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Online-Kurs
Intensiv-Training - homöopathische Akutbehandlung
Online-Akademie für klassische Homöopathie
www.homoeopathie-kurs.de

© Dennis Habermann

Einführung und Grundlagen

Dieser Kurs hat nicht den Anspruch, die Homöopathie von und Grund auf bzw. „von
Null an“ zu vermitteln. Dafür gab/ gibt es den Einführungskurs oder andere
Grundlagenseminare. Ich hoffe, dass auch alle die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer unter euch, die ich noch nicht kenne und die bisher keinen unserer Kurse
besucht haben, wie in der Kursbeschreibung gefordert, tatsächlich über
ausreichende, entsprechende Vorkenntnisse in klassischer Homöopathie verfügen
um dem Kurs zu folgen.
Wie angekündigt handelt es sich um ein TRAINING zur homöopathischen
Akutbehandlung.

Dennoch, bevor wir dazu kommen, tiefer in das Training der homöopathischen
Akutbehandlung und schließlich konkrete Fallanalysen einzutauchen, werden wir uns
nochmal mit wichtigen Grundlagen der homöopathischen Akutbehandlung
beschäftigen. Für die alten Hasen unter euch wird dabei vieles nicht neu sein. Ich
bitte dennoch, die folgenden Abschnitte (mindestens ab Seite 7) zur Auffrischung
durchzuarbeiten. Wer hier auf größere Verständnisprobleme stößt, möge mir dies
bitte möglichst bald mitteilen.

Homöopathie
Der folgende Abschnitt (bis Seite 7) zu einigen wichtigen Grundlagen der
Homöopathie kann von den Erfahreneren unter euch, besonders den Absolventen
der Kinderhomöopathie-Kurse einfach übersprungen werden und dient vor allem der
Einführung der Online-Kurs-Neulinge bzw. dazu sicherzustellen, dass wir alles
Weitere in den kommenden Wochen auf soliden, gemeinsamen Grundlagen
aufbauen können.

Wiederholung - Grundlagen der Homöopathie

1. Die Homöopathie ist nicht etwas, das sich jemand ausgedacht hat (vom Schöpfer
aller Dinge mal abgesehen). Sie basiert auf einem Naturgesetz, dem so genannten
Ähnlichkeitsprinzip.
Dieses Gesetz ist den Menschen schon mindestens seit Hippokrates (vor ca. 2400
Jahren) im Prinzip bekannt. Erst der deutsche Arzt Samuel Hahnemann hat es vor
rund 200 Jahren aufgegriffen und in über 40 Jahren Forschung und Praxis ein
anwendbares Therapiesystem daraus entwickelt. Er formulierte das Fundament der
Homöopathie so: Similia similibus curentur : Ähnliches heile Ähnliches!
Zusammengefasst bedeutet es, dass Etwas (eine Substanz), das vom Gesunden
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konsumiert eine bestimmte Wirkung (Symptomatik) hervorruft, genau diese


Symptomatik beim Kranken zu heilen vermag.

2. Die klassische Homöopathie bezieht sich auf ihren Gründer Samuel Hahnemann
und dessen bis heute unvermindert gültiges Grundlagenwerk -Organon der
Heilkunst.
Das bedeutet nicht, dass es nicht seitdem viele bedeutende Homöopathen,
neue Erkenntnisse und wichtige Einflüsse gab, die die klassische Homöopathie
weiterentwickelten und bereicherten.

Aber im Organon sind die wichtigen Grundregeln der homöopathischen Behandlung


zusammengefasst. Jeder Homöopath sollte es mindestens einmal vorwärts, einmal
rückwärts und ständig kreuz und quer gelesen haben. Auch in diesem Kurs werden
wir wieder einige kleine Übungen mit dem Organon machen.

Die klassische Homöopathie ist deutlich abzugrenzen von den Formen der
Homöopathie, in denen versucht wird die Anwendung zu vereinfachen. Z.B. indem
man wie in der sog. klinischen Homöopathie lediglich isoliert, lokal symptomatisch
behandelt ohne die Gesamtheit der Symptome zu berücksichtigen.

