Sie sind auf Seite 1von 117

Institut für Volkswirtschaftslehre

Mikroökonomik II
Modul 1:
Spieltheoretische Grundlagen & unvollkommener Wettbewerb

Prof. Dr. Björn Bartling


Institut für Volkswirtschaftslehre
Universität Zürich

Herbstsemester 2023

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 1


Institut für Volkswirtschaftslehre

Modul 1: Spieltheoretische Grundlagen & unvollkommener Wettbewerb

Teil 1: Spieltheoretische Grundlagen

Teil 2: Unvollkommener Wettbewerb


2A: Cournot-, Bertrand- und Stackelberg-Duopol
2B: Wiederholtes Bertrand-Duopol (Wiederholte Spiele)
2C: Produktdifferenzierung
Institut für Volkswirtschaftslehre

Teil 1:
Spieltheoretische Grundlagen
Institut für Volkswirtschaftslehre

Spieltheorie
− Die Spieltheorie analysiert rationales Verhalten in Situationen mit strategischer Interaktion.
• Eine strategische Interaktion ist immer dann gegeben, wenn sich das Verhalten mehrerer Akteure
wechselseitig beeinflusst.
• Beispiele für Situationen ohne strategische Interaktion:
 Ein Individuum maximiert seinen Nutzen bei gegebenem Einkommen und gegebenen Preisen.
 Ein Anbieter bei vollkommenem Wettbewerb wählt die für ihn optimale Angebotsmenge
(«Mengenanpasser») bei gegebenen Preisen («Preisnehmer»).
 Ein Monopolist verhält sich strategisch, da er berücksichtigt, dass der gewählte Preis die von den
Konsumenten nachgefragte Menge beeinflusst. Die Konsumenten verhalten sich jedoch nicht
strategisch, da für sie der Preis gegeben ist. Wir haben hier somit keine strategische Interaktion.
• Beispiel für eine Situation mit strategischer Interaktion:
 Oligopol: Die optimale Menge oder der optimale Preis für einen Anbieter hängt von den
Entscheidungen der anderen Anbieter ab und umgekehrt. Hier beeinflusst sich das Verhalten
mehrerer Akteure wechselseitig.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 4


Institut für Volkswirtschaftslehre

Formale Definition eines Spiels in Normalform


− Die Normalform (oder «strategische Form») eines Spiels, 𝐺𝐺 = (𝐼𝐼, 𝑆𝑆𝑖𝑖 , 𝑢𝑢𝑖𝑖 𝑖𝑖∈𝐼𝐼 ), besteht aus:
• Einer Menge von Spielern 𝐼𝐼 = 1, … , 𝑁𝑁
• Für jeden Spieler 𝑖𝑖 ∈ 𝐼𝐼 einer Menge von möglichen Strategien 𝑆𝑆𝑖𝑖 , wobei 𝑠𝑠𝑖𝑖 ∈ 𝑆𝑆𝑖𝑖
• Für jeden Spieler 𝑖𝑖 ∈ 𝐼𝐼 einer Auszahlungsfunktion ui , die jedem Strategieprofil (𝑠𝑠1, … , 𝑠𝑠𝑁𝑁 ) eine
Auszahlung 𝑢𝑢𝑖𝑖 (𝑠𝑠1, … , 𝑠𝑠𝑁𝑁 ) zuordnet
 Alternative Schreibweise: 𝑢𝑢𝑖𝑖 𝑠𝑠1 , … , 𝑠𝑠𝑁𝑁 = 𝑢𝑢𝑖𝑖 𝑠𝑠𝑖𝑖 , 𝑠𝑠−𝑖𝑖 , wobei si die Strategie von Spieler 𝑖𝑖 und 𝑠𝑠−𝑖𝑖 die
Strategien aller Spieler ausser 𝑖𝑖 bezeichnet
− Wir betrachten zunächst simultane Spiele mit vollständiger («complete») Information:
• simultan: Alle Spieler müssen ihre Strategie simultan (bzw. ohne das Wissen, wie sich die anderen
Spieler entschieden haben) wählen
• vollständige Information («complete information»): Alle Spieler kennen die Strategienmengen und die
Auszahlungsfunktionen aller Spieler
− Literatur: Chapters 1.1, 1.2A, 1.2B, 1.3A: “Static Games of Complete Information,” in Robert Gibbons “A
Primer in Game Theory”
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 5
Institut für Volkswirtschaftslehre

Beispiel für ein Spiel: Gefangenendilemma


− Situation:
• Zwei Verdächtige werden einzeln verhört; jeder von ihnen kann «schweigen» oder «gestehen»:
 Beide «schweigen»: je 1 Jahr Gefängnis (nur geringe Beweise)
 Beide «gestehen»: je 5 Jahre Gefängnis (mildernde Umstände)
 Nur einer «gesteht»: 0 Jahre für den geständigen Spieler, 20 Jahre für den anderen
(Kronzeugenregelung)
− Übersetzung als Spiel:
• Spieler: 𝐼𝐼 = 1, 2
• Strategienmengen: 𝑆𝑆1 = 𝑆𝑆2 = «gestehen», «schweigen»
• Auszahlungsfunktionen: 𝑢𝑢𝑖𝑖 (i muss x Jahre ins Gefängnis(𝑠𝑠𝑖𝑖 , 𝑠𝑠−𝑖𝑖 )) = −𝑥𝑥
 Die Anzahl Jahre Gefängnis 𝑥𝑥 ist eine Funktion der gewählten Strategien und der Nutzen daraus
entspreche hier −𝑥𝑥. In Spielen ist relevant, welcher Nutzen sich aus dem «Ergebnis» der
gewählten Strategien ergibt.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 6


Institut für Volkswirtschaftslehre

Normalform (I)
− Die Normalform des Spiels lässt sich mit folgender Matrix darstellen:

Spieler 2

(u1, u2) «gestehen» «schweigen»

«gestehen» -5,-5 0,-20


Spieler 1
«schweigen» -20,0 -1,-1

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 7


Institut für Volkswirtschaftslehre

Normalform (II)
− Beispiel: Wenn der «Zeilenspieler» (Spieler 1) die Strategie «schweigen» und der «Spaltenspieler»
(Spieler 2) die Strategie «gestehen» wählt, dann ist die Auszahlung von Spieler 1 gegeben durch -20
(20 Jahre Gefängnis) und die von Spieler 2 gegeben durch 0 (0 Jahre Gefängnis).

Spieler 2

(u1, u2) «gestehen» «schweigen»

«gestehen» -5,-5 0,-20


Spieler 1
«schweigen» -20,0 -1,-1

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 8


Institut für Volkswirtschaftslehre

Lösungskonzepte
− Wie löst man ein Spiel?
• Wie sollte man spielen?
• Welche Verhaltensweisen würden wir für rationale Spieler vorhersagen bzw. erwarten?

1. Gleichgewicht in dominanten Strategien. Falls eine dominante Strategie für einen Spieler existiert,
wird ein rationaler Spieler immer diese Strategie spielen.
• Die Strategie si* ist eine dominante Strategie für Spieler i, wenn sie zu strikt grösseren
Auszahlungen (Nutzen) führt als alle anderen Strategien, unabhängig von der Strategien-
Kombination der anderen Spieler: 𝑢𝑢𝑖𝑖 𝑠𝑠𝑖𝑖∗ , 𝑠𝑠−𝑖𝑖 > 𝑢𝑢𝑖𝑖 (𝑠𝑠𝑖𝑖 , 𝑠𝑠−𝑖𝑖 ) für alle 𝑠𝑠𝑖𝑖 ∈ 𝑆𝑆𝑖𝑖 ∖ {𝑠𝑠𝑖𝑖∗ } und alle 𝑠𝑠−𝑖𝑖 ∈ 𝑆𝑆−𝑖𝑖
• Wenn alle Spieler eine dominante Strategie haben und rational sind, dann gibt es ein
Gleichgewicht in dominanten Strategien.
• Ein Gleichgewicht in dominanten Strategien verlangt nur, dass alle Spieler rational sind, aber nicht,
dass sie wissen oder annehmen, dass auch alle anderen Spieler rational sind.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 9


Institut für Volkswirtschaftslehre

Gleichgewicht in dominanten Strategien (I)


Spieler 2

(u1, u2) «gestehen» «schweigen»

«gestehen» -5,-5 0,-20


Spieler 1
«schweigen» -20,0 -1,-1

− Betrachten wir die Entscheidung von Spieler 1:


• Wählt Spieler 2 «gestehen», so erhält Spieler 1 eine Auszahlung von -5, wenn sie die Strategie
«gestehen» wählt, aber nur eine Auszahlung von -20, wenn sie die Strategie «schweigen» wählt.
• Wählt Spieler 2 «schweigen», so erhält Spieler 1 eine Auszahlung 0, wenn sie die Strategie
«gestehen» wählt, aber nur eine Auszahlung von -1, wenn sie die Strategie «schweigen» wählt.
• Ein rationaler Spieler 1 hat somit eine dominante Strategie: «gestehen»

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 10


Institut für Volkswirtschaftslehre

Gleichgewicht in dominanten Strategien (II)


− Äquivalent für Spieler 2  ein rationaler Spieler 2 hat eine dominante Strategie: «gestehen»
− Das Gefangenendilemma hat somit ein Gleichgewicht in dominanten Strategien:
(s1*, s2*) = («gestehen», «gestehen»)
− Das Vorliegen dominanter Strategien verdeutlicht, weshalb es schwierig ist, diese soziale Dilemma-
situation zu überkommen.
− («schweigen», «schweigen») würde zu einer Pareto-Verbesserung führen  Soziales Dilemma
− Das Gefangenendilemma ist eine Parabel, die einen Erklärungsansatz für das Scheitern von
kooperativem Verhalten in vielen wichtigen Situation bietet.
 Öffentliche Güter: Obwohl es für alle besser wäre, wenn öffentliche Güter bereitgestellt werden (z.B.
CO2 Reduktionen), möchte sich niemand freiwillig an der Bereitstellung beteiligen.
 Subventionswettlauf: Die USA, China und EU haben einen Anreiz ihre nationale Halbleiterindustrie
zu subventionieren, obwohl sich alle besser stellen würden, wenn alle auf Subvention verzichten.
 Preiskartelle: Jedes Kartellmitglied hat einen Anreiz, seinen Preis etwas zu senken, obwohl es für
alle Kartellmitglieder besser wäre, den Preis hochzuhalten. (In diesem Fall ist das «Scheitern»
wünschenswert und das «kooperative» Verhalten illegal.)
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 11
Institut für Volkswirtschaftslehre

Gleichgewicht in dominanten Strategien (III)


− Ein soziales Dilemma kann unter Umständen überwunden werden, wenn die Akteure wiederholt
miteinander interagieren  «wiederholte Spiele»
 Das Gefangenendilemma, das wir hier analysieren, ist eine «one-shot Interaktion», also kein
wiederholtes Spiel.
− Auch wenn die Akteure bindende Verträge schreiben können, die ihr Verhalten festlegt, kann das
soziales Dilemma überwunden werden.
 Ein Spiel, in dem die Spieler bindende Verträge schreiben können, ist jedoch ein anderes Spiel, als
das, was wir hier analysieren.
 Beachten Sie, dass nicht-bindende Verträge oder Kommunikation vor dem Spiel im Gefangenen-
dilemma nicht helfen, da jeder Spieler behaupten wird, «schweigen» zu spielen, dann aber einen
Anreiz hat, doch «gestehen» zu spielen («cheap-talk»).

− Spiele, in denen alle Spieler eine dominante Strategie haben, sind speziell. Deshalb benötigen wir in der
Regel andere Lösungskonzepte.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 12


Institut für Volkswirtschaftslehre

Lösungskonzepte
1. Gleichgewicht in dominanten Strategien
2. Iterierte Eliminierung strikt dominierter Strategien (IESDS): Rationale Spieler werden niemals eine
strikt dominierte Strategie spielen.
• Eine Strategie 𝑠𝑠𝑖𝑖′ ∈ 𝑆𝑆𝑖𝑖 ist für Spieler 𝑖𝑖 strikt dominiert, wenn eine andere Strategie 𝑠𝑠𝑖𝑖′′ ∈ 𝑆𝑆𝑖𝑖 existiert,
so dass ui si′ , s−i < ui (si′′ , s−i ) für alle möglichen Kombinationen von Strategien s−i ∈ 𝑆𝑆−𝑖𝑖 der
anderen Spieler gilt.
• Die IESDS ermöglicht den Ausschluss von Strategien.
 Dies beinhaltet den Fall, in dem eine Strategie für einen Spieler erst dann strikt dominiert ist
und eliminiert werden kann, wenn zuvor eine für einen anderen Spieler strikt dominierte
Strategie eliminiert wurde.
• Im besten Fall bleibt nach der IESDS nur eine Strategie-Kombination bestehen, was der
vollständigen Lösung eines Spiels entspricht.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 13


Institut für Volkswirtschaftslehre

Iterierte Eliminierung strikt dominierter Strategien (I)


Spieler 2

(u1, u2) «gestehen» «schweigen»

«gestehen» -5,-5 0,-20


Spieler 1
«schweigen» -20,0 -1,-1

− Betrachten wir die Entscheidung von Spieler 1:


• Wählt Spieler 2 «gestehen», so erhält Spieler 1 eine Auszahlung von -20, wenn sie die Strategie
«schweigen» wählt, aber eine Auszahlung von -5, wenn sie die Strategie «gestehen» wählt.
• Wählt Spieler 2 «schweigen», so erhält Spieler 1 eine Auszahlung -1, wenn sie die Strategie
«schweigen» wählt, aber eine Auszahlung von 0, wenn sie die Strategie «gestehen» wählt.
• Ein rationaler Spieler 1 wird somit die Strategie «schweigen» nicht wählen, da «schweigen» durch
«gestehen» strikt dominiert ist.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 14


Institut für Volkswirtschaftslehre

Iterierte Eliminierung strikt dominierter Strategien (II)


Spieler 2

(u1, u2) «gestehen» «schweigen»

«gestehen» -5,-5 0,-20


Spieler 1
«schweigen» -20,0 -1,-1

− Analog gilt für Spieler 2, dass die Strategie «schweigen» strikt dominiert ist.
− Die IESDS führt in diesem Spiel zu einer eindeutigen Lösung:
(s1*, s2*) = («gestehen», «gestehen») wird gespielt
− Beide Lösungskonzepte führen in diesem Spiel zum gleichen Ergebnis. Generell gilt dies jedoch nicht, da
es nicht in jedem Spiel dominante und/oder strikt dominierte Strategien gibt.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 15


Institut für Volkswirtschaftslehre

Iterierte Eliminierung strikt dominierter Strategien (III)


− Die IESDS verlangt «common knowledge» von Rationalität. Das bedeutet nicht nur
1. dass alle Spieler rational sind, sondern auch,
2. dass alle Spieler wissen, dass alle Spieler rational sind und
3. dass alle Spieler wissen, dass alle Spieler wissen, dass alle Spieler rational sind, … ad infinitum
− Gleichgewichte in dominanten Strategien verlangen nicht «common knowledge» von Rationalität,
sondern nur, dass die Spieler rational sind.
− Die Reihenfolge der Eliminierung (z.B. im Gefangenendilemma) spielt keine Rolle.
− Es dürfen nur strikt dominierte Strategien aber nicht schwach dominierte Strategien eliminiert werden.
 Die Strategie 𝑠𝑠𝑖𝑖′ ∈ 𝑆𝑆𝑖𝑖 ist für Spieler 𝑖𝑖 nur schwach dominiert, wenn eine andere Strategie 𝑠𝑠𝑖𝑖′′ existiert,
so dass ui si′ , s−i ≤ ui (si′′ , s−i ) für alle s−i ∈ 𝑆𝑆−𝑖𝑖 gilt. Es gibt also Kombinationen von Strategien s−i , so
dass 𝑠𝑠𝑖𝑖′ und 𝑠𝑠𝑖𝑖′′ zur gleichen Auszahlung für Spieler 𝑖𝑖 führen.
− Eine Strategie kann auch von einer «gemischten Strategie» (siehe unten) dominiert werden.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 16


Institut für Volkswirtschaftslehre

Iterierte Eliminierung strikt dominierter Strategien (IV)


Spieler 2

(u1, u2) «Links» «Geradeaus» «Rechts»

«Oben» 2,2 0,1 1,0


Spieler 1
«Mitte» 1,1 1,2 1,0

«Unten» 0,1 0,0 0,2

− Wir betrachten nun nochmals die IESDS in diesem neuen Spiel.


