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Thorsten Siefarth

Aufbauwissen
PFLEGE
Recht RP
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Inhaltsverzeichnis
01 Pflege im Recht: Recht erkennen 2.2.2 Die Rolle der Parteien . . . . . . . . . . . . 20
und durchsetzen . . . . . . . . . . . . . . 1 2.2.3 Die Staatsorgane . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.1 Das ist „Pflege“ . . . . . . . . . . . . . . . 1 2.2.4 Das Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . 23
1.2 Nicht alles ist Recht – Recht ist nicht 2.2.5 Der Vollzug von Gesetzen . . . . . . . . . 25
alles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.3 Die Europäische Union:
1.3 Aus welchen Quellen fließt das Recht? 3 Freizügigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1.3.1 „Verabschiedetes Recht“, 2.3.1 Organisation der Europäischen
Gewohnheitsrecht, Richterrecht . . . . . 3 Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
1.3.2 EU-Recht und deutsches Recht. . . . . . 4 2.3.2 Gesetze der Europäischen Union . . . . 28
1.3.3 Verhältnis der Rechtsquellen 2.3.3 Exkurs: Der Europarat . . . . . . . . . . . . 29
zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.4 Grundrechte: Abwehrrechte
1.3.4 Fundorte für Rechtsquellen . . . . . . . . 5 gegenüber dem Staat . . . . . . . . . . . 29
1.4 Welche Rechtsgebiete sind für die 2.4.1 Funktion der Grundrechte . . . . . . . . . 29
Pflege relevant? . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.4.2 Arten von Grundrechten . . . . . . . . . . 30
1.4.1 Zivilrecht und Öffentliches Recht . . . . 6 2.4.3 Rechtfertigung von Eingriffen. . . . . . . 31
1.4.2 Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.4.4 Rechtsweg bei der Verletzung von
1.4.3 Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
1.4.4 Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.4.5 Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 03 Das Pflegerecht in wichtigen
1.4.6 Pflegerecht als Sammelbegriff . . . . . . 9 Rechtsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . 33
1.5 Wie wende ich das Recht an?. . . . . . 10 3.1 Zivilrecht: selbstbestimmt Geschäfte
1.6 Wie setze ich meine Rechte durch? . 11 machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
1.6.1 Verfassungsgerichte . . . . . . . . . . . . . 12 3.1.1 Sachen und Rechte . . . . . . . . . . . . . . 34
1.6.2 Ordentliche und außerordentliche 3.1.2 Natürliche und juristische Personen . . . 35
Gerichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.1.3 Stellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
1.6.3 Stufen und Instanzen der 3.1.4 Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.1.5 Vertragstypen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
1.6.4 Internationale Gerichte . . . . . . . . . . . 14 3.2 Arbeitsrecht: Schutz von Arbeitnehmern
1.6.5 Prozesskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 durch Interessensausgleich . . . . . . . 43
3.2.1 Rechtsquellen im Arbeitsrecht . . . . . . 43
02 Eine kleine Staatslehre. . . . . . . . . 17 3.2.2 Arbeitgeber und Arbeitnehmer . . . . . . 45
2.1 Staatsorganisation: Volk, Gebiet, 3.2.3 Von der Ausschreibung zum
Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . 45
2.1.1 Allgemeines Staatsrecht – Das macht 3.2.4 Besondere Arbeitsverhältnisse . . . . . . 46
einen Staat aus . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.2.5 Folgen unverschuldeter
2.1.2 Staatsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Arbeitsausfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.2 Staatsorganisation in Deutschland: 3.2.6 Pflegezeit und Familienpflegezeit . . . . 49
demokratischer Bundesstaat . . . . . . 19 3.2.7 Beendigung von
2.2.1 Grundlegende Arbeitsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . 49
Organisationsprinzipien . . . . . . . . . . . 19 3.2.8 Betriebliche Mitbestimmung . . . . . . . 54

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3.3 Verwaltungsrecht: Behörden sind an 4.3.3 Rechte als Mensch mit Behinderung
die Gesetze gebunden . . . . . . . . . . . 56 (SGB IX). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
3.3.1 Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . 56 4.3.4 Rechte aus dem Sozialhilferecht
3.3.2 Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 (SGB XII) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
3.4 Sozialrecht: Gerechtigkeit und 4.3.5 Die Durchsetzung sozialer Rechte . . . . 95
Sicherheit durch Sozialleistungen . . . 58 4.4 Seine Rechte bei einer Betreuung . . . 97
3.4.1 System der sozialen Sicherung . . . . . . 58 4.4.1 Voraussetzungen für die Einsetzung
3.4.2 Regelung durch das Sozialrecht . . . . . 58 eines Betreuers. . . . . . . . . . . . . . . . . 98
3.4.3 Regelungsprinzipien im 4.4.2 Die Person des Betreuers . . . . . . . . . . 99
Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4.4.3 Betreuungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . 99
3.4.4 Finanzierung des Systems der 4.4.4 Pflichten des Betreuers . . . . . . . . . . . 99
sozialen Sicherung . . . . . . . . . . . . . . 60 4.4.5 Rechtsfolgen der Betreuung. . . . . . . . 100
3.4.5 Sozialversicherungsrecht . . . . . . . . . . 61 4.4.6 Das Betreuungsverfahren . . . . . . . . . 100
3.4.6 Anspruchsprüfung . . . . . . . . . . . . . . 63 4.4.7 Die Kontrolle der Betreuung. . . . . . . . 101
3.5 Strafrecht: Strafe ist nur das letzte 4.5 Seine Rechte bei
Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Freiheitsentziehungen . . . . . . . . . . . 101
3.5.1 Grundsätze im Strafrecht . . . . . . . . . . 64 4.5.1 Die Unterbringung . . . . . . . . . . . . . . 102
3.5.2 Zweigleisigkeit des Strafrechts . . . . . . 66 4.5.2 Ärztliche Zwangsmaßnahmen . . . . . . 104
3.5.3 Strafbarkeit bei vorsätzlichem Tun . . . 67 4.5.3 Freiheitsentziehende Maßnahmen . . . 104
3.5.4 Strafbarkeit bei Unterlassen . . . . . . . . 67 4.6 Vorsorgevollmacht,
3.5.5 Strafbarkeit bei fahrlässigem Handeln . . 68 Betreuungsverfügung und
3.5.6 Strafbarkeit des Versuchs . . . . . . . . . 69 Patientenverfügung . . . . . . . . . . . . . 108
3.5.7 Täterschaft und Teilnahme . . . . . . . . 69 4.6.1 Die Vorsorgevollmacht . . . . . . . . . . . 109
4.6.2 Die Patientenverfügung . . . . . . . . . . . 109
04 Der Pflegebedürftige steht im 4.7 Seine Rechte als Erblasser . . . . . . . . 112
Mittelpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.7.1 Letztwillige Verfügungen . . . . . . . . . . 112
4.1 Seine Selbstbestimmungsrechte . . . . 71 4.7.2 Inhalte von Testamenten . . . . . . . . . . 113
4.1.1 Die Rechtsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . 71 4.7.3 Arten von Testamenten . . . . . . . . . . . 113
4.1.2 Die Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . 71 4.8 Seine Versorgung nach dem Tod . . . 115
4.1.3 Die Ehefähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 73 4.8.1 Feststellung des Todes . . . . . . . . . . . 115
4.1.4 Die Testierfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . 74 4.8.2 Leichenschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
4.1.5 Die Schuldfähigkeit bzw. 4.8.3 Todesanzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Deliktsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4.8.4 Gewebe- und Organspende . . . . . . . . 116
4.1.6 Die Einwilligungsfähigkeit . . . . . . . . . 75 4.8.5 Bestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
4.2 Seine Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . 76 4.9 Seine Interessenvertretung. . . . . . . . 117
4.2.1 Die Grundrechte im Überblick . . . . . . 76
4.2.2 Exkurs: Die Pflege-Charta . . . . . . . . . 77 05 Die Stellung der
4.2.3 Exkurs: Kinderschutzrechte . . . . . . . . 78 Pflegepersonen . . . . . . . . . . . . . . . 119
4.3 Seine sozialen Rechte . . . . . . . . . . . 79 5.1 Stellung als Angehörige des
4.3.1 Rechte aus der gesetzlichen Pflegeberufs (Berufsrecht) . . . . . . . . 119
Krankenversicherung (SGB V). . . . . . . 79 5.1.1 Regelung durch den Staat und
4.3.2 Rechte aus der sozialen Kammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Pflegeversicherung (SGB XI). . . . . . . . 84 5.1.2 Grundrecht auf Berufsfreiheit . . . . . . . 120