Oder von einer weiteren Erscheinungsform, wo man einfach alle möglichen


potenzierten Mittel mit einer ähnlichen, auf ein bestimmtes Organsystem abzielenden
Wirkrichtung zusammen mischt (Komplexmittel) und dies dann immer noch
Homöopathie nennt.
Man bezeichnet die klassische Homöopathie auch als Einzelmittelhomöopathie, denn
es wird immer nur ein Mittel auf einmal gegeben und diesem eine jeweils, dem Fall
entsprechend angemessene Zeit um seine Arbeit zu tun.
Ein Mittel wird auch nicht standardmäßig über einen längeren Zeitraum ständig
wiederholt gegeben, mal abgesehen von den LM (Q)-Potenzen und abgesehen von
Akutfällen in denen wir durchaus auch mal ein Mittel über 1-2 Tage, z.B. aufgelöst
(verkleppert) in Wasser wiederholt geben.
Jedoch hat die Gabe eines Mittels (oder gar mehrerer) über Wochen und dann am
besten noch 3 mal täglich, ohne die jeweils auftretenden Reaktionen auszuwerten,
nichts mit klassischer Homöopathie zu tun.
Vielmehr besteht die Gefahr dass der Patient hier in eine Arzneimittelprüfung gerät.
D.h. er könnte Symptome des Mittel entwickeln, die er vorher nicht hatte und die mit
ihm auch eigentlich nichts zu tun haben. Schlimmstenfalls können sich durch zu
oberflächliche Verordnungen kombiniert mit unsachgemäßen Überdosierungen sogar
Unterdrückungen und Verschiebungen von Beschwerden ergeben.
Man findet derartige Empfehlungen (z.B. Belladonna D6 3 X tgl. über 4 Wochen o.ä.)
leider trotzdem allzu häufig in der Laienliteratur und in den Kreisen der klinischen
“Homöopathen”.

3. Um das dem Patienten entsprechende Heilmittel herauszufinden wird eine


umfassende Anamnese und Untersuchung durchgeführt. Im chronischen Fall dauert
dies in der Regel etwa 2 Stunden, im Akutfall etwa 10-30 Minuten. Nach Sichtung
und Bewertung (Hierachisierung) der Symptome werden diese mittels Repertorium
repertorisiert und schließlich mit der Arzneimittellehre und eigenen Erfahrungswerten
abgeglichen.
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Das Repertorium ist ein dickes Buch, in dem nahezu jedes nur erdenkliche
Symptom, das ein Mensch entwickeln kann, aufgeführt ist, mit der jeweiligen Angabe
dahinter, welche Substanz dieses Symptom schon verursacht bzw. geheilt hat.

Das Repertorium ist ein von Menschen gemachtes Hilfsmittel, ohne dass es nicht
geht. Es ist das allerwichtigste Werkzeug des Homöopathen. Aber es ist kein heiliges
Orakel und in weiten Teilen auch noch immer nicht ganz vollständig.
Repertorisieren ist kein Selbstzweck sondern dient dazu, die in Frage kommenden
Mittel durch das „Übersetzen“ der Symptome des Patienten in die Sprache des
Repertoriums bzw. das Auswählen der entsprechenden Rubriken, in unseren Fokus
zu bringen.
Laufend wird es durch Nachträge ergänzt.
Es ist sehr wichtig für uns, im Bewusstsein zu tragen, dass wir nicht einfach stur das
erste Mittel der Repertorisation (also das mit den meisten Symptomen und Graden)
geben können, sondern alle, die recht weit vorne stehen (etwa die ersten 5-10)
genau betrachten müssen.
Die Mittelwahl entscheidet sich erst nach den HINWEISEN aus der Repertorisation
durch den Abgleich mit der MM - und da am besten mit einer guten und
ausführlichen solchen, oder mit dem Wissen, was wir sowieso über die Mittel haben.

Die Hierachisierung sollten wir besonders am Anfang nach dem klassischen,


bewährten Schema, Schritt für Schritt durchführen.
Irgendwann aber machen wir das automatisch. Wir erkennen gleich in der
Anamnese, Das ist ein wichtiges oder sogar das wichtigste, für die homöopathische
Mittelfindung bedeutsamste Symptom und stellen es sofort nach oben bzw. behalten
es im Bewusstsein.
Je ungewöhnlicher und eigentümlicher ein Symptom ist, desto wichtiger ist es aus
homöopathischer Sicht.

Dazu an dieser Stelle einen der wichtigsten Paragraphen des Organon:

§ 153

Bei dieser Aufsuchung eines homöopathisch specifischen Heilmittels, das ist, bei dieser
Gegeneinanderhaltung des Zeichen-Inbegriffs der natürlichen Krankheit gegen die
Symptomenreihen der vorhandenen Arnzneien um unter diesen eine, dem zu heilenden Uebel
in Aehnlichkeit entsprechende Kunstkrankheits-Potenz zu finden, sind die auffallendern,
sonderlichen, ungewöhnlichen und eigenheitlichen (charakteristischen) Zeichen und
Symptome des Krankheitsfalles, besonders und fast einzig fest in’s Auge zu fassen; denn
vorzüglich diesen, müssen sehr ähnliche, in der Symptomenreihe der gesuchten Arznei
entsprechen, wenn sie die passendste zur Heilung sein soll. Die allgemeinern und
unbestimmtern: Eßlust-Mangel, Kopfweh, Mattigkeit, unruhiger Schlaf, Unbehaglichkeit
u.s.w., verdienen in dieser Allgemeinheit und wenn sie nicht näher bezeichnet sind, wenig
Aufmerksamkeit, da man so etwas Allgemeines fast bei jeder Krankheit und jeder Arznei
sieht.

