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Internet of Things – IoT

Chapter · June 2014


DOI: 10.13140/RG.2.1.5157.5527

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4 4,359

1 author:

Anatol Badach
University of Applied Sciences Fulda
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I
► IoT

IoT
Internet of Things
Autor: Prof. Dr.-Ing. Der Wunsch und das Streben nach mehr Lebensqualität, mehr
Anatol Badach Energieeffizienz und besserem Umweltschutz haben zur Folge, dass
verschiedene Systeme zur drahtlosen Vernetzung von Sensoren für
Überwachung und Meldung unterschiedlicher Ereignisse wie auch
von auf Basis von Mikroprozessoren aufgebauten Aktoren zur
Ansteuerung wichtiger technischer, in unserem Alltag
allgegenwärtiger „Dinge“ ständig und immer mehr an Bedeutung
und Verbreitung gewinnen. Um diese Entwicklungen zu
verwirklichen, entstehen sog. Sensornetzwerke (Sensor Networks,
SNs), kurz auch als Sensornetze bezeichnet. Enthalten Sensornetze
auch Aktoren1, so spricht man von Sensor-Aktor-Netzen (Sensor and
Auszug aus dem Aktuator Networks). Damit man drahtlose Sensor-Aktor-Netze
Werk: überall und jederzeit effektiv nutzen kann, müssen sie mit dem
herkömmlichen Internet integrativ verbunden werden.

Die Integration verschiedener, in der Regel drahtloser Sensor-Aktor-


Netze (Wireless Sensor and Actuator Networks, WSANs) in das
herkömmliche Internet führt zur Entstehung einer neuen Form des
Netzes. Dieses wird als Internet of Things (IoT) bzw. auf Deutsch
als Internet der Dinge bezeichnet.

„Wie kann man sich das IoT vorstellen?“ „Welche Technologien


sind zur IoT-Realisierung nötig?“ „Welche Sicherheitsprobleme
Herausgeber: können im IoT entstehen?“ Das sind nur einige der zahlreichen
Heinz Schulte Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Migration zum IoT
stellen und auf die in diesem Beitrag eingegangen wird.
WEKA-Verlag
ISBN 978-3-8276- Weil Sensor-Aktor-Netze überall und jederzeit zum Einsatz kommen
9142-2 – beispielweise zwecks Industrie-, Gebäude-, Heimautomation sowie

1
Als Aktoren, vom englischen Begriff Actuator abgeleitet und auch Aktuato-
ren genannt, bezeichnet man alle kleinen technischen Komponenten, welche
elektrische Signale (z.B. vom Steuerungsprozessor kommende Befehle) in
physikalische Größen (z.B. Temperatur, Druck, ...) bzw. in mechanische
Bewegung umsetzen und daher als Ausführungselemente (Antriebselemente,
Regler, ...) dienen können. Ein Sensor, der als „Fühler“ dient, ist somit das
Gegenteil eines Aktors.

1
I
► IoT

zur Gesundheits-, Verkehr und Umweltüberwachung – sind sie


allgegenwärtig (also ubiquitär, ubiquitous) und werden uns im
Alltag mehr und mehr begleiten. So wird die Vision des Ubiquitous
Computing (UC) bald zur Realität werden. Um die
Allgegenwärtigkeit der Sensor-Aktor-Netze als deren Besonderheit
hervorzuheben, werden sie ubiquitäre Sensor-Aktor-Netze
(Ubiquitous Sensor and Actuator Networks, USANs) genannt.

Im Internet of Things werden verschiedene Webtechnologien und


-protokolle eingesetzt. Man bezeichnet dies allgemein als Web of
Things (WoT)2 bzw. auf Deutsch Web der Dinge. Um bewährte
Webtechnologien (z.B. RESTful3 Web Services) in den für sie
neuen, typischerweise in Sensor-Aktor-Netzen herrschenden,
ressourcenbeschränkten Umgebungen (Constrained Environments)
einsetzen zu können, müssen für das WoT neue Konzepte entwickelt
werden. Das WoT wird mit Sicherheit dazu beitragen, dass wir
mithilfe des IoT in die Lage versetzt werden, unsere
allgegenwärtigen technischen Dinge effektiver zu nutzen.

