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Modul:

Bildung und Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft

Hausarbeit:
Chinas Rolle in Afrika
Eine Form des (Neo-)Kolonialismus?

Pädagogische Hochschule Freiburg


Studiengang: Bachelor Erziehungswissenschaften

Fachrichtung: Erwachsenenbildung/Weiterbildung und Soziale Arbeit/Sozialpädagogik

David Heinemann
Matrikel-Nr.: 1620350
Habsburgerstraße 25
79104 Freiburg
david.heinemann@stud.ph-freiburg.de
3. Fachsemester, Wintersemester 2022/23
Seminar: BEW-360 Globalisierung und Migration
Dozent/-in: Rebecca Hofmann
Abgabedatum: 24.02.2023
Inhalt
I. Einleitung........................................................................................................1
I. (Neo-)Kolonialismus, „Informal Empire“ und Globalisierung.......................1
II. Die Rolle Chinas in Afrika..............................................................................5
1. Vorgehensweisen und Ansätze der Akteure in Afrika.................................6
1. Schuldenfalle und Landgrabbing?...............................................................7
III. Rückblick und Fazit...................................................................................12
IV. Selbstständigkeitserklärung.......................................................................15
V. Quellenverzeichnis........................................................................................16
VI. Abbildungsverzeichnis...............................................................................18
I. Einleitung
Der afrikanische Kontinent war eines der Hauptziele für die kolonialen Vorhaben
europäischer Nationen. Mittlerweile bezeichnen sich diese Länder nicht mehr also als
Kolonialmächte und bei der Machtverteilung innerhalb der Welt hat sich viel verändert. So ist
China mittlerweile zu einer der größten Wirtschaftsländer geworden und hat auch begonnen
in Afrika Fuß zu fassen. Vor allem in westlichen Diskursen kommt es deshalb immer wieder
zu der Befürchtung, China würde zu einer neuen Kolonialmacht in Afrika werden:

„Chinas wachsende Bedeutung für den afrikanischen Kontinent erregt bei allen traditionellen
Geberländern große Aufmerksamkeit. […] Schlagzeilen wie „Waffen, Öl, dreckige Deals – wie
China den Westen aus Afrika drängt“ des Magazins Der Spiegel suggerieren dem Leser, dass sich
Chinas Aktivitäten in Afrika einzig und allein negativ auswirken würden.“
(Berger et al., 2011, S.1)

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle Chinas in Afrika unter der Berücksichtigung der
Forschungsfrage: Betreibt China eine Art (Neo-)Kolonialismus in Afrika?

Dazu werden zunächst die Begriffe: Kolonialismus, Neokolonialismus, „informal empire“


und Globalisierung vorgestellt. Dann wird auf die Rolle Chinas in Afrika geschaut, dabei
werden die unterschiedlichen Vorgehensweisen und Ansätze der Akteure in Afrika erläutert.
Da in Diskursen zu diesem Thema auch immer wieder Begriffe wie „Schuldenfalle“ und
„Landgrabbing“ auftauchen, wird auf diese ebenfalls genauer eingegangen. Abschließend
werden die erarbeiteten Punkte in einem Rückblick gegenübergestellt und es soll anhand der
einleitend vorgestellten Begriffe eine Einschätzung zu der Rolle Chinas in Afrika
vorgenommen werden.

I. (Neo-)Kolonialismus, „Informal Empire“ und Globalisierung


Die Welt zu entdecken und zu erobern ist schon lange im Denken und Handeln der Menschen
vorhanden, vor allem die Mächte Europas begannen früh sich global auszubreiten. Über die
Grenzen Europas hinaus begannen bereits im 15. Jahrhundert die Spanier und Portugiesen
sich die fremde „neue“ Welt zu erschließen und so kam es zum ersten europäischen
Kolonialismus und neuen transnationale Verbindungen. Über diese neuen Verbindungen kam
es zu Handel und Kulturaustausch, allerdings war der Kolonialismus von Beginn an auch mit
vielen Zwängen, Unterdrückung und Auslöschung verbunden. Oftmals nutzen die
Kolonisatoren ihre technische Übermacht, um die Kolonisierten auszunutzen und sie für die
eigenen Zwecke zu missbrauchen. Eine besonders prägende Phase des Kolonialismus war das
19. und 20. Jahrhundert, hier waren sehr große Teile der Welt von europäischen Mächten

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dominiert. In dieser Phase waren die größten Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich,
aber auch Deutschland, Portugal, Spanien, Niederlande, Belgien, Italien und Dänemark hatten
einige Kolonien in der Welt. Da es durch die industrielle Revolution viele neue technische
Mittel und Wege gab, konnte die Welt intensiver durchdrungen und
telekommunikationstechnisch erschlossen werden. Auch neue militärische Mittel, wie das
Maschinengewehr, Dynamit und Kanonenboote erleichterte den Europäern ihre Dominanz
auszubauen und auch in sehr großen Gebieten der Welt zu behalten
(vgl.Wendt, 2007, S.221)
. Als der erste Weltkrieg ausbrach kam es auch in den Kolonien zu schlimmen
Auseinandersetzungen und Kämpfen, bei denen auch die Kolonisierten für die Krieg
instrumentalisiert wurden. Doch mit dem Ende des ersten Weltkriegs war die Phase der
europäischen Kolonisation noch nicht zu beendet, erst nach dem zweiten Weltkrieg erlangten
viele Kolonien ihre Eigenständigkeit zurück. Allerdings bedeutete das nicht das Ende von
kolonialen Vorhaben in der Welt und es gibt Folgen und Nachwirkungen der Phase
europäischer Dominanz in der Welt. Die ehemaligen Kolonien haben teilweise bis heute mit
großen Problemen zu kämpfen, deren Ursache in der Kolonialisierung selbst liegen. Im
folgenden Abschnitt wird nun genauer auf die Bedeutung von Kolonialismus als ein System,
den Neokolonialismus, dass „Informal Empire“ und die Globalisierung geschaut.

Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre setzte sich seit dem Ende des zweiten Weltkriegs
in Reden, Appellen, Demonstrationen und Artikeln mit dem Kolonialismus und
Neokolonialismus auseinander. Er beschreibt und entlarvt die Ideologie hinter dem
Herrschafts- und Ausbeutungssystem des Kolonialismus als ein System, welches für ihn
zwangsläufig zu einem totalen Krieg zwischen der Kolonialmacht und den Kolonisierten führt
(vgl. König, 2015, S.5) . Ein historisches Beispiel für einen solchen Kolonialismus als
System und den daraus resultierenden Krieg ist Algerien. Der Krieg dauerte von 1954 bis
1962, während dieser Zeit demonstrierte auch Sartre gegen die Kolonialmacht Frankreichs in
Algerien. Das koloniale Vorhaben Frankreichs begann bereits 1830 mit den ersten
Eroberungen, Teile Algeriens wurden ab 1848 territorialer Bestandteil Frankreichs. Der
Kolonialismus, dieser lässt sich dabei für Sartre in verschiedene Schritte unterteilen: Als
erstes werden die Widerstände gebrochen, dann werden die vorhandenen Kader zerschlagen,
unterworfen und terrorisiert. Anschließend wird ein ausbeuterisches Wirtschaftssystem als ein
essentieller Teil der Kolonialisierung in dem Land etabliert (vgl. Sartre, 2015, S.17) . Das
Brechen der inneren Strukturen eines Landes scheint ein wesentlicher Teil für eine
funktionierende Kolonialisierung zu sein, um diese effektiv durchzuführen braucht es nicht
nur militärische Mittel, sondern auch die politische Ebene spielt eine Rolle. So wurde zum
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Beispiel in Algerien den dort lebenden Moslems im Zuge der Kolonialisierung ein fremdes
Recht aufgezwungen, welches ihnen nicht entsprach und zu einer Vernichtung der inneren
Strukturen der algerischen Gesellschaft führte (vgl. Sartre, 2015, S.19–20) . Durch das
Brechen der inneren Strukturen eines Landes wird also eine Destabilisierung der kolonisierten
Gesellschaft herbeigeführt, welche allerdings gleichzeitig das koloniale System festigt. Diese
Festigung des Systems äußert sich vor allem im wirtschaftlichen Bereich, dabei richtet sich
das Kolonialsystem folgendermaßen ein: die Kolonialmacht überlässt den Kolonisatoren das
Land der Einheimischen, um dadurch eine Kaufkraft zu schaffen. Diese Kaufkraft ermöglicht,
dass die Industriellen des Mutterlands den Kolonisatoren ihre Erzeugnisse verkaufen können.
Die Kolonisatoren können dann wiederum die Erzeugnisse des geraubten Landes an die
Märkte des Mutterlands verkaufen (vgl. Sartre, 2015, S.20) . Es bildet sich also ein sich
selbst kräftigendes System, welches sich im Kreis dreht, allerdings bleiben die Gelder und
Investitionen immer in der Hand der Kolonialmacht. Außerdem hat ein solcher Landraub,
heutzutage auch Landgrabbing genannt, schwerwiegende Folgen für die ansässigen Bauern
und für alte Stammesgesellschaften.

„Und wenn ich «Kolonialsystem» sage, dann verstehe man recht: es handelt sich nicht um einen
abstrakten Mechanismus. Das System existiert, es funktioniert; der Teufelskreis des Kolonialismus
ist eine Realität. Diese Realität ist verkörpert in einer Millionen Kolonisatoren, Söhnen und Enkeln
von Kolonisatoren, die vom Kolonialismus geformt worden sind und die nach den Prinzipien des
Kolonialsystems denken, sprechen und handeln.“ (Sartre, 2015, S.28)

An diesem Zitat von Sartre erkennt man schließlich das Ausmaß des kolonialen Systems,
Millionen von Menschen werden durch dieses geformt und beginnen nach seiner Logik zu
denken, zu sprechen und zu handeln. Deshalb ist es auch so schwierig ein solches System zu
beenden, sobald es einmal installiert wurde. Für Sartre wird das System außerdem über seine
Dauer zunehmend unmenschlicher, zum Erhalt werden immer brutalere Maßnahmen nötig. In
der letzten Phase beginnt dann die Selbstzerstörung des Kolonialsystems, sobald die Kolonien
mehr kosten als sie einbringen verlieren die an Bedeutung und ihren Nutzen für die Besatzer.

Der Begriff des Neokolonialismus entstand nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und
bezieht sich auf das Verhältnis zwischen den ehemaligen Kolonialmächten und den jungen,
entkolonialisiertenStaaten, sowie die damit einhergehenden fortgesetzten
Dominanzstrukturen (vgl. Diallo, 2017, S.194) . Der Neokolonialismus findet auf drei
Ebenen statt, einer wirtschaftlichen, einer politischen und einer kulturellen. Die
wirtschaftliche Ebene beschreibt dabei einen Zustand, bei dem die einheimische Bevölkerung
zugunsten ausländischer Investoren massiv benachteiligt wird, häufig geht es dabei um die
Ausbeutung von natürlichen Ressourcen. Damit ein solches Vorhaben gelingt, muss auf der