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5.1.3 Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . 120 6.4 Umgang mit Lebensmitteln . . . . . . . 161


5.1.4 Allgemeine Berufsordnung . . . . . . . . 121 6.4.1 Überblick über die rechtlichen
5.1.5 Berufsbezeichnung . . . . . . . . . . . . . . 122 Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
5.1.6 Anerkennung ausländischer 6.4.2 Notwendige Belehrungen und
Berufsabschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . 123 Schulungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
5.1.7 Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 6.4.3 Umgang mit Lebensmitteln nach dem
5.1.8 Hochschulische Ausbildung . . . . . . . . 127 Infektionsschutzgesetz . . . . . . . . . . . 162
5.1.9 Fort- und Weiterbildung . . . . . . . . . . 127
5.1.10 Berufsausübung: 07 Der Datenschutz in der Pflege . . . 163
Vorbehaltsaufgaben . . . . . . . . . . . . . 128 7.1 Vorschriften zum Datenschutz . . . . . 163
5.2 Stellung als zu schützende 7.2 Datenschutz und Schweigepflicht . . . 164
Arbeitnehmer (Arbeitsschutzrecht) . . 128 7.3 Regelungsprinzipien des
5.2.1 Arbeitssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Datenschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . 164
5.2.2 Schutz vor Benachteiligungen . . . . . . 146 7.3.1 Rechtmäßigkeit der
Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . 164
06 Der Schutz der Gesundheit in der 7.3.2 Weitere Regelungsprinzipien . . . . . . . 165
Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 7.4 Betroffenenrechte . . . . . . . . . . . . . . 166
6.1 Umgang mit Arzneimitteln . . . . . . . . 147 7.5 Datenschutz und Kooperation . . . . . 166
6.1.1 Verantwortungsbereiche . . . . . . . . . . 148 7.6 Pflichten von Arbeitnehmern . . . . . . 167
6.1.2 Stellung und Gabe von 7.7 Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Medikamenten . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 7.8 Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 167
6.1.3 Lagerung von Medikamenten . . . . . . 150 7.8.1 Kommunikativer Umgang . . . . . . . . . 167
6.1.4 Entsorgung von Medikamenten . . . . . 150 7.8.2 Arbeitsverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . 168
6.1.5 Besonderheiten des 7.9 Bildnisschutz in der Pflege . . . . . . . . 168
Betäubungsmittelrechts . . . . . . . . . . . 151
6.2 Betreiben und Anwenden von 08 Die Haftung in der Pflege. . . . . . . 171
Medizinprodukten . . . . . . . . . . . . . . 152 8.1 Überblick über das
6.2.1 Was ist ein Medizinprodukt? . . . . . . . 153 Haftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
6.2.2 Anwendbarkeit des 8.1.1 Wer kann überhaupt haftbar
Medizinproduktegesetzes . . . . . . . . . 154 gemacht werden? . . . . . . . . . . . . . . . 171
6.2.3 Die erfassten Tätigkeiten . . . . . . . . . . 154 8.1.2 In welchen Rechtsbereichen spielt die
6.2.4 Grundpflichten für alle Tätigkeiten . . . 156 Haftung eine Rolle? . . . . . . . . . . . . . 171
6.2.5 Pflichten bei Inverkehrbringen und 8.1.3 Was bedeuten Vorsatz und
Inbetriebnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Fahrlässigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
6.2.6 Pflichten für Betreiber und 8.1.4 Welche Rolle spielen (pflegerische)
Anwender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Pflichten im Haftungsrecht? . . . . . . . . 174
6.2.7 Zusätzliche Pflichten für Betreiber . . . 157 8.1.5 Woraus ergeben sich pflegerische
6.2.8 Zusätzliche Pflichten für Anwender . . . 158 Pflichten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
6.2.9 Meldepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 8.1.6 Können Pflichtverletzungen
6.3 Umsetzung des Infektionsschutzes . . . 159 gerechtfertigt sein? . . . . . . . . . . . . . . 175
6.3.1 Überblick über die rechtlichen 8.1.7 Wer muss was beweisen? . . . . . . . . . 178
Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 8.1.8 Die Bedeutung der
6.3.2 Das Infektionsschutzgesetz . . . . . . . . 160 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . 178

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8.2 Die zivilrechtliche Haftung . . . . . . . . 179 09 Die Pflege im deutschen


8.2.1 Die gesetzliche Haftung der Gesundheitssystem. . . . . . . . . . . . 207
Pflegeperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 9.1 Die starke Rolle des Staates . . . . . . . 207
8.2.2 Weitere gesetzliche 9.2 Die Akteure und ihre Vernetzung . . . 207
Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . 181 9.2.1 Akteure, die regulieren und
8.2.3 Die Haftung auf Schmerzensgeld . . . . 183 verwalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
8.2.4 Die gesetzliche Haftung der 9.2.2 Akteure, die betroffen sind . . . . . . . . 211
Vorgesetzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 9.2.3 Akteure, die in beiden Lagern
8.2.5 Delegation ärztlicher Maßnahmen auf stehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
nichtärztliches Personal . . . . . . . . . . . 185 9.2.4 Sonstige Akteure . . . . . . . . . . . . . . . 218
8.2.6 Haftung bei Anleitung und Beratung 9.3 Das sozialrechtliche
von Laien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Dreiecksverhältnis . . . . . . . . . . . . . . 219
8.2.7 Die vertragliche und gesetzliche Haftung 9.4 Die Finanzierung von
des Trägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Pflegeunternehmen . . . . . . . . . . . . . 220
8.2.8 Die Haftungsgemeinschaft von 9.4.1 Die Finanzierung von
Pflegepersonen, Vorgesetzten und Krankenhäusern . . . . . . . . . . . . . . . . 220
Träger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 9.4.2 Die Finanzierung von
8.2.9 Exkurs: Haftung bei Sturz und Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten
Dekubitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 nach dem SGB XI . . . . . . . . . . . . . . . 221
8.2.10 Haftungserleichterungen 9.4.3 Die Finanzierung von Pflegediensten
und -befreiungen . . . . . . . . . . . . . . . 193 nach dem SGB V. . . . . . . . . . . . . . . . 222
8.2.11 Exkurs: Versicherung zahlt . . . . . . . . . 194 9.5 Schnittstellenmanagement. . . . . . . . 223
8.3 Die strafrechtliche Haftung – 9.5.1 Beispiel Pflegeüberleitung . . . . . . . . . 223
ausgewählte Straftatbestände . . . . . 195 9.5.2 Beispiel Pflegeberatung . . . . . . . . . . . 224
8.3.1 Verletzung des persönlichen Lebens- 9.6 Qualitätssicherung in
und Geheimnisbereichs . . . . . . . . . . . 195 Pflegeunternehmen . . . . . . . . . . . . . 225
8.3.2 Straftaten gegen das Leben . . . . . . . . 198 9.6.1 Qualitätssicherung und
8.3.3 Exkurs: Sterbehilfe . . . . . . . . . . . . . . 199 Qualitätsentwicklung . . . . . . . . . . . . 225
8.3.4 Straftaten gegen die körperliche 9.6.2 Der Medizinische Dienst der
Unversehrtheit (§§ 223 ff. StGB) . . . . 201 Krankenversicherung (MDK) . . . . . . . 226
8.3.5 Straftaten gegen die persönliche 9.6.3 Qualitätssicherung in
Freiheit (§§ 232 ff. StGB) . . . . . . . . . 202 Krankenhäusern . . . . . . . . . . . . . . . . 226
8.3.6 Urkundenfälschung 9.6.4 Qualitätssicherung in
(§§ 267 ff. StGB) . . . . . . . . . . . . . . . 203 Pflegeeinrichtungen und -diensten . . . 227
8.3.7 Wie verhalten sich Pflegepersonen im
Schadensfall richtig? . . . . . . . . . . . . . 203 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . 232

