei den OEMs - beschäftigt. Zahlreiche Mess-
größen führen zu einer Bewertung nach den Kategorien rot, gelb, grün. Allerdings
wird nach dem Motto „Was nicht sein darf, kann auch nicht sein“ in den meisten Pro-
jektkulturen allenfalls „gelb“ akzeptiert. Wenn jemand „rot“ meldet, wird das Thema
so lange diskutiert und „gesund gebetet“ bis „gelb“ daraus wird. Damit werden Prob-
leme verschleppt und nicht gelöst. Spätere Eskalationen kosten ein Vielfaches und
haben fatale Auswirkungen auf Termine und Qualität. Aussage eines Systemlieferan-
ten im Rahmen der Studie: “ Unternehmer-Geist in frühen Phasen der Fahrzeugent-
wicklung wird durch die intolerante „Fehlerkultur“ in Deutschland verhindert“. Dis-
ziplin, Transparenz, Ehrlichkeit und eine fehlertolerante Projektkultur sind
Voraussetzungen, die für eine professionelle Fortschrittskontrolle in Fahrzeugentwick-
lungsprojekten notwendig sind. Gerade in größeren Unternehmen gibt es dazu massi-
ven Handlungsbedarf. Job-Rotation-Programme und eine Kultur der „weißen Weste“,
verbunden mit „Druck von oben“ züchten geradezu angepasste „Ja-Sager“, die kaum
Entscheidungen treffen und nur „gewünschte Informationen“ nach „oben“ weiterge-
ben. Eine neue Projektkultur muss im Sinne von mehr Effektivität Raum greifen. 100

Ist eine offene Projektkultur im Automotive-Projekt vorhanden, so lässt sich mit Mei-
lensteinen und Quality Gates als Instrumentarien der Projektfortschrittskontrolle her-
vorragend arbeiten. Abbildung 2-102 zeigt die Systematik Fortschrittskontrolle mit
Quality Gates. Die Sachergebnisse der Arbeitspakete einer Projektphase werden an-
hand vorher definierter Messkriterien (siehe Kapitel 2.4) in einem Meilenstein-Review,
das in diesem Fall „Quality-Gate-Klausur“ heißt, überprüft. Diese Review-
Veranstaltung wird als Entscheidungssitzung organisiert. D.h. es ist seitens des Pro-
jektteams eine Statusbesprechung vorzubereiten (siehe „Statusbesprechung“ weiter
unten im Kapitel), in der die aktuellen Ergebnisse und Messgrößen präsentiert wer-
den. Anhand einer Ampelbewertung wird pro Kriterium - und dann aggregiert für das
gesamte Fahrzeugprojekt - eine Bewertung vorgeschlagen. Das Entscheidungsgremi-
um, meist der Steuerkreis des Projektes evtl. erweitert um Fachexperten, bildet sich
anschließend seine eigene Meinung und bestätigt oder korrigiert die Einschätzung des
Projektteams. Jetzt muss entschieden werden, wie mit dem Projekt bzw. Teilprojekt,
dessen Meilenstein freigegeben werden soll, weiter verfahren wird. Je nach Ampelbe-
wertung stehen drei alternative Wege zur Auswahl:

„ Grün: Meilenstein/Quality-Gate passieren (ohne weitere Auflagen wird die


nächste Phase des Projektes mit ihren Arbeitspaketen freigegeben).

100 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 55f

149
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
„ Gelb: Meilenstein/Quality-Gate unter Auflagen passieren. D.h. es muss ein
Maßnahmenplan vorliegen, der notfalls im Meilenstein-Review gemeinsam erar-
beitet wurde. Dieser Maßnahmenplan mit konkreten, meist kurzfristigen Terminen
ist dann konsequent abzuarbeiten. Parallel können die Arbeitspakete und Aktivitä-
ten der Folgephase gestartet werden.

„ Rot: Meilenstein/Quality-Gate nicht passieren. Hier gibt es drei Alternativen:


1. Die Projektziele / –Anforderungen und Messkriterien werden angepasst (Än-
derung), so dass aus ursprünglich „rot“ dann „gelb“ oder sogar „grün“ wird.

2. Das Projektteam bekommt die Auflage zur „Nacharbeit“ und einen neuen
Termin, zu dem eine neue Bewertung der Messgrößen vorgelegt werden soll
(in der Praxis sehr selten, da dadurch das Projekt „angehalten“ wird und das
will ja, wie oben erwähnt, kaum jemand verantworten).

3. Das Projekt wird abgebrochen (diesen Fall haben wir in der Praxis bei Fahr-
zeugprojekten in der Entwicklungs- bzw. Serienphase ganz selten erlebt).

In Abbildung 2-102 ist die geschilderte Systematik schematisch dargestellt.

Abbildung 2-102: Quality-Gate Systematik101

Projekt
abbrechen

Rückschritt mit (rot) nicht Weiter mit


Terminkorrektur passieren Änderung

Quality Quality (grün) Quality


Gate Gate passieren Gate
n+1 n n-1

(gelb) passieren
Maßnahmen
mit Maßnahmen
abarbeiten

101 Quelle: Daimler

150
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Betrachten wir die Ebene der einzelnen Arbeitspakete, so lässt sich mit gewissem
Aufwand auch zwischen den Meilensteinen, innerhalb einer Phase eine einigermaßen
objektive Aussage über den Projektfortschritt treffen, wenn die Sachergebnisse der
Arbeitspakete und evtl. weitere Messkriterien klar definiert sind (siehe Kap 2.5.4).
Aufgrund der Relation zwischen fertigen Ergebnissen/erreichten Messgrößen und den
unerledigten/unerreichten Punkten kann zumindest näherungsweise ein Fertigstel-
lungsgrad ermittelt werden. Dazu ist viel Erfahrung und Gespür seitens der Projektlei-
tung erforderlich. Nach Auffassung der Autoren ist diese Vorgehensweise in jedem
Fall realistischer und seriöser als viele aufwändige Berechnungsalgorithmen, die in
der Projektmanagement-Literatur viel Verbreitung gefunden haben. Im Sinne einer
effizienten und pragmatischen Projektsteuerung, die sich nicht durch „Über-
Administration“ in Selbsthemmung bringt, empfehlen wir „Management by walking
around“ und gesunden Menschenverstand statt mathematischer Modelle zur Fort-
schrittsbewertung.

Nach erfolgter Fortschrittsbewertung auf Arbeitspaketebene kann deren Ergebnis im


Balkentermin oder in einer Terminliste visualisiert werden. Die Aktualisierung im
Balkenterminplan hat den Vorteil, soweit dieser ordentlich vernetzt ist, dass sich die
Projektleitung auch über die Konsequenzen der aktuellen Einschätzung für zukünftige
Arbeitspakete bzw. den gesamten restlichen Projektverlauf Gedanken machen muss.
Abbildung 2-103 zeigt diesen Zusammenhang schematisch auf.

Abbildung 2-103: Termin- und Fortschrittskontrolle visualisiert im Balkenplan

Plan-Werte Ist-Werte Vorschau

Arbeitspaket Verantw. Kalenderwochen


3 4 5 6 7 8 9 10
Entwurf Fleissig
Musterbau Praktik
Materialbesch. Käufer
Versuch Probe
Prototypfreig. Leiter
Pflichtenheft Hurtig

Sachfortschritt
Stichtag

151
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Moderne Projektmanagement-Software-Tools bieten viele komfortable Möglichkeiten,
die Fortschrittsdaten zu erfassen und den aktuellen Terminstatus zu visualisieren. Mit
Hilfe der Funktion „Überwachung“ kann z.B. in MS Project das ganze Projekt oder
einzelne Vorgänge aktualisiert werden. Um Abweichungen vom Basis-Terminplan zu
visualisieren, kann dieser in der Balkenplandarstellung mit angezeigt werden. Der
obere Balken zeigt dann den ursprünglichen Plan und der untere die neue Situation.
Der Fortschritt des jeweiligen Arbeitspaketes wird mit einem dunklen Bereich inner-
halb des neuen Balkens visualisiert. Abbildung 2-104 zeigt ein Beispiel als Druckaus-
gabe aus MS-Project.

Abbildung 2-104: Termin- und Fortschrittskontrolle visualisiert, MS Project (fiktiv)

Feb '02 Mrz '02 Apr '02


Vorgangsname Dauer 04. 11. 18. 25. 04. 11. 18. 25. 01. 08. 15. 22. 29.
Projekt AAF, Roboterzelle mit Laser 257 Tage
PH0, Projekteinsteuerung 5 Tage
Projektinformationen und -vorgaben klären 5 Tage
Projektressourcen klären 5 Tage
MS0, Projektübergabe 0 Tage
PH1, Projektstart 8 Tage
Startworkshop 2 Tage
Teamentwicklung 1 Tag
Projektauftrag und KickOff-Vorbereitung 5 Tage
MS1, KickOff 0 Tage
PH2, Projektbasisplanung und Projektierung 41 Tage
Planungsworkshop 2 Tage
Arbeitspaket-Vereinbarungen 8 Tage
Risikoanalyse und Planoptimierung 5 Tage
Bauteildatensätze anfordern 26 Tage
Layout-Entwurf 10 Tage
Greifer- und Spannkonzept 10 Tage
Schweißversuche und Fügekonzept 10 Tage
MS2, Start Realisierung 0 Tage
PH3, Entwurfskonstruktion 55 Tage
Auswahl und Bestellung Roboter und Lasereinrichtung 40 Tage
Entwurfskonstruktion Mechanik (Vorrichtungen, Greife 30 Tage
Steuerungskonzept und Schnittstellendefinition 20 Tage
Kaufteilliste und Lieferantenauswahl 20 Tage

Für die Aktivitäten der Realisierungsphase, die im Prozess Konstruktion - Ferti-


gung/Beschaffung – Montage/Inbetriebnahme ablaufen, wird der Fortschritt durch
den Abgleich von Feinterminplan und Fertigmeldungen ermittelt. Eine Fortschritts-
kontrolle allein auf Ebene der Arbeitspakete reicht hier nicht aus. Die einzelnen Aktivi-
täten sind hier auf Baugruppenebene zu stark verzahnt. Die Informationen über den
aktuellen Stand und Fortschritt der jeweiligen Baugruppen werden in vielen Fällen im
Rahmen einer regelmäßigen Terminbesprechung erfasst. Teilnehmer sind die Projekt-
leitung und die betroffenen Linienabteilungen (Konstruktion, Fertigung, Einkauf,
Montage) bzw. die Arbeitspaket-Verantwortlichen. Durch diese interdisziplinäre Zu-
sammenarbeit können auch Auswirkungen von Terminverzügen auf den nächsten
Prozessschritt sofort diskutiert werden. Maßnahmen zur Gegensteuerung werden
dann vereinbart und in einer Aktivitätenliste dokumentiert.

152
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Da ein Feinterminplan aufgrund der Vielzahl der Termine und Komplexität der Ab-
hängigkeiten am Besten in Tabellenform gepflegt wird (siehe Kapitel 2.5), bietet sich
diese Darstellung auch für die Kontrolle an. Eine Beispiel-Tabelle für einen Soll-Ist-
Vergleich der Termine auf Baugruppen-Ebene zeigt Abbildung 2-105.

Abbildung 2-105: Beispiel: Tabelle zur Feintermin- und Fortschrittskontrolle (fikiv)

Eine umfassende Information über den terminlichen Status und Fortschritt des Pro-
jekts ist für eine vorausschauende Projektleitung in der Automobilindustrie allerdings
nicht ausreichend. Regelmäßig, mindestens zu den Meilenstein-Reviews, sollte sich
der Projektmanager Gedanken über den weiteren Projektverlauf und terminlichen
Trend machen. Ein Projektsteuerkreis als übergeordnetes Entscheidungsgremium
erwartet vom Projektleiter Prognosen unter Berücksichtigung der aktuell bekannten
Risiken und Probleme im Fahrzeugprojekt. Ein Instrument das diese Prognose metho-
disch unterstützt und visualisiert ist die sogenannte „Meilensteintrendanalyse“.

2.6.4 Terminprognose mit der Meilensteintrendanalyse


Im Laufe eines Projekts wird es nicht selten zu kleinen bis mittleren Terminabwei-
chungen kommen. Der Plan wird aktualisiert und es entstehen Differenzen im Soll-Ist-
Vergleich, die noch relativ wenig Aussagekraft besitzen.

153
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Bei langjährigen Projekten ist es unwahrscheinlich, dass eine Verzögerung den Ab-
schlusstermin gefährdet, wird der Termin eines Arbeitspaketes sehr oft verschoben,
kann man von weiteren Verzögerungen ausgehen. Als Bezugspunkt für eine Trend-
aussage bieten sich die Meilensteine als projektentscheidende Ereignisse an. Die "Mei-
lenstein-Trendanalyse" (MTA) erfasst die Veränderungen der Plan-Meilensteintermine
und bildet sie in grafischer Form ab. "Meilenstein-Trendanalysen" (MTA) werden be-
reits in vielen Fahrzeugentwicklungsprojekten erfolgreich eingesetzt; allerdings wer-
den sie nach wie vor häufig manuell erstellt und nicht von den eingesetzten PM-Tools
erzeugt. Als sehr übersichtliche grafische Form hat sich diese Darstellungsart durchge-
setzt (Abbildung 2-106):

Abbildung 2-106: Meilensteintrendanalyse, schematische Darstellung

Berichtszeitraum (X-Achse)

6/04 10/04 2/05 6/05


4/04 8/04 12/04 4/05

6/05

4/05 5 5 5 5 5
Planungszeitraum (Y-Achse)

4 4
2/05 4 4 4

1 Projektfreigabe
12/04 3 3
3 3 2 Funktionsmuster
10/04 3 2
3 Konzeptfreigabe
2 2
8/04 2 4 Komponentenfreigabe

5 Modulintegration
6/04 1 1

4/04

Auf der waagerechten Achse des Dreiecksrasters werden die Berichtstermine von links
nach rechts aufgetragen, auf der senkrechte Achse von unten nach oben die Planter-
mine der Meilensteine mit identischem Kalender. Die Meilensteine werden durch
Symbole oder Farben unterschieden und an den Berichtszeitpunkten aktualisiert.

154
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Bei jeder Aktualisierung wird die komplette Meilensteinkette in der vertikalen Flucht
unterhalb dem Berichtstermin neu eingetragen. Dadurch entsteht für jeden betrachte-
ten Meilenstein ein horizontaler Polygonzug. Weicht der neu berichtete Plan-
Meilensteintermin von dem ursprünglich geplantem Termin ab, verlässt der Polygon-
zug den waagerechten Verlauf.

Typische MTA-Kurvenverläufe:

„ Waagerechter Verlauf: Termin wird eingehalten


„ Ansteigender Verlauf: Termin wird überschritten
„ Fallender Verlauf: Termin wird unterschritten
Es handelt sich bei der Meilensteintrendanalyse (MTA) also um einen Plan-Plan-
Vergleich. D.h. die Prognose der zukünftigen Meilensteintermine wird von Berichts-
zeitpunkt zu Berichtszeitpunkt fortgeschrieben. Damit wird auch die Historie der
Meilensteinplanung visualisiert. Auswirkungen der Projektsteuerung werden auf eine
übersichtliche Art und Weise dargestellt. Als Berichtsinstrument ist die MTA deshalb
beim Management sehr beliebt.

Die Vorteile einer grafisch visualisierten Meilensteintrendanalyse können sich in Au-


tomotive-Projekten bereits nach wenigen Berichtszeitpunkten ergeben. Mitarbeiter
entwickeln ein erhöhtes Terminbewusstsein, da ihnen die Terminentwicklung grafisch
deutlich gemacht wird. Die Verteilung der Grafiken, egal ob als Hardcopy oder als
PDF, ist ein gutes Kommunikationsmittel für alle Projektbeteiligten. Werden Termin-
verschiebungen rechtzeitig vorhergesehen und mit dem Kunden abgesprochen, kön-
nen Konflikte und Krisen in der Kundenbeziehung vermieden werden.

Zwischenzeitlich gibt es einige PM-Tools, die eine MTA automatisch aus den vorhan-
denen Termininformationen zu generieren. Abbildung 2-107 zeigt ein Beispiel.

155
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-107: Bildschirmdarstellung Meilensteintrendanalyse 102

2.6.5 Kostenkontrolle und Mitkalkulation


Durch regelmäßige Kostenkontrolle und Mitkalkulation lässt sich die Kostenentwick-
lung für einzelne Arbeitspakete und das Projekt als Ganzes in den Griff bekommen.
Um die Kostenkontrolle im Sinne eines Soll-Ist-Vergleiches objektiv durchführen zu
können, ist eine Kenntnis des Sachfortschritts des Projektes erforderlich. Erst wenn
klar ist, mit welchem Fortschrittsgrad die angefallenen Ist-Kosten korrespondieren,
lässt sich eine Aussage über die absolute Soll-Ist-Abweichung machen. Wie bei der
Kostenplanung, so lässt sich auch bei der Kostenverfolgung der Kostenverlauf mit
Soll-Ist-Vergleich und Hochrechnung zum Ende des Projekts darstellen. Besonders für
Statusberichte mit hohem Informationsgehalt bietet sich diese Form der Visualisierung
an. Die wesentlichen Aussagen sind schnell erkennbar, wie Abbildung 2-108 zeigt.

102 Quelle: Project-It

156
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-108: Zusammenhang Soll-Ist-Kosten mit Hochrechnung und Sachfortschritt

Kum. Istkosten
Kosten
+ Hochrechnung

Basisplan
(Soll)

Sachfortschritt n.
Meilensteinen (Ist)

Monatl. Istkosten
Erreicht: 40% Stichtag Zeit + Hochrechnung

Sachfortschritt
Geplant: 50%

Der pragmatische Weg zu einer objektiven Einschätzung der Kostensituation führt


über die mitlaufende Kalkulation. Diese Methode liefert eine laufende Hochrechnung
der Gesamtkosten der Arbeitspakete und des Projekts, basierend auf den aktuellen Ist-
Kosten und einer Restkostenabschätzung durch die jeweiligen Verantwortlichen. Die
Mitkalkulation ist also eine mitlaufende Kostenverfolgung für jedes Arbeitspaket, das
sich aktuell in Arbeit befindet, ergänzt um eine Abschätzung des Restaufwandes.
Durch Summierung der Arbeitspakete ergibt sich die Mitkalkulation für das Gesamt-
projekt. Die budgetierten Kosten der Arbeitspakete werden pro Kostenart monatlich
den angefallenen Kosten und den Bestellobligos gegenübergestellt. Diese Informatio-
nen werden im Regelfall vom Rechnungswesen zu jedem Monatsende zur Verfügung
gestellt. Voraussetzung ist, dass eine periodische Rückmeldung der geleisteten Perso-
nalstunden erfolgt (z.B. Entwicklung, Versuch, Montage, Inbetriebnahme). Aufgrund
des aktuellen Fortschritts schätzt der Arbeitspaket-Verantwortliche den Restaufwand
(noch zu erwartende Kosten). Die Summe aus Ist-Kosten, Obligo und noch zu erwar-
tenden Kosten ergibt dann die „Kosten-Vorschau“. Die Gegenüberstellung von Kos-
ten-Vorschau und Budget zeigt dann den aktuellen Status (meist in Form einer Abwei-
chung). Bei negativen Abweichungen (voraussichtlichen Budgetüberschreitungen)
können jetzt Steuerungsmaßnahmen ergriffen werden. Entweder kann im aktuellen
Arbeitspaket noch gegengesteuert werden, oder zukünftige Arbeitspakete müssen die
aktuelle Abweichung auf irgendeine Art „kompensieren“. Die Verabschiedung solcher
Maßnahmen erfolgt in der Regel im Rahmen einer Projektstatusbesprechung. Abbil-
dung 2-109 zeigt das fiktive Beispiel einer Mitkalkulations-Tabelle.

157
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-109: Beispiel-Tabelle: Mitkalkulation für ein Arbeitspaket 103

Mitkalkulation Arbeitspaket: Entwurfskonstruktion Mechanik


Stand: 28.2. Auftragsnummer:
Kunde: Projekt: AAF, Roboterzelle mit Laser alle Werte in Euro

Pos. Kostenart mtl. Istkosten kum. Istkosten Obligo zu erw. Summe Budget
Nr. per 28.2. per 28.2. Kosten + Erlöse (Vorschau)
% % % % % %

1 Fertigungsmaterial / Kaufteile 2.500 2.500 2.500 1.000


2 Materialgemeinkosten auf Pos. 1 5% 125 5% 125 5% 0 5% 0 5% 125 5% 50
3 Fertigungskosten 0
4 Montage- und Inbetriebnahmekosten 0
5 Auswärtige Bearbeitung 0
6 Fertigung Fremdpersonal 0
7 Montage- u. Inbetriebnahme durch 0
Personalleasing und Fremdfirmen 0
8 Fertigungssonderkosten 0
9 Reisekosten 1.000 1.000 3.000 4.000 5.000
10 Fremdkonstruktion mechanisch 0 0 22.000 0 22.000 20.000
11 Fremdkonstruktion elektrisch 0
12 Eigenkonstruktion mech.,Versuch 5.000 10.000 35.000 45.000 45.000
13 Eigenkonstruktion elektrisch 0
14 Planung/Projektabwicklung/EDV/CAD 5.000 10.000 7.000 17.000 15.000
15 Herstellkosten 13.625 23.625 22.000 45.000 90.625 86.050

In vielen Unternehmen der Automobilindustrie sind heutzutage bereits PM- und Re-
porting-Systeme installiert, die in der Lage sind, aus den Daten der Kostenrechnung
und den periodischen Rückmeldungen der Mitarbeiter und Fachabteilungen Kosten-
verläufe und Trendaussagen zu generieren. Ein weiterer wichtiger Indikator für die
Projektsteuerung ist der Reifegrad des Produktes bzw. des Produktionsprozesses.

2.6.6 Reifegradcontrolling Produkt und Prozess


Ein entscheidender Faktor in der Steuerung von Fahrzeugentwicklungsprojekten ist
der eigentliche Entwicklungsfortschritt, messbar gemacht am Reifegrad des Produk-
tes. In den einschlägigen Abhandlungen zum Entwicklungs- und Qualitätsmanage-
ment sind die Details und Systematiken ausgiebig erläutert. Für das Projektmanage-
ment in der Automobilindustrie ergeben sich daraus verschiedene Aufgaben-
stellungen für die Projektsteuerung. Zum einen müssen die durch den Entwicklungs-
prozess und das Qualitätsmanagement definierten Messgrößen periodisch bzw. min-
destens zu den Meilensteinen erfasst und dokumentiert werden.

103 vgl. Blazek/Zillmer (2001), S. 137ff

158
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Zum anderen müssen Abweichungen analysiert und visualisiert werden und dann
entsprechende Steuerungsmaßnahmen erfolgen. Die folgende Abbildung zeigt den
Reifegradverlauf in Fahrzeugentwicklungsprojekten und macht die Auswirkungen auf
den Projektfortschritt deutlich.

Abbildung 2-110: Reifegradverlauf in Fahrzeugentwicklungsprojekten 104

Zeit-
verlust
100%
Fortschrittsgrad
Soll-Ablauf
Projektfortschritt

Ist-Ablauf

Überarbeitung
der Serien-
entwicklung Risiko
• Funktion
Reifegrad- • Kosten
verlust • Zeit

For- Grundlagen- Vor- Serien-


Serienentwicklung
schung entwicklung entwicklung anlauf

Unbekannte Neue, konzepttaugliche Bekannte, serientaugliche


Technologien Technologien Technologien

Damit das Reifegradcontrolling funktioniert, müssen an erster Stelle entsprechende


Indikatoren mit zugehörigen Messgrößen definiert und verwaltet werden. Dabei las-
sen sich verschiedene Kategorien unterscheiden, wie Abbildung 2-111 zeigt.

104 vgl. Fischer/Dangelmaier (2000), S. 141

159
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-111: Reifegradindikatoren in Fahrzeugprojekten 105

• Indikatoren mit fixem Zielwert, z.B. Gewicht, Ist-Verlauf


Herstellkosten, Qualität (Auditnote), Taktzeit

• Output-Indikatoren mit zeitpunktabhängigem Zielwert


Zielwert (kumulierte Werte), z.B. Freigaben,
Anlaufkurven, Erprobungen (Prüffeld)
Zeit
• Input-Indikatoren zur Effizienzbeurteilung Projekt-Ende (100%)
der Entwicklung (kumulierte Werte),
z.B. Ressourcenverbrauch Plan-
Verlauf
Ist-
• Indikatoren für Zeit-/Ablaufbewertung, z.B. Verlauf
Masterterminplan, Checkpoint-Listen,
Meilenstein-Trendanalyse, Entscheidungs - Zeit
Meilensteine

• Indikatoren mit komplexem Zielmaßstab, Projekt-


z.B. Expertenbeurteilung für Gesamtprojekt, Ende
Gesamtprodukt, Teilumfänge
Zeit

Eine Auswahl konkreter Indikatoren zeigt Tabelle 2-2.

Tabelle 2-2: Reifegradindikatoren für Fahrzeugentwicklungsprojekte

Konstruktionsfreigaben Service-Beurteilung Bemusterung

Cubing-Beurteilung Nullserienbeurteilung Versuchsfreigaben

Prototypenbeurteilung Anlaufkurve Produkt-Audit-Note

Packaging Produktionszeit je Fzg. Gewicht

Designmodellabsicherung Crashwagen–Beurteilung Herstell-Kosten

Lieferantenfestlegung Heide-Dauerlauf Zeit / Meilensteine

Festlegungsbeurteilung Problempunkteliste Expertenschätzung

Nicht alle Indikatoren sind zu jedem Zeitpunkt im Fahrzeugprojekt relevant. Abbil-


dung 2-112 zeigt die Relevanz ausgewählter Indikatoren über den Projektverlauf.

105 ebenda S. 146 bzw. S. 152

160
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-112: Zeitliche Relevanz von Reifegradindikatoren im Projektverlauf 106

Vorent- Erprobungs- Produktion


wicklung Definition Prototyp Anlauf
träger Serie

Herstellkosten, Gewicht, Technikinhalte, Problempunkte

Lieferantenfestlegung

Festlegung, Konstruktions- u. Versuchsfreigaben

Aufbau- u. Erprobungsergebnisse

Qualitätsbeurteilungen

Anlaufkriterien

Produktivität

Aktive Phase eines Indikators (qualitativ) Zeit

Ein generell hilfreicher Indikator ist die Anzahl der offenen Problempunkte (aus der
LOP-Liste) im Projekt. Abbildung 2-113 zeigt dazu eine Grafik.

Abbildung 2-113: Beispiel: Reifegradcontrolling mit “Anzahl der Problempunkte“

Anzahl
Problem-
punkte erkannte
Kumuliert Problempunkte

erledigte
Problempunkte

Projektstart Projekt-Ende Zeit

Weitere grafisch dargestellte Beispiele von Reifegradindikatoren finden sich weiter


unten im Abschnitt Reporting. Um Reifegrade berechnen und visualisieren zu können,
müssen die zugehörigen Messgrößen periodisch erfasst und aufbereitet werden. Ab-
bildung 2-114 zeigt das Beispiel einer Erfassungs- und Berechnungstabelle.

106 ebenda, S. 146ff

161
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-114: Datentabelle zur Berechnung eines Gesamtreifegrades (fiktiv)

1 2 3 4 1-((4-1)/4) 1-((4-3)/4)
1-((4-3)/4)

Ist- Vormonat Prognose


Prognose Vormonat Bewertung
Vorschau
Indikator Einheit Ist-Stand Plan-Stand Ziel Reifegrad Reifegrad Reifegrad
Reifegrad Reifegrad gegenüber
Projektende
in % in % in % in % in % Ziel

Packaging Anzahl Teile 40 50 90 100 40,0 50,0 90,0 90,0 80,0 schlechter

Lieferantenfestlegung Anzahl kum. 50 50 50 50 100,0 100,0 100,0 beendet

Konstruktionsfreigabe "Stufe 1" Anzahl kum. 1.800 2.000 1.800 2.000 90,0 90,0 90,0 schlechter

Konstruktionsfreigabe "Stufe 2" Anzahl kum. 1.400 1.600 1.900 2.000 70,0 65,0 95,0 95,0 90,0 schlechter

Konstruktionsfreigabe "Stufe 3" Anzahl kum. 800 1.300 1.700 2.000 40,0 35,0 85,0 85,0 90,0 schlechter

Gewicht kg pro Fzg. 1.282 1.310 1.290 1.300 101,4 95,0 100,0 100,0 99,0 besser

Kosten Euro pro Fzg. 36.500 35.500 35.080 35.000 95,7 97,0 99,8 99,8 99,0 schlechter

Termintreue / Meilensteine Wochen -5 0 -3 0 96,0 95,0 97,0 97,0 95,0 schlechter


Expertenschätzung
Wochen -4 0 -2 0 95,0 98,0 98,0 98,0 100,0 schlechter
Projektfortschritt

Liegen alle Informationen über den aktuellen Projektstatus und die Prognose vor, so
muss im Rahmen der Projektsteuerung Ursachenforschung betrieben werden, soweit
sich Abweichungen vom Plan und damit verbundene Probleme ergeben haben.

2.6.7 Analyse der Abweichungen und Einleiten von


Steuerungsmaßnahmen
Abweichungen und Störgrößen in der Projektabwicklung treten vielfach erst ans Ta-
geslicht, wenn „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“. Das heißt, dass die Situ-
ation selbst, sprich die Vergangenheit, nicht mehr geändert werden kann. Es geht jetzt
darum, systematisch die Abweichung/Störung zu analysieren und dann Steuerungs-
maßnahmen abzuleiten, die deren Auswirkung in der Zukunft kompensieren. Diese
Analysearbeit erfolgt am besten im Team, im Rahmen der regelmäßigen Projektstatus-
besprechung bzw. ad hoc, wenn ein dringliches Problem ansteht (siehe Abschnitt Sta-
tusbesprechung). Hilfreich bei der systematischen Analyse ist eine Dokumentation in
Tabellenform.107 Diese lässt sich gleichzeitig als „Tagebuch der Projektsteuerung“
nutzen. Bei einem Projektreview leistet solch eine Aufstellung gute Dienste, weil sie
die eigentliche „Steuerungsleistung“ von Projektleiter und –team nachvollziehbar
dokumentiert. Abbildung 2-115 zeigt ein Beispiel.

107 Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 163f

162
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-115: Beispiel-Tabelle zur Abweichungsanalyse (fiktiv)

AAF Roboterzelle mit Laser Franz Fleissig


4711
(PSP-Element) (Kunde) (Projektbezeichnung) (Projektleiter)

N Abweichung/ Ursache Auswirkung Kosten Termin- Mögliche Steuerungs- Art der


r Störgröße Technik + (in Euro) verzug Maßnahmen Umsetzung
. Qualität (Wo)

1 Bauteildaten des Kunde hat Fahrzeug Weniger Zeit 50.000 4 Mit Vorabdaten aus altem Vorabdaten
Kunden kommen 4 noch in der für Bauteilstand beginnen: kurzfristig
Wochen später Entwicklung, konstruktive Änderungsrisiko anfordern
Geometrie ist noch Absicherung
nicht abgesichert

2 Qualitätsprobleme Laser in Verbindung Lastenheft 500.000 8 Schweißversuche beim Neues


weil Fügeprozess mit neuer nicht erfüllt Laserhersteller bereits parallel Arbeitspaket
nicht abgesichert Oberflächenbeschicht zur Projektierung
ung noch nicht
ausgetestet
3 Qualitäts und Lieferant überschätzt Verfügbarkeit 50.000 2 Intensive Betreuung vor Ort, Einkauf und
Lieferprobleme und bisher keine und Unterstützung durch unsere Prozesstechnik
beim Geschäftsbeziehung Fügequalität Prozesstechnik vor Ort
Laserlieferanten nicht zu leisten

4 Aufstellort beim Neubau des Kunden 100.000 4 Probebetrieb der Anlage beim Projektplan
Kunden nicht Hersteller ändern
rechtzeitig fertig

Für die kontinuierliche Verbesserung der Projektarbeit in der Fahrzeugentwicklung


und für die Auswahl der richtigen, nachhaltigen Steuerungsmaßnahmen ist es an
erster Stelle wichtig, die Ursachen einer Abweichung zu kennen. Sonst wird im Zwei-
felsfall mit viel Aufwand das „Symptom“ kuriert und die gleichen Probleme treten
immer wieder auf. Häufige Abweichungsursachen in Projekten der Automobilindust-
rie sind:

„ unrealistische Ziel- und Lastenheftvorgaben


„ unzureichende Betrachtung des Projektumfeldes (OEM, Entwicklungspartner)
„ unrealistische Projektplanung (Terminvorgaben nicht hinterfragt)
„ technische Probleme (Technologieentwicklung in der Serie)
„ unvorhersehbare Änderungen im Projektverlauf (Design, Crash, Spezifikation)
„ mangelndes Know-how (knappe Ressourcen, junge Mitarbeiter)
„ fehlerhafte Projektabwicklung (Projektleiter überfordert bzw. überlastet)
„ mangelnde Motivation der Teammitglieder (Eskalation der Probleme im Serienan-
lauf)

163
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
„ fehlende Transparenz im Projekt (Planung wird nicht gepflegt und nachgehalten)
„ unklare Aufgabenverteilung (keine Funktionspläne, „SE“-Chaos)
„ Ausfall von Spezialisten oder Lieferanten (Krisenmanagement bei Parallelprojek-
ten)

„ Zusagen von Abteilungen oder Lieferanten nicht eingehalten (Überlastung)


Im nächsten Schritt sind die Auswirkungen einer Störung hinsichtlich Termin, Kosten
und Qualität bzw. Reifegrad und Sachergebnis zu bewerten. Diese Einschätzung bildet
die Grundlage für die Festlegung und Priorisierung von Steuerungsmaßnahmen.
Diese müssen dann entweder als Einzelaktivitäten mit Hilfe der Aktivitätenliste im
Projektteam vereinbart werden, oder sie fließen als geänderte oder zusätzliche Ar-
beitspakete in die Projektplanung ein. Der Informationsfluss hierzu ist im Abschnitt
Statusbesprechung (vgl. 2.6.9) dargestellt.

2.6.8 Steuerungsmaßnahmen
„An irgendeinem Punkt muss man den Sprung ins Ungewisse wagen. Erstens, weil selbst die
richtige Entscheidung falsch ist, wenn sie zu spät erfolgt. Zweitens, weil es in den meisten
Fällen so etwas wie eine Gewissheit gar nicht gibt.“ Lee Iacocca, US-amerikanischer In-
dustriemanager

Je nachdem, ob die Störungen im Projekt Auswirkung auf Termine, Kosten oder Quali-
tät haben, müssen unterschiedliche Maßnahmen zur Gegensteuerung ergriffen wer-
den. Grundsätzlich werden dabei folgende Kategorien unterschieden:

„ Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten


„ Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität
„ Maßnahmen zur Terminverkürzung
Die Tabellen 2-3 bis 2-5 zeigen die wesentlichen Möglichkeiten, die sich dem Projekt-
management in den einzelnen Fällen bieten. 108

108 vgl. Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 164f

164
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Tabelle 2-3: Steuerungsmaßnahmen zur Reduzierung der Kosten

Steuerungsmaßnahme Schwierigkeiten / Risiken


• Suche nach technischen Alternativen • Kurzfristiger Mehraufwand
• Unsicheres Ergebnis

• Kauf von Lizenzen und Know-How • Nicht bei Kernkompetenzen möglich


• Führt zu Abhängigkeiten
• Produktpflege nicht sichergestellt

• Suche nach weiteren Kooperationspartnern • Aufwand der Lieferantensuche / -auswahl


• Aufwand für Definition / Abnahme
• Betreuungsaufwand

• Änderung des Entwicklungsprozesses • Nicht kurzfristig realisierbar


• Umstellungsaufwand
• Unsicheres Ergebnis
• Umverteilung der Arbeitspakete unter den • Qualitätsreduzierung
Projektbeteiligten • Koordinationsaufwand

Tabelle 2-4: Steuerungsmaßnahmen zur Produktivitätssteigerung

Steuerungsmaßnahme Schwierigkeiten / Risiken


• Ausbildung der Mitarbeiter • Mittel- / Langfristige Maßnahme
• Weiterbildungsbudget

• Integration qualifizierter Mitarbeiter • Aufwand für Einarbeitung


in das Projekt • Spezialisten oft nicht zu finden

• Verbesserung des Informationsflusses • Zeitaufwand


• fehlende Infrastruktur
• Team räumlich zusammenlegen • Umbau- und Anbaumöglichkeiten
• Fehlende Raumreserve / -flexibilität

• Bessere Arbeitsvorbereitung für Test, • Zeitaufwand


Montage, Inbetriebnahme, Serienanlauf • Fehlendes Bewusstsein

• Optimierung der Randbedingungen • Investitionen nötig


(Soft-, Hardware, Automatisierung ...)

165
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Tabelle 2-5: Steuerungsmaßnahmen zur Terminverkürzung

Steuerungsmaßnahme Schwierigkeiten / Risiken


• Einstellung neuer Mitarbeiter • Personalbudget festgelegt
• Einarbeitung belastet und dauert lange
• Umverteilung der Kapazität im Projekt • Verschiebt oder verlagert den Engpass

• Zukauf externer Kapazität • Geeignetes Know-how schwer zu finden


• Zunächst interner Mehraufwand für
Know-how-Transfer
• nicht bei Kernkompetenzen realisierbar

• Fremdvergabe von Arbeitspaketen • Qualitätsrisiko


• Zusätzliche Betreuungskapazität nötig
• Know-how-Abfluss

• Mehrarbeit durch Überstunden • Kurzfristige, begrenzte Lösung


• Evtl. mitbestimmungspflichtig

• Abbau anderer Belastungen bei den • Widerstände bei Vorgesetzten und


Projektmitarbeitern Kollegen

• Umplanung des Ablaufs, der Abfolge von • Schnittstellenprobleme


Arbeitspaketen im Projekt (Parallelisierung) • Unreife Zwischenergebnisse

Zur systematischen Lösung von Problemen, die im Rahmen der Abweichungsanalyse


erkannt werden und deren Ursachen noch unklar oder sehr komplex sind, ist in der
Automobilindustrie eine systematische Vorgehensweise in „8 Schritten“ (8D-Methode)
weit verbreitet. Sie wird von allen Qualitätsmanagement-Systemen in der Automobil-
industrie unterstützt. Die 8D-Methode kann dort eingesetzt werden, wo die Ursache
des Problems unbekannt ist. Sie erfüllt drei Aufgaben. Sie ist:

„ ein Problemlösungsprozess
„ eine Standardmethode
„ eine Berichtsform.
Die meisten Automobilhersteller und Systemlieferanten haben die 8D-Methode als
Standard-Problemlösungsprozess etabliert. Sie taucht als Berichtsinstrument in den
meisten Einkaufsrichtlinien und Management-Handbüchern auf. Die Abbildung 2-116
beschreibt die 8 Schritte der Methode anhand des VDA-Formulars.

166
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-116: Stufen der 8D-Methode 109

Mache dir das Problem klar. Überlege, um welches Problem es geht, und prüfe, ob ein Vorgehen
nach 8D angemessen ist.

„ Gehe das Problem im Team an: Stelle ein kleines Team aus Personen zusammen, mit ent-
sprechenden Prozess/Produktkenntnissen, Zeit, Bereitschaft zur Mitarbeit, Kompetenz und
Kenntnisse in den notwendigen Techniken, um das Problem zu lösen und Abstellmaßnahmen
umsetzen zu können. Für das Team muss ein offizieller Pate (Champion) ernannt werden.
„ Beschreibe das Problem: Definiere das Problem des internen/externen Kunden so genau wie
möglich. Arbeite den Kern des Problems heraus und quantifiziere es. Sammle und analysiere
statistische Daten. Erfasse und bestimme das Ausmaß des Problems (Anzahl betroffener Tei-
le, Versionen, Fahrzeuge etc).
„ Veranlasse temporäre Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und kontrolliere ihre Wirkung:
Veranlasse Maßnahmen, die die Auswirkungen des Problems vom internen/externen Kunden
möglichst fernhalten, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist. Prüfe ständig die Wirksamkeit
dieser temporären Maßnahmen und veranlasse gegebenenfalls weitere Maßnahmen. Sollten
fehlerhafte Teile/Systeme bereits beim "End-Kunden" angelangt sein, müssen entsprechende
Service/Kundendienstmaßnahmen eingeleitet werden. Der 8D-Bericht sollte in jedem Falle
Stellung zu eventuellen Servicemaßnahmen beziehen!
„ Ermittle die Grundursache(n) und beweise, dass es wirklich die Grundursache(n) ist/sind:
Suche nach allen möglichen Ursachen, die das Auftreten des Problems erklären könnten. Be-
stimme die wahrscheinliche(n) Ursache(n) und prüfe durch Vergleiche mit der Problembe-
schreibung und den vorhandenen Daten, ob eine wahrscheinliche Ursache die Grundursache
ist. Beweise die Annahme durch Tests und Experimente.
„ Lege Abstellmaßnahmen fest und beweise ihre Wirksamkeit: Suche nach allen möglichen
Maßnahmen, durch die die Ursache(n) beseitigt und das Problem gelöst werden könnte:
Wähle die optimale(n) dauerhafte(n) Abstellmaßnahme(n) aus und beweise durch entspre-
chende Versuche, dass diese das Problem aus Kundensicht auch wirklich löst/lösen und kei-
ne unerwünschten Nebenwirkungen hat / haben.
„ Setze die Abstellmaßnahme(n) um und kontrolliere ihre Wirkung: Erstelle einen Aktionsplan
zur Umsetzung der gewählten Abstellmaßnahme(n) und lege gegebenenfalls flankierende
Maßnahmen zur Absicherung fest: Bestimme, durch welche laufenden Kontrollen sicherge-
stellt werden soll, dass die Problemursache wirklich beseitigt ist. Führe den Aktionsplan aus,
beobachte die Auswirkungen und führe gegebenenfalls die flankierenden Maßnahmen durch.
Überprüfe die Wirksamkeit der Abstellmaßnahme beim Endkunden.
„ Bestimme Maßnahmen, die ein Wiederauftreten des Problems verhindern: Verändere die
Management- und Steuerungssysteme, Anweisungen und üblichen Vorgehensweisen, um zu
verhindern, dass gleiche oder ähnliche Probleme wieder auftreten. Erstrebenswert wäre die
Einführung eines Systems, das eine Teile-Prozess-Historie erfasst, um sicherzustellen, dass
bei Neuentwicklungen oder Design-Überarbeitungen ähnliche Fehler nicht wiederholt werden.
„ Würdige Leistung und Erfolg des Teams: Schließe die Teamarbeit ab; erkenne die gemeinsa-
men Anstrengungen und Erfahrungen und freue dich über den Erfolg.

Abbildung 2-117 zeigt das zugehörige Formular.

109 Quelle: VDA

167
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-117: Formular 8D-Report 110

Lieferant (Supplier)
Anschrift (Adress/Location)
8 D – REPORT
Beanstandung Beanstand.-Nr. Eröffnet am:
(Concern Title) (Ref. No.) (Start Date)

Berichtsdatum Teilebezeichnung:
(Status Date) (Part Name)
Zeichnungsnummer/Index:
(Part Number/Index)

1 Team 2 Problembeschreibung
Name,Abt.(Depmt) (Problem Description)

Fehlercharakter
Teamleit.(Champ.) (Problem Profile Data)

3 Sofortmaßnahme(n) % Wirkung (Effect) Einführungsdatum


(Containment Action(s)) (Implem. date)
4 Fehlerursache(n) (Root Cause(s)) %Beteiligung (Contribution)

5 Geplante Abstellmaßnahme(n) Wirksamkeitsprüfung (Verification)


(Chosen Permanent Corrective Action(s))

6 Eingeführte Abstellmaßnahme(n) Ergebniskontrolle Einsatztermin


(Implemented Permanent Corrective Action(s)) (Controls) (Implement. date)

7 Fehlerwiederholung verhindern verantwortlich Einführungstermin


(Action(s) to Prevent Recurrence) (responsible) (Implem.date)
Implementation in: Product FMEA
Process FMEA
Control Plan
Pro-cedure

8 Teamerfolg gewürdigt Abschlußdatum Ersteller (Rep.by)


(Congratulate your Team) (Close Date) Tel.,Fax-Nr.

110 Quelle: VDA

168
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
2.6.9 Projektstatusbesprechung
„Es ist kein Drama, wenn das Projekt nicht nach Plan läuft. Es ist ein Drama, wenn der Pro-
jektmanager nichts davon weiß.“ Peter Hobbs, Unternehmensberater und Buchautor

Die Projektstatusbesprechung ist die (in der Regel) wöchentlich, monatlich oder min-
destens zu den Meilensteinen stattfindende Informations- und Entscheidungssitzung
des Projektteams. Es empfiehlt sich dafür einen festen Termin (Jour Fixe) zu reservie-
ren. Teilnehmer sind der Projektleiter und das Kernteam (siehe Kap. 2.2 Projektorgani-
sation) ggf. ergänzt um aktuell betroffene Mitarbeiter. Natürlich kann es auch beson-
dere Ereignisse oder Projektkrisen geben, die eine außerordentliche
Statusbesprechung notwendig machen. Abbildung 2-118 zeigt dies schematisch auf.

Abbildung 2-118: Anlässe für Projektstatusbesprechungen

Zeit
„Jour Fixe“ „Krise“
Meilenstein

regelmäßig / meilensteinorientiert ereignisorientiert

Wann? Wann?
• Regelmäßig oder bei Erreichen • bei einer Projektkrise
eines Meilensteines • bei erheblichen Abweichungen
Wer? • bei plötzlichen Personalproblemen
• Projektteam + Steuerkreis / Auftraggeber • bei gravierenden technischen Problemen
Wer?
Was? • Projektteam und alle relevanten Experten
• Berichtswesen (Termin-, Kosten-, der betroffenen Abteilungen
Sachfortschritt-, Risikosituation) • Steuerkreis + ggf. Auftraggeber
• Meilenstein-Review (Ergebnisse)
• bei negativer Beurteilung: Maßnahmen Was?
erarbeiten, Verantwortliche benennen, • Situationsanalyse
Auflage für erneute Freigabe treffen • Maßnahmenplanung
• bei positiver Beurteilung: Freigabe der • Entscheidung über weiteres Vorgehen
nächsten Arbeitspakete / Projektphase

Durch die regelmäßigen, wöchentlichen oder monatlichen Intervalle können Informa-


tionen zeitaktuell weitergegeben werden, die sonst evtl. zeitaufwändige Telefonate
oder Schriftverkehr erfordern würden. Dadurch ergibt sich ein erhebliches Potential
für Zeiteinsparung bei den Teammitgliedern. Die gegenseitige Kontrolle der Abarbei-
tung von vereinbarten Aktivitäten (Aktivitätenliste) in kurzen regelmäßigen Abstän-
den trägt wesentlich zur Disziplin und zum Erfolg des Projektteams bei.

169
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Nicht zuletzt entsteht durch diesen Termin auch eine gewisse Projekt- und Teamkul-
tur. Insbesondere bei räumlich verteilten oder sogar internationalen Projektteams stellt
die Projektstatusbesprechung einen wichtigen Kristallisationspunkt dar. Hier werden
nicht nur Sachinformationen ausgetauscht und Problemlösungen angestoßen, sondern
auch die Kultur und der Geist des Teams gepflegt (siehe Kap. 2.3). Wissensmanage-
ment-Experten haben diese Art von Zusammenkünften bereits als existenziell wichtig
für den Know-how-Transfer und für eine Lernende Organisation erkannt. Die
Schwerpunkte einer Projektstatusbesprechung sind:

„ Information der anderen Teammitglieder über aktuelle Ereignisse, Ergebnisse und


Vereinbarungen/ Festlegungen im Projekt

„ Status und Abarbeitung der Aktivitäten des Projektteams (Aktivitätenliste/LOP)


„ Status und Abarbeitungsgrad der aktuellen Arbeitspakete (Fachabteilungen)
„ Terminsituation, Kapazitätssituation, Kostensituation / Kalkulation
„ Konflikte (intern / extern)
„ Änderungen/Claims vom Kunden und Intern
„ Maßnahmen vereinbaren (Aktivitätenliste/LOP)
„ Informationen für Andere veranlassen (Ergebnisprotokoll)

Die Projektstatusbesprechung ist keine Diskussionsrunde für fachliche Probleme,


sondern eine Entscheidungssitzung, in der vereinbart wird, wer, was bis wann erle-
digt, bzw. wer sich um eine Lösung kümmert. Die Festlegung eines regelmäßigen
Termins für die Projektbesprechung sollte bereits in der Projektdefinitionsphase erfol-
gen. Ebenfalls in dieser Phase ist die Zuständigkeit für Moderation und Protokoll
durch den Projektleiter zu regeln (eine bestimmte Person oder „reihum“). Jedes
Teammitglied ist allerdings für die Vorbereitung / Präsentation seiner Beiträge ent-
sprechend seinem Verantwortungsbereich zuständig. Folgende Punkte sind für die
Durchführung generell wichtig:

„ Festen Termin vereinbaren für wöchentliche Sitzungen (max. 2 Stunden)


„ Besprechungsraum festlegen und langfristig reservieren
„ Standard Tagesordnung vereinbaren
„ Moderator und Protokollführer festlegen
„ Generellen Teilnehmerkreis und Verteiler festlegen.

170
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Folgende Punkte sind für die Durchführung der einzelnen Besprechung wichtig:

„ Jedes Teammitglied bereitet sich so gut als möglich vor (z.B. Präsentationsfolien
etc.), damit die Zeit des Teams nicht unnötig in Anspruch genommen wird. Die
Projektbesprechung ist eine Entscheidungssitzung und keine Diskussions- oder
Problemlösungsrunde!

„ Der Moderator achtet auf die Zeit! Detailthemen und Problemlösungen müssen
mit Hilfe der Aktivitätenliste/LOP verlagert werden (Lösung im kleinen Kreis).

„ Das Ergebnisprotokoll/Aktivitätenliste/LOP wird möglichst „simultan“ erstellt,


d.h. handschriftlich oder am Notebook, so dass am Ende der Besprechung Kopien
verteilt werden können.

„ Maßnahmen und Aktivitäten sind termingerecht abzuarbeiten. Umsetzungskon-


trolle in der nächsten Besprechung.

Die folgende Tabelle zeigt das Beispiel einer Tagesordnung.

Tabelle 2-6: Beispiel: Tagesordnung Projektstatusbesprechung

Top Uhrzeit Min. Thema Sprecher

1 14:00 30 Aktuelle Informationen der Projektleitung, Alle


Infos der Teammitglieder

2 14:30 30 Aktivitätenliste/LOP: Erledigte und Offene Projektleiter


Aktivitäten, Präsentation der Ergebnisse

3 15:00 15 Statusbericht der Teammitglieder: Termine, Teammitglied


Fortschritt, Kapazität, Kosten, Qualität, Status
Abarbeitung der Arbeitspakete

4 15:15 30 Kostensituation, Kalkulation, Änderungen Projektcontroller

5 15:45 30 Nächste Schritte, Projektplanung bis zum Alle


nächsten Meilenstein

6 16:15 15 Ergebnisprotokoll, Aktivitätenliste/LOP Projektleiter/Alle

Den Informationsfluss in der Projektstatusbesprechung zeigt Abbildung 2-119.

171
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-119: Informationsfluss und Dokumente in der Projektstatusbesprechung

Aktualisierte Plandaten

Fein- Analyse
Mit- Termin- der
termin-
kalkulation plan Abwei-
liste
chungen

Status-
besprechung Feedback

Ergebnis-
Protokoll
Umgesetzte
Aktivitäten-
Maßnahmen
Liste/LOP

Eine Sonderform der Projektstatusbesprechung stellt das Projektreview dar. In den


Fahrzeugprojekten wird dieser Begriff meist für die Entscheidungstermine zu den
Meilensteinen gebraucht. Wir sprechen dann auch von Meilenstein- oder Quality-
Gate-Reviews oder -Freigaben. Die Quality-Gate-Systematik haben wir bereits in Kap.
2.6.3 dargestellt. Zum Review-Termin berichtet das Projektteam die definierten Mei-
lenstein-Ergebnisse und Reifegrade an den Projektsteuerkreis als Entscheidungsgre-
mium. Die Mitglieder des Steuerkreises bewerten die vorliegenden Informationen und
Unterlagen. Dann erfolgt eine Entscheidung hinsichtlich der Abnahme der bisherigen
Ergebnisse mit oder ohne Auflagen (rot, gelb, grün) und der Freigabe der Folgephase.
Abbildung 2-120 zeigt die Unterlagen und Informationen, die für ein Projektreview
relevant sind und den Entscheidungsprozess.

172
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-120: Informationen zum Projektreview und Entscheidungsprozess

Review- Unterlagen:
• Projektstatusberichte
• Projektrisiken /FMEAs
• Lastenheft/ Spezifikat.
• Kennzahlen /Reifegrad
Projekt-Review
• Zeichnungen / Daten
• Wirtschaftlichkeit
• QS-Pläne (APQP) Projekt
abbrechen

Rückschritt mit (rot) nicht Weiter mit


Terminkorrektur passieren Änderung
Enscheidungs-
prozess: Meilenstein/ (grün)
Quality-Gate passieren

(gelb) passieren Maßnahmen


mit Maßnahmen abarbeiten

Zur Vereinbarung und Dokumentation der Entscheidungen und Steuerungsmaßnah-


men in einer Projektstatusbesprechung oder einem Projektreview spielt das Maßnah-
men-Protokoll eine große Rolle. Je nach Unternehmen werden hierfür unterschiedliche
Begriffe benutzt:

„ Liste offener Punkte (LOP)


„ To Do Liste
„ Action Item List
„ Open Issue List
„ Aktivitätenliste ….
Die Aktivitätenliste/LOP zeigt zum einen die offenen Aktivitäten und zum anderen
die erledigten Aktivitäten. Sie ist ein wesentliches Führungselement für Projektleiter
zur Sicherstellung des Fortschritts im Projektmanagement.

Sie dient weiterhin zur schriftlichen Information aller Teammitglieder über offene und

173
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
erledigte Aktivitäten mit Historie des Projektes. In jeder Projektbesprechung dient sie
als Checkliste und Erledigungsprotokoll. In der Aktivitätenliste/LOP werden im Sinne
einer Zielvereinbarung alle Aktivitäten der Projektteammitglieder, die bei der Vertei-
lung von Aufgaben im Rahmen der Projektstatusbesprechung anwesend sind, festge-
halten. Die Aktivitäten werden kurz und präzise formuliert. Für jede Aktivität gibt es
genau einen Verantwortlichen und einen fixen Zieltermin (Basistermin). Sie ist folgen-
dermaßen aufgebaut:

„ Laufende Nummer
„ Aktivität
„ Bearbeiter (ein Verantwortlicher, zusätzlich Mitarbeiter)
„ Termin (Basis und Neu)
„ Status (erledigt/offen )
„ Ggf. weitere Bemerkungen
Der Projektleiter pflegt diese Liste entweder selbst oder delegiert dies an ein Mitglied
des Projektteams (z.B. Projektcontroller). In jedem Fall ist die Aktivitätenliste/LOP sein
zentrales Steuerungsinstrument, mit dem er Vereinbarungen mit den Teammitgliedern
treffen und deren Erfüllung periodisch abfragen kann („Führungsinstrument des
Projektleiters“). Weil Projektleiter im Regelfall keine disziplinarische Macht besitzen,
ist dieses Führungsinstrument besonders wichtig. Deshalb macht es auch wenig Sinn,
wenn wie vielfach praktiziert, jeder Mitarbeiter Punkte in solch eine Liste einstellen
darf. Dafür ist eher ein elektronisches “schwarzes Brett“ geeignet. Als Führungs-
instrument im Projektteam sollte die Aktivitätenliste/LOP ausschließlich in den ge-
meinsamen Teambesprechungen gepflegt werden, damit die dokumentierten Aktivitä-
ten auch wirklich als Vereinbarung zwischen den Anwesenden begriffen und gelebt
werden.

Die Aktivitätenliste/LOP sollte in elektronischer Form simultan während der Bespre-


chung erstellt werden. Jede Aktivität bekommt eine Zeile mit Nummer. Wenn eine
Aktivität nicht zum Termin erledigt wurde, dann wird der Basistermin fest geschrie-
ben und ein neuer Termin (Termin neu) vergeben. Grundsätzlich dürfen keine Aktivi-
täten an Kernteammitglieder vergeben werden, die bei der Verteilung der Aktivitäten
nicht anwesend sind. Aktivitäten können von den verantwortlichen Kernteammitglie-
der an weitere Projektbeteiligte /Linienmitarbeiter delegiert werden, wobei die Ver-
antwortung für die Erledigung der Aufgabe bei dem delegierenden Teammitglied
liegt. Um die Effektivität der Aktivitätenliste/LOP zu gewährleisten, müssen sich die
Verantwortlichen bei mehrmaliger Verschiebung ihrer Termine hierzu rechtfertigen.
Falls sich die Termintreue der Projektmitglieder trotzdem nicht bessert, muss der Pro-
jektleiter entsprechende Maßnahmen treffen, um die Disziplin zu steigern. Ein Beispiel
einer Aktivitätenliste/LOP zeigt Abbildung 2-121.

174
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-121: Beispiel einer Aktivitätenliste/LOP

Nr. Thema Verantwortlich Mitarbeit Termin Termin Status Bemerkung


Basis Neu

1 Konzeptvorschlag für Hr. Unbekannt Hr. X, 23.08. 23.08. Erledigt -


neues Organigramm
Fr. Y

2 Dokumentation der Hr. Mustermann Hr. X, 16.08. 25.08. Offen Kunde muss
Projektplanung noch zu-
Fr. Y
stimmen

2.6.10 Projekt-Reporting / Berichtswesen


Das Berichtswesen gewährleistet den Informationsfluss zwischen Projektteam und
Auftraggeber bzw. Steuerkreis. Reporting kann rein formal durch schriftliche Unterla-
gen erfolgen, oder in Verbindung mit einer Statusbesprechung, Meilensteinfreigabe
oder einer ähnlichen Entscheidungssitzung. Je nach Projektphase, -ereignis und Ziel-
gruppe sehen die Berichte dann unterschiedlich aus. Abbildung 2-122 zeigt Berichtsar-
ten eines Systemlieferanten im Projektverlauf der Fahrzeugentwicklung.

Abbildung 2-122: Reporting-Elemente bei einem Systemlieferanten 111

Project- Milestone Design-


Review Report Review

Project-Review-meeting Milestone meeting

in current phase at the end of a phase

Acquisition Phase A Concept phase


Phase 1 Milestone Phase 2

Steering Committee Steering Committee

111 Quelle: Behr

175
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Je nach Unternehmen und Projektart sind für das Berichtswesen die unterschiedlichs-
ten Informationen über den Projektstatus und Reifegrad der Produktentwicklung bis
hin zu Wirtschaftlichkeits-Kennzahlen aufzubereiten. Die Abbildungen 2-123 bis 2-125
zeigen Beispiele für Statusberichte in verdichteter Form.

Abbildung 2-123: Integrierter Management-Bericht: Technik-Ziele, Kosten, Termin

Gewicht
Modul 60
[kg]
55 Gewichts-
Zielgewicht
controlling
50

Herstellkosten 318 €
Modul 300
[€] 218 €
200 Zielkosten-
controlling
100 Zielkosten

Entwicklungs-
Gesamtbudget
budget 600
Modul
[T€] 400 Budget-
controlling
200

4 6 8 10 12 2 4 6

Meile nstein-
Trenda nalys e
4 6 8 10 12 2 4 6

4 5 5 5 5 5
4 4
2 4 4 4

1 Projek tfre iga be


12 3 3
3 3 2 Funktions mus ter
10 3 2
3 Konzeptfre iga be
2 2
8 2 4 Komponente nfreiga be

5 Modulintegration
6 1 1

176
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-124: Reporting-Inhalte eines Systemlieferanten 112

Einheitliche Kennzahlen zur Beurteilung


von Projekten
• Up Front Crash
• IRR
Business Plan • Payback
• Operating Margin
• EBITDA ...

Monatliche Aussagen zu:

• Qualitätsniveau des Produktes (ab Prototypen)


• Readiness der Zukaufteile
• Readiness der Werkzeuge
• Readiness von Produktions- und JIT-Prozessen
• Verfolgung Funktionalen Meilensteine & Gate Reviews

Abbildung 2-125: Meilensteinorientierter Statusbericht 113

Projekt: ________________________ Meilenstein: ____________________

Kritische Punkte + Probleme:


Sachfortschritt: _______________________________
_______________________________
in
- _______________________________
te h
ns rc en
ile nd du öß e
e
M se u e ng Gr od
rte is ad t u e
r iv e h t Handlungsempfehlung: ___________
de bn gr we tat M
for rge ife Be anti % - ________________________________
e
Ge E R u er
Q od ________________________________
________________________________

Entwicklungskosten: Herstellkosten: Kunden-


Soll Ist Soll Ist zufriedenheit:
Personal Fertigungs- Qualität:
kosten
Arbeits- und
Betriebsmittel Materialkosten Vertrag:
Material Verwaltungs-
Kapazität:
kosten
Fläche
und Gebäude Logistikkosten Teamarbeit:

Legende: rot Projektleiter: ____________ Verteiler: __________


gelb ______________
grün ______________
Datum: ____________

112 Quelle: Faurecia


113 vgl. Schuh (2000), S. 289

177
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Leistungsfähige PM-Tools bieten die Statusinformationen nutzerspezifisch aufbereitet
an. So gibt es für verschiedene Rollen im Projekt (Projektleiter, -controller, Teilprojekt-
leiter...) spezielle Online-Reports oder Infoplattformen. Ein Beispiel zeigt Abbildung 2-
126.

Abbildung 2-126: Beispiel: Projekt-Info-Board als Online-Reporting-Instrument 114

114 Quelle: Planta

178
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Beim DV-gestützten Reporting setzt sich auch immer mehr das sogenannte „Cockpit“
als Visualisierungsinstrument durch. 115 Im „Projekt-Cockpit“ werden die wesentli-
chen Kennzahlen und Fortschrittsgrößen im Überblick grafisch dargestellt. Abbildung
2-127 zeigt ein Beispiel.

Abbildung 2-127: Beispiel: Projekt-Cockpit 116

Kostenkontrolldiagramm Meilenstein-Trendanalyse
K IST Zeit Maßnahme Ziel-
Zeit Maßnahme vorgabe
Trend
KI: Kostenüber-
schreitung
(KIST < KSOLL) Meilen-
KE
steine
KE: Kostenunter-
KI schreitung
(KIST > KSOLL)

I II K SOLL heute Zeit

Review-Iterationen Grad der Fertigstellung


Anzahl Arbeitspakete
Iterationen AP 1 100% fertig
AP 2 57% fertig
100%
3 100% fertig
AP 3
100% 90% 100%
2 AP 4 57% fertig
95% 70% 100% 90%
1 AP 5 50% fertig
Grad der
100% 85%
Noch nicht
90% 65% 80% AP 6 Fertigstellung
begonnen
1 2 3 4 5 Review
1.2. 1.4. 1.6. 1.8. 1.10.
Abfolge 1.3. 1.5. 1.7. 1.9. Zeit

Als Weiterentwicklung des klassischen Projektberichtswesens gilt die sogenannte


„Projekt-Scorecard“. Abgeleitet von der Balanced Scorecard für das ganzheitliche
Unternehmenscontrolling, kann mit dieser Sichtweise ein Reportingtool im Sinne eines
„Projekt-Cockpits“ geschaffen werden. Es werden nicht nur Sachinformationen durch
„Harte Fakten“ berichtet und beobachtet, sondern auch „Weiche Kennzahlen“, die
Aussagen über die Zusammenarbeit und Leistungsfähigkeit des Projektteams machen
und auch das Projektumfeld nicht außer Acht lassen. Die folgende Abbildung zeigt die
möglichen Betrachtungsdimensionen einer Projekt-Scorecard.

115 vgl. Fiedler (2003), S. 252ff


116 vgl. Wildemann (2004b), S. 63

179
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-128: Dimensionen einer Projekt-Scorecard als Reportinginstrument

Projektziele
Projektziele
und
undRahmen-
Rahmen-
bedingungen
bedingungen

Projekt-Scorecard
Projekt-Scorecard Projekt-
Projekt- Projekt-
Projekt- ergebnisse,
ergebnisse,
Organisation,
Organisation, Termine,
Personal Termine,
Personal Projektstatus
Projektstatus Kosten
Kosten
per
per......

Internes
Internes Externes
Externes
Projektumfeld
Projektumfeld Projektumfeld
Projektumfeld

2.6.11 Änderungs- und Claimmanagement


In Fahrzeugentwicklungsprojekten sind Änderungen an der Tagesordnung. Bedingt
durch Simultaneous Engineering, immer kürzere Entwicklungszeiten und hohen
Wettbewerbsdruck bei steigender Innovationsgeschwindigkeit bleiben Änderungen
aufgrund neuer Erkenntnisse und Probleme im Entwicklungsprozess nicht aus.

„ Eine Änderung ist die vereinbarte Festlegung eines neuen Zustands anstelle des
bisherigen Zustandes und die zugehörige Transformation. 117

„ Das Änderungsmanagement umfasst die Prozesse und Regeln für die Änderung
von Projektzielen und -prozessen und deren Prioritäten, sichert die Erfassung, Be-
wertung und Entscheidung über die Änderungen von Projektzielen und steuert
deren Umsetzung. 118

Es gibt die verschiedensten Änderungsursachen, die sich grundsätzlich in zwei Kate-


gorien unterscheiden lassen:

„ Fehlerbedingte Änderungsursachen wie z.B. Funktionsprobleme, Kostenüber-


schreitungen, Probleme in Montage bzw. Fertigung, Qualitätsprobleme, Liefer-
schwierigkeiten

117 vgl. Lindemann/Reichwald (1998), S. 325


118 vgl. DIN (2009b), S. 6

180
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
„ Neuerungsbedingte Änderungsursachen wie z.B. neue Kundenanforderungen,
veränderte Gesetze, neue Technologien, neue Materialien

Änderungen sind an sich nichts Negatives in den Projekten der Automobilindustrie,


aber wie damit teilweise umgegangen wird, grenzt an Schlamperei oder schlechtes
Geschäftsgebaren, so die Erkenntnisse aus unserer Studie. 119 In den meisten Projekten
gibt es zwar einen sauber dokumentierte Änderungsprozess, aber da Änderungen
meistens Geld und Zeit kosten, werden sie vielfach von Auftraggeberseite nicht nach
den Regeln eingesteuert. So wie das Lastenheft oft zu spät oder gar nicht erstellt wird,
so geht es auch mit dem offiziellen Änderungsauftrag. Missverständnisse und eine
ineffiziente Bearbeitung sind vorprogrammiert. Ein weiterer Punkt ist die Komplexität
von Änderungen und deren Auswirkungen auf das Gesamtprodukt und –projekt.
Sowohl ein Produkt als auch ein Projekt ist als kybernetisches System zu verstehen, in
dem jede Änderung an einer noch so kleinen Stelle Auswirkungen auf das Gesamte
hat. Deshalb ist ein standardisierter Änderungsprozess, der alle Auswirkungen und
Schnittstellen berücksichtigt, eine notwendige Voraussetzung für ein professionelles
Projektmanagement. Abbildung 2-129 zeigt unser Prozessmodell für das Änderungs-
management.

