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Kritische Studien
zur Geschichtswissenschaft

Herausgegeben von
Helmut Berding, Jürgen Kocka
Hans-Peter Ullmann, Hans-Ulrich Wehler

Band 124
Ute Planen
Antifeminismus im Kaiserreich

Vandenhoeck & Ruprecht


in Göttingen
Antifeminismus im Kaiserreich
Diskurs, soziale Formation
und politische Mentalität

von

Ute Planert

Vandenhoeck Sc Ruprecht
in Göttingen
[ Bayerische
Staatsbibliothek
1 München

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Planen, Ute:
Antifeminismus im Kaiserreich: Diskurs, soziale Formation
und politische Mentalität / von Ute Planen. -
Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1998
(Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; Bd.124)
Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1996
ISBN 3-525-35787-7

Gedruckt mit Unterstützung


der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

© 1998, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. - Printcd in Gcrmany. -


Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist
urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen
des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig
und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in
elektronischen Systemen.
Satz: Text & Form, Pohlc.
Druck und Bindung: Guide-Druck GmbH, Tübingen.
Inhalt

Vorwort 9

Einleitung 11

1. Traditionslinien: Von den »Geschlechtsverhältnissen« zur


»Frauenfrage« 20

2. Antifeministischer Diskurs in der wilhelminischen Gesellschaft:


Trägergruppen und Argumentationen 33
2.1. Bildungsbürgerliche Kulturwächter 33
2.2. Die Frauenbewegung als das Antichristentum der Gegenwart:
Protestantismus und lutheranische Orthodoxie 45
2.3. Gefährdeter »Männerstolz vor Direktorenthronen«:
Die rcichsdeutsche Lehrerschaft 53
2.4. In Furcht um Führungspositionen und »alle Lebensgewohn-
heiten«: Studentenvereinigungen 59
2.5. Wider die »Feminisierung des deutschen Beamtentums«:
Kritik an der Frauenarbeit im öffentlichen Dienst 64
2.6. Antisemitische Antifeministen: Der Deutschnationale
Handlungsgehilfenverband 71
2.7. Die Visualisierung der Andersartigkeit: Medizin und
Mediziner 79
2.8. Die Biologisierung der Politik: Völkische Lebensreform,
Anthroposoziologie und Rassenhygiene 83
2.9. >Weibliche< nationale Schutzarbeit contra >unweibliche<
Emanzipation: Deutschvölkische und nationalistische
Interessenverbände 93
2.10. Politik und Parteien 100
2.11. Katalysatoren des Antifeminismus: Politisierung und
Geburtenrückgang 110

3. Der Antifeminismus organisiert sich: Die Gründung des


Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation 118
3.1. Von der literarischen Kritik zum antifeministischen Kampf-
verband 118

5
3.2. Das antifeministische Netzwerk 124
3.3. Das Sozialprofil der Antifeministen und Antifeministinnen.... 130
3.4. Die Aktionsformen des Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation 141

4. Frauenpolitische Kontroversen 1912-1914 152


4.1. Die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Frauen-
bewegung 154
4.2. »Christliche Christenverfolgung«: Kirchen, Antifeministen
und der Deutsch-Evangelische Frauenbund 161
4.3. Feminisierung der Parteipolitik 171

5. Geschlechterpolitik im Ersten Weltkrieg 177


5.1. Ablenkungsmanöver: Vom diskursiven Umgang mit der
Frauenerwerbsarbeit 179
5.2. »... nur Platzhalterin für den Mann«: Demobilisierungspläne 184
5.3. Konkurrenzfurcht und männliche Ehre: Die Kriegspetition
des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und
die Praxis der Demobilisierung 187
5.4. Protessionalisierung der >vveiblichen Eigenart<: Die Erziehung
zur Hausfrau und Mutter 191
5.5. »Feminisierung der Universitäten« und »weibliches Gelehr-
tenproletariat«: Die Kampagne gegen das Frauenstudium 196
5.6. Frauenbildung und Bevölkerungspolitik: Geburtenrückgang
als Klassenproblem 199
5.7. »Die Unterstellung der Geburtenfrage unter den Gesichts-
punkt des Volksinteresses«: Pronatalistische Bevölkerungs-
politik 203
5.8. Widersprüche: Pronatalismus und die Unkontrollierbarkeit
weiblicher Sexualität 214
5.9. Rosen und Schokolade: Sexualität, patriotische Frauen-
organisationen und die Rede von der nationalen Unzuver-
lässigkeit der Frau 219
5.10. Die »Neuorientierung« und die Folgen: Erweiterung
politischer Partizipationsrechte von Frauen auch ohne
Revolution? 224

6. Vom organisierten Antifeminismus zur völkischen Bewegung 241


6.1. Das »Danaergeschenk« als »harmloses Vergnügen«:
Der Umgang mit dem Frauenstimmrecht 241
6.2. Ein »Anschlag auf die Justiz«: Die Opposition gegen die
Zulassung von Frauen zu den Ämtern der Rechtspflege 245

6
6.3. Neukonstitution und völkische Radikalisierung: Der Bund
für deutsche Volkserneuerung 248
6.4. Die Auflösung des organisierten Antifeminismus in der
völkischen Bewegung 251

7. Schlußbetrachtung: Gesellschaftliche Modernisierung und


Geschlechterfrage 259
7.1. Emanzipation durch Emanzipationsgegnerschaft? 262
7.2. Frauenemanzipation im Nationalstaat? Überlegungen zur
Dialektik des nationalstaatlichen Modells 2 70
7.3. Schwache Männer, starke Frauen: Die >Frauenfrage< als
Männerproblem 274

Abkürzungen 295

Anmerkungen 297

Quellen und Literatur 405

Register 431
1. Ortsregister 431
2. Personenregister 433
3. Sachregister 437

7
Vorwort

Die vorliegende Studie ist die gekürzte und überarbeitete Fassung meiner
Dissertation, die von der Geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Univer-
sität Tübingen im Sommersemester 1996 angenommen wurde. Dieter Lan-
gewiesche war mir der beste Doktorvater, den ich mir vorstellen kann. Ich
danke ihm sehr herzlich. Karin Hausen und Gisela Bock gaben mir Gele-
genheit, meine Arbeit während der Entstehungsphase in ihren Kolloquien
vorzutragen, und halfen mir damit, die Fragestellung zu prasizieren und
Begriffe zu schärfen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Diskussi-
onsforen danke ich für ihre Kritik. Friedrich Lenger hat das Manuskript
kenntnisreich kommentiert; ich verdanke ihm viele weiterführende Anre-
gungen. Den Freundinnen danke ich für ihre Bereitschaft, sich mit einzelnen
Kapiteln auseinanderzusetzen. Mit Christa Diemel verbinden mich lange
Jahre gegenseitiger Unterstützung. Marion Hamm zwang mich mit ihren
kritischen Fragen, die Grundlagen meines Urteils wieder und wieder zu
überprüfen. Christine Arbogast, Jette Balzer, Annette Tappe, die Hilfskräfte
am Historischen Seminar und insbesondere Gertrud Joras halfen mir
freundlicherweise bei der Korrektur. Irene Schurichts graphologischer In-
tuition verdanke ich die Entzifferung eines kaum leserlichen Dokuments.
Hans-Peter Ulimann bin ich für die sorgfältige Lektüre und wertvollen
Hinweise verbunden, die mir die Überarbeitung des Textes erleichterten.
Auch Wolfgang Kaschubas Rat hat mir geholfen. Den Herausgebern der
»Kritischen Studien zur Geschichtswissenschaft« danke ich für die Aufnah-
me meiner Dissertation in die Reihe und ihre editorische Tätigkeit. Ein
Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung ermöglichte mir drei Jahre kon-
zentrierten Arbcitens.
Danken möchte ich auch all denen, auf deren liebevolle Sorge um meinen
Sohn Luca Leon ich vertrauen konnte, während ich schrieb. Die häufigen
Trennungen fielen uns beiden schwer. Um so kostbarer waren mir die ge-
meinsamen unbeschwerten Stunden. Für seine Liebe, seine Fröhlichkeit und
sein Verständnis danke ich Luca Leon von Herzen und möchte ihm mein
Buch widmen.

Ute Planert

9
Einleitung

»Die Frauenbefreiungsbestrebungcn, d.h. diejenige Bewegung, die auf die völlige Gleichstel-
lung der Frau mit dem Manne im gesellschaftlichen und bürgerlichen Recht hinzielt, sind
daher im Grunde revolutionär.«1

»Es dürfte kaum eine zweite Bewegung geben, die in so kurzer Zeit so
günstige Resultate erzielte«,2 schrieb August Bebel mit Blick auf die Frauen-
bewegung im Vorwort zur 50. Auflage seines Klassikers »Die Frau und der
Sozialismus« 1909, und tatsächlich hatte sich das Verhältnis der Geschlech-
ter in Deutschland seit den 1890er Jahren in einer Weise verändert, die
früheren Generationen undenkbar erschienen war: Schulen und Universitä-
ten standen formal Frauen wie Männern offen, die Frauenerwerbstätigkeit
hatte insgesamt zwar kaum zugenommen, verlagerte sich aber zunehmend
von traditionellen Bereichen wie der Landwirtschaft und dem häuslichen
Dienst auf die modernen Sektoren von Industrie, Handel und Verkehr.
Zahlreiche Berufsverbände suchten die Interessen ihrer weiblichen Mitglie-
der durchzusetzen, und ihre verbesserte Qualifikation ermöglichte privi-
legierten Frauen aus dem Bürgertum erstmals in größerem Maßstab Alter-
nativen zur traditionellen Versorgungsehe. Frauen schlössen sich zu den
unterschiedlichsten Zwecken in Vereinen zusammen; Forderungen nach
»freier Liebe«, sexueller Selbstbestimmung und politischem Einfluß in Kir-
che, Kommune und Staat wurden laut. Etablierte Institutionen setzten sich
zunehmend mit der >Frauenfrage< auseinander, und mit der Öffnung der
Parteien für Frauen waren die Frauenbewegungen, so sah es auch der natio-
nalliberale Parteivorsitzende Bassermann, zu einem »Machtfaktor im öf-
fentlichen Leben« geworden.
In dem Maße wie sich das überkommene Geschlechterverhältnis ver-
schob, mehrten sich freilich auch die Bemühungen, den traditionellen Ort
des weiblichen Geschlechts festzuschreiben und dem Aufbruch der Frauen
politisch zu begegnen. Selbst einem des Feminismus unverdächtigen Histo-
riker wie Gordon A. Craig ist aufgefallen, daß Vorbehalte gegenüber Frauen
im Deutschland des 19. Jahrhunderts »zugleich allgemeiner und offener
zum Vorschein« kamen als in den Jahren zuvor.3 Als Kronzeugen führte er
neben Schopenhauer und Nietzsche auch Richard Wagner an, und tatsäch-
lich ist die ideengeschichtliche Tradition der Frauenverachtung inzwischen
recht gut,wenngleich keinesfalls erschöpfend dokumentiert. 4 Heidemarie

11
Bennent hat die Aufmerksamkeit für den immanent misogynen Gehalt phi-
losophischer Konzeptionen seit der Aufklärung geschärft,5 Ute Frevert
»bürgerliche Meisterdenker« nach ihren Vorstellungen von Männlichkeit
und Weiblichkeit befragt,6 Ulrich Metzmacher Geschlechtermodelle in der
(männlichen) Literatur, Kunst, Sexualwissenschaft und Soziologie der Jahr-
hundertwende untersucht. 7
Neuerdings zeichnet sich ein verstärktes Interesse für den Zusammenhang
von Antisemitismus und Antifeminismus ab, auf den Peter Pulzer schon
1964 hingewiesen hat.8 Den ideengeschichtlich9 oder psychoanalytisch in-
spirierten Studien10 dient dabei häufig Otto Weiningers 1903 erschienener
Bestseller »Geschlecht und Charakter« als Modellfall.11 Auch die Verschrän-
kung antikapitalistischer und misogyner Impulse im Werk Werner Sombarts
ist inzwischen herausgearbeitet und - wenn auch nur andeutungsweise - in
Beziehung zu seinem Antisemitismus gesetzt worden. 12
Der sozialhistorische Erkenntniswert solcher Einzelanalysen ist freilich
begrenzt, sagen die Auslassungen mehr oder minder berühmter Männer
doch wenig aus über die Reichweite ihrer Theorien und noch weniger über
die Praxis einer Gesellschaft. Als soziales Phänomen wurde Antifeminismus
erst in Ansätzen untersucht. 13 Die Frauenfeindlichkeit weiter Bevölkerungs-
kreise blieb ebenso unbeachtet wie antifeministische Haltungen in Institu-
tionen und Parteien, Vereinen und Verbänden. Um sich dieser Ebene anzu-
nähern, ist es sinnvoll, in Erweiterung einer Definition Herrad Schenks
heuristisch zwischen 1. Misogynie - der Vorstellung einer ontologischen
Minderwertigkeit der Frau - als »feste(m) Bestandteil abendländischer
Kultur«, 2. Frauenfeindlichkeit - bewußten Handlungen und politischen
Praktiken, die darauf abzielen, die Diskriminierung von Frauen in die Tat
umzusetzen - und 3. Antifeminismus als unmittelbarer Reaktion auf Fman-
zipationsansprüche zu unterscheiden. 14
Im Mittelpunkt dieser Studie steht der wilhelminische Antifeminismus als
derWtitutionalisierten Opposition zu Emanzipationsforderungen, wie sie
von den unterschiedlichen Strömungen der Frauenbewegung verstärkt seit
den 1890er Jahren vorgetragen wurden. Die antifeministische Kritik zielte
dabei auf die Organisationen der Frauenbewegung und ihre Repräsentantin-
nen, doch im Grunde ging es um viel mehr: um den Versuch, jene Aufbrüche
und Veränderungen im Verhältnis der Geschlechter wieder rückgängig zu
machen, wie sie seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert immer offensichtli-
cher geworden waren. Wenn die Frauenbewegungen sowohl als Symptom
wie als Motor gesellschaftlichen Wandels verstanden werden können, so
fehlt es bislang noch an der systematischen Untersuchung ihres Gegenpols:
den Agenturen des Antifeminismus als der Antithese in der dialektischen
Beziehung der Geschlechter. Das Ziel dieser Arbeit ist daher, den antifemi-
nistischen Diskurs nachzuzeichnen, ihn sozial zu verorten und die Breiten-

12
Wirkung antifeministischer Tendenzen im wilhelminischen Deutschland zu
ermitteln.
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Großbritannien,
Neuseeland und den USA hatten die Frauenbewegungen in den Jahren vor
dem Ersten Weltkrieg mit heftigem Widerstand zu kämpfen.Während je-
doch insbesondere zum angloamerikanischen Antisuffragismus reichhaltige
Literatur vorliegt,15 ist die Gegnerschaft zur deutschen Frauenbewegung
bisher nur in Ansätzen erforscht. Obwohl der Tatbestand schon um die
Wende zum 20. Jahrhundert zum Begriff geronnen war,16 erwähnen sozial-
geschichtliche Arbeiten von Historikern, die sich um die Erforschung des
politischen Spektrums im Kaiserreich bemühen, die antifeministische Kom-
ponente dieser Strömungen allenfalls am Rande.17 Wiewohl Shulamit Vol-
kov bereits 1978 Antifeminismus als Bestandteil jenes antisemitischen Codes
identifizierte, den sie »bei der Mehrheit der Deutschen in der Vorkriegszeit
verbreitet« sah,18 beginnt sich erst langsam die Erkenntnis durchzusetzen,
daß sich das bürgerliche Unbehagen an der Moderne nur allzuoft in antife-
ministischen Tendenzen niederschlug.19 Die Reichweite dieser Strömungen
auszuloten und ihre Motivationen zu ergründen, ist daher das Anliegen die-
ses Beitrags zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Kaiserreichs aus ge-
schlechterhistorischer Perspektive.
Die historische Frauenforschung hat sich aus naheliegenden Gründen
zunächst mehr mit der Frauenbewegung als mit ihren Kontrahenten be-
schäftigt.20 Einige ältere Arbeiten fuhren zwar die Klassiker unter den frau-
enfeindlichen Schriften an,21 und auch die Literatur zum Wandel des An-
gestelltenberufes verweist auf den Widerstand männlicher Berufsverbände.22
Als eigenständiger Untersuchungsgegenstand wird die Kritik an weiblichen
Flmanzipatlonsversuchen jedoch erst in einigen neueren Studien thema-
tisiert: Cathrine E. Stodolsky hat sich in ihrer Arbeit zur weiblichen Volks-
schullehrerschaft auch der Opposition der männlichen Kontrahenten
angenommen, 23 Ursula Baumann analysiert in ihrer eindrücklichen Disser-
tation das Verhältnis von Protestantismus und Frauenemanzipation. 24 Ker-
stin Domscheit widmet sich in ihrer hervorragenden Studie dem Antifemi-
nismus im Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband, ohne ihn
vorschnell auf das Erklärungsmuster ökonomischer Konkurrenz zu
reduzieren. 25
Hintergrund dieses Perspektivenwechsels war der Wandel von der Frauen-
zur Geschlechtergeschichte, der das Verhältnis der Geschlechter und die
Genese der Geschlechterordnung in das Zentrum der Aufmerksamkeit
rückte.26 In diesem Zusammenhang ist die kulturelle Neucodierung von
Männlichkeit und Weiblichkeit im Verlauf der Konstitution moderner Hu-
manwissenschaften von Claudia Honegger dargelegt worden. 27 Thomas
Laqueur hat sich in einem übergreifenden Entwurf der Inszenierung der

13
Geschlechter von der Antike bis ins 20. Jahrhundert gewidmet. 28 Edith Stol-
zenberg-Bader und - schon vor längerem - Esther Fischer-Homberger
haben sich der Erforschung medizinischer Zuschreibungen zugewandt. 29
Wenn nun auch in der deutschen Geschichtsschreibung - wie von Natalie
Zemon Davis schon 1976 gefordert30 - Männer als Geschlechtswesen in den
Blick genommen werden,31 dürfte damit ein verstärktes Interesse für Behar-
rungstcnzenden im Verhältnis der Geschlechter einhergehen. 32
Tatsächlich formierte sich - vom »mainstream« der historischen For-
schung zum Kaiserreich weitgehend unbemerkt - im wilhelminischen Bür-
gertum eine soziale Bewegung, die sich zum Ziel setzte, weibliche Eman-
zipationsversuche einzudämmen und dem männlichen Geschlecht die
alleinige Vorherrschaft auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens zu si-
chern. Diese Gegenbewegung 33 kulminierte am Vorabend des Ersten Welt-
kriegs in der Gründung des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation, der unter dem Motto: »Dem Mann der Staat, der Frau die
Familie« antrat, das traditionelle Geschlechterverhältnis wiederherzustellen.
Die antifeministische Abwehrorganisation bildet den Gravitationskern die-
ser Studie. Von hier aus läßt sich ein antifeministisches Netzwerk rekonstru-
ieren, das vorwiegend Organisationen des konservativ-nationalistischen und
völkischen politischen Spektrums umfaßte. Frauenfeindlichkeit, Antifemi-
nismus und Misogynie gab es selbstverständlich auch außerhalb dieser
Strukturen. Wenn der »proletarische Antifeminismus«34 in der SPD hier je-
doch ebenso ausgeklammert bleibt wie - um nur einige Beispiele zu nennen
- antifeministische Tendenzen in der Jugendbewegung oder frauenfeindli-
che Konzepte bei Karl Krauss, im Anarchismus und im Expressionismus,35
dann deshalb, weil institutionalisierte Verbindungen fehlen und die poli-
tisch-mentalitären Bezugspunkte, an die eine Analyse anzuknüpfen hätte,
andere sind.
Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation geisterte als Boll-
werk »reaktionärster Kräfte«36 bisher eher als Kuriosum durch die ältere Li-
teratur zur deutschen Frauenbewegung, 37 als daß er ernsthafter Betrachtung
würdig schien.38 Lediglich der englische Historiker Richard Evans widmete
ihm bereits 1976 einige Aufmerksamkeit als Bestandteil der »national Oppo-
sition« im Vorfeld des Ersten Weltkriegs,39 verkürzte die Darstellung aber auf
ökonomische Ursachen und schätzte die soziale Basis ebenso wie die Reich-
weite des Bundes falsch ein. Denn dem neuen Verband gehörten nicht nur
eine »Handvoll Oberlehrer« an, sondern Männer und Frauen aus der prote-
stantisch-urbanen Mittel- und Oberschichten des Kaiserreiches: Ärzte und
Professoren, hohe Staatsbeamte und Juristen, Lehrerinnen und Rassen-
hygieniker, Hausfrauen, Offiziere und Gutsbesitzer, Journalisten, Pfarrer,
Politiker und selbst ein Kabinettsrat der Kaiserin verschrieben sich mit Un-
terstützung von mitgliederstarken Verbänden wie dem Deutschnationalen

14
Handlungsgehilfenverband oder dem Bund Deutscher Militäranwärter dem
Ziel, »dem ganzen modernen Spuk der Emanzipation - wenn es noch mög-
lich ist, ein Ende (zu) machen«. 40
Viele der über 350 anhand von Unterschriftensammlungen, Petitionen
und Verbandsliteratur identifizierbaren Antifeministinnen und Antifemini-
sten waren zugleich an prominenter Stelle in anderen Vereinigungen aktiv:
im Alldeutschen Verband und im Bund der Landwirte, in der Inneren
Mission, der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene oder in einer der
zahlreichen antisemitischen Gruppierungen, in den konservativen Parteien,
aber auch bei den Nationalliberalen. Durch die Analyse personeller Über-
schneidungen ließ sich ein dichtes Netz institutioneller Verflechtungen re-
konstruieren, und die Auswertung von mehr als 50 Verbandszeitschriften
aus diesem Umfeld belegt, daß antifeministische Ressentiments im national-
konservativen und völkischen politischen Spektrum der wilhelminischen
Gesellschaft spätestens seit der Jahrhundertwende zum >guten Ton< gehör-
ten. Die Durchsicht der Tagespresse bestätigt diesen Befund. Die Presse-
dokumentation der Politischen Polizei in Hamburg und des Helene-Länge-
Archivs in Berlin, vor allem aber die bislang unbeachtet gebliebene
Presseausschnittsammlung des BdL zur >Frauenfrage< im Bundesarchiv
Potsdam erwiesen sich in diesem Zusammenhang als hervorragende Quelle.
Lexika unterschiedlicher politisch-konfessioneller Provenienz und Schrif-
ten, die sich vor der Institutionalisierung einer breitgefächerten Frauenbe-
wegung in den 1890er Jahren um die Zurückweisung von Gleichberechti-
gungsforderungen hemühten, bilden die Quellenbasis für das erste Kapitel
dieser Arbeit, das die Traditionslinien antifeministischen Denkens herausar-
beitet. Diese Annäherung ersetzt nicht eine - noch zu schreibende -
Geschichte des gesellschaftlichen Umgangs mit weiblichen Emanzipations-
tendenzen seit der Wende zum 19. Jahrhundert. Aber sie wirft ein Schlag-
licht auf das, was die bürgerlichen Zeitgenossen und Zeitgenossinnen in
Hinblick auf die Geschlechterordnung für selbstverständlich erachteten,
waren in den Lexika doch die kondensierten Wissensbestände des 19. Jahr-
hunderts gespeichert. Sie stellten einen Fundus an frauenfeindlichem Wis-
sensvorrat bereit, an den organisierte Antifeministinnen und Antifeministen
appellieren konnten. Zu zeigen, daß scheinbar gesichertes Wissen von Wert-
haltungen beeinflußt und zeitgebundenem Wandel unterworfen ist, wird
Aufgabe dieses einführenden Abschnitts sein.
Im zweiten Kapitel geht es dann um die Nachzeichnung der breiten
antifeministischen Diskussion, die seit den 1890er Jahren einsetzte. Dabei
wird die Diskursanalyse mit einer sozialhistorischen Verortung der Träger-
gruppen verbunden. Durch die Wahl dieser Methode erweist sich, daß der
wilhelminische Antifeminismus kein monolithisches Gebilde war, sondern
seine argumentativen Versatzstücke je nach den Bedürfnissen der jeweiligen

15
Akteure zusammensetzte: Pfarrer beriefen sich auf die göttliche, Juristen
und Staatsbeamte auf die weltliche Ordnung, wenn es darum ging, die un-
tergeordnete Stellung der Frauen zu legitimieren. Historiker bemühten die
Geschichte, Physiologen verwiesen auf die immanente Logik der Natur.
Bildungsbürger fürchteten um die Kultur, Politiker um die Handlungsfähig-
keit des Staates, Berufsverbände um ihre männliche Klientel, sollten Frauen
größeren Einfluß gewinnen. Antisemiten sahen die »Rasse«, Chauvinisten
die Nation in Gefahr. Medizinische Experten sowie Repräsentanten der neu
entstehenden Rassenlehren und Bevölkerungswissenschaften mühten sich,
mit den Mitteln ihrer Wissenschaft die biologische Bestimmung der Frauen
zur Mutterschaft nachzuweisen, und sie benutzten ihre Autorität, um daraus
weitreichende politische Folgerungen zu ziehen. Häufig wurden mehrere
Argumentationsstränge miteinander verknüpft, und es zeigt sich, daß antife-
ministische und antisemitische Einstellungen vielfach zusammentrafen.
Wurde die Diskussion um die >Frauenfrage< anfangs noch von den Forde-
rungen der verschiedenen Frauenorganisationen bestimmt, kehrte sich das
Verhältnis nach der reichsweiten Öffnung der Parteien für Frauen um: Seit
antisemitische und nationalistische Verbände in der Verbreitung des Gespen-
stes vom »Geburtenrückgang« von Wissenschaftlern, Politikern und Behör-
denvertretern unterstützt wurden, geriet die bürgerliche Frauenbewegung
in die Defensive. Die daraus resultierende öffentliche Zurückhaltung erhöh-
te freilich auch die Bereitschaft bestehender Institutionen, in der Frage der,
wie es hieß, »berechtigten Forderungen der Frauenbewegung« Zuge-
ständnisse zu machen.
Dies war die Situation, in der unter dem Eindruck des konservativen
Wahldesasters von 1912 die unterschiedlichen antifeministischen Richtun-
gen in der Gründung einer Abwehrorganisation kulminierten. Das dritte
Kapitel wendet sich der Organisationsgeschichte des Deutschen Bundes zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation zu,41 untersucht die regionale Ver-
breitung und stellt die Aktionsformen der Emanzipationsgegner vor. Die
Quellenbasis dazu bilden neben der Verbands- und Tagespresse Parlaments-
debatten, archivalische Funde, unveröffentlichte Verbandspublikationen so-
wie Schriften und Briefwechsel prominenter Mitglieder. Die Analyse des
Sozialprofils der antifeministischen Liga - methodisch nur für die aktive
Anhängerschaft möglich 42 - mit Blick auf die Kategorien Geschlecht, sozia-
ler Status, räumliche Herkunft und Konfession zeigt ein deutliches Überge-
wicht des gehobenen preußischen Bürgertums mit Übergängen zum niede-
ren Adel, belegt ein breites Berufsspektrum und räumt mit der Vorstellung
auf, Antifeminismus sei auf Männer beschränkt geblieben: Knapp ein Viertel
der engagierten Emanzipationsgegner waren Frauen. Minutiös wurde den
politischen Querverbindungen der organisierten Emanzipationsgegner
nachgegangen und das antifeministische Netzwerk rekonstruiert. Auf diese

16
Weise ließ sich der Nachweis führen, daß Antifeminismus und Antisemitis-
mus um die Jahrhundertwende nicht nur programmatisch-strukturelle Ähn-
lichkeiten hatten, sondern auch personell und organisatorisch eng miteinan-
der verflochten waren.
Den Kontroversen um die Frauenpolitik in Presse, Politik und Kirche so-
wie den Auseinandersetzungen zwischen der antifeministischen Liga und
den Organisationen der (protestantischen) bürgerlichen Frauenbewegung
geht das vierte Kapitel anhand von zeitgenössischen Veröffentlichungen,
aber auch privater Korrespondenz nach. 43 Dabei zeigt sich, daß in den Au-
gen der Gegner und Gegnerinnen die sogenannte >gemäßigte< Strömung
der Frauenbewegung aufgrund ihrer höheren gesellschaftlichen Akzeptanz
eine weitaus größere Herausforderung darstellte als die nur von einer Min-
derheit vcrfochtenen >radikalen< Forderungen.
Deutlich wird, daß antifeministische Haltungen vor allem in den Blättern
und Organisationen der »nationalen Opposition« auf Zustimmung trafen.
Der Pressekonzern des Hugenberg-Imperiums spielte dabei eine dominie-
rende Rolle. Auch die Versuche männlicher Berufsverbände zur Abwehrung
weiblicher Konkurrenz erhielten durch die Aktionen der antifeministischen
Liga Rückenwind. Während die protestantisch dominierte Organisation auf
die katholische Kirche keinen Einfluß gewann, fand sie in den Reihen der
Inneren Mission und der »Frauenhülfe«, den großen evangelischen Wohl-
fahrtsorganisationen, zahlreiche Fürsprecher beiderlei Geschlechts. Die
protestantischen Kirchenleitungen verfolgten dagegen eine Politik des Ab-
wartens und Verzögerns. In der Parteienlandschaft und in den Parlamenten
gewannen frauenrechtlerische Forderungen am Vorabend des Ersten Welt-
kriegs jedoch trotz aller antifeministischen Abwehrbestrebungen an Boden.
Die Gegnerinnen und Gegner der Frauenemanzipation begrüßten den
Krieg daher als Helfer, der dazu beitragen sollte, die Grenzen zwischen den
Geschlechtern neu aufzurichten. Angesichts der patriotischen Begeisterung
im Nationalen Frauendienst verlor die Strategie, Frauenrechtlerinnen als
»nationale Gefahr« auszugrenzen, freilich bald an Glaubwürdigkeit. Kapitel
fünf unternimmt eine Darstellung des Ersten Weltkriegs unter dem Aspekt
der Geschlechterpolitik und arbeitet die Anstrengung heraus, mit der ver-
sucht wurde, die Bedeutung der Frauen für die Aufrechterhaltung der Hei-
matfront zu verschleiern, um die Fiktion des Krieges als männliches Großer-
eignis zu retten. Die Kehrseite erhöhter weiblicher Selbständigkeit durch die
Abwesenheit der Männer war eine erneut einsetzende Kampagne gegen das
Frauenstudium, die Verankerung hauswirtschaftlicher Kenntnisse in weibli-
chen Ausbildungsgängen sowie eine pronatalistische Bevölkerungspolitik,
die weder ihren Klassenaspekt noch ihre frauenfeindliche Ausrichtung ver-
leugnen konnte. Antifeministische Auffassungen konnten sich in diesen Be-
reichen vielfach durchsetzen, und auch die Praxis der Demobilisierung kam

17
den von zahlreichen Verbänden mitgetragenen Forderungen des Bundes
gegen die Frauenemanzipation beträchtlich nahe. Gleichzeitig aber näher-
ten sich staatliche Instanzen, rechtsgerichtete Parteien und selbst nationali-
stische Organisationen weiblichen Partizipationsforderungen in einer Weise
an, die es fraglich macht, ob das Frauenstimmrecht weniger als Geschenk der
Revolution denn als Ergebnis längerfristiger Annäherungs- und Auseinan-
dersetzungsprozesse zu werten ist.
Nachdem der Kampf gegen das Frauenstimmrecht als gemeinsame Klam-
mer wegfiel, löste sich der Bund gegen die Frauenemanzipation nach dem
erfolglosen Versuch auf, sich als Bund für deutsche Volkserneuerung neu zu
konstituieren. Antifeministische Einstellungen und Werthaltungen über-
dauerten jedoch die politische Zäsur. Kapitel sechs spürt dem Werdegang
prominenter P.manzipationsgegner nach und belegt, daß die völkische Be-
wegung der Weimarer Republik unter freilich veränderten Vorzeichen das
Erbe des wilhelminischen Antifeminismus antrat. Anfängliche Niederge-
schlagenheit machte Ende der zwanziger Jahre der Überzeugung Platz, daß
schon bald »ein neues, tüchtiges Geschlecht die Zukunft auf der natürlichen
Grundlage echter Männlichkeit und echter Weiblichkeit, gesunden Famili-
enlebens und auf der politischen Grundlage der Pflege völkischen Lebens
und der Hingabe an die Volksgemeinschaft wieder aufbauen« werde. 44 Tat-
sächlich läßt sich personelle Kontinuität bis in den Nationalsozialismus hin-
ein nachweisen. Trotz ideologischer Differenzen zur - in der Weimarer
Republik wie im Nationalsozialismus vorherrschenden und hier nicht unter-
suchten - Männerbund-Verherrlichung der Kriegsgeneration kann der wil-
helminische Antifeminismus daher als protofaschistische Bewegung gelten.
Welche Gründe bewogen die Emanzipationsgegnerinnen und -gegner zu
ihrem Engagement? Das letzte Kapitel dieser Arbeit wendet sich Einstellun-
gen, Werthaltungen und Selbstverständlichkeiten zu und versucht, sich der
antifeministischen Mentalität zu nähern. Teil eins nimmt sich der irritieren-
den Präsenz von Frauen im antifeministischen Bund an und versteht die
Absage an liberal-demokratische FLmanzipationstendenzen als Versuch, eine
genuin »weibliche Sphäre« als Machtbasis und autonomen Wirkungskreis zu
etablieren - ein Bereich, der so, wie die Antifeministinnen ihn interpretier-
ten, durchaus politische Gestaltungsmöglichkeiten bot. Mit ihrer Haltung
trieben die Emanzipationsgegnerinnen eben jene Politisierung des weibli-
chen Geschlechts voran, der sie wortreich entgegentraten. Die Berufung auf
die Idee der Nation spielte dabei eine entscheidende Rolle, so daß sich einige
grundsätzliche Überlegungen zur Dialektik des nationalstaatlichen Modells
in Hinblick auf die Integration von Frauen anschließen.
Der letzte Abschnitt arbeitet heraus, daß antifeministische Einstellungen
auf männlicher Seite nicht auf den Aspekt ökonomischen Konkurrenzkamp-
fes verkürzt werden können. Sie wurzelten vielmehr in einer umfassenden

18
Skepsis gegenüber der Moderne und waren von einer tiefen Krise männli-
cher Identität begleitet. Die Hoffnung auf eine Revitalisierung heldischer
Männlichkeit im Ersten Weltkrieg erfüllte sich nicht, und es läßt sich bele-
gen, daß Kriegsniederlage und Entwaffnung im Umkreis der völkischen
Rechten als Kastration, als symbolische Degradierung der Männer zu Frau-
en, empfunden wurde. Auch in der Weimarer Republik erschien vielen An-
tifeministen die »Weiberherrschaft« als Signum ihrer Epoche, und so wird
abschließend der Frage nachgegangen, ob nicht die Attraktivität völkisch-
nationalsozialistischer Konzepte auch darauf beruhte, daß sie neben der
Wiederherstellung der politischen Dominanz des männlichen Geschlechts
auch die Restabilisierung maskuliner Geschlechtsidentität versprachen.

IM
1. Traditionslinien:
Von den »Geschlechtsverhältnissen«
zur »Frauenfrage«

Spätestens seit Aufklärung und Französischer Revolution mit ihren


Gleichheitsversprcchen stand der soziale Ort der Frauen in der modernen
Welt immer wieder neu zur Disposition. Im Innern eines enormen sozial-
ökonomischen Modernisierungsprozesses in Europa haben sich Genera-
tionen von Dichtern und Denkern abgemüht, diesen Ort festzuschreiben.
Grundlage dafür war ein bipolares Geschlechtermodell, das qua vorgeblich
natürlicher Eigenschaften den Mann auf öffentliches Wirken, die Frau dage-
gen auf den häuslichen Binnenraum verwies.1 Während zunächst vor allem
Aufklärer, Philosophen und Poeten über die »vernünftige«, in diesem Kon-
text also »naturgemäße« Regelung des Geschlechterverhältnisses nachdach-
ten, nahm sich zunehmend die Wissenschaft dieser Frage an. Damit einher
ging eine Veränderung der Argumentationsmuster: Standen zunächst die
moralischen Qualitäten von Mann und Frau im Mittelpunkt, 2 suchte man im
Verlauf des frühen 19. Jahrhunderts zunehmend nach der anthropologi-
schen Fundierung des »kleinen Unterschieds«. Mit dem Aufstieg der Wis-
senschaft vom Menschen als einer universellen Naturwissenschaft erlangte
dann eine Sichtweise kulturelle Geltungsmacht, die aus der Physis von Mann
und Frau ihre unterschiedliche Psyche wie ihre verschiedenen soziale Aufga-
ben herauszulesen vorgab. Während aber seit der Mitte des 19. Jahrhunderts
die Frau als Gegenstand der sich ausdifferenzierenden Humanwissenschaf-
ten in den Hintergrund trat und »der Mensch als Mann« zentrale Aufmerk-
samkeit beanspruchte, floß die »weibliche Sonderanthropologic« (Claudia
Honeggcr) in einen Wissenszweig ein, der um die Erklärung der Abwei-
chung von der männlichen Norm eine ganze Profession institutionalisierte:
die Gynäkologie. 3
Der Integration der Wissenschaft von der Frau in eine neuen Disziplin
stand die Ausbreitung vermeintlichen Wissens über die weibliche Psycho-
Physiologie gegenüber, das »zu einem heftig konsumierten Kulturgut des
neu sich formierenden deutschen Bildungsbürgertums« wurde. 4 Träger der
popularisierten Wissensbestände waren neben anthropologischen Schriften,
die sich an ein breiteres Publikum wandten,* vor allem die zeitgenössischen
Lexika.6

20
Ging die vor allem für Handwerker und Kaufleute gedachte Krünitzsche
»Encyklopädie« 1786 noch davon aus, daß Frauen bei gleicher Erziehung
ebensoviel wie Männer zu leisten vermochten, weswegen (Gewerbe-)Schu-
len für den bürgerlichen Mittelstand sich an Jugendliche beiderlei Ge-
schlechts zu wenden hätten, 7 wollte der »Brockhaus« vierzig Jahre später
den weiblichen Bevölkerungsteil nur noch zu »Gattinnen, Mütter und
Hausfrauen bilden«. 8 Während Ende des 18. Jahrhunderts »Geschlecht«
noch ausschließlich im Sinne biologischer Klassifikation verstanden wurde, 9
war 1824 bereits vom »Geschlechtscharakter« die Rede 10 - ein Wort, das die
jeweils gängige Auffassung vom Wesen des Mannes und der Frau offenbar so
gut zu transportieren vermochte, daß es noch bis weit in das 20. Jahrhundert
hinein Konjunktur hatte. Der Begriff koppelte äußerliche Verschiedenheit
an moralische Befunde, wies Frauen die Sphäre der Liebe zu, Männern da-
gegen das Reich des Rechts.11
Mit der Naturalisierung sozialer Rollenzuweisungen verwies die aufstei-
gende Bürgergesellschaft Frauen auf das Gebiet familialer Häuslichkeit,
während sich die neueroberte Öffentlichkeit als Raum von Männern für
Männer etablierte, in dem Frauen nur als Ausnahme zugelassen waren. 12
Öffentliches F,ngagement von Frauen wurde entsprechend umdefiniert:
Selbst die Arbeit der patriotischen Frauenvereine ließ sich so als Ausfluß
christlicher Nächstenliebe lexikalisch würdigen. 13
Freilich machten frühsozialistische Einflüsse die prästabilisierte Ordnung
der Geschlechter ebenso prekär wie die Zunahme freireligiöser Gemeinden
mit ihren egalitären Geschlechterkonzeptionen. 14 Hatten sich bürgerliche
Vereine und Gesellschaften zunächst stillschweigend als reine Männerclubs
formiert, war es seit Mitte der 1830er Jahren offensichtlich notwendig
geworden, Männlichkeit als Voraussetzung für Vereinsmitgliedschaften ei-
gens zu betonen. 15 Gleichzeitig veränderte sich die zeitgenössische Publizi-
stik zur Geschlechterfrage: In die zunächst bloß normativen Verankerung
der Frauen in einem Koordinatensystem der Geschlechter floß zunehmend
die Diskussion aktueller Praxisfelder ein.
Bereits 1838 galt dem badischen Liberalen Carl Welcker das Geschlech-
terverhältnis als das »allgemeinste und wichtigste Verhältniß der mensch-
lichen Gesellschaft, das schwierigste für eine juristische und politische
Theorie«. 16 Angesichts der politischen Egalitätstheorien seiner Zeit fühlte er
sich zur Begründung einer >vernünftigen< Begrenzung weiblicher Ein-
flußnahme herausgefordert.17 Welckers argumentativer Schlingerkurs macht
den Begründungsnotstand des liberalen Bürgertums deutlich und soll
deshalb etwas ausführlicher wiedergegeben werden. Die heutige Staatstheo-
rie, schrieb er unter dem Stichwort »Geschlechtsverhältnisse« im renom-
mierten »Staats-Lexikon«, gründe sich auf das allgemeine Menschenrecht,
aus dem sich auch der Gleichheitsgrundsatz des bürgerlichen Rechts ableite.

21
Andererseits sei die Ungleichheit zwischen Mann und Frau »schon durch
die Natur selbst bestimmt«. Freilich spräche, räumte der Mitherausgeber
ein, »die Stimme der Natur nicht so ganz leicht verständlich für alle«. Des-
halb erschien ihm eine »principielle Begründung« einer »dem Gesammt-
wohl der Gesellschaft ensprechende(n) Scheidungslinie« zwischen den
Geschlechtern notwendig 18 - ein Unterfangen, das immerhin 36 Seiten
beanspruchte.
Welcker stützte sich dabei größtenteils auf die gerade erschienene Anthro-
pologie des Mediziners Karl Friedrich Burdach 19 und untersuchte ihre
Implikationen für die politische Praxis. Im Interesse »der Erhaltung eheli-
cher und Familienverhältnisse und der wahren Weiblichkeit« wollte er daher
Frauen von aktiver und passiver Wahlbeteiligung sowie von öffentlichen
Ämtern ausgeschlossen wissen. Alle anderen Beschränkungen politischer
Mitwirkungsrechte hielt der Liberale jedoch für eine »Folge der alten barba-
rischen Unterdrückung der Frauen« und forderte noch in der zweiten Auf-
lage von 1847:

»Hinweg also mit jeder gesetzlichen Beschränkung der Frauen im Schreiben und
Lesen, Hören und Sehen in Beziehung auf öffentliche Dinge, im Zuhören in land-
ständischen Versammlungen, öffentlichen Gerichten und Vorlesungen, in Ausübung
des Petitions- wie der Preßfreiheitsrechte und in jeder rechtmäßigen Einwirkung auf
die öffentliche Meinung, auf die öffentliche Sitte und Ehre, endlich im freien Rechte
der Gründung von Erauenvereinen für erlaubte wohlthätige öffentliche Zwecke.«20

Allerdings: In der Neuausgabe des »Staats-Lexikons« von 1862 war dieser


emphatische Passus nicht mehr zu finden. Auch das noch 1847 enthaltene
Votum für eine privatrechtliche Gleichbehandlung fehlte. Nachdem Frauen
sich aktiv an der 1848er Revolution beteiligt hatten, 21 war statt dessen die
neu aufgenomme Wendung zu lesen, daß die rechtliche Gleichstellung der
Frau die »höchste Achtungswürdigkeit« ihrer »Bestimmung im häuslichen
Kreis« gefährde, welche sie »bei äußerer Verschiedenheit dem Manne gleich-
stellt«.22 Ob Welcker infolge der Ereignisse seine Überzeugung geändert
hatte oder damit nur auf die nach 1850 in zahlreichen Bundesstaaten erlas-
senen Vereinsgesetze reagierte, die Frauen selbst den Besuch politischer
Veranstaltungen verboten, läßt sich nicht entscheiden. Zumindest aber fügte
sich nun auch das »Staats-Lexikon« in den Chor frauenfeindlicher Definitio-
nen des Geschlechterverhältnisses ein.
In der Revolution von 1 8 4 8 / 4 9 waren jene Konflikte aufgebrochen, die
der konstitutive Ausschluß von Frauen und Unterschichten aus der utopi-
schen Zielvision einer vermeintlich »klassenlosen Bürgergesellschaft« (Lo-
thar Gall) verursacht hatte. Neben offener politischer Repression zeigte sich
in der Folge eine weitere Tendenz, die Geschlechterschranken effektiv zu
verankern: Die anthropologisch-ontologischen Fundierungsversuche pola-

22
rer Geschlechtscharaktere verließen die Oberfläche des Körpers und wurden
nun, analog zum Fortschritt in der Medizin anatomisch-physiologisch
begründet, unter die Haut verlegt.
Meyers »Großes Konversationslexikon«, das sich ausdrücklich an die »ge-
bildeten Stände« wandte, widmete im Revolutionsjahr 1848 den »Ge-
schlechtseigentümlichkeiten« einen zehnseitigen Artikel, der eine subkuta-
ne Pathologie zum bürgerlichen Standardwissen erhob. Männer und Frauen
unterschieden sich demnach nicht nur durch äußere Merkmale wie Statur,
Stärke, Funktion und Beschaffenheit, sondern bis in das »Nervensystem«
und die »psychischen Äußerungen« hinein. Die seit der Aufklärung zu-
nächst moralische, dann politische Diskussion über die Beteiligung von
Frauen am öffentlichen Leben wurde somatisiert: Der Behauptung, das
weibliche Nervensystem sei so »viel reizbarer«, daß »manche Nerven-
krankheiten, als Hysterie, Veitstanz und Katalepsie jenem fast eigenthüm-
lich« seien, folgte in der Erörterung des Lebenszwecks der Geschlechter die
Folgerung, Frauen würden durch Menstruation und Schwangerschaften
»auf längere Zeit an wirklichen, ernsthaft geistigen oder sehr angreifenden
körperlichen Beschäftigungen verhindert«. 23 Denn zum einen mache sich
die weibliche Sexualfunktion »durch alle Systeme des Körpers hindurch«
bemerkbar, und zum anderen hätten »schon die rein funktionellen und an
sich gesundheitsgemäßen Vorgänge, die vom Geschlechtsleben bedingt und
dem Mann fremd sind, den Anstrich des Krankhaften«.24 Während sich beim
Stichwort »Mann« der knappe Eintrag fand: »s. vor allem Mensch«, 25 erläu-
terte das Lexikon die »Frauenzimmerkrankheiten« unter Rückgriff auf die
Burdachsche Physiologie auf 26 Seiten. Auch hier verband sich die medizini-
sche Abhandlung mit politischer Einhegung, etwa mit dem Verweis, infolge
von »zu weit getriebenen wissenschaftlichen Strebungen« werde »die Sensi-
bilität aufgeregt, venöse Krankheiten begünstigt und der Grund zu Seelen-
störungen gelegt«. 26
Im »Deutschen Staats-Wörterbuch« war zehn Jahre später diese Einhe-
gung schon zur »zweiten Natur« geronnen. Apodiktisch heißt es dort: »Das
Weib ist auf die eheliche Gemeinschaft und die Familie als den natürlichen
Mittelpunkt seines Dasein angewiesen.« 27 Als Folge dieser rigorosen Festle-
gung wurden unverheiratete, nicht in Familien eingebundene Frauen nun
erstmals zu einem Problem, das zu Lösungsvorschlägen herausforderte. In
der Forderung nach Beseitigung der männlichen »Monopolien« in den
Gewerbeordnungen ldang noch die altliberale Vorstellung von der bürgerli-
chen Emanzipation durch selbständige Existenz nach, wurde jedoch so-
gleich politisch gebrochen. Denn mit Ausnahme der freien Berufswahl galt
den liberalen Herausgebern die bürgerliche Emanzipation der Frauen durch
die Aufhebung der Geschlechtsvormundschaft bereits als vollendet, an eine
politische war nicht gedacht. 28 Der von Bluntschli und Brater entworfene

23
bürgerliche Staat definiert sich geradezu durch den Ausschluß von Frauen
aus Gesetzgebung, Verwaltung, politischer Repräsentation, Rechtspflege
und Militär - kurzum aus allen Bereichen, deren Demokratisierung in der
Revolution von 1 8 4 8 / 4 9 eingeklagt worden war. Nun gerierten sich Män-
ner als »natürliche Vertreter« des weiblichen Geschlechts, weil dieses ohne-
hin, so die Legitimation, »den Staat so selten begreift und zu schätzen
weiß«. Dieser exklusiven Verbürgerlichung fiel sogar die noch von Welcker
befürwortete weibliche Thronfolge zum Opfer: »Daß es unziemlich ist,
Frauen über Männer die Herrschaft zu geben, und daß Frauen nur in selte-
nen Ausnahmetallen der Ausübung des Herrscherberufs gewachsen sind,
wird jetzt wohl selten in Abrede gestellt.« 29 Worin diese Unfähigkeit be-
stand, brauchte 1858 nicht mehr näher begründet zu werden, fest genug
waren die Geschlechterstereotype in den Köpfen der Zeitgenossen veran-
kert. Frauen blieb letztlich nur das »begeisternde Mitgefühl« im Interesse
des von Bluntschli und Brater erhofften »nationalen Aufschwunges«.30
Als weiterführende Literatur zur sozialen Beziehung der Geschlechter
nannte das »Staats-Wörterbuch« - nicht ohne den Mangel an praktisch
durchführbaren Vorschlägen zu kritisieren - Wilhelm Heinrich Riehls eben
als dritten Band seiner »Naturgeschichte des deutschen Volkes« erschienene
Familienstudie, mit dem der Volkskundler und Journalist die ausschließliche
Familienbestimmung des weiblichen Geschlechts zu belegen suchte. Mit
diesem idealisierten Gegenbild vom »ganzen Haus« hatte Riehl auf die
Beteiligung von Frauen an der 48er Revolution reagiert.31 Seinen Zeitge-
nossinnen warf er unter Rückgriff auf ältere Setzungen der anthropolo-
gischen Psycho-Physiologie 32 »unerhörte Individualisierung und falsche
Selbständigkeit« vor, wetterte gegen Bildungswünsche, Töchterschulen,
Gouvernanten, Vereinstätigkeit und öffentliche Agitation.33 Daß ihm die
Geschlechterdifferenz als Paradefall jeglicher sozialer Ungleichheit galt,
machte sein zunächst nur mäßig rezipiertes Werk unter den Gegnerinnen
und Gegnern der Frauenemanzipation populär, die sich noch Anfang des 20.
Jahrhunderts auf den Anfangssatz des Familienbuches beriefen:

»Wäre der Mensch geschlechtslos, gäbe es nicht Mann und Weib, dann könnte man
träumen, daß die Völker der Erde zu Freiheit und Gleichheit berufen seyen. Indem
aber Gott der Herr Mann und Weib schuf, hat er die Ungleichheit und die Abhängig-
keit als eine Grundbedingung aller menschlichen Entwicklung gesetzt.«34

In der Phase des liberalen Aufbruchs formierten sich seit den 1860er Jahren
gegen solche reaktionären Zumutungen gleich zwei soziale Bewegungen:
Arbeiterbildungsvereine und später der Lassallesche Arbeiterverein auf der
einen Seite, Louise Ottos überregional ausgerichteter Allgemeiner Deut-
scher Frauenverein auf der anderen. Ablesbar an den Titeln von Neuerschei-
nungen, mutierte die alte Diskussion um das Geschlechterverhältnis nach

24
dem Auftritt der ersten organisierten Frauenvereine schon bald zur >Frauen-
frage<. Diese Sprachregelung knüpfte einerseits an die erörterte Tradition
ausschließlicher Problematisierung des weiblichen Geschlechts an, ging aber
weit darüber hinaus: Die Verantwortung für Schwierigkeiten in den Bezie-
hungen zwischen den Geschlechtern wurde damit einseitig den Frauen an-
gelastet.
Die sprachliche Parallele zur gleichzeitig diskutierten sozialen Frage< lei-
stete in der Folge einer thematischen Einengung Vorschub. Denn mit der
Begriffsverschiebung ging auch ein Bedeutungswandel einher: Gegenüber
der von Louise Otto und ihren Mitstreiterinnen geforderten politischen
Emanzipation traten verstärkt soziale Aspekte in den Vordergrund. So pro-
pagierte der 1866 von liberalen Honoratioren aus dem gehobenen Bürger-
tum ins Leben gerufene »Verein zur Förderung weiblicher Berufstätigkeit«
- nach seinem Gründer auch Lette-Verein genannt - zwar erfolgreich stan-
desgemäße Berufsmöglichkeiten für die unverheirateten Frauen des Bürger-
tums und später auch der Arbeiterschaft, erteilte allen weitergehenden
Emanzipationswünschen jedoch eine klare Absage. Der Wandel der öffentli-
chen Meinung fiel auch kritischen Zeitbeobachtern auf: »Jetzt, wo die soge-
nannte Frauenfrage bei uns als sociale Frage mit auf die Tagesordnung ge-
setzt ist, will man sie selbst von wohlmeinendster Seite nur als Brod- und
Nothfrage auffassen.«35 Die Verkürzung der Diskussion auf den ökono-
mischen Aspekt der Frauenfrage war jedoch kein bloßes >Ablenkungsma-
növer< von Seiten bürgerlicher Familienväter,36 sondern entsprach realen
Bedürfnissen: Mit der Durchsetzung der Industrialisierung hatte ein
Strukturwandel der bürgerlichen Haushalte eingesetzt, der es unmöglich
machte, eine ganze Reihe unverheirateter Töchter oder berufsloser Ver-
wandter zu beschäftigen und zu ernähren. Das Heiratsalter stieg, und damit
verlängerte sich die Jugendzeit, für die noch keine neuen Verhaltensmuster
zur Verfügung standen. Gleichzeitig verschärften sich die sozialen Gegen-
sätze so, daß immer mehr Unterschichtsfrauen auf Erwerbsarbeit angewie-
sen waren. Die frühen Zusammenschlüsse der Arbeiterinnen galten daher
dem Ausbau eines sozialen Netzes, und auch der Schwerpunkt der bürgerli-
chen Frauenbewegung verlagerte sich zunehmend auf Erwerbs- und Bil-
dungsfragen. 37
Mit der Reichsgründung setzte eine neue Ära im Verhältnis der Ge-
schlechter ein: Erstmals meldeten sich Gegner der Frauenbewegung zahl-
reich zu Wort. Nachdem die Einführung des allgemeinen Männerwahl-
rechts zum Reichstag implizit auch die Frage weiblicher Mitbestimmung
aufgeworfen hatte, erschien um 1870 eine Reihe von Artikelserien und Bü-
chern, die sich bemühten, weibliche Emanzipationsgelüste in die Schranken
zu verweisen. Das bei Brockhaus verlegte »Politische Handbuch« blieb Sin-
gular mit seiner Überlegung, ob, »wenn die sociale bürgerliche Stellung der

25
F[rau] eine andere geworden,... auch die Frage ihrer politischen Rechte auf
die Tagesordnung« kommen könne. 38 Der naturalistischen Begründung der
weiblichen Sonderanthropologie trat im Zuge der Institutionalisierung ei-
ner deutschen Nationalgeschichte das historische Argument an die Seite.
Nicht nur die >Sprache der Natur<, sondern auch die >Lehren der Geschich-
te< wurden nun als interpretierbare Zeichen weiblicher Minderbefähigung
gelesen.39 Hintergrund dieser neuen Beredsamkeit war die durch die Reichs-
gründung auf die politische Tagesordnung getretene Frage nach dem Ort
der Frauen im neuen Staatsgefüge, wie sie sich etwa in juristischen Kodifika-
tionen niederschlug. 40 Daneben spielten wohl auch erste Erfolge des All-
gemeinen Deutschen Frauenvereins und vor allem des Lette-Vereins eine
Rolle.41 Unmittelbarer Anlaß dagegen dürfte Jenny Hirschs deutsche Über-
setzung von John Stuart Mills »The Subjection of Women« gewesen sein,
ein Buch, das, wie Helene Lange sich erinnerte, »zum erstenmal in Deutsch-
land eine Erörterung der Frauenfrage auf prinzipieller Grundlage er-
zwang«. 42
Tatsächlich beriefen sich viele Autoren in ihren Abhandlungen zur >Frau-
enfrage< auf den englischen Philosophen. Mill habe die Problematik viel
treffender dargelegt als die gleichzeitig erschienenen Frauenbriefe Fanny
Lewaids, bemerkte Heinrich von Sybel 1870. 43 Der nationalliberale Histori-
ker war einer der wenigen Kommentatoren, der sich mit dem politischen Teil
des Millschen Forderungskatalogs überhaupt auseinandersetzte, wenn er
ihn auch strikt zurückwies. In der Mehrheit gingen die zeitgenössischen
Schriften, ob sie sich nun zustimmend oder ablehnend äußerten, nur auf die
ökonomische Seite der Frauenemanzipation ein und schwiegen sich über
staatsbürgerliche Gleichheit aus.44
Die Opposition artikulierte sich vor allem in Gruppen, denen die autori-
täre kleindeutsch-protestantische Staatsgründung einen Statusgewinn ge-
bracht hatte. Die evangelischen Kirchen hatte sich in der frauenpolitischen
Diskussion bislang durch Abstinenz ausgezeichnet, doch nachdem der Pro-.
testantismus mit der Reichsgründung zu gleichsam nationaler Bedeutung
aufgestiegen war, mühten sich evangelische Theologieprofessoren, die aus-
schließliche Bestimmung der Frau zur Mutterschaft nachzuweisen oder
doch wenigstens die »Grenzen der weiblichen Bildung« festzulegen.45 Un-
terstützt wurden sie in dieser Sichtweise von Vertretern der Nationalökono-
mie, einem Fach, dem im Nationalstaat neue Aufgaben zuwuchsen und das
dadurch an Wertschätzung gewann. Die Gegner weiblicher Berufstätigkeit
waren sich einig: »Die wichtigste aller >Frauen-Arbeiten<, auch sogar volks-
wirtschaftlich, ist, der großen Gesellschaft täglich einen an Leib und Seele
erquickten Mann zu schenken, und ihr mit jeder Generation wohlgediehene
und wohlgezogene Kinder zu schenken«, schrieb ein Theologe, 46 während
ein Nationalökonom den volkswirtschaftlichen Wert der weiblichen Bestim-

26
mung als »die Befriedigung der individuellen Bedürfnisse im Leben des ar-
beitenden Mannes« theoretisch zu fassen suchte. 47
Die Notwendigkeit unbezahlter Reproduktionstätigkeit für die Funkti-
onsfähigkeit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung war den Autoren der
1870er Jahre durchaus bewußt. Sofern sie dennoch über die Möglichkeit
weiblicher Berufstätigkeit nachdachten, galten ihnen allenfalls solche Berufe
als annehmbar, die den familialen Rahmen nicht sprengten: Heimarbeit,
Krankenpflege, Erziehung und Wohltätigkeit, Arbeit in einem anderen
Haushalt. 48 Keinesfalls jedoch sollten Frauen als Konkurrentinnen der Män-
ner auf dem Arbeitsmarkt auftreten können, darüber war sich die Mehrheit
der Konservativen und Liberalen mit den meisten Vertretern der männli-
chen Arbeiterschaft einig.49 In wohlverstandenem Eigeninteresse meldeten
sich nun auch Vertreter einzelner Berufsgruppen zu Wort, welche die man-
gelnde Eignung von Frauen speziell für die von ihnen ausgeübte Profession
nachzuweisen suchten. 50 Einzelne Linksliberale monierten zwar den Klas-
sencharakter der Aufgabentrennung zwischen den Geschlechtern, die nur
»in einer kleinen Quote der behaglich lebenden Mittelklasse« überhaupt
möglich sei,51 doch in der Mehrheit konnten auch sie sich nicht von der
Vorstellung polarer Geschlechtscharaktere und daran anknüpfender Zu-
ständigkeitsbereiche freimachen.
Franz von Holtzendorff, Nachfolger Lettes im Verein zur Förderung
weiblicher Berufstätigkeit, war mit seinem Eintreten für politische und be-
rufliche Gleichberechtigung 52 im liberalen Lager ebenso ein Außenseiter wie
der demokratische Fabrikant Moritz Müller, der auf dem dritten Vereinstag
deutscher Arbeitervereine bereits 1865 gefordert hatte: »Die Frauen sind zu
jeder Arbeit berechtigt, zu der sie fähig sind.« 53 Schon zwei Jahre später
setzten sich in diesem Gremium wieder die Gegner der Frauenarbeit durch.
Weibliche Erwerbstätigkeit wurde »als in jeder Hinsicht verwerflich angese-
hen, weil sie entsittlichend wirke, die Familie zerstöre, die Gesundheit der
(kommenden) Generation untergrabe und damit das staatliche und damit
das allgemein menschliche Interesse gefährde«. 54 Bei allen sonstigen Diffe-
renzen lagen in dieser Zeit die Positionen zur Frauenarbeit in den ver-
schiedenen politischen Lagern nicht sonderlich weit auseinander.55 Diese
Übereinstimmung hinderte bürgerliche Autoren jedoch nicht daran,
Gleichberechtigungswünsche als Ausfluß kommunistischer Irrlehren anzu-
prangern: »Genug, die >Emancipation< ist eine ebensolch lächerliche und
unausführbare Theorie, wie alle anderen Theorien der Communisten und
Socialisten.«56 In der Logik einer Sichtweise, welche die Erhaltung des poli-
tischen Status quo zum Ziel hatte, war diese Argumentation insofern fol-
gerichtig, als sich alle Emanzipationsbewegungen des 19. Jahrhundert auf
die Naturrechtslehren beriefen und schon dieses Fundament von ihren Geg-
nern nicht geteilt wurde. Der Topos von den familienzerstörenden Absich-

t
27
ten der Arbeiterbewegung war fortan aus der bürgerlich-protestantischen
Polemik nicht mehr wegzudenken:
»Zwischen Sozialismus und Familie (Patriarchalismus möchte man sagen) - das ist
eigentlich der letzte und entscheidende Gang in dem großen Zweikampfe unserer
Zeit ... . Die >Frauenfrage< ist ... ungleich wichtiger als z.B. das >Eigenthum<.«57

Im Zeichen des Kampfes der konservativen Oberschicht um die politische


Vorherrschaft im neuen Staat, der immerhin ein, wenn auch eingeschränk-
tes, allgemeines Männerwahlrecht kannte, wurde die Frage weiblicher
Emanzipation so zum Mittel der sittlich-moralischen Delegitimation des
politischen Gegners instrumentalisiert. Die Gründung eines deutschen Na-
tionalstaates zog jedoch noch andere Verschiebungen des frauenfeindlichen
Diskurses nach sich. Mit der militärischen Niederlage Frankreichs verlor die
Figur der dekadent-gebildeten französischen Salondame, die schon Justus
Moser als abschreckendes Beispiel dem Ideal der züchtigen deutschen Haus-
frau gegenübergestellt hatte, 58 an Bedeutung. An ihre Seite trat, sie mehr
und mehr ablösend, das Gegenbild der emanzipierten Amerikanerin oder
des englischen Blaustrumpfs, nicht jedoch das - gleichfalls denkbare -
Schreckenssymbol der Pariser Communarde. 59
Gleichzeitig wurde die - schon bei Riehl zu findende60 - Behauptung der
besonderen Hochschätzung des weiblichen Geschlechts im Christentum
und bei den Deutschen unter Rückgriff auf eine imperiale germanische Ge-
schichte nach hinten verlängert: »Ein entschiedener weltgeschichtlicher
Umschwung in der ganzen Stellung der Frau ... ist von dem Christenthum
ausgegangen; doch nicht ganz ohne Verbindung mit noch einem zweiten
Factor, nämlich mit der Werthschätzung der Frauen bei den alten Deut-
schen, indem germanischer Geist seit dem letzten Jahrtausend der herr-
schende in der Weltgeschichte ward.«61 Geschichte wurde zur germanischen
Siegesgeschichte uminterpretiert, der »germanische Geist« nahm gleichsam
die angestrebte politische Weltgeltung des Kaiserreiches vorweg. Mit dieser
»Germanisierung« gingen erste antisemitische Anklänge einher, etwa dann,
wenn in die Auseinandersetzung mit Fanny Lewald der Zusatz »radikale
Schriftstellerin (jüdischer Herkunft)« aufgenommen wurde. 62 Kein Wunder
also, daß die »Vierteljahresschrift für Höhere Töchterschulen« schon wenige
Monate nach der Reichsgründung urteilte: »Im >Vaterland< hat die Frauen-
frage schon allen und jeden Boden unwiderbringlich verloren.«63
Diese Sichtweise war jedoch nur in bezug auf politische Emanzipations-
forderungen richtig. Dagegen gelang es, die >Frauenfrage< als wirtschaft-
liches Problem in den Köpfen der Zeitgenossen und Zeitgenossinnen zu
verankern. Als der »Brockhaus« 1877 erstmals das Stichwort aufnahm, be-
wegten Autor und Leserschaft offensichtlich dieselbe Frage: »Was soll aus
den Hunderttausenden einzeln stehender Mädchen werden«? 64 Mit der

28
»gedankenlosen Phrase«, Mädchen seien zur Hausfrau und Mutter berufen,
sei, so die lexikalische Auskunft, diese »sehr ernste Frage offenbar nicht zu
beantworten«. Daher müßten Frauen grundsätzlich alle Berufe offenstehen,
zu denen sie befähigt seien, ja, der Staat habe die »Verpflichtung«, dem
»nachgewiesenen Bildungsbedürfniß auch der Frauen zu entsprechen«. 65
Trotz dieser Rhetorik war dabei freilich in erster Linie an Tätigkeiten ge-
dacht, die sich aus Reproduktionstünktionen ableiten ließen, daneben auch
an den Post-, Bahn- und Telegrafendienst sowie an das wissenschaftliche
Studium der Medizin.
Die vergleichsweise liberale Haltung zu Erwerbsarbeit, freier Meinungs-
äußerung, Versammlungsfreiheit und juristischer Gleichheit im Privatrecht
begründete der Autor mit Verweis auf das abstrakte - also ohne Ansehen der
Person gültige - Naturrecht. Allerdings definierte er es in zeitgebundener
Manier eigentümlich um: Als Naturrecht galt ihm gerade nicht staatsrecht-
liche Egalität, sondern die »Aufrechterhaltung der natürlichen Forderungen
des Geschlechtsunterschiedes«.66 Auf diese Weise war der Ausschluß von
Frauen aus allen staatlich-öffentlichen Funktionen, für den der Artikel vo-
tierte, kein Widerspruch, sondern einem Rechtsverständnis immanent, das
Staat und Gesellschaft einander gegenüberstellte und seinerseits schon auf
dem Modell polarer Geschlechtscharaktere beruhte. 67
Das Modell getrennter Sphären mit seiner Betonung der »idealisirten
Geschlechtsunterschiede« 68 erschien in dieser Sichtweise geradezu als Inbe-
griff von Modernität. Weibliche Inferiorität wurde mit Blick auf das »Be-
wußtsein der heutigen Zeit« ebenso abgelehnt wie die Gleichstellung der
Geschlechter. Immer weitergehende Differenzierung, wie man sie etwa aus
der fortschreitenden Arbeitsteilung unter industriellen Bedingungen kann-
te, war den Zeitgenossen Signum der »modernen Cultur«, das sie auf das
Geschlechterverhältnis übertrugen. Vorstellungen einer juristisch-politi-
schen Gleichbehandlung wurden auf der Grundlage dieses Differenzmo-
dells als »reactionäre Gegenströmung einer sog. Emancipation der Frau«
wahrgenommen, die dem »Grundirrthume« aufsitze, daß die »Frau ihre
Ebenbürtigkeit... nicht schon in sich selbst besitze, sondern erst durch eine
möglichst große Annäherung an die eigenthümlichen Vorzüge des männli-
chen Geschlechts zu erstreben habe«.69 Im Koordinatensystem eines so ge-
arteten Fortschrittsdenkens wurde Gleichbehandlung zum Rückschritt.
Am Ende der diberalen Ära< konnte sich zwar niemand mehr den Chiffren
von Modernität und Fortschritt entziehen, doch etablierte sich im Gehäuse
der Modernität qua Differenzmodell ein immanentes Ausschlußverfahren,
mit dem sich Emanzipationsansprüche unterschiedlichster Provenienz ab-
weisen ließen.
Dieses Differenzmodell behauptet sich im dominanten Diskurs bis in die
Gegenwart hinein, wenn auch die Bestimmung dessen, was den Unterschied

29
ausmacht und was daraus für die Praxis abzuleiten ist, zeittypischen Modi-
fikationen unterworfen war. Die Vorstellung unterschiedlicher Wesenhei-
ten wurde im Lauf des 19. Jahrhunderts zum Alltagswissen, mit dem auch
die meisten Autorinnen, die sich der Frauenbewegung des Kaiserreichs
zurechneten, operierten. In dem Maße, in dem die Vorstellung eines bipo-
laren Geschlechtermodells zur Selbstverständlichkeit wurde, verschwan-
den die langatmigen physio-psychologischen Erörterungen aus den mei-
sten lexikalischen Eintragungen. Sie wichen knappen Hinweisen auf die
Existenz von »Unterschieden in Charakter und Gemüt« 70 und tauchten
vorrangig noch dort auf, wo politische Forderungen zurückgewiesen wer-
den sollten: »Die geistige Individualität der Frau sowie das bei ihr vorherr-
schende Gemütsleben lassen sie für eine tätige Teilnahme am öffentlichen
Leben wenig geeignet erscheinen. ... Dem Mann der Staat, der Frau die
Familie.«71 Dagegen grenzten sich die katholischen Lexika, die um die Jahr-
hundertwende erstmals ihre Reserve gegenüber der Frauenbewegung auf-
gaben und das Stichwort aufnahmen, von dieser medizinisch-weltlichen
Sichtweise ab und beriefen sich statt dessen auf die Autorität göttlicher Ge-
bote. »Daß z.B. die größere nervöse Empfindlichkeit das Weib für das Rich-
teramt untauglich mache, sollte in einer Zeit nicht gesagt werden, da die
Nervenheilanstalten mehr Männer als Frauen beherbergen. Die grundsätz-
liche und ausschlaggebende Kritik der Frauenforderungen scheint uns nur
möglich zu sein nach dem Maßstabe, welchen wir ... nach der Vernunft und
dem Evangelium aufgestellt haben«, hieß es im katholischen »Staatslexi-
kon«.72
Da sich die Frauenbewegung seit den 1880/1890er Jahren in zahlreiche
Verbände mit unterschiedlichen Zielsetzungen aufgefächert hatte und in der
publizistischen Öffentlichkeit deutlich wahrnehmbar war, genügte ein kur-
zer Verweis auf die Existenz einer >Frauenfrage< bald nicht mehr. Statt des-
sen widmeten die Nachschlagewerke des frühen 20. Jahrhunderts lange Ab-
handlungen der Betrachtung von Frauenbewegung und Frauenvereinen,
Frauenarbeit und Frauenstudium. Analog zur gesamtgesellschaftlichen
Fragmentierung in »sozialmoralische Milieus« herrschten in der Bewertung
der Emanzipationsansprüchc je nach politisch-weltanschaulicher Grund-
haltung »bedeutende Meinungsverschiedenheiten«, wie das Nachschlage-
werk der Görres-Gesellschaft konstatierte. Daher lehnte der Autor den
Begriff »Frauenemanzipation« ab, weil er »von dem Fraglichen der Bewe-
gung« absehe.75
Trotz unterschiedlicher Wertungen in Einzelfragen zeigte sich dabei die
Tendenz, daß die Lexika als Bestandteil des dominanten Diskurses die realen
Spaltungen der Klassengesellschaft in ihren Darstellungen der >Frauenfrage<
reproduzierten - eine klassenspezifische Aufspaltung, die auch in den ge-
trennten Organisationen der proletarischen und bürgerlichen Frauenbewe-

30
gung ihre Entsprechung fand. Unter dem Stichwort »Frauenarbeit« wurde
fast ausschließlich die Fabrikarbeit der Proletarierinnen behandelt. Dagegen
blieb die Bildungsthematik ein bürgerliches Reservat. Die >Frauenfrage< im
nun enger gefaßten Sinn schien vor allem die »Unverheirateten« zu betref-
fen,74 insbesondere die schwierige Lage der, wie der »Brockhaus« 1884 an-
ders als noch in der Auflage sieben Jahre zuvor spezifizierte, »Mädchen der
vermögenslosen Mittelklassen«. Denn während es den Mädchen und Frauen
der arbeitenden Klassen nicht »an Gelegenheit zum Verdienst« fehle, sei die
»wirtschaftliche Existenz- und Erwerbsfrage« für Frauen der Mittelschicht
»verhältnismäßig weit schwieriger« geworden. 75 In klassenspezifischer Bor-
niertheit wurden die kümmerliche Entlohnung und die schlechten Arbeits-
bedingungen der Proletarierinnen rasch übergangen. Die Einschränkung
der Frauenarbeit in den Fabriken, wie es viele Sozialdemokraten forderten,
erschien gänzlich undurchführbar, weil damit die Arbeiterfamilien »dem
noch größeren Übel der Armenunterstützung zugeführt«, sprich, öffentli-
che Gelder beanspruchen würden. 76 Die bürgerlich dominierte Publizistik
diskutierte - wie übrigens auch große Teile der bürgerlichen Frauenbewe-
gung - die Ausweitung der industriellen Frauenarbeit vor allem in Chiffren
sittlicher Verelendung,77 die dem Proletariat als Ganzem schon deswegen
unterstellt wurde, weil es die Merkmale der Bürgerlichkeit nur unvoll-
kommen teilte.
Während sich die Lexika zumeist über die politische Aktivität der Ar-
beiterinnen ausschwiegen,78 nahmen sie sich um so mehr der bürgerlichen
Frauenvereinigungen an, je mehr sich deren Zweck als bloßes Bildungsstre-
ben präsentieren ließ. Hier ernteten die Forderungen nach verbesserter
Mädchenbildung einschließlich des Frauenstudiums schon seit Mitte der
1880er Jahre vorsichtige Sympathie.79 Der Schwenk, den die bürgerliche
Frauenbewegung im Zuge ihrer Verbreiterung vom allgemein-humanitären
Ideal staatsbürgerlicher Gleichheit zu Berufs- und Bildungszielen unter
gleichzeitiger Abgrenzung von den Arbeiterinnen unternommen hatte, er-
wies sich im Hinblick auf den Verständnishorizont der zeitgenössischen Öf-
fentlichkeit als sinnvoll. Dieser Schritt darf freilich nicht als taktische Va-
riante zur besseren Durchsetzung anvisierter Ziele mißverstanden werden.
Vielmehr teilten viele bürgerliche Frauen die im letzten Drittel des 19. Jahr-
hunderts anschwellende Revolutionsfurcht ihrer Klasse und verknüpften
Aktivitäten zur Disziplinierung der Unterschichten - oder milder ausge-
drückt: Verringerung der Klassengegensätze - zunehmend mit dem Wunsch
nach Verbesserung der eigenen Bildungs- und Berufschancen.80
Wie sehr das Verständnis von dem, was der genuin weibliche Wirkungs-
kreis sei, in Revision begriffen war, belegt die Tatsache, daß sich selbst kon-
servative Stimmen bei der Definition zulässiger Tätigkeiten in vage
Formulierungen retteten, die viel Interpretationsspielraum ließen:

31
»Welche Arten von Arbeit dem Weibe als solchem ziemen oder nicht, kann im all-
gemeinen nur davon abhängig gemacht werden, ob die betreffende Thätigkeit die
natürlichen Anlagen zur Mütterlichkeit in leiblicher und geistiger Beziehung beein-
trächtigt oder nicht. Ist diese Besorgnis ausgeschlossen, so werden die zulässigen
Berufsarten sich aus dem Zeitverhältnis ergeben.«81
Sogar der Widerstand gegen akademische Frauenbildung schien sich zu ver-
ringern. »Keine Bedenken« meldete der »Brockhaus« 1884,82 freilich nur,
solange verschiedene Voraussetzungen erfüllt waren: Die Zahl der studie-
renden Frauen mußte »voraussichtlich ... sehr klein« bleiben; sie sollten
Männern gegenüber keine Bevorzugung erfahren und ihnen keine Kon-
kurrenz machen können. Die Trennung dichotomer Geschlechtersphären
mußte prinzipiell erhalten bleiben, und schließlich sollten Frauen keine
Funktionen übernehmen, in denen sie eine höhere Autorität verkörperten.
Juristische und theologische Ämter schieden daher in dieser Sicht ebenso aus
wie die Beschäftigung in Behörden, sofern die Tätigkeit nicht untergeordnet
oder aushilfsweise war.83
Gegenüber diesen Einschränkungen veränderte sich die Realität in den
Folgejahren jedoch erheblich. Die bürgerliche Frauenbewegung ging in die
Bildungsoffensive. 1887 verknüpfte die einer Petition an das preußische
Unterrichtsministerium und das preußische Abgeordnetenhaus beigefügte
»Gelbe Broschüre« die Revision der Mädchenbildung mit der Forderung
nach staatlich organisierter Lehrerinnenausbildung. 84 F.in Jahr später mahn-
te eine Eingabe des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins die Freigabe der
ärztlichen Tätigkeit und des höheren Lehrberufs an. Bereits 1889 folgte die
Eröffnung von Realkursen für Frauen in Berlin, die 1893 in Gymnasialkurse
umgewandelt wurden. 85 Noch im gleichen Jahr bildeten sich mit der Grün-
dung des Kaufmännischen Hilfsvereins für weibliche Angestellte erste
Berufsorganisationen,86 denen sich bald darauf der Allgemeine Deutsche
Lehrerinnenverein anschloß. Die Mädchen- und Frauengruppen für soziale
Hilfsarbeit wurden zum Ausgangpunkt der Professionalisicrung von Sozial-
arbeit,87 und auch die Sittlichkeitsbewegung formierte sich neu. 88
Die Flartnäckigkeit der Eingaben erzwang 1891 erstmals die Verhandlung
des Frauenstudiums im Reichstag, in der Folge auch in den Landtagen der
Einzelstaaten.89 Schließlich erhielt die bürgerliche Frauenbewegung 1894
im Bund Deutscher Frauenvereine eüie Plattform, der sich schon ein Jahr
nach der Gründung 65 Vereine angeschlossen hatten. 90

32
2. Antifeministischer Diskurs in der
wilhelminischen Gesellschaft:
Trägergruppen und Argumentationen

Im wilhelminischen Deutschland verbreiterte sich die Diskussion um die


>Frauenfrage<. Nachdem sich sogar der Reichstag damit beschäftigt hatte,
blieb die Erörterung nicht länger nur auf Frauenzeitschriften oder vereinzel-
te Vorträge und Broschüren beschränkt, sondern fand Eingang in die Tages-
zeitungen, politische Periodika und sogar akademische Vorlesungen. Das
politische Gewicht des Themenkreises hatte durch die Ausdifferenzierung
des weiblichen Vereinswesens seit den 1880er Jahren zugenommen, zeigte
sich doch, daß Frauen vermehrt Anteil hatten an der Organisation und In-
stitutionalisierung verschiedenster Interessen und damit an einem Prozeß,
der die bürgerliche Gesellschaft insgesamt kennzeichnete.

