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Humboldt-Universität zu Berlin

Lehrstuhl für Management


Prof. Dr. Anja Schöttner

Lehrveranstaltung: Strategie, Organisation und Information Technology

Übungsaufgabenblatt 1: Spieltheorie

Aufgabe 1.1
Betrachtet sei das folgende Gefangenendilemma, dem sich die Verdächtigen A und B
gegenüber sehen:
B

leugnen gestehen
A leugnen -3, -3 -10, 0
gestehen 0, -10 -5, -5

a) Wie lautet das Nash-Gleichgewicht? Erläutern Sie Ihre Vorgehensweise zur


Bestimmung des Gleichgewichts.
b) Welche Lösung wäre kollektiv rational? Begründen Sie Ihre Antwort.

Lösung:
a) („gestehen“, „gestehen“) ist ein Nash-GG, da niemand einen Anreiz hat von „gestehen“
abzuweichen, gegeben, dass der andere „gestehen“ wählt:
• Wenn A gesteht → B wird gestehen, da (-5) > (-10)
• Wenn B gesteht → A wird gestehen, da (-5) > (-10)
→ Weder A noch B möchte einseitig von „gestehen“ abweichen.

Jede andere Strategiekombination ist kein Nash-GG, da mindestens ein Spieler von
seiner Strategie abweichen möchte. Betrachten wir als Beispiel die
Strategiekombination („leugnen“, „gestehen“):
• Wenn A leugnet → B wird gestehen, da 0 > (-3)
• Wenn B gesteht → A wird gestehen, da (-5) > (-10)
→ („gestehen, „gestehen“) ist das Nash-GG.

Bemerkung: („gestehen“, „gestehen“) ist zudem auch ein GG in dominanten


Strategien. Denn egal welche Strategie A wählt, es ist immer besser für B zu gestehen.
Ebenso, egal welche Strategie B wählt, es ist immer besser für A zu gestehen.

b) („leugnen“, „leugnen“), denn beide Verdächtigen sind dann bessergestellt als im


Nash-GG.

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Aufgabe 1.2

Spiel I
Spieler B

links rechts
Spieler A oben 5, 1 1, 0
unten 8, 2 2, 1

Spiel II
Spieler B

links rechts
Spieler A oben 1, 2 4, 3
unten 3, 4 2, 1

a) Bestimmen Sie für obige simultane Spiele alle Gleichgewichte in dominanten


Strategien und alle Nash-Gleichgewichte.
b) Betrachten Sie erneut Spiel II und nehmen Sie nun an, das Spiel ist sequentiell, d.h.
Spieler A wählt seine Strategie zuerst. Spieler B beobachtet Spieler A’s Entscheidung
und wählt daraufhin seine Strategie. Welche Strategien werden die Spieler wählen?
Vergleichen Sie Ihre Antwort mit Ihrer Antwort aus a).

Lösung:
a)
• Spiel I: („unten“, „links“) ist GG in dominanten Strategien und das einzige Nash-
GG.
• Spiel II: Es gibt kein GG in dominanten Strategien aber zwei Nash-GG: („oben“,
„rechts“) und („unten“, „links“).

b) Empfohlene Vorgehensweise: Spielbaum aufzeichnen, Lösen durch


Rückwärtsinduktion:
• Falls A „oben“ gewählt hat → B wählt „rechts“: (4, 3)
• Falls A „unten“ gewählt hat → B wählt „links“: (3, 4)
→ Spieler A wählt oben, da 4 > 3

Bemerkung: Wenn B sich glaubhaft selbst binden könnte, auf „oben“ mit „links“ zu
reagieren, würde er dies tun, da A auf Stufe 1 dann „unten“ wählt. Eine solche
Strategie von B wäre aber nicht teilspielperfekt, d.h. sie ist keine beste Antwort auf
„oben“ im Teilspiel der 2. Stufe.