Abbildung 2-129: Änderungsprozessmodell

Update
Produkt-,
Prozess-, Änderungs-
Projektdoku Verhandeln und
Korrekturmaßnahmen antrag
Aktualisierte entscheiden
vorschlagen
Planung
T

Entscheiden
Beteiligte Stellen Soll-Ist-Vergleich
Analysieren und K Q
Im Gesamtüberblick
informieren Bewertung
Bewerten (T,K,Q)

Start Planung Änderung Abschluss

Einwirken/
Umsetzung Erkennen und Änderungs-
Steuern
einsteuern Erfassen (Antrag) antrag

Fahrzeugentwicklungsprozess (das „eigentliche“ Projekt)

119 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 41

181
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Am Anfang des Änderungskreislaufs steht die Erfassung der Änderungssituation, am
besten mit einem formalisierten Dokument (Antrag) in elektronischer Form (Daten-
bank). Im nächsten Schritt müssen die Auswirkungen auf das Projekt hinsichtlich
Kosten, Termin und Qualität/Leistung beurteilt und bewertet werden. Dann kann eine
Entscheidung durch die Projektleitung gemeinsam mit dem Auftraggeber erfolgen.
Dies erfolgt im Regelfall durch ein Änderungsangebot mit anschließendem Verhand-
lungsprozess. Wird eine positive Entscheidung gefällt, so müssen alle Projektbeteilig-
ten informiert werden und die betroffenen Dokumente (Lastenheft, Spezifikationen,
Zeichnungen...) und Projektpläne angepasst werden. Damit erfolgt die Einsteuerung
der Änderungsumsetzung in das Projekt.

Laut Aussage einiger Experten führt das beschleunigte Tempo bei der Einführung
neuer, komplexer Produkte und die sich wandelnden Anforderungen der Kunden zu
einer gestiegenen Bedeutung der Änderungskosten am Gesamtentwicklungsbudget.
Darüber hinaus kann sich der Abschluss von Fahrzeugentwicklungsprojekten durch
späte Änderungen maßgeblich verzögern. Ziel des Änderungsmanagements ist es, die
Reaktionsfähigkeit der Unternehmen zu erhöhen und gleichzeitig die Aktualität von
Daten sowie die Information der Beteiligten sicherzustellen. „Man bräuchte wieder
den Chefentwickler, der das Gesamte im Blick hat“, so die Aussage eines OEM im
Rahmen unserer Studie.120 In der Praxis ist diese Qualifikation leider nicht mehr vor-
handen. Das notwendige Know-how für die komplexen Entscheidungsprozesse bei
Änderungen muss über ein interdisziplinäres Team generiert werden. Ein sogenanntes
„Change-Board“, in dem alle Beteiligten Partner im Entwicklungsprojekt vertreten
sind und sowohl Produkt- als auch Projektbelange erörtert und entschieden werden,
zeichnet sich als zeitgemäße Lösung ab. Im Rahmen eines Regeltermins (Jour Fixe)
werden anstehende Änderungen präsentiert und deren Auswirkungen auf die ver-
schiedenen Bereiche des Fahrzeugs und den Entwicklungsprozess analysiert. Professi-
onell moderiert, kann dieses Change-Board schnelle Entscheidungen liefern und damit
die Zeitachse im Änderungsmanagement drastisch verkürzen. Generell gilt, dass Än-
derungen im Sinne des Frontloading-Gedankens (siehe Kapitel 2.4.) so früh wie mög-
lich in den Entwicklungsprozess einfließen sollten.

Mit einer pro-aktiven Änderungskultur lassen sich spätere Eskalationen vermeiden.


„pro-aktiv“ heißt in diesem Falle, dass über Änderungen nicht erst gesprochen wird,
wenn es nicht mehr vermeidbar ist, sondern dass Änderungen offen und schnell
kommuniziert, dokumentiert und entschieden werden. Dazu ist allerdings auch Fair-
ness im Sinne von Win-Win zwischen den beteiligten Partnern Voraussetzung. Wer
Änderungen initiiert, muss dafür auch aufkommen.

Abbildung 2-130 verdeutlicht dieses Bestreben unter dem Aspekt des „Frontloading“.

120 ebenda, S. 50ff

182
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Abbildung 2-130: Pro-aktive Änderungskultur durch Frontloading

Kosten
„frontloading“
Kostenverlauf durch
Verlagerung von
Änderungen in
frühe Phasen

Definition Entwicklung Serienanlauf + Produktion


Zeit

Das Änderungsmanagement regelt den Umgang mit Änderungen, die der Kunde oder
interne Stellen im Laufe des Projekts einbringen. Diese Änderungen betreffen im Re-
gelfall den Liefer- und Leistungsumfang, die Abwicklung/Terminsituation oder quali-
tative Merkmale. Im Einzelnen sollte in jedem Fahrzeugprojekt durch einen standardi-
sierten Änderungsprozess der Ablauf der Änderungen von der Initiierung bis zur
Durchführung beschrieben sein und ein entsprechender Formalismus gelebt wer-
den.121 In solch einer Beschreibung wird geregelt, wer wen wann zu informieren hat
und wer wann über Änderungen entscheidet. Dieses Procedere muss bereits zu Be-
ginn eines Projektes mit allen Beteiligten (vor allem dem Auftraggeber) abgestimmt
werden. Abbildung 2-131 zeigt ein Beispiel.

Für die Meldung der vom Kunden gewünschten Änderungen sind die Projektteam-
mitglieder bzw. die beteiligten Fachabteilungen verantwortlich. Die administrative
Seite des Änderungsmanagement (erfassen, verwalten, bewerten, dokumentieren)
erfolgt durch ein hierfür verantwortliches Mitglied im Kernteam (z.B. den Projektcon-
troller) oder den Projektleiter und bei komplexen Änderungen mit großer Tragweite
durch ein übergeordnetes interdisziplinäres Gremium wie z.B. ein „Change-Board“.
Die Freigabe von Änderungen erfolgt ausschließlich durch Projektleiter und Auftrag-
geber, da diese in der Regel die Mehrkosten tragen müssen.

121 vgl. Lindemann/Reichwald (1998), S. 26ff

183
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-131: Beispiel für einen Standard-Änderungsprozess 122

1. Änderungsantrag
(Antragsteller)
Veranlassung
und
Beantragung
2.1 Registrierung und
formale Prüfung
(Änderungsstelle)

2.2 Überprüfung und


Stellungnahmen
(Betroffene Stellen)
Bewertung
und
Genehmigung
3. Änderungskonferenz Änderungsantrag
(PL, Antragsteller und überarbeiten
betroffene Stellen) (Antragsteller)
Ja
Antrag Antrag
durchführen Nein abändern?
?

Ja Nein

4. Änderungsauftrag
Ablehnung
schreiben
(Projektleitung)
(Änderungsstelle)
Einführung
und
Durchführung
5. Durchführung der
Änderung
(Betroffene Stellen)

6. Änderungsdienst und
Verteilung
(Änderungsstelle)

Das Änderungsmanagement sollte in jedem Fahrzeugprojekt nach einem fest definier-


ten Verfahren ablaufen, das zu Projektbeginn mit dem Kunden abgestimmt wird. Der
hauptsächliche Aufwand ist bei der technischen Beurteilung der Machbarkeit und
Auswirkungen, der Kostenermittlung und Angebotserstellung zu treiben. Hier wird
entschieden, ob die Änderung wirtschaftlich durchführbar ist oder nicht. Allerdings
unterscheidet sich die Vorgehensweise hier kaum vom normalen Angebotsprozess.

122 Quelle: BMW

184
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
Wichtig ist, dass Änderungen im Tagesgeschäft des Projekts nicht untergehen und der
aktuelle, vertragsrelevante Änderungsstand verwaltet und dokumentiert wird. Dies
geschieht zum einen über den Änderungsantrag/-auftrag als Formular bzw. Datensatz
und zum anderen über eine Änderungsliste oder -datenbank, in der die Historie und
der Status der jeweiligen Änderungen verwaltet werden. Die Abbildungen 2-132 und
2-133 zeigen schematische Beispiele dieser Dokumente.

Abbildung 2-132: Beispiel: Formular Änderungsantrag

Änderungsantrag
Projekt:
Kunde:

Antragsteller:
Beschreibung der
Änderung:
(vom Antragsteller
auszufüllen)

Bekannte
Auswirkungen:
(Termin, Kosten,
Ablauf etc.)

Datum:
(Antragsteller)
Freigabe/Ablehnung der Änderung

Freigabe mit folgenden Auflagen:

Ablehnung mit folgender Begründung:

Unterschriften:

Datum: (Auftraggeber) (Projektleiter)

185
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-133: Beispiel: Formular Änderungsliste

Änderungsliste Stand: Auftragsnummer:

Kunde: Projekt:

Freigabe Freigabe Termin Nachtrag


Nr. Datum Änderung Veranlasser
durch am Realisierung (€) netto

Da Änderungen meistens mit Mehrkosten bzw. mit Terminverschiebungen verbunden


sind, ist es zwingend notwendig, durch ein straffes Änderungsmanagement, Anzahl
und Umfang von Änderungen so gering wie möglich zu halten bzw. für Änderungen,
die der Kunde verursacht hat, eine Auftragserweiterung zu erhalten. Änderungen
bedürfen deshalb der besonderen Aufmerksamkeit, weil sie nicht isoliert betrachtet
werden können, sondern meist die gesamte Projektabwicklung beeinflussen. D.h. dass
Änderungen am Produkt nicht nur dort Mehrkosten verursachen, sondern durch die
Zeitverzögerung auch Mehrkosten (Überstunden, Kapazitätsengpässe...) in der weite-
ren Abwicklung entstehen. Ein systematisches Änderungsmanagement hilft diese
Kosten transparent zu machen und damit auch gegenüber dem Kunden vertreten zu
können. Änderungen sollen das Projektergebnis ja nicht verschlechtern. Ein funktio-
nierendes Claimmanagement ist die Voraussetzung dafür.

Claimmanagement

Es ist ein schwieriges Unterfangen, Mehrleistungen, die durch den Kunden oder ande-
re Vertragspartner verursacht werden, bezahlt zu bekommen. Außerdem muss der
Projektleiter auch dafür Sorge tragen, dass Ansprüche von Kunden, Lieferanten und
anderen Vertragspartnern abgewehrt bzw. minimiert werden. In Automobilprojekten
ergeben sich über die Laufzeit durch Planungsunsicherheiten, Änderung der Absatz-
zahlen und gesetzlichen Anforderungen eine Reihe von Situationen in denen „ge-
claimt“ werden muss.

Claim (engl.) = offene Forderung / Anspruch gegenüber einem Vertragspartner auf-


grund vertraglicher Zusagen / Vereinbarungen (Lastenheft, Terminplan, CAD-Daten...)

Claimmanagement ist damit das geplante und kontrollierte Voraussehen, Beobachten,


Kontrollieren, Dokumentieren und Geltendmachen oder Abwehren von nicht ur-

186
Projektsteuerungsphase, Änderungs- und Claimmanagement
2.6
sprünglich zwischen den Vertragsparteien geregelten Forderungen. Diese ergeben sich
oft erst aus Abweichungen zum vorgestellten Vertragsverlauf. 123 In Automotive-
Projekten sind das in den meisten Fällen Design- und Bauteiländerungen aber Ter-
minverschiebungen, Qualitätsprobleme und verzögerte Entscheidungen bzw. Freiga-
ben. Das Claimmanagement definiert, dokumentiert und realisiert die Ansprüche der
eigenen Organisation/ des eigenen Projekts gegenüber den Vertragspartnern (im We-
sentlichen Kunden und Lieferanten bzw. interne Partner) und dient dazu, externe
Ansprüche abzuwehren. Es basiert auf den Informationen des Vertrags, des Ände-
rungsmanagements und der Statusberichte aus den Arbeitspaketen des Projekts.

Somit stellt das Claimmanagement eine übergreifende Funktion dar, die Einfluss auf
Vertragsgestaltung, Verhandlungen und vor allem das wirtschaftliche Ergebnis des
Projekts nimmt. Somit leistet Claimmanagement einen wesentlichen Beitrag zur Ver-
besserung des Projektergebnisses.

Wesentliche Grundlage für ein funktionierendes Claimmanagement ist eine konse-


quente Planung von Kosten und Terminen auf Arbeitspaket-Ebene. Durch Festpreis-
Vereinbarungen und Budgets mit den Linienabteilungen, AP-Verantwortlichen und
Lieferanten wird eine „Deckelung“ des Aufwands erzeugt. Durch regelmäßige Soll/Ist-
Vergleiche und Controllinggespräche wird dann offensichtlich, wo ungeplante Mehr-
kosten angefallen sind. Ziel ist allerdings, dass der AP-Verantwortliche den Mehrauf-
wand direkt in ein „Claim-Erfassungsformular“ dokumentiert und dabei der Verursa-
cher (Kunde oder Lieferant) bereits den Sachverhalt (nicht die Mehrkosten, diese sind
Verhandlungssache) mit seiner Unterschrift anerkennt. Abbildung 2-134 zeigt ein
solches Formular, die Claimliste.

Abbildung 2-134: Formular zur Claimerfassung

Claimliste - Projekt ............................


Anerken-
Aufwand Aufwand Erfasst
Nr. Datum Mehraufwand (Beschreibung) Ursache (Argumente) nung
(Std.) (Euro) durch:
durch:

123 Vgl. Künel/Pinnels (2002) S.6

187
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
2.7 Projektabschlussphase
„Verbessern heißt verändern. Perfekt sein heißt demnach, sich oft verändert zu haben.“
Winston Churchill, englischer Politiker und Schriftsteller

Mit diesem Slogan sollte die Projektleitung in die Abschlussphase starten. Hier geht es
neben kommerziellen und organisatorischen Themen nämlich hauptsächlich um die
Erfahrungssicherung und die Realisierung von Lerneffekten im Sinne eines professio-
nellen Qualitäts- und Wissensmanagement.

Ein systematischer Projektabschluss dient zum einen der Erfahrungssicherung und


zum anderen liefert er einen wesentlichen Beitrag zum Qualitäts- und Wissensma-
nagement in Automotive Projekten. Die verschiedenen Maßnahmen für den „geordne-
ten Rückzug“ und die Dokumentation der Erkenntnisse werden im Folgenden erläu-
tert. Im Mittelpunkt steht das Projektabschluss-Review.

„Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu handeln: erstens durch Nachdenken, das ist der edels-
te, zweitens durch Nachahmen, das ist der leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist der
bitterste.“ Konfuzius, chinesischer Philosoph

Die Erfahrung zeigt, dass Projekte, wenn sie nicht aktiv abgeschlossen werden, kein
richtiges Ende finden. Das hat zur Folge, dass wichtige Ressourcen (Projektleiter,
Teammitglieder, Montageleiter etc.) gebunden werden und damit für neue Projekte
nicht zur Verfügung stehen. Außerdem dient der Projektabschluss als Informations-
quelle für die kontinuierliche Verbesserung der Projektabwicklung im Sinne des Qua-
litätsmanagement-Systems. Speziell bei Fahrzeugentwicklungsprojekten ist die Ab-
grenzung zwischen Entwicklungs- und Produktionsverantwortung ein heikles, aber
wichtiges Thema.

2.7.1 Projektabschlussaktivitäten im Überblick


Der Projektabschluss beinhaltet alle Maßnahmen, die dazu dienen das Projekt intern
und gegenüber den Kunden zu beenden, gebundene Ressourcen freizugeben und
Erfahrungen für Folgeprojekte zu dokumentieren. Er ist ein wesentlicher Baustein des
Qualitätsmanagements in der Projektabwicklung.

Der Projektleiter und das Projektteam sind verantwortlich für einen kontrollierten
Abschluss des Projektes. Dabei ist sicherzustellen, dass die Ergebnisse aus dem Projek-
tabschluss in zukünftige Projekte einfließen (Projektabschlussbericht und Erfahrungs-
datenbank). Abbildung 2-135 vermittelt einen Überblick der Aktivitäten zum systema-
tischen Projektabschluss.

188
Projektabschlussphase
2.7
Abbildung 2-135: Überblick Projektabschluss 124

1. Bestimmung der 2. Übereinkunft mit dem


Restaktivitäten Auftraggeber

Auftraggeber Auftrag-
nehmer

3. Mitteilung an Projektbe- 4. Organisation auflösen


teiligte und Zulieferer

STOP

5. Projektabschluss- 6. Erfahrungssicherung
gespräch

Projekt-
abschluss-
bericht

124 Wolf/Mlekusch/Hab (2006), S. 200

189
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Einen Überblick über die einzelnen Aktivitäten zum Projektabschluss gibt die folgen-
de Checkliste.

„ Termin für Projektabschlussgespräch festlegen


„ Abnahme(n) durchführen
„ Abnahme- / Mängelprotokoll abarbeiten
„ Projektabschlussgespräch durchführen
„ Restaktivitäten planen
„ Schlussrechnung stellen
„ Beteiligte Abteilungen im Haus informieren
„ PSP-Element und Arbeitspakete schließen
„ Informationen und Projektdokumentation an Service übergeben
„ Projektabschlussbericht erstellen
„ Projektbüro / Infrastruktur auflösen
„ Mitarbeiter im Projektteam freigeben
„ Abschlussfest organisieren
„ Projektablage archivieren
Wichtig ist, dass der Zeitpunkt für das Projektabschlussgespräch und alle weiteren
Aktivitäten frühzeitig festgelegt werden, damit das Projekt zum Ende hin nicht ein-
fach „vor sich hin dümpelt“, sondern kontrolliert und straff beendet wird. Auch das
Abschlussgespräch und die Aktivitäten zur Beendigung des Projekts sind als kritischer
Meilenstein zu verstehen. Das Projektabschlussgespräch sollte prinzipiell am Anfang
der Phase „Abschluss“ stehen und auch dazu dienen, die Vorgehensweise für einen
kontrollierten Projektabschluss festzulegen.

2.7.2 Das Projektabschlussgespräch (Review)


„Die Erfahrung besteht darin, dass man erfährt, was man nicht zu erfahren wünscht.“ Kuno
Fischer, deutscher Philosoph

Im Sinne der „Kontinuierlichen Verbesserung“ müssen die Erfahrungen der einzelnen


Projekte in die Organisation kommuniziert werden, damit Fehler bei zukünftigen
Projekten vermieden werden und vorbildliche Lösungen übernommen werden.

190
Projektabschlussphase
2.7
Das Projektabschlussgespräch hat die Aufgabe, diese Informationen in einer Veranstal-
tung zu bündeln, damit durch die gegenseitigen Erfahrungsberichte und die Diskussi-
on das Erinnerungsvermögen und das Problembewusstsein gesteigert wird und mög-
lichst alle wichtigen Punkte festgehalten bzw. Probleme gelöst werden. Der
„Projektabschlussbericht“ bündelt dann die Ergebnisse in Form von Maßnahmen und
bildet die Dokumentationsbasis für den Verbesserungsprozess. Abbildung 2-136 zeigt
Beispiele wie Erfahrung aus Projekten genutzt werden kann.

Abbildung 2-136: Beispiele für die Nutzung von Projekterfahrung

• „soft skills“
Übernahme von Ergebnissen
• Teamgeist
in die Linienorganisation
• Imagegewinn
• Effizienzsteigerung • Kompetenz
• Ausbau Marktanteile • ...
• Steigerung
Wettbewerbsfähigkeit

Projekterfahrung

Basis für Folgeprojekte


Qualifizierung von
Mitarbeitern Ÿ Referenzprojekt
Ÿ Erfolgreiche • Marktkenntnisse
Ÿ Referenzpläne
• Technologiewissen
Mitarbeiter in neuer Ÿ Referenzprozesse
• Produktwissen
Verantwortung Ÿ Angepasste Standards
Ÿ Karriere im PM

Das Projektabschlussgespräch ist eine interne Besprechung, an der das Kernteam, die
Arbeitspaketverantwortlichen und das Linienmanagement teilnehmen. Die positiven
und negativen Erfahrungen aus dem Projekt werden präsentiert und diskutiert. Aus
diesen Erfahrungen werden Maßnahmen für den kontinuierlichen Verbesserungspro-
zess im Projektmanagement abgeleitet. Im Mittelpunkt stehen die Themen des Pro-
jektmanagements (Organisation, Zusammenarbeit, Planung, Steuerung....) und nicht
so sehr die Technik. Der Projektleiter lädt ein und veranlasst Moderation und Proto-
kollführung. Der Projektleiter, die Teammitglieder und Arbeitspaketverantwortlichen
präsentieren ihre Erfahrungen. Mit Hilfe des „Projektabschlussberichts“ wird die
Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen veranlasst. Folgende Checkliste zeigt die
wesentlichen Schritte der Durchführung:

191
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-137: Vorbereitung der Projektabschlussbesprechung

Checkliste: Vorbereitung Projektabschlussbesprechung

„ Termin festlegen (wenn der wesentliche Leistungsumfang des Projekts erbracht ist, unabhän-
gig von der Abnahme beim Kunden)
„ Teilnehmerkreis festlegen (Projektteammitglieder, AP-Verantwortliche, Linienmanagement +
evtl. „besonders Betroffene“)
„ Raum reservieren (Anz. Teilnehmer)
„ Einladung versenden
„ Moderator und Protokollführer bestimmen
„ Besprechung effizient durchführen
„ Protokoll in Form des Projektabschlussberichts erstellen
„ Maßnahmen veranlassen und
„ Umsetzung kontrollieren

Die folgende Abbildung zeigt das Beispiel einer Agenda.

Abbildung 2-138: Beispiel: Agenda Projektabschlussgespräch

Top Thema Sprecher Dauer

1. Begrüßung/Statusbericht Projektleitung 30 min


Abnahme, Gewährleistung, Service, Kalkulation
(Ergebnis) etc
2. Erfahrungsaustausch Projektteam: Projektteam/ 60 min
Was ist gut gelaufen? Was war schwie- Alle
rig/problematisch?
Erfahrungen der Linienabteilungen / Ressourcen- bzw. Abteilungen max. je
Arbeitspaketverantwortlichen 15min

3. Maßnahmen: Alle 30 min


Was soll bei neuen Projekten berücksichtigt werden?
Was muss generell verbessert werden? Wer muss
über die gesammelten Erfahrungen informiert wer-
den?
4. Ergebnisprotokoll / Projektabschlussbericht (wer? Moderator 30 min
macht was? bis wann?)
5. Abschlussfeier... Alle

192
Projektabschlussphase
2.7
2.7.3 Der Projektabschlussbericht
Der Projektabschlussbericht dient als Managementinstrument für den kontinuierlichen
Verbesserungsprozess des Projektmanagements. Er soll durch seine Form sicherstel-
len, dass die Themen aus dem Projektabschlussgespräch als konkrete Maßnahmen mit
Verantwortlichkeit formuliert und dann auch umgesetzt werden. Außerdem dient er
als Informationsinstrument quer über die Projekte hinweg und soll das „Lernen aus
Erfolgen und Fehlern der Anderen“ unterstützen. Der Projektabschlussbericht doku-
mentiert die Ergebnisse und vereinbarten Maßnahmen aus dem „Projektabschlussge-
spräch“. Er ist tabellarisch aufgebaut im Sinne einer Aktivitätenliste/LOP und zur
besseren Auswertung und Verfolgung mit Kategorien versehen. Abbildung 2-139 zeigt
die Inhalte.

Abbildung 2-139: Inhalte des Projektabschlussberichts

Projektbeteiligte, Gesamtbeurteilung
Randbedingungen des Projekts

Projekt- Darstellung des Projekt-


„Wie geht es weiter in abschluss- Verlaufs (Lebenslauf,
der Zukunft?“ bericht Prozessbetrachtung)

Darstellung der Projekt-


ergebnisse
gemachte Erfahrung (Objektbetrachtung)
für zukünftige Nutzung
Besondere Ereignisse
(Probleme / Lösungen)
Änderungen Zielvorgabe

Für die Erstellung und Verteilung des Berichts, für die Einleitung der Maßnahmen
und die Kontrolle der Umsetzung sind in der Regel der Projektleiter, das Projektcon-
trolling bzw. das PM-Office oder das Qualitätsmanagement verantwortlich. Abbildung
2-140 zeigt das Formular für einen Abschlussbericht in tabellarischer Form.

193
Management einzelner Automotive-Projekte („Single-PM“)
2
Abbildung 2-140: Beispiel: Formular Projektabschlussbericht

Projektabschlußbericht

xxxxx
(Auftr.-Nr.) (Kunde/Land) (Projektbezeichnung) (Projektleiter)

Teilnehmer: Protokoll von:


Name:
Abteilung:
Telefon:
Verteiler: Teilnehmer Datum: 22.09.2004

Ort: BZ xx Termin: xx.xx.xx von xx.xx Uhr bis xx.xx Uhr

Verantw Auftr.-
Kateg. Thema Maßnahmen/Vereinbarungen Ergebnis an Termin erl.
./Abt. Nr.

Zum Ende dieses Kapitels und passend zum Thema Projektabschluss schließen wir
mit einem Zitat, das den kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Projektmanage-
ment treffend beschreibt:

„Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“

Philipp Rosenthal, deutscher Unternehmer und Politiker

194
3 Management mehrerer
Automotive-Projekte („Multi-PM“)

Mehrere parallel laufende Projekte sind in den Unternehmen der Automobilindustrie


die Regel. Bezogen auf ein Unternehmen oder einen Unternehmensbereich wird die
Summe dieser Projekte als „Projektportfolio“ bezeichnet. Mehrere eigenständige
Projekte, die inhaltlich oder strategisch (z.B. gleicher Kunde, gleiche Produktlinie) in
Beziehung stehen und gemeinsam koordiniert werden sollen, werden in der Automo-
bilindustrie als „Programm“ bezeichnet. Wir sprechen in den folgenden Kapiteln des-
halb von „Projekt-Portfoliomanagement“ und „Programm-Management“. Die Koor-
dination und Abstimmung dieser Projekte stellt für die Unternehmensführung eine
große Herausforderung dar. Abbildung 3-1 zeigt die Realität in Unternehmen mit
vielen parallel laufenden Entwicklungsprojekten.

Abbildung 3-1: Die Multi-Projekt-Realität und ihre Ursachen 125

45% • Projekte werden derzeit nicht bearbeitet


85% • Keine klare, abgestimmte Zieldefinition
80% • Rentabilität nicht klar oder zu gering
35% • Kapazitätsunterdeckung bei den laufenden Projekten
65% • Priorität 1 bei den laufenden Projekten
60% • Überschreitung bei den aktuellen Projektkosten > 15%
60% • Projekte sind aktuell erheblich hinter Terminplan
80% • Prognose: Terminüberschreitung > 15% Laufzeit

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Ursachen

• Konflikt zwischen Linien- und Projektorganisation


• Informationsdefizite bei Projektteammitgliedern
• keine Unterscheidung zwischen Dringlichem und Wichtigem

125 Wildemann (2004b), S. 25

195
G. Hab, R. Wagner, Projektmanagement in der Automobilindustrie,
DOI 10.1007/978-3-8349-4369-9_3, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Das Management von mehreren Projekten im Sinne eines „Projektportfolios“ stellt
besondere Anforderungen an die Organisation und die Systeme. Besondere Wichtig-
keit hat die Selektion und Priorisierung der „richtigen“ Projekte durch das Manage-
ment. Die Dramatik der Ressourcenvergeudung durch ein fehlendes strategisches
Projektmanagement bei Entwicklungen im Elektronikbereich zeigt Abbildung 3-2.

Abbildung 3-2: Erfolgswahrscheinlichkeiten von F+E-Projekten 126

Von 100 F&E-Projekten ...

Technologie-Strategie
führen 57 zum techn. Risiko
Technischen Erfolg, Wo sind Entwickungsaufwendungen
Zur Know-How-Sicherung notwendig?

werden 31 am Produkt-Markt-Strategie
Markt eingeführt
Wo ist eine Marktpräsenz für
Anschlussentwicklungen notwendig?

Sind 12 wirt-
schaftlich wirtschaftliches Risiko Gewinn-Strategie
erfolgreich

Neben den klassischen, parallel laufenden Projekten für unterschiedliche Produkte,


Kunden und Technologien, gibt es Projekte, die untereinander eine gewisse Verbin-
dung bzw. Abhängigkeit haben, sei es, dass sie das gleiche Produkt, die gleiche Tech-
nologie oder den gleichen Kunden betreffen. Diese Projektnetzwerke werden in der
Automobilindustrie mehrheitlich als sogenannte „Programme“ bezeichnet und erfor-
dern einen eigenen Koordinations- und Managementaufwand, um Doppelarbeit und
Abstimmungsprobleme zu vermeiden. Im Zentrum des Multi-PM steht die Planung
und Steuerung der Ressourcen, die Koordination der gegenseitigen Abhängigkeiten
(Vernetzung) und die Priorisierung der einzelnen Projekte. Ein Multi-
Projektcontrolling ermöglicht entsprechende Berichtsstrukturen für die zentrale Steue-
rung der „Programme“ und des sogenannten „Projektportfolios“.

Führt ein Unternehmen viele kleinere oder mehrere große, komplexe Projekte gleich-
zeitig durch, stellt sich die Frage nach einer übergreifenden Steuerung aller Projekten
Denn durch die Vielzahl und die Komplexität der Projekte sowie durch ihre gegensei-
tige Abhängigkeit entsteht permanenter Koordinierungsbedarf: Abbildung 3-3 ver-
deutlicht dies anhand der Einflussfaktoren und Restriktionen, die das Multi-
Projektmanagement zu koordinieren hat.

126 ebenda, S. 26

196
Projektabschlussphase
3
Abbildung 3-3: Einflussgrößen und Restriktionen im Multi-PM

Ressourcen, Unternehmensplanung
Infrastruktur, und -strategie
Markt,
Produktionsanlagen
Kunden-
Anforderungen,
Mitarbeiter Wettbewerb
Hilfsmittel
Projekt A
Termine Projekt B
Multi- Projekt C
PM Projekt D
Projekt E

Projekt F

Kapazität
Kosten (Euro)
Innovation,
Know-How,
Technologien

Folgende Praxisprobleme sind weit verbreitet:

„ Es gibt zu viele Projekte, die gleichzeitig realisiert werden sollen. Eine Priorisie-
rung fehlt bzw. alles wird mit gleicher (hoher) Priorität vorangetrieben.

„ Einzelne Projekte sind inhaltlich, zeitlich und personell nicht fundiert genug abge-
stimmt.

„ Die Transparenz über den Fortschritt der einzelnen Projekte fehlt.


„ Die Abhängigkeiten zwischen den Projekten werden zu spät erkannt. Die Vernet-
zung zwischen den einzelnen Projekten während der Projektarbeit ist zu schwach.

„ Die Projekte konkurrieren um Schlüsselpersonen.


„ Es ist schwierig, die Auswirkungen von Ziel- und Zeitveränderungen eines Pro-
jekts auf das Projektportfolio zu erfassen.

„ Ressortdenken erschwert die Projektarbeit. Die Koordination verschiedener Projek-


te stößt auf Widerstände.

197
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Neben der Steuerung der einzelnen Projekte rücken somit die strategische Planung
und Steuerung des Projektportfolios in den Vordergrund. Das Projektportfolio-
Management befasst sich mit folgenden Fragen:

„ Welche Projekte führen wir zurzeit durch, welche werden wir durchführen?
„ Deckt sich unser Portfolio voll mit der Unternehmensstrategie?
„ Wie gut laufen die Projekte in unserem Portfolio?
„ Wer arbeitet jetzt und künftig an welchem Projekt?
„ Decken sich für unsere Ressourcen Angebot und Nachfrage?
„ Was sind die genauen Aufwände und Kosten für jedes Projekt?
„ Welche Risiken gehen wir derzeit ein?
„ Wie sollen wir im Konfliktfall priorisieren?
„ Liefern unsere Projekte den versprochenen Nutzen?

Gerade mittelgroße Automobilzulieferer zeichnet im Vergleich zu den großen Konzer-


nen eine höhere Flexibilität bezüglich der Marktanforderungen und eine bessere Reak-
tionsfähigkeit auf Kundenwünsche aus. Professionelles Multi-Projektmanagement
hilft, diesen Wettbewerbsvorteil optimal zu nutzen. Nur ein konsequent auf die Un-
ternehmensstrategie und die Kundenbedürfnisse ausgerichtetes Projektportfolio si-
chert die Position im Markt und damit den Fortbestand des Unternehmens. Strategi-
sche Entscheidungsgremien, wie z.B. ein Projektportfolio-Board oder ein Projekt-
steuerkreis bringen für die strategische Führung des Projektportfolios im Automobil-
unternehmen entscheidende Vorteile:

„ Neue Anfragen oder Projektideen müssen sich vor der Freigabe an objektiven
Kriterien der Unternehmensstrategie messen lassen.

„ Transparenz über die Projektlandschaft durch eine übersichtliche Darstellung und


regelmäßige Pflege

„ Regelmäßige Statusberichte liefern die Grundlage dafür, Ressourcen-Engpässe und


Konflikte frühzeitig zu erkennen.

„ Die direkte Kommunikation zwischen operativem Projektmanagement (Projektlei-


ter/-teams) und Unternehmensleitung bzw. Linienmanagement wird gefördert.

„ Regelmäßige Projektreviews unter Einbeziehung des Managements stellen sicher,


dass mit dem Projekt die ursprünglich spezifizierten Kundenanforderungen reali-
siert werden.

198
Erklärungsmodell des Multi-Projektmanagements
3.1
3.1 Erklärungsmodell des Multi-
Projektmanagements
Das folgende Modell (Abbildung 3-4) dient der begrifflichen Abgrenzung der ver-
schiedenen Ebenen, Rollen und Bereiche im Multi-Projektmanagement (MPM). Im
Mittelpunkt steht die Unterscheidung von Projektportfolio-Management (PPM) als
strategischem Ansatz und dem Programm-Management (PMM) als operativem Multi-
Projektmanagement-Ansatz. Das zentrale Ressourcenmanagement bildet sozusagen
die „Klammer“ zwischen der strategischen und operativen Ebene. Die Bereitstellung
und Ausrichtung der Ressourcen muss strategisch geplant und gefördert werden, die
Nutzung erfolgt durch die operativen Projekte.

Abbildung 3-4: Erklärungsmodell des Multi-Projektmanagements 127

Rollen PM-Bereiche PM-Ebenen

Geschäfts-/
Geschäfts-/
Bereichsleitung
Bereichsleitung

Portfolio-Board/
Portfolio-Board/ Projektportfolio-
Projektportfolio- Strategisches
Strategisches
Ressourcenmanagement
Ressourcenmanagement

Projekt-Ausschuss
Projekt-Ausschuss management PM
management PM
Multi-PM-Office,
Multi-PM-Office,
Multi-Projektmanager,
Multi-Projektmanager,
Projektcontrolling
Projektcontrolling

Projekt-
Projekt- Programm-
steuerkreise
Programm-
steuerkreise management
management
Programm-,
Programm-,Projekt-
Projekt- Operatives
Operatives
Office
Office(PMO)
(PMO) PM
PM
Projekt-, Einzel-Projekt-
Einzel-Projekt-
Projekt-,
Programmleitung management
management
Programmleitung

127 Abgeleitet aus Schmidt/Mertin, projektmagazin 2003

199
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
3.1.1 Abgrenzung strategisches und operatives
Multi-Projektmanagement
In der Praxis sind mit Multi-Projektmanagement unterschiedliche Konzepte, Ziele und
Organisationsformen verbunden. Prinzipiell müssen zwei Organisationsformen unter-
schieden werden:

„ Die strategische Planung und Steuerung vieler Projekte im Projektportfolio des


Unternehmens, auch Projektportfolio-Management genannt.

„ Das Management operative Projektcluster aus einer vernetzten Anzahl von Einzel-
projekten, die teilweise parallel aber auch zeitlich versetzt ablaufen können. Der
Gesamtprojektleiter ist dann der Multi-Projektmanager. Hierfür hat sich der Be-
griff Programm-Management durchgesetzt.

Um Verwirrung zu vermeiden, ist eine sprachliche Unterscheidung zwischen dem


(eigentlichen) strategischen Multi-Projektmanagement und dem operativen Pro-
gramm-Management sinnvoll. Wir sprechen im Folgenden von Projektportfolio- und
Programm-Management. Tabelle 3-1 zeigt eine Gegenüberstellung. 128

Tabelle 3-1: Multi-Projektmanagement-Aufgabenfelder, Gegenüberstellung

Strategischer Multi-Projektmanager Operativer Multi-Projektmanager


(Projektportfolio-Manager) (Programm-Manager)
Navigator der Projektportfolio Kapitän des Programms

Fokus: Gesamtsicht über die Projekte Fokus: Das Programm

Koordinationsaufgabe Führungsaufgabe

Analysiert die Probleme und stellt sie dem Muss unmittelbar in die Projekte eingreifen,
Projektleiter, dem Auftraggeber und dem Port- wenn die Situation es verlangt
folio-Board dar.

Hat keine Budgetverantwortung für ein Projekt, Hat die Budgetverantwortung


muss aber das Gesamtbudget überwachen

Analysiert die Personalsituation in der Projekt- Hat Personalverantwortung


portfolio

Daueraufgabe, solange das Projektportfolio zu Endet mit der Beendigung des Programms
koordinieren ist

Muss sich oft mit der internen Politik, mit Be- Ist oft dem rauen Wind ausgesetzt, der vom
reichsdenken auseinandersetzen Kunden kommt

128 vgl. Lomnitz (2001), S. 72

200
Erklärungsmodell des Multi-Projektmanagements
3.1
3.1.2 Begriffsklärung Projektportfolio-Management
Alle allein stehenden und zu Programmen zusammengefassten Projekte einer strategi-
schen Geschäftseinheit bilden zusammen ein Projektportfolio. Da Projekte und Pro-
gramme laufend abgeschlossen, neu priorisiert, verworfen oder der strategischen
Ausrichtung des Unternehmens angepasst werden, verändert sich dieses Projektport-
folio ständig. PPM kontrolliert und steuert die Summe der Projekte und Programme
eines projektorientierten Unternehmens. Es stellt sicher, dass die Unternehmen die
richtigen Projekte und Programme zum richtigen Zeitpunkt mit den am besten geeig-
neten Ressourcen und den notwendigen Finanzmitteln durchführen.

Die Aufgaben des Projektportfolio-Managements sind: 129

„ Optimierung der Ziele / Ergebnisse des Projektportfolios (nicht einzelner Projekte)


„ Auswahl zu startender Projekte
„ Unterbrechung und Abbruch von Projekten
„ Definition von Projektprioritäten
„ Koordination von internen und externen Ressourcen
„ Organisation des Lernens von und zwischen Projekten
Als Basis für das Projektportfolio-Management dient in den meisten Unternehmen der
Automobilindustrie eine Projektportfolio-Datenbank mit verdichteten Projektdaten
wie z.B. Projektart, Projektkennzahlen etc. Für das Projektportfolio-Management sind
spezifische Projektportfolio-Berichte notwendig. Typische Projektportfolio-Berichte
sind ein Projektportfoliobalkenplan, eine Projektportfolio-Fortschrittsgrafik und ver-
schiedene Kennzahlen, die in einem Multi-PM-Cockpit (siehe auch „Projekt-Cockpit“
als Reportinginstrument in Kapitel 2.6.10) zusammengefasst werden können. In Kapi-
tel 3.4 werden diese im Detail erläutert. Als Management-Summary wird bereits in
vielen Unternehmen der Branche die klassische Portfolio-Darstellung aller Projekte
und Programme mit Gewinnerwartung und Risikoverteilung genutzt. Abbildung 3-5
zeigt die Portfolio-Darstellung beispielhaft. Das Projektvolumen wird durch die Größe
der Kreise visualisiert. Besonders attraktiv sind natürlich Projekte mit hoher Gewinn-
erwartung und geringem Risiko. Ein wichtiges strategisches Ziel der Portfoliobetrach-
tung ist es, eine Ausgewogenheit zwischen risikoreichen und risikoarmen Projekten
zu gewährleisten und risikoreiche Projekte mit geringer Gewinnerwartung zu vermei-
den. Projekt C und E würden in diesem Beispiel dann besondere Aufmerksamkeit
bekommen und Projekt E evtl. sogar eliminiert werden, wenn sich das Risiko nicht
reduzieren lässt.

129 Quelle: Gareis (2001)

201
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-5: Projektportfoliodarstellung als Management-Summary 130

Gewinn

hoch B C

mittel D

niedrig A E

niedrig mittel hoch Risiko

Der Projektportfolio-Manager muss Unternehmensziele, Produkt-, Markt- und Tech-


nologiestrategien mit Investitionen in Form von Projekten und Programmen perma-
nent abgleichen. Zur Strategieumsetzung führt das Unternehmen dann Projekte und
Programme durch.

3.1.3 Begriffsklärung Programm-Management


Ein Programm fasst eine Anzahl von Projekten zusammen, die miteinander in Bezie-
hung stehen. Es ist ein langfristiges Vorhaben und bildet einen übergeordneten Ver-
antwortungsbereich. Die Planung und Steuerung von Programmen ist ein operativer
Teilbereich des Multi-Projektmanagement und wird in der Automobilindustrie mehr-
heitlich als Programm-Management bezeichnet. Die sogenannten Programm-Manager
verantworten den Ablauf aller Projekte eines Programms und führen damit auch die
jeweiligen Projektleiter.

Die Projekte innerhalb eines Programms können funktional oder nach Zielsetzung
zusammengefasst werden. Dies geschieht in der Praxis mit Hilfe eines Programm-
plans. In diesem Plan werden die Arbeitspakete aller Personen aufgeführt, die am
Programm beteiligt sind. Er beinhaltet Aufwandswerte, Start- und Endzeitpunkte
sowie Vorgänger-Nachfolgerbeziehungen zwischen allen Arbeitspaketen des Pro-
gramms. Im Gegensatz zum Projektportfolio ist ein Programm zeitlich befristet.

130 ebenda

202
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
Mitarbeiter des Programm-Management-Office (PMO) pflegen den Programmplan
zentral. So vermeidet das Unternehmen Doppelarbeiten. Außerdem bewertet und
steuert das PMO laufend alle wichtigen Beziehungen zwischen den Projekten eines
Programms. Auf diese Weise werden Synergieeffekte genutzt und Doppelarbeit ver-
mieden. Konkret heißt das beispielsweise: Alle Projekte für einen strategischen Kun-
den (OEM oder Systemlieferant) oder alle Projekte zur Entwicklung, zum Produkti-
onsaufbau und zur Vermarktung einer neuen Technologie bzw. Produktinnovation
werden in einem Programm zusammengefasst. Es ist abgeschlossen, sobald die
Markteinführung erledigt ist und die ersten Aufträge wieder als operative Projekte im
Hause abgewickelt werden. Prozess und Methoden des Programm-Managements
werden in Kapitel 3.6 näher erläutert.

3.2 Organisation des Multi-


Projektmanagements

3.2.1 Rolle des (strategischen) Multi-Projektmanagers


Die Reichweite des Multi-Projektmanagements muss klar definiert sein: 131 Welche
Projekte muss der Multi-Projektmanager planen und steuern? Ist er für alle Projekte
im Unternehmen verantwortlich oder nur für eine Projektart? Dieser Verantwortungs-
bereich muss nicht nur klar festgelegt, sondern auch realistisch bemessen sein. Das
Multi-Projektmanagement schafft es nicht, alle Projekte im Unternehmen zu koordi-
nieren, wenn diese Aufgabe weder aus zeitlicher Sicht noch politisch machbar ist.
Bleiben die Aktionsgrenzen des Multi-Projektmanagements unklar, sind Konflikte und
Widerstände aus einzelnen Projekten und der Linie wahrscheinlich. Dann heißt es:
"Was mischen sich diese Theoretiker in unsere Projekte ein?"

Der Verantwortungsbereich des strategischen Multi-Projektmanagers kann unter-


schiedlich groß sein:

„ Der Multi-Projektmanager ist als Projektportfolio-Manager für das gesamte


Projektportfolio des Unternehmens verantwortlich. Der Planungs- und Priorisie-
rungsprozess für das Projektportfolio und die Koordination aller Projekte gehören
zu seinem Verantwortungsbereich. Diese Funktion kann für Unternehmen mit ei-
nem überschaubaren Projektportfolio sinnvoll sein, um Synergieeffekte und eine
realistische Ressourcenplanung zu erreichen.

131 vgl. Lomnitz (2001), S. 23ff

203
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
„ Der Multi-Projektmanager plant und steuert das Projektportfolio eines Unter-
nehmensbereichs oder einer Projektart. In Konzernen mit einer kaum mehr über-
schaubaren Zahl mehr oder weniger komplexer Projekte und Programme erscheint
der Anspruch, alle Projekte einem einzigen Projektportfolio zu koordinieren, unre-
alistisch. In diesem Fall muss sich das Projektportfolio-Management auf einen be-
stimmten Bereich oder eine Projektart beziehen, die durch gemeinsame Ressourcen
und strategische Ausrichtung eine Vernetzung aufweisen. Beispielsweise sind dies
Projekte eines Geschäftsbereichs, Organisations-/IT-Projekte, Forschungs- und
Entwicklungsprojekte oder Investitionsprojekte.

„ Der Multi-Projektmanager beschäftigt sich nur mit dem Portfolio der strategisch
besonders relevanten Projekte. Das Unternehmen verzichtet bewusst auf die Ko-
ordination der mittleren und kleineren Projekte, um sich gezielt auf die Planung
und Steuerung der strategisch relevanten Vorhaben zu konzentrieren. Dieser An-
satz besitzt seine Tücken, denn kleinere oder mittlere Projekte binden Ressourcen
und können deshalb erhebliche Auswirkungen auf größere Projekte haben.

In jedem Fall sollten die Aufgaben des Multi-Projektmanagers eindeutig definiert und
mit klaren Verantwortlichkeiten und entsprechenden Kompetenzen verbunden sein.
Der Multi-Projektmanager muss Probleme erkennen, Lösungen einleiten sowie Wi-
dersprüche und Blockaden, die durch unrealistische oder unklare Vorgaben entstehen,
erkennen und kommunizieren, damit die Geschäftsleitung diese Widersprüche auflö-
sen kann. Seine Kernaufgaben sind im Einzelnen:

„ Der Multi-Projektmanager muss das Gesamtsystem der Projekte beachten und den
Entscheidungsträgern sowie den einzelnen Projektleitern regelmäßig einen Über-
blick über den Zustand der Vorhaben bieten.

„ Der Multi-Projektmanager nimmt den Status der Einzelprojekte in intensiver Zu-


sammenarbeit mit den Projektleitern hinsichtlich der inhaltlichen und zeitlichen
Zielerreichung sowie der personellen und finanziellen Situation genauer unter die
Lupe. Auf diese Weise werden Auswirkungen auf andere Projekte und das Tages-
geschäft transparent.

„ Der Multi-Projektmanager muss dafür sorgen, dass die Unternehmensleitung oder


das Portfolio-Board rechtzeitig über notwendige Änderungen im Projektportfolio
entscheiden. Er bereitet die erforderlichen Informationen vor und hat so einen er-
heblichen Einfluss auf den Entscheidungsprozess.

„ Der Multi-Projektmanager ist Initiator von und Wächter über Standards, Metho-
den und Tools. Er definiert die infrastrukturellen Grundlagen für das Multi-
Projektmanagement und entwickelt sie weiter. So sorgt er dafür, dass ihm die be-
nötigten Informationen aus den einzelnen Projekten vorliegen – denn nur dann
kann er sie aufbereiten. Diese Aussage klingt trivial, trifft aber einen wunden
Punkt in vielen Unternehmen: Notwendige Informationen werden nicht immer ge-
liefert, bzw. nicht rechtzeitig oder unvollständig.

204
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
„ Der Multi-Projektmanager ist auch Berater für Projektleitung, für Entscheidungs-
träger wie Auftraggeber und Projekt-Ausschuss.

„ Nicht zuletzt sollte der Multi-Projektmanager in regelmäßigen Abständen allen


Projektbeteiligten einen Lagebericht zur Situation des Projektmanagements im Un-
ternehmen bieten und Verbesserungsprozesse initiieren.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit des Multi-Projektmanagers steht das Netzwerk der


verschiedenen Projekte. Es geht

„ um das Erkennen von Redundanzen und Synergien in der Planungsphase


„ um klare Prioritäten
„ um die Auswirkungen von Zieländerungen oder Terminüberschreitungen in einem
Projekt auf andere Projekte

Der Multi-Projektmanager muss das Projektportfolio zusammenhalten und verhin-


dern, dass einzelne Projekte abdriften oder Vorhaben unproduktiv aufeinanderprallen.
Der Multi-Projektmanager hat folgende Hauptaufgaben zu erfüllen:

„ Projektportfolio planen
„ Projektportfolio steuern
„ Infrastruktur für professionelles Projektmanagement entwickeln
„ einen Pool von erfahrenen Projektleitern zu Verfügung stellen
Projektportfolio planen

Projektportfolio-Management ist die strategische Aufgabe des Multi-Projektmanagers.


Ziel ist, dass diejenigen Projekte in das Projektportfolio kommen, die dem Unterneh-
men den größten Nutzen bringen. Bei neuen Projekten müssen widersprüchliche Ziele
erkannt und aufgelöst werden. Mögliche positive oder negative Einflüsse des geplan-
ten Projekts auf andere Vorhaben sind zu analysieren. Risikomanagement leistet dazu
einen wichtigen Beitrag. Auch bei laufenden Projekten ist regelmäßig zu prüfen, ob die
festgelegten Prioritäten noch gültig sind und die strategischen Ziele erreicht werden
können.

Projektportfolio steuern

Der Multi-Projektmanager muss auf Basis der Statusberichte der einzelnen Projekte
deren Auswirkungen auf das Projektportfolio analysieren und transparent machen.
MPM ist auf die Statusberichte der einzelnen Projekte angewiesen. Die Projektleiter
müssen deshalb in den vereinbarten Zeitintervallen qualifizierte Informationen über
den Projektstatus an das MPM liefern. Dafür gibt es eine standardisierte Statusbericht-
Vorlage. Solange qualifiziertes Projektmanagement im Unternehmen als Fundament
fehlt, kann Multi-Projektmanagement nicht funktionieren.

205
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Infrastruktur für professionelles Projektmanagement entwickeln

Erfolgreich ist Projektmanagement dann, wenn alle Projektbeteiligten im Unterneh-


men es als eine besondere Führungs-, Organisations- und Arbeitsform in und neben
der Linienorganisation verstehen und leben. Der Multi-Projektmanager ist verantwort-
lich für den Projektmanagementprozess. Er muss Projektmanagement als Führungs-,
Organisations- und Arbeitsform etablieren. Dazu gehören die folgenden Aufgaben:

„ Prozesse, Standards, Kennzahlen, Checklisten, Formulare und Regeln muss der


Multi-Projektmanager in enger Zusammenarbeit mit den Projektbeteiligten entwi-
ckeln und einführen. Dabei sollte er sich von der Maxime leiten lassen: Soviel
Struktur wie nötig, soviel Spielraum wie möglich.

„ Der Multi-Projektmanager muss Projektmanagement-Tool(s) auswählen und ein-


führen mit dem Ziel, die Planungssicherheit zu erhöhen, den Informationsfluss zu
gestalten, ein einheitliches Reporting zu erreichen und den Projektleitern ein In-
strument zur Verfügung zu stellen, mit denen sie ihre Projekte effizient steuern
können. Dabei gilt die Regel, dass der Anwender die Software beherrschen sollte,
nicht die Software den Anwender.

„ Der Multi-Projektmanager ist gemeinsam mit der Personalentwicklung verant-


wortlich für die Qualifikation der Projektbeteiligten. Er muss Qualifikationsmaß-
nahmen entwickeln und veranlassen. Im Mittelpunkt dieser Maßnahmen stehen
Projektleiter, Teilprojektleiter und Projektmitarbeiter. Aber auch Führungskräfte
wie Auftraggeber oder die Mitglieder von Steering Committees müssen qualifiziert
werden, um ihre Aufgaben erfüllen zu können.

„ Unternehmen müssen im zunehmenden Maße interne und externe Netzwerke


aufbauen, auf die sie zurückgreifen können, um Leistungen zu erbringen. Der
Multi-Projektmanager muss das PM-Netzwerk gestalten. Er organisiert und mode-
riert den Erfahrungsaustausch zwischen den Projektleitern. Netzwerk- und Lern-
gruppen gibt es mittlerweile in vielen Unternehmen. In diesen Gruppen werden
fachliche und methodische Themen behandelt, aber auch grundsätzliche Fragen
zur Situation der Projektarbeit im Unternehmen (z.B. Karriereplanung für Projekt-
leiter, Umgang mit Konflikten) geklärt. Mitglieder des Projekt-Ausschusses sowie
interne und externe Experten können bei dieser Gelegenheit über spezielle Themen
referieren.

„ Systematische Projektauswertung/Projektassessment: Projektmanagement ist ein


Lernprozess von Personen, Gruppen und der Organisation. Deshalb gehört eine
fundierte Projektauswertung zur Projektarbeit. Im Projektassessment hat der Mul-
ti-Projektmanager drei Aufgaben:

1. Er muss die Infrastruktur für qualifizierte Projektauswertungen schaffen. Da-


zu gehören sowohl Checklisten als auch die Einführung von Knowledge Ma-
nagement mit einer entsprechenden Wissensdatenbank.

206
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
2. Er arbeitet als Moderator und Methodenberater im Projektabschlussgespräch
mit. Dabei bringt er seine Erfahrungen und sein analytisches Know-how ein
und informiert die Projektbeteiligten über den Stand des Projektportfolios
nach Beendigung des Projekts. Die verdichteten Ergebnisse verschiedener Pro-
jektauswertungen sollen mindestens einmal jährlich im Unternehmen präsen-
tiert werden, um die Erfolge gebührend zu feiern und an den Schwachstellen
arbeiten zu können.

3. Bei Projektabbruch und Projektverschiebung ist eine Analyse der Ursachen


und eine Darstellung der Konsequenzen nötig. Denn die Probleme in Projek-
ten, die schlecht laufen, werden gerne unter den Teppich gekehrt. Der Multi-
Projektmanager führt ein Review durch oder er veranlasst eines, um die Kon-
sequenzen eines Abbruchs bzw. einer Verschiebung für die anderen Projekte
zu ermitteln.

Einen Pool von erfahrenen Projektleitern zur Verfügung stellen

In manchen Firmen bietet das MPM einen Pool von erfahrenen Projektleitern oder
Projektberatern an, die den Projekten für einen gewissen Zeitraum zur Verfügung
stehen. Sie können

„ ein Projekt vollständig oder vorübergehend leiten,


„ bei Machbarkeitsstudien unterstützen,
„ auf Wunsch von Auftraggebern oder Steuerkreisen Reviews durchführen,
„ bei der Anwendung von Projektmanagement-Tools helfen.

3.2.2 Organisatorische Einbindung des Multi-Projekt-


managements im Automobilunternehmen
Der Multi-Projektmanager braucht die organisatorische und persönliche Nähe zur
Unternehmensleitung. Er muss in der Aufbauorganisation so positioniert sein, dass er
projektübergreifend planen und steuern kann. Die organisatorische Anbindung an die
Unternehmensspitze bringt auch den hohen Stellenwert des strategischen Multi-
Projektmanagements zum Ausdruck. Ein effektives Projektportfolio-Management ist
am besten an die Geschäftsführung bzw. den Vorstand angebunden. Das Gremium mit
dem der Multi-Projektmanager arbeitet ist das Projektportfolio-Board. Andere Be-
zeichnungen wie „strategischer Projektausschuss“, „Projekt-Entscheider-Kreis“ oder
„Projektportfolio-Führungskreis“ sind ebenfalls gebräuchlich. 132 Abbildung 3-6 ver-
anschaulicht den Zusammenhang.

132 vgl. Patzak/Rattay (1998), S. 408ff

207
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-6: Organisatorische Einbindung des Multi-Projektmanagers

GF
GF
Multi-
Multi-
Projektportfolio-Board
Projektportfolio-Board Projektmanager
Projektmanager
(Projekt-Ausschuss)
(Projekt-Ausschuss)
Multi-PM-Office
Multi-PM-Office

Geschäftsbereich
Geschäftsbereich Geschäftsbereich
Geschäftsbereich

Steuerkreis
Steuerkreis Steuerkreis
Steuerkreis Programm-
Programm-
Manager
Manager

Projektleiter
Projektleiter Projektleiter
Projektleiter
Projektleiter Projektleiter
Projektleiter
Projektleiter Projektleiter
Projektteam
Projektleiter
Projektteam Projektleiter
Projektleiter Projektteam
Projektteam
Projektteam Projektleiter Projektteam
Projektteam
Projektleiter Projektteam
Projektteam
Projektteam Projektleiter
Projektteam
Projektleiter
Projektteam
Projektteam
Projektteam
Projektteam
Projektteam

Ist das Multi-Projektmanagement nicht für alle Projekte im Unternehmen zuständig,


sondern nur für einen bestimmten Geschäftsbereich oder Funktionsbereich (gleiche
Projektart), so kann die organisatorische Anbindung an den jeweiligen Bereichsleiter
erfolgen.

3.2.2.1 Projektmanagement-Office als organisatorische Heimat des


Multi-Projektmanagements
PM-Offices bilden in Automobilunternehmen meist die organisatorische Heimat des
Multiprojekt-Managers und/oder -Controllers. Sie sind allerdings in den Unternehmen
auf unterschiedliche Art und Weise installiert. Von der Stabsstelle, die sich auf die
Pflege des PM-Handbuches beschränkt, bis zur operativen Einheit mit Projektleiter-
Pool, Projektcontrolling-Dienstleistung, Vermarktung von Projektmanagement und
Coaching, gibt es alle Schattierungen. Im Wesentlichen hängt die Ausgestaltung von
den bereits existierenden Controlling- und Projektfunktionen ab und davon, wie stark
das Projektmanagement als zentrale Einheit die Organisation dominieren soll. Gene-
rell bietet es sich an, das PM-Office (PMO) in Verbindung mit dem Projektcontrolling
zu sehen, weil sich hier viele Synergien nutzen lassen, wie z.B. vernetzte Planung,
einheitliche Berichterstellung und übergeordneter Erfahrungsaustausch.

208
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
Aus Sicht des Multi-Projektmanagement mit seinem strategischen und operativen
Fokus gibt es prinzipiell 3 Ebenen, auf denen ein PMO in der Unternehmensorganisa-
tion angesiedelt werden kann. Abbildung 3-7 zeigt diese Ebenen.

Abbildung 3-7: Organisatorische Anbindung von PM-Offices im Unternehmen 133

GF

Geschäfts- Geschäfts- Geschäfts- Multi- Strategische


Bereich A Bereich B Bereich C PM-Office Ebene

Bereichs-
Vertrieb Entwicklung Produktion Bereichs-
PM-Office
Ebene

Projekt- Projekt-
Projekte Ebene
Office

Die organisatorische Verankerung eines strategischen PM-Office sollte direkt bei der
Unternehmensleitung erfolgen. Damit wird eine projektorientierte Unternehmensphi-
losophie dokumentiert. Das PM-Office kann entweder als Stabsstelle oder als operati-
ve Einheit im Sinne eines Geschäftsbereiches geführt werden. Bei Großunternehmen
macht es Sinn PM-Office-Satelliten je Geschäftsbereich zu installieren, die mit dem
zentralen PM-Office im Rahmen des Multi-Projektmanagement/-controlling zusam-
menarbeiten. Eine wichtige Hilfe für die Arbeit des strategischen PM-Office und für
die Umsetzung des PM allgemein, sind dokumentierte PM-Geschäftsprozesse. Sie
bilden die Grundlage für Verbindlichkeit und Auditierung der „lebensnotwendigen“
Regeln und Abläufe im Projektmanagement. Abbildung 3-8 zeigt dies beispielhaft am
Organigramm eines Gesamtfahrzeugentwicklers. Die Aufgaben eines Projekt-
Management-Office (PMO) hängen stark von seiner Position in der Unternehmenshie-
rarchie ab. Je nachdem, ob der Schwerpunkt auf strategischem Projektportfolio-
Management liegt oder auf mehr operativem Programm-Management ergeben sich
unterschiedliche Anforderungen. Abbildung 3-9 zeigt schematisch die verschiedenen
Ebenen.

133 vgl. Crawford (2002), S. 56

209
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-8: Organisatorische Einordnung des strategischen PM-Office bei einem Ge-
samtfahrzeugentwickler 134

PM: Projektmanager
Vorstand LA: Lenkungsausschuss
TE: Entwicklung + Versuch
Multiprojektmanagement (Portfolio): MP: Modell + Prototypenbau
Strat. • Projektportfolio-Reporting BM: Betriebsmittelkonstruktion
PM • Ressourcenübersicht AB: Anlagenbau
Office • PM-Handbuchpflege
PMO: PM-Offices dezentral
• PM-Coaching und Moderation

Fachbereiche Partnerfirmen

TE MP BM AB
PMO PMO PMO PMO PMO PMO
Int. NL´s

LA
PM

LA
PM

Auf der untersten Ebene beziehen sich die Aufgaben neben allgemeinen Diensten zur
Bereitstellung der Infrastruktur, wie z.B. Erstellung und Pflege eines Projektleitfadens,
Einrichtung und Betreuung des PM-Tools, Bereitstellung von weiteren PM-Methoden
im wesentlichen auf das Einzelprojekt-Coaching und das Einzelprojekt-Controlling.
Zielgruppe des PMOs sind die Projektleiter. Als Schnittstelle zwischen der Einzelpro-
jektsicht und der Multiprojektsicht erhält das PMO mit dem Ressourcenmanagement
eine übergreifende Aufgabe. Hier gilt es, in Abhängigkeit der hierarchischen Position
die Ressourceneinplanung und -steuerung für eine Abteilung oder einen Bereich zu
koordinieren.

Auf der nächsten (mittleren) Ebene beginnt das eigentliche Multi-Projektmanagement.


Hier zählt das Programm-Management zu den Kernaufgaben des PM-Office. Als Pro-
gramm wird, wie am Anfang von Kapitel 3 beschrieben, ein Bündel von Projekten mit
dem gleichen Hauptziel betrachtet. Das PM-Office unterstützt hier bereits das strategi-
sche Multi-Projektmanagement durch die Koordination von Ressourcen, Moderation
von Projektsteuerkreisen und den Wissenstransfer zwischen den Projekten.

134 Quelle: EDAG

210
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
Auf der obersten Ebene steht die Koordination aller Programme und Projekte im Vor-
dergrund. Hier hat das Projekt-Management-Office die Aufgabe, eine zielgerichtete
Steuerung des gesamten Projektportfolios zu gewährleisten.

Abbildung 3-9: Projekt-Management-Office-Aufgaben auf verschiedenen Ebenen der


Unternehmenshierarchie 135

Strategisches
Unter- PM-Office strate-
nehmens- Portfolio-Management gische
Leitung Ebene

Ressourcen-Management
Programm
-Office
Bereichs- Programm-Management
Leitung

operative
Projekt Ebene
-Office
Projekt- Projekt-
Projekt- Coaching Controlling
Leitung

Im Großen und Ganzen ergeben sich abhängig von der jeweiligen Ebene in der Unter-
nehmenshierarchie generell folgende Aufgaben für ein Projekt-Management-Office:

„ Vorbereitung, Moderation und Dokumentation von Projektausschüssen, Projekt-


steuerkreisen und Projektleiter-Runden

„ Moderation von Planungsklausuren


„ Mitwirkung bei der Unternehmensplanung
„ Multiprojektcontrolling und –reporting (Programm bzw. Portfolio)
„ Einzelprojektcontrolling und -reporting
„ Operative Projektunterstützung
„ Zentrale Ressourcenplanung und -steuerung PM-Audits, Organisation von
Reviews und Freigaben

135 in Anlehnung an: Lappe, Marc, projektmagazin 2003

211
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
„ Implementierung PM-Abläufe und Methodik, PM-Leitfaden pflegen
„ PM-Coaching und PM-Training

3.2.3 Gremien im Multi-Projektmanagement


Die Vernetzung von Projektorganisationen und die vielfältigen Abstimmungsprozesse
zwischen mehreren parallel laufenden Projekten stellen hohe Anforderungen an zent-
rale Organisationseinheiten wie PM-Offices oder zentrales Projektcontrolling. Darüber
hinaus sind Lenkungsgremien als Führungsinstrumente einzusetzen. Verschiedene
Gremien im Multi-Projektmanagement dienen dazu, strategische und weitreichende
operative Entscheidungen zu treffen und Informationen projektübergreifend auszu-
tauschen. Die wesentlichen Multi-Projekt-Gremien sind:

„ Der strategische Projektausschuss (Projektportfolio-Board)


„ Die Projektsteuerkreise (Lenkungsausschüsse, Programmkomitees..)
„ Die Projektleiter-Runde
Abbildung 3-10 zeigt die Gremienstruktur eines Automobilzulieferers.