2 . 1 . Bildungsbürgerliche Kulturwächter

Angestoßen von der Bildungsoffensive zahlreicher Frauenvereine, kreiste


die öffentliche Diskussion der 1890er Jahre vor allem um die gymnasiale
Mädchenbildung und das akademische Frauenstudium. Der Streit um Bil-
dungsfragen gedieh besonders gut in einem Klima, das vor dem Hinter-
grund eines enormen sozioökonomischen Modernisierungsprozesses von
bildungspolitischer Verunsicherung und unterschiedlichen Auffassungen
über die zeitgemäße Anpassung der Bildungsinhalte geprägt war, wie etwa
die Auseinandersetzung um das humanistische Gymnasium und um die Ein-
führung der »Realien« belegt. Umgekehrt vermochten Bildungsinteressen
Frauen zu dieser Zeit wie kein anderes Thema zu mobilisieren, wurde doch
zunehmend deutlich, daß der Ausschluß der Frauen aus der Öffentlichkeit
ohne entsprechende Vorbildung nicht zu überwinden war. Viele Bildungs-
ziele wurden zudem mit Blick auf berufliche Qualifikation formuliert und
knüpften damit an ältere Bemühungen zur Linderung der »Brotfrage« an.
Strukturell betrachtet, ging es dabei auch um die >standesgemäße< Integra-
tion bürgerlicher Frauen in die kapitalistische Marktgesellschaft; um die

33
Wahrung von Statushomogenität, die infolge der immensen Umschichtun-
gen der Industrialisierung die bürgerliche Familie allein nicht mehr garantie-
ren konnte. 1
Die meisten führenden Vertreterinnen der Frauenbewegung - auch der
proletarischen - waren bildungsbürgerlicher Herkunft, kamen also aus einer
Sozialgruppe, in der das »kulturelle Kapital« (Bourdieu) eine traditionell
große Rolle spielte. Doch auch die Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung
konstituierte sich vielfach über Bildungsvereine - wenngleich Sozialistenge-
setz und preußisches Vereinsrecht die Aktivitäten der Frauen- und Arbei-
tervereine häufig in formal unpolitische Bahnen lenkte. Daß Bildung und
Ausbildung zu den Schlüsselfäktoren der modernen Industriegesellschaft
gehörten, machte sich in allen sozialen Schichten bemerkbar und stieß eine
breite bildungspolitische Debatte an, die sich auch in der Bereitschaft nie-
derschlug, über Reformen in der Mädchenbildung nachzudenken. Die
Reformbereitschaft war jedoch in den einzelnen Segmenten der wilhelmi-
nischen Gesellschaft sehr unterschiedlich ausgeprägt. Im selben Jahr, als das
erste deutsche Mädchengymnasium im badischen Karlsruhe seine Arbeit
aufnahm, schalteten sich die renommierten »Preußischen Jahrbücher«, die
Zeitschrift des konstitutionellen Liberalismus, in die Auseinandersetzung
um die weibliche Bildung ein.2 Das traditionsreiche Blatt gab den »Betrach-
tungen eines Mädchenschullehrers« Raum, einem Aufsatz, der kraft der
pädagogischen Autorität seines Verfassers nicht nur die gängigen Vorurteile
über die intellektuelle Minderbegabung des weiblichen Geschlechts
reproduzierte, sondern auch die generelle Abneigung der Mädchen gegen
wissenschaftliche Begriffsbildung und ihr Desinteresse an Politik, Naturwis-
senschaft und Philosophie behauptete - just an jenen Elementen also, wel-
che die Grundpfeiler der modernen Männerwelt bildeten.3
Im Herbst 1893 ging dann anläßlich der Eröffnung von Helene Langes
Gymnasialkursen für Frauen ein Aufsatz in Druck, der sich entschieden ge-
gen die Egalisierung des Schulunterrichts und insbesondere gegen das ge-
meinsame Studium der Geschlechter verwahrte. Statt dessen plädierte der
Autor für die Erhaltung der alten Unterrichtsanstalten und die Einrichtung
besonderer Frauenakademien. Weibliche Bildungsinteressen wurden zwar
nicht pauschal zurückgewiesen, doch nur unter der Voraussetzung strikter
Segregation akzeptiert. Dabei ging es weniger um die Ausschaltung poten-
tieller Konkurrentinnen auf dem Arbeitsmarkt - eine solche Situation konn-
te sich der Verfasser nicht einmal vorstellen - als um die Verteidigung einer
exklusiven Bildungselite in Zeiten, in denen man
»den mit der Hand beschäftigten Männern ... die früher gewohnte Hochachtung vor
der Kopfarbeit ausgetrieben und sie gelehrt (hat), daß sie alle Kopfarbeit leisten
können, sobald sie nur ihren Führern folgen, einige für sie geschriebene Blätter lesen
und in die für sie berufenen Versammlungen gehen«.4

34
Daß nun auch noch Frauen nicht ausnahmsweise, sondern als ganzes Ge-
schlecht und formal geregelt am Privilegium intellektueller Tätigkeit teilha-
ben wollten, mobilisierte Widerstand in den Reihen von Akademikern, de-
ren soziales Kapital bereits in Erosion begriffen war, bedrängt einerseits von
der gestiegenen Definitionsmacht moderner Naturwissenschaft und Tech-
nik, andererseits durch die - wenn auch erst in ihren Anfängen begriffene -
vertikale soziale Mobilität der wilhelminischen Gesellschaft. Die traditionel-
len Institutionen des Machterhalts standen auf unsicherem Grund:
»Wer der Meinung ist, daß die alte Gestalt der Gymnasien und Universitäten nicht
schnell genug zertrümmert werden könne, der mag den Eintritt der weiblichen
Schüler und Hochschüler als das wirksamste Mittel fordern, das unvermeidliche
Ende zu beschleunigen.«5

Jenseits rhetorischer Floskeln scheint hier ein Gespür für die unerläßliche
Modernisierung der höheren Bildungseinrichtungen auf. Tatsächlich wur-
den die Lehrpläne der Oberschulen seit etwa 1890 den gewandelten Erfor-
dernissen von Technik, Militär und Verwaltung angepaßt. Zehn Jahre später
brach ein Erlaß zunächst in Preußen, dann in den anderen Ländern des
Deutschen Reiches das Monopol des humanistischen Gymnasiums, da nun
auch der Abschluß des Realgymnasiums und der Oberrealschule den Weg in
die Universitäten öffnete.6
Begleitet waren die Bildungsreformen von einer ungeahnten und von den
Initiatoren auch nicht beabsichtigten Expansion der Schüler- und
Studentenzahlen. Der Rede vom »akademischen Proletariat« trat in der
bürgerlichen Öffentlichkeit bald die antisemitische Parole vom »Überwie-
gen des Judentums« an den Universitäten zur Seite. Nachdem die Aussicht
für Frauen, die formale Zugangsberechtigung zu den Hochschulen zu erhal-
ten, deutlich gestiegen war, gesellten sich zu diesem Kanon verstärkt auch
antifeministische Stimmen. Die Gegner der akademischen Frauenbildung
motivierte nicht allein die numerische Ausdehnung der Akademiker, die den
Marktwert des einzelnen Absolventen sinken ließ. Sie fürchteten durch die
Zulassung von Frauen den Prestigeverfall akademischer Würden überhaupt,
galten doch im weithin akzeptierten Koordinatensystem polarer Ge-
schlechtscharaktere allein Männer als Träger des Intellekts, während Frauen
als Repräsentantinnen des Gefühls erschienen. Was aber war eine Elite-Bil-
dung - und Elite heißt ja: die eigene Bedeutung durch den Ausschluß ande-
rer steigern - noch wert, wenn sie Gruppen zugänglich war, die man nicht als
gleichrangig erachtete? Kein Wunder also, daß dem Mitarbeiter der » Preußi-
schen Jahrbücher« Studentinnen als »greuliche Erscheinung« galten, »noch
eine frivolere Entartung des ohnehin schon vielfach entartenden Studenten-
thums«. 7
»Frivol« - also anmaßend, frech, unanständig und aufreizend - diese Vo-

35
kabel benutzte auch Heinrich von Treitschke, Mitherausgeber der Zeit-
schrift bis 1889, 8 in seinen Universitätskollegien zur Charakterisierung
weiblicher Emanzipationswünsche. 9 Treitschkes Vorlesungsreihe über die
sozialen Grundlagen des Staates, in Aufbau und Gliederung deutlich an
Wilhelm Heinrich Riehls »Naturgeschichte des Volkes« orientiert, enthielt
auch ein Kapitel über die Familie, das unter der Hand zu einer Auseinander-
setzung mit dem Ort der Frauen in der modernen Gesellschaft und zu einer
Philippika gegen die Frauenbewegung geriet.10 Frappant an den Auslassun-
gen des Historikers ist weniger der frauenfeindliche Impetus selbst als der
Umstand, daß damit eine misogyne und antifeministische Haltung gleich-
sam zum Lehrplan erhoben wurde. Die Vorlesungen über Politik waren, wie
sich sein Schüler Max Cornicelius erinnerte, Treitschkes Lieblingkolleg; er
hielt sie zwischen 1863 und 1896 in Freiburg, Heidelberg und Berlin etwa
25 Mal und beeinflußte damit einen Gutteil jener akademischen Jugend, die
sich danach anschickte, im Kaiserreich herausgehobene Positionen - vor
allem wohl in Lehranstalten und im Staatsdienst - zu besetzten."
Treitschke sexualisierte die historische Topographie: Das Prädikat »männ-
lich« oder »weiblich« diente ihm gleichermaßen zur Charakterisierung von
Völkern, Nationen, Religionen oder ganzen Jahrhunderten. Zwar hatten
bereits die älteren Anthropologien die Stellung der Frau in unterschiedli-
chen Ethnien als Signum der »Culturstufe« eines Volkes angesehen, und seit
dem Reichsgründungsjahrzehnt galt sie auch als Ausdruck des jeweiligen
»Nationalcharakters«. 12 Doch über diese Tradition ging Treitschke weit hin-
aus. Geschlecht avancierte beim Nachfolger Rankes an der Berliner Univer-
sität zum wissenschaftlichen Ordnungskriterium.
In Treitschkes Koordinatensystem standen sich als oppositionelle Paare
gegenüber: Frankreich und Preußen, Französische Revolution und deutsche
Reformation, katholisches Christentum und Protestantismus, das »weibi-
sche« 18. und das »männliche« 19. Jahrhundert. 13 Preußisch-protestan-
tisch-männlich-deutsch - die Adjektive dieser Wortreihe erschienen gleich-
sam als Synonyme, wenn es etwa hieß:

»Der einseitig männliche Charakter der Reformation wirkt noch nach bis zum heu-
tigen Tage. Der preußische Staat, der so durch und durch protestantisch ist, wie
deutlich zeigt er auch diesen Zug. Es giebt keinen Staat, der so wenig Weiberherr-
schaft gesehen hätte wie der preußische. ... Es ist eine Nachwirkung des sechzehnten
fahrhunderts, das der deutschprotestantischen Welt noch immer ihren wesentlichen
Charakter aufprägt.«14

Eben dieser Ausschluß von Frauen - und der Anhänger des als »weiblich«
apostrophierten katholischen Glaubens 15 - war es, der in den Augen Treit-
schkes den Führungsanspruch Preußens legitimierte: »Obrigkeit ist männ-
lich; das ist ein Satz, der sich eigentlich von selbst versteht.«16

36
Damit waren Frauen nicht nur aus der politischen Geschichte, sondern
auch aus der Gegenwart der Politik ausgeschlossen und blieben letztlich -
auch wenn das Versorgungsproblem unverheirateter Mittelschichtsfrauen
kurz gestreift wurde - auf Ehe und Familie verwiesen. Auf diese Weise ge-
wann das weibliche Geschlecht eine erhebliche, freilich nur vermittelte
Bedeutung für das »sittliche Dasein einer jeden Nation«, denn: »Jeder
geordnete öffentliche Zustand bedarf auch einer geordneten Form der Ge-
schlechtsgemeinschaft«.17
Mit dieser Auffassung stand der Ordinarius in der Tradition einer Logik
von Staat und Ehe, wie sie der Auslegung des Naturrechts in der bürgerli-
chen Gesellschaft immanent und schon im preußischen Allgemeinen Land-
recht juristisch kodifiziert worden war.18 Grundlage dafür war eine analoge
hierarchische Beziehung von Staat und Bürger einerseits, Ehemann und
Flhefrau andererseits. Vertraglich durch den »contract social« bzw. den Ehe-
vertrag geregelt, wurde damit die Unterwerfung unter eine Obergewalt -
Staatsoberhaupt oder Haupt der ehelichen Gemeinschaft - festgelegt, um so
Positionskämpfe auszuschließen und >Ruhe und Ordnung< zu gewähr-
leisten. Im Sinne dieser Analogie bildete die Familie tatsächlich die vielzi-
tierte »Keimzelle der Gesellschaft«, in der die Struktur von Über- und Un-
terordnung für die spätere gesellschaftliche Hierarchie eingeübt wurde.
An egalitäre Beziehungen war weder in der einen noch in der anderen Hin-
sicht gedacht. Die Macht des Ehemannes wurde somit zum staatstragenden
Faktor, deren Aufrechterhaltung öffentliches Interesse beanspruchen konn-
te. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Vehemenz der Reaktionen, wel-
che die befürchtete Erosion der hierarchischen Geschlechterbeziehungen
begleiteten.
Etwa seit der Jahrhundertwende wurde die >Frauenfrage< in der publizisti-
schen Öffentlichkeit nicht länger nur als Frage der Frauenbildung, sondern
als Problem der Geschlechterbeziehungen aufgefaßt. Daß Frauen ein »mo-
ralisches Recht auf freie Geistesentwicklung« 19 zukomme, wurde in den
Kreisen des gehobenen Bürgertums mehr und mehr anerkannt - freilich
eher im Sinn eines unverbindlichen Zugeständnisses. Über die Form der
Realisierung wurde weiterhin gestritten. Der institutionelle Wandel machte
nur zögernde Fortschritte; immerhin gaben einige Universitäten ihre Zu-
rückhaltung gegenüber dem Frauenstudium auf.
Allmählich begannen die Zeitgenossen, sich um die »psychologischen
Folgen der Frauenemanzipation« Gedanken zu machen. 20 Zeitschriften wie
die »Preußischen Jahrbücher« oder der »Kunstwart«, der sich als Hüter der
deutschen Nationalkultur verstand, schickten sich an, nach den gesellschaft-
lichen Folgen von Veränderungen im Geschlechterverhältnis zu fragen. Der
»Kunstwart« richtete 1907 eigens eine Rubrik »Mann und Weib« ein, in der
beispielsweise »Bücher vom Verhältnis der Geschlechter zueinander« vorge-

37
stellt wurden. 21 Und auch die »Preußischen Jahrbücher« widmeten den
Geschlechterbeziehungen nun einige Aufmerksamkeit.
Hintergrund dieser Entwicklung war die erneute Politisierung der Frau-
enbewegung. Vorangetrieben durch den sogenannten »radikalen« Flügel,
konzentrierten sich die Reformbemühungen seit den letzten Jahren des 19.
Jahrhunderts erneut auf die öffentlich-rechtliche Gleichstellung des weibli-
chen Geschlechts. Damit hatte die neuformierte fortschrittliche Richtung
mit ihrer Zentrierung um die »Bürgerpflicht der Frau«22 die Frauenbewe-
gung erstmals seit Louise Ottos Zeiten wieder auf genuin politisches Gebiet
geführt. Was als Forderung nach rechtlicher Egalität daherkam, rüttelte in
der Konsequenz an der geschlechtsspezifischen Organisation der bestehen-
den Gesellschaftsordnung. Die Stimmrechtsforderung zielte auf das Ende
männlicher Alleinherrschaft im Staat, und im Protest gegen die Neufassung
des Eherechts im Bürgerlichen Gesetzbuch stand das private Machtver-
hältnis eines jeden Ehemannes zur Disposition. Auch die zunächst begrüßte
Sittlichkeitsbewegung beschränkte sich nicht allein auf fürsorgerische Tätig-
keit, sondern entwickelte in der Forderung nach Abschaffung der un-
terschiedlichen sexualmoralischen Standards für Männer und Frauen politi-
sche Sprengkraft. Zwar wurden die >radikalen< Auffassungen nur von einem
kleinen Teil der organisierten Frauenbewegung mitgetragen, und von der
praktischen Umsetzung war die Gesellschaft des Kaiserreichs meilenweit
entfernt. Doch allein die Formulierung solcher Ansprüche genügte, um die
Zeitgenossen - und auch viele Zeitgenossinnen - nachhaltig zu verunsi-
chern. Die feministische Kritik zielte nicht nur auf das öffentlichen Gebäude
staatlicher Ordnung, sondern drang weiter in die eifrig gehütete Privat-
sphäre häuslicher Intimität vor und machte das Geschehen in den Schlafzim-
mern gleichsam zum Politikum.
Kein Wunder also, daß der Literaturredakteur der »Preußischen Jahrbü-
cher« fürchtete, die Emanzipationsbewegung werde »eine veränderte Stel-
lung der Frau als spezifisch weiblichem Wesen zum Mann zur Folge haben«
und um die überkommene »Psychologie des Geschlechterverhältnisses«
bangte. 23 In der gleichen Ausgabe bemühte sich der Publizist Paul Rohr-
bach, die »Grenzlinie zwischen Recht und Unrecht in der Frauenbewe-
gung« zu ziehen, dort nämlich, »wo aus dem Kampf der Frau um das Recht,
sich gleich dem Mann als ein vollwerthiges menschliches Individuum zu
entwickeln - ein Kampf gegen die von der Natur einmal gesetzte Diffe-
renzirung der Geschlechter wird«. 24 Der Verweis auf angebliche Naturgeset-
ze, die als Legitimationsinstanz die göttliche Ordnung längst ersetzt hatten,
bildete ein ebenso zentrales wie universell einsetzbares Argument, weibliche
Partizipationsansprüche in die Schranken zu weisen.
Tatsächlich stellte die Aufteilung der Welt in männliche und weibliche
Sphären mit bestimmten, ihnen zugeordneten Bedeutungen ein tündamen-

38
tales Ordnungskriterium der wilhelminischen Gesellschaft dar, das auf der
Arbeitsteilung der Geschlechter aufruhte. Die Überschreitung definierter
Geschlechtergrenzen brachte das austarierte System ins Wanken und provo-
zierte Furcht, die sich in Ignoranz, unversöhnlicher Ablehnung oder auch in
Spott niederschlug. 1903, als sich die Stimmrechtsbewegung hörbar zu
Wort meldete und selbst der jeder Radikalität unverdächtige Deutsch-Evan-
gelische Frauenbund Mitspracherecht bei kirchlichen Wahlen anmahnte,
malte eine Glosse in den »Preußischen Jahrbüchern« die verkehrte Welt der
Geschlechter aus, in der rechtlose Männlein sich mühten, ihre Interessen in
einer von Frauen dominierten Gesellschaft zu Gehör zu bringen. 25
Das Motiv der verkehrten Welt dominierte auch einen aufwendig il-
lustrierten Band, der drei Jahre später unter dem Titel »Vom Über-Weibli-
chen« einem offenkundig bürgerlichem Publikum »heitere Glossen zur
Frauenfrage« versprach.26 Weniger spitzzüngige als plumpe Verse durchaus
renommierter zeitgenössischer Autoren wie Roda Roda, Julius Stettenheim
oder des Jugend-Redakteurs Karl Ettlinger nahmen Bildungs- und Gleich-
berechtigungsbestrebungen der »blaustrümpfigen«, »herrschsüchtigen«
und »liebestollen Weiber« aufs Korn. Als Inkarnation des »wunderlichen
Unterfängen(s)« der Frauenbewegung beflügelte insbesondere die Gestalt
Anita Augspurgs die Federn der Spottdichter und Karikaturisten. Das um-
fangreichste Kapitel jedoch war dem »Zukunfts-Weiber-Staate« gewidmet.
In mit »Weh' uns Männern« oder »Triumphlied der Frauenrechtlerinnen«
betitelten Versen genossen Frauen Privilegien, die bisher dem männlichen
Geschlecht vorbehalten waren. Der Mann dagegen trat als »Haushalts-
sklave« oder in der Rolle des Gebärers auf. Textprobe:
»Und er schaudert, wenn er ausmalt
Seiner eignen Zukunft Nacht ...
Während Mutter
Auf dem Kutter
Eine Forschungsreise macht.
Kinder wird er nicht nur wiegen:
Nein, wenn die Natur geht mit
Der Kultur in gleichem Schritt
Wird er sie auch selber kriegen ...
Und er wird die Klöße kneten
Und die Stuben fegen rein
Und die Strümpfe stopfen fein!
Kurz, der Herr des Erdplaneten
Einst despotisch
Wird helotisch
Eine olle Tunte sein.«27
Travestie und Überzeichnung zogen die verkehrte Welt der Geschlechter ins
Lächerliche. Das Lachen entschärfte die zugrundeliegende Furcht, die nur

39
im gewollten Unernst formulierbar war: Die Vorstellung, daß jede Verände-
rung des bestehenden Geschlechterverhältnisses zur Umkehrung der bishe-
rigen Geschlechterrollen führen und dann die Unterordnung auf der Seite
der Männer, die Dominanz auf Seiten der Frauen liegen mußte. Den aus-
schließlich männlichen Autoren des Karikaturenbandes war ebenso wie ih-
rem Publikum bewußt, daß Männlichkeit Herrschaft bedeutete, sonst hät-
ten Glossen, deren einziger Witz in der Verkehrung der Geschlechterrollen
lag, weder gedacht werden noch Anklang finden können. Nicht umsonst
kristallisierten sich die Männerphantasien vom Machtverlust im Bild des ver-
achteten, weil unmännlichen, seinen Penis verleugnenden Mannes: der Tun-
te, des weibischen Homosexuellen. Ganz unverblümt brachte Stefan von
Kotze, bei den Zeitgenossen vor allem als Reiseschriftsteller beliebt, den
Zusammenhang von Macht, Sexualität und männlicher Potenz zum Aus-
druck:

»Alle männliche, aktive Potenz ist abhängig vom Selbstvertrauen. Jeder Fachmann
wird bestätigen können, daß Zweifel an der eignen Kraft der schlimmste Feind des
Erfolges im Sexualverkehr des Mannes ist. Sollte die jetzige Ordnung der Dinge sich
also ändern und die Frau dauernd, Generationen hindurch dominieren, so muß das
Selbstvertrauen und damit die Potenz des Mannes bedenklich geschwächt wer-
den.«28

Von der >neuen Frau< sah der wilhelminische Bildungsbürger jedoch nicht
nur seine eigene Identität bedroht, sondern auch die Objektivationen des
männlichen Geistes, Geschichte und Kultur: »Daß also ist das letzte Ideal
der emanzipirtcn, voll entwickelten weiblichen Persönlichkeit: der feminine
Mann und ein Menschengeschlecht, dessen Antlitz weibliche Züge trägt.«
Der Literaturredakteur der »Preußischen Jahrbücher« sah eine Moderne
heraufziehen, die er nur als »weiblich« beschreiben konnte:

»Finden sich nicht wirklich schon in der Totalität unseres ganzen modernen Ixbens
weibliche Züge? Wenn im politischen Leben an Stelle der nationalen und rein poli-
tischen Fragen die sozialen in den Vordergrund getreten sind, wenn in der Ge-
schichtswissenschaft Kriegs- und Staatengeschichte >unmodern< geworden und
durch sozialpsychologische Auffassungen verdrängt ist, wenn die Philosophie der
Naturwissenschaft den Platz geräumt hat, wenn in der Kunst der rezeptive Naturalis-
mus an die Stelle des von innen aus sich heraus zeugungsfähigen Idealismus getreten
ist - sind das nicht alles Zeichen dafür, daß in der Seele der Zeit eine Abkehr vom
Männlichen zum Weiblichen stattgefunden hat?«29

Gesellschaftliche Prozesse wurden gemäß des dualistischen Geschlechter-


modells sexualisiert, so wie es Treitschke zahllose Akademiker gelehrt hatte.
Neben der Gegenüberstellung von >maskulinen< Staatsgeschäften und >fe-
mininer< Sozialfürsorge erhielten Gegenstandsbereiche, die als abstrakt und

40
produktiv angesehen wurden, das Prädikat >männlich< , während als >weib-
lich< galt, was >passive< Beobachtung und Empathie voraussetzte - daher die
von heute aus gesehen ungewöhnliche Zuordnung der Naturwissenschaf-
ten. Die Verbreitung sexualisierter Denkmodelle in den Zeitschriften des
gebildeten Bürgertums verweist auf ein fundamentales Bedürfnis nach ein-
fachen Ordnungskategorien, die scheinbar so eindeutig und selbstverständ-
lich waren wie der Unterschied zwischen Mann und Frau. Zugleich bezeich-
nete Weiblichkeit alles, was die lange Tradition einer angeblich von Männern
hervorgebrachten Menschheitsgeschichte und -kultur vermißte. Als Nicht-
Männliches wurde Weiblichkeit so zur Chiffre für alles Neuartige, zum Sinn-
bild für Wandel und Modernität schlechthin, dem der Hauch von Dekadenz
und Minderwertigkeit anhaftete: »Der Feminismus ist ein notwendiges Kor-
relat jeder Kultur. Die Dekadenz, welche auf jede Epoche eines hoch-
entwickelten Kulturlebens folgt, besteht in dem Überwiegen des feministi-
schen Elements bis zum Ausschluß des männlichen.« 30
Trotz dieser kulturphilosophisch unterfütterten Misogynie waren die
Zeitschriften des gebildeten Bürgertums weit von dem Radau-Antifeminis-
mus einiger Berufsgruppen oder völkischer Kreise entfernt. Gegenüber dem
steigenden weiblichen Einfluß in Gesellschaft und Kultur bemühten sie sich
um Ausgewogenheit in der Darstellung, ohne ihre kritische Haltung aufzu-
geben. Artikel einiger weniger bürgerlicher Frauenrechtlerinnen fanden
ebenso Aufnahme wie die Aufsätze ausgewiesener Antifeministen und Anti-
feministinnen; neben Frauenbewegungsliteratur wurden auch misogyne
Klassiker wie Otto Weiningers 1903 erschienener Bestseller »Geschlecht
und Charakter« rezensiert, der es bis 1912 auf dreizehn Auflagen brachte. 31
An die Seite der Furcht vor einer gesamtgesellschaftlichen Verweiblichung
trat das Lob sozialer Hilfsarbeit. Neben dem Verständnis für den Wunsch
vieler Frauen nach mehr Geistesbildung stand männliches Eigeninteresse an
weiblicher Umhegung und Erotik als Ausgleich für die Entfremdung an-
strengender Berufsarbeit, damit »uns die Tagesstunde schlägt, wo wir sagen
können: nun bin ich nicht mehr der Arzt, der Kaufmann, der Beamte oder
Gott weiß was, nun bin ich Mensch, nun darf ich es sein«.32
Vor allem Ferdinand Avenarius< »Kunstwart« forderte von den Frauen
mehr »Mannesfürsorge« und »Mutterkultur«. 33 Obwohl das Blatt die Frau-
enbewegung für eine »großenteils ... gute, sehr berechtigte Sache« hielt,34
häuften sich seit etwa 1910 Aufsätze, die den Lebenskreis des weiblichen
Geschlechts auf die Mutterschaft reduzierten. Mütter, so der Tenor, leiste-
ten für die nationale Wohlfahrt allemal mehr als Frauen, die einen Beruf
ausübten, den die meisten Mädchen ohnehin wegen der größeren Un-
gebundenheit, nicht aber aus innerer Berufung ergriffen. Gegen eine gedie-
gene Bildung ohne Berufszweck hingegen sei nichts einzuwenden, fordere
sie doch die Aufwertung der Mutterschaft zum Beruf.35 Wiewohl einige

41
Stimmen aus der Frauenbewegung für die Vereinbarkeit von Mutterschaft
und Beruf plädierten, erklärte Ferdinand Avenarius Gebären und Kinderauf-
zucht zur »soziale(n) Pflicht« der Frau und die Erziehung junger Mädchen
zum »Mutterberuf« zu einer der »wichtigsten Kulturaufgaben«.36
Daß der »Kunstwart« weibliche Erwerbstätigkeit durch eine aufgewertete
Mutterschaft ersetzen wollte, fügte sich in den kulturkritischen Antimoder-
nismus des vielgelesenen Journals - 1912 waren dem angegliederten Dürer-
bund mehr als 300.000 Mitglieder angeschlossen - ein.37 Die Zerfaserung
der modernen Gesellschaft sollte durch die Rückbesinnung auf »deutsche
Tugenden« überwunden werden. Und dazu gehörte auch die Mütterlich-
keit.
Die »Vorkämpferinnen einer maßvollen Frauenbewegung«, die von einem
spezifischen, in der Mutterschaft begründeten Wesen der Frau ausgingen,
stießen daher weit eher auf Verständnis als Gleichheitsforderungen, denen
der Geruch des Radikalismus anhaftete.38 Hans Delbrück, der Herausgeber
der »Preußischen Jahrbücher«, belächelte die »verrückten Ideen vom mo-
dernen Weibe«,39 und der Kunsthistoriker Adelbert Matthaei - Vorstands-
mitglied im Dürerbund und später organisierter Antifeminist - warnte vor
dem »Obsiegen der extremen Frauenbewegung mit allen Folgen für Gei-
steskultur, Wirtschaftsleben und Familie«.40 Daß die Berufskonkurrenz der
Frauen die FLrwerbsaussichten der (bürgerlichen) Männer vermindere und
damit die Heirats- und Reproduktionschancen der Gebildeten verschlechte-
re, war ein verbreitetes Stereotyp. Immer wieder konnte man lesen, daß
Frauen aufgrund ihrer »natürlichem Veranlagung einer zwar nicht schlech-
teren, aber qualitativ anderen Ausbildung bedürften und für andere Tätig-
keiten geeignet seien als Männer.41
So unterschiedlich die Positionen im einzelnen waren, so hatte die Sympa-
thie für feministische Ziele eine klare Grenze: die politische Mitbestimmung
in Reich und Einzelstaaten. Je mehr sich die Frauenbewegung politisierte,
desto mehr häuften sich die Warnungen vor dem weiblichen Stimmrecht.
Die Verhältnisse in anderen Staaten, insbesondere der Kampf der englischen
Suffragetten, wurden in einer Weise mißtrauisch beobachtet, aus der die
Befürchtung, das Deutsche Reich werde ein ähnliche Entwicklung nehmen,
klar hervorging. 42 Der »Kunstwart« warf der Frauenbewegung einseitige
Agitation vor und vermißte die Anhörung der Gegner, um darüber zu infor-
mieren, weshalb »nicht nur Narren und Reaktionäre, sondern auch Denker
und freie Geister« - zu denen sich offenbar auch die Redakteure des Blattes
rechneten - die Politisierung des weiblichen Geschlechts nicht gutheißen
konnten. 43 Der Parlamentarismus, so argumentierten eine Reihe von Auto-
rinnen und Autoren im Umfeld der Reichstagswahlen von 1912, habe die
Erwartungen nicht erfüllt, die man in ihn gesetzt habe. Zufällige Majori-
täten entschieden, »Parteienhader« und »Sonderinteressen« beherrschten

42
das politische Leben. 44 An der »Wahlrechtslotterie« teilzunehmen, so legte
Wilhelm Stapel in einem Leitartikel die Linie des »Kunstwartes« fest, liege
daher weder im Interesse des Staates noch der Frauenbewegung selbst.45
Kritik am parlamentarischen System verband sich mit Enttäuschung über die
politische Elite zur heftigen Politikerschelte. Daß es Frauen gelungen war, in
die exklusiv männliche Sphäre der Politik einzudringen, wertete das Blatt als
Versagen männlicher Potenz:
»Wenn politisierende Frauen auftreten, um den Politik machenden Männern öffent-
liche Gardinenpredigten zu halten oder ihnen gar ins Handwerk zu pfuschen, so
beweist das unter anderem auch, daß an der Männlichkeit jener Männer vieles nicht
in Ordnung ist.«46
Auch in den »Preußischen Jahrbüchern« dachte man angestrengt über die
spürbare Politisierung des weiblichen Geschlechts nach. Delbrück suchte
nach einer Lösung, welche die unentbehrlich gewordene Mitarbeit von
Frauen im öffentlichen Leben sicherte, ohne ihnen formale Rechte zuzubil-
ligen.47 Die politische Partizipation des weiblichen Geschlechts war dem
nationalliberalen Historiker mit Blick auf die außenpolitischen Interessen
des deutschen Reiches ein Greuel. In der Zunahme der Wahlberechtigten
sah er die Stärkung demokratischer Verfassungselemente, und Demokratie,
das war Delbrücks feste Überzeugung, war mit den Zielen einer politischen
Großmacht als dem einzig »wahren und vollkommenen Staat« nicht verein-
bar.48
Der Herausgeber der »Preußischen Jahrbücher« schreckte weniger vor
der Frauenbewegung seiner Gegenwart zurück, als vor den Konsequenzen
ihrer Forderungen, die ihm unausweichlich schienen:
»hinter dem verbesserten Eherecht steht drohend die Lockerung der Ehe, und hinter
der gelockerten Ehe steht die denkbar tiefste Erniedrigung des weiblichen Ge-
schlechts, die freie Liebe, und hinter den weiblichen Berufen, die sich einer nach dem
anderen öffnen und bilden, steht die Forderung des weiblichen Wahlrechts mit allen
Widerlichkeiten des Suffragettentums.«
Es war kein Zufall, daß Delbrück aus der Vielfalt möglicher Schreckensbilder
gerade die Rechtsforderungen am meisten beunruhigten. Als Historiker
und freikonservativem Politiker war ihm die Materie vertraut genug, um zu
wissen, daß juridische Kodifikationen nicht nur den Zustand der Gegenwart
sanktionieren, sondern darüber hinaus die kommende Wirklichkeit prägen.
Jahrhundertelang hatten Männer darüber geurteilt, was Recht und was
Unrecht war, und damit das Leben und den Alltag anderer bestimmt. Wenn
Frauenforderungen Eingang in Gesetze fanden, belegte das die beginnende
Erosion der gesellschaftlichen Definitionskompetenz des männlichen Ge-
schlechts.
Wahl- und Eherecht bezeichneten dabei besonders sensible Bereiche.

4.3
Über seine unmittelbare politische Relevanz hinaus eignete dem Wahlrecht
im 19. Jahrhundert hohe Symbolkraft als Ausdruck bürgerlicher Mündig-
keit. Als Zeichen der rechtlichen Gleichheit derjenigen, die es ausübten,
wurde es von allen Emanzipationsbewegungen des bürgerlichen Zeitalters
angestrebt, und war eben deshalb probates Mittel gesellschaftlicher Distink-
tion. Das Eherecht hingegen regelte die privaten Verhältnisse jeder und je-
des einzelnen und hatte somit hohe alltagsprägende Kraft.
Es war jedoch nicht nur das Interesse an der Aufrechterhaltung der männ-
lichen Vormachtstellung im öffentlichen wie privaten Leben, die Delbrücks
ablehnende Haltung bestimmte. Eine noch größere Rolle spielte, daß Frau-
en, die öffentlich und laut agierten oder gar unverblümt über Sexualität
sprachen, fundamental gegen seine internalisierten, von bürgerlicher Moral
diktierten Vorstellungen von Weiblichkeit verstießen. Delbrück hoffte, daß
sein Zukunftsszenario dem Publikum verständlich machte,

»weshalb so viele Männer der Frauenbewegung mit Abneigung gegenüberstehen;


daß es nicht Geringschätzung dieser Bestrebungen, noch viel weniger Geringschät-
zung der Frauen im Schopenhauerschen Sinne ist, der diese Abneigung entspringt,
sondern ganz umgekehrt, eine Hochschätzung, der es peinlich ist, von ihrem Ideal
etwas aufgeben zu sollen oder es gefährdet zu sehen.«49

Geäußert wurde nicht rational durchdachte Ablehnung, sondern auf der


Ebene des Gefühls empfundene »Abneigung«; die sich abzeichnende Verän-
derung des Frauenbildes war ihm »peinlich«, öffentliche Wahlagitation wi-
derlich und weibliche Sexualität, die nicht durch die Bande der Ehe gezügelt
war, schien ihm erniedrigend: Delbrücks Sprache verriet, daß die Figur der
>neuen Frau< ein tiefverwurzeltes Konzept aus Normen und Werten tangier-
te, auf dessen Verletzung selbst wohlmeinende Beobachter mit geradezu
physischem Ekel reagierten.
Der Herausgeber der »Preußischen Jahrbücher« war, auch wenn er den
Vorsitzenden des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipa-
tion anläßlich einer frauenpolitischen Kontroverse zu Wort kommen ließ,
kein intransigenter Antifeminist. Delbrück setzte sich mit den Zielen der
Frauenbewegung auseinander und bemühte sich eindringlich um eine wohl-
begründete Stellungnahme. Aber wie viele seiner Zeitgenossen konnte auch
er nicht über den Schatten internalisierter Wertvorstellungen springen, die
längst zur zweiten Natur geworden waren. Noch 1919, als er sich angesichts
der Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung um die Bewertung des
soeben eingeführten Frauenstimmrechts mühte, konnte er trotz aller Ein-
sicht in die nun notwendige Politisierung des weiblichen Geschlechts seine
Sympathie für jene Hausfrauen nicht verhehlen, die »den Stimmzettel des
Mannes ihres Vertrauens durch den eigenen in aller Stille verdoppeln«. Der
Vernunftrepublikaner Delbrück verhielt sich zum Frauenwahlrecht ähnlich

44
wie zur neuen Verfassung überhaupt: Die Betätigung von Frauen in der
Politik erschien ihm wie die ganze neue Republik »notwendig, aber darum
noch nicht ein Gewinn«. 50

2.2. Die Frauenbewegung als das Antichristentum der Gegenwart:


Protestantismus und lutheranische O r t h o d o x i e

Wiewohl die deutsche Frauenbewegung maßgeblich von »protestanti-


sche^) Geisteskultur« geprägt war,51 trafen weibliche Emanzipationskon-
zepte in der evangelischen Kirche und den protestantischen Verbänden
ebensowenig wie im gebildeten Bürgertum insgesamt auf ungeteilte Zu-
stimmung. Allerdings wich die harsche, ausschließlich am paulinischen
Schweigegebot des »mulier taceat in ecclesiam« orientierte Linie eines Phil-
ipp von Nathusius seit den 1890er Jahren einem stärker differenzierten,
nach kirchenpolitischen Gruppen aufgefächerten Meinungsspektrum, das
von vorsichtigem Entgegenkommen über die Indienstnahme weiblicher
Fürsorgetätigkeit bis hin zu entschiedener Ablehnung reichte. 52 Im Zu-
sammenhang mit der Hinwendung der Evangelischen Kirche zu den sozia-
len Problemen der Industriegesellschaft bekundete ihr sozialpolitisches Fo-
rum, der Evangelisch-soziale Kongreß, seine Bereitschaft, sich auch mit der
>Frauenfrage< auseinanderzusetzen.
Mit Elisabeth Gnauck-Kühne wurde 1895 erstmals einer Frau das Rede-
recht zugestanden. 53 In der Praxis freilich bewegte sich der Kongreß zwi-
schen »liberaler Halbheit und konservativer Intransigenz«. 54 Schon zwei
Jahre später wurden auf dem achten Evangelisch-sozialen Kongreß die
»Grenzlinien der Frauenbewegung« beschworen. 55 Der zunehmende Kon-
flikt zwischen liberaler und konservativer Theologie führte schließlich zur
Abspaltung der Christlich-Sozialen um Adolf Stoecker, die sich mit der Frei-
en kirchlich-sozialen Konferenz eine eigene organisatorische Plattform
schufen.
Die ohnehin wenig profilierte Frauengruppe des Evangelisch-sozialen
Kongresses überstand die Konversion ihrer Leiterin Elisabeth Gnauck-Küh-
ne zum Katholizismus nicht. Naumanns Nationalsozialer Verein zeigte kei-
ne nennenswerten Ambitionen, sich in der Praxis für die im Programm ver-
ankerte »größere Sicherung der persönlichen und wirtschaftlichen Stellung
der Frau« einzusetzen. Auch nach der Jahrhundertwende etablierte sich
keine Frauenorganisation, die dem liberalen Protestantismus verpflichtet
gewesen wäre. Und dem Evangelischen Bund, der größten protestantischen
Massenorganisation vor dem Ersten Weltkrieg, gelang es ebenfalls nicht, ein
eigenständiges frauenpolitisches Profil zu entwickeln. 56

45
Es war ausgerechnet die konservative Richtung, welche die Formierung
protestantischer Frauenorganisationen entscheidend vorantrieb. 1899 hatte
Adolf Stoecker die Bildung von Frauengruppen im Rahmen der Freien
kirchlich-sozialen Konferenz angeregt. Der einstige Hofprediger und
praktizierende Antisemit war auch der eigentliche Urheber jener im gleichen
Jahr publizierten Leitsätze des Centralausschusses für Innere Mission, die
das paulinische Schweigegebot auf den Gottesdienst und die biblische Un-
terordnung der Frauen auf die Ehe beschränkte. 57 Damit war das öffentliche
Auftreten von kirchentreuen Protestantinnen erst möglich geworden.
Auf Beschluß der Konferenz deutscher Sittlichkeitsvereine formierte sich
unter dem Einfluß der Stoeckerschen Thesen ebenfalls 1899 der Deutsch-
Evangelische Frauenbund (DEF). Wie schon bei den kirchlich-sozialen
Frauengruppen stand dahinter die doppelte Absicht, der liberalen und sozia-
listischen Frauenbewegung eine christliche Alternative entgegenzusetzen
und gleichzeitig das brachliegende Potential der Masse der aktiven Kirchen-
besucher, nämlich der Frauen, für ehrenamtliche Sozialarbeit zur Versöh-
nung der Klassengegensätze zu nutzen. 58 Während jedoch die Frauengrup-
pen der Freien kirchlich-sozialen Konferenz ihren Schwerpunkt auf soziale
und caritative Arbeit legten, verstand sich der DEF als Teil der Frauenbewe-
gung und näherte sich in den Folgejahren Stück für Stück den Positionen
des Bundes Deutscher Frauenvereine an, dem er 1908 schließlich beitrat.
Die Frauenhilfe des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins war dagegen
keine protestantische Antwort auf die Frauenbewegung, sondern stand aus-
schließlich im Dienst kirchlicher Diakonie. Der Evangelisch-Kirchliche
Hilfsverein war vom preußischen Herrscherhaus in der Absicht initiiert wor-
den, der Ausbreitung sozialdemokratischer Ideen vor allem in den Städten
die Propagierung christlich-konservativer Werte entgegenzusetzen. Durch
intensive Seelsorge im Rahmen von Stadtmissionen hoffte man, der Ent-
kirchlichung Einhalt zu gebieten. Als dieses Vorhaben Mitte der 1890er
Jahre zu scheitern drohte, versprach sich der Vorstand, zusammengesetzt
aus Vertretern des Kirchenregiments, der preußischen Verwaltungsspitze
und des Herrscherhauses, von der Hinzuziehung von Frauen neue Impulse.
Neu an dem Projekt war weniger die unbezahlte caritative Arbeit von Frauen
in der Gemeinde als die Organisation der einzelnen Zweigvereine in einem
Zentralverband und die Herausgabe eigener Publikationsorgane. 59
Die Frauenhilfe teilte nicht nur die rückwärtsgewandte und anti-sozialisti-
sche Stoßrichtung des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins, sondern lehnte
auch jedes öffentliche und kirchenpolitische Engagement von Frauen ab.
Angesichts der Forderung nach kirchlicher Mitbestimmung, welcher der
DEF seit 1903 in zahlreichen Petitionen an unterschiedliche Kirchengremi-
en Ausdruck verlieh, beeilte sich die Leitung der Frauenhilfe, auf ihrer Jah-
restagung die »Grenze für die Betätigung der Frau in der christlichen Ge-

46
meinde« abzustecken. Der mit dem Referat beauftragte Düsseldorfer Pastor
Schöttler benutzte seine Kritik an der evangelischen Frauenbewegung zu
einem Seitenhieb auf den protestantischen Liberalismus. Er erinnerte seine
Zuhörer daran, daß Adolf Harnack, der mit Elisabeth Gnauck-Kühnes Rede
auf dem Evangelisch-sozialen Kongreß 1895 eine neue Epoche der Kirchen-
geschichte angebrochen wähnte, eine Konvertitin unterstützt hatte und leg-
te damit nahe, daß frauenpolitische Zugeständnisse zwangsläufig zur Ab-
kehr vom positiven, wenn nicht sogar vom evangelischen Glauben führen
müßten. Schöttler verquickte das christliche Frauenideal mit bürgerlichen
Weiblichkeitsstereotypen und mochte Frauen nur Schweigen, Dienen und -
als Ausfluß ihrer Familienbestimmung - stille Liebestätigkeit im Rahmen
kirchlicher Diakonie zugestehen, keinesfalls aber Leitungsfunktionen und
kirchenpolitische Mitspracherechte. 60
Die Berufung auf das paulinische Schweigegebot und die Überzeugung,
daß die Frau ins Haus gehöre, bestimmten auch in den Folgejahren die
Position der Frauenhilfe. Ihre Verbandszeitschriften entwickelten sich zu
einem Forum antifeministischer Kritik, in dessen Mittelpunkt die Abwehr
des kirchlichen und nach der Änderung des preußischen Vereinsrechts auch
des staatlichen Frauenstimmrechts stand. 61
Auf jenen Gebieten, die für die praktische Tätigkeit der Frauenhilfe am
wichtigsten waren - etwa in der Frage der Heranziehung von Frauen zu
städtischen Kommissionen oder hinsichtlich der Professionalisierung ehren-
amtlicher Sozialarbeit - vollzog sich freilich eine allmähliche Annäherung an
die Forderungen der Frauenbewegung. 62 Als wolle er diese Tendenzen ab-
wehren, stellte Generalsuperintendent Wilhelm Zoellner, der Vorsitzende
des westfälischen Zweigvereins, im Namen der geistlichen Funktionäre der
Frauenhilfe unmißverständlich klar: »Mit dem, was man heute Frauenbewe-
gung nennt, hat sie nichts zu tun und will sie nichts zu tun haben.« 63 Später
schloß sich der Kirchenmann dem Bund zur Bekämpfung der Fraueneman-
zipation an.
Dezidierte Gegnerschaft erwuchs der Frauenbewegung aus den Reihen
der protestantischen Orthodoxie, die sich um die Zeitschriften »Der Alte
Glaube« oder »Glaube und Tat« zentrierte. Doch selbst in der »Reformati-
on«, die der Freien kirchlich-sozialen Konferenz verbunden war, kamen ab-
lehnende Stimmen vor allem nach dem Tod Stöckers mehr und mehr zu
Wort.
Einig waren sich die meisten Kirchenfünktionäre in der Bestimmung der
Frau für die Ehe und der Unvereinbarkeit von Mutterschaft und Erwerbs-
tätigkeit.64 Gemäß dem christlichen Sittlichkeitsideal waren Sexualität und
Nachkommenschaft nur im Rahmen der Ehe denkbar. Die >Neue Ethik< des
Bundes für Mutterschutz erführ daher eine einhellige Absage, in der prin-
zipielle Gegner der christlichen Frauenbewegung mit Paula Mucller, der

47
Vorsitzenden des Deutsch-evangelischen Frauenbundes, übereinstimm-
ten. 65
Die Bewertung der Frauenbildung war demgegenüber uneinheitlich.
Befürchtungen, durch die Ausdehnung des Frauenstudiums würde die Zahl
der »Brotstellen« für Männer zurückgehen und die Heiratshäufigkeit sin-
ken, 66 wechselten in allen Blättern mit Zustimmung für »diese Frage der
Gerechtigkeit« ab. 67 Reinhold Seeberg, renommierter Theologe und spä-
terer Nachfolger Stoeckers als Vorsitzender der Freien kirchlich-sozialen
Konferenz, begrüßte die Reformpläne der preußischen Regierung zur Mäd-
chenbildung - freilich in der Erwartung, daß sie »berechtigten Wünschen
und Bedürfnissen der Frauenbildung Rechnung trägt, ohne doch auch nur
im geringsten dem christlich germanischen Frauenideal etwas zu vergeben«
und »mit dem klaren Bewußtsein, dadurch dem unklaren und fanatischen
>Irrlichtieren< bestimmter Kreise in der Frauenbewegung das Wasser zu ent-
ziehen«. 68
Es war die Forderung des DEF nach kirchlicher Mitbestimmung für Frau-
en, welche die Lager polarisierte und den Boden für die Formierung einer
antifeministischen Opposition bereitete. Zwar hatte Paula Mueller ihr Wahl-
rechtsansinnen ausdrücklich mit der Ablehnung des politischen Frauen-
stimmrechts verbunden und wurde darin von Adolf Stoecker unterstützt.
Trotzdem aber war die Position des DEF in den Kreisen der Christlich-
Sozialen und Orthodoxen heftig umstritten. Muellers später zurückge-
nommener Vorschlag, das kirchliche Frauenwahlrecht an die Teilnahme am
Gemeindeleben zu koppeln, um den Einfluß >kirchenferner Kreise< zu be-
grenzen, erntete zunächst ausdrückliches Lob vom Herausgeber der »Refor-
mation«, weil er die Möglichkeit bot, auf elegante Weise den Vorrang der
>positiven< Richtung bei Kirchengemeindewahlen auszubauen. 69 Allerdings
zeigte das Kirchenregiment keine Neigung, den Wünschen des DEF zu
entsprechen. Die Fünfte Preußische Generalsynode ging nicht weiter darauf
ein, und auch die preußischen Provinzialsynoden wiesen die Forderung
1905 zurück. 70
Damit lagen die Gremien auf der Linie der lutheranischen Orthodoxie,
deren Stellung zur Frauenbewegung »von vornherein keinem Zweifel unter-
worfen« war.71 Ihr Sprachrohr, »Der Alte Glaube«, nutzte jeden Anlaß, sei-
nem Leserkreis die vermeintlichen Gefahren der Frauenemanzipation vor
Augen zu halten, und beschränkte sich dabei keineswegs auf das kirchliche
Gebiet. Vielmehr war es die Politisierung der Frauenbewegung und die
Wahlrechtsforderung des radikalen Flügels, die den »Alten Glauben« zuerst
zu einer grundsätzlichen Stellungnahme veranlaßten. Nachdem sich der
Verband fortschrittlicher Frauenvereine auf seiner ersten Generalversamm-
lung mit der Forderung nach politischer Mitbestimmung zu Wort gemeldet
hatte, befürchtete das Blatt, daß nun die Frauenbewegung insgesamt zum

48
Nachteil des »inneren Frieden unseres Volkes« eine »politische Färbung«
annehmen werde: »Nicht mehr der Frauenerwerb und nicht mehr das
Frauenstudium, die Wahlurne, der Zutritt zu den öffentlichen Ämtern und
der Sitz im Reichstage bezeichnen das Feldgeschrei der Zukunft.« 72 Das
Frauenstimmrecht, schreckte die Zeitschrift ihre strikt protestantisch-kon-
servative Anhängerschaft mit der Beschwörung eines politischen wie konfes-
sionellen Feindbildes auf, könne in Deutschland nur »die Herrschaft der
Sozialdemokratie, oder, was noch wahrscheinlicher ist, die des Ultramon-
tanismus bedeuten«.
Als Grundübcl machten die orthodoxen Lutheraner die Lehre von der
Gleichberechtigung der Geschlechter aus. Die angestrebte Gleichheit in
Beruf, Bildung, Rechtssicherheit und ehrenamtlicher Sozialarbeit führe
konsequenterweise zur Forderung nach politischer Egalität, zumal, wie der
ungenannte Verfasser durchaus realistisch erkannte, die »gesellschaftlichen
oder bürgerlichen Rechte der Frau nur dann auf die Dauer sicher gestellt
sind, wenn sie sich zugleich im Besitz der politischen Macht befindet.«73
Gemäß ihrer am theologischen Fundamentalismus geschulten Denkweise
ging es nach Ansicht der lutheranischen Orthodoxie in der Frauenfrage
nicht um einzelne Zugeständnisse, sondern um eine grundsätzliche Haltung
in der Geschlechterpolitik. Die Betonung der Geschlechterdifferenz schien
ihr daher das beste Mittel, Veränderungen im Geschlechterverhältnis vor-
zubeugen. 74
Damit war der Rahmen für die Bewertung kirchlicher Mitbestimmungs-
wünsche von Frauen abgesteckt. Der »Alte Glaube« konterte jeden Vorstoß
auf diesem Gebiet mit Hinweis auf das paulinische Schweigegebot und hegte
sogar gegenüber den kirchlich-sozialen Frauengruppen den Verdacht des
Radikalismus.75 Vor allem der Deutsch-Evangelische Frauenbund war hefti-
gen Angriffen ausgesetzt.76 Die in der Diakonie engagierte Rostocker Frei-
frau Ida von Mcerheimb verfolgte argwöhnisch jede Annäherung des DEF
an die bürgerliche Frauenbewegung und rief bereits im Mai 1907 die »kirch-
lichen Frauen« zum Widerstand gegen die »Ansprüche der modernen Bewe-
gung« auf. Mit dem Oppositionspaar >kirchlich< versus >modern< zielte
Meerheimb darauf ab, dem DEF die christliche Bindung abzusprechen und
ihn so einem Publikum verdächtig zu machen, für das der Begriff >modern«
den Beigeschmack von Schrankenlosigkeit, Willkür und ungezügeltem Ego-
ismus hatte. 77
Den Aufruf zur Abwehr hatte Meerheimb geschickt im Vorfeld der an-
stehenden kirchlichen Kreissynoden-Tagungen plaziert, wo aufgrund einer
Petition des DEF erneut das kirchliche Frauenwahlrecht zur Diskussion
stand. Nachdem der Eingabe kein Erfolg beschieden war, gab sich der DEF
zunächst bescheiden und bat um die Eingliederung von Frauen in das Ge-
meindeleben auf der Grundlage der bestehenden Kirchenverfassungen. Der

49
preußische Oberkirchenrat erwartete von allen Entscheidungsträgern »Zu-
rückhaltung dieser schwierigen Frage gegenüber«, stimmte nach einem be-
fürwortenden Beschluß der sechsten Generalsynode dem Wunsch des DEF
Ende 1909 jedoch unter der Bedingung zu, daß die Eingliederung der Frau-
en in die bestehenden Kirchenverfassungen »nicht als Etappe für weiterge-
hende Forderungen der Frauenbewegung angesehen werde«/* Damit war
die offizielle Beiordnung weiblicher Hilfskräfte zu einzelnen Aufgaben der
Kirchengemeindepflege möglich, ihnen jedoch bei Entscheidungen kein
Mitspracherecht eingeräumt worden.
Die schon seit etwa 1907 erörterte Idee eines solchen »Frauenamtes«
wurde in der evangelischen Tagespresse durchaus wohlwollend kommen-
tiert. 79 Die Gegner des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes mochten
fürchten, daß sich diese Sympathie auch auf die Frage des kirchlichen Frau-
enwahlrechts ausdehnen könnte. Denn noch vor dem Anschluß des DEF an
den Bund Deutscher Frauenvereine setzte eine Kampagne gegen das kirch-
liche Mitbestimmungsrecht der Frauen ein, bei der Julius Werner, als ehe-
mals enger Mitarbeiter Stoeckers ursprünglich ein Befürworter der Wahl-
rechtslinie, eine zentrale Rolle spielte. Der Pfarrer an der Frankfurter
Paulskirche verdächtigte den DEF, Zugeständnisse an eine »moderne Zeit-
forderung« zu machen. Seinen Einstellungswandel begründete er nicht mit
innerkirchlichen Argumenten, sondern mit Blick auf Staat und Politik:

»die immer radikaler werdende Richtung der nichtchristlichen Frauenbewegung und


der gegenwärtige Ansturm des politischen Radikalismus mahnt zur Vorsicht, zudem
es mir durch besondere Wahrnehmungen zur inneren Gewißheit geworden (ist), daß
ein etwaiger Erfolg auf kirchlichem Gebiet - trotz aller Proteste auf unserer Seite -
der Agitation für das politische Frauenstimmrecht unfreiwillig zum Sprungbrett und
Sturmbock dienen würde.«80

In der Folge entspann sich in der »Reformation« eine Kontroverse zwischen


Gegnern und Befürworterinnen des kirchlichen Wahlrechts, bei der Paula
Mueller zunächst noch das letzte Wort behielt. 81 Nach dem Tod Adolf
Stoeckers schwenkte das Blatt der kirchlich-sozialen Konferenz dann zuneh-
mend auf die Linie der Emanzipationsgegner ein. Nun konnte Julius Werner
die »radikale Frauenbewegung« im Verein mit der Sozialdemokratie un-
gehindert als das »Antichristentum der Gegenwart«, als das im biblischen
Sinne Böse denunzieren, während seine Gattin den Frauenrechtlerinnen
mangelndes Nationalgefühl vorwarf- zwei Behauptungen, die gezielt an die
christlich-nationale Einstellung des Leserkreises appellierten.82
Um weibliche Emanzipationsansprüche abzuwehren, bedienten sich die
christlichen Antifeministen zunehmend außerkirchlicher Motive. In dem
Maße, wie sich seit der Jahrhundertwende evangelische Frauenrechtlerinnen
auf die Heilige Schrift und die dort formulierte religiöse Gleichberechtigung

50
von Mann und Frau beriefen, genügte der Verweis auf die Bibel und das
paulinische Schweigegebot nicht mehr. Zur Begründung ihrer Ablehnung
griffen die Gegner der evangelischen Frauenbewegung auf Stereotype aus
dem Vorrat des bipolaren Geschlechtermodells, medizinisch begründeter
Geschlechterphysiologie und völkischer Argumentationen zurück. Die »Re-
formation« vermengte Theologie und Naturwissenschaft zur »Naturord-
nung Gottes«, die es Frauen verbiete, »eine Autoritätsstellung über Männer
sich anzumaßen« und bemühte Möbius< Traktat »Über den physiologischen
Schwachsinn des Weibes«, das sie ihren Abonnenten als »sehr lesenswert«
anempfahl.83
Nach dem Beitritt des DEF zum Bund Deutscher Frauenvereine zitierte
auch der Leipziger Theologe Hunzinger >Erkenntnisse< der Anatomie, Phy-
siologie und Psychologie, um die Grenzen einer christlichen Frauenbewe-
gung abzustecken. »Naturordnung und Bibel« stimmten in ihrer Auffassung
von der Wesensverschiedenheit der Geschlechter überein, behauptete der
sowohl in der »Frauenhülfe« als auch im »Alten Glauben« veröffentlichte
Aufsatz. Die »gottgesetzte Natur des Frauenwesens« manifestierte sich nach
Ansicht des Professors in der Mütterlichkeit, die sich in der Familie und »in
konzentrischen Kreisen um das Haus herum« in caritativer Arbeit zur
»Regeneration unseres Volkes« betätigen könne, weiblichen Autonomie-
bestrebungen aber enge Schranken setzte. Männerrechte, so das Fazit der
christlichen Psycho-Physiologie, könnten daher nicht für Frauen gelten.84
Die Vorstellung von einer völkischen Überwindung der Klassengegensät-
ze durch die erweiterte Mütterlichkeit christlich-nationaler Frauen ging in
Hunzingers Aufsatz eine enge Verbindung mit dem christlichen Versöh-
nungsgedanken ein. Auch die Idee der christlichen Erneuerung nahm trotz
erklärter Ablehnung darwinistischer Modelle allmählich rassenbiologische
Züge an. Die Nähe der lutheranischen Orthodoxie zu rassistischen Ideolo-
gemen zeigte sich auch dort, wo der »Alte Glaube« rassistische Stereotype
und sexualmoralische Unterstellungen dazu benutzte, Frauen als Ge-
schlecht zu denunzieren. In Ton und Thematik nur wenig von antise-
mitischen Hetzblättern wie dem »Hammer« entfernt, hieß es dort unter der
Überschrift »Weibliche Verirrungen«:

»Wenn irgendwo eine Negertruppe in einer Ausstellung oder sonst sich sehen läßt, so
belagern deutsche Mädchen und Frauen das Dorf und können sich nicht genug tun,
die schwarze Natursöhne zu bewundern, anzustaunen und zu Rendezvous bestel-
len. Diese Frauen und Mädchen fühlen gar nicht, wie tief sie sich erniedrigen, wenn
sie sich an einen solchen Schwarzen oder Gelben wegwerfen oder gar eine Ehe mit
ihm eingehen.«85

Solcherlei Behauptungen mochten nicht eben dazu beitragen, das Vertrauen


des von den Szenarien der »Freien Liebe« ohnehin schon aufgeschreckten

51
Publikums in die Urteilsfähigkeit der um ihre Selbständigkeit ringenden
Frauen zu stärken.
Die Affinität orthodoxer Glaubensrichtungen zu völkischen Ideen, wie sie
sich später in der Deutschen Glaubensbewegung niederschlagen sollte, wirk-
te sich auch auf die Beurteilung der evangelischen Frauenbewegung aus.
Weibliche Emanzipationsbegehren ließen sich um so leichter abwehren, je
einfacher sich in der Anhängerschaft das geschlossene Weltbild eines Volks-
ganzen mobilisieren ließ, in dem Männern und Frauen getrennte und genau
definierte Sphären zugewiesen waren.
Der Beschwörung der völkischen Regeneration entsprach in gemäßigte-
ren Kreisen die Berufung auf die Interessen des Staates, zu dem der deutsche
Protestantismus in einer traditionell engen Beziehung stand. 1912, als die
Diskussion um das kirchliche und politische Frauenstimmrecht auf ihrem
Höhepunkt angekommen war, sah sich Ernst Bunke, Nachfolger Stöckers
als Herausgeber der »Reformation«, durch die Gründung des Deutschen
Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation zu einer Stellungnahme
herausgefordert. Grundsätzliche Bedenken gegen das Mitspracherecht von
Frauen in den Kirchengemeinden vermochte der Theologe weder aus der
Heiligen Schrift noch aus der weiblichen Bestimmung abzuleiten. Wenn er
dennoch das kirchliche Frauenstimmrecht in weiter Ferne sah, lag das daran,
daß Bunke die Signalwirkung auf die Politik fürchtete, die von Reformen
innerhalb einer dem Staat so eng verbundenen Institution wie der evangeli-
schen Kirche ausgehen könnte.
Freilich hatte der Herausgeber der »Reformation« bei seiner Philippika
gegen das politische Frauenwahlrecht nicht nur ein abstraktes Staatsideal im
Auge, sondern auch ganz konkret die politischen Interessen der »rechtsste-
henden Kreise«. Die politische Betätigung sozialdemokratischer Frauen und
der »radikalen Frauenrechtlerinnen« schien ihm von »bösen Folgen« beglei-
tet - die Kirchlich-Sozialen fürchteten also um die konservative Mehrheit im
Staat.86 Aus parteipolitischen Rücksichtnahmen schwenkten auch Kirchen-
vertreter, die der evangelischen Frauenbewegung aufgeschlossener gegen-
überstanden, auf orthodoxe Positionen ein. Ida von Meerheimb und das
Ehepaar Werner, die später die Christlich-nationaie Gruppe im Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation ins Leben riefen, verfolgten die Tak-
tik, gemäßigte Reformwünsche mit Verweis auf unkontrollierbare Folgen zu
diskreditieren. Damit trafen sie auf die Revolutionsfürcht weiter Kirchen-
kreise. Die »Reformation« sprach es offen aus:
»Sobald ein Weg gefunden ist, das kirchliche aktive und passive Wahlrecht auf
diejenigen zu beschränken, die im Geist der Reformation ein lebendiges Interesse an
der evangelischen Kirche zeigen und >mit Ernst Christen sein< wollen, wird auch die
Hauptschwierigkeit betr. des kirchlichen Wahlrechtes der Frau überwunden sein. Bei
den gegenwärtigen Verhältnissen aber möchten wir es doch lieber bei einer freieren

32
Betätigung der Frauen in der Kirche belassen müssen; sozialdemokratische und libe-
ral-radikale Frauen möchten wir mit dem kirchlichen Wahlrecht nicht gern ausge-
stattet sehen.«
Der Geschlechterkonflikt in der evangelischen Kirche wurde so in einen
Konflikt zwischen politisch-weltanschaulichen Milieus transformiert. Diese
Verschiebung ermöglichte es, trotz aller Verwerfungen und Zugeständnisse
Frauen letztlich von den Zentren der Macht fernzuhalten, ohne auf ihre
dringend benötigte Mitarbeit in der Kirche verzichten zu müssen.

2 . 3 . Gefährdeter »Männerstolz vor Direktorenthronen«:


Die reichsdeutsche Lehrerschaft

Neben Kulturpessimisten und konservativen Protestanten machten auch


männliche Berufsverbände gegen die Frauenemanzipation mobil. Hand-
lungsgehilfen und Beschäftigten im öffentlichen Dienst lasteten die struktu-
relle Veränderung ihrer Erwerbszweige der Frauenbewegung an, Lehrerver-
bände und Studentenorganisationen mochten sich nicht mit dem Ende des
männlich-akademischenen Bildungs- und Berufsmonopols abfinden. Waren
die Proteste auch in erster Linie standespolitisch motiviert, so maskierte die
Auseinandersetzung mit der weiblichen Konkurrenz doch vielfach ein Bün-
del unterschiedlichster Konfliktlagen.
Unter den bürgerlichen Berufsgruppen gehörte die Lehrerschaft zweifel-
los zur »Avantgarde« derjenigen, die sich darum bemühten, den Einfluß von
Frauen im öffentlichen Leben zurückzudrängen. 87 Dieses Ansinnen war in
erster Linie standespolitisch motiviert, bekamen Lehrer die Auswirkungen
des weiblichen Bildungsbegehrens doch gleich in mehrfacher Hinsicht zu
spüren: in den Veränderungen der Lehrpläne, durch die Umgestaltung der
Schulorganisation und ganz direkt infolge zunehmender Konkurrenz auf
dem Stellenmarkt.88
1896 arbeiteten in Preußen bereits 15.000 festangestellte Lehrerinnen,
etwa zwei Drittel davon an Volksschulen, die anderen an privaten und öf-
fentlichen Mädchenschulen. 89 Helene Langes Allgemeiner Deutscher Leh-
rerinnenverein war um die Jahrhundertwende mit 16.000 Mitgliedern nicht
nur der zahlenmäßig größte deutsche Frauenberufsverband, sondern auch
der rührigste. Die Berufs- und Bildungsfrage stand auch deswegen im Zen-
trum der Frauenbewegung, weil viele Funktionärinnen von Beruf Lehrerin
waren. Wie Helene Lange teilten die meisten von ihnen zwar das dualistische
Geschlechtermodell in vielerlei Hinsicht, wendeten es aber offensiv und lei-
teten aus der Wesensverschiedenheit der Geschlechter die Notwendigkeit
eigenständiger Frauenrechte ab. 90 Gerade die den Frauen zugeschriebenen

53
Hege- und Pflegefunktionen sprachen nach Ansicht der organisierten Leh-
rerinnen dafür, das »weibliche Element« in der Mädchenerziehung stärker
zu berücksichtigen - ein Argument, das sich angesichts des Volksschul-
lehrermangels und der elterlichen Interessen an einer respektablen Berufs-
ausbildung für >unversorgte< Töchter als zugkräftig erwies.91
Die männlichen Lehrkräfte sahen sich in der unangenehmen Lage, miter-
leben zu müssen, wie die institutionellen Hürden, die ihre Kolleginnen an
einer formal geregelten gleichwertigen Ausbildung und damit auch an der
Begründung gleicher Ansprüche hinderten, von Jahr zu Jahr schwanden.
Die Reformen der weiblichen Bildung brachten jene Pädagogen auf den
Plan, die sich davon am meisten betroffen fühlten: Volks- und Mädchen-
schullehrer. An den >männerzentricrten< Knabenoberschulen war dagegen
die Beschäftigungschance für Frauen deutlich geringer; ohnehin konnten sie
erst Anfang des 20. Jahrhunderts das Oberlehrerinnenexamen ablegen, das
für den Unterricht in den höheren Klassen qualifizierte.
Auch in anderer Hinsicht sahen sich die Mädchenschullehrer gegenüber
ihren Kollegen an den Knabenoberschulen in mehrfacher Weise diskrimi-
niert. Trotz gleicher Vorbildung blieben ihre Einkommensverhältnisse und
Aufstiegschancen deutlich zurück, und auch das gesellschaftliche Ansehen
war geringer. Paradoxerweise hatten die Mädchenpädagogen die Aufwer-
tung ihres Berufsstandes der Frauenbewegung zu verdanken: Erst als die
preußischen Schulreform 1908 mit den Resten männlicher Bildungsprivi-
legien aufräumte und die Mädchen- der Jungenerziehung gleichstellte, wur-
de ihre Besoldung an die Einkünfte der Lehrkräfte an Knabenoberschulen
angepaßt. 92
Im Gegensatz zu ihren Kollegen an den »höheren« Schulen - das Adjektiv
bezog sich weniger auf die Anzahl der Klassenstufen als auf die Gesellschafts-
schichten, denen Lehrer und Schüler entstammten - rechneten die Volks-
schullehrer nicht zum Bildungsbürgertum. Zumeist Söhne von ländlichen
Handwerkern, Bauern oder kleinen Kaufleuten, hatten sie nach der Elemen-
tarschule ein Lehrerseminar besucht, mithin also keine akademische Bildung
vorzuweisen. Die strikte Abschließung der »akademischen« gegen die »se-
minaristisch« gebildeten Lehrer hatte nicht nur bildungsbezogene, sondern
stärker noch soziale Gründe. Daher waren Oberlehrer und »seminaristische«
Lehrer selbst dann in getrennten Verbänden organisiert, wenn sie an der
gleichen Schule unterrichteten.
Um so empfindlicher reagierten die Elementarlehrer auf die Absolven-
tinnen der Lehrerinnenseminare. In ihnen erwuchs den Pädagogen nicht
nur unliebsame Berufskonkurrenz, sondern sie fühlten sich den »Fräulein«,
die der Herkunft nach meist aus dem mittleren und gehobenen Bürgertum
kamen, auch sozial unterlegen. 93 Die Verquickung von Geschlechter- und
Klassenkonflikten bewirkte, daß die Standesvertretung der Volksschulpäd-

54
agogcn als erste Lehrerorganisation schon 1880 gegen die Beschäftigung
von Frauen protestierte. 94
Ende des 19. Jahrhunderts sorgten Leipziger Volksschullehrer für Aufse-
hen, als sie versuchten, die Errichtung eines städtischen Lehrerinnensemi-
nars zu blockieren. Sie argumentierten, daß Kindern im Zuge der Industria-
lisierung der väterliche Einfluß stärker fehle als der mütterliche; die Schule
hätte dieses Manko auszugleichen und dürfe daher nur begrenzt Lehrerin-
nen beschäftigen. Der deutsche Lehrerverein, dem gut drei Viertel aller
Volksschullehrer angehörten, 95 pflichtete dieser Sichtweise bei und erinnerte
daran, »dass diejenigen deutschen Staaten, deren Schulwesen als ein beson-
ders hochentwickeltes gilt, bisher die wenigsten weiblichen Lehrkräfte ange-
stellt haben«. 96 Zahlreiche Autoren mühten sich, die geistige oder körper-
liche Unfähigkeit von Frauen zu den Anstrengungen des Lehrberuf
nachzuweisen.97 Auch Minister Studt, Chef des preußischen Unterrichtswe-
sens, machte sich diese Ansichten zu eigen und erklärte 1903:

»Die Übelstände, die mit dem Lehrberuf durch die körperliche Verfassung der Leh-
rerinnen verbunden sind, sind bekannt; sie geben sich in der Statistik deutlich kund,
die zahlenmäßig nachweist, daß der weibliche Körper den Anstrengungen des Leh-
rerberufs weniger gewachsen ist als der männliche. Gegenüber den zum Teil auch
körperlichen Anstrengungen scheint in dem weiblichen Körper eine geringere Wi-
derstandsfähigkeit vorhanden zu sein. Die Lehrerinnen sind anscheinend namentlich
auch weniger widerstandsfähig gegen die schlechte Luft, die sich in den Klassenzim-
mern entwickelt. Wie Ärzte ihnen bestätigen können, erträgt der männliche Körper
die schlechte Luftbeschaffenheit viel besser als der weibliche.«98

Arbeiten, welche die bessere pädagogische Eignung von Männern heraus-


stellten, wurden von der Wiener Pestalozzi-Stiftung sogar preisgekrönt. 99
Die »Lehrerinnenfrage« traf den Nerv einer Nation, die der Schule eine
zentrale Rolle bei der Vermittlung politischer und sozialer Normen zu-
maß.100 Weil die geschlechtsspezifische Aufgabenteilung in eine männliche
Produktions- und eine weibliche Reproduktionssphäre die Grundlage der
Gesellschaftsordnung bildete, konnte es nicht gleichgültig sein, ob ein
Mann oder eine Frau die Klasse unterrichtete. Nur indem die Lehrerin ihrer
weiblichen Sexualität - im Rahmen der gängigen Sexualmoral symbolisiert
durch die Verehelichung - entsagte, konnte sie als Nicht-Frau und vorge-
bliche Ausnahmeerscheinung in ein System integriert werden, das für Mäd-
chen das Erziehungsziel Ehefrau und Mutter vorgab. Die Erfolge, welche
die Frauenbewegung auf dem Bildungssektor errang, waren vielfach an die
Verleugnung von Weiblichkeit gekoppelt. Da nach der Revolution von
1918/19 auch die neuen Repräsentanten des politischen Systems die ge-
schlechtsspezifische Arbeitsteilung nicht in Frage stellten, war es kein Zufall,
daß das »Lehrerinnenzölibat« das Kaiserreich überdauerte. 101

55
In dem Maße, wie sich in der von Frauenorganisationen angeregten Bil-
dungsreform Erfolge abzeichneten, schlug die standespolitisch motivierte
Abwehrhaltung der Pädagogen in offenen Antifeminismus um. Beim Deut-
schen Lehrertag 1906 in München wurden heftige Angriffe auf die Frauen-
bewegung laut, die man für die »dramatische« Zunahme der Volksschul-
lehrerinnen verantwortlich machte.102 Tatsächlich stellten Frauen um 1905
in Preußen und Bayern gerade einmal 15 bzw. 18 Prozent der Kollegien; ihr
Anteil in den meisten anderen deutschen Staaten lag um 10 Prozent oder
noch darunter. 103
In den Folgejahren politisierte sich auch die Lehrerschaft an weiterführen-
den Schulen. War vorher die Mädchenbildungs- und Lehrerinnenfrage igno-
riert oder allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Besoldung von Mädchen-
schulpädagogen erwähnt worden, 104 mühte man sich nun, nachdem
staatlich geprüfte Oberlehrerinnen erstmals in nennenswerter Zahl auftra-
ten, die mangelnde Qualifikation der weiblichen Kolleginnen nachzuweisen
und ihren Ausschluß aus den Männerverbänden zu begründen. 105
Einen wesentlichen Anteil an der zunehmenden Politisierung der Lehrer-
schaft hatte die Diskussion um die >weibliche Leitung öffentlicher höherer
Mädchenschulem. Sie füllte seit 1905/06 die Spalten der Fachblätter wie
der Tageszeitungen und offenbarte ein Konglomerat aus Konkurrenzfurcht,
Deklassierungsängsten und der Erwartung einer staatlichen Garantie männ-
licher Privilegien als Gegenleistung für obrigkeitstreue Jugenderziehung. 106
Vorausgegangen war eine Petition des »Verbandes akademisch gebildeter
und studierender Lehrerinnen« an das preußische Unterrichtsministerium,
die auf die vermehrte Anstellung von Oberlehrerinnen an öffentlichen höhe-
ren Mädchenschulen, eine Einkommensverbesserung - 75 bis 80 Prozent
des Männergehaltes - sowie die Übertragung von Leitungsfünktioncn an
Frauen abzielte.107 Nachdem die Berliner Tagung zur Umgestaltung des
Mädchenschulwesens irn Januar 1906 vorsichtiges Entgegenkommen signa-
lisiert hatte, 108 entspann sich ein jahrelanger Streit zwischen Lehrerinnen
und männlichen Philologen um die Eignung von Frauen zu Direktorinnen,
in dem Ludwig Langemann, Schulprofessor in Kiel und später Vorsitzender
des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, eine zentrale Rolle
spielte.109
Langemann verfaßte mehrere Broschüren sowie zahlreiche Artikel in der
Tages und Verbandspresse, die den Ausgangspunkt nahezu aller Aktionen
der organisierten Mädchenschullehrerschaft bildeten.110 Überzeugt von der
»Überlegenheit des männlichen Geschlechts in den öffentlichen Leistun-
gen«,111 sah er in der Möglichkeit einer behördlich verordneten Dienstun-
terstellung eine »Zumutung« für jeden »charaktervollen Manne«. 112
In den regionalen Zweigverbänden des Verbandes der akademisch gebil-
deten Lehrer an den öffentlichen höheren Mädchenschulen in Preußen setz-

56
te man die Besprechung Langemannscher Aufsätze auf die Tagesordnung 113
und sammelte für die Versendung seiner Broschüren und anderer einschlä-
giger Artikel an »maßgebliche Persönlichkeiten« in Schulkuratorien, Behör-
den und Magistraten, an Abgeordnete und Bürgermeister.114 Der Kieler
Schulprofessor und Vorsitzende des Vereins von Philologen an den öffentli-
chen höheren Mädchenschulen in Schleswig-Holstein115 avancierte schnell
zur Autorität in Mädchenschulfragen, an den sich Kollegen vertrauensvoll
um Rat wandten. 116 Die organisierten Mädchenschullehrer an öffentlichen
Schulen in Preußen - 1907 rund 700, doch ihre Zahl stieg schnell" 7 - lehn-
ten es mehrheitlich ab, unter dem Direktorat einer Frau zu arbeiten,118 und
auch die Vereinigung der Direktoren preußischer höherer Mädchenschulen
überreichte dem Kultusminister eine Denkschrift, in der sie eine »Bevor-
zugung der Frau als Lehrerin und Leiterin von Mädchenschulen« auszu-
schließen wünschte. 119
In Sachsen scheiterte der Vorstoß der Regierung zur Mädchenschulre-
form am Widerstand der Ständekammer. Die Gesetzesvorlage hatte das
weibliche Direktorat ausdrücklich zugelassen. Die vierköpfige Schulkom-
mission hätte so potentiell mit drei Frauen - einer Direktorin und zwei Leh-
rerinnen - besetzt werden können. Dagegen machten die sächsischen Phi-
lologen unter Verweis auf die Schriften von Ludwig Langemann mobil. Sie
forderten, daß Männer in öffentlichen Funktionen grundsätzlich in der
Mehrheit sein müßten, und waren mit ihren Petitionen an Abgeordnete und
Behörden letztlich auch erfolgreich.120 Daß auch in Hessen die Richtlinien
zur Neuordnung des höheren Mädchenschulwesens an der männlichen
Schulleitung festhielten, führten die Philologenvereine gleichfalls auf ihr
Engagement zurück.121
Sozioökonomisch betrachtet, reduziert sich der Protest der Mädchen-
schullehrer schlicht auf das Interesse, lästige Konkurrenz um die (Ober-)
Lehrerstellen und den Aufstieg ins Direktorat auszuschließen. Doch um den
wirtschaftlichen Kern herum gruppieren sich andere Motive. Vor allem die
Verfügungsgewalt des Direktors brachte die Lehrer auf den Plan: »Der Leh-
rer muss es sich gefallen lassen, dass der Direktor in seinen Stunden hospi-
tiert, dass er seine Korrekturen nachprüft, daß er ihm methodische Vor-
schriften ... erteilt und dass er sein amüiches ja sogar sein außeramtliches
Verhalten meistert.« Sich in diesen Dingen von Frauen Vorschriften machen
zu lassen, konnten »aufrechte Männer« nicht hinnehmen. 122
In der Realität war es freilich mit dem durchgängig zitierten >Mannes-
stolz< nicht weit her. Nur allzu häufig finden sich in den Verbandsblättern
Klagen über die rigide schulische Hierarchie:

»Die Dienstzeit der Probekandidaten, Seminaristen und wissenschaftlichen Hilfs-


lehrer, die einem Direktor mit Haut und Haar verschrieben werden, der durch ein

57
ungünstiges Zeugnis die Zukunft der jungen Leute zerstören kann, ist aber wenig
geeignet Männerstolz vor Direktorenthronen zu wecken, wenig geeignet, eine Wei-
tere, starke, überlegene Männlichkeit heranzubilden, die der Jugend als Vorbild
vorleben soll. Den meisten ist das Rückgrad gründlich gebrochen, ehe sie ins Amt
kommen.«123
Männlichkeit war in der wilhelminischen Gesellschaft ein wichtiger Wert, in
dessen Namen sich heftige Kritik üben ließ. Wenn auch das Argument der
Manneswürde, das die Lehrer im Streit um die weibliche Schulleitung vor-
brachten, schon von den Vertreterinnen der Frauenbewegung belächelt
wurde, offenbart sich darin doch der Konflikt zwischen dem männlich-
bürgerlichen Ideal der selbständigen Persönlichkeit und einem Berufsalltag,
der auf Hierarchie und Unterordnung gegründet war. Der Widerspruch ließ
sich durch die Versprechung späterer Kompensation in einem geregelten
System des >Hinaufdienens< einigermaßen bewältigen, und auch die schein-
bare Egalität der Männer als Staatsbürger und Krieger machte die Unterord-
nung offensichtlich erträglicher.124 Dieses ausbalancierte System von Herr-
schaft und Unterwerfung wurde durch eine Frau mit Weisungsbefugnis
nachhaltig gestört. Gleichzeitig stellte eine weibliche Vorgesetzte das Leit-
bild männlicher Autarkie in Frage und rückte den männlichen Untergebe-
nen in die Nähe eines Pantoffelhelden. Tatsächlich konnte man in
Tageszeitungen zum Thema Frauen in Führungspositionen lesen: »Der
vollwertige Mann wird sich immer gedrückt und beschämt fühlen, eine Frau
über sich zu sehen. Des Mannes überkommene Aufgabe ist der Schutz der
Frau, aber nicht bei der Frau Schutz zu suchen.«125 Nicht ganz zu unrecht
bemerkte das Verbandsblatt der Mädchenschullehrer daher: »Männer, die
unter der Leitung einer Frau stehen, werden nicht als vollwertig angese-
hen.«126
Der Unmut der Lehrer brach sich Anfang 1910 Bahn in einer von Ludwig
Langemann initiierten großangelegten Petition an beide Häuser des preußi-
schen Landtags, der im Jahr zuvor bereits die Koedukationswünsche einiger
Frauenverbände abgelehnt hatte. 127 Trotz publizistischer Unterstützung
durch christlich-orthodoxe Kreise128 war der Bittschnft jedoch wenig Erfolg
beschieden. Das Herrenhaus behandelte die Eingabe zwar, zog daraus je-
doch keine Konsequenzen. Die Unterrichtskommission des Abgeordneten-
hauses ging zur Tagesordnung über,129 obwohl den Parlamentariern 416
Unterschriftenlisten aus 96 Städten zugegangen waren, in denen gegen das
weibliche Direktorat protestiert wurde. 130 Auch eine erneute Petition im
darauffolgenden Jahr, die nach Langemanns Angaben 24.000 Lehrer un-
terzeichnet hatten, brachte keine anderen Ergebnisse.131 Selbst beim Ver-
bandstag der akademisch gebildeten Lehrer konnte sich die Forderung nach
einer Verurteilung des weiblichen Direktorats nicht durchsetzen. 132
Immerhin hatten die Lehrerverbände bereits im Zuge der preußischen

58
Mädchenschulreform 1908 eine Verfügung erreicht, nach der die Zahl der
Lehrerinnen in Mädchenklassen nicht über zwei Drittel, in Jungenklassen
nicht über ein Drittel der Lehrkräfte steigen durfte. Diese Quote wurde
während des Weltkrieges auch auf die Volksschulen ausgedehnt, außerhalb
der großen Städte jedoch ohnehin meist deutlich unterschritten. 133
Für Ludwig Langemann wie für viele seiner Kollegen reichte die Bedeu-
tung des Konflikts zwischen Lehrern und Lehrerinnen weit über die Stan-
despolitik hinaus. Für ihn handelte es sich um die »Frage, ob der Staat die
Hand dazu bieten soll, den Frauen den Eintritt in die Beamtenhierarchie
offiziell freizugeben, ob der Feminismus, der so wie so schon die politischen
Parteien, die Presse und das Publikum beherrscht, nun auch zu einer öffent-
lich anerkannten Macht werden soll«.134 Unter Rückgriff auf eine Formulie-
rung des Wiener Ariosophen Jörg Lanz von Liebenfels in der von ihm
herausgegebenen Zeitschrift »Ostara«, der »Bücherei der Blonden und
Mannesrechtler«, malte Langemann dem zeitungslesenden Publikum das
Leben der Männer in einem von Frauen mitgetragenen Staat als »Fegefeuer
auf Erden« aus.135 Als einzig wirksames Mittel gegen die »so eilig fortschrei-
tende Politisierung der deutschen Frauen« erschien dem Oberlehrer in Zei-
ten, »wo nur die von großen Organisationen getragenen Ideen sich im
Staatsleben Geltung verschaffen können«, eine »Gegenorganisation der
Mütter und Väter«, wie sie unter der Leitung von Langemanns Weimarer
Kollegen Friedrich Sigismund im Mai 1912 mit dem Deutschen Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation ins Leben trat. 136

2.4. In Furcht um Führungspositionen u n d »alle Lebens-


gewohnheiten« : Studentenvereinigungen

Sofern die Lehrer als Studenten einer akademischen Verbindung oder Bur-
schenschaft angehört hatten, waren sie bereits dort in Kontakt mit frauen-
feindlichen und antifeministischen Haltungen gekommen. Die Burschen-
schaften wie auch die im Kyffhäuser-Verband zusammengeschlossenen
Vereine Deutscher Studenten (VDSt) beobachteten sorgenvoll die wachsen-
de Zahl der Studentinnen an deutschen Hochschulen. In schöner Regelmä-
ßigkeit vermeldeten die Verbandsblätter bereits vor, verstärkt aber nach der
preußischen Schul- und Universitätsreform das »schrittweise Eindringen der
Frau in alle akademischen Berufe« und beklagten die Verschärfung der Be-
rufskonkurrenz für die männlichen Bewerber.137 Die Erteilung der Lehrer-
laubnis an eine Frau, gleich von welcher Universität, war gleichfalls eine
Mitteilung wert.138 Wo sie Anhaltspunkte fanden, zogen die Studentenzeit-
schriften ebenso wie die Organe der Lehrerverbände Leistungsfähigkeit und

59
Arbeitsweise ausgebildeter Akademikerinnen in Zweifel und legten die Ver-
mutung nahe, es gäbe eine grundsätzliche Minderbegabung des weiblichen
Geschlechts.139
Wiewohl die studentische Opposition standespolitisch motiviert war, wid-
meten die Vereinigungen neben dem Frauenstudium auch anderen Aspek-
ten der >Frauenfrage< ihre Aufmerksamkeit. Die »Burschenschaftlichen Blät-
ter« bedachten die Arbeit des Vaterländischen Frauenvereins und des
kolonialen Frauenbundes mit Lob, schwiegen sich über Zusammenschlüsse
mit stärker emanzipatorischem Charakter aber aus. Dem Kyffhäuserverband
dagegen machten Bildungs- und Vereinsreformen die Frauenbewegung
zum ernstzunehmenden Gegner. Noch bevor die Gesetze endgültig ver-
abschiedet waren, fühlte sich der Danziger Kriegsgerichtsrat Eisner von
Gronow bemüßigt, der Frauenbewegung in den »Akademischen Blättern«
ein energisches »Halt« zuzurufen. Mochte er moderate Bestrebungen zur
Lösung der sozialen >Frauenfrage< durch die Erweiterung typischer Frau-
enberufe noch zugestehen, so verurteilte er im Namen der Natur den »An-
sturm extremer Elemente«, die auf die »völlige Gleichberechtigung der
Geschlechter« abzielten.
Was der Alte Herr als Erfordernis der »Natur« ausgab, entsprach freilich
den kaum verhüllten Interessen der Männerwelt. Der Mann, schrieb der
Adelige in völkischem Duktus und verallgemeinerndem Singular, sei in der
deutschen Geschichte stets der »Leiter des Volkstums« und der »Volksge-
nossen« gewesen und denke daher nicht daran, die aus dieser Position er-
wachsenen Privilegien an Frauen abzutreten. Insonderheit müßten »Hee-
res-, Richter-, Diplomaten- und Verwaltungsdienst« Männern vorbehalten
bleiben, hoch dotierte und angesehene obrigkeitliche Funktionen mithin, in
die aufzurücken wie der Autor selbst die Jungakademiker aus dem Adel und
gehobenen Bürgertum bestrebt waren.
Jedoch nicht nur die Geschlechterhierarchie des öffentlichen Lebens, son-
dern auch die in der Ehe symbolisierte Behaglichkeit des Privadebens er-
schien durch die Frauenemanzipation bedroht:
»Wir Männer haben uns daran gewöhnt, nach des Lebens Sturm und Drang, ... , in
dem Glück der Ehe den Friedenshafen zu erblicken. ... Wir wollen keine Kampfesna-
turen dort neben uns haben, wo wir von den Mühen des Tages auszuruhen begeh-
ren, wo wir das Echo unseres Herzens finden ... wollen«.140

Der Danziger Kriegsgerichtsrat reduzierte die mögliche Vielfalt weiblicher


Lebensentwürfe nicht nur auf die Ehe, sondern beschränkte die Handlungs-
möglichkeiten der verheirateten Frau darüber hinaus auf die umfassende
körperliche und geistig-seelische Reproduktion des Ehegatten, dem sie
nicht als selbständige Persönlichkeit, sondern als bloßes »Echo« seiner selbst
gegenübertrat. Eine Bewegung, die auf die Stärkung des weiblichen Selbst-

60
bewußtseins abzielte, geriet mit dieser ultimativ geforderten Selbstlosigkeit
zwangsläufig in Konflikt. Eisner von Gronow hatte also allen Grund, den
Staat, in dessen Namen er Recht sprach und mit dem ihn, wie er glaubte, die
gleichen Interessen verbanden, zu Hilfe zu rufen, um der Frauenbewegung
Einhalt zu gebieten.
Auch nach 1908 widmete der Kyffhäuserverband der >Frauenfrage< seine
Aufmerksamkeit. Die »Akademischen Blätter« rezensierten Werke aus dem
Umkreis der Frauenbewegung und ihrer Gegner. Helene Lange mußte sich
den Vorwurf »frauenrechtlerische(r) Halbdenkerwahrheiten« gefallen las-
sen, und Moebius< »Physiologischer Schwachsinn« erhielt - in einem wohl
wegen der höheren Glaubwürdigkeit von einer Autorin unterzeichneten
Beitrag - ausdrückliches Lob. 141 Das hinderte die Schriftleitung allerdings
nicht daran, anläßlich der Gründung des Deutsch-Akademischen Frauen-
bundes einer Vertreterin der ideologisch ähnlich ausgerichteten Frauenver-
bindung einen Leitartikel einzuräumen, in dem auf der Grundlage einer
vorausgesetzten Fundamentaldifferenz der Geschlechter Freiheit der Bil-
dung und der Berufswahl für Frauen gefordert, die Vereinbarkeit von Beruf
und Mutterschaft jedoch bestritten wurde. 142
Zunehmend setzten sich die rund 5.000 im VDSt zusammengeschlosse-
nen Studenten selbst mit dem Feminismus auseinander.143 Die Referate bei
lokalen Vereinszusammenkünften galten nicht länger nur der Kolonial-
politik und Themen wie der »Rassenidee als Grundlage einer nationalen
Weltanschauung« oder der »jüdischen Rasse in ihrem psychischen und
moralischen Einfluß auf das deutsche Volk«. Seit dem Wintersemester
1908/09 wurde das »Problem der Frauenbewegung«, die »Frauenerwerbs-
frage« oder ganz allgemein die »Frauenfrage« an den einzelnen Hochschul-
orten erörtert, seit 1912 auch mit Blick auf das weibliche Stimmrecht. Auf-
fällig viele dieser Vereinsabende fanden nach der Gründung des Bundes zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation in Kiel statt, wo die antifeministische
Liga eine rege Ortsgruppe unterhielt.144 Zwar wurde der Aufruf des Bundes
nicht nachgedruckt, doch wiesen die »Akademischen Blätter« auf Julius
Werners »markante« Monatsschrift »Glaube und Tat« hin, die seit 1913 als
Mitteilungsblatt der Christlich-nationalen Gruppe im antifeministischen
Bund fungierte.145 Kein Wunder, gehörte Werner doch ebenso wie der anti-
feministische Leiter der »Politisch-anthropologischen Monatsschrift«,
Otto Schmidt-Gibichenfels, zu den Gründungsmitgliedern des Kyffhäu-
serVerbandes.146 Gibichenfels war ebenso Mitglied im Bund zur Bekämp-
fung der Frauenemanzipation wie der Berliner Professor Gustav Roethe.
Der Germanist, Ehrenmitglied im Berliner VDSt, forderte unter dem Beifall
»der übergroßen Mehrheit der männlichen Kommilitonen« Studentinnen
noch lange nach der offiziellen Zulassung von Frauen zur Universität zum
Verlassen seiner Vorlesungen auf.147

61
Hatten die »Akademischen Blätter« die lokalen Veranstaltungen zur Frau-
enfrage zuvor nur registriert, waren sie seit der Mitte des Jahres 1912 der
Zentralredaktion plötzlich einen Bericht wert. Zwischen den Bundesbrü-
dern und den organisierten Studentinnen spielten sich auf lokaler Ebene
zuweilen heftige Auseinandersetzungen um das Frauenstimmrecht ab,148
insbesondere dann, wenn es um die hochschulinterne Vertretung der Stu-
dierenden ging.149 Erst in der Weimarer Republik kam es zu einer regel-
mäßigen Zusammenarbeit zwischen den im Kyffhäuserverband zusam-
mengeschlossenen Korporierten und ihren Schwestern im Geiste aus dem
rechtsgerichteten Verband Akademischer Frauenvereine.150
Nachdem die Freistudentenschaft Frauen aufnahm und sich die Akademi-
schen Frauenvereine am VDSt orientierten, begannen auch die Burschen-
schaften Ausschau nach kooperationsbereiten Studentinnenvereinigungen
zu halten. »Die Studentin ist keine vorübergehende Erscheinung geblieben,
sondern ein wichtiger Faktor des akademischen Lebens geworden«, mußten
die »Burschenschaftlichen Blätter« im Kriegsjahr 1916 eingestehen und be-
gründeten damit die Notwendigkeit, sich der Kommilitoninnen anzuneh-
men. Als Kooperationspartner schien sich der Verband der Studentinnenver-
eine Deutschlands anzubieten, die älteste Studentinnenorganisation, in der
sich in den Anfängsjahren des Frauenstudiums die frauenbewegten Pio-
nierinnen zusammengeschlossen hatten. Nachdem junge Frauen ohne
Schwierigkeiten zu Abitur und Studium zugelassen wurden, geriet der als
Kampfverband konzipierte Verein in eine Orientierungskrise, in der die Bur-
schenschaften ihr Korporationsprinzip zur Sinnstiftung anboten. 151 Das Ver-
bandsblatt nahm Neuigkeiten aus dem Verband der Studentinnenvereine in
seine Hochschulnachrichten auf und vertrat nach der Novemberrevolution
in seinen »Politischen Richtlinien« den Grundsatz der Gleichberechtigung
der Geschlechter, zu dem auch die Vertretung der Frauen in der National-
versammlung gehörte. 152
Freilich war es mit der Akzeptanz der Studentinnen nicht so weit her, wie
die Leitsätze glauben machten. Nicht umsonst gab es immer wieder Klagen
über das flegelhafte Benehmen der Studenten gegenüber ihren Kommilito-
ninnen. 153 Auch in anderer Hinsicht erfaßte der frauenfreundliche und de-
mokratische Anstrich, den sich die Burschenschaften nach 1918 gaben, nur
einen Teil der Wahrheit. Noch sechs Jahre zuvor hatten die »Burschenschaft-
lichen Blätter« den Gründungsaufruf des Bundes zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation abgedruckt.154 Seit dem Sommer 1912 machte sich das
nationalistische und imperialistische Blatt Gedanken über Geburtenrück-
gang und Rassenhygiene. 155 Der ehemalige Schriftleiter der Deutschen
Burschenschaft, der alldeutsche Oberlehrer und Realschuldirektor Karl G.
Hensing, saß sowohl im Vorstand als auch in der Geschäftsleitung des anti-
feministischen Verbandes.156 Andere Vorstandsmitglieder der antifeministi-

b2
sehen Liga kamen in den »Burschenschaftlichen Blättern« ebenfalls zu Wort,
behandelten allerdings nicht die >Frauenfrage<.157
Enger noch waren die Verbindungen zwischen dem antifeministischen
Bund und den »Deutschvölkischen Hochschulblättern«, dem im Krieg
eingegangenen Organ völkischer (Ex-)Studenten aus Berlin, Leipzig und
Schlesien. Schon kurz nach der Gründung des Bundes gegen die Frauen-
emanzipation bot das antisemitische Blatt Ludwig Langemann, dem Orga-
nisator des antifeministischen Lehrerprotestes, ein Forum, um mit der Hal-
tung der Regierungen gegenüber der »undeutsche(n)« Frauenbewegung
abzurechnen und Parteien wie Staatsgewalt »verderbliche Schwächeanfälle«
zu bescheinigen. Die Ursache sah der Kieler Schulprofessor in der wachsen-
den Demokratisierung des Deutschen Reiches, die ihm den monarchischen
Nationalstaat zu unterminieren schien. Seine antidemokratische Attitüde
hinderte ihn freilich nicht daran, den völkischen Akademikern zur Bekämp-
fung der Frauenemanzipation rätedemokratische Methoden anzuempfeh-
len: Bei Wahlen, so der Vorschlag, seien die Kandidaten zukünftig von der
Wählerschaft eingehend auf ihre Haltung zu weiblichem Stimmrecht und
Frauenemanzipation zu befragen.158
Auch Julius Werner, dem Vorsitzenden der Christlich-nationalen Gruppe
im antifeministischen Bund, standen die »Hochschulblätter« zur Verfü-
gung. Einen Vortrag des deutschkonservativen Kirchenmannes vor der Er-
langer Studentenschaft druckten sie - vier Seiten lang - im Wortlaut nach.
Die Leser erfuhren so nicht nur von der »kulturpolitische(n) Notwendigkeit
des Konservatismus«, sondern auch, daß »Politik und Regierung ... Män-
nersache« bleiben müsse und alle Rechtsforderungen der Frauenbewegung
daher kompromißlos abzulehnen seien.159
Neben dem grundsätzlichen Ziel, Frauen in ihre qua Geschlecht naturge-
gebene »eigene Sphäre« zurückzudrängen, übernahmen die »Deutschvölki-
schen Hochschulblätter« die antifeministische Forderung nach Geschlech-
tertrennung an den Universitäten und der Einrichtung besonderer, minder
qualifizierender Frauenakademien. 160 Das Blatt knüpfte an die in natio-
nalistischen Studentenkreisen beliebte Diffamierung ausländischer Kommi-
litonen an und behauptete, daß in Berlin die Hälfte der studierenden Frauen
nicht als Deutsche anzusehen seien. Daraus - und nicht etwa aus der Furcht
vor weiblicher Bildungs- und Berufskonkurrenz - konstruierte die Hoch-
schulpostille die Rechtfertigung für die Abneigung der männlichen Studen-
ten gegen das Frauenstudium überhaupt. Antisemitismus, Xenophobie und
Antifeminismus gingen hier - wie vielfach in der völkischen Presse - eine
enge Verbindung ein und dienten der wechselseitigen Legitimation.