− Ein rationaler Spieler 1 wird nie «Unten» spielen, da «Unten» durch «Mitte» strikt dominiert ist.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 17


Institut für Volkswirtschaftslehre

Iterierte Eliminierung strikt dominierter Strategien (V)


Spieler 2

(u1, u2) «Links» «Geradeaus» «Rechts»

«Oben» 2,2 0,1 1,0


Spieler 1
«Mitte» 1,1 1,2 1,0

«Unten» 0,1 0,0 0,2

− Wenn Spieler 2 weiss, dass Spieler 1 rational ist, kann er «Unten» eliminieren (weil Spieler 2 weiss, dass
ein rationaler Spieler 1 nie «Unten» spielen wird).
− Dann ist für Spieler 2 «Rechts» durch «Links» (und durch «Geradeaus») strikt dominiert.
− Beachten Sie: bevor «Unten» eliminiert wurde, gab es für Spieler 2 keine strikt dominierte Strategie.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 18


Institut für Volkswirtschaftslehre

Iterierte Eliminierung strikt dominierter Strategien (VI)


Spieler 2

(u1, u2) «Links» «Geradeaus» «Rechts»

«Oben» 2,2 0,1 1,0


Spieler 1
«Mitte» 1,1 1,2 1,0

«Unten» 0,1 0,0 0,2

− Wenn Spieler 1 weiss, (i) dass Spieler 2 rational ist und (ii) dass Spieler 2 weiss, dass Spieler 1 rational
ist, dann kann sie «Rechts» eliminieren (weil ein rationaler Spieler 2 nie «Rechts» spielen wird).
− Keiner der Spieler kann weitere Strategien eliminieren, weshalb die IESDS in diesem Spiel keine
eindeutige Prognose für das Verhalten der Spieler liefert.
− Beachten Sie: In diesem Spiel gibt es keine dominanten Strategien.
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 19
Institut für Volkswirtschaftslehre

Lösungskonzepte
1. Gleichgewicht in dominanten Strategien
2. Iterierte Eliminierung strikt dominierter Strategien
3. Nash-Gleichgewicht: Ein Gleichgewicht (GG) ist eine stabile Situation, in der kein Spieler einen Anreiz
hat, das Verhalten zu verändern, gegeben das Verhalten der anderen Spieler.

• Formale Definition Nash-GG: Die Strategien s1∗ , … , sN bilden ein Nash-GG, wenn für jeden Spieler
i ∈ I die Strategie si ∈ 𝑆𝑆𝑖𝑖 eine beste Antwort auf s−i ∈ 𝑆𝑆−1 ist: ui si∗ , s−i
∗ ∗ ∗ ∗
≥ ui (si , s−i ) für alle si ∈ Si .
• Es wird nur eine beste Antwort verlangt, also weder eine eindeutige noch eine strikt beste Antwort.
• Zudem wird nur eine beste Antwort verlangt, gegeben ein bestimmtes Strategieprofil (Kombination
von Strategien) der anderen Spieler.
 Beachte: Eine dominante Strategie ist die eindeutig beste Strategie auf alle möglichen
Strategieprofile der anderen Spieler (ist also keine «Antwort» auf eine spezifische Strategie)
• Im Gegensatz zum Konzept der IESDS wird im Nash-GG nicht «common knowledge» von
Rationalität verlangt, sondern nur, dass die Spieler rational sind. Zudem müssen die Erwartungen
über die Strategien der anderen Spieler im GG korrekt («konsistent») sein.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 20


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in einem Normalform-Spiel finden (I)


− Wie findet man ein Nash-GG (in reinen Strategien) in einem Normalform-Spiel?
− Wir suchen die besten Antworten gegen die Strategien der anderen Spieler.
− In einem 2-Personen Spiel:
1. Bestimmen Sie für jede reine Strategie von Spieler 2, was die beste Antwort von Spieler 1 auf diese
Strategie ist. Unterstreichen Sie dafür die höchste Auszahlung von Spieler 1 in jeder Spalte der
Matrix.
2. Bestimmen Sie für jede reine Strategie von Spieler 1, was die beste Antwort von Spieler 2 auf diese
Strategie ist. Unterstreichen Sie dafür die höchste Auszahlung von Spieler 2 in jeder Zeile der Matrix.
3. Wenn mehr als eine Strategie eine beste Antwort ist, dann unterstreichen Sie die höchste
Auszahlung in jeder der betreffenden Spalten oder Zeilen.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 21


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in einem Normalform-Spiel finden (II)


Spieler 2

(u1, u2) «gestehen» «schweigen»

«gestehen» -5,-5 0,-20


Spieler 1
«schweigen» -20,0 -1,-1

− Betrachten wir wieder das Gefangendilemma.


− Suche die reine(n) Strategie(n), die eine beste Antwort auf die jeweils anderen reinen Strategien sind:
 Wenn Spieler 2 «gesteht», dann sollte Spieler 1 «gestehen», da 5 Jahre Gefängnis besser als 20
Jahre Gefängnis sind.
 Wenn Spieler 2 «schweigt», dann sollte Spieler 1 «gestehen», da 0 Jahre Gefängnis sind besser als
1 Jahr Gefängnis sind.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 22


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in einem Normalform-Spiel finden (III)


Spieler 2

(u1, u2) «gestehen» «schweigen»

«gestehen» -5,-5 0,-20


Spieler 1
«schweigen» -20,0 -1,-1

− Analog für Spieler 2:


 Wenn Spieler 1 «gesteht», dann sollte Spieler 2 «gestehen», da 5 Jahre Gefängnis besser als 20
Jahre Gefängnis sind.
 Wenn Spieler 2 «schweigt», dann sollte Spieler 1 «gestehen», da 0 Jahre Gefängnis sind besser als
1 Jahr Gefängnis sind.
− Das Spiel hat ein eindeutiges Nash-GG: (s1*, s2*) = («gestehen», «gestehen»)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 23


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in einem Normalform-Spiel finden (IV)


Spieler 2

(u1, u2) «gestehen» «schweigen»

«gestehen» -5,-5 0,-20


Spieler 1
«schweigen» -20,0 -1,-1

− Das eindeutige Nash-GG (s1*, s2*) = («gestehen», «gestehen») ist auch ein GG in dominanten Strategien
(hatten wir bereits festgestellt). Alle GG in dominanten Strategien sind Nash-GG, aber nicht umgekehrt.
− Wir wissen auch, dass («gestehen», «gestehen») das einzige Strategieprofil ist, das die IESDS überlebt.
In einem solchen Fall ist dieses Strategieprofil auch immer das eindeutige Nash-GG des Spiels.
− Dominanz, IESDS, und Nash-GG führen nur in speziellen Fällen zu den gleichen Ergebnissen. In der
Regel wird das striktere Lösungskonzept Nash-GG angewendet.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 24


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in einem Normalform-Spiel finden (V)


Spieler 2

(u1, u2) «Links» «Geradeaus» «Rechts»

«Oben» 2,2 0,1 1,0


Spieler 1
«Mitte» 1,1 1,2 1,0

«Unten» 0,1 0,0 0,2

− Betrachten wir nochmals das Spiel von Folie 16. Es gibt zwei Nash-GG in reinen Strategien:
(«Oben», «Links») und («Mitte», «Geradeaus»)
− Wenn ein Strategieprofil ein Nash-GG ist, dann überlebt es die IESDS. Es gibt aber Strategieprofile, die
die IESDS überleben, aber kein Nash-GG sind (hier: («Oben», «Geradeaus») und («Mitte», «Links»)).
Dies zeigt exemplarisch, dass das Konzept des Nash-GG ein strikteres Konzept ist.
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 25
Institut für Volkswirtschaftslehre

Koordinationsproblem (auch: «Battle of the Sexes») (I)


− Zwei Personen (ohne Natel) haben sich beim Einkaufen im Niederdorf verloren und wissen nicht, ob sie
sich am Central oder am Bellevue treffen sollen. Sie mag «Central» lieber, er präferiert «Bellevue». Aber
beide bevorzugen es strikt, sich mit der anderen Person zu treffen, anstatt alleine zu sein.
• Spieler: 𝐼𝐼 = {1, 2}
• Strategien: 𝑆𝑆1 = 𝑆𝑆2 = {«Central», «Bellevue»}
• Auszahlungen:
Spieler 2 (Er)

(u1, u2) «Central» «Bellevue»

Spieler 1 «Central» 2,1 0,0


(Sie) «Bellevue» 0,0 1,2

− Anwendungen: Koordination auf Technikstandard, Sprache, …

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 26


Institut für Volkswirtschaftslehre

Koordinationsproblem (auch: «Battle of the Sexes») (II)


Spieler 2 (Er)

(u1, u2) «Central» «Bellevue»

Spieler 1 «Central» 2,1 0,0


(Sie) «Bellevue» 0,0 1,2

− In diesem Spiel gibt es zwei Nash-GG (in reinen Strategien):


(«Central», «Central») und («Bellevue», «Bellevue»)
− Beachten Sie, dass die IESDS hier nicht hilft das Spiel zu lösen, da es keine strikt dominierten Strategien
gibt.
− Ebenfalls hilft Dominanz nicht, da es keine dominanten Strategien gibt.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 27


Institut für Volkswirtschaftslehre

Multiple Nash-GG und konsistente Erwartungen


− Wenn es mehrere Nash-GG gibt, dann ist nicht klar, ob überhaupt ein Nash-GG gespielt wird, und wenn
ja, welches.
− In einem Nash-GG müssen die Erwartungen der Spieler über die Strategie der anderen Spieler
miteinander konsistent sein:
 Für Spieler 1 im Koordinationsproblem ist es eine beste Antwort «Central» zu spielen, wenn Spieler
1 erwartet, dass Spieler 2 «Central» spielt.
 Und für Spieler 2 ist es tatsächlich eine beste Antwort «Central» zu spielen, wenn er selbst korrekt
erwartet, dass Spieler 1 «Central» spielt.
 Gleiches gilt für das Nash-GG («Bellevue», «Bellevue»)
 Die Erwartungen sind im Nash-GG somit wechselseitig konsistent.
− Wenn die Erwartungen über die Strategien der anderen Spieler nicht korrekt sind, kann passieren, dass
Er «Central» spielt und Sie «Bellevue» (oder umgekehrt). Dies wäre dann jedoch kein Gleichgewicht.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 28


Institut für Volkswirtschaftslehre

Anti-Koordinationsproblem (auch: «Chicken Game»)


− Zwei Autos rasen aufeinander zu. Wer ausweicht ist ein Feigling, ein Zusammenprall ist aber für beide
fatal.
• Spieler: 𝐼𝐼 = {1, 2}
• Strategien: 𝑆𝑆1 = 𝑆𝑆2 = {«Nicht ausweichen», «Ausweichen»}
• Auszahlungen:
Spieler 2

(u1, u2) «Nicht ausweichen» «Ausweichen»


«Nicht ausweichen» -100,-100 50,0
Spieler 1
«Ausweichen» 0,50 20,20

− Anwendungen: Verkehrsstau, Markteintritt, …

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 29


Institut für Volkswirtschaftslehre

Penalty-Game
− Der Penaltyschütze muss entscheiden, ob er in die Torecke «Links» oder «Rechts» zielt. Simultan muss
der Goalie entscheiden, ob er nach «Links» oder «Rechts» springt.
• Spieler: 𝐼𝐼 = {1, 2}
• Strategien: 𝑆𝑆1 = 𝑆𝑆2 = {«Links», «Rechts»}
• Auszahlungen:
Spieler 2 (Goalie)

(u1, u2) «Links» «Rechts»

Spieler 1 «Links» -1,1 1,-1


(Schütze) «Rechts» 1,-1 -1,1

− Das Spiel scheint kein Nash-GG zu haben. Tatsächlich gibt es kein Nash-GG in reinen Strategien.
− Aber es gibt ein Gleichgewicht in gemischten Strategien.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 30


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG in gemischten Strategien (I)


− Bislang haben wir angenommen, dass jeder Spieler i eine von K i reinen Strategien spielt, d.h. si ∈ Si =
si1 , … , siKi , d.h., dass ein Spieler eine seiner K i reinen Strategien mit Wahrscheinlichkeit 1 spielt.
− In manchen Situationen kann es jedoch besser sein, sein Verhalten zu randomisieren (z.B.
Elftmeterschiessen, Poker).
• Wir modellieren dies als Wahrscheinlichkeitsverteilung, die jeder reinen Strategie in Si eine
(Spiel-)Wahrscheinlichkeit für Spieler i zuweist.
• Formal: Eine gemischte Strategie für Spieler i ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung
σi = (σi1 , … , σiKi ) über die Menge der Strategien Si , wobei 0 ≤ 𝜎𝜎ik ≤ 1 für k = 1, … , K i
und σi1 + ⋯ + σiKi = 1.
 σik ist die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler i die reine Strategie sik spielt.
 Eine reine Strategie lässt sich als eine degenerierte gemischte Strategie modellieren.
 Vereinfachte Schreibweise: σi = σi1 · si1 + ⋯ + σiKi · siKi

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 31


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG in gemischten Strategien (II)


− Dem Nash-GG in gemischten Strategien liegt ebenfalls die Idee der besten Antwort zugrunde, jedoch
sind nun auch gemischte Strategien zulässig.
• Wegen der Randomisierung ist die erwartete Auszahlung massgebend:
K1
 Für N=2: vi 𝜎𝜎1 , 𝜎𝜎2 = ∑j=1 ∑K2
k=1 𝜎𝜎1j ⋅ 𝜎𝜎2k ⋅ ui s1j , s2k

 Implizite Annahme: Die Spieler randomisieren unabhängig voneinander.


− Die Definition des Nash-GG ist nun analog zum Fall mit reinen Strategien, wir ersetzen lediglich s durch
𝜎𝜎 und u durch v in der vorherigen Definition:
• Formal: Die Strategien 𝜎𝜎1∗ , … , 𝜎𝜎N∗ bilden ein Nash-GG in gemischten Strategien, wenn für alle
Spieler i ∈ I die gemischte Strategie 𝜎𝜎i∗ eine beste Antwort auf 𝜎𝜎−i

ist: vi 𝜎𝜎i∗ , 𝜎𝜎−i
∗ ∗
≥ vi 𝜎𝜎i , 𝜎𝜎−i für alle
𝜎𝜎i ∈ Σ𝑖𝑖 .

