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Interview mit Volkert Volkmann für

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FAZ – Rhein Main – 7. November 2010

Von Mona Jäger

Draußen bei Wind und Wetter

Nach dem Job unter den Sternenhimmel, so leben die Druiden. Die Naturreligion hat auch
im Rhein-Main-Gebiet ihre Anhänger. „Volkert Volkmann ist einer von ihnen.

Durch das mit Runen verzierte Portal tritt der Druide in die Hütte. Er durchschreitet einmal
den Raum und setzt sich auf eine schmale Holzbank, auf der ein paar Tierfelle liegen. Zu
seiner Rechten sitzen die Barden, zu seiner Linken die Ovaten. Alle blicken auf den Druiden
in dem weißen Gewand mit Knotenmustern. Mit strengem Blick wacht über allem von einer
Ecke der Hütte aus der Keltenfürst vom Glauberg. Der Druide greift zu dem Trinkhorn, setzt
es an den Mund und trinkt einen Schluck Wässer. „Thor weihe dieses Horn“, sagt er. Der
magische Kreis ist eröffnet.

Es ist angenehm warm in der Essküche, und der Duft von Orangentee liegt in der Luft.
Volkert Volkmann ist ein Mann mit einem Lächeln auf den Lippen, langen Haaren und einem
wachen Blick. Der Klang seiner Stimme ist auch warm, so dass man ihm gerne zuhört. Das
weiße Gewand hat er abgelegt, er trägt jetzt ein kariertes Hemd und eine schwarze Hose.
Volkmann erzählt von Asterix und Obelix. „Den Druiden Miraculix kennt wohl fast jeder“, sagt
er.

Miraculix, der weise Mann, der mit seiner goldenen Sichel die Mistelzweige im Wald
schneidet und für das Dorf den Zaubertrank braut, damit es unbesiegbar bleibt. So sieht
sich Volkmann nicht.
Er ist Vorsitzender des Yggdrasil-Kreises, einem keltischen Verein aus Frankfurt und zudem
der ranghöchste Druide Deutschlands.
Druiden waren bei den Kelten Priester, begabte Magier und Hellseher, sie berieten die
Stammesführer und sprachen Recht. Sie waren im Klan die Hüter des Wissens und
überwachten religiöse Zeremonien. Soweit das romantische Bild von Miraculix und Merlin,
besser vielleicht: das romantisierende. Doch bei diesen religiösen Festen wurden auch Tiere
geopfert und Menschen. Nachdem es für die Druiden nach der Christianisierung des
Kontinents schwer wurde, ihren Glauben auszuleben, erfreut sich die Bewegung seit den
vergangenen 200 Jahren wieder steigender Beliebtheit. In Großbritannien leben heute noch
schätzungsweise 10 000 Druiden, die zwar die Bräuche der Kelten weiterführen, mit
Opferritualen aber nichts mehr zu haben. Vor kurzem wurde, nach mehreren vergeblichen
Anläufen, in Großbritannien das Druidentum offiziell als Religion anerkannt. Auch in
Deutschland gibt es noch Druiden. Volkmann schätzt, dass es im Rhein-Main-Gebiet rund
500 Anhänger der Naturreligion sind. Einige von ihnen treffen sich einmal in der Woche in
der mit Runen verzierten Hütte im Taunus, genannt Nemeton. Sie ist eigentlich ein
umgebauter Schweinestall und sieht bei Tageslicht nicht ganz so mystisch aus wie nachts.
„Eigentlich sind wir immer in der Natur, egal bei welchem Wetter“, sagt Volkmann. In der
Hütte sei man nur zu Beginn und am Ende einer Zeremonie. Der einzige Zugang zur
Naturreligion sei die eigene Erfahrung. Bei den Zeremonien wird unter Sternen gesungen,
getanzt und Harfe gespielt, um die Götter anzurufen.