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politischen Ebene die Aufrechterhaltung von Abhängigkeitsverhältnissen erfolgen. Somit
wird es also ausländischen, wirtschaftlichen Akteuren möglich, in ehemals kolonisierten
Ländern eine Machtposition innezuhaben, die es ihnen ermöglicht, die eigenen Interessen
durchzusetzen (vgl. Diallo, 2017, S.194–195) . Viele ehemalige Kolonialmächte haben nach
dem Ende des zweiten Weltkriegs und der damit einhergehenden Dekolonisation sofort damit
begonnen, weiterhin ihre Macht in den Ländern zu erhalten/auszubauen und auch für die
eigenen Interessen zu nutzen. Somit waren die „neuen“ Beziehungen direkt wieder
asymmetrisch, bei denen die ökonomisch schwächeren Länder natürlich unterlagen. Im
Grunde nutzten die ehemaligen Kolonalmächte die ökonomische Schwächung der Länder, für
die sie selbst verantwortlich waren, aus, um direkt wieder eine Dominanzposition einnehmen
zu können. Dabei ist das wirksamste Instrument der neokolonialen Politik der Kredit, da die
ökonomisch schwächeren Länder in einem hohen Maße auf diese angewiesen sind um in
ihrem Land Entwicklungen vornehmen zu können. Allerdings ermöglich die
Dominanzposition den reichen Industrienationen, dass sie die Regeln des Wirtschaftssystems
missachten können, obwohl sie meist selbst diese Regeln aufgestellt haben. Ein solcher
Regelbruch wäre zum Beispiel das Preisdumping, bei dem einheimische Produzenten in den
Ruin getrieben werden (vgl. Diallo, 2017, S.195) .

Eng verbunden mit dem Neokolonialismus ist der Begriff des „informal empire“. Nachdem
die ehemaligen Kolonien sich von ihrem „formal empire“ gelöst hatten, blieben meistens
informelle Abhängigkeiten bestehen. Strukturen, die über eine so lange Zeit etabliert wurden,
verschwinden nicht einfach so, sie haben eine große Beharrungskraft. Natürlich hatten viele
ehemalige „formal empire“ auch ein großes Interesse daran Abhängigkeiten bestehen zu
lassen und die globalen, militärischen aber vor allem die ökonomischen Machtverhältnisse
und Rollenverteilungen erleichterten das (vgl. Wendt, 2007, S.349) . Somit blieben die
ehemaligen Kolonien in vielfältiger Weise von ihren ehemaligen „Mutterländern“ abhängig,
der Begriff „informal empire“ hat also vor allem einen nationalstaatlichen Bezug.
Mittlerweile werden solche nationalstaatlichen Begrenzungen aber durch transnationale
Unternehmen und Organisationen aufgeweicht und so wird nun eher der Begriff der
„Globalisierung“ als zentraler Begriff verwendet, „um fehlende, ungleiche oder defizitäre
Entwicklungen“ (Wendt, 2007, S.354) zu benennen.

Dürrschmidt beschreibt den Prozess der Globalisierung folgendermaßen:

„Globalisierung bezeichnet die intensivierten Verflechtungsprozesse und


Abhängigkeitsverhältnisse innerhalb der modernen Gesellschaf bei gleichzeitig zunehmender
Ausrichtung an ihrer planetaren Gebundenheit.“ (Dürrschmidt, 2018, S.155)

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Globalisierung führt also zu einer immer engeren Verflechtung der Gesellschaft, dies
geschieht vor allem durch die Zunahme, Verdichtung und Beschleunigung von Interaktionen
ökonomischer, politischer und kultureller Natur in einer globalen Dimension. Technischer
Fortschritt, unter anderem die globale Vernetzung durch das Internet, erlauben immer
schnellere und intensivere Austausch- und Kommunikationsmöglichkeiten. Diese lassen die
Distanzen in Raum und Zeit schrumpfen und es beginnt sich langsam „eine Weltgesellschaft,
überhaupt „Eine Welt“ herauszubilden“ (Wendt, 2007, S.327) . Auch Globalisierung findet,
wie schon der (Neo-)Kolonialismus und das „informal empire“, auf verschiedenen Ebenen
bzw. Dimensionen statt. Hierbei gibt es die ökonomische, die politische und die kulturelle
Dimension. In der ökonomischen Dimension wird im Prozess der Globalisierung das liberale
Prinzip der Marktwirtschaft auf den gesamten Planeten übertragen, dieses ist gekennzeichnet
durch Angebot und Nachfrage. Durch die liberale Marktwirtschaft kommt es auch zu einer
Deregulierung und Allokation von Kapital, Produktion, Vertrieb und einer Reduktion von
staatlichen Vorrechten (vgl. Tassin, 2022, S.461) . Dieser Weg der Globalisierung wird auch
durch die politische Dimension gebahnt. Indem Staaten teilweise ihre Vorrechte abgegeben
und eine Deregulierung in den verschiedenen Bereichen durchgeführt haben, hat das private
Kapital eine größere Entfaltungsfreiheit erhalten. Vor allem private Investoren, Banken,
Unternehmen und Organisationen aus dem Norden profitieren von den ökonomischen
Globalisierungsprozessen. Unternehmen können ihre Produktion in Länder verlegen, in denen
sie am kostengünstigsten produzieren können und Investitionen werden häufig dort getätigt,
wo die höchsten Renditen abgeworfen werden (vgl. Wendt, 2007, S.328) . Auch führt
Globalisierung in der kulturellen Dimension dazu, dass die Bindungen von Kulturen an einen
bestimmten Raum oder einen Ort aufgelockert werden. An dieser Stelle sei darauf
hingewiesen, dass es eine Kontinuitätslinie zwischen dem Zeitalter des Kolonialismus und der
Globalisierung gibt. Die hegemoniale Herrschaft des Nordens über die Welt besteht weiterhin
und ökonomische Ausbeutungen sowie ein rücksichtsloser Umgang mit der Umwelt und den
Menschen in vielen Ländern durch ehemalige koloniale Mächte besteht weiterhin. Aber
natürlich hat sich bezüglich der Machtverteilung innerhalb der Welt auch vieles verändert und
vor allem die Weltmacht China breitet sich immer weiter auf den Kontinenten aus. Im
folgenden Kapitel wird nun der Blick auf Chinas Expansionspolitik in Afrika gerichtet. Dabei
soll unter Berücksichtigung der Forschungsfrage dieser Arbeit untersucht werden, ob China
mit seiner Politik eine Art (Neo-)Kolonialismus in Afrika betreibt.