Abbildung 3-10: Beispiel Projektgremienstruktur beim Automobilzulieferer

Strategischer Projektausschuss Moderation: Leiter strategisches PM-Office


Teilnehmer: GF, GBL, Controlling, Programm-
/Projektmanager

= Projektportofolio-Management /
Steuerkreis F&E Strategische Ebene

Steuerkreis GB A
Moderation: Leiter Bereichs-PM-Office
Steuerkreis GB B Teilnehmer: GBL A/B/C/IT, Abteilungsleiter des
Bereichs, Bereichscontroller,
Programm-/Projektmanager
Steuerkreis GB C
= Programm-/Projekt-Management
Steuerkreis IT/Org. Operative Ebene

Moderation: Leiter strategisches PM-Office


Projektleiterkreis
Teilnehmer: Alle Programm-/Projektmanager

GF = Geschäftsführung
= Wissensmanagement /
GB = Geschäftsbereich
Emotionale / Kulturelle Ebene
GBL = Geschäftsbereichsleiter

212
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
3.2.3.1 Der strategische Projektausschuss (Projektportfolio-Board)
Der strategische Projektausschuss setzt sich im Regelfall aus den für die Projekte und
Ressourcen verantwortlichen Vertretern der Unternehmensleitung bzw. Bereichslei-
tung zusammen. Ergänzt wird er um den Multi-Projektmanager oder Projektcontrol-
ler, der meist auch die Vorbereitung (Reporting) und Dokumentation übernimmt. Er
stellt die oberste Eskalationsstufe und Entscheidungsinstanz in Konfliktfällen oder bei
bereichsübergreifenden strategischen Entscheidungen dar. Abhängig von der Anzahl
der Projekte, deren Laufzeit und der Veränderungsgeschwindigkeit des Projektportfo-
lios sollte der strategische Projektausschuss monatlich bis mindestens vierteljährlich
zusammenkommen. Bewährt haben sich eher kürzere Meetings im monatlichen Tur-
nus gegenüber langen „Klausuren“ in großen Abständen. Dann wird häufig nur noch
„berichtet“ und nichts mehr „entschieden“. Intensive Planungsklausuren sind ohnehin
1-2mal pro Jahr fällig. Details dazu erläutern wir in Kapitel 3.4. Wesentliche Aufgaben-
und Verantwortungsbereiche des Projektausschuss sind die

„ periodische Bewertung und Priorisierung des gesamten Projektportfolios


„ strategische Planung der Mitarbeiter aller Projekte und deren Aufgaben
„ projekt- und organisationsübergreifende Koordination der Projektarbeit
„ Prüfung und Freigabe der Projekte für das Projektportfolio (Projektselektion)
„ Überwachung des Projektfortschritts und strategischer Meilensteine (Reviews)
Abbildung 3-11 zeigt Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen.

Abbildung 3-11: Projektausschuss: Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen

Strategischer Projektausschuss (Projektportfolio-Board)

Aufgaben Verantwortung Kompetenzen

• Priorisierung von Projekten • Übergeordnete • Bereichsübergreifende


• Festlegung des Gesamtbudgets Steuerungsverant- Entscheidungen
für alle Projekte wortung für sämtliche • Aufteilung des Budgets
• Auftragserteilung für Projekte auf Projekte
Projekte / Budgetfreigabe • Selektion und Stop
• Beschluss über kritische • Einhaltung des von Projekten
Änderungen / Maßnahmen Gesamtbudgets • Bewilligung von
(Eskalation) Budgetüberschreitungen
• Reviews ausgewählter Projekte • Einleitung strategischer
• Verabschiedung der Projekt- Maßnahmen (F&E, Invest,
portfolios in der Unternehmens- Personal, Infrastruktur)
planung

213
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Die wesentliche Basis für die strategischen Entscheidungen des Projektausschuss bil-
den drei Informationsbereiche, die aus allen Projekten eingefordert werden müssen:

„ Projektanträge bzw. Kundenanfragen


„ Statusberichte
„ Projektabnahmen, -freigaben bzw. Reviews
Abbildung 3-12 gibt dazu einen Überblick:

Abbildung 3-12: Informationsbasis für den strategischen Projektausschuss 136

Projektausschuss
Projektantrag Statusbericht Projektabnahme

Termingetreue
Anfrage/ Ergebnisablieferung
Veränderung
Projektidee
zum Vormonat

Projekt – Risiken Erfüllung der


selektion Qualitätsanforderungen
Probleme
Konflikte

Projekt – Maßnahmen- Einhaltung der


Priorisierung vorschläge Kostenvorgaben

Projektrealisierung

Projektantrag/Kundenanfrage: Auf der Basis von Projektideen, die in Projektanträgen


formuliert werden, entscheidet der Projektausschuss im Rahmen der jährlichen Unter-
nehmensplanung über das strategische Projektportfolio, das neben den bestehenden
Projekten und Kundenanfragen realisiert werden soll. Neue Kundenanfragen und
dringende interne Projektideen werden während des laufenden Jahres durch Projek-
tanträge in die turnusmäßigen Entscheidungssitzungen eingesteuert und ggf. freige-
geben. Das Projektportfolio beziehungsweise die Prioritäten laufender Projekte müs-
sen dann entsprechend angepasst werden. Regelmäßig beurteilt der Projektausschuss
die wichtigsten und kritischen Projekte neu und entscheidet auf dieser Basis über
Kapazitäts- oder Ressourcenverschiebungen. Der Projektantrag liefert für jedes Projekt
eine Kurzbeschreibung zu bestimmten Kriterien (z.B. strategische Bedeutung, Wirt-
schaftlichkeit).

136 Quelle: Verspohl, projektmagazin 12/04

214
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
Statusbericht: Anhand einer Ampeldarstellung können die projektspezifischen Sta-
tusinformationen für das Gesamtportfolio verdichtet werden. Zu den Entscheidungs-
terminen des Gremiums wird ein Projektportfolio-Bericht aufbereitet (im Regelfall
vom Multi-Projektmanager bzw. Projektcontroller), der mit weiteren Kennzahlen zu
Terminen, Kosten und Fortschritt/Reifegrad angereichert ist.

„ Grün: "Alles im Plan."


„ Gelb: "Abweichungen, mit entsprechendem Maßnahmenplan."
„ Rot: "Das Projekt ist notleidend und braucht Management-Unterstützung."
Der Projektausschuss befasst sich in seinen regelmäßigen Sitzungen hauptsächlich mit
den rot angezeigten Projekten und weiteren strategisch wichtigen Projekten, die be-
sonderer Aufmerksamkeit des Managements bedürfen. Anhand der Statusinformatio-
nen verfügt der Projektausschuss über eine ausreichende Informationsgrundlage, um
zeitnah strategische Entscheidungen zum Projektportfolio treffen zu können und Prio-
ritätenkonflikte zwischen Projekten zu lösen.

Projektabnahme/Review: Zum Ende jeder Projektphase bzw. zu relevanten Meilen-


steinen erfolgt in Automotive-Projekten auf Basis vordefinierter Erfolgskriterien eine
Freigabe bzw. ein Review als Abnahme von Zwischenergebnissen. Bestimmte strate-
gisch wichtige Freigaben können durch den Projektausschuss durchgeführt werden
und vermitteln dadurch ein „ungeschöntes“ Bild. Andere Freigaben erfolgen durch
dezentrale Gremien wie den Projektsteuerkreis und werden mit ihren Ergebnissen nur
an den Projektausschuss berichtet.

So könnte die Tagesordnung für eine Sitzung des Projektausschusses aussehen:

„ Aktueller Status des Projektportfolios, Detailinformationen zu „roten“ und strate-


gisch besonders wichtigen Projekten

„ Neue Projektanträge/Kundenanfragen mit Chancen/Risiken und Ressourcenbedarf


„ Aktuelle Ressourcensituation und Konsequenzen für die Projekte
„ Entscheidungen und Maßnahmen zur Einsteuerung neuer Projekte, Priorisierung
laufender Projekte und zum Management der Ressourcen

„ Offene Punkte
Der Projektausschuss spielt nicht nur eine rein strategische Rolle im Sinne der Projek-
tauswahl und Priorisierung, sondern er leistet einen ganz entscheidenden Beitrag zur
Projektmanagement-Disziplin und -Kultur im Unternehmen. Die Abgrenzung zu dem
mehr operativen Gremium des Projektsteuerkreises ist hier je nach Unternehmensgrö-
ße und Struktur nicht eindeutig möglich. Für den Steuerkreis gelten vielfach die glei-
chen Aussagen.

215
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
3.2.3.2 Der Projektsteuerkreis als operatives Lenkungsgremium
im Multi-Projektmanagement
Projekte leben oft als Firmen in der Firma, haben eigene Organisationen und Struktu-
ren und entwickeln in vielen Fällen sogar eine eigene Kultur. All das ist wunderbar
geregelt - innerhalb der Projektgrenzen. Wie sieht es aber mit der Einbindung in das
Gesamtunternehmen aus? Von der Sache her gibt es mehr oder weniger klare Struktu-
ren und Spielregeln, aber emotional fehlt den Projekten vielfach die Heimat. Oft füh-
len sich Projektleiter alleingelassen und „verheizt“. Ihnen fehlt die Lobby, die Auf-
merksamkeit des Managements, der Zugriff auf Ressourcen und der „Schiedsrichter“
bei Konflikten. So entstehen oft unnötige Reibungsverluste und Frustrationen.

Damit Projekte nicht in einem „Führungsvakuum“ ersticken müssen, gibt es im Pro-


jektmanagement das Gremium „Steuerkreis“. Der Projektsteuerkreis ist der „Auf-
sichtsrat“ von Projekten und führt die jeweiligen Projektleiter im Sinne der Unterneh-
mensziele. Steuerkreise werden in größeren Unternehmen der Automobilindustrie
meist mit Führungskräften aus dem mittleren Linienmanagement besetzt, meist mit
einem Vertreter der Geschäftsleitung oder Geschäftsbereichsleitung als Vorsitzendem.
Abbildung 3-13 gibt einen Überblick zu Aufgaben und Kompetenzen.

Abbildung 3-13: Aufgaben und Kompetenzen von Projektsteuerkreisen

Projektsteuerkreise

Aufgaben Verantwortlichkeit Kompetenzen

• Priorisierung von Projekten • Unternehmerische • Entscheidungen im


innerhalb eines Geschäftsbereichs Steuerung aller Rahmen der
• Koordination zwischen Projekt und Projekte des Projektportfolio-Vorgaben
Linie Bereichs • Freigabe von
• Abnahme und Freigabe von • Einhaltung des Meilensteinen,
Meilensteinen /Projektreviews Bereichsbudgets Änderungen, Abnahmen
• Unternehmerische Führung der • Führung und Pflege • Bereichsinterne
Projektleiter des Projektpersonals Projektentscheidungen
• Eskalationsstufe bei Konflikten • Kontrolle kritischer
zwischen Projekt und Linie und Projekte
gegenüber Kunden und
Lieferanten

Die folgende Abbildung zeigt das Beispiel einer Steuerkreis-Funktionsbeschreibung.

216
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
Abbildung 3-14: Beispiel einer Steuerkreis-Funktionsbeschreibung

Funktions- und Aufgabenbeschreibung Projektsteuerkreis

„ Der Steuerkreis besteht aus drei bis fünf Führungskräften aus der Ebene Geschäftsführung,
Bereichsleitung, Abteilungsleitung und dem jeweiligen Leiter des PM-Office als Moderator.
„ Er stellt das organisatorische Bindeglied zwischen Projekt und Linienorganisation dar. Durch
dieses Gremium werden die Projektleiter unternehmerisch geführt.
„ Die Mitglieder des Steuerkreises repräsentieren die Leitung der am Projekt beteiligten Fach-
bereiche und die Kundenbeziehung. Bei bereichsübergreifenden Projekten ist ein Geschäfts-
führungsmitglied Vorsitzender des Gremiums.
„ Der Steuerkreis ist der interne Auftraggeber des Projektes und beurteilt somit die Ergebnisse
des Projekts und das Projektmanagement.
„ Die Mitglieder werden bei bereichsübergreifenden Projekten durch die Geschäftsführung
berufen. Bei bereichsinternen Projekten erfolgt die Berufung durch den Bereichsleiter.
„ Der Steuerkreis gibt Ziele (Strategie) vor bzw. vereinbart diese mit dem Projektteam.
„ Der Steuerkreis ist die Eskalationsstufe für Konflikte zwischen Projekt/Linie und Pro-
jekt/Kunde, die operativ nicht gelöst werden können.
„ Der Steuerkreis schafft Rahmenbedingungen, damit sich das Projekt im Unternehmensumfeld
optimal entwickeln kann und erfolgreich ist (Ressourcen, Infrastruktur, Spielregeln ...).
„ Der Steuerkreis sorgt für eine langfristige und nachhaltige Entwicklung und Qualifizierung der
Projektleiter/Teilprojektleiter. Er beauftragt gezielt Coaching-Aktivitäten und Trainingsmaß-
nahmen, die dem Projektpersonal helfen erfolgreicher zu sein.
„ Der Steuerkreis wird zeitnah über Status, Fortschritt, Ergebnisse, Probleme und Konflikte im
Projekt durch die Projektleitung informiert - mindestens aber zu den regelmäßigen Sitzungs-
terminen. Abweichungen bzw. Risiken bzgl. der Erreichung der vereinbarten Ziele werden von
der Projektleitung ohne eigene Aufforderung kommuniziert.
„ Der Steuerkreis erhält einen monatlichen Statusbericht von der Projektleitung.
„ Der Steuerkreis trifft kritische Entscheidungen im Projekt (Risiken, Vertrag, Technologie).
„ Kritische Meilensteine (Quality Gates) im Projekt werden vom Steuerkreis freigegeben.
Teilnehmer an Steuerkreis-Sitzungen:

„ Steuerkreis-Mitglieder
„ Projektleitung und ggf. Teammitglieder
Turnus der Sitzungen: Jeden 1. Montag im Monat, 14:00 Uhr – 18:00 Uhr

Ziel und Inhalt der Sitzungen:

„ Bericht über aktuellen Status und inhaltliche Ergebnisse (Standard Projektstatus-Bericht)


„ Feedback, Problembesprechung, Entscheidungen
„ Vereinbarung weiterer Ziele und Maßnahmen

217
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
3.2.3.3 Die Projektleiter-Runde als Plattform für das
projektübergreifende Wissensmanagement
Projektleiter fristen in der Regel ein „Nomaden-Dasein“ im Unternehmen. Sie haben
keine richtige Heimat. Als Führungskräfte sind sie zwar für ihre Projekte verantwort-
lich, aber meist nicht in die üblichen Regelmeetings des Linienmanagements einge-
bunden. Damit sind sie oft abgeschnitten von wichtigen Informationen und haben als
„Einzelkämpfer“ auch untereinander kaum Erfahrungsaustausch. Es fehlt ein Gremi-
um zur gegenseitigen Information und zur Interessensvertretung gegenüber dem
etablierten Management. Die Projektleiter-Runde kann als moderne „PM-Tafelrunde“
diese Rolle übernehmen. Diese Idee ist inspiriert von der Sage des König Artus und
seiner Tafelrunde, mit der er es geschafft hat, die verfeindeten Ritter Englands an ei-
nen Tisch zu bringen und gemeinsame Ziele zu verfolgen. 137 Eine durchaus ver-
gleichbare Situation vieler Projektleiter in unseren Unternehmen heute. Diese Regelbe-
sprechung der Projektleiter mit monatlichem, in manchen Unternehmen auch
wöchentlichem Turnus, hat folgende Ziele und damit auch Erfolgsfaktoren:

„ Erfahrungsaustausch der PL
„ Qualifizierung zu Schwerpunktthemen
„ Einleiten von Verbesserungsprozessen
„ Stärkung der Identität und des Status der PL
„ Kooperation und Absprache bzgl. knapper Ressourcen
„ Bündelung der Interessen und Meinungen gegenüber dem Management
„ Vereinbarung von PM-Standards, Methoden und Tools
Abbildung 3-15 zeigt das Beispiel einer Standard-Agenda für eine PL-Runde.

Abbildung 3-15: Beispiel: Standard-Agenda PL-Runde

Nr. TOP Verantwortlich Dauer

1. Aktuelle Infos aus dem Projektausschuss, Ltr. PM-Office 30 min


Vertrieb, Entwicklung und PM-Office
2. Erfahrungsbericht eines aktuellen Projektes Projektleiter 45 min
3. Pause 15 min
4. Fachbeitrag aktuelles PM-Thema / Fachthema Experte 45 min
5. Aktuelle Konflikte und Ressourcenprobleme Teilnehmer 30 min
6. Offene Punkte und Maßnahmen/Aktivitäten Teilnehmer 15 min

137 Kostner (1998), S. 55ff

218
Organisation des Multi-Projektmanagements
3.2
Nicht zuletzt ist die PL-Runde ein wesentlicher Promotor und Multiplikator der PM-
Kultur und somit ein wichtiger Baustein zur Steigerung des Reifegrades des Projekt-
managements im Unternehmen. Abbildung 3-16 zeigt das Beispiel einer Funktionsbe-
schreibung.

Abbildung 3-16: Beispiel: Funktionsbeschreibung PL-Runde

Aufgabenstellung und Inhalte der PL-Runde

„ Know-how-Transfer von Projekt zu Projekt (Erfahrungsaustausch)


„ Informationsaustausch über Unternehmensstrategie und -ziele und daraus resultierende
Anforderungen an Projektabwicklung
„ Informationsplattform über alle Projekte im Unternehmen
„ Erfahrungsweitergabe mit aktuellen Projektberichten (Fachabteilungen, Projektsteuerung,
Management, Projektorganisation, Projektabläufe, Probleme + Erfolge)
„ Supervision einzelner Projektleiter bei aktuellen Projektproblemen
„ Fachbeiträge (z.B. neue Produkte, Normenänderungen, etc.)
„ Knüpfung eines Beziehungs- und Informationsnetzes zwischen Projektleitern
„ Lernumgebung mit Hilfe von Patenschaften für junge Projektleiter
„ Interessensvertretung der Projektleiter gegenüber der Linie und dem Top-Management
„ Vereinbarung von Standards, Tools, Checklisten und Dokumentationsregeln
„ Festigung und Optimierung des Standard-PM-Prozess im Unternehmen (KVP)
Organisation der PL-Runde

„ Teilnehmerkreis: Alle aktiven Projektleiter (inkl. Nachwuchskräfte) im Unternehmen


„ Turnus und Termin: Monatlich, jeweils am 4. Freitag, 14:00 – 17:00 Uhr
„ Moderation und Protokoll: PM-Office
„ Ablauf anhand Standardagenda
„ Vorbereitung und Einladung: PM-Office
Spielregeln

„ Absolute Vertraulichkeit und Offenheit


„ Verbindliche Teilnahme an mindestens 6 Terminen p.a.
„ Kooperations- und Lernbereitschaft

Der Erfolg der PL-Runde steht und fällt mit der Bereitschaft der Projektleiter „gemein-
sam“ das Projektmanagement und die Stellung Ihrer Rolle im Unternehmen voranzu-
bringen. Diese Kooperationsbereitschaft und Offenheit untereinander zu erzeugen
und zu pflegen, ist wohl die größte Herausforderung, weil Projektleiter gerne zum
„Einzelkämpfertum“ neigen. Große Veränderung in der Unternehmenskultur, hin
zum projektorientierten Unternehmen lassen sich aber nur gemeinsam erreichen.

219
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
3.3 Kommunikation und Zusammenarbeit in der
Multi-Projekt-Umgebung
Geht es beim einzelnen Projekt im Wesentlichen um die Zusammenarbeit und Kom-
munikation im Projektteam und mit den beteiligten Partnern, so liegt der Fokus beim
Multi-Projektmanagement auf der Kommunikation und Kooperation zwischen den
Projekten. Die oben beschriebenen Gremien wie Projektleiter-Runden, Projektaus-
schüsse und Steuerkreise bilden dazu eine wesentliche Grundlage. Durch regelmäßige
Besprechungstermine wird eine sogenannte „Regelkommunikation“ aufgebaut, die
dafür sorgt, dass neben den klassischen Reportinginformationen (siehe Kap. 3.4.4)
auch ein informeller Informationsfluss gepflegt wird. Viele „weiche“ Informationen
über aktuelle Probleme, drohende Risiken und Konflikte in den Projekten und Pro-
grammen können dabei ausgetauscht werden. Dies ist die „unsichtbare“ aber nicht
minder wichtige Seite des Multi-Projektmanagement. Abbildung 3-17 zeigt das fiktive
Beispiel für einen Regelkommunikationsplan bei einem Automobilzulieferer.

Abbildung 3-17: Beispiel: Regelkommunikationsplan Automobilzulieferer (fiktiv)

Besprechung Zweck, Ziel, Inhalt Teilnehmer Turnus Ergebnis

Strategiesitzung Erstellung/ Festlegung des GL, Bereiche 1x p.a., Businessplan


Businessplanes 2 Tage Strategie-
papier

Entwicklungs- Erstellung und Festlegung des GL, Entwicklungs- 1x p.a., F+E-


Workshop strategischen F+E-Programms Ltg, Vertriebs-Ltg 2 Tage Programm

Projektportfolio- Erstellung Jahresplan Projekt- GL, Bereiche, PM- 1x p.a., Projektportfolio-


Planungsrunde portfolio und Abgleich zum Office 2 Tage planung
Businessplan

Projektaus- Statusbericht Projektportfolio, GL, Bereiche, PM- 2- Multiprojektlis-


schuss-Sitzung Neue Projektanträge, Selektion Office monat- te, Akt. Pro-
und Freigabe neuer Projekte lich jektportfolio,
Projektanträge

Projektsteuer- Statusberichte Einzel-Projekte Bereichs-Ltg, Abt.- monat- Statusberichte,


kreise (pro Be- und Programme, Eskalations- leiter, Projektleiter, lich Ergebnispro-
reich) entscheidungen PM-Office tokoll (LOP)

Projektleiter- Erfahrungsaustausch, Qualifi- Projektleiter, Pro- monat- Ergebnispro-


Runde zierung zu Schwerpunktthe- gramm Manager, lich tokoll (LOP)
men, Prozessverbesserung PM-Office

220
Kommunikation und Zusammenarbeit in der Multi-Projekt-Umgebung
3.3
Einen weiteren Erfolgsfaktor für die Kommunikation und Zusammenarbeit in der
Multiprojektumgebung des Automobilunternehmens bilden klare Vereinbarungen
und Spielregeln zwischen der Projekt- und der Linienorganisation. Der Multi-
Projektmanager hat hier in vielen Fällen die Aufgabe der Moderation, da beide Partei-
en aus eigener „Kraft“ oft keine Regelungen zustande bringen.

Aufgabe der Linienabteilungen ist es, die erforderlichen Ressourcen für die Projekte
bereitzustellen und diese Ressourcen (Personal, Werkzeuge und Hilfsmittel) ständig
weiterzuentwickeln und an die Erfordernisse anzupassen. Die Linienorganisation
vertritt somit die „fach- und funktionsorientierte“ Sicht. Aufgabe der Projektleiter und
-teams ist es, mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen die Projekte erfolgreich im
Sinne der vereinbarten Ziele abzuwickeln. Die Projektorganisation hat somit die „ab-
wicklungs- und ergebnisorientierte“ Sichtweise. Diese zweidimensionale Organisati-
onsform stellt aufgrund ihrer Komplexität bedeutend höhere Anforderungen an Füh-
rungskräfte und Mitarbeiter, besonders dann, wenn eine Vielzahl von Projekten
parallel abgewickelt wird. Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit haben dann
einen sehr hohen Stellenwert. Auch die Regelung von Schnittstellen und die Vermei-
dung der daraus resultierenden Konflikte ist entsprechend wichtig. Abbildung 3-18
zeigt die Rollenverteilungen an einem Beispiel.

Abbildung 3-18: Beispiel: Rollenverteilung Projektorganisation und Linienorganisation 138

Vorstand
PV = Projektverantwortliche
Sammelbegriff für alle Ergebnis-
Verantwortlichen innerhalb
FB 1 FB 2 FB 3 FB 4 FB 5 FB 6 einer Projektorganisation.
PL = Projektleiter
Ergebnis-Verantwortung für
Gesamtprojekt
PL
PK = Projektkoordinator
PK PK
Stabsfunktion der Projektleitung
bezüglich Querschnittsaufgaben
PV TPL TPL TPL TPL TPL für alle Teilprojekte
TPL = Teilprojektleiter
APV Ergebnis-Verantwortung für
Teilprojekt
APV = Arbeitspaketverantwortlicher
PL Ergebnis-Verantwortung für
PK definierte Projektaufgabe die
innerhalb der Linienstruktur
(Fachabteilung, Team, etc.)
TPL TPL TPL PV abgewickelt wird.

APV

138 Quelle: EDAG

221
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Es macht Sinn das Zusammenspiel zwischen Projekt und Linie mit Hilfe von generel-
len Spielregeln zu definieren. In einer sogenannten „Rahmenvereinbarung“ können
Erwartungen, Interessen und Strategien zur Konfliktvermeidung unabhängig vom
einzelnen Projekt geregelt werden. Dann muss nicht in jedem Projekt das Revier neu
abgesteckt werden und die Rechte des Projektleiters gegenüber der Linie neu ausge-
handelt werden. Ein Beispiel für mögliche Spielregeln zeigt Abbildung 3-19.

Abbildung 3-19: Beispiel für generelle Spielregeln in einer Multiprojektumgebung

Spielregeln zwischen Projekt- und Linienmanagement

„ Das Projektteam soll unternehmerisch handeln. In Konfliktfällen zwischen Projektzielen und


der Linie soll anhand von Argumenten entschieden werden. Oberste Entscheidungsinstanz ist
der Projektsteuerkreis. Das Projektteam entscheidet über die Verwendung des geplanten und
mit dem Steuerkreis vereinbarten Projektbudgets.
„ Projektteammitglieder werden von den Linienabteilungen in Abstimmung mit der Projektlei-
tung benannt. In Ausnahmefällen kann die Teamzusammensetzung auch im Laufe des Pro-
jekts einvernehmlich geändert werden. Generell wird aber Kontinuität angestrebt, um das
Know-how im Projekt zu erhalten.
„ Ein guter Projektleiter/Projektmitarbeiter fragt kompetente Ansprechpartner im Haus und
spricht über Probleme im Projekt, bevor es zur Eskalation kommt.
„ Der Projektsteuerkreis ist die erste Eskalationsinstanz bei Konflikten zwischen Projekt und
Linie bzw. mit dem Kunden.
„ Projektmitarbeiter dürfen nur maximal zu 100% ihrer Kapazität verplant werden.
„ Projektteammitglieder müssen zum Projektstart namentlich benannt sein.
„ Für jedes Arbeitspaket das in der Linie abgearbeitet wird gibt es einen namentlich benannten
Verantwortlichen mit Kompetenzen. Die Ressourcen sind eindeutig zuzuordnen.
„ Bei Zielkonflikten zwischen Linienmanagement und Projektmanagement ist generell ein trag-
fähiger Kompromiss anzustreben. Die Gesamtinteressen des Unternehmens sind zu berück-
sichtigen. Ist eine Einigung im Steuerkreis nicht möglich, hat die Geschäftsführung eine Ent-
scheidung zu treffen (2. Eskalationsinstanz).
„ Der Projektleiter oder sein Stellvertreter nehmen an jeder Verhandlung mit dem Kunden be-
züglich Auftragsumfang, Preis oder Änderungen teil.
„ Die Urlaubs- und Reiseplanung für Projektmitarbeiter erfolgt in Abstimmung mit dem Projekt-
leiter.
„ Die Zielvereinbarungen und Mitarbeiterbeurteilungen für Projektmitarbeiter erfolgen gemein-
sam durch Linienvorgesetzte und den jeweiligen Projektleiter.

Diese generellen Regeln dienen dazu, die Zusammenarbeit zwischen Linie und Projekt
zu optimieren. Vorfahrtsregelungen im Sinne des Projektes verhindern, dass bei-
spielsweise Linienfunktionen eines Unternehmens den Beweis antreten wollen, wes-
halb ein Projekt nicht funktionieren kann.

222
Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM (Projektportfolio-Management)
3.4
3.4 Prozess und Methoden des strategischen
Multi-PM (Projektportfolio-Management)
Das klassisch wohl größte Anliegen des Multi-Projektmanagement ist neben der Aus-
wahl und Priorisierung der „richtigen“ Projekte die Vernetzung und Verdichtung der
Projektpläne und Statusinformationen hinsichtlich Ressourcen, Kalkulation (Ergebnis-
rechnung) und Finanzmittelbedarf. Diese Aufgabe komplexen EDV-Tools zu überlas-
sen, scheitert regelmäßig. Die Verzahnung der Planungsinformationen stellt hohe
Anforderungen an eine einheitliche Planungsmethodik in den Einzelprojekten und
erfordert die geschickte Hand, systematische Vorgehensweise und intelligente Mode-
ration eines Multiprojektmanagers oder –controllers. Die einzelnen Prozessschritte
und Methoden hierzu werden im Folgenden beschrieben.

3.4.1 Der zyklische Prozess des Projektportfolio-


Managements
Der zyklische Prozess des Projektportfolio-Managements lässt sich in vier Phasen
gliedern: 139

„ Projektportfolio-Initiierung
„ Projektportfolio-Planung
„ Projektportfolio-Controlling inklusive Berichtswesen
„ Projektportfolio-Bereinigung
Am Ende der Planungsphase erfolgt die strategische Projektentscheidung in Form der
„Selektion + Freigabe“. Dies ist erfahrungsgemäß der wichtigste und auch kritischste
Punkt im Portfoliomanagement. Die Controllingphase stellt den eigentlichen zykli-
schen Prozess dar. Periodisch werden die aktuell im Portfolio befindlichen Projekte
verfolgt und strategische Entscheidungen bzgl. Priorität und Ressourcen getroffen.
Das Portfolio wird laufend durch neue Projekte angereichert aber auch bereinigt,
wenn ein einzelnes Projekt abgeschlossen ist. Abbildung 3-20 stellt den Projektportfo-
lio-Management-Prozess modellhaft dar.

139 Quelle: Schmidt, Mertin projektmagazin 2003

223
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-20: Zyklischer Projektportfolio-Management-Prozess

Selektion
+ Freigabe

Portfolio- Portfolio- Portfolio- Portfolio-


initiierung planung S controlling bereinigung

C
B G
Projekte D
F
A
E

3.4.2 Projektportfolio-Initiierung
Die Projektportfolio-Initiierung umfasst alle notwendigen Schritte, um geeignete Vor-
haben auszuwählen und in das Projektportfolio zu integrieren. Projektideen und Pro-
jektanfragen der Kunden werden kontinuierlich gesammelt, zu möglichen Projekten
und Programmen für das Projektportfolio zusammengestellt und zu den Entschei-
dungsterminen im Projektausschuss vorgestellt. Dieser Prozess der Selektion ist der
entscheidende Hebel für ein effektives Multi-Projektmanagement im Unternehmen.
Den Autoren ist kein Unternehmen der Automobilbranche bekannt, dessen Projekt-
manager und Linienmanagement nicht kontinuierlich über zu knappe Ressourcen
klagen. Die Negativspirale dieses Ressourcenmangels, der meist zu unprofessionellem
Projektstart führt wurde bereits in Kapitel 2 aufgezeigt. Hier können viele Automoti-
ve-Unternehmen noch einen Quantensprung der Performance-Steigerung tun, wenn
sie über ein professionelles Projektportfolio-Management die Anzahl der Projekte in
der „Pipeline“ auf das „richtige“ Maß beschränken. Abbildung 3-21 zeigt den Zusam-
menhang am Trichtermodell.

224
Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM (Projektportfolio-Management)
3.4
Abbildung 3-21: Trichtermodell zur Selektion der „richtigen“ Projekte

Selektion

Controlling + Berichtswesen

Freigabe
Anfragen,
Projektideen

Bereinigung

Als Entscheidungskriterien für die Vorauswahl von Ideen und Anfragen dienen die
Geschäftsgrundsätze und strategischen Ziele des Unternehmens. Diese bilden die
Rahmenbedingungen für die Initiierung von Projekten oder Programmen durch die
jeweiligen Bereichsleiter, Vertriebsleiter, Key Account Manager, Projektleiter oder
Programm Manager. Als formales Mittel zur Entscheidungsvorbereitung dient im
Regelfall ein sogenannter Projektantrag. Er sollte unter anderem Informationen zum
Kunden bzw. Projektziel, Chancen, Risiken, den Beteiligten und der Terminsituati-
on/Dringlichkeit sowie zum Ressourcenbedarf enthalten. Abbildung 3-22 zeigt die
Kriterien der Portfoliobildung schematisch auf.

Abbildung 3-22: Kriterien bei der Bildung des Projektportfolios


Gewinn

Wirtschaft- Gesetzliche
Strategie
lichkeit Auflagen

Risiko

Projektportfolio

Budget- Ressourcen- Termin-


restriktionen restriktionen restriktionen

225
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Aufgabe des strategischen PM-Office ist es, besonders in dieser Initiierungsphase für
Transparenz im Projektportfolio zu sorgen. Dazu sind von allen laufenden Projekten
und von jedem potentiellen neuen Projekt bestimmte Eckdaten in einer zentralen Da-
tenbasis zu erfassen und zu verwalten. In Tabellenform dargestellt, schaffen diese
Daten dann einen Gesamtüberblick über das Portfolio. Zur besseren Übersichtlichkeit
empfiehlt es sich, die Projekte nach Projektart in Kategorien einzuteilen und bei größe-
ren Unternehmen den jeweiligen Geschäftsbereichen zuzuordnen. In Verbindung mit
den terminlichen und wirtschaftlichen Eckdaten ergeben sich dann viele Auswer-
tungsmöglichkeiten als Entscheidungsgrundlage für die Projektselektion. Abbildung
3-23 zeigt die Multi-Projekt-Liste eines Systemlieferanten.

Abbildung 3-23: Beispiel: Multi-Projekt-Liste eines Systemlieferanten

Risiko
(1=grün.....1
Stammdaten Termin Wirtschaftlichkeit 0=tiefrot)
kategorie

Nummer
Projekt-

Qualität
Technik
Projekt

Termin
Kosten
Geschäfts- Projekt- Gesamt- Stückzahl Teilepreis Entwickl.- Werkzeu
bereich Kunde leiter SOP umsatz (€) p.a. VP (€) kosten (€) Invest (€) gk. (€)
Türen S BMW Fleissig Feb. 04 20.672.000 11.000 304 312.000 688.986 83.116 5 8 1 5
Elektronik S SVDO 470 Fertig Mrz. 04 948.000 8.000 24
Türen S Porsche 377 Schnell Apr. 04 19.183.500 35.000 110 100000 ange 650.000 131.861
Türen S Jaguar 426 Fleissig Mai. 04 39.934.000 40.000 200 170000 ange 910.000 75.000
Elektronik E BMW 378 Stark Jun. 04 12.600.000 15.000 140 250.000 360.000 250.000 8 10 8 8
Elektronik E Rover 379 Stark Jul. 04 2.591.100 1.000 288 245.000 110.000 0 2 2 5 5
Elektronik S DC 309 Schnell Sep. 04 19.558.710 27.000 553 920.000 1.620.000 614.000
Elektronik E Bentley 377 Stark Okt. 04 4.641.000 3.000 221 39.000 10.000 35.000 3 3 2 5
in PR459
Türen E DC 458 Fleissig Apr. 05 513 360.000 enthalten 7 6 6 3
Elektronik E DC 381 Stark Jun. 05 12.000.000 20.000 100 559.000 285.000 50.000 5 4 4 4
Elektronik S DC 501 Lang Jun. 05 2.520.000 4.000 105 0 0 0 8 2 2
Elektronik S DC 503 Lang Jun. 05 9.450.000 15.000 105 120.000 350.000 25.000 8 2 2
Elektronik A VW 376 Stark Sep. 05 9.000.000 15.000 100 ?? ?? ?? 8 6
Türen S Volvo 472 Schnell Dez. 05 22.000 220 400.000 900.000 1 10 10
Türen E DC 459 Hurtig Dez. 05 5.262.611 5.130 293 219.654 190.000 240.000 5 7 7 6
Türen A Opel 471 Hurtig Jan. 06 41.845.121 26.200 282 300.000 754.820 60.000
Türen E DC 322 Hurtig Feb. 06 66.717.160 40.000 242 544.000 1.353.000 156.195 1 8 4 6
Elektronik S DC 384 Lang Jun. 06 3.300.000 2.000 165 130.000 60.000 155.000 8 5 5
Elektronik E DC 380 Stark Jun. 06 2.400.000 4.000 100 50.000 40.000 12.000 2 4 4 4
Elektronik S DC 502 Lang Jun. 06 11.880.000 15.000 132 250.000 25.000 50.000 2 8 8
Elektronik S Rover 505 Gut Sep. 06 196.200 600 109 33.000 45.000 10.000 3 3 3
Türen S BMW 496 Fleissig Nov. 06 85.170.000 60.000 284 325.000 195.000 2 2 2 2
Elektronik A BMW 373 Fertig Mrz. 07 9.000.000 15.000 100 ?? ?? ?? 1
Türen A Opel 499 Hurtig Mai. 07 5.652.000 3.000 314 380.000 214.100 80.000
Elektronik S DC 331 Schnell Jun. 07
Elektronik A DC 374 Fertig Jun. 07 12.000.000 20.000 100 ?? ?? ?? 1
Elektronik A Volvo 375 Fertig Jun. 07 6.000.000 20.000 100 ?? ?? ?? 1
Elektronik E Renault 382 Lang Jun. 07 7.356.250 11.000 134 495.000 300.000 26.000 4 6 7 7
Elektronik S BMW 383 Lang Jun. 07 24.570.000 30.000 117 70.000 300.000 120.000 1 2 2
Elektronik S VW 504 Gut Jun. 07 2.214.000 3.000 123 130.000 10.000 20.000 2 2 2
78,92
32000 4990
Elektronik S Faurecia Schnell Jun. 07 31,28 2 3 4 2
Elektronik S Bosch 372 Fertig Dez. 07 10.175.760 9.000 141
Elektronik S VW 506 Gut Sep. 08 7.931.520 6.000 220 333.000 150.000 26.000 2 4 4
Türen S Ford 422 Fleissig 10.000 460 170.000 79.500 1 5 5

Projekt- Entwicklung
kategorie: A= Akquise/ Anfrage I= Interne Entwicklung E= Serie/Kunde S= Serienbetreuung

226
Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM (Projektportfolio-Management)
3.4
Die formale Vorbereitung von Projektanträgen erfolgt meist mit Unterstützung des
zentralen PM-Office bzw. Projektcontrolling. Abbildung 3-24 zeigt das Beispiel eines
Projektantrags.

Abbildung 3-24: Beispiel Projektantrag

Projektantrag / Anfragenerfassung Kategorie


Projekt: Grundlagen F&E
Produktentwicklung
Start-/Endtermin: Applikationsentw.
Serienentwicklung
Produktionsanlage
Kurzbeschreibung:
Anlagen:
Kurzbeschreibung des IT/Org.

Themas + Eckdaten Dienstleistung


Ersatzteil

Kapazitätsbedarf PM Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4 Phase 5 Phase 6


Abteilungen: A
B Beschreibung des Ressourcenbedarfs
C
Summe [MM]

Gesamt-Stückzahl
X Verkaufspreis
= Umsatz
- Herstellkosten X Stückzahl
Business Plan
= Deckungsbeitrag I
- Entwicklungskosten (versch. Kategorien)
- Investitionskosten
- Musterkosten
+ Kostenbeteiligung des Kunden
= Deckungsbeitrag II`
- Zuschlag Grundlagenentwicklung
- Zuschlag für Vertrieb und Verwaltung
= Verkaufsergebnis (= Umsatzerlöse – Selbstkosten)

3.4.3 Projektportfolio-Planung
Auf Basis der laufenden Projekte und der vorliegenden Projektanträge aktualisiert das
strategische PM-Office regelmäßig zu den Entscheidungsterminen des strategischen
Projektausschusses die Projektportfolio-Planung mit Szenarien für die neu initiierten
Projekte. Dabei liegt besonderes Augenmerk auf der Bewertung der Machbarkeit
(Termin, Kosten, Qualität), den wirtschaftlichen und technischen Chancen und Risiken
sowie den finanziellen und personellen Ressourcen. Eine erste Analyse des Projektum-
feldes ist besonders bei Neukunden angebracht (siehe auch 2.5). Abbildung 3-25 zeigt
diesen Zusammenhang schematisch.

227
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-25: Systematik der Portfolioplanung

Vorausgegangenen Aktuelle Nächste


Planungsperiode Planungsperiode Planungsperiode

Aktuelles
Projekt-
portfolio

Initiierung Planung Selektion Einsteuerung

Laufende
Projektportfolio-
Projekte
Planung
Neue Projekt-
ideen/-anfragen

Ideenspeicher

Neues
Projekt-
portfolio

Initiierung Planung Selektion Einsteuerung

Laufende
Projekte

Neue Projekt-
ideen/-anfragen

Ideenspeicher

Sinnvollerweise können diese Informationen dann als Entscheidungsvorlage in Form


eines vorläufigen Projektauftrages mit einem aussagekräftigen Businessplan und wei-
tere Informationen als Anlage aufbereitet werden (Abbildung 3-26).

Für eine fundierte Planung braucht das strategische Multi-Projektmanagement einen


aktuellen Überblick über die zeitliche Lage der laufenden und geplanten Projekte und
die Ressourcenauslastung des Unternehmens. Als erster Überblick dient häufig eine
strategische Projektübersicht (Abbildung 3-27), die alle Projekte in ihrer zeitlichen
Lage auflistet. Mit dieser Information lässt sich leicht erkennen, ob in einem Quartal
oder Monat z.B. schon zu viele Serienanläufe geplant sind, so dass jedes weitere Pro-
jekt zur Krise führen würde. In der Planungsphase werden Synergien zwischen Pro-
jekten erkannt und ausgenutzt. So kann es sein, dass ein Projekt alleine zu aufwändig
erscheint, in Kombination mit einem anderen jedoch stark an Bedeutung gewinnt und
deshalb in das neue Szenario des Projektportfolios integriert wird. Ist dies geschehen,
muss der Projektportfolio-Ausschuss im Rahmen seiner turnusmäßigen Sitzung Ent-
scheidungen über Machbarkeit, Notwendigkeit und Priorität der neuen Projekte tref-
fen und das neue Projektportfolio freigeben.

228
Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM (Projektportfolio-Management)
3.4
Abbildung 3-26: Beispiel Projektauftrag als Entscheidungsvorlage

Auftrags-Nr.:
Projektauftrag
Projekt: Name of project
Starttermin 01.07.2004 Endtermin/SOP 01.07.2007
Kategorie: Serienentwicklung
Kunde OEM
Projektleiter Leiter
PLENK
Projektziele:
Anlagen:
Inhalte+
Vereinbarungen:

Anlagen:

Projektantrag-
Steller/Vertrieb __________________________________________
Datum Unterschrift
Projektauftrag-
geber/GF __________________________________________
Datum Unterschrift

Projektleiter
__________________________________________
Datum Unterschrift

Abbildung 3-27: Strategische Projektübersicht eines Automobilzulieferers

2004 2005 2006


Projekt Kunde Standort I. II. III. IV. I. II. III. IV. I. II. III. IV.
J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D
Jaguar
Rolls Royce
DaimlerChrysler
Jaguar
Audi
BMW
BMW
Volvo
Saab
GM
Opel
Faurecia
Audi
BMW
BMW
DaimlerChrysler
DaimlerChrysler
Mitsubishi
Bosch
DaimlerChrysler
BMW
BMW
Smart
Porsche
Fiat

229
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Da Businesspläne alleine oft nicht als Entscheidungsgrundlage ausreichen, sollte eine
Entscheidungssystematik mit strategischen Kriterien zur Anwendung kommen, wie
sie z.B. Abbildung 3-28 zeigt. Dadurch wird der Entscheidungsprozess versachlicht
und kann dann oft mit weniger Diskussion und Zeitaufwand erfolgen. Jedes Mitglied
des strategischen Projektausschusses bewertet das Projekt subjektiv nach vereinbarten
Kriterien mit standardisierter Gewichtung. Wie bei einer Nutzwertanalyse wird dann
ein Punktwert ermittelt der dann zur Priorisierung dient. Wesentliche Kriterien wie
strategische Bedeutung, wirtschaftlicher Nutzen und das Projektvolumen lassen sich
dann im Portfolio visualisieren (Abbildung 3-29).

Abbildung 3-28: Beispiel für eine Systematik zur strategischen Bewertung von Projekten

Bewertung: Gewicht: V E L P ø Kennzahl


Strategische Bedeutung (hohe = 5, keine = 0) 20

W irtschaftlicher Nutzen/Ertragspotential (hoher = 5, kein = 0) 20

Marktrisiko (hohes = 5, kein = 0) 10

Technologischer Nutzen (hoher = 5, kein = 0) 10

Technische Machbarkeit (problemlos machbar = 5, nicht machbar = 0) 20

Entwicklungsrisiko (bei Eigenentwicklung) (kein = 5, hohes = 0) 10

Verfügbare Kapazität (ausreichend = 5, keine = 0) 10

¦
PM-Office Vertrieb (V) Entwicklung (E) Logistik (L) Produktion (P)

Datum / Unterschrift Datum / Unterschrift Datum / Unterschrift Datum / Unterschrift Datum / Unterschrift

Abbildung 3-29: Portfoliodarstellung der strategischen Bewertung der Projekte

G
Strategische Bedeutung

4 A I K

3 L J
E
2
H
D F
1
B
C

0
1 2 3 4 5
Wirtschaftlicher Nutzen

230
Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM (Projektportfolio-Management)
3.4
In größeren Unternehmen mit mehr als 20 parallel laufenden Projekten bietet es sich
an, das Gesamtportfolio nach Geschäftsbereichen bzw. Projektarten aufzuspalten.
Abbildung 3-30 zeigt dies schematisch.

Abbildung 3-30: Aufspaltung des Gesamtprojektportfolios nach Projektarten

Projektportfolio (Gesamt)
positionierung hoch
Beitrag zur
Markt-
niedrig

niedrig hoch
Wirtschaftlichkeit

Projektportfolio Projektportfolio Projektportfolio Projektportfolio


(Serienprojekte) (Applikationsentwicklung) (Produktentwicklung) (Grundlagenentwicklung)
Beitrag Marktpos.
Beitrag Marktpos.

Beitrag Marktpos.

Beitrag Marktpos.

Wirtschaftlichkeit Wirtschaftlichkeit Wirtschaftlichkeit Wirtschaftlichkeit

Neben diesem rollierenden Planungs- und Selektionsprozess hat die übergeordnete


Unternehmensplanung noch einen wesentlichen Einfluss auf das Projektportfolio. Im
Rahmen der Geschäftsjahresplanung werden in der Regel strategische Vorhaben und
Maßnahmen zur Umsetzung der Unternehmensziele definiert und budgetiert. Im
Zuge dieser Geschäftsplanung wird das Projektportfolio besonders intensiv durch-
leuchtet. Zum Einen liefert es fundierte Aussagen über den Beitrag der laufenden
Projekte zum Geschäftserfolg bzw. zur Kostenstruktur des Unternehmens und zum
Anderen gibt die Geschäftsplanung den Rahmen für die finanziellen, personellen und
technischen Ressourcen (Investitionen) vor. Damit kommt dem strategischen Multi-
Projektmanagement eine wichtige Rolle in der jährlichen Unternehmensplanung zu.
Abbildung 3-31 zeigt beispielhaft einen Planungskalender.

231
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-31: Beispiel: Planungskalender strategische Projekt-/Programmplanung

Verantw. Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb

Strategische Planung

Strategieabgleich
= Freigabe
Portfolioplanung
2. Planungsreview
(aktuelles Jahr)

F&E-Planung
Neue Technologien...

Priorisierungs- und
Abstimmungsrunden
F&E-Programm fertig

Detailplanung Portfolio

Genehmigung durch GF
1. Planungsreview
(aktuelles Jahr)

3.4.4 Projektportfolio-Controlling
Permanent und unabhängig von der sequenziell ablaufenden Initiierungs- und Pla-
nungsphase sowie der Freigabe des Projektportfolios überwacht das zentrale Mul-
tiprojekt-Controlling (Projektmanagement Office) das Projektportfolio. Dazu ist eine
professionell und systematisch aufgebaute Projektmanagement-Infrastruktur nötig, zu
der beispielsweise ein standardisiertes Projektportfolio-Berichtswesen gehört. Im mo-
natlichen Turnus, aber mindestens zu den regelmäßigen Sitzungen des strategischen
Projektausschusses (siehe 3.2) wird eine aktuelle Übersicht aller Projekte und Pro-
gramme des Portfolios erstellt. Die Basisinformationen dafür liefern die Statusberichte
der Einzel-Projekte und Programme, die vom PM-Office verdichtet werden. Abbil-
dung 3-32 zeigt das Zusammenspiel im Zeitverlauf.

232
Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM (Projektportfolio-Management)
3.4
Abbildung 3-32: Zusammenspiel der PM-Ebenen im Portfoliocontrolling

GF/Bereichs- Portfolio-
Freigabe

Strategische Ebene
leitung

Portfolio- Strat. Projektaus-


schusssitzung
board

Portfolio-

Portfolio-
planung

planung
Projekt Portfolio-
Management

initiierung
initiierung

Portfolio-
Controlling
Portfolio-

Office

Konsolidierung
Statusberichte
Fach-
abteilungen

Operative Ebene
P4

Lenkungs- P2
ausschuss
Eskalation

P1
Einzelprojekt-/ P3
Programm- Statusberichte
Management Einzelprojekt-/Programmcontrolling für P1 bis Pn

Das strategische Multi-Projektmanagement überwacht und steuert die Situation in den


Projekten und Programmen. Es stößt Maßnahmen zur Reaktion auf Planabweichun-
gen beziehungsweise Veränderungen im Projektumfeld, bei anderen Projekten, in der
Linienorganisation oder der Unternehmensstrategie an. Die Vermeidung bzw. Koordi-
nation von Eskalationen bei Budget-, Ressourcen- oder Terminkonflikten zwischen
Projekten ist eine der wichtigsten Aufgaben des strategischen Multi-
Projektmanagements. Vielfach wird auch das Änderungsmanagement zentral durch
ein PM-Office unterstützt bzw. ein Standard-Verfahren und System zur Verfügung
gestellt. Projektziele, Qualitätskriterien, Termine, Kosten und Kapazitäten der Projekte
und Programme werden regelmäßig mit den Projektleitern oder Programmdirektoren
über die Steuerkreise abgestimmt. Dadurch werden Risiken frühzeitig erkannt, so dass
das Multi-Projektmanagement im PM-Office Fehlentwicklungen entgegensteuern und
den standardisierten Wissenstransfer innerhalb des Unternehmens sicherstellen kann.
Dabei spielt die Vorbereitung und Moderation der PM-Tafelrunde (siehe 3.2) eine
wesentliche Rolle. Wichtigstes Instrument in der Controllingphase ist deshalb ein
zentrales Reporting, das die wesentlichen Statusinformationen aus den Einzelprojek-
ten in einer Übersicht für das Management verdichtet. Abbildung 3-33 stellt mögliche
Reporting-Ebenen schematisch dar.

233
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-33: Ebenen des Multiprojekt-Reporting

Multi-
Top GF Projekt-
Liste
Management

management
Eskaltions-
Multi-Projekt
GB1 GB2 GB3

Reviews
Geschäftsbereiche

Projekt-
Cockpit

Single-Projekt
Fachabteilungen E V P Cockpit

Kritische Projekte des Portfolios müssen auf den ersten Blick ersichtlich sein (Ampel-
funktion), genauso wie Engpassressourcen, die dann in den Steuerungsgremien prio-
risiert werden. Eine Multiprojektliste eines Systemlieferanten zeigt Abbildung 3-34.

Abbildung 3-34: Beispiel Multiprojektliste mit Ampelbewertung

234
Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM (Projektportfolio-Management)
3.4
Um die Aktualität der Multi-Projekt-Liste sicher zu stellen und kritische Projekte und
Programme im Detail verfolgen zu können, ist eine professionelle Vernetzung der
Terminpläne auf allen Ebenen des Projektportfolios anzuraten. Leistungsfähige PM-
Tools bieten diese Funktionalität. Allerdings ist darauf zu achten, dass die Vernetzung
nicht übertrieben wird, weil damit die Performance der Systeme radikal sinkt und das
gesamte System aufgrund der Komplexität nicht mehr beherrschbar ist. In der Praxis
hat sich eine Struktur auf 3 Ebenen bewährt: Portfolio-Ebene, Geschäftsbereichs / Pro-
gramm-Ebene und Projekt-Ebene (Master-Terminplan). Abbildung 3-35 zeigt die Ter-
minplanstruktur eines Systemlieferanten.

Abbildung 3-35: Terminplanstruktur für einen Systemlieferanten

Gesamt-Projektportfolio
Projekt 1
Projekt 2
Projekt 3
Projekt 4
Projekt 5
Projekt 6
Projekt 7
Projekt 8
Geschäftsbereich BMW
Geschäftsbereich DC
Projekt 1 Projekt 7
Projekt 2
Geschäftsbereich VW Projekt 8
Projekt 3
Projekt 4
Projekt 5
Projekt 6

DS [W255] DS [S275]
MX [E63] MX [E85] MX [E92]

RS [PQ29] RS [PQ44] RS [PQ50]

Bezogen auf eine begrenzte Anzahl von Projekten innerhalb eines Geschäftsbereichs
oder innerhalb einer Projektart oder eines Programms können aktuelle Statusinforma-
tionen über die Projekte natürlich weitaus detaillierter berichtet werden. Das Mul-
tiprojekt-Cockpit ist ein Instrument, das analog zum Singleprojekt-Cockpit (siehe 2.7)
die vier wesentlichen Reporting-Bereiche Kosten, Termine, Fortschritt und Wirtschaft-
lichkeit übersichtlich für mehrere Projekte visualisiert. Abbildung 3-36 zeigt das Prin-
zip.

235
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-36: Multiprojekt-Cockpit als Berichtsinstrument 140

Kostenverfolgung Sachfortschritt
abgeschlossene Aufgaben

Soll
Projekt A Projekt A Projekt E bis 02/2006

Projekt B Projekt B bis 05/2005

Projekt C Projekt C

Projekt D Projekt D bis 09/2005

03 05 07 09 11 03 05 07 09 11
2004 2005 2004 2005
heute heute

Terminverfolgung Wirtschaftlichkeit
Abweichung in KW (Kalenderwochen)
Verzug Plan Vorsprung SOP Break-Even-
ROI-Prognose
+1 -2 -3 geplant Prognose
+3 +2 0 -1
Projekt A 01.06.04 letzte Aktuelle +/- % letzte Aktuelle +/- %
Periode Periode Periode Periode
Projekt B 07.08.04
Projekt A
Projekt C 04.06.05
Projekt B
Projekt D 15.09.05
Projekt C
Stand aktueller Bericht
Stand letzter Bericht Projekt D

3.4.5 Projektportfolio-Bereinigung
In der Controllingphase des strategischen Multi-Projektmanagements spielen die
Projektreviews zu den Meilensteinen und zum Abschluss der Einzel-Projekte eine
wichtige Rolle für den Wissenstransfer zwischen Projekten. Außerdem setzt ein sys-
tematischer Abschluss die Ressourcen frei, die das Nachbarprojekt dringend benötigt.
Aus Sicht des Projektportfolio-Managements ist der Abschluss eines Einzel-Projektes
(siehe 2.7) auch der Zeitpunkt zu dem eine Bereinigung des Portfolios durchgeführt
wird. Das abgeschlossene Projekt wird zu diesem Zeitpunkt letztmalig vom Steuer-
kreis bzw. Projektausschuss begutachtet. Das PM-Office entfernt das Projekt dann aus
allen Übersichten und Berichtsstrukturen. Dadurch bleibt das Portfolio langfristig
überschaubar, weil nur wirklich aktive Projekte verfolgt werden.

140 vgl. Wildemann (2004b), S. 64

236
Prozess und Methoden des strategischen Multi-PM (Projektportfolio-Management)
3.4
3.4.6 Softwareunterstützung
Die Tätigkeiten während der Initiierungs-, Planungs- und Controllingphase des stra-
tegischen Multi-Projektmanagements sollte ein leistungsfähiges Werkzeug unterstüt-
zen. Es sollte die wesentlichen Stammdaten und Statusinformationen aus den Einzel-
projekten zentral verwalten (Einmal-Erfassung). Darüber hinaus bieten verschiedene
Tools die Unterstützung von Genehmigungs- und Freigabeprozessen mit entspre-
chenden elektronischen Vorlagen und Workflows. Für die Projektselektion und die
Priorisierung von Vorhaben sind Portfolioauswertungen und flexibel generierbare
Berichtslisten und Projektübersichten notwendig. Weiterhin benötigt das Multiprojekt-
controlling einen „Cockpit-Generator“ mit Hilfe dessen die Statusberichte der Einzel-
projekte zum Multiprojekt-Cockpit (siehe oben) verdichtet werden können. Abbildung
3-37 zeigt das Zusammenspiel der verschiedenen DV-Werkzeuge im Multiprojektcon-
trolling.

Abbildung 3-37: DV-Werkzeuge für das Multiprojektcontrolling

Legende:
Projektleiter
IST Projekt-Welt
Plan
Obligo
Stundenerfassung Rechnungs- Terminplanung
Stammdatenpflege wesen Fachabteilungen
(Ressourcen)

Unternehmens-Welt Standard-
terminpläne
Controlling
Finanz-
Kosten- Kosten- Leistungs-
wesen ver-
arten- stellen-
rechnung rechnung rechnung
Multi-
Projekt-
Rechnung Rechnungs- Reporting
eingang Portfolio-
management
Material-
wirtschaft
Bestellung

Einkauf PM-Office

237
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
3.5 Prozess und Methoden des operativen
Multi-PM (Programm-Management)
Ein Programm ist eine Menge von Projekten und zeitlich begrenzter Aufgaben inner-
halb eines Unternehmens, die in einem Zusammenhang stehen. Programme sind zeit-
lich und organisatorisch begrenzt. Die Kopplung der im Rahmen eines Programms zu
erfüllenden Projekte erfolgt nicht nur durch gemeinsame Ziele, sondern auch durch
ein Programmbudget, Programmtermine, Programmstrategien, organisatorische Re-
geln und ggf. ein gemeinsames Programmmarketing. Im Gegensatz zum strategisch
ausgerichteten Projektportfolio-Management, bei dem der Multi-Projektmanager oder
das PM-Office eine reine Koordinations- und Controllingfunktion ausübt, hat der
Programm Manager die volle operative Verantwortung für alle Projekte, die seinem
Programm zugeordnet sind. Er muss deshalb auch in viel stärkerem Maße Führungs-
aufgaben wahrnehmen und als Unternehmer im Unternehmen agieren. Folgende
Aufgaben nehmen Programm Manager im Regelfall wahr: 141

„ Gesamtverantwortung für die Planung und Steuerung der Einzelprojekte im Pro-


gramm

„ Führung des Programmteams, bestehend aus den Projektleitern der Einzelprojekte


und den Mitarbeitern des Programmoffice (sofern vorhanden)

„ Lösung von Abstimmungsproblemen und Prioritätenkonflikten zwischen den


Projekten im Programm

„ Informationsfluss und Kooperation zwischen den Projekten und zum Programm-


steuerkreis hin gestalten

„ Projektübergreifende Ressourcen- und Budgetplanung und –steuerung


„ Projektübergreifende Terminplanung und Fortschrittskontrolle
„ Vertretung des Programms gegenüber internem und externem Auftraggeber

3.5.1 Struktur und Organisation von Programmen in der


Automobilindustrie
Programme haben eine höhere Komplexität, meist eine längere Dauer, ein höheres
Budget und ein höheres Risiko als Einzel-Projekte. Sie sind im Vergleich zu Projekten
strategisch von höherer Bedeutung, weil sie meist einen sehr viel größeren Beitrag
zum Unternehmenserfolg leisten.

141 Vgl. Lomnitz (2001), S. 71

238
Prozess und Methoden des operativen Multi-PM (Programm-Management)
3.5
Automotive-Programme haben je nach Projektgegenstand einen unterschiedlichen
Aufbau und weisen damit auch verschiedene Strukturen auf. Typische Programme in
der Automobilindustrie sind z.B.

„ die Entwicklung einer neuen Produktgruppe (Allgemein)


„ die Entwicklung einer neuen Fahrzeuggeneration (Baureihe) aus OEM-Sicht
„ die Entwicklung neuer Komponenten/Systeme/Module für eine Plattform oder
eine Fahrzeug-Baureihe inkl. Produktionsanlagen aus Sicht eines Zulieferers

„ der Bau von mehreren Werken/Produktionsanlagen/Werkzeugen für das gleiche


Produkt/System/Fahrzeug an verschiedenen Standorten zu verschiedenen Termi-
nen aus Sicht des Anlagenlieferanten

Abbildung 3-38 zeigt das fiktive Beispiel einer Automotive-Programmstruktur.

Abbildung 3-38: Programmstruktur bei einem Automobilzulieferer

Programm
DC BR 999

Produktions- Plattform- Türen Türen Türen


Logistik
anlage entwicklung W 999 Z 999 V 999

Konzept Engineering Konzept +


Entwicklung Entwicklung Entwicklung
Pflichtenheft

Prozess- Beschaffung Produktions- Produktions- Produktions-


Standards
planung planung planung planung

Implemen- Inbetrieb- Übernahme-


nahme Serienanlauf Serienanlauf Serienanlauf
tierung teile

Anlauf Einzel-Projekt

Teilprojekt

Synchronisation

Um einerseits die unternehmerische Selbständigkeit von Einzel-Projekten zu ermögli-


chen und andererseits die Vorteile von Synergien zu nutzen, bedarf es einer spezifi-

239
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
schen Programmorganisation. Typische Programmrollen sind der Programmauftrag-
geber, der Programm Manager und das Programmteam, das aus den Projektleitern der
Einzelprojekte im Programm besteht. Der Programmauftraggeber kann sich durchaus
von den Auftraggebern der Einzel-Projekte im Programm unterscheiden. Abbildung
3-39 zeigt diesen Zusammenhang.

Abbildung 3-39: Programmorganisation 142

P r og
ra m
Programm- m or
ganis
Auftraggeber ation
(GF)

Strategischer
Projekt-Ausschuss
eam Programm-
m mt Manager
gra
P ro

Programm-
Office Projekt Z

Projekt W Projekt V Projekt A

Typische Kommunikationsstrukturen im Programm sind Programmauftraggeber-


Meetings (Analog Projektsteuerkreis) und Programmteam-Meetings.

3.5.2 Der Prozess des Programm-Managements


Methodisch wird beim Programm-Management genauso vorgegangen wie beim Ein-
zelprojektmanagement (vgl. Kapitel 2). Der Programm-Management-Prozess erfolgt
kontinuierlich über die Programmdauer und gliedert sich in Programm-Initiierung,
Programm-Planung, Programm-Controlling und Programm-Abschluss. Bezogen auf
die einzelnen Projekte im Programm nimmt der Programm Manager gezielten Einfluss
auf Projektdefinition, Projektplanung, Projektsteuerung und Projektabschluss. Abbil-
dung 3-40 verdeutlicht schematisch den Prozess des Programm-Managements.

142 vgl. Gareis (2001)

240
Prozess und Methoden des operativen Multi-PM (Programm-Management)
3.5
Abbildung 3-40: Programm-Management-Prozess schematisch
Programmmanagement

Programm- Programm- Programm- Programm-


Initiierung Planung Controlling Abschluss

Projekt A
Programm

Projekt B Projekt E

Projekt D

Projekt C Projekt F

3.5.3 Programm-Initiierung
Die Initiierung von Programmen in der Automobilindustrie erfolgt je nach Art des
Programms auf unterschiedliche Weise.

„ Das Programm wird im Rahmen der Projektportfolioplanung „geschnürt“, weil


mehrere geplante Projekte (meist eine neue Baureihe, Produktlinie, interne F&E-
oder Organisations-/DV-Projekte) Synergien aufweisen und / oder auf gemeinsame
Ressourcen zugreifen, so dass eine Bündelung dieser Projekte sinnvoll erscheint.

„ Die Unternehmensorganisation sieht vor, dass es kunden- oder produktorientierte


Geschäftsbereiche gibt, die ihre Projekte als Programme führen (Bereichsleiter =
Programmdirektor). In einigen Unternehmen fungieren auch Key Account Mana-
ger als Programm Manager für die Projekte, die für ihren Kunden abgewickelt
werden.

241
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
„ Der Kunde fordert einen zentralen Ansprechpartner als Programm Manager (mit
entsprechenden Vollmachten und Weisungsbefugnis gegenüber den Projektleitern)
für alle Projekte die dieser Kunde beauftragt.

„ Ein großes Projekt ist aufgrund seiner Komplexität und internen wie externen
Schnittstellen so „ausgeufert“ dass es nicht mehr beherrschbar ist und muss jetzt in
einzelne separate Projekte zerlegt werden die dann eigenständig vom jeweiligen
Projektleiter geführt werden. Die Gesamtkoordination erfolgt dann über einen ge-
meinsamen Masterplan und den Programm Manager.

„ Einzelne, bereits laufende Projekte weisen Redundanzen auf und haben eine Viel-
zahl von Schnittstellen und/oder gemeinsamen Ressourcen. Zur Optimierung wird
eine Gesamtsicht angestrebt. Ein Programm Manager wird eingesetzt und ein ge-
meinsamer Masterplan entwickelt.

Methodisch wird der Initiierungsprozess analog dem Einzelprojekt im Projektportfolio


gehandhabt (siehe 3.4). Für die Definition der Programmziele und Programmorganisa-
tion gelten die gleichen Regeln und Vorgehensweisen wie sie für Einzelprojekte in
Kapitel 2.5 beschrieben sind.

3.5.4 Programm-Planung und Programm-Controlling


Die Aufgaben von Programm-Planung und -Controlling beziehen sich im Wesentli-
chen auf:

„ Budgetplanung und –controlling als Zusammenfassung aller Einzelprojekte


„ Terminplanung und Fortschrittscontrolling mit besonderer Berücksichtigung aller
Abhängigkeiten und Synergien der Projekte untereinander

„ Programm-Reporting als Gesamtübersicht aller Projekte im Programm.


Ein Beispiel für die Terminplanungs- und –controllingstruktur von Programmen eines
Automobilzulieferers zeigt die Abbildung 3-41.

242
Prozess und Methoden des operativen Multi-PM (Programm-Management)
3.5
Abbildung 3-41: Terminplanungs- und –controllingstruktur von Programmen

DaimlerChrysler-Programm Volkswagen-Programm
BMW-Programm
Projekt 1 Projekt 1 Projekt 1

Projekt 2 Projekt 2 Projekt 2

Projekt 3 Projekt 3 Projekt 3

RS [E99] RS [E95] RS [E77] LS [S301] LS [W310] GS [T4] GS [T5] GS [T6]

Qualität Betriebs- Qualität Betriebs-


Entwicklung Logistik mittel Anlauf Entwicklung Logistik mittel Anlauf

Ein wichtiger Erfolgsfaktor liegt dabei in der sinnvollen dynamischen Vernetzung der
Einzelprojekte an den Stellen, wo gemeinsame Informationen, Technologien, Ressour-
cen etc. genutzt werden. Nur so lassen sich die Synergiepotenziale ausschöpfen und
Risiken durch gegenseitige Abhängigkeiten minimieren. In Kapitel 2.4.8 sind wir be-
reits auf das Thema Quality Gates und Synchronisationspunkte eingegangen. Diese
Methoden spielen vor allem bei technischen Abstimmungsprozessen zwischen Projek-
ten eines Programms eine große Rolle. Um die Komplexität der wechselseitigen Ab-
hängigkeiten beherrschen zu können, nutzen die Programm-Manager PM-Tools, die
eine dynamische Verlinkung zwischen Projekten erlauben. Abbildung 3-42 zeigt das
Beispiel eines dynamisch vernetzten Masterplanes für ein Programm als Screenshot.