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 32


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG in gemischten Strategien (III)


− Wie findet man ein Nash-GG in gemischten Strategien?
• Hierzu müssen wir zunächst die «Beste-Antwort-Korrespondenzen» beider Spieler suchen.
 Eine Funktion ordnet jedem Element der Ausgangmenge/des Definitionsbereichs genau ein
Element der Zielmenge/des Wertebereichs zu.
 Eine Korrespondenz ordnet jedem Element der Ausgangmenge/des Definitionsbereichs ein
oder mehrere Elemente der Zielmenge/des Wertebereichs zu.
• Die «Beste-Antwort-Korrespondenzen» beschreiben für jede mögliche (gemischte) Strategie der
anderen Spieler, welche (gemischten) Strategien beste Antworten darauf sind.
• Ein Schnittpunkt (auch «Fixpunkt» genannt) der «Beste-Antwort-Korrespondenzen» aller Spieler
markiert ein Nash-GG.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 33


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in gemischten Strategien finden: Penalty-Game (I)


• Angenommen, der Schütze glaubt, dass der Goalie mit Wahrscheinlichkeit 𝑞𝑞�𝐿𝐿 «Links» wählt:
𝜎𝜎�𝐺𝐺 = 𝑞𝑞�𝐿𝐿 , 𝑞𝑞�𝑅𝑅 .
• Sei 𝑝𝑝𝐿𝐿 die Wahrscheinlichkeit, dass der Schütze «Links» wählt.
• Wählt der Schütze die reine Strategie «Links», 𝜎𝜎𝜎S = 𝑝𝑝𝐿𝐿 = 1, 𝑝𝑝𝑅𝑅 = 0 , ist seine erwartete
Auszahlung:
vS (𝜎𝜎𝜎S ; 𝜎𝜎�𝐺𝐺 ) = 𝑞𝑞�𝐿𝐿 · (−1) + (1 − 𝑞𝑞�𝐿𝐿 ) · 1 = 1 − 2𝑞𝑞�𝐿𝐿

• Wählt der Schütze die reine Strategie «Rechts», 𝜎𝜎𝜎𝜎S = 𝑝𝑝𝐿𝐿 = 0, 𝑝𝑝𝑅𝑅 = 1 , ist seine erwartete
Auszahlung:
vS (𝜎𝜎𝜎𝜎S ; 𝜎𝜎�𝐺𝐺 ) = 𝑞𝑞�𝐿𝐿 · 1 + (1 − 𝑞𝑞�𝐿𝐿 ) · (−1) = 2𝑞𝑞�𝐿𝐿 − 1

• Der Schütze sollte also die reine Strategie «Links» wählen, falls
1
1 − 2𝑞𝑞�𝐿𝐿 > 2𝑞𝑞�𝐿𝐿 − 1 ⇔ 𝑞𝑞�𝐿𝐿 <
2
• Falls 𝑞𝑞�𝐿𝐿 > 1/2, sollte der Schütze die reine Strategie «Rechts» wählen.
• Bei 𝑞𝑞�𝐿𝐿 = 1/2 ist der Schütze indifferent zwischen den reinen Strategien «Links» und «Rechts».

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 34


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in gemischten Strategien finden: Penalty-Game (II)


• Wir haben somit die Beste-Antwort-Korrespondenz des Schützen hergeleitet, der mit
Wahrscheinlichkeit 𝑝𝑝 «Links» wählt.
• Die Beste-Antwort-Korrespondenz gibt uns die für den Schützen optimalen Werte von 𝑝𝑝 für jedes 𝑞𝑞.

𝑝𝑝
Schütze: 𝑝𝑝(𝑞𝑞)
1

0,5 1 𝑞𝑞

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 35


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in gemischten Strategien finden: Penalty-Game (III)


• Betrachten wir nun den Goalie.
• Angenommen, der Goalie glaubt, dass der Schütze mit Wahrscheinlichkeit 𝑝𝑝�𝐿𝐿 «Links» wählt:
𝜎𝜎�𝑆𝑆 = 𝑝𝑝�𝐿𝐿 , 𝑝𝑝�𝑅𝑅 .
• Sei 𝑞𝑞𝐿𝐿 die Wahrscheinlichkeit, dass der Goalie «Links» wählt.
• Wählt der Goalie die reine Strategie «Links», 𝜎𝜎𝜎G = 𝑞𝑞𝐿𝐿 = 1, 𝑞𝑞𝑅𝑅 = 0 , ist seine erwartete Auszahlung:
vG (𝜎𝜎𝜎G ; 𝜎𝜎�𝑆𝑆 ) = 𝑝𝑝�𝐿𝐿 · 1 + (1 − 𝑝𝑝�𝐿𝐿 ) · (−1) = 2𝑝𝑝�𝐿𝐿 − 1

• Wählt der Goalie die reine Strategie «Rechts», 𝜎𝜎𝜎𝜎G = 𝑞𝑞𝐿𝐿 = 0, 𝑞𝑞𝑅𝑅 = 1 , ist seine erwartete Auszahlung:
vG 𝜎𝜎 ′′ G ; 𝜎𝜎�𝑆𝑆 = 𝑝𝑝�𝐿𝐿 · −1 + 1 − 𝑝𝑝�𝐿𝐿 · 1 = 1 − 2𝑝𝑝�𝐿𝐿

• Der Goalie sollte also die reine Strategie «Links» wählen, falls
1
2𝑝𝑝�𝐿𝐿 − 1 > 1 − 2𝑝𝑝�𝐿𝐿 ⇔ 𝑝𝑝�𝐿𝐿 >
2
• Falls 𝑝𝑝�𝐿𝐿 < 1/2, sollte der Goalie die reine Strategie «Rechts» wählen.
• Bei 𝑝𝑝�𝐿𝐿 = 1/2 ist der Goalie indifferent zwischen den reinen Strategien «Links» und «Rechts».
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 36
Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein Nash-GG in gemischten Strategien finden: Penalty-Game (IV)


• Wir haben somit die Beste-Antwort-Korrespondenz des Goalies hergeleitet: Die für ihn optimalen
Werte von 𝑞𝑞 für jedes 𝑝𝑝.

• Die Beste-Antwort-Korrespondenzen schneiden sich


𝑝𝑝 bei 𝑝𝑝 = 𝑞𝑞 = 1/2
Schütze: 𝑝𝑝(𝑞𝑞)  Wechselseitig beste Antworten
1  Nash-GG
• Wenn der Schütze mit 𝑝𝑝 = 0.5 randomisiert, ist der
Goalie gerade indifferent, ob er nach links oder rechts
springen soll. Also ist es für den Goalie eine beste
0,5 Antwort, selber mit 𝑞𝑞 = 0.5 zu randomisieren.
Goalie: 𝑞𝑞(𝑝𝑝)
• Und wenn der Goalie mit 𝑞𝑞 = 0.5 randomisiert, ist der
Schütze gerade indifferent, ob er nach links oder
rechts schiessen soll. Also ist es für den Schützen
eine beste Antwort, mit 𝑝𝑝 = 0.5 zu randomisieren.
0,5 1 𝑞𝑞

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 37


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG in gemischten Strategien: Koordinationsspiel (I)


− Neben den zwei Nash-GG in reinen Strategien gibt es noch ein Nash-GG in gemischten Strategien.
− Es ist nützlich zu wissen, dass es in Spielen mit einer endlichen Anzahl von GG (unter gewissen
technischen Annahmen: «generische Spiele») immer eine ungerade Anzahl von GG gibt.
• Wenn Er mit W. 𝑞𝑞 zum «Central» geht, dann ist ihre erwartete Auszahlung, wenn Sie «Central» wählt:
vSie = 𝑞𝑞 · 2 + (1 − 𝑞𝑞) · 0 = 2𝑞𝑞

• Wählt Sie «Bellevue», ist ihre erwartete Auszahlung


vSie = 𝑞𝑞 · 0 + (1 − 𝑞𝑞) · 1 = 1 − 𝑞𝑞

• Sie sollte also «Central» wählen, falls


1
2𝑞𝑞 > 1 − 𝑞𝑞 ⇔ 𝑞𝑞 >
3
• Falls 𝑞𝑞 = 1/3, ist Sie gerade indifferent zwischen «Central» und «Bellevue».
• Falls 𝑞𝑞 < 1/3, sollte Sie «Bellevue» wählen.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 38


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG in gemischten Strategien: Koordinationsspiel (II)


− Schauen wir nun auf ihn.
• Wenn Sie mit W. 𝑝𝑝 zum «Central» geht, dann ist seine erwartete Auszahlung, wenn er «Central»
wählt:
vEr = 𝑝𝑝 · 1 + (1 − 𝑝𝑝) · 0 = 𝑝𝑝
• Wählt Er «Bellevue», ist seine erwartete Auszahlung:
vEr = 𝑝𝑝 · 0 + (1 − 𝑝𝑝) · 2 = 2 − 2𝑝𝑝
• Er sollte also «Central» wählen, falls
2
𝑝𝑝 > 2 − 2𝑝𝑝 ⇔ 𝑝𝑝 >
3
• Falls 𝑝𝑝 = 2/3, ist er gerade indifferent zwischen «Central» und «Bellevue».
• Falls 𝑝𝑝 < 2/3, sollte er «Bellevue» wählen.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 39


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG in gemischten Strategien: Koordinationsspiel (III)


− Die Beste-Antwort-Korrespondenzen schneiden sich an drei Stellen: Es gibt drei Nash-GG; zwei in reinen
Strategien, (𝑝𝑝 = 1, 𝑞𝑞 = 1) und (𝑝𝑝 = 0, 𝑞𝑞 = 0), und eines in gemischten Strategien, (𝑝𝑝 = 2/3, 𝑞𝑞 = 1/3).

− Die beiden GG in reinen Strategien:


𝑝𝑝
Sie • Wenn Er mit W. 𝑞𝑞 = 1 (𝑞𝑞 = 0) zum Central geht, dann ist
1 es für Sie optimal mit W. 𝑝𝑝 = 1 (𝑝𝑝 = 0) zum Central zu
gehen (und umgekehrt).
− Das GG in gemischten Strategien:
2/3
Er • Wenn Er mit W. 𝑞𝑞 = 1/3 randomisiert, ist Sie gerade
indifferent, ob Sie zum Central oder zum Bellevue gehen
soll. Also ist es für Sie eine beste Antwort, mit 𝑝𝑝 = 2/3 zu
randomisieren.
• Und wenn Sie mit W. 𝑝𝑝 = 2/3 randomisiert, ist Er gerade
indifferent, ob Er zum Central oder zum Bellevue gehen
1/3 1 𝑞𝑞
soll. Also ist es für ihn eine beste Antwort, mit 𝑞𝑞 = 1/3 zu
randomisieren.
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 40
Institut für Volkswirtschaftslehre

Sequenzielle Spiele mit vollständiger Information (I)


− Bisher haben wir simultane Spiele mit vollständiger Information betrachtet:
• Im Gefangenendilemma beispielsweise haben die Spieler ihre Strategie simultan gewählt (bzw. ohne
zu wissen, welche Strategie der andere Spieler wählt).
− Im Folgenden werden wir sequenzielle Spiele mit vollständiger Information betrachten.
• sequenziell: Die Spieler agieren nacheinander
 in der Klasse der sequenziellen Spiele beschränken wir uns auf Spiele mit perfekter Information
(«perfect information»), was bedeutet, dass die Spieler alle vorangegangenen Züge beobachten
können
• vollständige Information («complete information»): Alle Spieler kennen die Strategienmengen und die
Auszahlungsfunktionen aller Spieler
− Beispiele: Markteintritte, Verhandlungen, …
− Literaturempfehlung: Chapters 2.1A, 2.1B: “Dynamic Games of Complete Information”, in Robert
Gibbons “A Primer in Game Theory”

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 41


Institut für Volkswirtschaftslehre

Sequenzielle Spiele mit vollständiger Information (II)


− Die Normalform, die wir bislang genutzt haben, kann eine zeitliche Dimension nicht vollständig abbilden.
− Wir verwenden deshalb die extensive Form des Spiels:
• Formal: Die extensive Form eines Spiels spezifiziert:
(1) die Menge der Spieler I = 1, … , N
(2a) zu welchem Zeitpunkt welcher Spieler am Zug ist
(2b) welche Aktionen einem Spieler zur Verfügung stehen, wenn er am Zug ist
(2c) was ein Spieler weiss, wenn er am Zug ist
(3) die Auszahlung eines jeden Spielers für jede mögliche Kombination von
Zügen
− Es ist häufig hilfreich, Spiele in extensiver Form mit Hilfe eines Spielbaums zu beschreiben.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 42


Institut für Volkswirtschaftslehre

Sequenzielle Spiele mit vollständiger Information (III)


− Formal: Ein Spielbaum besteht aus einer Menge von geordneten und miteinander verbundenen Knoten:
• Entscheidungsknoten: Hier kann genau ein Spieler aus einer Menge von Aktionen auswählen. Jede
Aktion führt zu einem neuen Entscheidungs- oder Endknoten.
• Endknoten: Hier endet das Spiel und die Auszahlungen werden zugeordnet.
− Weitere Annahmen:
• Der Spielbaum beginnt mit genau einem Anfangs-Entscheidungsknoten
• Der Spielbaum verzweigt sich echt:
 Er wächst nicht in sich selbst zurück (keine Zyklen)
 Zweige wachsen nicht wieder zusammen

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 43


Institut für Volkswirtschaftslehre

Sequenzielle Spiele mit vollständiger Information (IV)


− Beispiel:

1 Auszahlung Spieler 1
Auszahlung Spieler 2
L R
2 2

L’ R’ L’ R’

3 1 2 0
1 2 1 0

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 44


Institut für Volkswirtschaftslehre

Strategien in sequenziellen Spielen


− Eine Strategie in einem sequenziellen Spiel ist ein vollständig bedingter Aktionsplan, der angibt, wie
sich ein Spieler an jedem seiner Entscheidungsknoten verhalten wird.
− Im vorherigen Spiel:
• Spieler 1 hat zwei reine Strategien: «L» and «R».
• Spieler 2 hat vier reine Strategien:
1. «L’, R’»: Spiele links, wenn Spieler 1 «L» gespielt hat und spiele rechts, wenn Spieler 1 «R»
gespielt hat
2. «R’, L’» : Spiele rechts, wenn Spieler 1 «L» gespielt hat und spiele links, wenn Spieler 1 «R»
gespielt hat
3. «L’, L’»: Spiele links, unabhängig davon, ob Spieler 1 «L» oder «R» gespielt hat
4. «R’, R’»: Spiele rechts, unabhängig davon, ob Spieler 1 «L» oder «R» gespielt hat

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 45


Institut für Volkswirtschaftslehre

Bestimmung von Nash-GG in sequenziellen Spielen


− Die Idee des Nash-GG ist dieselbe wie in simultanen Spielen mit vollständiger Information.
− Es ist deshalb oft nützlich, den Spielbaum in die Normalform zu übersetzen.
 Beachten Sie, dass hierbei die Information über die Zugreihenfolge verloren geht!

Spieler 2

(u1, u2) («L’», «L’») («L’», «R’») («R’», «L’») («R’», «R’»)
«L» 3,1 3,1 1,2 1,2
Spieler 1
«R» 2,1 0,0 2,1 0,0

− Die Nash-GG in reinen Strategien sind: («L», («R‘», «R‘»)), («R», («R‘», «L‘»))
− Aber sind alle dieser Nash-GG plausibel?