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

XII

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Der Pflegebedürftige steht im
Mittelpunkt
04
Überblick
Nachdem das Pflegerecht bislang aus einer eher übergeordneten Perspektive behandelt wurde, geht es nun um
eine sehr „persönliche“ Sicht. In diesem Kapitel steht der Pflegebedürftige im Mittelpunkt, im nächsten dann die
Pflegeperson. Dabei kann es durchaus zu Überschneidungen kommen. So stehen beispielsweise einige Rechte nicht
nur den Pflegebedürftigen, sondern auch den Pflegepersonen zu, z. B. die Grundrechte oder die sozialen Rechte.
Ein wichtiges Anliegen dieses Kapitels ist es, den Pflegebedürftigen nach vorne zu stellen. Um ihn dreht sich die
Pflege, er steht im Mittelpunkt. Das wird deutlich anhand seiner hier sogleich vorgestellten Selbstbestimmungs-
rechte sowie seiner Grundrechte. Auch das seit 1992 geltende Betreuungsrecht stellt die Betroffenen in den
Mittelpunkt. Es hat sich von deren Entmündigung verabschiedet und ihre Autonomie wiederhergestellt. Ganz
besonders sind die Rechte der Pflegebedürftigen bei einer Unterbringung oder bei freiheitsentziehenden Maß-
nahmen in Gefahr. Aber auch hier hält das Recht etliche Schutzmechanismen für die Betroffenen bereit.

4.1 Seine Selbstbestimmungsrechte der Geburt unterrichtet sind (§ 19 PStG). Bei einer ver-
traulichen Geburt nach § 25 Abs. 1 SchKG sind in der
4.1.1 Die Rechtsfähigkeit Anzeige auch das Pseudonym der Mutter und die für
das Kind gewünschten Vornamen anzugeben.
Definition
Rechtsfähigkeit
Die Fähigkeit, selbstständig Träger von Rechten Auch eine Person, die im Wachkoma liegt,
und Pflichten sein zu können. Rechtsfähig können ist rechtsfähig. Es kommt weder bei einem
natürliche Personen, juristische Personen und bestimm- Wachkomapatienten noch bei einem Baby darauf
te Personengesellschaften sein. an, ob dieser Mensch seine Rechte selbst ausüben
kann. Diese Aufgabe muss dann eben ein Vertreter
übernehmen (z. B. die Eltern oder ein Betreuer).
Die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person be- Die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person
ginnt nach § 1 BGB mit der Vollendung der Ge- endet erst mit deren Tod. Der Tod selbst wird im
burt. Das ist der Zeitpunkt, zu dem die Leibes- BGB nicht definiert. In Anlehnung an das Trans-
frucht vollständig (und lebend) aus dem Körper plantationsgesetz wird darunter der endgültige,
der Mutter ausgetreten ist; auf die Lösung von der nicht behebbaren Ausfall der Gesamtfunktion des
Nabelschnur kommt es nicht an. Allerdings wird Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms
die Rechtsfähigkeit in einigen Fällen auch zurück- verstanden (Gesamthirntod).
verlagert. Beispiele: Das gezeugte, aber noch nicht Selbst über den Tod hinaus kann es „rechtliche
geborene Leben kann bereits erben (§ 1923 Abs. 2 Nachwirkungen“ geben. So gilt auch für einen
BGB). Bei Schädigungen im Mutterleib (z. B. durch Verstorbenen das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
einen Arzt oder eine Hebamme) gilt ein Kind als Wird er verunglimpft, dann bestehen Ansprüche
rechtsfähig und kann Schadensersatzforderungen auf Unterlassung oder Schadensersatz. Die Schwei-
stellen (neben der Mutter). gepflicht überdauert ebenfalls den Tod. Geltend
gemacht werden diese Ansprüche von den Erben.
Praxistipp
Die Geburt eines Kindes muss dem Standesamt binnen 4.1.2 Die Geschäftsfähigkeit
einer Woche angezeigt werden (§ 18 PStG). Dazu sind
die Träger von Krankenhäusern und sonstigen Ein-
Definition
richtungen, in denen Geburtshilfe geleistet wird, ver- Geschäftsfähigkeit
pflichtet (§ 20 PStG), aber auch Einzelpersonen, z. B. Die Fähigkeit, sich durch ein Rechtsgeschäft wirksam
dann, wenn sie bei der Geburt zugegen waren oder von binden zu können.

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Der Pflegebedürftige steht im Mittelpunkt

Fallbeispiel (und zwar in jedem Einzelfall). Deutlich mehr


Vertrag mit einer Geschäftsunfähigen? Rechtssicherheit bietet der Einwilligungsvorbehalt
(s. u.).
Frau Mertens möchte mit einem ambulanten Pflege-
dienst einen Pflegevertrag abschließen. Dort hat man
jedoch Zweifel an dessen Wirksamkeit, weil Frau Erläuterung zum Fallbeispiel
Mertens fortgeschritten demenziell erkrankt ist. Wie ist Vertrag mit einer Geschäftsunfähigen?
die Rechtslage? Würde sich etwas ändern, wenn es um Bei fortgeschrittener Demenz wäre ein Vertrag mit Frau
den Abschluss eines Wohn- und Betreuungsvertrages Mertens wegen Geschäftsunfähigkeit unwirksam. Am
mit einer stationären Pflegeeinrichtung ginge? besten wäre es für den Pflegedienst, wenn es einen Be-
vollmächtigten oder Betreuer gibt, der den Vertrag für
Geschäftsunfähigkeit Frau Mertens rechtswirksam abschließen könnte. Fehlt
es daran, dann können Angehörige (oder Mitarbeiter
Die grundlegende Vorschrift ist § 104 BGB. Dort
des Pflegedienstes) beim Betreuungsgericht anregen,
ist aber zunächst erst einmal die Geschäftsunfä-
dass ein Betreuer bestellt wird.
higkeit geregelt.
Beim Wohn- und Betreuungsvertrag mit einer sta-
tionären Pflegeeinrichtung gibt es eine Besonderheit:
Gesetz Wird der Vertrag mit einem Geschäftsunfähigen abge-
§ 104 BGB schlossen, dann gilt er erst einmal als wirksam. Für die
Zukunft kann ein Bevollmächtigter oder Betreuer die
Geschäftsunfähig ist:
Genehmigung aber versagen und damit den Vertrag
1. Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
unwirksam werden lassen (§ 4 Abs. 2 WBVG).
2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung
ausschließenden Zustand krankhafter Störung der
Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand Eine Sondervorschrift enthält § 105a BGB: Selbst
seiner Natur nach ein vorübergehender ist. wenn ein Volljähriger geschäftsunfähig ist, so
kann er „Geschäfte des täglichen Lebens“ gleich-
Die Geschäftsunfähigkeit knüpft also an zwei Al- wohl rechtswirksam abschließen, z. B. beim Friseur
ternativen an: oder beim Einkauf von Lebensmitteln. Vorausset-
ವ Alter: Kinder im Alter von bis zu 6 Jahren zungen: Die dort abgeschlossenen Rechtsgeschäfte
ವ Medizinischer Befund: Andauernd krankhafte werden sofort abgewickelt und bedeuten keine
Störung der Geistestätigkeit (in einem lichten „Gefahr für die Person oder das Vermögen des Ge-
Moment kann der Betroffene durchaus als ge- schäftsunfähigen“.
schäftsfähig gelten) Beschränkte Geschäftsfähigkeit
Was den medizinischen Befund angeht, so stellt Beschränkt geschäftsfähig sind die 7- bis 17-Jäh-
sich die Frage: Wann ist die Störung der Geistes- rigen (▶ Tab. 4.1). Mit dem 18. Geburtstag werden
tätigkeit so krankhaft, dass die freie Willens- sie dann voll geschäftsfähig. Die beschränkte Ge-
bestimmung dauerhaft ausgeschlossen ist? Eine schäftsfähigkeit ist in den §§ 106–113 BGB ge-
allgemeine Antwort fällt schwer. Bloße Willens- regelt. Hier die Grundzüge:
schwäche oder leichte Beeinflussbarkeit reichen ವ Rechtsgeschäfte, die nur rechtliche Vorteile für
jedenfalls nicht aus. In der Praxis muss die Ge- den Minderjährigen bringen, sind von vorn-
schäftsfähigkeit notfalls vor Gericht geklärt werden herein wirksam.