243
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-42: Screenshot eines vernetzten Programmmasterplanes 143

3.5.5 Programm-Abschluss
Der Abschluss eines Programms erfolgt sobald dessen letztes Projekt abgeschlossen
ist. Analog dem Abschluss eines Einzel-Projektes (siehe 2.7) wird ein Programm-
Abschluss-Review durchgeführt, ein Abschlussbericht dokumentiert und die Pro-
gramm-Organisation aufgelöst.

Eine wesentliche Grundlage für ein funktionierendes Programm-Management bildet


das Ressourcenmanagement. Ohne verlässliche Planung und Verfügbarkeit der Res-
sourcen kann ein komplexes Programm nicht professionell koordiniert werden.

143 Quelle: Actano

244
Prozess und Methoden des Ressourcenmanagements
3.6
3.6 Prozess und Methoden des
Ressourcenmanagements
Das Ressourcenmanagement stellt sozusagen die Klammer über alle Hierarchieebenen
der Multi-Projektportfolio dar (siehe auch Abbildung 3-4). Aus Sicht eines „Pro-
gramms“ oder „Projekt-Portfolios“ geht es im Wesentlichen um das Erkennen und
Verwalten von „Engpässen“. Den Autoren ist kein Unternehmen in der Automobilin-
dustrie bekannt, deren Projektmanagement nicht regelmäßig mit Ressourcenkonflik-
ten und Engpässen zu kämpfen hat. Ein zentral z.B. durch ein PM-Office koordiniertes
Ressourcenmanagement liefert wertvolle Informationen für die Notwendigkeit der
Priorisierung von Projekten und ein effektive Einsteuerung neuer Projekte unter Be-
rücksichtigung der verfügbaren Ressourcen.

3.6.1 Systematik und Organisation des Ressourcen-


managements
Generell vertreten die Autoren die Auffassung, dass ein Ressourcenmanagement in
der Multiprojektumgebung eines Automobilunternehmens so dezentral wie möglich
und so zentral wie nötig aufgebaut werden sollte. In der einschlägigen Fachliteratur
wird das Thema unter den Überschriften Kapazitätsplanung und –steuerung, Ein-
satzmittelmanagement und Ressourcenmanagement unterschiedlich vertreten. Gene-
rell fällt aber auf, dass mathematische Modelle und Berechnungsmethoden oft mehr
Raum einnehmen als die praktische Organisation und Kommunikation der Zusam-
menarbeit zwischen den Projekten (Ressourcenbedarf) und den Linienabteilungen
(Ressourcenangebot). Die Erfahrung in den Unternehmen der Automobilindustrie und
hier speziell auf der Zulieferer-Seite zeigt aber, dass in der Praxis nur einfache und
pragmatische Lösungen wirklich gelebt werden. Ein funktionierendes, zentrales Res-
sourcenmanagement mit einer damit einhergehenden komplexen Administration und
DV-Unterstützung ist den Autoren noch in keinem Unternehmen begegnet. Demnach
sollte ein praktikables Ressourcenmanagement die wesentliche Verantwortung für die
Datenpflege und Ressourcensteuerung bei den Ressourcenverantwortlichen in der
Linienorganisation belassen. Im Rahmen des Multi-Projektmanagements hat dann das
zentrale PM-Office die Aufgabe, die Informationsplattform und zentrale Standards zur
Verfügung zu stellen und die dezentralen Informationen für eine Gesamtübersicht zu
verdichten (Abbildung 3-43).

245
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-43: Organisation des Ressourcenmanagements

PM-Office / Unternehmensleitung
Ressourcen- (strategischer Projektausschuss)
management

Vertrieb Logistik, Entwick- Versuch Produk-


Projekt A Einkauf lung tion

Projekt B
.. .. .. ..
. . . .
Projekt C Arbeitspakete
.. als Leistungs-
. vereinbarung
Projekt D ..
.
.. .. ..
. . .

Projekt D

Projekt C
Projekt B
regelmäßige Termin- und
Kapazitätsbesprechung Projekt A
pro Engpassressource Grundlast
Abteilung Entwicklung

Im Wesentlichen geht es darum, bei Prioritätskonflikten und Engpässen aufgrund von


Projektproblemen oder Änderungen eine Neukonstellation der Ressourcenzuordnung
auf die jeweiligen Projekte anzustoßen. Dies kann nur gemeinsam mit allen Beteiligten
in regelmäßigen projektübergreifenden Termin- und Kapazitätsbesprechungen erfol-
gen. Das zentrale PM-Office spielt dabei die Rolle des Moderators und bereitet die
notwendigen Ressourcen- und Terminübersichten in der Gesamtschau auf. Die Ver-
einbarungen und Entscheidungen müssen einvernehmlich zwischen den Beteiligten
aus Projekt und Linie getroffen werden. Maßnahmen für die Verschiebung von Ar-
beitspaketen, Mehrarbeit, Beschaffung externer Ressourcen oder andere Lösungen
müssen ohnehin auf dieser operativen Ebene umgesetzt werden. Wenn hier keine
Einigung erzielbar ist, kann das Thema immer noch in die Steuerkreise bzw. den stra-
tegischen Projektausschuss eskaliert werden. Abbildung 3-44 zeigt das Beispiel einer
dezentralen abteilungsbezogenen Ressourcenplanung.

246
Prozess und Methoden des Ressourcenmanagements
3.6
Abbildung 3-44: Beispiel: Ressourcenplanung der Abteilung Konstruktion eines Zulieferers

Kapazitätsplan Konstruktion mech.


Proj.-Nr. Projektbezeichnung Jahr1 Jahr 2
10 11 12 1/02 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Eigenkapazität 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000 15.000

Sonst. Projekte AB/AE 11.400 8.400 7.400 5.800 5.500 5.200 4.900 4.600 4.400 4.400 4.400 4.400 4.200

521 Daimler (8 Mio) 1.000 3.000 3.000 4.000 2.000 1.000 500 500 1.000 1.000 1.000 500 500

522 VW (5 Mio.) 3.800 3.600 3.600 2.300 1.300 1.300 1.300 500 500 500 500 300 300

617 Volvo (4 Mio.) 1.500 1.500 2.000 5.000 5.000 5.000 3.000 1.000 1.000 1.000 1.000 500 500

803 BMW (6 Mio.) 500 1.000 2.000 2.000 1.000 500 500 500

......... ................

Fremdkapazität 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000
Summe Aufträge 18.350 17.500 18.000 19.100 14.800 13.000 10.200 7.100 6.900 6.900 6.900 5.700 5.500
Konstr. Mech. Freie Kapazität (EK+FK - 26.650 27.500 27.000 25.900 30.200 32.000 34.800 37.900 38.100 38.100 38.100 39.300 39.500

25.000

20.000

Eigenkapazität
15.000

10.000

5.000

3.6.2 Aufgaben und Verantwortlichkeiten im


Ressourcenmanagement
Grundlage für eine präventiv ausgerichtete, zentrale Moderation des Ressourcenma-
nagement-Prozesses durch ein PM-Office bildet eine gelebte Multi-Projekt-Kultur mit
ihren informellen (Regelbesprechungen) und formellen (Statusberichte) Informations-
flüssen.

247
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Als Querschnittsfunktion im Multi-Projektmanagement hat ein zentraler Ressourcen-
manager eine Reihe von Eingangsinformationen zu verarbeiten und Festlegungen mit
den Beteiligten zu treffen. Als Ergebnis stehen dann Informationen über die Gesamt-
auslastung des Unternehmens zur Verfügung. Abbildung 3-45 zeigt diesen Zusam-
menhang im Überblick.

Abbildung 3-45: Informationsfluss im zentralen Ressourcenmanagement

B C Fachabteilungen
Basisvorgaben und
(dezentrale Ress.-Mgr.)
Kennzahlen (Kalender,
D Arbeitszeiten,
Planungsschema...)
PPr rio
io ri

A E
r i t tä

Standardkurve
ät te
enn

für ein Projekt


TTeerm PPr ro
rm i n oj je
inee ekkt
te e
Zentrales
Kapazitätsbedarf Ressourcenmanagement
pro Projekt

Optimierung Multikapazitätsplan
Multikapazitätsplan optimiert

Alternativen

Die einzelnen Informationsbereiche und Aufgaben beschreiben wir im Folgenden


näher.

„ Eine zentrale Aufgabe des zentralen Ressourcenmanagement besteht darin, einen


Standard-Kalender und eine Standard Planungsschema für alle dezentralen Res-
sourcenverantwortlichen im Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Dabei sind
Restriktionen des Unternehmensumfelds zu berücksichtigen (Mitsprache des Be-
triebsrats, Arbeitszeitmodelle, Urlaubs- und Schulungszeiten, …).

„ Aus den Einzelprojekten wird, abgeleitet aus der Aufwandsermittlung der Kapazi-
tätsbedarf ermittelt. Dieser wird in Form von Arbeitspaketen mit den jeweiligen
Ressourcenverantwortlichen (i.d.R. Abteilungsleiter) vereinbart (siehe 2.6).

248
Prozess und Methoden des Ressourcenmanagements
3.6
„ Aus der Phase Initiierung und Planung des Projektportfolio-Management werden
immer wieder neue Projektanträge als Szenarien in die Gesamtressourcenplanung
eingelastet, um eine Entscheidungsgrundlage für den strategischen Projektaus-
schuss bei der Selektion und Priorisierung der Projekte zu erhalten (siehe Kap. 3.4)

„ In den Fachbereichen / -abteilungen werden durch die Ressourcenverantwortli-


chen dezentral folgende Informationen aufbereitet und gepflegt:

1. Standardauslastungskurven je Projektart

2. Kapazitätsangebot bzgl. Personal (inkl. Skillprofile, soweit erforderlich) und


technischen Ressourcen

3. Basisauslastung durch Linienaufgaben, Kleinprojekte, Vertrieb, Kundenbetreu-


ung etc.

4. Bereichs-/Abteilungsspezifische Ressourcenplanung basierend auf den aktuelle


eingelasteten Projekten und den Vereinbarungen (Änderungen) mit den Pro-
jektleitern und dem zentralen Multi-Projektmanagement (PM-Office)

Auf Basis obiger Informationen liefert das zentrale Ressourcenmanagement dann eine
Multiprojekt-Ressourcensicht, mit der verschiedene Planungsszenarien simuliert wer-
den können. Die Frage ist in vielen Fällen, ob ein neues Projekt termintreu oder kapa-
zitätstreu eingelastet werden soll. Dies hängt von der Priorität und den Zielen des
Projekts ab und ist letztendlich vom Projektausschuss zu entscheiden.

3.6.3 Gezielte Planung von Engpass-Ressourcen


Die Schnittstellen und Abhängigkeiten zwischen Projekten, die auf gemeinsame Res-
sourcen zugreifen, müssen regelmäßig aus den aktuellen Terminplänen der Einzelpro-
jekte abgeleitet werden. Um den Planungs- und Steuerungsaufwand in Grenzen zu
halten, ist dies aber nur bei den strategisch wichtigen Engpassressourcen sinnvoll.
Abbildung 3-46 zeigt dies anhand der Terminplanstruktur im Projektportfolio eines
Systemlieferanten.

249
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Abbildung 3-46: Vernetzung von Terminplänen an Engpassressourcen

Projekt Projekt
BMW E99 DC V99

i i

Entwicklung Betriebsmittel Serienanlauf Entw.

Mechanik Elektronik Mechanik Elektronik

i i
i i i

Planung Planung Planung


Klimakammer Sommertests Wintertests

3.6.4 Ablauf des Ressourcenmanagements


Ressourcenmanagement als Querschnittsfunktion braucht klare Regeln und Abläufe
damit alle Beteiligten reibungsarm und effizient zusammenarbeiten können. Im Fol-
genden sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren aufgelistet.

„ Steuerung der eigenen und der externen Ressourcen (z.B. Entwicklungs-


dienstleister)

„ kritische Einsatzmittel/Ressourcen detailliert planen und verfolgen


„ schriftliche Vereinbarung der Anforderungen an die Ressourcen (siehe den Ar-
beitspaketauftrag in Kapitel 2.6)

„ optimale Verteilung der Einsatzmittel/Ressourcen auf die Projekte nach den Priori-
täten des Projektportfolios (Projektausschuss)

„ systematische Verfolgung der eingesetzten Ressourcen im Rahmen der Projekt-


steuerung (Statusberichte) und durch die Ressourcenverantwortlichen (Linienma-
nagement)

250
Prozess und Methoden des Ressourcenmanagements
3.6
„ frühzeitiges Beheben vorhersehbarer Ressourcen-Engpässe durch Regelbespre-
chungen (Termin- und Kapazitätsbesprechung pro Bereich) mit Moderation (PM-
Office)

„ geregeltes Eskalationsverfahren zum Beheben akuter Engpässe (Steuerkreise, Pro-


jektausschuss)

„ eine Gesamtübersicht der einsetzbaren Ressourcen und deren Belastung durch


laufende und geplante Projekte im Zeitverlauf

Der dezentrale Ressourcenverantwortliche ist für die termingerechte Erledigung aller


projektbezogenen Aufgaben seines Bereichs verantwortlich. Ihn interessieren die
bestmögliche Verteilung der Arbeiten auf seine Mitarbeiter und die hohe und gleich-
mäßige Auslastung seiner Abteilung. Abbildung 3-47 zeigt einen Screenshot der Res-
sourcenplanung aus Sicht eines Abteilungsleiters.

Abbildung 3-47: Screenshot: Dezentrale, abteilungsbezogene Ressourcenplanung 144

144 Quelle: Actano

251
Management mehrerer Automotive-Projekte („Multi-PM“)
3
Das zentrale Ressourcenmanagement koordiniert bereichsübergreifend und projekt-
übergreifend die gesamte Ressourcensituation, ohne operativ in die Befugnisse der
Ressourcenverantwortlichen einzugreifen. Es bedient sich der dezentralen Informatio-
nen und bereitet diese für Planungsszenarien und Portfolioentscheidungen auf. Ab-
bildung 3-48 zeigt ein Ressourcenszenario anhand eines Screenshots.

Abbildung 3-48: Ressourcenszenario aus Sicht der zentralen Ressourcenplanung 145

RPlan Ressourcenmanager
Trennung von
Anforderungs- und
Freigabesichten

Szenario-
Planung

Zusammenfassend können die Autoren dem Thema Multiprojektmanagement in der


Automobilindustrie noch großen Handlungsbedarf attestieren. Nur wenige Unter-
nehmen der Branche, vor Allem im Bereich der Zulieferer, sind hier bereits professio-
nell aufgestellt. Allerdings ist auch ein hoher Reifegrad der Organisation und der
Projektmanagement-Prozesse erforderlich um hier erfolgreich tätig zu sein. Es besteht
also noch viel Potential zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.

145 Quelle: Actano

252
4 Management
unternehmensübergreifender
Automotive-Projekte („C3PM“)

Kein anderer Aspekt beeinflusst die Projektarbeit in der Automobilindustrie heute


mehr als die zunehmende Vernetzung zwischen den Automobilherstellern und ihren
Zulieferern. Unter dem Stichwort „Cross-Company-Collaboration Projektmanagement
(C3PM)“ stellen wir in diesem Teil die wichtigsten Aspekte bzw. Besonderheiten des
Managements unternehmensübergreifender Projekte vor.

4.1 Bedeutung unternehmensübergreifender


Projektarbeit
Das Zukunftsszenario der Deutsche Bank Research „Deutschland im Jahr 2020“ zeigt
den Weg in die „Projektwirtschaft“ mit einer engen Kooperation von Spezialisten auf.

Abbildung 4-1: Wertschöpfungsmuster in 2020 146

2008 2020

zu mehr Projektwirtschaft

Mehr Spezialisierung
Unternehmen, Forschungsinstitute immer
spezialisierter (sonst droht „Ertrinken in Lösung:
Wissens-/Informationsflut“) Kooperation von

Mehr Kombinationsprodukte
+ Spezialisten!
(„Projektwirtschaft“)
erfolgreiche Produkte immer öfter nur durch
Kombination verschiedener Wissensfelder

146 www.expeditiondeutschland.de

253
G. Hab, R. Wagner, Projektmanagement in der Automobilindustrie,
DOI 10.1007/978-3-8349-4369-9_4, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Die „Projektwirtschaft“ steht für zumeist temporäre, außerordentlich kooperative und
oft globale Wertschöpfungsprozesse. Sie fußt auf dem Nährboden klassischen Wirt-
schaftens, reifer Informationstechnologien und ist insbesondere für den deutschen
Mittelstand von Vorteil: „Das Erzeugen und erfolgreiche Vermarkten von Spitzentech-
nologie und innovativen, wissensintensiven Dienstleistungen erfordert daher heute
eine Kompetenz- und Wissensbreite, die von einem Unternehmen nur noch selten
allein bereitgestellt werden kann – zumal nicht in der Geschwindigkeit, mit der die
Märkte die nächste Produktgeneration verlangen. Zwar gibt es auch zu Beginn des
dritten Jahrzehnts noch viele Reibungsverluste, wenn Spezialisten verschiedener Fel-
der eng kooperieren. Nach einer Phase des Experimentierens der Unternehmen hat
sich dennoch in vielen dieser Märkte eine flexible, oft temporäre Kooperation speziali-
sierter Unternehmen als das effizientere und – in einigen Bereichen – sogar als das
einzig praktikable Modell erwiesen.

Diese Kooperationsprojekte sind meist organisatorisch und oft auch rechtlich eigen-
ständig. Die Mutterunternehmen verleihen ihre spezialisierten Organisationsteile an
das Projekt (und stellen oft Kapital zur Verfügung). Ein wachsender Teil der deutschen
Wirtschaft ist heute daher als Folge eigenständiger Projekte mit nach Bedarf wech-
selnden Teilnehmern organisiert. Dieses Wertschöpfungsmuster passt sich der gestie-
genen (Wissens-)Dynamik der Wirtschaft flexibler an, beschleunigt den Prozess der
„schöpferischen Zerstörung“ und hilft, unnötige Fixkosten zu vermeiden. Zudem
reduziert es die Markteintrittsbarrieren für den einzelnen Projektpartner: Die Kapital-
kosten können geteilt werden.“ 147

Die Automobilindustrie ist in Sachen „Projektwirtschaft“ Vorreiter. Einerseits bringen


die schwierige konjunkturelle Lage und der verschärfte Wettbewerb in der Automobil-
industrie enorme strukturelle Veränderungen mit sich, die am besten gemeinsam
bewältigt werden. Andererseits verändert sich die Art und Weise der Zusammenarbeit
zwischen den Partnern auch durch steigende Überkapazitäten und Konzentrations-
prozesse, durch eine Internationalisierung der Absatz- und Beschaffungsmärkte,
durch eine selbst auferlegte Innovationsdynamik bei Produkten und Prozessen sowie
durch verkürzte Modell-Lebenszyklen. Starre Hierarchien lösen sich zugunsten pro-
zess- bzw. projektorientierter Strukturen auf und klar erkennbare Unternehmensgren-
zen werden zunehmend durchlässiger. Wertschöpfungsketten bilden sich über die
Unternehmen hinweg neu zu Netzwerken aus (vgl. Abbildung 4-2). Dabei suchen
Hersteller wie Zulieferer nach einer geeigneten Position im Netz. Die Automobilher-
steller konzentrieren sich zunehmend auf „Downstream“-Aktivitäten (u.a. Branding,
Vermarktung und After-Sales-Services) und markenbestimmende Kernkompetenzen
wie z.B. das Design, die Innovationen sowie die Gesamtfahrzeugintegration. Und die
Zulieferer übernehmen umfangreichere Aufgaben in der Entwicklung und Produkti-
on von Teilen, Komponenten, Modulen, Systemen oder speziellen Technologien.

147 Hofmann/Rollwagen/Schneider (2007), S. 22

254
Bedeutung unternehmensübergreifender Projektarbeit
4.1
Abbildung 4-2: Projektarbeit zwischen Hierarchie und Netzwerk

Netzstruktur

hoch
Prozessstruktur
Marktorientierung

Hierarchische
b eit
Struktur tar
ek
P ro j
d er
e in
hm
na
ts zu
x itä
m ple
gering Ko

gering mittel hoch

Projektkomplexität

Durch die Verschiebung von Schnittstellen im Produktentstehungsprozess und die


Zunahme der Integrationskomplexität sind neue Formen der Zusammenarbeit zwi-
schen den Projektpartnern notwendig. 148 Da sich die Wertschöpfung der Automobil-
hersteller in den letzten Jahren auf ca. 30 Prozent verringert hat, kommt dem Automo-
bilhersteller die Rolle des Netzwerkmanagers zu, der die eigenen Prozesse mit denen
der nominierten Zulieferer vernetzt und die Zusammenarbeit koordiniert. Der Netz-
werkmanager gestaltet die Netzwerke, er schafft die notwendigen Rahmenbedingun-
gen. Er begleitet und moderiert die Netzwerke und löst sie zum Schluss auch wieder
auf.

Dabei wird der Hersteller seine Vorstellungen über das Fahrzeugkonzept und die
erwünschten Ziele frühzeitig mit den ausgewählten Zulieferern abstimmen müssen.
Die Wahl der Partnerunternehmen wird von deren spezifischem Know-how, der Pro-
zessflexibilität und Reaktionsfähigkeit sowie der jeweiligen Unternehmenskultur ab-
hängig sein. 149 Die unternehmensübergreifende Projektarbeit wird also durch die
enge Symbiose von Herstellern und Zulieferern bestimmt - die Komplexität der Pro-
jektabwicklung steigt.

148 vgl. VDA (2003a), S. 70


149 Wildemann (2004), S. 16

255
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Das Projektmanagement steht in der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit
vor neuen Herausforderungen. Wie lässt sich durch die flexible Vernetzung der Pro-
jektpartner eine Dynamisierung in den Prozessen erreichen? Welche strukturellen
Anpassungsleistungen sind notwendig? Wie kann die Transparenz in der Wertschöp-
fungskette erhöht und eine Kultur des Vertrauens geschaffen werden? Wann und wie
müssen die Zulieferer in die Projekte eingebunden werden? Wie sieht die übergreifen-
de Planung und Steuerung der Projekte aus? Welche Möglichkeiten der Erfahrungssi-
cherung existieren im unternehmensübergreifenden Kontext?

Wir beschränken uns im Folgenden auf die operative Ausgestaltung von kooperativen
Beziehungen zwischen selbständigen – rechtlich wie wirtschaftlich unabhängigen -
Unternehmen, die allein im Sinne einer gemeinsamen Zielsetzung bzw. in Form einer
Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung zusammenarbeiten.

4.2 Organisationsformen für die Projektarbeit


in vernetzten Strukturen
Die zunehmende Vernetzung in der automobilen Wertschöpfungskette bedingt eine
Öffnung der bislang hauptsächlich nach innen orientierten Unternehmen in Richtung
ihrer Projektpartner. In Ergänzung zu den spezialisierten Fachabteilungen („Linie“),
die nach dem hierarchischen Prinzip organisiert und meistens zentral geführt werden,
entstehen nach außen orientierte und mit den notwendigen Entscheidungsbefugnissen
ausgestattete Teams. Diese übernehmen entweder spezifische, kundenorientierte Auf-
gaben (z.B. Key Account Management) bzw. Aufgaben in der kooperativen Projektab-
wicklung. Damit entsteht eine hybride Organisationsform und damit zwangsläufig ein
Spannungsfeld zwischen der auf die eigentliche Wertschöpfung spezialisierten „Linie“
und den Aktivitäten im „Projekt.“ Ziel der organisatorischen Gestaltungsaufgabe ist
es, innerbetrieblich eine vernünftige Balance zwischen „Linie“ und „Projekt“ sowie
gleichzeitig eine größtmögliche Effizienz bei der Erreichung der übergeordneten Pro-
jektziele zu erreichen. Damit geht eine zunehmende Emanzipation und Professionali-
sierung des Projektmanagements einher (vgl. Abbildung 4-3).

Allerdings nimmt damit auch zwangsläufig die organisatorische Komplexität zu. Wir
gehen hier nicht mehr im Einzelnen auf die verschiedenen Gestaltungsformen von
Projektorganisationen ein (vgl. hierzu Kapitel 2.3), sondern nur auf die Besonderheiten
unternehmensübergreifender Projekte. Dabei stehen spezifische Organisationsformen
wie Projekthäuser, virtuelle Zusammenarbeit bzw. Fragen des Informationsaustau-
sches zwischen den Projektpartnern sowie das „Resident Engineering“ im Mittelpunkt
der Betrachtungen. Schließlich werden wir auch noch auf die Instanzen zur unter-
nehmensübergreifenden Projektsteuerung eingehen und die notwendige Klärung von
Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten behandeln.

256
Organisationsformen für die Projektarbeit in vernetzten Strukturen
4.2
Abbildung 4-3: Die „Emanzipation“ des Projektmanagements

Autonomes
Projektteam

Projekt-
büro/-haus
Projektmanagement-Form

Matrix

b eit
Projekt- tar
jek
leitung P ro
er
Funktionales gd
un
Team lis ier
a
on
fe ssi
Pro
Projekt-
koordination

fachspezifische bereichsübergreifende unternehmensübergreifende


(Linien-)Projekte Projekte (Gesamtfahrzeug-)Projekte

Projektkomplexität

Unternehmensübergreifende Projekte weisen bezüglich ihrer Organisation deutliche


Unterschiede zu unternehmensinternen Projekten auf. So unterscheiden sie sich insbe-
sondere in Bezug auf die Entscheidungs- und Weisungsrechte. Entscheidungen liegen
nicht mehr zwangsläufig bei der im Unternehmen hierarchisch übergeordneten Stelle,
sondern sind in einem kooperativen Verfahren festzulegen und entsprechend auszu-
führen. Auch Weisungen unterliegen in unternehmensübergreifenden Projekten nicht
mehr automatisch dem Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnis. Verträge und „De-
liverables“ werden zum dominierenden Koordinationsmechanismus und helfen, die
am Projekt beteiligten Partner in Richtung der vereinbarten Ziele hin auszusteuern.

Ferner ist die Zeitdauer von unternehmensübergreifenden Projektorganisationen un-


terschiedlich zu der von internen Projekten. Orientieren sich diese vor allem an inter-
nen Anforderungen und bestehen in der Regel eher mittel- bis langfristig, so wird die
für unternehmensübergreifende Projekte begründete Organisation mit Beendigung
der Projektziele normalerweise wieder aufgelöst. Nur in begründeten Ausnahmefällen
(z.B. bei längerfristigen Joint Ventures) wird diese beibehalten.

257
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
4.2.1 Das Projekthaus als zentrale Drehscheibe
Die fast durchgängige Einführung von „Simultaneous Engineering“ in den Unter-
nehmen der Automobilindustrie hat eine weitgehende Integration der unterschiedli-
chen Funktionen, wie z.B. Marketing, Design, Produktentwicklung, Erprobung und
Fertigung erreicht. „Simultaneous Engineering (SE)“ ist dabei ein ganzheitlicher Lö-
sungsansatz, der besonderen Schwerpunkt auf die Organisation der Beteiligten und
den Informationsaustausch legt. 150 Dabei werden Aktivitäten entlang des Produktent-
stehungsprozesses parallelisiert, um diese Prozesse zu beschleunigen. Der damit ein-
hergehenden Erhöhung der Abstimmungskomplexität wird durch eine Standardisie-
rung von Produkten (Plattformen, Modularisierung und Gleichteilestrategien),
Prozessen und Informationssystemen begegnet. Regelmäßige Treffen der am Projekt
beteiligten Mitarbeiter schaffen ein gemeinsames Verständnis über das gemeinsame
Ziel, erleichtern die Kommunikation und verbessern damit die Lösung von Schnittstel-
lenproblemen. Diese Gestaltungsprinzipien lassen sich ebenfalls auf die Zusammenar-
beit in unternehmensübergreifenden Projekten übertragen. Dabei dient das „Projekt-
haus“ als zentrale Drehscheibe.

So hat z.B. BMW mit dem Bau des Projekthauses im Rahmen des Forschungs- und
Innovationszentrums FIZ voll auf Simultaneous Engineering gesetzt. 151 Anstatt wie
bisher Entwicklung, Fertigung und Einkauf klassisch hintereinander ablaufen zu las-
sen, arbeiteten alle drei Funktionsbereiche nicht nur parallel, sondern darüber hinaus
auch in räumlicher Nähe zueinander. Von Anfang an in den Entwicklungsprozess
integriert wurden auch Logistik, Controlling und Personalwesen. Selbst die Zulieferer
werden bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingebunden. All dies führte zu deut-
lich weniger Schnittstellen und damit weniger Reibungsverlusten.

Die räumliche Organisation des Projekthauses ermöglicht eine neue Dimension der
Zusammenarbeit: Die nach Baureihen organisierten Spezialisten aus den unterschied-
lichsten Fachbereichen haben ihre Arbeitsplätze rund um ein Atrium, in dessen Mitte
ein ovales, verglastes Gebäude steht. Auf den einzelnen Ebenen dieses Studio- und
Werkstattgebäudes wird der jeweilige Stand der Entwicklung bei jedem Fahrzeugpro-
jekt in virtuellen Welten und realen Modellen dargestellt.

Das stabile Rückgrat in der Produktentwicklung bilden unverändert die Fachbereiche.


Die Projektteams wiederum tragen die ressortübergreifende Gesamtverantwortung für
definierte Fahrzeugprojekte. Mit dem Arbeitskonzept des Simultaneous Engineering
löst BMW ein typisches Problem der Produktentwicklung: die Wahl zwischen der
fachbereichs- und der projektorientierten Organisation. Ohne Projektgruppen kann
die Entwicklungszeit nicht straff gestaltet werden und ohne Fachbereichsgruppen
kommen technologische Fortentwicklung und Kompetenzausbau langfristig zum
Stillstand.

150 vgl. Bullinger/Warschat (1997), S. 15


151 www.architekten24.de/projekt/bmw-fiz-projekthaus/uebersicht/1139/index.html

258
Organisationsformen für die Projektarbeit in vernetzten Strukturen
4.2
Im Organisationsmodell von BMW werden Mitarbeiter aus ihren Fachbereichen für
die Dauer der Konzeptphase in Projektteams entsandt. In der späteren Umsetzungs-
phase, die bis zur Serienreife des Fahrzeugs reicht, kehren die Mitarbeiter zu ihren
Fachbereichen zurück. Die mit der Projektgruppe geknüpften Bande bleiben dabei
erhalten.

Die räumliche Nähe zum Automobilhersteller ist auch für die Zulieferer von großem
Vorteil. Abgekoppelt von den regulären Organisationsstrukturen des Zulieferers ent-
steht - in räumlicher Nähe des Automobilherstellers – ein Zentrum, in dem die von
den beteiligten Unternehmen entsandten Mitarbeiter über die Projektlaufzeit hinweg
unmittelbar zusammenarbeiten. Ein Beispiel: Die Entwicklung des Astra von Opel.
„Die kurzen und direkten Kommunikationswege zwischen den, je nach Bauphase, bis
zu 200 Mitarbeitern waren ein Schlüssel zum Erfolg der pünktlichen Markteinführung.
... Die Zulieferer arbeiteten mit uns im Astra-Projektzentrum. Wir involvierten sie so
weit, dass sie permanent über den Projektstatus des Gesamtfahrzeugs informiert wa-
ren.“ 152

Die Mitarbeiter im Projekthaus arbeiten funktions- und unternehmensübergreifend


zusammen und stellen den Informationsaustausch (vgl. Abbildung 4-4) mit ihren –
räumlich oft weit entfernten - Stammhäusern sicher. Sie können sich voll und ganz auf
das Projekt konzentrieren und sind in der Regel auch emotional stärker eingebunden.
Durch die intensive Kommunikation im Projekthaus - sozusagen in Echtzeit - erhöht
sich die Reaktionsgeschwindigkeit bei auftretenden Problemen oder Konflikten. Not-
wendige Entscheidungen können frühzeitig zwischen dem Hersteller und seinen Part-
nern abgestimmt werden, ohne dass es zu suboptimalen Lösungen kommt.

Inzwischen wird das Konzept Projekthaus auch verstärkt für die Integration von
Hochschulen und Forschungseinrichtungen genutzt. So haben das Karlsruher Institut
für Technologie (KIT) und die Daimler AG Ende 2008 mit der Gründung des "Projekt-
haus e-drive" am KIT eine Forschungskooperation auf dem Gebiet der Elektroantriebe
gestartet: „Mit der erstmaligen Bündelung der Bereiche Leistungselektronik, Steue-
rungs- und Regelungstechnik sowie elektrische Energiespeicher und Elektromaschi-
nen unter einem Dach im "Projekthaus e-drive" werden wertvolle Synergien generiert,
um die Forschungsaktivitäten zur nachhaltigen Mobilität effizient voranzutreiben.“ 153

Allerdings sollten auch mögliche Nachteile des Projekthauses beachtet werden, u.a.
der Aufwand für die Einrichtung und die Auflösung des Projekthauses, die aufwendi-
ge Synchronisation der elektronischen Daten- und Informationssysteme sowie die
Sicherstellung der Geheimhaltung.

152 AUTOMOBILPRODUKTION, Ausgabe 2/2004, S. 14


153 http://idw-online.de/pages/de/news290225

259
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Abbildung 4-4: Daten- und Informationsmanagement im Projekthaus 154

OEM
Fertigungs-
Produktdaten-
daten
verwaltung

Freigabe
Strat. OEM-Partner
Fertigungs-
daten Produktdatenmanagement
und Prozessgestaltung
Projektmanagement
(Koordination aller Aktivitäten)
Produktentwicklung
(Realisierung des Projektergebnisses)

Produktdaten
Zulieferer EDL
(Supply Chain) (Stammhaus)

4.2.2 Projekte - virtuell realisiert


Im Gegensatz zur physischen Präsenz der Beteiligten im Projekthaus werden durch
die virtuellen Organisationsformen die räumlichen und zeitlichen Barrieren in der
Zusammenarbeit aufgelöst. Der Einsatz von modernen Informations- und Kommuni-
kations-Technologien ermöglicht die simultane Bearbeitung von Datenmodellen, Do-
kumenten oder Programmen – quasi „anytime, anyplace.“ 155 Triebkräfte für diese
„Virtualisierung“ sind zum einen die schnell wachsenden Möglichkeiten der Tools, die
international stark unterschiedlichen Personalkosten und die dadurch verursachte
Verschiebung von personalintensiven Arbeiten in Niedriglohnländer.

Dabei wird durch die Nutzung international unterschiedlicher Arbeitszeiten (24-


hours/7-days) eine flexible Auslastung der verfügbaren Ressourcen möglich. Die vir-
tuelle Projektarbeit setzt allerdings die Unterstützung durch eine Vielzahl unterschied-
licher Tools voraus (vgl. Abbildung 4-5).

154 in Anlehnung an Kurek (2004), S. 48


155 vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1996), S. 357 ff.

260
Organisationsformen für die Projektarbeit in vernetzten Strukturen
4.2
Abbildung 4-5: Systemarchitektur zur Unterstützung virtueller Projektarbeit

Moderne Systeme für das Product Data Management (PDM) bzw. Engineering Data
Management (EDM) beinhalten neben der Beschreibung der Produkte (Produktmo-
dell) auch eine Abbildung der technisch/organisatorischen Geschäftsprozesse (Pro-
zessmodell) - und damit auch Funktionalitäten für das Projektmanagement. 156 Neben
der Planung und Steuerung der Projekte ist vor allem die übergreifende Bearbeitung
von notwendigen Änderungen möglich. Der Informationsfluss zwischen den Prozess-
beteiligten wird mit Hilfe eines „Workflow Managers“ gesteuert, d.h. die Mitarbeiter
erhalten vom System die jeweils relevanten Vorgänge zur Bearbeitung zugewiesen.
Alle Vorgänge werden automatisch dokumentiert. Statusreports bzw. ein sogenanntes
„Dashboard“ stellen den aktuellen Status von Projekten oder Programmen übersicht-
lich dar (vgl. Abbildung 4-6).

Gerade bei einer Zusammenarbeit mit den amerikanischen Automobilherstellern Ford,


GM und Chrysler, die von ihren Zulieferern die Einhaltung der APQP–Richtlinien
(Advanced Product Quality Planning And Control Plan157) verlangen, ist es empfeh-
lenswert, den hohen Dokumentationsaufwand systemunterstützt abzuwickeln.

156 vgl. Eigner/Stelzer (2001), S. 22


157 APQP (1994)

261
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Abbildung 4-6: Beispiel für ein Dashboard

In der Praxis scheitert die konsequente Umsetzung der virtuellen Projektarbeit an der
Vielzahl von unterschiedlichen Systemen, die häufig wenig kompatibel sind oder
große Schnittstellenprobleme verursachen. Aber auch die Angst vor Know-how-
Verlust und die teilweise übertriebene Geheimhaltungspolitik der Automobilhersteller
erschweren die Einbindung der Zulieferer in die IT-Infrastruktur und errichten neue
Barrieren zwischen den Projektpartnern, was einer effizienten Zusammenarbeit sicher-
lich abträglich ist.

Es gibt aber auch natürliche Grenzen der virtuellen Projektarbeit. Diese liegen einer-
seits in der immanenten „Distanz“ der Mitarbeiter, die einen persönlichen bzw. infor-
mellen Austausch untereinander nur schwer möglich macht. Andererseits gibt es bis-
lang nur begrenzte Möglichkeiten zur Virtualisierung bestimmter Teilschritte des
Produktentstehungsprozesses (wie z.B. der Erprobung oder dem Versuch). Schließlich
setzt auch die hohe Komplexität der eingesetzten Systeme deren Einsatz Grenzen. In
den nächsten Jahren werden sich die jeweils vorteilhaften Elemente der Projekthäuser
und der virtuellen Organisationsformen vermischen und zu hybriden Organisationen
auswachsen.

262
Organisationsformen für die Projektarbeit in vernetzten Strukturen
4.2
4.2.3 Resident Engineering
Inzwischen hat sich in der Automobilindustrie zur Überwindung der Nachteile einer
rein virtuellen Projektarbeit das Resident Engineering durchgesetzt. Für die Dauer der
Zusammenarbeit stellt der Zulieferer einen Resident Engineer in die Projektorganisa-
tion bzw. in die Fachabteilung des Kunden ab. Er dient als Verbindungsingenieur
zwischen dem räumlich dislozierten Zulieferer und dem Projektteam des Kunden. Als
Schnittstellenmanager koordiniert er in erster Linie beim Kunden vor Ort alle Aktivitä-
ten, die für eine hochwertige fachliche Ausführung erforderlich sind.

Je nach Modell arbeitet der Resident Engineer in unmittelbarer räumlicher Nähe zum
Kunde, im "Zimmer nebenan" oder sogar "Schreibtisch-an-Schreibtisch" und erhält
somit die Möglichkeit, seinen Ansprechpartner ad-hoc zu kontaktieren und mit ihm
gemeinsam anstehende Probleme zeitnah zu lösen. Durch die Anwesenheit des Resi-
dent Engineers kann auch der Zugriff auf projektspezifische Daten besser geregelt
werden. Der Resident Engineer erhält während seiner Arbeit im Partnerunternehmen
definierte Zugriffsrechte auf einen gemeinsamen Datenpool. Diese kontrollierte Form
des Zugriffs auf sensible Daten unterstützt das Sicherheitsdenken des Partners und
reduziert Misstrauen. 158 Mit Resident Engineering erfolgt auch ein wertvoller Transfer
von Know-how zwischen den Partnern und wirkt für die Mitarbeiter des Kunden als
auch für den Resident Engineer wie ein informelles Training-on-the-job. 159

Der Resident Engineer benötigt über die fachlichen und methodischen Kompetenzen
hinaus eine Vielzahl weiterer Fähigkeiten und Fertigkeiten. So spielen die sozialen
Fähigkeiten für die Kontaktaufnahme mit den Kundenmitarbeitern, die Integration in
das „soziale System“ des Kunden und die Konfliktprävention bzw. -lösung eine große
Rolle. Darüber hinaus muss er auch eine hohe Eigenständigkeit, Initiative und Selbst-
bewusstsein mitbringen, um als Schnittstellenmanager erfolgreich zu sein. An diesem
Punkt macht sich auch der Wandel in der Projektarbeit bemerkbar. Aufgrund der
Verschiebung von Schnittstellen im Produktentstehungsprozess und die Zunahme der
Integrationskomplexität ist die Entwicklung der bisherigen Resident Engineers hin
zum Netzwerkmanager zukünftig für viele Zulieferer von herausragender Bedeutung.

Toyota setzt z.B. in der Zusammenarbeit mit Lieferanten auf die sogenannten „Guest
Engineers“. Dabei entsenden nicht nur Lieferanten Mitarbeiter in die betreffenden
Werke von Toyota, Toyota setzt auch spezielle Mitarbeiter bei seinen Lieferanten vor
Ort ein. Diese sind für die langfristige Vernetzung zwischen Toyota und Lieferanten
verantwortlich, werden über ein einzelnes Projekt hinaus eingeplant und stellen so
eine nachhaltige Lieferantenqualifizierung sicher. 160

158 vgl. Pander/Wagner (2005), S. 43


159 vgl. Pander (2007)
160 vgl. Wagner (2008a), S. 52

263
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
4.2.4 Instanzen zur übergeordneten Projektsteuerung
Gesamtfahrzeugprojekte erfordern einen hohen Koordinationsaufwand. In definierten
zeitlichen Abständen finden hierzu (Regel-)Meetings statt, zu denen alle beteiligten
Unternehmen Vertreter entsenden, um über den Status des Projektes, mögliche Ab-
weichungen und geeignete Maßnahmen zu sprechen. Abhängig vom jeweiligen Au-
tomobilhersteller gibt es unterschiedliche Gremien und Instanzen zur übergeordneten
Projektsteuerung. Abbildung 4-7 zeigt ein Beispiel.

Abbildung 4-7: Beispiel für eine Gremienlandschaft zur übergeordneten Projektsteuerung

„Sponsor Team“

“Eskalation”

Lenkungskreis
(Vertreter von OEM / Zulieferer / Engineering Partner)

Bericht Entscheidung Bericht Entscheidung

Steuerkreis Technik Abstimmung


Steuerkreis Projekt / Prozesse
(Design, Entwicklung, Fertigung, etc.) (PM, Support-Funktionen, etc.)

Technischer Technische Bericht Projekt-


Bericht Entscheidung steuerung

Modulleiterrunden (Modulleiter)
Projektarbeit

SE-Meetings (SE-Teams)

Die eigentliche Projektarbeit findet hier auf der Ebene der SE-Teams statt. Diese setzen
sich aus den für die fachliche Projektarbeit notwendigen Mitarbeitern aus dem Hause
des Automobilherstellers sowie der beteiligten Zulieferer zusammen. In regelmäßigen
Sitzungen (SE-Meetings) berichten die Teammitglieder über den Stand der Arbeiten
und fassen die Ergebnisse in einem Bericht zusammen. Wichtiges Hilfsmittel ist die
„Liste offener Punkte“ (LOP), die den aktuellen Handlungsbedarf widerspiegelt und
die Aktivitäten auf die kritischen Punkte fokussiert.

264
Organisationsformen für die Projektarbeit in vernetzten Strukturen
4.2
Ein Gesamtfahrzeugprojekt wird in verschiedene - oft bis zu fünfzig verschiedene -
Module aufgeteilt. Module sind abgegrenzte Baugruppen mit einer technischen Spezi-
fikation und klar definierten Schnittstellen. 161 Modulleiter sind für die Erreichung der
spezifizierten Ziele verantwortlich und stimmen sich regelmäßig mit den anderen
Modulleitern ab.

Eine zentrale Rolle kommt der Projektsteuerung auf der Steuerkreisebene zu (vgl.
hierzu auch Kapitel 2.3.6). In unserem Beispiel ist ein Steuerkreis Technik abgebildet,
der für alle technischen Belange und die Einhaltung der Qualität zuständig ist sowie
ein Steuerkreis Projekt/Prozesse, der die Einhaltung der definierten Termine und Bud-
gets sowie der sonstigen Anforderungen im Projekt überwacht. Beide Steuerkreise
sollten sich interdisziplinär aus einflussreichen Vertretern der am Projekt beteiligten
Bereiche des Herstellers sowie der wesentlichen Projektpartner zusammensetzen. Der
Steuerkreis lässt sich von den (Teil)Projektverantwortlichen den jeweiligen Status
melden, bewertet diesen und entscheidet dann über geeignete Maßnahmen. Dabei ist
unbedingt darauf zu achten, dass es nicht zu Überschneidungen bei den Aufgaben,
Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zwischen den Steuerkreisen und den be-
troffenen (Teil-)Projektverantwortlichen kommt.

Die höchste Projektinstanz in unserem Beispiel ist der Lenkungskreis, der sich aus
hochrangigen Entscheidungsträgern des Herstellers sowie der wichtigsten Projekt-
partner zusammensetzt. Der Lenkungskreis wird angerufen, wenn es zu kritischen
Situationen im Projekt kommt, die der Steuerkreis und der Gesamtfahrzeug-
Projektleiter nicht mehr alleine lösen können. Der Lenkungskreis kann entweder vom
Steuerkreis oder dem Projektleiter angerufen werden. Ansonsten trifft sich der Len-
kungskreis in der Regel nur ein- oder zweimal im Jahr. Als letzte Möglichkeit der
„Eskalation“ kann im Bedarfsfall noch der „Sponsor“, d.h. der Vorstand des Automo-
bilherstellers als Auftraggeber des Fahrzeugprojektes, eingeschaltet werden.

Noch vor Projektbeginn sollte festgelegt werden, in welchem Rhythmus die Treffen
der oben genannten Gremien stattfinden, wer welche Entscheidungen treffen darf und
welche Spielregeln in der Zusammenarbeit gelten. Dabei können die in Kapitel 2.4
dargestellten Instrumente und Verfahren auch auf die unternehmensübergreifenden
Projekte angewandt werden. Ferner ist es unbedingt erforderlich, eine projektorientier-
te Kultur mit einer ausgewogenen Balance zu den Linienorganisationen zu schaffen
und die Position der Projektleiter zu stärken.

161 vgl. Bullinger/Warschat (1997), S. 41

265
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
4.2.5 Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten
in unternehmensübergreifenden Projekten
Nicht nur im innerbetrieblichen Kontext (vgl. Kapitel 2.3.5) kommt der Klärung von
Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten eine wichtige Rolle zu, sondern
vor allem in der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit. Unklare organisatori-
sche Zuordnungen und (Vorfahrts-)Regelungen führen in der kooperativen Projektar-
beit zu unnötigen Doppelarbeiten bzw. Reibungsverlusten. 162 Vor dem eigentlichen
Projektstart müssen deshalb die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten
(AKV) mit allen Projektpartnern in einem mehrstufigen Verfahren vereinbart, mit
Hilfe von geeigneten Hilfsmitteln - wie z.B. dem Funktionendiagramm (vgl. Kapitel
2.2) – dokumentiert und schließlich im Projekthandbuch abgebildet werden.

Mit der Unterschrift unter dieses Dokument verpflichten sich die Projektpartner nicht
nur dazu, die aufgeführten Aufgaben gewissenhaft zu erfüllen, sondern übernehmen
auch die Last aller sich ergebenden Folgen, falls das definierte Ergebnis nicht erreicht
wird. Diese Betonung der Ergebnisverantwortung ist gerade im unternehmensüber-
greifenden Projektgeschäft bei einer Vielzahl von unabhängigen Partnern notwendig.
Nur wenn sich alle Beteiligten darauf verlassen können, dass jeder Partner seiner Ver-
antwortung im Projekt gerecht wird, kann die Zusammenarbeit auch langfristig funk-
tionieren.

Der Klärung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten kommt zusätz-


lich für die Steuerung der Informationsflüsse eine wichtige Rolle zu. Das Funktionen-
diagramm bildet mit der Darstellung der jeweiligen Schnittstellen die Hol- und Bring-
schuld von Informationen ab. So hat jeder dafür zu sorgen, dass er über alle
Informationen verfügt, die zur Erfüllung der Aufgaben in seinem Verantwortungsbe-
reich notwendig sind. Ansonsten muss er sich diese bei seinen Projektpartnern abho-
len. Umgekehrt ist jeder dazu verpflichtet, ohne Aufforderung die Informationen an
diejenigen Projektpartner zu liefern, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.
Work-Flow-Management-Systeme (wie in 4.2.2 abgebildet) unterstützen diesen Infor-
mationsaustausch, indem sie die gegenseitigen Abhängigkeiten in einem Rollenprofil
hinterlegen und die Projektpartner sich dann über automatisch generierte Verteiler mit
den notwendigen Informationen versorgen können.

162 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 28

266
Projektarbeit im Spannungsfeld von Kooperation und Wettbewerb
4.3
4.3 Projektarbeit im Spannungsfeld von
Kooperation und Wettbewerb
Um das Klima zwischen Automobilherstellern und ihren Zulieferern ist es in den
letzten Jahren nicht sonderlich gut bestellt. Insbesondere das Preisgebaren der OEM
bringt die Zulieferer oft auf die Barrikaden. Zielpreisvorstellungen nahe oder sogar
unter den Materialpreisen, anonyme Auktionen im Internet mit schwer nachvoll-
ziehbaren Verläufen und Vergabeentscheidungen, nachträgliche Preiszugeständnisse
im zweistelligen Bereich auf das laufende Geschäft, nachträgliche Rabattforderungen
des Kunden auf längst abrechnete Volumina, um im Geschäfts zu bleiben und die
Vielzahl an Vertragsklauseln zu Lasten der Zulieferer, um nur einen kleinen Einblick
zu geben.

Da verwundert nicht, dass Studien immer wieder das schlechte Klima in der Automo-
bilindustrie bemängeln. So zeichnet auch eine Untersuchung der Fachgruppe „Auto-
motive-Projektmanagement“ der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement
e.V. mit der Universität Augsburg (Prof. Dr. Fritz Böhle) zum C3PM in der Fahrzeug-
entwicklung ein ernüchterndes Bild der Zusammenarbeit in der Branche: besonders
die für Aufbau und Pflege von kooperativen Beziehungen wichtigen Aspekte der
kulturellen Rahmenbedingungen sowie der individuellen Fähigkeiten schneiden mit
Abstand am schlechtesten ab (vgl. Abbildung 4-8).

Abbildung 4-8: Ergebnisse einer Expertenbefragung zum C3PM 163

Kulturelle Rahmenbedingungen 3,6

Individuelle Fähigkeiten 3,3

Fahrzeugentwicklung 3,0

Prozesssteuerung 3,0

Projektorganisation 2,4

Klärung der Projektziele 2,5

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

Zufriedenheit der Experten bezüglich der Einflussfaktoren (von 1 = sehr gut bis 6 = mangelhaft)

163 vgl. Pander/Wagner (2005), S. 43

267
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Zu den Defiziten im Bereich der kulturellen Rahmenbedingungen zählen mangelndes
Vertrauen zwischen Herstellern und Zulieferern, die Angst der Zulieferer, aufgrund
der ungleichen Machtverhältnisse „unter die Räder zu kommen“ und schließlich der
wenig konstruktive Umgang mit Fehlern, der meistens in einseitigen Schuldzuwei-
sungen an die Zulieferer endet. Statt partnerschaftlichem Umgang dominiert in den
meisten Fällen die klassische „Kunde-Lieferanten-Beziehung.“ Ein Zulieferer formu-
lierte die wahren Grundsätze der Zusammenarbeit in der Studie wie folgt: „Wir versu-
chen, mit dem Kunden zu kooperieren, aber im Endeffekt hat der Kunde das letzte
Wort.“ Und so endet das Ziel „Partnerschaft“ allzu oft in einem „Partner, schafft!“.

Die Folgen sind verheerend. Viele Zulieferer haben inzwischen eine zu geringe Eigen-
kapitalbasis, was zu zahlreichen Insolvenzen in den Jahren 2008 und 2009 geführt hat,
sie können nicht mehr genügend in Forschung und Entwicklung investieren oder
sparen an der Qualität. Das kann alles nicht im Sinne der Automobilhersteller sein.
Viel schlimmer: diese müssen im Insolvenzfall Zulieferer finanziell unterstützen, um
keinen Bandstillstand zu erleiden, weil die Abhängigkeiten inzwischen schon viel zu
groß sind. Große Rückrufaktionen und Qualitätsprobleme sind ebenfalls oft auf das
zweifelhafte Geschäftsgebaren der OEM zurückzuführen, was immense Kosten nach
sich zieht, Geld, das besser in Prävention und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit
angelegt worden wäre.

Nicht alle Automobilhersteller verhalten sich nach diesem Muster. Toyota wird in
diesem Zusammenhang oft als sehr partnerschaftlich gelobt. So zitiert Jeffrey Liker in
seinem Bestseller „Der Toyota Weg“ einen Automobilzulieferer wie folgt: „Toyota ist
eher zupackend und davon getrieben, seine eigenen Systeme zu verbessern und seinen
Partnern dann zu zeigen, wie sie sich selbst dadurch verbessern können … Toyota hat
uns geholfen, unsere Produktionsanlagen neu anzuordnen, und Toyota hat unsere
Mitarbeiter geschult. Auch im kaufmännischen Bereich greifen sie einem unter die
Arme – sie sind gekommen, haben sich alles angesehen und daran gearbeitet, die
Systemkosten zu senken … Im Vergleich mit anderen Unternehmen, die wir beliefern,
ist Toyota am besten.“ 164

Das Verhalten von Toyota resultiert aus der eigenen Historie (nur mit tatkräftiger
Unterstützung der Lieferanten konnte Toyota den Bankrott nach dem Zweiten Welt-
krieg abwenden) und einem klaren Respekt den Partnern gegenüber, der für alle ver-
pflichtend im „Toyota Way“ kodifiziert ist. U.a. ist dort zu lesen: „Wir respektieren
andere, unternehmen jede erdenkliche Anstrengung, unser Gegenüber zu verstehen,
übernehmen Verantwortung für unsere Handlungen und geben unser Bestes, um
gegenseitiges Vertrauen zu schaffen, d.h. allen Stakeholdern wird gleichermaßen Res-
pekt entgegengebracht, wir glauben an gegenseitiges Vertrauen und Verantwortung
und bemühen uns um eine ehrliche Kommunikation.“ 165

164 vgl. Liker (2006)


165 Harvard Business Manager, Ausgabe Juli 2007, S. 38

268
Projektarbeit im Spannungsfeld von Kooperation und Wettbewerb
4.3
Dass dies nicht nur frommer Wunsch sondern in der Praxis erlebbares Verhalten ist,
wird durch etliche Untersuchungen in Nordamerika und Westeuropa bestätigt. So
sieht eine in der europäischen Automobilindustrie von Simon-Kucher & Partners im
Jahre 2006 durchgeführte Benchmark-Studie ebenfalls Toyota aus Sicht der Lieferanten
ganz weit vorne und macht dies vor allem an der intensiveren Zusammenarbeit zwi-
schen den Lieferanten und Toyota fest. Die Lieferanten fühlen sich demnach respek-
tiert und fair behandelt – Vereinbarungen werden eingehalten und zuverlässig umge-
setzt. Es findet ein offener Informationsaustausch statt und beide Seiten sind auf Basis
langfristiger Beziehungen auch eher bereit, in die Verbesserung der gemeinsamen
Aktivitäten zu investieren. Eine wichtige Rolle spielt darüber hinaus die faire Vertei-
lung von F&E-Kosten (vgl. Abbildung 4-9).

Abbildung 4-9: Ergebnisse einer Benchmarking-Studie in Westeuropa 166

Dabei spielt die tatkräftige Unterstützung, die Toyota seinen Lieferanten im Tagesge-
schäft und bei Problemen gewährt, eine wichtige Rolle bei der Bewertung. Betrachtet
man die Unterstützung der Lieferanten als Investition, so zahlt sich diese Investition
gleich mehrfach wieder aus. Sie schlägt sich einerseits in der hohen Attraktivität des
Automobilherstellers bei den Zulieferern nieder, was insbesondere in Zeiten knapper
F&E-Ressourcen und einem konstant hohen Bedarf an Innovationen bei einer eigenen
Wertschöpfungstiefe von nur noch 30 Prozent überlebenswichtig sein kann.

166 Quelle: International Pricing Benchmarking Study in the European Automotive Supplier
Industry, Simon-Kucher & Partners, 2006

269
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Darüber hinaus stärkt es aber auch die Wettbewerbsposition des Automobilherstellers
durch leistungsfähige Lieferanten, die auf Basis einer langfristigen und ganzheitlichen
Betrachtungsweise in der Lage sind, ihre Kostenstrukturen zu optimieren und das
gemeinsame Geschäft auf einem hohen Produktivitätsniveau zu betreiben. Es schafft
gleichwohl ein hohes Vertrauen, das den offenen Austausch von Informationen und
Know-how sowie eine gegenseitige Unterstützung bei Problemen erleichtert.

Das Spannungsfeld zwischen Wettbewerb und Partnerschaft im Hersteller-Zulieferer-


Verhältnis wird bei Jeffrey Liker durch die Gegenüberstellung von zwei unterschiedli-
chen Modellen der Zusammenarbeit charakterisiert (vgl. Abbildung 4-10).

Abbildung 4-10: Unterschiedliche Modelle der Zusammenarbeit 167

Wettbewerbsmodell Partnerschaftsmodell
vs.

Liker vergleicht das traditionelle Modell („Wettbewerbsmodell“) des Lieferantenma-


nagements mit dem „Partnerschaftsmodell“ von Toyota. Dabei steht im traditionellen
Modell der niedrige Stückpreis für den Automobilhersteller im Mittelpunkt seiner
Bemühungen, da er auf diese Weise relativ schnell Einsparpotenziale erzielen kann.

167 vgl. Liker (2006)

270
Projektarbeit im Spannungsfeld von Kooperation und Wettbewerb
4.3
Allerdings sind mit dieser Vorgehensweise auch unbeabsichtigte und negative Aus-
wirkungen verbunden, nämlich z.B. Qualitätsprobleme und eine geringere Innovati-
onsleistung auf Seiten der Zulieferer. Die Auswahl der Zulieferer erfolgt von Fahr-
zeugprojekt zu Fahrzeugprojekt mit Hilfe von Ausschreibungen und Auktionen auf
Basis des niedrigsten Preises. Dieser Preis wird dann noch mehrfach „nachverhandelt“
und mit einem über die Projektlaufzeit festgelegten, jährlichen Preisnachlass versehen.
Teilweise üben Automobilhersteller auch noch rückwirkend Druck auf die Preise ihrer
Zulieferer aus, was unweigerlich zu Konflikten und einer aufwändigen Abstimmung
führt. Verhandlungen mit den Lieferanten werden mit einem hohen Zeitaufwand
geführt. Die in Fahrzeugprojekten üblichen Änderungen dienen den Lieferanten dann
auch oft als Anlass, mit saftigen Nachforderungen auf ihre gewünschten Margen zu
kommen. Das Klima zwischen Herstellern und Lieferanten leidet unweigerlich.

Das „Partnerschaftsmodell“ des Lieferantenmanagements setzt dagegen auf die Besei-


tigung von Verschwendung in der Zulieferkette. Dabei stehen die Kosten über die
gesamte Wertschöpfungskette im Mittelpunkt der Betrachtungen und nicht der nied-
rigste Stückpreis wie beim traditionellen Modell. Liker beschreibt das Vorgehen wie
folgt: „Toyota setzt Zielkosten und nicht Preise fest. Zielkosten bedeuten, dass die
Zulieferer mit Kostenstrukturen arbeiten müssen, die ihnen erlauben, mit den Preisen,
die ihre Kunden für die gelieferten Teile bezahlen, einen Gewinn zu erzielen.“ 168

Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des Modells sind u.a. langfristige Part-
nerschaften mit einem intensiven Informationsaustausch, gemeinsamen Anstrengun-
gen zur Verbesserung der Wertschöpfung sowie ein straffes Kostenmanagement.

4.3.1 Coopetition – widersprüchliche Interessen in der


Projektarbeit balancieren
Als Nalebuff und Brandenburger 1996 das Buch „coopetition“ herausbrachten, da
beschrieben sie sehr eindrücklich die Situation, dass Unternehmen auf dynamischen
Spielfeldern agieren und oft mehrere Rollen gleichzeitig einnehmen müssen. 169 Mit
ihrer Wortschöpfung „coopetition“ (einer Kombination der Wörter „cooperation“ und
„competition“) charakterisieren sie eine Beziehung, in der gleichzeitig Kooperation
und Wettbewerb auftreten. Die Situation mit folgendem Vergleich auf den Punkt ge-
bracht: „Geschäft ist Zusammenarbeit, wenn es um das Backen von Kuchen geht, und
Wettbewerb, wenn es an die Aufteilung des Kuchens geht.” Dabei argumentieren sie
spieltheoretisch und zeigen, dass theoretisch alle Spieler gewinnen können, wenn sie
ihre eigenen – oft allzu egoistischen - Interessen einer anderen Logik unterwerfen
würden.

168 vgl. Liker (2006)


169 vgl. deutsche Ausgabe: Nalebuff/Brandenburger (1996)

271
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
In der Projektarbeit finden wir Coopetition auf unterschiedlichen Ebenen. Innerbe-
trieblich („Intra-Coopetition“) z.B. zwischen „Linie“ und „Projekt“ oder zwischen
zwei konkurrierenden Projekten. In beiden Fällen sorgen knappe Ressourcen für einen
Wettbewerb zwischen den Parteien. Andererseits ist das „Projekt“ natürlich auf die
Zusammenarbeit mit der „Linie“ angewiesen, dort kommen nämlich in der Regel die
Kapazität und das Know-how für die Projektarbeit her. Auch im zweiten Fall der kon-
kurrierenden Projekte sind beide auf das Know-how des anderen angewiesen.

In der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit ist Coopetition („Inter-


Coopetition“) ebenfalls anzutreffen. Ein Beispiel hierfür ist die gemeinsame Entwick-
lung eines Geländewagens von Porsche (Cayenne) und VW (Touareg). Beide Unter-
nehmen gingen nach der grundlegenden Entwicklungsarbeit getrennte Wege, um das
Fahrzeug für die jeweilige Zielgruppe auszulegen und zu vermarkten. Ferner kann es
in der Zusammenarbeit zwischen einem Hersteller und einem Systemlieferanten Coo-
petition geben. Beim X3 von BMW hat der OEM bei Entwicklung und Fertigung des
ersten Modells bewusst darauf verzichtet, eigene Kapazitäten aufzubauen. Magna
Steyr profitierte von diesem Gesamtfahrzeugprojekt, da eigene Kapazitäten ausgelas-
tet und das Know-how weiter ausgebaut werden konnte. Bei den Überlegungen zum
zweiten Modell der Baureihe wurde aber schnell klar, dass BMW wichtiges Know-
how wieder im Haus haben und auch eigene Arbeitsplätze auslasten wollte.

Warum gehen Unternehmen trotz widersprüchlicher Interessen eine Zusammenarbeit


mit Partnern ein? Eventuell, um eine bessere Möglichkeiten zur Markterschließung zu
haben oder Investitionskosten durch die Kooperation mit einem Partner aufteilen zu
können. Diesen Chancen steht eine Reihe von Risiken gegenüber, wie z.B. Know-how-
Verlust oder Abhängigkeit von einem der Partner (vgl. Tabelle 4-1).

Tabelle 4-1: Chancen und Risiken der Coopetition

Chancen Risiken

Stärkung der Wettbewerbsposition Abhängigkeit vom Partner

Möglichkeiten zur Markterschließung Interessenskonflikte

Know-how-Gewinn Know-how-Verlust

Synergiepotenziale (u.a. Technologie, Kosten) Unklarheit bezüglich Erfolgs-/Lastenzuteilung

Höhere Flexibilität durch Ressourcenteilung Hoher Koordinationsaufwand

Imagegewinn Identitätsverlust

Möglichkeiten zur Risikoverteilung Erhöhung der (Haftungs-)Risiken

Erhöhung der (Meinungs-)Vielfalt unterschiedliche Kulturen

272
Projektarbeit im Spannungsfeld von Kooperation und Wettbewerb
4.3
Damit unterschiedliche Interessen, Chancen und Risiken in der Projektarbeit ausba-
lanciert werden können, müssen Sie von den Partnern aufgedeckt und anerkannt wer-
den. Gemeinsame Normen und Werte sowie gegenseitiges Vertrauen erleichtern den
Auf- und Ausbau kooperativer Beziehungen. Vertrauensbildende Maßnahmen sind
u.a.: (1) das klare Commitment der Partner zu den vereinbarten Zielen, (2) Flexibilität
und Autonomie der durch Verträge koordinierten Partner, (3) die faire Verteilung von
Chancen und Risiken der Zusammenarbeit, (4) die gegenseitige Bevorzugung beim
Abschluss von Verträgen, (5) der Ausschluss von gegenseitiger Konkurrenz und Aus-
beutung, (6) die demokratische Verfassung des Netzwerks, (7) Möglichkeiten für den
Ein-/Austritt von Netzwerkpartnern sowie (8) der Ausschluss von Partnern bei Nicht-
beachtung der Regeln. 170 Nalebuff und Brandenburger geben uns zum Schluss noch
einen bemerkenswerten Satz mit auf den Weg: „Sie mögen glauben zu wissen, welches
Spiel sie spielen, aber dieses Spiel ist unweigerlich Teil eines größeren Spiels.“ 171

4.3.2 Kulturelle Rahmenbedingungen im C3PM


Im C3PM spielen die kulturellen Rahmenbedingungen deshalb eine so wichtige Rolle,
weil die Projektarbeit über Unternehmensgrenzen und damit nicht nur über zeitliche
und räumliche sondern vor allem über kulturelle Barrieren hinweg stattfindet. Vieles
deutet allerdings darauf hin, dass der Umgang mit dem „weichen“ Kultur-Thema der
auf Technologie und Effizienz getrimmten Automobilindustrie große Probleme berei-
tet. So führen die kulturellen Unterschiede immer wieder zu Missverständnissen in
der Zusammenarbeit und verhindern den gemeinsamen Erfolg.