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 46


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unglaubwürdige Drohungen (I)


− Zurück zum Beispiel in extensiver Form, die die zeitliche Struktur berücksichtigt:
− Betrachten wir das Nash-GG («R», («R‘», «L‘»)).
− Wenn Spieler 1 «R» gespielt hat,
dann ist es für Spieler 2 optimal,
1
«L‘» zu spielen (es ist eine beste
Antwort).
L R
− Die Aktion, die die Strategie von 2 2
Spieler 2 für den Fall vorsieht,
dass Spieler 1 «L» gespielt hat, L’ R’ L’ R’
liegt abseits des «GG-Pfads»,
wäre aber auch eine optimale
3 1 2 0
Antwort. 1
1 2 0

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 47


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unglaubwürdige Drohungen (II)


− Betrachten wir nun das Nash-GG («L», («R‘», «R‘»))
− Wenn Spieler 1 «L» gespielt hat, dann ist es für Spieler 2 optimal, «R‘» zu spielen (es ist eine beste
Antwort).
− Die Aktion, die die Strategie von Spieler 2 für
1
den Fall vorsieht, dass Spieler 1 «R» gespielt
hat, liegt abseits des «GG-Pfads»;
L R
der rechte Entscheidungsknoten 2 2
wird im GG nicht erreicht.
− Strategie («R‘», «R‘») von Spieler 2 L’ R’ L’ R’
ist somit eine beste Antwort auf
Strategie «L» von Spieler 1,
3 1 2 0
denn die Aktion am rechten 1
1 2 0
Entscheidungsknoten ist für
die Auszahlungen irrelevant.
− Aber ist dieses Nash-GG überzeugend?

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 48


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unglaubwürdige Drohungen (III)


− Spieler 1 bekommt im Nash-GG («L», («R‘», «R‘»)) nur eine Auszahlung von 1 und würde das Nash-GG
(«R», («R‘», «L‘»)) vorziehen, in dem sie eine Auszahlung von 2 bekommt.
− Aber Spieler 2 «droht damit», «R’» zu spielen, wenn
Spieler 1 «R» spielt (die Strategie von Spieler 2 sieht 1
«R’» am rechten Entscheidungsknoten vor).
− Ist diese «Drohung» glaubwürdig?
L R
− Sollte Spieler 1 einseitig abweichen 2 2
und «R» spielen?
L’ R’ L’ R’
− Sobald Spieler 1 «R» gespielt hat, ist
es keine beste Antwort von Spieler 2,
«R’» zu spielen, sondern «L’». 3 1 2 0
− Somit kann Spieler 1 ihre 1 2 1 0
Auszahlung erhöhen, indem sie «R»
(gefolgt von «L’») anstatt «L» (gefolgt von «R’») spielt.
− Das Nash-GG («L», («R‘», «R‘»)) ist somit nicht glaubwürdig.
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 49
Institut für Volkswirtschaftslehre

Teilspielperfekte Nash-GG
− Um unglaubwürdige Drohungen auszuschliessen, muss das GG-Konzept von Nash verfeinert werden.
− Hierzu benötigen wir das Konzept der «Teilspiele»:
• Formal: Ein Teilspiel eines Spiels (mit «perfekter Information») in extensiver Form
a) beginnt an einem Entscheidungsknoten K
b) beinhaltet alle Entscheidungs- und Endknoten, die K nachfolgen, aber keine Knoten, die
K nicht nachfolgen
− Als Verfeinerung nutzen wir teilspielperfekte Nash-GG.
• Formal: Ein Nash-GG ist teilspielperfekt, wenn die Strategien der Spieler in jedem Teilspiel ein
Nash-GG bilden.
− Beachten Sie:
• Bei Spielen mit «perfekter Information» startet an jedem Entscheidungsknoten ein neues Teilspiel
• Das gesamte Spiel ist ebenfalls ein Teilspiel, also ist jedes teilspielperfekte Nash-GG ein Nash-GG
(aber nicht umgekehrt).

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 50


Institut für Volkswirtschaftslehre

Bestimmung von teilspielperfekten Nash-GG: Rückwärtsinduktion (I)


− Teilspielperfekte Nash-GG kann man durch Rückwärtsinduktion finden:
1. Finden Sie die optimalen Entscheidungen des Spielers, der als letzter am Zug ist, an jedem seiner
Entscheidungsknoten.
2. Finden Sie nun die optimalen Entscheidungen des Spielers, der als vorletzter am Zug ist, unter
Berücksichtigung der optimalen Entscheidungen des letzten Spielers.
3. Fahren Sie so fort, bis der erste Entscheidungsknoten des ersten Spielers erreicht ist.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 51


Institut für Volkswirtschaftslehre

Bestimmung von teilspielperfekten Nash-GG: Rückwärtsinduktion (II)


− Wir lösen nun das Spiel durch Rückwärtsinduktion:
1
L R
2 2

L’ R’ L’ R’

3 1 2 0
1 2 1 0

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 52


Institut für Volkswirtschaftslehre

Bestimmung von teilspielperfekten Nash-GG: Rückwärtsinduktion (III)


− Wir lösen nun das Spiel durch Rückwärtsinduktion:
1
L R
2 2

L’ R’ L’ R’

3 1 2 0
1 2 1 0

− Das einzige teilspielperfekte Nash-GG ist somit («R», («R’», «L’»))


− Das unglaubwürdige Nash-GG («L», («R‘», «R‘»)) ist nicht teilspielperfekt.
− Grund: der relevante Teil der Strategie («R‘», «R‘») von Spieler 2 bildet kein Nash-GG in dem Teilspiel,
das am rechten Entscheidungsknoten von Spieler 2 beginnt: «R’» ist dort keine beste Antwort
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 53
Institut für Volkswirtschaftslehre

Weitergehende Konzepte in der Spieltheorie


− Wir haben Lösungskonzepte für statische und sequenzielle/dynamische Spiele mit vollständiger
(«complete information») Information kennengelernt.
− In der Klasse der sequenziellen Spiele haben wir uns auf Spiele mit perfekter Information («perfect
information»), was bedeutet, dass die Spieler alle vorangegangenen Züge beobachten können.
− Lösungskonzepte für Spiele mit beispielsweise «incomplete information» (eine kurze Beschreibung
finden Sie am Ende von Chapter 3 des Buchs von Frank und Cartwright), oder für Spiele mit «imperfect
information» werden in der folgenden weiterführenden Veranstaltung vermittelt:
 Introduction to Game Theory (L+E) (03SM22BO0020)
− Ein solides Wissen in der Spieltheorie ist in vielen weiterführende Kurse hilfreich.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 55


Institut für Volkswirtschaftslehre

Teil 2:
Unvollkommener Wettbewerb

2A: Cournot-, Bertrand- und Stackelberg-Duopol


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ökonomische Anwendung Nash-GG: Cournot-Wettbewerb


− Wir betrachten nun ein «Oligopol» als Beispiel für eine Situation mit strategischer Interaktion.
− Im Gegensatz zu einem Anbieter bei vollkommenem Wettbewerb hat im Falle «weniger» Anbieter
(Oligopol) jeder Anbieter Marktmacht, muss aber auch die Handlungen der anderen Anbieter
berücksichtigen  strategische Interaktion  spieltheoretisches Lösungskonzept
− Cournot-Duopol:
• Oligopol mit zwei Anbietern (Duopol)
• Beide Anbieter wählen simultan ihre Produktionsmenge (Mengenwettbewerb; vgl. Preiswettbewerb
im Bertrand-Spiel) und kennen die Auszahlungsfunktionen beider Anbieter
• Wir betrachten somit ein simultanes Spiel mit vollständiger Information
• Das Lösungskonzept ist somit das Nash-GG.
• Der Preis ergibt sich aus der gesamthaft angebotenen Menge im Zusammenspiel mit der
Nachfrageseite, die durch eine Nachfragekurve fix gegeben ist (die Konsumenten agieren nicht
strategisch)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 57


Institut für Volkswirtschaftslehre

Das Cournot-Duopol-Spiel
− Wir betrachten einen Markt mit zwei Anbietern i = 1,2, die einmalig, simultan und unabhängig
voneinander ihre Angebotsmenge Q i wählen.
− Die Nachfrage sei durch 𝑃𝑃 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 𝑄𝑄1 + 𝑄𝑄2 gegeben, wobei 𝑄𝑄1 und 𝑄𝑄2 die von Anbieter 1 und 2
angebotenen Mengen bezeichnen.
− Beide Anbieter haben die Kostenfunktion 𝐶𝐶 𝑄𝑄𝑖𝑖 = 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄𝑖𝑖 , wobei 𝑎𝑎 > 𝑐𝑐
− Somit ist unser Cournot-Duopol-Spiel wie folgt:
• Anzahl Spieler: 𝐼𝐼 = 1,2
• Strategien: 𝑆𝑆1 = 𝑆𝑆2 = ℝ+
0 (Angebotsmengen)
• Auszahlungsfunktionen: 𝛱𝛱𝑖𝑖 𝑄𝑄1 , 𝑄𝑄2 = 𝑃𝑃 ⋅ 𝑄𝑄𝑖𝑖 − 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄𝑖𝑖 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 𝑄𝑄1 + 𝑄𝑄2 − 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄𝑖𝑖

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 58


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Cournot-Spiel (I)


− Wir suchen nun nach Nash-GG, indem wir die besten Antworten der beiden Spieler für jede mögliche
Angebotsmenge des jeweils anderen Spielers herleiten.
− Beste Antwort Spieler 1:
• Spieler 1 maximiert ihren Gewinn gegeben die Angebotsmenge von Spieler 2, 𝑄𝑄2 ∈ ℝ+
0.

• Optimierungsproblem Spieler 1:
max 𝛱𝛱1 𝑄𝑄1 , 𝑄𝑄2 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 𝑄𝑄1 + 𝑄𝑄2 − 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄1
Q1 ∈ℝ+
0

• Bedingung erster Ordnung (BEO): 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏𝑄𝑄2 − 2𝑏𝑏𝑄𝑄1 − 𝑐𝑐 = 0


 Interpretation: Grenzerlös gegeben 𝑄𝑄2 , 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏𝑄𝑄2 − 2𝑏𝑏𝑄𝑄1 , gleich Grenzkosten, 𝑐𝑐.
• Auflösen der BEO nach 𝑄𝑄1 ergibt die Reaktionsfunktion von Spieler 1, das heisst, die beste Antwort
(hier: Angebotsmenge 𝑄𝑄1 ) auf jede Strategie (hier: Angebotsmenge 𝑄𝑄2 ) des Wettbewerbers:
𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 1
𝑄𝑄1∗ (𝑄𝑄2 ) = − 𝑄𝑄2
2𝑏𝑏 2

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 59


Institut für Volkswirtschaftslehre

Exkurs: Grafische Darstellung - Analogie zum Monopol


𝑃𝑃
𝑎𝑎
Nachfrage: 𝑃𝑃 = 𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄

0 𝑄𝑄

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 60


Institut für Volkswirtschaftslehre

Exkurs: Grafische Darstellung - Analogie zum Monopol


𝑃𝑃
𝑎𝑎
Nachfrage: 𝑃𝑃 = 𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄

𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2
für Anbieter 1 ist 𝑄𝑄2
gegeben

0 𝑄𝑄
𝑄𝑄2

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 61


Institut für Volkswirtschaftslehre

Exkurs: Grafische Darstellung - Analogie zum Monopol


𝑃𝑃

𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2

Residualnachfrage für Spieler 1:


𝑃𝑃1 = (𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2) – 𝑏𝑏𝑄𝑄1

0 𝑄𝑄1

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 62


Institut für Volkswirtschaftslehre

Exkurs: Grafische Darstellung - Analogie zum Monopol


𝑃𝑃

𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2

Residualnachfrage für Spieler 1:


Grenzerlös für 1 𝑃𝑃1 = (𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2) – 𝑏𝑏𝑄𝑄1
(analog zum Monopol)
𝑀𝑀𝑀𝑀1

0 𝑄𝑄1

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 63


Institut für Volkswirtschaftslehre

Exkurs: Grafische Darstellung - Analogie zum Monopol


𝑃𝑃 Erlös für Spieler 1:
𝑀𝑀1 = 𝑃𝑃1 ⋅ 𝑄𝑄1 = 𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2 – 𝑏𝑏𝑄𝑄1 ⋅ 𝑄𝑄1
= 𝑎𝑎𝑄𝑄1– 𝑏𝑏𝑄𝑄2 𝑄𝑄1– 𝑏𝑏𝑄𝑄12
Grenzerlös: 𝑀𝑀𝑀𝑀1 = 𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2 – 2𝑏𝑏𝑄𝑄1
Optimalitätsbedingung: 𝑀𝑀𝑀𝑀1 = 𝑀𝑀𝐶𝐶1 = 𝑐𝑐

𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2 𝑎𝑎−𝑐𝑐 1
 𝑄𝑄1∗ = − 𝑄𝑄2
2𝑏𝑏 2

Residualnachfrage für Spieler 1:


Grenzerlös für 1 𝑐𝑐 𝑃𝑃1 = (𝑎𝑎 – 𝑏𝑏𝑄𝑄2) – 𝑏𝑏𝑄𝑄1
(analog zum Monopol)
𝑀𝑀𝑀𝑀1

0 𝑄𝑄1∗ 𝑄𝑄1

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 64


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Cournot-Spiel (II)


− Die Reaktionsfunktion von Spieler 1 hatten wir hergeleitet:
𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 1
𝑄𝑄1∗ (𝑄𝑄2 ) = − 𝑄𝑄2
2𝑏𝑏 2
− Analog ist die Reaktionsfunktion von Spieler 2 (wg. Symmetrie):
𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 1
𝑄𝑄2∗ (𝑄𝑄1 ) = − 𝑄𝑄1
2𝑏𝑏 2
− Im Nash-Gleichgewicht des Cournot-Spiels, (𝑄𝑄1𝐶𝐶𝑡𝑡 , 𝑄𝑄2𝐶𝐶𝑡𝑡 ), hat kein Spieler den Anreiz, einseitig
abzuweichen, d.h. beide Spieler spielen ihre beste Antwort auf die erwartete Menge des anderen
Spielers und die Erwartungen sind im GG korrekt:
𝑄𝑄1𝐶𝐶𝑡𝑡 = 𝑄𝑄1∗ 𝑄𝑄2𝐶𝐶𝑡𝑡 , 𝑄𝑄2𝐶𝐶𝑡𝑡 = 𝑄𝑄2∗ 𝑄𝑄1𝐶𝐶𝑡𝑡
− Diese Bedingungen generieren ein Gleichungssystem mit zwei Gleichungen und zwei Unbekannten:
𝑎𝑎−𝑐𝑐 1
(1) 𝑄𝑄1𝐶𝐶𝑡𝑡 = 2𝑏𝑏
− 𝑄𝑄2𝐶𝐶𝑡𝑡
2

𝑎𝑎−𝑐𝑐 1
(2) 𝑄𝑄2𝐶𝐶𝑡𝑡 = − 𝑄𝑄1𝐶𝐶𝑡𝑡
2𝑏𝑏 2

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 65


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Cournot-Spiel (III)


− Durch Einsetzen von 𝑄𝑄2𝐶𝐶𝑡𝑡 aus Gl. (2) in Gl. (1) und anschliessendes Vereinfachen erhalten wir:
𝑎𝑎−𝑐𝑐
(3) 𝑄𝑄1𝐶𝐶𝑡𝑡 = 3𝑏𝑏

− Durch Einsetzen von 𝑄𝑄1𝐶𝐶𝑡𝑡 aus Gl. (3) in Gl. (2) und anschliessendes Vereinfachen erhalten wir:
𝑎𝑎−𝑐𝑐
(4) 𝑄𝑄2𝐶𝐶𝑡𝑡 = 3𝑏𝑏
𝑎𝑎−𝑐𝑐 𝑎𝑎−𝑐𝑐
− (𝑄𝑄1𝐶𝐶𝑡𝑡 , 𝑄𝑄2𝐶𝐶𝑡𝑡 ) = , ist somit das Nash-GG im Cournot-Spiel.
3𝑏𝑏 3𝑏𝑏
2 𝑎𝑎−𝑐𝑐
− Daraus ergibt sich die Gesamtmenge: 𝑄𝑄𝐶𝐶𝑡𝑡 =
3𝑏𝑏
2 𝑎𝑎−𝑐𝑐 𝑎𝑎+2𝑐𝑐
− Die Gesamtmenge bestimmt den Gleichgewichtspreis: 𝑃𝑃𝐶𝐶𝑡𝑡 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 = > 𝑐𝑐
3𝑏𝑏 3

𝑎𝑎+2𝑐𝑐 𝑎𝑎−𝑐𝑐 1 𝑎𝑎−𝑐𝑐 2


− Der Gewinn eines Cournot-Duopolisten im GG: Π 𝐶𝐶𝑡𝑡 1 = Π 𝐶𝐶𝑡𝑡 2 = − 𝑐𝑐 ⋅ =
3 3𝑏𝑏 9 𝑏𝑏

− Das Ergebnis ist ineffizient (vgl. Monopol).