Tab. 4.1 Die Stufen der Geschäftsfähigkeit


Geschäftsunfähigkeit Beschränkte Geschäftsfähigkeit Geschäftsfähigkeit
ವ Kinder unter 7 Jahren ವ Kinder ab 7 Jahren und Jugendliche ab 18 Jahren
ವ Bei krankhafter Störung der ವ Betreute mit Einwilligungsvorbehalt
Geistestätigkeit (§ 104 BGB) (§ 1903 BGB)
Rechtsgeschäft ist nichtig Rechtsgeschäft ist von der Einwilligung des Rechtsgeschäft ist voll wirksam
gesetzlichen Vertreters abhängig

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▶ 4.1 Seine Selbstbestimmungsrechte

ವ Haben sie auch Nachteile, dann bedarf es Im Falle einer Betreuung gilt Folgendes: Die Be-
der Einwilligung der Eltern (§ 107 BGB), treuung hat keinen Einfluss auf den Status der Ge-
entweder im Vorhinein (Zustimmung) oder schäftsfähigkeit. Ist der Betreute geschäftsunfähig,
im Nachhinein (Genehmigung, § 108 BGB). dann bleibt er es; ist er geschäftsfähig, dann bleibt
Wurde zunächst keine Zustimmung erteilt, er es ebenso. Betreuung heißt eben nicht Ent-
dann sind die Rechtsgeschäfte schwebend un- mündigung.
wirksam. Bei einer Genehmigung werden sie Dazu gibt es aber eine Sonderregelung. Besteht
dann voll wirksam. Wird die Genehmigung die Gefahr, dass der (voll geschäftsfähige) Be-
jedoch versagt, so werden sie endgültig und treute sein Vermögen gefährdet, dann kann das
vollständig unwirksam. Sie müssen rückabge- Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt
wickelt werden: Rückgabe der Leistung (z. B. anordnen (§ 1903 BGB). Dann, aber auch nur
gekaufte Ware) gegen Rückgabe der Gegenleis- dann, gilt der Betreute als beschränkt geschäfts-
tung (z. B. Erstattung des vollen Kaufpreises), fähig. Die Konsequenz: Die Rechtsgeschäfte sind
Wertverlust oder Schäden gehen zu Lasten des nur dann wirksam, wenn der Betreuer einwilligt.
Verkäufers. „Geschäfte mit lediglich rechtlichem Vorteil“ und
ವ Schließt der Minderjährig ein Rechtsgeschäft geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens
ohne ausdrückliche Einwilligung der Eltern ab, kann der Betreute aber trotz Einwilligungsvor-
bezahlt aber mit seinem Taschengeld, so wird behalt weiterhin auch ohne den Betreuer rechts-
das Rechtsgeschäft dadurch wirksam (§ 110 wirksam abschließen (§ 1903 Abs. 2 und 3 BGB).
BGB). Mit der Überlassung des Taschengeldes
erteilen die Eltern quasi ihre Zustimmung, dass Erläuterung zum Fallbeispiel
der Minderjährige das Geld zur freien Ver-
Herr Brenner bestellt gerne im Internet
fügung erhält.
ವ Bei einseitigen Rechtsgeschäften (z. B. im Da Herr Brenner auch mit Betreuer geschäftsfähig
Rahmen einer Kündigung) müssen die Eltern bleibt, hat er rechtswirksame Verträge abgeschlossen.
von vornherein zugestimmt haben, eine nach- Eine Lösung könnte sein: Herr Brenner hat sogenannte
trägliche Einwilligung ist nicht möglich (§ 111 Fernabsatzgeschäfte abgeschlossen – und dafür gibt
es ein gesetzlich geregeltes Widerrufs- und Rück-
BGB).
gaberecht (§ 312g BGB). Das kann der Betreuer für
ವ Eltern können ihre Zustimmung auch dazu er-
Herrn Brenner ausüben. Will er für die Zukunft Vorsor-
teilen, dass der Minderjährige ein Geschäft be- ge treffen, so kann er beim Betreuungsgericht die An-
treiben oder ein Dienst- oder Arbeitsverhält- ordnung eines Einwilligungsvorbehalts anregen. Wird
nis eingehen darf. Dann gilt der Minderjährige dieser erteilt, dann kommt es für die Wirksamkeit von
für alle damit zusammenhängenden Rechts- Rechtsgeschäften von Herrn Brenner auf die Einwil-
geschäfte als voll geschäftsfähig – auch wenn er ligung des Betreuers an.
kündigen will (partielle Geschäftsfähigkeit nach
§§ 112, 113 BGB). Das gilt jedoch nicht bei Aus-
bildungsverhältnissen. Will der Minderjährige
dieses beispielsweise kündigen, dann müssen die
Eltern weiterhin zustimmen.
4.1.3 Die Ehefähigkeit
Definition
Einwilligungsvorbehalt Ehefähigkeit
Fallbeispiel Die Fähigkeit, rechtswirksam die Ehe zu schließen.
Herr Brenner bestellt gerne im Internet
Herr Brenner ist noch ziemlich fit. Er kennt sich auch Grundsätzlich gilt: Wer geschäftsfähig ist, der
gut mit dem Internet aus und surft wie ein alter Hase.
ist auch ehefähig. Allerdings lässt es die Recht-
So bestellt er bei etlichen Onlineshops die schönsten
sprechung ausreichen, wenn der Verlobte in der Lage
Dinge, ohne jedoch auf seinen Kontostand zu achten.
Sein Vermögen gerät in Gefahr. Die Pflegepersonen
ist, das Wesen der Ehe zu begreifen und insoweit eine
machen sich Sorgen und informieren den Betreuer. freie Willensentscheidung zu treffen. So kann auch
Was kann dieser tun? derjenige eine Ehe eingehen, der geistig stark abge-
baut hat, aber noch versteht, was es bedeutet, eine

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Der Pflegebedürftige steht im Mittelpunkt