Ein großes Problem stellt dabei das Machtungleichgewicht zwischen Automobilher-


stellern und deren Zulieferern, aber auch zwischen Tier-1-Lieferanten und den nach-
gelagerten Stufen der Lieferpyramide dar. In der oben schon zitierten Untersuchung
der GPM-Fachgruppe „Automotive-Projektmanagement“ drückt das ein Zulieferer
wie folgt aus: „Man merkt, wenn man an einem Tisch sitzt, wer das Sagen hat: Der
mächtigere Partner hat häufiger das Wort und auf ihn wird auch mehr gehört. Er setzt
die Ziele.“ Ein anderer Zulieferer wird noch deutlicher: „Bei .... kommt man sich vor
wie der geknüppelte Lieferant. Du bist der Lieferant, du hast pünktlich zu liefern. Aus.
Schluss.“ Der Verdrängungswettbewerb hinterlässt somit deutliche Spuren.

Die meisten Zulieferer nehmen diese Machtunterschiede als Tatsache hin und versu-
chen das Beste aus der Situation zu machen: „Einerseits geht es sehr partnerschaftlich
zu, das ist wie auf einem Tandem, der Kunde sitzt vorne und lenkt und wir sitzen
hinten und treten dafür ein bisschen kräftiger in die Pedale.“

170 in Anlehnung an Picot/Reichwald/Wigand (1996), S. 309 ff.


171 Nalebuff/Brandenburger (1996), S. 280

273
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Der Organisationsanthropologe Hofstede sieht Machtdistanz als wichtige Kulturdi-
mension einer Gesellschaft und versteht darunter das Ausmaß, in dem die Mitglieder
einer Gesellschaft eine Ungleichverteilung der Macht erwarten und akzeptieren. „Au-
torität kann nur dort bestehen, wo sie auf Gehorsam trifft.“ 172 Und manche Hersteller
wissen ihre Macht als Auftraggeber bewusst auszunutzen - frei nach dem Motto: „Wer
zahlt, schafft an.“ Dies relativiert dann auch die Vision der kreativen Freiräume der
Zulieferer bei der Gestaltung von Produkten und Prozessen im automobilen Netz-
werk.

Sicherlich ist Macht Teil einer jeden kooperativen Beziehung. Die Frage ist nur, wie
man mit dieser Macht umgeht: „Der eigene Einfluss in einer Kooperation hängt davon
ab, wie wichtig die eigenen Handlungen für den Partner sind und ob man für diesen
ersetzbar ist oder nicht.“ 173 Allerdings führen unterschiedliche (implizite) Erwartun-
gen über angemessenes Verhalten oftmals zu Konflikten. Beim Umgang mit Partnern
im Rahmen von Netzwerkbeziehungen ist es daher ratsam, durch einen langfristigen
Entwicklungsprozess allgemein respektierte Verhaltensnormen auszubilden. Auf
dieser Basis wird die Stabilität zwischenbetrieblicher Kooperation gestärkt und der
Austausch von Leistungen erleichtert. Wir empfehlen deshalb, beim Umgang mit
Machtmitteln im C3PM sehr vorsichtig zu sein. Ein Einsatz ist nur dann ratsam, wenn
sie helfen, Blockaden zu überwinden und neue Handlungsoptionen zu eröffnen.

Ein weiteres Thema in der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit ist das


Vertrauen. Fehlendes Vertrauen zerstört eine Kooperationsbeziehung. Der Aufbau und
die Pflege des Vertrauens im Netzwerk nimmt daher einen wichtigen Platz im part-
nerschaftlichen Umgang ein: „Die Vertrauensbasis kann nur über jahrelange und harte
Arbeit aufgebaut werden“, so der Projektleiter eines Zulieferers.

Auch auf Seiten der OEM wird diese Sichtweise geteilt: „Vertrauen kann durch Zuver-
lässigkeit und Berechenbarkeit aufgebaut werden. Vertrauen entsteht, wenn Probleme
früh angezeigt werden, wenn Rücksprache geführt wird. Kurz: Ob ich von meinem
Partner das bekomme, was ich erwarte, entscheidet über das Vertrauen zu ihm. Offen-
heit und Ehrlichkeit sind hier ganz wichtig.“ In der Realität belasten allerdings nicht
nur der knallharte Druck auf Preise und Termine, sondern vor allem auch Misstrauen
das kooperative Miteinander.

Deshalb sollten sich die Automobilhersteller darum bemühen, durch ein aktives
„Partnermanagement“ die Zulieferer frühzeitig mit einzubeziehen, eindeutige Spiel-
regeln für die Zusammenarbeit zu schaffen - die allen Beteiligten eine klare Orientie-
rung für das operative Handeln geben - und Entscheidungen ohne Diktat eines Part-
ners zu treffen, um bei allen anderen Partnern die nötige Akzeptanz zu finden.
Transparenz und offene Kommunikation im Netzwerk sind genauso wichtig wie das
zuverlässige Einhalten einmal getroffener Absprachen und Vereinbarungen.

172 vgl. Hofstede (2001), S. 33


173 Kühl/Schnelle/Schnelle (2004), S. 75

274
Projektarbeit im Spannungsfeld von Kooperation und Wettbewerb
4.3
Denn auf dem „Beziehungskonto“ einer unternehmensübergreifenden Zusammenar-
beit werden negative Erfahrungen lange gespeichert und erschweren bzw. verhindern
so den Aufbau langfristiger Beziehungen. Dabei sollte eine positive Vertrauenskultur
von oberster Ebene her gefördert und vorgelebt werden.

Bezüglich der praktizierten „Fehlerkultur“ liegt in der Automobilindustrie so einiges


im Argen. So impliziert das Wort „Fehler“ häufig die Suche nach einem Schuldigen.
Werden die Beteiligten fündig, so haben sie zwar einen Schuldigen, aber das Problem
nicht gelöst. Ursache dieser Praxis ist die weit verbreitete Ansicht, dass Abweichungen
von Planvorgaben als Unzulänglichkeiten und Versagen betrachtet werden. Sie gelten
einerseits als „Fehler“, die nicht auftreten dürften, andererseits werden deren Ursa-
chen individualisiert. Für die Förderung einer positiven unternehmensübergreifenden
Kooperationsbeziehung in einem komplexen Umfeld ist es deshalb wichtig, dass Un-
wägbarkeiten wie auch Fehler eher als Normalität betrachtet und offen mit den Part-
nern angesprochen werden können, damit sich daraus Lern- und Entwicklungschan-
cen für Verbesserungen ergeben.

4.3.3 Rolle der Verständigung im C3PM

Angesichts unterschiedlicher Denkhaltungen, Kulturen und Sprachen fällt es in der


unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit oft schwer, sich mit den Projektpart-
nern zu verständigen. Der Austausch von Informationen, Idee und Erfahrungen fällt
insbesondere dann schwer, wenn unterschiedliche Sprachen die Verständigung er-
schweren. Dies muss nicht zwangsläufig nur zwischen Mitarbeitern aus unterschiedli-
chen Ländern sein. Auch innerhalb Deutschlands haben sich bei den Automobilher-
stellern und den großen Systemlieferanten unterschiedliche Sprachgebräuche und
Terminologien entwickelt.

In der Praxis werden unterschiedliche Begriffe für den gleichen Sachverhalt verwendet
und die Beteiligten merken oft erst später, dass sie aneinander vorbeireden. Durch eine
genaue schriftliche Fixierung der wichtigsten Begriffe (z. B. als Glossar in einem ge-
meinsamen Projekthandbuch) kann diese Barriere - zumindest in fachlicher Hinsicht –
sicher verringert werden. Durch Kontinuität in den Beziehungen kann langfristig eine
gemeinsame Terminologie entwickelt werden.

Darüber hinaus sind Begriffe oft mit wertenden Bedeutungen besetzt, die bei den
Partnern ganz unterschiedliche Assoziationen hervorrufen und die Gedanken bzw.
Handlungen in unterschiedliche Richtungen lenken. Deshalb wird empfohlen, sich im
Vorfeld einer Kooperationsbeziehung intensiv mit der Unternehmenskultur eines
Partners auseinander zu setzen.

275
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Folgende Fragen können dem Projektleiter dabei helfen, verfestigten Denkhaltungen
auf die Spur zu kommen: 174

„ Welche (Grund-)Auffassungen der einen Gruppe stören mich?


„ Welche Auffassungen passen nicht zueinander?
„ Welche Redeweisen der einzelnen Gruppen verraten deren Geisteshaltung?
„ Welche (eigennützigen) Interessen unterstellt eine Gruppe den anderen?
„ Welche Interessen meldet sie selbst offen an?
„ Welche Gedanken fürchten die Mitarbeiter?
„ Welche Auffassungen widersprechen sich?
Ähnlich wie bei der Macht in kooperativen Beziehungen lassen sich diese Denkhal-
tungen nur schwer verändern. Einfacher ist es, sie aufzudecken, anzuerkennen und zu
versuchen, mit ihnen umzugehen, denn „erst durch Annehmen des Anderen entsteht
wirklich verändernd wirkende Kommunikation.“ 175

Für den Projektleiter und seine Mitarbeiter heißt deshalb einer der zentralen Heraus-
forderungen in der Projektarbeit: Beziehungen gestalten - nicht nur formell sondern
vor allem persönlich zwischen den Beteiligten. Deshalb sollte die informelle Kommu-
nikation wesentlich stärker gefördert werden. 176 So wird von den Mitarbeitern häufig
kritisiert, dass ein intensiver Austausch mit den Kooperationspartnern kaum möglich
ist, da im Projektplan keine Zeiten für informelle Treffen eingeplant werden. Sie for-
dern deshalb unabhängig von der Position im Netzwerk den Wunsch nach mehr per-
sönlichen Zusammenkünften, abseits geregelter Meetings. 177

4.3.4 Neue Anforderungen an die Mitarbeiter im C3PM


Kooperation ist personenabhängig. Daher sind die individuellen Fähigkeiten der Mit-
arbeiter für die unternehmensübergreifende Projektarbeit von entscheidender Bedeu-
tung. Neben der fachlichen und methodischen Qualifikation rücken im C3PM ver-
stärkt die sozialen und persönlichen Kompetenzen in den Vordergrund. So wird die
kooperative Projektarbeit nur dann erfolgreich sein, wenn die beteiligten Mitarbeiter
auf allen Ebenen und über Unternehmensgrenzen hinweg selbständig persönliche
Netzwerke aufbauen und diese systematisch pflegen können.

174 Kühl/Schnelle/Schnelle (2004), S. 75


175 Künkel (2004), S. 64 ff.
176 vgl. Böhle/Bolte (2002)
177 vgl. Pander/Wagner (2005), S. 64ff.

276
Projektarbeit im Spannungsfeld von Kooperation und Wettbewerb
4.3
Das setzt vor allem Offenheit, Interesse für andere Menschen bzw. Perspektiven, Tole-
ranz und Risikobereitschaft voraus. Es gelte, „durch Diskussion eine soziale Identität
und durch Interaktion eine gemeinsame Wirklichkeit zu schaffen“, so Christian Scholz
in einem Essay zur „Formel für den sozialen Klebstoff“ in Netzen. 178

Daniel Golemann beschreibt die für die Kooperation notwendigen Fähigkeiten der
Mitarbeiter in seinem Konzept der „Emotionalen Intelligenz“ wie folgt: „Das ist die
Fähigkeit, unsere eigenen Gefühle und die anderer zu erkennen, uns selbst zu motivie-
ren und gut mit Emotionen in uns selbst und in unseren Beziehungen umzugehen.“
179 Neben der Fähigkeit zur Selbstreflexion ist deshalb Empathie (sich in die Lage des

anderen versetzen) und die Fähigkeit zur Gestaltung sozialer Beziehungen im Rahmen
der Projektarbeit notwendig. 180 In der Praxis stellen wir dagegen fest, dass nicht alle
Mitarbeiter „von Natur aus“ über diese Fähigkeiten verfügen. Darüber hinaus drängt
die starke Technikorientierung - wie sie in vielen Bereichen der Autoindustrie vor-
herrscht - die „weichen Faktoren“ noch weiter in den Hintergrund.

Bei Personalauswahl und -entwicklung für unternehmensübergreifende Projekte muss


deshalb verstärkt auf die persönlichen und sozialen Fähigkeiten der Mitarbeiter geach-
tet werden. 181 Anforderungsprofile, Funktionsbeschreibungen sowie Beurteilungs-
und Zielvereinbarungssysteme sollten die neuen Anforderungen in der übergreifen-
den Projektarbeit klar widerspiegeln.

Durch die Förderung der Mitarbeiter durch spezielle Trainings-, bzw. Coaching-
Angebote, die Förderung von Job Rotation und die Bildung von „gemischten“ Teams
kann eine Verbesserung der Kooperationsfähigkeit erreicht werden. Dabei können
erfahrene Mitarbeiter mit jungen arbeiten, fachlich spezialisierte mit sozial versierten
usw. Schließlich ist auch noch die Unterstützung des Projektleiters bei der Teambil-
dung und -entwicklung in unternehmensübergreifenden Projekten ein Punkt, der über
Erfolg oder Misserfolg im C3PM entscheidet. 182

So setzen sich die Projektteams oft aus Mitarbeitern zusammen, die vorher noch nie
zusammengearbeitet haben. Kommt die Teamentwicklung in diesem Falle zu kurz, so
rächt sich dies im Projektverlauf – nicht nur mit fatalen Folgen für Termine, Kosten
und Qualität, sondern vor allem zu Lasten des Klimas in der Zusammenarbeit.

178 Scholz (2001), S. 112 ff.


179 Goleman (1999), S. 387
180 vgl. Porschen (2002)
181 vgl. Wagner (2003b)
182 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 93

277
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
4.4 Projektziele und Anforderungen
gemeinsam definieren
Der Klärung von Projektzielen und Anforderungen kommt gerade im unternehmens-
übergreifenden Kontext eine hohe Bedeutung zu, da die beteiligten Firmen sehr unter-
schiedliche Vorstellungen über die Ziele haben können. „Projektziele sollten vor Be-
ginn eines Projektes schriftlich fixiert werden“, so die einhellige Meinung der Experten
- allerdings klaffen Anspruch und Realität in der Automobilindustrie in diesem Punkt
besonders deutlich auseinander.

In der Realität werden die Projektziele vor Projektbeginn zumeist nur unvollständig
bzw. recht oberflächlich geklärt. Teilweise gibt es noch weit über den Projektstart hin-
aus unterschiedliche Zielvorstellungen - mit gravierenden Folgen für die Effizienz in
der Zusammenarbeit. „Viele sehen es als lästige Aufgabe an, das Ziel im voraus genau
zu definieren“, so der Projektleiter eines Zulieferers. Demgegenüber bemängeln die
Hersteller vor allem die hohe Zahl von Ansprechpartnern bei den Zulieferern, mit
denen das Projekt abgestimmt werden müsse. Dies mache die Abstimmung umständ-
lich und zeitaufwändig. Selten werden die Zulieferer von Anfang an in die Ausarbei-
tung des Lastenheftes bzw. bei der Festlegung der Projektziele einbezogen. Dabei
könnten sich die Automobilhersteller bei einer frühzeitigen Einbindung aller beteilig-
ten Partner wichtiges Know-how sichern und damit zu insgesamt besseren Lösungen
kommen.

4.4.1 Kooperativer Zielvereinbarungsprozess


Fahrzeugprojekte werden auf Basis der Modellpolitik bzw. Programmplanung des
Automobilherstellers initiiert und orientieren sich dabei an strategischen Zielgrößen
wie z.B. Kundenforderungen, innovativen Technologien oder betriebswirtschaftlichen
Vorgaben. Diese werden in Form von Prämissen bzw. einer Zielvision (beschreibt u.a.
den Produktlösungsraum, definiert Zielgruppen und Alleinstellungsmerkmale) durch
den Automobilhersteller formuliert und stellen die Ausgangsbasis für den Zielverein-
barungsprozess dar.

Je nach Hersteller gelten für den Produktentstehungsprozess (PEP) unterschiedliche


Vorgehensmodelle. Diese unterscheiden sich zwar in den Teilschritten und Terminolo-
gien, besitzen aber i.d.R. eine ähnliche Logik (vgl. hierzu die Aufgabenfelder im Pro-
jektablauf der Automobilindustrie nach VDA in Abbildung 2-1). Der VDA fordert die
OEM in seinen Empfehlungen dazu auf, schon bei der Besetzung des Konzeptteams
die Kooperationspartner zu beteiligen. 183

183 vgl. VDA (2003b), S. 20

278
Projektziele und Anforderungen gemeinsam definieren
4.4
Allerdings gehen die Automobilhersteller hier sehr unterschiedlich vor. Während
einige OEM noch in der Konzeptphase auf die Lieferanten zugehen und sich intensiv
mit ihnen abstimmen184 arbeiten andere erst einmal das Lastenheft aus und wählen
dann über Konzeptwettbewerbe die geeigneten Lieferanten aus.

Abbildung 4-11: Vergabeprozess eines Automobilherstellers

PK Fahrzeugphase

J I H G F

Projekt- Konzept- 100% Nachweis 1:1 Modell- Lastenheft


start heft Konzeptsetzung Konzepttaugl. bestätigung (Design freeze)
Ges.-Fzg.

Vergaberoadmap
Lieferanten, beteiligt an
Lieferanten von Lieferanten, beteiligt Konzeptdetaillierung /
Innovationen an Konzeptklärung Komponenten-LH

LOI Entwicklungsbeauftragungen

Serienvergaben

Abbildung 4-11 zeigt den Vergabeprozess eines Automobilherstellers. Dabei werden


Entwicklungsbeauftragungen und Serienvergaben für die A- und B-Teile schon früh-
zeitig in der Vergaberoadmap terminiert. Die Entwicklungsbeauftragung muss dabei
nicht automatisch in die Serienvergabe münden, da zwischen den Quality Gates G
und F noch einmal eine Bewertung und Auswahl der Lieferanten stattfindet. 185

In der Phase zwischen Konzeptheft (Quality-Gate J) und Lastenheft (Quality-Gate F)


wird gemeinsam mit den Lieferanten der Reifegrad des Fahrzeugs abgesichert sowie
die Komponenten- und Gesamtfahrzeug-Lastenhefte erstellt.

184 AUTOMOBILENTWICKLUNG, Heft 1/2004, S. 12


185 Quelle: Daimler

279
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Die Lastenhefte spielen gerade in unternehmensübergreifenden Projekten eine zentra-
le Rolle. Sie legen die Ausführungsqualität von Komponenten, Baugruppen bzw. dem
Gesamtfahrzeug (ggf. getrennt in kaufmännische und technische Aspekte) fest und
bilden die Grundlage für die Beauftragung der Lieferanten. Dennoch wird heute gera-
de die Qualität der Lastenhefte heftig kritisiert und dafür plädiert, die Lastenhefte
unterhalb der Gesamtfahrzeugebene durch die Lieferanten erstellen zu lassen, da
diese ohnehin in vielen Fällen über das System-/Entwicklungs-Know-how verfügen.
186

In Kapitel 2.5 sind wir schon ausführlich auf die Methode der Quality Function
Deployment (QFD) und das „House of Quality“ eingegangen (vgl. Abbildung 2-53).
Gezielt werden durch die Anwendung der Methode die folgenden Fragen beantwor-
tet: (1) Was wird erwartet bzw. gefordert [WAS?], (2) Wie erfüllen wir die Forderungen
[WIE?], (3) Welche Zielwerte sollen konkret erreicht werden [WIEVIEL?] und wie gut
erfüllen Wettbewerbsprodukte die eingangs definierten Anforderungen [WARUM?].
In der vierstufigen QFD werden diese Fragen noch für Komponenten, Prozesse sowie
die Produktionsplanung beantwortet (vgl. Abbildung 4-9).

Abbildung 4-12: Mehrstufige QFD 187

Produkt-
planung
Komponenten-
planung
Prozess-
planung
Produktions
Produkt-
-planung
merkmale
Teile-
merkmale
Kundenanforderungen

Prozess-
merkmale
Produktions-
Produktmerkmale

mittel
Teilemerkmale

Prozessmerkmale

Zielwerte

Zielwerte

Phase I Zielwerte

Phase II Zielwerte

Phase III

Phase IV

186 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 41


187 vgl. Linß (2002), S. 149

280
Projektziele und Anforderungen gemeinsam definieren
4.4
Mit Hilfe von intensiven Workshops, unter Beteiligung der in den einzelnen Phasen
betroffenen Partnern, können so frühzeitig Festlegungen getroffen werden, die später
eine effiziente Projektabwicklung ermöglichen und unnötigen Änderungsaufwand
verhindern („front loading“). Darüber hinaus erhöht dieses Vorgehen sicherlich auch
die Akzeptanz der Ergebnisse, an denen man ja schließlich mitgewirkt hat. Die Ver-
pflichtung der am Projekt beteiligten Unternehmen, diese Ziele auch gemeinsam zu
erfüllen, beendet schließlich den Zielvereinbarungsprozess und führt zur Umsetzung.

4.4.2 Collaborative Project Scorecard


Arbeiten der Fachgruppe „Automotive-Projektmanagement“ der GPM haben gezeigt,
dass eine spezielle Form der Balanced Scorecard hilfreich für die Klärung bzw. Verein-
barung der Ziele in kooperativen Projektsituationen (z.B. zwischen einem Automobil-
hersteller und Zulieferern) ist und die Kommunikation zwischen den Partnern in der
frühen Phase von Projekten wesentlich erleichtern kann. 188

Die Balanced Scorecard (BSC) wurde von Kaplan und Norton als Bewertungs- und
Managementsystem zur besseren Planung wie auch Steuerung von Unternehmen
entwickelt und hat sich bis heute in vielen Unternehmen bewährt. Die BSC ist das
Bindeglied zwischen der Strategie eines Unternehmens und ihrer Umsetzung in den
verschiedenen Bereichen und soll dazu beitragen, die Vision und Strategie des Unter-
nehmens zu operationalisieren und umsetzungsfähig zu machen. Ein wesentlicher
Vorteil der BSC ist, dass es sich hierbei um ein Tool mit Zukunftsbezug handelt und
eine permanente Überprüfung der Ziele in allen Bereichen des Unternehmens möglich
ist. Darüber hinaus bezieht die BSC bezieht neben den finanziellen Kennzahlen auch
nicht finanzielle Erfolgsfaktoren und Indikatoren wie z.B. Prozessgrößen, Fluktuati-
onsquote, Innovationsprozesse oder Kundenzufriedenheit mit ein. Diese werden übli-
cherweise in vier Perspektiven abgebildet, nämlich der Finanzperspektive, der Kun-
denperspektive, der Prozessperspektive sowie der Lern- bzw. Entwicklungs-
perspektive (vgl. Abbildung 4-13).

Jede Perspektive beinhaltet mehrere Ziele mit den dazugehörigen Kennzahlen (Key
Performance Indicators KPI) und vorgegebenen Soll-Werten sowie den zur Erreichung
notwendigen Massnahmen. Die Nutzung der BSC ermöglicht so einen umfassenden
Blick auf das Unternehmen sowie eine ausgewogene Planung und Steuerung über die
an der Strategie ausgerichteten Kennzahlen. 189

188 vgl. Niebecker/Plischke/Wagner (2008)


189 vgl. Wagner/Niebecker (2008)

281
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Abbildung 4-13: Klassische Darstellung der Balanced Scorecard

Finanzen

Kunden Vision Prozesse


&
Strategie

Lernen

Verfolgt man den Ansatz der BSC konsequent weiter und überträgt die Methodik auf
das Projektgeschäft, so lässt sich eine Project Scorecard (PSC) herleiten. Die PSC ist mit
den übergeordneten, strategischen Zielen des Unternehmens verknüpft und definiert
die projektspezifischen Ziele ebenfalls in den vier Perspektiven „Kunden“, „Finan-
zen“, „Prozesse“ und „Lernen“.

Durch ihre individuellen Gestaltungsmöglichkeiten kann die PSC sowohl für strategi-
sche als auch für operative Projekte nutzbar gemacht werden. Jedes Projekt wird ein-
zeln definiert, gesteuert und kommuniziert. Bei einem konsequenten Einsatz der PSC
im Projektgeschäft können die einzelnen Scorecards zu einer Programm- oder Portfo-
lio-Scorecard verdichtet werden und im Sinne eines Multiprojektmanagements als
Drehscheibe zwischen strategischer und operativer Ebene dienen (vgl. Abbildung 4-
14).

Der Einsatz der Project Scorecard ergänzt das vorhandene Projektmanagement-


Instrumentarium um ein Tool, mit dem für die Beteiligten eine gemeinsame Kommu-
nikationsbasis geschaffen und so die Zusammenarbeit vereinfacht wird. Wesentliche
Vorteile hierbei sind, dass Projektziele spezifisch und messbar definiert werden und
somit leichter gesteuert werden können, dass Transparenz entsteht und die Kommu-
nikation durch eine verbesserte Projektstatuserfassung und ein auf relevante Erfolgs-
kriterien fokussiertes Reporting optimiert wird. 190

190 vgl. Wagner/Niebecker (2008), S. 13

282
Projektziele und Anforderungen gemeinsam definieren
4.4
Abbildung 4-14: Herleitung der Project Scorecard

Vision

Unternehmen Mission
Strategie

Geschäftsbereiche
Zielfelder Balanced Scorecard

Projektziele
Projekte

Messung der Zielerreichung


Ableitung der Maßnahmen
Project Scorecard

Die Vorteile des Scorecard-Ansatzes bei der Klärung von Zielen mit den dazugehöri-
gen Kennzahlen, Vorgaben und Massnahmen können auch in der bereichs- oder un-
ternehmensübergreifenden Zusammenarbeit genutzt werden.

Mit einer Collaborative Project Scorecard (CPS) lassen sich unterschiedliche Sichtwei-
sen und Zielvorstellungen der Projektpartner klären und verbindlich vereinbaren. Die
CPS kategorisiert die Projektziele auch in vier Perspektiven. Da die finanziellen Ziele
in einem partnerschaftlichen Projekt aber oft unterschiedlichen Interessen unterliegen,
wurde die Finanzperspektive im Rahmen der CPS in die Perspektive „Projektergeb-
nis“ umbenannt. Hier kann z.B. Produktreifegrad gemäß Lastenhaft als Ziel definiert
werden. Darüber hinaus liegt bei der CPS der Fokus nicht mehr auf dem Endkunden,
sondern in der Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern. Deshalb hat auch die
Kundenperspektive eine neue Bezeichnung bekommen, und zwar „Zusammenarbeit“.
Ziel kann z.B. die Effektivität der Kommunikation sein. Die Prozessperspektive wird
bei der CPS nicht mehr intern, sondern vor allem extern gesehen, und deshalb auch
allgemein „Prozesse“ genannt, ein mögliches Ziel ist die Durchlaufzeit. Die Perspekti-
ve „Lernen & Entwicklung“ bleibt erhalten, hier kann beispielsweise der gemeinsame
Kompetenzaufbau bewertet werden.

Die Partner steigen vor Projektbeginn mit Hilfe ihrer eigenen Vorgaben (z.B. BSC, PSC
oder den individuellen Projektzielen) in einen intensiven Dialog ein und versuchen
sich mit Hilfe der CPS auf gemeinsame Ziele, Messgrößen, Zielwerte und Maßnahmen
zu verständigen. 191

191 vgl. Wagner/Niebecker (2008), S. 14

283
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Bei einer längerfristigen Zusammenarbeit zwischen den Partnern kann die Methodik
auch auf der strategischen Ebene genutzt werden. Mit Hilfe einer „Strategic Collabora-
tive Scorecard“ werden dann für gemeinsame Projekte einzelne Collaborative Project
Scorecards abgeleitet (vgl. Abbildung 4-15). 192

Abbildung 4-15: (Strategic) Collaborative Project Scorecard

Unternehmen A Unternehmen B
Strategic
Balanced Scorecard Collaborative Balanced Scorecard
Scorecard
Zusammen
arbeit

Projekt-
Prozesse
ergebnisse

Lernen

Project Scorecard Collaborative Project Scorecard


Project Scorecard
Zusammen
arbeit

Projekt-
Prozesse
ergebnisse

Lernen

Konzept- Definitions- Serien-


Produktion
phase phase entwicklung

Da in der Automobilindustrie nicht immer alle Eventualitäten (wie z.B. überraschende


Marktveränderungen oder technologische Probleme) geregelt werden können, ist der
Umgang mit „weichen“ Zielen ein wichtiges Kulturthema im kooperativen Zielver-
einbarungsprozess. Es muss sich die Einsicht durchsetzen, dass auch im technischen
Bereich zu Projektbeginn nicht alles mit 100%-iger Sicherheit festgelegt werden kann.
Dies ist auch bei der Abstimmung der CPS zu beachten. Allerdings dürfen die Auto-
mobilhersteller dann von den Zulieferern auch nicht verlangen, dass diese ohne Be-
zahlung den Mehraufwand für sie bearbeiten. Im Zweifelsfall lieber eine gewisse „Un-
schärfe“ in Kauf nehmen und dafür das Änderungsmanagement systematisch und
diszipliniert umsetzen, als ständige Konflikte zwischen den Projektpartnern zu riskie-
ren.

192 vgl. Wagner (2008b)

284
Projektziele und Anforderungen gemeinsam definieren
4.4
4.4.3 Vom Zielkonflikt zur Zielverträglichkeit
Obwohl die Vereinbarung der Ziele zwischen den unterschiedlichen Partnern sehr
professionell eingefädelt wird, birgt sie dennoch eine latente Gefahr des Zielkonflikts
in sich. So kann sich die Bedeutung oder die Bewertung der Ziele im Projektverlauf
verändern. Oder es wird erst bei der Projektabwicklung erkannt, dass die Partner
tatsächlich sehr unterschiedliche Vorstellungen von ein und demselben Ziel haben.
Möglicherweise erkennt man aber auch erst später die wahren Absichten und Ziele
des Kooperationspartners und ist mit denen gar nicht einverstanden. Deshalb sollten
schon in der Phase der Kooperationsanbahnung bzw. bei der Zieldefinition geeignete
Maßnahmen eingeleitet werden, wie solche Konflikte vermieden werden können bzw.
wie im Falle des Eintritts damit umzugehen ist.

Idealerweise ist eine möglichst hohe Zielverträglichkeit über die gesamte Dauer der
Zusammenarbeit anzustreben. Dabei ist die höchste Zielverträglichkeit erreicht, wenn
die Ziele der unterschiedlichen Unternehmen im Projekt vollständig deckungsgleich
sind („alle ziehen an einem Strang und in die gleiche Richtung“). Bei Zielkonkurrenz
(siehe Abbildung 4-10) beeinträchtigen sich die Ziele der Kooperationspartner gegen-
seitig („alle ziehen an einem Strang, aber in unterschiedliche Richtungen“). Der Fall
der Zielneutralität, bei dem die von den Partnern verfolgten Ziele unabhängig vonei-
nander sind und sich gegenseitig nicht stören („alle ziehen an ihrem eigenen Strang“)
wird im Rahmen von Kooperationen nur theoretische Bedeutung haben, da per Defi-
nition alle über die Kooperation eine gemeinsame Zielsetzung erreichen wollen.

Für die Konfliktprävention ist eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen. Zum einen
spielen die Wertauffassung und die Motivation der Partner in Bezug auf die Koopera-
tion sowie das Ausmaß an Konflikt- bzw. Konsensfähigkeit eine große Rolle. Wichtige
Fragen sind hierbei u.a.: (1) Wie ist meine Einstellung zu Kooperationen im Allgemei-
nen und zu meinen Kooperationspartnern im Speziellen? (2) Nehme ich die Interessen
des Partners als gleichberechtigt wahr oder hat sich dieser meinen Interessen unterzu-
ordnen? (3) Wie viel Handlungsspielraum gewähre ich dem anderen und unter wel-
chen Bedingungen findet die Koordination der Aktivitäten statt? (4) Wie erfolgt die
Kommunikation zwischen den Kooperationspartnern, bzw. welche Spielregeln gelten
hierbei?

Andererseits wird auch die bisherige Erfahrung mit den Partnern die Bereitschaft zur
Kooperation prägen. Liegen negative Erfahrungen (z.B. Vertrauensbruch) in der Ver-
gangenheit vor, so wird man sich eher vorsichtig an die Kooperation herantasten oder
die eigenen Absichten nur soweit wie nötig offen legen. Versteckte Ziele, die erst im
Projektverlauf offenbar werden und sich ggf. gegen einen der Projektpartner richten,
erzeugen ein Klima des Misstrauens und provozieren neue Konflikte – ein Teufels-
kreis. Deshalb sind die frühzeitige Klärung von Einstellungen, Motiven und Wertauf-
fassungen der möglichen Partner sowie der offene Dialog über die eigenen Ziele eine
Grundvoraussetzung für die Kooperation in Projektnetzwerken.

285
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Abbildung 4-16: Möglichkeiten zur Zielabstimmung

stark
Kooperation
Anpassung
„alle können
„dem Anderen
gewinnen
nachgeben“
Berücksichtigung der

(Win-Win)“
Interessen anderer

Kompromiss
„jeder muss
etwas nachgeben“

Vermeidung
Machteinsatz
„Problemen
„mit Autorität
aus dem
schwach siegen“
Weg gehen“

schwach stark

Durchsetzung der eigenen Interessen

Vielfach werden Zielkonflikte schon durch die Art und Weise, wie die Zielabstim-
mung zwischen den Projektpartnern erfolgt, verursacht (vgl. Abbildung 4-16). Der
Einsatz von Machtmitteln von Seiten des stärkeren Kooperationspartners kann dazu
führen, dass sich der „Schwächere“ zwar unterordnet – sich anpasst – später aber
seine Energie bzw. seine Ressourcen in andere Vorhaben investiert oder sich nur
„halbherzig“ engagiert. Auch die Vermeidung von Zielkonflikten oder die Hoffnung,
Differenzen werden sich im Projektverlauf von alleine erledigen, führen zwangsläufig
zu Reibungsverlusten im Projektverlauf. Schließlich können auch Kompromisse, bei
denen jeder etwas von seiner Position abgegeben hat zu späteren Konflikten führen.
Nach Ludwig Erhard ist ein Kompromiss nämlich die Kunst, einen Kuchen so zu
teilen, dass jeder meint, er habe das größte Stück bekommen. Entpuppen sich die auf
dem Verhandlungsweg erzielten Ergebnisse als „fauler Kompromiss“, so lässt das
Folgeproblem nicht lange warten.

Deshalb sollten Differenzen in den einzelnen Zielvorstellungen so lange wie nötig


diskutiert, die jeweiligen Interessen offen gelegt und Entscheidungsmöglichkeiten
(Optionen) zum beiderseitigen Vorteil entwickelt werden. Die Integration aller Betei-
ligten und das Hinwirken auf eine Win-Win-Lösung helfen, die Nachhaltigkeit von
kooperativen Beziehungen zu erhöhen.

286
Projektziele und Anforderungen gemeinsam definieren
4.4
Ein Durchbruch auf dem Weg zu einer für alle Seiten optimalen Lösung ist darüber
hinaus oft nur dadurch möglich, dass man die Annahme, der „Kuchen“ sei begrenzt,
fallen lässt. Eine Annäherung von unterschiedlichen Interessen der Partner in der
Zielabstimmung kann mit Hilfe einer Priorisierung der Ziele oder durch die Eintei-
lung in „Muss“-, „Kann“- oder „Wunsch“-Ziele erreicht werden. So können sich die
Partner in der Projektarbeit auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren und ver-
meiden Ärger an Stellen, die nur geringe Priorität besitzen.

Da sich der Inhalt und die Priorität von Zielen über den Projektverlauf hinweg ändern
können, ist es notwendig, in regelmäßigen Abständen mit allen Partnern über die
möglicherweise notwendige Anpassung der Ziele zu sprechen. Vereinbarte Zielanpas-
sungen müssen zeitnah dokumentiert und an alle Mitarbeiter kommuniziert werden.

Treten Konflikte zwischen den Kooperationspartnern auf, so äußern sich diese im


Verhalten der Konfliktparteien oft wie folgt: 193

„ die eigenen Ziele werden überbetont


„ gegenüber der anderen Partei wird „gemauert“
„ die eigenen Interessen werden nicht dargelegt
„ die gewählten Strategien sind mit Überraschungseffekten verbunden
„ es wird mit Drohungen und Bluff gearbeitet
„ strategisch wichtige Positionen werden mit sachlichen und unsachlichen Argumen-
ten verteidigt

Drohende Konflikte zu erkennen und das Problem offen gegenüber seinem Partner
anzusprechen, ist der erste Schritt in Richtung Problemlösung. Eine schnelle und ko-
operative Problemlösung kann erreicht werden, wenn schon zu Beginn der Kooperati-
onsbeziehungen klare Konfliktlösungsmechanismen bzw. Spielregeln vereinbart wur-
den. Diese sollen sicherstellen, dass keiner der Beteiligten bei der Konfliktlösung
benachteiligt und eine für alle Seiten optimale Lösung gefunden wird. Konfliktlösung
kann dabei bedeuten, den paritätisch besetzten Lenkungsausschuss anzurufen oder
die Möglichkeiten der Mediation bzw. Schlichtung zu nutzen.

Bei Projekten mit hohem Kosten- und Termindruck kann evtl. sogar der präventive
Einsatz eines neutralen Mediators sinnvoll sein, der aufkommende Konflikte schon
frühzeitig erkennt und hilft, eine Eskalation der Probleme zu vermeiden. Möglicher-
weise einigen sich die Parteien bei der Kooperationsanbahnung auch auf einen neutra-
len Schlichter, der im Falle von Streitigkeiten eine für beide Seiten bindende Entschei-
dung fällt, ohne dass ein ordentliches bzw. ein Schiedsgericht angerufen werden muss.

193 Rosenstiel (1992), S. 289

287
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
4.5 Unternehmensübergreifende Planung
(„Cross Company Planning“)
Auf der Basis gemeinsam vereinbarter Projektziele beginnt die Abstimmung der Pla-
nung zwischen den am Projekt beteiligten Unternehmen – hier als „Cross Company
Planning (CCP)“ bezeichnet. 194 Dabei ist eine Reihe von Besonderheiten zu beachten:

„ Einbindung von teilweise mehreren Hundert Zulieferern in den Planungsprozess


„ Berücksichtigung unterschiedlicher Planungsphilosophien und Terminologien
„ Umgang mit einer hohen Planungskomplexität und –dynamik
„ Erzielung einer hohen Planungsqualität bei möglichst geringem Aufwand
„ Heterogenität der Planungstools (Informations- und Kommunikationssysteme
bzw. der unterstützenden Programme, Applikationen etc.)

In der Praxis ist die Planungsvernetzung noch eher gering ausgeprägt. Oft existieren
Planungsinseln zwischen den Automobilherstellern und ihren Zulieferern, aber auch
zwischen den Systemlieferanten und deren nachgelagerten (Komponenten-/Teile-)
Lieferanten. Darüber hinaus erschweren verschiedenartige Tools und unterschiedliche
Kommunikations- und Informationssysteme den Planungsabgleich.

Heute werden in der Planung neben dem Einsatz von professionellen Programmen
(z.B. von Microsoft oder SAP) immer noch Listen bzw. Pläne mit MS Excel erstellt und
per Fax oder E-Mail verteilt. Unnötige Doppelarbeiten und Informationsverluste sind
vorprogrammiert. Einer Studie der Fraunhofer-Gesellschaft195 zu Folge liegen die
Schwachstellen im kooperativen Entwicklungsprozess vor allem an aufwändigen
Absprachen mit externen Partnern (48%), an mangelnder Kommunikation zwischen
den Partnern (33%) sowie an einer zu aufwändigen Informationsbeschaffung (24%).
So kommt es auch nicht von ungefähr, dass die Qualität der Planung leidet und eine
unrealistische Zeit- und Produktkostenplanung als wichtigste Ursache für die Abwei-
chung von den Projektzielen identifiziert wurde. 196

Im Folgenden stellen wir die wesentlichen Aspekte des CCP dar und zeigen mögliche
Lösungen für eine vernetzte Planung auf. Dabei sind im Planungsprozess die Beson-
derheiten der Projektarbeit im Spannungsfeld zwischen Kooperation und Wettbewerb
(vgl. Kapitel 4.3) zu berücksichtigen.

194 dieser Begriff wurde maßgeblich durch die Firma Actano in München geprägt
195 Fraunhofer-Studie „Engineering Cooperation“ der Institute IAO und IPA, 2001
196 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 159

288
Unternehmensübergreifende Planung („Cross Company Planning“)
4.5
4.5.1 Synchronisation von Herstellern und Zulieferern
Die Synchronisation der Aktivitäten von Automobilherstellern und ihren Zulieferern
entlang des Produktentstehungsprozesses erforderte eine Abstimmung auf ver-
schiedensten Ebenen. Die „Collaborative Project Management“- Empfehlung des
ProSTEP iViP-Vereins nennt in seinem Referenzmodell explizit die Prozesse, Metho-
den, Rollen, Informationsaustausch bzw. Kommunikation und die Kultur als relevante
Aspekte (vgl. Abbildung 4-17) und schreibt dazu: „This Recommendation focuses on
project management (PM) across companies. The document describes the project man-
agement tasks within the product development process (PDP) in the automotive in-
dustry that extend across the borders of partner enterprises, and focuses on time man-
agement, activity management and communication management. It covers the
processes, roles, methods, information, language and culture in collaboration pro-
jects.” 197

Abbildung 4-17: Referenzmodell für Collaborative Project Management 198

Partner A
CPM - SCOPE Partner B
Prozesse
Steuerung des Projektplanes

Steuerung des Projektplanes

Rollen Methoden

Informationsgehalt
Sprache

Kultur

Referenzmodell für die


unternehmensübergreifende
Zusammenarbeit

Dabei werden in der Empfehlung produktbezogene Prozesse (Planung, Entwicklung


und Herstellung von Fahrzeugen) ganz bewusst von den Projektmanagement-
Prozessen getrennt, allerdings wird auch hier klar gemacht, dass beide abzustimmen
sind und auch zwischen den Partnern eine entsprechende Synchronisation stattfinden
muss. Diese Synchronisation läuft entlang des Produktentstehungsprozesses und wird
- unabhängig von den verwendeten Prozess- bzw. PM-Standards - über eine gemein-
sam definierte Interaktionskette angesteuert (vgl. Abbildung 4-18).

197 vgl. ProSTEP iViP (2007), S. 3


198 ebenda

289
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Abbildung 4-18: Interaktion zwischen Projektpartnern 199

Ausgangspunkt für die Synchronisation der Wertschöpfungskette sind die Planungen


des Automobilherstellers. Dieser erarbeitet auf Basis seiner internen Prozessbeschrei-
bungen einen geeigneten Master-Plan, der als Grundlage für die weitere Planung dient
und die Vielzahl der Projektbeteiligten synchronisiert. Spezielle Synchronisations-
punkte (vgl. Abbildung 4-18) unterstützen die Abstimmung in der Projektplanung
und –steuerung zwischen dem Hersteller und seinen Zulieferern. Synchronisations-
punkte sind besondere Steuerungspunkte im Projektablauf, an denen bestimmte Er-
gebnisse vorliegen, bzw. ein bestimmter Produkt-/Prozessreifegrad erreicht sein muss.
Im Rahmen der Projektsteuerung können somit - je nach Bedarf - Entscheidungen über
geeignete Maßnahmen getroffen werden.

In der Projektplanung dienen die Synchronisationspunkte zur Unterteilung des Pro-


duktentstehungsprozesses in grobe Abschnitte, die mittels spezieller Meilensteine
oder „Quality Gates“ weiter verfeinert werden können. Damit erhalten alle Beteiligten
einen Orientierungsrahmen für die weitere Planung und einen Überblick über die
Abhängigkeiten und Anordnungsbeziehungen.

199 vgl. ProSTEP iViP (2007), S. 22

290
Unternehmensübergreifende Planung („Cross Company Planning“)
4.5
Abbildung 4-19: Ausschnitt aus einem Synchronisationsplan in der Serienentwicklung

Der Master-Plan sollte für alle Beteiligten zugänglich im Projekthandbuch dokumen-


tiert sein. Mit Hilfe von entsprechenden Steckbriefen können die Synchronisations-
punkte bzw. Meilensteine eindeutig beschrieben werden. Inhalt der Steckbriefe: (1) die
erwarteten Ziele („deliverables“), (2) die Rahmenbedingungen („constraints“), (3) die
Schnittstellen („input/output“-Beziehungen) sowie (4) die Verantwortlichkeiten
(„responsibilities“). Die ProSTEP iViP-Empfehlung zum CPM stellt für die beiden
letztgenannten Punkte hilfreiche Methoden und Tools zur Verfügung, so z.B. die Liste
offener Punkte („Issue list“) und eine Kommunikationsmatrix auf Basis von Rollen-
bzw. Funktionsbeschreibungen. 200

Diese Vorgaben seitens des Automobilherstellers reichen für eine weitere Detaillierung
der Planung durch die Projektpartner völlig aus. Trotz leistungsfähiger Planungstools
sind heutzutage nur wenige Automobilhersteller in der Lage, eine zentrale Projektpla-
nung über den gesamten Produktentstehungsprozess und die Wertschöpfungskette
hinweg zu bewerkstelligen. Dazu ist die Komplexität und Dynamik des Planungspro-
zesses viel zu hoch.

200 vgl. ProSTEP iViP (2007)

291
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Die Planungsverantwortung wird im Rahmen der Beauftragung bzw. bei der Klärung
von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten an die Zulieferer delegiert.
Nun übernimmt der Gesamt-Projektleiter auf der Ebene des Systemlieferanten die
Planung und informiert alle Arbeitspaketverantwortlichen über die Planungsergebnis-
se und so weiter und so fort (vgl. Abbildung 4-20).

Abbildung 4-20: Verbreitung der Planungsergebnisse 201

Kunde zentrale
Planung
0. Ebene
GPLSL

Top-down
1. Ebene
PLMEW PLMF

2. Ebene
TKEW_SL TKPV_SL PLSW PLMM
dezentrale
Planung

Legende: TK: Teamkoordinator MEW: Modulentwicklung MF: Modulfabrik


EW: Entwicklung PV: Prototypenbau und MM: Modul-Montage-
SL: Systemlieferant Versuche Träger
PL: Projektleitung GPL: Gesamtprojektleiter

Die starre „Algorithmierung“ der Netzpläne wird dabei durch eine dynamische Ver-
knüpfung der Beteiligten ersetzt. Durch die Bereitstellung von relevanten Informatio-
nen über automatisierte Kommunikationskanäle (bei einer Änderung in der Planung
werden alle betroffenen Projektpartner sofort informiert) kann der Aufwand für die
Plananpassung spürbar gesenkt werden (vgl. Abbildung 4-21). Allerdings steigen
dadurch die Anforderungen an die Mitarbeiter. Sie bekommen weniger Vorgaben und
müssen die ihnen zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich planen sowie sich mit
den Mitarbeitern an den korrespondierenden Schnittstellen abstimmen.

201 in Anlehnung an: Schuh (2000), S. 267

292
Unternehmensübergreifende Planung („Cross Company Planning“)
4.5
Abbildung 4-21: Kommunikation/Interaktion statt Algorithmierung 202

Algorithmierung Kommunikation/Interaktion

...
...

Zulieferer Zulieferer
i
Hersteller Hersteller

Tool/Algorithmus rechnet, z.B. Tool zeigt Handlungsbedarf,


„Ende-Anfang“, Prozess-Owner entscheiden
„Muss anfangen am“
...

Die (inhaltlichen) Ergebnisse der Synchronisations- und Meilensteinplanung werden


nun als Basis für die Ausgestaltung des Projektstrukturplanes genutzt. Der Projekt-
strukturplan bildet den Arbeitsumfang des Projektes ab und gibt den beteiligten Pro-
jektpartnern eine Orientierung über die von ihnen zu bearbeitenden Umfänge (mit
den entsprechenden Schnittstellen). Eine klare Strukturierung des Projektes mit mög-
lichst wenigen Schnittstellen erleichtert die Projektplanung und –steuerung ungemein.
Viele Schnittstellen führen – gerade bei einer Vielzahl an Projektpartnern – zu einem
unverhältnismäßig hohen Koordinationsaufwand, organisatorischen Reibungsverlus-
ten bzw. Qualitätsproblemen.

Da sich in der Regel der Projektstrukturplan an der Produktstrukturierung orientiert,


ist vom Automobilhersteller auf eine möglichst klare Trennung des Produktes (z.B. des
Gesamtfahrzeugs) in sinnvolle, und für die weitere Planung nützliche (Teil-) Systeme,
Module oder Baugruppen zu achten. 203 Die Art und Weise der Strukturierung und die
Beschreibung der Schnittstellen sind ebenfalls im Projekthandbuch für jedermann
zugänglich zu beschreiben.

Die am Projekt beteiligten Unternehmen können nun mit Hilfe der Termine aus dem
Meilensteinplan ihre eigene Ablaufplanung erstellen. Aus den Umfängen des Projekt-
strukturplanes lässt sich schließlich der Kapazitätsbedarf bestimmen.

202 Quelle: Actano


203 vgl. VDA (2003a), S. 71 ff.

293
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
4.5.2 Von der gemeinsamen Kostenzielermittlung zur
individuellen Kostenplanung
Durch den Verdrängungswettbewerb in der Automobilindustrie stehen Hersteller wie
Zulieferer unter einem enormen Kostendruck. Deshalb wird an keinem anderen Punkt
in der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit so hart miteinander gerungen
wie bei den Kosten. Die Ermittlung der Zielkosten sowie die Umsetzung in die Kos-
tenplanung erfolgt in der Regel iterativ über mehrere Etappen und ist ein Abstim-
mungsprozess zwischen der „bottom-up“-Planung der beteiligten Zulieferer und der
„top-down“-Planung des Automobilherstellers (vgl. Abbildung 4-22).

Abbildung 4-22: Iterative Zielkostenermittlung zwischen Hersteller und Zulieferern

Angebot

Zulieferer Hersteller

bottom-up- top-down-
Planung Planung

Anfrage Auftrag

Verhandlung / Auktion

Die „bottom-up“-Planung der Zulieferer kann mit herkömmlichen Aufwandsschätz-


verfahren204 oder im Rahmen einer unternehmensspezifischen Vorkalkulation erfol-
gen und orientiert sich dabei vor allem an den technischen Erfordernissen zur Ent-
wicklung und Herstellung der angefragten Produkte bzw. Leistungen (vgl. hierzu
auch Kapitel 2.5.9.). Aus Vollkostensicht gehen dabei verursachungsgerecht auch In-
vestitionen, Abschreibungen und Gemeinkostenzuschläge (z.B. für Verwaltung, Ver-
trieb) in die Kalkulation mit ein.

204 vgl. Burghardt (2002), S. 154 ff.

294
Unternehmensübergreifende Planung („Cross Company Planning“)
4.5
Der Hersteller geht dabei im Rahmen seiner „top-down“-Planung marktorientiert vor
und ermittelt mit Hilfe der „Target Costing“-Methode die aus seiner Sicht sinnvollen
partner- bzw. produktspezifischen Kostenziele. So ergeben sich aus der Analyse des
Marktes und der gesammelten Erfahrungswerte wesentliche Informationen über die
für das spezifische Fahrzeug (Qualität, Ausstattungsmerkmale, Absatzmenge etc. sind
zu berücksichtigen) erzielbaren Preise. Unter Abzug der Gewinnanteile können so die
„allowable costs“ ermittelt und mit den Angeboten der Zulieferer verglichen werden
(vgl. Abbildung 4-23).

Abbildung 4-23: Vorgehen im Target Costing 205

Markt-
positionierung Zielpreis

-
Produktanteiliger Gewinn-
Gewinn planung

Allowable Costs Standardkosten Technologie und


(marktorientiert) (techn. orientiert) Ressourcen

Abgleich
- Motivations-
aspekte Kostenreduktions-
- Wettbewerbs- bedarf
fähigkeit

= zu erreichende Technologie und


Zielkosten
Standardkosten Ressourcen

Über intensive Verhandlungen bzw. den Einsatz von (elektronischen) Auktionen wer-
den letztendlich die Zielkosten ermittelt und in einer Beauftragung verbindlich fixiert.
Damit ist die Basis für die nun folgende Feinplanung der Projektbeteiligten gelegt.
Ausgehend von den vereinbarten Zielkosten werden die Zielkostenanteile für be-
stimmte Leistungen, Funktionen oder Komponenten - bis zu einem sinnvollen Detail-
lierungsgrad – ermittelt und in die unternehmensspezifische Kostenplanung über-
nommen. Im Ergebnis wird durch diese Vorgehensweise schon in einer frühen Phase
des Projektes das Kostenbewusstsein geschärft und eine geeignete Basis für die Pro-
jektsteuerung gelegt.

205 Bullinger/Warschat (1997), S. 182

295
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
4.5.3 Absicherung von Kooperationsrisiken
In Kapitel 2.6.10 haben wir die grundlegenden Methoden des Risikomanagements
beim Management von einzelnen Automotive-Projekten dargestellt. Durch die Einbe-
ziehung von Zulieferern in die Projektabwicklung oder durch die komplette Verlage-
rung von Entwicklungs- und Produktionsumfängen entstehen für den Automobilher-
steller zusätzliche Abhängigkeiten und Risiken. Durch unzureichend qualifizierte
Zulieferer kann es z.B. zu Verzögerungen im Projektverlauf oder sogar zum Abbruch
kommen. Die Risiken bezüglich Qualität, Kosten und Terminen sind zu berücksichti-
gen. Eine Vielzahl an Projektbeteiligten erhöht die Komplexität und damit den Koor-
dinationsaufwand in der Projektabwicklung. Risiken durch Informationsverluste und
Schnittstellenprobleme sind deshalb bei der Risikobetrachtung mit einzubeziehen.
Kostensteigerungen und Terminschwierigkeiten können durch ein unzureichendes
Projektmanagement entstehen. Unklare Ziele, Planungsfehler sowie eine mangelhafte
Fortschrittskontrolle können sich im Projektverlauf schnell als Problem entpuppen.

In unternehmensübergreifenden Projekten können sich zusätzlich Probleme im sozio-


kulturellen Bereich (z.B. die fehlende Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit,
Sprach- und Kulturbarrieren) auf den Erfolg eines Projektes auswirken. Darüber hin-
aus existieren aus den vertraglichen Regelungen zwischen Auftraggeber und Auftrag-
nehmer verschiedene (finanzielle und rechtliche) Risiken. So können unklar ausgestal-
tete Verträge, Finanzierungsschwierigkeiten bei einem Zulieferer oder der
unzureichende Schutz von Know-how für die eine wie die andere Seite zu einem Risi-
ko mit unabsehbaren Folgen werden.

Von grundlegender Bedeutung für die Risikoprävention sind die speziellen Regelwer-
ke der Automobilindustrie. Die deutschen Automobilhersteller erwarten in der Regel
von ihren Zulieferern die Zertifizierung nach VDA 6.1. Diese Norm besteht aus einem
Fragenkatalog mit 23 Elementen zu den Bereichen Unternehmensführung sowie Pro-
dukt und Prozess. Darüber hinaus sind in dem VDA-Band 4 die wesentlichen Metho-
den zur Sicherung der Qualität vor Serieneinsatz zusammengefasst.

Darin enthalten sind elementare Werkzeuge zur Risikoabsicherung und Qualitätspla-


nung wie z.B. die QFD (Quality Function Deployment), FMEA (Fehler-Möglichkeits-
und Einfluss-Analyse), Fehlerbaumanalyse sowie die Versuchsmethodik (Design of
Experiments). 206 Die drei amerikanischen Automobilhersteller (Ford, Chrysler und
GM) haben mit der QS-9000 einen eigenen Standard geschaffen, der neben der FMEA
noch weitere Anforderungen an die beteiligten Zulieferer stellt, wie z.B. die Anwen-
dung des Advanced Product Quality Planning and Control Plan (APQP). 207

206 vgl. VDA (2003b)


207 vgl. APQP (1994)

296
Unternehmensübergreifende Planung („Cross Company Planning“)
4.5
Die enge Verzahnung des Automobilherstellers mit seinen Zulieferern erfordert eine
frühzeitige Einbindung aller Beteiligten in die Risikoabsicherung. 208 Denn auch ein
noch so kleines Risiko bei einem Teile-Lieferanten kann sich zum kritischen Engpass
für das gesamte Projekt entwickeln. Im Rahmen von Risikoanalyse-Workshops sam-
meln und bewerten ausgewählte Vertreter der beteiligten Unternehmen die relevanten
Risiken und entscheiden gemeinsam über geeignete (Gegen-)Maßnahmen. 209

Die erforderlichen und im Projekt anzuwendenden Verfahren sind zwischen den Pro-
jektpartnern mit Hilfe von Qualitätssicherungsklauseln (vgl. Abbildung 4-24) oder
speziellen Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV) vertraglich zu vereinbaren. Die
wichtigsten Regelungen sind für das Projektteam im Rahmen des Projekthandbuchs
oder in Form von Qualitäts-/Prüfplänen zu dokumentieren.

Abbildung 4-24: Beispiel für eine Qualitätssicherungs-Klausel 210

„Der Auftragnehmer (AN) unterhält für die Dauer des Vertrages ein Qualitätssicherungssystem
das den in der Qualitätssicherungsvereinbarung dargestellten Forderungen genügt. Er hat dieses
Qualitätssicherungssystem für sämtliche nach diesem Vertrag zu erbringende Leistungen anzu-
wenden und fortlaufend auf Verbesserungsfähigkeit zu prüfen. Der AN wird die Anwendung der
Qualitätssicherungsmaßnahmen und die gewonnenen Mess- und Prüfergebnisse dokumentieren
und für einen Zeitraum von … Jahren aufbewahren. Der Auftraggeber (AG) erhält nach Voran-
kündigung unverzüglich Zutritt zu den Betriebsstätten des AN, um die Dokumentation der Quali-
tätssicherungsmaßnahmen sowie die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen zu können. Der
AG wird regelmäßig (mindestens … mal im Kalenderjahr) Qualitätsaudits beim AN durchführen.“

Der Einsatz computerunterstützter Methoden und Werkzeuge (CAQ, d.h. Computer


Aided Quality Management) kann gerade bei unternehmensübergreifenden Projekten
eine sinnvolle Hilfe zur Prozessabsicherung sein (vgl. Abbildung 4-25). 211 Alle Betei-
ligten haben so Zugriff auf die notwendigen Dokumente und Hilfsmittel und können
diese nach der Umsetzung an die Projektbeteiligten zur Information weiterleiten. Vor
allem im Rahmen der APQP-Prozesse (mit ihrem umfangreichen Berichtswesen), ist
aus Effizienzgesichtspunkten eine Software-Unterstützung zu empfehlen.

208 vgl. Edenhofer et al (2002), S. 732 ff.


209 vgl. Burghardt (2002), S. 298 ff.
210 in Anlehnung an den Vortrag von RA Dr. Alexander Loos zum Thema „Leistungspflichten
und Haftung“ anlässlich der EUROFORUM-Konferenz „Verträge in der Zulieferindustrie“ in
Stuttgart vom 17.-18.01.2000
211 vgl. Linß (2002), S. 439

297
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Abbildung 4-25: Qualitätswerkzeuge im Produktentstehungsprozess 212

Entwurfs- Inhalte Produktentwicklung


zeichnungen
Fert.-/Montagekonz. besondere Inhalte Prozessentwicklung
Merkmale

Integration durch CAQ-System


frühere FMEAs

Produkt-FMEA
Risiko-
filter

Prozess-FMEA

MFU PFU Regel- M Rev.


karten
Produktionslenkungspläne Fehler-
sammel-
Lastenheft karten 8D-
p Pflichtenheft Prüfpläne Report

Der Einsatz der FMEA ist nicht nur zur Absicherung der Systeme, Produkte oder Pro-
duktionsprozesse sinnvoll, sondern kann genauso gut auch für die spezifischen Risi-
ken der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit nutzbar gemacht werden.
Schwachstellen in der Zusammenarbeit können so beleuchtet und Maßnahmen pro-
aktiv eingeleitet werden. Mit den Ergebnissen der FMEA stehen auch wichtige Er-
kenntnisse für die gemeinsame Abwicklung zukünftiger Projekte bzw. für die strategi-
sche Optimierung des Netzwerkes zur Verfügung.

4.6 Integrierte Projektsteuerung im C3PM


Ziel der integrierten Projektsteuerung ist, die vereinbarten Ziele möglichst effizient
und effektiv zu erreichen. Die Vielzahl der am Projekt beteiligten Partner erhöht die
Komplexität dieser Aufgabe allerdings ungemein. So werden bei Automobilentwick-
lungsprojekten zwar in den meisten Fällen die vereinbarten Ziele auch tatsächlich
erreicht, gleichwohl werden immer häufiger die geplanten Termine und Budgets über-
schritten. 213 Dabei kommt der effizienten Projektabwicklung gerade durch den ver-
schärften Verdrängungswettbewerb in der Automobilindustrie eine enorme Bedeu-
tung zu. 214

212 Quelle: Dräxlmaier


213 vgl. hierzu auch Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 102 ff.
214 vgl. VDA (2003a), S. 16

298
Integrierte Projektsteuerung im C3PM
4.6
In Kapitel 1.2 haben wir gezeigt, wie sich der Handlungsspielraum im Projektma-
nagement innerhalb der wichtigen Bezugsgrößen von Qualität, Terminen und Kosten
immer weiter einschränkt. Für das Management von unternehmensübergreifenden
Projekten kommen weitere Anforderungen hinzu: Handlungsbedarf besteht bei der
Schaffung von Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg und bei
der Dynamisierung der gemeinschaftlichen Prozesse. Schließlich müssen die beteilig-
ten Zulieferer optimal integriert und flexibel ausgesteuert werden. 215 Vergegenwärti-
gen wir uns die vielfältigen Beziehungen entlang der Wertschöpfungskette und über
den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs, so wird schnell klar, wie anspruchsvoll
diese Aufgabe ist. Projektmanagement wird zum kritischen Erfolgsfaktor.

4.6.1 Übergeordnete Steuerung von unternehmens-


übergreifenden Projekten
Werden Unternehmen gefragt, wer die Verantwortung für die Steuerung von Projek-
ten hat, so wird diese Frage schnell beantwortet – der Projektleiter ist dafür verant-
wortlich. Bei Programmen bzw. einem Projekt-Portfolio fällt die Beantwortung der
Frage sicherlich nicht mehr ganz so leicht. Hier trägt evtl. ein eigens dafür eingerichte-
tes Programmmanagement die Verantwortung für die übergeordnete Steuerung bzw.
ein Mitarbeiter aus dem Stab oder der Linie hat diese Aufgabe in Zweitfunktion zu
erfüllen. Dabei müssen die Abhängigkeiten im Projekt-Portfolio im Sinne einer vorab
definierten Zielsetzung und mit klaren Regeln ausgesteuert werden.

Verlassen wir die innerbetrieblichen Strukturen und betrachten die Projektsteuerung


im unternehmensübergreifenden Kontext, so ist die Frage nach der Verantwortlichkeit
ungemein schwerer zu beantworten.

So ernennt doch jedes am Projekt beteiligte Unternehmen einen Projektleiter, der ge-
meinsam mit seinem Projektteam die gestellte Aufgabe erfüllen soll. Überschaubare
Strukturen, klare Unterstellungsverhältnisse und kurze Entscheidungswege im Unter-
nehmen erleichtern die Projektsteuerungsaufgabe. Ganz anders die Situation im
C3PM. Dort finden wir in der Regel wenig überschaubare Strukturen zwischen relativ
unabhängigen Unternehmen vor (vgl. Abbildung 4-26).

215 vgl. Wildemann (2004), S. 41

299
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Abbildung 4-26: Projekthierarchie im C3PM

OEM PL
PL

Tier 1
PL
PL PL
PL PL
PL

Tier 2 ... PL
PL
PL
PL PL
PL
...

... ...

Tier 3 PL PL
PL PL PL PL
PL PL

... ... ... ...

Kein Wunder, dass die übergeordnete Steuerung von unternehmensübergreifenden


Projekten die Unternehmen „bis an die Grenzen“ fordert und das optimale Manage-
ment der Supply-Chains zu einer der größten Herausforderungen der Branche zählt.
Für den Erfolg der übergeordneten Projektsteuerung kommt es maßgeblich darauf an,
dass der gesamtverantwortliche Projektleiter über den notwendigen Stellenwert und
eine herausragende Qualifikation verfügt. Aufgaben, Kompetenzen und Verantwort-
lichkeiten müssen klar geregelt und von anderen Funktionen abgegrenzt sein.

Sonst wird der Projektleiter von den Partnern und den internen Linienfunktionen nur
als „Kümmerer“ wahrgenommen – mit fatalen Folgen für Durchsetzungskraft und
Einflussmöglichkeiten auf den Projekterfolg. Da eine Person mit der übergreifenden
Steuerung im C3PM überfordert wäre, wird der Projektleiter in der Regel durch ein
kompetentes Team und eine - je nach Projektumfang – mehr oder minder große Zahl
von Gremien unterstützt (vgl. hierzu auch 4.2.3). Auf Basis von Projektdefinition und –
planung können so gemeinsam die in Kapitel 2 schon ausführlich dargestellten Auf-
gaben der integrierten Projektsteuerung (Ist-Wert-Erfassung, Soll-Ist-Vergleich mit
Bewertung sowie Entscheidung über geeignete Maßnahmen). Im Folgenden greifen
wir einige Besonderheiten der integrierten Projektsteuerung im C3PM heraus und
stellen geeignete Lösungsansätze vor.

300
Integrierte Projektsteuerung im C3PM
4.6
4.6.2 Reifegradmessung als Grundlage der
integrierten Projektsteuerung
Die Komplexität der Steuerungsaufgabe im C3PM erfordert die systematische Erfas-
sung und Kontrolle des Reifegrades anhand von aggregierten Steuerungsgrößen, um
jederzeit einen Überblick über den Status des Gesamtprojektes zu haben und fundierte
Entscheidungen über geeignete Maßnahmen (evtl. sogar den Abbruch des Projektes)
treffen zu können (vgl. auch 2.7.3).