63
2 . 5 . Wider die »Feminisierung des deutschen Beamtentums«:
Kritik an der Frauenarbeit im öffentlichen Dienst

Gegen Frauenarbeit in >Männerberufen< zogen nicht nur Studenten und


Lehrer, sondern auch Beamtenorganisationen und Angestelltenverbände zu
Felde. Auch hier äußerte sich die Abneigung gegen Frauenemanzipation
und Frauenbewegung um so stärker, je mehr sich die Vereinigungen zu einer
nationalistischen oder gar deutschvölkischen Grundhaltung bekannten. Im
Mittelpunkt der Kritik stand zunächst die Beschäftigung von Frauen im
Dienst von Post und Bahn, später ganz allgemein die Frauenarbeit im Büro.
Zur sozialen Absicherung alleinstehender Frauen hatte die landesmütter-
liche Fürsorgepolitik der badischen Großherzogin Luise schon seit 1864 die
Anstellung von Frauen in Telegraphenämtern forciert, wo die Geschäftsde-
pesche während der Hochindustrialisierung zum unentbehrlichen Kommu-
nikationsmittel der expandierenden Wirtschaft geworden war. Die Auswei-
tung der Telekommunikation ging einher mit einer wachsenden Nachfrage
nach Arbeitsplätzen für Frauen aus den unteren bürgerlichen Schichten, für
die Fabrikarbeit und häufig auch die Tätigkeit als Verkäuferin aus Gründen
des Sozialprestiges nicht in Frage kam. In Baden waren sich Regierung sowie
Vertreter der Industrie- und Handelskammer einig in dem Bestreben, die
Ausbildungschancen für junge Frauen zu verbessern. Noch bevor der Berli-
ner Lette-Verein seine Arbeit aufnahm, wurden schon 1865 Buchhaltungs-
kurse für Frauen organisiert, und bald daraufgingen die badischen Post-,
Telegraphen- und Fisenbahnämter dazu über, Frauen in erweitertem Um-
fang als Gehilfinnen anzustellen. 161
Der Übergang der badischen Verkehrsbetriebe an das Reich 1871 stoppte
diesen Trend. Wie schon im Norddeutschen Bund sah das Reglement der
Reichspost nur die Anstellung von Männern vor. Besonders das sogenannte
»Militäranwärterwesen« wurde für Frauen zum Beschäftigungshindernis. In
preußischer Tradition garantierte die Heeresverwaltung ausgedienten oder
invaliden Zeitsoldaten und Unteroffizieren die Übernahme in die mittlere
Beamtenlaufbahn. Während in Baden und anderen süddeutschen Staaten
die Telegraphentechnik Frauenarbeitsplätze schuf, war der Telegraphen-
dienst im Norddeutschen Bund eine Domäne abgemusterter Militärperso-
nen, und die Militärlobby setzte dieses Quasi-Monopol auch im Kaiserreich
durch. 162
Allerdings erwiesen sich die Militäranwärter gegen Ende des 19. Jahrhun-
derts zunehmend als problematisches Rekrutierungspotential für die zivilen
Behörden. Zum einen nahm ihre Zahl durch die starke Aufrüstung des
Deutschen Reiches stetig zu. Allein im Bund Deutscher Militäranwärter -
der dem antifeministischen Bund korporativ angehörte - waren 1912 rund

64
73.000 Mitglieder in 710 Vereinen zusammengeschlossen. 163 Zum anderen
klaffte zwischen ihrer Ausbildung - in der Regel Volksschulabschluß und
zwölf Jahre Soldatendasein - und den im Zuge des Ausbaus zum Wohl-
fahrtsstaat gestiegenen berufsfachlichen Anforderungen der Verwaltungen
eine immer größere Lücke.164
Die ausgedienten Unteroffiziere belasteten die behördlichen Arbeitgeber
durch einen Mangel an Flexibilität, Bildung und bürgerlichen Umgangs-
formen bei gleichzeitig hohen Kosten für Festanstellung und Pensionsbe-
rechtigung. Diese Nachteile mochten den kaiserlichen Generalpostmeister
Heinrich von Stephan dazu bewogen haben, bei der Einführung und
Durchsetzung des Telefons seit den 1880er Jahren daraufhinzuarbeiten, die
Suprematie des Militärs über die Nachrichtentechnik zu brechen. 165 Unter
dem Druck knapper Finanzen ließen sich durch die Einstellung von Frauen
mehrere Probleme zugleich lösen. Um die Akzeptanz des neuen Kommu-
nikationsmittels im zukunftsträchtigen Markt der Privatkunden zu erhöhen,
bedurfte es eines geschickten Vermittlungspersonals, das die bürgerlichen
Umgangsformen und gegebenenfalls auch Fremdsprachen beherrschte.
Militäranwärter und untere Zivilbeamte kamen aufgrund ihrer mangelnden
Vorbildung für diese Position nicht in Frage. Geeignete Bewerber aus dem
mittleren Dienst waren dagegen teuer und als (angehende) Familienväter
örtlich weniger flexibel als die etwa gleich qualifizierten unverheirateten
Töchter aus derselben sozialen Schicht, die reihenweise um Arbeit nachfrag-
ten. Zudem ließen sich männliche Beamte, da unkündbar, nicht als beliebige
Manövriermasse benutzen, falls sich das Geschäft mit dem neuen Medium
weniger gut entwickeln sollte als geplant.
Indem von Stephan die vorgeblich >natürliche< Eignung von Frauen für
den Telefondienst wegen ihrer angeblich besser verständlichen Stimmlage
postulierte und gleichzeitig ihre mangelnde Verwendbarkeit im Telegra-
phenamt betonte, schuf er bei der Reichspost einen nach Geschlechtern
segregierten Arbeitsmarkt. So konnte er sich zum Ausbau des Telefonnetzes
der billigeren, flexibleren und qualifizierteren weiblichen Arbeitskräfte be-
dienen, ohne sich der Kritik der Militärverwaltung auszusetzen. Auch den
Vorbehalten konservativer Postdirektoren und männlicher Interessenorga-
nisationen ließ sich mit Verweis auf die >natürlichen< Geschlechterunter-
schiede und ihre spezifischen Einsatzmöglichkeiten trefflich entgegentre-
ten. 166
In den Jahren vor der Jahrhundertwende wurden die Tätigkeitsgebiete für
die zumeist aus dem unteren und mittleren Bürgertum stammenden Frauen
auf Schreib- und Rechenarbeiten im Kanzleidienst und in nachgeordneten
Stellungen auf Postämtern ausgedehnt. Gleichzeitig ermöglichte eine Ver-
ordnung, die bisher sozial ungenügend abgesicherten Fernsprech-, Post-
und Telegraphengehilfinnen nach neunjähriger Bewährungsfrist etatsmäßig

65
als Beamtin anzustellen. Das >Beamtinnen-Zölibat<, die automatische Kün-
digung bei Heirat oder Schwangerschaft, zog jedoch eine hohe Fluktuation
der weiblichen Beschäftigten nach sich und bewirkte, daß nur wenige Frauen
lange genug in ihrer Stellung blieben, um in den Genuß einer Festanstellung
zu kommen. Und selbst dann waren sie hinsichtlich der sozialen Absiche-
rung gegenüber ihren männlichen Kollegen weiterhin benachteiligt.
Nach der Jahrhundertwende schränkte der nunmehr zuständige Staatsse-
kretär Kraetke vor allem auf Druck der Militärlobby die Tätigkeitsfelder von
Frauen mehrfach ein. In schöner Regelmäßigkeit wurden die Verwen-
dungsbereiche nach jedem Einschnitt jedoch immer wieder ausgeweitet,
weil sowohl die Oberpostdirektionen als auch die Beratungskommission des
Reichspostamts der Beschäftigung von Frauen aus fiskalischen Rücksichten
den Vorzug gaben.
Im Gefolge dieser Schaukelpolitik wuchs der Anteil der weiblichen Be-
schäftigten im Postdienst kontinuierlich an; in manchen Jahren stieg die
Zahl der neuen Stellen für Frauen, während die Stellenzahl für männliche
Beamte zurückging. 167 1907 waren reichsweit rund 22.500 Frauen bei der
Post beschäftigt. Auch bei den Staatseisenbahnen wurde seit der Jahrhun-
dertwende verstärkt weibliches Personal berücksichtigt. Rund 6.500 Frauen
standen 1907 im Dienst der Bahn.168
Der Verband Deutscher Beamten-Vereine als ausgewiesen konservative
und vor dem Fürsten Weltkrieg mit rund 270.000 Mitgliedern größte Beam-
tenorganisation reagierte auf diese Entwicklung vergleichsweise moderat. 169
Anstelle offener Angriffe beschränkte sich sein Verbandsorgan darauf, die
Zahl der Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst und die Stärke der weibli-
chen Berufsvereine zu registrieren und für eine neue Form geschlechtsspezi-
fischer Arbeitsteilung innerhalb der Behörden zu werben. Großmütig wurde
vorgeschlagen, eintönige und schlechtbezahlte Arbeiten wie das Kopieren
von Katasterplänen Frauen zu überlassen, um den somit freigestellten Män-
nern komplexere und höher dotierte Tätigkeiten zu übertragen. 170
1910 erschien die »Süddeutsche Plauderei« einer ungenannten Autorin,
die aus ihrer Sympathie für die >gemäßigte< Frauenbewegung keinen Hehl
machte. In Anlehnung an die Position Elisabeth Krukenbergs schlug sie vor,
Frauen an wohlfahrtsstaatlichen Aufgaben zu beteiligen und die sozialen
Frauenberufe attraktiver zu gestalten, um dadurch weiblicher Konkurrenz
in >Männerberufen< Einhalt zu gebieten. 171
Daß die Beamtenzeitschrift nicht auf offene Konfrontation, sondern eher
auf differenzierte Argumentation setzte, hatte mehrere Ursachen. Die Tra-
dition des Verbandes Deutscher Beamten-Vereine als unpolitische Selbsthil-
feorganisation verbot harsche Angriffe auf die staatlichen Arbeitgeber eben-
so wie die Selbststilisierung der Organisation als unbedingt loyal und kaiser-
treu. 172 Zudem handelte es sich bei der »Frauenfrage« im öffentlichen Dienst

66
! um ein Versorgungsproblem der Mittelschichten, von denen auch Beamte
als Väter von Töchtern betroffen waren. Daneben mochte es keine geringe
Rolle spielen, daß die Verbandsführung von höheren Beamten dominiert
wurde, die keine unmittelbare Konkurrenz zu fürchten hatten. Und schließ-
lich war da noch die Inszenierung der Telefonvermittlung als Frauenberuf,
die an die gültige Vorstellung von getrennten Geschlechtersphären anknüpf-
te. Daß sich die weibliche Stimme für den Telefondienst - und hier ar-
beiteten nächst den Lehrerinnen die meisten Frauen im öffentlichen Dienst
- in besonderer Weise eigne, bezweifelte inzwischen niemand mehr.173 Ent-
sprechend wurde beim 2 1 . Verbandstag der Antrag des Vereins der Gehei-
men Kanzleisekretäre glatt abgeschmettert, der zur Gegenwehr gegen die
zunehmende Frauenarbeit aufgerufen hatte. Offenbar wrurde die Beschäfti-
gung von Frauen im Reichs- und Staatsdienst in der Bevölkerung von breiter
Akzeptanz getragen. Zur Ablehnung des Antrags reichte die lapidare Bemer-
kung aus, Protest gegen die Einstellungspolitik »würde gehässig aussehen
und die Beamten [in der Öffentlichkeit, U.P] bloßstellen«. 174
Am Vorabend des Ersten Weltkriegs spitzte sich der Konflikt zwischen
Beamtenschaft und Staatsbehörden jedoch erneut zu. In einer Denkschrift
legte die Postverwaltung 1912 Pläne zu einer Personalreform vor, die dezi-
diert davon ausging, mit der Ersetzung männlicher Beamter durch Gehilfin-
nen Einsparungen erzielen zu können. 175 Dieser Teil der Postreform stieß im
Reichstag auf heftige Kritik, weniger in der politischen Mitte als an den
Rändern. Friedrich Ebert sprach von einer »Lohndrückerei schlimmster
Art« und forderte gleichen Lohn für gleiche Arbeit, stillschweigend davon
ausgehend, daß von einer Angleichung der Tarife - aufgrund der gängigen
Vorbehalte Frauen gegenüber - Männer profitieren würden. 176 Während der
Vertreter der Deutsch-Konservativen vor abnehmenden Eheschließungen
infolge weiblicher Berufskonkurrenz warnte, zogen die Antisemiten im Ver-
ein mit der elsaß-lothringischen Regionalpartei die körperliche und charak-
terliche Eignung der weiblichen Postangestellten in Zweifel.177 Der Sprecher
der antisemitischen Wirtschaftlichen Vereinigung sah in der Beschäftigung
von Frauen im Staatsdienst gar ein »Problem unseres Militärstaates und da-
mit auch ein Problem unseres Staatsganzen«. Wenn die Aussichten der Mi-
litäranwärter auf eine gutdotierte Zivilversorgung nach ihrem Abschied vom
Heer sänken, würde es, glaubte er, »keinem Menschen mehr einfallen, Un-
teroffizier zu werden«. Vor allem aber war ihm - und darin folgte ihm die
Deutsch-Konservative Partei später178 - jene Bestimmung ein Dorn im
Auge, nach der Frauen zumindest theoretisch zu Vorgesetzten von Männern
avancieren konnten. 179 Ähnlich wie im Fall der Lehrerschaft gingen Konkur-
renzfürcht und der Wunsch nach Festschreibung männlicher Dominanz
eine enge Verbindung ein.
Tatsächlich hatte die Reichspost bereits seit Ende 1911 zahlreiche Frauen

67
als Schreibkräfte und in untergeordneten Verwaltungspositionen eingestellt.
Zwischen 1911 und 1914 stieg die Zahl der Gehilfinnen auf den dafür in
Frage kommenden Postämtern um rund das Fünffache. Gleichzeitig for-
mierten sich mit Erlaubnis der Behörden aus bereits bestehenden regionalen
Zusammenschlüssen die Reichsverbände der weiblichen Beschäftigten bei
Post und Bahn.180
Der Berufsverband der betroffenen Beamten reagierte auf die zunehmen-
de weibliche Konkurrenz mit heftiger Gegenwehr. Die »Deutsche Postzei-
tung«, das Organ der mittleren Reichs- , Post- und Telegraphenbeamten,
hatte sich bereits 1911 mit der >Frauenfrage< in der Postverwaltung beschäf-
tigt und dabei jene Argumente angeführt, die den Kritikern im Reichstag
später als Stichworte dienten: die »größere physische Schwäche des Weibes«,
die Verhinderung von Familiengründungen und das Problem der Versor-
gung ausgedienter Unteroffiziere.181 Auf dem Gauverbandstag 1912 war die
Personalpolitik der Post das beherrschende Thema, und wie im Verbands-
blatt bemühten sich die Funktionäre auch hier darum zu zeigen, daß weib-
liche Mitarbeiter infolge ihrer vorgeblich geringeren Leistungsfähigkeit und
eingeschränkten Verwendbarkeit den Staat nicht billiger, sondern letztlich
teurer zu stehen kämen.182 Hinter den Angriffen auf die Kolleginnen verbarg
sich freilich nicht nur die Furcht vor der rein zahlenmäßigen Konkurrenz,
sondern - ähnlich wie bei den Volksschullehrern - auch ein Statusproblem.
Vielfach brachten die weiblichen Postbediensteten eine bessere Schulbil-
dung mit als die männlichen Beamten und wurden daher, wie sich die
»Deutsche Postzeitung« beklagte, »von der Verwaltung noch zuviel als
Dame denn als Angestellte angesehen«.183
Der Unmut über die Ungleichbehandlung verschärfte sich noch, als Frau-
en auf den Postämtern dritter Klasse zu Vorgesetzen von Unterbeamten
avancieren konnten. Einer Frau unterstellt zu sein, vertrug sich offenbar nur
schwer mit dem Selbstbild des wilhelminischen Beamten, und die Berichte
lassen erahnen, daß es nicht selten disziplinarische Schwierigkeiten gab.184
Dazu kam, daß viele Beamte sich durch die behördlichen Rationalisierungs-
und Umstrukturierungsmaßnahmen in ihrem »Ehrgefühl«185 verletzt fühl-
ten und an einem vorindustriell geprägten Begriff des Staatsbeamtentums
festhielten, der eine staatlich garantierte auskömmliche Lebensführung als
Gegenleistung für unbedingte Loyalität betrachtete. Deshalb bestanden sie
auf der Besoldung nicht nach der Maßgabe von Leistung, sondern nach den
Prinzipien von Bedürfnis und sozialer Stellung, nicht zuletzt auch nach dem
Familienstand. Die real sinkende Kaufkraft der Beamtengehälter konnte die
standesgemäße Lebensweise freilich vielfach nicht mehr garantieren. Als
Sinnbild des sozialen Abstiegs malte die »Deutsche Postzeitung« das Schrek-
kensbild der zur Berufstätigkeit gezwungenen Beamten-Ehefrau in den
schwärzesten Farben aus.186 Die von ökonomischen Zwängen freigestellte

68
Frau und Mutter galt als Inbegriff von Bürgerlichkeit. Konnte diese Lebens-
form nicht mehr aufrecht erhalten werden, sank nicht nur das soziale Anse-
hen der Familie. Auch die Ernährerrolle des Familienvaters und damit die
ökonomische Basis männlicher Autorität im Familienverband geriet in Ge-
fahr. Nach dem Maßstab bürgerlicher Auskömmlichkeit erschien vielen Be-
amten das als Familienlohn betrachtete Männergehalt zu gering - vor allem,
wenn sie es mit der Entlohnung der zwangsweise unverheirateten weibli-
chen Staatsbediensteten verglichen. Vor diesem Hintergrund betrachteten
sie noch die deutlich geringeren Frauenlöhne bei der Post als viel zu hoch -
eine angebliche Bevorzugung, die das Standesorgan den weiblichen Kolle-
gen in Mark und Pfennig vorrechnete. 187
Drehte sich der Konflikt letztlich auch um den Übergang von der status-
zur leistungsgerechten Bezahlung sowie um die Durchsetzung marktwirt-
schaftlicher Methoden und Rationalisierungsmaßnahmen, so machten ihn
die Postbeamten doch an der - gegenüber anonymen Prozessen weitaus
leichter faßbaren - Konkurrenz der weiblichen Angestellten fest. Kein Wun-
der also, daß die organisierte Postbeamtenschaft empfänglich für frauen-
feindliche Polemik wurde und spätestens 1913 Beziehungen zum antifemi-
nistischen Bund anknüpfte.188
Die Postreform machte exemplarisch deutlich, daß die behördlichen Ar-
beitgeber den Staatsdienst nicht länger als männliches Monopol zu betrach-
ten geneigt waren. Hatten die Telefonistinnen ein noch unbesetztes Feld
widerstandslos erobert, konnte man im Fall der Lehrerinnen darauf verwei-
sen, daß sie in erster Linie an den von Männern wenig geschätzten Mäd-
chenschulen unterrichteten - an den Kalkulationen der Postverwaltung
zeigte sich, daß auch ein Staatsbetrieb seine Einstellungspraxis nicht an stan-
despolitischen Grundsätzen, sondern nach finanziellen Gesichtspunkten
ausrichtete. 189
Diese Erfahrung dürfte viele Beamte nachhaltig verunsichert haben.
Nachdem der Staat viele Jahre lang die Entstehung von Interessenvertretun-
gen der männlichen Beamtenschaft zu verhindern gesucht hatte, mußte die
vergleichsweise rasche Sanktionierung weiblicher Berufsverbände wie ein
Affront erscheinen. Vater Staat war dabei, so schien es, seine gehätschelten
Söhne mehr und mehr wie Stiefkinder zu behandeln. Zu diesem Eindruck
trug die Befbrderungsmisere der mittleren Beamten - die Verwaltung ließ
mehr und mehr Bewerber um immer weniger Aufstiegspositionen konkur-
rieren190 - ebenso bei wie der Rückgang der Realeinkommen in allen Ge-
haltsklassen. Die Löhne der Arbeiter stiegen stärker als die Einkünfte der
Unterbeamten, deren Furcht vor Proletarisierung sich stetig vergrößerte.
Aber auch die mittleren, sogar die höheren Beamten zählten längst nicht
mehr, wie noch im 19. Jahrhundert, zu den bestbezahlten Arbeitskräften.
Am Vorabend des Ersten Weltkriegs verfügte ein noch nicht festangestellter

69
Assessor über kaum mehr Kaufkraft als ein Friseurgeselle. Die Unzufrieden-
heit insbesondere der unteren und mittleren Beamtenschaft schlug sich in
der Entstehung zahlreicher Fach- und Interessenverbände nieder, und 1912
gab selbst der Verband Deutscher Beamten-Vereine auf Druck der Basis
seine traditionelle interessenpolitische Zurückhaltung auf.191
Die Umorientierung im Verband Deutscher Beamten-Vereine war mit
heftigen Flügelkämpfen verbunden. In deren Gefolge trennte sich der Ver-
band von seinem bisherigen Organ und gab seit 1912 die »Deutsche Beam-
ten-Rundschau« heraus.192 Die traditionsreiche »Monatsschrift für Deut-
sche Beamte« versuchte, sich unter neuer Leitung als Konkurrenzblatt zu
etablieren193 und schrieb dazu den Kampf gegen die Beschäftigung von
Frauen im öffentlichen Dienst auf ihre Fahnen. Frauenfeindlichkeit und
Antifeminismus sollten das Blatt offenbar vor allem für die mittleren und
unteren Beamten attraktiv machen und als Kitt zwischen den divergenten
Interessen einer Beamtenschaft dienen, die entgegen dem Selbstverständ-
nis vom vormodernen Stand längst in unterschiedliche Berufsrollen und
Traktionen aufgespalten war.
Noch Ende 1911 hatte die »Monatsschrift für Deutsche Beamte« einen
Artikel gegen die weibliche Leitung öffentlicher Schulen aus »beteiligten
Kreisen« - gemeint waren damit wohl Ludwig Langemann und seine Mit-
streiter - zwar aufgenommen, sich aber gleichzeitig davon distanziert. In
einer Anmerkung hatte die Redaktion auf die geringe Zahl der Direktorin-
nen hingewiesen und die Initiatoren damit indirekt der Übertreibung be-
zichtigt.194 Nach der Neuorganisation der Zeitschrift häuften sich dagegen
die Artikel, die von einer »Invasion der Frauen in Männerberufe« 195 spra-
chen und die Frauenbewegung dafür verantwortlich machten. Schon 115
Oberlehrerinnen unter den fast 4.000 auf Anstellung wartenden Kandidaten
genügten, um die männliche Beamtenschaft in Panik zu versetzen.196 Wäh-
rend sich die Verfasser alle Mühe gaben, die Unentbehrlichkeit männlicher
Beamter für den Staatsdienst zu belegen, attestierten sie ihren Kolleginnen
geistige Minderbefähigung, hohe Krankheitsanfälligkeit und mangelnde
charakterliche Eignung - nicht als Einzelpersonen, sondern infolge ihrer
Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht.197
Mit Blick auf den vieldiskutierten >Geburtenrückgang< orteten die Auto-
ren die Ursache für das hohe Heiratsalter und die aktenkundig geringe Kin-
derzahl der Staatsdiener in der Verdrängung der Männer durch weibliche
Konkurrenz. Infolge der Beschäftigung von Frauen gingen die gutdotierten
Beamtenstellen zurück; die schlechten Berufsaussichten machten es Män-
nern unmöglich, in jungen Jahren eine Familie zu gründen und dort, so der
unausgesprochene Gang der Argumentation, auf gesellschaftlich akzeptierte
Weise ihre sexuellen Bedürfnisse auszuleben. In dieser Sichtweise gefährdete
die Frauenbewegung gar die »sittliche Grundlage der deutschen Nation«. 198

70
Strukturelle sozialökonomische Verschiebungen und komplexe Zusam-
menhänge wurden so auf ein einfaches Muster reduziert, mit dem sich treff-
lich Politik und Propaganda machen ließ. Die Frauenbewegung war schuld
- dieses Postulat enthob jenen Teil der Beamtenschaft, der sich betont natio-
nal gab und sich nur zu gern zur Stütze des Staates stilisierte, des Konflikts
mit dem behördlichen Arbeitgeber.199
Schützenhilfe bei ihrem Feldzug gegen die »Feminisierung des deutschen
Beamtentums« erhielten die Staatsdiener vom Bund zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation. Friedrich Sigismund, Mitbegründer der antifeministi-
schen Liga, brachte es auf den Punkt: »Tram und >Beamter< sind innere
Widersprüche.« Deshalb warb der Weimarer Oberlehrer nicht nur unter sei-
nen unmittelbaren Berufskollegen, sondern auch im »Monatsblatt für deut-
sche Beamte« eifrig um Unterstützung. 200 Auch eine Antifeministin aus dem
Vorstand kam in dem Beamtenblatt zu Wort.201 Der neue Herausgeber, der
Breslauer Staatsrechtler von Gerhardt, war seinen Lesern mit gutem Beispiel
vorausgegangen: Er hatte bereits im Frühjahr 1912 den Gründungsaufruf
der Emanzipationsgegner unterschrieben. 202

2.6. Antisemitische Antifeministen: Der Deutschnationale


Handlungsgehilfenverband

Mehr noch als unter Lehrern, Beamten und Studenten traf frauenfeindliche
und antifeministische Politik bei den kaufmännischen Angestellten auf brei-
te Zustimmung. Das Handeisgewerbe hatte im Gefolge der Industriellen
Revolution einen tiefgreifenden Strukturwandel erfahren: Die Expansion
des tertiären Sektors ging einher mit der Herausbildung neuer Berufsbilder,
einer Segmentierung des Arbeitsmarkts, Spezialisierung und Entindividuali-
sierung der kaufmännisch-verwaltenden Tätigkeiten sowie einer verstärkten
Hierarchisierung innerhalb der Angestelltenschaft. Aus dem Kaufmann im
Wartestand wurde ein lohnabhängiger Angestellter, dessen Einkommen sich
relativ zu anderen Berufen verschlechterte und das als Folge sinkender Aus-
sicht auf Selbständigkeit zunehmend für eine ganze Familie ausreichen muß-
te. 203 Wiewohl durch die Umschichtungsprozesse auch qualifizierte Posi-
tionen entstanden, war die Mehrzahl der Handlungsgehilfen Ende des 19.
Jahrhunderts »Handlanger des Unternehmerthums« 204 mit teilweise sehr
schlechten Arbeitsbedingungen. 205
Gleichzeitig nahm die Zahl der weiblichen Angestellten enorm zu. Die
Reichsstatistik von 1907 zählte viermal mehr männliche Kaufmannsgehilfen
als 1882, während sich die Anzahl der weiblichen Beschäftigten versechs-
facht hatte. Allerdings lag die >Frauenquote< der kaufmännischen Angestell-

71
ten mit rund 18,5 Prozent nur halb so hoch wie der Frauenanteil in der
Arbeiterschaft. Anderen Berechnungen zufolge stellten Frauen mehr als ein
Viertel der Beschäftigten im tertiären Sektor.206
Von der stürmischen industriellen Entwicklung, die zu einer Ausweitung
der Bürotätigkeit in den Fabriken und einem ungekannten Aufschwung im
Verkehrswesen führte, profitierten nicht alle Gesellschaftsschichten gleicher-
maßen. Trotz eines langfristigen Aufwärtstrends belasteten Deflation und
Konjunkturstockungen in den Jahren nach 1873 besonders die ohnehin in
heftigen Umschichtungsprozessen begriffenen unteren Schichten des
Bürgertums, so daß sich nicht nur Arbeiter-, sondern auch Kleinbürger-
töchter zur Aufnahme außerhäuslicher Erwerbsarbeit gezwungen sahen.
Etwa gleichzeitig setzte in den deutschen Kontoren die Verbreitung von
Büromaschinen nach amerikanischem Muster ein. Die Bedienung von
Schreib- und Buchungs. Vervielfältigungs- und Adressiermaschinen woirde
von den männlichen Angestellten wenig geschätzt. Wegen des hohen
Mechanisierungsgrades als wenig qualifizierte Hilfs- oder Anlerntätigkeit
eingestuft und entsprechend schlecht entlohnt, rückte sie wohl auch wegen
der damit verbundenen Schmutz- und Lärmbelästigung in die Nähe von
Fabrikarbeit. Demgegenüber hielten die männlichen Angestellten an ihrer
als intellektuell etikettierten >Kopfarbeit< fest. Die »männliche Maschinen-
verweigerung« (Christel Hess) eröffnete jungen Frauen im Zuge unterneh-
merischer Rationalisierungsstrategien eine neue Berufsperspektive, die frei-
lich von hierarchischen Geschlechterverhältnissen geprägt war.207
Die männlichen Angestelltenorganisationen reagierten unterschiedlich
auf diese Entwicklung. Während die meisten Verbände nach und nach von
ihrem Widerstand gegen die Kolleginnen abrückten,208 spielte der Kampf
gegen die weibliche »Schmutzkonkurrenz« im Deutschnationalen Hand-
lungsgehilfenverband von Anfang an eine zentrale Rolle.
Frauen und Juden.war die Mitgliedschaft in dem »aus dem Antisemitis-
mus heraus geboren(en)« Verein ausdrücklich verwehrt. 209 Damit waren jü-
dische Arbeitgeber aus einem Verband ausgeschlossen, der sich zur Abgren-
zung von den sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaften bürgerlich
gerierte und grundsätzlich auch Prinzipale aufnahm. Angriffe, wie sie mit
Vorliebe gegen jüdische Warenhausbesitzer vorgebracht wurden, kanalisier-
ten und kaschierten daher wohl auch Konflikte zwischen Arbeitnehmern
und Arbeitgebern, die mit Rücksicht auf die Selbststilisierung des Verbandes
nicht offen artikuliert werden konnten. So gesehen, läßt sich die vehemente
Kritik an der Frauenarbeit im Büro auch als verdeckter Angriff auf die Unter-
nchmerseite interpretieren.
Schon im Entstehungsjahr 1893 warnte der Vorsitzende des Deutschna-
tionalen Handlungsgehilfenverbandes (DHV) vor den Auswirkungen weib-
licher Konkurrenz, und das Gründungsstatut legte ihre Einschränkung als

72
Verbandsziel fest.210 Die Ablehnung weiblicher Erwerbstätigkeit außerhalb
weniger definierter >Frauenberufe< war Bestandteil einer wirksamen Ver-
schmelzung von effektiver Interessenvertretung und völkischer Ideologie
und ein Grund für den beispiellosen Erfolg der Deutschnationalen Hand-
lungsgehilfen, die am Vorabend des Ersten Weltkrieges rund 40 Prozent
aller organisierten männlichen Angestellten zu ihren Mitgliedern zählten.211
Bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts hinein stellte der Verband
standespolitisch-ökonomische Argumente in den Vordergrund. Wiewohl
sich die Ausdehnung der Frauenarbeit nicht auf Kosten der männlichen
Beschäftigen vollzog, sondern aus der Ausweitung des tertiären Sektors mit
erhöhter Nachfrage nach Arbeitskräften resultierte212 und selbst der DHV
einräumen mußte, daß sich ein solcher Zusammenhang nicht beweisen
ließ,213 war das Verbandsorgan »Deutsche Handels-Wacht« voll von
Beispielgeschichten, in denen die Verdrängung von Männern durch billigere
»Fräulein« geschildert wurde. 214 Daneben suchte der DHV in Leitartikeln
und Vorträgen die lohnmindernde Wirkung der Frauenarbeit nachzuwei-
sen215 und appellierte - ähnlich wie Ludwig Langemann im Fall der Lehrer-
schaft - an den >Männerstolz< der Handlungsgehilfen, indem er daraufhin-
wies, »wie unwürdig es für uns ist, uns von Frauen aus unserem Beruf
verdrängen zu lassen«.216 Diese Verdrängungsthese zielte auf Deklassie-
rungsängste ab, die, wie Zuschriften an die »Deutsche Handels-Wacht« zei-
gen, in der Angestelltenschaft tatsächlich verbreitet waren.217 Als Trägerin-
nen bürotechnischer Rationalisierung wurden die weiblichen Angestellten
zur Projektionsfläche für Angst vor Arbeitsplatzverlust und gesellschaftli-
chem Abstieg.
Andererseits läßt der Appell an den »Männerstolz« erkennen, daß der
Verband jenseits der Berufskonkurrenz in der Tradition eines misogynen
Geschlechtermodells stand, das Frauen geringschätzte und denjenigen mit
Verachtung strafte, der sich mit ihnen auf eine Ebene stellte oder noch hinter
ihnen zurückblieb. Entsprechend wurden politische Gegner mit Vorliebe
des »weibische(n) Gezänk(s)« bezichtigt oder gleich als ganze Person in
ihrer Geschlechtsidentität mit Begriffen wie »Männlein« oder »verweiblich-
te Führer« angegriffen.218
Nachdem die Berufszählung von 1898 einen erneuten Anstieg der Frau-
enarbeit im Handelsgewerbe erbracht hatte, erweiterte der Verband sein
frauenfeindliches Repertoire: Die Szenarien passiver Bedrohtheit wurden
um aktive Angriffe auf die weibliche Konkurrenz ergänzt. Die neue Strategie
zielte darauf ab zu zeigen, daß Frauen - durchgängig geringer entlohnt -
keineswegs die billigeren Arbeitskräfte seien. Die Argumentationen, derer
sich der Verband dabei bediente, knüpften an die weitverbreitete Auffassung
an, daß Frauen gänzlich von ihrer Körperlichkeit okkupiert seien und insbe-
sondere die weiblichen Sexualfünktionen eine Quelle fortgesetzter Beein-

73
trächtigung darstellten. Sich auf die Auslassungen bekannter Anthropolo-
gen und Mediziner berufend, zog der Verbandsvorsitzende Schack eine
scharfe Trennlinie zwischen den Geschlechtern und behauptete, »daß gera-
de unser Beruf dem Weibe als Geschlechtswesen verhängnisvoll wird«. 219
Durch die mehr oder minder eigenwillige Interpretation von Krankenkas-
senstatistiken suchte der DHV nachzuweisen, daß weibliche Angestellte
neben Verdauungs- und Futwicklungsstörungen vornehmlich Erkrankun-
gen des Nervensystems und der Geschlechtsorgane riskierten, letztere mit
der Folge häufiger Frühgeburten, über die wohlgemerkt nicht die Frauen
selbst, sondern »besonders die Männer ehemaliger Handlungsgehilfinnen
zu klagen« hätten. 220 Daß der Verband die angeblichen Schädigungen der
Gebärfähigkeit in den Vordergrund stellte, war nicht zuletzt seiner völkisch-
nationalistischen Orientierung geschuldet, in der die Reproduktionsfähig-
keit der Frauen über die Frage nach dem Tortbestand unseres Volkes< zum
Politikum wurde.
Die Behauptungen des DHV wurden von dem Urteil medizinischer Ex-
perten gestützt. Vor der Berliner Gesellschaft für öffentliche Gesundheits-
pflege hatte der Arzt und Privatdozent Julius Heller 1904 die Eignung von
Frauen für kaufmännische Berufe aus gesundheitlichen Gründen verneint
und den häuslichen Dienst als Paradebeispiel einer medizinisch unbedenkli-
chen und zur Ehe qualifizierenden Tätigkeit dagegen gestellt. Kein Wunder,
daß der DHV diesen Vortrag umgehend als Broschüre über die hauseigene
Verlagsbuchhandlung vertrieb.221 Auch Tageszeitungen und die Zeitschrift
der organisierten Privatbeamten beriefen sich nur zu gern auf die frauen-
feindlichen Auslassungen des Berliner Arztes, der seine Ansichten auch in
den Folgejahren vor etlichen medizinischen Gremien verbreitete.222 Die von
Medizinern und männlichen Berufsverbänden geschürten Vorurteile gegen
erwerbstätige Frauen verfehlten ihre Wirkung auf die Einstellungspolitik im
öffentlichen Dienst nicht: Der Staatssekretär im Reichspostamt wies die
sächsischen Behörden an, aufgrund der Krankheitsanfälligkeit weniger
weibliches Personal einzustellen.223
Die Krankheitsursachen lagen, so suggerierten ärztlichen Studien, in der
defizitären weiblichen Psycho-Physiologie begründet: Menstruationsbe-
schwerden, Schwangerschaften, aber auch Hysterie und Nervosität, die als
>typische Frauenleiden* galten. Ähnlich argumentierte ein Referent auf dem
Deutschen Naturforscher- und Ärztetag in Stuttgart, der einen Zusammen-
hang von Geschlechtsfünktion und Warenhausdiebstahl herzustellen suchte.
Den Grund für die Tatsache, daß die Delikte fast ausschließlich von Frauen
begangen worden seien, ortete er nicht in sozialen Verhältnissen, sondern in
der weiblichen Sexualität: Die Diebinnen, so behauptete ein Dr. Gudden aus
München, seien zum Tatzeitpunkt entweder schwanger gewesen, hätten
unter Hysterie gelitten oder gerade ihre Menstruation gehabt. 224

74
Solche Expertenurteile paßten ins Konzept des DHV, dem daran gelegen
war, die sittlich-moralische Eignung von Frauen für kaufmännische Berufe
in Frage zu stellen. Häufig kehrte er auch den Spieß um und machte sich in
herablassend-patriarchaler Manier Gedanken über die »sittlichen Gefah-
ren«, denen weibliche Angestellte an ihrer Arbeitsstelle ausgesetzt seien.
Frauenfeindlichkeit verschränkte sich hier mit dem rigiden Antisemitismus
der Deutschnationalen, denn angeblich ging die Gefährdung in erster Linie
von jüdischen Geschäftsinhabern und speziell von den - als jüdische Ein-
richtung apostrophierten - Warenhäusern aus. 1903 war von einer - so
wörtlich - »Verjudung des Geschäftslebens« die Rede, und seit etwa 1906
mehrten sich Artikel wie dieser:

»Tatsache dürfte sein, daß ein gewaltiger Prozentsatz derjenigen weiblichen Wesen,
welche jetzt zur Nachtzeit die Straßen der Großstädte durchstreifen, Töchter an-
ständiger bürgerlicher Eltern sind, aber das Unglück hatten, als junge und unerfah-
rene Dinger in das Geschäft eines Bornstein oder Bernstein hineinzugeraten.«225

Die DHV-Forderung, Arbeitgebern, denen sexuelle Übergriffe gegen weib-


liches Personal nachgewiesen wurden, künftig die Einstellung von Frauen zu
verbieten, hatte demnach nicht nur einen frauenfeindlichen, sondern auch
einen antisemitischen Hintergrund: Sie zielte über die Ausschaltung weibli-
cher Konkurrenz hinaus auf die öffentliche Stigmatisierung jüdischer Ge-
schäftsleute ab, die in der Phantasie der antisemitischen Skribenten allein für
Sexualdelikte in Frage kamen. 226
Patriarchale Besorgnis legte der DHV auch dann an den Tag, wenn es
darum ging, Frauen andere Berufsfelder vorzustellen, um den Druck auf das
Handelsgewerbe zu vermindern. Die Versuche, die Öffentlichkeit auf Alter-
nativen zur Erwerbstätigkeit im Handel aufmerksam zu machen, nahmen
seit etwa 1905 auffällig zu. In diesen Jahren zeigte sich, daß die kaufmänni-
schen Berufe auch für Frauen aus den unteren Gesellschaftsschichten immer
mehr an Attraktivität gewannen. 227 Sie stellten durch ihre proletarische Her-
kunft das Selbstbild vom mittelständischen Charakter der Handelsberufe in
Frage und schürten die ohnehin vorhandenen Deklassierungsängste.
Darauf reagierte der DHV mit der Propagierung sogenannter »Familien -
berufe«, Tätigkeiten, die »den Charakter der persönlichen Fürsorge an sich
tragen« und die sich im weitesten Sinn in Verbindung mit hausfraulichen
oder mütterlichen Tätigkeiten bringen ließen.228 1905 richtete der Verband
einen neuen Ausschuß ein, der sich ausschließlich mit der Bekämpfung der
Frauenarbeit im Handelsgewerbe beschäftigte. Unter der Leitung von Ri-
chard Döring - später ein Funktionär der antifeministischen Liga - wurden
nicht nur die DHV-Ortsgruppen zu Vorträgen über die Nachteile han-
delsgewerblicher Frauenarbeit angehalten, sondern auch Flugblätter und
Broschüren verfaßt, welche die vermeintlichen Vorzüge schlechtbezahlter

75
und minderqualifizierter Berufe wie Dienstmädchen oder Blumenbinderin
in den leuchtensten Farben schilderten.229 Die Broschüre »Was soll unsere
Tochter werden« wurde durch die Vermittlung von Lehrern und Pfarrern
rund 80.000 Mal an die Eltern von Volksschulabgängerinnen verteilt, die
vor der Berufswahl standen. 230
Die Propagierung schlechtbezahlter Frauenberufe war freilich keine Spe-
zialität des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes. Selbst das libe-
rale »Berliner Tageblatt« wollte die sonst so hochgeschätzte freie marktwirt-
schaftliche Konkurrenz dort eingeschränkt sehen, wo es sich um die
Konkurrenz der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt handelte. Das Blatt for-
derte die Rückführung von Frauen aus »Männerberufen« in »speziell weibli-
che Berufe« und pries dabei eine Liste an, die sich von den Vorschlägen des
DHV in nichts unterschied: hauswirtschaftliche Berufe, Krankenpflegerin,
Hebamme, Gärtnerin, Garköchin, Schneiderin und Putzmacherin. 231
Der DHV ging darüber noch hinaus und forcierte mit Blick auf die bür-
gerlichen Schichten die Professionalisierung ehrenamtlicher Sozialarbeit zu
sogenannten sozialen Frauenberufen im kirchlichen und kommunalen Kon-
text.232 Bereits 1905 hatte das Blatt die Leitsätze des antisemitischen Hof-
predigers Adolf Stoecker zur kirchlichen Frauenarbeit wiedergegeben. 233
Daß Stöcker, dem der Verband über die Unterstützung der Deutsch-sozia-
len Partei verbunden war, in den abgedruckten Leitsätzen auch das kirchli-
che Frauenstimmrecht befürwortete, störte die Handelsgehilfen damals
noch nicht. Sie widmeten ihre Aufmerksamkeit allenfalls dem Stimmrecht
von Frauen bei Wahlen zu Kaufmannsgerichten.234 Ihr Engagement war auf
die Beschränkung der handelsgewerblichen Frauenarbeit ausgerichtet; eine
grundsätzlich antifeministische Wendung im Sinn einer Opposition gegen
die Frauenbewegung hatte der Verband zu diesem Zeitpunkt noch nicht
genommen.
Vorerst verlagerte er sein Hauptaugenmerk auf dem Kampf gegen die
Einrichtung von kaufmännischen Berufsschulen für Frauen. Während
Handlungsgehilfinnen bis zur Jahrhundertwende in der Regel als angelernte
Kräfte beschäftigt wurden, stellte ein Regierungserlaß vom Oktober 1900
den Gemeinden frei, obligatorische Fortbildungsschulen für weibliche Han-
delsangestellte einzurichten. Die Deutschnationalen Handlungsgehilfen
befürchteten dadurch zu Recht eine Minderung des Qualifikationsvor-
sprungs ihrer männlichen Mitglieder und gingen in unzähligen Petitionen
auf Reichs-, Einzelstaats- und Ortsebene dagegen vor.235 Statt beruflicher
Qualifikation verlangten sie die Verpflichtung aller jungen Mädchen zum
Besuch hauswirtschaftlicher Fortbildungsschulen und stießen damit die vor
allem während des Ersten Weltkriegs geführte öffentliche Debatte um das
»weibliche Dienstjahr« mit an. Wie wichtig dem DFTV diese Politik war,
zeigte sich daran, daß an der Haltung zur Frauenarbeit und insbesondere zur

76
Berufsschulpflicht von weiblichen Angestellten die Einigungsverhandlung
mit dem Verband Deutscher Handlungsgehilfen scheiterte.236
Der D H V sah »in den Töchtern unseres Volkes vor allem die Mütter der
kommenden Generation«. 237 Auf das in völkischen Blättern zirkulierende
Gespenst des Geburtenrückgangs reagierte er mit der Intensivierung völ-
kischer Agitation in seinem Verbandsorgan. 238 Seit 1909 erschien eine Ar-
tikelserie, die den weit mehr als 100.000 Mitgliedern die »völkische(n)
Hochziele« des DHV nahebrachte und erstmals auf breiter Grundlage den
»Rassegedanken« diskutierte. 239 Der »germanischen Ehe« war eine eigene
Folge gewidmet. Der Artikel selektierte Kranke und Behinderte - »jedes
Leben ein Verbrechen an der Rasse« - aus der germanischen Fortpflan-
zungsgemeinschaft und verlangte die Umsetzung einer »zielbewußten
Rassenzucht«, um »Mißgeburten des Körpers und der Seele zu verhin-
dern«. 240 Ein solches Konzept war ohne die Mitwirkung von Frauen nicht
denkbar. Es sollte sich zeigen, daß die Betonung der Kategorie »Rasse« eine
Politisierung des DHV in der >Frauenfrage< nach sich zog.
1911 druckte die »Handels-Wacht« einen Vortrag des Münchner Arztes
und Hygiene-Professors Max von Gruber über »Mädchenerziehung und
Rassenhygiene« nach, der die vom DHV schon seit langem vorgebrachte
Forderung nach der Erziehung der Frauen zur Mutterschaft aufgriff und mit
rassenhygienischem Vokabular unterlegte. Von Gruber führte wortreich aus,
wie außerhäusliche Erwerbsarbeit die Reproduktionsfähigkeit von Frauen
beeinträchtigte und lag damit ganz auf der Argumentationslinie des DHV 2 4 1
Neu jedoch war, daß der spätere Mitbegründer des Bundes zur Bekämpfung
der Frauenemanzipation unter dem Beifall der Handelsgehilfen gegen »die
öffentliche Betätigung der Frauen überhaupt« zu Felde zog. Er kündigte
den Widerstand all derer an, »welche sich nicht gutwillig darein zu fügen
bereit sind, daß unser Volk am Feminismus erlahmt und verdirbt; zuerst
psychisch und dann physisch«.242
Mit dem Abdruck des von Gruberschen Referats schlug die »Deutsche
Handels-Wacht« neue Töne an. Zwar hatte das Organ des DHV gelegent-
lich Sympathie für den Kampf der Lehrerschaft gegen weibliche Berufs-
konkurrenz bekundet und in diesem Zusammenhang auch kurz die Grün-
dung des Weltbundes für Frauenstimmrechts erwähnt. 243 Davon abgesehen,
war die Frauenbewegung bisher aber kein Thema gewesen. Im Zusam-
menhang mit der publizistischen Betonung von »Rasse« und »Volk« vollzog
sich nach 1911 der Übergang von standespolitisch motivierter Frauenfeind-
schaft zu einer breiter angelegten, wenn auch immer noch in der Berufskon-
kurrenz verankerten antifeministischen Abwehrhaltung. 244
Entsprechend wurde der Deutsche Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation 1912 »aufrichtig als Kampfgenosse« begrüßt. 245 Die Deutsch-
nationalen Handlungsgehilfen, die sich nun rühmten, »immer in der vorder-

77
sten Reihe gestanden (zu) haben, wenn es galt, die fanatischen Überspannt-
heiten der Frauenrechtlerinnen geziemend zu beschränken«, druckten nicht
nur den Gründungsaufruf der neuen Organisation ab und forderten ihre
Mitglieder zum Beitritt auf,246 sondern arbeiteten in der Folge auch eng mit
der antifeministischen Liga zusammen.
Den Kontakt stellte vor allem Richard Döring her, Leiter ces Referats
Frauenarbeit und seit 1911 stellvertretender Vorsitzender des DHV.247 Er
war schon zur ersten Hauptversammlung der antifeministischen Liga als
Redner geladen und rückte dann ebenso wie der DHV-Funktionär Werner
Heinemann in den Geschäftsführenden Ausschuß und den Vorstand des
Bundes auf. Theophil Eberhard, der Geschäftsführer der Antifeministen,
gehörte ebenfalls dem DHV an.248 Döring und Heinemann publizierten im
Organ des antifeministischen Verbandes zahlreiche Artikel zur Frauenarbeit,
zur Berufsschulpflicht für Frauen und zum weiblichen Dienstjahr.249
Umgekehrt berichtete die »Deutsche Handels-Wacht« regelmäßig und in
größerem Umfang über die Aktivitäten der antifeministischen Liga und
empfahl ihre Publikationen der deutschnationalen Angcstelltenschaft zur
Lektüre.250 Bei den Handlungsgehilfentagen waren Funktionäre der Eman-
zipationsgegner regelmäßig mit Gruß- und Festreden präsent.251 Auch vor
Ort arbeiteten die beiden Verbände eng zusammen: Heinemann und Dö-
ring referierten in den Lokalvereinen der Emanzipationsgegner, Hand-
lungsgehilfen übernahmen die Saalaufsicht bei antifeministischen Veranstal-
tungen, und in Mannheim vereinte derselbe Funktionär in Personalunion
die Geschäftsführung der regionalen DHV-Niederlassung mit dem Vorsitz
der antifeministischen Ortsgruppe. 252
Der Einfluß der Kooperation machte sich im DHV an einer Ausweitung
des Themenspektrums und am veränderten Vokabular bemerkbar. Das Ver-
bandsorgan widmete nicht länger nur der Frauenarbeit im Handelsgewerbe
oder ihren vermeintlichen »rassenhygienischen« Konsequenzen Aufmerk-
samkeit, sondern setzte sich erstmals mit den politischen Zielen der Frauen-
bewegung auseinander.253 Im DHV-Jahrbuch von 1914 war dem Kampf
»gegen den Feminismus« unter der Rubrik »Staat und Gesellschaft« ein ei-
genes Kapitel gewidmet.254 Allein dieses Wort, das seit der Gründung der
antifeministischen Liga häufiger im Verbandsorgan des DHV auftauchte,
machte die Sache den Deutschnationalen schon verdächtig und legitimierte
in ihren Augen den Widerstand: »Emanzipation, Feminismus, diese Worte
deuten zur Genüge an, daß es sich um den Kampf gegen eine undeutsche
Zeiterscheinung handelt.« 255 Welche Bedeutung die deutschnationalen
Handlungsgehilfen durch den Einfluß des Bundes zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation dieser Frage nun beimaßen, wurde deutlich, als der
Verband 1913 eine neue Broschüre für seine Reihe »Vortragsentwürfe« in
Auftrag gab: Das Redemanuskript »Die radikale Frauenbewegung als natio-

78
nalc Gefahr« bereicherte fortan das Standardrepertoire der DHV-Funktio
näre in allen Ortsgruppen. 256

2 . 7 . Die Visualisierung der Andersartigkeit:


Medizin u n d Mediziner

Ebenso wie männliche Berufsverbände auf medizinische Studien verwiesen,


die den höheren Krankenstand von Frauen in bestimmten Berufszweigen
auf geschlechtsgebundene Faktoren zurückführten, beriefen sich Gelehrte
auf die Forschungen von Anatomen und Physiologen, um die mangelnde
Eignung des weiblichen Geschlechts für die geistigen Anstrengungen akade-
misch-wissenschaftlicher Studien und Berufe zu begründen. 257
Die Wissensbestände der weiblichen Sonderanthropologie, die aus phy-
siologischen Merkmalen psychische und soziale Normen ableitete, gehörten
als »Lehre von den Geschlechtsunterschieden« zum Curriculum der Medi-
zinstudenten. 258 Daher verwundert es nicht, daß viele misogyne Theorien
wiederum von Medizinern stammten - insbesondere von Anatomen, Ner-
venärzten und Gynäkologen, die zunehmend die Zuständigkeit für Frauen-
und Geschlechterfragen an sich zogen. 259
In dem Maße, wie das Gehirn als Nachweis menschlicher Singularität und
Überlegenheit zum Zentralorgan aufstieg, nahmen die Versuche zu, dort
auch den Unterschied der Geschlechter zu lokalisieren. Die Suche nach dem
materiellen Substrat der Geschlechterdifferenz entwickelte sich analog zu
einem Forschungsprozeß, der von der Betrachtung der Körperoberfläche
immer weiter ins Innere des Körpers vordrang. Anatomen wie Theodor L.W.
Bischoff und Nikolaus Rüdinger vermaßen zunächst Kopfgrößen und Ge-
hirngewichte, bis schließlich Gehirne in der Absicht seziert wurden, die
Funktionen einzelner Gehirnregionen herauszupräparieren.260 Paul Julius
Möbius stützte seine vielzitierten Behauptungen »Über den Physiologi-
schen Schwachsinn des Weibes« auf die Ausprägung bestimmter Hirn-
strukturen, die er für den Sitz definierter Fähigkeiten hielt. So ortete er etwa
eine Hirnfurche als »Zahlenorgan«, deren angeblich geringere Ausprägung
bei Frauen ihm das Fehlen mathematischer Begabung signalisierte.261 Das
»Zahlenorgan«, also die Fähigkeit zu abstrakt-logischem Denken, fehlte den
Möbius'schen Untersuchungsergebnissen zufolge auch Schwarzen.262 Das
gleiche Modell konnte also mühelos zur Ausgrenzung unterschiedlicher
Gruppen aus der Dominanzkultur benutzt werden. Moderne Techniken der
Vermessung und Sektion sollten den sichtbaren Beweis für die Devianz von
Frauen, Juden und Schwarzen gegenüber dem männlich-weißen >Herren-
menschem erbringen. Damit füngierte die Naturwissenschaft als Instrument

79
der Absicherung von Herrschaftsansprüchen: innenpolitisch gegen weibli-
che und jüdische Emanzipationstendenzen, außenpolitisch gegen koloniali-
sierte Völker.263
Es waren jedoch nicht nur die Anatomen und Physiologen, sondern auch
Vertreter der sich neu formierenden Disziplinen Psychiatrie, Psychologie
und Sexualwissenschaft, die misogyne Konzepte von Weiblichkeit entwickel-
ten. Zwar wurde Richard Krafft-Ebings Behauptung eines >natürlichen<
weiblichen Masochismus von der folgenden Medizinergeneration nicht
mehr fraglos übernommen, doch auch sie erklärte größere Sensitivität und
Passivität zum »tertiäre(n) Geschlechtsmerkmal« der Frauen.264 Das Pa-
radigma naturgegebener Geschlechterunterschiede prägte noch jene Wis-
senschaftler und Wissensgebiete, die sich revolutionär von den bisherigen
Auffassungen zu lösen meinten: Freuds Theorie des Penisneides ist inzwi-
schen hinlänglich kritisiert worden, aber auch der Nestor der deutschen
experimentellen Psychologie, William Stern, orientierte seine Studien zum
intellektuellen Verhalten ganz selbstverständlich an der Grenzlinie zwischen
den Geschlechtern.265
Entscheidend war, daß die Ergebnisse dieser Arbeiten nicht allein im
medizinisch-psychologischen Spezialdiskurs zirkulierten, sondern über die
Medien einer breiten Öffentlichkeit vermittelt und gezielt zur Diskreditie-
rung weiblicher Leistungen und Forderungen der Gegenwart eingesetzt
wurden. Die »Politisch-Anthropologische Revue« beispielsweise nutzte die
Sternsche Studie als Beleg für die These von der geistigen Minderbefähi-
gung des weiblichen Geschlechts und behauptete, sie sei »für die praktische
Kulturerscheinung der Frauenfrage« von »nicht geringer Bedeutung«. 266
Lombrosos Rede vom »dritten Geschlecht« ging, auf die Frauenbewegung
angewandt, in den populären Diskurs über und inspirierte Ernst von Wolzo-
gen zu einem Roman. 267 Nachdem die Seelenärzte im Zuge ihrer Professio-
nalisierungsbestrebungen die Definitionskompetenz für die Normierung
der Weiblichkeit an sich gezogen hatten, wurde es möglich, Frauen, die in
Mutterschaft und Hausarbeit nicht ihren »Hauptberuf« sahen, in der öf-
fentlichen Rede als »seelisch krank« zu bezeichnen. 268
Möbius' »Physiologischer Schwachsinn« wurde vermutlich weniger in der
Fachpresse als in Tageszeitungen und Verbandsblättern besprochen. Diese
Publizität machte das Pamphlet zum wilhelminischen Bestseller, der jedes
Jahr in neuer Auflage erschien.269 Der greise Leipziger Gelehrte wurde
schlagartig so populär, daß die Redaktion des »Berliner Local-Anzeigers«
ihn um den Eröffnungsbeitrag zu einer Artikelserie bat, deren Titel - »Hat
die Frauenbewegung der Frau genützt?« - die kritische Haltung des Blattes
schon im Vorfeld deutlich markierte. Der Mediziner nutzte die Gelegenheit,
die Frauenbewegung als Symptom für die »fortschreitende Entartung der
zivilisierten Völker« zu brandmarken und äußerte die Hoffnung, daß ihre

80
zwangsläufigen Mißerfolge zur Rückbesinnung auf die unumstößlichen,
weil naturgesetzlichen Geschlechtergrenzen führen würden. 270
Im Meinungsstreit um die Frauenbewegung avancierte das bereits im 19.
Jahrhundert entwickelte medizinisch-defizitäre Frauenbild zur beliebten, in
der Tages- wie Verbandspresse gleichermaßen kolportierten Argumenta-
tionsfigur. In einem Umfeld, in dem Naturgesetze längst Glaubenssätze
abgelöst hatten - oder, wie es der antifeministische Psychiater Wilhelm Brü-
gelmann formulierte, als »Vertreter der Gottheit« fungierten 271 - , kam
wissenschaftlichen wie pseudowissenschaftlichen Aussagen hohe Autorität
zu. Behauptungen, welche die Naturgesetzlichkeit bestimmter Sachverhalte
postulierten und sie mit der Aura scheinbarer Natürlichkeit umgaben, eigne-
ten sich daher besonders für hochkontroverse Gesellschaftsbereiche.
Die Naturalisierung der Politik schlug sich insbesondere in der Diskussion
um das weibliche Stimmrecht nieder. Tageszeitungen begründeten ihr Veto
gegen die politische Partizipation von Frauen mit »physiologischen Zustän-
den, die wir auch im Tierreich beobachten«. Weil sie das eigene Gesell-
schaftsmodell auf das Tierreich übertrugen, waren Wissenschaftler wie Pu-
blikum überzeugt, daß dort »dem Manne der Hauptkampf für die Existenz
der Familie« zukomme - woraus sich im Umkehrschluß folgern ließ, auch
die Politik des Deutschen Reiches sei in Männerhänden besser aufgeho-
ben.272
Vermittelt über Zeitschriften und Zeitungen, flössen die misogynen Leh-
ren medizinisch-physiologischer Experten in das Alltagswissen ein. Aber
auch umgekehrt schlugen sich populäre Vorurteile in der medizinischen
Forschung nieder. Im Zusammenhang mit der Ehekritik der radikalen Frau-
enbewegung kursierten 1905 in der Presselandschaft Gerüchte, daß »eine
große Anzahl der bekanntesten und verwegensten Führerinnen ... homose-
xuell veranlagt« seien.273 Zwei Jahre später verlieh die Studie eines Berliner
Arztes den Verleumdungen wissenschaftliche Weihen, indem sie in der Er-
kenntnis gipfelte:
»In der Tat sind die Kreise der Frauenbewegung eine wahre Fundgrube für Urnin-
denforscher und der Uranismus, der in diesen Kreisen wie eine geistige Seuche
herscht, ist nicht allein von mir beobachtet worden, wenn es auch selbstverständlich
falsch ist, jede einzelne Frauenrechtlerin für gleichgeschlechtlich zu halten.«274

Ärzte wie Laien suchten nach interpretierbaren Kennzeichen abweichenden


Verhaltens. Dabei blieb der populäre Blick an der Körperoberfläche haften
und stilisierte Kleidung, Haarschnitt und Gebaren zu Hinweisen auf homo-
sexuelle Neigungen. Anita Augsburg, jene »bekannte, in Männerkleidern
mit kurzgeschorenen Haaren herumlaufende ... Frauenrechtlerin« avancier-
te so als »Hosen-Anita« zum Lieblingsobjekt unzähliger Karikaturisten und
wurde zur sinnfälligen Inkarnation aller »Verdrehtheiten« der Frauenbewe-

81
gung. 275 Der Blick medizinischer Experten dagegen trachtete danach, die
äußere Hülle zu überwinden und in das Innere von Körper und Geist vorzu-
dringen. Sie forschten in der Physiognomie ihrer Patientinnen nach dem
»eigentümliche(n) Flackern der Urnindenaugen« oder tasteten die Vagina
auf der Suche nach dem »den Lesbierinnen eigentümlichen Rot« ab. Ärzte
wie Laien bemühten sich angestrengt um die Visualisierung der Andersar-
tigkeit und reflektierten damit einen Wissenschaftsprozeß, in dem Sichtbar-
keit zum Kriterium von Wahrheit geworden w ar. Neuartige optische Vertäh
ren und die technische Revolutionierung der Bildreproduktion ließen das
Auge über die anderen Sinneswahrnehmungen dominieren und schufen
gleichzeitig eine Projektionsfläche für die Semiotik des Abweichenden.276
Schon am Ende des 19. Jahrhunderts begannen Photographie und Kari-
katur, die Sehweisen zu bestimmen. 277 Lombroso und Möbius, aber auch
viele andere reihten endlose Bildfolgen menschlicher Physiognomien in dem
Bemühen aneinander, die sichtbaren Äquivalente der Kriminalität - im Fall
der Männer - oder der Prostitution - im Fall der Frauen - abzubilden.2"8 Die
medizinischen Darstellungen des 19. Jahrhunderts faßten die Eigenheiten
des jüdischen Körpers als Zeichen einer den Juden innewohnenden An-
dersartigkeit auf.279 Antisemitische Karikaturen übersetzten diese Vor-
stellung in die Bildersprache und machten sie so in der breiten Öffentlichkeit
populär.280 Der rubrizierende Blick der anderen machte aus Menschen Ju-
den, aus Männern Verbrecher und aus Frauen Prostituierte, »Mannweiber«
oder Lesben.281 Der Glaube an die sichtbaren Kennzeichen der Andersartig-
keit erlaubte die ebenso einfache wie scharfe Unterscheidung zwischen ge-
sellschaftlicher Zugehörigkeit oder sozialer Ausgrenzung und stellte eine
säkularisierte Variante »der von geistlicher Seite betonten Auffassung [dar],
... daß die Art des Lebens den Stempel dem Anlitz aufdrückt«.282
Die Stigmatisierung >radikaler< Frauenrechtlerinnen als Lesben gab den
Zeitgenossen die Möglichkeit, am Bild der deutschen Frau als ehrbarer
Hausfrau und Mutter festzuhalten und gleichzeitig Forderungen aus dem
Kreis der Frauenbewegung, die auf eine Veränderung des Geschlechterver-
hältnisses abzielten, als Vorstellungen einer devianten Minderheit zu igno-
rieren. Der Verdacht homosexueller Neigungen sei

»eine hinreichend deutliche Erklärung dafür, wie es hat möglich sein können, daß in
Deutschland, dem Lande der reinsten Frauen und der reinsten Frauenverehrung,
eine Bewegung hat aufkommen können, die alle menschliche Natur so sehr auf den
Kopf stellen will, wie die entartete Richtung in der Frauenbewegung es tut.«283

Die Dichotomie zwischen entarteter Frauenbewegung< und der >reinen


deutschen Frau< war zunächst im Umfeld der antisemitischen Rechten
formuliert worden. Die Antisemiten begrüßten die medizinischen Mitstrei-
ter gegen die »Tollheiten der Weiberbewegung«, befanden jedoch die »ras-

82
sisch-kulturellen Gründe und die des Familienlebens schon maßgeblich ge-
nug«, um gegen die »Feinde des wahren deutschen Weibtums, die sich seine
Befreier nennen«, einzuschreiten.284 Faktisch jedoch war die medizinische
Aktualisierung misogyner Traditionen und der rassenbiologisch begründete
Antifeminismus im wilhelminischen Deutschland eng verwoben.