Ehe zu schließen. Die Einwilligung eines gesetzlichen den geistigen Fähigkeiten zu tun. Kann der
Betreuers ist nicht notwendig. Ein Betreuer kann die Pflegebedürftige immerhin noch sprechen, so
Eingehung einer Ehe auch nicht verhindern. kann er einem Notar einschalten oder notfalls ein
Stellt sich nach der Heirat heraus, dass der Ehegatte Dreizeugentestament errichten (▶ Kap. 4.7.3).
nicht ehefähig war, dann ist die Ehe zunächst wirk-
sam, sie kann allerdings aufgehoben werden. 4.1.5 Die Schuldfähigkeit bzw. Delikts-
Dazu ist ein gerichtlicher Beschluss notwendig fähigkeit
(§ 1313 BGB). Den Antrag kann ein Ehepartner Wer eine unerlaubte Handlung begeht, der muss
(auch dessen gesetzlicher Vertreter, z. B. der Be- dafür haften, allerdings nur dann, wenn er dafür
treuer des Pflegebedürftigen) oder eine Behörde verantwortlich gemacht werden kann, wenn er also
stellen (§ 1316 BGB). schuld- bzw. deliktsfähig ist.
4.1.4 Die Testierfähigkeit
Auch die Testierfähigkeit hängt mit der Geschäfts-
Definition
fähigkeit zusammen – und doch ist auch sie etwas Schuldfähigkeit / Deliktsfähigkeit
abweichend geregelt. Die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einsehen und da-
nach handeln zu können.
Definition
Testierfähigkeit Nur wer die notwendige Einsichtsfähigkeit hat,
Die Fähigkeit, rechtswirksam ein Testament errichten, muss für sein Tun haften. Je nach Rechtsgebiet
ändern oder verwerfen zu können. wird unterschieden: Der Begriff der Schuldfähig-
keit wird für die strafrechtliche, der Begriff der
Deliktsfähigkeit für die zivilrechtliche Verant-
Geregelt ist die Testierfähigkeit in § 2229 BGB. wortlichkeit verwendet. Die Unterscheidung ist
Nach dessen Absätzen 1 und 2 gilt bereits ein nicht nur begrifflich, auch deren Voraussetzungen
Minderjähriger, der zumindest 16 Jahre alt sein sind unterschiedlich geregelt (▶ Tab. 4.2).
muss, als testierfähig. Eine Zustimmung der Eltern Grundsätzlich muss auch ein Pflegebedürftiger
ist nicht notwendig. Allerdings muss der Min- straf- und zivilrechtlich haften. Allerdings kann die
derjährige einen Notar einschalten (§ 2247 Abs. 4
BGB). Bei Volljährigen ist für die Testierfähigkeit
§ 2229 Abs. 4 BGB entscheidend. Tab. 4.2 Schuldfähigkeit im Straf- und Zivilrecht
Gesetz Schuldfähigkeit Deliktsfähigkeit
§ 2229 Abs. 4 BGB (Strafrecht) (Zivilrecht)
Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, Schuldunfähig sind: Deliktsunfähig sind:
wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseins- ವ Kinder bis 13 Jahre, ವ Kinder bis 6 Jahre,
störung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von § 19 StGB § 828 Abs. 1 BGB
ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und ವ Bewusstseinsgestörte, ವ 7- bis 9-Jährige bei Un-
nach dieser Einsicht zu handeln, kann ein Testament krankhaft seelisch Ge- fällen im Straßenverkehr
nicht errichten. störte, § 20 StGB (wenn (wenn kein Vorsatz),
diese nur vermindert § 828 Abs. 2 BGB
schuldfähig sind, dann ವ Bewusstlose und
Testierunfähigkeit liegt vor, wenn der Testierende Strafmilderung, § 21 Geisteskranke, § 827
die Tragweite seiner Entscheidungen nicht er- StGB) Satz 1 BGB
kennen und seinen Willen nicht frei von Ein- Bedingt schuldfähig Bedingt deliktsfähig sind
flüssen dritter Personen bilden und äußern kann. sind Jugendliche (14 Minderjährige (7 bis
Um diese Frage wird bei Erbauseinandersetzungen bis 17 Jahre) je nach 17 Jahre) je nach Einsichts-
häufig gestritten. Reifegrad, §§ 1, 3 JGG fähigkeit, § 828 Abs. 3 BGB
Ein besonderer Fall liegt vor, wenn jemand weder
schreiben, sprechen noch lesen kann (faktische Unbeschränkt schuldfähig: Unbeschränkt deliktsfähig:
Testierunfähigkeit). Das hat also nichts mit alle übrigen alle übrigen

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▶ 4.1 Seine Selbstbestimmungsrechte

Haftung ausgeschlossen sein, wenn er z. B. wegen Hier ist die Fähigkeit gemeint, in eine Maß-
fortgeschrittener Demenz nach § 20 StGB schuld- nahme einwilligen zu können, die für den Be-
unfähig oder nach § 827 Satz 1 BGB deliktsunfähig troffenen eine Rechtsgutverletzung zur Folge
ist. In beiden Fällen muss geprüft werden, ob bei hat. Beispiel: Wer einen Krankenhausaufnahme-
dem Pflegebedürftigen eine krankhafte Störung vertrag abschließt, der tätigt ein Rechtsgeschäft
der Geistestätigkeit vorliegt. und muss dazu geschäftsfähig sein. Soll eine
Operation durchführt werden, so wird in das
Praxistipp Rechtsgut „körperliche Unversehrtheit“ des
Patienten eingegriffen. Hier ist (wie bei jeder
Wenn Pflegebedürftige wegen ihrer demenziellen Er-
medizinisch-pflegerischen Maßnahme) eine Ein-
krankung nicht haften müssen, dann ist auch deren
willigung notwendig. Dazu muss der Patient ein-
Haftpflichtversicherung nicht in der Pflicht. Das ist so-
wohl für die Angehörigen des an Demenz Erkrankten willigungsfähig sein.
als auch für den Geschädigten unangenehm. Abhilfe Grundsätzlich gilt: Einwilligungsfähig ist, wer
schafft eine „Demenzklausel“. Diese lässt sich auch ವ Art, Bedeutung und Tragweite (Risiken) der
nachträglich mit der Versicherung vereinbaren (häufig Maßnahme erfassen,
kostenlos). Alternative: Kündigung der alten und Ab- ವ eine Abwägung vornehmen und
schluss einer neuen Haftpflichtversicherung (inklusive ವ seine Entscheidung danach ausrichten kann.
„Demenzklausel“). Für Kinder bis zu 6 Jahren gibt Das ist für jede Situation gesondert zu beurteilen. Bei-
es diese Möglichkeit ebenfalls. Vor allem Pflegeein- spiel: Ein Pflegebedürftiger kann bezüglich grund-
richtungen und -dienste sollten bei Aufnahme der Ver- pflegerischer Maßnahmen (wie Waschen oder Haar-
sorgung darauf hinweisen. pflege) durchaus einwilligungsfähig sein, eventuell
aber nicht mehr, wenn es um eine komplizierte
Operation geht. Auch insofern unterscheidet sich
4.1.6 Die Einwilligungsfähigkeit die Einwilligungs- von der Geschäftsfähigkeit: Die
Im Mittelpunkt der medizinisch-pflegerischen Geschäftsfähigkeit wird in der Regel generell und nie
Versorgung steht der Pflegebedürftige. Er selbst auf die jeweilige Situation hin beurteilt.
entscheidet über alle medizinisch-pflegerischen Ähnlich wie bei der Geschäftsfähigkeit hat aller-
Maßnahmen. Mit anderen Worten: Auf seinen dings auch hier die Bestellung eines Betreuers
Willen kommt es an! Damit kommt es aber auch keine Auswirkungen: Grundsätzlich kann der Be-
darauf an, ob er überhaupt (noch) in der Lage ist, treuer dem Betreuten, selbst wenn er für Gesund-
einen rechtlich erheblichen Willen zu bilden. heitsangelegenheiten bestellt ist, keinen Strich
durch die Rechnung machen. Der Wille des (ein-
Definition willigungsfähigen) Betreuten ist auch hier vor-
Einwilligungsfähigkeit rangig! Zwangsmaßnahmen sind allenfalls in Aus-
nahmefällen und nur mit gerichtlichem Beschluss
Die Fähigkeit, in die Verletzung eigener Rechtsgüter
möglich (▶ Kap. 4.5).
einwilligen bzw. dies ablehnen zu können.