Ob die entsprechende Rubrik dann auch ebenfalls so hoch bewertet werden kann,
hängt auch von der Qualität der Rubrik ab. Eine offensichtlich unvollständige Rubrik
schmälert ggf. die Bedeutung des Symptoms (bzw. eben der Rubrik) wieder IN DER
REPERTORISATION. Wir haben dann natürlich noch immer die Möglichkeit, in der
MM zu forschen und zu schauen ob wir da entsprechende Hinweise finden.
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Ein nicht gesichertes Symptom sollten wir zur Mittelfindung lieber nicht verwenden.

SCHLIMMER ALS KEIN SYMPTOM ZU HABEN DAS WIR VERWENDEN KÖNNEN,


IST ES, EIN NICHT GESICHERTES ODER FALSCHES ZU VERWENDEN!

Hier sind wir schnell in der homöpathischen Irre bzw. bei einem falschen Mittel.

Eine "Reinform" eines Mittels anzutreffen, so wie sie in den kompakten


Arzneimittellehren dargestellt wird, ist eher selten und wir dürfen das so auch nicht
erwarten. Grundsätzlich gilt, dass, das Mittel das richtige ist, das die größte
Übereinstimmung mit dem Fall hat. Die Kunst eines Homöopathen besteht darin, zu
erkennen, was im Vordergrund steht und was in einem Fall wirklich wichtig ist.
Dabei hilft uns zum einen die Hierachisierung, zum anderen ist dazu einfach
Erfahrung und eine gute Arzneimittelkenntnis notwendig. Wir können, wie schon
gesagt, nicht einfach das Mittel geben, das in der Repertorisation ganz vorne steht.
Wir müssen es auch mit der Materia Medica und unserem Wissen über die
Arzneimittel abgleichen.
Ich habe schon oft erfolgreich Mittel verordnet die in der Repertorisation erst an
untergeordneter Stelle angezeigt waren.
Manchmal finden wir ein Mittel von dem wir genau wissen, dass es ein
bestimmtes Symptom hat, nicht in der entsprechenden Rubrik. Erst in einer
aktualisierten Auflage des Repertoriums ist es dann vielleicht zu finden. Dies passiert
besonders mit den "jüngeren" Mitteln, also solchen, die erst vor relativ kurzer Zeit für
die Homöopathie erschlossen wurden.

Niemand hat alle Symptome eines Mittels!


"Ein Patient muss nicht alle Symptome eines Mittels haben, aber ein Mittel sollte alle
Symptome des Patienten haben!"

4. Ein Arzneimittelbild umfasst die Gesamtheit der bekannten Wirkungen einer


Substanz am Gesunden, Erkenntnissen aus der Toxikologie (sprich aus
Vergiftungsfällen), sowie die Erfahrungen aus erfolgreichen Behandlungen.
Die Arzneimittelbilder sind in der sog. Materia Medica, den Arzneimittellehren,
zusammengefasst. Jeder Homöopath benötigt für seine Arbeit mehrere dieser
Arzneimittellehren, da keine einzige wirklich vollständig ist und jeder Autor gemäß
seiner Erfahrung etwas andere Schwerpunkte setzt. Oft wird einem das Bild und
Wesen einer Arznei erst deutlicher, wenn man es in vielen verschiedenen Quellen
nachgelesen hat, mit anderen darüber gesprochen hat, über das Mittel „sinniert“ hat
oder wenn man einen Fall bzw. einen Patienten erlebt hat, der dieses Mittel
gebraucht hat.
Eine gute Kenntnis der wichtigsten Symptome der gebräuchlichsten Heilmittel ist
unabdingbar, da nur so ein Hinweis auf ein spezielles Mittel in der Anamnese weiter
verfolgt und entweder bestätigt oder verworfen werden kann.