Volkmann wuchs bei seinen Großeltern auf. Mit seinem Großvater war er viel wandern, seine
Großmutter war naturreligös. „Sie waren weise Menschen, so wie man sie sich vorstellt“, sagt
Volkmann. Mit sieben Jahren erlebte er seine erste Weihe im Kreis der Druiden. Mit 18
Jahren reiste er nach Schottland und England, um mehr über die Religion zu erfahren.
Zurück in Deutschland, begann er ein Biologiestudium. Als er eine schwere Allergie bekam
und die Naturheilkunde ihm helfen konnte, entschloss er sich, das Studium aufzugeben und
eine Naturheilkundepraxis zu eröffnen. Für ihn sei das wegen der Verbindung zum
Druidentum der perfekte Beruf, sagt er.

Mit seiner Frau hat Volkmann drei Kinder. Seine Tochter hat genau wie er mit sieben Jahr
ihre erste Weihe erlebt. Druiden feiern sogenannte Übergangsfeste an markanten Punkten
im Leben eines Menschen, beim Eintritt ins Erwachsenenalter zum Beispiel oder später bei
der Eheschließung. Die Übergangsfeste begleiten die Gläubigen von der Geburt bis zum Tod.
Wie er stünden auch die anderen Mitglieder seines Kreises mitten im Leben, sie seien
Anwälte, Lehrer oder Bankangestellte, sagt Volkmann. Nicht jeder könne aber so offen wie er
über das Druidentum sprechen – weil mancher Vorgesetzte das im schlimmsten Falle für
rechtsextrem und im harmlosesten Falle für Spinnerei halte, erzählt Volkmann. Auch er habe
schon anonyme Drohanrufe bekommen, und einmal seien an seinem Auto die Radmuttern
losgedreht worden. Volkmann sieht sich und seine Glaubensgenossen weit weg von jedem
falschen Geschichtskult. Sie seien keine Germanennostalgiker mit Hörnern auf dem Kopf. Als
Druide kann er für sich gut Traditionelles mit Modernem verbinden: Auf der einen Seite
feiert er Feste nach einem 2000 Jahre alten Kalender, und auf der anderen Seite kauft er nur
Produkte aus regionalem Anbau.
Volkmann erklärt gerne alle Symbole und Zeichen, die an den Wänden in der Druidenhütte
zu finden sind. Mehrere Tierschädel sind im ganzen Raum verteilt. Auf der Stirn eines
Hirschgeweihs ist Cernunnos, „der Gehörnte“ und Gott der Fruchtbarkeit, eingraviert
worden. In der rechten Hand hält er ein Torques, einen offenen Halsreif, und in der linken
eine gehörnte Schlange. An der gegenüberliegenden Wand stehen Rundschilder mit
Triskellen, einem Zeichen für die Ausgeglichenheit des Menschen. Symbole für die innere
Harmonie sind allgegenwärtig in dem Raum: in eine der Holzlehnen eines Stuhles ist ein Bild
geschnitzt, das an ein Pentagramm erinnert. Dessen fünf Ecken symbolisierten die fünf
Elemente, in denen die Druiden überall Gottheiten erkennen, erklärt Volkmann. Sie seien
Pantheisten, also Menschen, die in allem, was sie sehen, das Göttliche erkennen. So kam mit
der Zeit eine ganze Menge an Göttern zusammen, sei es für die Jagd, Ernte oder die Tiere.
Vor vielen Jahren bedienten sich die Herrscher aus Rom und später auch die Christen bei
den Kelten und übernahmen eine ganz Reihe an Göttern und Feiertagen.