Praxistipp
Beispiel: Ein Pflegebedürftiger möchte Seitengitter
Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit
an seinem Bett haben. Kommt eine Pflegeperson
diesem Wunsch nach, so würde sie damit aber in In der Praxis taucht häufig die Frage auf, wer die Ein-
seine Freiheit eingreifen. Immerhin ist es der Wille willigungsfähigkeit beurteilen darf. Die Rechtsprechung
erkennt an, dass Pflegefachleute in der Lage sind, diese
des Pflegebedürftigen. Damit dieser aber beacht-
Beurteilung vorzunehmen. Bei Zweifeln sollten Sie sich
lich ist, muss der Pflegebedürftige einwilligungs-
die Einwilligungsfähigkeit ärztlich bestätigen lassen
fähig sein. und in der Dokumentation festhalten. Es empfiehlt sich
Wichtige Rechtsgüter sind z. B. das Leben, die kör- außerdem, die Beurteilung in regelmäßigen Abständen,
perliche Unversehrtheit, die Freiheit, das Eigentum z. B. innerhalb von drei Monaten, zu wiederholen.
oder das Allgemeine Persönlichkeitsrecht.
Die Einwilligungsfähigkeit ist etwas anderes als
die Geschäftsfähigkeit. Dort geht es darum, Bei Kindern hängt die Einwilligungsfähigkeit von
wirksam Rechtsgeschäfte vornehmen zu können. deren geistigen und sittlichen Reife ab. Im Einzel-

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Der Pflegebedürftige steht im Mittelpunkt

fall ist manches noch umstritten. Es gelten folgende Wiederholungsfragen


Grundsätze: 1. Was ist der Unterschied zwischen Geschäfts-
ವ Kinder im Alter von bis zu 13 Jahren sind nur fähigkeit und Einwilligungsfähigkeit?
im Ausnahmefall einwilligungsfähig. Ab 14 Jah- 2. Wann ist eine Person beschränkt geschäfts-
ren kommt es darauf an. Entscheidend ist die fähig und welche Konsequenzen hat das?
Reife des Kindes und die Schwere des medizi- 3. Ein demenziell erkrankter Pflegebedürfti-
nisch-pflegerischen Eingriffs. ger hat einer Pflegekraft die Brille herunter-
ವ Für einwilligungsunfähige Kinder entscheiden geschlagen. Muss er dafür nur dann haften,
die Personensorgeberechtigten. wenn er deliktsfähig ist? Was bedeutet De-
ವ Liegt Einwilligungsfähigkeit vor, dann ent- liktsfähigkeit?
scheidet das Kind. Außerdem soll die Ent-
scheidung der Personensorgeberechtigten not-
wendig sein (noch nicht abschließend geklärt).
4.2 Seine Grundrechte
ವ Sind Vater und Mutter eines Kindes ver- Bereits im zweiten Kapitel wurden die Grundrechte
heiratet, dann haben sie die Personensorge. angesprochen (▶ Kap. 2.4). Zunächst einmal sind
Gleiches gilt, wenn Vater und Mutter er- sie Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Aber sie
klärt haben, die Sorge gemeinsam zu über- strahlen auch auf die Beziehungen der Menschen
nehmen oder wenn ein Familiengericht die untereinander aus, also auch auf das Verhältnis
Sorge auf beide übertragen hat (§ 1626a Abs. 2 von Pflegebedürftigen zu anderen, insbesondere zu
BGB). Ist eine Einwilligung für medizinisch- den Akteuren in der Pflege.
pflegerische Maßnahmen notwendig, dann
müssen beide gemeinschaftlich entscheiden. 4.2.1 Die Grundrechte im Überblick
In Routinefällen darf davon ausgegangen Hier eine Auswahl der wichtigsten Grundrech-
werden, dass ein Elternteil allein entscheiden te, die Pflegebedürftigen zur Seite stehen und sie
kann. Ist eine ausführliche Aufklärung not- schützen:
wendig (mittelschwere Eingriffe), dann ವ Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG).
muss zumindest nachgefragt werden, ob der Beispiel: Wird verletzt, wenn Pflegebedürftige
erschienene Elternteil berechtigt ist, für den unnötig lange in ihren Exkrementen liegen
anderen zu entscheiden (Dokumentation!). gelassen werden.
Bei schweren Fällen ist die Einwilligung beider ವ Freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2
Elternteile einzuholen. Bei getrenntlebenden Abs. 1 GG). Beispiel: Verletzung durch zu kurze
oder geschiedenen Eltern oder auch bei allein- Besuchszeiten oder ein unberechtigtes Hausver-
erziehenden Müttern oder Vätern muss die bot gegenüber Angehörigen.
Sorgeberechtigung vorab geklärt werden. Bei ವ Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1
gemeinsamer Sorge kann aber auch hier der GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG). Beispiel: Wenn Bil-
betreuende Teil bei der „Alltagssorge“ allein der von Pflegebedürftigen ohne deren Einwilli-
entscheiden. gung im Wohnbereich einer Pflegeeinrichtung
ವ Weder Eltern noch Kind können in die ausgehängt werden.
Sterilisation einwilligen (§ 1631c BGB). Die ವ Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Beispiel:
Einwilligung der Eltern in eine Beschneidung Verletzung bei Tötung des Pflegebedürftigen
des Kindes ist nur unter bestimmten Voraus- „aus Mitleid“ oder „um ihn von seinem Leid
setzungen möglich (§ 1631d BGB). Eine Ein- zu erlösen". Anders bei der Beihilfe zum Suizid
willigung der Eltern in Unterbringung und sowie passiver oder indirekter Sterbehilfe
freiheitsentziehende Maßnahmen bedarf der ge- (▶ Kap. 8.1.10).
richtlichen Genehmigung (§ 1631b BGB). ವ Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2
ವ In Konfliktfällen kann das Familiengericht ein- Abs. 2 Satz 1 GG). Beispiel: Verletzung durch
geschaltet werden, insbesondere wenn das Kin- physische oder psychische Gewalt (um den
deswohl gefährdet ist oder wenn sich die Eltern Pflegebedürftigen gefügig zu machen).
nicht einig sind. In Eilfällen kann rechtfertigender ವ Recht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz
Notstand einen medizinisch-pflegerischen Ein- 2 GG), ergänzt durch Art. 104 GG (Rechtsweg-
griff legitimieren. garantie bei Freiheitsentziehung). Beispiel: Ein