Verschiedene Standardisierungsgremien und andere Organisationen


koordinieren IoT betreffende Entwicklungen; hier sind insbesondere
hervorzuheben:
• Internet Engineering Task Force (IETF)
Die Working Group CoRE (Constrained RESTful Environ-
ments)4 der IETF koordiniert die Entwicklung von Standards
für Webtechnologien und -protokolle, um diese im IoT einset-
zen zu können. Zu nennen ist hier die Entwicklung des Web-
Transferprotokolls CoAP (Constrained Application Protocol)5,
welches das Protokoll HTTP (Hypertext Transfer Protocol) in

2
http://www.webofthings.org
3
REST (Representational State Transfer) beschreibt, wie Web-Ressourcen
und -Objekte mithilfe von URLs (Uniform Resource Locators) direkt zu
adressieren sind – de facto so, wie es ursprünglich bei der WWW-Einführung
(World Wide Web) zu Beginn der 90er-Jahre vorgesehen war. REST wird in
der neuen Generation der Web Services von einer Art von „verteilten Web-
anwendungen“ eingesetzt. Man bezeichnet diese Webanwendungen als
RESTful Web Services.
4
http://datatracker.ietf.org/wg/core
5
https://datatracker.ietf.org/doc/draft-ietf-core-coap

2
I
► IoT

Sensor-Aktor-Netzen ersetzen soll. Auf dem Routing-Gebiet ist


die IETF Working Group ROLL (Routing Over Low-Power
and Lossy Networks)6 aktiv und das Ergebnis dieser Aktivitäten
ist u.a. das Routingprotokoll RPL (IPv6 Routing Protocol for
Low-Power und Lossy Networks)7.
• International Telecommunication Union (ITU)
Der ITU Telecommunication Standardization Sector (ITU-T)
koordiniert innerhalb der Global Standards Initiative on Inter-
net of Things (IoT-GSI)8 die Entwicklung verschiedener Stan-
dards, welche IoT-Aspekte betreffen. In diesem Zusammen-
hang sind auch die als Joint Coordination Activity on Internet
of Things (JCA-IoT)9 bezeichneten Aktivitäten hervorzuheben.
Eine Liste von IoT betreffenden ITU-T-Standards findet man
am Ende dieses Beitrags.
• Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE)
Das IEEE entwickelt Standards für Sensor-Aktor-Netze, wobei
diese Standards nur die ersten zwei Schichten (Layers) in die-
sen Netzen betreffen, d.h. die physikalische Schicht (Physical
Layer, PL) und die Medienzugriffskontroll-Schicht (Media Ac-
cess Control Layer, MAC Layer). Hervorzuheben sind hier ins-
besondere die Standards IEEE 802.15.410 für LR-WPANs
(Low-Rate Wireless Personal Area Networks) und
IEEE 802.15.6 für LR-WBANs (Low-Rate Wireless Body Area
Networks).11
Dieser Beitrag präsentiert zuerst das allgemeine Konzept des IoT
und dessen Einsatzmöglichkeiten, danach stellt er kurz verschiedene
IoT-Basistechnologien (u.a. Sensor-Aktor-Netze, deren Protokolle

6
https://datatracker.ietf.org/wg/roll/charter
7
http://tools.ietf.org/html/rfc6550
8
http://www.itu.int/en/ITU-T/gsi/iot
9
http://www.itu.int/en/ITU-T/jca/iot
10
In IEEE 802.15.4 wurden überwiegend die Konzepte des Industriestan-
dards der Allianz ZigBee übernommen, sodass man beim Standard 802.15.4
oft auch vom ZigBee-Standard spricht. Es sei aber angemerkt, dass der Zig-
Bee-Standard auch die Protokolle höherer Schichten für Sensor-Aktor-Netze
spezifiziert (https://www.zigbee.org).
11
http://standards.ieee.org/innovate/iot

3
I
► IoT

und wesentliche Bestandteile des WoT) vor. Abschließend wird eine


kurze Übersicht über Sicherheitsprobleme und -risiken gegeben, mit
welchen wir im IoT rechnen müssen.

Allgemeine Definition des IoT


Bevor wir uns verschiedenen technischen IoT-Aspekten widmen,
soll zuerst die allgemeine Definition des IoT aus der Recommenda-
tion ITU-T Y.2060 (06/2012) unter dem Titel „Overview of the
Internet of things“ aufgegriffen und zitiert werden. In der Recom-
mendation wird das IoT wie folgt definiert:

Internet of Things (IoT): A global infrastructure for the


information society, enabling advanced services by
interconnecting (physical and virtual) things based on, existing
and evolving, interoperable information and communication
technologies.

