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Der Regierende Bürgermeister der deutschen Hauptstadt, Kai Wegner, hat seine
Beziehung zur Bildungssenatorin öffentlich gemacht. In diesem Fall ist das Private
politisch. Es schadet den beiden verliebten Christlichdemokraten ebenso wie dem Ruf
der Metropole.
Alexander Kissler, Berlin
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11.01.2024, 05.30 Uhr 3 min
Ende April 2023 ernannte Kai Wegner (links) Katharina Günther-Wünsch (Mitte) zur
Bildungssenatorin der deutschen Hauptstadt. Rechts im Bild: Finanzsenator Stefan Evers und
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey.
Emmanuele Contini / Imago
Vor gut acht Monaten wurde Kai Wegner im dritten Wahlgang und womöglich
auch mit Stimmen von Abgeordneten der AfD zum Regierenden Berliner
Bürgermeister gewählt. Der CDU-Politiker stolperte in ein Amt, das er seither
nicht mit Fortune auszuüben versteht.
Erst als gar zu laut in der Landespolitik getuschelt wurde, bequemte Wegner sich
zu einer Erklärung und machte Anfang Januar das neue Verhältnis öffentlich.
Zuvor hatte er einen Medienanwalt eingeschaltet, an den sich die Presse «bei
allen Angelegenheiten hinsichtlich seiner Privatsphäre» zu wenden habe – ein
unsouveränes Vorgehen, das eher der Einschüchterung denn der Aufklärung zu
dienen schien.
Darauf folgte nun ein bizarres Regelkorsett, mit dem Wegner sich und seine
Partnerin, Senatorin Katharina Günther-Wünsch, an die Kandare nehmen will.
Im Kabinett, dem insgesamt elf Politiker und mehr Frauen als Männer
angehören, soll bei Konflikten gewissermassen ein Mediator zwischen Wegner,
Günther-Wünsch und dem Rest der Ministerriege platziert werden. Mal soll der
Finanzsenator von der CDU vermitteln, mal die Wirtschaftssenatorin von der
SPD, Wegners Vorgängerin Franziska Giffey.
Der Aufwand ist gross, die Praktikabilität der bisher nur mündlich getroffenen
Niemand wünscht sich in Deutschland jenes Klima des Verdachts, wie es etwa in
den Vereinigten Staaten und Grossbritannien heute vorherrscht. Dort müssen
sich Beziehungen allzu leicht vor dem Richterstuhl der politischen Korrektheit
verantworten. Auch betrifft eine neue Partnerschaft die Beteiligten
gleichermassen und gleichberechtigt, hier also die Bildungssenatorin ebenso wie
den Bürgermeister.
Beide haben eingewilligt, beide wussten, was sie taten – wobei man den sechs
Kindern aus den vier bisherigen Beziehungen des Paars nur wünschen kann, dass
sie so wenig wie möglich von der Kontroverse über die eben nicht rein private
Patchwork-Situation ihrer Politik-Eltern mitbekommen.
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Eine Frage am Rande: wenn die beiden ein schwules, lesbisches oder transgender Paar gewesen, am
besten noch verschiedene Hautfarben und mit Unterschenkelamputation, wäre dann der Aufschrei
der gleiche gewesen oder hätte man gesagt: "Na, endlich stehen sie zu ihrer Liebe, toll!". Und
außerdem: ob dort eine Führung arbeitet oder turtelt, spielt in einem failed state keine Rolle.
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"In diesem Fall ist das Private politisch. Es schadet den beiden verliebten Christlichdemokraten
ebenso wie dem Ruf der Metropole." Gibt es tatsächlich noch etwas, was dem Ruf der Berliner
Metropole schaden könnte?
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