2.8. Die Biologisierung der Politik: Völkische Lebensreform,


Anthroposoziologie u n d Rassenhygiene

Biologistische, und das hieß zumeist auch: rassistische Ideologeme waren


zentral für die Konstitution des Antifeminismus im wilhelminischen
Deutschland. Antisemiten und Rassenforscher, Menschenzüchter und
Germanenmythologen einte die Biologisierung sozialer und politischer Ver-
hältnisse, die es erlaubte, komplexe Sachverhalte unter Berufung auf die
Autorität naturwissenschaftlicher Tatsachen auf ein einfaches Schema zu re-
duzieren. Der gleichzeitig unternommene Rückgriff auf einen sozial ge-
wendeten Darwinismus erwies sich als gleichermaßen funktional für die
Legitimation einer Außenpolitik, die Weltgeltung beanspruchte, wie für die
Zementierung politischer Machtverhältnisse in der Innenpolitik und im Ver-
hältnis der Geschlechter.
In den Zirkeln der völkischen Lebensreform, wo etwa seit der Jahrhun-
dertwende Kulturpessimismus in Degenerationsfurcht umgeschlagen war
und man durch »Höherzüchtung« dem drohenden »Rassenverfall« beizu-
kommen suchte, spielte die Fortpflanzungsfähigkeit und -bereitschaft der
Frauen eine bedeutsame Rolle. Der Chefredakteur von »Kraft und Schön-
heit«, der Zeitschrift des deutschen Vereins für vernünftige Leibeszucht,
brachte es 1904 so auf den Punkt:
»Wenn man also den ungeheuren Einfluß des Weibes auf die Entwicklung des Ge-
schlechts anerkennt, dann wird man auch begreifen, warum die sozialen Reformen
bezüglich der Übung des Frauenloses so unendlich wichtig sind, ebenso wie man
manche der >Emanzipationsbestrcbungen< der Frauenrechtlerinnen nur mit ge-
mischten Gefühlen betrachtet, wenn man den höheren Maßstab der Gesellschafts-
und Rassenordnung anlegt.«285
Vermittelt über das Ziel einer »biologische(n) Politik«286 avancierte das Ver-
hältnis der Geschlechter zu einem breit diskutierten Thema, dessen sich
ganz unterschiedliche Strömungen der völkischen Erneuerungsbewegung 287
annahmen: Der »Vblkserzieher« des liberalen Berliner Lehrers und deutsch-
gläubigen Kirchenkritikers Wilhelm Schwaner ebenso wie der »Hammer«
des Leipziger Antisemiten Theodor Fritsch, der in seinen »Hammer-Ge-

83
meinden« eifrig für die Züchtungsgemeinschaften des Mittgart-Bundes
warb, wie sie ähnlich später von den Nationalsozialisten in den Ordensbur-
gen realisiert wurden. Aber auch Rassenforscher wie der vom DHV so hoch-
geschätze Vorsitzende der Gesellschaft für Rassenhygiene, Max von Gruber,
und die »Politisch-Anthropologische Revue«, das Sprachrohr der Anthropo-
soziologie, nahmen sich zunehmend der >Frauenfrage< an.
Die von dem ehemaligen SPD-Mitglied Ludwig Woltmann 288 begründete
»Politisch-Anthropologische Revue« hielt ihre Leser seit ihrem Erscheinen
1902 über die Absichten der Frauenbewegung auf dem Laufenden.289 Den
Stimmrechtsforderungen und der Sexualreformbewegung widmete die
Zeitschrift, eines der wichtigsten Foren für rassenhygienische und rassen-
ideologischc Konzepte, besondere Aufmerksamkeit. Vor allem aber entwik-
kelte sich das Blatt, das vor und auch noch während des Ersten Weltkriegs
zahlreiche Rassentheoretiker beeinflußte,290 zu einem Umschlagplatz für
die Verbreitung neuester >Erkenntnisse< aus Geschlechterphysiologie und
-psychologie.291 Auf diese Weise trug die Zeitschrift wesentlich zur Popula-
risierung >wissenschaftlich< untermauerter Geschlechterstereotype bei. Mö-
bius umstrittenes Traktat Ȇber den physiologischen Schwachsinn des Wei-
bes« erhielt, um nur ein Beispiel zu nennen, ein dickes Lob ob seiner
»wissenschaftliche(n) Präzisierung« von Behauptungen, für die »sich bereits
im alltäglichen Leben zwanglos Belege finden«: eine aus dem durchschnitt-
lich etwas geringeren Gehirngewicht der Frauen gefolgerte »minderwertige
weibliche Moral« und »offenkundige geistige Sterilität«, die der Rezensent
als »physiologisches Postulat« der Bestimmung zur Mutterschaft und »Ver-
antwortlichkeit für eine gesunde Fortdauer der Rasse« interpretierte. 292
Unter wissenschaftlich ambitionierten Rassenforschern blieben Möbius'
Behauptungen freilich nicht unwidersprochen. Alfred Ploetz' renommiertes
»Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie« verwies die Theorie von der
geistigen Minderbemittlung des weiblichen Geschlechts 1907 »ins Gebiet
der Fabel« - allerdings nur, um die Zulässigkeit von Frauenstudium und
Frauenberufstätigkeit aus biologischen Rücksichten wieder einzuschränken.
Mochte der Herausgeber der Frauenbewegung auch aufgeschlossener ge-
genüberstehen als viele seiner Fachkollegen - daran, daß »die Hauptaufgabe
des weiblichen Geschlechts in der Fortpflanzung der Menschheit« bestehe
und daher »die Frau als Gattin und Mutter vor der Frau als Vertreterin
geistiger Bestrebungen den Vorrang behaupten muß«, herrschte auch in
diesem Forum kein Zweifel.293
Anthroposoziologen und Rassenbiologen befürworteten die Aufwertung
der Mutterschaft im Zeichen der Rassenhygiene. Vorgeschlagen wurde etwa
die »Musterung der Frauen zur Ehe«,294 um ein, wie es hieß, »zweifelhaftes
Zeugungsprodukt« zu vermeiden.295 »Im Interesse der Zuchtwahl« erschien
die Frauenbewegung mit ihren Forderungen nach Sexualreform und öko-

84
nomischer Selbständigkeit manchen Autoren anfänglich als Verbündete. So
verfocht etwa der Prager Philosophieprofessor Christian von Ehrenfels das
Zusammenleben von Müttern mit ihren Kindern in sogenannten »Frau-
enkongregationen« als Kern einer neuen Gesellschaftsordnung. Ausgewähl-
te Männer sollten diese Frauenkonvikte zum Zweck des Geschlechtsver-
kehrs besuchen können, waren aber von allen über eine finanzielle Abgabe
hinaus gehenden Verpflichtungen gegenüber den Frauen und den von ihnen
gezeugten Kindern befreit. Als Voraussetzung dieser sogenannten »polygy-
nen« Gesellschaft galt Ehrenfels die wirtschaftliche Unabhängigkeit und
juristische Selbstständigkeit der Frauen. Daher erklärte sich seine Sympathie
für die Frauenemanzipation, die allerdings leicht ins Gegenteil umschlagen
konnte - lag doch, wie er einräumte, »der modernen Frauenbewegung
nichts ferner ..., als der Gedanke an Ermöglichung von Polygynie«.296
Von Ehrenfels, wie Alfred Ploetz Gründungsmitglied des Bundes für
Mutterschutz und Sexualreform, betrachtete seine Vorschläge als harmoni-
sche Vereinigung von sozialistischen, feministischen, bevölkerungspoliti-
schen und rassenbiologischen Reformansätzen. 297 Freilich standen seine
Ideen, wie er zugab, im Interesse der »unmittelbaren Bedürfnisse des Man-
nes«.298 Konkrete Pläne, die Frauen wirklich unabhängig gemacht hätten,
etwa die staatliche Alimentierung lediger Mütter, die unter dem Stichwort
Mutterschaftsversicherung im Mutterschutzbund wie auch im Verband fort-
schrittlicher Frauenvereine diskutiert wurden, lehnte er entschieden ab.
Sexuelle Selbstbestimmung von Frauen - im Ehrenfels'schen Sprachge-
brauch »sexuelle Damenwahl« - widerprach seinen Vorstellungen, die zwar
kulturrevolutionär daherkamen, aber die Geschlechterhierarchie unange-
tastet ließen.299 Auch Ploetz wandte sich schon bald enttäuscht von der Mut-
terschutzbewegung ab und bezweifelte ihren rassenhygienischen Wert,
nachdem sich Forderungen, nur »gesunde« Mütter zu fördern und eine
Eheverbot für »Minderwertige« zu proklamieren, nicht durchsetzen konn-
ten. 300
Wie der Prager Philosophieprofessor veröffentlichten auch andere Ver-
fechter der Rassenbiologie sowohl im Ploetz'schen »Archiv« als auch in
Ludwig Woltmanns »Politisch-Anthropologischer Revue«, in der die Frau-
enstimmrechtsbewegung von Anfang an mit Mißtrauen verfolgt worden
war.301 Seit die Differenzen mit den Sexualreformerinnen klar zutage traten,
wurde das Thema Frauenemanzipation dort nur noch mit Blick auf seine
»biologischen Gefahren« diskutiert. Als biologische Gefahr galten alle Be-
strebungen zur Revision der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, die
Frauen Alternativen zur Mutterschaft anboten. 302 Daß berufstätige oder fe-
ministisch engagierte Frauen Familie haben könnten, lag außerhalb des Vor-
stellungsvermögens der Anthroposoziologen. Ihres sozialdarwinistischen
Theorienfündamentes gemäß, hielten sie die Frauenbewegung daher für

85
»eines jener merkwürdigen Mittel der Natur ... die Fortpflanzung und Ver-
mehrung degenerierender Individuen« - in diesem Fall also der Frau-
enrechtlerinnen - »zu verhüten und sie zur Ausmerze zu bringen«. 303 Die
Vorstellung, daß sich der Feminismus in der Evolution nicht durchsetzen
werde, weil »die extremen frauenrechtlerischen Tendenzen vielfach nicht
zur Vererbung kommen, sondern immer wieder mit ihren altjüngferlichen
Trägerinnen aussterben müssen«, war weit verbreitet und wurde von den
verschiedensten Tageszeitungen kolportiert. 304
1906 hatte die »Politisch-Anthropologische Revue« der Frauenbewegung
trotz biologischer Gefahr< immerhin noch einige berechtigte Kritikpunkte
zugestanden, doch nach dem Tod Ludwig Wöltmanns verschärfte sich der
Ton zusehends. Der neue Herausgeber Otto Schmidt-Gibichenfels teilte
Wöltmanns sozialreformerische Ambitionen nicht, sondern trimmte die
Zeitschrift auf einen einseitig rassenbiologisch-nationalistischen Kurs mit
deutlich antisemitischem Einschlag.305 Die Akzentverschiebung schlug sich
auch in einem Wechsel des Untertitels nieder: Statt weiterhin eine »Monats-
schrift für das soziale und geistige Leben der Völker« zu sein, firmierte das
Blatt seit 1912 als »Monatsschrift für praktische Politik, für politische Bil-
dung und Erziehung auf biologischer Grundlage«.
Der Kurswechsel machte sich auch beim Thema Frauenemanzipation be-
merkbar. Die Koedukation galt nun als »natur- und vernunftwidrig«, 306
differenzierendere Beurteilungen der >Frauenfrage< wichen Untergangs-
szenarien.307 Otto Amnion, dessen eugenisches Hauptwerk »Die natürliche
Auslese beim Menschen« noch nach dem Zweiten Weltkrieg zum Grundbe-
stand der naturwissenschaftlichen Anthropologie in Deutschland gehörte,
sah durch die Arbeit der Frauenrechtlerinnen 1909 eine nationale Katastro-
phe heraufziehen: »Bei den Nationen, wo der Feminismus oder Ultrakapi-
talismus siegt«, befürchtete er, werde »die hieraus folgende biologische
Entartung ... den Untergang der Nation oder ihre Aufsaugung durch eine
andere Rasse herbeiführen«.308 Daß Amraon mit dieser Behauptung auf die
Juden abzielte, war jedem Antisemiten klar. Der Leserschaft wurde damit
suggeriert, daß Juden und Jüdinnen die Frauenbewegung als Instrument
ihrer Interessen benutzten.
Ähnliche Behauptungen hatte der antisemitische »Hammer« - Auflage
1902:6.000 309 - schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgestellt. Offenbar
gewannen Argumentationen, wie sie zuvor nur von kleinen Zirkeln der völ-
kisch-antisemitischen Lebensreform vertreten worden waren, während der
ersten Dekade des 20. Jahrhunderts an Seriosität und diffundierten zuneh-
mend in die wissenschaftliche und pseudowissenschaftliche Diskussion.
»Keine ärgeren Feinde unseres Volkstums« hatte es für den »Hammer«-
Herausgeber Theodor Fritsch schon 1903 gegeben, »als die an der Vernich-
tung der Weiblichkeit arbeiten«.310 Und diese Feinde waren, daran ließ der

8b
Artikel, der als Flugblatt bis 1910 in 70.000 Exemplaren aufgelegt wurde, 311
keinen Zweifel: Frauenbewegung, Judentum und Sozialdemokratie. Einem
»Hammer«-Mitarbeiter stellte sich die politische Gegenwart so dar:
»Noch ehe der politisch gleichgültige Rassen-Deutsche nur begriff, was vorging,
hörte der Jude bereits das Gras wachsen; ... So erfand er die Sozial-Demokratie und
nahm die naiven Massen unter seine Führung. Ebenso ist er mit Erfolg dabei, die
Frauen-Bewegung in seinem Sinne zu leiten.«312

Das antisemitische Hetzblatt stilisierte die Frauenbewegung nicht nur in


Analogie zu SPD und Judentum zum inneren Reichsfeind<, sondern mach-
te die Bekämpfung der Frauenemanzipation auch zur Überlebensfrage für
>Rasse< und >Volk<. Umgekehrt galten »Rassen-Verfall« und die »Verirrtheit
des modernen Denkens« als Ursache forden beobachteten »Emanzipations-
Koller der entarteten Weiber«.313
Fritsch entwickelte eine Verschwörungstheorie, gemäß der Juden planmä-
ßig durch Beeinflussung von Presse, Literatur und Theater den »Geist unse-
rer heutigen Frauen in die Irre« leiteten und durch »allgemeine Hypnose«
die Notwendigkeit einer Frauenbewegung als das Ergebnis zwangläufiger
Entwicklungen darstellten.314 Diese Sichtweise war so populär, daß Fritschs
Auslassungen beipflichtend in einer Berliner Tageszeitung nachgedruckt
wurden. 315
Im Zusammenhang mit den Diskussionen um die preußische Mädchen-
schulreform wandte sich eine Anzahl Artikel gegen weiterführende
Frauenbildung mit dem - im Umkreis frauenfeindlicher Lehrer und
Deutschnationaler Handlungsgehilfen ebenfalls verwendeten und in der
»Politisch-Anthropologischen Revue« >medizinisch< begründeten - Argu-
ment, geistige Anstrengungen unterdrücke körperliche Reifeprozesse und
mache die Mädchen somit physisch untauglich zur Mutterschaft.
Den völkischen Kulturkritikern war die Gegenwart mit ihrer Betonung
des Intellekts ohnehin suspekt. Während sich die Wissensbestände durch die
Entwicklungen in Medizin, Naturwissenschaft und Technik rapide vermehr-
ten und für den einzelnen zunehmend unüberschaubar wurden, propa-
gierten sie die Orientierung an den gleichsam naturnäheren Instanzen
»Instinkt«, »Herz« und »religiösem Gemüt«, die in der vom Produktions-
prozeß abgekoppelten, unverbildetem Frau symbolisch verkörpert wa-
ren.316
Wie sich die Ablehnung von Bildungsreformen aus dem Anti-Intellektua-
lismus der Völkischen speiste, schlugen bei der Beurteilung der Stimm-
rechtsfrage antiparlamentaristische und antidemokratische Affekte zu Bu-
che. Weit davon entfernt, den Wahlberechtigten politische Urteilsfähigkeit
zuzutrauen und in parlamentarischen Verfahren eine sinnvolle Methode
politischer Entscheidungsfindung und Konfliktlösung zu sehen, galten den

87
Hammerleuten parteipolitische Auseinandersetzungen als »widerwärtige(s)
Parteigezänk« und der eingeschränkte Parlamentarismus des Kaiserreichs als
»politischer Hexen-Sabbath« - beides Bezeichnungen, deren weibliche, im
zweiten Beispiel auch jüdische Konnotationen die Verächtlichkeit der damit
bezeichneten Gegenstände noch unterstrich.
Der »Hammer« lehnte das gleiche Wahlrecht generell ab; viel weniger
wollte er politischen Einfluß an Frauen überantworten. 317 Die akademische
Gleichberechtigung für Frauen und die Vereinsreform 1908 waren es
schließlich, die den Leipziger Justizrat Schnauß im Januar 1909 zu einer
zusammenfassenden Wertung der >Frauenfrage< herausforderte, in der sich
die Ablehnung weiblicher Berufstätigkeit und Bildung mit rassenhygieni-
schen Erwägungen und der Warnung vor einer Politisierung der Frauen
mischten.318
Die Frauenpolitik der preußischen wie der Reichsregierung hatte die Ent-
fremdung der völkischen Rechten von den staatlichen Funktionsträgern
weiter vorangetrieben. Schnauß hielt weder die regierenden Politiker noch
selbst den Kaiser aufgrund der »feministischen Anschauungen« seiner Mini-
ster für fähig und willens, den Einfluß der Frauenbewegung zurückzudrän-
gen.319 In dieser Sichtweise wurde er von altkonservativen Regierungskriti-
kern unterstützt. Ein Artikel in Hardens »Zukunft« ortete die eigentlichen
Drahtzieher der weiblichen Emanzipationsbegehren auf der Regierungs-
bank und mutmaßte 1912 im Rückblick, Fürst Bülow habe sogar das
Frauenwahlrecht durchsetzen wollen, um - ähnlich wie beim Reichsvereins-
gesetz - mit diesem Kompensationsgeschäft den Liberalen die Be-
schränkung des allgemeinen gleichen Männerwahlrechts zum Reichstag
schmackhaft zu machen.320 Als dann mit der Gründung des Deutschen Frau-
enbundes auch noch die bisher festeste Bastion der Emanzipationsgegner,
die Deutsch-Konservative Partei, ins Wanken geriet, schritt Schnauß zur
Selbsthilfe. Im Sommer 1909 rief der Justizrat, dem Beispiel eines Artikels in
der freikonservativen »Post« folgend, die »Volksgenossen« zur Gründung
einer Vereinigung auf, deren Zweck die Bekämpfung des Feminismus sein
sollte.321
Die Politisierung der Frauenbewegung war es auch, die den »Volkserzic-
her« des Berliner Lehrers Wilhelm Schwaner vom Fürsprecher »für die Erlö-
sung der Frau« - das Wort »Emanzipation« vermied er absichtlich322 - zu
einem entschiedenen Gegner machte. »In der Frauenbewegung finden wir
die geist- und gemütstarken Menschen des anderen Geschlechts«, hatte das
antiklerikale, betont nationale und an einer völkischen Lebensreform orien-
tierte Blatt weibliche Emanzipationstendenzen seit Beginn seines Erschei-
nens 1897 unterstützt. 323 Zwar ließ Wilhelm Schwaner keinen Zweifel dar-
an, daß er die Berufstätigkeit verheirateter Frauen ablehnte und die Zeit für
das allgemeine Stimmrecht - für Männer wie für Frauen - noch nicht ge-

88
kommen sah.324 Das hinderte ihn aber nicht daran, insbesondere in den
Jahren um die Jahrhundertwende bekannte Vertreterinnen der Frauenbe-
wegung - auch vom linken Flügel - zu Wort kommen zu lassen.325
Für die Unterstützung einer »maßvollen Frauenbewegung« 326 nahm der
deutschgläubige, parteipolitisch zeitweise linksliberale Herausgeber sogar
Abbestellungen von Abonnenten in Kauf, die sich in ihrer Männlichkeit
gekränkt fühlten.327 Je mehr sich jedoch die Forderungen nach beruflicher
und politischer Gleichstellung ihrer Realisierung näherten, desto mehr öff-
nete der »Volkserzieher« Gegnern und Gegnerinnen der Frauenbewegung
seine Spalten. Zwar hatte das Blatt immer schon die Wesensverschiedenheit
der Geschlechter betont, doch häuften sich im Umfeld der Vereins- und
Bildungsreform von 1908 die Artikel, die den Gattungszweck der Frau auf
die Mutterschaft einengten und ihr Leistungen auf anderen Gebieten ab-
sprachen.328 Schließlich wurde die Ablehnung auch politisch begründet:
»Das geforderte absolute Gleichmaß für beide Geschlechter bis zur Ver-
leihung des passiven Wahlrechts für die Volksvertretung und die eifrigst ver-
langte Öffnung sämtlicher Berufe entkleiden die Frauenbewegung ihres
idealen Charakters«, hieß es im Frühjahr 1908 in einer Artikelserie, die das
»Unzulängliche in der Frauenbewegung« bemängelte. 329 Frauen, die sich
ohne Ansprüche anzumelden, ausschließlich für soziale Fürsorge einsetzten,
wurden nun »Frauenrechtlerinnen in des Wortes schlimmster Bedeutung«
gegenübergestellt, die »in ihrer fieberhaften Tätigkeit, in ihrem extravagan-
ten Auftreten [und] ... ihrer Selbstüberhebung« die »Grenzen jeder erlaub-
ten Frauenemanzipation« weit überschritten. 330
Daß die Öffentlichkeit ein verzerrtes Bild von der Frauenbewegung hatte,
lag nicht zuletzt an der Berichterstattung der Medien. Während die größte
Frauenorganisation, der Bund Deutscher Frauenvereine, durch die Aufnah-
me haus- und landwirtschaftlicher Verbände zu immer vorsichtigerem Tak-
tieren gezwungen war, stellten die Zeitungen spektakuläre Positionen in den
Mittelpunkt, so daß die radikalem Forderungen einer progressiven Min-
derheit die Vorstellungswelt der Zeitgenossen prägten. In den Jahren vor
dem Ersten Weltkrieg konzentrierten die deutschen Tageszeitungen ihre
Aufmerksamkeit zunehmend auf die öffentlichkeitswirksamen Aktionen der
englischen Suffragetten und kommentierten sie unabhängig von ihrer poli-
tischen Couleur im Ton einhelligen Abscheus.331 Damit taten sie ein Übri-
ges, um die Wahrnehmung des zeitungslesenden Publikums von der Frau-
enbewegung zu verschieben und die Politisierung des weiblichen
Geschlechts gründlich zu diskreditieren.
Mit der »nun auch in Berlin einsetzenden Suffragetten-Bewegung« be-
gründete auch Wilhelm Schwaner im September 1909 die Publikation einer
Frauen-Ausgabe des »Volkserziehers«, die nicht nur Frauenstimmrecht und
Koedukation harsch ablehnte, sondern auch einen Titelaufsatz enthielt, der

89
vor misogynen und emanzipationsfeindlichen Ausfällen nur so strotzte.
»Die Frau hat keine Persönlichkeit«, war das Credo des Nervenarztes Georg
Groddeck, der Frauen für bloße Repräsentantinnen des Gattungszwecks
hielt und in ihnen die zu eigenen Leistungen unfähige »Magd« des Mannes
sah. Neben den Bemühungen, der weiblichen Existenz nicht nur die Indivi-
dualität, sondern überhaupt die Wesenshaftigkeit abzusprechen und sie auf
ein bloßes »Symbol der Welt«, auf ein »Gleichnis der Gottnatur« zu reduzie-
ren, machte Groddeck die solchermaßen entpersonalisicrten Frauen für den
Untergang der »edelste(n) Rasse der Welt« verantwortlich. Der Leitereines
Baden-Badener Sanatoriums warf dem weiblichen Geschlecht vor, aus
»Glückshunger ... slavisches und romanisches Blut mit dem unseren (zu)
vcrmisch(en) und ... jetzt gar Japanern, Chinesen und Negern europäisches
Blut« preiszugeben. Zudem schädigten Frauen durch Wohltätigkeit und
Rücksicht gegenüber Schwachen die Zukunft der Rasse.332 Weil der Feminis-
mus diese »Weibermoral« auch dem Mann beibringen wolle, hielt Groddeck
die Frauenfrage mit Blick auf die »Rassenzukunft« für das entscheidende
Problem seiner Zeit.
Mit dieser Sicht stand der badische Psychiater nicht allein. Selbst Hardcns
»Zukunft«, eines harschen Rassismus und Antisemitismus gewiß unverdäch-
tig, 333 druckte die Auslassungen des Mediziners mit der Bitte um ernstliche
Prüfung »diese(r) männischen Gedanken« nach.334
Auch anderenorts waren rassenhygienische Erwägungen ein Grund, die
Frauenbewegung als ganzes oder einzelne ihrer Tätigkeitsfelder abzuleh-
nen. Die »Staatsbürger-Zeitung« wollte Frauen aufgrund des ihnen unter-
stellten Geschlechtscharakters von gesellschaftspolitischer Mitbestimmung
ausgeschlossen sehen. Weil »nicht alles, was Menschen-Antlitz trägt, ... ein
Anrecht auf diese Bezeichnung« hat, seien »eiserne Radikalkuren« vonnö-
ten, die wohl kaum die Zustimmung von Frauen fänden, weil sie zwar »er-
halten und pflegen, nicht aber ausmerzen und reinigen« könnten. Auch Max
von Grubers Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene war mit der caritati-
ven Frauenarbeit unzufrieden und suchte nach Wegen, den Blick von der
sozialen auf die »Rassenforsorge« zu lenken und die Frauenarbeit »in neue
Bahnen zu lenken, in welchen sie der Vermehrung der Untüchtigen keinen
Vorschub leisten« konnte. 335
Die rassenhygienisch motivierte Ablehnung der Frauenbewegung häufte
sich in den völkisch-lebensreformerischen Blättern auffallend, seit von eini-
gen wenigen Frauen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung gefordert
worden war. Seitdem geisterten Phantasien von »deutsche(n) Mädchen«
durch den völkischen Blätterwald, die sich »dutzendweise stinkenden und
scheusaligen Ashantis, Zulus, Massais, Indianern und Polynesiern in geiler
Lust anbieten«. 336 Der Frauenbewegung wurden sexuelle Motive als heimli-
che Triebfeder unterstellt; aus »perverse(m) Instinkt« wolle sich das »eman-

90
zipierte Weib« von den Verpflichtungen der Ehe und Kindererziehung be-
freien, um ihre »unnatürliche(n) sexuellen Triebe« vorzugsweise mit Män-
nern »der niederen Artung« ausleben zu können. 337 Jörg Lanz-Liebenfels
verlegte sich in seiner »arisch-aristokratische(n)« Schriftensammlung »Ost-
ara« geradezu obsessiv auf den Nachweis, daß Frauen »den Mann der niede-
ren Rasse« wegen seines größeren Penis' sexuell bevorzugten. Dadurch rot-
teten sie den »heroischen blonden Mann« aus, denn qua »physiologischer
Imprägnation« - angeblich drückte der männliche Samen beim Geschlechts-
verkehr der Frau »seine Eigentumsmarke« auf - wiesen eheliche Kinder
Merkmale all jener Männer auf, mit denen die Mutter jemals zusammen war.
Wie andere Völkische verband auch Lanz-Liebenfels seine verquasten
Vorstellungen über Frauen und weibliche Sexualität mit expliziter Kritik an
der Frauenemanzipation. Das »freie Weib«, verantwortlich für »alles weltge-
schichtliche Unheil«, galt ihm insbesondere in seiner Spielart als berufstätige
Frau als »volkswirtschaftlicher Schädling«; »Frauenrechtlerei« stellte sich
ihm als »ungeheure Gefahr für die gesamte Kulturmenschheit« dar. Abhilfe
schien da nur noch die sofortige Einführung des »Männerrechts« zu ver-
sprechen, wo Frauen, nach Prostituierten und Zuchtmüttern selektiert, ka-
serniert und aus der männlichen Öffentlichkeit verbannt werden sollten.338
Lanz-Liebenfels' Pamphlete wurden in der Führungsriege des Bundes zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation rezipiert; umgekehrt berief sich der
österreichische Herrenrechtler auf die Schriften der aktiven Antifeministin
Käthe Sturmfels.339
Herrenrechtler und Rassenaufarter reduzierten die Forderungen der
Sexualreform auf rassistische und moralische Kategorien. Eine politische
Auseinandersetzung wurde überflüssig; Diskreditierung und moralische
Entrüstung genügten. Der Vorwurf überschießender Sinnlichkeit läßt sich
dabei nicht nur als Projektion eigener sexueller Wünsche deuten, sondern
auch als Replik auf die Kritik an der männlichen Sexualität verstehen, wie sie
von den in der Sittlichkeitsbewegung aktiven Frauenverbänden vorgebracht
wurde. Sie setzten männlichen Sexualansprüchen und der herrschenden
Doppelmoral die Aufforderung zur Selbstbeherrschung mit dem Argument
entgegen, »normal konstituierte Menschen« könnten »auf die Befriedigung
des Fortpflanzungstriebes verzichten«. 340 Stieß diese Argumentation schon
bei der Ärzteschaft auf heftigen Widerspruch, 341 mochte die ungewohnte
Pathologisierung der männlichen Sexualität manche Autoren dazu heraus-
fordern, nun umgekehrt weibliche Sexualität - in den Chiffren ihrer Weltan-
schauung - als >pervers< zu denunzieren. 342
Freilich konnte das Argumentationsmuster rassischer Vergessenheit< erst
in dem Maß Raum greifen, wie infolge der Kolonialpolitik andere Völker im
Bewußtsein der Zeitgenossen Gestalt angenommen hatten und die Ausdeh-
nung des Deutschen Reiches dem Nationalstaat Probleme machte - spürbar

91
etwa in der Diskussion um die deutsche Staatsbürgerschaft oder um die jetzt
nicht mehr nur religiös verstandene >Mischehenfrage<. Vor diesem Hinter-
grund boten Rassentheorien ein Muster an, die neue Vielfalt menschlicher
Erscheinungsformen hierarchisierend zu ordnen. Während die spezialisier-
ten, wenn auch nicht immer rein akademischen Wissensbestände aus An-
thropologie, Biologie und Medizin vor allem über völkisch-nationalistische
Verbände zunehmend popularisiert wurden, drangen die dort vorbereiteten
anti-sozialen und antisemitischen Konnotationen zunehmend in die sich als
wissenschaftlich verstehende Rassenkunde ein. Ein Wissenszweig, der sich
die Erforschung von Fortpflanzung und Vererbung zur Aufgabe machte,
hatte sich zwangsläufig mit Geschlechtsfonktionen zu beschäftigen. Daß die
Rassenhygiene sich aber fast ausschließlich auf den Beitrag der Frauen
konzentrierte, lag weniger an der Gebärfähigkeit des weiblichen Geschlechts
als an Denktraditionen, die nicht Männer, sondern nur Frauen als Ge-
schlechtswesen wahrnahmen. 343 In die Bewertung der Bedeutung von Mut-
terschaft flössen gleichfalls keine wissenschaftlichen, sondern moralische
Standards ein, die sich wenn nicht an der Ehe, so doch in jedem Fall an
einem patriarchalischen Unterordnungsverhältnis orientierten. Wenn dann
weiterhin aus Vererbungslehren politische Forderungen abgeleitet wurden,
geriet die Rassenkunde - von anderen problematischen Folgerungen abge-
sehen - zwangsläufig in Konflikt mit dem Selbstbestimmungsrecht der
Frau.344
Es gab nur wenige Stimmen, die in der Einschränkung weiblicher Auto-
nomie nicht das beste Mittel zur Volksvermehrung sahen. Lediglich ein
Aufsatz in der renommierten »Zeitschrift für Socialwissenschaft« stellte ei-
nen anderslautenden Bewältigungsversuch dar. Der holländische Autor
Steinmetz, ein Bewunderer Schallmeyers, schlug vor, auf frauenpolitische
Forderungen einzugehen, um dadurch dem Emanzipationsstreben den
Gegenstand zu nehmen und insbesondere die »begabte Frau« als Trägerin
wertvoller genetischer Eigenschaften mit Ehe und Nachkommenschaft aus-
zusöhnen. Er distanzierte sich von antifeministischer Gegenpropaganda
ebenso wie von der Ariervergötterung mancher Rassenforscher und hoffte,
daß eine streng wissenschaftlich betriebene Rassenkunde zur Verbreitung
einer »Rassenmoral« führen könnte, die Frauen dazu bringen würde, ihre
Reproduktionspflichten zu erfüllen. Zwar beurteilte er die Chancen zur Be-
kämpfung des Feminismus skeptisch, dennoch schienen ihm publizistische
Moralpredigten und gesetzliche Regelungen, die etwa die Geburtenkon-
trolle verhindern sollten, keine adäquaten Lösungsmöglichkeiten zu sein.345
Damit stand Steinmetz in seiner Zunft freilich allein. Rassen- und Ge-
sellschaftshygiene, das hatte der »Hammer« schon 1905 gewußt, mußten
notwendig »im Grunde anti-feministisch sein«.346

92
2 . 9 . >Weibliche< nationale Schutzarbeit contra
>unweibliche< Emanzipation: Deutschvölkische und
nationalistische Interessenverbände

Neben Antisemiten, völkischen Lebensreformern und Rassenideologen


stellten deutschvölkische und nationalistische Interessenverbände eine wei-
tere wichtige Bastion des wilhelminischen Antifeminismus dar, neben den
Alldeutschen allen voran die im Bund der Landwirte zusammengeschlosse-
nen Agrarier. Der finanzkräftige und mitgliederstarke Verband - er umfaßte
I vor dem Ersten Weltkrieg rund 330.000 Einzelmitglieder - gründete seine
politische Macht auf die enge Verklammerung mit der nationalliberalen und
freikonservativen, insbesondere aber mit der Deutsch-Konservativen Partei.
Gegen die Verpflichtung auf ihr Wahlprogramm stellte die von preußischen
Großgrundbesitzern dominierte Organisation Finanzmittel und die Unter-
stützung ihres leistungsfähigen Presseapparats zur Verfügung. Der BdL gab
neben seiner »Korrespondenz« mit der »Deutschen Tageszeitung« und dem
»Berliner Blatt« zwei Tageszeitungen heraus und unterhielt ein modernes
Zeitungsarchiv, das den ihm nahestehenden Abgeordneten - im Reichstag
etwa ein Viertel, in Preußen circa ein Drittel der Mandatsträger - als wert-
volle Informationsquelle diente. 347 1899 legten die Archivmitarbeiter des
Agrarierverbandes eine Sammlung von Zeitungsausschnitten zur Frauen-
frage an, ein Zeichen dafür, daß die Frauenbewegung zum ernstzunehmen-
den politischen Faktor avanciert war. Die Pressemappen enthielten nicht nur
Berichte über Aktionen und Versammlungen verschiedener Frauenvereine,
sondern dokumentierten auch die Haltung der Parteien zur >Frauenfrage<.
Skeptische und ablehnende Artikel fanden sich darin besonders häufig. Sie
belegen ebenso wie die farbigen Unterstreichungen antifeministischer Ge-
neralsätze, auf wessen Seite der BdL und die Benutzer dieser Materialsamm-
lung standen. 348
Die grundsätzliche Gegnerschaft zu weiblichen Emanzipationskonzepten
schlug sich in den Äußerungen der agrarischen Pressure-group auf sehr un-
terschiedliche Weise nieder. Die Mitgliederkorrespondenz widmete sich
ebenso wie die jährliche Generalversammlung fast ausschließlich wirtschafts-
und standespolitischen Fragen. Lediglich 1913, als sich die Jahresversamm-
lung im Vorfeld der preußischen Landtagswahlen mit dem Programm der
SPD auseinandersetzte, kam auch das Frauenstimmrecht zur Sprache. Unter
dem Beifall der versammelten Agrarier machte der Landtagsabgeordnete
Ahrens aus seinem Standpunkt keinen Hehl: »Wir glauben, unsere Töchter
haben etwas Besseres zu wählen als einen Abgeordneten, nämlich ihren
Ehegatten« - hier verzeichnete das Protokoll Heiterkeit - »und wenn sie
damit fertig sind, dann haben sie ihre Kinder zu erziehen und sie zu guten,
brauchbaren, tüchtigen, strammen Preußen und Deutschen zu machen.« 349

93
Die Standesinteressen der Agrarier wurden von der Frauenbewegung nicht
berührt. Es waren politisch-ideologische Gründe, die den BdL zum Wider-
spruch herausforderten.350
Die Tagespresse des BdL, die »Deutsche Tageszeitung« und ihre Mon-
tagsbeilage, die »Zeitfragen«, profilierten sich dagegen als Forum antifemi-
nistischer Kritik. »Vom Standpunkt des Deutschtums und des Christen-
tums« galten ihnen die Forderungen der Frauenrechtlerinnen als geradezu
kulturrevolutionär. »Unsere Kultur beruht auf dem Hause, auf der Familie.
Wer diese Grundsäule zerstört oder lockert, der arbeitet an dem Ruine der
Kultur«, war das sattsam wiederholte Credo. 351 Von dieser Position aus lie-
ßen sich Ehereform und Mutterschutzbewegung, Stimmrechtswünsche und
die Versuche, männliche Berufsdomänen zu erobern, gleichermaßen ab-
weisen.
Bei der überwiegend ländlichen Klientel der »Deutschen Tageszeitung«
spielten die im städtischen Raum weit bedeutsameren Fragen der weiblichen
Bildung und außerhäuslichen Berufsarbeit nur eine untergeordnete Rolle.
Mädchengymnasien und Hochschulen waren in weiter Ferne, Arbeitsplätze
außerhalb von Landwirtschaft und Kleingewerbe rar, und Familienstruktur
sowie Heiratsverhalten folgten traditionelleren Mustern als in urbanen Zen-
tren. Zudem waren 85 Prozent der BdL-Mitglieder Kleinbauern, die nicht
einmal ihre Söhne, geschweige denn ihre Töchter studieren lassen konnten
und wollten. Bei soviel sozialer und räumlicher Distanz fiel es nicht schwer
zuzugestehen, daß »kein verständiger Mensch« etwas »gegen eine ver-
nünftige Frauenbewegung, die dem weiblichen Geschlechte mehr Bildungs-
und mehr Erwerbsmöglichkeiten eröffnen will«, einzuwenden habe, solan-
ge die beruflichen Interessen von Männern davon nicht tangiert wurden. 352
Ungleich größere Erregung riefen dagegen die Vorschläge zur Ehe- und
Sexualreform hervor. »Frauentum und Frauenehre«, wetterte eine Autorin
in der »Deutschen Tageszeitung«, würden dadurch geradezu »mit den Fü-
ßen getreten«. Nur die Ehe allein, war sie überzeugt, »heiligt das geschlecht-
liche Zusammenleben und erhebt es über die viehische Begierde«. In seinem
Nachwort begrüßte der Herausgeber, daß immer mehr »mutige Frauenher-
zen« gegen die »Umwandlung unserer bisherigen Moralbegriffe« prote-
stierten. 353 Und die »Deutsche Volkskorrespondenz« befand, es werde
»höchste Zeit, daß alle anständigen Frauen in Deutschland zusammen-
treten, um gegen solche Verschrobenheiten Verwahrung einzulegen«. 354
In den Entgegnungen verschmolzen christlich-patriarchalische Wertvor-
stellungen mit rassistisch begründetem Antisemitismus und einem germa-
nisch imprägnierten extremen Nationalismus. Zahlreiche - vermutlich ver-
heiratete - Autorinnen meldeten sich zu Wort und protestierten gegen die
Gleichstellung der »gefallenen Mädchen« mit »sittlichen«, verehelichten
Müttern durch die Mutterschutzbewegung, deren Forderungen sie als An-

94
griff auf ihre »Ehre« als »deutsche Frau« werteten. Ältere Vorstellungen von
Geschlechtsehre wurden nationalisiert und mit »deutsche(n) Ideale(n)« wie
Beherrschung der Sexualität, Treue und Patriotismus gefüllt. Eine Ver-
letzung dieser Regeln stellte somit nicht länger nur einen Angriff auf die
Sexualmoral einzelner Individuen, sondern eine Attacke auf die nationale
Identität dar. Diese Tugenden wurden als >germanisch< ausgegeben. Sie
waren in den Augen der Deutschvölkischen nicht nur die Voraussetzungen
für die territoriale Expansion des Deutschen Reiches, sondern zugleich ihre
Legitimation. Umgekehrt erklärte man sich mißliebige Zeiterscheinungen
wie die Mutterschutzbewegung durch den Verlust der »herrschende(n) Stel-
lung und sittlichen Grundsätze der Germanen« sowie in der »Völkervermi-
schung der verschiedensten Rassen«. Daß der »rassenreine Deutsche« zum
Kampf gegen diese »undeutsche(n) Einflüsse« aufgerufen wurde, belegt,
daß der Begriff der Nation im Umkreis der »Deutschen Tageszeitung«
längst rassistisch definiert war.355
Um die Frauenbewegung bei der antisemitischen und antisozialistischen
Leserschaft der »Deutschen Tageszeitung« zu diskreditieren, genügte es
daher, Frauenbewegung mit Sozialdemokratie und Judentum gleichzuset-
zen und alle drei der »Internationalität« zu bezichtigen:

»Die Vertreterinnen der Frauenbewegung ... halten alles Nationale für einen ver-
alteten, zu überwindenden Überrest aus barbarischen Zeiten, genau wie die Sozial-
demokratie. Die Führerinnen stehen so gut wie ausnahmslos überhaupt auf den
Boden der Sozialdemokratie oder dieser jedenfalls sehr nahe. Mit wenigen Ausnah-
men gehören hier wie dort die Führerinnen der jüdischen Rasse an, und auch das ist
sehr bezeichnend, denn ganz abgesehen von den eigentlichen politischen Zielen liegt
für jene ja die internationale Idee im Blut.«356

Die agrarische Presse rekurrierte immer wieder auf binäre, sich gegenseitig
ausschließende Oppositionen wie die Gegensatzpaare deutsch/jüdisch und
national/international. Indem sie der Frauenbewegung die Attribute »jü-
disch« und »international« beilegte, war der Leserschaft damit gleichzeitig
bedeutet, daß diese Bestrebungen fundamental den nationalen deutschen
Interessen zuwiderliefen.
Die Frauenbewegung schien den Agrariern auf eine »Revolution unseres
gesamten geistigen, wirtschaftlichen und politischen Lebens« abzuzielen
und damit nur die »Fahne der Sozialdemokratie« voranzutragen. 357 Die For-
derung bürgerlicher Gleichheit erschien als »Kampf der Geschlechter bis
aufs Messer«, der die Feministinnen mit ihren »hyper-modernen Anschau-
ungen« entweiblichte und in ein »bizarres Zwitterding« verwandelte. Vor
allem die Sozialistinnen, freundlich mit »Bruthennen des Dogmas Marxens«
tituliert, wurden gern unter Rückgriff auf einen Roman Ernst von Wolzo-
gens als »drittes Geschlecht« charakterisiert und damit außerhalb jener Na-

95
turordnung gestellt, auf die sich die Agrarierpresse zur Absteckung der Ge-
schlechtergrenzen ansonsten berief.358
Daneben hatte die »Deutsche Tageszeitung« aber auch den >radikalen<
Flügel der Frauenbewegung im Visier. Kaum eine Veranstaltung des Verban-
des fortschrittlicher Frauenvereine blieb unkommentiert. Die Titulierung
»Fortschrittsdamen« hatte dabei durchaus parteipolitischen Nebensinn; ver-
dächtigte man sie doch nicht ganz zu Unrecht liberaler Sympathien. Der
Antifeminismus des BdL speiste sich also zu einem wesentlichen Teil aus
seiner innenpolitischen Frontstellung gegen Sozialdemokratie und Libera-
lismus und war Ausdruck parteipolitischer Konkurrenzkämpfe. Darüber
hinaus aber wirkten die parteipolitischen Charakterisierungen als willkürlich
verwendete Chiffren, auf deren Signalwirkung die Urheber vertrauen konn-
ten. Die im Umkreis des BdL formulierte antifeministische Terminologie
bediente sich aus dem vorhandenen Fundus nationalistischer und anti-
semitischer Feindbilder, indem sie einzelne Versatzstücke herausbrach und
die Stereotype neu kombiniert auf die Frauenbewegung anwandte.
Dieses Strukturmuster kennzeichnete ebenso wie die Zuschreibung der
Trias international/jüdisch/sozialistisch bzw. liberal auch den Umgang an-
derer völkischer und nationalistischer Verbände mit der >Frauenfrage<. Kein
Wunder, gab es neben der ideologischen Nähe doch auch häufig personelle
Überschneidungen. Ernst zu Reventlow, der »zweimal tägliche Leitartikler
der >Deutschen Tageszeitung<«,359 war nicht nur der außenpolitische Exper-
te des BdL, sondern auch Vorstandsmitglied im Alldeutschen Verband und
später im Führungsgremium des Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation vertreten. 1909 veröffentlichte er in den »Alldeutschen Blät-
tern« einen Leitartikel, der die Frauenrechtlerinnen der »nationale(n) Zer-
setzung« beschuldigte und fast wortwörtlich seinen Auslassungen in der
BdL-Presse glich:

»Die Nation ist ihnen eine in sich unbegründete, zum mindesten aber veraltete
Form, die je eher, desto besser in Trümmer geschlagen werden muß. ... Die tätigsten
und einflußreichsten Führerinnen der Frauenbewegung gehören ihrem politischen
Glaubensbekenntnis nach der Sozialdemokratie an oder stehen ihr jedenfalls sehr
nahe. ... Fast ausnahmlos gehören die ihr nahestehenden Frauenrechtlerinnen einer
Rasse an, für welche Internationalität und daraus erwachsende Auflösung der natio-
nalen Zusammenhalte, Festigung der eignen über alle Länder sich ausbreitenden
Rassenzusammengehörigkeit bedeutet.«360

Politikern und Behörden warf Reventlow vor, »im Gedanken, modern und
mit der Zeit fortschreiten zu sollen, jenen Hauptgesichtspunkt [i.e. das »na-
tionale Interesse«, U.P] mitunter außer Acht« zu lassen.361 Den Einwand
Elisabeth Krukenbergs, die in der alldeutschen »Rheinisch-Westfälischen
Zeitung« die Frauenbewegung als Faktor »nationaler Stärkung« reklamier-

96
te, wischte die Redaktion kurzerhand beiseite: Krukenberg in ihrer »Kreuz-
nacher Idylle« könne nicht die »Suggestionskraft dieser Damen mit den
mehr oder minder kurz geschnittenen Haaren« in einer »Weltstadt wie Ber-
lin« ermessen.362
Reventlow machte deutlich, daß es ihm weniger auf die tatsächliche
Parteizugehörigkeit zur SPD ankam, als auf »die innere Richtung, die sie
von unserem nationalen Standpunkt gesehen, verkörpert«. Andererseits war
es aber tatsächlich das Stimmenpotential der städtischen Arbeiterinnen, das
ihn wie auch andere Alldeutsche das weibliche Stimmrecht fürchten ließ.363
Seit die Sozialdemokraten die größten Partei im Reichstag stellten, setzten
sich im Mai 1912 - parallel zur Konstituierung des antifeministischen Bun-
des - auch alldeutsche Ortsgruppen mit dem Frauenstimmrecht auseinan-
der.364 Realpolitische Erwägungen und ideologische Überformung lagen bei
den Gegnern der Frauenemanzipation eng beieinander.
War die Furcht vor der Sozialdemokratie ein wichtiges Movens anti-
feministischer Haltungen, wurde umgekehrt das Geschlechterverhältnis für
die Begründung antisozialistischer Propaganda herangezogen. Der Reichs-
verein berief sich zur Legitimation gesellschaftlicher Standesunterschiede
auf das verbreitete Modell dualistischer Geschlechtscharaktere. »Der Unter-
schied zwischen Mann und Frau ist nicht aufzuheben«, hieß es apodiktisch.
Schon damit sei das Ziel des Sozialismus, die Gleichheit aller Menschen, ad
absurdum geführt.365
So sehr die deutschvölkischen und nationalistischen Verbände die politi-
sche Betätigung von Frauen »unter allen Umstände für verderblich« hiel-
ten, 366 so wenig konnten und wollten sie aber dennoch auf die Mitarbeit von
Frauen in ihren eigenen Reihen verzichten. Der Bund der Landwirte hatte
sich schon 1904 beklagt, daß Frauen an seiner Generalversammlung nicht
teilnehmen durften. 367 Offenbar wurde in den folgenden Jahren das preußi-
sche Vereinsrecht gegenüber den nationalistischen Vereinigungen laxer ge-
handhabt, denn schon zwei Jahre später begrüßte der Reichstagsabgeordne-
te Max Liebermann von Sonnenberg »nach langer Zeit wieder einmal«
Frauen zur BdL-Hauptversammlung und hoffte, daß sie zukünftig »in je-
dem Jahre in steigender Anzahl wiederkehren«. 368
Auch der Alldeutsche Verband entdeckte allmählich das brachliegende
Potential seiner weiblichen, zunächst nur über die Ehemänner angeschlosse-
nen Mitglieder. Bereits um die Jahreswende 1904/05 hatten sich Frauen der
Berliner Ortsgruppe zu einem Wohltätigkeitsausschuß zusammengefun-
den. 369 Doch erst nachdem 1907 einige Frauen die Einrichtung eines ko-
lonialen Frauenausschusses angeregt hatten, begann der Verein über die
Einbindung der alldeutschen Frauen nachzudenken. Zwar kam der Frauen-
ausschuß nicht zustande, um dem gerade gegründeten Kolonialen Frauen-
bund keine Konkurrenz zu machen. Doch gab die Geschäftsstelle nun ein

97

( Bayerische )
Staatsbibliothek i
I München )
Hinvveisblatt heraus, das den Rahmen der alldeutschen »nationale(n) Hilfs-
arbeit« für lokale Frauenvereinigungen absteckte.3"0 Ende Mai 1907 rief der
Alldeutsche Verband zur »öffentliche(n) Betätigung der deutschen Frau im
Dienste des nationalen Gedankens« auf. Die vorgeschlagenen Aktionen un-
terschieden sich kaum von den Zielsetzungen vieler Organisationen, die sich
der Frauenbewegung zurechneten: Einrichtung von hauswirtschaftlichen
Ausbildungskursen, einer Leihbücherei und Stellenvermittlung, Arbeiten in
der Familienpflege und in Kinderkrippen, gesellige Veranstaltungen mit be-
lehrenden Vorträgen, die Gründung eigener, in diesem Fall deutschspra-
chiger Schulen. Begründet wurde der Aufruf damit, daß im »Zeitalter der
sozialen Fürsorge« die traditionelle Frauencaritas sich zur »selbständigen
Tätigkeit der Frau in Kranken- und Gemeindepflege, in Vormundschaft,
Waisenfärsorge« erweitert habe. Tätigkeitsfelder, die ursprünglich die Frau-
enbewegung erschlossen hatte, wurden, von emanzipatorischen Ansprü-
chen gereinigt, allmählich in die Arbeit der nationalistischen Verbände inte-
griert.371 Dieses Konzept erwies sich als erfolgreich: Allein die Danziger
Frauengruppe zählte im Folgejahr 128 Anhängerinnen. 372 Auf die Vollmit-
gliedschaft mußten die alldeutschen Frauen freilich noch bis 1916 warten,
als der Verband im Zuge der Erschließung neuer Finanzquellen sich seiner
weiblichen Sympathisanten erinnerte. 373
Anfang 1908 forderte der Deutschbund seine weiblichen Anhänger auf,
unter Sozialdemokratinnen und ihren Kindern Stimmung gegen die SPD
zu machen. 374 Der Reichsverband gegen die Sozialdemokratie, ein aus
dem Deutschbund hervorgegangener Zusammenschluß nationalistisch-
regierungstreuer Politiker und der Großindustrie, der mit dem Alldeutschen
Verband institutionell verflochten war,375 verlangte von den ihm naheste-
henden Frauen »kräftiges Nationalbewußsein« und praktische »Betätigung
der Vaterlandsliebe«.376 Wie auch der BdL erwartete er angesichts bevorste-
hender Wahlen von »deutschnational gesinnte(n) Frauen«, daß sie ihre Ehe-
männer zum Urnengang anhielten - selbstverständlich nicht zugunsten der
Sozialdemokratie.377
Daß diese »nationale Schlitzarbeit« politischen Charakter habe, wiesen
die deutschnationalen Organisationen weit von sich. Schließlich brauchten
Frauen »dabei nicht flammende Reden zu halten oder sonst aus den durch
die Gesellschaft gezogenenen Grenzen herauszutreten«. 378 Sofern die eige-
nen Interessen dadurch befördert wurden, war aber selbst das tolerabel. Der
Reichsverband gegen die Sozialdemokratie begrüßte lautstark die Grün-
dung eines englischen Schwesternvereines, in dem sich v or allem Frauen als
Rednerinnen betätigten, die, so hoffte man, sich auch energisch gegen das
Frauenstimmrecht einsetzen würden. 379
Entsprechend traf die Bildung der englischen Women's National Anti-
Suffrage League in ultrarechten Kreisen auf enthusiastische Zustimmung.

98
Kurz nachdem das neue preußische Vereinsrecht Frauen die Mitarbeit in
politischen Vereinigungen offiziell ermöglicht hatte, empfahl Emma Wehr,
als Antifeministin bereits im »Hammer« in Erscheinung getreten, das eng-
lische Vorbild in der »Deutschen Tageszeitung« »ehrenhaften« und
»einsichtigen Hausfrauen« angelegentlich zur Nachahmung. 380 Auch der
Reichsverband gegen die Sozialdemokratie hatte gegen die politische Be-
tätigung von Frauen nichts einzuwenden, sofern sie seinen Zwecken diente:

»Es ist mit Freuden zu begrüßen, daß die deutschen Frauen immer mehr daran
denken, sich mit den Fragen des politischen Lebens zu beschäftigen. Gerade in un-
seren Zeiten, in denen der Kampf um die Jugend heiß entbrannt ist, kann die Mutter
den heranwachsenden Kindern, die ins öffentliche Leben hinaustreten, oft die beste
Eührerin und Beraterin sein.«381

Eine Neubestimmung des Politikbegriffes ermöglichte die rhetorische Vol-


te, der politischen Betätigung von Frauen zuzustimmen und gleichzeitig die
Politisierung des weiblichen Geschlechts abzulehnen. Das Wort Politik,
so erfiihr die geneigte Leserin aus einer vierseitigen Denkschrift, die der
Rcichsverband etwa zeitgleich mit der Gründung des Bundes zur Bekämp-
fung der Frauenemanzipation verbreitete, werde nämlich in zweierlei Hin-
sicht gebraucht: Es bezeichne die praktische Betätigung der Vaterlandsliebe
genauso wie die Parteipolitik.382 Für den Streit der Parteien und Wirtschafts-
verbände erschienen Frauen qua Geschlecht denkbar ungeeignet:

»Die politische Arbeit erfordert besonders in Zeiten der Wahl und der parlamentari-
schen Arbeit eine solche stetige Arbeitskraft und körperliche Widerstandsfähigkeit,
daß die Frau, die infolge der regelmäßig wiederkehrenden, von der Natur verlangten
Schonungszeiten nicht fortwährend in gleichmäßiger Kraft tätig sein kann, hier oft
versagen würde.«383

Während Frauen einerseits kraft ihrer Sexualfonktionen aus jenen Sphären


der Politik, in denen die Entscheidungen fielen, ausgeschlossen wurden,
erklärte der Reichsverband sie andererseits eben wegen ihrer Mütterlichkeit
zu geborenen »Priesterinnen der Vaterlandsliebe«. Deren Hauptaufgabe
bestand freilich darin, Ehemann, Söhne und Brüder zur Wahl der nichtigem
Partei zu bewegen. Dennoch gab sich der Autor alle Mühe, aufgeschlossen
und >modern< zu erscheinen. Er bekundete sein Verständnis für die wirt-
schaftliche Notwendigkeit der Frauenbewegung, setzte sich - vertrauend
auf die Selbstregulierungskräfte der »Natur« - für freie Berufswahl ein und
erwog sogar, ob, Frauenwahlrecht vorausgesetzt, eine Partei »treuer Mütter
und in sozialer Liebesarbeit bewährter und ausgereifter Frauen« nicht das
Gesamtwohl entscheidend befördern könnte. Soweit im Entgegenkommen
fortgeschritten, gab der Reichsverband nun seine Bedingungen für die
Akzeptanz der Frauenbewegung zu erkennen: »Unabhängigkeit von der

99
Sozialdemokratie und gänzlich los von dieser!« Und solange sich etliche
Millionen Deutsche beiderlei Geschlechts noch der Sozialdemokratie ver-
bunden fühlten, sei an das Frauenstimmrecht ohnehin nicht zu denken.384
Mit einer auch nur irgendwie auf liberale Reformen abzielenden Frauen-
bewegung, das war somit klargestellt, war an eine Zusammenarbeit nicht zu
denken. Doch gab es genug Frauen, die die politische Überzeugung der
nationalen Verbände teilten und auch die dort abgesteckten Grenzen befür-
worteten. In den Wochen nach der medienwirksamen Gründung des anti-
feministischen Bundes akzentuierte die Gräfin Keyserlink-Rantenburg in der
»Kreuz-Zeitung« ihre Vorstellung weiblicher Innenpolitik: »Wir müssen
den Geist der Liebe zur Scholle, der Treue zur Monarchie und zum Glauben
stählen, die Widerstandsfähigkeit stärken gegen die Sozialdemokratie, gegen
das Andrängen zur Abwanderung«. Das könne in aller Stille geschehen,
indem Frauen »gute Blätter« verteilten und Familienabende oder Vorträge
veranstalteten. Auch in der Stadt »können wir Frauen Unglaubliches leisten
auf politischem Boden ... an unserer Gemüsefrau, wie an dem Manne, der
uns die Kohlen bringt, bei unseren Lieferanten wie an deren Angestellten.«
Sogar der »Kampf zur Erhaltung des Deutschtums gegen Polonisierung und
Katholisierung« in der Ostmarkenpolitik schien der (vermutlich) ostelbi-
schen Adeligen möglich zu sein, »ohne aus dem Rahmen der Weiblichkeit
und der Frauenwürde herauszutreten«. 385
Die allgemeine Tendenz zur Politisierung machte auch vor den Frauen am
äußersten rechten Rand des politischen Spektrums nicht Halt. Die Mobi-
lisierung von Sympathisantinnen als propagandistische Hilfstruppe nationa-
listischer Verbände basierte auf einem unpolitischen Politikbegriff, der zwi-
schen positiv bewerteter »vaterländischer Arbeit« im deutschnationalen,
völkischen oder konservativen Sinn und »unweiblicher«, mit »Parteihader«
befrachteter Politik im engeren Sinn unterschied, sobald es die Belange des
innenpolitischen Gegners in Gestalt von Liberalismus und Sozialdemokratie
betraf. Hier begann die Ablösung des Begriffs Frauenpolitik von den poli-
tisch emanzipativ-liberalen Inhalten, mit denen er sich bislang verbunden
hatte, und seine Übernahme durch die politische Rechte, was später in die
Rede von der »nationalsozialistischen Frauenpolitik« münden sollte.

2.10. Politik u n d Parteien

Die Stellung der Frauen im öffentlichen Leben beschäftigte die Parteien im


Deutschen Reichstag weitaus weniger, als es die Aktionen der Frauenverbän-
de und die regen Diskussionen der Zeitgenossen in der Tages- und Ver-
bandspresse vermuten lassen. Erst im Februar 1895, fast ein halbes Jahrhun-
dert, nachdem Louise Otto und ihre 1848er Mitstreiterinnen Bürgerrechte

100
auch für den weiblichen Teil der Bevölkerung eingeklagt hatten, forderte
August Bebel vor dem Hintergrund der Konstituierung des Bundes Deut-
scher Frauenvereine die Parteien des Reichstags auf, das Wahlrecht auf das
weibliche Geschlecht auszudehnen. Der Antrag wurde abgelehnt; die mei-
sten Fraktionen ließen sich auf eine Erörterung erst gar nicht ein.
Lediglich die Deutsch-Konservative Partei mochte sich nicht dem Vor-
wurf der frauenpolitischen Indifferenz aussetzen. Indem sie die Teilnahme
religiös gesinnter Frauen und konservativer Männer an der Frauenbewe-
gung betonte, machte sie deuüich, daß sie nicht gewillt war, dieses Politik-
feld allein der Sozialdemokratie zu überlassen. Offensichtlich hatte nicht nur
Adolf Stoecker das Potential erkannt, das die Mitarbeit von Frauen in Diako-
nie und Innerer Mission barg. Allerdings dachten die Konservativen weniger
an politische Partizipation denn an die Ausdehnung weiblicher Berufschan-
cen im Erziehungswesen sowie im Rahmen der kirchlichen Kranken- und
Armenpflege. Dahinter stand eine doppelte Absicht: mit Hilfe weiblicher
Fürsorge die gesellschaftlichen Spannungen abzumildern und zugleich »ge-
bildeten älteren unverheirateten Mädchen« eine »bürgerliche Existenz« zu
sichern.386 Die >Frauenfrage< war in dieser Hinsicht auch eine Klassenfrage,
und so mancher Abgeordnete dachte und handelte als Vater. Bürgerliche
Mädchen heirateten im 19. Jahrhundert später als zuvor und, so glaubten
jedenfalls die Zeitgenossen, seltener.387 Vor allem in den Familien der mittle-
ren und unteren Beamten verdeckte der »demonstrative Müßiggang« der
Ehefrauen und Töchter nur mühsam die >verschämte< Heimarbeit.388 Hinter
dem Bemühen der Frauenbewegung um die Erweiterung weiblicher Tätig-
keitsfelder stand - nicht nur aber auch - ökonomische Notwendigkeit.
Doch nicht nur im Bürgertum, sondern auch im Adel suchte man zuneh-
mend nach standesgemäßen Berufen für die jungen Damen. Dietrich von
Oertzen, konservativer Abgeordneter und Verfasser eines Berufsratgebers
für Adelstöchter, forderte schon im Januar 1900 den Staatssekretär im
Reichsamt des Inneren, Graf von Posadowsky, auf, Frauen so rasch als mög-
lich zum Medizinstudium zuzulassen.389 Der nationalliberale Abgeordnete
Prinz von Schönaich hatte sich bereits ein Jahr zuvor im Reichstag als »maß-
volle^) Fördere(r)« des Frauenstudiums zu erkennen gegeben. Erwünschte
sich mehr Rechtssicherheit in der Zulassung von Frauen zu Universitäten
und Staatsexamina, damit auch für unverheiratete Frauen die Möglichkeit
einer »befriedigende(n) Lebensstellung« geschaffen werde und sie nicht ih-
ren Eltern zur Last fielen.390 Das patriarchale Familienmodell, das dem Vater
Schutz und Sorge für seine ledige Tochter anwies, wurde damit gleichsam
auf die größere Entität des Staates übertragen. Nun war der Staat als die
Gesamtheit der adelig-bürgerlichen Männer dafür verantwortlich, daß die
»schwachen ..., besonders die alleinstehenden unverheiratheten Frauen
überall geschützt werden«.391

101
Wer sich für die Erweiterung des weiblichen Berufsspektrums aussprach,
mußte deshalb noch lange nicht mit den Zielen der Frauenbewegung einver-
standen sein.392 Der Parteinahme für die wirtschaftliche Existenzsicherung
unverheirateter Frauen konnten vielmehr ganz unterschiedliche Motive zu-
grunde liegen. Zu diesen Gründen gehörte der - möglicherweise aus den
Erfahrungen einer mehr als zwanzigjährigen Rezessionsphase393 resultieren-
de - Versuch, bürgerliche und adelige Familien vom lebenslangen Unterhalt
ihrer ledigen Töchter zu entlasten und so - strukturell gesehen - die Fami-
lienverhältnisse an die Bedingungen der individualisierten Industriegesell-
schaft anzupassen.
Selbst Antisemitismus konnte zum Plädoyer für den Ausbau weiblicher
Bildungs- und Erwerbsmöglichkeiten veranlassen. Der konservative Abge-
ordete von Frege wollte Frauen durch verbesserte Ausbildung vor der »Aus-
beutung gewisser Handelskreise in den Großstädten« schützen. Den »dunk-
len Existenzen ... eingewanderte(r) Juden aus dem Osten« stellte er in
scharfem Kontrast die »schwachen weiblichen Arbeitskräfte« gegenüber und
stilisierte jüdische Arbeitgeber dadurch nicht nur zu Ausbeutern, sondern
unterschwellig auch zur sexuellen Bedrohung unschuldiger »Mädchen«.
Auf diese Weise wurde die Förderung der ökonomischen Unabhängigkeit
von Frauen zur antisemitischen Pflicht und ließ sich als »echt konservativer
Gedanke« präsentieren. Über die Ziele und die Entstehungsbedingungen
der Frauenbewegung brauchte nun nicht mehr gehandelt zu werden. Der
Schuldige war gefunden: Die Juden hatten »die Frauenfrage recht eigentlich
zu einer brennenden in Deutschand gemacht«. 394
Im Gegensatz zur wohlwollenden Behandlung der »Brotfrage« standen
die Abgeordneten des Reichstags allen politischen Frauenforderungen weit
reservierter gegenüber. Insbesondere das 1896 verabschiedete Bürgerliche
Gesetzbuch, mit dem die unterschiedlichen Rechtsverhältnisse im Deut-
schen Reich vereinheitlicht wurden, erwies sich im Hinblick auf die Rechts-
stellung des weiblichen Geschlechts als Dokument patriarchaler Willkür.
Weder die bereits 1877 und 1892 erstellten Expertisen des Allgemeinen
Deutschen Frauenvereins noch Proteste und Petitionen zahlreicher Frauen-
verbände im unmittelbaren Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzentwurfs
fanden im Parlament den nötigen Widerhall.395 Lediglich Abgeordnete der
SPD und des Freisinns beriefen sich in ihrer Ablehnung einiger weniger
Paragraphen des Familienrechts auf die Kritik der Frauenbewegung. Die
Sozialdemokraten beantragten, anstelle der umstrittenen Formulierung des
Paragraphen 1534: »Dem Mann steht die Entscheidung in allen das gemein-
schaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu«, die Gleich-
berechtigung beider Ehepartner festzuschreiben. Die Freisinnigen wollten
dagegen den Absatz ganz aus der Gesetzesvorlage herausnehmen und wur-
den darin von der Polenpartei unterstützt.

102
Freilich waren die beiden Anträge ebensowenig mehrheitsfahig wie der
Vorstoß der SPD, jenen Passus zu streichen, der den Ehemann zur fristlosen
Kündigung eines von seiner Frau eingegangenen Arbeitsverhältnisses be-
rechtigte. Zwar machte der Paragraph 1358 die Kündigung von der Zustim-
mung des Vormundschaftsgerichts abhängig, doch hatte der Ehemann dort
lediglich die Beeinträchtigung der »ehelichen Interessen« durch die Berufs-
tätigkeit der Ehefrau nachzuweisen. 396
Zu einer Koalition besonderer Art kam es anläßlich der Diskussion um das
eheliche Güterrecht. SPD und die politische Rechte opponierten gemein-
sam gegen die im BGB festgelegte »Verwaltungsgemeinschaft« des Vermö-
gens, die rund 100 verschiedene Güterstände auf dem Boden des deutschen
Reiches ersetzte. Paragraph 1363 legte fest, daß - sofern nicht ausdrücklich
anders geregelt - das Vermögen der Frau durch die Eheschließung »der
Verwaltung und Nutznießung des Mannes unterworfen« wurde. Die Ge-
nossen, von Clara Zetkin aufgefordert, »rückhaltlos für die volle rechtliche
Gleichstellung der Geschlechter einzutreten«, lehnten die faktische Enteig-
nung der Frauen durch die Heirat ab.397 Der Entwurf geriet jedoch nicht nur
mit sozialdemokratischen Vorstellungen, sondern auch mit den Interessen
der vermögenden und adeligen Väter unter den Abgeordneten in Konflikt.
»Es ist für den Vater, der seiner Tochter etwas hinterläßt, ein tief demüthi-
gendcn Gefühl, wenn nun diese Tochter dasjenige, was aus diesem Vermö-
gen fließt, sich von dem Manne erst erbetteln muß«, argumentierte Freiherr
von Stumm und brachte damit neben der SPD zahlreiche Konservative und
Nationalliberale sowie einen abtrünnigen Vertreter der freisinnigen Volks-
partei auf seine Seite.398 Dennoch reichte die denkwürdige Koalition nicht
aus, um die Gütertrennung zum Regelfall des ehelichen Vermögensrechts
zu machen.
Von diesen wenigen - und keineswegs immer feministisch motivierten -
Ausnahmen abgesehen, regte sich gegen die durchgängige Benachteiligung
von Frauen im BGB und ihre Schlechterstellung gegenüber älteren Ko-
difikationen jedoch kaum Widerspruch. Lediglich die SPD stimmte gegen
die Verabschiedung des patriarchalen Familienrechts, das mit nur unwesent-
lichen Veränderungen zwei Weltkriege überdauerte.
Mit einer einzigen Ausnahme - der Zulassung von Frauen als Vormund -
blieb der breitangciegte Protest bürgerlicher wie proletarischer Frauenverei-
ne weithin wirkungslos.399 Gut ein Jahrzehnt später stellte sich die Sachlage
im publizistischen Rückblick freilich ganz anders dar:
»Wir würden es verständlich finden, wenn z.B. bei der Schaffung des bürgerlichen
Gesetzbuches verlangt worden wäre [demnach von den Frauenverbänden vermeint-
lich also nicht verlangt wurde, U.P.], daß da, wo es sich um Rechte in der Ehe und
ähnliche Dinge handelt, auch einige verständige Frauen zu Rate gezogen würden. ...
Anzunehmen ist aber, daß einsichtige Kommissionsmitglieder auch ohnedies solche

103
Fragen mit ihren oder anderen Frauen besprochen haben und die Ansprüche der
Weiblichkeit genügend zu würdigen suchten. Oder sind die Männer wirklich durch
die Bank so arge Tyrannen, daß sie in Allem, was die Frauen angeht, sich jeder
vernünftigen Einsicht verschließen? - Gewiß nicht.«400
Seit der Jahrhundertwende brachten Petitionen verschiedener Frauenver-
bände immer wieder Anträge zur Schaffung eines reichseinheitlichen Ver-
einsgesetzes und damit auch die Frage nach dem politischen Engagement
von Frauen auf die Tagesordnung des gesamtdeutschen Parlaments. Wäh-
rend 16 meist süd- und mitteldeutsche Bundesstaaten Frauen zu politischen
Vereinen und Versammlungen zuließen, machte ihnen das preußische Ver-
einsgesetz eine politische Betätigung unmöglich. Der preußische Innen-
minister von Hammerstein hatte unter dem Beifall der konservativen Partei-
en im Preußischen Abgeordnetenhaus seine Haltung mit den bekannten
Argumenten der defizitären weiblichen Psycho-Physiologie begründet:
»Ich will nicht, daß die Frauen in politischen Versammlungen mitreden. Ich glaube,
es sähe traurig aus um unser preußisches Volk, um unseren preußischen Staat, wenn
die leichte Erregsamkeit der Frauen in öffentlichen Versammlungen das Volk bewe-
gen sollte.«401
Freilich hatte von Hammerstein eine Verfügung an die Regierungspräsiden-
ten erlassen, wonach die Polizei von der Entfernung weiblicher Personen
absehen konnte, wenn »durch die äußeren Thatumstände dokumentirt ist,
daß die Frauen als eigentliche Theilnehmer der Versammlung nicht auftre-
ten«.402 Wann diese sogenannte »Segment-Verordnung« Anwendung fand,
war in das Belieben der Polizei gestellt und führte zur willkürlichen Begün-
stigung konservativ-nationalistischer Verbände. So durften 1906 Frauen an
der Hauptversammlung des Bundes der Landwirte teilnehmen, während
selbst Feste und Tanzabende sozialdemokratischer und freisinniger Ortsver-
eine unter dem Vorwand des Vereinsgesetzes aufgelöst wurden. 403
Gelegentlich führte die Segment-Verordnung zu kuriosen Situationen,
die den Zeitgenossen die Absurdität dieser Bestimmung deutlich vor Augen
führte. So mußte bei der Generalversammlung der Gesellschaft für soziale
Reform in Köln 1902 die Berichterstatterin ihr Referat über den Maximalar-
beitstag der Frauen von einen Mann vortragen lassen und den Verhandlun-
gen in einem eigens konstruierten Holzverschlag folgen. Durch eine Bret-
terumzäunung von der Versammlung abgesperrt, konnte sie sich nicht
einmal für den Beifall bedanken, ohne ihre gewaltsame Entfernung zu riskie-
ren.404 Zahlreiche Frauenverbände wandten sich in Reichstagspetitionen
wiederholt gegen derlei Kuriositäten und wurden darin von liberalen und
sozialdemokratischen Abgeordneten und Vereinen unterstützt. Auch die
Gesellschaft für soziale Reform protestierte heftig gegen die Behandlung
ihrer Referentin.405

104
Wie umstritten die Vereinsgesetzgebung war, zeigt sich daran, daß der
Reichstag gegenüber den eingereichten Bittschriften über mehrere Jahre
hinweg keine klare Linie fand. 1900 hatte die Petitionskommission dem
Reichstag vorgeschlagen, über die Eingaben zur Tagesordnung überzuge-
hen, doch die Parlamentarier setzten sich über diese Empfehlung hinweg
und leiteten sie an den Kanzler mit der Bitte um Berücksichtigung weiter.406
Nachdem die Gründung des Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht zwei
Jahre später der Öffentlichkeit vor Augen geführt hatte, daß die Politisie-
rung der Frauen voranschritt, lehnte eine parlamentarische Allianz aus
Konservativen und Zentrum anläßlich einer neuerlichen Petition den ge-
meinsamen Antrag von Sozialdemokraten, Nationalliberalen und Freisinni-
gen ab, Männer und Frauen im Vereinsrecht gleichzustellen. Während sich
die rechtsgerichteten Parteien der Diskussion enthielten, wandte sich die
Zentrumsfraktion explizit gegen die Teilnahme von Frauen an der Politik
und wollte ihnen lediglich zur Vertretung beruflicher Interessen ein einge-
schränktes Koalitionsrecht zugestehen.407 Erst die Zusammenarbeit der libe-
ralen und konservativen Parteien unter der Regierung des Fürsten Bülow
erreichte mit der Verabschiedung eines neuen Gesetzentwurfs, der vor allem
gegen die ethnischen Minderheiten im Reich zielte, daß 1908 »der deut-
schen Frau die erste Frucht der sogenannten Blockpolitik in den Schoß«
fiel.408 Auch das Zentrum stimmte der Vorlage nun zu.409
Alle Parteien begründeten ihre Entscheidung mit der Zunahme der
weiblichen Arbeitskräfte. Tatsächlich wiesen die Zählungen des Statistischen
Reichsamtes 1907 eine Erhöhung der Frauenerwerbsquote auf 45,4 Pro-
zent gegenüber 36,4 Prozent im Zensus von 1895 auf.410 Freilich handelte
es sich bei dieser neunprozentigen Steigerung in weiten Teilen um ein
statistisches Artefakt, das auf der unterschiedlichen Erfassung der sogenann-
ten »mithelfenden Familienangehörigen« beruhte. 411 Die Zeitgenossen
zweifelten indes nicht an dem Realitätsgehalt der Erhebungen. Der Frauen-
bewegung lieferten die Zahlen ein willkommenes Argument für die Durch-
setzung sozialer und politischer Frauenrechte, 412 und auch in anderen Be-
völkerungsgruppen setzte sich die Auffassung von der Expansion der
Frauenarbeit durch. Daß die Parteien ihre Zustimmung zum neuen Vereins-
gesetz mit dem Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit begründeten, macht
deutlich, daß die Politiker keineswegs von der Notwendigkeit juristischer
Gleichbehandlung der Geschlechter überzeugt waren. Anstatt abstrakt-nor-
mative Prinzipien anzuführen, werteten die Konservativen ihre Haltung als
Erleichterung der Bctätigigung caritativer Frauenvereine. Der freikonser-
vative Abgeordnete drückte seine Hoffnung aus, daß die Politisierung der
»edle(n) Weiblichkeit« vor der Parlamentstribüne Halt machen werde, und
selbst der Sprecher der Freisinnigen Vereinigung verknüpfte seine Stellung-
nahme mit dem Hinweis auf den weiblichen Geschlechtscharakter, indem er

105
- eine Formel der bürgerlichen Frauenbewegung übernehmend - vom Ein-
tritt der Frauen in die Politik eine »Verbesserung in der öffentlichen Tonart«
erwartete. 413
Lediglich die SPD hatte die Forderung nach gleichem Wahlrecht für beide
Geschlechter bereits 1891 in ihr Erfurter Programm aufgenommen. In der
Praxis allerdings wurde die Gleichberechtigungsprogrammatik von vielen
Genossen insbesondere dann nicht geteilt, wenn sie privat-persönliche Ver-
hältnisse tangierte. Dieses Faktum war nicht nur Polemik politischer Geg-
ner, sondern trat auf der Ebene der Ortsvereine deutlich zutage. 414 Streit-
punkt waren indes weniger abstrakte Frauenrechte als - gemäß der
Sozialstruktur einer Arbeiterpartei - die Auswirkungen weiblicher Lohnar-
beit. Die Auseinandersetzung um die Haltung der Sozialdemokratie zur
>Frauenfrage< spitzte sich zu, als die Redaktion der »Sozialistischen Monats-
hefte« 1905 einen Aufsatz des Reichstagsabgeordneten Edmund Fischer
aufnahm, der sich in seiner Propagierung der Familienbestimmung des
weiblichen Geschlechts kaum von konservativen Positionen unterschied. 415
Zwar mühte sich Emma Ihrer in einer kritischen Stellungnahme nach Kräf-
ten zu zeigen, daß keine Frau ein Leben lang von der Mutterschaft in An-
spruch genommen wird, und Oda Olberg durfte im Organ der Revisionisten
auf »die Befreiung der Frau durch den Sozialismus - auch trotz der Sozia-
listen« hoffen.416 Auf welcher Seite die Redaktion des Blattes stand, zeigte
sich jedoch daran, daß sie zunächst Fischer eine Entgegnung einräumte, um
dann im Folgeband das Schlußwort zur Diskussion einem Autor zu über-
tragen, der nicht nur die gleichwertige Intelligenz von Frauen anzweifelte,
sondern erneut die Mutterschaft als wichtigste soziale Aufgabe des weibli-
chen Geschlechts hervorhob und erklärte, daß sie mit Berufstätigkeit unver-
einbar sei.417 Hinsichtlich der Forderung nach politischer Betätigung der
Frauen blieb die Programmatik der SPD jedoch konsequent - nicht zuletzt
wohl aus der Absicht heraus, das eigene Wählerpotential zu erhöhen. 418
Kuriositäten wie die preußische Segment-Verordnung hatten allmählich
auch den anderen Parlamentariern die Überlebtheit der Vereinsbestim-
mungen vor Augen geführt und das rigide preußische Gesetz der »allge-
meinen Lächerlichkeit« preisgegeben.419 Nur die antisemitische Deutsche
Reformpartei stellte sich nach wie vor auf den Standpunkt, daß die Frau ins
Haus, der Mann in die Politik gehöre. Sie rechnete den Feminismus unter
die »Entartungserscheinungen unserer Zeit«, fand mit dieser Auffassung bei
den anderen Parteien aber keine Resonanz.420 In der Praxis war selbst in
Preußen das Engagement der bürgerlichen Frauenbewegung vielfach und
die Aktivitäten sozialdemokratischer Frauen in einigen Fällen toleriert wor-
den. 421 Eine nationale Regelung, die allzu sehr hinter die einzelstaatlichen
Freiheiten zurückfiel, wäre zudem gegenüber den Länderregierungen poli-
tisch wohl kaum durchsetzbar gewesen.

106
Einmal verabschiedet, leitete das neue Vereinsgesetz unwiderruflich die
Politisierung der deutschen Frauen ein. Gesetzlich stand weiblichen Par-
teimitgliedschaften seit 1908 nichts mehr im Wege. Dennoch nahm die
bürgerliche Presse von diesem Novum zunächst kaum Notiz. Die rechtsste-
henden Blätter meldeten sich erst zu Wort, als sich bürgerliche Frauen für die
Parteien des innenpolitischen Gegners engagierten. Die Unterstützung
durch das »schwache Geschlecht« wurde als Bankrotterklärung des Libera-
lismus gevvertet. »Nachdem die Männer versagt haben, wendet man sich
jetzt an die Frauen«, kommentierte die »Rheinisch-Westfälische Zeitung«
verächtlich einen Aufruf liberaler Frauen.422 Andere Organe reagierten unter
Rückgriff auf die weibliche Psycho-Physiologie mit perhorreszierenden Zu-
kunftsvisionen :
»Wo bisher im geschichtlichen Leben die Frau handelnd hervortrat, dort hat sie, weil
ihre Natur instinktiver und erregbarer im Guten und Bösen ist, sich stets durch
außerordentliche Extravaganz und Exaltation hervorgetan, daß zeigt vor allem die
Geschichte aller psychischen Epidemien«.423
Die frauenfeindlichen Zeitungskommentare änderten jedoch nichts daran,
daß die Parteien in Zugzwang gerieten. Jetzt konnten sie nicht mehr auf die
juristische Lage verweisen, sondern kamen nicht umhin, selbst Stellung zur
>Frauenfrage< zu beziehen. Die geringsten Probleme damit hatte die SPD.
Sie zählte 1911 bereits 100.000 weibliche Mitglieder. In allen Orts-, Kreis-
und Bezirksvorständen sollte mindestens eine Frau vertreten sein. Die
Linksliberalen dagegen traten in ihrem Vereinigungsprogramm zur Fort-
schrittlichen Volkspartei vom März 1910 erst nach Protesten ihrer weibli-
chen Mitglieder für die »Erweiterung der Rechte der Frauen« ein. 424
Obwohl fast der ganze engere Vorstand des BDF sich der neuen Partei an-
geschlossen hatte, legte der »Frauenparagraph« keine verbindlichen Ziele
und Umsetzungsvorschläge fest, sondern ähnelte eher einer unverbindli-
chen Absichtserklärung. Die Kompromißformel umfaßte die
»Erweiterung der Rechte der Frauen und ihres Erwerbsgebietes, Erleichterung der
Frauenbildung und Reformen im staatlichen Berechtigungswesen. Aktives und pas-
sives Wahlrecht der Frauen für die Kaufmanns- und Gewerbegerichte, Gleichberech-
tigung in den Einrichtungen der Reichsversicherungsgesetzgebung. Verstärkte Mit-
wirkung der Frauen auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge und des Bildungswesens.
Heranziehung der Frauen zur Kommunalverwaltung.«425
Eine grundsätzliche Stellungnahme zur politischen Gleichberechtigung der
Frauen scheiterte im Führungsgremium, dem Viererausschuß.426 Die links-
liberalen Männer litten, so hatte Agnes von Zahn-Harnack beobachtet, an
einer heftigen Diskrepanz zwischen theoretischer Erkenntnis und
gefühlsmäßiger Überzeugung:
»Ihr Verstand ließ es sich nicht verbergen, daß die wirtschaftliche Entwicklung die

107
Frauen mit unwiderstehlicher Gewalt in das Berufsleben und damit in die Öffentlich-
keit hineinriß; mit ihrem Gefühl aber versuchten sie das alte patriarchalische Ideal von
der Frau festzuhalten, die >ins Haus gehörte«427
Die nationalliberale Partei hatte bereits 1908 die ersten weiblichen Mitglie-
der aufgenommen. Im März 1910 verabschiedete der Zentralvorstand eine
Resolution, die forderte, »Frauen mehr als bisher zur politischen Mitarbeit
in den nationalliberalen Vereinen heranzuziehen«. 428 In einer Erklärung
vom Juni 1911 sprachen sich die Nationalliberalen für die »Erweiterungen
der Rechte der Frauen in der Gemeinde« und die Einrichtung obligato-
rischer Mädchenfortbildungsschulen aus. Das weibliche Stimmrecht zu
Reichs- und Landtagswahlen lehnten die Parteimitglieder jedoch mehrheit-
lich ab. Es schien ihnen mit dem Streben nach Weltgeltung nicht vereinbar:
»Ein von Frauen geleiteter Staat vermag sich auf die Dauer nicht zu behaup-
ten zwischen den eisernen Mächten der Welt.« Die politisierte Frau werde,
war im Parteiorgan noch Ende 1910 zu lesen, »zum Zwischending zwischen
Mann und Weib, ... sich selbst zur Qual und anderen zum Spott«. 429 Den-
noch trat im März 1912 unter dem Vorsitz von Julie Bassermann, der Ehe-
frau des Parteiführers, ein nationalliberaler Frauenausschuß zusammen und
rief zu einer Frauenkonferenz für den folgenden Oktober auf430 General-
sekretär Breithaupt eröffnete den Frauentag mit den Worten:
»Wenn heute die Parteileitung entschlossen ist und durch mich offiziell erklären läßt,
daß wir die Pforten der Partei gern und freudig den nationalliberalen Frauen öffnen,
so ist das eben ein Beweis dafür, daß wir ... die Mitarbeit der Frau in der Folgezeit
nicht mehr entbehren können«.431
Die Formulierung wirkte befremdlich angesichts der Tatsache, daß die Par-
tei bereits seit vier Jahren Frauen aufnahm, spiegelte die internen Differen-
zen um die Einbindung von Frauen aber anschaulich wider. Tatsächlich war
die »Bassermann-Linie« unter den Nationalliberalen stark umstritten; Wi-
derspruch kam vor allem aus dem Norden Deutschlands. 432
Auch das Zentrum öffnete sich langsam der >Frauenfrage<. Zwar wurde
noch 1908 ein Antrag abgelehnt, der Frauen zu vollwertigen Mitgliedern
der Katholikentage machen wollte. Doch bemühte sich nun der Völksverein
für das katholische Deutschland um weibliche Anhänger, und schon im
folgenden Jahr beschloß der Vertretertag der Windhorstbünde mit überwäl-
tigender Mehrheit, Frauen nunmehr zuzulassen. Damit konnten auch Mäd-
chen den Nachwuchsorganisationen der Partei beitreten. Auf ihrer General-
versammlung forderte ein Referent 1910 die deutschen Katholiken auf, der
»Bildungsbewegung im Frauengeschlechte unsere Sympathie und tätige
Mithilfe nicht zu versagen«. Für den katholischen Frauenbund fand er
»dankbare Anerkennung« und erwartete vom Eintritt katholischer Frauen
in die Organisationen der überkonfessionellen Frauenbewegung »das Errei-

108
chen einer gesunden Mitte«. 433 Wenig später entstand in Düsseldorf der
erste Zentrumsfrauenverein, der sein Ziel ausdrücklich darin sah, Frauen
Begriff und Verständnis für das politische Leben beizubringen. Im Bayri-
schen Landtag sprachen sich sogar vereinzelt Abgeordete für das Landtags-
wahlrecht der Frauen aus.434
Zudem setzte sich gegen Ende der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts in
der katholischen Geistlichkeit ein »klerikale(r) Feminismus« durch, der die
katholische Frauenbewegung nachhaltig unterstützte. 435 Schon die Rede
Joseph Mausbachs über »Frauenbildung und Frauenstudium« auf dem
Augsburger Katholikentag 1910 war von den Zeitgenossinnen als »Apologie
der Frauenbewegung« gewertet worden. 436 1912 nahm der Hauptredner
des Katholikentages, der badische Zentrumsabgeordnete und Mannheimer
Stadtpfarrer Johann Baptist Knebel, die Frauenbewegung dezidiert vor den
Angriffen des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation
in Schutz und stellte dieser »Mißgeburt einer Anti-Frauenbewegungs-Orga-
nisation« die »soziale Mission der Frau« und die entschiedene Forderung
nach Reformen auf dem Gebiet der >Frauenfrage< gegenüber.437 Doch nicht
nur die soziale, auch die politische Mithilfe der Frauen wurde am Vorabend
des Ersten Weltkriegs ausdrücklich gesucht. In der »Kölnischen Volks-
zeitung« vom 15. Dezember 1912 erschien unter dem Titel »Politische
Frauenorganisationen« ein umfassender Leitartikel, der dem Volksverein für
das katholische Deutschland die politische Schulung und Organisation der
katholischen Frauen anriet. Die liberalen Gegner und Gegnerinnen des po-
litischen Katholizismus schlössen daraus, daß die Mobilisierung der Katho-
likinnen für das Zentrum unmittelbar bevorstehe.438
Andere Parteien dagegen versuchten, die Veränderungen des Reichs-
vereinsgesetzes so weit als möglich zu ignorieren. Weder in dem Programm
der Freikonservativen noch in denen der antisemitischen Parteien wurden
Frauen erwähnt; sie konnten dort auch nicht Mitglied werden.439 Auch die
Deutschkonservative Partei wandte sich in ihren öffentlichen Verlautbarun-
gen gegen das weibliche Stimmrecht und ließ Frauen nicht zur Mitglied-
schaft zu. Noch 1906 hatte die »Kreuz-Zeitung« in einer grundsätzlichen
Stellungnahme zur >Frauenfrage< mit Blick auf die »Physiologische Verschie-
denheit der Geschlechter« jegliches Streben nach politischer Partizipation
und obrigkeitlichen Ämtern verurteilt, die Verbesserung von Bildungs- und
Erwerbschancen für unverheiratete Frauen jedoch gutgeheißen. 440 Dennoch
formierte sich Anfang 1909 unter der Ägide prominenter Frei- und
Deutschkonservativer der Deutsche Frauenbund, der eine organisatorische
Plattform für konservativ denkende Frauen bildete und, ohne formal in die
konservativen Parteien integriert zu sein, für Ersatz sorgte. Der Frauenbund
wolle nur »an die Politik heran, nicht in die Politik hinein« führen, lautete
die Kompromißformel, mit der die politische Rechte versuchte, die Balance

109
zwischen tradierten Grundsätzen und innerparteilicher Modernisierung zu
finden.441
Das Taktieren der Parteien macht deutlich, daß die deutsche Frauenbewe-
gung in den letzten Vorkriegsjahren, so das Urteil des nationalliberalen
Parteivorsitzenden Bassermann, »ein Machtfaktor des deutschen Volksle-
bens geworden (ist), an dem man nicht mehr achtlos vorüber gehen
kann«.442 Tatsächlich arbeiteten an der Vorbereitung der Reichstagswahl von
1912 nicht nur bei den Sozialdemokraten, sondern erstmals auch in den
bürgerlichen Parteien Frauen mit, ein Novum, das die Zeitgenossen zu den
»charakteristischen Eigentümlichkeiten« der Januarwahl rechneten. 443

2 . 1 1 . Katalysatoren des Antifeminismus:


Politisierung und G e b u r t e n r ü c k g a n g

Neben der zunehmenden, auch parteipolitischen Einbindung von Frauen in


das öffentliche Leben machte sich in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg
noch eine zweite, gegenläufige Tendenz bemerkbar: die Angst vor der Radi-
kalisierung der Frauenbewegung nach dem Vorbild der englischen Suffra-
getten. Kaum ein Nachrichtenblatt versäumte es, die Schandtaten der eng-
lischen »Wahlweiber« in den grellsten Farben auszumalen. Was nicht zuletzt
den Spielregeln des Sensations-Journalismus gehorchte, prägte die Einstel-
lung von Politik und Bevölkerung gegenüber den Mitbestimmungs-
vvünschen der Frauen in nicht zu unterschätzender Weise. Immer häufiger
meldeten die Blätter »schwere Suffragetten-Krawalle« der »Londoner
Stimmrechtsmegären«. Von den Berichterstattern stets mit Attributen wie
»schreiend« und »tobend« versehen, mußten sie den Lesern als Frauen er-
scheinen, die sich nicht im geringsten an die Konventionen der Weiblichkeit
hielten und somit außerhalb der gesellschaftlichen Normen standen. 444
Die Vcrbalattacken auf die englischen Suffragetten nahmen in dem Maß
zu, in dem die >Frauenfrage< in Deutschland durch die Öffnung der Parteien
an innenpolitischem Gewicht gewann. Die Zeitungen steigerten die »Wei-
berplage in England« zur »Suffragettenseuche«; bald wuchs sich die »Suf-
fragettenschlacht« zum »Krieg der Suffragetten« aus, gegen den die »Deut-
sche Tageszeitung« ein drastisches Mittel empfahl: »Die Hundepeitsche für
>Vbtes for women<.«445 Die Schreckensmeldungen hatten keineswegs nur
Nachrichtenfünktion, sondern schürten Ängste vor einem universalen
»Frauenkrieg« und weckten die Befürchtung, daß auch in Deutschland bald
die »Hyperaesthetisch-Hysterischen« nach englischem Vorbild »unsere
Schutzleute prügeln, in den Reichstag einbrechen, mit Ziegeln werfen und
unseren Ministern die Fenster einhauen«. 446 Entsprechend harsch urteilte