5. Aus der Sicht der Homöopathie gibt es kein isoliertes, vom Organismus
unabhängiges Krankheitsgeschehen. Alles hängt zusammen. Krankheit resultiert
aus der individuellen Verstimmung der Lebenskraft. Wir sprechen auch von der
„Grundverstimmung“. Die wahrnehmbaren Zeichen und Symptome sind die Sprache
der Lebenskraft, ihr Ausdruck, mit der sie ihre besondere, individuelle Verstimmung
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zu erkennen gibt. Nur die Gesamtheit all dieser Zeichen und Symptome führt uns zu
dem Heilmittel, welches für den Patienten tatsächliche Heilung bringen kann.

Wir behandeln daher auch keine einzelnen, isolierten Erkrankungen sondern den
ganzen Menschen, der eben auf der Basis seiner Grundverstimmung eine spezielle
Erkrankung, auf seine ganz eigene Weise hervorgebracht hat.

Das bedeutet also : Es gibt kein pauschal wählbares homöopathisches Mittel gegen
z.B. die Mittelohrentzündung oder sonst irgendeine spezielle Erkrankung. Es gibt in
der Rubrik - Ohr – Entzündung - Mittelohr – fast 70 Mittel und bei anderen
Erkrankungen zum Teil noch viel mehr.

Es gibt nur Mittel für individuelle Zustände und die ganz eigene Art wie der Patient
seine Mittelohrentzündung hat - unter Berücksichtigung seiner gesamten Verfassung
und den relevanten Begleiterscheinungen.

Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich können wir die


Mittelohrentzündung normalerweise sehr effektiv behandeln. Nur eben nicht mit
einem pauschalen, in wenigen Minuten ersichtlichen Mittel, sondern unter Beachtung
der gesamten Symptomatik.

Hahnemann schreibt im Organon:

§.9
Im gesunden Zustande des Menschen waltet die geistartige, als Dynamis den
materiellen Körper (Organism) belebende Lebenskraft(Autokratie) unumschränkt und
hält alle seine Theile in bewundernswürdig harmonischem Lebensgange in Gefühlen
und Thätigkeiten, so daß unser
inwohnende, vernünftige Geist sich dieses lebendigen, gesunden Werkzeugs frei zu
dem höhern Zwecke unsers Daseyns bedienen kann.

§.10
Der materielle Organism, ohne Lebenskraft gedacht, ist keiner Empfindung, keiner
Thätigkeit, keiner Selbsterhaltung fähig; nur das immaterielle, den materiellen
Organism im gesunden und kranken Zustande belebende Wesen(das Lebensprincip,
die Lebenskraft) verleiht ihm alle Empfindung und bewirkt seine
Lebensverrichtungen.

§.11
Wenn der Mensch erkrankt, so ist ursprünglich nur diese geistartige, in seinem
Organism überall anwesende, selbsthätige Lebenskraft(Lebensprincip) durch den,
dem Leben feindlichen, dynamischen Einfluß eines krankmachenden Agens
verstimmt; nur das zu einer solchen Innormalität verstimmte Lebensprincip, kann
dem Organism die widrigen Empfindungen verleihen und ihn zu so regelwidrigen
Thätigkeiten bestimmen, die wir Krankheit nennen, denen dieses , an sich
unsichtbare und bloß an seinen Wirkungen im Organism erkennbare Kraftwesen,
giebt seine Krankhafte Verstimmung nur durch Aeußerung von Krankheit in Gefühlen
und Thätigkeiten, (die einzige, den Sinnen des Beobachters und Heilkünstlers
zugekehrte Seite des Organisms), das ist, durch Krankheits-symptomen zu erkennen
und kann sie nicht anders zu erkennen.
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§.12

Einzig die krankhaft gestimmte Lebenskraft bringt die Krankheiten hervor, so daß die,
unsern Sinnen wahrnehmbare Krankheits-Aeußerung zugleich alle innere
Veränderung, das ist, die ganze krankhafte Verstimmung der inneren Dynamis
ausdrückt und die ganze Krankheit zu Tage legt. Hinwiederum bedingt aber auch das
Verschwinden aller Krankheits-Aeußerungen,
das ist, aller vom gesunden Lebens-Vorgange abweichenden, merkbaren
Veränderungen mittels Heilung, eben so gewiß die Widerherstellung der Integrität
des Lebensprincips und setzt foglich die Wiederkehr der Gesundheit des ganzen
Organism nothwendig vorraus.