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II. Die Rolle Chinas in Afrika
Chinas Aktivitäten in Afrika begannen bereits vor vielen Jahrzehnten, schon in den 1960er
Jahren wurden unter Mao Zedong Hilfeleistungen an Afrika getätigt. Anfangs waren die
Investitionen und Hilfeleistungen allerdings noch vergleichsweiße gering, den China war
selbst lange Zeit ein Entwicklungshilfe-Empfänger und hatte dementsprechend auch nicht so
viele Gelder zur Verfügung. Das änderte sich aber maßgeblich mit dem enormen
Wirtschaftswachstum Chinas in den letzten Jahrzehnten und die Auslandsinvestitionen
nahmen stark zu. Mittlerweile ist China zu dem größten Handelspartner von afrikanischen
Ländern geworden. Dabei unterscheidet sich das Vorgehen Chinas von dem der westlichen
Mächte und in politischen Diskussionen und im medialen Bereich kommen immer wieder
Fragen auf, wie China seine Expansionspolitik in Afrika eigentlich betreibt. Die Politik
Chinas in Afrika wird teilweise auch mit dem Begriff des (Neo-)Kolonialismus bezeichnet
und das Vorgehen wird kritisiert. Im Mittelpunkt der Kritik steht, dass China mit seiner
Strategie zur Sicherung der Energie- und Rohstoffressourcen in Afrika Kredite vergibt,
welche keine Auflagen zur Einhaltung von Menschenrechten beinhalten und das diese Kredite
die Länder langfristig in den Ruin bzw. in eine komplette Abhängigkeit treiben würden
(vgl. Schüller & Asche, 2007, S.1)
. Im folgenden Unterkapitel werden zunächst einmal die
Vorgehensweisen und Ansätze der unterschiedlichen Akteure in Afrika betrachtet.

1. Vorgehensweisen und Ansätze der Akteure in Afrika


Der afrikanische Kontinent bietet China in vielfältiger Weise Möglichkeiten. Es gibt viele
Rohstoffe, einen großen Markt für chinesischen Produkte, günstige Arbeitskräfte und der
Kontinent kann für eine Strategie der weltweiten Einflussnahme genutzt werden. Das
chinesische Vorgehen ist dabei eine enge Verzahnung von außen- und
entwicklungspolitischen Strategien, dabei ist es oftmals schwer, politische und wirtschaftliche
Ziele klar voneinander zu trennen. Eine wichtige Rolle bei der Strategie Chinas hat die
chinesische Export-Import Bank (EXIMBANK). Die Bank bietet den afrikanischen Ländern
jeweils ein Abkommen an, welches eine Kreditvergabe zur Finanzierung der Infrastruktur im
Austausch für den Abbau von Rohstoffen durch chinesische Unternehmen beinhaltet. Mit der
Ressourcensicherung verfolgt China zwei große Ziele: erstens soll eine kurzfristige Deckung
des Bedarfs an Rohstoffen über Handelsverträge mit den Förderländern gewährleistet werden
und zweitens soll mit dem langfristigen Erwerb der Rohstoffquellen in den afrikanischen
Ländern eine Unabhängigkeit vom internationalen Markt erreicht werden
(vgl. Asche & Jaeger, 2008, S.1)
. Da Chinas heimischer Markt beinahe gesättigt ist, werden auch viele

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Güter nach Afrika exportiert. Diese Waren können zu sehr günstigen Preisen verkauft werden,
lokal hergestellte Produkte aus Afrika können dabei oft nicht mit diesen Dumpingpreisen
mithalten. Das kann dann zu einer Vertreibung der afrikanischen Güter auf dem Markt führen.
Allerdings tragen diese günstigen Waren in manchen Bereichen dennoch zu einer
Entwicklung bei, da die günstigen Preise Produkte für eine breite Masse erschwinglich
machen. Vor allem günstige Smartphones ermöglichen eine bessere Vernetzung und eröffnen
auch einen einfacheren Handel.

Die Zusammenarbeit zwischen der EU und den afrikanischen Ländern findet in verschiedenen
Rahmen statt, zu diesen gehören das Cotonou-Abkommen und die Gemeinsame Strategie
Afrika-EU. Das Cotonou-Abkommen stellt dabei einen übergreifenden Rahmen für die
Beziehungen zu afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten dar. Die Strategie Afrika-
EU ist der offizielle Kanal für die Beziehungen zwischen den Ländern der EU und den
afrikanischen Ländern und wird durch periodische Aktionspläne umgesetzt. Generell betont
die EU bei der Zusammenarbeit mit Afrika, dass vor allem Menschenrechte, Demokratie,
Umwelt, Klimawandel, Frieden und Sicherheit sowie ein inklusives und nachhaltiges
Wirtschaftswachstum von Bedeutung seien (vgl. Europäischer Rat, 2022) . Das Verhältnis
der USA zu den afrikanischen Ländern hat unter der Präsidentschaftszeit von Trump gelitten,
da dieser dem afrikanischen Kontinent nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
Allerdings zeichnet sich unter dem derzeitigen Präsident Biden eine Neuausrichtung in der
Zusammenarbeit mit Afrika ab (vgl. Bühler & April, 2021) . Ein Grund dafür ist unter
anderem, dass sich die USA und China in einem ständigen Konkurrenzkampf befinden und
keiner von beiden die Vorherrschaft auf dem afrikanischen Kontinent aufgeben möchte. Das
trifft ebenfalls auf die EU-Staaten zu und an dieser Stelle muss man anmerken, dass vor allem
die ehemalige Kolonialmächte Afrikas, also Groß-Britannien und Frankreich, aber auch
Deutschland, starke Beziehungen nach Afrika pflegen. Wie man an den Vorsätzen der EU bei
der Zusammenarbeit mit Afrika erkennen kann, soll diese vorrangig einen wohltätigen
Charakter haben. Im Vergleich dazu benutzt China, dass selbst immer noch ein Land mit
Entwicklungsproblemen ist, die Entwicklungsarbeit mit Afrika als ein Mittel, um für die
Beteiligten eine nutzbringende wirtschaftlich Zusammenarbeit anzustoßen. Dieses
(Eigen-)Interesse stößt bei westlichen Ländern häufig auf Kritik, das liegt nicht zuletzt daran,
dass der Westen in Afrika vielfach einen Kontinent voller Armut und Gewalt sieht und nicht
wie China als eine Investitionsmöglichkeit (vgl. Berger et al., 2011, S.2) .