110
die rechte Presse angesichts einer Berliner Wahlrechtsdemonstration im Sep-
tember 1909 über die »Suffragetten von Berlin«: »Wir sind wirklich nicht
reif für die Herrschaft der Weibmänner, für die Verleihung des Stimmrechts
an alles, was Unterröcke trägt.« 447
Die positive Stimmung der Öffentlichkeit gegenüber den vielzitierten
»berechtigten Forderungen« der Frauenbewegung begann, so beobachte-
ten es aufmerksame Zeitgenossen, ins Gegenteil umzuschlagen. 448 Die
»Staatsbürger-Zeitung« forderte ultimativ: »Man ist in unserer modernen
Zeit den Frauen wahrlich genug entgegengekommen. Der Mann besinne
sich auf seine Stärke - an Körper und Geist - und wahre sie.«449 Und auch der
Kiiser, dessen Gattin beim Internationalen Frauenkongreß 1904 noch eine
Abordnung des Frauenweltbundcs empfangen hatte, zog sechs Jahre später
in seiner vielbeachteten »Königsberger Rede« dem Wirken der Frauen enge
Grenzen: »Die Hauptaufgabe der deutschen Frau liegt nicht auf dem Gebie-
te des Versammlungs- und Vereinswesens, nicht in dem Erreichen von ver-
meintlichen Rechten, sondern in der stillen Arbeit in Haus und Familie.«450
Die >Gemäßigten< in der Frauenbewegung legten als Konsequenz den
Schwerpunkt noch stärker auf die Betonung eines genuin weiblichen Kultur-
beitrags und rückten anstelle von Rechtsforderungen die Übernahme von
Frauenpflichten in den Vordergrund. Aus gutem Grund wurde der 1912
eröffneten Leistungsschau, der Berliner Ausstellung »Die Frau in Haus und
Beruf«, das »Haus« im Titel vorangestellt. Die Presse jeglicher Couleur
quittierte so viel Bescheidenheit mit Wohlwollen und feierte vom fortschritt-
lichen »Berliner Tageblatt« bis zur offiziösen »Norddeutschen Allgemeinen
Zeitung« den Abschied der Frauenbewegung von der »Gattung Blau-
strumpf«.451
Mit der Ausstellung verbunden war ein Kongreß, an dessen letzten Tag
Vertreterinnen der bürgerlichen Parteien sich zu politischen Fragen äußer-
ten. Nur die Konservativen waren zum Unmut der mit ihnen sympathisie-
renden Frauen nicht vertreten. Zwar hatte Gertrud Bäumer sich alle Mühe
gegeben, eine Referentin zu finden; allein weigerte sich die in Aussicht ge-
nommene Rednerin, einen Vortrag zu halten: »Da war nun nichts zu berich-
ten, denn zurzeit kann von einer ... Mitarbeit der konservativen Frau nicht
die Rede sein.«452
Ausgehend von der mangelnden Präsenz auf dem Frauenkongreß, aber
nicht zuletzt unter dem Eindruck der desolaten Januarwahl - die Deutsch-
Konservative Partei hatte ein Viertel ihrer Mandate abgeben müssen, die
Sozialdemokratie ihre Fraktionsstärke im Reichstag von 43 auf 110 ausge-
baut - vollzog sich seit dem Frühjahr 1912 eine rasche Politisierung der
konservativen Frauen. In der einschlägigen Tagespresse häuften sich die
Zuschriften meist adeliger Damen, die ihre Geschlechtsgenossinnen zum
politischen Handeln aufforderten:

111
»Unser Volk wird immer mehr vergiftet durch die verheerende Tätigkeit der Sozial-
demokraten! ... Die Herren der konservativen Partei tun viel durch Wahlreden, Krie-
gervereine u.a. Aber die Arbeit jedes einzelnen in seinem ureigenen kleinen Reiche
fehlt noch zu oft. ... Dies ist gegebene Frauenarbeit. Denn gerade zu den mühsamen,
aus Kleinigkeiten zusammengesetzten Geschäften zeigt sich die Frau viel geschickter,
wie der Mann ... in unserem eigensten kleinen Kreise müssen wir unser gegebenes
politisches Arbeitsfeld erkennen lernen ... und Hausgesinde, Gutsleute und deren
Kinder zu entflammen suchen in Liebe für Thron und Reich.«453
Andere Frauen beriefen sich selbstbewußt auf ihre Leistungen als Mütter
und verlangten von dort aus die Öffnung der Partei:
»Wäre es nicht an der Zeit, daß die Verhältnisse, die wir nicht herbeigeführt haben,
die aber nun Tatsache sind, auch die konservative Partei veranlaßten, Frauen zur
verständnisvollen Beurteilung der politischen Fragen heranzuholen, ohne sie deshalb
in die Wahlpolitik hineinzuziehen ...? Dann können wir, an unserem Teil, arbeiten
helfen, daß der konservative Gedanke ... unseren Kindern übermittelt werde, denn:
wir sind die Mütter des kommenden Geschlechts.«454
Die konservativen Frauen rüttelten zwar nicht an den überkommenen
Vorstellungen von Weiblichkeit, doch ihr Umgang damit war subversiv: Sie
werteten die ihnen zugeschriebenen Fähigkeiten auf, stellten ihre Bedeu-
tung heraus und begründeten damit den Anspruch auf politische Teilhabe.
Dabei knüpften sie an die in national-konservativen Kreisen gängige Glori-
fizierung der »Frau und Mutter« an, ohne die damit verbundene Ausgren-
zung aus der Sphäre des Öffentlichen und Politischen zu übernehmen. Sie
argumentierten also im Rahmen des herrschenden Modells von Weiblich-
keit, weiteten ihn aber gleichzeitig aus.
Doch nicht nur in den Reihen der Konservativen, sondern auch im Zen-
trum, das in der Januarwahl rund ein Achtel seiner Sitze verloren hatte,
dachte man verstärkt über die Mobilisierung katholischer Frauen nach. Die
sozialdemokratische Frauenbewegung, konstatierte der »Rheinländer«,
habe zum Wahlsieg der Genossen wesentlich beigetragen und solle daher
den katholischen Frauen
»eine Mahnung sein, sich in Zukunft nicht mehr bloß als Sachwalterin des Haushalts,
als Mutter ihrer Kinder zu fühlen, sondern gewissermaßen auch als Staatsbürgerin.
Auch sie wird heute in einem Maße von den Fragen des öffendichen Lebens berührt,
wie man es früher nicht kannte. Das aber zwingt auch unsere chrisdiche Frau dazu,
gegenüber der gegnerischen Agitation mitsprechen zu können. Dazu ist sie jedoch
nur imstande, wenn sie sich bildet und schult im Gespräch mit ihrem im politschen
Leben und der Schule seiner Organisation schon besser herangebildeteten Manne,
durch das Lesen der Zeitungen und kurzer Schriften, auch den Besuch von
Versammlungen. Die christliche Frau soll kein Politiker sein wie etwa ihre Schwester
in England. Aber sie soll auch in öffentlichen Dingen nicht neben, sondern mit ihrem
Manne gehen, als Gefährtin, als Genossin.«455

112
Ganz ähnlich argumentierte auch die konservative Presse: »Seit die So-
zialdemokratie ihre Frauen mobil macht, können die konservativen Frauen
nicht zu Hause bleiben«, hieß es nun in der »Kreuz-Zeitung«. 456
Die Politisierung der Frauen aller weltanschaulichen Lager hatte im Früh-
jahr 1912 einen Höhepunkt ereicht. Ihren symbolischen Ausdruck fand sie
in gutbesuchten Wahlrechtsdemonstrationen zum »Frauen-Sonntag« am
12. Mai - allein 48 Veranstaltungen auf dem Gebiet von Groß-Berlin, dazu
weitere in Frankfort und Breslau.457 Wenn es nun auch unter den Frauen der
konservativen Kreise gärte, ließen sich Mitbestimmungswünsche nur mehr
mit Mühe als >radikal< oder sozialistisch« diffamieren. Lange genug hatten
die staatstragenden Schichten die Frauenbewegung diffamiert oder igno-
riert, doch die Veränderung des Geschlechterverhältnisses an der konserva-
tiven Basis forderte zur Reaktion heraus. Zudem zeigte die freundliche Auf-
merksamkeit, mit der nicht nur die Presse, sondern auch Repräsentantinnen
des politischen Systems die Ausstellung »Die Frau in Haus und Beruf« be-
dacht hatten - sie begann mit einem Besuch der Kaiserin und endete mit
einer Einladung Delegierter zur Gattin des Reichskanzlers - , daß gerade ihre
Zurückhaltung eine »maßvolle« Frauenbewegung mehr und mehr salonfä-
hig« machte. 458 Die Gegnerinnen und Gegner der Frauenbewegung mußten
sich beeilen, wollten sie »dem ganzen modernen Spuk der Emanzipation -
wenn es noch möglich ist, ein Ende ... machen«.459
Schützenhilfe erhielten die Emanzipationsfeinde durch die gerade einset-
zende Debatte über den Geburtenrückgang, die, katalysiert durch die Veröf-
fentlichung einer regierungsamtlichen Studie, die wilhelminische Öffent-
lichkeit in breitem Ausmaß beschäftigte. Tatsächlich war die Geburtenrate
seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts verglichen mit dem außergewöhnlich
hohen Niveau der Reichsgründungszeit gefallen. Sie pendelte sich auf den
Durchschnitt industrialisierter Gesellschaften ein und wurde durch die sin-
kende Säuglingssterblichkeit mehr als ausgeglichen.460 Dennoch ging in der
Vorkricsjsgesellscfiaft das Gespenst der >Entvölkerung< Deutschlands um.
Was von nationalistischen Gruppen im Zuge ihrer Interessenpolitik propa-
giert wurde, gewann zunehmend den Charakter einer allgemeingültigen
Wahrhett.
Es war zunächst der Bund der Landwirte, der den - aus der Reichsstatistik
von 1900 ablesbaren - Rückgang der Geburtenziffer für seine Zwecke zu
nutzen suchte. Auf den größeren Kinderzuwachs in den ländlichen Regio-
nen verweisend, stellte die Standesvertretung der Großagrarier die Land-
wirtschaft als eigentliche Stütze des Staates dar und leitete daraus den An-
spruch mf stärkere wirtschaftspolitische Förderung insbesondere durch die
Erhöhung der Argarschutzzölle ab.461
Währmd das politisch gemäßigt nationale Bürgertum hinsichtlich des
Bevölkerungswachstums noch »ruhig in die Zukunft« blickte,462 sahen

113
die »Alldeutschen Blätter« schon 1906 die Großmachtstellung Deutsch-
lands in einem sozialdarwinistisch verstandenen Überlebenskampf der
Völker durch den Geburtenrückgang bedroht. Gerade das »wertvollste
Menschenmaterial«, die gebildeten Schichten, so die Behauptung, sei von
der »nationalen Schwindsucht am ärgsten bedroht«. Als Ursachen machten
die Alldeutschen späte Heiraten durch langwierige Ausbildung und ge-
ringen Verdienst aus. Sie forderten die Regierung zu bevölkerungs- und
sozialpolitischen Gegenmaßnahmen auf, die den Männern des gebilde-
ten, aber finanziell nur mäßig bemittelten Bürgertums zugute kommen soll-
ten - mithin genau der Schicht, aus der sich die alldeutsche Klientel rekru-
tierte. 463
Ließen die Alldeutschen den Beitrag der Frauen zum Rückgang der Ge-
burtenziffer zunächst noch außer Acht, spielte der Faktor Frau in den F.rklä-
rungsmustern der Rassenforscher und völkischen Lebensreformer von An-
fang an eine dominierende Rolle. Der Deutsche Verein für vernünftige
Leibeszucht machte bereits 1904 in seinem »Rassenheft« die Frauen für den
Geburtenrückgang verantwortlich: »Die wahren Schuldigen sind die Frau«
(sie!), hieß es dort mit Blick auf Frankreich, dessen >Entvölkerung< den Le-
sern als warnendes Beispiel vorgehalten wurde. 464 Hier, in der Ideolo-
gieproduktion der völkisch-rassistischen Rechten und der Regenerations-
bewegung, spielte die Frau als »Trägerin des künftigen Geschlechts« eine
gewichtigere Rolle als in den nationalistischen Verbänden, die sich - wie
etwa der Kolonial- oder Flottenverein - an Phantasmagorien männlich-mili-
tärischer Heldentaten und Abenteuer orientierten. 465
In dem Maße, wie sich der Rassegedanke durchsetzte, wurde auch in den
alldeutschen Zirkeln die Schuld der Frauen am Geburtenrückgang her-
vorgehoben. Im Sommer 1909 veröffentlichten die »Alldeutschen Blätter«
eine Artikelserie des Rassenantisemiten Philipp Stauff, der für den Rückgang
der »völkische(n) Fruchtbarkeit« explizit Frauen und die Frauenbewegung
verantwortlich machte. Die moderne Mädchenerziehung, schrieb der späte-
re Mitbegründer des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation mit
Blick auf einen bekannten Buchtitel, habe im Verein mit der gestiegenen
weiblichen Neigung zu Berufstätigkeit und Bequemlichkeit dazu geführt,
daß »die Scheu vor dem Kinde weit allgemeiner (ist) als der >Schrei nach dem
Kinde«, von dem unter hysterischen Jungfräulein unserer Zeit so viel Wesen
gemacht wird«. 466 Die Rede von der Bequemlichkeit der Frauen, die sie vor
den Anstrengungen häufiger Schwangerschaften und mühseliger Kinder-
erziehung zurückschrecken lasse, wurde in der Folge in alldeutschen und
völkischen Blättern zum stehenden Topos. Dort häuften sich auch die Kla-
gen über die geburtenmindernde Frauenerwerbstätigkeit, die - genauso wie
die angeblich zu intellektuell ausgerichtete Mädchenbildung - explizit oder
implizit der Frauenbewegung zur Last gelegt wurde. Sofern bei der Ursa-

114
chenforschung überhaupt einmal beide Geschlechter in den Blick gerieten,
durften Männer weit eher auf Verständnis hoffen: »Was bei dem Manne der
Geldervverb und die Sehnsucht nach sozialem Einfluß bedeutet, das ist bei
der Frau Vergnügungssucht, Putzsucht und Eitelkeit.«467
Zunehmend gerieten die Abtreibungspraxis und die Methoden der Emp-
fängnisverhütung ins Kreuzfeuer der publizistischen Kritik. Hatte sich zu
Beginn des Jahrhunderts noch - von wenigen Ausnahmen abgesehen 468 - in
den Zeitungen und Zeitschriften ein Mantel schamhaften Schweigens über
diese Privatissima gebreitet, wurden Sexualität und sexuelle Praktiken infol-
ge der Diskussion um den Geburtenrückgang zum Politikum. 469 Selbst Stu-
dentenblätter kritisierten nun die Technik des »ehelichen Präventivver-
kehrs«, der Geburtenplanung in der Ehe. 470 Und Reinhold Seeberg, einer
der bekanntesten evangelischen Theologen seiner Zeit, wetterte gegen die
Trennung von Sexualität und Fruchtbarkeit, für die er den »von der radika-
len Frauenbewegung auf das höchste gesteigerte(n) weibliche(n) Egois-
mus« verantwortlich machte.471
Der aktive, offensichtlich geplante Umgang von Frauen mit ihrer Fertili-
tät stand in Widerspruch zu einem Konzept, das den gesellschaftlichen Sta-
tus von Männern und Frauen letztlich aus ihrer Rolle im Geschlechtsakt - in
der zeitgenössischen Vorstellung: der Mann als aktiv Gebender, die Frau als
passiv Empfangende - ableitete.472 Zudem stand die massenhafte Verweige-
rung von Konzeption und Schwangerschaft in diametralem Gegensatz zum
Entwurf bürgerlicher Weiblichkeit, der in der Mutterschaft die Essenz der
weiblichen >Natur< erblickte. Mit der Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit ver-
weigerten sich Frauen nicht nur ihrer biologischen, vom Staat etwa hinsicht-
lich der Heeresstärke eingeplanten Funktion, sondern stellten gleichzeitig
das Begründungsmuster für die herrschende Geschlechterhierarchie in Fra-
ge. Die Beschränkung der Schwangerschaften lieferte den sichtbaren Be-
weis, daß weder die verschärfte Verfolgung von Abtreibungen noch ein
Handelsverbot für Verhütungsmittel oder die im BGB festgeschriebene Ver-
fügungsgewalt des Ehemannes über den weiblichen Körper ein Garant für
die Beherrschung der weiblichen Sexualität und Gebärtätigkeit war.473 Hin-
ter dem Rücken einer Gesellschaft, die in ihren Normen und Institutionen
über weite Strecken die Interessen von Männern absicherte, erhielten sich
Frauen einen Raum weiblicher Autonomie oder gar Dominanz, vollzog sich
eine stille Revolution im Ehebett. 474
Kein Wunder also, wenn die Zeitgenossen in der sinkenden Gebärfreu-
digkeit der Frauen weniger einen Akt individueller Entscheidung - der es in
den meisten Fällen doch wohl w a r - denn eine Aktion kollektiven weiblichen
Widerstandes sahen. Die Frauen namentlich der Großstädte, hieß es, befän-
den sich »in einem dauernden Zustand >passiver Resistenz« gegen die Zumu-
tungen weiterer Gebärtätigkeit«.475 Und eine Wochenzeitung formulierte:

115
»In der Tat kriegen die Deutschen von Jahr zu Jahr weniger Kinder. Die
Damen streiken. Die Damen!«476
Neben den Frauen machte die männlich-bürgerliche Öffentlichkeit auch
die Sozialdemokratie für den Geburtenrückgang verantwortlich. Sie wurde
beschuldigt, über die sozialdemokratischen Buchhandlungen »von Partei
wegen« Schriften zu vertreiben, die Arbeiterinnen zur Empfängnisverhü-
tung anleiteten. Auch für die angeblich besonders hohe Abtreibungsrate
unter Arbeiterinnen wies man dem Wirken der Partei die Schuld zu. Die
Sozialdemokratie, so der Tenor, wolle »Mutterinstinkte und Familiensinn
durch Betätigung in Frauenbewegung und Sozialismus« ersetzen und forde-
re Frauen zur Emanzipation von der »Sklaverei der Gebärmutter« auf.477
Tatsächlich gab es einige wenige sozialdemokratische Ärzte und SPD-
Anhängerinnen, die in Veranstaltungen oder Druckschriften Geburtenkon-
trolle propagierten und als Kampfmittel gegen den Kapitalismus provokativ
zum »Gebärstreik« aufriefen. In der Parteiführung stieß diese Position aller-
dings auf heftigen Widerstand. Die öffentliche Distanzierung in der »Gebär-
streikdebatte« konnte jedoch nicht verhindern, daß die SPD nach wie vor
von ihren politischen Gegnern für die Äußerungen einiger Mitglieder und
ganz generell für das Sexualverhalten der Arbeiterinnen verantwortlich ge-
macht wurde.478
Die Sichtweise der völkischen Rechten erhielt 1912 die Weihen regie-
rungsamtlicher Bestätigung. Im Auftrag der Medizinalverwaltung des In-
nenministeriums veröffentlichte der Düsseldorfer Arzt Jean Bornträger ei-
nen Bericht, der die sinkenden Geburtenraten wesentlich auf den Einfluß
der Frauen- wie der Arbeiterbewegung zurückführte. 479 Um zu belegen,
»daß die Sozialdemokratie zum großen Teil diesen Geburtenrückgang gera-
dezu wünscht«, führte der Medizinalrat exakt jene beiden Schriften an, auf
die sich ein Jahr zuvor schon der Reichsverband gegen die Sozialdemokratie
in der Absicht gestützt hatte, die Genossen als Urheber des Geburtenrück-
gangs zu identifizieren.480
Bornträger entwickelte einen umfangreichen Vorschlagskatalog, um ein
weiteres Absinken der Kinderzahl zu verhindern. Neben verstärkter Presse-
zensur und gesetzlichen Repressionen forderte er ultimativ die »Eindäm-
mung der Frauenemanzipation«, die ihm als »Jungfrauenbewegung« galt:
»Die Bewegung erfolgt in besonderem Maß zugunsten der ledigen Frauen
und reißt die verheirateten mit, stört die völlig zufriedenen und zertrüm-
mert allmählich die guten Eheverhältnisse«.481
Der rheinische Regierungsrat stimmte in die populäre Klage über die
weibliche Berufskonkurrenz mit ein und sah in der Aufrechterhaltung eines
geschlechtsspezifisch segregierten Arbeitsmarkts die Vorbedingung für die
Steigerung der Eheschließungen und damit der Geburten. Logisch kon-
sistent war diese Argumentation freilich nicht, hatte Bornträger doch an

116
anderer Stelle ausgeführt, daß zwar die Zahl der Kinder pro Ehe gesunken
sei, nicht aber die Heiratshäufigkeit selbst. Daß er von männlichen Berufs-
verbänden und der völkischen Rechten den Topos der ehehemmenden
>weiblichen Schmutzkonkurrenz« übernahm, war somit weniger sachlich als
vielmehr weltanschaulich begründet. »Der Unterschied [zwischen den Ge-
schlechtern, U.P] muß bleiben«, war sein Credo, Frauen in Männerberufen
erschienen dem Mediziner wie vielen seiner Zeitgenossen als »Karikatur«.482
Auch Bornträgers Diskussion der sexualreformerischen Legitimierung
außerehelicher Sexualität war weniger wissenschaftlich zurückhaltend als
vielmehr von Emotionen geprägt. Der ansonsten eher distanzierte Medi-
zinaljargon ging jäh in empörte Ausrufe über, sobald vom Bund für Mutter-
schutz und seiner Forderung nach >freier Liebe« die Rede war: »Da haben
wir es! Offene Erstrebung des Konkubinats! Warum nicht gleich Verherr-
lichung der Prostitution? Und daß man da Kinder zu erzeugen gedenkt, das
wird doch niemand annehmen wollen.«483
»Ehehemmend« und »entsittlichend« wirke die Frauenbewegung, formu-
lierte der Düsseldorfer Regierungsrat sein abschließendes Urteil und erklär-
te die Bekämpfung der Frauenemanzipation zum genuinen Bestandteil aller
öffentlichen Anstrengungen, den Geburtenrückgang aufzuhalten.484 Die
völkische Rechte konnte sich bestätigt fühlen. Die Bornträger-Studie hatte
sich ihr F>klärungsmuster zu eigen gemacht und antifeministischen Ressen-
timents den Status offizieller Legitimität verliehen.485

117
3. Der Antifeminismus organisiert sich:
Die Gründung des Deutschen Bundes
zur Bekämpfung der Frauenemanzipation

Im selben lahr, als die Bornträger-Studie die Frauenbewegung zum Staats-


feind erklärte, gelang den Gegnern und Gegnerinnen weiblicher Emanzi-
pationswünsche erstmals die Bündelung antifeministischer Interessen. An-
sätze dazu hatte es bereits seit Beginn des Jahrhunderts gegeben. Schon
1903 hatte die sächsische Adelige Kathinka von Rosen in ihrer von Möbius
beeinflußten Schrift »Über den moralischen Schwachsinn des Weibes«
Deutschlands Frauen aus »religiösen, sittlichen und nationalen Gründen«
dazu aufgefordert, den »Feinde(n) im eigenen Land ... mutig den Krieg zu
erklären«.1 Sie initierte damit eine Welle von Protesten gegen die »moderne
Frauenbewegung« aus weiblicher Feder, die in Auflagen von teilweise mehr
als 20.000 verkauften Exemplaren beim Publikum reißenden Absatz fan-
den. 2

3.1. Von der literarischen Kritik z u m antifeministischen


Kampfverband

Nach den Reformen in der Mädchenbildung und der Revision des Vereins-
gesetzes nahm die literarische Kritik an den Emanzipationsbestrebungen des
weiblichen Geschlechts konkretere Formen an. Im September 1908 rief eine
Mitarbeiterin der »Deutschen Tageszeitung« zur Gründung eines Hausfrau-
enbundes gegen die »Frauenrechtlerei« auf 3 Wenig später wurden auch die
Männer aktiv. Der Plauener Schriftsteller Walter Boelicke schickte sich an,
eine »Männerbewegung zur Lösung der Frauenfrage« ins Leben zu rufen.4
Ludwig Langemann, bekannter Kämpfer wider den »Schulfeminismus«,
hoffte auf ein Bündnis besorgter Mütter und Väter. Und im antisemitischen
»Hammer« ersuchte der Leipziger Justizrat Schnauß angesichts der, wie er
meinte, pro-feministischen Großblockpolitik des Fürsten Bülow »die Volks-
genossen, die bereit sind, sich zum Kampfe gegen den Feminismus zu-
sammenzuschließen, sich bei mir zu melden«. 5

118
Freilich war den verstreuten Organisationsversuchen zunächst wenig Er-
folg beschieden. 6 Erst die Diskussion um den Geburtenrückgang und vor
allem die Kontroversen um die Stimmrechtsfrage, die im Vorfeld der Reichs-
tagswahlen vom Januar 1912 in den Debatten der Frauenvereine wie der
politischen Öffentlichkeit breiten Raum einnahmen, politisierten die Geg-
ner der Frauenbewegung soweit, daß sie nun energisch zur Tat schritten.
Im Verlauf des Jahres 1911 häuften sich in der rechtsbürgerlichen Tages-
presse die Berichte über die Aktivitäten englischer und amerikanischer
Stimmrechtsgegner beiderlei Geschlechts. Beifällig wurden die antifemini-
stischen Äußerungen angesehener Politiker zitiert, und im Lob über das
entschiedene Vorgehen der englischen Polizei gegenüber den Suffragetten
schwang deutlich vernehmbar Kritik an der »Nachsicht« deutscher Sicher-
heitsorgane mit.7 Insbesondere die von Frauen geführte New York State
Association Opposed to Woman Suffrage kam so zu publizistischen Ehren,
ließ sich an ihrem Beispiel doch propagandistisch geschickt darauf verwei-
sen, daß »das Frauenstimmrecht keine schärferen Gegner hat als die Frauen
selbst«.8
Für die Formierung des wilhelminischen Antifeminismus spielte das Vor-
bild der amerikanischen und britischen Anti-Suffrage-Vereinigungen eine
entscheidende Rolle. Eine ähnliche Organisation in Deutschland werde all-
mählich »überaus nötig«, befand der Berliner Schriftsteller und Amerika-
Korrespondent Henry F. Urban, der das zeitungslesende Publikum in natio-
nal-konservativen wie liberalen Blättern mit immer neuen Informationen
über die amerikanischen Stimmrechtsgegnerinnen versorgte.9 Der populäre
Novellist war es auch, der den Weimarer Oberlehrer Friedrich Sigismund zu
einer Streitschrift gegen das Frauenstimmrecht anregte. Das Material dafür
stammte zum Teil aus Urbans Privatarchiv, zum Teil aber auch direkt von
den New Yorker Antisuffragistinnen, zu deren Schriftführerin Sigismund in
engem Kontakt stand. 10
Sigismunds antifeministische Broschüre erschien Anfang 1912 in der völ-
kischen Verlagsbuchhandlung Theodor Weicher in Leipzig. Sie stieß auf um
so größere Resonanz, als soeben die SPD aus den Januar wählen als Siegerin
hervorgegangen war. Die anderen Parteien, allen voran die Deutschkonser-
vativen und die freikonservative Reichspartei, mußten erhebliche Mandats-
verluste hinnehmen. Zwar waren die Sozialdemokraten schon seit langem
für das Frauenwahlrecht eingetreten. Doch angesichts der neuen Mehrheits-
verhältnisse im Parlament schien nun eine Wahlrechtsänderung zugunsten
der Frauen erstmals in erkennbare Nähe gerückt, zumal Frauen im Wahl-
kampfrechts- wie linksliberaler Parteien keine geringe Rolle gespielt hatten.
Die Blätter des nationalen und konservativen Bürgertums sparten daher
nicht mit Lob über Sigismunds energisches »Wort zur rechten Stunde«."
Während die rechtsbürgerliche Presse mit zahlreichen Besprechungen für

119
die Verbreitung der emanzipationsfeindlichen Schrift sorgte, wandte sich
Ida von Meerheimb, orthodoxe Vorkämpferin gegen das kirchliche Mitbe-
stimmungsrecht der Frau, an den Autor mit der Bitte, bei der Gründung
eines antifeministischen Verbandes nach anglo-amerikanischen Muster mit-
zuhelfen. Die Mecklenburger Baronin machte eine Reihe von Gesinnungs-
genossen ausfindig, die einige Jahre zuvor - damals unter der Federführung
des BdL-Redakteurs Ernst zu Reventlow und der antifeministischen Schrift-
stellerin Käthe Sturmfels - mit diesem Ansinnen gescheitert waren.
Zu dem Fähnlein der Aufrechten, die sich nun erneut an die Mitglieder-
vverbung machten, gehörten auch die Möbius-Verehrerin Kathinka von
Rosen und der antifeministische Oberlehrer Ludwig Langemann. Bei der
Sammlung von Unterschriften erwies sich Buchautor Sigismund als beson-
ders erfolgreich. Der »leidenschaftliche Zeitungsleser« war mit der Position
prominenter Zeitgenossen und Zeitgenossinnen zur >Frauenfrage< vertraut
und wußte daher, wen er mit der Bitte um Unterstützung anschreiben konn-
te. Gezielt wurde versucht, Frauen für Vorstandspositionen zu gewinnen.
Sie sollten dem neuen Verband in der Öffentlichkeit höhere Glaubwürdig-
keit verleihen.12
Während Unterschriftenlisten zirkulierten und Spenden eingeworben
wurden, bemühten sich die Emanzipationsgegner und -gegnerinnen um
Pressepräsenz. Sigismund übersetzte Flugblätter der amerikanischen
Stimmrechtsgegnerinnen ins Deutsche und leitete sie der offiziösen »Nord-
deutschen Allgemeinen Zeitung« und der freikonservativen »Post« zum
Abdruck zu. 13 Ludwig Langemann klärte in den »Hamburger Nachrichten«
das Publikum über die Gefahren des Feminismus auf und versorgte die
Berliner »Post« ebenso wie seine Kieler Heimatzeitung mit Artikeln, die
beweisen sollten, daß die Frauenbewegung nur der politischen Linken in die
Hände spiele.14 Sein Rechenexempel, nachdem auf 1.500 Frauen nur eine
Stimmrechtlerin komme, wurde selbst von süddeutschen Provinzblättern
übernommen. Auch im liberalen Südwesten entdeckten einige Redakteure
nun die Notwendigkeit, »weiblichen Forderungen die Grenze« zu ziehen,
»um Mannesrecht und Manneswürde in Familie, Gemeinde und Staat zu
wahren«. 15
Die Antifeministin Elisabeth Hancke zog in der BdL-eigenen »Deutschen
Tageszeitung« gegen die Berliner Ausstellung »Die Frau in Haus und Beruf«
zu Felde, die in ihren Augen nur initiiert worden war, »um Stimmung für die
Forderung des Wahlrechts zu machen«. Der Leserschaft empfahl sie die Lek-
türe von Sigismunds »Frauenstimmrecht« und forderte sie auf, sich an den
anglo-amerikanischen Anti-Stimmrechtsvereinen ein Beispiel zu nehmen. 16
Daß der nationalliberale Fraktionsführer Bassermann Ende Februar 1912
die Frauenbewegung im Reichstag als »Machtfaktor« der deutschen Politik
bezeichnete, 17 leitete Wasser auf die Mühlen der Emanzipationsgegner. Der

120
antifeministische Kieler Politiker und spätere Vorsitzende der deutschnatio-
nalen Reichstagsfraktion, Ernst Oberfohren, warf Bassermann medienwirk-
sam vor, sein Ziel sei »die völlige soziale und politische Gleichberechtigung
der Geschlechter«. 18 Und die »Hamburger Nachrichten« spotteten: »Wir
möchten einmal die Bewegung sehen, die Herr Bassermann nicht fordert,
wenn sie nur geeignet erscheint, der von ihm vertretenen demokratischen
Weltanschauung die Wege zu ebnen.«
Der rechtsgerichteten Tageszeitung schien es zwingend nötig, »der Re-
gierung bei ihrem Widerstände gegen die Einführung des Frauenstimm-
rechts das Rückgrad zu stärken«. Ihre Redakteure schienen über besonders
gute Kontakte zu den Emanzipationsfeinden zu verfügen. Schon Anfang
März konnten die »Hamburger Nachrichten« ihren Lesern mitteilen, daß
eine antifeministische Vereinigung nach englischem Vorbild im Entstehen
begriffen sei. Das Blatt kündigte an, die neue Organisation »im öffentlichen
Interesse« nach Kräften unterstützen zu wollen und setzte dabei auf die
Mitwirkung der politisch gleichgesinnten Presse.19
Anfang Juni 1912, kurz nach Pfingsten, war es dann soweit: Unter dem
originellen Wahlspruch: »Echte Männlichkeit für den Mann, echte Weib-
lichkeit für die Frau!« trat der Deutsche Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation an die Öffentlichkeit. Dem neuen Verein ging es darum,
angesichts des Aufbruchs von Frauen aus dem überkommenen Geschlech-
terverhältnis die männliche Dominanz auf allen Ebenen zu sichern. In sei-
nem Programm richtete er sich gegen die politische Mitbestimmung von
Frauen bei Staats-, Länder-, Gemeinde- sowie Parochialwahlen und wollte
darüber hinaus die weibliche Erwerbstätigkeit auf typische Trauenberufe«
und untergeordnete Funktionen beschränkt wissen. Er verurteilte die sexu-
elle Selbstbestimmung von Frauen und stritt gegen gleichberechtigte Bil-
dungschancen und Koedukation. Frauen sollten zu den gerade eroberten
Universitäten und technischen Hochschulen nur noch als Gasthörerinnen
zugelassen werden und statt dessen ihre »weibliche Eigenart« in besonderen
Frauenakademien zur Geltung bringen. 20 Der Zusammenschluß der Eman-
zipationsgegner und -gegnerinnen verstand sich als »Wehrverein«,21 der sich
»angesichts der äußeren und inneren Gefahren, denen das Reich augenblick-
lich ausgesetzt ist«, darum bemühen wollte,

»eine Bewegung einzudämmen, die der Gesamtheit zum Verderben, dem Manne
zum Unsegen, der Frau zum Fluch gereichen muß. Sie ist nicht ein Element der
Versöhnung, wie ihre Anhängerinnen behaupten, sondern sie gießt frisches Öl in das
schon heftig genug lodernde Feuer politischer und sozialer Gegensätze.«

Trotz dieser Kampfansage gegen die Frauenbewegung beeilte sich die anti-
feministische Liga zu betonen, daß sie alle nationalbetonten Frauenvereini-
gungen unterstützen wolle, die sich sozialer Fürsorge und der - wie auch

121
immer definierten - »Hebung des Frauenlebens« widmeten. Mit diesem
Passus versuchte der Verband, dem Vorwurf einer pauschalen Verurteilung
bereits etablierter weiblicher Vereinstätigkeit - etwa in der Wohlfahrtspflege
oder im Vaterländischen Frauenverein - zu entgehen und hielt sich zugleich
die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen unter der
Voraussetzung offen, daß sie alle Emanzipationsbestrebungen weit von sich
wiesen.
Der Aufruf des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation kam in
der frauenpolitisch ohnehin angeheizten Atmosphäre des Jahres 1912 einem
Medienereignis gleich. Kaum eine Tageszeitung versäumte es, den Forde-
rungskatalog abzudrucken und das Programm - je nach politischem Stand-
punkt und weltanschaulicher Richtung - mit einem beifälligen, vorsichtig
abwägenden oder spöttischen Kommentar zu versehen.22
Am einfachsten lagen die Dinge für die sozialdemokratische Parteipresse.
»Reaktionär« befand der »Vorwärts« kurz und bündig. »Kleinliche(r) Stan-
des- und Berufsegoismus« urteilte die »Leipziger Volkszeitung« und goß
einen Kübel voll Spott über die »armen, geängstigten Leute« aus.23
Aber auch bürgerliche Tageszeitungen machten sich - freilich mit weniger
klassenkämpferischen Impetus - über die Streiter wider den Feminismus
lustig und parodierten gekonnt deren wuchtig-schwülstigen Stil.24 Die libe-
rale und demokratische Presse teilte überwiegend die Auffassung der Frau-
enbewegung, daß die Einbindung von Frauen ins öffentliche Leben als
notwendige Folge sozialen und wirtschaftlichen Umbruchs nicht mehr
rückgängig zu machen sei, wenngleich sie sich nicht aktiv dafür einsetzten.
Dem antifeministischen Bund warfen sie vor, die »gesamte Denkrichtung
unserer Epoche« zu ignorieren und bewerteten seine Gründung als »Zei-
chen des reaktionären Geistes, der gegenwärtig durch gewisse Kreise des
Reiches weht«. 25 Eine Reihe zum Teil überregionaler Blätter stellte daher
dem BDF und Vertreterinnen des >gemäßigten< Flügels der Frauenbe-
wegung ihre Spalten zu Protesten gegen die »unwahren und entstellen-
den Behauptungen« der Emanzipationsgegner zur Verfügung. 26 Andere
Zeitungen rieten dazu, angesichts der »reichlich rückschrittlich(en)« Neu-
gründung einfach »mit mitleidigem Lächeln zur Tagesordnung« überzu-
gehen. 27
Doch auch in konservativen und konfessionellen Kreisen traf die neue
Organisation nicht nur auf Zustimmung. Daß Hedwig Dransfeld sich im
Namen der katholischen Frauenbewegung gegen die »Irreführung der öf-
fentlichen Meinung« durch den antifeministischen Bund verwahrte, erregte
selbst in der weltlichen Presse Aufsehen.28 Im evangelischen »Reichsboten«
erschienen nicht nur der beifällig kommentierte Bundesaufruf und eine
flammenden Zurückweisung des Frauenstimmrechts aus der Feder einer
promovierten Mitarbeiterin, sondern auch die Mahnung des deutschkon-

122
servativen Abgeordneten Dietrich von Oertzen, die christliche Frauenbewe-
gung nicht mit den Suffragetten auf eine Stufe zu stellen.29
Von der praktisch wie theoretisch kaum möglichen säuberlichen Schei-
dung in >männliche< und >weibliche< Berufe abgesehen, war es vor allem
diese undifferenzierte Verurteilung der Frauenbewegung, an der sich selbst
jene Blätter stießen, die prinzipiell die Formierung einer antifeministischen
Liga begrüßten. 30 Der »Vortrupp« warf dem Bund »seltsame Unkenntnis
des Programms der maßgebenden deutschen Frauenorganisation« vor.31
Und das freikonservative »Neue Deutschland«, ansonsten eher gegen eman-
zipatorische »Auswüchse« eingestellt, befand gar, die Propaganda des Anti-
Bundes sei »im konservativen Sinne das Unklügste, was sich denken läßt;
denn indem man eine derartige Verständnislosigkeit der Frauenbewegung
gegenüber bezeugt, treibt man ja geradezu die Frauen zum Radikalismus.«32
Im ultrarechten und antisemitischen Lager erscholl dagegen ungeteilter
Beifall. »Heil und Sieg dem Deutschen Bunde zur Bekämpfung der Frauen-
i emanzipation«, tönte die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« und stellte
ihrem halbseitigen Aufmacher ein Zitat des Frauenfeindes Schopenhauer
1
voran. 33 Die antisemitischen »Deutsch-sozialen Blätter« begrüßten den
»zeitgemäße(n) Bund« im Kampf gegen die »Entmannung« der Politik, und
in der »Staatsbürger-Zeitung« forderte ein Journalist, seinem Haß gegen
»Stimmrechtsweibchen« und »Judenjournalisten« beredt Ausdruck verlei-
hend, unverblümt zum Eintritt in die Antifeministen-Liga auf.34
Vornehmlich Berliner und Hamburger Tageszeitungen gaben den Bei-
trittsaufruf der Emanzipationsgegner in voller Länge wieder, druckten, als
Artikel aufgemacht und ohne Quellenangabe, Flugblätter oder Auszüge aus
der Mitgliederkorrespondenz, interviewten prominente Mitglieder und ver-
öffentlichten Erklärungen des Bundesvorstandes, in denen er zu Kritik aus
der Frauenbewegung Stellung nahm. 35 Sigismunds »Frauenstimmrecht«,
obschon bereits im Januar erschienen, wurde nun erneut besprochen. 36 Die
alldeutsche und deutschbundnahe »Deutsche Zeitung« führte den Histo-
riker Heinrich von Treitschke als Kronzeugen gegen die Frauenbewegung
I an und entwickelte sich in der Folge zum treuen Wegbegleiter des Anti-
feministen-Bundes.3~ Und in der agrarkonservativen »Deutschen Tageszei-
tung« kamen im Sommer 1912 antifeministische Positionen in einem Maß
zum Ausdruck, daß Gertrud Bäumer - nicht ganz zu unrecht - dort die
Drahtzieher der Anti-Emanzipationsbewegung am Werk wähnte. 38 Auch
Minna Cauer beobachtete die Presselandschaft und registrierte, daß man seit
der antifeministischen Vereinsgründung
»kaum ein Blatt von rechtsstehender und agrarischer Seite in die Hand nehmen
(kann), ohne daß nicht irgend ein Artikel aus männlicher oder weiblicher Feder der
>Antis< darin steht. Dann und wann nehmen sich auch einige schwankende Geister in
liberalen Blättern der schreibseligen >Antis< an«.39

123
Zustimmung fand der antifeministische Vorstoß jedoch nicht nur in den
einschlägigen Blättern der Metropolen, sondern auch in etlichen Presseor-
ganen der nord- und süddeutschen Provinz. Die »Braunschweiger Land-
Zeitung« empfahl aus ihrer »nationalen Weltanschauung« heraus den Bund
dem »Interesse aller Weiterblickenden«.40 Die »Mecklenburger Warte« war,
einem Artikel der »Deutschen Volkskorrespondenz« folgend, mit dem
»vernünftige(n) Wollen« der neuen Organisation vollkommen einverstan-
den.41 In der »Freiburger Zeitung« sang eine Frau das Hohelied des »mo-
dern erweiterte(n) Hausfrauenberuf(s)«.42 Und das »Ulmer Tageblatt« be-
fand, daß mit der Zurückweisung der »von der Natur selbst immer wieder
gründlich widerlegten Phrasen von Gleichberechtigung und persönlicher
Freiheit« doch wohl »jeder ruhig denkende Mensch einverstanden sein
kann«. Im Süden wie im Norden erhofften sich Emanzipationsgegner von
der antifeministischen Liga ein Gegengewicht gegen die >Radikalen< in der
Frauenbewegung und die reinliche Scheidung der »Auswüchse« von ihrem
»durch die sozialen Verhältnissen der Gegenwart berechtigten Kern«.43

3.2. Das antifeministische Netzwerk 4 4

Wer stand nun hinter dem neuen Bund? In welchen Kreisen durfte er auf
Sympathien rechnen? Und wer unterstützte ihn? Der Blick auf das politische
Umfeld prominenter Mitglieder und Förderer der antifeministischen Liga
zeigt, daß die Organisation Unterstützung vor allem in den zahlreichen
»Gesinnungsvereinen«45 der >nationalen Opposition« fand und Mitglieder
des Alldeutschen Verbandes den Aufbau des antifeministischen Netzwerkes
zentral mitbestimmten. 46
Damit befanden sie sich freilich im Widerspruch zur offiziellen Verbands-
linie. Hatten die »Alldeutschen Blätter« unter der Leitung des Antifemini-
sten Graf Reventlow in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts noch heftig
gegen die Frauenbewegung polemisiert, beobachtete das Verbandsorgan in
der Trauenfrage« zurückhaltende Neutralität, seit der ADV-Vorsitzende
Heinrich Class die Regie übernommen hatte. Class war zwar als strikter
Gegner des Frauenstimmrechts wie überhaupt der Gleichberechtigung der
Geschlechter bekannt, lehnte es aber dennoch ab, den Gründungsaufruf des
Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation zu unterschreiben. 47 Als
»Freund sozialer Frauenbestrebungen« meinte er während der letzten Vor-
kriegsjahre in der Frauenbewegung »einen Ruck nach Rechts« erkannt zu
haben und hoffte, daß die deutschnational-völkische Bewegung davon pro-
fitieren würde. Deshalb sicherte er in seinem programmatischen Bestseller
»Wenn ich der Kaiser war« Frauenvereinigungen die Unterstützung

124
»deutschbewußte(r) Männer« bei der »Lösung der sozialen Frauenfrage«
unter der Voraussetzung zu, daß sie sozial- und liberaldemokratischen Ten-
denzen abschworen und sämtliche Rechtsforderungen fallen ließen. In die-
sem Punkt ließ der ADV-Vorsitzende nicht mit sich reden. Denn, so Class
apodiktisch: »Politisch darf es eine Frauenfrage nicht geben.« 48
Trotz dieser deutlichen Absage an politische Ambitionen ging die Positi-
on des Verbandschefs vielen Alldeutschen noch zu weit. Selbst im Vorstand
waren die Meinungen geteilt. Friedrich Sigismund, der Gründer der antife-
ministischen Liga, war bekennender Alldeutscher gewesen, bevor er dem
Verband 1913 aus Protest gegen Classens Haltung in der Trauenfrage« den
Rücken kehrte. 49 Gut zehn Prozent der namentlich bekannten Emanzipati-
onsgegner gehörten gleichzeitig dem Vorstand des ADV an,50 und wenn
auch die »Alldeutschen Blätter« den Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation »geflissentlich totschwiegen«, 51 so stießen antifeministische
Positionen im Führungskader wie in den Ortsgruppen doch auf Resonanz.52
ADV-Vorstandsmitglied Karl Ludwig Schemann etwa, als Übersetzer der
Rassenlehren des französischen Grafen Gobineau eine der Leitfiguren der
deutschvölkischen Bewegung und selbst von den »Preußischen Jahrbü-
chern« hoch geschätzt, 53 gehörte samt Ehefrau Bertha zu den Erstunter-
zeichnern des Aufrufes, mit dem der Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation an die Öffentlichkeit trat. Auf seinen Vorschlag hin sollte der
antifeministischen Liga »jeder wahlfähige deutsche Mann, jede volljährige
deutsche Frau« beitreten können. 54 Mit dieser Qualifikation vollzog die Or-
ganisation den Anschluß ans völkische Lager. Der Zusatz »deutsch« signali-
sierte den interessierten Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, daß die Vereini-
gung auf dem Boden des rassistisch definierten Antisemitismus stand.
Schemann sorgte für die Verbreitung des Aufrufs unter den Mitgliedern
seiner Gobineau-Vereinigung 55 und warb als ehemaliger Bayreuther Wagne-
rianer die Wagner-Schwiegertochter Daniela Thode und deren Ehemann
Henry für den antifeministischen Bund. 56
Neben dem ADV und der Gobineau-Vereinigung erwies sich auch der
Deutschbund für die Emanzipationsgegner als ergiebiges Rekrutierungs-
feld, eine logenähnlich strukturierte Verbindung, die ihre Ziele aus einer
rassistisch begründeten Frontstellung gegen das Judentum ableitete.57 Die
Deutschbrüder lehnten die »Vermischung von Deutschen mit Nichtariern«
ab und zählten Ludwig Schemann ebenso wie dessen Idol, den Grafen Go-
bineau, zu ihren »geistigen Führer(n)«. 58 Friedrich Lange, dem Begründer
des Deutschbundes, galt es als Beweis höherer Einsicht, wenn Männer Staat
und Politik von »weiblichen Nervositäten« freizuhalten suchten. Die Trau-
enfrage«, so schrieb er in seinem vielfach aufgelegten Grundsatzmanifest
»Reines Deutschtum«, werde sich am besten durch die Steigerung der Hei-
ratshäufigkeit lösen lassen.59 Der Bundeskammer, dem Leitungsgremium

125
des Deutschbundes, gehörten etliche alldeutsche Antisemiten an, die auch
den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation unterstützten: von
Kanzler Konrad Maß über den Vorsitzenden Professor Paul Langhans bis hin
zu Oberst Karl Hellwig, der gleichzeitig dem Reichshammerbund vor-
stand. 60 Als Hellwig 1914 starb, würdigte ihn das antifeministische »Mo-
natsblatt« mit dem Nachruf, das »treue Bundesmitglied« habe »aufgrund
seiner weitreichenden Beziehungen die Interessen des Bundes auf das tat-
kräftigste gefordert.« 61
Als Organ des Deutschbundes füngierte der »Deutsche Volkswart«, der
im Herbst 1913 beim rechtsextremen Theodor-Weicher-Verlag in Leipzig
herauskam. 62 Den Autbau der neuen Zeitschrift hatte die Redaktion der
»Zeitfragen« koordiniert, ein Blatt, das wöchentlich als Beilage zur »Deut-
schen Tageszeitung« des BdL erschien. Herausgegeben wurden die »Zeit-
fragen« von dem Berliner Journalisten und völkischen Dichter Fritz Bley,
einem Alldeutschen, der auch den Aufruf der antifeministischen Liga unter-
schrieben hatte. Stammautoren für den »Deutschen Volkswart« hatte man
per Annonce in den »Alldeutschen Blättern« gesucht. Entsprechend zählte
zum Mitarbeiterstab des neuen Zeitschriftentitels alles, was in der völkischen
Bewegung Rang und Namen hatte - darunter auch eine Reihe von Mitglie-
dern des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. 63
Möglicherweise war es diesem Einfluß zuzuschreiben, daß der »Deutsche
Volkswart« von vornherein mit einer Rubrik zur »Frauen-Frage« konzipiert
worden war. Zumindest aber zeigte sich daran, daß dem Problem des Ge-
schlechterverhältnisses am äußersten rechten Rand des politischen Spek-
trums in den lahren vor dem Ersten Weltkrieg erhöhtes Gewicht beigemes-
sen wurde.
Der »Deutsche Volkswart« erschien mit der Beilage »Deutsches Schrift-
tum«, die der Antifeminist und Deutschbund-Anhänger Adolf Bartels redi-
gierte. Bartels war nicht nur der völkische Literaturtheoretiker der wilhelmi-
nischen Epoche, sondern - wie auch Schemann -- eine der Leitfigurcn des
rechtsextremen Lagers. Der flammende Antisemit war angetreten, Theater,
Literatur und Kunst von »undeutschen Einflüssen« zu reinigen.64 Trotz ge-
legentlicher Differenzen in der sogenannten >Judenfrage« hatte Ferdinand
Avenarius den Vorsitzenden des Deutschvölkischen Schriftstellerverban-
des65 als ständigen Mitarbeiter für den »Kunstwart« gewonnen. Dort verlieh
er seiner Abneigung gegen die »modernen Kämpferinnen« aus der Frauen-
bewegung beredt Ausdruck. 66 Gleichzeitig gehörte Bartels - wie auch ande-
re Mitglieder des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation - dem
Dürer-Bund an, der organisatorischen Plattform der »Kunstwart«-Gemein -
de. 67
Bartels Vorstandskollege im Deutschvölkischen Schriftstellerverband,
Philipp Stauff, teilte mit dem Literaturkritiker nicht nur die alldeutsche

126
Überzeugung, sondern auch dessen antifeministische Einstellung. Stauffs
Ehefrau Bertha saß im Vorstand des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation, und auch Adolf Bartels Gattin hatte sich der antifemi-
nistischen Vereinigung angeschlossen.68 Bekannt geworden war Stauff durch
seilen 1913 erschienen »Semi-Kürschner«, ein Lexikon, das den Einfluß
von Juden auf das öffentliche Leben nachweisen sollte und unter den politi-
schen Gegnern auch Frauenrechtlerinnen verzeichnete. 69 Als Präsident der
Guido von List-Gesellschaft sorgte er für die Verbreitung der protofaschisti-
schen Vorstellungen des österreichischen Rassenmystikers, der durch konse-
quente Selektion eine germanische Edelrasse züchten und sie in einem
neubelebten Ariogermanien einem nordischen Führerkaiser unterstellen
wollte. 70
Die konsequenteste Formulierung des »geistutopischen Rassenwahns«
fand sich jedoch bei Adolf Lanz, der als Jörg Lanz (von) Liebenfels seit 1905
\ die Zeitschrift »Ostara« als »Bücherei der Blonden und Mannesrechtler«
1
herausgab. Lanz versuchte sich an der Formulierung einer arischen Religion,
' träumte von der Ermordung aller Juden, von arischen Reinzuchtkolonien,
dem Zeugungsvorrecht germanischer Helden und der klösterlichen Ab-
schließung ausgewählter nordischer Zuchtmütter. 71 Späterer Forschung galt
| der Ariosoph als »der Mann, der Hitler die Ideen gab«. 72
In der »Ostara«-Reihe erschien 1907 ein Pamphlet des antifeministischen
Strafrechtlers und Abtreibungsgegners Eduard von Liszt.73 Auch Arnold
Rüge, der badische Propagandist des Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
I Emanzipation, war offensichtlich vom verquasten Gedankengut des Herren-
I rechtlers Lanz-Liebenfels beeinflußt.74
Rüge, Privatdozent in Heidelberg, war als antisemitischer wie antifemini-
I stischer Ideologe ausgewiesen. Bereits vor der Gründung des Bundes hatte
[ er die Heidelberger Frauenbewegung scharf angegriffen.75 Nachdem er der
antifeministischen Liga beigetreten war, stand der studierte Philosoph der
I Ortsgruppe Heidelberg-Mannheim vor und verfaßte neben zahlreichen
Artikeln für das »Monatsblatt« auch Bücher im Sinne des Bundes. 76 Den
i Vorsitz der Regionalvereinigung teilte sich Rüge mit Karl Herzog, dem
: Mannheimer Geschäftsführer und späteren Vorsteher des Südwestgaus des
Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes. 77 Die überaus enge
Zusammenarbeit zwischen dem Antifeministenbund und dem DHV wurde
über die korporative Mitgliedschaft hinaus dadurch abgesichert, daß ein
Mitglied der Hamburger Verbandsleitung für den DHV im Vorstand und im
Geschäftsfohrenden Ausschuß der Emanzipationsgegner saß.78
Funktionäre des DHV vertraten ihre Organisation auch im Vorstand des
Verbandes gegen die Überhebung des Judentums, zu dem sich 1912 antise-
mitische Ideologen, Völkische und führende Alldeutsche zusammengefun-
den hatten. Publiziert wurde der Aufruf unter anderem in den »Deutschvöl-

127
kischen Hochschulblättern«, einem rechtsextremen Studentenblatt, das
auch antifeministischen Belangen seine Spalten öffnete."9 Aufnahmekriteri-
um im Verband gegen die Überhebung des Judentums war neben dem
männlichen Geschlecht die »arische Abkunft«. Wer eine Jüdin geheiratetet
hatte, blieb gleichfalls ausgeschlossen. Bereits im Sommer 1918 publizierte
die antisemitischen Kampforganisation einen Katalog, der Juden unter ein
rassistisch definiertes Ausnahmegesetz stellte, sie aller Staatsbürgerrechte
sowie jeglicher Existenzmöglichkeiten beraubte und in vielem die national-
sozialistische Gesetzgebung vorwegnahm. 80 Zu den Mitgliedern der ersten
Stunde zählten etliche Antifeministen: Ludwig Schemann als Vorsitzender
der Gobineau-Gesellschaft ebenso wie Fritz Bley vom BdL, Oberst Hellwig
vom Reichshammerbund und der alldeutsche BdL-Redakteur Ernst zu Re-
ventlow. Auch der Kyffhäuser-Verband der Vereine Deutscher Studenten
(VDS), die Kaderschmiede des Alldeutschen Verbandes, entsandte einen
Funktionär in den Vorstand des Verbandes gegen die Überhebung des
Judentums. 81
Zahlreiche Alldeutsche gehörten als Studenten den VDS an und blieben
dem Kyffhäuserverband später als Alte Herren oder Ehrenmitglieder ver-
bunden. 82 Auch eine Reihe von prominenten Mitgliedern des Bundes zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation hatte diese Schule durchlaufen. Der
Frankfurter Pfarrer Julius Werner, streitbarer Fechter gegen Frauenrechte in
der Kirche und als Herausgeber des Kirchenblattes »Glaube und Tat«
Vorsitzender der »Christlich-nationalen Gruppe« im antifeministischen
Bund, hatte die VDS mit ins Leben gerufen. 83 Der Emanzipationsgegner
Otto Schmidt-Gibichenfels, Herausgeber der »Politisch-anthropologischen
Revue«, zählte ebenfalls zu den Mitbegründern der Organisation. 84 Die
antifeministischen Professoren Dietrich Schäfer und Gustav Roethe gehör-
ten zum Kreis der Ehrenmitglieder.85 Roethe, Literaturwissenschaftler in
Berlin, war ein prominentes Mitglied im Verein für das Deutschtum im Aus-
land86 und bekannt dafür, daß er auch noch nach 1908 Studentinnen aus
seinen Vorlesungen ausschloß.87 Kein Wunder also, daß sich der Alt-Herren-
bund der VDS an den Petitionen der antifeministischen Liga beteiligte.88
Umgekehrt schloß sich der Kyffhäuserbund dem Wehrverein und dem
Deutschen Jugend-Verband des antifeministischen Generals August Keim
an und rief die angehenden Akademiker zum Eintritt in die Gobineau-
Gesellschaft des Antifeministen Ludwig Schemann auf.89 Die Redakteure
der »Akademischen Blätter« traten gemeinschaftlich der Gobineau-Gesell-
schaft bei und zählten sich zu den Zirkeln um den Bayreuther Kreis.90
Viele der studentischen Journalisten, die sich bei den »Akademischen
Blättern« der VDS erste publizistische Sporen verdient hatten, rückten nach
dem Studium in einflußreiche Positionen bei rechtskonservativen und be-
tont nationalen Zeitungen auf- etwa bei der »Kreuz-Zeitung«, der alldeut-

128
sehen »Täglichen Rundschau« oder der ebenfalls alldeutschen »Deutschen
Zeitung«. 91 Die »Deutsche Zeitung« machte, anders als das von Heinrich
Class geleitete Verbandsorgan »Alldeutsche Blätter«, aus ihrer Sympathie für
den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation keinen Hehl und er-
statte getreulich über die Aktivitäten der Antifeministen Bericht.92 Mit Dr.
Hans Wendland bekannte sich auch ein Redakteur der gleichfalls alldeut-
schen »Berliner Neuesten Nachrichten« zum Antifeminismus und rückte die
Vereinigung dort ins - im Doppelsinn - rechte Licht.93 Die »Deutsche Ta-
geszeitung« des BdL entwickelte sich geradezu zum Sprachrohr der Eman-
zipationsgegner. Kein Wunder, konnte der Bund mit Ernst zu Reventlow
und Fritz Bley, dem Herausgeber der Montagsbeilage »Zeitfragen«, doch
gleich auf zwei einflußreiche Verbindungsmänner zurückgreifen.
Die Beziehungen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation
reichten bis weit in den Süden Deutschlands. Adam Roeder, Stuttgarter
Chefredakteur der »Deutschen Reichspost« und ein bekannter völkischer
Publizist,94 gehörte samt Gemahlin der antifeministischen Liga an. Und in
München war Professor Max von Gruber, Chef der Deutschen Gesellschaft
for Rassenhygiene, schon seit 1910 aus bevölkerungspolitischen Gründen
gegen die Frauenemanzipation zu Felde gezogen. 95
Während es den Rassenhygienikern um die Selektion >gesunder< und
hochwertiger« Erbanlagen, mithin also um qualitative Bevölkerungspolitik
ging, setzte die 1915 gegründete Deutsche Gesellschaft for Bevölkerungs-
politik auf quantitatives Wachstum. Unterstützt von Behörden und gemein-
nützigen Organisationen, entfaltete sie während des Krieges erhebliche
politische Wirksamkeit. Die enge Verzahnung von Antifeminismus, Be-
völkerungs- und Kabinettspolitik symbolisierte niemand besser als der pro-
minente Eugeniker Carl von Behr-Pinnow, der seinen Beruf als Kabinettsrat
der Kaiserin mit dem Vorsitz der antifeministischen Liga und Engagement in
der Gesellschaft for Bevölkerungspolitik vereinte.96
Die wissenschaftlichen Vertreter der Rassenhygiene und Bevölkerungspo-
litik wiederum unterhielten »herzliche Beziehungen« zur Gobineau-Gesell-
schaft Ludwig Schemanns.97 Kein Wunder, war man sich doch nicht nur in
punkto Frauenemanzipation, sondern auch in Sachen Außenpolitik einig.
Zusammen mit ihren Antifeministen-Kollegen Arnold Rüge, Ernst zu Re-
ventlow, Fritz Bley, Gustav Roethe, Adolf Bartels und dem Buchdruckerei-
besitzer Graef waren sowohl Max von Gruber als auch Ludwig Schemann
dem Unabhängigen Ausschuß für einen deutschen Frieden beigetreten.
Unter der Leitung des konservativen Theologen Reinhold Seeberg - einem
scharfen Kritiker des Geburtenrückgangs - und des antifeministischen
Historikers Dietrich Schäfer votierte der Ausschuß im Gegensatz zur gemä-
ßigten Kriegszielpolitik der Regierung Bethmann-Hollweg für den »Sieg-
frieden« und einen uneingeschränkten U-Boot-Krieg. 98

129
Die Annexionisten schlössen sich 1917 zur Deutschen Vaterlandspartei
zusammen. 99 An der Vorbereitung des Verbandsorgans »Deutschlands Er-
neuerung« war zusammen mit Wölfgang Kapp und Alfred Hugcnberg auch
der Münchner Bankier und Antifeminist Wilhelm Freiherr von Pechmann
beteiligt. Zu den Mitherausgebern der alldeutsch-schwerindustriellen Zeit-
schrift zählten mit Max von Gruber und Dietrich Schäfer zwei weitere pro-
minente Mitglieder des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation.
Verlegt wurde »Deutschlands Erneuerung«, das damals wohl radikalste völ-
kisch-antidemokratische Blatt, bei von Grubers Münchner Freund, dem All-
deutschen Julius F. Lehmann. 100
Das völkisch-rechtsnationale politische Spektrum war jedoch nicht nur auf
der Ebene der Funktionäre miteinander verschachtelt und verquickt. Im
Netzwerk der Verbände lebte im vereinsseligen 19. Jahrhundert der
»deutschnationale Vereinsmensch« zumeist männlichen Geschlechts, der
zahlreichen Organisationen gleichzeitig angehörte, ihre Zeitschriften las
und daraus seine Weltanschauung bildete. Als Musterbeispiel eines solchen
Typus veröffentlichte die »Deutsche Handelswacht« des DHV 1917 die
Zuschrift ihres Leipziger Anhängers Nr. 103.860, der sich der Mitglied-
schaft folgender Vereinigungen rühmte:
»Deutschnationaler Handlungsgehilfenverband (mein Erzieher), Germanen-Orden
(eine deutschvölkische Loge), Reichsverband der deutschvölkischen Partei, Verband
gegen die Überhebung des Judentums, Alldeutscher Verband, Deutscher Elottenver-
ein, Fichte-Gesellschaft von 1914, Deutscher Bund gegen die Erauenemanzipation,
Schutzbund fürs Deutsche Weib, Deutsche Gesellschaft zur Förderung häuslicher
Erziehung, Unabhängiger Ausschuß für einen deutschen Frieden, Verein Heimat-
dank für die Amtshauptmannschaft Leipzig, Leipziger Spar- und Bauverein, Deut-
scher Sonntagsbund.«101
Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war also nicht nur auf
der FLbene der Funktionäre im Netzwerk der deutschnationalen und völki-
schen Organisationen verankert, sondern auch an ihrer Basis fest verwurzelt.
Antifeminismus gehörte als integraler Bestandteil zur deutschvölkischen
Weltanschauung.

3.3. Das Sozialprofil der Antifeministen und Antifeministinnen

Wie stand es nun um die Sozialstruktur der antifeministischen Parteigänger?


Welcher Schicht gehörten sie an? Waren es Männer oder Frauen, Protestan-
ten oder Katholiken, kamen sie vom Land oder aus der Stadt? Für die anti-
feministische Basis - soviel vorweg - lassen sich diese Fragen nicht beantwor-

130
ten. Weil die Mitgliederlisten der organisierten Emanzipationsgegner verlo-
rengegangen sind, bleibt nichts anderes übrig, als sich mit dem überlieferten
Material zu bescheiden: den Namen von insgesamt 375 Personen, die den
Bund in seinem Kampf gegen die Frauenemanzipation aktiv unterstützten.
Diese Antifeministinnen und Antifeministen warben öffentlich für die neue
Organisation, traten einer Ortsgruppe bei, fungierten als Rednerinnen und
Redner, verfaßten Artikel oder arbeiteten - lokal oder auf nationaler Ebene
- im Vorstand mit. Wiewohl ihre Daten wohl nicht auf die gesamte Anhän-
gerschaft des Bundes hochgerechnet werden können, 102 lassen die überlie-
ferten Namen der antifeministischen Aktivistinnen und Aktivisten doch im-
merhin einen Blick auf die Sozialstruktur der engagierten Anhängerschaft
zu.103
Futgegen einem weitverbreiteten Vorurteil war das Bemühen, die Frau-
enrechtlerinnen in die Schranken zu verweisen, keineswegs >Männer-
sache«.104 Der Blick auf die aktive Anhängerschaft des antifeministischen
Bundes belehrt eines Besseren: Ein Viertel der engagierten Flmanzipations-
gegner waren Frauen. Damit lag die Frauenquote der »Antis«105 weit über
dem weiblichen Organisationsgrad so >fortschrittlicher< Vereinigungen wie
der SPD und der Freien Gewerkschaften, wo der Frauenanteil 1913 gerade
einmal 14,4 bzw. 8,8 Prozent betrug. 106 Entsprach die sichtbare Beteiligung
von Frauen auch strategischem Kalkül und diente der Erhöhung der
Glaubwürdigkeit, so waren die Antifeministinnen im Bund zur Bekämpfung
der Frauenemanzipation doch alles andere als >Alibi-Frauen« und bloßes
Mittel zum Zweck. Selbst auf Funktionärsebene stellte der antifeministische
Bund in punkto Frauenanteil die politische Linke in den Schatten: Bis zum
Ende des Ersten Weltkrieges hielten Frauen rund 20 Prozent der Führungs-
positionen, nach der Reorganisation des Bundes 1919/20 waren gar knapp
40 Prozent aller Vorstandsämter in weiblicher Hand. 107
Ein etwas anderes Bild der Geschlechterverhältnisse ergibt sich, wenn man
nicht nur nach dem prozentualen Anteil, sondern auch nach der Stellung
fragt, die Frauen in den Führungsgremien der antifeministischen Liga ein-
nahmen. Frauen, so zeigt sich dann, hatten die weniger attraktiven und
prestigeträchtigen Ämter inne. Die Ersten Geschäftsführer und Schriftleiter
des Gesamtverbandes und seiner Ortsvereine waren vor der Revolution von
1918/19 fast durchweg Männer. Die Frauen des antifeministischen Bundes
waren eher in der zweiten Reihe zu finden: in Ausschüssen oder Beiräten, als
Finanzverwalterin oder im Amt der unauffälligen dritten Vorsitzenden. Dar-
aus lediglich zu schließen, daß Frauen im Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation nur eine Alibi-Funktion zukam, würde der Mentalität seiner
Anhängerinnen allerdings wenig gerecht werden. Viele Antifeministinnen
fanden es nicht schicklich, als Frau an prominenter Stelle in die Öffentlich-
keit zu treten.

131
Eine Ausnahme machte dabei die Rostocker Baronin Ida von Meerheimb,
die bereits eine wesentliche Rolle bei der Formierung des wilhelminischen
Antifeminismus gespielt hatte. Als Schriftführerin der »Christlich-nationalen
Gruppe« im antifeministischen Bund avancierte sie 1917 zur Vorsitzenden
dieses lutheranischen Zirkels, als Julius Werner, der bisherige Leiter, wegen
Arbeitsüberlastung von den Geschäften zurücktrat. Allerdings beeilte sich
die Baronin zu betonen, daß sie diese Funktion »in enger Fühlung mit
Herrn Pfarrer Werner wie auch mit der Leitung des Hauptbundes gegen
Frauenemanzipation« ausüben werde - eine Erklärung, die ersichtlich auf
die Widerlegung vorhandener Ressentiments gegen Frauen in Führungspo-
sitionen abzielte.108 Das hinderte die bekannte Christlich-Nationale freilich
nicht daran, den neuen Freiraum zu benutzen, um das Organ der Antifemi-
nisten nach ihrem Gutdünken umzugestalten: Seit Herbst 1917 informierte
das »Monatsblatt« verstärkt über die Arbeit der evangelischen Frauenhülfe,
einem Zusammenschluß konservativer Frauen im Rahmen der Inneren Mis-
sion, für den Ida von Meerheimb größte Sympathien hegte und selbst seit
langem in der Armen- und Waisenpflege aktiv war.109
Nach der Novemberrevolution bauten die Frauen ihre Position in der
antifeministischen Liga aus. In den hektischen Wochen des Frühjahrs 1919
zeichnete Ida von Meerheimb als Stellvertretende Vorsitzende für den Ge-
samtbund verantwortlich, lud in dieser Funktion zur Mitgliederversamm-
lung ein und setzte selbstbewußt den »Bericht der Vorsitzenden« an die
Spitze der Tagesordnung. 110
Als sich die Emanzipationsgegner 1919/20 im Bund für deutsche Volks-
erneuerung reorganisierten, wurde die Rostocker Freifrau zur Zweiten Vor-
sitzenden bestellt. Damit rangierte sie an zweiter Stelle der Vereinshierar-
chie, noch vor dem Stellvertretenden Vorsitzenden, einem Mann. In den
engeren Vorstand wählte man eine weitere Frau als Schatzmeisterin. Die
Geschäftsführung, ein für die Alltagsarbeit wie für die Bestimmung der po-
litischen Richtlinien der Bundesorganisation maßgebliches Amt, wurde nun
erstmals einer Frau übertragen. 1 "
Wenn auch der Verdacht naheliegt, daß die Funktionärinnen damit jene
Lücken schlössen, die ihre männlichen Kollegen - sei es durch Kriegsverlu-
ste, sei es durch Engagement in anderen Organisationen" 2 - nicht mehr
ausfüllen konnten oder wollten: Im Vorstand des Bundes for deutsche Volks-
erneuerung standen nun drei Frauen fonf Männern gegenüber. Während
Frauen in den Führungsgremien anderer Parteien und Verbände (sofern sie
beide Geschlechter aufnahmen) nur wenig Einfluß hatten, waren sie - im
Vergleich zur Zahl der engagierten Vereinsanhängerinnen - auf der Lei-
tungsebene der antifeministischen Liga deutlich überrepräsentiert. Ebenso
wie ihre männlichen Bundesgenossen hielten die Gegnerinnen der Frauen-
bewegung flammende Reden gegen die Politisierung der Frau, zogen in

132
Büchern und Artikeln gegen Frauenwahlrecht, außerhäusliche Erwerbsar-
beit und Koedukation zu Felde und gingen auf Vortragstournee in die Pro-
vinz. Lediglich in der Themenstellung gab es mitunter geschlechtsspezifi-
sche Unterschiede: Während Männer den Blick stärker auf die Folgen der
Frauenemanzipation for Wirtschaft und Politik richteten, erörterten Frauen
tendenziell häufiger die Konsequenzen für Ehe und Familie.113 Der Kampf
gegen Frauenrechte wirkte auf die Aktivistinnen politisierend und den ur-
sprünglichen Zielen des Verbandes entgegengesetzt. So kurios es klingt: Die
Antifeministinnen waren durch ihre Arbeit im Bund zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation und seiner Nachfolgeorganisation faktisch emanzipier-
t e r - im Sinne selbständiger Übernahme von Verantwortung - geworden." 4
Daß noch die dezidierte Emanzipationsgegnerschaft eine »Emanzipation
der Tat«" 5 beförderte, hatte Hedwig Dohm, die große alte Dame der Frau-
enbewegung, schon 1914 vorausgesehen:
»diese Liga ist ja das beredtste Zeugnis/ür die Frauenbewegung. Bewegen sich doch
diese Gräfinnen, Geheimrätinnen und sonstige Gemahlinnen von Herrenhäuslern
recht kräftig mit; entgegen ihrem Fundamentalsatz: >Die Frau gehört ins Haus« ex-
ponieren sie ihre Persönlichkeit gänzlich außerhalb des Hauses, besteigen in breite-
ster Öffentlichkeit Rednerbühnen, wühlen, agitieren, proklamieren, fassen Resolu-
tionen. Wer das Schwert im Munde führt, der hat schon Kochlöffel, Nähnadel und
was sonst der häusliche Herd mit sich bringt, an den Nagel gehängt.... Sie haben sich
gewandelt, diese lanzenbrechenden, Streitäxte schwingenden weiblichen Rückwärt-
ser, sind mit uns verwandt, Emanzipierte wie wir. In den Strom der Zeit haben sie
sich geworfen, der wird sie - ohne daß sie's wollen - an unser Ufer vorwärts trei-
ben.«116

Trotz dieses Interpretationsangebots hatten die Zeitgenossinnen und Zeit-


genossen alle Mühe, sich die Präsenz von Frauen im antifeministischen
Lager zu erklären. Wie irritierend das Auftreten weiblicher Emanzipations-
gegner wirkte, zeigte sich daran, daß Minna Cauer, durch politisches Enga-
gement und einflußreiches publizistisches Wirken eine unbestrittene Autori-
tät der demokratischen Frauenbewegung, in ihrer Zeitschrift die
Antifeministinnen mit dem geringschätzigen Satz abtat, bei diesen Frauen
müsse es sich wohl um die Anhängsel ihrer Ehemänner handeln" 7 - ein
ausgesprochen schlichtes Argument, das gänzliches Unvermögen offenbart,
das Phänomen in vorhandene Begriffskategorien einzuordnen. Von den
Frauen, deren Familienstand ermittelt werden konnte, waren jedoch nur
knapp zwei Fünftel - 38 Prozent - mit einem aktiven Antifeministen verhei-
ratet. Weitere 40 Prozent hatten einen Mann geehelicht, der - zumindest
soweit nachweisbar - nicht dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzi-
pation angehörte. Immerhin mehr ein Fünftel der aktiven Emanzipations-
gegnerinnen war unverheiratet und daher unverdächtig, gleichsam als Schat-
ten einem berühmten Gatten in den Bund gefolgt zu sein.

133
Die verheirateten Antifeministinnen waren mit wenigen Ausnahmen nicht
außerhäuslich erwerbstätig, sondern hauptberuflich Hausfrau, Gattin und
Mutter. Einige Emanzipationsgegnerinnen brachten es darüber hinaus - wie
Marie Diers, Anna Schellenberg und Käthe Sturmfels-Becker - als Autorin-
nen zu einem erklecklichen Bekanntheitsgrad. Sie schrieben Unterhaltungs-
lektüre, Sachbücher, Presseartikel oder Zeitbeobachtungen und traten ge-
legentlich auch als Rednerinnen auf. Soweit erkennbar, waren diese
Antifeministinnen auf die Einkünfte durch ihre publizistische Tätigkeit nicht
unmittelbar angewiesen - wo sich der Beruf des Ehemannes herausfinden
ließ, arbeiteten die Gatten durchweg als Oberlehrer.
Wie die christlich-nationale Vorstandsfrau Ida von Meerheimb waren auch
andere Antifeministinnen ehrenamtlich in protestantischer Diakonie und
kommunaler Wohlfahrtspflege tätig. Daß verheiratete Emanzipationsgegne-
rinnen zum Familieneinkommen beitrugen, blieb die große Ausnahme. Le-
diglich eine verehelichte Antifeministin arbeitete als Schneidermeisterin im
eigenen oder im Familienbetrieb und war damit auch hinsichtlich ihrer
kleinbürgerlichen Herkunft untypisch für die engagierten Anhängerinnen
des Bundes gegen die Frauenemanzipation.
Ganz anders stellte sich die materielle Situation der unverheirateten akti-
ven Antifeministinnen dar. Sofern sie nicht als Adelige Einkünfte aus dem
Familienbesitz beanspruchen konnten, waren sie durchweg erwerbstätig.
Die ausgeübten Berufe spiegeln die eingeschränkten Erwerbsmöglichkeiten
für bürgerlichen Frauen im Kaiserreich wider: Über die Hälfte dieser Grup-
pe arbeitete als Volks- oder Mädchenschullehrerinnen, zwei Schwestern
führten ein Töchterpensionat. Es gab Krankenschwestern und Handwerks-
meistcrinnen, und nur eine der unverheirateten F,manzipationsgegnerinnen
übte den Beruf der städtischen Waisenpflegerin wahrscheinlich als bezahlte
Tätigkeit aus.118 Gleich zu Beginn hatte sich auch die Vorsitzende des Berli-
ner Hausschwesternvereins der antifeministischen Liga angeschlossen. Be-
nina Tolksdorf, ehemals Diakonisse und danach Volksschullehrcrin, hatte
den Verein 1909 in Berlin gegründet, um Frauen aus (klein-bürgerlichen
Verhältnissen eine geachtete Tätigkeit in häuslichen Diensten zu ermög-
lichen." 9 Doch selbst for Frauen aus dem niederen Adel war die materiel-
le Situation nicht immer einfach: Ida von Meerheimb, kinderlos und seit
1897 Witwe, arbeitete als Wirtschaftsdame im Rostocker Alexandrinen-
stift.120
Die Mehrzahl der antifeministischen Lehrerinnen war an einem Lyzeum
tätig, einer von der Frauenbewegung heftig befehdeten, häufig von h ö h e -
ren Töchtern« besuchten Bildungsanstalt, die keinerlei Studienberechti-
gung, dafür um so mehr Werte und Fertigkeiten vermittelte, die als typisch
weiblich angesehen wurde. Die Lyzeallehrerinnen hatten daher allen
Grund, Erfolge der Frauenbewegung zu fürchten: Eine egalitäre Bildungs-

134
politik stellte nicht nur den Bestand dieses Schulzweigs, sondern auch die
Qualifikation der Lyzeallehrerinnen selbst in Frage.
Dennoch wäre es verfehlt, aus materieller Situation und Familienstand
kurzerhand politische Haltungen und Einstellungen ableiten zu wollen.
Sozio-okonomische Positionierung und ideologisch-mentalitare Verortung
gingen nicht nahtlos ineinander auf. Die soziale Lage vieler Antifeministin-
nen unterschied sich oftmals kaum von ihren frauenrechtlerischen Gegen-
spielerinnen.Vor allem im Vergleich mit den konservativeren Organisationen
in der Frauenbewegung waren die Unterschiede in Stand und Beruf weniger
gravierend, als inhaltliche Differenzen vermuten ließen. Tendenziell rekru-
tierten sich die Anhängerinnen der antifeministischen Liga und etwa des
Deutsch-evangelischen Frauenbundes oder des Flottenbundes deutscher
Frauen - beide dem BDF angeschlossen - aus der gleichen sozialen Klientel.
Auf beiden Seiten gab es Adelige und Ehefrauen von Männern aus staatsna-
hen Berufen; hier wie dort spielten unter den Alleinstehenden - der einge-
schränkten Berufsmöglichkeiten for bürgerliche Frauen wegen - die Lehre-
rinnen eine dominierende Rolle. Und in der Frauenbewegung arbeiteten
weitaus mehr verheiratete Frauen mit, als die böswillige Rede von der »Fräu-
leinbewegung« glauben machen wollte. Einen Krankenschwesternverband
gab es auch im BDF, und die Hausschwesternschule der Berliner Antifemi-
nistin Benina Tolksdorff glich in der Zielsetzung aufs Haar jenem Hausbe-
amtinnenverein, den die schwäbische Frauenrechtlerin Mathilde Weber ins
Leben gerufen hatte.121 Andererseits war auch eine akademische Ausbil-
dung, sogar ein Doktortitel kein Hinderungsgrund für den Eintritt in den
Deutschen Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation: Eine verheira-
tete Antifeministin war promovierte Ärztin.
Was die Anhängerinnen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzi-
pation verband, war vor allem anderen die Gemeinsamkeit ihres Weltbildes,
ihrer Definition von Weiblichkeit und ihrer politischen Überzeugung. Dar-
über hinaus fürchteten sie wie ihre männlichen Kollegen das Frauenwahl-
recht nicht zuletzt mit Blick auf das Trauenheer« der Sozialdemokratie. In
Fragen des politischen Machterhalts rangierte Klassenloyalität allemal vor
Geschlechtersolidarität.122
Tatsächlich rekrutierten sich die hier untersuchten Wortführer der anti-
feministischen Liga fast durchweg aus der adelig-bildungsbürgerlichen
Oberschicht. Es waren Damen und Herren der >besseren Kreise«, die sich für
den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation engagierten, und seine
Gründlingsaufrufe lesen sich wie ein »Who is who« der Vorkriegsgesell-
schaft:.
Unter den Unterzeichnern finden sich gleich sechs Exzellenzen: der ehe-
malige preußische Staatsminister Ernst Maximilian von Koller123 ebenso wie
Dr. Eduard Hoffmann, der es zum Direktor im Reichsjustizamt gebracht

135
hatte, Seite an Seite mit einer Frau Oberhofmarschall aus dem Zwerg-Für-
stentum Lippe.124 Mit von der Partie waren diverse Hof- und Geheime Re-
gierungsräte, so der konservative Kunsthistoriker Professor Adelbert Matt-
haei und der Berliner Germanistikprofessor Gustav Roethe, seines Zeichens
nicht nur prominenter Frauenstudiumsgegner, sondern auch Sekretär der
preußischen Akademie der Wissenschaften.125 Für die Welt der Kunst unter-
schrieben etwa der Kaiserlich-Königliche Kammervirtuose Professor Xaver
Scharwenka 126 und seine Exzellenz Professor Anton von Werner, hochdeko-
rierter Genremaler, einflußreicher Kulturpolitiker, Direktor der akademi-
schen Hochschule für bildende Künste in Berlin und Mitglied in einem
knappen Dutzend nationaler und internationaler Künstlerakademien.127 Die
evangelische Kirche war mit Geheimen Kirchen- und Konsistorialräten ver-
treten, weiterhin mit einem Generalsuperintendenten und einem Konsisto-
rialpräsidenten.128 Aber auch aus der säkularen Verwaltungshierarchie be-
kannten sich eine Reihe von Spitzenbeamten offen zum antifeministischen
Bund.
Aus der Welt der Wissenschaft meldeten sich vor allem Mediziner und
Juristen zu Wort, etwa Professor Max von Gruber in seiner Doppelfünktion
als Chef der Gesellschaft für Rassenhygiene und Leiter des Hygiene-Instituts
an der Universität München, 129 oder Carl F. L. von Behr-Pinnow, Sozialhy-
gieniker, Eugeniker, preußischer Kabinettsrat und Kammerherr in der Medi-
zinalverwaltung, gleichzeitig Kabinettsekretär Ihrer Majestät der Kaiserin.130
Unterschrieben hatte auch der Jenaer Anatom und spätere Senator der Ber-
liner Friedrich-Wilhelms-Universität, Professor Karl von Bardeleben, der
sich bereits 1897 in einem Gutachten »hervorragender Universitätspro-
fessoren, Frauenlehrer und Schriftsteller« zur Universitätseignung von Frau-
en als ein »prinzipieller Gegner des Frauenstudiums« zu erkennen gegeben
hatte.131 Dazu kamen hohe Militärs wie Kontre-Admiral Erich von Dresky,
Generalmajor Freiherr Albert von Lüdinghausen und seine Exzellenz Gene-
ralleutnant August Keim, der im Ersten Weltkrieg trotz seines hohen Alters
noch mit der Verwaltung des besetzten Belgien beauftragt wurde.132
Aus der Politik unterschrieben etliche Funktionäre der Deutsch- wie der
Freikonservativen Partei, daneben Parteiantisemiten wie Karl Hellwig und
Adolf Bartels133 und der spätere Fraktionsfohrer der Deutschnationalen
Volkspartei, Ernst Oberfohren. 134 Aber auch der bekannte nationalliberale
Anatom Professor Waldeyer stellte seinen Namen dem Bund zur Verfügung,
und mit Paul Boenisch, dem Referent für Landwirtschaft im Reichsamt des
Inneren, hatte sich gar ein Zentrumsmann den Antifeministen angeschlos-
sen.135 Die Publizistik war breit vertreten: mit etlichen Journalisten, Schrift-
stellern und den Verlegern Friedrich Zillessen und Walther Graef136 Für die
Hochfinanz zeichnete der Direktor der Bayrischen Handelsbank, der
Münchner Freiherr von Pechmann.