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Aufgabe 1.3
Versuchen Sie, spielerisch mit Hilfe des Konzeptes des Nash-Gleichgewichts, das folgende
Entscheidungsproblem zu lösen: An einem geraden Sandstrand haben sich die Besucher des
Strandes entlang der gesamten Länge in gleichmäßigen Abständen verteilt. Alle Besucher
haben Hunger auf (und ausreichend Geld für) genau ein Eis. Es tauchen nun zwei
Eisverkäufer auf, die den idealen Standort am Strand suchen, um jeweils möglichst viele
Eispackungen derselben Sorte zu einem identischen, ihnen vorgegebenen Preis zu verkaufen.
Folgende „Spielregeln“ gelten: Die Besucher kaufen das Eis von dem Verkäufer, der weniger
weit von ihnen entfernt ist. Wählen die Verkäufer unterschiedliche Standorte, und ist ein
Besucher von den beiden Verkäufern genau gleich weit entfernt, entscheidet für ihn das Los.
Wählen beide Verkäufer denselben Standort, bedient jeder von beiden genau die Hälfte aller
Besucher. Haben sich die Verkäufer für einen Standort entschieden, können sie diesen für den
Rest des Tages nicht mehr wechseln. Das Entscheidungsproblem der beiden Verkäufer
besteht darin, unabhängig voneinander und simultan einen Standort zu wählen. Wie lautet das
eindeutige Nash-Gleichgewicht?

[Die Konstellation geht auf einen Artikel von Hotelling aus dem Jahr 1929 zurück und wird in
der Literatur als Hotelling’s Beach bezeichnet.]

Lösung:
Eindeutiges Nash-GG: Beide Verkäufer positionieren sich genau in der Mitte des Strandes.
Keiner der Verkäufer hat einen Anreiz, von seiner Strategie abzuweichen, da er dann weniger
Eis verkaufen würde. Jede beliebige andere Standortwahl ist kein Nash-GG, da mindestens
ein Verkäufer einen Anreiz hätte abzuweichen.

Aufgabe 1.4
Betrachten Sie einen duopolistischen Markt, in dem zwei Unternehmen 𝑖 ∈ {1, 2} ein
homogenes Gut anbieten. Die Unternehmen legen ihre Outputmengen 𝑞𝑖 gleichzeitig fest. Die
Produktionskosten eines Unternehmens hängen von seiner gewählten Outputmenge ab.
Unternehmen 𝑖 hat die Produktionskosten 𝑐(𝑞𝑖 ) = 𝑞𝑖 . Der Marktpreis 𝑝, zu dem die
Unternehmen ihr Gut verkaufen können, hängt von der auf dem Markt angebotenen
Gesamtmenge 𝑄 = 𝑞1 + 𝑞2 ab. Die inverse Marktnachfragefunktion ist gegeben durch
𝑝(𝑄) = 25 − 𝑄.

a) Wie lauten die Gewinnfunktionen der Unternehmen?

𝜋1 (𝑞1 , 𝑞2 ) = [𝑝(𝑞1 + 𝑞2 ) − 1]𝑞1


𝜋2 (𝑞1 , 𝑞2 ) = [𝑝(𝑞1 + 𝑞2 ) − 1]𝑞2

b) Bestimmen Sie für jedes Unternehmen die Reaktionsfunktion und stellen Sie diese
grafisch dar.

Vorgehen am Beispiel von Firma 1:

𝜕𝜋1 !
= 25 − 2𝑞1 − 𝑞2 − 1 = 0
𝜕𝑞1

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𝑞2
𝑞1 = 𝑓1 (𝑞2 ) = 12 −
2
Symmetrie impliziert:
𝑞1
𝑞2 = 𝑓2 (𝑞1 ) = 12 −
2

Grafische Darstellung: Zeichne Reaktionsfunktionen im q1/q2-Diagramm.

c) Welche Mengen bieten die Unternehmen im Cournot-Nash-Gleichgewicht an?

Bestimmung des Schnittpunkts der Reaktionsfunktionen:

𝑞
(12 − 21 )
𝑞1 = 12 −
2
3
⟺ 𝑞 =6
4 1
⟺ 𝑞1∗ = 8
𝑓𝑜𝑙𝑔𝑙𝑖𝑐ℎ: 𝑞2∗ = 𝑓2 (𝑞1∗ ) = 8

d) Wie lauten die Gewinne der Unternehmen im Cournot-Nash-Gleichgewicht?