§.13

Daher ist Krankheit (die nicht der manuellen Chirugie anheim fällt) keinesweges, wie
von den Allöopathen geschieht, als ein vom lebenden Ganzen, vom Organism und
von der ihn belebenden Dynamis gesondertes, innerlich verborgnes , obgleich noch
so fein gedachtes Wesen ein Unding, was bloß in materiellen Köpfen entstehen
konnte und der bisherigen Medicin seit Jahrtausenden alle die verderblichen
Richtungen gegeben hat, die sie zu einer wahren Unheilkunst schufen zu betrachten.
Soviel im Moment aus dem Organon dazu . Die Rechtsschreibung geht übrigens auf
Hahnemann zurück und war vor 200 Jahren richtig. Das Gesagte ist es auch heute
noch und dazu geeignet es mehrmals zu lesen, und es als grundlegende Gedanken
zu verinnerlichen.
Wie gesagt sollte Jeder der homöopathisch arbeiten will das Organon intensiv studieren.

7. Selbstverständlich muss die einer Erkrankung zugrunde liegende Ursache, nicht


nur in der Mittelwahl berücksichtigt werden, sondern, sofern sie bekannt ist und
sofern es möglich ist, behoben bzw. eliminiert werden.
Wenn ein Kind z.B. darunter leidet, dass seine Eltern beide starke Raucher sind, und
möglicherweise selten gelüftet wird, das Kind darüber hinaus selten an die frische
Luft kommt und nun mit einer chronischen Bronchitis bei uns in der Praxis sitzt, so
kann ihm natürlich unser Mittel bei der Überwindung der Bronchitis helfen, aber
gleichzeitig müssen die Ursachen ausgeschaltet werden. Sonst wird unsere
Behandlung wahrscheinlich nur vorübergehend erfolgreich sein.
Hahnemann schreibt dazu im Organon:

§. 4

“Er ist zugleich ein Gesundheit-Erhalter, wenn er die Gesundheit störenden und
Krankheit erzeugenden und unterhaltenden Dinge kennt und sie von den gesunden
Menschen zu entfernen weiß.
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Homöopathische Akutbehandlung

Lektion 1 - Einführende Gedanken und Grundlagen

Die homöopathische Akutbehandlung ist in der Regel einfacher zu handhaben, als


eine chronisch-konstitutionelle. Da der Beginn der Beschwerden in der Regel noch
nicht lange her ist, werden Symptome meist umfassend spontan geschildert, lassen
sich durch eine körperliche Untersuchung entsprechend erfassen und wir kommen
bald zu einem recht klaren Bild. Auch die Verlaufsbeurteilung ist im Akutfall
normalerweise einfacher und klarer: Entweder das Mittel passt und es gibt etwa im
Rahmen der folgenden Stunde eine deutlich positive Tendenz, oder nicht.

Vor der Behandlung

Vor jeder homöopathischen Behandlung müssen wir uns darüber klar werden, ob es
sich überhaupt um ein, der Homöopathie anheim fallendes, also der Methode
grundsätzlich zugängliches Geschehen handelt. Und wenn ja, ob wir selbst sowohl
klinisch/ diagnostisch, wie auch homöopathisch in der Lage sind, den Fall
ausreichend einzuschätzen. Fühlen wir uns mit unserem Wissen und unseren
Fähigkeiten der Situation gewachsen?

Das Potential der Homöopathie ist sicherlich enorm – gerade auch bei akuten
Erkrankungen. Die Grenzen liegen aber nicht selten weniger im Potential der
Methode selbst, als mehr bei uns als Behandler, die wir aus verschiedensten
Gründen manchmal einfach nicht die richtigen Entscheidungen während der
Behandlung treffen.
Wann immer wir uns nicht in der Lage sehen, eine Gefährdung des Patienten
auszuschließen und das Gefühl haben, sowohl von der klinischen, wie auch von der
homöopathischen Einschätzung her nicht durchzublicken, ist es besser sich
Unterstützung dazu zu holen. Dies bedeutet in der Praxis sicherlich in der Regel, den
Patienten entweder einer eingehenderen Diagnostik zuzuführen – aus meiner Sicht
eine der größten Stärken der modernen Schulmedizin - oder an einen erfahreneren
Homöopathen zu überweisen bzw. sich mit einem solchen zu beraten.

Dann müssen wir immer auch die juristische Dimension beachten. Für Heilpraktiker
besteht ja für bestimmte Erkrankungen ein Behandlungsverbot und auch Ärzte
könnten sich u.U. juristisch angreifbar machen, wenn bestimmte
Standardmaßnahmen nicht ergriffen werden (wie z.B. Antibiotika im Fall einer
Streptokokkeninfektion o.ä.) falls es zu Komplikationen kommt.
Wer nicht Arzt oder HP ist darf bekanntermaßen ohnehin gar nicht behandeln!