136
Freiherr von Pechmann war keineswegs der einzige Aristokrat, der sich
mit den Zielen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation einver-
standen erklärte. Fast ein Sechstel seiner prominenten Anhängerschaft führ-
te ein Adelsprädikat im Namen, darunter je drei Grafen und Gräfinnen, ein
Baron, vier Freiherren, sechs Freifrauen und eine leibhaftige (hessische)
Prinzessin. Die aktiven Emanzipationsgegnerinnen waren - mit 26 zu 13
Prozent - dabei im Schnitt deutlich >blaublütiger< als ihre männlichen Bun-
desgenossen, und auch im Vorstand des Bundes war der Adel überrepräsen-
tiert.137 Der Anteil der adeligen Funktionärinnen unter den Vorstandsfrauen
lag gar, unbeeinflußt von Weltkrieg und Revolution, konstant bei einem
Drittel. Adeliges Selbst- und Standesbewußtsein erleichterte offenbar sonst
eher traditionell eingestellten Frauen den öffentlichen Auftritt. Dieses Phä-
nomen ließ sich freilich auch in evangelischen, konservativen und nationali-
stischen Frauenvereinen beobachten, war also kein spezifisches Merkmal des
antifeministischen Bundes.138
Die aktive Gefolgschaft des antifeministischen Bundes rekrutierte sich je-
doch nicht nur bezüglich adeliger Geburt, sondern auch hinsichtlich des
Bildungsniveaus aus den Spitzen der wilhelminischen Gesellschaft. Die weit-
aus meisten Männer hatten eine Hochschule oder doch wenigstens ein Leh-
rerseminar besucht, mehr als ein Drittel hatte sich dort einen akademischen
Grad erworben. 139 Adelsprädikate, akademische Titel und Auszeichnungen
wie Exzellenz oder Geheimrat zusammengenommen, konnten 45 Prozent
der aktiven Antifeministinnen und Antifeministen ihren Namen mit einem
oder mehreren Zusätzen schmücken - ein hoher Prozentsatz selbst im titel-
begeisterten Kaiserreich.140
Die berufliche Zusammensetzung des Bundes spiegelte die adelig-bil-
dungsbürgerliche Herkunft der engagierten Emanzipationsgegner wider.
Die meisten männlichen Antifeministen waren in der gehobenen Staats- und
Kommunalbürokratie beschäftigt: Gut 22 Prozent, vielfach als Juristen aus-
gebildet, waren Kabinetts-, Justiz-, (Ober-)Regierungs- und Rechnungsrä-
te, hohe Kommunalbeamte, Senatspräsidenten und Staatsminister, arbeite-
ten in der Medizinalverwaltung oder als höchste Richter in einem Landes-
oder Oberlandesgericht.
Repräsentanten des neuen Mittelstandes - Journalisten, Ärzte, Rechtsan-
wälte, aber auch spezialisierte Angestellte im tertiären Sektor - stellten mit
15 Prozent die zweitgrößte Gruppe im Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation. 141 Entgegen bisheriger Forschungsmeinung 142 rangierten
Lehrer und Oberlehrer mit knapp 14 Prozent erst auf Platz drei. Geistliche
machten etwas mehr als 11 Prozent der Bundesgefolgschaft aus, Angehörige
des alten Mittelstandes - Kaufleute und Handwerker - deutlich weniger:
nicht ganz 8 Prozent. 143 Militärs (ausschließlich hohe Offiziere) lagen mit
6,2 Prozent an sechster Stelle, dicht gefolgt von Universitätsangehörigen144

137
und Vertretern der modernen Funktionseliten - Verbandsfonktionäre und
hauptberufliche Politiker- mit jeweils 5,8 Prozent. 5,4 Prozent der männli-
chen Antifeministen waren als Rentiers - zumeist Gutsbesitzer - Repräsen-
tanten feudaler Strukturen; nur knapp 4 Prozent gehörten zum modernen
Wirtschaftsbürgertum: Unternehmer, Fabrikanten, Direktoren und (Fi-
nanz-)Manager. Das Schlußlicht bildeten Studenten mit einem Anteil unter
drei Prozent.
Sofern die weiblichen Bundesangehörigen bei der Berufsanalyse mit
berücksichtigt und nicht erwerbstätige Ehefrauen dem Stand ihres Mannes
zugeschlagen werden, verändert sich die Reihenfolge der Sozialgruppen nur
in wenigen Punkten: Nach wie vor belegen die Vertreter der gehobenen
Staats- und Ministerialbürokratie mit ihren Gattinnen -diesmal mit 20 Pro-
zent - den Spitzenplatz. Mit je 14 Prozent folgen gleichauf die Angehörigen
des neuen Mittelstandes sowie die Gruppe der Lehrer, Lehrerinnen und
Lehrersgattinnen. Allerdings schieben sich durch die veränderte Berech-
nungsmethode die Feudalrentner deutlich nach vorn: Bedingt durch den
hohen Anteil adeliger Antifeministinnen rangieren die Grundrenter und
-rentnerinnen nun mit knapp 11 Prozent an dritter Stelle.145 Das Wirt-
schaftsbürgertum tauscht unter Einschluß der Frauen seinen vorletzten
Platz mit den (Politik- Funktionären, deren Gattinnen überhaupt nicht in
Erscheinung traten. Alle anderen Berufsgruppen bleiben von dem neuen
Berechnungsmodus jedoch nahezu unberührt, mit Ausnahme der Feudal-
rentner verändert sich der prozentuale Anteil der einzelnen Parteiungen um
weniger als ein Prozent. Die Meinungsfohrer und -föhrerinnen im Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation stammten also aus dem niederen Adel
und dem gebildeten, oft staatsnahen Bürgertum. Die breite Masse der Ge-
folgschaft - soweit sie sich in korporativen Mitgliedschaften von Angestell-
ten- und Beamtenverbänden spiegelt - dürfte sich dagegen aus den mittle-
ren und unteren bürgerlichen Schichten rekrutiert haben. 146
Obwohl die antifeministische Liga sich als Deutscher Bund zur Bekämp-
fung der Frauenemanzipation konstituierte, blieb ihre Wirkung im wesent-
lichen auf den Norden Deutschlands beschränkt. 147 Fast zwei Drittel (64
Prozent) der aktiven Mitglieder kamen aus Preußen, knapp 40 Prozent da-
von allein aus Berlin. Alle übrigen Regionen waren dagegen weit abgeschla-
gen: 9 Prozent der Antifeministinnen und Antifeministen waren in einem
der thüringischen Staaten zu Hause, 6 Prozent wohnten im Königreich
Sachsen und 4 Prozent in Hamburg. Baden, Bayern, Hessen und Bremen
rangierten in der regionalen Verteilung jeweils zwischen zwei und drei Pro-
zent; ähnlich groß war auch die österreichische Fraktion im antifeministi-
schen Bund. Nur wenige Köpfe zählte der Verband in anderen Ländern des
Deutschen Reiches: Drei aktive Emanzipationsgegner bzw. -gegnerinnen
lebten im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, je zwei im Königreich

138
Württemberg, im Fürstentum Schaumburg-Lippe oder im Herzogtum
Braunschweig. Im Fürstentum Lippe gab es gar nur eine aktive Antifemini-
stin. Jedoch hatte der Bund nicht nur in Österreich, sondern auch in ande-
ren benachbarten Staaten Anhänger und Anhängerinnen gefunden: je ein
Mitglied in England und der Schweiz, zwei in Italien und drei in Frankreich.
Das Übergewicht der preußischen Emanzipationsgegnerinnen und -geg-
ner war im Vorstand noch stärker ausgeprägt als unter den aktiven Bund-
Anhängern. 1913 hatten preußische Vorstandsmitglieder 33 von 46 Ämtern
inne, das entsprach einem Anteil von 72 Prozent. 18 Funktionärinnen und
Funktionäre, also knapp 40 Prozent des Gremiums, kamen allein aus Berlin.
Je drei der offiziellen Bundesvertreterinnen und -Vertreter wohnten in Thü-
ringen und Hamburg (jeweils 7 Prozent), zwei lebten in Sachsen, jeweils
eine bzw. einer in Mecklenburg-Schwerin, Baden, Bayern, Hessen und der
Schweiz.
1918 wurde der Vorstand des Bundes gegenüber der Vorkriegszeit stark
erweitert. Er umfaßte nun 67 Antifeministen und Antifeministinnen. Nötig
geworden war die Ausweitung des Gremiums wohl durch den körperschaft-
lichen Anschluß einiger Verbände, deren Vertretung im Führungsgremium
des Bundes die Zusammenarbeit institutionell absichern sollte.148
Auch im erweiterten Vorstand von 1918 hatten die preußischen Funktio-
näre ein deutliches Übergewicht und besetzten mehr als zwei Drittel aller
Positionen. 24 Vorstandsmitglieder kamen aus Berlin, mit knapp 36 Prozent
vier Prozent weniger als noch 1913. Die preußische Provinz hatte demnach
ihre Stellung gegenüber der Reichshauptstadt leicht ausgebaut.
Mit der Neuorganisation der Vereinigung als Bund for deutsche Volkser-
neuerung verlagerte sich das Machtgefügc im Vorstand jedoch wieder deut-
lich und nun auch institutionell abgesichert zugunsten des preußischen Zen-
trums. In der 1920 veröffentlichten Satzung wurde festgeschrieben, daß
sämtliche Mitglieder des Engeren Vorstands ihren Wohnsitz in Groß-Berlin
haben mußten. Tatsächlich kamen jedoch nur sieben der acht Funktionäre
und Funktionärinnen aus der Reichshauptstadt. Der Grund war der Wohn-
ort der Zweiten Vorsitzenden, Ida von Meerheimb. Für die einflußreiche
Christlich-Nationale aus Rostock machte der Bund stillschweigend eine
Ausnahme. 149
Typisch für den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war nicht
nur seine vorwiegend auf Norddeutschland und vor allem Preußen be-
schränkte Verbreitung, sondern auch die überwiegend städtische Herkunft
seiner Mitglieder. Definiert man Stadt als Gemeinwesen mit mehr als 50.000
Einwohnern, so wohnten 62 Prozent aller Antifeministen und Antifemini-
stinnen in urbanen Zentren. Aus Millionenstädten kam dabei fast ein Drittel
der engagierten Emanzipationsgegner und -gegnerinnen (30 Prozent), aus
Großstädten mit zwischen 500.000 und einer Million Bürgern dagegen nur

139
7 Prozent. Knapp ein Fünftel (19 Prozent) aller Bundesmitglieder lebte in
Großstädten mit weniger als 500.000 Einwohnern; gut sechs Prozent in
Mittelstädten mit einer Einwohnerzahl zwischen 50.000 und 100.000 Bür-
gern. In Dörfern, Kleinstädten oder auf dem Land wohnten dagegen zu-
sammengenommen nicht einmal 40 Prozent aller aktiven Antifeministinnen
und Antifeministen.
Nach dem oben definierten Berechnungsmodus zählen die Universitäts-
städte Weimar, Göttingen und Jena ihrer geringen Einwohnerzahl wegen
nicht zur Gruppe der Städte. Verläßt man jedoch das starre Schema und
attestiert den drei mitteldeutschen Gemeinden (universitäts-)städtische Kul-
tur und urbanen Status, tritt die vorwiegend städtische Herkunft der männ-
lichen wie der weiblichen Mitglieder des Bundes zur Bekämpfung der Frau-
enemanzipation noch klarer hervor: Nach diesem Verfahren waren über 70
Prozent aller engagierten Emanzipationsgegner in einem urbanen Zentrum
zu Hause. 150
Mittelpunkt der antifeministischen Bewegung war Berlin. Ein knappes
Viertel der ermittelten Antifeministen und Antifeministinnen - 87 Personen
- lebten in der Hauptstadt des Deutschen Reiches. Andere Städte waren im
Gegensatz dazu weit abgeschlagen: In Hamburg ließen sich 15 Emanzipati-
onsgegnerinnen und -gegner (4 Prozent) ausmachen, in Dresden 12 und in
Kiel 10 Personen (3,3 bzw. 2,8 Prozent). In Frankfort am Main und Kassel
lebten je 9 aktive Antifeministen und Antifeministinnen (2,5 Prozent). Auch
das kleine Weimar schien ein günstiges Milieu für antifeministische Strö-
mungen geboten zu haben: Dort waren immerhin 20 aktive Mitglieder (5,5
Prozent) des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation daheim. 151
Die Auswertung der Daten über die geographische Verteilung der Bun-
desmitglieder läßt zwei Schlüsse zu: Zum einen bestätigt sie die Vermutung,
daß es sich bei dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation um eine
Abwehrbewegung handelte, die nicht zuletzt durch die Erfolge der Frauen-
rechtierinnen motiviert war. Zentren der antifeministischen Organisation
waren just jene Städte und Regionen, die als Hochburgen der Frauenbe-
wegung galten. 152 Zum anderen läßt die geographische Verteilung der
emanzipationsfeindlichen Aktivistinnen und Aktivisten indirekt auf ihre
konfessionelle Zugehörigkeit schließen. 153 Ein Großteil der engagierten
Antifeministen kam aus ganz oder überwiegend evangelischen Regionen.
Selbst bayrische Emanzipationsgegner waren Protestanten. 154 Zwar bemüh-
te sich der Bund, was die beiden christlichen Religionen anging, in seinen
offiziellen Verlautbarungen um konfessionelle Neutralität. 155 Mit seinen
Eingaben und Petitionen wandte er sich nicht nur an Vertreter der evange-
lischen, sondern auch an die katholische Kirche.
De facto aber war die antifeministische Liga ein im Kern protestantischer
Verband. Weil den orthodoxen Lutheranerinnen und Lutheranern im Bund

140
der evangelische Gedanke angesichts einiger prominenter deutschgläubiger
Mitglieder wie Adolf Bartels oder Ernst zu Reventlow dennoch zu kurz zu
kommen schien,156 schlössen sie sich zu einer »Christlich-nationalen Grup-
pe« zusammen, die innerhalb der antifeministischen Liga eigenständig agier-
te. Einen katholischen Flügel gab es dagegen nicht. Entsprechend stand die
evangelische Frauenbewegung im Zentrum der »christlich-nationalen« Kri-
tik; die katholische Frauenbewegung wurde im »Monatsblatt« der Antifemi-
nisten dagegen weitgehend ignoriert.
Die erklärte Feindschaft des langjährigen Bundesvorsitzenden und
Schriftleiters Ludwig Langemann gegen das katholische Zentrum war je-
doch nicht nur parteipolitisch, sondern auch konfessionell begründet. 157
Trotzdem schlössen sich einige wenige Katholiken den Emanzipationsgeg-
nern an.158 Das erschien offensichtlich ebensowenig als Widerspruch wie die
Diskrepanz zwischen dem notorischen - vor allem seit 1917 im Bundesor-
gan stark hervortretenden - Antisemitismus der Organisation und der Tat-
sache, daß eine ihrer bedeutendsten Repräsentantinnen - die Mannheimer
Schriftstellerin und Journalistin Anna Schellenberg - Jüdin war.159

3.4. Die Aktionsformen des Bundes zur Bekämpfung


der Frauenemanzipation

Ungeachtet seiner antimodernen Forderungen waren die Mittel, mit denen


der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation arbeitete und auf sich
aufmerksam machte, auf der Höhe der Zeit. Pressearbeit, öffentliche Ver-
sammlungen, Kontakte zu Politikern, der Einsatz von Flugblättern und in-
terne Mitgliederschulungen galten im Verbandswesen vor dem Ersten Welt-
krieg als Kennzeichen »modernster Organisation und Propaganda«. 160 Die
antifeministische Liga konnte damit durchaus mithalten. Ihre ausgefeilte
Öffentlichkeitsarbeit betrieb sie auf verschiedenen Ebenen. Nach innen
stellte die Vereinigung über eine Monatszeitschrift den Kontakt zu ihren
Mitgliedern her und lieferte ihnen das antifeministische Weltbild frei Haus.
Nach außen zeigte der Bund Präsenz in der lokalen Öffentlichkeit, organi-
sierte Kontakte zu Politikern und anderen Verbänden, versuchte die öffent-
lichen Meinung durch Pressearbeit und Publikationen zu beeinflussen und
sprach gezielt die für seine Ziele zuständigen Behörden und ihre maßgebli-
chen Funktionsträger an. Die Koordination dieser Aktivitäten übernahm die
Berliner Geschäftsstelle. Hier war - vermutlich seit 1914 - ein bezahlter
Funktionär ausschließlich für - wie man heute sagen würde - Public Rela-
tions zuständig.161
Der Information der Mitglieder in eigener Sache diente das Verbandsor-

141
gan »B.G.F.-Korrespondenz«. Herausgegeben von Ludwig Langemann,
bot sie - zunächst handschriftlich verfaßt, dann gedruckt - eine kommen-
tierte Zusammenstellung frauenpolitischer Presseausschnitte aus antifemini-
stischer Sicht. Dazu kamen Eigenberichte des Schriftleiters, Nachrichten
über die Aktivitäten der neugegründeten Organisation und ihrer Ortsgrup-
pen, Auszüge aus Werken prominenter Mitglieder sowie Literaturhinwei-
se.162 Bundesmitglieder bezogen das vier bis sechs Seiten starke Blatt kosten-
los.163 Die erste Nummer - Auflage 200 Stück - war im Nu vergriffen.164
Seit 1913 erschien das »Monatsblatt des Bundes zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation«, das die »Aufklärungsarbeit« der »Korrespondenz« in
größerem Stil fortsetzte. Jedes Mitglied erhielt das Blatt, finanziert über den
Jahresbeitrag.165 Der Aufbau war immer der gleiche: Am Anfang standen ein
oder mehrere größere Artikel zu bestimmten Detailproblemen, die das an-
tifeministische Verständnis tagesaktuciler Erscheinungen vermitteln sollten.
Andere Rubriken gaben einen Überblick über den aktuellen Stand des weib-
lichen Wahlrechts im In- und Ausland und berichteten über die Entwicklung
der Trauenfrage« in gesellschaftlichen Institutionen, in Parteien und Ver-
bänden. Eine letzte Abteilung informierte schließlich über Vereinsinterna,
Vorträge und Bücher. Mit diesen Nachrichten sollte den Bundesmitgliedern
Material zur »Informierung und Werbearbeit« an die Hand gegeben wer-
den.166
Die Funktionäre des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation
beobachteten die gesellschaftspolitische Entwicklung und die Aktionen ih-
rer Gegnerinnen sehr genau. Im Nachlaß des Heidelberger Ortsgruppen-
vorsitzenden Arnold Rüge fand sich eine dicke Mappe mit Zeitungsaus-
schnitten aus Frauenzeitschriften, Adressenlisten von Frauenvereinigungen
sowie eine umfangreiche Bibliographie zur Frauenliteratur. Rüge war es
auch, der vorschlug, Bund-Mitgliedern ein Verzeichnis der verschiedenen
Frauenorganisationen und ihrer Presseorgane zuzuschicken.16" Die hohe
Zahl nachgedruckter Fremdberichte belegt, daß eine Reihe von Verbands-
und Tageszeitungen nicht nur regelmäßig gelesen, sondern auch systema-
tisch ausgewertet wurde. Sogar ausländische Publikationsorgane waren dar-
unter - Bund-Schriftleiter Ludwig Langemann bezog z. B. das Verbands-
blatt der amerikanischen Stimmrechtsgegnerinnen. 168
Die konsequente Nutzung der Medienlandschaft für eigene Zwecke war
ebenso eine moderne Erscheinung wie die Einrichtung eines Pressedienstes,
der aus der Nachrichtenmenge, die aufzunehmen die Kapazität einer Einzel-
person überstieg, gezielt bestimmte Informationen auswählte und weiter-
gab. Durch die Selektion und einseitige Präsentation der Informationen
wurde das Zeitgeschehen den Leserinnen und Lesern gleichsam im antifemi-
nistischen Sinne vorinterpretiert; das »Monatsblatt« wurde zum Transport-
mittel einer spezifischen Weltanschauung. Die gleichbleibende Aufmachung

142
der Zeitschrift produzierte einen Wiedererkennungseffekt, der die Bindung
der Abonnentinnen und Abonnenten an die Organisation sowie ihre Iden-
tifikation mit den Zielen des Bundes verstärken sollte.
Der Einbindung und Mobilisierung antifeministischen Potentials dienten
daneben die Ortsvereine, die sich in den größeren Städten Nord- und Mit-
teldeutschlands bildeten. Vorwiegend in Preußen und Schleswig-Holstein
' schlössen sich die Anhängerinnen und Anhänger in Ortsgruppen zusam-
men: in Schleswig, Kiel und Hamburg, in Potsdam, Breslau, Bremen und
Hildesheim, in Hannover, Göttingen, Weimar, Dresden und als südlichste
Enklave in der Region Mannheim-Heidelberg. In Berlin, dem Sitz des Bun-
des, gab es gleich drei Vereinigungen; in Leipzig war ein weiterer Ableger
geplant. 169
Die Ortsvereine stellten Mitgliedern nicht nur einen Ort geselligen Aus-
tausches zur Verfügung, sondern sollten auch die Präsenz des Bundes in der
lokalen (Zeitungs-Öffentlichkeit garantieren. Die Gründung der Orts-
gruppen vollzog sich in der Regel im Anschluß an einen Vortrag, zu dem
eigens ein prominentes Bund-Mitglied anreiste, um etwa über die »Gefah-
ren der radikalen Frauenbewegung« aufzuklären. Ab und an fanden sich zu
den Versammlungen auch Delegierte befreundeter Verbände oder sogar
Reichstags-Abgeordnete ein, um ihre Solidarität zu bekunden. 170
Die Ortsgruppen starteten mit 20 (in Hildesheim), 30 (in Göttingen)
oder 50 (wie in Weimar und Kiel) aktiven Mitgliedern.171 Zum Teil konnten
sie jedoch ihre Größe bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs verdoppeln.
In Breslau stieg die Zahl der engagierten Antifeministen binnen eines Jahres
von 25 auf 50 an. r 2 Die Lokalvereine waren als eigenständiger Verband mit
Vorsitzenden, Schriftführern, Kassierern und Beisitzern organisiert. Ebenso
wie im Zentralverband hatten die Antifeministinnen auch vor Ort rund 20
Prozent der Funktionärsposten inne. Allerdings waren sie in den Ortsgrup-
pen noch weniger an den eigentlichen Führungspositionen beteiligt und
mußten sich - wie in Weimar - mit der undankbaren Aufgabe des Kassen-
warts oder einem Sitz im Beirat begnügen. 173
Wöchentliche Treffen, wie sie etwa in Heidelberg-Mannheim abgehalten
wurden, 174 dürften auch schon vor dem Krieg die Ausnahme gewesen sein.
Die Ortsverbände wurden meist nur aus konkretem Anlaß aktiv, etwa dann,
wenn bekannte Antifeministinnen und Antifeministen in der Provinz Station
machten oder die Berliner Verbandsleitung die Leiterin der englischen Anti-
Suffrage-Bewegung auf Tournee schickte.175
Mit solchen Veranstaltungen schuf der Bund öffentlichkeitswirksame Er-
eignisse, mit denen er sein Anliegen in der Presse wie im Bewußtsein der
Zeitgenossen gegenwärtig hielt und erfolgreich um neue Mitglieder
w a r b . m Zumindestens in der Vorkriegszeit waren sie gar nicht so selten: Die
(Berlin-)Friedenauer Antifeministen warteten im Mai, September und No-

143
vember 1913 mit prominenten Rednern auf, und zwischen Januar und März
1914 luden die Schleswiger Emanzipationsgegner immerhin zweimal zum
Vortrag ein. Im selben Jahr brachte es eine Berliner Versammlung auf re-
spektable 300 Besucher und Besucherinnen.177
Dennoch klagte Antifeministen-Chef Langemann schon Ende 1913, daß
gerade auf Ortsebene »eine ausreichende Zahl arbeits- und opferwilliger
Mitglieder« fehle und es daher trotz insgesamt steigender Mitgliederzahlen
mit »der Ortsgruppengründung nur sehr langsam vorwärts« gehe. 178 Fünf
Jahre später hieß es, daß die beabsichtigte Neuorganisation der offenbar
unbefriedigend arbeitenden Lokalvereine »den Zeitumständen entspre-
chend unmöglich« sei und daher »auf die Zeit nach dem Kriege zurück-
gestellt werden« müsse.179
Um seine Ziele zu forcieren, suchte der antifeministische Bund daher
bewußt den Kontakt zu anderen Vereinigungen. Über die geschilderten per-
sonellen Verflechtungen mit Parteien und Verbänden hinaus drängte er Or-
ganisationen zum körperschaftlichen Anschluß. Bereits im Herbst 1913
berichtete der damalige Geschäftsführer Theophil Eberhard,

»verschiedene Hausfrauenvereine, handwerkliche Fach- und andere weibliche Be-


rufsorganisationen (hätten) ihre prinzipielle Zustimmung zum Programme des
Deutschen Bundes erklärt, und Unterhandlungen wegen korporativen Beitritts seien
im Gange.«180

Bis 1916 hatten sich der antifeministischen Liga neben dem Deutschnatio-
nalen Handlungsgehilfenverband auch der Bund Deutscher Militäranwär-
ter, der Verband sächsischer mittlerer Eisenbahnbeamter und der Verband
Deutscher Rechtsanwalts- und Notariats-Bürobeamter angeschlossen. In
Hinblick auf anstehende Petitionen gegen das Frauenwahlrecht verstärkte
der Verband seine Anstrengungen und forderte seine Mitglieder auf, in allen
Vereinen, denen sie sonst noch angehörten, den Antrag zu stellen, der anti-
feministischen Liga korporativ beizutreten. 181 Der Bundesvorsitzende war
zuversichtlich und hoffte »auf einen gewissen Erfolg«.182
Die Werbeaktionen blieben nicht ohne Ergebnis. Eineinhalb Jahre später
konnte Ernst Oberfohren, Langemanns Nachfolger auf dem Chefsessel des
antifeministischen Bundes, dem Vorstand von 25 angeschlossenen Vereinen
berichten.183 Ihre Namen nannte er nicht, doch hatte Langemann seinerzeit
besonderen Nachdruck auf die »Anwerbung der grossen Beamtenverbände«
gelegt.184 Tatsächlich schlössen sich den Emanzipationsgegnern bei ihren
Petitionen neben völkischen Gruppierungen vor allem Beamten- und Ange-
stelltenvereinigungen an. Wie der Deutschnationale Handlungsgehilfen-
verein hatte auch der Bund Deutscher Militäranwärter Mitspracherecht in
der antifeministischen Liga: Seit 1918 entsandte er einen Vertreter in den
Geschäftsführenden Ausschuß.185

144
Der antifeministische Bund versuchte seinen Einfluß nicht nur durch per-
sonelle Interdependenzen und korporative Mitgliedschaften auszudehnen,
sondern setzte auch erfolgreich auf die überzeugende Wirkung direkter
Kommunikation. Zahlreiche Organisationen luden prominente Antifemini-
1
stinnen und Antifeministen zum Vortrag ein. Julius Werner, der Leiter der
1
Christlich-nationalen Gruppe im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzi-
pation, referierte beim Pommerschen Provinzialverein für Innere Mission186
und vor 200 deutschnationalen Handlungsgehilfen in Karlsruhe.187 1913
wetterte er auf dem evangelischen Schulkongreß in Kassel gegen die »Ge-
fährdung des deutschen Hauses und der christlichen Familie« durch die
Frauenrechtlerinnen, 188 und drei Jahre später trat er als Hauptredner bei der
Jahresversammlung des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins und der Frau-
enhilfe auf.189 Vorstandsmitglied von Behr-Pinnow sprach bei einer Tagung
der Deutschen Vereinigung für Säuglingsschutz,190 und Max von Gruber
wies beim Deutschen Verein für öffentliche Gesundheitspflege die Schuld
am Geburtenrückgang der »Frauenemanzipation mit ihrer Geringschätzung
des Mutterberufs« zu.191 Im Volksvermehrungs-Ausschuß der Deutschen
Gesellschaft für Bevölkerungspolitik forderte der Mediziner die Einschrän-
kung der Frauenerwerbstätigkeit und die »Verhinderung des weiblichen
Wettbewerbs auf den Gebieten der männlichen Arbeit«.192 Rechtsaußen Ar-
nold Rüge wurde ganz offiziell ins Offizierskasino des 1. Badischen Leibdra-
gonerregiments eingeladen.193 Archivrat von Pflug-Harttung verurteilte die
Frauenbewegung im Berliner Verein für notleidende Frauen der gebildeten
Stände und sah die grundsätzliche Überlegenheit des Mannes durch den
Weltkrieg für erwiesen an.194 Seine Bundeskollegin Marie Diers hielt einen
Vortrag bei der Brandenburgischen Landgemeinde, dem Verband älterer
deutscher Wandervögel, 195 Helene Hummel legte ihre Position bei der
Vereinigung für vaterländische Vorträge (einer Unterabteilung des All-
deutschen Verbandes) dar,196 und Anna Schellenberg zog auf dem Breslauer
Kongreß für Schulreform gegen die Frauenbewegung zu Felde.197
Bund-Gründer Friedrich Sigismund klärte den Konservativen Verein in
Leipzig über die »nationale Gefahr« durch die >radikale< Frauenbewegung
auf.198 Der langjährige Vorsitzende Ludwig Langemann ließ sich im Natio-
nalliberalen Verein seiner Heimatstadt Kiel über das Frauenstimmrecht
aus.199 Sein Vortrag in der Kieler Ortsgruppe des Alldeutschen Verbandes
endete mit einer Resolution: Die Frauenbewegung, so urteilten die versam-
melten Vaterlandsfreunde einmütig, berge »im völkischen Sinne erhebliche
Gefahren in sich«.200
Besonders aktiv in Sachen Vortragsreisen war der Kieler Oberlehrer und
Politiker Ernst Oberfohren in seiner Eigenschaft als - zeitweiliger - Vorsit-
zender des Antifeministen-Bundes. Er trat beim Kieler Militärverein »Her-
zog von Holstein« auf,201 trug seine Gedanken über die Auswirkungen des

145
Ersten Weltkrieges auf die Trauenfrage« beim Verein ehemaliger Secsolda-
ten vor202 und sprach 1914 das Grußwort des Bundes beim Norddeutschen
Handlungsgehilfentag in Neumünster. 203 Einer ganzen Reihe von Vereinen
war das Anliegen der Emanzipationsgegner also wichtig genug, um anti-
feministische Rednerinnen und Redner bei ihren Veranstaltungen willkom-
men zu heißen.
Durch gezielte Anwerbungen versuchte der Bund außerdem, einflußrei-
che Bürokraten und Institutionen aufsein Anliegen aufmerksam zu machen.
Bundesgeschäftsführer Eberhard bot beispielsweise dem Regierungspräsi-
denten von Wiesbaden den Bezug des »Monatsblattes« an und legte seinem
Schreiben gleich drei Probenummern bei.204 Die Tübinger Universitätsbi-
bliothek kam auf diese Weise zu einem kompletten Abonnement des »Mo-
natsblattes«, der »Deutschen Volkswacht« und der Schriftenreihe der Orga-
nisation.205 Wenn möglich, ließ man die Arbeit des Verbandes der anvisierten
Stelle direkt von einem Bundeskollegen empfehlen, wie etwa im Fall einer
beim Sächsischen Innenministerium eingegangenen Werbeschrift. Sie war
von einem Antifeministen übermittelt worden, der als Sekretär im Dresde-
ner Kultusministerium angestellt war.206
Um ihre Ziele zu erreichen, schreckte die Organisation selbst vor offener
Denunziation nicht zurück. Im Kriegsjahr 1915 machte das antifeministi-
sche Vorstandsmitglied Willy Nüsse den Oberregierungsrat Roedenbeck im
preußischen Innenministerium auf eine Berliner Frauenversammlung auf-
merksam, bei der die Hoffnung geäußert wurde, die Mitarbeit der Frauen
im Krieg werde zur Verleihung des Stimmrechtes führen.207 Antifeminist
Nüsse sah darin eine »Gefährdung des Burgfriedens« und bat Roedenbeck
darum, »gegen derartige Veranstaltungen Stellung zu nehmen«. Er verblieb
»in der angenehmen Hoffnung, keine Fehlbitte getan zu haben« und setzte
seiner Unterschrift von Hand ein deutlich erkennbares Hakenkreuz, hinzu.
Offensichtlich appellierte Nüsse an die Solidarität eines Bundesbruders -
vermutlich aus dem Deutschbund, dessen Erkennungszeichen die Swastika
war.208 Da das Schreiben mit dem Vermerk »In den Geschäftsgang« in die
»Akten zum Vereins- und Versammlungswesen während des Krieges« wan-
derte, 209 dürfte Nüsses Vorstoß nicht vergeblich gewesen sein - jetzt war
Anlaß gegeben, die Frauenrechtlerinnen noch aufmerksamer zu observieren
als bisher.
Neben solchen Methoden informeller Einflußnahme lag ein Schwerpunkt
der Gremienarbeit des Bundes zur Bekämpfong der Frauenemanzipation auf
Gegenpetitionen zu Vorstößen aus der Frauenbewegung. Ob kommunales
Wahlrecht, Abschaffung des >Lehrerinnenzölibats< oder Reichstagsdebat-
ten: Der Bund wollte in der Exekutive wie in Plenarsälen für ein Gegenge-
wicht zu den feministischen Forderungen sorgen. Dabei kopierte er nicht
nur in der Form das Vorgehen der Frauenrechtlerinnen (und anderer Inter-

146
essenorganisationen) - Petitionen, Einflußnahme auf Parteienvertreter und
später Unterschriftenlisten - , sondern überließ auch Anlaß und Zeitpunkt
der Auseinandersetzung zunächst der Frauenbewegung.
Besondere Wirkung zeigten die Aktivitäten der antifeministischen Liga in
der Regel dann, wenn sich ein Bundesmitglied vor Ort für ihre Belange
verwandte. So machten etwa die Bremer Antifeministen und Antifeministin-
nen im Frühjahr 1914 gegen eine Petition des örtlichen Stimmrechtsvereins
mobil, in dem die Senatoren aufgefordert wurden, auch Frauen die vollen
staatsbürgerlichen Rechte zu gewähren. 210 Schon zwei Monate später
berichtete das »Monatsblatt« von einem sozialdemokratischen Antrag auf
Einführung des Frauenstimmrechts im Bremer Senat, den »unser Bundes-
mitglied Herr Kuhlmann« - augenscheinlich Mitglied der Bremer Bür-
gerschaft- »in einer vortrefflichen Rede« zurückgewiesen habe. Der Antrag
wurde gegen die Stimmen der SPD-Vertreter verworfen. Die »Forderungen
der Rechtlerinnen« seien von Senat und Bürgerschaft »glatt abgelehnt wor-
den«, jubelte das »Monatsblatt« und empfahl das energische Vorgehen der
Bremer Ortsgruppe zur Nachahmung. 2 "
Erst als 1915 Ludwig Langemanns Denkschrift »Warum müssen Kirche,
Gemeinde und Staat das Frauenstimmrecht grundsätzlich ablehnen?« fertig-
gestellt war, ergriff die antifeministische Liga selbst die Initiative und schick-
te sie an die unterschiedlichsten Institutionen im ganzen Reich. Der Titel
war aus guten Gründen so allgemein gehalten. Die Formulierung machte es
möglich, einen großen Kreis von Adressaten mit vergleichbar geringem
Aufwand anzusprechen. Sogar das Anschreiben, das die Broschüre begleite-
te, war standardisiert: Es mußten nur noch jeweils neue Anschriften und
Anredeformen eingesetzt werden.
In Bremen durchlief die Schrift vier Monate lang Wahlkommission, Un-
terrichtskanzlei und die Kirchliche Kommission des Senats, bis sie schließlich
auf dem Tisch des Regierenden Bürgermeisters - für den sie ursprünglich
bestimmt war - landete.212 Auch beim Bayrischen Staatsministerium des
Königlichen Hauses und des Äußeren in München erhielt man Post aus
Berlin.213 Ergänzt um Ausführungen aus weiblicher Feder, ging die Druck-
schrift an einzelne Parlamentarier und Mitglieder der Staatsbürokratie, von
denen man sich Unterstützung erhoffte - ein Unternehmen, dem der Bund
im Rückblick »besonders gute Wirkung bei der Gegenpropaganda« zu-
schrieb.214
Den direkten Kontakt zu den Volksvertretern hatte die antifeministische
Liga schon vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs gesucht. Als der Verein
»Frauenbildung-Frauenstudium« 1914 im preußischen Landtag gegen die
Universitätsberechtigung der Oberlyzeen petitionierte, 215 gingen sämtli-
chen Abgeordneten der Kammer von Seiten des Bundes ausführliche Darle-
gungen zu, »in denen die Entstellungen und Schiefheiten dieser Eingabe

147
aufgezeigt wurden«. 216 Zwei Jahre später, als der Berliner Verein Frauenwohl
die Aufhebung des Eheverbots für festangestellte Lehrerinnen zu erreichen
suchte, nahmen die Antifeministen Kontakt mit dem preußischen Kultusmi-
nister von Trott zu Solz auf und übersandten ihm eine Argumentationshilfe,
um das Ministerium zum Festhalten am Lehrerinnenzölibat zu motivie-
ren.217 Tatsächlich wurde der Antrag des Vereins Frauenwohl abgewiesen.218
Hauptsächlich aber setzte der Deutsche Bund zur Bekämpfong der Frau-
enemanzipation auf die konsequente Beeinflussung der Presse. Sein Name
und seine Intention hatten schon bei der Gründung for ein großes Medien-
echo gesorgt, und vielleicht war sein schroffes Auftreten in gewisser Weise
auch auf Effekt berechnet. Akribisch wurde der Tenor des Presseechos regi-
striert und ausgewertet. 219 Schließlich wurden und werden in Zeitungen, das
hatte der christlich-nationale Pfarrer Julius Werner schon 1906 erkannt,
»nicht nur Tatsachen und verbürgte Nachrichten verbreitet,... sondern vor
allem geistige Anschauungen, politische und soziale Ideen«. 220
Die Bundesleitung war überzeugt, daß die Verwirklichung ihrer Ziele
»nur durch eine unablässige Tätigkeit in Wort und Schrift zur Aufklärung
der öffentlichen Meinung bewirkt werden« könne. Auch dazu diente die
»B.G.F.-Korrespondenz« und das sie ablösende »Monatsblatt«. Der Nach-
druck der Artikel in den Printmedien war ausdrücklich erwünscht. 221 Zu-
sätzlich erschien mit »Deutsche Frauenart« periodisch ein hauseigener Pres-
sedienst, um »passende Aufsätze einer größeren Anzahl von Zeitungen
zugänglich« zu machen. 222 Im Sommer 1918 wurde schließlich ein Frauen-
presseausschuß gegründet, der unter dem Vorsitz der Schriftstellerin Marie
Diers vermutlich Kontakt zu verschiedenen Frauenzeitschriften halten soll-
te. 223
Über diese Form der Medienarbeit hinaus lancierte der Verein gezielte
Zeitungskampagnen. So machten die Antifeministen 1913 gegen den Bres-
lauer Frauenkongreß »in der Presse Front«. Der Bund gab zu den Breslauer
Ereignissen - auf dem Frauenkongreß waren angeblich auch Schulmädchen
zugegen - eine offizielle Stellungnahme heraus, die in einer nicht näher
genannten Anzahl Zeitungen veröffentlicht woirde.224
Neben diesen institutionalisierten Wegen bediente sich der Bund zur Be-
kämpfong der Frauenemanzipation der Verbindungen, die einzelne Antife-
ministinnen und Antifeministen zu regionalen und überregionalen Presseor-
ganen aufgebaut hatten. Als Mitarbeiter verschiedener Tageszeitungen oder
Verbandszeitschriften hatten sie Gelegenheit, im Sinne des Bundes dort Ar-
tikel unterzubringen und konnten sich so zur »Erörterung von Streitfragen«
gezielt in die publizistische Diskussion einschalten.225 Julius Werners evan-
gelische Kirchenzeitschrift »Glaube und Tat« füngierte als Verbandsorgan
der Christlich-nationalen Gruppe des Bundes, 226 mit der evangelischen
»Frauenhülfe« herrschte engstes Einvernehmen. 227 Darüber hinaus forderte

148

•V
die Geschäftsstelle aber auch die weniger prominenten Antifeministen auf,
»unsere Schriften verbreiten zu helfen, vor allem durch Besprechungen in
der Lokalpresse«.228 Gerade weil die Organisation der Ortsgruppen hinter
den Erwartungen des Verbandes zurückblieb, wollte der Bund durch Presse-
arbeit auf lokaler Ebene von sich reden machen und nahm gezielt die
Provinzblätter in den Blick.229 Von den Bewohnern und Bewohnerinnen des
>platten Landes« versprach man sich stärkere Sympathien for die antifemini-
stische Sache als unter der >modernen< Stadtbevölkerung - in Anbetracht
der städtischen Herkunft aktiver Emanzipationsgegner eine glatte Fehlein-
schätzung.
Die antifeministische Liga verließ sich jedoch nicht nur auf die traditionel-
len Formen der Pressearbeit, sondern setzte zur Mitgliederwerbung und
Popularisierung ihrer Vorstellungen ebenso wie zu direkten Angriffen auf
die Frauenbewegung Flugblätter und Flugschriften ein.230 Als Referenz-
adresse traten sowohl die zentrale Geschäftsstelle in Berlin als auch Ortsver-
bände auf. Graphisch waren die knappen, meist ein bis zwei Seiten umfassen-
den Flugblätter nicht sonderlich aufwendig gestaltet; sie erinnerten eher an
Briefe denn an Handzettel, die auf den ersten Blick Aufmerksamkeit erregen
sollten. Vielfach wurden die Druckerzeugnisse nicht auf der Straße an ein
anonymes Publikum verteilt, sondern gezielt an Presseorgane und potenti-
elle Sympathisanten verschickt, hatten also den Charakter von Pressemit-
teilungen. Daneben benutzte der Bund die Handzettel aber auch, um auf
seine Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Als die Antifeministen Fmde
1912 in Berlin zu ihrer ersten Hauptversammlung zusammenkamen, waren
schon am Vortag »an den verkehrsreichsten Plätzen Flugblätter und Ankün-
digungen« für das große Ereignis verteilt worden. 231
Schon wenige Monate danach, im Mai 1913, erschienen die ersten Bro-
schüren der antifeministischen Liga, die zum Teil aus Vorträgen prominen-
ter Bundesmitglieder hervorgegangen waren.232 Ausdrücklich wurden alle
Mitglieder darum gebeten, »sie in möglichst vielen Exemplaren zu beziehen
und sie in ihren Kreisen zu verbreiten«. 233 Vertrieben wurden die genannten
fonf und zwei später hinzutretende Werbeschriften über die Berliner Ge-
schäftsstelle des Bundes und bis zum Tod des Bundesmitglieds Friedrich
Zillessen über dessen Berliner Verlagsbuchhandlung, in der auch das »Mo-
natsblatt« erschien.234 Die Schriftenreihe sollte neben den Mitgliedern vor
allem Personen ansprechen, die nicht - oder noch nicht - bereit waren, dem
Bund beizutreten und sich zu einem Abonnement des »Monatsblattes« zu
verpflichten. Der for die Kaufkraft einer bürgerlichen Klientel, wie der Bund
sie ansprach, vergleichsweise niedrige Verkaufspreis von zehn bis 25 Pfennig,
der sich bei Abnahme größerer Stückzahlen noch verringerte, 235 läßt den
Werbecharakter der Broschüren deutlich hervortreten. Vermutlich hatte
man dabei auch potentielle Interessenten aus kleinbürgerlichen Schichten

149
wie Mitglieder des DHV oder anderer männlicher Berufsverbände im Blick.
Erzielen ließ sich ein solcher Preis nur durch hohe Auflagen oder entspre-
chende Subvention.
Nicht immer jedoch mußte der Bund selbst dafür sorgen, daß Schriften
aus seinem Umfeld auf den Buchmarkt kamen. Bei einer ganzen Anzahl
Texte aus der Feder organisierter Emanzipationsgegnerinnen und -gegner
nahmen andere Stellen - etwa die evangelische Frauenhilfe oder der Vater-
ländische Schriftenverband - ihm das unternehmerische Risiko und die Ko-
sten ab. 236 Anderen Antifeministinnen und Antifeministen gelang es, Verlage
- insbesondere aus dem Umfeld der völkischen Bewegung - zur Publikation
ihrer Abhandlungen zu bewegen. 237
Doch nicht nur deshalb erschienen als offizielle Schriften des Bundes zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation keine weiteren Broschüren. Der Or-
ganisation fehlten schlicht sowohl Geld als auch Personal. Im Januar 1917
beklagte sich Schriftleiter Ludwig Langemann bei seinem Vorstandskollegen
Arnold Rüge:

»Was Sie über fehlende Werbeschriften sagen, ist ja ganz richtig; aber da gibt es einige
sehr wesentliche Hindernisse. ... Wer schreibt die Werbeschriften? - Fast die ganze
literarische Arbeit für den Bund ist mir zugefallen, auch das Monatsblatt; meine
Kräfte sind aber beschränkt.«

Rüge sollte daher die einzig aktuelle, als »Denkschrift« des Bundes aus-
gewiesene Broschüre »Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation« durch
»einen empfehlenden Artikel« für die süddeutschen Zeitungen absetzen
helfen: Könnte sie »in 10.000 Exemplaren in Deutschland verbreitet werden
..., so würde die Wirkung schon zu spüren sein, und ausserdem wäre uns
auch finanziell geholfen«. 238
In der Tat war es um die Finanzen des Bundes zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation nicht zum Besten bestellt. Trotz des relativ niedrigen
Mitgliedssatzes von drei Mark jährlich für Einzelpersonen und vier Mark für
Ehepaare erwiesen sich die Antifeministen und Antifeministinnen als saum-
selige Beitragszahler.239 Mitte 1918 standen für das laufende Jahr noch
1.650 Mark private Mitgliedsbeiträge aus. Die 25 dem Bund korporativ
angeschlossenen Verbände entrichteten unterschiedlich hohe Mitgliedsbei-
träge, Zahlen wurden jedoch nicht genannt. 240 Das Spendenaufkommen -
soweit es im Monatsblatt per Quittung nachgewiesen wurde - überschritt
tausend Reichsmark pro Jahr kaum. 241 Auch wenn der Bund zur Bekämp-
fong der Frauenemanzipation noch im Sommer 1918 eine Kriegsanleihe in
Höhe von tausend Mark zeichnete und über ein Kapital von weiteren tau-
send Reichsmark verfügte,242 konnte er sich mit finanzkräftigen Organisatio-
nen wie etwa dem Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband oder dem
Bund der Landwirte bei weitem nicht messen. Die im Verlauf des Ersten

150
Weltkriegs zunehmende finanzielle Belastung auch bürgerlicher Haushalte,
die Geldentwertung und der Verlust der Kriegsanleihen dürften das ihre
dazu beigetragen haben, die Einkünfte des Bundes zu schmälern. Kein
Wunder also, wenn der Vorsitzende Ludwig Langemann 1916 seine Organi-
sation mit Blick auf die amerikanischen Emanzipationsgegnerinnen als »klei-
nen finanzschwachen« Verein bezeichnete. 243 Vor diesem Hintergrund war
die Arbeit der antifeministischen Liga erstaunlich effektiv. Dazu trug nicht
zuletzt die medienwirksame Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Frau-
enbewegung bei.

151
4. Frauenpolitische Kontroversen
1912-1914

Die Anliegen der antifeministischen Liga trafen vor allem dort auf Resonanz,
wo schon seit der Jahrhundertwende die kritische Haltung gegenüber der
Frauenbewegung dominierte: in den Verbandsorganen der Deutschtümler,
Rassenverbesserer, Kulturkritiker und Lebensreformer, in den Zeitschriften
männlicher Berufsverbände, bei etlichen (Frei-konservativen, Nationalli-
beralen und in der »nationalen Opposition«. In der völkischen und deutsch-
nationalen Tagespresse - neben der BdL-eigenen »Deutschen Tageszei-
tung« insbesondere in den Blättern der Hugcnberg-Gruppe: der »Post«, der
»Deutschen Zeitung«, den »Berliner Neuesten« und den »Hamburger
Nachrichten« 1 - häuften sich bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges Ar-
tikel aus der Feder organisierter Antifeministinnen und Antifeministen, die
gegen Frauenwahlrecht und Koedukation, Frauenarbeit und Frauenstudi-
um zu Felde zogen und für die Vorherrschaft des Mannes in Staat, Ehe und
Beruf stritten. 2 Andere Beiträge zitierten aus dem antifeministischen
»Monatsblatt« oder aus »Glaube und Tat«, dem Verlautbarungsorgan des
christlich-nationalen Pfarrers Julius Werner.3 Legion waren auch jene Be-
sprechungen in Tageszeitungen und Verbandsblättern, die Beifall for den
»angenehmen Lesestoff« der »ganz ausgezeichnete(n)« Schriften aus der
Feder führender Emanzipationsgegner und -gegnerinnen bekundeten und
damit auf den antifeministischen Bund aufmerksam machten. 4
Besonders die »Deutsche Handels-Wacht«, das Organ des Deutschnatio-
nalen Handlungsgehilfenverbandcs, wurde nicht müde, über die Aktivitäten
und Publikationen der Emanzipationsgegner zu berichten. 5 Durch den An-
schluß an die Liga der Antifeministen erführ der DHV einen deutlichen
Politisierungsschub. Seit 1912 stellte der DHV nicht länger nur den Kampf
gegen weibliche Berufskonkurrenz im Handelsgewerbe in den Mittelpunkt
seiner Betrachtungen, sondern zog allgemein gegen die Frauenbewegung
und die Politisierung des weiblichen Geschlechts zu Felde. 6 Als »Waffen-
schmiede« dienten dem Verband dabei die Veröffentlichungen der
antifeministischen Liga/ 1914 enthielt das Jahrbuch der Handlungsgehilfen
erstmals einen Artikel, der sich dezidiert »Gegen den Feminismus«
aussprach.8 Die Kritik an der Frauenarbeit dehnte der DHV nun auch auf
andere Berufsfelder aus und verknüpfte sie mehr und mehr mit rassenhygie-

152
nischen und bevölkerungspolitischen Erwägungen. 9 Der Auftritt organisier-
ter Antifeministen verschaffte nach Einschätzung der Handlungsgehilfen
ihren Positionen ersichtlich mehr Zuspruch in der Öffentlichkeit.10
Auch einzelne Lehrer verbände verspürten in ihrem Kampf gegen weibli-
che Kollegen und Vorgesetzte nun offenbar Rückenwind. Mit den Stimmen
von Zentrumsfraktion und Liberalen gelang es dem Rheinischen Philolo-
genverband, die geschlechtsneutrale Ausschreibung einer Leitungsstelle am
städtischen Kölner Mädchenlyzeum zu blockieren." Um die Vorbehalte
gegen ihre Kolleginnen zu untermauern, planten die rheinland-vvestfäli-
schen Mädchenschullehrer, nach dem Vorbild der Handlungsgehilfen eine
Statistik zu erstellen, die über Krankheiten, Beurlaubungen und Dienstunfä-
higkeit bei Oberlehrerinnen und Oberlehrern Auskunft geben sollte.12 An-
dere Lehrer bemühten die Wahrscheinlichkeitsrechnung, um Behauptungen
des antifeministischen Bundes wissenschaftlich« nachzuweisen: daß nämlich
Frauen aufgrund ihrer größeren Subjektivität und Gefühlsbetontheit unfä-
hig zum objektiven Urteil seien und sich in der Schule daher ungerechter
verhielten als Männer. 13
Der neugegründete Wehrverein machte aus seiner Sympathie für die
Emanzipationsgegner und -gegnerinnen keinen Hehl.Und selbst der in bür-
gerlichen Kreisen vielgelesene »Kunstwart«, den »berechtigten Forderun-
gen« der Frauenbewegung gegenüber sonst eher aufgeschlossen, änderte in
den letzten Vorkriegsjahren die Marschrichtung und warf der Frauenbewe-
gung vor, die Aufgaben der Frau als Gattin und Mutter vernachlässigt zu
haben. 14 Hatte sich Herausgeber Friedrich Avenarius anfänglich skeptisch
gezeigt und bekundet, ein Anti-Emanzipationsverein wäre zehn Jahre zuvor
doch »mehr an der Zeit« gewesen, war der Bericht über die zweite Haupt-
versammlung des antifeministischen Bundes Ende 1913 des Lobes voll.
Überzeugt hatten den »Kunstwart«-Autor die »vernünftig gemäßigte(n)
Fiemente« im Saal, mit denen sich der Bund nach seiner Auffassung »vor-
teilhaft von zahlreichen ... Frauentagungen« abhob. 15
Bereits im Mai hatte das Flaggschiff des bildungsbürgerlichen Kulturpessi-
mismus rassenhygienische Bedenken gegen die Frauenbewegung angemel-
det und sich damit eine lobende Würdigung im »Archiv für Rassen- und Ge-
sellschaftsbiologie« erschrieben.16 Ploetzens »Archiv«, das noch 1907 die
Frauenbildungsbewegung vor dem Vorwurf der angeborenen weiblichen
Minderbegabung in Schutz genommen hatte, legte Frauen unter dem Ein-
druck der Debatte um den Geburtenrückgang zunehmend auf ihren »Gat-
tungszweck« fest. Nach der Gründung des Bundes zur Bekämpfong der
Frauenemanzipation öffnete sich das Blatt dann dezidiert antifeministischen
Positionen. Wurde bis 1911 die Verminderung der Kinderzahlen vor allem
mit Blick auf die Frauenerwerbsarbeit diskutiert, tauchte 1912 die Frauen-
emanzipation als Erklärungsmuster auf.17 »Sich zu emanzipieren ist wider

153
die Natur des Rassenweibes«, hieß es 1913 apodiktisch, und deshalb, so das
vernichtende Urteil, ginge »das Frauenrechtlertum« von »völlig falschen
Voraussetzungen aus«.18 Es war vor allem der Humangenetiker Fritz Lenz,
der sich im »Archiv for Rassen- und Gesellschaftsbiologie« der Sache des
antifeministischen Bundes annahm und dafür sorgte, daß Publikationen aus
seinem Umfeld in der mittlerweile renommierten Fachzeitschrift bespro-
chen wurden. 19 1912 von Max von Gruber an sein Münchner Hygiene-Insti-
tut geholt, föngierte der 27jährige Mediziner bereits zwei Jahre später als Vi-
ze-Sekretär der von Gruber und Alfred Ploetz präsidierten Deutschen Ge-
sellschaft für Rassenhygiene.20 Wie sein Chefstritt Lenz dafür, die Emanzipa-
tion des weiblichen Geschlechts als Ursache des Geburtenrückgangs anzuer-
kennen, und verurteilte Frauenstimmrecht und Frauenstudium aufs Schärf-
ste. Vermutlich gehörte auch Lenz dem Bund der Emanzipationsgegner an,
und es erscheint naheliegend, daß er seine antifeministischen Attacken im
Archiv mit Billigung, wenn nicht im Auftrag von Grubers vorbrachte. 21
Doch es waren nicht nur Rassenbiologen und Kulturpessimisten, die der
antifeministischen Liga nun größere Aufmerksamkeit entgegenbrachten.
Auch das Interesse im breiten Publikum nahm zu. War für die Zusammen-
kunft der Emanzipationsgegner 1912 noch ein »mittlerer Raum übergroß
gewesen«, füllte die zweite Jahrestagung des Bundes Ende 1913 bereits den
gewiß nicht kleinen Saal der Berliner Philharmonie.22

4 . 1 . Die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen


Frauenbewegung 2 3

Auf die Angriffe des gegnerischen Bundes und seiner Verbündeten reagier-
ten die Organisationen, die sich der bürgerlichen Frauenbewegung zurech-
neten, ungeachtet ihrer internen Differenzen mit einhelliger Empörung.
Unmittelbar nach der Gründung der antifeministischen Liga unterzeichnete
Gertrud Bäumer im Namen des Bundes Deutscher Frauenvereine eine Ge-
generklärung, die gleichzeitig in zahlreichen Tageszeitungen und in den
wichtigsten Blättern der Verbände erschien, die dem BDF angeschlossen
waren - von Paula Müllers »Evangelischer Frauenzeitung« bis zu Minna
Cauers liberal-demokratischer »Frauenbewegung«. 24
Daß sich nicht nur »Geheimräte, Exzellenzen, Männer der Wissenschaft
und Kunst« abfällig über die Frauenbewegung äußerten, sondern auch »ge-
bildete Frauen ... zu Füßen dieser Männer sich niederlassen und nicht einmal
die Schmach (empfinden), die ihnen angetan wird«, erfüllte die Wortföhre-
rinnen der Frauenorganisationen mit Erstaunen. 25 Die >Gemäßigte< Bäumer,
die Tortschrittlerin« Cauer und die >Radikale< Anita Augspurg zeigten sich

154
gleichermaßen überzeugt, daß der Anti-Bund mit seiner »modernen Don-
quichotterie« und »naiven Grobschlächtigkeit« ihren jeweiligen Zielen
mehr nützen als schaden werde. 26 »Votes for Women«, das Organ der ame-
rikanischen Stimmrechtlerinnen, gratulierte den deutschen Gesinnungs-
genossinnen zu solcher Gegnerschaft.27 Durchaus zu Recht werteten die
Frauenrechtlerinnen die Formierung einer Gegenorganisation als Zeichen
eigenen Erfolges. »Wann hätte wohl je der deutsche Blätterwald so intensiv
von Frauenbewegung und Frauenstimmrecht gerauscht, wie infolge der
Bundesgründung gegen beide?« freute sich Anita Augspurg, 28 und Marie
Stritt bedankte sich bei »unsere(n) verehrten >Antis<« für die »unfreiwillige
Reklame«.29 Auch Gertrud Bäumer wünschte der antifeministischen Liga
ein »langes und gesegnetes Leben«, belehre doch jeder ihrer öffentlichen
Auftritte »vernünftige Leute darüber ..., welche Summe von Unwissenheit,
Larmoyanz und überflüssiger Aufregung in diesem Gegnerbund steckt«.30
Tatsächlich liefen in der Mannheimer Geschäftsstelle des BDF nach der
Gründung des antifeministischen Verbandes eine Reihe von Solidaritäts-
adressen ein. Die Vorsitzende der organisierten Krankenpflegerinnen order-
te gleich 3500 Exemplare der BDF-Gegenerklärung, um sie ihrem Ver-
bandsorgan beizulegen. 31 Regionale Frauenvereine baten um Material,
damit sie ihre Mitglieder über das Wirken der »Amis« aufklären konnten. 32
Ein badischer Liberaler nahm die antifeministische Bundgründung zum
Anlaß, im liberalen Volksverein um Sympathie für die Frauenbewegung zu
werben. 33 Selbst vom Vaterländischen Frauenverein, jeglicher Radikalität
unverdächtig, kamen »schwesterliche Grüße«. 34
Vor allem auf dem linken Flügel der Frauenbewegung dominierten Hohn
und Spott den Ton im Umgang mit den organisierten Emanzipationsgeg-
nern. Endlich, ließ Minna Cauer sarkastisch verlauten,
»erfahren wir aus dem Munde >echt starker« Männer und >echt weiblicher« Frauen,
wo der Hebel angesetzt werden muß, um diese Frauenemanzipation aus der Welt zu
schaffen, denn so klingende und berühmte Männer mit ihren Gattinnen müssen
doch selbstverständlich den Schlüssel zu aller Weisheit haben, so auch die volle
Kenntnis besitzen der der Frauenbewegung zugrunde liegenden ökonomischen,
sozialen, kulturellen und politischen Verhältnisse. ... Vor diesen Namen senken sich
die Fahnen, diesen gradiosen Vorschlägen gegenüber müssen wir schweigen, vor
diesen wirtschaftlichen und politischen Kenntnissen der Verhältnisse beugen wir uns
in bekannter deutscher Demut, denn Geheimräte, Professoren, Exzellenzen haben
gesprochen. Frauen, hört es! ... Diese >echt starken Männer« und ihre >echt weibli-
chen« Frauen werden euer Dasein erhöhen und verschönern. ... überlassen wir ihnen
das Feld und legen wir uns beruhigt schlafen.«35
Von spöttischen Kommentaren zu den ersten Aktionen des neuen Bundes
abgesehen, widmete die Presse der >Radikalen< den Antifeministen nur noch
selten ihre Aufmerksamkeit. Dem gemäßigten und erst recht dem konserva-

155
tiven Flügel der Frauenbewegung fehlte freilich weithin die Gelassenheit zu
solch lässiger Ironie. Kein Wunder, standen doch - trotz aller Ankündigun-
gen, nicht die Frauenbewegung an sich, sondern nur ihre »radikalen Aus-
wüchse« bekämpfen zu wollen - der BDF und der Deutsch-Evangelische
Frauenbund im Mittelpunkt der antifeministischen Kritik. Die Emanzipati-
onsgegner und -gegnerinnen warfen dem BDF vor, mit seinen Reformvor-
schlägen zum Eherecht die geltenden Moralvorstellungen zu unterminieren
und der »Zuchtlosigkeit einen Freibrief auszustellen«. Im Interesse der ledi-
gen und erwerbstätigen Frauen strebe die Dachorganisation der bürger-
lichen Frauenbewegung die »mechanische Gleichberechtigung der Ge-
schlechter« an und verpflichte die zugehörigen Vereine auf das weibliche
Stimmrecht, um damit die »Frauenherrschaft im Staat« zu errichten. Kurz:
Die >Gemäßigten< in der Frauenbewegung, wahre Wölfinnen im Schafspelz,
seien noch viel gefährlicher als die >Radikalen«. Letztlich, so suggerierten die
Emanzipationsgegner, gebe es zwischen >gemäßigt< und >radikal< kaum ei-
nen Unterschied. 36
Die Vorwürfe trafen auf um so größere öffentliche Resonanz, als der
antifeministische Bund dabei geschickt an die lockere Organisationsform des
BDF anknüpfte und durch undifferenzierte Darstellung komplizierte Zu-
sammenhänge entstellte. So war etwa das Votum der Rechtskommission des
BDF, den § 218 zu streichen, 1908 auf der Generalversammlung nur mit
knapper Mehrheit abgelehnt worden. Daraus konstruierten die Emanzipati-
onsgegner die Behauptung, alle dem Bund Deutscher Frauenvereine ange-
schlossenen Verbände träten for die »Lockerung der Ehe« ein. Wiewohl die
>gemäßigte< Mehrheit Helene Stöckers Bund für Mutterschutz die Auf-
nahme in den BDF verweigert hatte, versuchten die Antifeministen den
Eindruck zu erwecken, die im BDF zusammengeschlossene bürgerliche
Frauenbewegung sympathisiere grundsätzlich mit der »freien Liebe« und
begründeten ihre Auffassung mit der - tatsächlich geübten - Kritik am Ehe-
recht. Nachdem ein Arzt in Minna Cauers »Frauenbewegung« für die Lega-
lisierung der Abtreibung plädiert hatte, schob der Bund dem BDF die »Mit-
verantwortung« für diese Auslassung zu und sprach den bürgerlichen
Frauenrechtlerinnen pauschaul das Recht ab, sich weiterhin »als zuverlässige
Hüter der sexuellen Sittlichkeit und Reinheit der Ehe«« darzustellen.37
Indem er die heterogene Struktur und die lockere Organisationsform des
BDF ignorierte, machte der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation
nach Belieben jeden der dort zusammengeschlossenen Vereine für die An-
sichten eines anderen oder gar für Organisationen verantwortlich, die ihm
nicht einmal angehörten. Auf diese Weise war es ein Leichtes, der gemäßig-
ten« Frauenbewegung vorzuwerfen, es sei ihr nicht ernst mit dem Festhalten
an der Ehe als Grundlage der Gesellschaftsorganisation, obwohl sie dieses
Bekenntnis schon längst in ihr Programm aufgenommen hatte.

156
Mit Vorliebe gaben die Antifeministen die sexualpolitische Position des
Bundes für Mutterschutz för die offizielle Haltung des BDF und der
deutsch-evangelischen Frauen aus. An geeigneter Stelle in der Presse pla-
ziert, wurden die Verdächtigungen in evangelisch-konservativen Kreisen
»von den Zeitungslesern grossenteils geglaubt«. 38 Als erfolgreich erwies sich
auch die Taktik, bei Tagungen angesehener Gremien wie des Vereins för
öffentliche Gesundheitspflege oder des Gesamtverbandes evangelischer Ar-
beitervereine das Votum der BDF-Rechtskommission auf Streichung des
Paragraphen 218 im gleichen Atemzug mit der Zugehörigkeit des DEF zum
Dachverband der bürgerlichen Frauenbewegung zu erwähnen. Daß der
Vorschlag der Rechtskommission 1908 gerade mit den Stimmen des DEF
abgelehnt worden war, wurde dabei geflissentlich unterschlagen.39
Mit derlei Insinuationen brachten die Emanzipationsgegner und -gegne-
rinnen die Leiterinnen der angegriffenen Verbände unter heftigen Legitima-
tionsdruck. Wiewohl Gertrud Bäumer sich in der Auseinandersetzung mit
ihren Gegnern um einen satirisch-überlegenen Ton bemühte, ließen ihre
Aufrufe zu vermehrter Aufklärungsarbeit und Mitgliederwerbung doch ihre
Besorgnis erkennen, die »Verwirrung«, die vom antifeministischen Bund
! »absichtlich verbreitet wird«, könnte beim zeitungslesenden Publikum auf
fruchtbaren Boden fallen.40
Die Funktionärinnen bemühten sich nach Kräften, den Verdächtigungen
und Unterstellungen ihre eigene Sicht der Dinge entgegenzusetzen. Vor
allem anderen fürchteten sie die (sexual- jmoralische Diskreditierung ihrer
Bestrebungen durch die Gegnerinnen und Gegner.41 Deshalb machten es
sich zahlreiche Artikel und Leserbriefe zur Aufgabe, der Öffentlichkeit zu
beweisen, daß der >gemäßigten< Frauenbewegung nichts ferner lag, als die
»Heilighaltungen der Ehe« in Frage zu stellen.42 Gertrud Bäumer wies be-
reits das Wort »Emanzipation« entrüstet zurück. Offenbar fürchtete sie,
schon der Begriff, von den Zeitgenossen mehrheitlich im Sinne von eroti-
scher Freiheit und rücksichtslosem Egoismus verstanden, werde die Frau-
enbewegung schädigen. Deshalb versuchte sie, dem Wort einen anderen
Sinn zu geben und sprach lieber von der entkörperlichten »Fähigkeit zur
geistigen Selbstbestimmung«.43
Im Gefolge der heftigen Angriffe durch den Bund zur Bekämpfong der
Frauenemanzipation und seiner Sympathisanten rückte die BDF-Vorsitzen-
de jedoch nicht nur demonstrativ so weit als möglich von der Sexualreform-
bewegung ab, sondern ging auch zu den englischen Suffragetten auf Di-
stanz.44 »Frauen, die revolutionäre Kampfesmittel anwenden«, verlautbarte
sie in einer Vorstandserklärung vom Mai 1913, verleugneten ihre »weibliche
Natur« und schadeten »den Interessen der Frauenbewegung«. Die dem
BDF angehörenden Vereinigungen waren hinfort darauf festgelegt, »durch
ihre Kampfesweise den Beweis (zu) liefern, daß im öffentlichen Leben For-

157
men geschaffen werden können, die dem Wesen und der Natur der Frau
gemäß sind.«45 Die Gegner der Frauenbewegung überzeugte das öffentliche
Bekenntnis freilich nicht im mindesten.
Als besonders medienwirksam erwies sich der antifeministische Schach-
zug, die Frauenbewegung mittels mathematischer Rechenspiele anzugrei-
fen. Um die Jahreswende 1913/14 erschien in mehreren großen Tageszei-
tungen ein Aufsatz des Kieler Oberlehrers Dr. Schrohl, der beweisen sollte,
daß nur eine verschwindende Minderheit aller Frauen hinter der Forderung
nach dem weiblichen Wahlrecht stünde. Er enthüllte mit großer Geste, daß
der BDF die Stärke seiner Anhängerschaft nicht nach organisierten Perso-
nen, sondern nach zahlenden Mitgliedern berechnete. Wenn Frauen gleich-
zeitig in mehreren Vereinen organisiert waren, wurden sie somit mehrfach
gezählt. Das stimmte, doch steckte dahinter wohl weniger, wie Schrohl dem
BDF vorwarf, »doppelzüngige und verschlagene Taktik«, als vielmehr eine
vereinfachte Verwaltungspraxis. Keine halbe Million, wie vom BDF angege-
ben, sondern allenfalls 300.000 Mitglieder umfasse die bürgerliche Frauen-
bewegung, rechneten Schrohl und andere Antifeministen dem Publikum die
»doppelte Buchführung des BDF« vor, das entspräche nur zwei Prozent der
erwachsenen deutschen Frauen. Und selbst im BDF hätten sich gerade ein-
mal 10.000 Frauen den Stimmrechtsvereinen angeschlossen.
Die Zahlen selbst - för die Schrohl keine Belege anführte - wurden in den
Entgegnungen von der BDF-Spitze nicht dementiert. Aus der Tatsache, daß
nur rund 10.000 Frauen reinen Stimmrechtsvereinen angehörten, allerdings
zu folgern, alle anderen BDF-Organisationen unterstützten die Stimm-
rechtsforderungen nicht, war schlichtweg falsch. Ebenso fälsch war die Be-
hauptung, die angeschlossenen Vereine seien vielfach nicht über die Pro-
grammatik des BDF informiert und die Hauptsache seiner Politik sei, »daß
möglichst viele Frauen mit zählen und zahlen«.46
Auf ähnliche Weise polemisierte der antifeministische Bund im gleichen
Jahr gegen die - vom Statistischen Reichsamt ermittelte - Zahl von 9,5
Millionen erwerbstätigen Frauen, auf die sich der BDF zur Untermauerung
seiner Forderungen berief. Der Bundesvorsitzende Ludwig Langemann und
seine Vorstandskollegen, Ernst Oberfohren und der DHV-Funktionär Wer-
ner Heinemann, gaben zu Protokoll, daß die seit 1895 um drei Millionen
gestiegene Zahl erwerbstätiger Frauen ausschließlich auf das Konto von
Bevölkerungswachstum und der unterschiedlichen Zählung sogenannter
»mithelfender Familienangehöriger« ginge.4" Die Ausführungen wurden
von einer ganzen Reihe rechtsstehender Tageszeitungen übernommen. 48
Bereits Ende 1912 hatten die renommierten »Preußischen Jahrbücher« ei-
nen umfangreichen, auch in der Provinzpresse rezipierten Aufsatz der Anti-
feministin Anna Schellenberg abgedruckt, in dem sie die Relevanz der von
der Frauenbewegung angeführten »wirtschaftlichen Tatsachen« bestritt. 49

158
In der Tat waren Frauen, die im elterlichen Betrieb oder dem ihres Man-
nes mitarbeiteten, 1907 präziser erfaßt worden als zwölf Jahre zuvor. Aller-
dings hatte der Bearbeiter der Reichsstatistik bereits selbst daraufhingewie-
sen, daß die unterschiedlichen Zählweisen nicht allein för die starke
Zunahme der »Mithelfenden« verantwortlich sei. Heinemann bestritt frei-
lich nur, daß »eine allgemeine Vermehrung der außerhäuslichen Erwerbsar-
beit« stattgefunden habe. Darin mußte ihm Helene Lange ebenso Recht
geben wie in seiner Auffassung, Frauen und Mädchen seien zunehmend auf
ehemals »männlichen« Gebieten tätig. 50 Falsch war aber, daß die »Antis«
daraus den Schluß zogen - und ihn weithin verkündeten - , es habe über-
haupt keine Zunahme der Frauenarbeit, sondern nur eine Verdrängung der
Männer vom Arbeitsmarkt stattgefunden.
Wer sich im Dschungel der Halbwahrheiten, gegenseitigen Vorwürfe und
Rechtfertigungen nicht verirren wollte, mußte schon über eine sehr gründ-
liche Kenntnis der Materie verfugen - eine weitaus bessere, als man beim
breiten Publikum voraussetzen durfte. Den meisten Lesern und Leserinnen
blieb vermutlich nur - je nach Interessenlage und Sympathie - im Gedächt-
nis, daß entweder die Frauenbewegung ihre Stärke und die Notlage der
Frauen maßlos übertrieb oder der Anti-Bund mit falschen Anschuldigungen
operierte.
Die Funktionärinnen des BDF jedenfalls hatten in den letzten Vorkriegs-
jahren alle Hände voll damit zu tun, die Angriffe ihrer Gegner zurückzuwei-
sen. »An Irrtümern«, klagte Helene Lange im November 1913, habe die
antifeministische Liga »vom ersten Aufruf bis heute mehr zusammenge-
bracht, als die Zeit aller Frauenrechtlerinnen zusammengenommen zu be-
richtigen gestatten würde«.51 Den BDF-Frauen war klar, daß keines ihrer
Argumente überzeugte Antifeministen und Antifeministinnen bekehren
würde. Schließlich hatten sie sich mit einigen Wortführern schon lange vor
der Gründung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in Sa-
chen Frauenarbeit und Frauenstudium auseinandergesetzt. 52 Trotzdem
schrieben sie gegen ihre Gegner an, bis »einem die eigene Feder müde wird
bei der Wiederholung«. 53 Ging es doch darum, sich im diskursiven Feld zu
behaupten und »den Unkundigen und Fernstehenden zu zeigen, daß die
gegen uns vorgebrachten Argumente Seifenblasen sind, die zerplatzen, so
wie man nur mit dem Finger daran rührt«. 54
Die Auseinandersetzung zwischen dem antifeministischen Bund und den
Frauenrechtlerinnen fand jedoch nicht nur in der Presse statt, sondern hatte
noch einen weiteren wichtigen Schauplatz: die direkten Begegnungen vor
Ort. Vor allem in Berlin, »Hauptstadt der Frauenbewegung« und nicht
umsonst Sitz des antifeministischen Bundes, aber auch anderswo nahmen
Gegner und Befürworter der Frauenemanzipation wechselseitig an den Ver-
anstaltungen ihrer Kontrahenten teil und versuchten, die Gegenseite von

159
ihrer Auffassung zu überzeugen oder doch wenigstens die Versammlung zu
polarisieren. Im allgemeinen endeten solche Besuche damit, daß die Gegen-
spieler einer vernichtenden Kritik in der eigenen Presse unterzogen wurden.
Während die gemäßigte Mitte dem Zeitungsdisput den Vorzug gab, wa-
ren es überwiegend Vertreterinnen des linken Flügels der Frauenbewegung,
die den Emanzipationsgegnerinnen und -gegnern bei Veranstaltungen ent-
gegentraten. »Die >Gemäßigten< ließen sich, wie so oft, in Volksversamm-
lungen nicht blicken«, 55 stellte Minna Cauers »Frauenbewegung« Finde
1912 mit unverhohlenem Vorwurf fest. Cauer und ihr Verein »Frauenwohl«
hatten bereits im Juni in Berlin eine Protestkundgebung organisiert, als die
Nachricht von der Formierung des Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation bekannt wurde. 56 In Hamburg waren bei der Gründung der
antifeministischen Ortsgruppe alle örtlichen Frauenvereine präsent.57 Als in
Dresden der erste sächsische Ableger der antifeministischen Liga ins Leben
gerufen wurde, füllten Frauenrechtlerinnen »den Saal wohl zur Hälfte«.58
Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war auf Kölner und
Berliner Stimmrechtsversammlungen ebenso ein Thema wie beim Bayri-
schen Frauentag. 59 Die Berliner >Radikalen« waren mit ihren Flugblättern
anfänglich bei jeder Veranstaltung der antifeministischen Liga zugegen, und
in Stuttgart tauchten Angehörige des Stimmrechtsvereins so lange bei den
Vortragsabenden des mit den »Antis« verquickten Deutschnationalen
Handlungsgehilfenverbands auf, bis sie mit »alle(n) Ehren« empfangen wur-
den und man ihnen sogar Einladungskarten übersandte. 60
Umgekehrt traten Antifeministinnen und Antifeministen Wahlrechtsver-
fcchterinnen in Brandenburg, Schleswig-Holstein und Berlin entgegen. 61
Die Berliner Ortsgruppe der antifeministischen Liga übersandte ihren An-
hängern Einladungen zu Diskussionsveranstaltungen des BDF mit der Bitte
um frühzeitiges Erscheinen, damit »die Mitglieder unseres Bundes geschlos-
sen neben einander Plätze einnehmen können«. 62 Organisierte Emanzipati-
onsgegner störten in Kiel eine Kundgebung örtlicher Frauenrechtlerinnen,
die eine »leibhaftige englische Suffragette« eingeladen hatten. 63 Bei der Jah-
resversammlung des Verbandes fortschrittlicher Frauenvereine meldete
sich eine Abordnung Berliner Antifeministen zu Wort, und als der Preußi-
sche Landesverein für Frauenstimmrecht anläßlich der bevorstehenden
Landtagswahlen zur Debatte lud, nutzte der Geschäftsführer des Antibun-
des das Forum, um gegen die Wahlrechtsforderung zu protestieren. 64 In
Breslau schließlich statteten sich die Frauenrechtlerinnen und ihre Gegner
nach anfänglichen Disputen in aller Form gegenseitig Besuche ab. 65
Zumeist jedoch war das Bild der Auseinandersetzungen nicht von friedli-
cher Koexistenz und demokratischer Streitkultur geprägt. Die Breslauer
Antifeministen hatten zunächst einer Gegnerin das Diskussionsrecht verwei-
gert und führten zur Begründung an, daß es auch einem der ihren beim

160
preußischen Landesstimmrechtsverein nicht anders ergangen sei.66 In Ham-
burg machte der Deutsche Bund seine Veranstaltung erst gar nicht öffentlich
publik, sondern ließ die Eintrittskarten durch einen befreundeten Rechtsan-
walt verteilen und beauftragte die verbündeten Deutschnationalen Hand-
lungsgehilfen mit Saalschutz und Kartenkontrolle. Eine Diskussion mit den
trotzdem zahlreich erschienenen Frauenrechtlerinnen wurde nicht zugelas-
sen; stattdessen lud man Sympathisanten und potentielle Mitglieder zu einer
»internen Beratung« ein.67 Und in Berlin drohte der Versammlungsleiter
potentiellen Störenfrieden mit Hausrecht und Polizei, noch bevor die Ver-
anstaltung recht begonnen hatte. 68
Zum Eklat kam es schließlich bei einer öffentlichen Versammlung in Char-
lottenburg, zu dem der Anti-Bund ausdrücklich auch Vertreterinnen der
Berliner Frauenbewegung eingeladen hatte. Der Nervenarzt Kurt Ollendorf
äußerte sich aus medizinischer Sicht zur Trauenfrage« und lieferte dabei
Beleidigungen gleich mit. Die Führerinnen der Frauenbewegung, so erklär-
te er, seien »pervers« oder zum mindesten »entartet« und hätten auf dem
Gebiet der Homosexualität praktische Erfahrungen. Minna Cauer und die
ihr Nahestehenden verließen unter Protest den Saal, Else Lüders lehnte es
entrüstet ab, weiterhin mit einem Gegner zu diskutieren, der auf solch infa-
me Art den »weiblichen Stolz« verletze. 69 In der später veröffentlichten
Textfassung wurde der inkriminierte Passus wohlweislich gestrichen, so daß
Zeitungen wie die mit den >Antis< sympathisierende freikonservative »Post«
und der evangelische »Reichsbote« die »bemerkenswerte« Ollendorfsche
Abhandlung ihrer Leserschaft mit Wärme empfahlen.70

4 . 2 . »Christliche Christenverfolgung« 7 1 : Kirchen, Antifeministen


und der Deutsch-Evangelische F r a u e n b u n d

Seit der antifeministische Bund auf den Plan getreten war, hatte insbesonde-
re die evangelische Frauenbewegung einen schweren Stand. Der lutherani-
sche Ableger der Emanzipationsgegner, die »Christlich-nationale Gruppe«,
hatte sich Anfang Juli 1912 unter der Führung des Frankfurter Pfarrers Ju-
lius Werner und der Rostocker Baronin Ida von Meerheimb als eigenständi-
ge Organisation innerhalb des Deutschen Bundes zusammengeschlossen,
weil den orthodoxen Protestanten über der völkisch und rassenhygienisch
motivierten Ablehnung der Frauenbewegung die religiösen Bedenken zu
kurz gekommen waren. 72 Als Organ diente ihnen Werners »Glaube und
Tat«, das mit einer Auflage von 3.000 Stück in Kirchenkreisen weit verbrei-
tet war.73 Den Christlich-Nationalen war vor allem der Deutsch-Evangeli-
sche Frauenbund (DEF) ein Dorn im Auge. Sie nahmen Anstoß daran, daß

161
der DEF nicht nur auf kirchliche Diakonie setzte, sondern sich als Teil der
Frauenbewegung verstand und innerkirchliche Mitbestimmung ebenso wie
das kommunale Frauenstimmrecht durchsetzen wollte. Ida von Meerheimb
hatte den DEF und seine langjährige Leiterin, Paula Mueller, bereits seit der
Jahrhundertwende in lutheranischen Blättern attackiert. Werners Ziel war,
die Kirchenferne der männlichen Protestanten durch eine männlich-kriege-
rische »ecclesia militans« zu überwinden. 74 Ein bestimmender kirchlicher
Einfluß von Frauen, die ohnehin den größten Teil der Kirchgängerinnen
stellten, stand diesem Projekt diametral entgegen. Der Pfarrer an der Frank-
furter Paulskirche hatte als ehemals enger Mitarbeiter Adolf Stoeckers zu
den Mitbegründern des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes gehört, war
zu ihm jedoch auf Distanz gegangen, als er die Forderung nach kirchlichem
Frauenwahlrecht 1903 in sein Programm aufnahm. n Spätestens seit der
DEF 1908 die Absicht erkennen ließ, dem Bund Deutscher Frauenvereine
beizutreten, verfolgte Werner ihn mit einer Inbrunst, die »den Renegaten
verriet«.76
Zur Freude kirchlich-orthodoxer Blätter wie dem »Alten Glauben« hatte
die antifeministische Liga im Verein mit ihrer Christlich-nationalen Gruppe
schon in der ersten Ausgabe ihrer Korrespondenz mit der Polemik gegen
den DEF begonnen. 77 Seit dem Sommer 1912 warfen die Emanzipations-
gegner dem DEF immer wieder vor, das scheinbar harmlose kirchliche und
kommunale Frauenstimmrecht nur deswegen anzustreben, um von dieser
Plattform aus um so leichter das staatliche - oder, wie es im zeitgenössischen
Sprachgebrauch hieß, »politische« - Wahlrecht for Frauen einfordern zu
können. Daß im Programm des DEF davon nicht die Rede war, störte die
Antifeministinnen und Antifeministen nicht weiter. Ihnen schien diese Zu-
rückhaltung rein taktischer Natur zu sein.78
Die Angriffe der Emanzipationsgegner und ihrer Christlich-nationalen
Gruppe führten in kirchlich-konservativen Kreisen zu einer heftigen Kon-
troverse um die Stellung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes und die
Berechtigung seiner Forderungen. Insbesondere der »Reichsbote«, einst ein
treuer Weggenosse Stoeckers und der deutsch-evangelischen Frauen, 79
machte sich nun zum Sprachrohr antifeministischer Kritik.80 »Die geistige
Reife der Frau«, so ließ das Blatt eine Wahlrechtsgegnerin verkünden, »muß
so weit vorschreiten, daß sie ihr die Teilnahme mit der an das Stimmrecht
gebundenen politischen Tätigkeit untersagt.« 81 Aber auch in der agrarischen
»Deutschen Tageszeitung«, der freikonservativen »Post« und in der kon-
servativen »Kreuz-Zeitung« tobte der Meinungsstreit und wurde von den
Redaktionen mit mehr oder minder unverhüllter Präferenz zugunsten der
>Antis< entschieden.82 Selbst dort, wo man sich - wie in der »Reformation«,
die der kirchlich-sozialen Konferenz nahestand - mit Sympathiebezeugun-
gen zugunsten der antifeministischen Liga zurückhielt, nahm man die Agi-