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1. Schuldenfalle und Landgrabbing?
Um Chinas Vorgehen besser verstehen zu können, muss man auch die Ziele und Interessen
der chinesischen Außenpolitik betrachten. Nach Baldwin (1985) kann man vier Typen
nationaler Außenpolitik unterscheiden, es gibt diplomatische, militärische, propagandistische
und wirtschaftliche Instrumente (vgl. Nguébong-Ngatat, 2016, S.84) . Die chinesische
Regierung verwendet dabei alle vier dieser Instrumente in Afrika, allerdings unterschiedlich
stark und vor allem die militärischen Instrumente werden nur sehr diskret eingesetzt, weshalb
es zu diesen auch nur wenige offizielle Informationen gibt. China ist aber ein
Waffenexporteur und die chinesische Politik verfolgt durch diese Exporte auch, die eigenen
Investitionen in fremden Ländern zu schützen. So wurden beispielsweise Waffen in den
Sudan geliefert um die dortige Erdölindustrie zu schützen
(vgl. Schüller & Asche, 2007, S.6)
. Da China sehr viele Investitionen in Afrika tätigt, wird im folgenden Abschnitt genauer
auf die wirtschaftlichen Instrumente der chinesischen Außenpolitik eingegangen. Dabei wird
vor allem auf den Vorwurf der „Schuldenfalle“ und des „Landgrabbing“ eingegangen.

Das wirtschaftliche Hauptinstrument Chinas in Afrika sind Auslandsdirektinvestitionen, dafür


ermuntert die Regierung chinesische Unternehmen zur Investition in Afrika. Die aktuellen
Schwerpunkte sind dabei der Bergbau, die Förderung von Ölreserven, Verkehrs- und
Kommunikationsinfrastrukturprojekte, das Bauwesen, die Landwirtschaft und die Industrie
(vgl. Nguébong-Ngatat, 2016, S.100) . Die wichtigsten Exportprodukte afrikanischer
Entwicklungsländer sind vor allem ihr Erdöl und die seltenen Mineralien, auf diese ist China
selbst angewiesen, um die eigene Entwicklung voranzutreiben. Deshalb lässt sich China auch
häufig in Rohstoffen bezahlen, afrikanische Regierungen schließen teils langfriste
Lieferverträge im Austausch für die Kreditvergabe ab. In Zuge dessen kommt es im
politischen und medialen Diskurs immer wieder zu dem Framing der „Schuldenfalle“. Bei
diesem geht es darum, dass China Kredite an afrikanische Länder vergeben würde, die
unmöglich zurückzubezahlen seien. Vor allem in den USA, Europa und Indien ist dieses
Framing weit verbreitet, aber tatsächlich kommt es auch im politischen und gesellschaftlichen
Diskurs mancher afrikanischen Länder dazu. Die Vertreter dieses Framings vermuten, dass
China mutmaßlich verborgene Absichten in Afrika hat und das afrikanische Länder Gefahr
laufen, kritische Infrastruktur an China zu verlieren, wenn diese nicht dazu in der Lage sind
ihre Kredite zurückzubezahlen (vgl. Eikhoff, 2022, S.4–5) . Ziel der „Schuldenfalle“ soll
sein, dass die afrikanischen Länder in eine chinesische Abhängigkeit getrieben werden und
sich dann in einem noch stärker asymmetrischen Verhältnis befänden. Diese Asymmetrie
könnte China dann zu seinem Vorteil nutzen, um von den in Abhängigkeit geratenen Ländern
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Zugeständnisse zu bekommen, zu denen sie vorher nicht bereit gewesen wären. Dazu lässt
sich sagen, dass sich afrikanische Kreditnehmerländer teilweise tatsächlich in einer
Schuldenkrise befinden, dies geschah allerdings vor allem durch die Auswirkungen der
Corona-Krise und den damit einhergehenden Einbruch der Wirtschaft. Außerdem kann sich
China durch seine gute wirtschaftliche Lage erlauben, Investitionen zu tätigen, die eventuell
langfristig nicht funktionieren. Das Problem daran ist aber, dass afrikanische Länder derzeit
eben nicht über gleichermaßen starke wirtschaftliche Möglichkeiten verfügen und gescheiterte
Investitionen für sie hefige Rückschläge darstellen können. Gescheiterte chinesische
Investitionen können also auch ein unbeabsichtigter Nebeneffekt von Chinas starker, teils
willkürlicher Expansionspolitik sein, da sie es sich leisten können auch mal „ins Blaue
hinein“ zu investieren (vgl. Fonseca et al., 2021) . Ob China nun tatsächlich afrikanische
Länder absichtlich in eine „Schuldfalle“ laufen lässt, kann man an dieser Stelle nicht sagen,
dafür sind die Sachverhalte zu komplex und Chinas Politik zu undurchsichtig. Allerdings darf
man einen westlichen Fakt nicht vergessen, Afrika braucht Investitionen, um sich
weiterzuentwickeln und durch China wurden große Infrastrukturprojekte in Afrika umgesetzt.
Außerdem vergibt China nicht nur Kredite, sondern leistet auch Entwicklungshilfe, diese wird
durch die Export- und Importbank (EXIMBANK) und die Chinesische Entwicklungsbank
(CBD) verwaltet. Die Hauptbestandteile der Entwicklungshilfe sind dabei von
wirtschaftlicher, technischer und humanitärer Art. Die wirtschaftlichen Hilfen umfassen auch
Spenden, Schuldenannullierungen und die Einrichtung von Entwicklungsfonds
(vgl. Nguébong-Ngatat, 2016, S.103)
. Auch wurden Arbeitsplätze geschaffen und die
Qualifikationen lokaler Arbeitskräfte gesteigert. Hierbei zeigt sich, dass in chinesischen
Unternehmen in Afrika 80-90% der Arbeitskräfte durch Einheimische besetzt sind, allerdings
lässt sich eine eindeutige Hierarchie erkennen. Das Management und die technischen
Führungskräfte sind so gut wie immer Chinesen, dagegen die niedrigeren Stellen sind von
Einheimischen besetzt (vgl. Schauzu, 2018, S.5) . Der Grund dafür ist, dass man die
einheimischen Arbeitskräfte vergleichsweise kostengünstig einstellen kann, aber die
Führungspositionen weiterhin in chinesischer Hand bleiben. Auch gibt es immer wieder
Klagen über schlechte Arbeitsbedingungen in chinesischen Unternehmen, allerdings werden
diese Missstände auch oft von den afrikanischen Regierungen selbst ignoriert
(vgl. Asche & Jaeger, 2008, S.1)
. Da China außerdem das Prinzip der Nicht-Einmischung verfolgt, wird in
solchen Fällen der Missachtung von Rechten häufig nicht eingegriffen. Generell mischt sich
China offiziell nicht in die Angelegenheiten eines Landes ein, wie die Beziehungen inoffiziell
Aussehen ist eine andere Frage. Zum Beispiel kam es in Angola durch Korruption bei