Außerdem gilt es, sich stets darüber klar zu werden, ob es sich beim zu
behandelnden Fall um einen chronischen- oder einen Akutfall handelt.
Normalerweise wird dies schon bei der Anmeldung des Patienten deutlich oder lässt
sich ansonsten schnell bestimmen. Das ist wichtig für unser Vorgehen. Für die
Akutbehandlung verwenden wir zur Mittelfindung die Symptome, die zum
Akutgeschehen gehören, die die akute Erkrankung repräsentieren. Also alle die
Beschwerden, Symptome und Phänomene, die seit dem Beginn der akuten
Beschwerdelage neu aufgetreten sind oder sich seitdem deutlich verändert haben.
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Nicht verwendet werden solche Symptome, die wir der chronischen Ebene
zurechnen müssen, also solche, die schon vorher bestanden und schon länger
bestehen. Diese lassen keine bzw. nur bedingt Rückschlüsse auf die akute
Erkrankung zu.
Anders sieht es aus, wenn es sich bei der akuten Beschwerdelage gar nicht um
einen echten Akutfall handelt, sondern um akut auflodernde Beschwerden einer
chronischen Erkrankung bzw. konstitutionellen Disposition sind. Dann kann es zwar
auch sein, dass uns der Patient erstmals mit akuten Beschwerden aufsucht und wir
ihm auch zunächst akut helfen müssen. Jedoch ist die Herangehensweise in diesem
Fall anders. Hier wird die chronische Ebene, also die Beschwerden, Symptome und
Phänomene die schon lange bestehen, im Laufe des Lebens auftraten und die der
konstitutionellen Ebene zuzuordnen sind mitberücksichtigt. Übrigens, auch wenn wir
hier mit der ersten Einschätzung falsch liegen und es sich doch um eine akute
Zuspitzung eines chronischen Geschehens handelt, so müssen wir keine schlimmen
Folgen befürchten, wenn wir zunächst ein Mittel verordnet haben, dass auf Basis der
Akutsymptomatik ausgewählt wurde. Es wird lediglich nicht dazu führen, dass der
Fall langfristig und komplett gelöst ist. Nachdem sicherlich auch eine gewisse
Besserung der akuten Beschwerden eintritt, wird es voraussichtlich zu erneuten
Rezidiven kommen.

Akute Krankheiten sind solche Erkrankungen, die plötzlich auftreten, häufig nach
einer bestimmten Causa, einem auslösenden Ereignis oder Einfluss, vorübergehend
sind, mal kürzer und mal länger dauern und selbstlimitierend sind – also entweder
komplett ausheilen oder im schlimmsten Fall mit dem Tod enden. Nicht oder schlecht
behandelt, mitunter auch mit Folgeschäden

Hahnemann dazu:
§ 72

[…] Die Krankheiten der Menschen, sind theils schnelle Erkrankungs-Processe des innormal
verstimmten Lebensprincips, welche ihren Verlauf in mäßiger, mehr oder weniger kurzen Zeit
zu beendigen geeignet sind - man nennt sie acute Krankheiten -; theils sind es solche
Krankheiten, welche bei kleinen, oft unbemerkten Anfängen den lebenden Organism, jede auf
ihre eigne Weise, dynamisch verstimmen und ihn allmälig so vom gesunden Zustande
entfernen, daß die zur Erhaltung der Gesundheit bestimmte, automatische Lebens-Energie,
Lebenskraft (Lebensprincip) genannt, ihnen beim Anfange, wie bei ihrem Fortgange, nur
unvollkommenen, unzweckmäßigen, unnützen Widerstand entgegensetzen, sie aber, durch
eigne Kraft, nicht in sich selbst auslöschen kann, sondern unmächtig dieselbe fortwuchern
und sich selbst immer innormaler umstimmen lassen muß, bis zur endlichen Zerstörung des
Organism; man nennt sie chronische Krankheiten. Sie entstehen von
dynamischer Ansteckung durch ein chronisches Miasm.

§ 73

Was die acuten Krankheiten betrifft, so sind sie theils solche, die den einzelnen Menschen
befallen auf Veranlassung von Schädlichkeiten, denen gerade dieser Mensch insbesondere
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ausgesetzt war. Ausschweifungen in Genüssen, oder ihre Entbehrung, physische heftige