162
tation der Christlich-Nationalen zum Anlaß, dem kirchlichen und politi-
schen Frauenstimmrecht eine klare Absage zu erteilen.83
Die Forderung nach dem kirchlichen Frauenwahlrecht vermochte sich
trotz aller Anstrengungen des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes noch
bis in die Anfangsjahre der Weimarer Repubik in der evangelischen Kirche
nicht durchzusetzen. Entsprechende Petitionen an kirchliche Institutionen
wurden immer wieder mit dem vom Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation sattsam propagierten Argument abgelehnt, kirchliche Mit-
sprachebefugnisse würden zur Begründung weitergehender Forderungen
benutzt werden. 84 Immerhin war die sechste Generalsynode 1909 der be-
scheidenen Bitte des DEF gefolgt und hatte angesichts der herrschenden
Personalnot die - auf der Basis des bestehenden Kirchenrechtes mögliche -
Beiordnung von weiblichen Hilfskräften zu caritativen Aufgaben in der Ge-
meinde empfohlen. Ein Mitspracherecht bei Entscheidungen blieb ihnen
allerdings versagt.85
Immerhin wurde die Trauenfrage« in den Vorkriegsjahren wichtig genug,
um den Evangelischen Oberkirchenrat zur gezielten Schulung der Geistlich-
keit auf diesem Gebiet zu veranlassen. Landeskirchliche Kurse machten die
Pfarrer mit den Veränderungen der weiblichen Erwerbstätigkeit vertraut,
legten den Schwerpunkt aber auf die Erörterung der sozialdemokratischen
Auffassung von der Trauenfrage« und auf die Sichtweise »radikale(r)« Theo-
rien, denen sie die Stellung der Frau in der evangelischen Gemeinde und
Diakonie positiv gegenüberstellten. 86 Zu grundsätzlichen Zugeständnissen
war die Kirchenführung jedoch nicht bereit. Selbst als bei der Eisenacher
Konferenz 1914 die Bedingungen für die Teilnahme an Kirchengemeinde -
wahlen zur Debatte standen, ging davon kein Impuls för die Zulassung von
Frauen aus. Der Kieler Oberkonsistorialrat Kastan empfahl in enger Anleh-
nung an die Rhetorik der organisierten Antifeministen, die Partizipations-
wünsche »a limine abzuweisen«,87 und der Oberkonsistorialpräsident wisch-
te in seinem Hauptreferat jegliche Diskussion mit der Bemerkung vom
Tisch, för eine Frage von so grundsätzlicher Bedeutung wie das Frauen-
stimmrecht sei die Kirchenkonferenz nicht zuständig. 88 Die präsidiale Ver-
zögerungstaktik zeigte Erfolg: In den Katalog von 14 Voraussetzungen, die
for die Teilnahme an Kirchenwahlen zu erfüllen waren, wurde das männliche
Geschlecht ob seiner Selbstverständlichkeit nicht einmal aufgenommen. 89
Hinter den Kulissen freilich verfolgte die Kirchenleitung die Entwicklung
der Trauenfrage« genau. Der Evangelische Oberkirchenrat ließ sich von den
Königlichen Konsistorien nicht nur über die Einbeziehung von Frauen in
die Gemeindearbeit Bericht erstatten, 90 sondern fragte darüber hinaus an,
ob sich die Kirchenverwaltungen schon mit der Stimmrechtsfrage zu be-
schäftigen hatten. 91 Auch über die Aktivitäten der Emanzipationsgegner
waren die Kirchenoberen bestens informiert. Berichte über die Verhandlun-

163
gen antifeministischer Petitionen im Preußischen Abgeordnetenhaus fanden
ebenso Aufnahme in seine Akten wie ein mit der Bitte um »Kenntnisnahme
und Begutachtung« übersandtes Exemplar des Langemannschen Memento
gegen Frauenwahlrecht in Kirche, Gemeinde und Staat.92 Der Präsident des
Oberkirchenrates machte sich höchstpersönlich die Mühe, der antifeministi-
schen Liga mitzuteilen, ihre Denkschrift sei »mit besonderem Interesse«
aufgenommen und zur »Einsichtnahme in unserem Kollegium in Umlauf«
gegeben worden. 93 Den erbetenen Kommentar wollte er freilich nicht abge-
ben. Ganz offensichtlich versuchte der Evangelische Oberkirchenrat, eine
offizielle Stellungnahme zum kirchlichen Frauenwahlrecht zu vermeiden.
Schließlich rekrutierte sich die kirchliche Basis weithin aus Frauen, und auch
die praktische Arbeit in Diakonie und Gemeindepflege wurde vielfach von
Frauen getragen. Indem sich die Kirchenführung jeglicher Entscheidung
enthielt, blieb es weiterhin möglich, das Arbeitspotential der Frauen zu nut-
zen, ohne ihnen einerseits Mitspracherechte einzuräumen und sie anderer-
seits durch die Ablehnung von Partizipationsbegehren zu brüskieren.
Aus ähnlichen Rücksichten hielt sich auch die katholische Kirche mit
Sympathiekundgebungen zugunsten der antifeministischen Liga zurück.
Wiewohl der antifeministische Bund - auch im Bewußtsein der Zeitgenossen
- eine protestantisch dominierte Organisation war, versäumte er dennoch
nicht, auch in der katholischen Kirche um Unterstützung für seine Ziele zu
werben, und setzte auch Bischöfe auf die Versandliste seiner Publikationen.
In der Mainzer Diözese trafen Bischof Kirstein und Domkapitulär Ficker im
Dezember 1915 eigens wegen der eingegangenen Langemannschen Denk-
schrift gegen das Fraucnwahlrecht zusammen, um das weitere Vorgehen zu
besprechen. Angesichts »des Wegfalls kirchlicher Wahlen im röm.[isch]
kath.[olischen] Bekenntnis« sahen die beiden Kirchenoberen von einer Ant-
wort ab. Dahinter stand die Überlegung, eine kirchenamtliche Begutach-
tung der Denkschrift könnte wegen der Brisanz des Themas »untunlich,
bedenklich und gefährlich« sein. Der Mainzer Kirchenföhrung erschien es
offenbar besser, die Forderung nach mehr weiblicher Mitbestimmung tot-
zuschweigen als durch womöglich positive Stellungnahmen einzelner Bi-
schöfe die Diskussion weiter anzuheizen.
Inhaltlich aber waren die beiden Kirchenmänner von den Positionen des
antifeministischen Bundes nicht weit entfernt. Sie sahen das »Mulier taceat
in ecclesia« bei den Protestanten »stark bedroht... von weiblicher Arg- und
Hinterlist« und riefen als Reaktion auf die Denkschrift des antifeministi-
schen Bundes die lokalen katholischen Frauenvereine zur Zurückhaltung
gegenüber interkonfessionellen und protestantischen Frauenorganisationen
auf, um sie vor der Infizierung mit dem emanzipatorischen Virus zu bewah-
ren. Insbesondere der offenbar zu fortschrittlich gesinnte katholische Main-
zer Lehrerinnenverein sollte, so die Gesprächsnotiz, veranlaßt werden, ge-

164
genüber seinen Konkurrenten »wachsam, regsam und strebsam« zu blei-
ben. 94
Im Gegensatz zu den christlichen Kirchen stellten sich viele d e r - mit dem
Bund zur Bekämpfong der Frauenemanzipation eng verbundenen - Funk-
tionäre der Frauenhilfe des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins ganz auf
die Seite der antifeministischen Liga.95 Die öffentliche Diskussion um die
Trauenfrage« hatte auch in der größten evangelischen Frauenorganisation
zur Debatte über ihre Haltung zur Frauenemanzipation gefohrt. Einzelne
Geistliche betrachteten die Frauenhilfe selbst als »ein Stück Frauenbewe-
gung« und redeten dem kirchlichen Frauenwahlrecht und freier Berufswahl
bis hin zum Pfarramt das Wort. Solche Positionen mochten in manchen
Lokalvereinen verfochten werden - in der Zentrale der Frauenhilfe und in
der Redaktion ihres Verbandsorgans war man anderer Meinung. 96 Die
»Frauenhülfe«, eher in den Vorständen der Zweigorganisationen als an der
Basis gelesen,97 begrüßte Werner und seine christlichen Mitstreiter aus-
drücklich als »Gesinnungsgenossen und Mitarbeiter«98 und lieh ihre Stimme
jenen Pastoren, die weder ihre Sympathie for antifeministische Positionen
noch ihre Mitgliedschaft in der christlich-nationalen Gruppe der Emanzipa-
tionsgegner verhehlten. Formal als Meinung eines »Privatmannes« ge-
kennzeichnet, wurde so im offiziellen Organ der Frauenhilfe seitenlang das
Programm des antifeministischen Bundes erläutert und seine Auslassungen
- zum Teil im wörtlichen Zitat - zu quasi-kirchlichen »Leitsätzen« stili-
siert.99
Bei der Jahresversammlung der Fnauenhilfe 1916 durfte der Vorsitzende
der christlich-nationalen Antifeministen sogar das Hauptreferat bestrei-
ten. 100 Julius Werner nutzte die Gelegenheit, dem Betätigungsfeld der Frau-
en enge Grenzen zu ziehen, und rief zum doppelten »Freiheitskampf« auf:
»1. gegen die Frau, die nicht Mutter werden will und 2. gegen die, die in
außerhäuslichen Berufen nicht Mutter werden kann«.101 Auch bei den Ta-
gungen der Provinzialverbände trat der Frankfurter Pfarrer in Erscheinung.
Seine Vorträge wurden anschließend im hauseigenen Stiftungsverlag des
Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins veröffentlicht.102 Dort erschien von
1917 bis 1922 auch die Frauenzeitschrift »Wege und Ziele«, ein Blatt, das,
vom antifeministischen Bund als »willkommene Bundesgenossin« begrüßt,
mehrere Antifeministinnen zu seinen regelmäßigen Mitarbeiterinnen zähl-
te 103
Während sich die Frauenhilfe ganz auf die Seite der Emanzipationsgegner
schlug, fand der DEF im kirchenpolitischen Kräftefeld nur wenig Unterstüt-
zung. Zwar unterschrieben einige evangelische Frauenvereine seine Protest-
note gegen die Polemik der Antifeministen,104 doch gaben die nächst der
Frauenhilfe größten evangelischen Frauenorganisationen - die Frauengrup-
pen der Freien kirchlich-sozialen Konferenz und der Sittlichkeitsverein - in

165
ihren Zeitschriften antifeministischen Verlautbarungen kommentarlos
Raum. Daß in den »Frauenblättern zur Hebung derSitdichkeit« kurz darauf
zwar die Gegenerklärung des BDF, nicht aber der Protest des Deutsch-
Evangelischen Frauenbundes erschien, wertete der DEF-Vorstand wohl
nicht zu Unrecht als Zeichen mangelnder Solidarität.105
Auch die Vorsitzende der kirchlich-sozialen Frauengruppen, Elisabeth
von Knebel-Doeberitz, unterschrieb die Solidaritätsadresse nicht im Namen
ihrer Organisation, sondern nur als Privatperson. Dagegen betonte sie in der
Folge mehrfach, daß die kirchlich-sozialen Frauengruppen dem Bund Deut-
scher Frauenvereine nicht angehörten. Durch vorauseilenden Gehorsam
versuchte sie, potentiellen Angriffen christlicher Antifeministen zuvorzu-
kommen, und legte die »Grenzlinien für die öffentliche Tätigkeit der kirch-
lich-sozialen Frauen« fest. Diese quasi-offizielle Stellungnahme der Kirch-
lich-sozialen Konferenz zur Frauenfrage knüpfte das »prinzipiell nicht
unberechtigte kirchliche Stimmrecht« an religiöse Qualifikationsbestim-
mungen. Ob Männer vom religiösen Standpunkt aus zur Ausübung des
Kirchenwahlrechts geeignet waren, wurde nicht diskutiert; ein Qualifikati-
onsnachweis för das männliche Geschlecht war nicht vorgesehen. Das Wahl-
recht zu Parlamenten und Kommunalvertretungen wurde ganz abgelehnt
und statt dessen die Anhörung weiblicher Sachverständiger vorgeschla-
gen. 106
Bei ihrem Verbandskongreß 1913 nahm sich schließlich auch die Innere
Mission der Trauenfrage« an.107 Auf der Veranstaltung kamen sowohl eine
Vertreterin des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes als auch ein Gegner
des kirchlichen Frauenwahlrechts zu Wort. Die Diskussion wurde bestimmt
von einer Wortmeldung des inzwischen zum Hamburger Hauptpastor avan-
cierten Professors Hunzinger, der bereits in der »Frauenhülfe« und im »Al-
ten Glauben« gegen das kirchliche Frauenwahlrecht zu Felde gezogen war.
Unter Berufung auf den Frauenhilfe-Funktionär und Antifeministen Pastor
Cremer behauptete er, von einem Brief zu wissen, der belege, daß Paula
Mueller und die Mehrheit des DEF för das politische Frauenstimmrecht
einträten. Gleichzeitig meinte er die Innere Mission vor dem DEF warnen
zu müssen, weil der Verband, mit seinen Partizipationsansprüchen von der
Kirche abgewiesen, sich nun an die Innere Mission »heranzumachen su-
che«.108
Diese wenigen Sätze - einen Beweis för seine Behauptungen konnte Hun-
zinger nicht vorbringen - genügten, um den DEF fast ein Jahr lang in hef-
tige Auseinandersetzungen zu verwickeln, in die sich auch der Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation und sein christlich-nationaler Ableger
einschalteten.109 Die Kampagne zielte darauf ab, den Deutsch-Evangeli-
schen Frauenbund aus der Inneren Mission herauszudrängen oder ihn dort
doch zum mindesten verdächtig zu machen.110

166
Die offizielle Stellungnahme des Centralausschusses för Innere Mission
zur Trauenfrage«, von einer fönfkopfigen Kommission ein halbes Jahr später
veröffentlicht, bestätigte zwar die Zugehörigkeit des DEF zu der protestan-
tischen Vereinigung, ließ aber keinen Zweifel daran aufkommen, daß die
Innere Mission auch in Zukunft nicht zu den Förderern der Frauenemanzi-
pation gehören würde. Die Erklärung behauptete, »zu den kirchlichen,
kommunalen und politischen Wahlrechtsbestrebungen der Frauenbewe-
gung keine Stellung« zu nehmen, doch nur, um es noch im selben Satz »mit
Befriedigung« zu begrüßen, daß der DEF nicht für das staatliche Wahlrecht
eintrat. Der grundsätzlichen Neutralitätserklärung folgte die Verdammung
des Frauenstimmrechts auf den Fuß. Hinsichtlich der innerkirchlichen
Partizipation von Frauen lehnte sich der Zentralausschuß wörtlich an die
Hamburger Ausführungen des DEF-Gegenspielers an und erklärte, daß die
Mitwirkung von Frauen bereits auf der Basis der bestehenden Gemein-
deordnungen möglich sei. Erst wenn diese Möglichkeiten »in ausreichen-
dem Maße« genutzt würden, könne über weitere Bestimmungen diskutiert
werden, vertröstete das Papier die evangelischen Frauen auf den St. Nimm-
erleins-Tag. Das kirchliche Wahlrecht jedenfalls sei för die Mitarbeit der
Frauen in der Kirchengemeinde »keine notwendige Voraussetzung«. Daß
der Centralausschuß für Innere Mission sich damit faktisch auf die Seite der
Wahlrechtsgegner schlug, konnten die christlichen Antifeministen als Erfolg
für sich verbuchen, wenn es ihnen auch nicht gelungen war, dem DEF die
caritative Legitimation zu entziehen. 1 "
Der Zusammenhalt blieb jedoch prekär. Vom einflußreichen Herausgeber
der »Reformation« mußte sich der DEF in der Folge mahnen lassen, »eine
solche Entwicklung (zu) nehme(n), daß er das Recht behält, ein Glied in der
Inneren Mission zu sein.«" 2 Im Klartext: Jedes liberal-demokratische oder
frauenbewegte Zugeständnis hätte den Ausschluß aus der Inneren Mission
zur Folge gehabt. Gleichsam zur Verstärkung plazierte die »Reformation«
wenig später einen Artikel zum Verhältnis von Frauen und Innerer Mission
auf der Titelseite, der das weibliche Geschlecht auf den Bereich der Wohltä-
tigkeit beschränkte und Predigt wie kirchenregimentliche Tätigkeit aus-
drücklich den Männern vorbehielt." 3 In der durch die Polemik der anti-
feministischen Liga aufgeheizten Atmosphäre der Vörkriegsjahre garantierte
dem DEF allein das strikte Festhalten an christlich-konservativen Positionen
die Legitimation durch die größte evangelische Wohltährtsorganisation.
( Die heftigen Angriffe der antifeministischen Gegner zwangen den Ver-
band, seine Haltung zum Frauenwahlrecht zu präzisieren. Auf Geheiß des
Ausschusses"4 erklärte Paula Mueller im August 1912 öffentlich, daß der
DFT die volle Staatsbürgerschaft für Frauen nicht anstrebe. Das Frauen-
stimmrecht bezeichnete sie - ganz im Jargon des Bundes zur Bekämpfong
der Frauenemanzipation - als »große Gefahr«. Unter den gegebenen politi-

167
sehen Verhältnissen werde es, schrieb sie, zur »Demokratisierung des deut-
schen Reichstags« führen und nur Zentrum und Sozialdemokratie von Nut-
zen sein. Politisch rechtsstehende Frauen müßten daher vor der Agitation
för das politische Wahlrecht »zurückschrecken«." 5
Muellers »Gedanken zum politischen Frauenstimmrecht« lösten im Bund
Deutscher Frauenvereine vernehmliche Unruhe aus. Minna Cauer warf den
deutsch-evangelischen Frauen vor, den »mutig Vorwärtsstrebenden« im
BDF »in den Rücken zu fallen«, um den Emanzipationsgegnern Zugeständ-
nisse zu machen. »Halbheit und Schwäche hat stets die christliche Frauenbe-
wegung charakterisiert«, schimpfte sie und fühlte sich in ihrem Urteil über
den Deutsch-Evangelischen Frauenbund bestätigt, dessen Zugehörigkeit
zur Frauenbewegung die prominente Radikale stets in Zweifel gezogen hat-
te. Sie war sicher, den »Antis« werde es ein Leichtes sein, »die schwankenden
Geister des Deutsch-Evangelischen Bundes zu sich zu ziehen«. 116
Doch nicht nur der linke Flügel, auch die sonst eher moderate Helene
Lange unterzog Muellers Proklamation heftiger Kritik." 7 Der Konflikt zwi-
schen den Frauenorganisationen, von den christlich-nationalen Antifemini-
sten in der Absicht provoziert, die Abspaltung des DEF vom Bund Deut-
scher Frauenvereine zu erzwingen," 8 spitzte sich im Oktober 1912 weiter
zu. Der Bund Deutscher Frauenvereine hatte auf seiner 10. Generalver-
sammlung in Gotha eine Resolution verabschiedet, in der die Mitarbeit von
Frauen in den politischen Parteien als »notwendige Konsequenz der Frau-
enbewegung« bezeichnet wurde." 9 Damit war die - faktisch bereits einge-
tretene - Politisierung der im BDF zusammengeschlossenen bürgerlichen
Frauenbewegung gleichsam zum Programm erhoben worden. Auch die
Forderung nach dem Frauenwahlrecht erhielt damit ein neues Gewicht.120
Der Deutsch-Evangelische Frauenbund, der sich beim Eintritt in den BDF
zur Neutralität in der Stimmrechtsfrage verpflichtet hatte, enthielt sich der
Stimme, lehnte die Resolution aber nicht ausdrücklich ab.121
Diese Haltung kam den Gegnern und Gegnerinnen des Deutsch-Evange-
lischen Frauenbundes gerade recht. Drohte ihnen doch infolge der dezidier-
ten Stellungnahme Paula Muellers gegen das politische Stimmrecht die
Munition auszugehen. Agrarische und christlich-konservative Tageszeitun-
gen, aber auch orthodoxe Kirchenblätter wetterten nun unisono mit dem
antifeministischen Bund gegen die »schwächliche« Haltung des DEF, des-
sen unterlassener Protest in ihren Augen insgeheimes Einverständnis mit
dem Politisierungsbeschluß signalisierte.122
Aber auch innerhalb des BDF nahm die Kritik am Kurs des Deutsch-
Evangelischen Frauenbundes zu.123 Schon nachdem Paula Mueller ihre »Ge-
danken zum politischen Frauenstimmrecht« veröffentlicht hatte, war vom
Vorstand des BDF eine offizielle Note ergangen, in der es hieß, daß infolge
des Artikels »die Frage nach der Zugehörigkeit des Deutsch-evangelischen

168
Frauenbundes zum Bund deutscher Frauenvereine unter veränderten Ver-
hältnissen neu aufzuwerfen« sei.124 Freilich wiegelte Gertrud Bäumer, die
schon dieser Abmahnung eine freundschaftliche Notiz beigefügt hatte, 125
schon wenige Tage später ab und ließ durchblicken, daß der Vorstand damit
auf Betreiben von Marie Stritt der Form habe genügen müssen. Das mögli-
che Ausscheren der evangelischen Frauen aus dem BDF bezeichnete Bäu-
mer als »verhängnisvollen Schritt« und gestand dem DEF zu, solange in der
Dachorganisation zu verbleiben, wie er keinen Generalversammlungsbe-
schluß gegen das politische Frauenstimmrecht verabschiedete.126
Dennoch blieb das Mißtrauen gegen Paula Mueller im BDF besonders auf
dem linken Flügel groß. 127 Selbst wohlmeinende Vorstandsfrauen nahmen es
den christlichen Funktionärinnen übel, daß sie in der Öffentlichkeit die
Stimmrechtsforderung desavouierten, während doch ein Drittel ihrer Orts-
gruppen durchaus mit diesem Ziel sympathisierten - so jedenfalls hatte es
Mueller in einer Vorstandssitzung des BDF mitgeteilt.128
Bei Gertrud Bäumer allerdings fand Paula Mueller den Rückhalt, den sie
für ihre taktischen Manöver dringend brauchte. Bäumer, die Mueller nicht
nur in frauenpolitischer, sondern auch in persönlicher Freundschaft verbun-
den war, versorgte sie mit Informationen über die aktuelle Stimmungslage
im BDF, blockte Angriffe ab und setzte nicht zuletzt die Annulierung jenes
Abkommens durch, das den DEF auf Neutralität in der Stimmrechtsfrage
verpflichtete.129 Damit war för Mueller der Weg frei, die Vorwürfe der
Emanzipationsgegner zu entkräften, ohne den Anspruch auf Zugehörigkeit
\ zur Frauenbewegung aufzugeben und in die reine Diakonie abzudriften.
Diese Bewegungsfreiheit hatte Mueller auch bitter nötig, wenn sie ihre
Auffassung von evangelischer Frauenbewegung im DEF durchsetzen woll-
I te. Denn ihre Position war im Verband keineswegs unumstritten. Im DEF
standen Modernisiererinnen, die sich der Frauenbewegung zugehörig fühl-
ten, neben Traditionalistinnen, die mehr Mitbestimmung für das weibliche
Geschlecht ablehnten und um deren Übertritt der antifeministische Bund
nicht ohne Erfolg warb. 130 Die liberal-demokratischen Mitglieder stießen
sich wiederum an der »Autokratie« des Muellerschen Führungsstils.131 Und
schließlich war noch auf die Geistlichkeit Rücksicht zu nehmen, wollte der
DEF eine religiöse Frauenorganisation bleiben.
Nach den turbulenten Ereignissen des Jahres 1912 wurde im Dezember
eine außerordentliche Ausschußsitzung anberaumt, um die politische Linie
des DEF festzulegen. Wollten die einen jegliche Beziehungen zum BDF
abgebrochen sehen, plädierte eine andere, weitaus kleinere Fraktion dafür,
das politische Frauenstimmrecht in den Forderungskatalog des DEF aufzu-
nehmen.
Das Ergebnis der »stundenlange(n) Besprechung« war ein Musterbeispiel
Muellerscher Verhandlungskunst: In der schließlich beschlossenen Textfas-

169
sung wurde die Aufhebung des Neutralitätsabkommens zwischen den evan-
gelischen Frauen und dem Bund Deutscher Frauenvereine zwar »mit Freu-
den« begrüßt und för den DEF volle Bewegungsfreiheit in seiner Haltung
zum politischen Stimmrecht gefordert. Von einem Austritt aus dem Dach-
verband der bürgerlichen Frauenbewegung war keine Rede mehr, doch
wurde der Deutsch-Evangelische Frauenbund darauf verpflichtet, »auf dem
Boden der entschieden christlichen Weltanschauung« innerhalb der deut-
schen Frauenbewegung »nur die Stellung auf der äußersten Rechten ein-
z u n e h m e n « und »nur die christlich-konservativen ... Grundsätze (zu) ver-
treten«. Die Kompromißformel zum umstrittenen politischen Stimmrecht
schließlich war von wahrhaft salomonischer Wortwahl geprägt:

»Der Deutsch-Evangelische Frauenbund ist der Ansicht, daß das politische Erauen-
stimmrecht, obwohl er es nicht aus prinzipiellen Gründen abweist, angesichts der
heutigen Verhältnisse weder für die Frauen, noch für das deutsche Volk ein Glück
bedeuten würde und lehnt deshalb entschieden ab, für dasselbe einzutreten.««132

Das volle Staatsbürgerrecht wurde in der Resolution, wie die antifemini-


stischen Kritiker in der Folge zu Recht anmerkten, also nicht grundsätzlich,
sondern nur för den Augenblick abgelehnt. Freilich konnte Paula Mueller
»in der Lage, die die Angriffe des Anti-Bundes geschaffen haben, das >zur
Zeit« nicht an erster Stelle aussprechen«, vertraute sie Gertrud Bäumer
an.133 Mueller hielt das Frauenstimmrecht für die logische Konsequenz an-
derer Frauenbestrebungen und konnte sich schon lange vor der Revolution
von 1918/19 politische Konstellationen vorstellen, unter denen ihr die
Ausübung dieses Rechts gerade für konservative Frauen geboten schien.134
Es gehörte also keineswegs zu den »Widersinnigkeiten der Geschichte«,135
daß die christlich-konservative, taktisch versierte Frauenrechtlerin als eine
der ersten Politikerinnen för die DNVP in das Weimarer Parlament einzog.
Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und seine christlich-
nationale Gruppe hatten trotz der andauernden Angriffe auf den Deutsch-
Evangelischen Frauenbund ihre Ziele in mehrfacher Hinsicht nicht erreicht:
Weder konnten sie die Abspaltung des DEF vom Bund Deutscher Frauen-
vereine durchsetzen, noch hatte die Geistlichkeit Paula Mueller das Vertrau-
en entzogen. Auch ein Führungswechsel im DEF hatte nicht stattgefunden.
Entgegen dem ursprünglichen Plan war es gleichfalls nicht gelungen, den
DEF - wie man es auch mit dem Vaterländischen Frauenverein vergeblich
versuchte - unter Aufgabe aller Rechtsforderungen ins eigene Lager zu
ziehen.136 Für die Positionen des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation waren in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg selbst
konservative« Frauenorganisationen nicht mehr reaktionär genug.
Immerhin hatten es die Emanzipationsgegner und -gegnerinnen ge-
schafft, etliche DEF-Mitglieder gegen die Bundesleitung aufzuwiegeln und

170
vielleicht sogar den eigenen Reihen anzugliedern. Auch in den Kreisen der
[evangelischen Kirche und der Inneren Mission hatten sie Mißtrauen gegen
die evangelische Frauenbewegung gesät. Die antifeministische Polemik be-
w irkte, daß sich der DEF im Bund Deutscher Frauenvereine nach links ab-
grenzte und sich ganz offiziell gegen das politische Frauenwahlrecht aus-
sprach. Kirchen- und frauenpolitisch war er hinfort unzweideutig auf eine
christlich-konservative Linie festgelegt. Daß es nicht zum Bruch mit dem
Dachverband der bürgerlichen Frauenbewegung kam, war neben takti-
schem Kalkül nicht zuletzt der Freundschaff der beiden Vorsitzenden zu
(verdanken.
Die Angriffe der Emanzipationsgegner und -gegnerinnen kosteten die
Funktionärinnen des DEF »viel Zeit, Kraft und Freudigkeit«. Die »mühse-
lige Arbeit« der Klarstellung antifeministischer Vorwürfe band in den Jahren
vor dem Ersten Weltkrieg einen Gutteil der Energie und Arbeitskraft des
Verbandes.137 Bis zum Juli 1914 beschäftigte sich fast jede Nummer der
[»Evangelischen Frauenzeitung« mit dem Anti-Bund und seinen Unterstel-
lungen. Die Abwehr der ständigen Angriffe überstiegen die Kräfte des Bun-
desvorstandes und zogen die Einrichtung eines eigenen Pressebüros nach
sich.138 Jeder auch noch so unbeweisbare Vorwurf verschärfte das Klima des
Mißtrauens, in dem der DEF sich bewegte, und zwang ihn, über seine Posi-
tionen Rechenschaft abzulegen. Selbst Personalentscheidungen wurden mit
Blick auf die mögliche Reaktion der Antifeministen gefällt.139 Als einzige
Repräsentantin der Frauenbewegung sah sich Paula Mueller genötigt, den
von der antifeministischen Liga geäußerten und geschürten Verdächtigun-
gen eine eigene Verteidigungsschrift entgegenzusetzten. 14° Der enorme
publizistische Aufwand zeigt, daß die Leitung des DEF immer von neuem
Gefahr lief, das Vertrauen weiter Kirchenkreise - und auch die Unterstüt-
zung der eigenen Anhängerschaft - zu verlieren. Und die kirchliche Realpo-
litik gab noch bis in die Weimarer Republik denjenigen Recht, die den Ein-
fluß von Frauen in Kirche, Diakonie und Mission möglichst gering halten
wollten.

4 . 3 . Feminisierung der Parteipolitik

Weit weniger Rückhalt als in der evangelischen Kirche fanden die Eman-
zipatonsgegnerinnen und -gegner in einem anderen Segment des wilhel-
minischen Kaiserreichs: in den Parteien. Aus ihrer Sicht machte nicht nur
die Politisierung der »Frauenwelt«, sondern auch die Feminisierung der
(Partei-)Politik unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg »geradezu erschrek-
kende Fortschritte«. 141

171
Noch im Oktober 1912 hatten Deutsch- und Freikonservative, National-
liberale und Zentrumsmänner im Preußischen Abgeordnetenhaus eine An-
zahl Petitionen för die Einführung unterschiedlicher Varianten des Gemein-
destimmrechts för Frauen glatt abgeschmettert. Von öffentlichem Interesse
an dem Gegenstand konnte nicht die Rede sein: Die Sitzung fand vor »fast
leeren Bänken« statt, während eine Reihe von Abgeordneten gruppenweise
beisammenstand und sich unterhielt, anstatt den Verhandlungen zu fol-
gen.142 Immerhin aber votierte das Haus for die Wählbarkeit von Frauen in
Schulkommissionen, und die Sprecher von Zentrum und Nationalliberalen
ließen durchblicken, daß ihre Parteien nicht prinzipiell gegen das kommuna-
le Frauenstimmrecht eingestellt seien, sondern nur den Zeitpunkt for ver-
früht hielten.143 Das Wahlrecht zum Landesparlament mochte die Mehrheit
der preußischen Volksvertreter den Frauen »aus Gründen der Staatsräson«
allerdings nicht verleihen.144 Das änderte aber nichts daran, daß sich Partei-
strategen aller Schattierungen zunehmend den Kopf darüber zerbrachen,
wie sich das brachliegende weibliche Potential nutzbringend för die eigenen
Zwecke einsetzen ließ. Nicht umsonst sah der Zentrumsabgeordnete Trim-
born eine Ursache för die verstärkte Politisierung der Frauen in dem mittler-
weile bei allen Parteien feststellbaren Bestreben, »die Frauen im Sinne der
eigenen Ideen möglichst aufzuklären, damit dann diese Ideen in das Haus
und in die Seele des Mannes dringen«. 145
Im Gegensatz zu den anderen linksliberalen Fraktionen hatte die kleine
Demokratische Vereinigung als einzige bürgerliche Partei schon 1910 die
Forderung nach dem Frauenwahlrecht in ihr Programm aufgenommen.
Ende 1912, auf dem ersten Gesamtparteitag des inzwischen zur Fortschritt-
lichen Volkspartei geeinigten Linksliberalismus, stand die Trauenfrage« im
Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Die zahlreichen Anträge, die auf
die Aufnahme der Forderung nach vollen Staatsbürgerrechten för das weib-
liche Geschlecht in das Parteiprogramm drängten, scheiterten an den Aus-
trittsdrohungen der Gegner. In Sorge um den Zusammenhalt der Partei
hatte das offizielle Organ der Fortschrittler schon im Vorfeld des Parteitages
zum Rückzug geblasen. Um die Partei nicht zu sprengen, zogen die Frauen
schließlich ihre Anträge zurück und begnügten sich mit einer wenig aussage -
fähigen Kompromißformel. Anstelle einer Programmänderung wurden die
linksliberalen Parteigänger nun lediglich unverbindlich aufgefordert, »die
Frauen im Kampf um ihre politischen Rechte bis zur vollen staatsbürgerli-
chen Gleichberechtigung zu unterstützen«. 146
Bei den Nationalliberalen hatte der Vorsitzende Bassermann höchstselbst
die Öffnung gegenüber frauenrechtlerischen Forderungen eingeläutet. We-
der eine Protesterklärung Kieler Parteigenossen147 - dahinter darf getrost
Antifeministen-Chef Ludwig Langemann vermutet werden - noch ein Prin-
zipienstreit im »Deutschen Kurier« konnten verhindern, daß ein national-

172
'liberaler Verein nach dem anderen Frauen in seine Reihen aufnahm.148 Dar-
aufhin stellte der »Deutsche Kurier« im Frühjahr 1914 seine Spalten Anhän-
gern der antifeministischen Liga zur Verfügung. Das Frauenwahlrecht, war
in dem nationalliberalen Organ zu lesen, würde den Staat »mit Millionen
politischer Dilettanten belasten«.149 Der Kölner Antifeminist de Jonge durf-
te seine mit Frauenrechten sympathisierenden Parteigenossinnen gar des
»krankhaften Mannweibtums« beschuldigen und als »pervers« denunzie-
ren 15° Das Schlußwort - es stand unter dem pathetischen Motto: »Politische
Macht oder Frauenglück?« - übertrug die Redaktion der organisierten
Emanzipationsgegnerin Helene Hummel und machte damit mehr als deut-
lich, auf welcher Seite sie stand.151
Trotz aller Gegenpropaganda fanden die maßvollen Wünsche der natio-
nalliberalen Frauen - Wahlrecht zu Kommunalversammlungen und Berufs-
vertretungen, weibliche Schöffen bei Jugendgerichten152 - das Verständnis
der Parteiführung, so daß die nationalliberalen Emanzipationsgegner mehr
als einmal die Erfahrung machen mußten, daß die Redaktionen verschiede-
ner Parteiblätter ihre Artikel unter Hinweis auf die offizielle Linie zurück-
wiesen. 153 Das Frauenstimmrecht auf teil- oder gesamtstaatlicher Ebene
stand bei den Nationalliberalen freilich nicht zur Debatte. 154
Allmählich kam auch die festeste Stütze der Antifeministen, die konserva-
tive Partei, ins Wanken. Zwar hatte der Fünfzigerausschuß der Partei noch
im November 1912 die Ablehnung nicht nur des politischen, sondern auch
des kommunalen und kirchlichen Wahlrechts beschlossen, und das offizielle
Organ der Konservativen nahm bereitwillig Artikel der Christlich-nationa-
len Gruppe zur Bekämpfung der Frauenemanzipation auf.155 Dennoch hatte
der christlich-nationale Agitator und konservative Funktionär Julius Werner
nicht verhindern können, daß sich im April 1913 eine Vereinigung Konser-
vativer Frauen zusammenschloß und das Plazet der Partei erhielt.156
Die Bildung einer rechtsgerichteten Frauenorganisation löste Unruhe im
Lager der konservativen Parteigänger aus. Vor allem die im Bund zur Be-
kämpfong der Frauenemanzipation organisierten Konservativen hielten mit
ihren Bedenken nicht hinterm Berg.157 Umstritten war weniger das Pro-
gramm, unter dem die konservativen Frauen angetreten waren, als die Zu-
sammensetzung des Vorstandes. Gehörte dem Gremium doch auch die Vor-
sitzende des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes an, die von führenden
Antifeministen und Antifeministinnen längst zur Intimfeindin erkoren wor-
den war. Paula Mueller habe, befand Bund-Gründer Friedrich Sigismund
rigoros, solange nicht das Recht, »sich konservativ zu nennen, bis sie nicht
der Frauenbewegung öffentlich abgesagt« habe.158 Auch die »Deutsche Ta-
geszeitung« stellte sich auf die Seite der Gegner und erinnerte daran, daß
Paula Mueller das Reichstagswahlrecht nie prinzipiell abgelehnt habe. Das
BdL-Blatt wertete ihre Berufung in die Leitung eines konservativen Frauen-

173
Verbandes als »eine Inkongruenz ..., die eine latente Gefahr für die Entwick-
lung dieser Organisation in wirklich konservativem Sinne bilden kann oder
gar bilden muß. 159
Die Befürchtungen der Emanzipationsgegner waren nicht aus der Luft
gegriffen. Selbst liberale Frauenrechtlerinnen erwarteten von der konserva-
tiven Frauenvereinigung keine oppositionelle Stellung zur Frauenbewe-
gung, solange Paula Mueller an der Spitze des Zusammenschlusses stand.160
Letztlich aber behielten in der konservativen Partei pragmatische und par-
teistrategische Gesichtspunkte gegenüber dem antifeministischen Unbeha-
gen die Oberhand. Angesichts des schwindenden Einflusses der Partei im
Reich brachte Freiherr von Richthofen die Überlegungen auf den Punkt:

»Man mag die Politisierung der Frauen bedauern, aber sie zu leugnen wäre Vogel-
Strauß-Politik. ... Liberale, Sozialdemokraten und besonders auch das Zentrum ha-
ben es verstanden, sich die Hilfe der Frauen zu sichern. Nur noch die konservative
Partei stand beiseite. Sollte man die vielen konservativen Frauen, die ein Betätigungs-
feld für ihre Überzeugungen suchen, zurückstoßen? Sollte man darauf verzichten,
einen Damm gegen die Radikalisierung zu errichten?«161

Die Partei erwartete von ihrer Frauenabteilung jedoch nicht nur


Schleppenträgerdienste, sondern auch die Beeinflussung der Frauenbewe-
gung in konservativem Sinn162 - Indiz dafür, daß die >Frauenfrage« am rech-
ten Rand des politischen Spektrums in den letzten Vorkriegsjahren zuneh-
mend an Bedeutung gewonnen hatte. 163 Nur deshalb konnte die
Vereinigung konservativer Frauen argumentieren, daß »viele ehrlich den-
kende konservative Frauen, die im Beruf stehen, in Gefahr (sind), sich an die
linken Parteien zu wenden, da die größte Zahl der konservativen Herren bis
jetzt för berechtigte Wünsche der Frauenwelt kein Ohr hatte«. 164
Immerhin erreichten die Bedenkenträger, daß die Frauenabteilung unter
die Kuratel der Partei gestellt wurden. Eine Resolution des engeren Partei-
vorstandes zog dem Aktionsradius der konservativen Frauen enge Grenzen.
Sie mußten sich verpflichten, sich jeder »eigentliche(n) politische(n) Betäti-
gung« und insbesondere aller »frauenrechtlerischen Bestrebungen« zu ent-
halten. Desgleichen hatten sie das Frauenwahlrecht dezidiert abzulehnen
und sich in allen Entscheidungen dem Votum der Parteileitung zu beu
gen.165 Die so gesteckten Wirkungsgrenzen durften, betonte ein Vertreter
der Parteiführung, bei Strafe des Parteiausschlusses »auch nicht um eine
Haaresbreite« überschritten werden. 166
Den Antifeministinnen und Antifeministen reichte das jedoch nicht aus.
Sie wiesen darauf hin, daß im Programm der konservativen Frauen aus-
drücklich nur von der Ablehnung des politischen, also des Reichstagswahl-
rechts, nicht aber vom kommunalen und kirchlichen Frauenwahlrecht die
Rede war.167 Tatsächlich waren Paula Mueller und ihre Mitstreiterinnen

174
selbstbewußt davon ausgegangen, nach ihrem Zusammenschluß werde es
nunmehr »nicht zu vermeiden sein,... daß auch das kirchliche und kommu-
nale Wahlrecht mit konservativen Politikern gründlich besprochen wird«.168
Wenn sie dabei auf Entgegenkommen gehofft hatten, sahen sie sich gründ-
lich getäuscht. Zur Genugtuung der organisierten Emanzipationsgegner
und -gegnerinnen bestätigte die Partei ihren Frauenwahlrechtsbeschluß
vom November 1912 erneut und schob damit jeglichen Mitbestimmungs-
wünschen für die kommenden Jahre einen Riegel vor.169
Die Reichstagsverhandlungen vom Januar 1914 machten deutlich, daß
das Frauenstimmrecht dennoch, um es in der Sprache seiner organisierten
Gegner auszudrücken, unaufhaltsam »auf dem Marsche« war. Zum ersten
Mal ging die Reichstagsmehrheit über eine Stimmrechtspetition aus Frauen-
kreisen nicht mehr achtlos zur Tagesordnung über, sondern überwies sie
dem Reichskanzler zur Kenntnisnahme. Gegen die Stimmen der Nationalli-
beralen, Konservativen und Antisemiten folgte sie damit einem Vorschlag
der Petitionskommission, die mit diesem symbolischen - faktisch aber wir-
kungslosen - Entgegenkommen nicht zuletzt einer weiteren Radikalisie-
rung der Wahlrechtskämpfe nach englischem Muster vorbeugen wollte. Vor
allem aber, begründete der Zentrums-Mann Schwarz das Votum der Kom-
mission, habe die Bewegung für das Frauenstimmrecht so »angesehene Ver-
treter in allen Parteien gefunden, daß man den Bestrebungen die formelle
Kenntnisnahme nicht versagen darf«.170
Freilich hatte die zur Diskussion stehende Petition nicht die Einführung
des allgemeinen und gleichen Wahlrechts zum Ziel, sondern bezweckte nur
die Ausdehnung der bestehenden Ordnung auf das weibliche Geschlecht.171
Die Klassenverhältnisse blieben dadurch unberührt, und das mochte so
manchem Abgeordneten die Annäherung erleichtert haben. Auch war der
Antrag auf Überweisung zur Kenntnisnahme alles andere als revolutionär.
Er bedeutete, wie der sozialdemokratische Wortführer spöttisch anmerkte,
»ungefähr denselben Fortschritt, den man zu verzeichnen hat, wenn man
ein Schriftstück nicht in den großen Papierkorb, sondern nur noch in einen
kleineren Papierkorb hineinwirft«.172
Trotzdem war es auffällig, daß sich in der Debatte ausnahmslos alle Partei-
en darum bemühten, ihre grundsätzlich positive Haltung zur Frauenbewe-
gung zu dokumentieren. Das wäre wenige Jahre zuvor noch undenkbar und
vor allem unnötig gewesen. 1913 fanden die - auch das Frauenwahlrecht
berührenden - Verhandlungen über einen Gesetzesentwurf der SPD zur
Reform der Volksvertretungen in den Bundesländern vor gähnend leeren
Reichstagsrängen statt, und auch die Regierungsvertreter blieben der Bera-
tung fern.173 Im Jahr zuvor hatte sich der SPD-Reichstagsabgeordnete Fran-
ke für seine Behauptung, auch Frauen würden eines Tages »hier im Hause
Sitz und Stimme bekommen«, noch wiederholt auslachen lassen müssen.174

175
1914 dagegen war der Vertreter der freikonservativen Reichspartei der ein-
zige, der noch im Sinne des antifeministischen Bundes vor einer »Umwäl-
zung unserer Verhältnisse« durch das Frauenstimmrecht warnte. 175 Selbst
die Deutschkonservativen enthielten sich nun der früher üblichen Herren-
witze und bekundeten nicht mehr, wie noch in ihrem 1911 veröffentlichten
Handbuch, daß die einzige Wahl, die eine Frau zu treffen habe, die Wahl
ihres Ehegatten sei.176 Hatte die deutschkonservative Fraktion noch im
März 1912 dogmatisch zu Protokoll gegeben: »Der politische Kampf paßt
nicht für Frauen«, 177 verwies sie jetzt stolz auf ihre parteieigene Frau-
enorganisation und gab sich alle Mühe zu beweisen, »daß wir in der Frauen-
frage an sich durchaus nicht die reaktionären Rückschrittler sind, zu denen
Sie uns gerne machen möchten«. 178
Angesichts der »selbstsüchtigen Treibereien der Parteien« blieb dem
Deutschen Bund zur Bekämpfong der Frauenemanzipation nichts anderes
übrig, als auf den »unerschütterlichen Widerstand« der politischen Exekuti-
ve zu setzen.179 Doch auch diese Hoffnung sollte sich unter den Bedingun-
gen des kommenden Weltkrieges als trügerisch erweisen.

176
5. Geschlechterpolitik im Ersten Weltkrieg

Der August 1914 brachte för die publizistischen Aktivitäten des antifemi-
nistischen Bundes eine tiefe Zäsur. Die Zeitungsöffentlichkeit kannte nur
noch ein Thema: Krieg. Die Auseinandersetzung um den Ort der Frauen in
der Gesellschaft, eines der zentralen Themen der Vorkriegsjahre, war über
Nacht zum Nebenschauplatz degradiert. Die Parole des Tages hieß »Burg-
frieden« und galt auch für den Kampf der Geschlechter. Zwar erwies sich die
Absicht, innenpolitische Konflikte stillzustellen, bald als bloße »ideologische
Attrappe«, hinter der Macht- und Verteilungskämpfe um so heftiger tob-
ten. 1 Immerhin gestand der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation
angesichts des aufflammenden Nationalismus im BDF seinen Gegnerinnen
zu, das »Herz noch am rechten Fleck« zu tragen und verzichtete in den
ersten Kriegsmonaten auf die übliche Polemik.2
Antifeministen und Antifeministinnen hatten schon lange vor 1914 den
Krieg in bester sozialdarwinistischer Manier als »Kulturfaktor, als Schöpfer
und Erhalter der Staaten« herbeigesehnt. 3 Der Krieg »mit seiner gewaltigen
Auslösung männlicher Energie« werde, so erwarteten sie, dazu beitragen,
»die Grenzen neu aufzurichten und zu sichern, die hinsichtlich der Rechte,
Pflichten und Aufgaben der beiden Geschlechter im öffentlichen wie im
privaten Leben gezogen werden müssen.«4 Dieses Wunschdenken schien
sich zunächst zu bestätigen. Der Krieg habe der »deutschen Frauenwelt«
gezeigt, »wie sehr sie der Männer bedarf«, frohlockte der deutschvölkische
Schriftsteller und Antifeminist Fritz Bley im BdL-Frauenblatt »Die Guts-
frau«, und der antifeministische Journalist Oskar A.H. Schmitz führte im
Überschwang neuer Herrenmoral den Frauen in der »Wehr« seines Gesin-
nungsfreundes General Keim so recht die Schutzlosigkeit ihres Geschlechts
vor Augen:
»Da die Frau von Natur die körperlich Schwächere ist, kann sie niemals mehr Freiheit
gewinnen, als ihr die Männer mit den stärkeren Armen zugestehen wollen. Ihre
Hoffnung kann nur darin bestehen, die Männer durch Berufung auf ihre Ritterlich-
keit zeitweise ihre wirkliche Uebermacht vergessen zu lassen. Das ist den Frauen zu
ihrem inneren Schaden tatsächlich mancherorts, besonders in England und Amerika
mehr als wünschenwert gelungen. Aber auch in jenen Ländern braucht es den Män-
nern nur eines Tages zu viel zu werden, und es wird sich zeigen, daß >erkämpfte<
Frauenrechte immer in der Luft schweben. Es ist gewiß erfreulich, daß auch bei uns
in den Großstädten wenigstens tagsüber eine schwache Frau fast überall unangefoch-

177
ten zwischen stärkeren Männern, die sie vielleicht begehrenswert finden, ihres Weges
gehen kann; aber die Frau sollte doch eines nicht vergessen, und dieses Bewußtsein
durch zurückhaltendes Wesen zeigen: daß dies nur deshalb möglich ist, weil die
Männer unter sich übereingekommen sind, sie zu schützen, und, falls einer dieses
Uebereinkommen brechen sollte, solche Unritterlichkeit zu bestrafen.«'
Auch Bley erinnerte, Sexualität, Macht und politischen Herrschaftsanspruch
verquickend, daran, »wie alle Frauenehre da vor wüste Gier hingeworfen
wird, wo nicht der Mann als Held in Waffen und politischer Leiter Schutz zu
bieten vermag«.6 Die »Herrschgier der Frauen« habe noch immer ihren
Dämpfer gefunden, war sich der antisemitisch-antifeministische »Hammer«
sicher und zog seine eigene Lehre aus der Geschichte: »Jede kriegerische
oder revolutionäre Umwälzung setzte den Mann wieder in seine natürlichen
Rechte« ein.7
Was der Krieg für den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation
konkret bedeutete, nahm sich angesichts solch weitgespannter Hoffnungen
freilich recht trübe aus. Wie die meisten Vereine litt er unter Rcssourcenver-
knappung und der Kriegsverpflichtung seiner männlichen Mitglieder. Dar-
über hinaus brachte ihn die patriotische Haltung des BDF in erhebliche
argumentative Schwierigkeiten.
Die diskursive Strategie der Antifeministen, Frauenrechtlerinnen in An-
lehnung an die »vaterlandslosen Gesellen« der Sozialdemokratie zur pazi-
fistisch-polyglotten »nationalen Gefahr« zu stilisieren, verlor an Glaub-
würdigkeit angesichts einer bürgerlichen Frauenbewegung, die in ihrer
Mehrheit an bellizistischer Rhetorik den Männern kaum nachstand und im
Nationalen Frauendienst ihren Beitrag zur Militarisierung der Gesellschaft
leistete.8 Ebenso wie viele Sozialdemokraten und jüdische Kriegsteilnehmer
erhoffte sich ein Großteil der bürgerlichen Frauenbewegung von der Be-
währung im Krieg eine Chance auf gleichberechtigte Integration in Staat
und Gesellschaft. Unter Führung des BDF entstand in enger Zusammenar-
beit mit den städtischen Verwaltungen ein breitgefachertes Hilfsangebot, an
dem sich caritative ebenso wie sozialdemokratische Frauenvereine beteilig-
ten. Die Mitarbeiterinnen des »Nationalen Frauendienstes« füngierten als
staatliche Fürsorgerinnen; aus der Frauenbewegung wurde eine quasi-be-
hördliche Institution, die der Kommunalverwaltung zugeordnet war.9
Die Übernahme öffentlicher Aufgaben durch den Nationalen Frauen-
dienst kam einer staatlichen Legitimation der (bürgerlichen) Frauenbewe-
gung und der öffentlichen Anerkennung ihrer Leistungen gleich. Da nützte
es wenig, daß der antifeministische Bund wo immer möglich - und nicht zu
Unrecht - darauf hinwies, daß patriotische Begeisterung und vaterländische
Pflichterfüllung häufig mit der stillen Hoffnung auf die Prämierung durch
Gemeinde- und Staatsbürgerrechte einhergingen. 1 " Die Regierungen waren
auf die Mitarbeit der Frauen an der »Heimatfront« dringend angewiesen

178
und dachten nicht daran, das weibliche Geschlecht, als dessen Vertretung
sich der BDF gerierte, vor den Kopf zu stoßen."
Durch den Nationalen Frauendienst wurde die bürgerliche Frauenbewe-
gung auch für Frauen akzeptabel, die ihr vor dem Krieg noch mit Skepsis
gegenübergestanden hatten. Mitte 1914 zählte der BDF 250.000 Mitglie-
der; fünf Jahre später waren ihm knapp 890.000 Frauen angeschlossen.12
Ludwig Schemann, prominenter Anhänger der antifeministischen Liga, be-
klagte sich 1915 bitter darüber, daß die Frauenrechtlerinnen nun Zulauf aus
Kreisen erhielten, die er als ureigenes Operationsfeld seines Verbandes be-
trachtet hatte. 13
In der Tat hatte der Auftritt organisierter Emanzipationsgegner und
-gegnerinnen schon vor dem August 1914 die >Gemäßigten< im BDF vor-
sichtiger werden lassen und den Rechtstrend in der Dachorganisation der
bürgerlichen Frauenbewegung verstärkt. Zeitungen konstatierten befrie-
digt, daß infolge der antifeministischen Polemik »rückhaltsloser als zuvor
auch Frauenrechtlerinnen die schematische Gleichstellung von Mann und
Frau ablehnen«. 14 Der aufflammende Nationalismus und die praktische
Wohlfahrtsarbeit im Nationalen Frauendienst mochte den BDF for Frauen
aus »rechtsstehenden Kreisen« zusätzlich attraktiv gemacht haben. Dem
Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation jedenfalls wurde in der
Auseinandersetzung mit den bürgerlichen Frauenrechtlerinnen personell
wie ideologisch das Wasser abgegraben - kein Wunder, daß er auf den Natio-
nalen Frauendienst nicht gut zu sprechen war.

5.1. Ablenkungsmanöver: Vom diskursiven U m g a n g


mit der Frauenerwerbsarbeit

Zudem mußten die Emanzipationsgegner fürchten, daß ihre im Verein mit


verbündeten männlichen Berufsverbänden stimmgewaltig vorgetragene
Behauptung, Frauen eigneten sich weder physisch noch psychisch für die
Besetzung von >Männerarbeitsplätzen«, angesichts von zunächst fünf, später
elf Millionen einberufenen Soldaten durch die Realität der Kriegswirtschaft
widerlegt werden könnte. 15 Zwar konnte sich die Oberste Heeresleitung mit
ihrem Plan, den allgemeinen Arbeitszwang auch för Frauen einzuführen,
gegenüber einer Zivilregierung nicht durchsetzten, die dem System dualer
Geschlechtersphären verpflichtet blieb. Statt dessen wurde eine eigene Ab-
teilung im Kriegsamt eingerichtet, um den systematischen Einsatz von Frau-
en in der Kriegswirtschaft vorantreiben. 16 Freilich stieg die Frauenerwerbs-
quote, wie Ute Daniel nachgewiesen hat, insgesamt nur geringfügig an.
Dahinter standen allerdings beträchtliche strukturelle Verschiebungen:

179
Dienstmädchen, Landarbeiterinnen und Verkäuferinnen wanderten in die
Fabriken ab, Arbeiterinnen aus Branchen, die der Krieg zum Erliegen ge-
bracht hatte, wechselten in die Rüstungsindustrie, Frauen mit Büro- und
kaufmännischen Kenntnissen meldeten sich för den Schreibstubendienst in
der Etappe. 17 Der Krieg eröffnete Frauen eine Fülle neuer Berufsperspek-
tiven in ehemaligen >Männerberufen«, und die Zeitgenossen registrierten
das mit Sorge.
Seit dem Frühjahr 1915 waren die Tageszeitungen voll von Berichten
über immer neue Einsatzmöglichkeiten för weibliche Arbeitskräfte. Ob
Schaffnerin, Kellnerin, Laborgehilfin oder Briefträgerin - jede bisher für
Frauen unübliche Tätigkeit war einen Artikel wert. Das (Medien-)Interesse
ging dabei weit über die quantitative Bedeutung hinaus und erstreckte sich
hauptsächlich auf Berufssparten, die für die weiblichen Angehörigen einer
bürgerlichen Klientel in Frage kamen. Über die - daran gemessen zahlenmä-
ßig viel größeren - Umschichtungen in den Industriebetrieben war in den
bürgerlichen Blättern ungleich weniger zu erfahren. Doch auch der »Vor-
wärts« interessierte sich nur wenig för die Einzelheiten der industriellen
Umstrukturierungsprozesse. Er stellte das Interesse seiner männlichen Le-
serschaft in den Vordergrund und meldete meist nur pauschal die Zunahme
weiblicher Beschäftigter in den Fabriken. Allenfalls konnte man in den sozi-
aldemokratischen Zeitungen über die Ausbeutung der Fabrikarbeiterinnen
nach dem Wegfall der Arbeitsschutzbestimmungen für Frauen lesen. Jedoch
war selbst bei diesem frauenzentrierten Thema die männliche Perspektive
mitgedacht: Die uneingeschränkte Verwertbarkeit der weiblichen Arbeits-
kraft erhöhte potentiell den Konkurrenzdruck auf die männliche Industrie-
arbeiterschaft.18
Allein die Rüstungsarbeiterinnen waren spektakulär genug, um in der
gesamten Presse Furore zu machen. Bilder lachender Munitionsdreherinnen
wurden zum Symbol för die Unterstützung der Soldaten durch die Heimat-
front - sicher auch deswegen, weil diese Bilder die klassische Rollenvertei-
lung nicht auf den Kopf stellten. Die Frauen auf den Fotos versprachen den
Soldaren Rückendeckung, ihr Lächeln entschärfte den Umgang mit männ-
lichem Kriegsgerät. Sie arbeiteten den Männern in einer eng umgrenzten
Ausnahmesituation zu und überließen ihnen den Part des Hauptdarstellers.
Ihre Tätigkeit war auf den Krieg beschränkt; in Friedenszeiten, so schien es,
brauchte sich vor der Konkurrenz dieser Aushilfskräfte kein Mann zu fürch-
ten.
Von Anfang an stellten die Medien einen Bezug zwischen den Verände-
rungen der Frauenarbeit und den Diskussionen um die Frauenemanzipation
her. Männer wie Helmut von Gerlach, die aus dem Kriegseinsatz der Frauen
die Verpflichtung zu staatsbürgerlicher Gleichberechtigung ableiteten, 19
waren dabei eine verschwindende Minderheit. Trotz wohlwollender Äuße-

180
rungen über die Leistungen der Frauen auch von konservativ-nationaler
Seite20 wurde die Debatte schon seit dem Sommer 1915 unter dem Aspekt
der Gefährdung von Männerarbeitsplätzen geführt.21 Gewerkschaftsfunk-
tionäre und SPD-Politiker klagten im Chor mit christlich-konservativen
Tageszeitungen, männlichen Berufsverbänden und der nationalen Presse
über die weibliche »Lohndrückerei«, von der man eine bleibende Senkung
des Lohnniveaus auch för die Zeit nach der Rückkehr der Kriegsheimkehrer
befürchtete. SPD und Gewerkschaften versuchten mit der Formel »gleicher
Lohn für gleiche Leistung« eine Strategie gegen die weibliche »Schmutz-
konkurrenz« zu formulieren. Die Forderung entsprang keineswegs einem
abstrakten Gleichheitsideal, sondern ging davon aus, daß Unternehmer bei
gleichen Lohnkosten bevorzugt Männer beschäftigen würden. 22
Gleichzeitig konnte man in den Zeitungen fiktive Geschichten lesen, die
davon handelten, daß Frauen nur zu gern wieder an den häuslichen Herd
zurückkehren würden, wenn die LJmstände es nur erlaubten. Diese Erzäh-
lungen hatten die Funktion, den Kriegsteilnehmern die Angst vor einem
Arbeitsplatz- und Machtverlust durch ihre Abwesenheit zu nehmen und sie
zu versichern, daß sie bei ihrer Rückkehr wieder bruchlos an die alten
(Geschlechter-Verhältnisse würden anknüpfen können. Anstatt etwa die
schwierigen Bedingungen zu thematisieren, unter denen Frauen leben und
arbeiten mußten, enthielten viele dieser Geschichten eine deutliche Spitze
, gegen die Frauenbewegung und ihre Anhängerinnen.
»>Dieser Krieg bedeutet den Sieg unserer Frauenbewegung«, sagte das Fräulein Dok-
[ tor, als es mit dem alten Herrn Professor die Hochschule verließ und eine Elektrische
bestieg. In ihre etwas herben Züge grub sich ein sieghaftes Lächeln und die strenge
blinkenden Kneifergläser blitzten stolz, als sie den Ausspruch tat, den die mit innerer
Genugtuung festgestellte Tatsache des Vorhandenseins eines weiblichen Schaffners
auf der Straßenbahn veranlaßte. ... Indessen wendete sich die Schaffnerin zu den
Sprechenden. Sachlich fragte sie nach dem Ziel der Fahrt. Sachlich stellte sie die
Fahrscheine aus, nahm das Fahrgeld und dankte mit leiser Stimme dem Herrn Pro-
fessor für das kleine Trinkgeld. Die Beamtin wollte sich zu den nächsten Fahrgästen
wenden, da räusperte sich der Herr Professor und sagte: >Ich sehe, Sie sind verheira-
tet?« Die Schaffnerin wendete ihr Gesicht überrascht dem älteren Herrn zu, dann
senkte sie vor seinen freundlichen Blicken fast verlegen die Augenlider und nickte.
>Mein Mann ist im Felde«, sagte sie. >Gcfällt Ihnen der Beruf)«, fragte der alte Herr
weiter. Sie lächelte und wußte offenbar nicht, was sie antworten sollte. >Ich meine«,
führ das Fräulein Doktor dazwischen, >es ist ein stolzes Bewußtsein für eine Frau,
einen Beruf ausfüllen zu können, den bisher nur die Männer für sich reserviert hat-
ten.« >Ich wollte«, sagte die Beamtin, und ihre Worte klangen seltsam verschleiert,
>mein Mann wäre wieder da und ich könnte mich wieder um meine Kinder küm-
mern.« Der alte Herr Professor nickte ernst. Das Fräulein Doktor aber biß sich auf die
Lippen und schwieg.«23

181
Erzählungen wie die genannte konstruierten ein System polarer Gegensätze:
In den Figuren der Ehefrau und Mutter auf der einen, der Frauenrechtlerin
auf der anderen Seite traf Bescheidenheit auf Anmaßung, Demut auf Stolz,
Pflichterfüllung auf selbstsüchtige Überspanntheit, praktische Lebensnähe
auf Realitätsblindheit. Für die Leser und Leserinnen war die zugrundelie-
gende Konnotation klar: Weiblichkeit stand Unweiblichkeit, die »echte« der
»Surrogatfrau« gegenüber.24 Erwünschtes Verhalten wurde durch die Soli-
darität der (Männer-)Gesellschaft in Gestalt des alten Professor belohnt und
bestätigt; die Figur der Frauenrechtlerin hatte auf keinerlei Sympathien zu
rechnen und verließ die Szene als moralische Verliererin.
Doch die Geschichte hatte - was die Länge des Zitats rechtfertigen mag -
noch einen zweiten Sinn. »Echte« Frauen, so legte sie nahe, verloren nicht
allein dadurch ihre Weiblichkeit, daß sie im Krieg vorübergehend Männerar-
beit leisteten. Tätigkeiten, deren Ausübung vor 1914 noch als Gefährdung
des weiblichen Geschlechts gegolten hatten, jetzt aber volkswirtschaftlich
notwendig waren, wurden somit legitimiert, wenn es nur im rechten Geiste
geschah. Erst wenn frauenrechtlerische Gesinnung dazukam, war die Frau
för ihr Geschlecht verloren.
Blieben Männer nach ihrer Rückkehr von der Front arbeitslos, war, so ein
dritter Subtext der Erzählung, nicht der Staat schuld, der ihre Existenz mit
dem Gestellungsbefehl aufs Spiel gesetzt hatte; auch nicht die Wirtschaft
und die behördlichen Arbeitgeber, die in ihrer Abwesenheit Frauen beschäf-
tigten. Verantwortlich zu machen waren allein die Un-Frauen, die sich nicht
freiwillig zurück auf ihren angestammten Platz begaben und eine Frauenbe-
wegung, die den Krieg zum Macht- und Konkurrenzkampf mit den Män-
nern nutzte.
Tatsächlich blieb die suggestive Kraft solcher nur scheinbar harmlosen
Geschichten nicht ohne Wirkung. Verletzte Soldaten in ihrer Furcht vor
Kriegsinvalidität schienen för ihre unterschwellige Polemik besonders emp-
fänglich zu sein. Während die »Freisinnige Zeitung« in liberaler Manier
1915 noch darauf vertraute, daß sich nach Kriegsende das Geschlechterver-
hältnis von allein regulieren und die traditionale Arbeitsteilung wieder her-
gestellt würde, 25 veröffentlichten die konservative »Kreuzzeitung« und die
rechtsnationalen »Hamburger Nachrichten« die Zuschriften verwundeter
Soldaten, die sich durch weibliche Konkurrentinnen »in ihrer Existenz be-
droht« fühlten. Die Schuld lasteten sie nicht den staatlichen Verursachern
ihrer Malaise, sondern der Frauenbewegung an:
»Während wir vor dem Feinde die unmenschlichen Strapazen geduldig ertragen,
Hunger, Durst, Kälte, Regen und Gefahren mißachten, weil wir siegen wollen, sitzen
daheim sicher und geborgen deutsche Frauen und sinnen darüber nach, wie sie diese
günstige Gelegenheit, wo die Männer im Felde stehen, dazu benützen können, um
die Frauen in die bisher noch verschlossenen Männerberufe hineinzuführen.«26

182
Auch in den Frontzeitungen war die Emanzipation des weiblichen Ge-
schlechts ein vieldiskutiertes Thema. Die formulierten Bedenken deuten
daraufhin, daß die Beschäftigung von Frauen in >Männerberufen< und ihre
! neue Rolle als Familienoberhaupt unter den eingezogenen Soldaten die
j Befürchtung hervorrief, durch ihre Abwesenheit während des Krieges ihre
' traditionelle Stellung in der Familie zu verlieren. Die »Kriegszeitung der 4.
Armee« sah sich daher bemüßigt, ihren soldatischen Lesern zu versichern,
daß die Männer nach der Demobilmachung wieder in ihre alten Berufe zu-
rückkehren und ihren angestammten Platz als Familienernährer einnehmen
; würden. Sie dürften daher, so die Aufforderung an die Soldaten, nicht den
Mut verlieren, wenn sie über ihre zukünftige Position im Familiengeföge
nachdächten. 27
In Abwehr solcher Verdrängungsängste erlebten die misogynen Argu-
mente der klassischen Psycho-Physiologie in nur leicht abgewandelter Form
eine Renaissance. Wieder einmal wurde das Gehirngewicht in die Waagscha-
le geworfen. Frauen, so suggerierten die auch von organisierten Antifemini-
sten verfaßten Pressemeldungen, waren Männern grundsätzlich unterlegen
und auch dann nicht in der Lage, männlichen Normen zu genügen, wenn sie
ihre Plätze einnahmen. 28 Mangelnde physische Kraft und gedankliche Un-
selbständigkeit, hieß es im Verbandsblatt der Arbeitgeberorganisationen si-
cher auch mit Blick auf die Rechtfertigung der geringeren Frauenlöhne,
machten Frauen zu mehr als mechanischer Tätigkeit untauglich.29 Bei allem
guten Willen fehle Frauen eben doch »die militärische Straffheit, das unbe-
irrte, eiserne Pflichtbewußtsein des Mannes.«30 Nachdem Frauen traditio-
nell männliche Funktionen übernommen hatten, war es kein Zufall, daß sich
die Verteidiger der männlichen Dominanz auf den letzten Rest stützten, der
von der Geschlechterdifferenz verblieben war: die imaginierten Implikatio-
nen der Physiologie und die Verpflichtung der Männer zum Dienst mit der
Waffe.
Nach Möglichkeit wurde Frauenarbeit zudem unsichtbar gemacht. Die
publizistische Würdigung der weiblichen Leistungen im Krieg erwähnte
Berufsarbeit oftmals nur am Rande und stellte das Bemühen um sparsame
Haushaltsführung, Kindererziehung, Wohlfahrtspflege und ideologische
Unterstützung der Soldaten in den Mittelpunkt. 31 In die gleiche Richtung
gingen jene zahllosen Beiträge, die den Weltkrieg als Retter der deutschen
Hausfrau und Mutter priesen.32 Die preußisch-konservative »Kreuz-Zei-
tung« bestand darauf, sinkenden Geburtenraten zum Trotz den »Wehr-
beitrag der deutschen Frau« in ihrer Geburtenleistung zu sehen.33
Die zahlreichen diskursiven Ablenkungsmanöver machen deutlich, wel-
che Probleme die wilhelminische Gesellschaft mit der geschlechterpoliti-
schen Dimension des Weltkrieges hatte. Nicht nur die Gegner und Gegne-
rinnen der Frauenbewegung in- wie außerhalb des Bundes zur Bekämpfung

183
der Frauenemanzipation, sondern auch Soldaten an der Front befürchteten,
daß die Trennung von Männern und Frauen, die Einbindung der weiblichen
Arbeitskraft in die Kriegswirtschaft und die selbständige Llbernahme von
Verantwortung das Verhältnis der Geschlechter zueinander verändern und
die Trauenfrage« nach dem Krieg ein »schwer zu lösendes Problem« abge-
ben könnte. 34

5.2. »... nur Platzhalterin für den M a n n « :


Demobilisierungspläne

Seit Anfang 1916, also noch vor dem Versuch, weibliche Arbeitskräfte ge-
zielt durch das Frauenreferat im Kriegsamt zu mobilisieren, prognostizier-
ten nicht nur Emanzipationsgegner, sondern auch sozialdemokratische und
eher liberal eingestellte Zeitungen einen »Geschlechterkrieg von grausamer
Art« zwischen heimkehrenden Männern und erwerbstätigen Frauen. 35 Ge-
werkschaften äußerten »sozialpolitische Bedenken«, Verbandsfönktionäre
unterschiedlichster Provenienz warnten die Frauen keineswegs uneigennüt-
zig davor, in der jeweiligen Branche nach der Rückkehr der Männer noch auf
Beschäftigung zu hoffen.36 Die Arbeitsgemeinschaft der kaufmännischen
Verbände und der DHV hatten bereits im Oktober 1915 an Handelskam-
mern, Militärbehörden und Länderregierungen appelliert, den Kriegsrück-
kehrern einen Anspruch auf ihren alten Arbeitsplatz zuzusichern. 37 Der
preußische Handelsminister von Sydow ließ sich vor den Karren der
deutschnationalen Handlungsgehilfen spannen und wies die Regierungsprä-
sidenten an zu prüfen, ob den privaten Handelsschulen, gegen die der DHV
als »Schnellbleichen« för das weibliche Geschlecht zu Felde zog, nicht Aus-
bildungsbeschränkungen auferlegt werden könnten. Öffentliche Schulen
wurden aufgefordert, alles zu vermeiden, »was dazu dienen kann, den Zu-
strom der weiblichen Jugend zum kaufmännischen Beruf zu verstärken.«38
Den männlichen Berufsverbänden entgegenzukommen, fiel dem preußi-
schen Spitzenbeamten um so leichter, als er nicht zuletzt aus Gründen der
Staatsräson die »natürlichste weibliche Aufgabe im Hause« erblickte und in
seinen Vorträgen an der Vorstellung festhielt, daß ledige Frauen im Haushalt
mit Mutter und Geschwistern am besten aufgehoben seien.39 Auch das bay-
rische Innenministerium wies Verwaltungsbehörden und Arbeitsämter an,
öffentlich vor der Ausbildung zur Handelsgehilfin zu warnen. 40 Eine vom
DHV in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Soziale Reform ange-
strengte Eingabe an den Reichskanzler und den Bundesrat hatte schließlich
die behördliche Überwachung der privaten Handelsschulen zur Folge. 41
In Hannover schritten die Kaufmannsvereine und Handlungsgehilfen zur

184
Selbsthilfe. Sie gründeten einen Stellennachweis mit dem ausdrücklichen
Ziel, ein männliches Monopol auf die Vermittlung offener Arbeitsstellen zu
errichten. Der Vertrag war frühestens sechs Monate nach Kriegsende künd-
bar und verpflichtete die angeschlossenen Verbände, weibliche Konkurren-
tinnen von der Stellenbesetzung auszunehmen, ja, sie nicht einmal über
vakante Stellen zu unterrichten. 42 Vielfach schlössen auch Unternehmen
und Gewerkschaften Vereinbarungen ab, die den heimkehrenden Soldaten
ein Vorrecht auf ihren Arbeitsplatz gegenüber den inzwischen eingestellten
Fabrikarbeiterinnen garantierten. 43 Die Deutsch-Konservative Partei schlug
schon 1915 die Verpflichtung der Arbeitgeber auf Entlassung der weiblichen
Arbeitskräfte nach Kriegsende vor,44 und auch die Zeitungen forderten be-
reits im zweiten Kriegsjahr die rechtzeitige »Demobilisierung des Frauen-
heeres«.45
Die Rede vom »Frauenheer« verweist auf mehrere Bedeutungsebenen:
Den Zeitgenossen war durchaus bewußt, daß die weiblichen Kriegsleistun-
gen von ebenso großer Wichtigkeit waren wie der Frontdienst der Männer.
Nicht umsonst wurde erstmals im Ersten Weltkrieg der Front die »Heimat-
front« auch sprachlich zur Seite gestellt. Gleichzeitig aber schienen die Frau-
en ein eigenes Heer zu bilden, das - analog zur Vorkriegsmetapher vom
»Krieg der Geschlechter« - den männlichen Soldaten feindlich gegenüber-
stand. Die sprachliche Parallehsierung von Frauen und Männern im Begriff
des »Frauenheeres« war daher begleitet von Versuchen, die Differenz der
Geschlechter zu betonen und die traditionelle Hierarchie im Sinne männli-
cher Überlegenheit zu bestätigen. In der veröffentlichten Meinung setzte
sich die Sprachregelung vom durch die Not geborenen »Ausnahmezustand«
durch, der in der »Friedenszeit nicht weiter bestehen« könne und dürfe.46
»Daß viele Frauen jetzt 1-2 Jahre gut oder leidlich Männerarbeit leisten,
beweist übrigens noch nicht, daß sie dazu auch auf die Dauer fähig sein
werden«, bekundete der stellvertretende Antifeministen-Chef und Kabi-
nettsrat der Kaiserin von Behr-Pinnow in einem Artikel, der in allen großen
konservativen Blättern Norddeutschlands nachgedruckt wurde, und verwies
auf die »Schädigungen des Frauenkörpers« und die Nachteile for die »Kin-
deraufzucht«.47 Unter allen Umständen galt es den Eindruck einer Gleich-
wertigkeit von Frauen- und Männerarbeit zu vermeiden, hätte dieses Einge-
ständnis doch ein plausibles Argument für die rechtliche und soziale
Gleichstellung der Geschlechter geliefert.
Offenbar sahen aber auch viele Frauen - w e n n sie bei der Einstellung nicht
ohnehin die Zustimmung zur Entlassung nach Kriegsende abgeben mußten
- d i e kriegsbedingte Berufstätigkeit als nur vorübergehend an.48 Bei überaus
schlechten Arbeitsbedingungen und im Vergleich zu Männern deutlich ge-
ringerer Entlohnung erfuhren Arbeiterinnen, die unter zunehmend er-
schwerten Bedingungen noch eine Familie zu versorgen hatten, ihre Tätig-

185
keit weit eher als Belastung denn als Emanzipationschance. 49 Vielfach teilten
sie auch jenes geschlechtersegmentierende Rechtsempfinden, das den Män-
nern als »Ernährern« einen prinzipiellen Anspruch auf einen Arbeitsplatz
zugestand, gegenüber dem Frauen zurückzustehen hatten. 50 »Machen wir
uns ... schon heute mit dem Gedanken vertraut, daß wir Frauen wieder
höflich und entschieden aus allen Berufen hinausgedrängt (werden), die wir
in der Not der Zeit so vollkommen ausgefüllt haben. Ein Unglück wird
dieser frei- oder unfreiwillige Verzicht nicht sein«, ließ sich im März 1916
eine Referentin vor der Berliner Psychologischen Gesellschaft vernehmen. 51
Auch der BDF deutete bei seiner »Kriegstagung« im Juni desselben Jahres
Rückzugsbereitschaft an.52 Elisabeth Altmann-Gottheiner, Vorstandsmit-
glied und Herausgeberin der BDF-Jahrbücher, hatte schon im Januar er-
klärt:

»Jede deutsche Frau, die bewußt über diese Dinge nachdenkt, ist sich klar, daß sie
während des Krieges nur Platzhalterin für den Mann ist, der ihren Posten früher inne
hatte, und daß sie zurücktreten muß, sobald er heimkehrt und Anspruch auf diesen
Platz erhebt.«53

Ob die organisierten Vertreterinnen der Frauenbewegung nun zustimmten


oder nicht: Daß Frauen bei Kriegsende die >Männerarbeitsplätze< freizuma-
chen hatten, war längst beschlossene Sache. Das Reichsamt des Inneren hat-
te sich mit dem Generalstab, dem Reichsmarineamt, zahlreichen Ministerien
unterschiedlicher Länder, dem Deutscher Städtetag, den Arbeitsnachweis-
und Arbeitgeberverbänden sowie den Gewerkschaften bereits im April 1915
auf diese Position verständigt. Die Verhandlungen des Reichstagsausschus-
ses for Handel und Gewerbe 1916/17 bekräftigten diese Haltung. Vor-
gesehen war, sofort nach Kriegsende die im Krieg ausgesetzten Arbeits-
schutzbestimmungen für Frauen wieder einzuführen. Damit war vielen
Fabrikarbeiterinnen die Fortsetzung ihrer Tätigkeit unmöglich gemacht.
Zusätzlich erwogen die Demobilisierungspläne, mit Zwang gegen Frauen
einzuschreiten, die ihren Arbeitsplatz nicht freigaben.54 Den Wünschen der
Angestelltenverbände, die Handelsunternehmen nach Kriegsende auf eine
generelle Entlassung von Frauen zu verpflichten, entsprach der Ausschuß
indessen nicht.55 Wie das Reichsamt des Inneren setzte er auf Vereinbarun-
gen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Doch während insbeson-
dere in Handwerksbranchen, wo qualifizierte Arbeiterinnen die Ausnahme
waren, Kriegsteilnehmern ihre Wiederanstellung auf Kosten der ersatzweise
eingestellten Arbeiterinnen zugesichert wurde, hielten sich private Unter-
nehmer, Staatsbetriebe wie Post und Bahn und auch die öffentliche Büro-
kratie im Fall der Angestelltenschaft alle Optionen offen. In den letzten
beiden Kriegsjahren hatte, vorangetrieben durch die Neuerungen in den
kriegswichtigen Industrie- und Versorgungsbetrieben, eine umfassende Ra-

186
tionalisierung der Büro- und Verwaltungstätigkeiten eingesetzt. Maschinel-
le und tayloristische Rationalisierungsmaßnahmen wie etwa die Lochkarten-
technik standardisierten und schematisierten die Arbeitsvorgänge so, daß sie
nun auch von angelernten Bürokräften verrichtet werden konnten. 56 Den
männlichen Angestellten machten somit nicht nur gleich qualifizierte, aber
schlechter bezahlte Frauen Konkurrenz, sondern auch noch jene ange-
lernten >Modernisierungshelferinnen«, deren Qualifikationslücken durch
neue Arbeitsformen aufgefangen wurden. Kein Wunder also, daß die Zusa-
gen der Arbeitgeber im tertiären Sektor über die nichtssagende Formel einer
»Ehrenpflicht« zugunsten der heimkehrenden Soldaten nicht hinausgin-

5.3. Konkurrenzfurcht und männliche Ehre:


Die Kriegspetition des Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation u n d die Praxis der Demobilisierung

Noch bevor der Reichstagsausschuß för Handel und Gewerbe seine Ver-
handlungen über die Demobilmachungspläne aufgenommen hatte, schalte-
te sich der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in die Diskussion
ein. Eine Bittschrift appellierte an den Hamburger Senat, Beamte vor der
Unterstellung unter weibliche Vorgesetzte und nach Friedensschluß Staats-
diener ebenso wie privatwirtschaftliche Angestellte vor weiblicher Konkur-
renz zu schützen. 58 In der seit Anfang 1916 kritischen Versorgungslage der
Großstadt hatte die Verwaltung allerdings dringlichere Sorgen, als sich um
diese Probleme Gedanken zu machen. 59 Daher wurde die Petition einfach zu
den Akten gelegt und nicht weiter beachtet. 60
Doch die Antifeministen ließen nicht locker. Zunächst ersuchten sie die
Staatshaushaltskommission des preußischen Abgeordnetenhauses, die Zahl
der kriegsbedingt beschäftigten Arbeiterinnen festzustellen und die Auswir-
kung der Industriearbeit auf die Gesundheit der erwerbstätigen Frauen und
Jugendlichen zu ermitteln. Offenbar erhofften sich die Antifeministen von
diesem Material Unterstützung bei ihrem Feldzug gegen weibliche Er-
werbstätigkeit. Gleichzeitig forderten sie Anfang 1916 das Gremium auf,
Maßnahmen zu ergreifen, um die weiblichen Arbeitskräfte unmittelbar nach
Kriegsende aus staatlichen und privaten Betrieben wieder entlassen zu kön-
nen. 61
Mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen im Reichstagsausschuß be-
reitete der Bund im weiteren Verlauf des Jahres eine breitangelegte Petition
gegen Frauen in >Männerberufen< vor. Adressaten waren diesmal sowohl der
Deutsche Reichstag als auch das Preußische Herren- und Abgeordneten-

187
haus. Die antifeministische Liga entfaltete eine fieberhafte Tätigkeit, um
möglichst viele Verbände für ihre Pläne zu gewinnen und rechnete dabei vor
allem auf die Unterstützung von Lehrerverbänden, Beamtenorganisationen
sowie Militäranwärter- und Kriegervereinigungen. 62
In enger Anlehnung an die erfolglose Hamburger Eingabe bestand die
neuerliche Bittschrift aus zwei Forderungen: Daß nämlich erstens »überall,
wo männliche und weibliche Beamte zusammenarbeiten, eine amtliche
Unterstellung der Männer unter die Frauen ausgeschlossen« und zweitens

»jede Verdrängung der männlichen Beamten durch weibliche Hilfsarbeiter ... ver-
mieden und den heimkehrenden Kriegern - auch den privaten Angestellten in Han-
del, Industrie und Landwirtschaft - die Anstellungs- und Erwerbsmöglichkeiten ...
durch weibliche Konkurrenz nicht verschlechtert werde.« 63

Geschützt werden sollten also nicht nur Arbeitsplatz, Einkommen und


gesellschaftlicher Status der Beamten und - mit Rücksicht auf den Deutsch-
nationalen Handlungsgehilfenverband - Privatangestellten, sondern auch,
wie der erste Absatz verrät, die männliche Dominanz und Ehre. 64 Das Miß-
verhältnis zwischen realem Anlaß - die Zahl der Direktorinnen an öffentli-
chen Schulen, auf die der Passus abzielte, war verschwindend gering65 - und
der Bedeutung, der diesen wenigen Fällen zugemessen wurde, läßt erahnen,
wie stark die Selbstdefinition vieler Männer durch eine institutionell sanktio-
nierte Umkehr der traditionellen Geschlechterhierarchie bedroht war.
Konkurrenzangst und die Furcht vor einer Veränderung des gesellschaft-
lichen Kräfteverhältnisses zwischen Männern und Frauen im Gefolge des
Ersten Weltkriegs vermochten viele Vereine und Einzelpersonen zu mobili-
sieren. Rund 90 Verbände unterstützten die Petition des Bundes zur Be-
kämpfong der Frauenemanzipation, knapp die Hälfte davon waren Lehrer-
vereinigungen, etwa 15 Prozent Beamtenorganisationen, gut fonf Prozent
Zusammenschlüsse von »Privatbeamten«, mithin Verwaltungsangestellten
in der privaten Wirtschaft. Die zahlenmäßig größten Gruppierungen stellten
der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband und der Reichsverband
Deutscher Militäranwärter. Aber auch christliche Arbeitervereine beider
Konfessionen hatten die Petition unterschrieben. 66
Die Unterstützung für diese größte Aktion des Bundes zur Bekämpfong
der Frauenemanzipation war jedoch nicht nur sozioökonomisch, sondern
auch geschlechterpolitisch motiviert. Dem Vorstoß der Antifeministen
schlössen sich auch Organisationen an, die von den wirtschaftlichen Aspek-
ten der Eingabe ihrem Vereinszweck nach überhaupt nicht betroffen waren:
der Deutschbund, der alldeutsche Turnverein Berlin, der Alt-Herrenbund
der Vereine Deutscher Studenten, Abteilungen des Wehrvereins und des
Reichshammerbundes, der Schutzbund fürs deutsche Weib und einige kon-
servative Vereine. 67 Dem antifeministisch-pronatalistisch ausgerichteten