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Erdöleinnahmen zu einem Verlust von circa 10% des BIP (rund 4 Mrd. US-Dollar), dies
thematisierte die chinesische Regierung allerdings nicht (vgl. Schüller & Asche, 2007, S.5) .
Wegen solcher Vorkommnisse wird das Prinzip der Nicht-Einmischung auch stark von den
EU-Staaten und der USA kritisiert. Hier besteht die Auffassung, dass man afrikanischen
Ländern Unterstützungen und Hilfen nur unter bestimmten Auflagen zukommen lassen sollte.
Somit sind die Kredite aus dem Westen in der Regel auch an Reformbedingungen geknüpft.
Allerdings wird diese Strategie bei afrikanischen Regierungen und auch bei der Bevölkerung
oft nicht als positiv wahrgenommen und Investitionen aus dem Westen verlaufen häufig nicht
reibungslos und sind zeitintensiver als die aus China. So beschreibt der angolanische Ökonom
José Cerqueira die Beziehungen zu den westlichen Ländern folgendermaßen: „Für die
westliche Entwicklungshilfe sollen wir Ohren haben, aber keinen Mund.“ Dagegen mit den
chinesischen Geschäftsleuten würde man knallhart verhandeln, dafür allerdings auf
Augenhöhe (vgl. Schauzu, 2018, S.8) . Das bei den afrikanischen Regierungen und vor
allem bei der Bevölkerung eine generelle Abneigung gegenüber den westlichen Ländern, vor
allem den EU-Staaten, vorhanden ist, stellt eine Folge aus dem Kolonialismus dar. Dieser ist
auch in den Köpfen von jungen Leuten in Afrika immer noch stark präsent und so hat sich
offenbar ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber diesen Mächten aufgebaut und
Einmischungen in die eigene Politik werden als äußerst negativ aufgefasst. Im Zuge dessen
hat sich bei afrikanischen Regierungen auch das Framing der „African Agency“ entwickelt.
Unter Agency versteht man dabei, dass ein Akteur einen Entscheidungsspielraum hat, mit
dem er seine eigenen Interessen auf die Agenda bringen und durchsetzen kann. Dieses
Framing wird vor allem in Bezug auf die Handelsbeziehungen mit China verwendet und aus
Sicht mancher afrikanischen Regierungen wird damit das Signal gesendet, dass internationale
Beziehungen nicht mehr durch Ideologien bestimmt werden (vgl. Eikhoff, 2022, S.8) .
Somit gibt es auf dem afrikanischen Kontinent auch den generellen Trend, dass afrikanische
Länder gegenüber China überwiegend positiv eingestellt sind.

Durch die Finanzkrise haben viele Investoren das Vertrauen in Finanzmarktgüter verloren und
haben begonnen stärker in Landflächen zu investieren, da diese in Folge einer
Nahrungsmittelknappheit stark im Wert anstiegen. Der Begriff des Landgrabbing beschreibt
dabei den Erwerb großer, landwirtschaftlich nutzbarer Fläche, welche durch den Kauf oder
langfristige Pachtverträge zu Spekulationsobjekten werden. Vor allem private Investoren aus
Industrie- und Schwellenländern sind dazu übergegangen Agrarflächen in Entwicklungsländer
zu erwerben (vgl. Goeser, 2011, S.4) . Da es auf dem Kontinent Afrika sehr viele gute
Agrarflächen gibt, werden hier besonders häufig solche Investitionen getätigt. In den
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westlichen Medien kommt es seit 2007/2008 immer wieder zu Schlagzeilen in Bezug auf das
Landgrabbing, bei denen vor allem China als Verantwortlicher gesehen wird. Da der Raub
von fremdem Land eine gängige Methode des Kolonialismus war, soll hier genauer anhand
einiger Zahlen auf das chinesische Landgrabbing eingegangen werden. Dafür werden die
Zahlen der Datenbank ‚Land Matrix‘ verwendet. In dieser Datenbank werden Deals über
großflächige Landkäufe erfasst und sind öffentlich einsehbar. Allerdings muss man bei der
Betrachtung dieser Zahlen bedenken, dass der globale Handel mit Landflächen oft
undurchsichtig ist und es viele verschiedene Akteure gibt. Dennoch sollen diese Zahlen hier
einen groben Überblick über Landkäufe Chinas, von einigen europäischen Staaten und den
USA in Afrika geben.