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 66


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Cournot-Spiel: Grafisch


𝑄𝑄1

𝑎𝑎 − 𝑐𝑐
2𝑏𝑏

Reaktionsfunktion von Spieler 1:


𝑎𝑎−𝑐𝑐 1
𝑄𝑄1∗ (𝑄𝑄2 ) = − 𝑄𝑄2
𝑄𝑄1∗ 2𝑏𝑏 2

0 𝑄𝑄2 𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 𝑄𝑄2
𝑏𝑏
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 67
Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Cournot-Spiel: Grafisch


𝑄𝑄1
𝑎𝑎 − 𝑐𝑐
Reaktionsfunktion von Spieler 2:
𝑏𝑏 𝑎𝑎−𝑐𝑐 1
𝑄𝑄2∗ (𝑄𝑄1 ) =
2𝑏𝑏 2
− 𝑄𝑄1

𝑄𝑄1

𝑎𝑎 − 𝑐𝑐
2𝑏𝑏

Reaktionsfunktion von Spieler 1:


𝑎𝑎−𝑐𝑐 1
𝑄𝑄1∗ (𝑄𝑄2 ) = − 𝑄𝑄2
2𝑏𝑏 2

0 𝑄𝑄2∗ 𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 𝑄𝑄2
2𝑏𝑏 𝑏𝑏
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 68
Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Cournot-Spiel: Grafisch


𝑄𝑄1
𝑎𝑎 − 𝑐𝑐
Reaktionsfunktion von Spieler 2:
𝑏𝑏 𝑎𝑎−𝑐𝑐 1
𝑄𝑄2∗ (𝑄𝑄1 ) =
2𝑏𝑏
− 𝑄𝑄1
2

Nash-GG: wechselseitig beste


Antworten; kein Spieler möchte
von seiner Strategie abweichen
𝑎𝑎 − 𝑐𝑐
2𝑏𝑏
𝑎𝑎 − 𝑐𝑐
Reaktionsfunktion von Spieler 1:
3𝑏𝑏 𝑎𝑎−𝑐𝑐 1
𝑄𝑄1∗ (𝑄𝑄2 ) = − 𝑄𝑄2
2𝑏𝑏 2

0 𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 𝑎𝑎 − 𝑐𝑐 𝑄𝑄2
3𝑏𝑏 2𝑏𝑏 𝑏𝑏
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 69
Institut für Volkswirtschaftslehre

Ökonomische Anwendung Nash-GG: Bertrand-Wettbewerb


− Im Cournot-Duopol wählen beide Firmen simultan ihre Mengen, d.h. sie reagieren mit ihrer
Angebotsmenge in für sie optimaler Weise auf die erwartete Angebotsmenge des Wettbewerbers.
− Im Bertrand-Duopol wählen beide Firmen simultan ihre Preise, d.h. sie reagieren mit ihrem Preis in für
sie optimaler Weise auf den erwarteten Preis des Wettbewerbers.

− Bertrand-Duopol:
• Oligopol mit zwei Anbietern
• Beide Anbieter wählen simultan ihre Angebotspreise (Preiswettbewerb) und kennen die
Auszahlungsfunktionen beider Anbieter
• Wir betrachten somit ein simultanes Spiel mit vollständiger Information
• Die Angebotsmenge ergibt sich im Zusammenspiel mit der Nachfrageseite, die durch eine
Nachfragekurve fix gegeben ist (die Konsumenten agieren nicht strategisch).
 Konsumenten kaufen immer beim günstigsten Anbieter; falls beide Anbieter das Produkt zum
gleichen Preis anbieten, bedient jeder von ihnen 50% der Marktnachfrage.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 70


Institut für Volkswirtschaftslehre

Das Bertrand-Duopol-Spiel
− Wir betrachten einen Markt mit zwei Anbietern i = 1,2, die einmalig, simultan und unabhängig
voneinander ihren Angebotspreis 𝑃𝑃𝑖𝑖 wählen und dann die resultierende Nachfrage bedienen.
− Die Marktnachfrage sei durch 𝑄𝑄 = (𝑎𝑎 − 𝑃𝑃)/𝑏𝑏 , bzw. die inverse Nachfrage 𝑃𝑃 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏𝑄𝑄 gegeben.
− Beide Anbieter haben die langfristige Kostenfunktion 𝐶𝐶 𝑄𝑄𝑖𝑖 = 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄𝑖𝑖 , wobei 𝑎𝑎 > 𝑐𝑐.
− Somit ist unser Bertrand-Duopol-Spiel wie folgt:
• Anzahl Spieler: 𝐼𝐼 = 1,2
• Strategien: 𝑆𝑆1 = 𝑆𝑆2 = ℝ+
0 (Angebotspreise)
• Auszahlungsfunktionen (für 𝑖𝑖 ≠ 𝑗𝑗; 𝑃𝑃𝑖𝑖 < 𝑎𝑎):
𝑎𝑎 − 𝑃𝑃𝑖𝑖
𝑃𝑃𝑖𝑖 − 𝑐𝑐 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 𝑃𝑃𝑖𝑖 < 𝑃𝑃𝑗𝑗
𝑏𝑏
𝛱𝛱𝑖𝑖 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2 = 1 𝑎𝑎 − 𝑃𝑃𝑖𝑖
⋅ 𝑃𝑃𝑖𝑖 − 𝑐𝑐 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 𝑃𝑃𝑖𝑖 = 𝑃𝑃𝑗𝑗
2 𝑏𝑏
0 𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤𝑤 𝑃𝑃𝑖𝑖 > 𝑃𝑃𝑗𝑗

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 71


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Bertrand-Spiel (I)


− Wir suchen wieder ein Nash-GG, indem wir die besten Antworten beider Spieler bestimmen.
− Beste Antwort Spieler 1:
• Spieler 1 maximiert seinen Gewinn gegeben den Angebotspreis von Spieler 2, 𝑃𝑃2 ∈ ℝ+
0.
• Optimierungsproblem Spieler 1:
𝑚𝑚𝑎𝑎𝑥𝑥 𝛱𝛱1 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2
𝑃𝑃1 ∈ℝ+
0

• Beachten Sie, dass die zu maximierende Funktion nicht überall stetig ist (z.B. wenn 𝑃𝑃1 ausgehend
von 𝑃𝑃1 = 𝑃𝑃2 marginal erhöht wird). Wir können deshalb nicht die BEO zur Lösung des Maximierungs-
problems verwenden.
• Insbesondere ist nicht garantiert, dass überhaupt eine Lösung für das obige Maximierungsproblem
für jedes 𝑃𝑃2 ∈ ℝ+
0 existiert.
• Um das zu sehen, nehmen Sie beispielsweise an, dass 𝑐𝑐 < 𝑃𝑃2 < 𝑎𝑎. ( 𝑃𝑃2 ist strikt grösser als 𝑐𝑐)
• Wenn es keine kleinste Geldeinheit gibt, dann existiert in diesem Fall keine beste Antwort, wie wir
auf der nächsten Folie sehen werden.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 72


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Bertrand-Spiel (II)


− Nehmen Sie an, dass 𝑐𝑐 < 𝑃𝑃2 < 𝑎𝑎.
• 𝑃𝑃1 > 𝑃𝑃2 führt zu 𝜋𝜋1 = 0.
1 𝑎𝑎−𝑃𝑃2
• 𝑃𝑃1 = 𝑃𝑃2 führt zu 𝜋𝜋1 = 𝑃𝑃2 − 𝑐𝑐 > 0.
2 𝑏𝑏
𝑎𝑎−𝑃𝑃2 +𝜀𝜀
• 𝑃𝑃1 < 𝑃𝑃2 können wir schreiben als 𝑃𝑃1 = 𝑃𝑃2 − 𝜀𝜀, 𝜀𝜀 > 0. Dies führt zu 𝜋𝜋1 = 𝑃𝑃2 − 𝜀𝜀 − 𝑐𝑐 > 0.
𝑏𝑏

 Für ein hinreichend kleines ε ist der Gewinn bei P1 < P2 immer grösser als bei 𝑃𝑃1 = 𝑃𝑃2 , weil Firma 1
durch Unterbieten von Firma 2 die gesamte Marktnachfrage bekommt.
𝑎𝑎−𝑃𝑃2 +𝜀𝜀 𝑎𝑎−𝑃𝑃2 1 𝑎𝑎−𝑃𝑃2
formal: 𝑙𝑙𝑖𝑖𝑚𝑚 𝑃𝑃2 − 𝜀𝜀 − 𝑐𝑐 = 𝑃𝑃2 − 𝑐𝑐 > 𝑃𝑃2 − 𝑐𝑐
𝜀𝜀→0 𝑏𝑏 𝑏𝑏 2 𝑏𝑏

 Solange es kein “kleinstes ε“ gibt (z.B. eine kleinste Geldeinheit), existiert keine beste Antwort.
ε
 Es ist nicht optimal, um den Betrag ε zu unterbieten, da der Gewinn grösser ist, wenn um 2
ε
unterboten wird. Das kann aber auch nicht optimal sein, da der Gewinn grösser ist, wenn um 4
unterboten wird. u.s.w.  es existiert keine beste Antwort (technischer Aspekt)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 73


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Bertrand-Spiel (III)


− Aufgrund der nicht-Stetigkeit der Zielfunktion gehen wir im Bertrand-Spiel anders vor als im Cournot-
Spiel (wo wir die BEO genutzt haben).
− Intuitive Lösung:
• Wir haben zuvor gesehen, dass Spieler einander unterbieten wollen, solange sie ihr Produkt noch
«mit Gewinn» verkaufen können.
• Das gegenseitige Unterbieten findet so lange statt, bis 𝑃𝑃1 = 𝑃𝑃2 = 𝑐𝑐 gilt.
− Wir zeigen zunächst, dass (𝑃𝑃1𝐵𝐵 , 𝑃𝑃2𝐵𝐵 ) = 𝑐𝑐, 𝑐𝑐 ein Nash-GG ist: kein Spieler will einseitig abweichen
• Dieses Strategieprofil führt zu einem Gewinn von null für beide Spieler, da 𝑃𝑃𝑖𝑖 = 𝑐𝑐.
• Unterbieten führt zu einem Verlust für den unterbietenden Spieler (Spieler 𝑖𝑖), da unterbieten
bedeutet, dass 𝑃𝑃𝑖𝑖 < 𝑐𝑐  keine profitable Abweichung.
• Ein höherer Preis führt dazu, dass der erhöhende Spieler (Spieler 𝑖𝑖) sein Produkt nicht mehr
verkaufen kann, da überbieten bedeutet, dass 𝑃𝑃𝑖𝑖 > 𝑃𝑃𝑗𝑗 und die Nachfrage somit auf null fällt. Spieler 𝑖𝑖
erwirtschaftet somit weiterhin einen Nullgewinn  keine profitable Abweichung.
• 𝑐𝑐, 𝑐𝑐 ist also ein Nash-GG im Bertrand-Spiel!
HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 74
Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Bertrand-Spiel (IV)


− Gibt es noch weitere Nash-GG im Bertrand-Spiel?
− Um diese Frage zu beantworten, müssen wir alle möglichen Strategieprofile auf profitable Abweichungen
überprüfen.
− Fall 1:
• 𝑚𝑚𝑖𝑖𝑤𝑤 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2 < 𝑐𝑐
 Der (oder die) Anbieter mit 𝑃𝑃𝑖𝑖 = 𝑚𝑚𝑖𝑖𝑤𝑤 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2 macht Verluste und hat einen Anreiz, seinen Preis
einseitig zu erhöhen.
 Kein Nash-GG
− Fall 2:
• 𝑚𝑚𝑖𝑖𝑤𝑤 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2 > 𝑐𝑐
 Der (oder die) Anbieter mit 𝑃𝑃𝑖𝑖 = 𝑚𝑚𝑎𝑎𝑥𝑥 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2 hat einen Anreiz, seinen Preis einseitig zu senken,
um die gesamte Marktnachfrage zu bedienen.
 Kein Nash-GG

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 75


Institut für Volkswirtschaftslehre

Nash-GG im Bertrand-Spiel (V)


− Fall 3a:
• 𝑚𝑚𝑖𝑖𝑤𝑤 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2 = 𝑐𝑐 und 𝑃𝑃1 = 𝑃𝑃2
 keine profitable Abweichung (siehe «intuitive Lösung»)
 Nash-GG: (𝑃𝑃1𝐵𝐵 , 𝑃𝑃2𝐵𝐵 ) = 𝑐𝑐, 𝑐𝑐
− Fall 3b:
• 𝑚𝑚𝑖𝑖𝑤𝑤 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2 = 𝑐𝑐 und 𝑃𝑃1 ≠ 𝑃𝑃2 (z.B. 𝑃𝑃1 > 𝑃𝑃2 = 𝑐𝑐)
 Anbieter mit 𝑃𝑃𝑖𝑖 = 𝑚𝑚𝑖𝑖𝑤𝑤 𝑃𝑃1 , 𝑃𝑃2 hat einen Anreiz, seinen Preis einseitig marginal zu erhöhen,
sodass er weiterhin die gesamte Marktnachfrage bedient, aber zu einem höheren Preis.
 Kein Nash-GG

− Wir haben alle möglichen Fälle überprüft (im Cournot-Spiel hatten wir dies durch das wechselseitige
Einsetzen der Reaktionsfunktionen garantiert).
− Das Nash-GG (𝑃𝑃1𝐵𝐵 , 𝑃𝑃2𝐵𝐵 ) = 𝑐𝑐, 𝑐𝑐 ist somit das einzige Nash-GG im Bertrand-Spiel.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 76


Institut für Volkswirtschaftslehre

Bertrand-«Paradox» (I)
𝑎𝑎−𝑐𝑐
− Das Nash-GG im Bertrand-Spiel, (𝑃𝑃1𝐵𝐵 , 𝑃𝑃2𝐵𝐵 ) = 𝑐𝑐, 𝑐𝑐 , führt zu einer Gesamtmenge von 𝑄𝑄 𝐵𝐵 = .
𝑏𝑏
𝑎𝑎−𝑐𝑐
 Beide Anbieter bekommen jeweils die Hälfte der Nachfrage: 𝑄𝑄1𝐵𝐵 = 𝑄𝑄2𝐵𝐵 =
2𝑏𝑏
− Der Gewinn eines Bertrand-Duopolisten im GG: Π 𝐵𝐵 1 = Π 𝐵𝐵 2 = 0
− Das Bertrand-Nash-GG entspricht somit dem GG unter vollkommenem Wettbewerb!
− Bertrand-«Paradox»: Der Wettbewerb zwischen nur zwei Anbietern genügt im Bertrand-Spiel, um ein
Ergebnis wir bei vollkommenem Wettbewerb (Preis gleich Grenzkosten) zu erreichen.
− Vergleich mit dem Cournot-Duopol-Spiel (beachten Sie, dass wir immer 𝑎𝑎 > 𝑐𝑐 annehmen):
𝑎𝑎+2𝑐𝑐
 𝑃𝑃𝐶𝐶𝑡𝑡 = > 𝑐𝑐 = 𝑃𝑃𝐵𝐵
3
2 𝑎𝑎−𝑐𝑐 𝑎𝑎−𝑐𝑐
 𝑄𝑄𝐶𝐶𝑡𝑡 = ⋅ < = 𝑄𝑄𝐵𝐵
3 𝑏𝑏 𝑏𝑏
 Der Wettbewerb zwischen zwei Anbietern im Cournot-Spiel ist weniger «intensiv» und führt zu einem
höheren Preis und einer geringeren Menge.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 77