Diese Definition möchten wir nun etwas präzisieren und das IoT
ausführlicher, aber immer noch sehr allgemein, mit folgendem Satz
definieren:

Das IoT ist eine besondere globale Informations- und


Kommunikationsinfrastruktur, mit der unterschiedliche ubiquitäre
(allgegenwärtige) Applikationen und Services durch diverse, auf
der Basis von bestehenden und zukünftigen Informations- und
Kommunikationstechnologien realisierten, in der Regel
drahtlosen Vernetzungen verschiedener physikalischer und
virtueller Dinge (Objekte) sowohl untereinander als auch mit dem
herkömmlichen Internet erbracht und dann überall und jederzeit
verfügbar gemacht werden können.

Diese Definition soll folgende drei – oben kursiv geschriebene –


Besonderheiten des IoT zum Ausdruck bringen, und zwar:
• dass die IoT-Applikationen und -Services zukünftig ubiquitär,
also überall und jederzeit verfügbar sein werden. Folglich wer-
den sie auch allen Menschen zugänglich gemacht werden kön-
nen.

4
I
► IoT

• dass das IoT durch diverse und in der Regel drahtlose Vernet-
zungen verschiedener physikalischer sowie virtueller Dinge
(Objekte) sowohl untereinander als auch mit dem herkömmli-
chen Internet entsteht. Demzufolge ist das IoT kein separates
physikalisches Netz, sondern als eine Ergänzung zum
herkömmlichen Internet anzusehen.
• dass die IoT-Applikationen und -Services über das herkömmli-
che Internet, über andere spezielle Netze – insbesondere über
die Mobilfunknetze UMTS12 und LTE13 sowie über WLANs14
– überall und jederzeit verfügbar gemacht werden können.
Im Weiteren möchten wir die hier dargestellte, allgemeine IoT-
Definition noch um technische Details verfeinern und dabei die drei
soeben hervorgehobenen Besonderheiten des IoT anhand von
Bildern verdeutlichen.

Aus der hier präsentierten Definition des IoT gehen – aus


theoretischer Sicht – drei charakteristische Merkmale der
Kommunikation hervor. Diese sind: „Any Thing“, „Any Place“ und
„Any Time“; in unserer Sprache könnte man sagen: alle Dinge sind
überall und jederzeit zugänglich. Diese Merkmale des IoT können
auch als Dimensionen angesehen werden. Im Weiteren werden wir
genauer auf sie eingehen (vgl. Bild 006552).

Herkömmliches Internet und IoT – eine funktionelle Sicht


Nun möchten wir eine allgemeine Definition des IoT aus einer
funktionellen Sicht aufzeigen. Zu diesem Zweck schauen wir uns
das Bild 006551 an, welches die grundlegende Idee des IoT
illustriert – und zwar die, dass das IoT eine funktionelle Erweiterung
des herkömmlichen Internets um verschiedene „smarte technische
Dinge“ unserer alltäglichen Umgebung darstellt. Dank dieser
Erweiterung können innovative und intelligente Applikationen und
Services realisiert und diese Anwendern überall und jederzeit
verfügbar gemacht werden.

12
Universal Mobile Telecommunications System
13
Long Term Evolution
14
Wireless Local Area Networks

5
I
► IoT

Es sei angemerkt, dass die funktionelle Erweiterung des


herkömmlichen Internets um „smarte technische Dinge“ de facto
durch eine Erweiterung um das IoT mithilfe intelligenter Access
Gateways erfolgt; Bild 006553 illustriert dies detaillierter.

Bild 006551: Herkömmliches Internet versus IoT – Kommunika-


tionsarten: a) im klassischen Internet, b) im IoT

Betrachtet man das herkömmliche Internet nur im Hinblick auf die


Kommunikationsarten bzw. Datenflüsse, stellt man schnell fest, dass
hier die beiden Akteure Menschen und Rechner im „Spiel“ sind. Im
herkömmlichen Internet realisiert man somit folgende
Kommunikationsarten:
• M-zu-M (Mensch-zu-Mensch)
Diese Art der Kommunikation realisiert man beispielsweise mit
dem E-Mail-Dienst.
• M-zu-R (Mensch-zu-Rechner) und R-zu-M (Rechner-zu
Mensch)
Diese Arten der gerichteten Kommunikation finden z.B. beim
Abruf von Webinhalten statt und zwar wie folgt: Ein Mensch
sendet eine Anforderung mit der Angabe, was er haben will, an
einen Rechner, welcher als Webserver dient (M-zu-R), und der
Rechner übermittelt dem Menschen die gewünschten Webin-
halte (R-zu-M).
• R-zu-R (Rechner-zu-Rechner)
Beim jedem Austausch von Daten zwischen zwei Rechnern
findet diese Art der Kommunikation statt.
Zu den beiden Akteuren Mensch und Rechner des herkömmlichen
Internets kommt nun mit dem IoT noch ein dritter hinzu – nämlich
das „Ding“ (Thing). Als Ding bezeichnen wir hier alle möglichen
Alltagseinrichtungen (Geräte, Maschinen, Sensoren, Aktoren, ...),

