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Ein Service von Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung

Ein Babysitter für Mausi


Eine Geschichte von Ursel Scheffler illustriert von Maria Bogade, erschienen
im cbj Verlag.
Mausi ist sechs. Sie ist jetzt ein Schulkind! Daher ist sie nicht begeistert, als

ihre Eltern einen Babysitter bestellen, weil sie abends mit Freunden weggehen

wollen.

„Warum kommt Oma nicht?“, fragt Mausi. „Oder Onkel Alf? Und überhaupt:

Babysitter ist doch nur für Babys.“

„Babysitter heißen nur so. Sie sind auch für große Kinder„, erklärt Papa. „Sie

heißt Jenny Brummel und ist sehr nett“, versichert Mama. „Komischer Name.

Klingt wie Hummel“, murmelt Mausi.

„Sie arbeitet tagsüber in einer Parfümerie“, sagt Papa und lacht. „Da riecht sie

bestimmt besonders gut!“

Mausi findet das gar nicht zum Lachen. Gegen sieben Uhr läutet es. „Das

muss sie sein!“, ruft Mama und läuft zur Tür. Papa bindet sich gerade den

Schlips vor dem Spiegel.

Mausi hält ihren Schnuffelhasen an den Ohren und lehnt abwartend am

Rahmen der Kinderzimmertür.

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„Guten Abend“, sagt eine helle freundliche Stimme. „Guten Abend, Frau

Brummel“, antwortet Mausis Mama.

„Sie dürfen ruhig Jenny zu mir sagen“, sagt die schlanke junge Frau mit den

rosa lackierten Fingernägeln. „Und wo ist die Kleine?“

„Das ist unsere Mausi“, sagt Mama und deutet zur Kinderzimmertür. Mausi

stellt sich auf die Zehenspitzen, damit sie größer aussieht.

„Sag Guten Abend, Mausi“, fordert Papa sie auf. „Guten Abend“, sagt Mausi

mit finsterem Blick.

Mama erklärt Jenny, wo die Sachen für das Abendessen sind und dass ein

kleiner Naschteller auf dem Küchenschrank steht.

Papa sagt: „Ich nehm mein Handy mit. Für alle Fälle.“

„Nun geht schon endlich!“, sagt Mausi.

„Sei lieb“, sagt Mama und nimmt sie noch mal in den Arm.

Papa gibt ihr noch einen Rasierwasserkuss. Endlich klappt die Flurtür.

„Jetzt machen wir es uns gemütlich, kleine Maus“, sagt Jenny.

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„Bin keine kleine Maus!“, brummt Mausi. Sie zieht die Stirn kraus. „Bin

Friederike.“

„Wollen wir zuerst Sandmännchen gucken oder zuerst Abendbrot machen?“,

fragt Jenny.

„Ist mir egal, Frau Brummel“, sagt Mausi.

„Willst du nicht Jenny zu mir sagen?“

„Frau Brummel klingt lustiger“, murmelt Mausi.

„Wie du meinst, Friederike“, antwortet Jenny und lächelt nachsichtig. „Dann

gehen wir eben in die Küche. Hilfst du mir?“

Mausi folgt ihr wortlos. „Wo sind die Teller? Wo sind die Messer? Wo ist das

Salz?“, fragt Jenny. Mausi gibt mürrisch Auskunft.

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„Jetzt fängt das Sandmännchen an“, sagt Jenny. „Willst du es dir nicht noch

anschauen, während ich unsere Brote fertig mache?“

„Na gut“, sagt Mausi und lümmelt sich mit ihrem Schnuffelhasen in den

großen Sessel. Dann muss sie Jenny auch noch erklären, wie die

Fernbedienung vom Fernseher funktioniert. Nicht einmal das weiß sie!

Babysitter sind doof, findet Mausi. Die wissen rein gar nichts. Selber Babys!

„Essen ist fertig!“, ruft Jenny schließlich, als das Sandmännchen vorbei ist.

Mausi setzt den Schnuffelhasen neben sich an den Esstisch. Auf Papas Stuhl!

Es ist ein warmer Sommerabend. Die Balkontür ist offen. Der Duft der

Wurstbrote hat einen Gast angelockt, der plötzlich neben dem Obstkorb auf

der Fensterbank sitzt.

„Guck mal da!“, ruft Mausi vergnügt.

Jenny springt in die Höhe und quietscht: „Hilfe, eine Maus!“

„Die ist doch so niedlich!“, kichert Mausi.

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Die Maus springt von der Fensterbank. Jenny springt auf den Stuhl.