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▶ 4.2 Seine Grundrechte

Wohn- und Betreuungsvertrag, mit dem eine hinaus nehmen einige Landesheimgesetze aus-
Fixierung „im Bedarfsfall“ vereinbart wird, ver- drücklich Bezug auf die Pflege-Charta.
letzt dieses Grundrecht.
ವ Gleichheitssatz, Gleichberechtigung von Män- Gesetz
nern und Frauen, Benachteiligungsverbot (Art. 3
GG). Beispiel: Weil es sehr viel aufwendiger ist, Die Pflege-Charta
einen Pflegebedürftigen mit einer Schwerbehin- Artikel 1: Selbstbestimmung und Hilfe zur
derung zu waschen, wird er seltener versorgt als Selbsthilfe
andere. Das ist eine Benachteiligung wegen einer Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht
Behinderung. auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung, um
ವ Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 GG). ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges
Beispiel: Es wird den muslimisch gläubigen Leben führen zu können.
Pflegebedürftigen nicht ermöglicht, regelmäßig Artikel 2: Körperliche und seelische Unver-
zu beten. sehrtheit, Freiheit und Sicherheit
ವ Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht,
Beispiel: Dieses Grundrecht deckt es, wenn ein vor Gefahren für Leib und Seele geschützt zu werden.
Pflegebedürftiger die Missstände in einem Pfle-
Artikel 3: Privatheit
geunternehmen öffentlich anprangert.
ವ Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht
GG). Beispiel: Verletzung, wenn ein Mitarbeiter auf Wahrung und Schutz seiner Privat- und Intimsphäre.
in der Verwaltung einer stationären Pflegeein- Artikel 4: Pflege, Betreuung und Behandlung
richtung sämtliche Brief an die Bewohner öffnet Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht
(und diese dann weiterleitet). auf eine an seinem persönlichen Bedarf ausgerichtete,
ವ Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gesundheitsfördernde und qualifizierte Pflege, Betreu-
(Art. 13 GG): Beispiel: Eine Verletzung liegt vor, ung und Behandlung.
wenn die Räume der Pflegebedürftigen mittels Artikel 5: Information, Beratung und Auf-
Videoüberwachung kontrolliert werden. klärung
4.2.2 Exkurs: Die Pflege-Charta Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht
auf umfassende Informationen über Möglichkeiten und
Ein Beispiel für die Ausstrahlungswirkung der Angebote der Beratung, der Hilfe, der Pflege sowie der
Grundrechte stellte auch die Charta der Rechte Behandlung.
hilfe- und pflegebedürftiger Menschen (Pflege-
Artikel 6: Kommunikation, Wertschätzung und
Charta) dar. Sie wurde 2005 vom Runden Tisch
Teilhabe an der Gesellschaft
Pflege verabschiedet. Daran nahmen etliche Ver-
treter aus Verbänden, aus Ländern und Kom- Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht
munen, Praxis und Wissenschaft teil. auf Wertschätzung, Austausch mit anderen Menschen
Ziel der Charta ist es, die Rolle und die Rechts- und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
stellung hilfe- und pflegebedürftiger Menschen Artikel 7: Religion, Kultur und Weltanschauung
zu stärken. Zugleich soll die Charta Leitlinie für Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht,
die Menschen und Institutionen sein, die Verant- seiner Kultur und Weltanschauung entsprechend zu
wortung in Pflege, Betreuung und Behandlung leben und seine Religion auszuüben.
übernehmen. Artikel 8: Palliative Begleitung, Sterben und Tod
Der Grundgedanke der Charta: Menschen, die
Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das
Hilfe und Pflege benötigen, haben die gleichen Recht, in Würde zu sterben.
Rechte wie alle anderen Menschen und dürfen in
ihrer besonderen Lebenssituation in keiner Weise
benachteiligt werden. Da sich die Betroffenen meist Die einzelnen Artikel werden in der Pflege-Charta
kaum selbst vertreten können, tragen Staat und noch näher ausgeführt. Hier beispielhaft zu Ar-
Gesellschaft dafür eine besondere Verantwortung. tikel 1: „Sie haben das Recht auf Beachtung Ihrer
Erfreulich ist, dass etliche Regelungen aus der Willens- und Entscheidungsfreiheit sowie auf Für-
Charta bereits in Gesetzen verankert sind. Darüber sprache und Fürsorge. Die an der Betreuung, Pflege

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Der Pflegebedürftige steht im Mittelpunkt

und Behandlung beteiligten Personen müssen Zwei Initiativen aus den vergangenen Jahren, eigene
Ihren Willen beachten und ihr Handeln danach Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen,
ausrichten. Das gilt auch, wenn Sie sich sprach- waren bislang nicht erfolgreich. Immerhin gibt es
lich nicht artikulieren können und Ihren Willen Art. 24 der EU-Charta.
beispielsweise durch Ihr Verhalten zum Ausdruck
bringen. Menschen, deren geistige Fähigkeiten
eingeschränkt sind, müssen ihrem Verständnis Gesetz
entsprechend in Entscheidungsprozesse, die ihre Art. 24 EU-Charta
Person betreffen, einbezogen werden.“ (1) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die
Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Sie
Praxistipp können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in
den Angelegenheiten, die sie betreffen, in einer ihrem
Unter www.pflege-charta.de bietet das Bundes- Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berücksichtigt.
etliche weiterführende Infos zur Pflege-Charta. (2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffent-
licher Stellen oder privater Einrichtungen muss das
Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.
4.2.3 Exkurs: Kinderschutzrechte (3) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige per-
Auch Kinder und Jugendliche (auch in ihrer Rolle sönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden
als Patienten) stehen unter dem besonderen Schutz Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl ent-
des Grundgesetzes. In Art. 6 GG werden sie eigens gegen.
erwähnt, wenn auch nur indirekt über die Eltern.

Gesetz In diesem Artikel der EU-Charta werden die


Grundanliegen der 1989 verabschiedeten UN-
Art. 6 GG
Kinderrechtskonvention sehr schön auf den
(1) […] (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das Punkt gebracht. Diese lauten:
natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen ವ Schutz vor Diskriminierungen und Maßnahmen
obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die dagegen (Art. 2)
staatliche Gemeinschaft. (3) Gegen den Willen der ವ Vorrang des Kindeswohls (Art. 3)
Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund ವ Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung
eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn
(Art. 6)
die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die
ವ Berücksichtigung des Kindeswillens (Art. 12)
Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) […] (5) Den unehelichen Kindern sind durch die
Auf gesetzlicher Ebene ist für die Pflege das Kin-
Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leib- derschutzgesetz relevant. Es rechtfertigt in § 4,
liche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der dass Berufsgeheimnisträger (auch Pflegepersonen)
Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern. bei einer Kindeswohlgefährdung ihre Schweige-
pflicht brechen dürfen. In der Vorschrift ist folgen-
des Verfahren vorgesehen:
Die Pflege und Erziehung der Kinder obliegt zu- ವ Zunächst sollen Ärzte und Pflegepersonen
nächst einmal den Eltern. Allerdings wacht die mit dem Kind oder Jugendlichen und mit den
staatliche Gemeinschaft darüber – was letztlich Personensorgeberechtigten die Situation be-
eine Einschränkung des Sorgerechts der Eltern sprechen und darauf hinwirken, dass Hilfen in
ist. Steht nämlich das Kindeswohl auf dem Spiel, Anspruch genommen werden. Dabei können
dann kann der Staat zum Schutz des Kindes tätig sich Ärzte und Pflegepersonen von Fachkräften
werden. Beispiel: Unterlassen die Eltern sämtliche der öffentlichen Jugendhilfe Unterstützung
notwendigen Vorsorgeuntersuchungen für ihr holen.
Kind und gehen bei Beschwerden nie zum Arzt, ವ Scheidet eine Beratung aus oder ist sie erfolglos,
dann kann das zuständige Familiengericht einen dann darf das Jugendamt eingeschaltet werden.
sogenannten Ergänzungspfleger bestimmen. Der Die Betroffenen sind darauf hinzuweisen (wenn
muss sich dann um die ausreichende Versorgung dadurch der Schutz des Kindes oder Jugend-
kümmern – und nur darum. lichen nicht infrage gestellt wird). Dazu dürfen