Abbildung 1: Anzahl der Landkäufe (Eigene Darstellung anhand der Daten der The Land Matrix, 2022)

In dem Zeitraum 2000 – 2022 kam es zu 36 erfolgreichen Deals über großflächige


Agrarflächen (min. 200 ha) zwischen Investoren aus dem chinesischen Raum und
afrikanischen Ländern. Mehr Deals kommen allerdings von Investoren aus dem
amerikanischen Raum und aus Großbritannien. Dennoch kann man hier sehen, dass ein
großes Interesse an afrikanischem Land von Seiten der chinesischen Investoren besteht.
Allerdings muss man beachten das es eben nicht nur Deals von Seiten chinesischer Investoren
gibt, offensichtlich haben auch Investoren aus anderen Ländern ein Interesse. Die nächste
Grafik zeigt nun, wie viel Landfläche generell derzeit durch einige fremde Staaten in Afrika
kontrolliert wird.

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Abbildung 2: Kontrollierte Landfläche in Afrika (Eigene Darstellung anhand der Daten der The Land Matrix, 2022)

Anhand dieser Zahlen kann man erkennen, dass chinesische Investoren trotz vieler Deals in
den letzten zwei Jahrzehnten im Vergleich zu Investoren aus anderen Staaten deutlich
weniger Landflächen in Afrika kontrollieren. Mit Abstand am meisten Landfläche wird durch
amerikanische und britische Investoren kontrolliert. Wenn also in westlichen Diskursen von
China als größtem Räuber afrikanischer Landfläche gesprochen wird, sollte man immer auch
die anderen Akteure bei diesen globalen Verstrickungen beachten. Denn eine Sache haben
alle diese Investitionen in große Landflächen gemeinsam: Verliere sind diejenigen, die
aufgrund solcher Investitionen ihr Land verlieren und sich nicht dagegen wehren können. Die
Hauptverlierer bei diesem Prozess sind dabei die Kleinbauern der Entwicklungsländer, sie
Verfügen meist über so gut wie kein Kapital und haben oftmals nicht die eingetragenen
Nutzungsrechte der Landflächen. Somit besteht hier eine erhebliche Asymmetrie zwischen
den mächtigen Investoren, Politikern, usw. und den Kleinbauern, welche durch die Deals ihre
Lebensgrundlage verlieren (vgl. Goeser, 2011, S.4) .

III. Rückblick und Fazit


Da das Engagement Chinas in Afrika in westlichen Diskursen immer wieder mit dem Begriff
des (Neo-)Kolonialismus beschrieben wird, hat sich diese Arbeit mit der Forschungsfrage:
„Betreibt China eine Art (Neo-)Kolonialismus in Afrika?“ befasst. Im letzten Kapitel dieser
Arbeit soll nun eine Einschätzung zu der Rolle Chinas in Afrika anhand der erarbeiteten
Punkte mit Rückblick auf die anfangs erläuterten Begriffe Kolonialismus, Neokolonialismus,
„informal empire“ und Globalisierung erfolgen. Für die Einschätzung, ob China eine
(neo-)koloniale Macht in Afrika ist, werden hier als erstes die erarbeiteten Punkte dieser
Arbeit gegeneinander abgewogen.
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Rückblick: Die Zeiten des Kolonialismus waren für die betroffenen Länder sehr schwierige
und harte Zeiten, oftmals gibt es Auswirkungen bis in die heutige Zeit. Für Sartre ist der
Kolonialismus ein menschenunwürdiges System das durch extreme Ausbeutung,
Unterwerfung und Terrorisierung der Kolonisierten geprägt ist und in Zuge dessen es zu
massivem Landraub durch die Besetzer kommt. Der Neokolonialismus sowie das „informal
empire“ beziehen sich beide auf verbliebene koloniale Strukturen in den ehemalig
besetzenden Ländern. Ausschlaggebend für den Neokolonialismus sind vor allem
ausländischen Investoren, durch die es zu massiver Benachteiligung der lokalen Bevölkerung
kommt und dabei die natürlichen Ressourcen eines Landes ausgebeutet werden. Das
wirksamste Instrument dieser neokolonialen Politik ist dabei der Kredit.