𝜋𝑖∗ (𝑞1∗ , 𝑞2∗ ) = (25 − 8 − 8 − 1) ⋅ 8 = 64 ∀𝑖 = 1, 2

Aufgabe 1.5
Betrachten Sie erneut die beiden Unternehmen aus Aufgabe 1.4, aber nehmen Sie nun an, dass
Unternehmen 1 als Marktführer zuerst seine Outputmengen 𝑞1 wählt. Unternehmen 2
beobachtet diese und wählt daraufhin seine Outputmenge 𝑞2 .

a) Bestimmen Sie die Reaktionsfunktion des Unternehmens 2.

Gewinnfunktion aus Aufgabe 1.4 a), aber 𝑞1 ist nun gegeben:

𝜋2 (𝑞1 , 𝑞2 ) = (25 − 𝑞1 − 𝑞2 ) 𝑞2 − 𝑞2

𝜕𝜋2 !
= −𝑞2 + 25 − 𝑞1 − 𝑞2 − 1 = 0
𝜕𝑞2
𝑞1
⟺ 𝑞2 = 12 −
2

b) Stellen Sie das Optimierungsproblem des Unternehmens 1 auf.

UN 1 antizipiert die Entscheidung von UN 2.

max𝑞1 (25 − 𝑞1 − 𝑞2 )𝑞1 − 𝑞1


𝑞1
𝑢. 𝑑. 𝑁. 𝑞2 = 12 −
2

c) Bestimmen Sie die Outputmengen beider Unternehmen.

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Einsetzen:
𝑞1
max𝑞1 [25 − 𝑞1 − (12 − )] 𝑞1 − 𝑞1
2
𝑞1
⟺ max𝑞1 (13 − ) 𝑞1 − 𝑞1
2
𝜕𝜋1 1 𝑞1 !
= − 𝑞1 + 13 − − 1 = 0
𝜕𝑞1 2 2

⟺ 12 = 𝑞1
𝑞1∗
𝑓𝑜𝑙𝑔𝑙𝑖𝑐ℎ: 𝑞2∗ = 12 − = 6
2

d) Wie lauten die Gewinne der Unternehmen?

12
𝜋1∗ = (13 − ) 12 − 12 = 72
2

𝜋2∗ = (25 − 12 − 6) 6 − 6 = 36

e) Vergleichen Sie die Outputmengen und Gewinne mit Ihren Ergebnissen aus Aufgabe
1.4. Erläutern Sie die Unterschiede.

• UN 1 produziert mehr und erzielt einen höheren Gewinn als in 1.4.


• UN 2 produziert weniger und erzielt einen geringeren Gewinn als in 1.4.
• UN 1 hat einen first-mover advantage, da es seine Outputmenge zuerst wählen
kann und UN 2 sich optimal anpassen wird.

f) Nehmen Sie nun an, Unternehmen 2 könnte glaubhaft drohen, 8 Outputeinheiten zu


produzieren. Wie verändern sich die Outputmengen und Gewinne?

Annahme: UN 2 kann glaubhaft drohen, 𝑞2 = 8 zu produzieren.

max𝑞1 (25 − 𝑞1 − 8) 𝑞1 − 𝑞1

𝜕𝜋1 !
= −𝑞1 + 25 − 𝑞1 − 8 − 1 = 0
𝜕𝑞1
⟺ 16 = 2𝑞1
⟺ 8 = 𝑞1

Gleiches Ergebnis wie im Cournot-Nash-Gleichgewicht.

g) Nehmen Sie nun an, Unternehmen 2 kann jede beliebige Outputmenge glaubhaft
androhen. Welche Menge sollte es wählen?

Falls UN 2 glaubhaft jede Menge „androhen“ kann, sollte es 𝑞2 = 12 androhen.


Dann sind die „Kräfteverhältnisse“ genau umgekehrt. UN 2 erzielt den Gewinn des
Marktführers.

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