6
I
► IoT

die überall in unserem alltäglichen Leben vorgefunden werden


können. Weil das IoT eine funktionelle Erweiterung des herkömmli-
chen Internets darstellt, kommen also noch folgende Kommunikati-
onsarten hinzu:
• M-zu-D (Mensch-zu-Ding) und D-zu-M (Ding-zu-Mensch)
Diese beiden Arten der gerichteten Kommunikation werden bei
typischen IoT-Applikationen realisiert, die es Menschen ermög-
lichen, z.B. mithilfe von Smartphones, verschiedene technische
Dinge (z.B. Temperatur-, Lichtregler) über das Internet anzu-
steuern. Bei solchen Applikationen sendet ein Mensch eine
Aufforderung (einen Befehl) an ein Ding (M-zu-D), dieses
führt die Aufforderung aus und bestätigt dem Menschen die
Ausführung der erhaltenen „Aufgabe“ durch das Absenden ei-
ner entsprechenden Mitteilung (D-zu-M).
• R-zu-D (Rechner-zu-Ding) und D-zu-R (Ding-zu-Rechner)
Diese gerichteten Kommunikationsarten findet man bei der An-
steuerung technischer Dinge durch verschiedene Steuerungs-
rechner. Nehmen wir an: Ein Rechner hat die Aufgabe mehrere,
als Aktoren (z.B. Regler, Antriebselemente) dienende Dinge
anzusteuern. In einem solchen Fall verläuft die Kommunikation
typischerweise zwischen einem Rechner und technischen Din-
gen so, dass der Rechner einen Befehl an ein Ding sendet (R-
zu-D), dieses den erhaltenen Befehl ausführt und dem Rechner
durch das Absenden einer Bestätigung mitteilt, dass es seine
Aufgabe „erledigt“ hat (D-zu-R).
• D-zu-D (Ding-zu-Ding)
Diese Art der Kommunikation findet man dann, wenn mehrere
Dinge, genauer gesagt verschiedene technische Einrichtungen,
untereinander vernetzt sind. Dies ist insbesondere dann der
Fall, wenn eine von ihnen als Koordinator anderer Dinge fun-
giert (vgl. Bild 006553). Die Kommunikationsart D-zu-D ist ei-
ne Sonderform der Kommunikation M2M (Machine-to-
Machine), welche bereits zu revolutionären Lösungen in der
Industrie geführt hat. Man bezeichnet sie heute als die „4te in-
dustrielle Revolution“ und spricht in diesem Zusammengang
auch von der „Industry 4.0“.
Interpretation des IoT aus funktioneller Sicht
Betrachtet man das IoT aus rein funktioneller Sicht, so wie Bild
006551 es zeigt, dann ist es wie folgt zu interpretieren:

7
I
► IoT

Das IoT ist eine funktionelle Erweiterung des Internets mit dem
Ziel, Alltagseinrichtungen (Geräte, Maschinen, Sensoren,
Aktoren, ...) unterschiedlicher Art und mit unterschiedlichen
Fähigkeiten – also verschiedene smarte Dinge, im Allgemeinen
als Devices bezeichnet – sowohl untereinander als auch mit
Rechnern am Internet so zu vernetzen, dass sie alle möglichen
Internetdienste nutzen können, um dadurch die Erbringung einer
breiten Palette neuer innovativer und intelligenter Applikationen
und Services überall und jederzeit zu ermöglichen.

Das herkömmliche Internet vernetzt auf verschiedene Arten weltweit


nur Menschen und Rechner untereinander. Durch die Migration zum
IoT werden bald alle „wichtigen technischen Dinge“ der Welt
sowohl mit Menschen und Rechnern als auch untereinander vernetzt
werden. Dadurch werden sich für die Menschen vollkommen neue
Perspektiven ergeben, u.a. mehr Lebensqualität und eine bessere
Energieeffizienz erreichen sowie einen größeren Umweltschutz
garantieren zu können.