So auch bei dem am vergangenen Sonntag gefeierten Halloween. Räumt man einmal den
ganzen Kitsch beiseite, der dieses Fest inzwischen begleitet, bleibt die keltische Vorstellung,
dass in der Nacht zwischen dem 31. Oktober und dem 1. November die Grenze zwischen
dem Reich der Toten und dem der Lebenden durchlässig ist. Tote und Geister kamen dieser
Vorstellung nach in dieser Nacht in unsere Welt und trieben allerhand Schabernack. Um sie
wieder zu vertreiben, zündeten die Druiden große Feuer an, opferten dabei Tiere und
versammelten viele Menschen um sich. Diese trugen dabei Kostüme und Masken, gleichsam
Vorgängermodelle der heutigen Plastik-Vampirzähne. Die Römer hielten nicht viel von
diesem heidnischen Brauch und legten das keltische Fest Samhain mit zwei ihrer Festtage
zusammen. Nach der Christianisierung des Reichs wurde im 7. Jahrhundert das heidnische
Fest mit christlichen Feiertagen überdeckt und der 1.November zu Allerheiligen. Die Nacht
davor hieß im Englischen „All Hallow’s Eve“ und heißt inzwischen Halloween. Das
Druidentum hat im Gegensatz zu den drei großen monotheistischen Religionen keine heilige
Schrift, die an die Kinder weitergegeben werden kann. So bleibt nur die mündliche
Weitergabe der Bräuche, das Geschichtenerzählen am Lagerfeuer. Volkmann will das
Druidentum „aus seiner Heimlichtuerei“ herausholen und veranstaltet zusammen mit dem
örtlichen Forstamt regelmäßig Baumpflanzaktionen. Drei Hektar wurden so schon im
Taunus aufgeforstet. Zusammen mit einem Waldkindergarten aus der Region organisierte er
am vergangenen Wochenende eine Gegenveranstaltung zu Halloween, ein klassisches
Samhain im Usinger Wald, bei dem die Kinder, von Kerzen geführt, durch den Wald den Weg
zu den Eschbacher Klippen – einem großen nackten Felsen mitten im Wald – fanden.
Begrüßt wurden sie dabei von den zarten Klängen einer Harfe, die Volkmann spielte. Vor ihm
leuchteten rund hundert Lichter in Form einer Spirale. Die Besucher sollten die Windungen
der Spirale langsam abschreiten. „Es geht uns darum, dass Kinder und Erwachsene wieder
die Natur erfahren, sich mit ihr verbunden fühlen“, sagt Volkmann.

So sieht für ihn das moderne Druidentum aus. Druiden denken in Analogien, und er glaubt,
dass das in Zukunft noch mehr Menschen ansprechen könnte. „Wenn die Druiden früher
sagten, dass aus dem Wasser weibliche Götter aufsteigen, dann können wir das heute so
interpretieren, dass das Wasser frisch ist wie ein junges Mädchen.“ Dieses Bild wird wohl
wirklich vielen gefallen.

Ein „Druiden Kommentar“ dazu:

Soweit also der FAZ Artikel. Wer genau durchliest entdeckt auf Anhieb einige
Besonderheiten, die die journalistische Arbeit so mit sich zu bringen scheint.

Der nette Auftakt zum Beispiel ist reine Fiktion: Ich mache keine Rituale, damit Journalisten
dabei filmen oder mitschneiden…Ein keltischer Druide wird auch wohl kaum einen
germanischen Segensspruch benutzen. Die Kelten verscheuchen auch nicht die Geister der
Ahnen die sie ja grade an Samhain / Halloween gerne anrufen, um mit Ihnen gemeinsam zu
feiern. Das passiert nicht am ersten November wie oft falsch behauptet, sondern nach dem
keltischen historischen Kalendarium. Auch der „oberste Druide Deutschlands“ ist so eine
Formulierung (aus dem Interview im Extra Tipp Rhein Main): Wir sind die älteste Grove des
Orden der Barden, Ovaten und Druiden in Deutschland aber als „Oberdruiden“ mag ich mich
nun wirklich nicht bezeichnen. Das Urteil über meine Person und mein Wirken werden
andere, die nach mir kommen, sich bilden müssen. Ich finde aber der Artikel ist ein
deutliches Signal dafür, dass wir keine Spinner und auch keine fanatischen oder bösartigen
„rechten“ Menschen sind, wie von einigen ewig gestrigen manchmal falsch behauptet. Was
beim Leser bleibt, auch wenn einige Details nicht stimmen, ist der gute Willen und die
durchaus positive Berichterstattung.

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