Eindrücke, Erkältungen, Erhitzungen, Strapazen, Verheben u.s.w., oder psychische
Erregungen, Affecte u.s.w., sind Veranlassung solcher acuten Fieber, im Grunde aber sind es
meist nur überhingehende Aufloderungen latenter Psora, welche von selbst wieder in ihren
Schlummer-Zustand zurückkehrt, wenn die acuten Krankheiten nicht allzuheftig waren und
bald beseitigt wurden - theils sind es solche, welche einige Menschen zugleich hie und dort
(sporadisch) befallen, auf Veranlassung meteorischer oder tellurischer Einflüsse und
Schädlichkeiten, wovon krankhaft erregt zu werden, nur einige Menschen, zu derselben Zeit,
Empfänglichkeit besitzen; hieran gränzen jene, welche viele Menschen aus ähnlicher Ursache
unter sehr ähnlichen Beschwerden epidemisch ergreifen, die dann gewöhnlich, wenn sie
gedrängte Massen von Menschen überziehen, ansteckend (contagiös) zu werden pflegen. Da
entstehen Fieber (1), jedesmal von eigner Natur, und weil die Krankheitsfälle gleichen
Ursprungs sind, so versetzen sie auch stets die daran Erkrankten in einen gleichartigen
Krankheits-Proceß, welcher jedoch, sich selbst überlassen, in einem mäßigen Zeitraume, zu
Tod oder Genesung sich entscheidet. Kriegsnoth, Ueberschwemmungen und Hungersnoth
sind ihre nicht seltenen Veranlassungen und Erzeugerinnen - theils sind es auf gleiche Art
wiederkehrende, (daher unter einem hergebrachten Namen bekannte) eigenartige, acute
Miasmen, die entweder den Menschen nur einmal im Leben befallen, wie die
Menschenpocken, die Masern, der Keuchhusten, [...] usw...

*
Schließlich müssen wir überlegen, ob wir überhaupt behandeln. Nicht immer müssen
und sollten wir in einen laufenden Prozess eingreifen.
Es kann schlauer sein, wenn zwar eine gewisse Beschwerdelage besteht, diese aber
erstens noch tolerierbar ist und v.a. zweitens: sich noch gar kein klares Mittelbild
zeigt, zunächst auf eine Verordnung zu verzichten.
So muss nicht jeder harmlose Schnupfen oder eine leichte Befindenstrübung gleich
mit einem Mittel bedacht werden.

Auch an dieser Stelle lassen wir dazu Hahnemann persönlich zu Wort kommen:

§ 150

Werden dem Arzte ein oder ein paar geringfügige Zufälle geklagt, welche seit Kurzem erst
bemerkt worden, so hat er dieß für keine vollständige Krankheit anzusehen, welche
ernstlicher, arzneilicher Hülfe bedürfte. Eine kleine Abänderung in der Diät und
Lebensordnung reicht gewöhnlich hin, diese Unpäßlichkeit zu verwischen.

§ 151

Sind es aber ein paar heftige Beschwerden, über die der Kranke klagt, so findet der
forschende Arzt gewöhnlich noch nebenbei mehrere, obschon kleinere Zufälle, welche ein
vollständiges Bild von der Krankheit geben.
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§ 152

Je schlimmer die acute Krankheit ist, aus desto mehren, aus desto auffallendern Symptomen
ist sie gewöhnlich zusammengesetzt, um desto gewisser läßt sich aber auch ein passendes
Heilmittel für sie auffnden, wenn eine hinreichende Zahl, nach ihrer positiven Wirkung
gekannter Arzneien, zur Auswahl vorhanden ist. Unter den Symptomenreihen vieler
Arzneien, läßt sich ohne Schwierigkeit eine finden, aus deren einzelnen Krankheits-
Elementen sich, dem Symptomen-Inbegriffe der natürlichen Krankheit gegenüber, ein sehr
ähnliches Bild von heilender Kunstkrankheit zusammensetzen läßt, und diese Arznei ist das
wünschenswerthe Heilmittel.

Es ist in der Tat so, dass je heftiger ein Zustand ist, umso leichter lässt sich in der
Regel auch das passende Heilmittel erkennen. D.h., wenn wir in der ersten
Entwicklungsphase einer Erkrankung noch keine Idee haben (und natürlich auch
keine Gefahr für den Patienten besteht), ist es meist sinnvoller, zunächst
abzuwarten, bis der Zustand zuspitzt und das Bild klarer wird. Zu frühzeitige „blinde“
Verordnungen bergen die Gefahr, dass das Bild unnötig verzerrt und verschleiert
wird. Es könnte immer schwieriger werden, die korrekte Arznei zu erkennen.