Je nach Festlegung kann der Reifegrad über das gesamte Projekt, d.h. über die kom-
plette Wertschöpfungskette und den gesamten Produktlebenszyklus oder nur für
einzelne Aspekte ermittelt werden. In der Projektdefinition bzw. -planung werden
hierfür geeignete Reifegradindikatoren festgelegt. Dies können u.a. sein: 216

„ Prozess-Reifegrade (z.B. Qualitätsstände, Produktions- und Lieferfähigkeit)


„ Produkt-Reifegrade (z.B. Qualitätsziele, Erprobungen, Gewicht)
„ Wirtschaftliche Reifegrade (z.B. Kapitalwert, Zielkostenerreichung, -abweichung)
„ Zeitliche Reifegrade (z.B. Meilensteine, Freigaben)

Abbildung 4-27: Schematischer Ablauf der Reifegradmessung 217

Reifegradparameter Expertenprognosen

Reifegradermittlung

Bewertung

rot gelb grün

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Berichterstattung

216 vgl. Hessenberger/Späth (1998), S. 257


217 ebenda, S. 269

301
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Ausgehend von der Synchronisations- bzw. Meilensteinplanung lassen sich die defi-
nierten Reifegrade zum jeweiligen Zeitpunkt oder in regelmäßigen Abständen ermit-
teln und mit Hilfe geeigneter Bewertungssysteme – z.B. einem Bewertungssystem mit
Ampelfunktion – visualisieren (siehe Abbildung 4-27).

Dabei können die Ampelfarben rot, gelb und grün noch feiner untergliedert (vgl. Ta-
belle 4-2) und über dem Zeitablauf abgetragen werden (vergleichbar mit der Meilen-
stein-Trendanalyse218).

In der Praxis werden allerdings - aus psychologischen oder politischen Gründen - oft
geschönte Statusberichte abgegeben. Da „Rot“ in den meisten Projektkulturen nicht
gerne gesehen wird, beten die Beteiligten das Problem solange „gesund“, bis „Gelb“
herauskommt – mit fatalen Auswirkungen für die Erreichung der Projektziele. 219
Verbindliche Spielregeln (wie z.B. Offenheit, Aufrichtigkeit, Disziplin und Verantwort-
lichkeit) sind deshalb grundlegende Voraussetzungen für eine ehrliche Bewertung des
Gesamtprojekts.

Tabelle 4-2: Bewertungsziffern 220

Farbe Zielerreichung Ziffer

1 Ziel nicht mehr erreichbar, Auswirkungen auf Gesamt-


projekt
Ziel
2 Ziel wird nicht erreicht, Auswirkungen auf Teilbereich
ROT wird nicht
des Projekts
erreicht
3 Ziel ist nicht erreicht, Zusatzmaßnahmen greifen nicht,
Chancen erkennbar

4 Ziel kann durch Zusatzmaßnahmen erreicht werden,


Ziel wird mit Risiken vorhanden

GELB Zusatzmaßnahmen 5 Ziel wird durch Zusatzmaßnahmen erreichbar, Absiche-


rung notwendig
erreicht
6 Ziel wird mit abgesicherten Zusatzmaßnahmen erreicht

7 Ziel wird erreicht, Zusatzmaßnahmen sind nicht not-


Ziel
wendig
GRÜN wird
8 Ziel ist erreicht
erreicht
9 Ziel wird übertroffen

218 vgl. Burghardt (2002), S. 337 ff.


219 vgl. hierzu auch Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 41
220 Quelle: Daimler

302
Integrierte Projektsteuerung im C3PM
4.6
Die Akzeptanz der Reifegradsystematik wird auch wesentlich von der Beteiligung der
Partner bei der Implementierung und Ausgestaltung abhängen. So können Hersteller
wie Zulieferer profitieren. Der Hersteller wird durch die dezentrale Erfassung und
Bewertung der Reifegrade entlastet und erhält dennoch zu den vereinbarten Zeitpunk-
ten die für die Gesamtsteuerung notwendigen Informationen. Die Aufmerksamkeit
aller Beteiligten wird auf die wesentlichen (kritischen) Erfolgsfaktoren im Projekt
beschränkt und die Komplexität in der Zusammenarbeit entscheidend reduziert. Die
Autonomie der beteiligten Zulieferer wird weitgehend gewahrt, da die Einflussnahme
des Herstellers sich auf die Vorgabe der Ziele beschränkt.

Die Energie aller Beteiligten kann mit Hilfe einer gemeinsam abgestimmten Aktivitä-
tenliste auf die notwendigen Maßnahmen fokussiert werden. Dort werden die wesent-
lichen Steuerungsmaßnahmen vermerkt (wer macht was bis wann?) und in regelmäßi-
gen Abständen aktualisiert. Geeignete Informations- und Kommunikations-Tools
erleichtern diesen Prozess über die Unternehmensgrenzen hinweg.

4.6.3 Konfigurations- und Änderungsmanagement


als Schlüsseldisziplinen im C3PM
In Kapitel 1.2 haben wir die Bedeutung des systematischen Umgangs mit Änderungen
aufgezeigt. So entscheiden der Umfang von Änderungen nach Fertigungsfreigabe
sowie die Dauer der Änderungsbearbeitung über den Erfolg bzw. Misserfolg in Pro-
jekten. Der Zugriff auf eine einheitliche (Produkt)-Datenquelle, robuste Workflow-
Mechanismen für automatisierte Änderungsprozesse und Werkzeuge für Konfigurati-
onsmanagement mit Echtzeit-Management-Reporting gehören demnach zu den wich-
tigsten Erfolgsfaktoren für Unternehmen der Automobilindustrie. 221

Doch aktuell ist es um das Änderungsmanagement nicht besonders gut bestellt. „Alle
reden von Änderungsmanagement, doch kaum einer tut es konsequent und richtig“,
so Erfahrungen aus der Praxis. 222 Ferner kommt das Konfigurationsmanagement
auch nur in den wenigsten Fällen zur Anwendung. Dabei kann das Konfigurations-
management eine bedeutsame Mittlerfunktion im Projektmanagement übernehmen
(vgl. Abbildung 4-28).

In diesem Sinne wird Konfigurationsmanagement zur zentralen Drehscheibe für die


integrierte Projektsteuerung bei hoher Komplexität und Dynamik im Projektverlauf,
was gerade charakteristisch für die Zusammenarbeit im unternehmensübergreifenden
Kontext ist.

221 Innovationsagenda 2006 des WZL der RWTH Aachen und PTC, April 2004
222 Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 41

303
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Abbildung 4-28: Mittlerfunktion des Konfigurationsmanagements 223

Projektmanagement

Fachlich-inhaltliche
Produktsicherungs- Adm inistrative
Koordination
disziplinen Disziplinen
wie z.B. System s
wie z.B. wie z.B.
Engineering-, Design-
Qualitätssicherungs-, Projektcontrolling,
oder Produktions-
Management Doku.-Management
Management

Konfigurationsmanagement

Dabei werden die fachlich-inhaltlichen (auf das Produkt bezogenen) Prozesse ebenso
einbezogen wie die für die Erreichung der Projektziele (Qualität, Kosten, Termine)
notwendigen Disziplinen der Qualitätssicherung und des Managements von Kosten
und Terminen.

Eine Konfiguration wird nach der DIN EN ISO 10007 wie folgt definiert: „funktionelle
und physische Merkmale eines Produkts, wie sie in seinen technischen Dokumenten
beschrieben und im Produkt verwirklicht sind“ (vgl. Abbildung 4-29 für die Beschrei-
bung von Konfigurationsmanagement).

Abbildung 4-29: Allgemeine Beschreibung von Konfigurationsmanagement 224

„Konfigurationsmanagement (KM) ist eine Management-Disziplin, die technische und verwal-


tungsmäßige Regeln auf den Produktlebenslauf einer Konfigurationseinheit von seiner Ent-
wicklung über Herstellung und Betreuung anwendet. KM ist auf Hardware, Software, Dienst-
leistungen und die zugehörige Dokumentation gleichermaßen anwendbar. KM ist ein
integraler Bestandteil des Lebenslauf-Managements...
Hauptziel von KM ist, die gegenwärtige Konfiguration eines Produkts sowie den Stand der
Erfüllung seiner physischen und funktionellen Forderungen zu dokumentieren und volle
Transparenz herzustellen. Ein weiteres Ziel ist, dass jeder am Projekt Mitwirkende zu jeder
Zeit des Produktlebenslaufs die richtige und zutreffende Dokumentation verwendet.“

223 Saynisch (2000), S. 367


224 DIN EN ISO 10007: 1996 Leitfaden für Konfigurationsmanagement

304
Integrierte Projektsteuerung im C3PM
4.6
Das Konfigurationsmanagement basiert auf einer Referenzkonfiguration und unter-
scheidet vier Teildisziplinen. Abbildung 4-30 stellt die Teildisziplinen vor.

Abbildung 4-30: Zweck und Inhalt der Teilgebiete des KM 225

Zweck und Inhalte von Teildisziplinen des


Konfigurationsmanagement Konfigurationsmanagements

Bezugskonfiguration
Wie komme ich zu einer Konfiguration?
(Referenzkonfiguration)

Woraus besteht die Konfiguration? Konfigurationsidentifikation

Wie sind Änderungen zu planen, zu Konfigurationsüberwachung


steuern und zu kontrollieren? (Konfigurationssteuerung)

Welche Änderungen wurden Konfigurationsbuchführung


vorgeschlagen und welche realisiert? (Konfigurationsnachweis)

Wie wurden die Änderungen im Konfigurationsauditierung


Produkt realisiert? (Konfigurationsrevision)

Da im C3PM Änderungen zum Alltag gehören und gravierende Auswirkungen auf


die Zielerreichung haben können, wenden wir uns nun schwerpunktmäßig dem Än-
derungsmanagement zu. Dabei können fehlerbedingte und neuerungsbedingte Ände-
rungen unterschieden werden. Fehlerbedingte Änderungen entstehen aus der Art und
Weise der Projektabwicklung und können ihre Ursachen in der schlechten Abstim-
mung der beteiligten Partner, Schnittstellenproblemen, unklaren Regelungen bezüg-
lich Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten oder in der unprofessionellen
Projektplanung und -steuerung über Unternehmensgrenzen hinweg haben. Dennoch
lassen sich diese Änderungen nur zum Teil (ca. 40%226) vermeiden. Sie spiegeln sozu-
sagen den normalen „Prozess der Erkenntnisgewinnung“ wider. Neuerungsbedingte
Änderungen werden durch veränderte Wünsche oder Ziele des Kunden verursacht
und dienen ggf. der Anpassung an veränderte Marktverhältnisse, einer Verbesserung
des Produktes oder der Erzielung wirtschaftlicher Effekte.

225 vgl. Saynisch (1999), S. 22


226 vgl. Lindemann/Reichwald (1998), S. 109

305
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Ziel des Änderungsmanagements im C3PM ist die professionelle Abwicklung unver-
meidbarer und neuerungsbedingter Änderungen sowie die möglichst weitgehende
Vermeidung fehlerbedingter Änderungen (vgl. hierzu auch Kapitel 2.7.11). Dabei sind
eine Reihe von Aktionsfeldern zu beachten (vgl. Tab. 4-3).

Tabelle 4-3: Problemfelder und Aktionsfelder des Änderungsmanagements 227

Problemfelder Aktionsfelder

„ Hohe Häufigkeit der Wiederholung von „ Vermeidung und Vorverlagerung von Ände-
Fehlern rungen

„ Späte Erkennung von Änderungen „ Änderungserkennung

„ Ausschließliche Betrachtung der Ände- „ Problem- und Ursachenanalyse


rungssymptome

„ Unstrukturierte Problemlösung / keine „ Synthese von Lösungsalternativen


Lösungsalternativen

„ Hohe Zahl an Folgeänderungen „ Auswirkungserfassung und Änderungspla-


nung

„ Fehlende Kosten- / Nutzenanalyse „ Wirtschaftliche Bewertung und Entscheidung

„ Lange Durchlaufzeiten von Änderungen „ Effiziente Abwicklung von Änderungen

„ Mangelhafte Dokumentation und Auswer- „ Lernorientierte Auswertung von Änderungs-


tung daten

Die in den vorhergehenden Kapiteln aufgezeigten Methoden des C3PM schaffen – bei
konsequenter Umsetzung - gute Voraussetzungen für die Beherrschung von Ände-
rungen. So sollten die Projektpartner ein gemeinsames Verständnis über Änderungen
erzielen und schon zu Beginn des Projekts die Methoden, Hilfsmittel und organisatori-
schen Strukturen für das Änderungsmanagement vereinbaren und implementieren.
Eine stringente Steuerung der Reifegradparameter ist ein nützliches Frühwarnsystem
und hilft Änderungen zu vermeiden oder nach vorne zu verlagern („Frontloading“).
Die Meilensteinplanung gibt allen Beteiligten eine klare Orientierung und synchroni-
siert die Aktivitäten im Änderungsmanagement in Richtung der vereinbarten Ziele.
Treten Änderungen auf, so kann durch synchrone Aktivitäten der Partner im Ände-
rungsablauf wertvolle Zeit eingespart werden (siehe Abbildung 4-27). Entscheidend ist
auch hier, alle betroffenen Stellen und Personen in den Entscheidungsprozess mit
einzubeziehen. Moderne Informations- und Kommunikationsmittel unterstützen die-
sen Prozess über Unternehmens- und Standortgrenzen hinweg.

227 vgl. Lindemann/Reichwald (1998), S. 52

306
Integrierte Projektsteuerung im C3PM
4.6
Abbildung 4-31: Änderungsaktivitäten ohne/mit Synchronisation der Partner 228

Analyse

Artikelkonstruktion
Anfrage
Partner 1 Auftrag Bemusterung

Bemusterung
Partner 2 Angebot
Planung, Durchführung
Zeit [Tage]
5 10 21
Anfrage-Angebotsphase
Klärung Durchführung

• Durchlaufzeit beträgt durchschnittlich 21 Tage


• Verhältnis von Klärung zu Durchführung der Änderungen etwa 1:1
• Durchlaufzeit wird durch lange Anfrage-Angebotsphase verlängert

Bemusterung
Prüfung der
Partner 1 Vorschläge
Anfrage Auftrag

Gemeinsam
Auswertung Abstimmung
Versuche Lösung
Bemusterung

Partner 2
Prüfung, Beratung, Fest- Planung, Durchführung
Richtangebot angebot
Zeit [Tage]
4 17
Klärung Durchführung

• Abgestimmte Lösungen bei Änderungsbearbeitung


• Teilweise Integration der Anfrage-Angebotsphase in die Klärungsphase
• Entkopplung der kaufmännischen Abwicklung von der technischen
Änderungsabwicklung
• Verkürzung der Durchlaufzeit um ca. 4 Tage

228 vgl. Schuh (2000)

307
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Moderne Engineering Data Management (EDM) bzw. Product Data Management
(PDM)-Systeme unterstützen die Abbildung und das Management von Produkt- und
Prozessdaten in der Produktentstehung. Beides zusammen erlaubt eine lückenlose
Konfiguration beliebiger Konstruktions- und Fertigungsstände über den gesamten
Produktlebenszyklus hinweg.

Die Grundfunktionen des Systems umfassen u.a.: 229

„ Stamm- und Strukturdaten


„ Dokumentenmanagement
„ Projektmanagement
„ Workflow-Management
„ Freigabe-/Änderungsmanagement
„ Viewing / Redlining / DMU
„ I/O-Management
„ Archiv / Backup
„ Daten-Replikation

Product Lifecycle Management (PLM)-Systeme verfügen sogar noch über eine größere
Integrationstiefe / -breite der Anwendungen. So werden insbesondere unternehmens-
übergreifende Projekte durch Funktionen wie Requirement Traceability Management
(Anforderungsmanagement und –nachverfolgung), dem Engineering Warehouse
(webbasierter Zugriff auf diverse interne und externe Informationsquellen), Supply
Chain Management (Zugriff auf elektronische Marktplätze, Beschaffungskanälen etc.)
und (Engineering) Collaboration Tools wie z.B. dem Computer Supported Cooperative
Work (CSCW) unterstützt. 230 In Abbildung 4-4 haben wir eine Systemarchitektur
abgebildet, die eine integrierte Projektsteuerung im standort- und unternehmensüber-
greifenden Kontext optimal unterstützt.

Die konsequente Dokumentation der bearbeiteten Änderungen mit ihren Auswirkun-


gen bzw. Aufwendungen helfen dem Auftragnehmer, Ansprüche gegenüber dem
Auftraggeber transparent zu machen und unnötigen Streit zu vermeiden. Darüber
hinaus können mit Hilfe der Dokumentation aber auch systematische Fehler identifi-
ziert und in der laufenden Zusammenarbeit bzw. im Folgeprojekt abgestellt werden.

229 Eigner/Stelzer (2001), S. 18


230 ebenda, S. 23 ff.

308
Integrierte Projektsteuerung im C3PM
4.6
Heute beklagen sich viele Hersteller darüber, dass Zulieferer Änderungen zur Preiser-
höhung nutzen würden. Andererseits kritisieren die Zulieferer den Hersteller, durch
unnötige und späte Änderungen Termin- und Kostenprobleme zu verursachen. Letzt-
lich hilft die konsequente Umsetzung der oben aufgeführten Empfehlungen, Transpa-
renz zu schaffen, Misstrauen zwischen den Partnern abzubauen und das Klima in der
Zusammenarbeit zwischen Automobilherstellern und Zulieferern zu entspannen.

4.6.4 Berichtswesen im C3PM


Mit diesem Kapitel wollen wir kurz auf Besonderheiten des Projektreportings und
Berichtswesens in unternehmensübergreifenden Automotive-Projekten eingehen. Die
grundlegenden Aspekte sind schon ausführlich in Kapitel 2.7.10 dargestellt.

Abbildung 4-32: Berichtswesen in der kooperativen Modulentwicklung 231

Kunde zentraler
Bericht
-------- Bericht
--------
0. Ebene
GPLSL
Bericht
--------
--------

1. Ebene
Bottom-Up

PLMEW PLMF
Bericht
--------
--------

2. Ebene
TKEW_SL TKPV_SL PLSW PLMM
dezentrale
Berichte

Legende: TK: Teamkoordinator MEW: Modulentwicklung MF: Modulfabrik


EW: Entwicklung PV: Prototypenbau und MM: Modul-Montage-
SL: Systemlieferant Versuche Träger
PL: Projektleitung GPL: Gesamtprojektleiter

Für ein abgestimmtes Berichtswesen in unternehmensübergreifenden Automotive-


Projekten spielen klare Vereinbarungen bezüglich der Berichtshierarchien und -inhalte
eine wesentliche Rolle. Ein kooperationsübergreifender, standardisierter Informations-
fluss muss zu jedem Zeitpunkt im Projektverlauf gewährleistet sein.

231 in Anlehnung an: Schuh (2000), S. 284

309
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Dabei verläuft der Informationsfluss bottom-up, d.h. von den ausführenden Einheiten
hinauf bis zum Automobilhersteller (vgl. Abbildung 4-32). Um die Komplexität und
Informationsflut zu beschränken, werden die Informationen nach vorab definierten
Formaten aggregiert und entsprechend dem Berichtstermin dem Empfänger zur Ver-
fügung gestellt.

Abbildung 4-33: Beispiel: Ablauf eines meilensteinorientierten Berichtswesens 232

232 ebenda, S. 287

310
Aus unternehmensübergreifenden Projekten lernen
4.7
Dabei können Berichte bei Erledigung von einzelnen Arbeitspaketen oder bei Errei-
chung eines Meilensteins eingefordert werden. Wir plädieren aufgrund der Informa-
tionsfülle in unternehmensübergreifenden Projekten eher auf die zweite Variante zu-
rückzugreifen. Allerdings kann es – bei zeitkritischen oder kostenintensiven
Arbeitspaketen – sinnvoll sein, auch zwischen den geplanten Meilensteinterminen
über den jeweiligen Fortschritt zu berichten.

Das meilensteinorientierte Berichtswesen muss aufgrund der Vielzahl der Beteiligten


stark formalisiert sein und mit großer Disziplin umgesetzt werden, da sonst leicht die
Übersicht verloren geht. Abbildung 4-33 zeigt ein Beispiel für den Ablauf eines mei-
lensteinorientierten Berichtswesens in der kooperativen Modulentwicklung.

4.7 Aus unternehmensübergreifenden


Projekten lernen
Dem Lernen kommt in unternehmensübergreifenden Projekten eine doppelte Bedeu-
tung zu: einerseits müssen die Beteiligten „kooperieren, um zu lernen“, andererseits
aber auch „lernen zu kooperieren.“ 233 Deshalb werden wir in diesem Kapitel kurz auf
die Bedeutung des Lernens in unternehmensübergreifenden Projekten, die Barrieren
sowie mögliche Gestaltungsansätze eingehen.

Unternehmen wollen voneinander lernen. Dies ist zumindest erklärtes Ziel beim Ein-
gehen von projektbezogenen Kooperationen. So sehen gerade viele mittelständische
Unternehmen der Automobilzulieferindustrie den Know-how-Gewinn im Rahmen
von zwischenbetrieblichen Kooperationen als wichtige Zielsetzung an. 234 Gerade hier
bereitet der Know-how-Schutz im Rahmen von Kooperationen in der Praxis vielfach
Probleme. 235 So lässt sich der Schutz von unternehmensspezifischem Know-how in
überbetrieblichen Projekten nur schwer realisieren. Ein allzu rigider Schutz, z.B. durch
vertragliche oder organisatorische Regelungen, würde das arbeitsteilige Arbeiten
unverhältnismäßig erschweren. Deshalb ist eine Vertrauenskultur notwendig. Die
beteiligten Unternehmen müssen „lernen, zu kooperieren.“

233 Büchel/et al (1997), S.26


234 vgl. Killich/Fahrenkrug (2002b), S. 35f.
235 ebenda, S. 42f.

311
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
4.7.1 Barrieren auf dem Weg zum kooperativen Lernen
„Wenn wir nur wüssten, was wir wissen...“ oder „Wir wissen viel, aber wir nutzen es
nicht ...“, so zwei gängige Aussagen aus der Praxis. 236 Vielfach beginnen die Probleme
schon bei dem „know what“ und „know why“. Was ist es, was wir aus Kooperationen
wirklich lernen wollen, welche Ziele verfolgen wir damit und welches Wissen benöti-
gen wir für einen nachhaltigen Erfolg in der unternehmensübergreifenden Zusam-
menarbeit? Ist die Kooperation im Projekt nur auf die Erzielung definierter (Projekt-)
Ziele aus, oder sollen konkrete Handlungs- und Problemlösungspotenziale für die
weitere Zusammenarbeit erzielt werden?

Unsere Erfahrung ist, dass es in der Praxis leider selten eindeutige Antworten auf
diese Fragen gibt. Wie können sich die Beteiligten auf das Wesentliche konzentrieren,
wie orientieren, wenn sie keine klaren Ziele vor Augen haben? Wie können Prozesse,
organisatorische Strukturen und Management-Systeme vernünftig ausgerichtet wer-
den, wenn das entsprechende Wissen bzw. die Fähigkeiten nicht verfügbar sind? Das
führt dann allzu oft dazu, dass das Tagesgeschäft zur dominierenden Perspektive im
Projekt wird und die Chance zur strategischen Weiterentwicklung ungenutzt ver-
streicht. Wertvolle Erfahrungen gehen dann unweigerlich durch die „Tyrannei des
Dringlichen“ verloren.

Darüber hinaus wird der Wissensaustausch zusätzlich dadurch behindert, dass expli-
zitem Wissen Vorrang vor implizitem Wissen gegeben wird. Explizites Wissen ist
Wissen, das in kodifizierbarer Form vorliegt, nicht mehr an den Wissensträger gebun-
den ist und sich deshalb auch leicht in Datenbanken dokumentieren lässt. Implizites
Wissen ist dagegen eng an die Personen oder Teams gebunden, und steht in direktem
Bezug zur Lernsituation oder zum Erfahrungsumfeld. Implizites Wissen liegt oft un-
bewusst vor und ist deshalb auch nur schwer zu vermitteln. Statt auf den regelmäßi-
gen Erfahrungsaustausch seiner Projektteams zu setzen – und damit dem impliziten
Wissen Vorrang zu geben – installieren Unternehmen mit großem Aufwand komplexe
Wissens-Datenbanken, die gar nicht so schnell aktualisiert werden können, wie das
Wissen veraltet. Ein reicher Erfahrungsschatz bleibt so meistens ungenutzt. 237

Auch die häufig anzutreffende Null-Fehler-Kultur sowie das übertriebene Wettbe-


werbsdenken verhindern den Wissenstransfer in der unternehmensübergreifenden
Projektarbeit. Probleme im Projektverlauf enden allzu oft in einseitigen Schuldzuwei-
sungen bzw. gegenseitigem Misstrauen und werden nicht zum gemeinsamen Lernen
genutzt. Das führt dann dazu, dass sich jedes Unternehmen auf seine Rechtsposition
zurückzieht und der offene Dialog über die Probleme unterbleibt.

236 Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 95


237 ebenda, S. 94

312
Aus unternehmensübergreifenden Projekten lernen
4.7
Unterschiedliche Machtpositionen in der Lieferpyramide sowie ständig wechselnde
Partnerschaften in der Projektarbeit vergrößern dieses Problem noch zusätzlich. Her-
steller wie große Lieferanten fordern Know-how und Innovationen von ihren Zuliefe-
rern, schotten sich aber selbst relativ stark gegenüber den nachgelagerten Stufen der
Lieferpyramide ab. So bleibt der elektronische Zugriff auf die wichtigsten Datenbe-
stände beim Hersteller nur einigen wenigen Zulieferern vorbehalten. Das Misstrauen
ist damit vorprogrammiert.

Schließlich gilt es noch zahlreiche Barrieren in der Kommunikation zwischen den


Projektpartnern zu überwinden. So können z.B. unterschiedliche Sprachen, Zeitzonen
oder räumliche Distanzen die gemeinsame Problemlösung und den Erfahrungsaus-
tausch erschweren. Virtuelle Projektarbeit (vgl. 4.2.2) kennt vor allem seine Grenzen
dort, wo ein effektiver Erfahrungsaustausch nur noch digital und damit ohne den
eigentlichen Wert- bzw. Sinngehalt des impliziten Wissens stattfindet. So kann Wis-
sensmanagement zwar über alle Grenzen hinweg im „cyber space“ organisiert werden
(z.B. als „Knowledge Café“ mit Yellow Pages, Knowledge Base, virtueller Bibliothek
sowie Diskussions-/Projektdatenbank238), dennoch leidet in diesem Fall die direkte
zwischenmenschliche Kommunikation und die emotionale Distanz im Team wächst.
239

4.7.2 Kompetenzentwicklung in Projekt-Netzwerken


der Automobilindustrie
Die Zusammenarbeit von unabhängigen, d.h. rechtlich wie wirtschaftlich weitgehend
selbständigen Unternehmen in Projekt-Netzwerken erfordert einen besonderen Blick
auf die Entwicklung von Kompetenzen. Das Wissen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten
sind hier nicht nur auf individueller oder innerbetrieblicher Ebene zu entwickeln,
sondern über Unternehmensgrenzen hinweg - und das in zeitlich oft nur begrenzt
dauernden Partnerschaften.

Dabei kommt es in Netzwerken auf drei wesentliche Kompetenzbereiche an, nämlich


auf die Markt-, Technologie- und kooperative Kompetenz des Netzwerkes und seiner
Mitglieder. 240 Kompetenzentwicklung findet also im Spannungsfeld dieser drei Kom-
petenzen und über verschiedene Ebenen hinweg statt. Je nach Zielsetzung wird dabei
der eine oder der andere Kompetenzbereich verstärkt im Vordergrund stehen.

238 vgl. Herbst (2000), S.179


239 vgl. Kostner (1998)
240 vgl. Sydow (2003), S. 46

313
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
So sind z.B. bei F&E-Projekten, die eine gemeinsame Entwicklung von Produkten oder
Technologien zum Ziel haben, eher technologische Kompetenzen der Partner oder des
gesamten Netzwerkes gefragt. Dagegen wird bei Projekten, die eine Verbesserung von
Beschaffung oder Absatz zum Ziel haben, eher die Marktkompetenz der Teilnehmer
interessant sein.

Die kooperative Kompetenz, also die Fähigkeit und Fertigkeit auf individueller, inner-
betrieblicher wie überbetrieblicher Ebene Beziehungen aufzubauen und zu pflegen
sowie arbeitsteilige Prozesse auch über Unternehmensgrenzen hinweg zu koordinie-
ren, ist sicherlich für alle Arten von Projekt-Netzwerken wichtig (vgl. auch 4.3).

Neben der Klärung der eigentlichen Projektziele ist es also auch notwendig, die ge-
meinsamen Entwicklungs- bzw. Lernziele festzulegen und möglichst weitgehend zu
operationalisieren. Welche Kompetenzen sind für die Zusammenarbeit langfristig
wichtig? Welche Prioritäten sollen gesetzt werden? Wie verteilen sich die Kompeten-
zen auf die beteiligten Unternehmen? Hier sind insbesondere die Automobilhersteller
bei der Initiierung und dem Aufbau eines Projekt-Netzwerkes gefordert, für die nötige
Klarheit zu sorgen. Auf der Basis ihrer eigenen Kernkompetenzen sollten sie die Kom-
petenzprofile der anderen Unternehmen entsprechend der Zielsetzung aufeinander
abstimmen und auf Überschneidungen hin überprüfen. Entsprechende Lücken kön-
nen so erkannt und durch gezielte Maßnahmen vor, während oder nach dem Projekt
beseitigt werden. Die Entwicklungs- bzw. Lernziele sind im Folgenden handlungslei-
tend.

Zunächst müssen die Partner-Unternehmen und deren Mitarbeiter für das Projekt
lernen („Lernen für das Projekt.“) 241 Dabei sollten die Beteiligten von anderen Aufga-
ben befreit werden und die Gelegenheit zu einem ausführlichen Treffen erhalten. In
aufgelockerter Atmosphäre können gegenseitig Erfahrungen ausgetauscht, Kompe-
tenzprofile abgeglichen und die Teambildung unterstützt werden. Notwendige Quali-
fizierungsmaßnahmen können rechtzeitig initiiert und noch vor der Projektdurchfüh-
rung umgesetzt werden. Darüber hinaus ist es wichtig, Lernerfahrungen aus
vorangegangenen Projekten gezielt aufzubereiten und ihre Relevanz für das neue
Projekt zu diskutieren. Unternehmen und Mitarbeiter werden viel eher bereit sein,
systematisch Erfahrungen zu sammeln und zu verwerten, wenn sie schon zum Pro-
jektstart den konkreten Nutzen eines Erfahrungsaustausches spüren.

241 in Anlehnung an Unger (2002), S. 102 ff.

314
Aus unternehmensübergreifenden Projekten lernen
4.7
„Lernen im Projekt“ bedeutet, sämtliche Gelegenheiten im Projektverlauf, von der
Zielabstimmung, der gemeinsamen Planung, der technischen Realisierung, der Pro-
jektsteuerung über die Abschlussphase hinweg als Möglichkeiten zum Lernen zu
nutzen. Schon bei der gemeinsamen Formulierung der Projektziele können alle Part-
ner ihre Erfahrungen in die Diskussion mit einbringen und so sicherlich zu einem
insgesamt besseren Ergebnis kommen, als wenn nur der Hersteller seine Vorgaben
macht.

Auch die verschiedenen Gremien zur übergeordneten Projektsteuerung (vgl. 4.2.3)


sind ein besonders geeigneter Ort, um über die aufgetretenen Probleme sowie mögli-
che Lösungsansätze zu sprechen und damit die Lösungskompetenz insgesamt zu
verbessern. Protokolle dieser Sitzungen oder die LOP (Liste offener Punkte) dokumen-
tieren den Erkenntnisfortschritt und können später in der Projektabschlussphase her-
vorragend als Grundlage genutzt werden. Schließlich bietet ein abschließendes Re-
view-Meeting die ideale Plattform für die beteiligten Unternehmen im Projekt-
Netzwerk, Erfahrungen auszutauschen und notwendige Schlüsse zu ziehen („Lessons
learned“.)

Diese „Lessons learned“ leiten über zum „Lernen durch das Projekt“, nämlich der
Reflexion über die möglichen Konsequenzen, die sich u.a. in einer Anpassung der
organisatorischen Strukturen und Prozesse oder in einer Qualifizierung der Mitarbei-
ter äußern können. Schon das „laute Nachdenken“ - was und wie etwas getan wird -
kann helfen, Lernprozesse auszulösen und eine Neuausrichtung von Abläufen zu
bewirken. Angelehnt an den oben erwähnten Entwicklungs- und Lernzielen kann man
die Reflexion kanalisieren und gezielt die Bereiche abfragen, die für eine strategische
Weiterentwicklung der Kompetenzen im Projekt-Netzwerk notwendig sind.

4.7.3 Voraussetzungen für kooperatives Lernen


Kooperatives Lernen setzt ein verändertes Kooperationsbewusstsein voraus. Es geht
dabei nicht mehr nur um die (kurzfristige) Realisierung von ökonomischen Chancen,
sondern darum, „Handlungs- und Problemlösungspotenziale aufzubauen, die sich
erst in der Zukunft in konkreten Ergebnissen zeigen.“ 242 Dabei ist für den Fortbestand
des Netzwerkes aus unabhängigen Unternehmen wichtig, dass niemand zu Lasten
eines anderen lernt und alle einen Vorteil haben. Nur gemeinsam können die Partner
ein höheres Entwicklungsniveau erreichen (vgl. hierzu auch 4.3.1).

242 Büchel/et al (1997), S. 223

315
Management unternehmensübergreifender Automotive-Projekte („C3PM“)
4
Einer der wichtigsten Voraussetzungen für kooperatives Lernen ist der Faktor Zeit.
Zum einen benötigen die Partner Zeit, um sich aufeinander einzustellen und eine
Vertrauenskultur aufzubauen. Erst wenn das notwendige Vertrauen in der Beziehung
zwischen den unterschiedlichen Teammitgliedern erreicht ist, werden diese durch das
gemeinsame Lösen von Problemen lernen und sich ständig weiterentwickeln.

Zum anderen muss für die gemeinsame Lernerfahrung Zeit investiert werden, was
viele Manager heute angesichts des enormen Wettbewerbsdrucks nicht mehr gewillt
sind zu tun. Wie soll sich das Netzwerk aber weiterentwickeln und damit Wettbe-
werbsvorteile verschaffen, wenn keine Zeit dafür da ist?

Eine weitere Voraussetzung für das kooperative Lernen ist der sorgsame Umgang mit
Fehlern und Problemen im Projektverlauf. Unser Rat lautet, Fehler zu erkennen und
daraus zu lernen, anstatt einer „Null-Fehler-Kultur“ zu frönen - die letztlich die Prob-
lemlösung verhindert oder zumindest hinauszögert. Das frühzeitige Melden von Prob-
lemen und nicht die sonst übliche Suche nach dem Schuldigen sollte in Projekt-
Netzwerken gefördert werden. Gerade hier kann der Automobilhersteller mit seinem
Verhalten ein Vorbild für die gesamte Lieferpyramide sein.

Da das implizite Wissen den größten Nutzen bei der Kompetenzentwicklung bietet,
eine Übertragung aber nur durch enge persönliche Kontakte möglich ist, sollte die
direkte zwischenmenschliche Kommunikation in den Projekt-Netzwerken gefördert
werden. Gemeinsame Erfahrungsräume, z.B. im Rahmen eines Projekthauses (vgl.
Kapitel 4.2.1), verbessern die Kommunikation und ermöglichen den Mitarbeitern, sich
mit der Arbeit des Partners, seinen Problemen und seinen Erfahrungen auseinander zu
setzen. Dabei spielt auch die informelle Kommunikation eine große Rolle für das ko-
operative Lernen. Auf dem Weg zur Kantine oder in kommunikationsfreundlichen
Pausenräumen können enge Beziehungen aufgebaut und gepflegt werden – eine wich-
tige Grundlage für die spätere Problemlösung. Das Management sollte hier eine aktive
Rolle einnehmen, denn „so wichtig die aktive Beteiligung der Mitarbeiter ist, so wenig
nützt dies, wenn nicht auch das Management selbst solche Veränderungen aktiv trägt,
persönlich dafür eintritt und nicht nur anordnet.“ 243

So schließt sich der Kreis bezüglich der eingangs schon erwähnten Doppeldeutigkeit
des Lernens in Projekt-Netzwerken. Zum einen gilt es zu „kooperieren, um zu lernen“,
zum anderen aber auch „lernen zu kooperieren.“ Die Art und Weise der Kooperation
kann nämlich Lernprozesse erschweren oder erleichtern. Gelingt es, die Barrieren
zwischen den Projektbeteiligten zu überwinden und eine intensive Kommunikation
im Rahmen von persönlichen Netzwerken zu erreichen, so steht dem kooperativen
Lernen und damit dem Erfolg im C3PM sicherlich nichts im Weg.

243 Böhle/Bolte (2002), S. 253

316
5 Organisationale Kompetenz im
Projektmanagement entwickeln

Nachdem in den vorherigen Kapiteln ausführlich das Management von einzelnen,


mehreren und unternehmensübergreifenden Projekten vorgestellt wurde, soll an die-
ser Stelle auch noch auf die Entwicklung der Organisationalen Kompetenz im Pro-
jektmanagement eingegangen werden. Die meisten Unternehmen der Branche haben
in den letzten Jahren Projektmanagement-Lösungen eingeführt und damit eine wich-
tige Basis für die Projektabwicklung geschaffen. Allerdings verändern sich die Anfor-
derungen an das Projektmanagement ständig weiter (vgl. 1.2). Die einmal eingeführ-
ten Lösungen müssen deshalb kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dabei geht es
um die wirksame Ausgestaltung aller, für das Projektmanagement relevanten Faktoren
im Unternehmen, nicht nur um die Qualifizierung der Projektleiter und die Einfüh-
rung von Standards, Methoden und Werkzeugen.

5.1 Organisationale Kompetenz – ein


ganzheitlicher Ansatz
Der Kompetenzbegriff wird heute in vielen Bereichen verwendet, so auch im Projekt-
mangement. Er lässt sich auf das lateinische Wort „competere = befähigt sein“ zurück-
führen, wird aber häufig vollkommen unterschiedlich definiert. So wird der Begriff
einerseits als Befugnis einer Person für bestimmte Tätigkeiten im Projekt verwendet
(„dürfen“), andererseits wird darunter auch die Befähigung einer Person zur Bewälti-
gung von Tätigkeiten verstanden („können“). Schließlich wird der Kompetenzbegriff
in einem modernen Verständnis auch als Einstellung einer Person zur Aufgabe inter-
pretiert („wollen“). Der Ausbildungsstandard der GPM verwendet den Begriff wie
folgt: „Kompetenz meint einerseits formal die Zuständigkeit und Befugnis einer Per-
son innerhalb einer Organisation und andererseits die Fähigkeit („Wissen“, „Können“,
„Erfahrung“) sowie Einstellung einer Person.“ 244

244 Gessler (2009), S. 8

317
G. Hab, R. Wagner, Projektmanagement in der Automobilindustrie,
DOI 10.1007/978-3-8349-4369-9_5, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Der Kompetenzbegriff kann aber auch in einem weiteren Sinne verwendet werden, so
z.B. als: „Sach- und Fachverstand, den ein Individuum, eine Personengruppe oder eine
Organisation, ein Wirtschaftszweig oder eine Gesellschaft auf einem bestimmten Ge-
biet oder in definierten Bereichen besitzt.“ 245

In dieser Definition werden neue Perspektiven deutlich. So wird neben Individuen


auch Gruppen, Organisationen, Wirtschaftszweigen und sogar der Gesellschaft eine
Kompetenz zugeschrieben. Im Folgenden fokussieren wir aber ausschließlich auf die
Kompetenz einer Organisation, oder kurz: Organisationale Kompetenz. Es ist klar,
dass die Organisationale Kompetenz im Projektmanagement mehr ist als die Summe
der individuellen Kompetenzen. Was aber ist konkret darunter zu verstehen?

Organisationale Kompetenz im Projektmanagement kann als die Fähigkeit(en) einer


Organisation verstanden werden, ihre Ziele durch die geschickte Kombination bzw.
den Einsatz verfügbarer individueller, strategischer, struktureller und kultureller
Kompetenzen sowie von Vermögenswerten im Rahmen der Projektarbeit zu erreichen
(vgl. Abbildung 5-1). 246

Abbildung 5-1: Organisationale PM-Kompetenz 247

MARKT / UMFELD

Kultur Strategie

€$

Struktur Prozesse

Organisationale
Organisationale
PM-Kompetenz
PM-Kompetenz

245 Motzel (2006), S. 100


246 vgl. Cron et al (2010), S. 15
247 ebenda, S. 16

318
Analyse und Bewertung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.2
Organisationen verfolgen einen bestimmten Zweck und stellen hierfür unter anderem
Regelwerke, Strategien, Prozesse, Strukturen und Kulturen bereit. So bilden beispiels-
weise Vision, Mission, Leitbilder sowie die Corporate Identity mit ihren grundlegen-
den Werthaltungen und Führungsgrundsätzen das strategische Fundament einer
Organisation. Auf dieser Basis können übergeordnete „Unternehmensstrategien“
sowie bereichsspezifische „Business-Strategien“ und „Funktions-Strategien“ (z.B. die
für das Projektmanagement) abgeleitet werden. Diese orientieren sich am relevanten
Markt/Umfeld und den Erwartungen betroffener Stakeholder. Die Koordination der
Abläufe („Prozesse“) sowie alle aufbauorganisatorischen Regelungen („Struktur“)
schaffen die Voraussetzungen für eine optimale Zusammenarbeit der Beteiligten – hier
als strukturelle Kompetenz subsumiert. Schließlich ist eine kulturelle Prägung not-
wendig, die alle Mitarbeiter im Sinne der übergeordneten Zielsetzung ausrichtet.

Die Vermögenswerte einer Organisation können vielfältiger Natur sein, so z.B. die
finanziellen (z.B. Eigen-, Fremdkapital), die materiellen (z.B. Anlagen, Rohstoffe) oder
die immateriellen (z.B. Patente, Know-how). Je großzügiger die Ausstattung einer
Organisation mit diesen Vermögenswerten, umso leichter lassen sich die übergeordne-
ten Ziele erreichen.

Wie kann die Organisationale Kompetenz im Projektmanagement analysiert und be-


wertet werden? Welche Möglichkeiten gibt es zur Ausgestaltung, Implementierung
und kontinuierlichen Weiterentwicklung? Welche Rolle spielt das Top Management?
Die nächsten Kapitel sollen Antworten auf diese Fragen liefern.

5.2 Analyse und Bewertung der


Organisationalen PM-Kompetenz
Die Analyse der allgemeinen Ausgangssituation, die Definition und Abgrenzung des
relevanten Betrachtungsbereichs sowie die anschließende Analyse und Bewertung der
Organisationalen PM-Kompetenz sind wichtige Aktivitäten, bevor die eigentliche
Ausgestaltung beginnen kann. Abhängig von der Komplexität der Organisation und
den verfügbaren Kapazitäten kann allein die Analysephase mehrere Monate dauern.
Die Analyse kann vom Management oder Mitarbeitern der Organisation selbst vorge-
nommen werden, allerdings ist es ratsam, einen externen Berater hinzuzuziehen, um
den eigenen Ergebnissen eine unvoreingenommene, neutrale Sichtweise gegenüberzu-
stellen.

319
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
5.2.1 Analyse der Ausgangssituation
Zu Beginn stellt sich die Frage, welche Bedeutung Projekte für eine Organisation (d.h.
ein Unternehmen, eine Unternehmenseinheit und so weiter) haben. Wie in Kapitel 2
ausgeführt, sind Projekte keine Routinevorgänge, sondern zeichnen sich durch eine
gewisse Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit aus. Dazu zählen einerseits
die Anforderungen und Projektziele sowie andererseits Rahmenbedingungen, wie z.B.
Termine, Budgets und Ressourcen. Schließlich können auch andere Faktoren darüber
entscheiden, ob ein Vorhaben als Projekt umgesetzt wird oder nicht. Die Komplexität
einer Aufgabenstellung (z.B. die Einführung eines Fahrzeugs auf einem neuen Markt),
die Neuartigkeit eines Themas (z.B. Entwicklung einer neuen Antriebstechnologie)
oder die Zusammenarbeit verschiedener Einheiten (z.B. die kooperative Entwicklung
einer Fahrzeugkomponente) kann eine Bearbeitung in Form von Projekten bedingen.

Dabei ist wichtig, dass nicht alles zum Projekt erklärt wird. Projektmanagement be-
deutet nämlich einen Koordinationsaufwand, der sich nicht für alle Aktivitäten lohnt.
Fertigt ein Zulieferer beispielsweise einfach Stanzteile nach einer Zeichnung, so kann
diese Arbeit auch als „Auftrag“ im Rahmen der üblichen Routine abgearbeitet werden.
Wird aber ein komplexerer Zusammenbau gefordert, oder übernimmt der Zulieferer
Entwicklungsarbeiten in enger Abstimmung mit dem Kunden, dann empfiehlt sich
sicherlich die Definition eines Projekts.

Der Anteil von Projekten an der Wertschöpfung von Unternehmen hat in den letzten
Jahren signifikant zugenommen. So zeigt eine aktuelle Studie, dass mittlerweile rund
ein Drittel aller Arbeitsabläufe in Unternehmen in Form von Projekten organisiert
sind, Tendenz weiter steigend. 248 Projekte findet man in den unterschiedlichsten
Funktionsbereichen, so z.B. in der IT, im Vertrieb, in der Forschung und Entwicklung
sowie der Produktion, also Bereichen, in denen innovatives Handeln, Flexibilität und
schnelle Reaktion auf neue, anspruchsvolle Aufgaben gefragt ist. Deshalb ist auch eine
differenzierte Betrachtung der Projekte notwendig.

Projekte können intern oder extern verursacht sein. Interne Projekte dienen z.B. der
Implementierung, der Veränderung bzw. der Verbesserung von Standards und Tools
(Projekte zur Einführung neuer IT-Systeme, zur Optimierung, Rationalisierung oder
kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen usw.), der Entwicklung neuer Produkte
und Technologien, oder der Veränderung der Aufbau- und Ablauforganisation. Diese
Projekte werden in der Regel von der Geschäftsführung initiiert und mit Hilfe einer
Stabsorganisation oder aus der Linienorganisation heraus koordiniert (vgl. 2.2.3). Bei
externen Projekten bildet dagegen die Anfrage des Kunden die Initialzündung für ein
Projekt. Je nach Komplexität der Aufgabenstellung können die Aufgaben der Projekt-
führung bzw. –koordination in einer reinen Projektorganisation, einer Matrixorganisa-
tion oder aus der Linienorganisation abgewickelt werden.

248 vgl. Rump et al (2010), S. 8

320
Analyse und Bewertung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.2
5.2.2 Abgrenzung des Betrachtungsbereichs
Die Analyse der Ausgangssituation liefert wertvolle Informationen darüber, wo in der
Organisation welche Projekte abgearbeitet werden. Damit lässt sich der Betrachtungs-
bereich für die weitergehende Analyse der Organisationalen Kompetenz definieren. Es
reicht für eine fundierte Analyse nicht aus, nur diejenigen Teile einer Organisation zu
betrachten, die unmittelbar mit der Projektabwicklung befasst sind. Mittelbar sind
nämlich in den meisten Fällen auch die Linienorganisation (Vertrieb, Entwicklung,
Fertigung etc.), die Stabsabteilungen (Personal, Einkauf etc.), die Geschäftsleitung und
externen Partnern in die Projektabwicklung einbezogen (vgl. Abbildung 5-2). Einer-
seits stellen diese Stakeholder (vgl. 2.4.3) Anforderungen an das Projekt bzw. das Pro-
jektmanagement, andererseits sollten diese über grundlegende Kompetenzen in der
Projektabwicklung verfügen.

Abbildung 5-2: Auswahl des Analyse-/Betrachtungsbereich

Organisation Geschäfts-
führung
Personal Einkauf ...

Projekt- Marketing, Forschung, Fertigung, Lieferung,


management Vertrieb Entwicklung Montage Logistik ...

PL 1

PL 2
Kunde

PL 3

PL 4

Lieferanten und Partner

Analysegegenstand ist das gesamte Projektmanagementsystem, also das „System von


Richtlinien, organisatorischen Strukturen, Prozessen und Methoden zur Planung,
Überwachung und Steuerung von Projekten.“ 249 Darüber hinaus sollte auch - soweit
vorhanden - das übergeordnete System zur Planung, Überwachung und Steuerung
von Projektportfolio und Programmen in die Analyse mit einbezogen werden.

249 vgl. DIN (2009b), S. 14

321
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
5.2.3 Projektmanagement-Assessment
Ein Assessment dient zur Analyse und Bewertung des Entwicklungstands, der Reife
bzw. der Organisationalen Kompetenz im Projektmanagement. Die Bewertung wird
nach bestimmten Kriterien und Bewertungsmaßstäben vorgenommen. 250 Das Asses-
sment orientiert sich an bestimmten Normen, Standards oder Referenzen, die sowohl
die Frage, was analysiert wird, als auch die Frage, wie analysiert wird, regeln. Neben
dem Begriff „Assessment“ gibt es noch eine Vielzahl weiterer Begriffe abhängig vom
Anwendungsbereich, so z.B. Audit, Appraisal, Rating, Diagnose oder Review. Sie
verfolgen eine ähnliche Zielsetzung und unterscheiden sich zumeist nur in Details von
einem Assessment.

Mit dem Projektmanagement-Assessment können verschiedene Ziele erreicht werden,


diese sind in Abbildung 5-3 aufgeführt. Sie reichen von der Bestimmung des Status
quo bis zur Zertifizierung einer Organisation im Projektmanagement.

Abbildung 5-3: Ziele eines Projektmanagement-Assessments 251

250 vgl. Motzel (2006), S. 29


251 vgl. Wagner (2010), S. 25

322
Analyse und Bewertung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.2
Oberstes Ziel eines Projektmanagement-Assessments ist die Bestimmung des Status
quo, die Ergebnisse sollen der Organisation aufzeigen, wo sie im Projektmanagement
steht und was zu tun ist, um einen selbstgewählten SOLL-Zustand zu erreichen. Das
Assessment kann hierzu hilfreiche Hinweise liefern, die Umsetzung der Maßnahmen
ist allerdings kein Bestandteil des Assessments. Mit Hilfe eines Referenzmodells kann
auch der langfristige Handlungsbedarf einer Organisation bestimmt werden. Er dient
dem Top-Management dazu, Entscheidungen über die strategische Ausrichtung und
hierfür nötige Investitionen zu treffen. Best practices im Projektmanagement können
im Zuge der Untersuchungen ans Licht kommen, die den Verantwortlichen bisher
nicht bekannt waren und für ein Benchmarking nützlich sind. Dabei vergleicht die
Organisation die Daten einer Einheit mit denen einer anderen. Diese kann sowohl
intern als auch extern sein. Auch eine Zertifizierung im Projektmanagement wird mit
Hilfe eines externen Assessments möglich. Schließlich ist das Assessment Grundlage
für die systematische Weiterentwicklung einer Organisation im Projektmanagement.
Auf den Ergebnissen des Assessment können interne und / oder externe PM-Berater,
PM-Trainer und PM-Coaches aufsetzen und das Projektmanagement auf das ge-
wünschte Ziel hin verbessern. 252

In den letzten Jahren sind eine Vielzahl von Assessment-Ansätzen entwickelt worden,
die sich teilweise deutlich hinsichtlich Philosophie, Umfang und Aufwand unterschei-
den. Insbesondere die in Nord-Amerika entwickelten Ansätze orientieren sich fast
ausschließlich an den Prozessen einer Organisation und messen z.B. der Strategie oder
der Kultur wenig Bedeutung bei. Bekannte Assessment-Modelle, wie z.B. das Capabili-
ty Maturity Model Integrated (CMMI), sind nicht explizit für das Projektmanagement
entwickelt worden und fragen deshalb auch nur in einzelnen Aspekten nach Projekt-
management. Sie sind deshalb auch nur bedingt geeignet zur Analyse der Organisati-
onalen Kompetenz im Projektmanagement.

Das Assessment-Modell der International Project Management Association (IPMA)


berücksichtigt hingegen alle relevanten Aspekte (siehe auch Abbildung 5-4). In einem
Selbst-Assessment bewerten ausgewählte Projektleiter, -mitarbeiter und Stakeholder
ihre individuelle Kompetenz im Projektmanagement. Bei der Bewertung dient die
IPMA Competence Baseline (ICB) Version 3.0 mit insgesamt 46 Kompetenzelementen
(PM-, Verhaltens- und Kontextkompetenzen) als Grundlage. 253 Die Befragten bewer-
ten jedes Element in Bezug auf das vorhandene Wissen und die Erfahrungen. An-
schließend werden auch noch ausgewählte Projekte bewertet. Dabei kommt das Pro-
ject Excellence Model der IPMA zum Einsatz. Projekte werden hierbei hinsichtlich der
Projektmanagement-Anwendung sowie der Resultate bewertet. Dabei fließen auch die
Zufriedenheit der Kunden, der Mitarbeiter und weiterer Stakeholder mit ein. Die Er-
gebnisse aus beiden Selbst-Assessments dienen den externen Assessoren zur Vorberei-
tung auf das anschließende Projektmanagement-Assessment vor Ort.

252 vgl. Wagner (2010), S. 25


253 vgl. IPMA (2006)

323
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Abbildung 5-4: Aufbau des IPMA Assessment of Organisations 254

Fremd-Assessment

Modul O („Organisation“)
Organisationale Kompetenz
im Projektmanagement

Modul I („Individuum“) Modul P („Projekt“)


Kompetenz ausgewählter Projektleiter, PM-Anwendung und Ergebnisse
Mitarbeiter und Stakeholder ausgewählter Projekte
auf Basis von ICB 3.0 auf Basis von „Project Excellence“

Selbst-Assessment

Der vor-Ort Besuch im Assessment dient dazu, die Ergebnisse des Selbst-Assessments
zu verifizieren und sich einen Einblick in das Projektmanagement zu verschaffen.
Zwei oder mehr Assessoren befragen dazu Geschäftsleitung, Führungskräfte, Projekt-
leiter, -mitarbeiter und für die Projektabwicklung notwendige Unterstützungskräfte
(z.B. Vertrieb, Einkauf und Personalentwicklung). Die Assessoren greifen dabei auf
einen umfangreichen Fragebogen zurück, der in Abbildung 3-4 als Modul O („Organi-
sation“) bezeichnet wird. Dieser Fragebogen deckt verschiedene Dimensionen der
Organisationalen Kompetenz ab (siehe Abbildung 5-5), von der Verankerung des Pro-
jektmanagements in der Strategie, über die Prozesse des Projekt-, Programm- und
Projektportfoliomanagements bis hin zum Kompetenzmanagement und den Kon-
textfaktoren. Dabei wird eine Frage immer von mehreren Perspektiven her beleuchtet.
Die Frage „Bietet die Organisation Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung
für Projektleiter und -mitarbeiter?“ wird demnach der Geschäftsleitung, ausgewählten
Projektleitern und –mitarbeitern sowie der Personalentwicklung gestellt, um heraus-
zufinden, welche Standards implementiert sind, wie diese tatsächlich umgesetzt wer-
den und welche Wirkung das auf die Betroffenen hat. Dabei werden stichprobenartig
Unterlagen und Dokumente geprüft, so z.B. im vorgenannten Fall Unterlagen über die
Projektlaufbahn, die Schulungsmaßnahmen und sonstige Personalentwick-
lungsmaßnahmen.

254 vgl. Wagner (2010), S. 25

324
Analyse und Bewertung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.2
Abbildung 5-5: Dimensionen des IPMA Assessment of Organisations

Dimensions Areas
• Mission / Vision & Strategy
• Effectiveness & Efficiency
• Organisation
Governance • Culture
• Leadership & Communication
• Development
• PP&P decision making
• PP processes
• Portfolio processes
Processes • Integration & alignment
• Cooperation & contracting
• Reporting & documenting

• Competence of PP&P managers


• Competence of Stakeholder
People • PP&P staff recruitment
• Competence development

• Personnel management
• HSSE, Finance, Legal
• Procurement & logistics
Context • System, products & technology
• Business
• Knowledge management

PP = Projekte und Programme


PP&P = Projekte, Programme und Projektportfolio
HSSE = Health, Safety, Security, Environment

Die Bewertung des Entwicklungsstandes („Reife“) einer Organisation im Projektma-


nagement erfolgt anhand von fünf „Stufen“ (vgl. Abbildung 5-6). Am Anfang des
Entwicklungspfades sind es vor allem einzelne Mitarbeiter der Organisation, die über
den Erfolg im Projektmanagement entscheiden. Mit ihren Vorkenntnissen und Erfah-
rungen tragen sie zur erfolgreichen Projektabwicklung bei. Die Organisation hat dar-
über hinaus keine Standards, Strukturen, Prozesse und so weiter für das Management
von Projekten, Programmen und Projektportfolios implementiert. Bei Stufe 2 sind in
der Organisation teilweise Standards eingeführt, diese werden allerdings nur teilweise
umgesetzt. Stufe 3 steht für eine umfassende Verfügbarkeit von Standards, die vom
Management als verbindlich kommuniziert und in den meisten Fällen auch angewen-
det werden. Stufe 4 setzt voraus, dass das Management die Anwendung der Standards
regelmäßig - mit Hilfe klar definierter Kennzahlen und Vorgaben - überprüft und bei
Bedarf Korrekturmaßnahmen ergreift. Bei der letzten Stufe werden die Standards
kontinuierlich weiterentwickelt.

325
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Abbildung 5-6: Entwicklungspfad im Projektmanagement

Optimised
Optimised
There are fully defined PP&P
Managed
Managed standards, structures and processes
There are
There are fully
fully defined
defined PP&P
PP&P in place which are fully applied
standards, structures
standards, structures andand throughout the organisation, which
processes in
processes in place
place which
which are
are the Management actively controls and
fully applied
fully applied throughout
throughout the
the continuously improves.
Standardised
Standardised organisation, which
organisation, which the
the
There are
There are fully
fully defined
defined PP&P
PP&P Management actively
Management actively controls
controls
standards, structures
standards, structures and
and
processes in
processes in place
place which
which are
are
mostly applied
mostly applied throughout
throughout the
the
organisation
organisation
Defined
Defined
There are
There are partially
partially defined
defined
PP&P standards,
PP&P standards, structures
structures
and processes
and processes in in place
place which
which
are partially
are partially applied
applied inin the
the
organisation
organisation

Initialised
Initialised
The achievements
The achievements of of
Project Management
Project Management are are
at aa personal
at personal level.
level.
There are individuals who
perform well,
perform well, but
but PP&P
PP&P
performance is
performance is coincidental.
coincidental.
The organisation
The organisation has
has nono
formal PP&P
formal PP&P standards,
standards,
structures and
structures and processes
processes
in place
in place PP&P = Projekte, Programme und Projektportfolio

Erreicht die Organisation die Stufe 3 („Standardised“), dann verfügt sie schon über
eine gute Organisationale Kompetenz im Projektmanagement. Die Stufen 4 und 5
setzen eine enge Führung durch das Top-Managements voraus, die das Projektmana-
gementsystem mittels Kennzahlen planen, überwachen, steuern und kontinuierlich
weiterentwickeln.

Es hängt von mehreren Einflussfaktoren ab, welche Entwicklungsstufe eine Organisa-


tion im Projektmanagement erreichen kann/will. Hierbei spielt natürlich die generelle
Bedeutung von Projekten eine Rolle, die Komplexität des Projektgeschäfts sowie der
betroffenen Organisationseinheiten und schließlich auch die Investitionsbereitschaft
des Top-Managements eine Rolle. Deshalb sollte vor Beginn eines Assessments auch
die Zielsetzung des Top-Managements erfragt werden, damit klar wird, auf welcher
Entwicklungsstufe die Organisation sich derzeit selbst sieht und welche Ambitionen
sie hat.

Assessments sind „Schnappschüsse der Wirklichkeit“ und verlieren mit der Dauer
ihre Aussagekraft. Deshalb sollten in regelmäßigen Abständen Wiederholungs-
Assessments durchgeführt werden, um die Veränderungen aufzunehmen und den
weiteren Entwicklungsbedarf abzuleiten.

326
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
5.3 Ausgestaltung der Organisationalen PM-
Kompetenz
Die Ausgestaltung der Organisationalen Kompetenz im Projektmanagement ist ein
Projekt und sollte als solches auch realisiert werden. Initiiert wird das Projekt in der
Regel von der Geschäftsleitung, die den Handlungsbedarf erkennt und einen internen
(oder externen) Projektleiter mit der Aufgabe betraut.

Zu Beginn sollte der Auftrag genau hinterfragt werden. Folgende Fragen können u.a.
dem Projektleiter dabei helfen, die Ausgangssituation zu klären:

„ Wie hat sich das Projektmanagement bis heute entwickelt?


„ Was bzw. wer war der Auslöser für das Projekt?
„ Was soll mit dem Projekt erreicht werden (langfristig / kurzfristig)? Was nicht?
„ Wann soll das Ergebnis vorliegen? Was ist, wenn es bis dahin nicht vorliegt?
„ Welche sonstigen Restriktionen (Budget, Ressourcen etc.) gibt es?
„ Welcher Bereich ist von dem Projekt betroffen? Welcher nicht?
„ Wer ist an dem Projekt beteiligt? Wer ist davon betroffen? Wer interessiert?
„ Wer oder was könnte den Projekterfolg behindern? Warum?
„ Welche Erwartungen hat der Auftraggeber an das Projekt / die Projektleitung?
„ Welche Rolle spielt der Auftraggeber selbst im Projekt?
„ Welche Befugnisse und Verantwortlichkeiten hat die Projektleitung?

Diese und weitere Fragen helfen von Anfang an, Missverständnisse zu vermeiden und
eine klare Basis für den Projektleiter zu schaffen. Die Aussagen des Auftragsklärungs-
gesprächs sollte dokumentiert und die wichtigsten Rahmendaten in einem Projektauf-
trag fixiert werden.

Im Unterschied zu Produktentwicklungsprojekten handelt es sich bei der Ausgestal-


tung von Projektmanagementsystemen um ein Veränderungs- bzw. ein Organisations-
entwicklungsprojekt, mit weitreichen Auswirkungen auf die Organisation und deren
Mitarbeiter. Deshalb ist es von sehr großer Wichtigkeit, eine Umfeld- und Stakehol-
deranalyse durchzuführen, um mögliche Widerstände und Probleme schon im Vorfeld
erkennen und berücksichtigen zu können. Darüber hinaus sollten im Vorfeld auch die
eigene Rolle als Projektleiter sowie das Verhältnis zum Auftraggeber und anderen
Führungskräften geklärt sein, damit es im Projektverlauf nicht zu unnötigen Proble-
men kommt.

327
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
5.3.1 Organisation und Planung
Im ersten Schritt bildet der Projektleiter ein (Kern-)Team aus Experten der Fach- und
Stabsabteilungen sowie dem Projektmanagement. Umfang und Zusammensetzung
des Teams wird von der Zielsetzung und der Komplexität des Projekts abhängen. Für
die Einführung einer Projektmanagement-Laufbahn sollten beispielsweise neben dem
Disziplinarvorgesetzten (z.B. Leiter Projektmanagement) je ein Vertreter der Personal-
abteilung und des Controllings sowie ausgewählte Projektmanager in das Projektteam
integriert werden. Gegebenenfalls ist auch ein Vertreter des Betriebsrats zu beteiligen,
da Laufbahnsysteme in bestimmten Bereichen die Mitbestimmung berühren. Bei der
Ausgestaltung von Prozessen, Methoden oder organisatorische Strukturen kann das
Projektteam auch noch um je einen Vertreter aus dem Qualitätsmanagement, der Or-
ganisationsentwicklung, der IT sowie dem Prozessmanagement erweitert werden. Je
umfassender also die Aufgabenstellung, umso größer kann das Projektteam werden.
Bevor das Team allerdings zu groß wird, sollte die Bildung von Teilprojektteams er-
wogen werden. Dies bietet sich z.B. auch bei einer verteilten Organisation an, die an
mehreren Standorten Projekte abwickelt. Jeder Standort sollte angemessen im Projekt
vertreten sein, sonst läuft der Projektleiter Gefahr, dass die Standorte ein Eigenleben
entwickeln und die Projektziele dadurch gefährdet werden.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Einbindung der Entscheider in die Organisation. Das
kann z.B. durch die Einrichtung eines Steuerkreises mit der Geschäftsführung, den
Linienvorgesetzten sowie Vertretern relevanter Stabsabteilungen geschehen (vgl. dazu
auch 3.2.3.2) oder die Nutzung schon existierender Steuerkreise auch für diese Art von
Projekten (Abbildung 5-7). Wichtig ist dabei, all diejenigen Organisationseinheiten mit
einzubinden, die von den Veränderungen betroffen sind, damit vermeidet man unnö-
tige Konflikte Reibungsverluste. Sind vom Gestaltungsprojekt auch externe Partner
betroffen (z.B. Kunden oder Lieferanten), so sollten diese selbstverständlich auch ein-
gebunden werden, gegebenenfalls durch die Gründung eines neuen Steuerkreises mit
externer Beteiligung.

In 2.4.11. wurde schon darauf hingewiesen, wie wichtig klare Absprachen zwischen
dem Auftraggeber (der Geschäftsführung) und dem Projektleiter sind. Auch in diesem
Fall sollten diese Absprachen in einem Dokument („Projektauftrag“) festgehalten
werden, das Ziele, Aufgabenstellung, erwünschte Ergebnisse, Voraussetzungen und
Projektorganisation regelt. In diesem Fall kommt es insbesondere darauf an, dass die
Rechte („Kompetenzen“) und Pflichten („Verantwortlichkeiten“) zwischen Projekteiter
und Steuerkreis klar abgestimmt sind, da es sonst schnell zu Konflikten kommen
kann. Zu den wichtigsten Kompetenzen zählen dabei insbesondere die Entscheidungs-
und Weisungsbefugnisse, Möglichkeiten zur Eskalation in Richtung Steuerkreis oder
Geschäftsführung sowie die Zuordnung von bestimmten Ressourcen (z.B. Schlüssel-
personal) für die Dauer des Projekts.

328
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Abbildung 5-7: Steuerkreis für Gestaltungsprojekt

Organisation Geschäfts-
führung
Personal Einkauf ...

Projekt- Marketing, Forschung, Fertigung, Lieferung,


management Vertrieb Entwicklung Montage Logistik ...

PL 1

PL 2
Kunde

PL 3

PL 4

Lieferanten und Partner

Auch wenn der Projektauftrag in dieser Phase voraussichtlich nur grobe Eckpunkte
beinhaltet, stellt er doch eine wichtige Grundlage für die Arbeitsbeziehungen und das
Vertrauen zwischen Auftraggeber und Projektleitung dar. Der Projektauftrag sollte in
diesem Fall auch Aussagen zu den Risiken, den Auswirkungen auf das Projekt sowie
möglichen Konsequenzen beinhalten.