Institut für Volkswirtschaftslehre

Bertrand-«Paradox» (II)
− Der Wettbewerb im Bertrand-Spiel ist so «intensiv», da die Elastizität der Nachfrage für einen Anbieter im
GG unendlich hoch ist: Wenn Anbieter 𝑖𝑖 den Preis auch nur marginal über den Preis von Anbieter 𝑗𝑗
erhöht, fällt seine Nachfrage auf null.
 Damit dies der Fall sein kann, müssen die Güter der beiden Anbieter perfekte Substitute sein.
− Das Bertrand-«Paradox» tritt in folgenden Fällen nicht auf:
1) Wiederholte Spiele
 Wiederholte Interaktion zwischen zwei Anbietern kann zu Kollusion (Absprache der Anbieter)
führen (auch im Fall perfekter Substitute), so dass sich ein höherer Preis einstellt.
 Wir werden wiederholte Spiele im Teil 2B diskutieren.
2) Produktdifferenzierung
 Oft sind die Güter zweier Anbieter keine perfekten Substitute, sondern «differenziert».
 Wenn Produktdifferenzierung vorliegt, dann führt Preiswettbewerb zwischen zwei Anbietern nicht
mehr zum gleichen Ergebnis wie vollständiger Wettbewerb.
 Wir werden Modelle mit Produktdifferenzierung im Teil 2C diskutieren.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 78


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ökonomische Anwendung teilspielperfektes Nash-GG: Stackelberg-


Duopol
− Dieses Modell wird oft verwendet, wenn es auf einem Markt einen dominanten Anbieter gibt, an den alle
übrigen Anbieter ihr Verhalten anpassen.
 Beispiel: Saudi-Arabien als grösster Ölproduzent unter den OPEC-Mitgliedern legt seine Menge
zuerst fest. Die anderen OPEC-Mitglieder passen sich an.
− Wir betrachten einen Mengenwettbewerb wie im Cournot-Duopol, der nun aber sequenziell erfolgt:
1. Anbieter 1 bestimmt als erstes seine Produktionsmenge
2. Anbieter 2 beobachtet die Menge von Anbieter 1 und bestimmt dann seine Produktionsmenge
(optimale Antwort auf die Produktionsmenge von Anbieter 1)
− Lösungskonzept:
 teilspielperfektes Nash-GG
 Bestimmung der Angebotsmenge mittels Rückwärtsinduktion

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 79


Institut für Volkswirtschaftslehre

Spielbaum

Anbieter 1
(«Stackelbergführer»)

0 Q1 ∞
Anbieter 2
(«Stackelbergfolger»)
Kontinuum von
Strategien
0 ∞
Q2

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 80


Institut für Volkswirtschaftslehre

Das Stackelberg-Duopol-Spiel
− Wir betrachten einen Markt mit zwei Anbietern 𝑖𝑖 = 1,2, die einmalig und sequenziell ihre Angebotsmenge
𝑄𝑄𝑖𝑖 wählen; Anbieter 1, der «Stackelbergführer», wählt zuerst seine Angebotsmenge und Anbieter 2, der
«Stackelbergfolger», wählt danach im Wissen um die Entscheidung von Anbieter 1 seine Menge.
− Die Nachfrage sei durch 𝑃𝑃 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 𝑄𝑄1 + 𝑄𝑄2 gegeben, wobei 𝑄𝑄1 und 𝑄𝑄2 die von Anbieter 1 und 2 jeweils
angebotenen Mengen bezeichnen.
− Beide Anbieter haben die langfristige Kostenfunktion 𝐶𝐶 𝑄𝑄𝑖𝑖 = 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄𝑖𝑖 , wobei 𝑎𝑎 > 𝑐𝑐.

− Somit ist unser Stackelberg-Duopol-Spiel wie folgt:


• Anzahl Spieler: 𝐼𝐼 = 1,2
• Strategien:
 Spieler 1 wählt seine Angebotsmenge 𝑄𝑄1 ∈ 𝑆𝑆1 = ℝ+
0.
 Spieler 2 hat einen vollständigen Plan, welche Menge 𝑄𝑄2 ∈ ℝ+
0 er in Reaktion auf jede mögliche
Menge 𝑄𝑄1 anbietet. Dieser Plan wird durch seine Reaktionsfunktion 𝑄𝑄2∗ 𝑄𝑄1 abgebildet.
• Auszahlungsfunktionen: 𝛱𝛱𝑖𝑖 𝑄𝑄1 , 𝑄𝑄2 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 𝑄𝑄1 + 𝑄𝑄2 − 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄𝑖𝑖

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 81


Institut für Volkswirtschaftslehre

Lösung durch Rückwärtsinduktion (I)


− Wir betrachten zunächst, welche Menge 𝑄𝑄2 Spieler 2, der «Stackelbergfolger», in Reaktion auf die für ihn
gegebene Menge 𝑄𝑄�1 wählt.
𝑚𝑚𝑎𝑎𝑥𝑥 𝛱𝛱2 𝑄𝑄�1 , 𝑄𝑄2 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 𝑄𝑄�1 +𝑄𝑄2 − 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄2
𝑄𝑄2

− Wie im Cournot-Duopol ist die Gewinnfunktion wieder stetig («die Funktion springt nicht»), sodass wir die
Bedingungen erster Ordnung anwenden können:
𝑎𝑎 − 𝑏𝑏𝑄𝑄�1 −2𝑏𝑏𝑄𝑄2 −𝑐𝑐 = 0
− Auflösen nach 𝑄𝑄2 ergibt die Reaktionsfunktion von Spieler 2 (wie im Cournot-Spiel):
𝑎𝑎 − 𝑏𝑏𝑄𝑄�1 − 𝑐𝑐
𝑄𝑄2∗ 𝑄𝑄�1 =
2𝑏𝑏
− Beachten Sie, dass Spieler 1 und 2 hier – anders als im Cournot-Spiel – nicht symmetrisch sind. Wir
müssen die Reaktionsfunktion von Spieler 1 deshalb separat herleiten.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 82


Institut für Volkswirtschaftslehre

Lösung durch Rückwärtsinduktion (II)


− Wir betrachten nun, welche Menge 𝑄𝑄1 Spieler 1, der «Stackelbergführer», in Antizipation der Reaktion
von Spieler 2 wählt. In der Gewinnfunktion von Spieler 1 setzen wir für 𝑄𝑄2 den Ausdruck für 𝑄𝑄2∗ 𝑄𝑄�1 ein.
Der Gewinn von Spieler 1 ist somit nur noch eine Funktion in 𝑄𝑄1 :
𝑎𝑎 − 𝑏𝑏𝑄𝑄1 − 𝑐𝑐
𝑚𝑚𝑎𝑎𝑥𝑥 𝛱𝛱1 𝑄𝑄1 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 𝑄𝑄1 + − 𝑐𝑐 ⋅ 𝑄𝑄1
𝑄𝑄1 2𝑏𝑏
− Bedingung erster Ordnung:
𝑎𝑎 𝑐𝑐
𝑎𝑎 − 2𝑏𝑏𝑄𝑄1 − + 𝑏𝑏𝑄𝑄1 − = 0
2 2
𝑎𝑎−𝑐𝑐
− Auflösen nach 𝑄𝑄1 ergibt die für Spieler 1 optimale Menge: 𝑄𝑄1𝑆𝑆 = 2𝑏𝑏

𝑎𝑎−𝑐𝑐
𝑎𝑎−𝑏𝑏 −𝑐𝑐 𝑎𝑎−𝑐𝑐
− Zur Bestimmung von 𝑄𝑄2𝑆𝑆 setzen wir 𝑄𝑄1𝑆𝑆 in 𝑄𝑄2∗ (𝑄𝑄�1 ) ein: 𝑄𝑄2𝑆𝑆 = 2𝑏𝑏
2𝑏𝑏
=
4𝑏𝑏

− Damit haben wir das teilspielperfekte Nash-GG im Stackelberg-Duopol durch Rückwärtsinduktion bestimmt.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 83


Institut für Volkswirtschaftslehre

Das teilspielperfekte Nash-GG im Stackelberg-Duopol


𝑎𝑎−𝑐𝑐 𝑎𝑎−𝑐𝑐
− Vergleich der individuellen Gleichgewichtsmengen: 𝑄𝑄1𝑆𝑆 = und 𝑄𝑄2𝑆𝑆 =
2𝑏𝑏 4𝑏𝑏
 Der «Stackelbergführer» bietet doppelt so viel wie der «Stackelbergfolger» an («first-mover-advantage»)
3 𝑎𝑎−𝑐𝑐
− Gesamtmenge: 𝑄𝑄 𝑆𝑆 =
4𝑏𝑏
𝑎𝑎+3𝑐𝑐
− Die Gesamtmenge bestimmt den Gleichgewichtspreis : 𝑃𝑃 𝑆𝑆 = 𝑎𝑎 − 𝑏𝑏 � 𝑄𝑄 𝑆𝑆 = > 𝑐𝑐
4

𝑎𝑎+3𝑐𝑐 𝑎𝑎−𝑐𝑐 𝑎𝑎2 +2𝑎𝑎𝑐𝑐−3𝑐𝑐 2 𝑎𝑎+3𝑐𝑐 𝑎𝑎−𝑐𝑐 𝑎𝑎2 +2𝑎𝑎𝑐𝑐 −3𝑐𝑐 2 𝛱𝛱1
− Gewinne im GG: 𝛱𝛱1 = 4

2𝑏𝑏
= 8𝑏𝑏
und 𝛱𝛱2 =
4

4𝑏𝑏
= 16𝑏𝑏
= 2
− Im Vergleich zum Cournot-Spiel ist die Gesamtmenge im Stackelberg-Spiel grösser und der Preis niedriger.
− Intuition für dieses Resultat: Der Grenzerlös des «Stackelbergführers» ist grösser als der Grenzerlös eines
Anbieters im Cournot-Duopol, da eine zusätzliche Einheit nicht nur den Marktpreis direkt senkt (wie im
Cournot-Duopol), sondern auch die Menge des «Stackelbergfolgers» beeinflusst (senkt), was den negativen
Einfluss einer zusätzlichen Einheit auf dem Marktpreis reduziert.  höhere Gesamtmenge als im Cournot-
Duopol (aber dennoch ineffizient niedrig)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 84


Institut für Volkswirtschaftslehre

Teil 2:
Unvollkommener Wettbewerb

2B: Wiederholtes Bertrand-Duopol (Wiederholte Spiele)


Institut für Volkswirtschaftslehre

Wiederholte Spiele
− In vielen Situationen wird ein Spiel nicht nur einmal, sondern mehrfach hintereinander gespielt.
− Betrachten wir das Bertrand-Duopol, in dem zwei Anbieter simultan ihren Preis festlegen.
− Wie wir gesehen haben, setzen beide Anbieter im Nash-GG einen Preis gleich den Grenzkosten.
 «Bertrand-Paradox»: schon zwei Anbieter führen zum gleichen Ergebnis wie vollkommener
Wettbewerb.
− Das «Problem» der Anbieter hat dieselbe Struktur wie beim Gefangenendilemma:
 Eine Preisabsprache (Kartellbildung) würde zu positiven Gewinnen für beide Anbieter führen (aber
damit zu einem ineffizienten Ergebnis). Das Unterbieten des jeweils anderen Anbieters ist jedoch
eine dominante Strategie, solange der Preis noch strikt über den Grenzkosten liegt.
 Die Anbieter können sich nicht glaubwürdig an die Absprache binden.
− Was passiert, wenn das Spiel wiederholt wird?

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 86


Institut für Volkswirtschaftslehre

Ein einfaches Preissetzungsspiel


− Betrachten wir ein vereinfachtes Beispiel eines Bertrand-Duopols:
• Die Nachfrage ist 𝑃𝑃 = 5 – 0.5 ⋅ 𝑄𝑄
• Die Kosten sind auf null normiert.
• Es gebe nur zwei mögliche Preise: «Absprache» (PA = 2) oder «Unterbieten» (PU = 1)
• Wenn P1 = P2 , dann teilen sich die Anbieter den Markt hälftig; unterscheiden sich die Preise, so
bekommt der günstigere Anbieter die gesamte Nachfrage.
 Wenn beide PU = 1 setzen, dann ist Q = 8; also Q1 = Q 2 = 4 und der Gewinn ist 4 pro Anbieter.
 Wenn beide PA = 2 setzen, dann ist Q = 6; also Q1 = Q 2 = 3 und der Gewinn ist 6 pro Anbieter.
 Wenn nur eine Firma unterbietet, verkauft sie Q = 8 und verdient daher 8.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 87


Institut für Volkswirtschaftslehre

Keine Wiederholung («one-shot» Spiel)


− Die Normalform dieses Spiels, wenn es nur einmal gespielt wird:

Anbieter 2

(u1, u2) «Absprache» «Unterbieten»

«Absprache» 6,6 0,8


Anbieter 1
«Unterbieten» 8,0 4,4

− («Unterbieten», «Unterbieten») ist das eindeutige Nash-GG in dominanten Strategien.


− Aber beide Anbieter könnten sich besser stellen, wenn sie («Absprache», «Absprache») spielen würden
(vgl. Gefangenendilemma).