IoT-Dimensionen – Any Thing, Any Place und Any Time


Wie bereits erwähnt, kann man mit dem IoT die oben genannten drei
charakteristischen Merkmale der Kommunikation (oder auch IoT-
Dimensionen) mit allen möglichen Dingen erreichen. Bild 006552
bringt dies nochmals näher zum Ausdruck.

Bild 006552: Drei charakteristische Kommunikationsmerkmale des


IoT – sie führen dazu, dass alle Dinge überall und jederzeit zugäng-
lich sind

Aus dem Vorangehenden ließe sich an dieser Stelle bereits das


Hauptziel des IoT mit einem Satz wie folgt erfassen: Alle techni-

8
I
► IoT

schen Dinge, insbesondere die unseres alltäglichen Lebens, sollen


Menschen mithilfe des IoT überall und jederzeit zugänglich und
somit nutzbar sein.

Grundlegendes technisches Konzept des IoT


Nachdem wir das IoT definiert und dessen Hauptziel kennengelernt
haben, soll nun genauer auf das grundlegende technische Konzept
des IoT eingegangen werden; Bild 006553 stellt dieses dar.

Bild 006553: Grundlegendes technisches Konzept des IoT


6LoWPAN: IPv6 over Low Power WPAN
CoAP: Constrained Application Protocol
DB: Datenbank
HTTP: Hypertext Transfer Protocol
IP: Internet Protocol
LTE: Long Term Evolution
NÜ: Netzübergang
TCP: Transmission Control Protocol
UDP: User Datagram Protocol
UMTS: Universal Mobile Telecommunications System
WPAN: Wireless Personal Area Network

9
I
► IoT

Wie bereits erwähnt und in Bild 006551 zum Ausdruck gebracht


wurde, stellt das IoT eine funktionelle Erweiterung des
herkömmlichen Internets dar. Diese Erweiterung besteht, wie Bild
006553 illustriert, einerseits darin, dass verschiedene drahtlose
Sensor-Aktor-Netze über spezielle Access Gateways (AGs) an das
herkömmliche Internet angebunden werden. Andererseits können am
herkömmlichen Internet zur Steuerung und Nutzung bestimmter
Kategorien der von diesen Sensor-Aktor-Netzen erbrachten Dienste
spezielle Leitstellen für IoT-Services (z.B. Umweltschutz-,
Notrufleitstelle) eingerichtet werden. Einige einfache und
individuelle IoT-Services (z.B. Temperatureinstellungen in
Wohnungen) können von Menschen selbst unterwegs mithilfe
tragbarer Rechner bzw. Smartphones in Anspruch genommen
werden.

Bild 006553 soll auch verdeutlichen, dass das herkömmliche


Internet zusammen mit allen an es angebundenen Netzen, wie z.B.
WLANs und Mobilfunknetze (UMTS, LTE), als ein heterogenes
Zubringernetz zu diversen, in der Regel drahtlosen Sensor-Aktor-
Netzen, welche de facto den Kern des IoT bilden, dienen kann.

Allgemein gesehen müssen die IoT-Services für Benutzer auf eine


bestimmte Art und Weise aufbereitet werden. So müssen z.B.
bestimmte Ereignisse visuell angezeigt/signalisiert, entsprechend
gespeichert und dokumentiert werden. Für diese Aufbereitung der
IoT-Services ist seitens der Benutzer ein spezieller funktioneller
Bereich – quasi ein Layer – nötig; dieser wird hier als Application
Support bzw. genauer IoT Application Support bezeichnet.

Funktionelle IoT-Bereiche
Es sei hervorgehoben, dass im IoT folgende vier funktionelle Berei-
che zu unterscheiden sind (vgl. Bild 006553):
• IoT Devices
Zu diesem Bereich gehören die Sensor-Aktor-Netze und Access
Gateways, über welche die Sensor-Aktor-Netze mit dem her-
kömmlichen Internet verbunden sind. Es sei angemerkt, dass
die Sensoren als „Sinnesorgane“ des IoT angesehen werden
können und dass sie eine ganz andere Leistungsfähigkeit als
Rechner am herkömmlichen Internet haben. Zu den wichtigsten
als „Augen“ dienenden Sensoren gehören kleine digitale Kame-