Schließlich sollte ein Projektstartworkshop (vgl. 2.4.5) eingeplant werden, in dem der
Projektleiter das Kernteam über die wichtigsten Aspekte des Projekts informiert und
gemeinsam mit dem Team die (grobe) Planung erstellt. Inhalte der Planung können
z.B. die Abgrenzung der Projektergebnisstruktur (vgl. 2.4.7), die Projektstruktur mit
den Teilprojekten und Arbeitspaketen (vgl. 2.5.3), ein Meilenstein- und Terminplan
(vgl. 2.4.8 und 2.5.5) sowie einen Ressourcenbedarfs- und Kostenplan sein. Auf Basis
dieser Planung kann das Projektteam dann detailliertere Betrachtungen von Chancen
und Risiken vornehmen.

Dabei spielen bei der Veränderung von Aufbau- und Ablauforganisation oft vielfältige
Ängste der Beschäftigten und daraus resultierend Widerstände eine Rolle. Deshalb
sollte in der Planung auch die Kommunikation mit den Betroffenen berücksichtigt
werden. Einerseits erfordert diese Kommunikation Zeit und sollte deshalb großzügig
im Terminplan vorgesehen werden, andererseits ist bei Veränderungsprojekten über
das normale Maß an Kommunikation hinaus Projektmarketing zu betreiben.

329
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
5.3.2 Bestandsaufnahme und Standortbestimmung
Mit der Bestandsaufnahme und der Standortbestimmung wird ein differenziertes Bild
der Ausgangssituation im Projektmanagement gezeichnet, auf dem dann die nächsten
Schritte der Soll-Konzeption und Realisierungsplanung aufbauen. Dabei sollten die
Anforderungen diverser Anspruchsgruppen („Stakeholder“) möglichst vollständig
identifiziert und für die Ausgestaltung des Projektmanagements nutzbar gemacht
werden.

Projekte sind zweckorientierte, soziale, dynamische, offene und komplexe Systeme,


deren Verhalten nur im Kontext bzw. im Wechselspiel mit der relevanten Umwelt
verstanden werden kann. Dabei sind drei Schichten zu unterschieden: 1.) der unmit-
telbare Projektkontext, 2.) das Unternehmensumfeld und 3.) verschiedene Um-
weltsphären (vgl. Abbildung 5-8). Alle drei Schichten haben direkt - und indirekt -
Auswirkungen auf die Projektarbeit und sollten deshalb eingehend analysiert werden.

Abbildung 5-8: Einflussfaktoren für die Projektarbeit 255

Gesellschaft
Natur
Technologie
Wirtschaft

Unternehmensumfeld
Wettbewerber Kapitalgeber
(Strategie, Prozesse, Struktur, Unternehmenskultur)

Projektkontext n
Projektkontext
(Auftraggeber/Anspruchsgruppen, Projektauftrag,
Risiken, weitere interne und externe Einflüsse)
Projekt
Kunden
Definition &
Steuerung Abschluß
Ressourcen Planung
Lieferanten
Produktentstehung Rollen des
Individuums
Interaktion

Rolle im
Ressourcen

Projekt Rollen im
Linienorganisation, Rolle(n) Privatleben
Tagesgeschäft in Linie

Staat Mitarbeitende

Anspruchsgruppen Öffentlichkeit
Umweltsphären des
des Unternehmens Unternehmens

255 Rietiker (2006), S. 53

330
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Die Anspruchsgruppen bzw. Anforderungen der externen Umwelt an die Projektarbeit
sind vielfältig. Die folgende Auflistung zeigt nur einen kleinen Ausschnitt aus den
Anspruchsgruppen und deren Anforderungen:

„ Verbraucher: Qualitativ hochwertige und zuverlässige Fahrzeuge in kurzer Zeit zu


günstigen Preisen

„ Kunden: Qualitativ hochwertige Leistungen in kurzer Zeit zu günstigen Preisen


bei einer möglichst reibungslosen Zusammenarbeit

„ Bewerber: Interessante Aufgaben in einem attraktiven Umfeld mit beruflicher


Perspektive

„ Kapitalgeber: lukrative Investments mit möglichst geringen Risiken und interes-


santen Entwicklungsperspektiven

„ Öffentlichkeit: Innovative Technologien mit einer hohen Umweltverträglichkeit


und sparsamen Ressourceneinsatz

„ Staat: Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien, Normen und Standards, insbesondere


im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Sicherheit

„ Lieferanten: Berechenbarkeit in der Zusammenarbeit, klare Vorgaben bezüglich


Lieferungen und Leistungen, wirksame Synchronisation bei lukrativen Preisen

„ Wettbewerb: Differenzierung im Wettbewerbsumfeld in Bezug auf Technologien,


Leistungen, Produkte und Preise

Damit wird deutlich, dass (wie schon in 1.2 ausgeführt) der Handlungsspielraum für
die Unternehmen der Automobilindustrie stark eingeschränkt wird und vor allem
Effektivität („Wirksamkeit“) und Effizienz („Wirtschaftlichkeit“) in der Projektabwick-
lung gefragt sind. Darüber hinaus stellen Kunden projektspezifische Anforderungen,
so z.B. den Einsatz des V-Modell XT bei der Entwicklung von elektronischen Systemen
mit der dazugehörigen Software unter Einsatz von Automotive SPICE (Software Process
Improvement and Capability Determination) geprüften Entwicklungsprozessen. Je nach
Einflussstärke der Anspruchsgruppen und projektspezifischen Besonderheiten (u.a.
Projektart, -umfang und -inhalt) nimmt der Druck auf die Organisation zu, das Pro-
jektmanagement auf diese Anforderungen auszurichten.

Auch das unternehmensinterne Umfeld kann Anforderungen an das Projektmanage-


ment stellen, beispielsweise:

„ Geschäftsführung: Größtmögliche Zufriedenheit der Stakeholder bei bestmöglicher


Erreichung der Projektziele unter minimalem Ressourceneinsatz

„ Mitarbeiter: Interessante Aufgaben in einem herausfordernden Umfeld mit berufli-


chen Entwicklungsperspektiven

„ Fachabteilungen: Optimaler Einsatz spezifischen Ressourcen ohne Machtverlust

331
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Für das unternehmensinterne Umfeld ist demnach besonders wichtig, dass Strategie-
und Projektarbeit aufeinander abgestimmt, die Ziele gemäß Vorgaben erreicht und
wichtige Stakeholder (extern wie intern) zufriedengestellt werden. Natürlich spielen
hierbei auch Effektivität und Effizienz eine Rolle. Darüber hinaus sind aber auch Ent-
wicklungschancen für die Mitarbeiter sowie das Miteinander von Linie und Projekten
wichtig. Weitere Anforderungen können aus dem Managementsystem des Unterneh-
mens, der Risikopolitik, den Bilanzierungs- und Buchhaltungssystemen sowie der
Informations- und Kommunikationstechnologie erwachsen. Damit werden die vielfäl-
tigen Wechselwirkungen deutlich, die zwischen der Projektarbeit und dem unterneh-
mensinternen Umfeld bestehen.

Schließlich kann auch der unmittelbare Projektkontext Anforderungen an das Pro-


jektmanagement stellen, so zum Beispiel:

„ Auftraggeber: Reibungslose Projektabwicklung bei größtmöglicher Transparenz im


Rahmen der Zielvorgaben

„ Projektmanager: Herausfordernde Projekte im Rahmen der vorgegebenen Projekt-


ziele bzw. Anforderungen erfolgreich abwickeln und sich dabei weiterentwickeln
können

„ Projektteam: Klarheit bezüglich der Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie


hilfreiche Methoden und Tools, Anerkennung für gezeigte Leistungen, Entwick-
lungsperspektiven sowie Unterstützung bei auftretenden Problemen

Im unmittelbaren Projektkontext spielen also vor allem Aspekte wie Koordination,


Kooperation und Kommunikation eine Rolle, darüber hinaus werden aber auch An-
forderungen aus dem unternehmensinternen Umfeld oder der externen Umwelt auf
das Projekt übertragen.

Für die Standortbestimmung sollten alle relevanten Einflussfaktoren und Stakeholder


identifiziert, deren Erwartungen an das Projektmanagement analysiert und hinsicht-
lich ihrer Auswirkungen auf die Gestaltungsaufgabe bewertet werden. Schließlich
kann die eigentliche Standortbestimmung („IST-Analyse“) durchgeführt werden. Dies
kann im Rahmen eines umfangreichen Fremd-Assessments erfolgen (vgl. 5.2.3) oder
mit Hilfe eines „PM-Quick-Check“ (vgl. Abbildung 5-9). Beim „PM-Quick-Check“
beantworten Mitarbeiter der Organisation aus unterschiedlichen Perspektiven (u.a.
Mitarbeiter aus Projektgeschäft, Linie, Geschäftsführung und Vertrieb) einen Fragen-
katalog mit sieben Dimensionen (Strategie/Struktur/Kultur, Prozesse/Standards, Me-
thoden/Tools, Mitarbeiter, Führung, Partnerschaften sowie Innovation/Lernen) und
jeweils sechs Fragen. Dabei wird bei jeder Frage nach der Bedeutung des Themas
(„Gewichtung“), nach der Existenz von Standards bzw. Lösungsansätzen und der
tatsächlichen Umsetzung im Arbeitsalltag gefragt. Das Verfahren benötigt nur einen
geringen Aufwand.

332
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Abbildung 5-9: Beispiel: Ergebnisse eines PM-Quick-Checks

Die Analyse kann aber auch nur einzelne Bereiche abdecken, so z.B. die PM-Prozesse,
die organisatorische Strukturen in der Projektarbeit, die eingesetzten PM-Methoden
und Tools, die Kommunikation und Kooperation sowie die Projektkultur. 256 Auf die
zahlreichen Analysewerkzeuge und –methoden kann an dieser Stelle nicht weiter
eingegangen werden, in der einschlägigen Literatur 257 finden sich hier wertvolle
Hinweise.

Die Ergebnisse aus Bestandsaufnahme und Standortbestimmung als Basis für die Soll-
Konzeption. Sie zeigen (selbst)kritisch Stärken und Schwächen im Projektmanagement
sowie den Verbesserungsbedarf auf. Die identifizierten „best practices“ können für die
weitere Ausgestaltung des Projektmanagements genutzt werden.

5.3.3 Soll-Konzeption und Realisierungsplanung


Die Soll-Konzeption beschreibt den aus verschiedenen Alternativen ausgewählten und
abgestimmten Lösungsansatz, der realisiert werden soll. Die Realisierungsplanung
bildet die wichtigsten Aktivitäten unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbe-
dingungen sowie die hierfür notwendigen Terminen, Ressourcen und Budgets ab. Die
Realisierungsplanung sollte die vielfältigen Risiken und Widerstände berücksichtigen.

256 vgl. Zell (2009), S. 161


257 vgl. Andler (2008)

333
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Bei der Erarbeitung der Soll-Konzeption kommt es darauf an, das vorhandene Know-
how der Organisation zu nutzen und möglichst viele Mitarbeiter zu beteiligen. Die
Implementierung neuer Lösungen scheitert nämlich oft an dem „not invented here“
Syndrom, d.h. die Mitarbeiter identifizieren sich nicht mit den neuen Lösungen bzw.
lehnen diese sogar ab. Das Veränderungsprojekt wird erfolgreich sein, wenn die Mit-
arbeiter möglichst früh in den Veränderungsprozess eingebunden werden, wenn sie
den Sinn und den Nutzen für die Organisation und sich selbst verstehen, und wenn
ihre Rolle als Experten durch die Beteiligung anerkannt wird. Welche Mitarbeiter in
welcher Phase des Projekts mit welcher Rolle eingebunden werden hängt sicherlich
von der Analyse der Ausgangssituation, der Abgrenzung des Betrachtungsbereichs,
dem Themenbereich sowie den Ergebnissen der Standortbestimmung ab.

Im Rahmen dieses Buches können die Gestaltungsansätze nicht erschöpfend behandelt


werden, im Folgenden werden deshalb einige Ansätze exemplarisch aufgezeigt, für
eine Vertiefung sei auf die Literatur verwiesen.

5.3.3.1 Strategischer Fit des Projektmanagements


Projekte sind kein Selbstzweck, sie dienen in der Regel zur Umsetzung der Strategie.
Allerdings wurde erst in den letzten Jahren dem Zusammenspiel von Strategie- und
Projektarbeit vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. In der Praxis sind Synergien zwi-
schen beiden Disziplinen eher noch die Ausnahme. Zu unterschiedlich sind wohl die
Aufgabenstellungen, Ausbildungen, Kompetenzen, Interessen und Zielsetzungen der
Beteiligten (vgl. Abbildung 5-10).

Abbildung 5-10: Unterschiede zwischen Strategie- und Projektarbeit 258

Strategisches Management Projektmanagement


Strategieumsetzung

Unternehmenssicht Projektsicht
Wettbewerbsvorteile, Fähigkeiten Projekterfolg (Zeit, Kosten, Umfang)
Top Management Projekt-/Programmleiter
Formierung, „evolutionär“ Implementierung, „linear“
Unpräzise, oft informelle „Handwerk“,
strategische Prozesse Ingenieurwissenschaften
Balance zwischen Stabilität und Veränderung
Wandel

258 Rietiker (2009), S. 39

334
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Die Strategie einer Organisation orientiert sich an den Anforderungen des externen
Umfeldes und gibt eine „Marschrichtung“ für die anderen Funktionsbereiche vor. Die
Aufgabenstellung des Strategischen Managements ist vielfältig und kann wie folgt
definiert werden: „Das Strategische Management befasst sich mit der zielorientierten
Gestaltung unter strategischen, das heißt langfristigen, globalen, umweltbezogenen
und entwicklungsorientierten Aspekten. Es umfasst die Gestaltung und gegenseitige
Abstimmung von Planung, Kontrolle, Information, Organisation, Unternehmenskultur
und Strategischen Leistungspotenzialen.“ 259

Das Projektmanagement ist dagegen eher mit der operativen Umsetzung der strategi-
schen Vorgaben beschäftigt. Projektarbeit und Projektmanagement werden aber in
diesem Sinne in einen weiteren Kontext eingebunden. Projekte hängen von der Strate-
gie ab, werden ausgelöst durch strategische Entscheidungen (z.B. Markteinführung
eines neuen Fahrzeuges) und helfen, den „Strategischen Fit“ zwischen der Umwelt
einer Organisation und deren langfristigen Ausrichtung herzustellen (vgl. Abbildung
5-11). Die Rolle des Projektmanagements wandelt sich dabei vom „Management von
Projekten“, bei dem der Fokus auf der effizienten Abwicklung einzelner Projekte liegt,
über das „Management durch Projekte“, bei dem eine Vielzahl von Projekten im Zu-
sammenhang mit der strategischen Ausrichtung gesehen und entsprechend gesteuert
wird, hin zu einem projektorientierten Unternehmen, bei dem Projekte als „Kernge-
schäft“ und Projektmanagement als Führungskonzeption zur Steuerung des Unter-
nehmens gesehen werden. 260

Begreift man das Projektmanagement als Führungskonzeption, dann ist insbesondere


das Top-Management gefordert, Synergien zwischen der Strategie- und Projektarbeit,
zwischen dem Strategischen Management und dem Projektmanagement zu schaffen.
Hierzu ist eine enge Verknüpfung der operativen und strategischen Aufgaben nötig,
und zwar auf personeller, struktureller, methodischer und kultureller Ebene. So sollten
sich beispielsweise Vertreter des Top Managements bzw. der Strategieabteilung mit
Vertretern des Projektmanagements treffen, um das Verständnis in Bezug auf die Ziele
und Aufgaben der jeweils anderen Seite zu verbessern. Auch durch die strukturelle
Verknüpfung von Strategie- und Projektarbeit können bestehende Hürden gesenkt
und Synergien geschaffen werden, so z.B. durch die Verzahnung von Strategieplanung
bzw. -steuerung mit den Planungs- und Steuerungsprozesse im Projektmanagement.
So kann u.a. ein Projektmanagement-Office (PMO) diese Verzahnung gewährleisten
und die Planung und Steuerung aller Vorhaben aus strategischer wie operativer Sicht
koordinieren.

259 Bea/Hass (2005), S. 20


260 Bea/Scheurer/Hesselmann (2008), S. 23

335
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Abbildung 5-11: Strategischer Fit des Projektmanagements 261

Umfeldbedingungen
• Globalisierung bei Fit ! Wettbewerbsstrategische
Ausrichtung
gleichzeitiger Wahrung • Globaler Anbieter
lokaler Zusammenhänge • Lokale Markt- und Kunden-
• Weltweite Verteilung von ausrichtung
Expertenwissen • Technologieführer
• Kürzere Technologie- • Hohes Kostenbewußtsein
lebenszyklen • Management flexibler Netzwerke
• Erhöhte wirtschaftliche Dynamik • Systemanbieter und
durch wechselseitige Systemintegrator
Vernetzung der
Volkswirtschafen

Anforderungen an die Unternehmen


• Systematisches Wissensmanagement
und Erhöhung der Innovationskraft
• Flexibilität
• Offenheit und Transparenz
• Steigerung von Lern- und
Entwicklungsfähigkeit
• Empowerment der Mitarbeiter
• Wertsteigerung

Entwicklungskontinuum des Projektmanagements

Management Management Projektorientiertes


von Projekten durch Projekte Unternehmen

Hilfreich für die Verzahnung ist auch eine Abstimmung der verwendeten Methoden,
so kann zum Beispiel die auf strategischer Ebene gebräuchliche Balanced Scorecard
auch für die Projektarbeit nutzbar gemacht werden. Die Ziele können so top-down –
von der Strategie über das Portfolio auf Projekte – aufeinander abgestimmt und im
Gegenzug die Ergebnisse bottom-up verdichtet werden (vgl. Abbildung 5-12).

Bei der kulturellen Zusammenführung von Strategie- und Projektarbeit geht es um die
Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses, dass (strategische) Planung und (opera-
tive) Umsetzung zwei Seiten einer einzigen Medaille sind und dementsprechend zu-
sammen gehören. Durch die funktionale Auftrennung in das strategische Management
und das operative Projektmanagement haben sich nämlich Subkulturen gebildet, die
nur mit Hilfe eines intensiven Dialogs zwischen den Beteiligten, durch die Erzeugung
einer gemeinsamen Vision und die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache wieder
zusammengeführt werden können.

261 Bea/Scheurer (2009), S. 16

336
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Abbildung 5-12: Verzahnung von Strategie und Projekten über die Balanced Scorecard

Viele Organisationen sind heute stark durch die Projektarbeit geprägt. Dennoch finden
sich nur selten Aussagen zum Projektmanagement in der Vision, der Mission bzw.
dem Leitbild. Damit vergibt die Organisation die Chance, die strategische Ausrichtung
des Projektmanagements für interne wie externe Beteiligte (Kunden, Lieferanten, etc.)
herauszustreichen.

Mit Vision, Mission und Leitbildern formuliert das Top-Management, wie sie sich die
Zukunft der Organisation vorstellt und zeigt damit den Beteiligten die Richtung auf.
Die Vision ist ein Idealbild der Organisation. Sie ist eher langfristig ausgerichtet und
deshalb in der Regel eher bildhaft vage. Das Management zeigt damit auf, wohin sich
die Organisation zukünftig entwickeln soll. Die Mission beschreibt dagegen die Auf-
gabenstellung der Organisation und fokussiert die einzelnen Aktivitäten auf ein ge-
meinsames Ziel hin. Das Leitbild einer Organisation fasst wichtige Werthaltungen,
Ansichten und Führungsgrundsätze zusammen. Vision, Mission und Leitbilder entfal-
ten sowohl außerhalb der Organisation also auch intern ihre Wirkung. So prägen sie
beispielsweise das Image einer Organisation am Markt: Kunden können erkennen,
dass die Organisation projektorientiert ist und professioneller Projektabwicklung
großen Wert beimisst, Lieferanten können erkennen, dass sie sich ebenfalls um ihr
Projektmanagement kümmern müssen, wenn sie für diese Organisation arbeiten wol-
len und für Bewerber ist erkennbar, dass die Organisation interessante Aufgaben in
Form von Projekten bietet. All das transportiert ein positives Image am Markt. Intern
schaffen Vision, Mission und Leitbild Klarheit bezüglich der angestrebten Ziele und
motiviert die Mitarbeiter, diese Ziele mit aller Kraft zu erreichen. Für das Management
selbst stellen Vision, Mission und Leitbilder Vorgaben für die Strategieentwicklung
und für wichtige Entscheidungen dar.

337
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
5.3.3.2 Synchronisation der Prozesslandschaft
Wenn man die Automobilindustrie mit anderen Branchen vergleicht (z.B. mit der
Schienenfahrzeug- oder der Luft- und Raumfahrtindustrie), dann sticht insbesondere
die hohe Stückzahl in der Automobilindustrie hervor. Diese sind auch der Grund,
warum die auf Wiederholvorgänge ausgelegten Prozesse in der Automobilindustrie so
wichtig sind - oft wichtiger als das auf Einmaligkeit ausgelegte Projektmanagement.
Die Prozessorientierung ist ein genereller Trend in der Industrie. Hohe Anforderungen
an die Flexibilität der Arbeitswelt haben deshalb bei vielen Organisationen die Abkehr
von herkömmlichen, starren Strukturen eingeläutet und die Hinwendung zu einer
ganzheitlichen, an Prozessen orientierten Sichtweise herbeigeführt. Die Einführung
von Managementsystemen auf Basis der DIN EN ISO 9000 hat darüber hinaus zur
Verbreitung der Prozessorientierung in Organisationen beigetragen. Prozesse und ihre
Vorteile werden dort wie folgt beschrieben: „Jede Tätigkeit oder jeder Satz von Tätig-
keiten, die beziehungsweise der Ressourcen verwendet, um Eingaben in Ergebnisse
umzuwandeln, kann als Prozess angesehen werden… Ein erwünschtes Ergebnis lässt
sich effizienter erreichen, wenn Tätigkeiten und dazugehörige Ressourcen als Prozess
geleitet und gelenkt werden.“ 262

Auch im Projektmanagement setzt sich seit einigen Jahren die Prozessorientierung


durch. Immer neue Prozessmodelle entstehen und beschreiben die Aktivitäten der
Projektabwicklung von der Initiierung bis zum Abschluss. So beschreibt die deutsche
Projektmanagement-Norm DIN 69901 im zweiten Teil ein vollständiges Prozessmodell
für die Projektabwicklung sowie das Verhältnis dieser Projektmanagement-Prozesse
mit den relevanten Führungs-, Unterstützungs- und Wertschöpfungs-Prozessen (vgl.
Abbildung 5-13). 263

Obwohl Projekte Einmaligkeitscharakter haben, wiederholen sich einzelne Phasen,


Arbeitsabläufe oder Tätigkeiten in Projekten, und lassen sich deshalb in Form von
Prozessen abbilden. Der Projektmanager wählt zu Beginn seines Projekts die relevan-
ten Prozesse („tailoring“) aus und passt diese an die projektspezifische Situation an.
Projektmanagement-Prozesse können für bestimmte Projektarten (z.B. abhängig vom
Projektvolumen, vom Risiko oder von der Bedeutung des Kunden) standardisiert
werden. So finden sich bei Automobilzulieferern beispielsweise häufig standardisierte
Prozessabläufe für Entwicklungsprojekte, für Serienteilprojekte, für Investitions- und
Organisationsentwicklungsprojekte (vgl. hierzu auch 2.1). Allerdings wird vielfach
nicht sauber zwischen den Projektmanagement-, den Wertschöpfungsprozessen (das
„eigentliche Projekt“) und weiteren, in der Regel unterstützenden Prozessen (z.B.
Einkauf, Personalwesen, Logistik) unterschieden. Darüber hinaus ist oft zu beobach-
ten, dass Wertschöpfung und Projektmanagement nicht synchronisiert sind und mit
Reibungsverlusten nebeneinander her laufen.

262 vgl. DIN (2005), S. 8


263 vgl. DIN (2009a)

338
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Abbildung 5-13: Prozessmodell der DIN 69901-2

Die Gestaltungsaufgabe besteht nun darin, die für eine effiziente Projektabwicklung
notwendigen Projektmanagement-Prozesse zu modellieren (z.B. auf Basis des umfang-
reichen Prozessmodells der DIN 69901-2) und anschließend möglichst optimal auf die
gesamte Prozesslandschaft abzustimmen. So ist für die Koordination arbeitsteiliger
Prozesse die Synchronisation der Projektmanagement-Prozesse mit den Führungs-
Prozessen (z.B. über Freigaben oder Entscheidungspunkte) sowie den Unterstützungs-
und Wertschöpfungs-Prozessen (z.B. über Meilensteine, Quality Gates oder Synchro-
nisationspunkte) nötig (vgl. 2.4.8). Anschließend sollten auch noch die Prozesse in
Richtung externer Partner synchronisiert werden (vgl. 4.5.1).

5.3.3.3 Balancierung von Projekt- und Linienorganisation


In einer aktuellen Umfrage der Fachgruppe „Automotive-PM“ der GPM sind zwar
70% der Befragten der Meinung, dass in ihren Unternehmen eine Projektorganisation
existiert, die Verantwortung für die Erreichung der Projektziele hat und über die hier-
für nötigen Einsatzmittel (d.h. Budget und Ressourcen) verfügt, allerdings stimmen
nur die Hälfte der Aussage zu, dass das Verhältnis zwischen der Projektorganisation
und der Linie ausgewogen ist. Vielfach dominiert die Linie, weil sie traditionell über
die Ressourcen verfügt, disziplinare Weisungsbefugnisse besitzt und oft eigenständig
Aktivitäten entfaltet, die scheinbar in „Konkurrenz“ zur Projektabwicklung stehen. Je
nach Bedeutung der Projektarbeit sollten Projekt- und Linienorganisation aufeinander
abgestimmt und ausbalanciert werden.

339
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Arbeitsteilige Prozesse erfordern klare Regeln in Bezug auf die Aufgaben, Befugnisse
und Verantwortlichkeiten der Beteiligten. Sonst kommt es unweigerlich zu Reibungs-
verlusten. Projekte sind zeitlich befristete, temporäre Organisationsformen, die in
besonderem Maße mit den permanenten Teilen der Organisation abgestimmt werden
müssen.

In der Praxis findet man  je nach organisatorischer Komplexität und Reife – unter-
schiedlichste Formen der Arbeitsorganisation vor. Erwähnenswert sind die formalen
Formen der Aufbauorganisation – wie zum Beispiel die Stabs-Projektorganisation, die
matrixförmige und die reine Projektorganisation (vgl. 2.2.3), übergeordnete Steue-
rungsgremien sowie Spezialformen wie das Projekthaus, das Project Office und das
Projektmanagement-Office (vgl. 3.2.2). Die Vernetzung mit externen Partnern erhöht
die organisatorische Komplexität und erfordert zusätzliche organisatorische Vorkeh-
rungen (vgl. 4.2). Das Organigramm ist der Versuch, die Aufbauorganisation grafisch
abzubilden (vgl. 2.2.2), allzu oft sind die horizontalen und vertikalen Abhängigkeiten
so verschachtelt, dass visuelle Darstellungsformen schnell an ihre Grenzen stoßen.

Die Koordination arbeitsteiliger Prozesse („Ablauforganisation“) in komplexen orga-


nisatorischen Strukturen kann durch die Klärung projektspezifischer Rollen mit den
dazugehörigen Aufgaben, Befugnissen und Verantwortlichkeiten erfolgen (vgl. 2.2.4).
Allerdings stellt sich in der Praxis oft das Fehlen klarer Rollenbeschreibungen mit den
wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnissen als Defizit heraus. Infolgedessen ent-
scheiden vielfach informelle Strukturen, Machtspiele und Mikropolitik über Erfolg
und Misserfolg in der Projektarbeit. Die Gestaltungsaufgabe zielt deshalb auf die früh-
zeitige Klärung der formalen Arbeitsbeziehungen und der Rollenprofile. Diese können
gegebenenfalls für immer wiederkehrende Projektarten standardisiert werden, um die
Transparenz zu erhöhen und den Abstimmungsaufwand zu senken. Dabei sollten
Anforderungen der Linienorganisation (u.a. effizienter Einsatz knapper Ressourcen)
genauso berücksichtigt werden wie die des Projekts (u.a. flexibles Agieren bei dynami-
schen Veränderungen).

5.3.3.4 Schaffung einer projektfreundlichen Kultur


Kultur kann definiert werden als „die gemeinsam erlernten Werte, Überzeugungen
und Annahmen, die für selbstverständlich gehalten werden.“ 264 Sie manifestieren sich
auf drei Ebenen (vgl. Abbildung 5-14). Die oberste Ebene beschreibt Artefakte, also
alles was man sehen, hören oder spüren kann, wie z.B. ein Logo, ein Slogan, eine be-
stimmte Farbe oder „offene Türen“. Auf der zweiten Ebene sind öffentlich propagierte
Werte zu beobachten, beispielsweise Strategien, Ziele oder Philosophien. Das Verhal-
ten der Mitarbeiter wird stark durch eine tiefer liegende Denk- und Wahrnehmungs-
ebene gesteuert, nämlich die der unausgesprochenen, unbewussten Annahmen.

264 Schein (2003), S. 35

340
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Abbildung 5-14: Die drei Ebenen der Unternehmenskultur 265

Sichtbare Organisations-
Artefakte strukturen und –prozesse
(schwer zu entschlüsseln)

Strategien, Ziele, Philosophien


Öffentlich propagierte Werte (propagierte Rechtfertigungen)

Grundlegende Unbewusste, für selbstverständlich gehaltene


Überzeugungen, Wahrnehmungen, Gedanken
unausgesprochene und Gefühle
Annahmen (letztlich die Quelle der Werte und des Handelns)

Durch die Arbeit in und mit Projekten entwickelt sich eine projektspezifische Kultur.
Diese wird vor allem von der zeitlichen Begrenzung der Projekte geprägt („temporäre
Projektorganisation“). Das Projektteam bearbeitet eine „einmalige“ Aufgabenstellung
in einem vorgegebenen Zeitrahmen. In der Linie („permanente Organisation“) werden
dagegen Routineaufgaben erledigt, die auf Kontinuität und Wiederholung setzen.
Projekte werden deshalb oft als Störgröße erlebt. Sie stören die Kontinuität, bringen
„Unruhe“ in die Organisation und unterbrechen „althergebrachte“ Abläufe. Darüber
hinaus versucht die Linie, Risiken möglichst zu vermeiden. Zu diesem Zweck werden
Regelungen wie z.B. Verfahrensanweisungen, Handbücher und Formblätter einge-
führt. In Projekten gehören Risiken dagegen zum Alltag, Risiken werden als etwas
Normales betrachtet und entsprechen behandelt. Ähnliche Unterschiede existieren im
Umgang mit Veränderungen und Dynamik. Die Linie ist mit ihren Strukturen und
Abläufen eher auf Stabilität und Beständigkeit ausgerichtet, wohingegen sich Projekte
allein schon durch ihre Aufgabenstellung durch eine hohe Veränderlichkeit auszeich-
nen. Die jeweiligen Mitarbeiter stellen sich mit ihrem Denken und Handeln darauf ein.

Kundenbezogene Projekte erfordern eine weitgehende Außenorientierung des Projekt-


teams und damit eine Umstellung der auf die Innensicht fokussierten Linienkultur.
Hierarisch ausgerichteten, oftmals starren Linienorganisationen stehen flexible, nach
außen geöffnete Projektorganisationen gegenüber, die sich durch ein hohes Maß an
Kundenorientierung auszeichnen.

265 Schein (2003), S. 31

341
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Aber auch bei der Zusammenarbeit im Inneren gibt es Unterschiede. So setzt Führung
in der Linie auf geregelte Unterstellungsverhältnisse und Macht, wohingegen die
Projektleiter weitgehend ohne Macht (d.h. disziplinarer Macht) führen. Deshalb wird
in Projekten auch verstärkt auf Selbstorganisation und Teamwork gesetzt. Tabelle 5-1
fasst die wichtigsten Unterschiede der beiden Kulturen noch einmal zusammen.

Tabelle 5-1: Einige Unterschiede zwischen Projekt- und Linienkultur

Projekt Linie

temporär permanent

einmalig wiederholend

riskant sicher

veränderlich stabil

offen geschlossen

nach außen gerichtet nach innen gerichtet

flexibel starr

selbstorganisiert hierarchisch

In Organisationen kommt es aufgrund der aufgezeigten kulturellen Unterschiede


zwischen Linien- und Projektorganisation - abhängig von der Entwicklungsgeschichte,
der Führungsphilosophie, dem konkreten Führungsverhalten sowie der tatsächlichen
Machtverteilung - häufig zu kulturellen Differenzen und Konflikten. Je komplexer die
umgebende Organisation (z.B. internationaler Großkonzern), umso gravierender die
kulturellen Unterschiede und die daraus resultierenden Reibungsverluste. Eine Studie
zur Bedeutung der Unternehmenskultur bestätigt die immer größere Bedeutung der
Kultur für den wirtschaftlichen Erfolg, allerdings zeigen die Ergebnisse auch, dass nur
selten die nötigen Konsequenzen aus dieser Erkenntnis gezogen werden. 266

Wichtigste Gestaltungsaufgabe ist, die unterschiedlichen Kulturen im jeweiligen Kon-


text mit deren Bedeutung und Zielsetzung aufzuzeigen und für ein „Nebeneinander“
anstatt dem häufig anzutreffenden „Gegeneinander“ zu werben. Sicherlich ist es nicht
leicht, Unternehmenskultur zu analysieren, sie „aufzudecken“ und zu beeinflussen.
Die Kultur einer Organisation ist auch nicht so einfach zu verändern wie die Prozesse
und die Strukturen. Allerdings gibt es heute eine Anzahl von Verfahren, mit denen
sich Kultur über alle drei Ebenen hinweg beschreiben lässt und somit für Veränderun-
gen zugänglich wird. 267

266 Leitl/Sackmann (2010), S. 36-45


267 vgl. Nerdinger (2007)

342
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Die Verfahren decken unterschiedliche Annahmen und Sichtweisen in den Subkultu-
ren auf und erleichtern die Aufgabe für Management und „Kulturschaffende“ (z.B.
Organisations- und Personalentwicklung), kulturelle Unterschiede erklärbar zu ma-
chen und im Sinne einer gemeinsamen Zielsetzung aufeinander abzustimmen. So
kann beispielsweise das Bild von Linienmanager bezüglich der Projekte („stören“ die
Routine und Ordnung der Linie) in den Gesamtkontext der Organisation eingeordnet
werden. Auf der anderen Seite sehen Projektmanager und ihre Teams die Linie oft als
Hüter der Ordnung, die den Erfolg im Projekt zu „verhindern“ suchen, um ungestört
ihren eigenen Geschäften nachgehen zu können, obwohl die Linie doch wichtiger
Know-how- und Ressourcenlieferant für das Projekt ist.

Es gilt also beide Sichtweisen im Sinne einer „projektfreundlichen Kultur“ in der Ge-
samtorganisation zu verankern. Dabei sollte oberstes Ziel sein, wichtige Vorhaben im
Rahmen der vereinbarten Termine, Kosten und Qualitätsanforderungen zum Wohle
der gesamten Organisation realisieren zu können.

5.3.4 Implementierung und Erfolgskontrolle


Die Einführung bzw. Implementierung neuer Projektmanagement-Lösungen ist ein
komplexer Veränderungsprozess, der sorgfältig vorbereitet, gemeinsam mit allen
Beteiligten geplant und behutsam umgesetzt werden sollte. Die Veränderung einer
Organisation bedeutet nämlich Veränderung eines komplexen sozialen Systems, wobei
Ansatzpunkte auf unterschiedlichen Ebenen des sozialen Systems liegen: 268

„ Veränderung einer komplexen Organisation ist immer Veränderung bezüglich der


Personen: im Verlauf des Veränderungsprozesses werden einige der bisherigen
Stakeholder Einfluss und Macht verlieren, neue Stakeholder werden das System
stärker bestimmen

„ Veränderung einer komplexen Organisation bedeutet stets auch die Veränderung


subjektiver Deutungen: die entwicklung einer gemeinsamen Vision, die Identifika-
tion mit der Organisation, die Vermittlung des Veränderungsprozesses an die Mit-
arbeiterInnen, die Entwicklung eines neuen Führungsverständnisses

„ Veränderung einer komplexen Organisation ist zudem immer Veränderung von


Regeln: Das kann die formalen Regeln der Aufbau- und Ablauforganisation betref-
fen, Veränderung von Regeln betrifft aber immer auch die impliziten Regeln

„ In jedem Veränderungsprozess spielen auch Werte und Rituale eine Rolle, sei es,
Werte bewusst zu machen oder neue Werte in den Mittelpunkt zu stellen, sei es,
Veränderungen durch Rituale zu stützen

268 König/Vollmer (2008), S. 374-375

343
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
„ Veränderung einer komplexen Organisation bedeutet in der Regel Unterbrechung
von Regelkreisen: Regelkreise stabilisieren soziale Systeme und stehen damit Ver-
änderungen entgegen. Veränderung einer Organisation schließt damit die Verän-
derung von Regelkreisen ein: neue Lösungen zu finden und umzusetzen, die die
bisherigen Muster unterbrechen

„ Veränderung einer komplexen Organisation betrifft immer auch die Beziehung zur
Systemumwelt: Dazu gehören mögliche räumliche und technische Veränderungen

„ Veränderung einer komplexen Organisation ist stets gekennzeichnet durch eine


unvorhersehbare Entwicklung: Kein Veränderungsprozess verläuft geradlinig,
sondern es treten meistens unvorhergesehene Probleme auf.

Die Ausgestaltung der Organisationalen Kompetenz im Projektmanagement hat also


starke Veränderungen im gesamten Unternehmen zur Folge. Abbildung 5-15 zeigt
beispielhaft einen solchen Veränderungsprozess bei einem Systemlieferanten, der von
einer Linienorganisation auf ein projektorientiertes Unternehmen umgestellt wird. Der
Prozess umfasst insgesamt 18 Schritte, wobei diese nicht linear ablaufen sondern
durch Rückkopplungen miteinander verknüpft sind.

Abbildung 5-15: Beispiel: Veränderungsprozess

PM-Kultur
18. PM-Anwendung....
17. PM-Trainings, -Coaching....
16. PM-Assessments
15. KickOff/PR für Rollout
14. PM-Geschäftsprozess dokumentieren
13. PM-Office/Projektcontrolling installieren
12. PM-Karriere verankern
11. Lenkungsausschuss f. Projekte einrichten
10. PM-Tafelrunde einrichten
9. Abstimmung Spielregeln
8. Entwicklung PM-Handbuch PM-(Pilot-)
7. Lastenheft Anwendung
6. Coaching Pilotprojekte
5. Stakeholder KickOff
4. Basisworkshops
3. Projektteam
2. Umsetzungskonzept PM-Regelwerk, Prozesse, Methoden, Werkzeuge
1. Analyse

344
Ausgestaltung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.3
Der Veränderungsprozess sollte zunächst als Projekt aufgesetzt werden, allerdings ist
darauf zu achten, dass nach Abschluss des Projekts ein Mitarbeiter für die Nachbe-
treuung zur Verfügung steht und ggf. weitere Veränderungen vornimmt. Dies ist auch
eine wichtige Frage bei der Klärung der Verantwortlichkeiten für die Realisierung des
Veränderungsprojekts. Soll das Projekt von einem externen Berater durchgeführt wer-
den, oder mit internen Ressourcen? Für einen externen Berater sprechen die Unbefan-
genheit des Externen, das Einbringen neuer Ideen und Ansätze sowie die Entlastung
eigener Ressourcen. Die Kehrseite der Medaille sind möglicherweise hohe Kosten,
unangepasste Lösungsansätze mit Abwehrreaktionen bei den Betroffenen sowie die
fehlende Nachbetreuung.

Das Top-Management sollte den Veränderungsprozess selbst initiieren, aktiv kommu-


nizieren und sichtbar die Gesamtverantwortung übernehmen. Für die Umsetzung
sollte schließlich ein möglichst hochrangiger Ansprechpartner verantwortlich sein.
Dafür kommen prinzipiell die Verantwortlichen für Projektmanagement, die Personal-
und Organisationsentwicklung sowie das Qualitätsmanagement in Frage. Gegebenen-
falls auch ein Mitarbeiter aus dem PMO. Diese Person sollte jedenfalls möglichst lang-
fristig für die Nachbetreuung des Projekts zur Verfügung stehen.

Die Einbindung wichtiger Stakeholder spielt eine wesentliche Rolle im Veränderungs-


prozess (vgl. 5.3.2). So stellt sich zum Projektbeginn die Frage, welche Personen von
den Veränderungen betroffen sind, welche Erwartungen diese Personen haben, ob sie
dem Projekt positiv oder negativ gegenüber stehen und wer in das Projektteam aufzu-
nehmen ist. Nicht zu unterschätzen ist auch die Vergangenheitsbetrachtung: wurde in
den letzten Jahren schon Veränderungen am Projektmanagement vorgenommen? Mit
welchem Resultat? Sind die Veränderungen erfolgreich abgeschlossen worden? Wenn
nicht, warum nicht? Welche Bedeutung spielt das (interne/externe) Umfeld? Gibt es
sonstige Einflüsse?

Vor der Implementierung neuer Lösungsansätze ist es deshalb unbedingt erforderlich,


(nochmals) eine Analyse der Ausgangssituation, der Umwelteinflüsse wie der relevan-
ten Stakeholder durchzuführen, damit im Projektverlauf nicht unnötige Überraschun-
gen oder Widerstände auftauchen. Diese Analyse setzt umfangreiche Kenntnisse in
der systemischen Organisationsberatung voraus. 269 Vor Beginn der Implementierung
sollte deshalb geklärt sein, ob das Projektteam über die nötigen Kompetenzen verfügt,
genügend Zeit für die Implementierung eingeplant hat und auch die Ressourcen (Mit-
arbeiter, Budgets usw.) zur Verfügung stehen. Je nach Komplexität kann das Verände-
rungsprojekts auch in mehrere Teilprojekte unterteilt werden, die entweder nachei-
nander oder parallel abgewickelt werden. Schnelle, sichtbare Erfolge („Quick wins“)
fördern die Bereitschaft für Veränderungen und sollten deshalb einer größeren Verän-
derung vorgelagert sein. Sie erleichtern auch die Bereitschaft des Top Managements,
Ressourcen für die Implementierung freizugeben.

269 vgl. König/Vollmer (2008)

345
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Nach Auftragsklärung (vgl. 2.4.3), Teambildung (vgl. 2.3.1) und Projektstartworkshop
(vgl. 2.4.5) geht es an die Planung und Abstimmung des Umsetzungskonzepts. Ab-
hängig von der Komplexität der Gestaltungsaufgabe können dabei vielfältige Inter-
ventionen, Unterstützungsleistungen (u.a. Consulting, Coaching oder Training) und
Kommunikationsformen zum Einsatz kommen (vgl. Abbildung 5-16).

Abbildung 5-16: Beispiel: Umsetzungskonzept

1.Quartal 2.Quartal 3.Quartal ----->


Coaching von laufenden Projekten mit Pilotanwendung von PM-Methoden
Pilotprojekte

definieren
Projekte

Internes Coaching
Externes Coaching

Projekt Büro Projektleiter- Pilottraining Trainings


PM-Prozess-Umsetzung

PM-Prozess
Umsetzungs-

installieren Workshops PM-Prozess


Interviews
Briefing +

konzept

(MA-Auswahl) (Qualifizierung) Vertiefungs-


Workshop
PM-Prozeßdoku erstellen Reviews Vertiefungs-
(Methoden, Abläufe, Spielregeln etc.) m. Mgmt Workshop

Definition Standard-PM-Prozess für Angebot und Coaching aller neuen Projekte


Abwicklung (Kernteam)

Regelmäßige Abstimmung mit Führungskräften aus Projekt und Linie

4wöchentliche Statusbesprechung mit der Geschäftsführung (Auftraggeber)

Die Implementierung sollte eng mit dem Top-Management abgestimmt werden. Dazu
bietet sich die Einrichtung eines Steuerkreises an (siehe auch 3.2.3.2 und 5.3.1). Dieser
beauftragt den Projektleiter, trifft Entscheidungen, unterstützt den Projektleiter mit
Rat und Tat und nimmt zum Schluß das Projekt ab. Der Projektleiter berichtet regel-
mäßig über den Projektfortschritt und eskaliert gegebenenfalls Konflikte und Proble-
me in den Steuerkreis. Der Steuerkreis kann insbesondere die Interessen des Projekts
in der Linie durchsetzen, falls das Projektteam hier an seine Grenzen stößt. Allerdings
sollte dieses Machtmittel nur in letzter Konsequenz zum Einsatz kommen, sonst sind
Widerstände und Konflikte vorprogrammiert.

Schon vor Beginn der Implementierung sollte das Top-Management klare Erwartun-
gen hinsichtlich der Ergebnisse formulieren: Was soll nach der Implementierung er-
reicht sein? Woran kann die Organisation den Erfolg erkennen? Mit welchen Kriterien
können die Ergebnisse überprüft werden? Welche Abbruchkriterien gelten, sollte die
Implementierung nicht erfolgreich verlaufen? Die Erfolgskontrolle findet dann zum
Abschluss der Implementierung mit Hilfe definierter Kriterien statt. Schließlich sind
noch Abschlussaktivitäten einschließlich einer Erfahrungssicherung durchzuführen.

346
Kontinuierliche Verbesserung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.4
5.4 Kontinuierliche Verbesserung der
Organisationalen PM-Kompetenz
Allzu oft geschieht nach der Einführung oder Anpassung des Projektmanagements
nichts mehr – trotz steigender Anforderungen an das Projektmanagement. So zeigt die
aktuelle Umfrage der GPM-Fachgruppe „Automotive-PM“ sehr deutlich, dass nur bei
einem Viertel der befragten Unternehmen der Reifegrad im Projektmanagement re-
gelmäßig überprüft, kontinuierliche Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt und abge-
schlossenen Projekten gelernt wird. Als Gründe hierfür werden u.a. fehlende Zeit für
die Umsetzung von Verbesserungsaktivitäten, andere Prioritäten im Tagesgeschäft,
Angst vor Transparenz bzw. vor der Offenlegung von Schwächen und mangelhafte
Nutzung des in Projekten generierten Wissens angeführt. Dabei besteht ein direkter
Zusammenhang zwischen der Effektivität des Projektwissensmanagement und dem
Projekterfolg: 270 „Unternehmen, die hohe Aktivitäten im Projektwissensmanagement
aufweisen, erzielen signifikant höhere Erfolge bei der Durchführung von Projekten.“
Zur Verbesserung der Organisationalen Kompetenz im Projektmanagement können
drei Arten von Wissen genutzt werden: Wissen im Projekt, Wissen über Projekte und
Wissen aus Projekten (vgl. Abbildung 5-17).

Abbildung 5-17: Wissensarten und -flüsse 271

Allokation/
Anwendung

Projektwissensbasis
Wissen aus Projekten Wissen im Projekt Wissen über Projekte
ex post aktuell aktuell

Beispiele: Beispiele: Beispiele:


„ Erfahrungen „ Arbeitspakete „ Fähigkeitsprofile
„ Problemlösungen „ Branchen „ Prozesse
„ Abläufe und Strukturen „ Vorgehensweisen zur „ Methoden des
„ Endprodukte
Projektdurchführung (fachlich, Multiprojektmanagements
methodisch)

Prozesse organisationalen Lernens


Organisatorische Wissensbasis

270 Gleich et al (2008), S. 50


271 Schindler (2001), S. 119

347
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Die drei aufgezeigten Wissensarten stellen also zentrale Hebel zur Verbesserung dar.
Dazu ist es aber nötig, dass das Top-Management zuerst eine Strategie und Ziele für
den Umgang und die Nutzung von Wissen in, über und aus Projekten definiert und
kommuniziert. Beispielsweise welches Wissen besonders wichtig für die Organisation
ist (u.a. Markt-, Kunden, Produkt- oder Prozesswissen), wann, wie, welches Wissen
gesammelt und aufbereitet wird, wie dieses Wissen für die Verbesserung des Projekt-
managements genutzt werden soll und wer dafür verantwortlich ist. Das Top-
Management sollte eine zentrale Stelle einrichten, die alle Aktivitäten im Projektwis-
sensmanagement plant und steuert, z.B. das Projektmanagement-Office, eine Person
aus dem Projekt-, Qualitäts- oder Wissensmanagement bzw. eine Stabs- oder Linien-
funktion.

Darüber hinaus sollten folgende Voraussetzungen geschaffen werden: 272

„ Eine Vertrauenskultur im und zwischen Projektteams


„ Fördern und Stattfinden von informeller Kommunikation
„ Schaffen von Nutzenverständnis und Akzeptanz von Projektwissensmanagement
bei Beteiligten

„ Einfordern von Wissensmanagement durch das Management


„ Wissenscontrolling: Messen und Steuern der Projektwissensmanagement-
Aktivitäten und –Ergebnissen

„ Organisation des Projektmanagements: Projektmanagementmethodik und Qualifi-


zierung der Projektbeteiligten

„ Organisation des Wissensmanagement: Institutionalisierung von zentralen Ver-


antwortlichkeiten

„ Definition von Wissensprozessen und Verantwortlichkeiten in Projekten


„ Zweckmäßige und benutzerfreundliche Systeme
„ Systemunterstützung zur Speicherung von Wissen
„ Systemunterstützung zur Kommunikation und Zusammenarbeit in Projekten
„ Mechanismen und Regeln zur Aktivierung von Projekterfahrung
„ Qualitätssicherung des Wissens und des Wissensmanagements
„ Handlungs- und Entscheidungsfreiräume für Mitarbeiter in Projekten
„ Fehlerkultur: konstruktiver Umgang mit Fehlern

272 Gleich et al (2008), S. 51

348
Kontinuierliche Verbesserung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.4
5.4.1 Wissen in Projekten zur Verbesserung nutzen
In Projekten wird auf vielfältige Weise Wissen erworben. Bei „Wissen in Projekten“
handelt sich um aktuelles, tätigkeitsbezogenes Wissen aus eine operativ-ausführenden
Perspektive, das einerseits in der Projektarbeit selbst, und andererseits auch für die
kontinuierliche Verbesserung der Organisationalen Kompetenz genutzt werden kann.

Aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften sind Projekte besonders lernförderlich: 273

„ Die große Interdisziplinarität von Projektteams begünstigt das Lernen


„ Die Komplexität und Neuartigkeit von Projekten kann das Problemverständnis
und die Problemlösungskompetenz innerhalb des Projektteams fördern

„ Das gemeinsame Projektziel begünstigt das kooperative Lernen und fokussiert die
Lernaktivitäten auf dieses Ziel hin

„ Die weitgehende Autonomie und relativ große Freiräume von Projektteams unter-
stützen Innovation und Kreativität

„ Die hohe Interaktionsdichte in Projektteams ermöglicht eine schnelle Rückkopp-


lung von Lernerfahrungen

„ Die relativ flachen Hierarchien begünstigen schnelle Entscheidungen und eine


rasche Umsetzung der Lernerkenntnisse

Wie kann nun die Organisation das „Wissen in Projekten“ nutzen? Projekte können
bewusst initiiert werden, um spezielle Aufgabenstellungen bzw. Probleme zu lösen
und die oben dargestellten Potenziale auszunutzen. Darüber hinaus können Projekte
als kreatives Lernfeld zur Entwicklung innovativer Lösungsansätze dienen – eine
Form des „learning on the job“. Durch eine geschickte Durchmischung des Projekt-
teams mit erfahrenen und unerfahrenen Mitarbeitern kann Personalentwicklung auf
Basis konkreter Projektarbeit („erfahrungsbasiert“) erfolgen. Abhängig vom Reifegrad
der Organisation können Projekte auch als Experimentierfeld zur Entwicklung bzw.
Erprobung neuer Prozesse, Strukturen, Methoden und Tools genutzt werden.

5.4.2 Wissen über Projekte zur Verbesserung nutzen


Hierbei handelt es sich um aktuelles Wissen aus institutioneller Projektmanagement-
bzw. operativ-informierender Perspektive, so z.B. Wissen über die Kompetenzen der
Mitarbeiter, Projektmanagement-Prozesse, -Standards, -Methoden und -Tools. Dabei
ist sowohl die Sicht auf das Management einzelner Projekte wie auch das Management
mehrerer Projekte von Interesse.

273 in Anlehnung an: Schindler (2001), S. 46 f.

349
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Das in 5.2.3 vorgestellte Assessment ist eine Möglichkeit zur Bestimmung des Status-
quo im Projektmanagement und zur Ableitung von Verbesserungsmaßnahmen. Je
nach Wissenszielen und –strategie können einzelne Bereich besonders intensiv be-
leuchtet werden, so z.B. die Aufbau- oder die Ablauforganisation. Besonders nützlich
ist die Identifikation von „best practices“ in der Organisation. Diese sind sowohl als
Referenz für externe Kunden wie auch für interne Verbesserungsaktivitäten hilfreich.
So können Vertreter aus dem Bereich der „best practice“ andere Bereiche bei der Ver-
besserung des Projektmanagements unterstützen. Diese werden aufgrund des Praxis-
bezugs eine viel höhere Akzeptanz genießen als Stabsmitarbeiter oder externe Berater.
Best practices können auch für Schulungszwecke genutzt werden.

Eine weitere Möglichkeit zur Erhebung von Wissen über Projekte ist die Methode des
„Benchmarking“, ein „Prozess des (ständigen) Vergleichens und Messens der eigenen
Organisation oder bestimmter (komplexer) Prozesse mit weltweit führenden anderen
Organisationen oder Prozessen mit dem Ziel, die eigene Leistungsfähigkeit kontinu-
ierlich zu verbessern.“ 274 Dazu ist wie beim Projektmanagement-Assessment ein
Referenzmodell notwendig, mit dem beide Organisationen bzw. Organisationseinhei-
ten verglichen werden. Aus den Unterschieden werden dann Erkenntnisse über den
Verbesserungsbedarf abgeleitet. Schließlich kann auch durch die Verdichtung verfüg-
barer Messgrößen und –werte im Multiprojekt- bzw. Projektportfoliocontrolling (vgl.
3.4.4) die Performance im Projektmanagement analysiert und verbessert werden.

5.4.3 Wissen aus Projekten zur Verbesserung nutzen


Spätestens in der Projektabschlussphase sollte das „Wissen aus Projekten“ aufbereitet,
dokumentiert und nutzbar gemacht werden (siehe 2.7). Der Projektleiter ist dafür
verantwortlich, das Wissen direkt an das Top-Management (z.B. im Rahmen einer
Abschlusspräsentation) bzw. an die zentrale Stelle (z.B. das Projektmanagement-
Office) zu berichten. Erst dann sollte der Projektleiter aus seiner Verantwortung für
das Projekt entlassen werden. Gegebenenfalls kann ein Moderator den Projektleiter bei
der Dokumentation bzw. Aufbereitung des Wissens unterstützen.

In vielen Unternehmen ist der Begriff „Lessons learned“ für die Aufbereitung des
Wissens aus Projekten bekannt. Nur selten wird darunter aber verstanden, dass eine
konkrete Liste von Maßnahmen (wer macht was, womit bis wann und mit welchem
Ergebnis?) erstellt und an den internen Auftraggeber oder die oben angesprochene
zentrale Stelle zur Erledigung weitergegeben wird. Der Projektleiter und sein Team
stehen in der Regel für die Umsetzung der „Lessons learned“ nicht mehr zur Verfü-
gung, deshalb muss jemand aus der permanenten Organisation dafür verantwortlich
gemacht werden.

274 Motzel (2006), S. 38

350
Kontinuierliche Verbesserung der Organisationalen PM-Kompetenz
5.4
Doch warum das Wissen erst am Ende eines Projektes sammeln und auswerten? Bei
lang andauernden Projekten ist vieles schon wieder vergessen, was im Projektverlauf
passiert ist. Deshalb sollte das Wissen nicht nur in der Abschlussphase gesammelt und
aufbereitet werden, sondern über den gesamten Projektverlauf hinweg. So eignen sich
z.B. Statusbesprechungen dazu, das bis dahin gesammelte Wissen aufzubereiten, Ver-
besserungspotenziale zu identifizieren und konkrete Maßnahmen anzustoßen bzw.
umzusetzen. Dazu reichen oft zehn Minuten auf der Agenda einer Statusbesprechung.

Schließlich können stichprobenartig durchgeführte Projektaudits bzw. Projektreviews


aus einer übergeordneten Perspektive Erkenntnisse über Verbesserungspotenziale in
Projekten ergeben und zur Verbesserung des Projektmanagements genutzt werden.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass die für die Durchführung des Audits ver-
antwortlichen Personen nicht in das Projekt involviert sind und deshalb eine neutrale
Perspektive einnehmen können, der Nachteil liegt im zusätzlichen Aufwand und mög-
licherweise auch im Misstrauen, das beim Projektteam erzeugt wird.

Eine Möglichkeit zur Durchführung des Audits bietet das „Project Excellence Model“
der GPM. In den Audits wird nach der Anwendung von Projektmanagement und nach
den erzielten Projektergebnissen gefragt. Die Projekte müssen deshalb abgeschlossen
sein bzw. kurz vor dem Abschluss stehen. In beiden Bereichen können jeweils 500
Punkte erreicht werden. Das ausführliche Audit mit mehreren Stufen ermöglicht eine
kritische Analyse eines einzelnen Projekts aus neutraler Sicht. Die Ergebnisse fließen
dann in die Verbesserung des Projektmanagements ein (vgl. Abbildung 5-18).

351
Organisationale Kompetenz im Projektmanagement entwickeln
5
Abbildung 5-18: Project Excellence Model 275

PROJECT EXCELLENCE (1,000)

Projektmanagement (500) Projektergebnisse (500)

Führung (80) Kundenzufriedenheit (180)

Ziel- Ziel-
MItarbeiter Prozesse
orientierung Mitarbeiterzufriedenheit (80) erreichung
(70) (140)
(140) (180)

Ressourcen Zufriedenheit bei sonstigen


(70) Interessengruppen (60)

Innovation und Wissen

275 www.gpm-ipma.de

352
6 Fazit und Ausblick

Am Ende eines Buches über Projektmanagement in der Automobilindustrie wollen


wir nicht noch einmal die Bedeutung des Themas für die Unternehmen der Branche
hervorheben – wir haben das an vielen Stellen ausführlich getan. Oft fragen wir uns
aber, warum es in der Praxis dennoch an der konsequenten Umsetzung scheitert. So
haben mehr als die Hälfte der befragten Experten in unserer Studie zur Automobil-
entwicklung am Standort Deutschland das Projektmanagement als das Gestaltungs-
feld mit dem größten Handlungsbedarf gesehen. 276 Dabei ist das Projektmanagement
wahrlich keine neue Disziplin mehr. Verfahren und Methoden des Projektmanage-
ments werden in Deutschland schon seit einigen Jahrzehnten gelehrt, in zahlreichen
Weiterbildungsveranstaltungen vermittelt und von Beratern in Unternehmen einge-
führt. Dennoch hat sich bislang der erwünschte Umsetzungserfolg in der Breite noch
nicht eingestellt.

Was sind die Gründe für den noch unzureichenden Reifegrad des Projektmanage-
ments in der Automobilindustrie? Einige lassen sich aus unserer Erfahrung anführen,
andere sicherlich noch weiter ergänzen:

x zunehmende (technologische wie organisatorische) Komplexität

x unzureichende Weiterentwicklung der für Großprojekte in der Luft- und Raum-


fahrt ausgelegten Verfahren und Instrumente des Projektmanagements

x geringe Anstrengungen zur Spezialisierung des Projektmanagements in der Au-


tomobilindustrie

x veraltete Lehrinhalte/-methoden in der PM-Ausbildung an den Hochschulen ohne


konkreten Bezug zur Praxis

x Top-Managements misst dem Projektmanagement oft zu wenig Bedeutung bei 277

x operative Hektik und Handlungsorientierung dominieren das Geschäft

Vielleicht konnte sich die Branche diese Versäumnisse bzw. Defizite bis heute noch
leisten. Die Herausforderungen der kommenden Jahre werden den Unternehmen
schnell deutlich machen, dass nur die konsequente Umsetzung des hier Behandelten
sowie die stetige Weiterentwicklung des Erreichten das Überleben in der global kon-
kurrierenden Welt der Automobilindustrie ermöglichen werden.

276 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 107


277 vgl. hierzu auch Schneider/Wagner/Wald (2009)

353
G. Hab, R. Wagner, Projektmanagement in der Automobilindustrie,
DOI 10.1007/978-3-8349-4369-9_6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
Fazit und Ausblick
6
6.1 Mit Projektorientierung und
professionellem Projektmanagement zum
Erfolg
Die Automobilindustrie ist heute immer noch stark von Spezialisierung, Taylorisie-
rung und hierarchischem Denken geprägt, anstatt sich auf die rasanten Veränderun-
gen der Gegenwart einzustellen. Mehr als hundert Jahre nach der Erfindung des Au-
tomobils, im Zeitalter der flexiblen Fertigung von immer neuen kundenspezifischen
Fahrzeugvarianten, kommt der Projektorientierung immer stärkere Bedeutung zu.
Dabei werden sogar Tugenden frühindustrieller Kleinbetriebe in der Herstellung von
Automobilen wieder in Erinnerung gerufen: Der Kunde eines solchen Automobils war
damals im direkten Kontakt mit dem „handwerklichen“ Betrieb und konnte den ge-
samten Werdegang „seines Autos“ mit verfolgen. Der Produktionsprozess war unmit-
telbar auf den Kunden ausgerichtet und hatte damit einen starken Projektcharakter. 278

Die zunehmende Modell- und Variantenvielfalt in der Automobilindustrie sowie die


schier endlose Zahl an den vom Kunden beeinflussbaren Ausstattungsmerkmalen
lässt die Vorteile der auf Wiederholungseffekten basierenden und mit der Effizienz
begründeten arbeitsteiligen Massenproduktion in den Hintergrund treten. Neue, stär-
ker am Kunden ausgerichtete Arbeitsformen sind notwendig und weisen den Weg in
Richtung einer zunehmenden Projektorientierung.

Schon 1982 haben Peters und Waterman in ihrem Bestseller „In Search of
Excellence“279 die Abkehr von den tayloristischen Prinzipien und die konsequente
Ausrichtung aller Geschäftsprozesse auf den Kundennutzen propagiert und damit der
Projektorientierung den Weg bereitet. Die Veränderungen lassen sich wie folgt auf den
Punkt bringen: „Projekte und Projektmanagement sind richtige Antworten der Unter-
nehmen ... auf die Dynamik und die Veränderungen in ihrer Aufgabenumwelt. Die
Fähigkeit zur effektiven Steuerung und Kontrolle von Neuerungsprozessen in der
Qualität von »Quantensprüngen« und ihren Reaktionen darauf mittels Projekten und
Projektmanagement ist kurzfristig für den Erfolg und langfristig für das Bestehen von
Organisationen umso entscheidender, je vielschichtiger und dynamischer der Wandel
abläuft. Diejenigen Organisationen, die diese Fähigkeiten als eine der ersten entfalten,
somit das schnellste »organisationale Lernen« verwirklichen, werden die erfolgreichs-
ten Unternehmen im globalen Wettbewerb sein.“ 280

Ist es nicht genau das, was alle Unternehmen wollen: erfolgreich im globalen Wettbe-
werb sein, sich einen Vorsprung sichern und damit die Grundlage für langfristiges
Überleben in einer von Übernahmen geprägten Branche zu legen?

278 vgl. Balck (1996), S. 4


279 vgl. Peters/Waterman (1984)
280 Saynisch, M. (1995), S. 229 ff.

354
Mit Projektorientierung und professionellem Projektmanagement zum Erfolg
6.1
Übertragen wir diese Gedanken auf den bekannten Slogan eines Automobilherstellers,
dann lautet die einprägsame Formel: „Vorsprung durch Projektmanagement!“

Wenn die Automobilindustrie so weiterarbeitet wie bisher, wird sie die kommenden
Herausforderungen nicht meistern! Deshalb ist eine wirksame Neuausrichtung der
Unternehmen im Sinne der Projektorientierung jetzt dringend nötig. Angefangen bei
der Strategie, in der die klare Ausrichtung an der Projektarbeit zentral verankert ist
und den Prozessen, die sich nicht so sehr der fachlichen Wertschöpfung widmen,
sondern die Projektmanagementprozesse deutlicher hervorheben, eventuell sogar
priorisieren. Dann gilt es natürlich auch die organisatorischen Strukturen innerhalb
des Unternehmens sowie in Richtung der Kunden und Lieferanten an die Bedürfnisse
des Projektmanagements anzupassen. Schließlich muss die Unternehmenskultur in
der von uns an verschiedenen Stellen aufgezeigten Weise beeinflusst werden, so dass
die Projektarbeit in einem positiven internen Klima und auch nach außen ohne größe-
re Komplikationen erfolgen kann.

Insgesamt gilt es also, den Stellenwert der Projektarbeit in den Unternehmen der Au-
tomobilindustrie deutlich zu erhöhen und dem Projektmanagement eine wesentlich
zentralere Funktion zuzuweisen, als dies bislang der Fall ist. Ein Beispiel ist die Positi-
onierung des Projektleiters im Unternehmen sowie entsprechende Kompetenzen und
Entwicklungsmöglichkeiten (Karrierepfade). Uns ist bewusst, dass nicht alle Bereiche
der Unternehmen von der Projektarbeit dominiert werden und dort noch immer fach-
liche „Routinearbeiten“ zu erledigen sind. Dies ändert aber nichts an der grundlegen-
den Aussage, dass wir einen klaren Wandel hin zum projektorientierten Unternehmen
brauchen.

Wir haben in den zentralen Teilen unseres Buches die grundlegenden Aspekte des
Single-, Multi- und des Cross-Company-Collaboration-Projektmanagements aufge-
zeigt. Diese gilt es nun konsequent umzusetzen und als professionellen Standard in
den Unternehmen zu etablieren. Nur wer dies schafft, wird für die kommenden Her-
ausforderungen in der Automobilindustrie genügend vorbereitet sein.