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 88


Institut für Volkswirtschaftslehre

Endlich oft wiederholte Spiele (I)


− Betrachten wir das vorangegangene Preissetzungsspiel und überlegen, was das Ergebnis wäre, wenn es
zweimal hintereinander (zwei Perioden) gespielt würde.
− Jeder Spieler maximiert die Summe seiner Auszahlungen über beide Perioden.
− Lösung des Spiels durch Rückwärtsinduktion:
 Periode 2: In der zweiten Periode hat jeder Spieler die dominante Strategie, den niedrigen Preis
(𝑃𝑃𝑈𝑈 = 1) zu wählen. Das gilt unabhängig davon, was in der ersten Periode passiert ist.
Der Grund ist, dass (i) das Ergebnis in der ersten Periode durch die Handlungen in der zweiten
Periode nicht mehr beeinflusst werden kann und (ii) das Spiel nach der zweiten Periode endet und
die Handlungen in der zweiten Periode somit auch keine Auswirkung in der Zukunft haben. Die
Handlungsmöglichkeiten und Auszahlungen in Periode 2 entsprechen somit denen im «one-shot»-
Spiel, das wir bereits gelöst haben.
 Periode 1: Wir haben gerade gesehen, dass beide Spieler in der zweiten Periode eine dominante
Strategie haben. Das Verhalten in der ersten Periode beeinflusst somit das Ergebnis der zweiten
Periode nicht. Es folgt, dass beide Spieler in der ersten Periode ebenfalls die dominante Strategie
haben, den niedrigen Preis 𝑃𝑃𝑈𝑈 = 1 zu wählen.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 89


Institut für Volkswirtschaftslehre

Endlich oft wiederholte Spiele (II)


− Diese Argumentation ist unabhängig davon, wie oft das Stufenspiel wiederholt wird.
 Definition Stufenspiel: Das Spiel, das in einer Periode gespielt wird; entspricht hier dem einmalig
gespielten Preissetzungsspiel, d.h. dem «one-shot» Spiel.
− Solange es eine letzte Periode gibt, kann das wiederholte Spiel durch Rückwärtsinduktion gelöst werden,
so wie wir das im 2-Perioden-Spiel gemacht haben.
− Dies gilt ganz allgemein: Wenn ein Stufenspiel ein eindeutiges Nash-GG hat, dann hat das 𝑇𝑇-mal
wiederholte Spiel (mit 𝑇𝑇 < ∞, d.h. endliche Wiederholung) ein eindeutiges teilspielperfektes Nash-GG,
nämlich die 𝑇𝑇-fache Wiederholung des Nash-GG.
− Wenn die Spieler jedoch sehr oft interagieren, scheint das Ergebnis, dass es nicht gelingen kann, das
«Gefangenendilemma» zu überwinden, nicht sehr plausibel.
− In solchen Fällen ist ein Modell realistischer, bei dem es keine klar definierte letzte Periode der
Interaktion gibt.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 90


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unendlich oft wiederholte Spiele (I)


− Situationen, in denen es kein klar definiertes Ende der Interaktion gibt, modelliert man als unendlich oft
wiederholte Spiele:
 In jeder Periode spielen die Spieler das Stufenspiel
 Die Spieler maximieren die Summe der diskontierten zukünftigen Auszahlungen
− Die Summe der diskontierten zukünftigen Auszahlungen eines Spielers sind gegeben durch:

Π𝑖𝑖 = � 𝛿𝛿 𝑡𝑡−1 ⋅ Π𝑖𝑖 (𝑎𝑎1𝑡𝑡 , 𝑎𝑎2𝑡𝑡 ) = Π𝑖𝑖 𝑎𝑎11 , 𝑎𝑎12 + 𝛿𝛿 ⋅ Π𝑖𝑖 𝑎𝑎12 , 𝑎𝑎22 + 𝛿𝛿 2 ⋅ Π𝑖𝑖 𝑎𝑎13 , 𝑎𝑎23 + ⋯
𝑡𝑡=1

wobei 𝑎𝑎𝑖𝑖𝑡𝑡 ∈ {«Absprache», «Unterbieten»} die von Spieler 𝑖𝑖 in Periode 𝑡𝑡 gewählte Aktion ist.
− In unendlich oft wiederholten Spielen ist es ggf. möglich, «Kooperation» als teilspielperfektes Nash-
Gleichgewicht zu stützen, selbst wenn das im isoliert betrachteten Stufenspiel nicht möglich ist.
− «Kooperation» bedeutet hier «Preisabsprache»: Würden die Auszahlungen der Konsumenten im Spiel
mit berücksichtigt (ist nicht der Fall), so würde deutlich, dass «Kooperation» in diesem Spiel aus sozialer
Sicht nicht wünschenswert ist, da Preisabsprachen zu ineffizienten Ergebnissen führen.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 91


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unendlich oft wiederholte Spiele (II)


− Für den Faktor 𝛿𝛿 gibt es zwei Interpretationen, die aus formaler Sicht äquivalent sind:
1. Es wird angenommen, dass es immer mit Sicherheit eine nächste Periode gibt, dass es aber einen
Diskontierungsfaktor 𝛿𝛿 gibt, mit dem die zukünftigen Auszahlungen auf die Gegenwart abgezinst
werden
 Das war unsere Interpretation auf der vorangegangenen Folie.
2. Der Faktor 𝛿𝛿 könnte in jeder Periode die Wahrscheinlichkeit 𝛿𝛿 < 1 angeben, mit der die Spieler auch
in der jeweils nächsten Periode wieder interagieren.
(Ein Diskontierungsfaktor könnte zusätzlich berücksichtigt werden, oder der Faktor 𝛿𝛿 wird als Produkt
aus Diskontierungsfaktor und Wahrscheinlichkeit interpretiert.)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 92


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unendlich oft wiederholte Spiele (III)


− Betrachte die folgende Strategie von Spieler 𝑖𝑖 ∈ {1, 2}:
• Wähle den hohen Preis («Absprache») in Periode 1.
• Wähle den hohen Preis auch in jeder folgenden Periode, solange beide Spieler in allen
vorangegangenen Perioden «Absprache» gespielt haben. Wenn ein Spieler in der Vergangenheit
jedoch den niedrigen Preis gewählt hat («Unterbieten»), dann spiele «Unterbieten» in allen
folgenden Perioden.
− Eine solche Stratege wird auch als «Grim-Trigger-Strategie» bezeichnet, da eine einmalige
Abweichung eine Verhaltensänderung bewirkt («trigger»), die nicht wieder korrigiert wird («grim»).
− Wir werden im Folgenden sehen, dass diese Strategien (gespielt von beide Spielern) ein teilspiel-
perfektes Nash-Gleichgewicht bilden, wenn 𝛿𝛿 hinreichend gross ist.
− Intuition: Die Spieler haben die Möglichkeit, durch einseitiges Abweichen auf «Unterbieten» ihren Gewinn
kurzfristig zu erhöhen. Die Kosten dafür sind dauerhaft niedrigere Gewinne in allen zukünftigen Perioden,
in denen beide Spieler gemäss der Grim-Trigger-Strategie «Unterbieten» spielen werden. Je stärker die
Spieler die Zukunft gewichten (höheres 𝛿𝛿), desto unattraktiver wird es für sie, den Gewinn in der
gegebenen Periode auf Kosten der Gewinne in allen zukünftigen Perioden zu steigern.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 93


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unendlich oft wiederholte Spiele (IV)


Exkurs: Unendliche geometrische Reihe
− Bei einer geometrischen Reihe ist der Quotient zweier aufeinanderfolgender Summanden konstant.
− Hier ist der Quotient aus dem 𝑡𝑡-ten Summanden und dem (𝑡𝑡 − 1)-ten Summanden immer 𝛿𝛿.
− Wenn 𝛿𝛿 < 1, dann gilt:
∞ ∞
1
� 𝛿𝛿 𝑡𝑡 � 𝑘𝑘 = 𝑘𝑘 � � 𝛿𝛿 𝑡𝑡 = 𝑘𝑘 �
1 − 𝛿𝛿
𝑡𝑡=0 𝑡𝑡=0
− Somit ist:
∞ ∞
1 𝛿𝛿
� 𝛿𝛿 𝑡𝑡 = � 𝛿𝛿 𝑡𝑡 − 𝛿𝛿 0 = −1=
1 − 𝛿𝛿 1 − 𝛿𝛿
𝑡𝑡=1 𝑡𝑡=0
− Beachte auch:
∞ ∞ ∞ ∞

� 𝛿𝛿 𝑡𝑡−1 = � 𝛿𝛿 𝑡𝑡 und � 𝛿𝛿 𝑡𝑡−1 = � 𝛿𝛿 𝑡𝑡


𝑡𝑡=1 𝑡𝑡=0 𝑡𝑡=2 𝑡𝑡=1

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 94


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unendlich oft wiederholte Spiele (V)


− Gewinn, wenn sich Spieler 𝑖𝑖 an die Strategie hält, gegeben der andere Spieler hält sich daran:

6
Π𝑖𝑖 = � 𝛿𝛿 𝑡𝑡−1 ⋅ 6 = 6 + 6𝛿𝛿 + 6𝛿𝛿 2 + ⋯ =
1 − 𝛿𝛿
𝑡𝑡=1
− Wenn Spieler 𝑖𝑖 in der ersten Periode abweicht, dann ist seine Auszahlung:

4𝛿𝛿
Π𝑖𝑖 = 8 + � 𝛿𝛿 𝑡𝑡−1 ⋅ 4 = 8 + 4𝛿𝛿 + 4𝛿𝛿 2 + ⋯ = 8 +
1 − 𝛿𝛿
𝑡𝑡=2
− Eine Abweichung in der ersten Periode lohnt sich also nicht, wenn
6 4𝛿𝛿 1
≥8+ ⟺ 𝛿𝛿 ≥
1 − 𝛿𝛿 1 − 𝛿𝛿 2
1
− Für 𝛿𝛿 ≥ ist es somit ein Nash-GG, dass beide Spieler in der ersten Periode die Grim-Trigger-Strategie
2
wählen.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 95


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unendlich oft wiederholte Spiele (VI)


− Dieses Nash-Gleichgewicht ist auch ein teilspielperfektes Nash-GG (ist also ein Nash-GG in jedem
Teilspiel des Spiels).
− In jeder Periode beginnt ein Teilspiel des unendlich wiederholen Spiels.
− Begründung, weshalb das Nash-GG ein teilspielperfektes Nash-GG ist:
 Eine Abweichung von der Grim-Trigger-Strategie lohnt nach keiner Vorgeschichte, in der alle Spieler
stets den hohen Preis gewählt haben. In anderen Worten: Eine Abweichung lohnt sich in keiner
Periode (nicht nur nicht in der ersten Periode), wenn alle Spieler stets den hohen Preis gewählt haben.
 «Wähle den hohen Preis auch in jeder folgenden Periode, solange beide Spieler in allen vorange-
gangenen Perioden «Absprache» gespielt haben.» ist somit keine unglaubwürdige Drohung.
 Eine Abweichung von der Grim-Trigger-Strategie lohnt sich auch nach keiner Vorgeschichte, in der
schon einmal ein Spieler den niedrigen Preis gewählt hat, denn in diesem Fall schreibt die Strategie
vor, dass immer das Nash-GG des Stufenspiels gespielt wird: («Unterbieten», «Unterbieten»).
 «Wenn ein Spieler in der Vergangenheit jedoch den niedrigen Preis gewählt hat («Unterbieten»),
dann spiele «Unterbieten» in allen folgenden Perioden.» ist somit keine unglaubwürdige Drohung.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 96


Institut für Volkswirtschaftslehre

Unendlich oft wiederholte Spiele (VII)


− Das Resultat zeigt, dass zwei Duopolisten, die im Preiswettbewerb stehen, ein Kartell durch implizite
oder explizite Absprache stützen können (beide halten sich freiwillig an die «Abmachung»), wenn 𝛿𝛿
hinreichend gross ist
 𝛿𝛿 hinreichend gross: die Spieler sind geduldig, d.h., geringe Diskontierung der Zukunft, oder die
Wahrscheinlichkeit für eine nächste Periode ist gross (oder beides)
− Das «Bertrand-Paradox» tritt somit nicht notwendiger Weise auf, wenn berücksichtig wird, dass die
Anbieter wiederholt miteinander interagieren und die wiederholte Interaktion als unendlich oft
wiederholtes Spiel modelliert wird.
− Der Preiswettbewerb ist im unendlich oft wiederholten Spiel weniger «intensiv» als im «one-shot»-Spiel,
da die Spieler berücksichtigen, dass «Unterbieten» in einer aktuellen Periode zu geringeren Gewinnen in
allen zukünftigen Perioden führt.
− Im Folgenden werden wir sehen (im Rahmen eines Hotelling-Modells), dass Produktdifferenzierung
ebenfalls die Intensität von Wettbewerb im Oligopol vermindert.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 97


Institut für Volkswirtschaftslehre

Teil 2:
Unvollkommener Wettbewerb

2C: Produktdifferenzierung
Institut für Volkswirtschaftslehre

Produktdifferenzierung
− Bisher betrachtete Abweichungen vom vollkommenen Wettbewerb: Anbieter sind keine
Preisnehmer/Mengenanpasser.
• Monopol (nur ein Anbieter)
• Oligopol (nur wenige Anbieter)
− Wir haben die Annahme homogener Güter (perfekte Substitute) bisher beibehalten.
• Alle Oligopolisten bieten exakt das gleiche Produkt an.
− Wie können wir Situationen analysieren, in denen Produkte nicht identisch, sondern imperfekte
Substitute sind?
• Beispiele:
 Autos verschiedener Anbieter
 identisches Produkt, das aber an unterschiedlichen Orten verkauft wird (z.B. Tankstellen, die
identisches Benzin anbieten, wobei aber eine Tankstelle weiter entfernt ist, als die andere); ein
wesentliches Attribut des Produkts ist hier somit der Ort des Verkaufs

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 99


Institut für Volkswirtschaftslehre

«Räumliche Interpretation» von Produktdifferenzierung (I)


− Beispiel:
• Es gebe eine Reihe von Restaurants in einer Stadt
• Für die Kunden sind drei Aspekte relevant: das Essen, der Preis und die Lage
• Nehmen wir an, alle Restaurants servieren das gleiche Essen
• Dann unterscheiden sich die Restaurants für einen Kunden nur noch in zwei Dimension: der
Entfernung und dem Preis
• Für einen Kunden sind nicht mehr alle Restaurants perfekte Substitute, da sie unterschiedlich weit
entfernt sein können
• Vielmehr wählt der Kunde dasjenige Restaurant, beim dem die Gesamtkosten, bestehend aus Preis
und Wegkosten, oder «Transportkosten», am geringsten sind
• Ein Kunde ist somit bereit einen höheren Preis zu zahlen, wenn die «Transportkosten» entsprechend
geringer sind

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 100


Institut für Volkswirtschaftslehre

«Räumliche Interpretation» von Produktdifferenzierung (II)


− Die «Transportkosten» spiegeln sinnbildlich die Präferenzen der Konsumenten für bestimmte Varianten
eines Produkts wider.
 Wenn statt der präferierten Produktvariante eine andere konsumiert werden muss, dann fallen,
sinnbildlich gesprochen, «Transportkosten» an.
− Obgleich wir den Begriff «Transportkosten» nutzen, ist damit nicht notwendigerweise eine geographische
Differenzierung gemeint.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 101


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Preiswettbewerb (I)


− Wir betrachten nun ein Hotelling-Modell, in dem zwei Produzenten, A und B, um Konsumenten
konkurrieren, die je ein Produkt kaufen.
− Die Anbieter der differenzierten Produkte befinden sich im Preiswettbewerb.
− Die Produzenten befinden sich fix an den entgegengesetzten Enden einer «Strecke» der Länge 1 und
verlangen die Preise 𝑝𝑝𝐴𝐴 und 𝑝𝑝𝐵𝐵 für ihre jeweiligen Produkte.
− Es sind 𝐿𝐿 Konsumenten auf der Strecke gleichverteilt.
− Die beiden Produkte unterscheiden sich in den «Wegkosten» (differenzierte Produkte) die in Höhe von 𝑡𝑡
pro 1 Längeneinheit anfallen und gegebenenfalls in den Preisen 𝑝𝑝, die die beiden Anbieter verlangen.
− Die Höhe von 𝑡𝑡 spiegelt die Intensität der Präferenz für ein bestimmtes Produkt wider.
− Jeder Konsument trifft seine Kaufentscheidung, so dass seine Gesamtkosten 𝑝𝑝 + 𝑡𝑡 ⋅ 2∆ minimiert werden,
wobei 0 ≤ ∆≤ 1 die Entfernung eines Konsumenten zum Produzenten ist, von dem gekauft wird (der
Konsument muss hin und zurück gehen, deshalb 2∆).