10
I
► IoT

ras, mit deren Hilfe Veränderungen und Bewegungen erkannt


werden können. Die Sensoren am IoT sind oft winzig und be-
ziehen im sog. energiearmen Betriebsmodus (low power) ihre
Energie aus nur wenig leistungsfähigen Batterien oder im batte-
rielosen Betrieb aus der Umwelt („Energy Harvesting“) – folg-
lich ist die Rechenkapazität dieser Sensoren auch „beschränkt“.
U.a. infolge dieser Eigenschaften können die aus dem her-
kömmlichen Internet gut bekannten Protokolle IP, TCP und
HTTP im IoT nicht eingesetzt werden. In Sensor-Aktor-Netzen
werden daher spezielle IoT-spezifische Protokolle verwendet –
und zwar die bereits genannten IPv6 over Low Power WPAN
(6LoWPAN) und Constrained Application Protocol (CoAP).
Auf diese Protokolle gehen wir im Weiteren näher ein (vgl.
Bild 006555).
• Zubringernetze zu IoT Devices
Diesen Bereich bildet das herkömmliche Internet zusammen
mit WLANs und den Mobilfunknetzen UMTS und LTE. Um
verschiedene IoT-Services erbringen und ubiquitäres Compu-
ting (UC) ermöglichen zu können, könnten in Zukunft noch
verschiedene Next Generation Networks (NGNs) dazukommen
(vgl. Bild 006554). Verschiedene NGNs und Ubiquitous Com-
puting betreffende Aspekte werden in mehreren, am Ende die-
ses Beitrags aufgelisteten ITU-T Recommendations der Y-Serie
spezifiziert – hier sind u.a. zu nennen: Y.2002, Y.2063 und
Y.2221.
• (IoT) Application Support
In diesem Bereich werden die IoT-Services auf eine bestimmte
Art und Weise aufbereitet (also erstellt, signalisiert und visuali-
siert usw.). Hier ist eine gemeinsame Serviceplattform für
wichtige IoT-Applikationen nötig, z.B. für Smart Home, Smart
Energy, Smart Environment, Ambient Assisted Living (AAL)
und E-Health. In diesem Zusammenhang spricht man von der
IoT/M2M Service Platform. Um das Konzept einer solchen
Serviceplattform zu spezifizieren, wurde bei der ITU-T die Ar-
beitsgruppe FG M2M (Focus Group on M2M Service Layer)
gegründet15 und der Technical Report „M2M service layer: A-

15
http://www.itu.int/en/ITU-T/focusgroups/m2m/Pages/default.aspx

11
I
► IoT

PIs and protocol overview“ dieser Arbeitsgruppe wäre an dieser


Stelle zu erwähnen.16
Anmerkung: Der in Bild 006553 gezeigte Bereich „Applicati-
on Support“ wird im Multilayer-Modell des IoT (Bild 006554)
als „Application Support Layer“ dargestellt. Bei der Arbeits-
gruppe FG M2M wird dieser Layer „M2M Service Layer“ ge-
nannt.
• IoT Applications
Die IoT-Services werden Menschen mithilfe bestimmter IoT-
Applikationen zugänglich gemacht. Da es sich hier in der Regel
um komplexe verteilte Applikationen handelt, welche eine au-
diovisuelle Kommunikation über das Internet voraussetzen,
versucht man diese IoT-Applikationen als Standards zu verfas-
sen. Als Beispiel hierfür sei die medizinische IoT-Applikation
E-Health – vor allem deren Nutzung zur Patientenüberwachung
– angeführt.17
Die oben dargestellten vier funktionellen Bereiche im IoT führen
dazu, dass man dessen allgemeines Konzept in Form eines Multilay-
er-Modells darstellen kann. Dieses soll nun vorgestellt werden.

Allgemeines Multilayer-Modell des IoT


Betrachtet man die in Bild 006553 gezeigten funktionellen Bereiche
des IoT als Layer, so entsteht ein allgemeines Multilayer-Modell des
IoT. Dieses wird in Bild 006554 gezeigt. Vorgestellt wurde ein
solches Modell des IoT in der Recommendation ITU-T Y.2060
(06/2012). Das Modell enthält somit vier Layers, welche den in Bild
006553 dargestellten IoT-Bereichen entsprechen.