Zunächst einmal muss man sagen, dass China keine ehemalige Kolonialmacht Afrikas ist und
die Beziehungen in dieser Hinsicht deshalb auch nicht vorbelastet sind. Die entstandenen
Beziehungen Chinas mit Afrika sind vielfältig, die Hauptaktivitäten sind dabei vor allem der
Handel, Investitionen, der Ausbau von Infrastruktur und Entwicklungshilfen. Dabei werden
die chinesischen Unternehmen oft von dem niedrigen Lohniveau in den afrikanischen
Ländern angelockt, das schafft zwar Arbeitsplätzen, allerdings gibt es hier auch ein hohes
Potenzial zur Ausbeutung. Allerdings kann man nicht sagen, dass das grundlegend
vorsätzliche Ziel chinesischer Unternehmen ist, die lokale afrikanische Bevölkerung
auszubeuten. Die chinesische Regierung nimmt in Bezug auf den Handlungsspielraum der
Unternehmen eine eher passive Rolle ein, Verstöße gegen Arbeitsrechte werden also nicht
aktiv geahndet. Das Ausbeutungspotenzial besteht deshalb vor allem dann, wenn die
Regierungen der jeweiligen Länder auch nicht eingreifen. Eindeutige Verlierer durch
chinesische Investoren sind hingegen die Kleinbauern der Entwicklungsländer, diese werden
durch große Landkäufe vertrieben und verlieren so ihre Lebensgrundlage. Das China
allerdings zu dem größten Landräuber in Afrika geworden ist, wie es in westlichen Medien
teilweise dargestellt wird, stimmt nicht. Die Investitionen Chinas in Afrika laufen grob immer
nach demselben Schema ab, dabei werden Abkommen zwischen China und den afrikanischen
Ländern geschlossen über eine Kreditvergabe für Infrastrukturprojekte im Austausch für
Rohstoffe. Die Rohstoffe werden dabei entweder über Handelsabkommen erworben oder sie
werden durch chinesische Unternehmen abgebaut. Die Handelsbilanz zwischen China und
Afrika ist also stark durch Rohstoffexporte bestimmt, hier kann man von einem
neokolonialem Merkmal sprechen (vgl. Nguébong-Ngatat, 2016, S.435) . Das China dabei
den afrikanischen Ländern allerdings Kredite gibt, die sie absichtsvoll in eine Abhängigkeit
bringen sollen, um dann ihre Rohstoffe auszubeuten, ist nicht belegt. Afrikanische
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Kreditnehmerländer haben zwar teilweise Rückzahlungsprobleme, aber das hat vor allem mit
nicht vorhersehbaren Faktoren wie der Corona-Krise oder schwankenden Rohstoffpreisen zu
tun. Auch muss man bedenken, dass afrikanische Länder Investitionen für ihre Entwicklung
brauchen und sie von der gebauten Infrastruktur und dem Handel mit China profitieren. Durch
China als großem Investor hat Afrika mittlerweile eine größere Auswahl an Partnern
bekommen und diese befinden sich in einem Konkurrenzverhältnis. Diese eröffnet den
afrikanischen Ländern einen größeren Verhandlungsspielraum und sie können bessere
Konditionen für eine Zusammenarbeit mit ihren Partnern bekommen. Trotzdem liegt
zwischen China und Afrika und asymmetrisches Verhältnis, auch hier besteht
Ausbeutungspotenzial und kulturelle Dominanz kann sich entwickeln. Diese kulturelle
Dominanz kann sich unter anderem in ungeschriebenen Gesetzten und Werten zwischen den
Nationen zeigen und so langfristig zu einem großen Einfluss auf die Kulturen Afrikas haben
(vgl. Nguébong-Ngatat, 2016, S.435) .

Wie man an dieser Gegenüberstellung erkennen kann, besteht eine äußerst komplexe
Beziehung zwischen China und Afrika, bei der es häufig nicht klar ist, welche Absichten
China tatsächlich verfolgt. Wovon man aber nicht sprechen kann, ist, dass China ein
koloniales System wie im 19. Jhdt. in Afrika installieren will. Auch kann man dieses äußerst
komplexe Geflecht nur bedingt mit dem Begriff des Neokolonialismus erfasst werden. Die
neokolonialen Merkmale Chinas umfassen vor allem die ressourcensichernden Strategien,
allerdings gibt es darüber hinaus eben auch eine Vielzahl an weiteren Projekten in Bereichen
der Infrastruktur, Bildung, Technologietransfer und Außenhandel
(vgl. Schüller & Asche, 2007, S.6)
. Daraus ergibt sich Frage, unter welchem Begriff man nun die Rolle Chinas mit
Afrika besser erfassen kann, dafür wird zum Abschluss nochmals auf den Begriff der
Globalisierung geschaut. Globalisierung beschreibt die intensiven Verflechtungsprozesse und
Abhängigkeitsverhältnisse innerhalb moderner Gesellschaften die zu einer stärkeren
planetaren Gebundenheit führt (vgl. Dürrschmidt, 2018, S.155) . Chinas Beziehungen zu
Afrika zeichnen sich durch einen hohen Grad an Komplexität aus und sie gehen durchaus
auch mit Abhängigkeitsverhältnissen in verschiedenen Bereichen einher. Wenn man aber von
der Rolle Chinas in Afrika spricht, muss man auch die volle Komplexität beachten, da es
ansonsten passieren kann, dass man wesentliche Teile der Beziehungen außer Acht lässt. Eine
Fokussierung auf bestimmte Aspekte der Beziehung, wie es teilweise in den Medien beim
Umgang mit der Rolle Chinas in Afrika vorkommt, liefert dann nur ein unvollständiges Bild.
Vermutlich hat China weder eine bessere noch eine wesentlich schlechtere Rolle in Afrika im
Vergleich zu den anderen großen Mächten.
14
IV. Selbstständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe
verfasst und keine anderen Hilfsmittel als die angegebenen verwendet habe.

Insbesondere versichere ich, dass ich alle wörtlichen und sinngemäßen Übernahmen aus
anderen Werken und Internetquellen als solche kenntlich gemacht habe.

Freiburg, 24.02.2023

David Heinemann

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V. ADDIN CitaviBibliographyQuellenverzeichnis
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Die-Chinesen-in-Afrika.html (Abgerufen am 15 Dezember 2022).
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Afrika? [Online], German Institute of Development and Sustainability. Verfügbar unter https://
www.idos-research.de/die-aktuelle-kolumne/article/warum-sind-wir-so-kritisch-gegenueber-china-
in-afrika/ (Abgerufen am 15 Dezember 2022).
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16
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VI. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anzahl der Landkäufe (Eigene Darstellung anhand der Daten der The Land Matrix,
2022).......................................................................................................................................................11
Abbildung 2: Kontrollierte Landfläche in Afrika (Eigene Darstellung anhand der Daten der The Land
Matrix, 2022)..........................................................................................................................................11

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