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 102


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Preiswettbewerb (II)


− Wir betrachten zunächst, welcher Produzent welche Konsumenten in Abhängigkeit von gegebenen
Preisen 𝑝𝑝𝐴𝐴 und 𝑝𝑝𝐵𝐵 bedient.
− Da sich die Konsumenten nur in ihrer Position auf der Strecke unterscheiden (räumliche Interpretation
von Produktdifferenzierung), muss es einen eindeutigen marginalen Konsumenten geben, der indifferent
zwischen A und B ist.
− Der marginale Konsument habe die Position 𝑑𝑑 auf der Strecke von 0 bis 1.
− Für den marginalen Konsumenten gilt: 𝑝𝑝𝐴𝐴 + 2𝑡𝑡𝑑𝑑 = 𝑝𝑝𝐵𝐵 + 2𝑡𝑡(1 − 𝑑𝑑)

Distanz: 𝑑𝑑 Distanz: 1 − 𝑑𝑑

Produzent A Produzent B
0 1
𝑑𝑑 ∶ Position des
marginalen
Konsumenten

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 103


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Preiswettbewerb (III)


− Auflösen der Bedingung für den marginalen Konsumenten nach 𝑑𝑑 ergibt:

1 𝑝𝑝𝐴𝐴 − 𝑝𝑝𝐵𝐵
𝑑𝑑 = −
2 4𝑡𝑡

 Umso niedriger 𝑝𝑝𝐴𝐴 oder umso höher 𝑝𝑝𝐵𝐵 , desto grösser 𝑑𝑑, was bedeutet, dass Produzent A mehr
Konsumenten bedient.
 Wenn beide Produzenten den gleichen Preis verlangen, also 𝑝𝑝𝐴𝐴 = 𝑝𝑝𝐵𝐵 , dann gilt 𝑑𝑑 = 1/2; die
Produzenten bedienen jeweils den halben Markt.
− Wir überlegen nun, welche Preise die beiden Produzenten setzen, wenn Sie ihre Gewinne im
Preiswettbewerb maximieren.
− Wir betrachten also wieder einen Preiswettbewerb wie im Bertrand-Duopol, nun aber mit differenzierten
Produkten.
− Für die abgesetzten Mengen gilt: 𝑞𝑞𝐴𝐴 = 𝐿𝐿𝑑𝑑 und 𝑞𝑞𝐵𝐵 = 𝐿𝐿(1 − 𝑑𝑑)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 104


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Preiswettbewerb (IV)


− Die Stückkosten der Produktion seien mit 𝑐𝑐 bezeichnet.
1 𝑝𝑝𝐴𝐴 −𝑝𝑝𝐵𝐵
− Die Gewinnfunktionen von A und B lauten (mit d = − ):
2 4𝑡𝑡

1 𝑝𝑝𝐴𝐴 − 𝑝𝑝𝐵𝐵
𝛱𝛱𝐴𝐴 = 𝑝𝑝𝐴𝐴 − 𝑐𝑐 𝑑𝑑𝐿𝐿 = 𝑝𝑝𝐴𝐴 − 𝑐𝑐 − 𝐿𝐿
2 4𝑡𝑡

1 𝑝𝑝𝐴𝐴 − 𝑝𝑝𝐵𝐵
𝛱𝛱𝐵𝐵 = 𝑝𝑝𝐵𝐵 − 𝑐𝑐 (1 − 𝑑𝑑)𝐿𝐿 = 𝑝𝑝𝐵𝐵 − 𝑐𝑐 + 𝐿𝐿
2 4𝑡𝑡
− Die Anbieter maximieren ihren Gewinn über Wahl ihres Preises (gegeben die Erwartung über den Preis
des Wettbewerbers (Reaktionsfunktion).
− BEO von Anbieter A:
1 𝑝𝑝𝐴𝐴 − 𝑝𝑝𝐵𝐵 𝑝𝑝𝐴𝐴 − 𝑐𝑐 𝐿𝐿 𝑝𝑝𝐵𝐵 + 𝑐𝑐
− 𝐿𝐿 − = 0 ⇔ 𝑝𝑝𝐴𝐴∗ 𝑝𝑝𝐵𝐵 = 𝑡𝑡 +
2 4𝑡𝑡 4𝑡𝑡 2

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 105


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Preiswettbewerb (V)


− BEO von Anbieter B:
1 𝑝𝑝𝐴𝐴 − 𝑝𝑝𝐵𝐵 𝑝𝑝𝐵𝐵 − 𝑐𝑐 𝐿𝐿 𝑝𝑝𝐴𝐴 + 𝑐𝑐
+ 𝐿𝐿 − = 0 ⇔ 𝑝𝑝𝐵𝐵∗ (𝑝𝑝𝐴𝐴 ) = 𝑡𝑡 +
2 4𝑡𝑡 4𝑡𝑡 2
− Ineinander einsetzen der beiden Reaktionsfunktionen ergibt das Nash-GG des Preissetzungsspiels:
𝑝𝑝𝐴𝐴 = 𝑝𝑝𝐵𝐵 = 2𝑡𝑡 + 𝑐𝑐
− Interpretation:
 Die Produktdifferenzierung führt dazu, dass ein Wettbewerber nicht mehr die gesamte Nachfrage
verliert, wenn er den Preis auch nur marginal über den Preis des Wettbewerbers anhebt. Der Grund
ist, dass die Konsumenten bereit sind, einen höheren Preis für ein Produkt zu zahlen, das mehr ihren
Präferenzen entspricht (geringere «Wegkosten»).
 Das «Bertrand-Paradox» tritt somit bei differenzierten Produkten nicht auf: zwei Anbieter im
Preiswettbewerb genügen nicht, ein Ergebnis wie bei vollständiger Konkurrenz (𝑝𝑝 = 𝑐𝑐) zu generieren.
 Der Fall perfekter Substitute entspricht 𝑡𝑡 = 0 (die Konsumenten haben keine Präferenz für das eine
oder andere Produkt) und das Modell generiert dann wieder das «Bertrand-Paradox».

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 106


Institut für Volkswirtschaftslehre

Produktdifferenzierung: Weitergehende Fragen


− Abschliessend betrachten wir zwei weitere Fragen im Kontext von Produktdifferenzierung
1. Welchen Grad der Produktdifferenzierung wählen die Anbieter?
2. Was ist der optimale Grad der Produktdifferenzierung?
− Beide Fragen werden wir nicht abschliessend klären, sondern nur zwei spezielle Modelle betrachten.
− Zur Betrachtung der ersten Frage nutzen wir ein Hotelling-Model, in dem die Anbieter ihre Position auf
der Strecke wählen.
− Wir betrachten hier ein einfaches Modell ohne Preissetzung: Zwei Anbieter wählen ihre Position auf einer
Strecke bei einem fix gegebenen Preis
 Da es nur einen Preis gibt, wählen die Konsumenten den näher gelegenen Anbieter
 Annahme: der Preis ist so niedrig, dass alle Konsumenten kaufen, auch wenn der Anbieter maximal
entfernt ist (wir können den Preis somit vollständig vernachlässigen)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 107


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Parteienwettbewerb (I)


− Wir betrachten als Beispiel das Hotelling-Modell des Parteienwettbewerbs.
− Wählerpräferenzen: gleichverteilt über das Intervall von 0 bis 1.
• 0 = «linksextrem»
• ½ = «politische Mitte»
• 1 = «rechtsextrem»
− Nehmen wir an, es gibt nur zwei Parteien: A und B
• Ein Beispiel hierfür wäre das politische System in den USA
− Wähler entscheiden sich für die Partei, die ihnen Vorstellungen am nächsten ist.
− Wenn wir den durchschnittlichen Abstand der Positionen der Parteien von den Vorstellungen der Wähler
(«Transportkosten») minimieren möchten, dann wäre die sozial optimale Positionierung der Parteien
unter diesen Annahmen A = ¼ und B = ¾.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 108


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Parteienwettbewerb (II)


− Sozial optimale Anordnung der Parteien:

Wählerschaft A Wählerschaft B

0 A ½ B 1

− Der durchschnittliche «Abstand» beträgt hier 1⁄8.

− Wir betrachten nun, was passiert, wenn die Parteien ihre «Position» selbst bestimmen können.
 Nochmals: Wir betrachten hier keinen Preiswettbewerb, da es nichts kostet zu wählen (𝑃𝑃 = 0).
Vielmehr wählen die Parteien die «Variante» des Produkts «Partei».
 Wir betrachten hier auch keinen Mengenwettbewerb, da die «Gesamtmenge» fix gegeben ist:
Jede(r) Wähler(in) hat eine Stimme, die entweder der Partei A oder der Partei B gegeben wird.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 109


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Parteienwettbewerb (III)


− Ausgangslage: A und B indifferenter Wähler

Wählerschaft A Wählerschaft B

0 A ½ B 1

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 110


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Parteienwettbewerb (IV)


indifferenter Wähler

Wählerschaft A Wählerschaft B

0 A A𝜎 ½ B 1

− Angenommen, Partei A bewegt sich ideologisch Richtung Mitte: A  A‘


 Partei A behält die Stimmen zu ihrer Linken
 Partei A gewinnt stimmen rechts der Mitte dazu (rot markiert)
− Der Abstand vom indifferenten Wähler zu A‘ und zu B ist identisch.
− Anreiz für Partei A in die Mitte zu rücken: Es gewinnt diejenige Partei, die vom «Medianwähler» gewählt
wird. Der Medianwähler ist an der Stelle 1⁄2 positioniert.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 111


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Parteienwettbewerb (V)


indifferenter Wähler

Wählerschaft A Wählerschaft B

0 A A𝜎 ½ B𝜎 B 1

− Partei 𝐵𝐵 hat dasselbe Kalkül und bewegt sich ideologisch Richtung Mitte: B  B‘
− Beide Parteien sind näher zur Mitte gerückt
− Beide Parteien gewinnen (hier in der symmetrischen Situation) die Hälfte der Wählerschaft, deren
Präferenzen aber weniger gut repräsentiert werden: die durchschnittlichen «Transportkosten» sind höher
als bei der sozial optimalen Anordnung der Parteien

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 112


Institut für Volkswirtschaftslehre

Hotelling-Modell: Parteienwettbewerb (VI)


indifferenter Wähler im GG: Medianwähler

Wählerschaft A Wählerschaft B

0 ½ 1
A∗ = B∗
1
− Im Gleichgewicht nehmen beide Parteien die Medianposition ein: A∗ = B ∗ =
2
− Der Medianwähler ist indifferent zwischen Partei A und B
− Das Hotelling-Modell zeigt auf, dass die beiden Parteien, so wie sie hier modelliert sind, einen Anreiz
haben, sich die Position des Medianwählers zu eigen zu machen.
− Das Ergebnis ist ineffizient, da die «Transportkosten» an dieser Position mit einem durchschnittlichen
Abstand von 1⁄4 maximal sind. Die Parteien sind hier rein opportunistisch modelliert: wollen lediglich
gewählt werden und haben kein Interesse, die Positionen bestimmter Wähler zu repräsentieren

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 113


Institut für Volkswirtschaftslehre

Salop-Modell: Optimale Produktdifferenzierung (I)


− Im Hotelling-Modell haben wir gesehen, dass zwei Anbieter nicht notwendigerweise den optimalen Grad
der Produktdifferenzierung wählen.
− Wir betrachten nun einen anderen Modellrahmen zur Beantwortung der zweiten Frage: Was ist der
optimale Grad der Produktdifferenzierung?
− «Modellökonomie»:
 Eine Insel mit einem Berg in der Mitte und einer einzelnen Ringstrasse um den Berg herum
 Gastronomiesektor, in dem alle Restaurants das gleiche Gericht anbieten
 Die Restaurants haben fallende Durchschnittskosten («natürliches Monopol», siehe Mikro I)
 Wenn die Insel klein ist, so dass «Wegkosten» vernachlässigbar sind, dann sollte nur ein Restaurant
existieren, da dies die Produktionskosten der Gerichte minimiert
(Kostenoptimale Produktion verlangt einen einzigen Anbieter im Falle eines natürlichen Monopols,
siehe Mikro I. Dieses Restaurant sollte dann reguliert werden, damit es keinen Monopolpreis setzt.)
 Wenn aber «Transportkosten» für die Kunden relevant sind, dann stellt sich die Frage nach der
optimalen Anzahl (und Lage) von Restaurants

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 114


Institut für Volkswirtschaftslehre

Salop-Modell: Optimale Produktdifferenzierung (II)


− 𝐿𝐿 Konsumenten sind auf einem Kreis mit
Umfang 1 gleichmässig verteilt
− 𝑁𝑁 Firmen
1
− Distanz der Firmen untereinander:
𝑁𝑁
1
− Maximaler Weg zur nächsten Firma:
2𝑁𝑁
− Durchschnittlicher...
1
 …Weg: 1
4𝑁𝑁
1 1
 …Hin- und Rückweg: 2𝑁𝑁
2𝑁𝑁
𝑁𝑁

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 115


Institut für Volkswirtschaftslehre

Salop-Modell: Optimale Produktdifferenzierung (III)


− Nehmen wir an, jeder Konsument kauft eine Einheit des Produkts von der «am nächsten gelegenen»
Firma.
− Die «Transportkosten» pro Konsumenten und Längeneinheit betragen 𝑡𝑡.
− Es gibt Fixkosten pro Firma in Höhe von 𝐹𝐹.
− Die variablen Kosten der Produktion einer Einheit betragen 𝑀𝑀.
− Gesamtkosten in unserer Modellökonomie betragen somit:

1
𝐶𝐶𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡𝑎𝑎𝑡𝑡 = 𝐶𝐶𝑡𝑡𝑡𝑡𝑎𝑎𝑡𝑡𝑡𝑡𝑝𝑝𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡 + 𝐶𝐶𝑝𝑝𝑡𝑡𝑡𝑡𝑝𝑝𝑝𝑝𝑐𝑐𝑡𝑡𝑖𝑖𝑡𝑡𝑡𝑡 = 𝐿𝐿 ⋅ ⋅ 𝑡𝑡 + 𝑁𝑁 ⋅ 𝐹𝐹 + 𝐿𝐿 ⋅ 𝑀𝑀
2𝑁𝑁

− Trade-off: Je mehr Restaurants, desto geringer die Transportkosten, aber desto höher die Fixkosten.

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 116


Institut für Volkswirtschaftslehre

Salop-Modell: Optimale Produktdifferenzierung (IV)


− Die sozial optimale Anzahl von Firmen erhalten wir, wenn wir die Gesamtkosten über die Wahl von N
minimieren:
1
𝑚𝑚𝑖𝑖𝑤𝑤 𝐶𝐶𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡𝑡𝑎𝑎𝑡𝑡 = 𝐿𝐿 ⋅ ⋅ 𝑡𝑡 + 𝑁𝑁 ⋅ 𝐹𝐹 + 𝐿𝐿 ⋅ 𝑀𝑀
𝑁𝑁 2𝑁𝑁
− Bedingung erster Ordnung:
1
−𝐿𝐿 ⋅ ⋅ 𝑡𝑡 + 𝐹𝐹 = 0
2𝑁𝑁 2

𝑁𝑁 ∗ = 𝑡𝑡𝐿𝐿/2𝐹𝐹
− Die sozial optimale Anzahl an Firmen, also die sozial optimale Produktdifferenzierung, steigt somit in 𝑡𝑡
und fällt in 𝐹𝐹.
− (Beachten Sie: in manchen Büchern wird als Transportkosten nur der «einfache Weg» angenommen;
dann gilt entsprechend 𝑁𝑁 ∗ = 𝑡𝑡𝐿𝐿/4𝐹𝐹.)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 117


Institut für Volkswirtschaftslehre

Industrieökonomik
− Die Fragestellungen, die wir in «Teil 2: Unvollkommener Wettbewerb» diskutiert haben:
 Oligopol
 Produktdifferenzierung
werden vertieft in der folgenden weiterführenden Veranstaltung vermittelt:
 Industrieökonomik (V) (Industrial Economics) (22BO0098)

HS 23 Mikroökonomik II (Prof. Dr. Björn Bartling) Seite 118

Das könnte Ihnen auch gefallen