Es sei hervorgehoben, dass der Device Layer im Modell des IoT in


folgende drei Sublayers aufgeteilt wird:
• Sensor und Actuator Sublayer
Zu diesem Sublayer gehören Sensoren und Aktoren – also de
facto die Endeinrichtungen des IoT

16
http://www.itu.int/dms_pub/itu-t/opb/fg/T-FG-M2M-2014-D3.1-PDF-
E.pdf
17
http://www.itu.int/en/ITU-
T/studygroups/com16/ehealth/Pages/default.aspx

12
I
► IoT

Bild 006554: Allgemeines Multilayer-Modell des IoT in Anlehnung


an ITU-T Y.2060
G3/G4: 3-te/4-te Mobilfunkgeneration (G3 = UMTS, G4 = LTE)
LTE: Long Term Evolution
NGN: Next Generation Network
UMTS: Universal Mobile Telecommunications System
USAN: Ubiquitous Sensor and Actuator Network
WLAN: Wireless Local Area Network

• Ubiquitous Sensor und Actuator Networking Sublayer


Dieser Sublayer repräsentiert Netze, welche in der Regel draht-
los sind und dazu dienen, Sensoren und Aktoren untereinander
zu vernetzen und über Access Gateway an das herkömmliche
Internet anzubinden.
• Access Gateway Sublayer
Dieser Sublayer repräsentiert Access Gateways, über welche
die Sensor-Aktor-Netze mit dem herkömmlichen Internet
verbunden sind.

IoT-Protokollschichtenmodell und Access Gateways


Wie bereits in den Bildern 006551 und 006553 gezeigt wurde, sind
für die Anbindung drahtloser Sensor-Aktor-Netze an das
herkömmliche Internet spezielle Access Gateways notwendig.

13
I
► IoT

Einige Access Gateways können auch über eine kleine Datenbank


verfügen, in der die von Sensoren gemeldeten Ereignisse gesammelt
und zwischengespeichert werden können, bevor sie über das Internet
an eine Leitstelle übermittelt werden. Bild 006555 illustriert die
Struktur und die Aufgaben der Access Gateways.

Bild 006555: Access Gateways – Struktur und Aufgaben


6LoWPAN: IPv6 over Low Power WPAN
CoAP: Constrained Application Protocol
DL: Data Link
HTTP: Hypertext Transfer Protocol
K: Koordinatorknoten (Coordinator Node)
MAC: Media Access Control
N: Node (Sensor oder Aktor bzw. eine Kombination Sensor/Aktor)
PL: Physical Layer
TCP: Transmission Control Protocol
UDP: User Datagram Protocol
WPAN: Wireless Personal Area Network

Wie hier ersichtlich ist, besteht die Aufgabe von Access Gateways
hauptsächlich in der „Übersetzung“ der Protokolle in den Schichten
3, 4 und 5 des IoT-Protokollmodells. Auf diese Schichten gehen wir
jetzt kurz ein.

Die ersten zwei Schichten – Physical Layer und MAC Layer – wer-
den im IoT-Protokollmodell durch IEEE-Standards festgelegt. Von
ihnen sind insbesondere die folgenden hervorzuheben:
• IEEE 802.15.4 mit der Spezifikation von Low-Rate Wireless
Personal Area Networks (LR-WPANs) und

14
I
► IoT

• IEEE 802.15.6 mit der Spezifikation von Low-Rate Wireless


Body Area Networks (LR-WBANs).
Die Standards für LR-WPANs und LR-WBANs spezifizieren die
untersten zwei Schichten, d.h. Physical Layer und MAC Layer.
Dabei beschreiben sie spezielle Funktionen, die nur in drahtlosen,
energiearmen Sensor-Aktor-Netzen realisiert werden müssen. In
Sensor-Aktor-Netzen werden neben stationären (ortsgebundenen)
Sensoren, die eine externe Stromversorgung benötigen, oft auch
kleine Funksensoren eingesetzt, die ihre Energieversorgung aus
winzigen Batterien beziehen oder die benötigte Energie aus ihrer
Umwelt z.B. in Form von Solarenergie selbst gewinnen können. Um
den Energieverbrauch in Sensoren zu reduzieren, werden diese oft in
den sog. Schlafmodus (Sleep Mode) versetzt. Soll ein „schlafender“
Sensor aktiv werden, so muss er zuerst geweckt werden. Die
Funktion „Wecken schlafender Sensoren“ wird innerhalb der
Schicht 2 im IoT-Protokollmodell realisiert. Wurde ein Sensor-
Aktor-Netz nach dem Standard 802.15.4 oder 802.15.6 aufgebaut, so
wird die Funktion „Wecken schlafender Sensoren“ im MAC Layer
realisiert.

Aus Bild 006555 geht hervor, dass das „neue“ Internetprotokoll IPv6
(vgl. [1]) als Übermittlungsprotokoll im herkömmlichen Internet zur
Kommunikation mit Sensor-Aktor-Netzen innerhalb der Schicht 3
(Netzwerkschicht, Paketübermittlungsschicht) verwendet wird. Der
Grund dafür ist folgender: Die Adressen des „alten“
Internetprotokolls IPv4, die sog. IPv4-Adressen, sind nicht mehr
vorhanden; dagegen sind die Adressen des Protokolls IPv6, kurz
IPv6-Adressen genannt, reichlich vorhanden und mit ihnen können
Sensoren und Aktoren adressiert werden.