Zum anderen sind bestimmte Prozesse einfach sinnvoll und es verbietet sich
einzugreifen . Z.B. bestimmte Aufarbeitungsreaktionen oder Ausleitungs-/
Ausscheidungsprozesse, die entweder nach einer Mittelgabe, oder auch durch die
Selbstheilungskräfte des Organismus selber eingeleitet wurden. Wenn wir z.B. ein
chronisches Mittel geben, das dann zu der wünschenswerten Entwicklung führt, dass
z.B. die schweren Verhaltensstörungen und ständig rezidivierenden Bronchitiden
eindeutig und rasch gebessert werden, dann aber nun Hautausschläge auftreten,
können wir nicht bald darauf eine „Hautakutbehandlung“ durchführen.

Oder ein „Durchfallmittel“ geben, wenn der seit Jahren obstipierte Patient nachdem
er, bedingt durch ein Konstitutionsmittel, nun einige Tage Diarrhoe hat.
Es handelt sich um wichtige Reaktionen im Rahmen des Heilungsprozesses und
stehen mit den Hering-Regeln im Einklang!

So etwas muss, außer im Notfall bzw. im Falle einer Gefährdung des Patienten
zugelassen werden. Sonst besteht die Gefahr, dass die Entwicklung erneut
zurückgedrängt wird und die chronische Ebene und damit die Lebenskraft
geschwächt wird.
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Aufgaben und Fragen Tag 1

1. Bitte fasse die Paragraphen 72 und 73, sowie 150, 151 und 152 mit eigenen
Worten zusammen. Was sind die jeweils zentralen Aussagen?

2. Bitte beurteile die folgenden Fälle danach, wie damit aus deiner Sicht umzugehen
ist. Es geht es jetzt noch nicht um eine Mittelwahl! Nur darum, ob Du behandeln
würdest, welche Dinge zu erfragen bzw. festzustellen sind oder was sonst zu tun
wäre:

Fall a) Eine 60 Jahre alte Patientin ruft an und berichtet mit verwaschener Sprache,
sie leide seit gestern Abend unter starkem Schwindel und Kopfschmerzen. Sie liege
im Bett und kann sich leider auch nicht vorstellen in die Praxis zu kommen, da sie
sehr schwach ist. Außerdem hat sie, ebenfalls seit gestern Sehstörungen.
Sie sagt wörtlich, „Ich habe das Gefühl, der Kopf könnte platzten“. Sie lebt alleine.

Fall b) Ein fünfjähriger Junge hat seit gestern Fieber. Es schwankt zwischen 38 und
39! Er liegt die ganze Zeit im Bett und schläft. Wenn er aufwacht verlangt er lediglich
nach etwas zu trinken und trinkt insgesamt im Tagesverlauf ca. 1,5 Liter Wasser.
Wenn er getrunken hat will er weiter schlafen und legt keinen gesteigerten Wert auf
Gesellschaft, die ihm aber auch nicht unangenehm ist. Er beklagt sich nicht über
irgendwelche Schmerzen und es sind auch keine besonderen sonstigen
Beschwerden aufgefallen.

Fall c) Ein 35 Jahre alter Mann befindet sich seit einiger Zeit beruflich sehr im Stress.
Er hat vor einigen Wochen einen neuen Job angetreten und leidet seitdem unter
schlimmen Schlafstörungen. Seine Nächte sind immer gegen ca. 4h beendet, da er
dann aufwacht und nicht mehr einschlafen kann. Die anstehenden Termine des
kommenden Tages gehen ihm dann quälend im Kopf herum, so dass er innerlich
sehr angespannt ist. Außerdem habe sich seine Verdauung verändert, seit er den
neuen Job angetreten hat. Er neige seitdem zu Verstopfung und müsse immer
mehrmals auf die Toilette, bis es endlich funktioniere mit dem Stuhlgang. Allerdings
drücke es trotzdem häufig. Z.T. habe er richtige Bauchkrämpfe.

Fall d) Eine Patientin, 48 Jahre alt, leidet seit Jahren unter Heuschnupfen und
allergischem Asthma. Jeweils im Frühjahr kam es zu z.T. bedrohlicher Atemnot und
sie musste immer wieder mit einem kortikoidhaltigen Spray inhalieren. Sie bekam
nun vor ca. zwei Wochen erstmals ein homöopathisches Konstitutionsmittel.
Obwohl derzeit eigentlich keine Heuschnupfensaison ist, beginnt ihre Nase zu laufen.
Sie sondert seit ca. 10 Tagen fast den ganzen Tag wässrig-mildes Sekret ab.
Außerdem, obwohl sich ihre Lunge völlig frei anfühlt, hat Sie seit einigen Tagen
Auswurf. Klarer Schleim, der sich leicht abhusten lässt. Ein Reizhusten besteht nicht.
Insgesamt fühlt Sie sich gut. Etwas wohler, als noch in der Zeit bis vor zwei Wochen.

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