Die Maus kommt jetzt vorsichtig näher, um von den Brotkrümelchen zu

naschen, die unter Jennys Stuhl gefallen sind. Die Babysitterin beobachtet es

mit weit aufgerissenen Augen. Mit einem Aufschrei springt sie hoch, greift an

die Schrankkante, benutzt die Stuhllehne als Leiter und klettert auf den

Bauernschrank hinter dem Stuhl.

„Aber die tut dir doch nichts“, sagt Mausi. „Schau mal ...“ Sie füttert die Maus

mit Käse.

„Lass das!“, befiehlt Jenny.

„Die ist doch so süß!“, ruft Mausi begeistert.

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Fassungslos sieht Jenny von ihrem erhöhten Aussichtsplatz zu, wie die Maus

schließlich neben Mausis Teller sitzt und mit ihr gemeinsam das Abendbrot

isst. Beiden scheint es gut zu schmecken.

„Salami mag sie besonders gern!“, sagt Mausi beim Kauen.

„Solange die Maus da ist, komme ich nicht runter!“, klagt Jenny.

„Ich bring dir deinen Teller“, bietet Mausi hilfsbereit an. Sie steigt auf den

Stuhl und reicht Jenny den Teller mit dem Abendbrot auf den Schrank. Dazu

ein paar Kekse vom Naschteller.

Das Telefon klingelt. Es ist Papa.

„Ist alles okay, Mausi?“, fragt er. „Alles okay!“, versichert Mausi.

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„Kann ich mal Jenny sprechen?“, fragt

Papa.

„Moment!“, sagt Mausi. „Frau Brummel

sitzt auf dem Schrank!“ Sie reicht

Jenny den Hörer hinauf.

„Alles unter Kontrolle!“, versichert auch

Jenny Brummel. „Wir essen noch ein

paar Kekse vom Naschteller. Und - und

- und - und dann geht es ins Bett.“

„Sitzen Sie wirklich auf dem Schrank?“, erkundigt sich Mausis Papa verwirrt.

„Keine Sorge: Das ist nur ein Spiel!“, versichert Jenny Brummel hastig.

Nach dem Telefongespräch will Jenny vom Schrank herunterklettern, aber da

klettert die Maus auf den Stuhl und guckt sie neugierig an. Daher bleibt sie

oben.

„Und wer bringt dich jetzt ins Bett?“, fragt Jenny besorgt. „Wenn du die Maus

nicht verjagst, dann kann ich dir nicht helfen.“

„Kein Problem“, sagt Mausi und lacht vergnügt. „Ich kann alles allein:

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Ausziehen, Klogehen, Waschen, Zähneputzen, Schlafanzuganziehen!“

Als Mausi mit ihrem Schnuffelhasen das Bett ansteuert, schlüpft die Maus

mit ins Kinderzimmer. Mausi zieht die Tür hinter sich zu.

Erleichtert klettert Jenny Brummel vom Schrank. Sie vergewissert sich, dass

die Kinderzimmertür wirklich zu ist. „Alles in Ordnung?“, ruft sie durch die

geschlossene Tür.

„Alles in Ordnung. Die Maus ist im Puppenbett“, berichtet Mausi. „Ich wette,

sie schläft gleich!“

Jenny Brummel ist total geschafft vom Mäusestress! Sie sinkt in den Sessel

und macht den Fernseher an. Jetzt weiß sie ja, wie es geht.

Gegen elf Uhr kommen Mausis Eltern zurück und fragen: „Alles in Ordnung,

Jenny?“

„Alles in Ordnung!“, versichert Jenny Brummel und verabschiedet sich rasch.

Sie läuft an Mausis Eltern vorbei zur Flurtür und flüstert: „Ich muss schnell

zum Bus!“

Dann rennt sie die Treppe hinunter.

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Papa und Mama gehen auf Zehenspitzen zum Kinderzimmer. Sie öffnen die

Tür. Beruhigt sehen sie auf ihr friedlich schlafendes Kind.

„Gute Nacht, kleine Maus!“, sagt Mama und gibt Mausi einen Kuss auf die

Stirn.

Und die echte kleine Maus? Die liegt im Puppenbett und schläft sich aus.

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Ein Babysitter für Mausi


Geschichte aus: Erst ich ein Stück, dann du. Das große Buch
der Gutenachtgeschichten
Autor: Ursel Scheffler
Illustration: Maria Bogade
Verlag: cbj
Alterseinstufung: ab 5 Jahren
ISBN: 978-3-641-17120-9

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