Die drahtlosen Sensor-Aktor-Netze sind aber sehr stark


ressourcenbeschränkt, werden oft mit sehr geringem Energieeinsatz
(energiearm) betrieben (Low-Power Network) und sind wegen der
oft schlechten Signal-Rausch-Verhältnisse auch verlustbehaftet
(Lossy Network); sie werden deshalb als Constrained Networks
bzw. als Low-Power and Lossy Networks (LLNs) bezeichnet. Um
das Protokoll IPv6 in LLNs nutzen zu können, muss IPv6 an deren
Besonderheiten angepasst (adaptiert) werden. Diese speziell für den
Einsatz in LLNs vereinfachte Form von IPv6 wird IPv6 over Low
Power WPAN (6LoWPAN) genannt. Die Entwicklung von

15
I
► IoT

6LoWPAN koordinierte bei der IETF die gleichnamige Working


Group.18

Da die Schicht 3 in Sensor-Aktor-Netzen das „dünne“ Protokoll


6LoWPAN enthält, muss man dieses im Access Gateway bei der
Übermittlung von Daten an das herkömmliche Internet zum
Protokoll IPv6 „ausbauen“. Bei der Übermittlung von Daten in
Gegenrichtung wird dann das IPv6 zum 6LoWPAN „reduziert“.

In Sensor-Aktor-Netzen, welche LLNs sind, werden einerseits keine


großen Dateien transportiert und andererseits ist das
verbindungsorientierte und zugleich zuverlässige Transportprotokoll
TCP für den Einsatz in LLNs nicht geeignet, denn es ist für LLNs zu
komplex. In LLNs innerhalb der Schicht 4 (Transportschicht) kann
daher nur das verbindungslose und unzuverlässige
Transportprotokoll UDP verwendet werden.

IoT-Applikationen seitens des herkömmlichen Internets verwenden


das Webprotokoll HTTP. Dieses ist komplex (vgl. [2]) und eignet
sich somit nicht zum Einsatz in LLNs – also in Sensor-Aktor-
Netzen. Aus diesem Grund wurde von der IETF Working Group
CoRE das bereits erwähnte Constrained Application Protocol
(CoAP) spezifiziert. Wie in Bild 006555 dargestellt, dient das CoAP
als Application Support Protocol in Sensor-Aktor-Netzen. In Access
Gateways innerhalb der Schicht 5, die als Application Support Layer
angesehen werden kann, muss daher eine Übersetzung (Translation)
HTTP Ù CoAP realisiert werden.

Bei der Darstellung des IoT-Protokollmodells in Bild 006555


wurden Sicherheitsaspekte außer Acht gelassen. Im Weiteren gehen
wir auf die Sicherheit bei IoT ein und zeigen dabei auch (vgl. Bild
006562), welche Sicherheitsprotokolle in den einzelnen Schichten
des IoT-Protokollmodells eingesetzt werden können.

IoT-Basistechnologien im Überblick
Um das IoT verwirklichen zu können, sind verschiedene Konzepte
und Protokolle nötig. Diese können als IoT-Basistechnologien
angesehen werden. Einige von ihnen wurden bereits erwähnt. Bild

18
http://www.ietf.org/wg/concluded/6lowpan.html

16
I
► IoT

006556 zeigt eine Zusammenstellung aller Kategorien von


Basistechnologien. Ihre Bedeutung soll nun kurz erläutert werden.

Bild 006556: Zusammenstellung von IoT-Basistechnologien


DTLS: Datagram Transport Layer Security
IPsec: Internet Protocol Security
LLN: Low-Power and Lossy Network
LR-WBAN: Low-Rate WBAN
LR-WPAN: Low-Rate WPAN
WBAN: Wireless Body Area Network
WPAN: Wireless Personal Area Network

Für die Fortsetzung siehe: Dreibändiges Loseblattwerk (Print und


CD-Version) mit Update-Dienst:
"Protokolle und Dienste der Informationstechnologie"
Aktualisierungszyklus: 2 Monate
WEKA Media, Kissing
ISBN-13: 978-3827691422, Bestell-Nr. OL9142J
http://shop.weka.de/protokolle-und-dienste-der-
informationstechnologie-online

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