Darüber hinaus fragen wir uns, wie lange es sich die Automobilindustrie in Deutsch-
land noch leisten kann, ohne klare PM-Standards - vergleichbar mit denen im Quali-
tätsmanagement - auszukommen. Gerade im internationalen Wettbewerb würde es
der Branche in Deutschland gut anstehen, sich im Rahmen des VDA oder auf einer
anderen Ebene zu treffen und einen Dialog über die wichtigsten Standards im Auto-
motive-Projektmanagement zu beginnen. Vielleicht können sich die deutschen Unter-
nehmen damit einen weiteren Vorteil sichern, den sie sich bereits auf Seiten der tech-
nologischen Innovationsfähigkeit erworben haben.

355
Fazit und Ausblick
6
6.2 Zukünftige Herausforderungen
Zum Schluss möchten wir es nicht versäumen, noch einen Blick in die Zukunft zu
werfen und die wichtigsten Trends mit ihren Auswirkungen auf das Projektmanage-
ment zu beleuchten. Denn eines ist sicher: die heute schon hohen Anforderungen an
die Unternehmen der Branche werden weiter zunehmen, auch wenn nicht genau klar
ist, wann welche Entwicklung mit welcher Wirkung zu spüren sein wird.

Folgende Trends haben eine hohe Relevanz für das Projektmanagement in der Auto-
mobilindustrie:

„ weiter steigender Kosten- und Zeitdruck


„ starker Zuwachs der internationalen Projektarbeit
„ überproportionales Wachstum der Zahl von Fahrzeugprojekten
„ zunehmende organisatorische wie technologische Komplexität der Projekte
„ vermehrte Beachtung der „weichen“ Aspekte im Projektmanagement
Wir nehmen deshalb zu jedem dieser Trends kurz Stellung und zeigen die aus unserer
Sicht möglichen Auswirkungen auf.

6.2.1 Kontinuierliche Steigerung der Effizienz nötig


Die zahlreichen Sparprogramme bei Automobilherstellern wie -zulieferern zeigen,
dass die Automobilindustrie in Deutschland immer neue Anstrengungen unterneh-
men muss, um im internationalen Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Eine zuneh-
mend anspruchsvollere Kundschaft fordert attraktive Fahrzeugmodelle mit moderns-
ter Technik zum Preis des Vorgängermodells oder vergleichbarer Fahrzeuge. Die
Hersteller sind deshalb gezwungen, bei steigender Modellvielfalt und sinkenden Seri-
engrößen immer neue Fahrzeugvarianten in kürzester Zeit auf den Markt zu bringen
(„Time-to-market“) und die Kosten noch spürbar zu senken. Dabei trennt sich die
Spreu vom Weizen. So melden einige Automobilhersteller Absatzrekorde, wohingegen
andere Hersteller kräftig Federn lassen müssen.

Der Verdrängungswettbewerb wird also anhalten und damit der Druck auf Kosten
und Termine in der Projektarbeit weiter steigen. Nur wem es gelingt, die gestiegenen
Anforderungen der Märkte durch flexibles und vor allem professionelles Management
der Produktentstehungsprozesse zu befriedigen, wird langfristig überleben. Dies be-
trifft Automobilhersteller wie Zulieferer in gleichem Maß.

356
Zukünftige Herausforderungen
6.2
Konsequentes Benchmarking von Prozessen und eingesetzten Technologien kann
helfen, den Time-to-market und die Produktkosten spürbar zu senken. So hat z.B.
Audi das Sparprogramm „ForMotion“ im VW-Konzern dazu genutzt, jeden Entwick-
lungsschritt unter Kostengesichtspunkten zu analysieren, um diesen als Benchmark
für spätere Projekte zu nutzen und so die Entwicklungszeiten sowie die -kosten spür-
bar zu senken. 281 Aber auch Benchmarking über die Branchengrenzen hinweg kann
hilfreich sein. So hat eine Studie zu „Transferpotentialen im Projekt- und Prozessma-
nagement von Produktentwicklungsprojekten in den Branchen Automotive, Aeros-
pace und Transportation (A2T)“ der GPM zusammen mit der European Business
School interessante Erkenntnisse zu den Unterschieden und Lernfelder der jeweiligen
Branche geliefert. Dort zeigt sich z.B., dass die Schienenfahrzeugindustrie in puncto
Projektmanagement viel professioneller agiert, als viele Unternehmer der Automobil-
industrie. Das sollte zu denken geben!

Neben einer professionellen Planung und Steuerung der Fahrzeugprojekte rückt auch
die konsequente Auswertung der gesammelten Erfahrungen in der Projektabschluss-
phase (vgl. Kapitel 2.8) verstärkt in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Gelänge es,
die kritischen Prozessschritte oder Technologien in der Projektabwicklung eindeutig
zu identifizieren und im Rahmen des Folgeprojektes systematisch zu eliminieren,
könnte die Effizienz sicherlich spürbar verbessert werden. 282 Die investierte Zeit
rechnet sich im Zeitablauf. Viele Unternehmen können allerdings das Verhältnis von
Kosten und Nutzen einmal eingeleiteter Maßnahmen oft gar nicht quantifizieren – es
fehlt schlicht an den Zahlen bzw. den Messgrößen für die Effizienz. 283 Wie soll aber
die Effizienz gesteigert werden, wenn die Fragen nach dem Woher und dem Wohin
noch nicht einmal geklärt sind?

Zu Beginn von Kapitel 2 haben wir die Einmaligkeit der Aufgaben im Projektma-
nagement betont und Projekte auch entsprechend definiert. Durch die Vielzahl der
Produktprojekte in der Automobilindustrie und den immer wiederkehrenden Abläu-
fen wird die Projektabwicklung eher zur Routine. 284 Gerade dann lohnt es sich aus
unserer Sicht, mittels Standardisierung der Prozesse und Professionalisierung des
entsprechenden Know-hows die gewünschten Lerneffekte zu erzielen. 285 Ob sich dies
nur innerhalb von einzelnen Unternehmen, einem Cluster kooperierender Unterneh-
men oder in der gesamten Branche umsetzen lässt, wird sich zeigen. Das Beispiel von
Toyota zeigt jedenfalls, dass durch kontinuierliche Verbesserungen in allen Bereichen
des Produktentstehungsprozesses die Durchlaufzeiten und Kosten reduziert werden
können und somit profitables Wachstum möglich ist.

281 vgl. Automobilwoche 16, vom 2. August 2004, S. 2


282 vgl. Wald (2008)
283 vgl. Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 179
284 vgl. Wagner (2008c)
285 vgl. Wagner (2009)

357
Fazit und Ausblick
6
6.2.2 Internationalisierung der Projektarbeit nimmt zu
Kein Zweifel, die Internationalisierung der Automobilindustrie ist weit fortgeschritten.
Die Öffnung der Märkte in Mittel- und Osteuropa im Zeichen der EU-Osterweiterung,
das rasante Wachstum in Asien und in Teilen Südamerikas, beides eröffnet neue
Chancen für die deutsche Automobilindustrie. Auch wenn die Märkte – mit Ausnah-
me des Marktes in China - im Vergleich mit der Triade noch relativ klein sind, so in-
vestieren die Automobilhersteller schon gewaltige Summen in den Aufbau von Pro-
duktionskapazitäten sowie die Ansiedlung von Vertriebs- und Entwicklungszentren in
diesen Ländern.

Auch der Trend zur Verlagerung von Produktionskapazitäten hält weiter an, teilweise
aus Kostengründen, oft aber auch, um näher an den Absatzmärkten zu sein, oder gar,
um Ingenieurkapazitäten (z.B. in Indien) an den Produktionsstandorten aufzubauen.
Aber nicht nur die Produktion, sondern auch Forschung und Entwicklung sind von
der Verlagerung betroffen, wie das Beispiel von Continental zeigt, die vor einigen
Jahren mit der Fertigung auch Entwicklungsbereiche nach Rumänien verlagerte.

Im gleichen Maß, wie Kapazitäten international verteilt werden, nimmt der Anteil der
internationalen Projekte zu. So werden nicht nur Projektteams ins Ausland entsandt,
um neue Produktionsstätten zu errichten oder gemeinsam mit Entwicklungsteams vor
Ort ein neues Fahrzeugprojekt zu stemmen, sondern vielfältige Verflechtungen in der
globalen Automobilindustrie führen zu einer zunehmenden Internationalisierung der
Projektarbeit. Da arbeiten deutsche Entwicklungsingenieure eines Automobilherstel-
lers gemeinsam mit einem österreichischen Systemlieferanten und brasilianischen
Spezialisten an einem neuen Fahrzeug für die südamerikanischen Länder. Oder die
Niederlassung eines deutschen Ingenieurbüros in Detroit erstellt mit Unterstützung
seiner brasilianischen Kollegen für einen amerikanischen Fahrzeughersteller die Pla-
nung einer Fabrik in Mexiko. Die Liste der Beispiele könnte hier weiter fortgesetzt
werden. Die Beispiele haben eines gemeinsam: die Komplexität der Projektabwicklung
steigt enorm.

Abbildung 6-1 auf der nächsten Seite zeigt die wichtigsten Problemfelder internationa-
ler Projekte. So müssen die Projektbeteiligten nicht nur räumliche, zeitliche und
sprachliche Barrieren überwinden, sondern vor allem die kulturellen Unterschiede
berücksichtigen, um den Projekterfolg nicht zu gefährden. Dabei können internationa-
le Projekte zwar eine Vielzahl an Problemen verursachen, gleichzeitig bieten sie aber –
richtig angepackt - auch die Chance auf deutlich bessere Ergebnisse.

358
Zukünftige Herausforderungen
6.2
Abbildung 6-1: Wichtigste Problemfelder internationaler Projektarbeit 286

50

45

40

35

30

25

20

15

10

0
Technische Arbeitskultur Politisch- Infrastruktur Projekt- Sprache andere
Aspekte rechtliche management
Aspekte

Deutsche Projektmanager genießen z.B. aufgrund ihrer hervorragenden Ausbildung,


profunden Methodenkenntnissen und einer guten Führungsfähigkeit international
einen guten Ruf. „Dabei bleibe mitunter der Gedanke ans Geschäftliche zurück. Sie
bewegen sich zu sehr im Spannungsfeld von Qualität und Terminen. Budget und
Profitabilität seien mehr Sache anderer Nationen. US-amerikanische Projektmanager
sehen sich in erster Linie als Vertragserfüller, dann erst als Macher, die technische
Visionen umsetzen.“ 287

Durch die ausgewogene und auf die Aufgabenstellung abgestimmte Kombination von
unterschiedlichen (Arbeits-)Kulturen und Verhaltensmustern lässt sich ein optimales
Projektteam formen. Allerdings benötigt der Projektleiter ausgeprägte sozio-kulturelle
Fähigkeiten zur Auswahl und Entwicklung des Teams (vgl. 2.4.3). So unterscheiden
sich z.B. die Inhalte und Ausprägungen der Teamentwicklungsphasen (Forming,
Storming, Norming, Performing, Adjourning) gravierend von denen in rein nationalen
Teams. 288 Die Teammitglieder müssen sich situativ und flexibel auf andere Kulturen
einstellen, ohne die eigene Identität zu verlieren. In Abbildung 6-2 sind die wichtigs-
ten Kulturdimensionen im Überblick dargestellt.

286 projektMANAGEMENT aktuell, Ausgabe 3/2004, S. 13


287 projektMANAGEMENT aktuell, Ausgabe 2/2002, S. 9f.
288 vgl. projektMANAGEMENT aktuell , Ausgabe 3/2004, S. 18

359
Fazit und Ausblick
6
Abbildung 6-2: Kulturdimensionen von Trompenaars und Hampden-Turner 289

Every culture distinguishes itself from others by the specific solutions it chooses to certain prob-
lems which reveal themselves as dilemmas. It is convenient to look at these problems under
three headings: those which arise from our relationships with other people; those which come
from the passage of time; and those which relate to the environment.

From the solutions different cultures have chosen to these universal problems, we can further
identify seven fundamental dimensions of culture:

„ Universalism vs. Particularism (What is more important – rules or relationships?)


„ Individualism vs. Collectivism (Do we function in a group or as an individual?)
„ Specific vs. Diffuse cultures (How far do we get involved?)
„ Affective vs. Neutral cultures (Do we display our emotions?)
„ Achievement vs. Ascription (Do we have to prove ourselves to receive status or is it given to
us?)
„ Sequential vs. Synchronic cultures (Do we do things one at a time or several things at once?)
„ Internal vs. External control (Do we control our environment or work with it?)

Es gilt, die im Projektmanagement bewährten Methoden und Vorgehensweisen an die


Internationalisierung anzupassen und entsprechend weiter zu entwickeln. Dabei spie-
len vor allem kulturelle Aspekte eine wichtige Rolle. 290

6.2.3 Multi-Projektmanagement gewinnt an Bedeutung


Wie wir in Kapitel 1.1 aufgezeigt haben, steigt die Zahl der Fahrzeugmodelle und –
varianten an und differenziert sich wohl auch in Zukunft weiter aus. Auch die starke
Exportorientierung der deutschen Automobilhersteller hinterlässt seine Spuren. So
müssen länderspezifische Anforderungen, Gesetze und Vorschriften berücksichtigt
werden. All dies führt unweigerlich zu einer Erhöhung der Komplexität in der Pro-
jektbearbeitung.

Die professionelle Umsetzung und Anwendung der in Kapitel 3 aufgezeigten Instru-


mente und Verfahren des Multi-Projektmanagements wird deshalb in Zukunft für die
Unternehmen der Automobilindustrie noch wichtiger sein.

289 www.7d-culture.nl
290 Hoffmann/Schoper/Fitzsimons (2004)

360
Zukünftige Herausforderungen
6.2
Mit Hilfe vorab definierter Kriterien müssen die Projekte aus dem Portfolio ausge-
wählt werden, so dass die strategische Erfolgsposition des Unternehmens bzw. Netz-
werks im Wettbewerb gestärkt wird. Knappe Ressourcen müssen möglichst optimal
den verschiedenen Projekten zugeteilt werden, Ressourcenkonflikte sind übergeordnet
im Rahmen von Steuerkreisen anhand von transparenten Kriterien zu lösen.

Ein professionelles Multi-Projektmanagement muss insgesamt in der Lage sein, das


Projektportfolio sowie die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Projekten aus
übergeordneter Sicht professionell zu planen und zu steuern. Dazu benötigt das Multi-
Projektmanagement den entsprechenden Stellenwert im Unternehmen und die Befug-
nisse, um im Wirkungsgefüge des Unternehmens sowie in Richtung der Partner opti-
mal zur Wirkung kommen zu können.

Ferner müssen noch viele der verfügbaren Software-Tools für den Einsatz im Multi-
Projektmanagement weiter entwickelt werden. So ist die Unterstützung des Ressour-
cenmanagements in der Multi-Projektlandschaft noch unzureichend. Eine übersichtli-
che Darstellung der verfügbaren Ressourcen mit der Einplanung in den verschiedenen
Projekten sowie deren tatsächliche Auslastung würden helfen, Kapazitätsprobleme
frühzeitig zu erkennen und Steuerungsmaßnahmen ergreifen zu können. Hier besteht
noch Handlungsbedarf.

6.2.4 Umgang mit Unplanbarem wird zur Normalität


Steigende Effizienzanforderungen, zunehmende Vernetzung und Multi-Projekt-
landschaften sind nur einige der Treiber für eine steigende Komplexität und Dynamik
in der Projektabwicklung. Viel zu viele Faktoren nehmen Einfluss auf den Ablauf des
Projektes und vermitteln dem Projektleiter dann den Eindruck, nicht mehr „Herr der
Dinge“ zu sein oder selbst nur noch begrenzten Einfluss auf den Projekterfolg zu ha-
ben. Konflikte mit dem Management oder den Fachabteilungen sind dann der berüch-
tigte „Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.“

Nun, die Komplexität der Projektabwicklung nimmt tatsächlich zu. Die technologische
Komplexität der Fahrzeugprojekte steigt durch die Integration neuer Technologien
(z.B. Elektronik oder Infotainment-Systeme) ins Fahrzeug und neue, innovative Ver-
fahren zur Fertigung von immer kleiner werdenden Serien. Darüber hinaus steigt die
der Zulieferpyramide, die es später im Projekt wieder zu integrieren gilt. Schließlich
führt auch das Simultaneous Engineering zu einer starken Parallelisierung, die – in-
tensiv genutzt – den Koordinationsaufwand und damit die Komplexität erhöht.

Das Eintreten von in der Planung nicht berücksichtigten Ereignissen, wie z.B. Geset-
zesänderungen, neue Kundenanforderungen oder die kurz vor dem SOP bei einer
Probefahrt des Vorstands geänderte Meinung bezüglich technischer Details, fordern
das Projektmanagement bis an seine Grenzen.

361
Fazit und Ausblick
6
Die in der deutschen Mentalität verhaftete Ansicht „erst Denken (Planen), dann Han-
deln“ hilft zukünftig nur begrenzt weiter. Einerseits erhöht sich der Planungsaufwand
ins Unermessliche, um alle Eventualitäten schon vor Projektbeginn zu berücksichtigen,
andererseits sind eben Änderungen der Normalfall in Fahrzeugprojekten und können
in den wenigsten Fällen vorhergesehen werden. Sie sind nicht „Störgrößen“, die von
bestimmten Personen initiiert werden, um den Projektleiter an seiner Aufgabenerfül-
lung zu hindern. Diese Erkenntnis ist wichtig, um die aus der Projektabwicklung re-
sultierenden Schwierigkeiten nicht auf die zwischenmenschliche Ebene zu verlagern.

„Werden Grenzen der Planbarkeit anerkannt, hat dies auch Auswirkungen auf die
Definition der Projektziele. Es bleibt nicht nur offen, in welcher Weise ein bestimmtes
Ziel erreicht wird, sondern auch, wie das Ergebnis eines bestimmten Projekts aussieht
... damit wird dem Tatbestand Rechnung getragen, dass gerade bei innovativen Projek-
ten praktisches Handeln nicht nur der Vollzug vorangegangener Planungen ist, son-
dern erst im (!) praktischen Handeln sowohl das Prozedere als auch die (möglichen)
Ergebnisse entstehen.“ 291 Das alternative Konzept des „erfahrungsgeleiteten Han-
delns“ baut auf der Erkenntnis auf, dass theoretisches Wissen, abstraktes Denken und
systematisches Vorgehen zwar notwendig sind, zur Bewältigung der Unwägbarkeiten
hoch komplexer Systeme bzw. Projekte aber alleine nicht ausreichen. „Neben dem
Fachwissen ist dazu auch ein besonderes Erfahrungswissen notwendig. Dieses Erfah-
rungswissen besteht nicht nur in detaillierten Kenntnissen praktischer Gegebenheiten
oder bestimmten Arbeitsroutinen. Vielmehr handelt es sich um ein Wissen, das auf
einer besonderen Arbeitsweise beruht und hierin eingebunden ist.“ 292

Folgen wir dieser Argumentation, dann rücken gerade im Projektmanagement der


Automobilindustrie die handelnden Personen und deren Handlungen in der konkre-
ten Situation des Projektes in den Mittelpunkt des Interesses: „Sowohl für die Projekt-
leiter als auch für die Mitarbeiter spielt ein analytisches, logisch-formales Denken für
die Bewältigung einzelner (Teil-) Aufgaben ebenso wie für das Verstehen tätigkeits-
übergreifender Prozesse eine wichtige Rolle. Zugleich ist aber ebenso eine Offenheit
für unterschiedliche Sicht- und Denkweisen und nicht-lineare, prozesshaft-vernetzte
Entwicklungen von Bedeutung. Die Projektleiter müssen in der Lage sein, die komple-
xen Wirkungen und Rückwirkungen einzelner Entscheidungen und Handlungen auch
ohne exakte Informationen ein- und abzuschätzen.

Gleiches gilt auch für die Antizipation zukünftiger Entwicklungen auf der Grundlage
von „sticky informations“. Analytisches Denken wird hier ergänzt durch die Assozia-
tion vergleichbarer Situationen sowie die Aktualisierung eines entsprechenden Erfah-
rungswissens.

291 vgl. Böhle/Meil (2003), S. 36 ff.


292 ebenda

362
Zukünftige Herausforderungen
6.2
Des Weiteren aber auch durch das Sich-Einlassen auf „prospektive“ Erfahrungen und
imaginative (praktische) Auseinandersetzungen mit möglichen Entwicklungs-
Szenarien. Man analysiert dabei nicht nur zukünftige Entwicklungen, sondern stellt
sie sich konkret vor und erlebt sie.“ 293

Wir betonen gleichwohl, dass dies nicht einem Vernachlässigen der Planung das Wort
reden soll. Vielmehr ist das Konzept des „erfahrungsgeleiteten Handelns“ eine sinn-
volle Erweiterung der bisher praktizierten Planungsmethoden, die aufgrund der stei-
genden Komplexität und Dynamik an ihre Grenzen stoßen. Diese müssen – da wo
sinnvoll und notwendig - weiter entwickelt und an die neue Situation angepasst wer-
den. Dies betrifft sicherlich auch die einschlägigen Software-Tools, die eine „Be-
herrschbarkeit“ aller Eventualitäten suggerieren.

Damit wird noch einmal deutlich, wie wichtig die Funktion des Projektleiters in Fahr-
zeugprojekten ist und dass diese Stellung noch weiter gestärkt werden sollte. Darüber
hinaus ist bei der Aus- und Weiterbildung der Projektleiter noch mehr Wert auf den
Umgang mit Unwägbarkeiten im Projekt zu legen. Vielmehr ist das „Gespür“ für die
aktuellen Entwicklungen im Projekt und die richtigen Reaktionen darauf in der jewei-
ligen Situation beim Projektleiter zu entwickeln. Das schließt das richtige „Händchen“
für den Umgang mit den Stakeholdern (alle, die am Projekt beteiligt oder vom Projekt
in irgendeiner Weise betroffen sind) ein.

6.2.5 Den „soft skills“ gehört die Zukunft


Eine Umfrage der GPM unter 23 international renommierten Projektmanagement-
Experten aus elf Ländern bezüglich der wichtigsten Trends im Projektmanagement der
kommenden zehn Jahre hat ergeben, dass die sogenannten „soft skills“ zukünftig im
Projektmanagement weiter an Bedeutung gewinnen werden. 294 Interkulturelles Ma-
nagement, Konfliktmanagement, Kreativität, Motivation, partnerschaftliches Projekt-
management – was bisher eher am Rande des Blickfelds vieler Projektmanager lag -
rückt zunehmend in die Mitte.

Einige der Punkte haben wir bereits beschrieben, so z.B. die durch die Internationali-
sierung und die Überschreitung der Unternehmensgrenzen notwendigen sozialen
Fähigkeiten der Projektmanager zur Kooperation und Kommunikation. Das vorherge-
hende Kapitel hat deutlich gemacht, dass eine stärkere Berücksichtigung der Men-
schen aufgrund der steigenden Komplexität unumgänglich ist.

293 ebenda
294 vgl. projektMANAGEMENT aktuell, Ausgabe 4/2002, S. 38

363
Fazit und Ausblick
6
Die befragten PM-Experten nennen ständige Weiterbildung, Lernfähigkeit und
Selbstmanagement, Motivation und Führungsqualifikation, kulturelle Sensibilität
sowie Teamfähigkeit und Kreativität als wichtige Erfolgsfaktoren der Zukunft. Dabei
spielen die Unternehmen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, diese Faktoren bei
ihren Mitarbeitern zu fordern und zu fördern. Doch leider bleiben die Bekundungen
vieler Unternehmen, die Mitarbeiter seien das „wertvollste Kapital“, nur Lippenbe-
kenntnisse. „In Wirklichkeit tun die Unternehmen wenig, damit die Potenziale ihrer
Mitarbeiter zur Entfaltung kommen. Insbesondere auf Seiten der Projektleiter besteht
deutlicher Nachholbedarf an zielgerichteten Instrumenten für deren Auswahl, Einsatz
und Entwicklung.“ 295 Fehlende Zeit, knappe Budgets oder ganz allgemein „der
Druck“ durch die anspruchsvolle Projektarbeit werden als Gründe angegeben.

Nach unserer Meinung sind gerade Investitionen in die Mitarbeiter richtige Entschei-
dungen hin zu mehr Motivation und damit Effizienz in der Projektarbeit. Erfolgreiche
Unternehmen investieren 5-9 Schulungstage pro Jahr für ihre Mitarbeiter. Allerdings
müssen die Qualifizierungs-Maßnahmen individuell und bedarfsorientiert ausgelegt
werden. Coaching oder „training-on-the-job“ bringen weit mehr als bloße Vermittlung
von Inhalten im Rahmen eines Seminars. Insbesondere die „soft skills“ können nur im
Tun erlebt und damit erlernt werden. Deshalb sind gerade in diesem Bereich andere
Formen des Lernens notwendig. Hier sind besonders die Personalabteilungen gefragt,
sich mit den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Projektleiter und –
mitarbeiter auseinander zu setzen und maßgeschneiderte Lösungen für Auswahl,
Einsatz und Entwicklung des Personals zu erarbeiten.

Dennoch wird es die integrierte Betrachtung von „harten“ und „weichen“ Aspekten
im Projektmanagement 296 bzw. das ausgewogene Verhältnis von fachlichen, methodi-
schen, persönlichen und sozialen Fähigkeiten des Projektleiters sein (vgl. Abbildung 2-
12), die uns dem Ziel ein Stück näher bringt, unsere Projekte möglichst optimal zum
Erfolg zu führen.

Dann macht Projektarbeit in der Automobilindustrie auch wieder richtig Spaß!

295 Bullinger/Kiss-Preußinger/Spath (2003), S. 72


296 vgl. OrganisationsEntwicklung 2/04, S. 45 ff.

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Abb. 1-1: Fahrzeugbestand in Deutschland (in Mio.) 1

Abb. 1-2: Wertschöpfungsentwicklung in der Automobilindustrie 4

Abb. 1-3: Veränderungen bei Pkw-Neuzulassungen nach Segmenten 6

Abb. 1-4: Wachstum und Absatz nach Regionen 7

Abb. 1-5: Produktportfolio der BMW Group 8

Abb. 1-6: Neue Formen der Zusammenarbeit in der Automobilindustrie 9

Abb. 1-7: Vom „magischen“ zum „teuflischen“ Dreieck 10

Abb. 1-8: Anforderungen an das Projektmanagement in der Automobil-

industrie 12

Abb. 1-9: Praktizierte Formen der Zusammenarbeit 13

Abb. 1-10: Voraussetzungen für die Zusammenarbeit im Netzwerk 14

Abb. 1-11: Ergebnisse einer Expertenbefragung in der Fahrzeug-

entwicklung 15

Abb. 1-12: Notwendige Veränderungen im Netzwerk 16

Abb. 1-13: Vier Schlüssel zum Erfolg („KI4-Success“) 18

Abb. 1-14: Projektmanagement und Produktintegration 21

Abb. 2-1: Aufgabenfelder im Projektablauf der Automobilindustrie 24

Abb. 2-2: Projektmanagement als ganzheitliches Führungssystem für

Projekte 25

Abb. 2-3: Erklärungsmodell zum Automotive Projektmanagement-

Prozess 27

Abb. 2-4: Projektmanagement-Prozess und Fahrzeugentwicklungs-

Prozess in Anlehnung an VDA 28

Abb. 2-5: Parallelität von Produkt- und Produktionsanlagenentwicklung 29

Abb. 2-6: Gesamtfahrzeugentwicklungsprozess 30

373
Abbildungsverzeichnis

Abb. 2-7: Wesentliche Methoden und Ereignisse im Projekt-

management-Prozess 31

Abb. 2-8: Weniger Probleme zum Serienstart durch Projektmanagement 32

Abb. 2-9: Projektleiter-Kompetenzprofil 33

Abb. 2-10: Projektleitungs-Positionen in der Automobilindustrie 34

Abb. 2-11: Beispiel: Projektleiter – Funktionsbeschreibung 35

Abb. 2-12: Projektteam-Struktur auf 2 Ebenen, schematische Darstellung 36

Abb. 2-13: Beispiel: Projektrahmenorganisation Systemlieferant 37

Abb. 2-14: Beispiel: Projektorganigramm Gesamtfahrzeugentwicklung 38

Abb. 2-15: Beispiel: Projektorganigramm Hersteller 39

Abb. 2-16: Beispiel: Projektorganigramm Produktionsanlagen (fiktiv) 40

Abb. 2-17: Projektorientierte Matrixorganisation, schematisch 42

Abb. 2-18: Beispiel: Matrixorganisation eines Gesamtfahrzeugentwicklers 43

Abb. 2-19: Funktionendiagramm, schematische Darstellung 44

Abb. 2-20: Beispiel eines Funktionendiagramms 45

Abb. 2-21: Beispiel: SE-Teamstruktur Gesamtfahrzeugentwicklung 47

Abb. 2-22: Erfolgsfaktoren von Projektteams 48

Abb. 2-23: Beispiel: Agenda Teamentwicklungs-Workshop 50

Abb. 2-24: Beispiel: Spielregeln im Projektteam Teil 1 50

Abb. 2-25: Beispiel: Spielregeln im Projektteam Teil 2 51

Abb. 2-26: Entwicklungsprozess für virtuelle Teams, Vorgehensmodell 52

Abb. 2-27: Kommunikationsmöglichkeiten nach Raum und Zeit 53

Abb. 2-28: Persönliche Kommunikationsformen im Projekt 54

Abb. 2-29: Regelbesprechungen im Projekt 55

Abb. 2-30: Negativ-Kreislauf der „operativen Hektik“ in der Projekt-

definitionsphase 63

Abb. 2-31: Projektdefinition als Prozess 64

Abb. 2-32: Beispiel: Checkliste Projektdefinitionsphase 65

Abb. 2-33: Frontloading als Projektmanagement-Strategie 66

374
Abbildungsverzeichnis

Abb. 2-34: Fragenkatalog zur Auftragsklärung bei der Projektdefinition 68

Abb. 2-35: Einflussgrößen der Projektumfeldanalyse 69

Abb. 2-36: Beispiel: Agenda Projektübergabegespräch 70

Abb. 2-37: Beispiel: Checkliste zur Projektübergabe 71

Abb. 2-38: Beispiel: Agenda für Projektstartklausur 72

Abb. 2-39: Beispiel: Workshop-Konzept eines Systemlieferanten 73

Abb. 2-40: Frühzeitige Lastenheftabsicherung und reduzierter Änderungs-

aufwand 75

Abb. 2-41: Zielkategorien im Projekt 77

Abb. 2-42: Anforderung an die Formulierung von Projektzielen 77

Abb. 2-43: Beispiele für operative Zielkriterien in der Fahrzeugentwicklung 78

Abb. 2-44: Beispiel: Zielkatalog eines Betriebsmittelprojekts (fiktiv) 80

Abb. 2-45: Methodeneinsatz in der Prozesskette der Fahrzeugentwicklung 81

Abb. 2-46: House of Quality, schematische Darstellung 82

Abb. 2-47: Hierarchische Gliederung der spezifischen Projektziele 83

Abb. 2-48: Beispiel Rahmenbedingungen eines OEM 84

Abb. 2-49: Von den Zielen zur Projektergebnisstruktur 85

Abb. 2-50: Beispiel: Projektergebnisstruktur eines Systemlieferanten 86

Abb. 2-51: Produktstruktur Gesamtfahrzeugentwicklung 87

Abb. 2-52: Beispiel Projektergebnisstruktur Produktionsanlage 88

Abb. 2-53: Quality Gates und Synchronisationspunkte im Produkt-

entwicklungsprozess (PEP) 89

Abb. 2-54: Meilensteindefinition auf Basis der Phasen des Produkt-

entwicklungsprozesses (PEP) 90

Abb. 2-55: Phasengliederung eines Systemlieferanten 91

Abb. 2-56: Mögliche Meilensteinergebnisse in Fahrzeugentwicklungs-

projekten 93

Abb. 2-57: Beispiel: Meilensteinplan Projekt „Roboterzelle mit Laser“ 94

Abb. 2-58: Detail-Meilensteine im Fahrzeugentwicklungsprojekt 95

375
Abbildungsverzeichnis

Abb. 2-59: Synchronisationspunkte im Fahrzeugprojekt, Screenshot 96

Abb. 2-60: Kostenermittlung bei der Fahrzeugentwicklung in 2 Phasen 97

Abb. 2-61: Schema zur Kostenermittlung und –verteilung 98

Abb. 2-62: Prinzipieller Aufbau eines Kalkulationsschemas 99

Abb. 2-63: Struktur des Entwicklungskosten-Kalkulationsblattes 100

Abb. 2-64: Struktur des Entwicklungskosten-Kalkulationsblattes 101

Abb. 2-65: Beispiel: Businessplan für ein Projekt beim Systemlieferanten 102

Abb. 2-66: Beispiel: Projektwirtschaftlichkeit grafisch 103

Abb. 2-67: Beispiel: Projektauftrag 106

Abb. 2-68: Beispiel: Agenda Kick-Off Meeting intern 107

Abb. 2-69: Wichtigste Gründe für das Nichterreichen von Projektzielen 108

Abb. 2-70: Spannungsfeld Planungstiefe 110

Abb. 2-71: Planungssystematik 111

Abb. 2-72: Inhalte und Ablauf einer Projektplanungsklausur 112

Abb. 2-73: Projektstruktur als Matrix, schematisch 113

Abb. 2-74: Beispiel: Projektstrukturplan Produktionsanlage (fiktiv) 114

Abb. 2-75: Die wesentlichen Merkmale eines Arbeitspakets 115

Abb. 2-76: Beispiel: Arbeitspaket in einem Produktionsanlagenprojekt 117

Abb. 2-77: Zuordnung der Arbeitspakete zu den Phasen/Meilensteinen 118

Abb. 2-78: Beispiel: Balkenterminplan eines Systemlieferanten, Screenshot 119

Abb. 2-79: Beispiel: Vernetzter Balkenterminplan Produktionsanlage,

Screenshot 120

Abb. 2-80: Ebenen von Terminplänen in größeren Projekten (schematisch) 121

Abb. 2-81: Ebenen der Terminplanung im Fahrzeugprojekt eines OEM 122

Abb. 2-82: Bildschirmdarstellung eines vernetzten Fahrzeugterminplans 123

Abb. 2-83: Beispiel: Feinterminplan-Liste Produktionsanlage 123

Abb. 2-84: Ermittlung des Ressourcenbedarfs auf Basis der Arbeitspakete 124

Abb. 2-85: Ressourcenbedarf, abgeleitet aus Terminplan und Arbeitspaketen 127

Abb. 2-86: Kostenzuordnung auf Meilensteine und Arbeitspakete 128

376
Abbildungsverzeichnis

Abb. 2-87: Entwicklung der Projektkosten im Zeitverlauf (fiktiv) 129

Abb. 2-88: Beispiel: Projektkalkulation Produktionsanlage 130

Abb. 2-89: Stadien der Projektkalkulation in Fahrzeugprojekten 131

Abb. 2-90: Generelle Risikoarten im Projektverlauf 134

Abb. 2-91: Elemente des Risikomanagements in Fahrzeugprojekten 135

Abb. 2-92: Risikomanagement-Prozess 136

Abb. 2-93: Risikomanagement und FMEA in den Prozessen und

Strukturen der Fahrzeugentwicklung 137

Abb. 2-94: Entwicklungsprozess-FMEA als Instrument des Risiko-

managements 138

Abb. 2-95: Beispiel: Projektrisiko-Checkliste 139

Abb. 2-96: Beispiel: Projekt-Risikotabelle 141

Abb. 2-97: Klassifizierung von Projektrisiken 142

Abb. 2-98: Projektsteuerung als Regelkreis-Modell 145

Abb. 2-99: Systematik der Projektsteuerung 146

Abb. 2-100: Statusinformationen und Soll-Ist-Vergleiche im Fahrzeugprojekt 147

Abb. 2-101: Kriterien für die Ampelbewertung von Meilenstein-Messgrößen 148

Abb. 2-102: Überschrift der Grafik 150

Abb. 2-103: Termin- und Fortschrittskontrolle visualisiert im Balkenplan 151

Abb. 2-104: Termin- und Fortschrittskontrolle visualisiert, MS Project

Druckausgabe 152

Abb. 2-105: Beispiel: Tabelle zur Feintermin- und Fortschrittskontrolle 153

Abb. 2-106: Meilensteintrendanalyse, schematische Darstellung 154

Abb. 2-107: Bildschirmdarstellung Meilensteintrendanalyse 156

Abb. 2-108: Zusammenhang Soll-Ist-Kosten mit Hochrechnung und Sach-

fortschritt 157

Abb. 2-109: Beispiel-Tabelle: Mitkalkulation für ein Arbeitspaket 158

Abb. 2-110: Reifegradverlauf in Fahrzeugentwicklungsprojekten 159

Abb. 2-111: Reifegradindikatoren in Fahrzeugprojekten 160

377
Abbildungsverzeichnis

Abb. 2-112: Zeitliche Relevanz von Reifegradindikatoren im Projektverlauf 161

Abb. 2-113: Beispiel: Reifegradcontrolling mit “Anzahl der Problempunkte“ 161

Abb. 2-114: Datentabelle zur Berechnung eines Gesamtreifegrades (fiktiv) 162

Abb. 2-115: Beispiel-Tabelle zur Abweichungsanalyse (fiktiv) 163

Abb. 2-116: Stufen der 8D-Methode 167

Abb. 2-117: Formular 8D-Report 168

Abb. 2-118: Anlässe für Projektstatusbesprechungen 169

Abb. 2-119: Informationsfluss und Dokumente in der Projektstatus-

besprechung 172

Abb. 2-120: Informationen zum Projektreview und Entscheidungsprozess 173

Abb. 2-121: Beispiel einer Aktivitätenliste 175

Abb. 2-122: Reporting-Elemente bei einem Systemlieferanten 175

Abb. 2-123: Beispiel: Integrierter Management-Bericht: Technik-Ziele,

Kosten, Termin 176

Abb. 2-124: Reporting-Inhalte eines Systemlieferanten 177

Abb. 2-125: Meilensteinorientierter Statusbericht 177

Abb. 2-126: Beispiel: Projekt-Info-Board als Online-Reporting-Instrument 178

Abb. 2-127: Beispiel: Projekt-Cockpit 179

Abb. 2-128: Dimensionen einer Projekt-Scorecard als Reportinginstrument 180

Abb. 2-129: Änderungsprozessmodell 181

Abb. 2-130: Pro-aktive Änderungskultur durch Frontloading 183

Abb. 2-131: Beispiel für einen Standard-Änderungsprozess 184

Abb. 2-132: Beispiel: Formular Änderungsantrag 185

Abb. 2-133: Beispiel: Formular Änderungsliste 186

Abb. 2-134: Formular zur Claimerfassung 187

Abb. 2-135: Überblick Projektabschluss 189

Abb. 2-136: Beispiele für die Nutzung von Projekterfahrung 191

Abb. 2-137: Vorbereitung der Projektabschlussbesprechung 192

Abb. 2-138: Beispiel: Agenda Projektabschlussgespräch 192

378
Abbildungsverzeichnis

Abb. 2-139: Inhalte des Projektabschlussberichts 193

Abb. 2-140: Beispiel: Formular Projektabschlussbericht 194

Abb. 3-1: Die Multi-Projekt-Realität und ihre Ursachen 195

Abb. 3-2: Erfolgswahrscheinlichkeiten von F+E-Projekten 196

Abb. 3-3: Einflussgrößen und Restriktionen im Multi-PM 197

Abb. 3-4: Erklärungsmodell des Multi-Projektmanagements 199

Abb. 3-5: Projektportfoliodarstellung als Management-Summary 202

Abb. 3-6: Organisatorische Einbindung des Multi-Projektmanagers 208

Abb. 3-7: Organisatorische Anbindung von PM-Offices im Unternehmen 209

Abb. 3-8: Organisatorische Einordnung des strategischen PM-Office 210

Abb. 3-9: Projekt-Management-Office-Aufgaben auf verschiedenen Ebenen

der Unternehmenshierarchie 211

Abb. 3-10: Beispiel Projektgremienstruktur beim Automobilzulieferer 212

Abb. 3-11: Projektausschuss: Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen 213

Abb. 3-12: Informationsbasis für den strategischen Projektausschuss 214

Abb. 3-13: Aufgaben und Kompetenzen von Projektsteuerkreisen 216

Abb. 3-14: Beispiel einer Steuerkreis-Funktionsbeschreibung 217

Abb. 3-15: Beispiel: Standard-Agenda PL-Runde 218

Abb. 3-16: Beispiel: Funktionsbeschreibung PL-Runde 219

Abb. 3-17: Beispiel: Regelkommunikationsplan Automobilzulieferer 220

Abb. 3-18: Beispiel: Rollenverteilung Projektorganisation und Linien-

organisation 221

Abb. 3-19: Beispiel für generelle Spielregeln in einer Multiprojektumgebung 222

Abb. 3-20: Zyklischer Projektportfolio-Management-Prozess 224

Abb. 3-21: Trichtermodell zur Selektion der „richtigen“ Projekte 225

Abb. 3-22: Kriterien bei der Bildung des Projektportfolios 225

Abb. 3-23: Beispiel: Multi-Projekt-Liste eines Systemlieferanten 226

Abb. 3-24: Beispiel Projektantrag 227

Abb. 3-25: Systematik der Portfolioplanung 228

379
Abbildungsverzeichnis

Abb. 3-26: Beispiel Projektauftrag als Entscheidungsvorlage 229

Abb. 3-27: Strategische Projektübersicht eines Automobilzulieferers 229

Abb. 3-28: Beispiel für eine Systematik zur strategischen Bewertung von

Projekten 230

Abb. 3-29: Portfoliodarstellung der strategischen Bewertung der Projekte 230

Abb. 3-30: Aufspaltung des Gesamtprojektportfolios nach Projektarten 231

Abb. 3-31: Beispiel: Planungskalender strategische Projekt-/Programm-

planung 232

Abb. 3-32: Zusammenspiel der PM-Ebenen im Portfoliocontrolling 233

Abb. 3-33: Ebenen des Multiprojekt-Reporting 234

Abb. 3-34: Beispiel Multiprojektliste mit Ampelbewertung 234

Abb. 3-35: Terminplanstruktur für einen Systemlieferanten 235

Abb. 3-36: Multiprojekt-Cockpit als Berichtsinstrument 236

Abb. 3-37: DV-Werkzeuge für das Multiprojektcontrolling 237

Abb. 3-38: Programmstruktur bei einem Automobilzulieferer 239

Abb. 3-39: Programmorganisation 240

Abb. 3-40: Programm-Management-Prozess schematisch 241

Abb. 3-41: Terminplanungs- und –controllingstruktur von Programmen 243

Abb. 3-42: Screenshot eines vernetzten Programmmasterplanes 244

Abb. 3-43: Organisation des Ressourcenmanagements 246

Abb. 3-44: Beispiel: Ressourcenplanung der Abteilung Konstruktion 247

Abb. 3-45: Informationsfluss im zentralen Ressourcenmanagement 248

Abb. 3-46: Vernetzung von Terminplänen an Engpassressourcen 250

Abb. 3-47: Screenshot: Dezentrale, abteilungsbezogene Ressourcenplanung 251

Abb. 3-48: Ressourcenszenario aus Sicht der zentralen Ressourcenplanung 252

Abb. 4-1: Wertschöpfungsmuster in 2020 253

Abb. 4-2: Projektarbeit zwischen Hierarchie und Netzwerk 255

Abb. 4-3: Die „Emanzipation“ des Projektmanagements 257

Abb. 4-4: Daten- und Informationsmanagement im Projekthaus 260

380
Abbildungsverzeichnis

Abb. 4-5: Systemarchitektur zur Unterstützung virtueller Projektarbeit 261

Abb. 4-6: Beispiel für ein Dashboard 262

Abb. 4-7: Beispiel für eine Gremienlandschaft zur übergeordneten


Projektsteuerung 264

Abb. 4-8: Ergebnisse einer Expertenbefragung zum C3PM 267

Abb. 4-9: Ergebnisse einer Benchmarking-Studie 269

Abb. 4-10: Unterschiedliche Modelle der Zusammenarbeit 270

Abb. 4-11: Vergabeprozess eines Automobilherstellers 279

Abb. 4-12: Mehrstufige QFD 280

Abb. 4-13: Klassische Darstellung der Balanced Scorecard 282

Abb. 4-14: Herleitung der Project Scorecard 283

Abb. 4-15: (Strategic) Collaborative Project Scorecard 284

Abb. 4-16: Möglichkeiten zur Zielabstimmung 286

Abb. 4-17: Referenzmodell für Collaborative Project Management 289

Abb. 4-18: Interaktion zwischen Projektpartnern 290

Abb. 4-19: Ausschnitt aus einem Synchronisationsplan in der Serien-

entwicklung 291

Abb. 4-20: Verbreitung der Planungsergebnisse 292

Abb. 4-21: Kommunikation/Interaktion statt Algorithmierung 293

Abb. 4-22: Iterative Zielkostenermittlung zwischen Hersteller und

Zulieferern 294

Abb. 4-23: Vorgehen im Target Costing 295

Abb. 4-24: Beispiel für eine Qualitätssicherungs-Klausel 297

Abb. 4-25: Qualitätswerkzeuge im Produktentstehungsprozess 298

Abb. 4-26: Projekthierarchie im C3PM 300

Abb. 4-27: Schematischer Ablauf der Reifegradmessung 301

Abb. 4-28: Mittlerfunktion des Konfigurationsmanagements 304

Abb. 4-29: Allgemeine Beschreibung von Konfigurationsmanagement 304

Abb. 4-30: Zweck und Inhalt der Teilgebiete des KM 305

381
Abbildungsverzeichnis

Abb. 4-31: Änderungsaktivitäten ohne/mit Synchronisation der Partner 307

Abb. 4-32: Berichtswesen in der kooperativen Modulentwicklung 309

Abb. 4-33: Beispiel: Ablauf eines meilensteinorientierten Berichtswesens 310

Abb. 5-1: Organisationale PM-Kompetenz 318

Abb. 5-2: Auswahl des Analyse-/Betrachtungsbereichs 321

Abb. 5-3: Ziele eines Projektmanagement-Assessments 322

Abb. 5-4: Aufbau des IPMA Assessment of Organisations 324

Abb. 5-5: Dimensionen des IPMA Assessment of Organisations 325

Abb. 5-6: Entwicklungspfad im Projektmanagement 326

Abb. 5-7: Steuerkreis für Gestaltungsprojekt 327

Abb. 5-8: Einflussfaktoren für die Projektarbeit 330

Abb. 5-9: Beispiel: Ergebnisse eines PM-Quick-Checks 333

Abb. 5-10: Unterschiede zwischen Strategie- und Projektarbeit 334

Abb. 5-11: Strategischer Fit des Projektmanagements 336

Abb. 5-12: Verzahnung von Strategie und Projekten über die


Balanced Scorecard 337

Abb. 5-13: Prozessmodell der DIN 69901-2 339

Abb. 5-14: Die drei Ebenen der Unternehmenskultur 341

Abb. 5-15: Beispiel: Veränderungsprozess 344

Abb. 5-16: Beispiel: Umsetzungskonzept 347

Abb. 5-17: Wissensarten und -flüsse 341

Abb. 5-18: Project Excellence Model 351

Abb. 6-1: Wichtige Problemfelder internationaler Projektarbeit 358

Abb. 6-2: Kulturdimensionen von Trompenaars und Hampden-Turner 359

382
Abbildungsverzeichnis

Tabelle 2-1: Ziele, Meilensteine und Inhalte des Phasenkonzepts eines

Systemlieferanten 91

Tabelle 2-2: Reifegradindikatoren für Fahrzeugentwicklungsprojekte 160

Tabelle 2-3: Steuerungsmaßnahmen zur Reduzierung der Kosten 164

Tabelle 2-4: Steuerungsmaßnahmen zur Produktivitätssteigerung 164

Tabelle 2-5: Steuerungsmaßnahmen zur Terminverkürzung 165

Tabelle 2-6: Beispiel: Tagesordnung Projektstatusbesprechung 171

Tabelle 3-1: Multi-Projektmanagement-Aufgabenfelder, Gegenüberstellung 200

Tabelle 4-1: Chancen und Risiken der Coopetition 272

Tabelle 4-2: Bewertungsziffern 302

Tabelle 4-3: Problemfelder und Aktionsfelder des Änderungsmanagements 306

Tabelle 5-1: Einige Unterschiede zwischen Projekt- und Linienkultur 342

383
Stichwortverzeichnis

8 Aufwandsermittlung 248
Aufwandsschätzung 126
8D-Methode 166 Automobilentwicklung 10
Automobilindustrie 1, 3, 17
A Automotive SPICE 331

Ablauforganisation 340
Ablaufplanung 293
B
Abnahme 215 Balanced Scorecard 179, 281, 336
Abweichung 215 Balkenterminplan 119, 151
Abweichungsanalys 166 Befugnisse 34
Abwrackprämie 2 Benchmarking 323, 350, 356
Action Item List 173 Berichtswesen 175, 223, 309, 311
Aktivitäten 115 Best practices 323, 333, 350
Aktivitätenliste 152, 169, 173, 193 Bestandsaufnahme 330
Amortisation 102 Break-Even-Point 102
Ampel 302 BRIC-Staaten 2, 7
Ampel-Bewertung 148 Budget 128
Analyse 321, 333, 334, 345 Businessplan 102, 228
Änderung 180, 303, 305
Änderungsantrag 185
C
Änderungsauftrag 181
Änderungskosten 182 Capability Maturity Model Integrated
Änderungskultur 182 (CMMI) 323
Änderungsliste 185 Change-Board 182, 183
Änderungsmanagement 11, 20, 146, 181, Claim 186
183, 186, 233, 284, 303 Claimliste 187
Änderungsprozess 183 Claimmanagement 146, 186, 187
Änderungsumsetzung 182 Coaching 74, 210, 212, 277, 346, 363
Anforderungen 75, 78, 278 Collaborative Project Management 289
Anordnungsbeziehungen 290 Collaborative Project Scorecard (CPS) 283
APQP 27, 261, 296 Commitment 49, 273
Arbeitspaket 112, 115 Computer Supported Cooperative Work
Audit 322, 351 (CSCW) 308
Aufbauorganisation 340 Coopetition 272
Aufgaben, Kompetenzen und Cross Company Planning (CCP) 288
Verantwortlichkeiten (AKV) 43, 66, 266 Cross-Company-Collaboration
Auftaktworkshop 103 Projektmanagement (C3PM) 15, 253
Auftragsklärung 68, 346

385
Stichwortverzeichnis

D Frontloading 11, 66, 306


Führungsaufgabe 25
Dashboard 261 Führungsfunktion 34
Daten 61 Führungsgrundsätze 319
Datenbank 61 Führungskonzeption 335
Differenzierungsmerkmale 13 Funktionendiagramm 43, 44, 45, 266
DIN 69901 338 Funktionsbeschreibung 34, 291
Dokumentation 60, 191, 308, 350 Funktionsgruppe 46
Dokumentenmanagement 60
Durchlaufzeit 124, 356
G
DV-Tool 61
Gesamtfahrzeugentwicklung 29, 38
E Gesamtprojektleiter 37
GPM Deutsche Gesellschaft für
Effektivität 10, 17, 26, 76, 149, 331 Projektmanagement e.V. 15, 267
Effizienz 10, 11, 17, 26, 256, 331, 353,
356
I
Einmaligkeit 23
Einsatzmittel 250 Implementierung 334, 343, 345, 346
Elektroauto 5 Implizites Wissen 312
Empathie 277 Informations- und Kommunikations-
Engineering Data Management (EDM) Technologien 22, 260, 332
261, 308 Informationsmanagement 60
Engpassressourcen 249 informelle Kommunikation 276
Erfahrungsaustausch 206, 218, 312, 313 Innovation 19, 269, 349
Erfahrungssicherung 188, 346 Interkulturelle Kompetenz 58
Erfahrungswissen 361 internationale Projekte 59
Erfolgskontrolle 346 Internationalisierung 357, 359, 362
ERP-System 60 IPMA Competence Baseline (ICB) 323
Eskalation 251, 265, 328 ISO 16949 27
Explizites Wissen 312 IST-Analyse 332

F J
Fahrzeugbestand 1 Joint Venture 257
Fahrzeugdichte 1
Fehlerkultur 149, 275, 348 K
Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse
(FMEA) 82 Kalkulation 127, 130, 294
Feinterminplan 124, 153 Kalkulationsblatt 99
Forming 48 Kennzahlen 179
Fortschritt 215 Kernkompetenzen 5, 14, 254, 314
Fortschrittsgrad 156 Kernteam 37, 40
Fortschrittskontrolle 147 Key Performance Indicators 281
4
Freigabe 215 KI -Success 18, 22

386
Stichwortverzeichnis

Kick-Off 67, 107 Lernende Organisation 170


Kommunikation 22, 48, 53, 220, 258, 259, Lernziele 314
274, 276, 282, 285, 288, 313, 316, 329, Lessons learned 315, 350
333, 348, 362 Liefer- und Leistungsumfang 85
Kommunikationsformen 54 Lieferantenmanagement 270
Kommunikationsmatrix 291 Linienkultur 341
Kompetenz 317 Linienmanagement 216
Kompetenzentwicklung 313 Linienmanager 343
Kompetenzprofil 33 Linienorganisation 36, 41, 42, 221, 320,
Komplexität 11, 20, 29, 41, 196, 221, 235, 339
238, 255, 256, 291, 296, 303, 310, 320, Liste offener Punkte (LOP) 173
340, 352, 355, 357, 360
Konfiguration 304 M
Konfigurationsmanagement 60, 303, 304
Konflikt 220, 274, 285, 328, 342, 346 Macht 342
Konfliktmanagement 362 magische Dreieck 10
Konfliktprävention 285 Maßnahmenplan 215
Konfliktvermeidung 222 Master-Plan 290, 291
kontinuierliche Verbesserung 188, 347, Master-Terminplan 235
356 Matrixorganisation 41, 42
Konzentration 19 Mediation 287
Konzeptwettbewerb 279 Meilenstein 88, 118, 291, 339
Kooperation 13, 15, 22, 218, 253, 254, Meilensteinergebnisse 92
272, 274, 276, 277, 285, 288, 311, 316, Meilensteinfreigabe 175
333, 362 Meilensteinplan 88, 90, 293
Koordination 46, 201, 210, 213, 233, 264, Meilenstein-Review 148, 153
296, 339, 340, 360 Meilensteintrendanalyse 153, 155
Korrekturmaßnahmen 145, 146 Messgröße 158
Kostenarten 100, 130 Mikropolitik 340
Kostenermittlung 96 Mission 319, 337
Kostenkontrolle 156 Mitkalkulation 130, 156, 157
Kostenplan 127, 294 Modellpolitik 8, 13
Kostenschätzung 130 Modellvielfalt 355
Kostenverlauf 156 Moderation 63, 104, 112, 170, 191, 210,
kritischer Pfad 124 211, 221, 223, 233, 247, 251
Kultur 17, 21, 273, 319, 340, 341, 358 Multiprojekt-Cockpit 235, 237
Kulturdimensionen 358 Multi-Projektcontrolling 196, 211
Kundennutzen 19 Multiprojektliste 234
Multi-Projektmanagement 12, 196, 198,
L 200, 202, 203, 209, 212, 220, 223, 224,
228, 233, 248, 359
Lastenheft 75, 76, 78, 278, 279
Leitbild 319, 337 N
Lenkungskreis 265
Lernen 311, 316 Nachforderung 75

387
Stichwortverzeichnis

Netzwerk 14, 16, 19, 254, 274, 276, 313, Programm-Initiierung 240
316 Programm-Management 199, 200, 209,
Netzwerkmanager 255 240, 244
Norming 48 Programm-Management-Office 203
Programm-Manager 202
O Programm-Organisation 240, 242
Programmplanung 202
Obligo 157 Programm-Planung 240, 242
Open Issue List 173 Programm-Reporting 242
Organisation 340, 343 Programm-Ziele 242
Organisationale Kompetenz 318 Project Excellence Model 323, 351
Organisationsentwicklung 327, 328 Project Office 340
Outsourcing 4 Project Scorecard (PSC) 282
Projekt 23, 320
P Projektabschluss 188, 190
Projektabschlussbericht 188, 190, 191,
Parallelisierung 132, 360 193
Partnerschaft 16, 21, 268 Projektabschlussgespräch 190, 191
Performance 350 Projektakte 61
Performing 48 Projektantrag 214, 225, 227
Personalentwicklung 206, 324, 343, 349 Projektarten 338
Planabweichung 145 Projektauftrag 105, 328, 329
Planungskalender 231 Projektausschuss 214, 215, 224, 232
Planungsklausur 67 Projekt-Cockpit 179
Planungsszenarien 120 Projektcontroller 37, 145
Planungsworkshop 111, 112 Projektcontrolling 144
PM-Audits 211 Projektdefinition 62, 64, 72
PM-Netzwerk 206 Projektergebnisstruktur 85, 87
PM-Office (PMO) 41, 42, 193, 208 Projektfortschritt 146, 151, 346
PM-Quick-Check 332 Projekthandbuch 266, 291, 293
PM-Software 95 Projekthaus 258, 340
PM-Standards 218, 289, 354 Projektkontext 330
PM-Tafelrunde 218 Projektkrise 169
Priorisierung 196, 215, 223, 230, 237, Projektkultur 149, 333
245, 249, 287 Projektlandschaft 198, 360
Product Data Management (PDM) 261, Projektleiter 33, 36
308 Projektleiter-Runde 218
Product Lifecycle Management (PLM) 308 Projektmanagement 10, 18, 23, 25, 28,
Produktionsanlagen 39 256, 320, 335, 338, 352, 354
Produktstruktur 85, 86 Projektmanagement-Assessment 322,
Professionalisierung 256 323, 350
Programm 196, 202, 238 Projektmanagement-Laufbahn 328
Programm Manager 37, 242 Projektmanagement-Office (PMO) 335,
Programm-Abschluss 240 340
Programm-Controlling 240, 242

388
Stichwortverzeichnis

Projektmanagement-Prozess 26, 28, 31, Prozessmanagement 328


338 Prozessmodell 338
Projektmanagementsystem 321, 327 Prozessorientierung 338
Projektmarketing 329
Projektorganigramm 34, 36, 39 Q
Projektorganisation 34, 41, 42, 320, 340,
341 QS 9000 27, 29
Projektorientierung 353, 354 Qualifizierung 218, 317, 363
Projektplan 131 Qualitätsmanagement 27, 158, 188, 193,
Projektplanung 108, 109, 290 328
Projektportal 56 Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV)
Projektportfolio 12, 196, 200, 201, 203, 297
205, 211, 213, 214, 215, 226, 232, 360 Quality Function Deployment (QFD) 81,
Projektportfolio-Ausschuss 228 280
Projektportfolio-Balkenplan 201 Quality Gates 29, 89, 148, 339
Projektportfolio-Bereinigung 223 Quality-Gate-Review 172
Projektportfolio-Bericht 201
Projektportfolio-Board 198, 207, 212 R
Projektportfolio-Controlling 223
Projektportfolio-Datenbank 201 Realisierungsplanung 333
Projektportfolio-Initiierung 223, 224 Regelkommunikation 220
Projektportfolio-Management 198, 201, Regelkreise 344
204, 205, 207, 209, 236 Reife 325, 340
Projektportfolio-Management-Prozess Reifegrad 158, 176, 215, 301, 303, 347,
223 352
Projektportfolio-Manager 202 Reifegradcontrolling 159
Projektportfolio-Planung 223, 227 Reifegradindikatoren 161, 301
Projektreview 172, 198, 351 Reine Projektorganisation 41
Projektselektion 226 Reporting 213, 233, 282
Projektstart 63 Requirements-Management 75
Projektstartworkshop 346 Resident Engineer 263
Projektstatus 146, 176, 205 Resident Engineering 263
Projektstatusbesprechung 169, 170, 172 Ressourcen 250
Projektsteuerkreis 172, 215, 216 Ressourcenangebot 245
Projektsteuerung 109, 144, 145, 146, 151, Ressourcenbedarf 125, 225, 245
158, 298, 300 Ressourcenmanagement 210, 245, 248,
Projektstrukturplan 113, 293 252
Projektübergabe 69, 70, 71 Ressourcenplan 125
Projektumfeld 69 Ressourcenplanung 203, 246, 249, 251
Projektumfeldanalyse 68 Ressourcensteuerung 245
Projektwirtschaft 253, 254 Ressourcenszenario 252
Projektwissensmanagement 347 Restkostenabschätzung 157
Projektziele 76, 78, 278 Review 207, 211, 213, 215, 315, 322
Prozess 17, 319, 338 Risiko 133, 296
Prozesslandschaft 339 Risikoanalyse 134, 135, 138

389
Stichwortverzeichnis

Risiko-Checkliste 138 strategisches Projektmanagement 196


Risikokennzahl 140 Struktur 17, 319
Risikokontrolle 134 Synchronisation 289, 339
Risikomanagement 134, 136, 142, 296 Synchronisationspunkte 89, 95, 290, 339
Risikopolitik 134
Risikotabelle 140 T
Rolle 44, 340
Rollenbeschreibung 340 Tailoring 338
Target Costing 97, 295
S Team 47
Teamarbeit 74
Schätzpreis 99 Teambesprechung 174
Schiedsgericht 287 Teambildung 22, 277, 314, 346
Schnittstellen 14, 20, 258, 263, 293, 305 Teamentwicklung 48, 67, 358
Scorecard 179 Teilprojektleiter 36, 37
Selbst-Assessment 323 Temporäre Organisation 340
Selbstorganisation 342 Terminplan 118
Selektion 196, 249 Time-to-market 10, 355
SE-Team 46 Training 212, 277, 346
Simultaneous Engineering 258, 360 Triade 6, 7, 357
Soft skills 362
Soll-Ist-Vergleich 153, 156 U
Soll-Konzeption 333, 334
Spezifikation 75, 76 Unternehmenscontrolling 144
Spielregeln 49, 50, 67, 221, 222, 265, 287, Unternehmenskultur 219, 255, 275, 342,
302 354
Sponsor 265 Unternehmensplanung 231
Stabsorganisation 41 Unternehmensstrategie 319
Stakeholder 69, 319, 321, 330, 343, 345, Unternehmensübergreifende Projekte
362 257
Stakeholderanalyse 327 Unternehmensziele 231
Standard 26, 325 Unwägbarkeiten 361
Standardisierung 258, 356
Standortbestimmung 330, 334 V
Startworkshop 72
Statusbericht 176, 214, 237 VDA 24, 27
Statusbesprechung 149, 175 Veränderung 343
Steuerkreis 149, 175, 265, 328, 346, 360 Veränderungsprozess 343, 344, 345
Steuerungsmaßnahmen 157, 159, 162, Verantwortung 34
164 Verdrängungswettbewerb 12, 19, 273,
Storming 48 294, 355
Strategic Collaborative Scorecard 284 Verfahrensanweisung 27, 341
Strategie 17, 319, 334, 335 Vermögenswerte 319
Strategieentwicklung 337 Vernetzung 360
Strategieumsetzung 202 Verständigung 275

390
Stichwortverzeichnis

Vertrauen 15, 268, 273, 274, 316 Wissenscontrolling 348


Vertrauenskultur 275, 311, 348 Wissensdatenbank 206
Virtualisierung 260 Wissensmanagement 188, 313, 348
Virtuelle Teams 49 Wissenstransfer 210, 233, 236
Virtueller Projektraum 56 Wissensziele 350
Vision 319, 336, 343 Workflow 237
V-Modell XT 331 Workflow Manager 261
Vorkalkulation 98
Z
W
Zertifizierung 322
Weisungsbefugnisse 36 Zieldefinition 285
Wertanalyse 132 Zielkatalog 79
Werte ͵ͶͲ, 343 Zielklärung 68
Wertschöpfung 9, 13, 14, 255, 320, 338 Zielkonflikt 285
Wertschöpfungsanteil 4 Zielvereinbarung 105, 115
Wertschöpfungskette 256, 271, 291, 299 Zielverträglichkeit 285
Wertschöpfungsnetz 16, 20 Zielvision 278
Wettbewerbsfähigkeit 11 Zuliefernetzwerk 13
Win-Win 286 Zusammenarbeit 19, 21, 48, 220, 254,
Wirksamkeit 331 268, 269, 270, 272, 273, 275, 277, 278,
Wirtschaftlichkeit 96, 102, 128, 214, 235, 283, 298, 303, 308, 309, 312, 313, 319,
331 320, 342, 348
Wissen 312, 313, 347, 351

391
Die Autoren

Gerhard Hab
hab.projekt.coaching
Werner-Heisenberg-Str. 3
86156 Augsburg
Tel.: 0821/444 884 0
Fax: 0821/444 884 9
E-Mail: gerhard.hab@hab-projekt-coaching.de
Dipl. Wirtschaftsingenieur Gerhard Hab, zert. Projektmanager (GPM), Jg. 1964, ver-
heiratet, 2 Kinder, war 10 Jahre in verschiedenen Controlling- und Projektmanage-
ment-Positionen in der Automobilzulieferindustrie tätig. Seit 1998 begleitet er Unter-
nehmen der Automobilbranche als Berater und Coach für Projektmanagement. Er
trainiert und coacht Projektleiter und –teams, ist Autor verschiedener Studien und
Veröffentlichungen und Dozent für Projektmanagement an der Universität Augsburg.
Im Rahmen der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. gründete er
die Regionalgruppe Augsburg, das PM-Forum-Augsburg sowie die Fachgruppe „Au-
tomotive-PM“.

Reinhard Wagner
Shift Consulting AG
Bozener Str. 1
86316 Friedberg
Mobil: 01522/2936871
E-Mail: reinhard.wagner@shift-ag.com
Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Reinhard Wagner, Jg. 1966, verheiratet, 2 Kinder, studierte Elekt-
rotechnik und Betriebswirtschaftslehre in Deutschland sowie den USA. Erste Füh-
rungserfahrung übernahm er als Offizier in der Bundeswehr. Nach fünfzehn Jahren in
verschiedenen Führungspositionen im Engineering mit dem Schwerpunkt Automobil-
industrie gründete er die Shift Consulting AG, eine auf die Verbesserung von Projekt-
management-Systemen spezialisierte Unternehmensberatung. Er konzentriert sich bei
seiner Arbeit auf die Organisations- und Personalentwicklung sowie die Themenfelder
Projekt-, Prozess- und Key Account Management. Reinhard Wagner hat als einer der
ersten Berater in Deutschland bei der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement
e.V. (GPM) eine Ausbildung und Zertifizierung als Executive Project Management
Consultant absolviert. Er ist Obmann des Arbeitsausschusses „Projektmanagement“
beim DIN, Vorstand für F&E/Internationales sowie Leiter Fachgruppe „Automotive
PM“ bei der GPM und lehrt Projektmanagement an verschiedenen Hochschulen.

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