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▶ 4.3 Seine sozialen Rechte

Ärzte und Pflegepersonen die notwendigen Welcher Zweig des Sozialrechts und damit auch
Daten an das Jugendamt übermitteln. welches Sozialgesetzbuch einschlägig ist, macht
Weitere Regelungen zum Schutz von Kindern sich vor allem an drei Anknüpfungspunkten fest
(in einem weiten Sinn) finden sich im BGB, (▶ Tab. 4.3): Krankheit, Pflegebedürftigkeit und
im SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe, Unter- Behinderung.
stützungsleistungen für Kinder, Jugendliche und
ihre Eltern), aber auch noch weit darüber hinaus
4.3.1 Rechte aus der gesetzlichen
im Jugendschutzgesetz, im Jugendgerichtsgesetz
oder in den Landesschulgesetzen. Krankenversicherung (SGB V)
Insgesamt lässt sich sagen: Kinder und Jugendliche Pflegebedürftige haben Ansprüche auf Sozialleis-
werden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs tungen, wenn sie krank sind. Zum einen erhalten
nicht mehr nur als Objekte, sondern als Subjekte sie Behandlungsleistungen. Beispiele: (zahn-)
wahrgenommen. Auch in der Pflege darf man über ärztliche Behandlung einschließlich Psycho-
Kinder nicht mehr hinweggehen, sondern gestaltet therapie, Krankenhausbehandlung, Versorgung
mit ihnen gemeinsam die medizinisch-pflegerische mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln
Versorgung. Denn nicht zuletzt Art. 24 EU-Charta sowie häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe.
fordert, dass ihre Meinung (und damit letztlich ihr Außerdem besteht ein Anspruch auf Krankengeld.
Wille) berücksichtigt werden müssen. Hinzu kommen Leistungen zur Früherkennung
von Krankheiten sowie bei Schwangerschaft oder
Mutterschaft (s. § 11 SGB V).
4.3 Seine sozialen Rechte
Der Pflegebedürftige ist eingebettet in ein System Grundstrukturen der gesetzlichen Krankenver-
der sozialen Sicherung. Dieses wurde bereits im sicherung
ersten Kapitel vorgestellt (▶ Kap. 1.4.5). Hier geht Im SGB V sind vor allem die Pflichtleistungen
es nun um die einzelnen Leistungsansprüche der der Krankenkassen geregelt (z. B. die vertragsärzt-
Pflegebedürftigen. Diese werden in verschiedenen liche Versorgung, häusliche Krankenpflege oder
Zweigen des Sozialrechts gewährt: Arzneimittel). Darüber hinaus dürfen die Kassen
ವ Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nach weitere Leistungen gewähren. Sie werden in den
dem Sozialgesetzbuch V (SGB V) Satzungen der jeweiligen Krankenkassen festgelegt
ವ Soziale Pflegeversicherung (SPV) nach dem So- (Satzungsleistungen). Ihr Anteil am Gesamt-
zialgesetzbuch XI (SGB XI) volumen ist jedoch sehr gering. Schließlich gibt
ವ Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII es noch Leistungen, die für den einzelnen Ver-
(SGB XII) sicherten wünschenswert sind, aber das Maß des
Für Menschen mit Behinderung versucht das Notwendigen überschreiten. Solche Wunschleis-
Sozialgesetzbuch IX (SGB IX), die zuvor genannten tungen müssen aus eigener Tasche bezahlt werden
Bereiche zu integrieren. (individuelle Gesundheitsleistungen, IGeL). In

Tab. 4.3 Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Behinderung als Anknüpfungspunkte im Sozialrecht


Krankheit Pflegebedürftigkeit Behinderung
Definition regelwidriger körperlicher, Hilfebedürftigkeit für für Lebensalter untypischer körperli-
geistiger oder seelischer Zu- die gewöhnlichen und cher, geistiger oder seelischer Zustand,
stand, der ärztlicher Behand- regelmäßig wieder- der zu dauerhafter und gravierender
lung bedarf oder Arbeitsunfä- kehrenden Verrichtungen Beeinträchtigung der gesellschaftlichen
higkeit zur Folge hat des täglichen Lebens Teilhabe führt
Ziel Heilung, Stabilisierung, Lin- Ausgleich von Funktions- Abwendung, Beseitigung einer Behin-
derung defiziten derung, Stabilisierung, Eingliederung in
Gemeinschaft
Zuständigkeit Krankenkasse Pflegekasse, ergänzend Krankenkasse, Träger der Rentenver-
Sozialhilfeträger sicherung, Sozialhilfeträger u. a.

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Der Pflegebedürftige steht im Mittelpunkt

diesem Abschnitt geht es ausschließlich um die Für Leistungen der GKV gilt grundsätzlich das
Pflichtleistungen aus dem SGB V. Wirtschaftlichkeitsgebot: Die Leistungen müssen
Seit dem 1.1.2009 besteht für alle Personen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein;
mit Wohnsitz in Deutschland eine allgemeine sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht über-
Krankenversicherungspflicht (§ 193 Abs. 3 VVG). schreiten (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Um dieses Ge-
So sind beispielsweise Arbeitnehmer und Rentner bot umzusetzen, beschließt der Gemeinsame Bun-
in der gesetzlichen oder privaten Krankenver- desausschuss (G-BA, ▶ Kap. 9.2.3) entsprechende
sicherung pflichtversichert. Eine Besonderheit Richtlinien (dazu gleich etliche Beispiele).
in der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Ausgewählte Leistungen der gesetzlichen
Familienversicherung. Danach können die in Krankenversicherung
Deutschland lebenden nicht versicherten Ehegat-
Ärztliche und zahnärztliche Behandlung (§§ 28 f.
ten, Lebenspartner und Kinder von Mitgliedern
SGB V)
beitragsfrei mitversichert werden.
Versicherte haben Anspruch auf ärztliche und
Die GKV gewährt vorrangig Sachleistungen (z. B.
zahnärztliche Behandlung. Sie muss allerdings
Arznei- und Hilfsmittel) und Dienstleistungen
von einem zugelassenen Arzt erbracht werden.
(z. B. ärztliche Behandlung). Das heißt: Versicher-
Erfasst werden alle Tätigkeiten des Arztes, die zur
te haben einen Anspruch auf Verschaffung dieser
Früherkennung, Behandlung und Verhütung von
Leistungen, nicht aber auf eine Geldzahlung. An-
Krankheiten notwendig sind. Haus- und Facharzt
spruch auf eine Geldleistung besteht nur in Aus-
können frei gewählt werden.
nahmefällen, z. B. beim Krankengeld.
Für Zahnersatz werden feste Beträge bezahlt (ab-
hängig vom Befund). Die Höhe des Festzuschusses
Praxistipp entspricht etwa 50 % der Kosten der Standard-
Die Krankenkasse muss nach § 13 Abs. 3a SGB V in- therapie. Mehrkosten muss der Versicherte selbst
nerhalb von drei Wochen nach Eingang des Leistungs- tragen. Kieferorthopädie wird in der Regel nur für
antrags eine Entscheidung treffen (wenn ein MDK-Gut- Jugendliche übernommen (aber bis zu 100 %).
achten notwendig ist, innerhalb von fünf Wochen). Bei Arznei- und Verbandmittel (§ 31 SGB V, Arzneimit-
Zahnbehandlungen verlängern sich die Fristen um eine
tel-Richtlinie)
Woche. Wenn die Kasse die Fristen nicht einhalten
Versicherte haben einen Anspruch auf die Ver-
kann, so muss sie den Versicherten schriftlich (und be-
sorgung mit verschreibungspflichtigen Arznei-
gründet) über die Verzögerung informieren. Versäumt
sie die rechtzeitige Mitteilung, so gilt die Leistung und Verbandmitteln (▶ Abb. 4.1). Die Kosten
allein aus diesem Grund als genehmigt! Beschaffen werden zu einem Großteil von den Kassen über-
sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine er- nommen.
forderliche Leistung dann selbst, so ist die Krankenkasse Beispiele für Arzneimittel, die nicht bezahlt
zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten ver- werden: Arzneimittel, die weniger als 5 Euro
pflichtet, allerdings nur dann, wenn die Leistung im kosten, Bagatell-Arzneimittel oder Lifestyle-
SGB V auch tatsächlich vorgesehen ist. Medikamente, unwirtschaftliche Arzneimittel mit
geringem oder umstrittenem therapeutischem

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Abb. 4.1 Arzneimittel, Verbandmittel, Hilfsmittel und Heilmittel im Vergleich

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