188
Schutzbund fürs deutsche Weib gehörten seinerseits neben dem Bund zur
Bekämpfong der Frauenemanzipation germanentumelnde Vereinigungen
wie der Wälsungenorden und etliche Verbände aus der Lebensreform- und
Abstinenzbewegung an.68
Wieviele Personen hinter der Bittschrift standen, läßt sich nicht exakt er-
mitteln. Nach vorsichtiger Schätzung scheint die Zahl von 300.000 bis
350.000 jedoch nicht zu hoch gegriffen.69 Dem Bund zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation war es mit dieser Petition offenbar gelungen, die Be-
fürchtungen vieler Menschen - zum weit überwiegenden Teil Männer aus
dem mittleren und unteren Bürgertum städtischer Herkunft - aufzugreifen
und massenwirksam zu kanalisieren. Prompt klagte denn auch das Organ des
Bundes Deutscher Frauenvereine, »daß es mit allem Frauenwesen in der
Öffentlichkeit viel schwerer geworden ist, als etwa vor zwanzig Jahren«. 70
Im vom ostelbischen Adel dominierten Preußischen Herrenhaus war -
wenig verwunderlich - der antifeministischen Petition kein Erfolg beschie-
den. Das Gremium wies die Bittschrift am 12.12.1916 zurück und ging zur
Tagesordnung über.71 Auf deutlich mehr Resonanz stieß das Anliegen der
Emanzipationsgegner und ihrer Verbündeten im preußischen Abgeordne-
tenhaus. Der zuständigen Gemeindekommission war die Petition wichtig
genug, um im April 1917 Vertreter des Handels-, Unterrichts- und Arbeits-
ministeriums zu ihrer Verhandlung hinzuzuziehen. Politiker und Spitzenbe-
amte stimmten in der Ansicht überein, daß bei knappen Arbeitsplätzen
Männern der Vorrang zu geben sei; der Punkt brauchte gar nicht erst disku-
tiert zu werden. Weitgehend einig war man sich auch darüber, daß Beamte
nicht gezwungen werden dürften, unter weiblichen Vorgesetzten zu arbei-
ten. An der praktischen Umsetzbarkeit entsprechender Vorschriften hegten
die Behördenvertreter - insgesamt frauenfreundlicher argumentierend als
die Politiker - indes vor allem in kleineren Städten Zweifel und erklärten sich
darüber hinaus nicht för die Verhältnisse der Beschäftigten in privaten Un-
ternehmen zuständig. Den Passus, der die Privatangestellten betraf, nahm
die Kommission daher aus der Diskussion heraus. Die Hauptanliegen des
Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und seiner
Verbündeten - Schutz der Männer vor weiblicher Konkurrenz und weibli-
chen Vorgesetzten - sollten jedoch, so ihr Vorschlag, der preußischen Staats-
regierung zur Erwägung weitergeleitet werden. 72 Das Abgeordnetenhaus
trat im Januar 1918 dem Votum der Gemeindekommission bei. 73 Dagegen
konnte sich der Reichstag im Juni 1918 nur entschließen, die Petition dem
Reichskanzler als Material zu überweisen. 74
Dennoch konnte sich die antifeministische Liga von der Demobilisie-
rungspolitik faktisch in ihren Ansichten bestätigt fühlen. Der preußische
Staatsminister Graf Posadowsky hatte im April 1918 vor der Gesellschaft för
Soziale Reform die »Zurückführung der Frau ... in den Schoß der Familie«

189
als eine der Hauptfragen der Sozialpolitik bezeichnet.75 Noch bevor der
Waffenstillstand unterschrieben war, erging aus dem Preußischen Kriegsmi-
nisterium eine Denkschrift zur Frauenarbeit in der Übergangswirtschaft,
deren wesentliche Bestimmungen lauteten:
»1. Die Frauen müssen heraus:
a) alle Frauen aus den Arbeitsplätzen, die für die heimkehrenden Männer freige-
macht werden müssen. ...
2. Die Frauen müssen herein
a) nicht erwerbsbedürftige Frauen in die Familie
b) erwerbsbedürftige Frauen in die früheren Berufe, die Mangel an Arbeitskräften
haben (Hauswirtschaft, Landwirtschaft) und solche sonstigen Berufe, in denen sie
infolge zweckmäßiger Arbeitsteilung den Männern keine Konkurrenz machen.«76
Arbeitgeber und Gewerkschaften, die sich als Garanten einer sozialpoliti-
schen Restabilisierung betrachteten, kamen im Stinnes-Legien-Abkommen
überein, daß »sämtliche aus dem Heeresdienst zurückkehrenden Arbeitneh-
mer ... Anspruch darauf (haben), in die Arbeitsstelle sofort nach Meldung
wieder einzutreten, die sie vor dem Kriege innehatten«. 77 Ende Januar 1919
trat eine ähnliche Verordnung für die Angestellten in Kraft.78 In unheiliger
Allianz behandelten alle am Demobilisierungsprozeß beteiligten Organisa-
tionen erwerbstätige Frauen als beliebige Manövriermasse. Die geschlechts-
hierarchische Reorganisation des Arbeitsmarktes und die Restabilisierung
patriarchaler Geschlechterverhältnisse wurde von einem breiten gesell-
schaftlichen Konsens getragen. 79 Selbst die bürgerliche Frauenbewegung
konnte sich dem Topos nicht entziehen, daß der soldatische Einsatz von
Leib und Leben an der Front den »Dank des Vaterlandes« erheische, und
zwar in Gestalt der Wiederherstellung des patriarchalen Status quo ante. 80
Ergänzend zur Wiedereinführung der Arbeiterinnen-Schutzgesetze setz-
ten das Reichsamt für wirtschaftliche Demobilmachung und das Preußische
Ministerium für Handel und Gewerbe zu diesem Zweck eine peinlich
genaue Befragung jener weiblichen Büroangestellten ins Werk, die nach
Kriegsende ihren Arbeitsplatz nicht selbst gekündigt hatten. Unterlassene
oder unrichtige Auskünfte hatten die Entlassung zur Folge. 81 Aufgrund der
so gewonnenen Daten maßten sich die Behörden an, darüber zu urteilen,
welche der Frauen nun wirklich auf die Verdienstmöglichkeit angewiesen
waren. Zwar protestierten BDF-Vertreterinnen gegen die »ans Terrori-
stische« grenzenden Mittel der Entlassungspraxis und die »willkürlichen«
Freisetzungen von Frauen,82 zwar interpellierten Parlamentarierinnen aus
der bürgerlichen und konfessionellen Frauenbewegung gegen die nach ihrer
Ansicht vielerorts gesetzwidrige Demobilmachungspraxis, und immerhin
wurde 1920 in den Demobilmachungsausschüssen die Zuziehung von Frau-
en Pflicht.83 Die insgesamt wenig einflußreichen Initiativen änderten aber

190
nichts daran, daß die »sexuelle Diskriminierung ... im pragmatischen ökono-
mischen Gewand« - und mit Susanne Rouette wäre hinzuzufügen: im Ge-
wand geschlechtsspezifischer Sozialpolitik - ganz im Sinne der Emanzipati-
onsgegnerinnen und -gegner mit beachtlichem Erfolg funktionierte.84

5.4. Professionalisierung der >weiblichen Eigenart<:


Die Erziehung zur Hausfrau und Mutter

Die Versuche, Frauen von >Männerarbeitsplätzen< fernzuhalten, hatten eine


lange Tradition. Bereits in der letzten Dekade vor dem Ersten Weltkrieg
hatten bürgerliche Blätter intensiv damit begonnen, spezifische Frauenberu-
fe zu propagieren. Nach der Mädchenschulreform und der Zulassung von
Frauen zu den preußischen Universitäten war es insbesondere der »Kunst-
wart«, der den gut 300.000 Mitgliedern des angeschlossenen Dürerbundes
und anderen Lesern als Kontrastprogramm zu den nunmehr eröffneten
>männlichen< Tätigkeitsfeldern immer neue Berufe vorstellte, die - wie etwa
Landpflegerin, Kranken- oder »Hausschwester« (ein besseres Dienstmäd-
chen) - der >weiblichen Eigenart« besonders zu entsprechen schienen.85 Im
gleichen Sinn beantwortete die »Monatsschrift för Deutsche Beamte« die
rhetorisch gestellte Frage, was aus den Beamtentöchtern werden solle, meist
verbunden mit einer deutlichen Spitze gegen den Berufsehrgeiz der
»moderne(n) Frauen-Emanzipation«. 86 Mit der gezielten Propagierung
>weiblicher< Berufe versuchten männliche Berufsverbände, aber auch völ-
kisch-nationale Ideologen und christlich-konservative Kreise ein Gegenge-
wicht gegen die vielfältiger gewordenen Qualifikationschancen för Frauen
zu schaffen und hatten dabei vor allem die unteren und mittleren bürgerli-
chen Schichten im Blick. Teilweise trafen sie sich dabei mit Initiativen bür-
gerlicher Frauenrechtlerinnen, die sich darum bemühten, Frauen »höherer
Stände« standesgemäße Berufsfelder zu erschließen. So hatte etwa Agnes
Karll die Krankenpflege mit Unterstützung des BDF als weltlichen Beruf för
bürgerliche Frauen professionalisiert, und der »Kunstwart«-Vorstoß zugun-
sten der Ausbildung von »Hausschwestern« wirkte, als habe er sich Mathilde
Webers in den 1890er Jahren entwickelten Vorschlag zur Schulung von
»Hausbeamtinnen« zum Vorbild genommen. 87 Der Erste Weltkrieg ver-
stärkte die rhetorischen Anstrengungen um die Umleitung arbeitssuchender
Frauen in >typische< Frauenberufe noch. Schienen die Verfechter und
Verfechterinnen purer Weiblichkeit mit dem Verweis auf das Schicksal der
Kriegsheimkehrer doch nun die Moral auf ihrer Seite zu haben. 88
Die Novelle der Gewerbeordnung vom Dezember 1911 hatte den Ge-
meinden erstmals die Möglichkeit eröffnet, die gesamte erwerbstätige weib-

191
liehe Jugend zum Besuch einer Fortbildungsschule zu verpflichten und löste
damit heftige Kontroversen über die Gestaltung des Unterrichts aus.89 Frau-
enberufsverbände drangen auf den Vorrang berufsqualifizierender Inhalte;
der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband forderte dagegen, die
weibliche Jugend in den Fortbildungsschulen auf ihren »natürlichen Beruf«
als Hausfrau und Mutter vorzubereiten. 90 Stürmischen Beifall erntete sein
stellvertretender Vorsitzender, Richard Döring, auf einer Versammlung des
Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation för einen Lehrplan, der
sich auf Gesundheits- und Nahrungsmittellehre, Säuglings- und Kranken-
pflege, Nähen, Kochen und häusliche Buchführung beschränkte.91 Auch der
in bürgerlichen Kreisen vielgelesene »Kunstwart« sprach sich dafür aus,
Hauswirtschaftskunde in die Lehrpläne der Mädchenberufsschulen stärker
zu integrieren und teilte die Haltung des DHV, wonach selbst erwerbsstäti-
ge Frauen in erster Linie auf ihren häuslichen > Hauptberuf« vorbereitet wer-
den sollten.92 Schon seit 1910 hatte das Blatt die Idee einer weiblichen
Dienstpflicht propagiert, um anstelle außerhäuslicher Erwerbstätigkeit »die
Mädchen wieder ans Haus zu gewöhnen und zu tüchtigen Wirtinnen« zu
erziehen.93 Der preußische Handelsminister machte sich diese Positionen zu
eigen und verordnete den kaufmännischen Auszubildenden weiblichen Ge-
schlechts die Unterweisung in hauswirtschaftlichen Kenntnissen, die in den
Fortbildungsschulen auch an die Stelle des berufsbezogenen Unterrichts
treten konnte. 94 Neue Berufsschulen wurden nur dann genehmigt, wenn für
die Mädchen hauswirtschaftliche Kurse in ausreichendem Umfang vorgese-
hen waren.95
Im Ersten Weltkrieg ging der dem »Kunstwart« angegliederte Dürerbund
noch über das Bestehende hinaus und entwarf Pläne för eine Zwangsfortbil-
dungsschule, die das gesamte weibliche Geschlecht umfassen und gezielt auf
seine >natürliche< Aufgabe als Hausfrau und Mutter der kommenden Gene-
ration vorbereiten sollte. Antikapitalistische Impulse, die der >kalten< Fabrik-
welt die warme Innerlichkeit des Hauses entgegensetzten, paarten sich mit
der Verwissenschaftlichung hausmütterlicher Tätigkeiten und dem Credo,
daß in der Familienarbeit das höchste Glück des »gesunden Weibes« und die
Erfordernisse des »Volksganzen« in eins fielen.96 Vor dem Hintergrund der
Versorgungskrise im Ersten Weltkrieg erwies sich die Propagierung solcher
Vorstellungen als überaus erfolgreich: Im liberalen Baden votierte die Schul-
kommission der Zweiten Kammer bei der Einführung eines neuen Fortbil-
dungsschulgesetzes 1918 dafür, hauswirtschaftlichen Unterricht für alle
Mädchen verpflichtend zu machen und in den Mittelpunkt des Lehrplans zu
stellen.97
Parallel zu diesen Entwicklungen dehnte auch die bürgerliche Frauenbe-
wegung ihre Professionalisierungsbestrebungen zunehmend auf die häusli-
che Tätigkeit aus. Insbesondere auf ihrem rechten Flügel sah man hier ein

192
neues Arbeitsfeld.98 Aus dem BDF heraus woirde ein Verband deutscher
Hausfrauenvereine gegründet, und auch die landwirtschaftlichen Hausfrau-
envereine in Preußen und der Reißensteiner Verband för wirtschaftliche
Frauenschulen auf dem Lande schlössen sich dem Dachverband der bürger-
lichen Frauenbewegung an.99 Ebenso wie ihre männlichen Gegenspieler
stellten auch Frauenrechtlerinnen nie in Frage, daß allein das weibliche Ge-
schlecht för Haus- und Familienarbeit zuständig war.
Der Erste Weltkrieg steigerte die Bedeutung der hauswirtschaftlichen
Arbeit beträchtlich. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln
wurde zur kriegswichtigen Aufgabe; von der effektiven Nutzung knapper
Ressourcen hingen nicht nur das private Überleben, sondern auch die Wei-
terführung des Krieges ab. In der zweiten Kriegshälfte war Hunger an der
Tagesordnung. Nur etwa die Hälfte der rationierten Lebensmittel wurde
noch über öffentliche Instanzen verteilt, die andere Hälfte versuchten sich
die Hausfrauen über graue und schwarze Märkte, manche auch durch Dieb-
stahl zu beschaffen. Mit dem Hunger wuchs auch die Neigung zu Protesten
und Demonstrationen. Der Unmut richtete sich weniger gegen den Mangel
als solchen, als gegen die staatlichen Verteilungsmethoden und -kriterien,
die vielfach als ungerecht empfunden wurden. Während insbesondere Un-
terschichtsfrauen die Behörden för die unzureichende Ernährungslage ver-
antwortlich machten, unterstellten die staatlichen Instanzen umgekehrt den
Arbeiterfrauen unzureichende hauswirtschaftliche Kenntnisse und attestier-
[ ten ihnen Unfähigkeit, mit der haus- und volkswirtschaftlichen Mangelsi-
tuation zurechtzukommen. 100
Angesichts des Bevölkerungsrückgangs, der durch den Krieg verstärkt
wurde, stiegen die Anforderungen, die an die Kinderpflege gerichtet wur-
den. Daß Abgeordnete in Parlamentsdebatten »die Unkenntnis und Unfä-
higkeit der Mutter in der Pflege des Kleinkindes« for die hohe Säuglings-
sterblichkeit verantwortlich machten, 101 war kein Einzelfall, sondern das
Ergebnis jahrelanger Propaganda, wie sie etwa durch den Deutschen Verein
für Säuglingsschutz des antifeministischen Kabinettsrat der Kaiserin, Behr-
Pinnow, betrieben worden war. Abhilfe sollte die Aufnahme des Faches Kin-
derpflege in den Mädchenunterricht der Volks- und Berufsschulen schafi
ffen.102
Auch in der veröffentlichten Meinung wurde vermehrt Kritik an den als
unzureichend etikettierten haus- und familienwirtschaftlichen Kenntnissen
der Frauen laut. Schuld daran sei, so hieß es, die Frauenbewegung mit ihrer
Geringschätzung der hauswirtschaftlichen Tätigkeit.103 Doch auch die bür-
gerliche Frauenbewegung warf- den Blick weniger auf das Bürgertum denn
auf die Unterschichten gerichtet - den Hausfrauen Versagen vor, und selbst
weibliche Berufsorganisationen sprachen sich for ein hauswirtschaftliches
Erziehungsprogramm aus.104 Es war ausgerechnet eine Antifeministin, die

193
das weibliche Geschlecht vor pauschalen Schuldzuweisungen in Schutz
nahm.105 Wirtschaftsblockade und Hunger taten ein übriges, um die Bedeu-
tung der Hausarbeit för eine funktionierende Volkswirtschaft sinnfällig vor
Augen zu führen und Rufe nach einer Professionalisierung des »Hausfrauen-
berufs« zu verstärken.106 Als Konsequenz aus der Debatte wurde das Pro-
gramm eines weiblichen Dienstjahres, vor 1914 vor allem von Militärs und
Geistlichen mit Blick auf Kriegsvorbereitung und Krankenpflege verfolgt,
nun breit diskutiert und auf einen umfassenden Haushaltungsunterricht für
Frauen ausgeweitet.107
Jede Gruppe, die sich öffentlich zu der Frage äußerte, erwartete von der
Einführung des weiblichen Pflichtjahres die Stärkung ihrer eigenen Interes-
sen. Mit Ausnahme der »Radikalen« sahen bekannte bürgerliche Frauen-
rechtlerinnen in der Frauendienstpflicht ein geeignetes Mittel, um die weib-
liche lugend zu sozialer Verantwortung und zum Staatsbürgertum zu
erziehen.108 Bernarda von Neil, Hans Delbrücks Haus- und Hofautorin für
die Behandlung von >Frauenfragen« in den »Preußischen Jahrbüchern«, er-
hoffte sich vom weiblichen Dienstjahr dagegen ein Instrument, um »die
Mütter zu ihrem Haushalt und ihren Familien zurückzuführen« und den
Prozentsatz der erwerbstätigen Frauen unter den Schnitt der Vorkriegsjahre
zurückzubringen. 109 Die »Wehr« setzte auf die »Bekämpfung der Zuchtlo-
sigkeit unserer Jugend«, der deutschgläubige »Volkserzieher« wünschte sich
vom Frauendienstjahr mehr Sinn für Arbeit und die Stärkung des National-
gefühls. Völkische Autorinnen und Autoren forderten die »Ertüchtigung
der Rasse« als allein maßgebendes Ziel und wollten ihrer anti-urbanistischen
Einstellung gemäß die jungen Mädchen eine gewisse Zeit aus dem städti-
schen »Brodem des Industrialismus« herausnehmen, um damit ihre Gebär-
fähigkeit zu steigern. Christliche Blätter schließlich erwarteten von der
»Ausbildung aller Frauen in ihrem eigentlichsten und ursprünglichsten Be-
ruf« einen Rückgang des »Alkoholismus, der Unzucht, der Verschwendung
und der Genußsucht«.' 10 Gestritten wurde vor allem um die soziale Seite des
Projekts. War es wünschenswert, allen Mädchen die gleiche Ausbildung zu-
kommen zu lassen und damit gesellschaftliche Nivellierungstendenzen zu
fördern? Oder sollte man - eine Auffassung, der die Mehrheit der Autorin-
nen und Autoren zuneigte - sozialspezifische Unterschiede machen?
Der BDF benutze die Diskussion um das weibliche Dienstjahr dazu, sei-
ner Forderung nach der politischen Mitbestimmung des weiblichen Ge-
schlechts Nachdruck zu verleihen. Die obligatorische Einführung der Frau-
endienstpflicht sei nur unter der Voraussetzung voller staatsbürgerlicher
Gleichheit wünschenswert, erklärte Helene Lange in der »Frau«" 1 und for-
derte damit den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation zum Wi-
derspruch heraus. Die Antifeministinnen und Antifeministen sahen sich in
der unangenehmen Lage, einem populären Plan, der in der Betonung der

194
Hausfrauen- und Mutterrolle ihren Überzeugungen durchaus entsprach, ob
seiner Verknüpfung mit dem Frauenstimmrecht zumindest in der von der
Frauenbewegung verfolgten Fassung entgegentreten zu müssen. Die feinen
Unterschiede dem Publikum zu vermitteln, war alles andere als einfach, zu-
mal die Frauenrechtlerinnen und ihre Gegner in der inhaltlichen Ausgestal-
tung nicht allzuweit auseinanderlagen.
Der Kaiserliche Kammerherr von Behr-Pinnow, zweiter Vorsitzender der
antifeministischen Liga, trat for die Ausbildung aller schulentlassenen Mäd-
chen in der Hauswirtschaft ein, die vor der Aufnahme einer anderen Tätig-
keit abgeschlossen sein sollte. Freilich sah der von den Emanzipationsgegne-
rinnen und -gegnern vorgeschlagene »Dienst der Frauen« der vom BDF
geforderten »modernen Frauendienstpflicht« - so die um Abgrenzung be-
mühte Formulierung - zum Verwechseln ähnlich." 2 Helene Lange hatte
bereits 1915 ein Programm vorgelegt, das auf der hauswirtschaftlichen Un-
terweisung aller aus der Volksschule entlassenen Mädchen basierte. Bis zur
Einführung des vorgesehenen einjährigen Kursus sollte die Schulpflicht der
Mädchen um ein hauswirtschaftliches Halbjahr verlängert werden. Es war
vorgesehen, Mädchen aus den unteren sozialen Schichten bis zur Ablegung
des Examens außerhalb des Elternhauses in Anstalten unterzubringen. Den
aus weiterführenden Schulen entlassenen »höheren Töchtern« sollte es in-
dessen gestattet sein nachzuweisen, daß sie bereits zu Hause oder in einer
privaten Einrichtung entsprechenden Unterricht genossen hatten. Mit die-
sem Zeugnis konnten sie direkt in das eigentliche weibliche Dienstjahr ein-
treten, das nach den Vorstellungen Helene Langes zur Übernahme von Eh-
renämtern in Jugendfürsorge, Waisen- und Wohlfahrtspflege qualifizieren
sollte." 3 Der Vorschlag beugte nicht nur einem möglichen Mangel an ehren-
amtlichen Helferinnen vor, sondern erneuerte auch den Monopolanspruch
der bürgerlichen Frauenbewegung auf den Bereich der sozialen Arbeit.
Die BDF-Pläne offenbarten eine for das Bürgertum des 19. und frühen
20. Jahrhunderts typische tiefliegende Verachtung der unteren Sozialschich-
ten und speziell der Arbeiterinnen, denen man im Gegensatz zu bürger-
lichen Frauen nicht zutraute, ihren Töchtern die notwendigen Techniken
der Haushaltsführung zu vermitteln. In ihrem Klassendenken standen die
meisten Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung den bürgerlichen Män-
nern weitaus näher als ihren Schwestern aus dem Proletariat. In dieser
Hinsicht erwies sich trotz der Zusammenarbeit bürgerlicher und sozialde-
mokratischer Frauen im Nationalen Frauendienst »Klasse« gegenüber »Ge-
schlecht« als die wirkungsmächtigere Kategorie.

195
5.5. »Feminisierung der Universitäten«
und »weibliches Gelehrtenproletariat«: Die Kampagne
gegen das Frauenstudium

Die Debatte um das weibliche Dienstjahr engte das Bildungsziel des weibli-
chen Geschlechts erneut auf den (haus-)mütterlichen Beruf ein. Sie lenkte
von Diskussionen und Reformen in anderen Zweigen der Mädchenbildung
ab und drängte alternative Lebensentwürfe in den Hintergrund. Damit
stand sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Kampagne gegen das
Frauenstudium, die nicht nur von Antifeministen und verbündeten Völki-
schen, sondern auch von Hochschuldozenten und -rektoren außerhalb des
antifeministischen Bundes getragen wurde.
»Darüber brauchen sich die studierenden Damen nicht zu täuschen, daß
sie auch dort, wo sie offiziell gebilligt und zugelassen werden, fast niemals so
ernst genommen werden wie die Männer«, hatte ein nationalliberales Blatt
schon Ende 1912 verlautbaren lassen," 4 und wie zur Bestätigung sinnierte
der Karlsruher Professor Willy Hellpach kurz vor Beginn des Ersten Welt-
krieges im liberalen »Berliner Tageblatt« weitschweifig über die »innerliche
Beklemmung«, die jeden »ernste(n) Hochschullehrer« angesichts weib-
licher Zuhörerschaft überfalle, da ihm »aus nie zu beseitigendem Ewig-
menschlichen« noch die fleißigste und begabteste Studentin zu einer
»Störung« werden müsse. Getrieben von »zielloser Unbefriedigung«, »Mo-
desucht«, »Snobismus« oder »Sensationshoffnungen« füllten Frauen die
Hörsäle und zwängen den Dozenten damit, das Niveau zu senken und be-
stimmte Lehrinhalte wegzulassen - sehr zum Schaden der Wissenschaft im
Allgemeinen, der männlichen Studenten im Besonderen und erst recht zum
Nachteil des Ansehens des akademischen Lehrers im Kollegenkreis.115 Diese
Stimme kam keineswegs von einem ausgewiesen völkischen Antifeministen,
sondern von einem angesehenen Liberalen, der gleichwohl mit organi-
zistischen Lehren sympathisierte: Der Psychologieprofessor hatte dem Bund
für Mutterschutz angehört und war in der Weimarer Republik Vorsitzender
der badischen DDP." 6
Die Einberufung der männlichen Studenten verschärfte die Agitation ge-
gen das Frauenstudium drastisch. »Wie Heuschrecken« fielen die Studentin-
nen über die deutschen Universitäten her, schimpfte der organisierte Antife-
minist und Stuttgarter Chefredakeur der »Reichspost« in süddeutschen
Zeitungen." 7 Die lebensreformerische »Volkskraft« bezeichnete das »über-
handnehmende Frauenstudium« als »nervös-degenerative Erscheinung«, 118
und der ebenso antifeministisch wie antisemitisch eingestellte Heidelberger
Philosophiedozent Arnold Rüge, der sich vor dem Krieg schon unter dem
Beifall des »Hammer« gegen die »Verweiblichung und Verweichlichung«

196
der Universitäten gewandt hatte, verstieg sich gar zu der Behauptung, »daß
die Hochschulen, einstmals Ertüchtigungsanstalten för die männliche Ju-
gend, im Kriege zu Tummelplätzen von jungen Mädchen und namentlich
von Juden geworden« seien." 9 Der studentische Kyffhäuserverband be-
schwerte sich unter Rückgriff auf Publikationen organisierter Antifemini-
sten über die »Feminisierung der Universitäten« und zitierte Unmutsäuße-
rungen männlicher Kommilitonen, denen der ganze »Weiberbetrieb nicht
passe«. Auch außerhalb der Studentenschaft nahmen die Klagen über den
»unhaltbar gewordenen Zustand« an den Hochschulen zu.120
Die Militärführung plante, die Universitäten wegen der Besetzung kriegs-
bedingt freigewordenener Studienplätze durch Frauen zu schließen.121 Da-
mit konnte sie sich gegenüber den zivilen Behörden nicht durchsetzen, doch
zunehmend regte sich der Widerstand gegen die Studentinnen auch im aka-
demischen Establishment.
Im preußischen Herrenhaus diffamierte ein Universitätsprofessor die re-
nommierte Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität 1918 als »Mädchen-
schule«.122 Ihr Rektor, der Gynäkologe und spätere Präsident des Reichsge-
sundheitsamtes, Ernst Bumm, hatte schon im Jahr zuvor die Verschärfung
der Zulassungsbedingungen för Frauen verlangt. Weil das Frauenstudium
zur »Mode« geworden sei, müsse die Immatrikulation nicht nur wie bei
männlichen Studierenden von der allgemeinen Hochschulreife, sondern
zusätzlich vom Nachweis besonderer Veranlagung, Eignung und Vorliebe
für den erwählten Beruf abhängig gemacht werden. 123
Die Warnungen des angesehenen Wissenschaftlers vor dem Frauenstudi-
um wurde nicht nur in völkischen Kreisen begeistert aufgenommen. Selbst
die vielgelesenen »Preußischen Jahrbücher« begannen nun damit, sich über
die »Gefahren eines weiblichen Gelehrtenproletariats« Gedanken zu ma-
chen.124 Auch der preußische Kultusminister äußerte »Besorgnis« über die
»starke Zunahme« der Studentinnen. 125
Tatsächlich aber war die Zahl der studierenden Frauen weit weniger stark
angestiegen, als die Rede vom aus »Mode« oder »Sport« betriebenen Studi-
um glauben machte. Nach regierungsoffiziellen Zahlen waren im Sommer
1917 gerade einmal zehn Prozent aller Immatrikulierten weiblichen Ge-
schlechts. Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg hatte der Frauenanteil bei
6,5 Prozent gelegen.126 Die Gegner des Frauenstudiums hätten es also bes-
ser wissen können. Statt dessen operierten sie mit absoluten Zahlen, unter-
schlugen, daß die Zahl der Studierenden insgesamt gewachsen war und prä-
sentierten Berlin, wo mit Abstand die meisten Frauen studierten - fast ein
Drittel aller Studentinnen war hier eingeschrieben - ,127 als Paradebeispiel.
Auch zwischen regulär Immatrikulierten und der recht hohen Zahl der
Gasthörerinnen wurde zumeist nicht unterschieden. 128 Die Zeitgenossen
fanden die vorgebrachten Behauptungen plausibel, schien der Augenschein

197
ihnen doch recht zu geben. Weil viele angehende Akademiker zum Kriegs-
dienst eingezogen wurden, waren unter denjenigen, die noch in den Hörsä-
len saßen, rund ein Drittel Frauen.129 Ähnlich wie im Fall der Debatte um
ausländische Studierende wurde eine faktische Minderheit zum Stein des
Anstoßes stilisiert und vielfach als erdrückende Mehrheit wahrgenommen.
Die Gegner des Frauenstudiums zogen die Qualifikation der Studentin-
nen in Zweifel und behaupteten, daß unzureichende Vorbildung und man-
gelnde persönliche Eignung das Niveau an den Universitäten zu Lasten der
männlichen Kommilitonen herabdrückten. Die Mädchenschulreform vom
August 1908 habe, so der Vorwurf, junge Frauen zum Studium »verleitet«,
denen es »nicht nur an der erforderlichen Begabung, sondern auch oft an
den körperlichen Kräften, endlich auch an den Geldmitteln« dazu fehle.130
Im Mittelpunkt der Kritik stand der sogenannte »vierte Weg« zur Universi-
tät, der seit Oktober 1915 auch die Absolventinnen der Oberlyzeen zum
Studium berechtigte. Da es weitaus mehr Oberlyzeen als Studienanstalten
gab, wo eine elitäre Minderheit von Frauen bislang die Reifeprüfung abge-
legt hatte, war der Kreis der potentiellen Studentinnen dadurch erheblich
größer geworden.
Der sogenannte Oktober-Erlaß wurde von Universitätsprofessoren und
Vertreterinnen der Frauenbildungsbewegung gleichermaßen scharf ange-
griffen. Beide Fraktionen machten in erster Linie die Ausweitung der Studi-
enberechtigung für das »Eindringen ungeeigneter Studentinnen« in den
Universitätsbetrieb verantwortlich.131 Helene Lange und ihre Mitstreiterin-
nen mochten um das Renommee der Studentinnen bangen und den Vor-
wurf fürchten, man sehe ja nun, daß es mit den geistigen Fähigkeiten des
weiblichen Geschlechts nicht weit her sei. Unausgesprochen aber stand hin-
ter der Opposition gegen den »vierten Weg« die Furcht vor dem Verlust
sozialer Exklusivität, wie sie in Zeiten einer sozialen Ausweitung der Studen-
tenschaft und des Aufstiegs der Technischen Hochschulen in der Rede vom
- zunächst nur als männlich verstandenen - »akademischen Proletariat« zum
Ausdruck kam. Jene Frauen, die sich den Zugang zur Bildungselite noch als
»Ausnahmeerscheinung« erkämpft hatten, wollten mit einem »weiblichen
Gclehrtcnproletariat« ebenso wenig zu tun haben wie die jüngeren Absol-
ventinnen der Studienanstalten aus gehobenem sozialen und vorwiegend
städtischem Umfeld.132
Auch auf seiten der Männer mochten soziale Dekiassierungsängste bei
den neuerlichen Angriffen auf die Studentinnen eine Rolle spielen. Was war
ein Bildungspatent wert, wenn nun schon Frauen aus der unteren Mittel-
schicht, die ein Oberlyzeum besucht hatten, ein Anrecht darauf geltend
machen konnten? Dazu kam bei den männlichen Kommilitonen Verdrän-
gungsfurcht und vermutlich auch schlichte Wut: Während man sie zur »Ver-
teidigung der Heimat« zu Tausenden in den Krieg schickte, absolvierten in

198
eben jener durch die Soldaten vor kriegerischen Handlungen geschützten
Heimat Frauen ordnungsgemäß ihre Ausbildung und waren in der Lage, ein
Abschlußzeugnis vorzuweisen, bevor die »Kriegsheimkehrer« der gleichen
Generation ihr Studium auch nur wieder aufnehmen konnten.

5.6. Frauenbildung und Bevölkerungspolitik:


G e b u r t e n r ü c k g a n g als Klassenproblem

Parallel zur akademischen Kritik am »weiblichen Gelehrtenproletariat«


mehrten sich die Stimmen, die im Gefolge der in Universitäten und Behör-
den etablierten Rassenhygieniker und Bevölkerungspolitiker als selbster-
nannte Fürsprecher des »Volksganzen« gegen »unsere heutige Mädchenver-
bildung« Sturm liefen. Insbesondere »Deutschlands Erneuerung«, das Blatt
der Deutschen Vaterlandspartei, reihte Artikel um Artikel aneinander, in
denen die höhere Mädchenbildung als »Erziehung zum Rassenselbstmord«
gegeißelt wurde. 133 Die meisten Autoren machten dafür die Frauenbewe-
gung verantwortlich - wenig verwunderlich, waren sie doch zugleich eifrige
Mitarbeiter der »Politisch-anthropologischen Monatsschrift« des organisier-
ten Antifeministen Otto Schmidt-Gibichenfels.
Die von der Frauenbewegung durchgesetzte Mädchenschulreform mit
ihrer Angleichung an die Lehrinhalte der Knabenschulen hätte, so der Vor-
wurf, aus einem »Recht auf Bildung für die wirklich Begabten« einen
»Zwang zum Lernen för alle« gemacht und unter den jungen Frauen durch-
gängig zu »Nervosität und geistige(r) Erschöpfung« geführt. Um den Mäd-
chen »Frische und Kraft« för ihren künftigen Mutterberuf zu erhalten, müß-
ten daher die Lehrpläne an den höheren Mädchenschulen strikt reduziert
werden: »Die Überschätzung der rein verstandesmäßigen Bildung muß den
Forderungen der Rassenhygiene weichen.«134 Schließlich seien Frauen nicht
zum Gebrauch ihrer geistigen Fähigkeiten bestimmt, sondern zur »Übertra-
gung dieser Anlagen auf die Nachkommenschaft«. Die weibliche Jugend
müsse daher von Anfang an für die Ehe erzogen werden, folgerte das Blatt
und warnte vor jeder »Nachgiebigkeit gegen die Frauenbewegung«. 135
Gebildete Frauen, soviel glaubten (Frauen-)Ärzte, Rassenhygieniker und
Volksaufärter mit Blick auf amerikanische Studien nachweisen zu können,
seien weder willens noch in der Lage, eine große Anzahl von Kindern zu
gebären und zu erziehen. 136 »Je besser die Schulen werden, desto schlechter
werden die Wochenbetten, um so geringer wird die Milchabsonderung«,
polemisierte der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband und berief
sich dabei auf den mittlerweile verstorbenen Erz-Frauenfeind Paul Julius
Möbius. 137 Zehn Akademikerinnen brächten zusammengenommen gerade

199
einmal sechs Kinder zur Welt, während sonst vier Kinder pro Frau üblich
seien, rechnete der antisemitische »Hammer« zu Zeiten vor, als zwei bis drei
Kinder pro Ehe in (fast) allen Schichten längst eher die Regel als die Ausnah-
me waren, 138 und fragte mit den Worten des »Fränkischen Couriers« pole-
misch: »Wie lange würde die Nation fortbestehen, wenn alle Frauen die
höhere Gymnasial- und Universitäts-Bildung erhielten?« 139 Diese Frage
stellte sich dem »Archiv for Rassen- und Gesellschaftsbiologie« schon gar
nicht mehr. Dem in wissenschaftlichen Kreisen anerkannten Fachblatt er-
schien es als Tatsache, »daß, wenn alle Frauen studieren würden, unser Volk
in kurzer Zeit ausgestorben wäre«. Entgegen längst vergangenen, wenn-
gleich immer schon prekären Sympathien för manche Zweige der Frauen-
bewegung, wurde damit die Bevölkerungsstatistik zum Dreh- und Angel-
punkt in der Beurteilung der »Frauenfrage«.140 Der Bund für Regeneration,
mit den Hammergemeinden und der »Politisch-Anthropologischen Mo-
natsschrift« des Antifeministen Otto Schmidt-Gibichenfels eng verbunden,
warf insbesondere der »schon aufgehobenerem Posten berufstätigen Frau«
Egoismus vor und erklärte ihren angeblichen »Mangel an weiblichem Emp-
finden« damit, daß sich »unter dem Einfluß der dauernden Zusammenarbeit
mit den Männern eine gewisse Wesensart maskulinen Einschlags (entwik-
kelt), der die ideale Werteinschätzung des Mutterberufs allmählich abhan-
den kommt«. 141
Mit der Verdammung weiblicher Bildung aus bevölkerungspolitischen
Rücksichten standen völkische Propagandisten und akademische Rassenfor-
scher freilich nicht allein. Das »Berliner Tageblatt«, liberales Flaggschiff der
Tagespresse in der Reichshauptstadt, zitierte mit Blick auf die Mädchen-
schulreform von 1908 einen englischen Pädagogen mit der Behauptung, die
Unfruchtbarkeit von Frauen sei das Resultat geistiger Anstrengung. Die
Beobachtung, daß die Töchter der Mittel- und Oberschicht weniger Kinder
gebaren als Mädchen der »ärmeren Klassen«, ließ sich in dieser Sicht trefflich
auf die den höheren Töchtern »aufgezwungene geistige Überbürdung«
zurückführen. 142 Auch Fernst Bumm legte als Rektor der Berliner Universität
eine Aufstellung über den Familienstand der ehemals dort immatrikulierten
Studentinnen vor, aus der er folgerte, daß »das Studium ... der Ehe und die
Ehe dem Studium nicht günstig« sei. Der allgegenwärtige Anti-Intellektua-
lismus des rassenhygienischen Diskurses hatte nicht zuletzt in dem umge-
kehrt proportionalen Zusammenhang von Frauenbiidung und Kinderzahl
seine Wurzeln.
Im Gegensatz zu intransigenten Antifeministen sprach der preußische
Geheimrat Bumm Frauen die geistige Befähigung zum Studium nicht gene-
rell ab. Aber auch er ging davon aus, daß Frauen stärker als Männer Stim-
mungen und Gefühlsschwankungen unterworfen seien, die ihre »verstan-
desmäßige Ueberlegung einschränken und das Urteil trüben können«.

200
Daher wollte der ehemalige Beforworter des medizinischen Frauenstudiums
nun die geistige Arbeit auf einen kleinen Prozentsatz weiblicher »Ausnahme-
erscheinungen« beschränkt wissen, die ihm als »von mehr männlicher Veran-
lagung« galten.143 Die »Mehrzahl der Frauen der mittleren Stände, die der
Anreiz zum Studium am ehesten trifft«, müsse aber, verlangte der Gynäko-
loge und Gesundheitspolitiker, ihrer »natürlichen Bestimmung« - nach
anderen Quellen sprach er von »vaterländischer Bestimmung« - erhalten
bleiben: »Unsere Kinder sollen von Müttern geboren werden, die ein aus-
geruhtes Gehirn und genug Zeit zur Aufzucht einer zahlreichen Nachkom-
menschaff haben.«144 Hier zeichnete sich schon eine Argumentationslinie
ab, wie sie später in der Weimarer Republik häufig artikuliert wurde: Nach-
dem sich die Behauptungen von der geistigen Minderbemittlung und gerin-
gen körperlichen Leistungsfähigkeit des weiblichen Geschlechts angesichts
der Realität gerade im Ersten Weltkrieg kaum mehr halten ließen, wurden
die Geschlechterunterschiede erneut in einen ominös-ontologischen »We-
sensgrund« hincinverlagert und die Aufrechterhaltung der Grenzen zwi-
schen Männern und Frauen zunehmend nationalpolitisch begründet. 145
Der mangelnde Nachwuchs wurde, wie aus den Zitaten deutlich wird,
nicht als bevölkerungspolitisches, sondern als Klassenproblem wahrgenom-
men. Während es scheinbar nur um die »Frauenfrage« ging, wurde auch über
das Verhältnis von Klasse und Nation verhandelt. »Unsere Frauen« waren
die Frauen und Töchter des (gehobenen) Bürgertums, die stärker als Frauen
aus linieren Sozialschichten über die Informationen und vor allem die finan-
ziellen Möglichkeiten zur Geburtenkontrolle verfügten. Einem kleinen
Kreis Von Frauen war es - vermutlich mit Billigung ihrer Ehemänner - mit
vergleichweise geringem Aufwand möglich geworden, den Kreislauf von
Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt willentlich zu durchbrechen. Ih-
ren Schwestern aus dem Proletariat und wohl auch aus Teilen der unteren
Mittelschicht gelang das nur um den Preis von Enthaltsamkeit, lebensge-
fährlicher Abtreibungsmethoden oder dem vielfach geübten coitus interrup-
tus mit seinen hohen Versagerquoten. 146
Da der säkulare Trend zur Kinderbeschränkung in kapitalistischen In-
dustriegesellschaften die unteren Bevölkerungsschichten in Deutschland
(noch) weniger stark erfaßt hatte, klaffte hinsichtlich der Kinderzahl eine
Lücke zwischen Bürgertum und Unterschichten, die von vielen Bürgern als
geradezu physische Bedrohung erlebt wurde, wie es in der Metapher der
unaufhaltsam »von unten hervorquellende(n) Masse« zum Ausdruck kam.
Der »Kunstwart« hatte diese Entwicklung schon am Vorabend des Ersten
Weltkriegs wortreich beklagt: Während sich die »intelligentesten Kreise« vor
Nachwuchs fürchteten, zeige sich in den »niedersten« Schichten eine »Kin-
dererzeugung ohne Maß und Verstand aus ungebändigtem Triebleben, eine
Fruchtbarkeit aus mangelnder Selbstzucht«. 147 Diese Behauptung negierte

201
nicht nur die Tatsache, daß auch in der Arbeiterschaft die Geburtenrate
rückläufig war, sondern sprach auch allen verzweifelten Vcrhütungs- und
Abtreibungsversuchen der Unterschichtsfrauen Hohn. Die bürgerlichen
Kulturwächter appellierten mit ihrem Erklärungsmuster an ein verbreitetes
bürgerliches Vorurteil: die quasi naturwüchsige Triebhaftigkeit der Unter-
schichten - ein Stereotyp, das dem Bürgertum in seiner Selbstinszenierung
als gemäßigt und rational die soziale Distinktion ermöglicht hatte. Diese
Konstruktion erwies sich als offen genug, um nun mit rassenhygienischem
Inhalt gefüllt zu werden.
Im Zuge allgemeiner Verwissenschaftlichung trat der moralischen Abwer-
tung die Biologisierung des Sozialen gleichwertig an die Seite. Unterbürger-
lichen Schichten haftete nicht länger nur der Makel der Unmoral an, son-
dern sie standen nun auch im Verdacht somatischer Minderwertigkeit. Die
nach der Jahrhundertwende vielfach geäußerte Furcht, »von den uns umge-
benden kulturell tieferstehenden, aber fruchtbareren Völkern aufgezehrt zu
werden«, hatte ein innenpolitisches Pendent, wenn nicht Vorbild: Für bil-
dungsbürgerliche Blätter wie den »Kunstwart« standen »Volksgesundheit«
und »Volksbildung«, ja, sogar die gesamte bürgerliche Kultur in dem Maße
auf dem Spiel, »wie der Volkszuwachs mehr und mehr aus leider Gottes
physisch minderwertigen Schichten quillt.« 148 Dagegen waren sich die
Volksverbesserer darüber einig, daß die »qualitative« Erneuerung der deut-
schen Bevölkerung aus dem »gebildeten Mittelstand« hervorgehen sollte:
»Die wichtigste Aufgabe ... der Frau der Oberschicht ist die Erhaltung ihrer
Klasse, die Mutterschaft«, hatte das »Archiv för Rassen- und Gesellschafts-
biologie« schon 1910 geschrieben.149 In bevölkerungspolitischer Hinsicht
war die »Frauenfrage« daher vor allem eine »Damenfrage«.150
Die klassenspezifische Ausrichtung der bevölkerungspolitischen Diskussi-
on war freilich kein spezifisch deutsches Phänomen. Auch die englische
Eugenik war »less an objeetive science than a biological way of thinking
comparatively and qualitatively about classes and aecounting for differences
between them primarily in hereditarian rather than in social or cultural
terms«.151 In ihren pronatalistischen Bemühungen standen Großbntannien
und Frankreich dem Deutschen Reich ebenso wenig nach wie in der Wahr-
nehmung des Geburtenrückgangs als »Rassenselbstmord«. Überall entstan-
den staatlich-offiziöse ebenso wie private Initiativen zur Förderung des Kin-
derreichtums, und an die Gebärtüchtigkeit der Mütter appellierte man auf
dem Kontinent ebenso wie jenseits des Kanals. Die Koppelung der Gebur-
tenfrage an antifeministische Vorwürfe auch von offizieller Seite scheint da-
gegen ein deutsches Spezifikum gewesen zu sein. Die Vehemenz der deut-
schen Reaktion mochte auch damit zusammenhängen, daß man in
Frankreich längst an gleichbleibende oder sinkende Bevölkerungsziffern
gewöhnt war, während in Deutschland der Übergang von Bevölkerungsex -

202
pansion zu Stagnation die Wahrnehmung und die Schärfe der Debatte be-
einflußte. In Großbritannien brachte man die Bevölkerungsabnahme eher
mit Frauenerwerbsarbeit als mit der Frauen(stimmrechts)bewegung in Zu-
sammenhang, und in Frankreich stimmten selbst feministische Blätter in das
Hohelied der Kinderproduktion ein, wogegen die Frage, wieviel Kinder in
einer Ehe geboren werden sollten, in französischer Sicht offenbar in den
Zuständigkeitsbereich des Ehemannes fiel.152

5.7. »Die Unterstellung der Geburtenfrage


unter den Gesichtspunkt des Volksinteresses«:
Pronatalistische Bevölkerungspolitik

Die Schriften, in denen nach den Ursachen des Geburtenrückgangs in


Deutschland geforscht und Pläne zu seiner Abhilfe entworfen wurden, wa-
ren Legion. Je nach politisch-weltanschaulichem Standort betonten die
meist männlichen Autoren mal den Einfluß gestiegenen Wohlstandes und
zunehmender Urbanität, mal die Bedeutung sinkender Religiosität, bald
medizinische Ursachen, bald im Gefolge von Sombart und Julius Wolf einen
allgemeinen Trend zur Rationalisierung der Lebensführung.153 Viele Aufsät-
ze waren Schauplatz heftiger Zivilisationskritik. Beklagt wurde alles, was den
Übergang der Gesellschaft zur Moderne ausmachte und nicht länger als
»Fortschritt«, sondern zunehmend als Problem empfunden wurde:
Land»flucht« und Verstädterung, Industrialisierung und Arbeitermassen,
die Auflösung ständisch-traditioneller Bindungen und ihre Ersetzung durch
neue Formen des Statuskonsums, »Erwerbshetze«, Kapitalismus und Wett-
bewerbsgesellschaft, Schnelligkeit und Verkehr.154
In der Tat hatte infolge der Hochindustrialisierung der Anteil der Städter
an der Gesamtbev ölkerung zwischen der Reichsgründung und dem Beginn
des Ersten Weltkriegs von rund 36 auf 60 Prozent zugenommen. 155 Die
rapide Urbanisierung prägte wesentlich die Zeiterfahrung der Einwohner
und Einwohnerinnen des Kaiserreichs. Die Stadt erschien als Fokus neuer
Lebens- und Arbeitsformen, technischer Innovationen, veränderter sozio-
kultureller Normen und eines neuen Lebensgefohls. Gleichzeitig schien sie
alle sozialen Brennpunkte zu bündeln. Die Stadt wurde zur Chiffre für
Modernität schlechthin und wurde folglich auch mit dem veränderten gene-
rativen Verhalten der Bevölkerung in Beziehung gebracht. Die Konsequenz
war ein rigider Anti-Urbanismus der bevölkerungspolitischen Literatur, der
sowohl übersah, daß der relative Kinderreichtum bäuerlicher Familien auf
wirtschaftlichen Erwägungen - Kinder als Arbeitskräfte - beruhte, als auch
ignorierte, daß im städtischen Subproletariat gleichfalls überproportional

203
viele Kinder zur Welt kamen. Die Behauptung eines niedrigeren ländlichen
Heiratsalters und die rassenbiologische Idealisierung der bäuerlichen »Erb-
masse« trugen ein übriges dazu bei, daß die »Wiederbesiedlung des platten
Landes« in keinem bevölkerungspolitischen Forderungskatalog fehlte.
Der pronatalistische Anti-Urbanismus war nicht zuletzt frauenpolitisch
motiviert, ging man doch davon aus, daß »die Landbevölkerung ... eine
Frauenfrage kaum jemals gekannt habe, noch so leicht kennen lernen«
werde. Tatsächlich war die Frauenbewegung ein überwiegend städtisches
Phänomen. Deshalb hoffte man, mit Binnen-Kolonisation und Schaffung
sogenannter »ländlicher Heimstätten« für ausgediente Soldaten Heiratshäu-
figkeit und Kinderzahlen zu erhöhen und damit gleichzeitig die Zahl derje-
nigen Frauen zu vermindern, »für die dann eine »Frauenfrage« überhaupt
noch besteht«.156 Frauen erschienen als das Bindeglied, mit deren Hilfe die
Bindung der Familien an das Dorf verstärkt werden konnte. Bürgerlich-
romantisierenden und von der Realität des bäuerlichen Lebens meilenweit
entfernten Vorstellungen zufolge sollten die »Landmädchen« daher zum
»Sinn für die alten schönen Volkstrachten, for die gediegene Schlichtheit des
Bauernhauses, für alte Volksbräuche« erzogen werden. 157 Hinter diesen Vor-
schlägen stand die Absicht, der Abwanderung in die Städte vorzubeugen,
um die Vergrößerung und Politisierung der Industriearbeiterschaft zu ver-
hindern. Anti-Urbanismus und Agrarromantik hatten also durchaus auch
antisozialistische und antifeministische Implikationen.
Die Ursachenforschung zum Geburtenrückgang bot sich prächtig als
Projektionsfläche for Feindbilder an. Seitenhiebe auf die SPD und ihre »Or-
ganisierung der Unfruchtbarkeit« waren an der Tagesordnung, und in den
Artikeln, in denen zur Denunziation der Verkäufer von Verhütungsmitteln
aufgerufen wurde, brachen sich antikapitalistische Affekte ungebremst
Bahn.158 In der Rede vom »gewissenlosen Geschäftsgeist« oder kapitalisti-
schen »Händlergeist« schwang unüberhörbar Antisemitismus mit.159 Die
organisierte Antifeministin Kathinka von Rosen wurde noch deutlicher: Sie
machte för den Geburtenrückgang den Verkauf von Verhütungsmitteln
durch Hausierer »fremder Rasse« verantwortlich und verlangte, die »inne-
ren Feinde« des Landes zu verweisen.160
Auch die Frauenbewegung wurde heftig angegriffen, weniger, wie noch in
den letzten Vorkriegsjahren, wegen ihrer Forderung nach politischer Mitbe-
stimmung, sondern zunehmend aus bevölkerungspolitischen Gründen. Ein
Teil der deutschvölkischen Bewegung hielt jedoch nach wie vor an den alten
Feindbildern fest. Der Verband gegen die Überhebung des Judentums ent-
wickelte eine Verschwörungstheorie, wonach mittels liberaler Gesetzgebung
- dazu zählten die radikalen Antisemiten auch die Einführung des Frauen-
stimmrechts - der Zusammenbruch der deutschen Staats- und Gesellschafts-
ordnung herbeigeführt werden sollte.161 Die »Politisch-Anthropologische

204
Monatsschrift« nahm ganz im Stil der Dolchstoßlegende schon 1915 ein
Schreiben deutscher Frauenrechtlerinnen an den Weltbund för Frauen-
stimmrecht als Beweis dafür, wie Frauen den »sich aufopfernden männlichen
Volksgenossen in den Rücken fallen«.162 Es müsse, hieß es, nun wirklich
Ernst gemacht werden mit der Abwehr der »Fräuleinrechtlerei«, der es
»nicht einfällt, vor der im Kriege zutage tretenden ungeheuren Entfaltung
männlicher Tatkraft und männlicher Organisation die Segel ihrer Selbst-
überhebung zu streichen.« 163 Auch die »Norddeutschen Monatsblätter«
polemisierten trotz »Burgfriedens« gegen die Frauenbewegung. Mit Blick
auf die Forderung nach Frauenwahlrecht und sexueller Selbstbestimmung
galt sie ihnen ganz im Stil des antifeministischen Bundes als ausländische
»geistige Krankheitserscheinung«, die »schlimmer als irgend eine andere uns
drohende Gefahr am Marke des Volkes zehrt«. 164 Die organisierten Emanzi-
pationsgegner und -gegnerinnen selbst hielten sich in der ersten Kriegshälfte
dagegen mit Polemiken gegen das Frauenstimmrecht zurück und widmeten
sich dem Thema vor allem unter dem Aspekt der angeblich schlechten Er-
fahrungen, die man im Ausland damit gemacht habe.165 Freilich stand dieser
antifeministische Internationalismus in Zeiten nationaler Isolation nicht
eben hoch im Kurs. Das mangelnde Presseecho offenbarte, daß die Dis-
kussion um Stimmrechtsfragen vorübergehend aus der Mode gekommen
war.
Außerhalb radikaler völkischer Zirkel schlugen die Wogen nur im Zusam-
menhang mit der Teilnahme »radikaler« Frauenrechtlerinnen an dem inter-
nationalen Frauenkongreß in Den Haag noch einmal hoch. Die nationale
Empörung richtete sich jedoch weniger gegen das dort eingeklagte Frauen-
wahlrecht als gegen die »eigenmächtigen ... Verschwisterungsversuche« mit
Frauen anderer Nationalität in Kriegszeiten.166 Während die Stimmrechts-
frage erst wieder im Kontext der Debatte um die »Neuorientierung« akut
wurde, schob sich ein pronatalistisch begründeter Antifeminismus immer
mehr in den Vordergrund.
Schon vor 1914 hatten Volkswirtschaftler, Mediziner, Rassenhygieniker
und Theologen der Frauenbewegung die (Mit-)Schuld am »Geburtenrück-
gang« zugewiesen und bürgerliche Blätter hatten die Vorwürfe bereitwillig
kolportiert. 167 Je mehr Männer dem Ersten Weltkrieg zum Opfer fielen, je
stärker über den bevölkerungspolitischen Ausgleich des »große(n) Völ-
kersterben(s)« nachgedacht wurde, desto aggressiver wurden die Stimmen,
die eine »gründliche Abrechnung mit den politischen Frauenvereinen« ver-
langten, weil sie »die Pflicht zur Empfängnis und Kinderaufzucht ihrer »frei-
en Persönlichkeit« ... nicht zumuten wollen.«168 Die Frauenbewegung mit
ihren »Trugbilder(n) von Frauenrechten, Gleichberechtigung der Frau,
Politisierung der Frau, Frauenstimmrecht« habe den Frauen einen »Ekel«
vor der Mutterschaft beigebracht 169 und sei, wie sich der Lebensreformer

205
Emil Peters vom Bund för deutsche Volkskraft auf gutbesuchten Vortragsrei-
sen quer durch Deutschland ausdrückte, rundum »kindesfeindlich«.170
Da es während des Krieges möglich geworden war, sich öffentlich zum
Problem der Geburtenkontrolle zu äußern - wenn auch nur in Form schar-
fer Kritik - , konnte man damit nun auch Frauenorganisationen bezichtigen:
»Weibliche Propaganda in Frauenversammlungen«, hieß es, spielten bei der
Verbreitung empfängnisverhütender Methoden eine große Rolle.171 Unter
welchem Aspekt die Frauenbewegung jeweils diffamiert wurde, unterlag
offensichtlich den Schwankungen der politischen Konjunktur.
Seitdem die Thematisierung privaten Sexualverhaltens nicht mehr tabu
war, standen zunehmend nicht nur Frauenorganisationen, sondern alle
Frauen im Kreuzfeuer der Kritik. Religiöse Blätter klagten über die gesunke-
nen »sittlichen Begriffe« der »Frauenwelt«, und in den Kreisen der Antife-
ministen, Rassenhygieniker, Völkischen und Lebensreformer vermeinte
man gar einer »allgemeinen und geheimen Verschwörung gegen das Kind«
auf die Spur gekommen zu sein. Auch über die Motivationen der Frauen
glaubten die Autorinnen und Autoren genau Bescheid zu wissen: Die Frau-
en wollten keine Kinder gebären, weil sie »der opfervollcn Mutterschaft den
direkten Lebensgenuß« vorzögen. 172
Liebe und Sexualität stellten in dieser Betrachtungsweise keine individuel-
len Bedürfnisse dar, sondern erhielten ihre Rechtfertigung erst aus ihrer
Funktion für die Stärkung der »Volkskraft« und die Größe der Nation. Fort-
pflanzung blieb nicht länger den einzelnen überlassen, sondern war eine
»biologische und nationale Forderung«. 173 Die Frau »muß begreifen, daß
ein Kind nicht ihr persönliches Eigentum ist, sondern göttlichen Ursprungs
ist und dem Staat gehört«, schrieb ein pädagogisches Fachblatt Finde 1915
und forderte deshalb dazu auf, Sexualkunde-Unterricht in den Lehrplan der
Mädchen-Fachschulen aufzunehmen. 174 Im biologistischen Diskurs wurde
noch die sexuelle Lust vom Individuum abgelöst und auf das »Volk« zuge-
richtet: Der Geschlechtstrieb, hieß es in einer Publikation des Deutschbun-
des schon Ende 1913, sei dem Menschen »nur als Lockung gesetzt, damit er
seiner Aufgabe sicherer genüge«. 175
Mit dem Ausbau des öffentlichen Gesundheitswesens wurde der Körper
nationalisiert; »die Pflicht, gesund zu sein« nahm ständig zu und erreichte
mehr und mehr alle Teile der Gesellschaft.176 Platte die Gesundheitsdebatte
seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert vor allem die bürgerlichen Schichten
und die Landbevölkerung im Blick, richtete sich die Aufforderung, mit dem
»Kapital« Gesundheit rational umzugehen, auch an das städtische Proletari-
at, seit sich Industrialisierung und Marktgesellschaft in der zweiten Jahrhun-
derthälfte durchsetzten. 177 Wie es scheint, sind Frauen als explizit benannte
Gruppe verspätet in diesen Prozeß einbezogen worden. 178 Erst nachdem
sich der Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit der

206
' militärischen Expansion und gezielten Bevölkerungspolitik des neuen
Nationalstaats auf die Erzeugung einer möglichst zahlreichen und gesunden
Nachkommenschaft richtete, wurden Frauen offenbar als eigenständige
Zielgruppe der Gesundheitspolitik wahrgenommen. 179 Gegen Ende des 19.
Jahrhunderts jedenfalls traf die Verpflichtung zur Gesundheit beide Ge-
schlechter gleichermaßen, doch waren Ausmaß und Implikationen für Män-
ner und Frauen nun jeweils verschieden. Richteten sich Aufforderungen zur
Körperertüchtigung, zum Maßhalten im Alkoholkonsum und zur Präventi-
on von Geschlechtskrankheiten an die Männer, galten die Appelle an das
weibliche Geschlecht dessen Fähigkeit zur Reproduktion. Einzelnen und
genau umschriebenen Empfehlungen an Männer stand die ganzheitliche
Vereinnahmung des Frauenkörpers gegenüber. 180 Weitaus stärker als das
männliche Geschlecht galt die Frau im beginnenden 20. Jahrhundert als
eigentliche »Trägerin der Volksgesundheit«, die »mit ihrem Körper der Ge-
i samtheit verantwortlich« war.181 In den Zirkeln der völkischen Lebensre-
form begann man bereits damit, vorgeburtliche Prozesse in den Blick zu
nehmen: »Zeuge pflichtbewußt« hieß das Motto für die Männer, während
man von »vorgeburtlicher Erziehung« sprach und Frauen ermahnte, daß
ihre psychische Befindlichkeit während der Schwangerschaft for das Kind
»schicksalsentscheidend« sei.182
Einem Staat, der imperialistische Weltgeltung beanspruchte, konnten
Qualität und Quantität seines Nachwuchses nicht gleichgültig sein. Um die
i in Deutschland vergleichsweise hohe Säuglingssterblichkeit einzudämmen,
\ wurden unter der Ägide des späteren Antifeministen-Chefs Behr-Pinnow
mit erheblichen finanziellen Mitteln Wbhlfährtsinstitutionen ausgebaut und
die Stillpflicht propagiert. Frauen, die nicht stillen mochten oder konnten,
begingen, so war in den Zeitungen zu lesen, »ein Verbrechen am Kinde«.183
Seit der Bund zur Bekämpfong der Frauenemanzipation zeitgleich mit der
Veröffentlichung der vielbesprochenen Schriften über den Geburtenrück-
gang ins Leben getreten war, übertrafen sich Völkische, Lebensreformer
und Rassenzüchter in dem Bemühen, Frauen auf ihren »Gattungszweck«
zu verpflichten und überführten die private Entscheidung des Gebarens
in die öffentliche »Sozial-Pflicht der Frau« zum Wohle von Volk, Rasse
und Nation. 184 Selbst prominente Sozialdemokraten wie Alfred Grotjahn,
Berliner Professor für Sozialhygiene, sahen trotz aller anderen Frauenarbeit
an der »Heimatfront« in der Geburt möglichst vieler Kinder den einzi-
gen »Wehrbeitrag der deutschen Frau«, der dem Kriegsdienst der Män-
ner gleichkam. 185 Der Frauenkörper wurde zur Gebärmaschine für den
• »Volkskörper« funktionalisiert. Es liege daher nicht »im biologischen Inter-
esse des Volkes, die Frauen gar zu sehr in die Öffentlichkeit des Lebens zu
zerren«, urteilte der Bund för deutsche Volkskraft, und die »Norddeutschen
Monatshefte« erwarteten gar, daß mit Blick auf den »natürlichen Mütter-

207
bedarf« des deutschen Volkes Frauen alle anderen Interessen zurückzustel-
len hätten. 186
Diese Forderungen waren freilich ebenso wirkungslos wie die pronatalisti-
sche Sozialpolitik der Regierungen. Im Verlauf des Ersten Weltkriegs nahm
die Kenntnis und Verbreitung von Verhütungsmitteln enorm zu. Die Mili-
tärföhrung hatte daran nicht unerheblichen Anteil. Da ihr an der psychisch-
emotionalen Stabilisierung der eingezogenen Soldaten gelegen war, wurden
die Frontkämpfer auf außereheliche Sexualkontakte verwiesen und in Tech-
niken zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten unterrichtet. Es war wenig
verwunderlich, daß die Soldaten diese Methoden beim Heimaturlaub auch
im ehelichen Geschlechtsverkehr anwandten - zumal der Krieg den wenig-
sten Familien als geeignetes Umfeld erschien, um Kinder in die Welt zu
setzen.187
Je weniger Kinder geboren wurden, desto mehr häuften sich die Stimmen,
die Wehrpflicht und Kriegsdienst der Männer zum Anlaß nahmen, eine -
wenn auch nicht wörtlich so genannte - »Gebärpflicht« för Frauen zu for-
dern.188 »Aus dem Schoß unserer Frauen müssen uns die Heere erwachsen,
die wir brauchen«, befand der Antifeminist und Rassenhygieniker Max von
Gruber apodiktisch.189 Als sich das Kriegsende abzeichnete, wurden die
Schöße der Mütter in die Gestaltung der künftigen Friedenswirtschaft ein-
geplant - am grünen Tisch und ohne die realen Lebensverhältnisse im ge-
ringsten zu berücksichtigen. Die »Heimatfront« hungerte, Familienväter
kamen nicht oder als Krüppel zurück, eine ganze Generation junger Männer
war auf dem Schlachtfeld dezimiert worden - und die Bevölkerungspolitiker
forderten erhöhte Menschenproduktion, nicht allein um die Kriegsverluste
auszugleichen, sondern auch, um »för Landwirtschaft und Industrie genug
Menschenkraft selbst zu erzeugen«. 190 Die Fähigkeit, Kinder zu gebären,
verwandelte sich umstandslos in einen Produktionsfaktor des volkswirt-
schaftlichen Wiederaufbaus.
Als größter Feind der Kindererzeugung von Staats wegen erschien folge-
richtig der »liberale Individualismus« mit seiner Höherbewertung des ein-
zelnen vor den Interessen einer wie auch immer definierten Gesamtheit. Ihn
sahen die Zivilisationskritiker in der modernen Welt allenthalben am Werk,
nicht zuletzt in dem Bemühen um die Gleichberechtigung der Frau. Der
deutschvölkischen Bewegung galt die Frauenbewegung ebenso wie der
»manchesterliche Individualismus« als Ausfluß des kapitalistischen Wirt-
schafts- und Gesellschaftssystems, dem sie eine als »germanisch« hypo-
stasierte konfliktfreie »Volksgemeinschaft« entgegensetzte. 191 Nur selten
kam Kritik an der Frauenbewegung ohne den Seitenhieb auf ihren
»kurzsichtige(n) Individualismus« oder ihre »mißverstandene Individuali-
sierung« aus und enthielt damit zugleich eine parteipolitische Komponente:
Die liberalen Neigungen im BDF-Vorstand und die linksliberalen Sympathi-

208
en der »Radikalen« waren den Zeitgenossinnen und Zeitgenossen wohlbe-
kannt. 192
Die Forderung nach möglichst hoher Kinderzahl ließ sich för die meisten
Theoretiker am besten im Rahmen von Ehe und Familie umsetzen. 193 Die
Hochschätzung der Ehe, wie sie etwa der Bund zur Bekämpfung der Frau-
enemanzipation in seinem Programm festschrieb, war nicht länger nur reli-
giös oder konservativ-traditionell, sondern zunehmend national und bevöl-
kerungspolitisch begründet. Wiewohl das geltende Recht die hierarchische
Organisation der Ehe sanktionierte, schien die fraglose Unterordnung der
Frauen nicht mehr selbstverständlich zu sein, sondern mußte publizistisch
eingefordert werden: »Das Weib muß Weib bleiben, der Mann Mann. Das
Weib muß sich dem Mann unterordnen, der Mann hat die Pflicht, seine
Führerrechte weise zu gebrauchen. Nur auf solchem Grund gebaute Ehen
sind gesund, garantieren höchste Kräftesteigerung und eine würdige Nach-
kommenschaft.« 194 Auch hinsichtlich des Stellenwerts, den Kinder und Kin-
dererzichung im Leben vieler Frauen einnahmen, lagen offenbar Welten
zwischen dem Wunschbild der Menschenzüchter und der Realität. Nicht
umsonst mußte der rassenhygienische Kernsatz: »Höchste Lebenserfüllung
findet das Weib nur als Mutter« gebetsmühlenartig immer wieder unter die
Leute gebracht werden. 195
Mehr und mehr völkisch-nationalistische Verbände - wie etwa der Wehr-
verein oder der Deutschbund - schrieben die Förderung der Bevölkerungs-
zunahme auf ihre Fahnen. 196 Bevölkerungspolitische Leitsätze der Deut-
schen Gesellschaft für Rassenhygiene wurden begeistert nachgedruckt. 197
Schon kurz vor, erst recht aber im Ersten Weltkrieg schössen pronatalistische
Vereinigungen unter der Ägide von Biologen und Medizinern wie Pilze aus
dem Boden. Der katholische Gesundheitspolitiker Jean Bornträger initiierte
im Rheinland eine Vereinigung för kinderreiche Familien und Witwen, der
völkisch-lebensreformerische Schutzbund fürs deutsche Weib, 1916 aus den
Reihen des Wandervogels hervorgegangen, war dem Deutschen Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation brüderlich verbunden, und in Karls-
ruhe gründete der Schularzt Hermann Pauli zusammen mit dem antifemini-
stischen Aktivisten Arnold Rüge den Bund for deutsche Familie und Volks-
kraft.198 In Halle rief der Physiologe Emil Abderhalden einen Bund zur
Vermehrung der Völkskraft ins Leben und organisierte eine bevölkerungs-
politische Vortragsreihe an der Universität.199 1917 waren bei der Tagung
des Ausschusses for die Fragen der Vblksvermehrung 20 Organisationen
zugegen, die über eine halbe Million Mitglieder vertraten. Selbst Groß-
banken und Industriebetriebe beteiligten sich an bevölkerungspolitischen
Maßnahmen und begannen, ihren Angestellten Kinderprämien und Erzie-
hungsbeihilfen zu zahlen. 200 Experten zumeist männlichen Geschlechts
fühlten sich berufen, Vorschläge zur Steigerung der Gebärfreudigkeit zu

209
präsentieren und ließen dabei ihren Phantasien freien Lauf: Die Ideen reich-
ten von der anti-urbanistisch motivierten Bodenreform über die Schaffung
eines antikapitalistischen Volksstaates201 bis hin z u r - auf den Nationalsozia-
lismus vorverweisenden und von einer Frau vorgeschlagenen - Einführung
der angeblich »urgermanischen Mehrehe rassevverter Männer«. 202 Größeren
Realitätsgehalt besaßen da schon die Pläne Max von Grubers, des antifemi-
nistischen Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene. Er
entwickelte kurz vor und im Ersten Weltkrieg ein Ensemble bevölkerungs-
politischer Maßnahmen, von denen ein Teil heute (zumindest theoretisch)
zu den Steuerungsinstrumenten nicht nur der bundesrepublikanischen So-
zialpolitik gehört: Steuerliche Umverteilungen zugunsten kinderreicher
Familien, staatliche Erziehungsbeihilfen und die Förderung von Wohnei-
gentum für Familien.203
Als bekanntem Wissenschaftler und anerkanntem Rassenhygieniker war
von Gruber an der Verpflichtung des weiblichen Geschlechts auf Geburt und
Kindererziehung gelegen. Ausbildung, Berufstätigkeit, politische und sexu-
elle Selbstbestimmungsrechte von Frauen konnten da nur hinderlich sein.204
Diese Auffassung teilte er mit seinem antifeministischen Bundesgenossen,
dem Juristen und Mediziner von Behr-Pinnovv, dem zeitweiligen Vorsitzen-
den der antifeministischen Liga. Wie groß die Übereinstimmung zwischen
dem antifeministischen Bund und der »offiziellen« Politik in Hinblick auf
bevölkerungspolitische Positionen war, machen institutionelle Verflechtun-
gen mehr als deutlich. In Reaktion auf die Gründung des Bundes für Mut-
terschutz hatte der spätere Antifeministen-Chef als Kabinettsrat der Kaiserin
die Einrichtung einer Reihe von Institutionen in die Wege geleitet, die sich
die Verringerung der Säuglingssterblichkeit zum Ziel setzten. Zusammen
mit Fritz Rott leitete Behr-Pinnow das Kaiserin Auguste Victoria-Haus, eine
vom Reich und Preußen finanzierte Kinderklinik mit Modellcharakter, die
über ein Netz angeschlossener Krankenhäuser und Wohlfahrtsorganisatio-
nen beträchtlichen Einfluß ausübte. Seine Deutsche Gesellschaft für Säug-
lingsschutz amalgamierte philanthropische Traditionen der Kinderförsorge
mit eugenischen Vorstellungen und imperialistischen Interessen. Sozialhy-
giene und die Verringerung der Säuglingssterblichkeit waren, so die Über-
zeugung, ein wichtiger Markstein auf dem Weg zu deutscher Weltgel-
tung. 205
Als renommierte Experten för Bevölkerungspolitik waren Behr-Pinnow
und Gruber 1915 zu einem Symposium über die »Erhaltung und Mehrung
der deutschen Volkskraft« geladen, das die Zentralstelle för Volksw ohlfahrt
organisierte. 206 Vorsitzender der Zentralstelle war zeitweilig Ignaz Kaup, je-
ner Sympathisant des österreichischen Antisemiten Georg von Schönerer
und Verfechter antiurbanistischer Regenerationspläne, den von Gruber
1912 an sein Münchner Hygiene-Institut geholt hatte. Später machte er als

210
Chef des Hygiene-Instituts der Technischen Universität Berlin Karriere.
Kaup, Österreicher wie von Gruber, hatte seine Ablehnung der Frauenarbeit
; aus rassenhygienischer Sicht erstmals 1913 auf dem Verbandstag der
Deutschnationalen Handlungsgehilfen begründet. Die »Deutsche Handels-
Wacht«, das Organ der Handlungsgehilfen, hatte zuvor bereits von Grubers
Rede zum Zusammenhang zwischen Mädchenerziehung und Rassenhygie-
ne begeistert nachgedruckt. 207
Ebenfalls 1915 wurde unter dem Vorsitz von Julius Wolf die Deutsche
Gesellschaft för Bevölkerungspolitik ins Leben gerufen. Der Ökonom hatte
bereits 1912 den Geburtenrückgang als »Rationalisierung des Sexualle-
bens« analysiert und die Schuld dafür der Sozialdemokratie und der Frauen-
bewegung zugewiesen. Mit diesem Konzept ebenso wie mit seinem Ter-
minus vom »Zwei-Kinder-System« hatte Wolf andere Theoretiker des
Geburtenrückgangs wie Bornträger und Seeberg maßgeblich beeinflußt.208
Zu den Referenten auf der Gründungsversammlung der Gesellschaft för Be-
völkerungspolitik gehörte auch Antifeministen-Chef von Behr-Pinnow. Als
einzige Frau hatte man Paula Mueller vom Deutsch-Evangelischen Frauen-
bund eingeladen, wohl wissend, damit eine entschiedene Gegnerin aller se-
xualreformerischen Bestrebungen gewonnen zu haben. Tatsächlich beeilte
Mueller sich zu betonen, daß die »ernste deutsche Frauenbewegung« mit
ihrem Eintreten for das Persönlichkeitsrecht der Frau niemals eine Stellung-
nahme gegen die Familie verbunden habe und schrieb ihr die Zurückgewin-
nung der Frauen für den »Mutterberuf« als Hauptaufgabengebiet ins
Stammbuch. Dieser bevölkerungspolitische Kotau ging von Behr-Pinnow
offenbar noch nicht weit genug. Sein Vortrag bei dem Festakt im Preußi-
schen Abgeordnetenhaus enthielt eine unüberhörbare Spitze gegen die
Frauenbewegung, die das Ansehen der Hausfrau und Mutter »gründlich
herabgezogen« habe. 209 Gegenüber dem preußischen Innenminister befand
er gar, die Gesellschaft habe sich bezüglich der Geburtenkontrolle zu weit
auf die Positionen radikaler Frauenrechtlerinnen eingelassen.210
Der Rede Paula Muellers bei der Gründung der Deutschen Gesellschaft
for Bevölkerungspolitik war deutlich anzumerken, daß sie sich in der Defen-
sive befand. In der Tat geriet die Frauenbewegung, je länger der Krieg dau-
erte, durch die allgegenwärtigen Angriffe der Bevölkerungspolitiker und
Rassenhygieniker unter immer stärkeren Rechtfertigungsdruck. Ihre Geg-
ner hielten »mit einer gewissen absichtlichen Zähigkeit«, wie Gertrud Bäu-
mer sich ausdrückte, an der Vorstellung fest, die Frauenbewegung bewerte
die Berufstätigkeit der Frau höher als ihre Mutterschaft und könne von der
Bevölkerungspolitik daher nur als »negativer Faktor« angesehen werden.
Die Vorwürfe waren schwerwiegend genug, um den BDF zu einer Stellung-
nahme zu veranlassen und die jährliche Tagung 1916 unter das Motto
j »Frauenberufsfrage und Bevölkerungspolitik« zu stellen. 2 "

211
Freilich waren die Diskussionen kaum geeignet, das gegnerische »Vorur-
teil« zu entkräften. Zwar wurde das Ziel der Bevölkerungsvermehrung nicht
grundsätzlich in Frage gestellt und eine Reihe von Vorschlägen zu seiner
Umsetzung entwickelt, doch beharrten die Delegierten gegenüber dem
staatlich anvisierten Gebärzwang auf der weiblichen »Freiheit der Selbstbe-
stimmung«. Der Politik der bloßen Zahl stellten sie die Frage nach den
sozialen Umständen von Geburt und Kindererziehung entgegen und spra-
chen sich gegenüber dem staatlichen Verbot der Verbreitung von Kontra-
zeptiva für Geburtenplanung aus, weil »jedes Jahr unzählige Geburten vor-
kommen, die ein unverantwortliches Unrecht gegen Frauenkraft und
Frauenleben sind«.212 Gertrud Bäumer ging in ihrem Grundsatzreferat noch
weiter und übte heftige Kritik an der staatlichen Bevölkerungspolitik mit
ihrer »LTnterstellung der Geburtenfrage unter den Gesichtspunkt des Volks-
interesses«. An die Ethik Kants anknüpfend, forderte sie Frauen dazu auf, in
bevölkerungspolitischen Diskussionen stets daran zu erinnern, daß der
Mensch Selbstzweck sei und nicht zum Mittel staatlicher Politik erniedrigt
werden dürfe. Selbst ein so hoher Wert wie die Nation konnte nach Über-
zeugung der glühenden Nationalistin Bäumer nicht zur Vorrang staatlicher
Interessen über die »unantastbare Sphäre persönlicher Verantwortung« füh-
ren.
Bäumer verurteilte »den Umweg über Weltmachtserwägungen und die
Rücksicht auf die militärische Kraft« als Triebfeder der staatlichen Anstren-
gungen zur Geburtenvermehrung und forderte, statt dessen die Position
der Frauen in Familie und Staat aufzuwerten: »Denn es besteht ein unauflös-
licher Widerspruch zwischen dem, was die Bevölkerungspolitik ... von den
Müttern verlangt, und der Einflußlosigkeit, zu der sie in Familie und Staat
rechtlich und vielfach tatsächlich verurteilt sind.«213 In den mündlichen Ver-
handlungen hatte die BDF-Vorsitzende zur Abwehr staatlicher Geburtenbe-
gehrlichkeit Zeitungsberichten zufolge offenbar noch deutlichere Worte
gefunden. Wiewohl sie konzedierte, daß »das germanische Volk unter allen
Umständen die führende Stellung [in der Welt, U.P] einzunehmen habe«,
dürften sich Frauen, so die klare Aussage, nicht »in den Dienst der Macht-
stellung und Machtbehauptung zwingen lassen.«214 Von »Zurückweisung
der Zwangsverpflichtung« bei »euphorische(r) Einwilligung in die Freiwil-
ligkeit«215 konnte in der offiziellen Stellungnahme des BDF zur Geburten-
politik nicht die Rede sein. Selbst dort, wo sich Frauenrechtlerinnen in
pronatalistischer Absicht in die Debatte einmischten, knüpften sie ihre Be-
trachtungen an die Forderung nach mehr Frauenrechten und einer sozialen
und wirtschaftlichen Besserstellung der Familien.216
Da sich Frauen trotz pronatalistischer Politik und Propaganda den Ge-
bärzumutungen gegenüber als unzugänglich erwiesen, arbeiteten Regie-
rungsexperten und Parlamentskommissionen bevölkerungspolitische

212
j Zwangsmaßnahmen aus, die tief in das persönliche Leben von Frauen ein-
! griffen und nur deshalb nicht in die Praxis umgesetzt wurden, weil die No-
I vemberrevolution ihrer Ratifizierung zuvorkam. Nach den Entwürfen wa-
ren nicht nur - wie schon seit 1915 - Werbung und Verbreitung, sondern
', auch Produktion und Verkauf von empfängnisverhütenden Mitteln unter
Strafe gestellt. Ausgenommen von dieser Regelung waren lediglich Kondo-
! me, weil sie vor der Übertragung von Geschlechtskrankheiten schützten.
Damit war Frauen die Regulierung ihrer Fruchtbarkeit aus der Hand ge-
: nommcn. Ob der Geschlechtsverkehr geschützt oder ungeschützt vollzogen
wurde, ließ sich nicht gegen den Willen der (Ehe-)Männer durchsetzen.
Auch Mittel, mit denen sich die Unterbrechung einer Schwangerschaft
herbeiführen ließ, und die Werbung für Hilfe in »diskreten Frauenangele-
genheiten«, wie die Abtreibungsdienste in Tageszeitungen offeriert wurden,
sollten in das Verbot einbezogen werden. Abtreibungen durften nach den
Entwürfen nur noch von examinierten Medizinern vorgenommen werden.
Um die von den Ärzten recht großzügig gehandhabte Interpretation legaler
Abtreibungs- und Sterilisationsindikationen einzugrenzen, sollten Abtrei-
bungen nur noch dann zulässig sein, wenn die Fortsetzung der Schwanger-
schaft das Leben und die Gesundheit der Mutter existentiell gefährdete.
Unter Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht wollte man Mediziner
dazu verpflichten, Name und Adresse der Frauen, an denen sie Abtreibun-
gen vorgenommen hatten, den Behörden zu melden. 217
Abgesehen von solchen Zwangsmaßnahmen setzten Rassenhygieniker,
Bevölkerungspolitiker und ihre Sympathisanten in der bürgerlichen Presse
ihre ganze Hoffnung auf die planmäßige Erziehung der jungen Mädchen
• zur Gebärfreudigkeit. Der »Kunstwart« hatte schon vor dem Ersten Welt-
krieg das Hohelied der Mutterschaft gesungen, und je länger der Krieg mit
seinen Hunderttausenden von Toten dauerte, desto mehr Stimmen fielen in
den Kanon ein. Der Heimatschützer Heinrich Pudor rief nach der Einrich-
tung regelrechter »Mutterschulen«, und der völkische Lebensreformer Emil
Peters hatte diesen Vorschlag bereits praktisch umgesetzt und betrieb in der
ländlichen Umgebung Berlins eine private Haushalts- und Mutterschule für
junge Mädchen in dem ausdrücklichen Bestreben, »das weibliche Ge-
schlecht zu nationalem und biologisch-sozialem Denken« heranzuziehen. 218
Die Erziehung junger Frauen zu ihrem »natürlichen« Beruf hatten jedoch
nicht nur Lebensreformer und obskure völkische Zirkel auf ihre Fahnen
geschrieben, sie war auch legitimes Bildungsziel staatlicher und städtischer
Schulpolitik. Preußen hatte im Frühjahr 1909 quasi als Gegengewicht zu
den universitätsvorbereitenden Studienanstalten sogenannte Frauenschulen
eingeführt, die im Anschluß an das Lyzeum »typisch weibliche« Kenntnisse
und Fähigkeiten vermittelten: Hauswirtschaft, Gesundheitslehre, Säug-
lingspflege und Kindererziehung, angereichert durch ein wenig Gesetzes-

213
künde und Volkswirtschaft. »Hier werden die jungen Mädchen, die nicht in
die männliche Berufsphäre einzudringen beabsichtigen, mit dem prakti-
schen Leben vertraut gemacht, wie es täglich an eine echte deutsche Haus-
frau herantritt«, jubelte der Breslauer Antifeminist und Staatsrechtler von
Gerhardt in seinem »Monatsblatt för Deutsche Beamte« angesichts des
preußischen Erziehungsprogramms zur Weiblichkeit. Die hochgelobten
Frauenschulen krankten freilich an einem entscheidenden Manko: Die
Schulform, die weder Berechtigungspatente verlieh noch Qualifizierung für
einen marktvermittelten Beruf anbot, vermochte weder Eltern noch Schüle-
rinnen zu überzeugen. Der Frauenschule liefen die Schülerinnen davon oder
gar nicht erst zu, und selbst von Gerhardt mußte einräumen, daß diese
»ideale Einrichtung ... keine Lebensfähigkeit besitzt«.219 Tatsächlich ging
dieser Schultyp während des Ersten Weltkriegs aus Mangel an Besucherin-
nen sang- und klanglos ein - ein deutliches Indiz dafür, daß aller Rhetorik
von der Wertschätzung der Hausfrau und Mutter zum Trotz Eltern eine
berufsfachliche Ausbildung für ihre Töchter vorzogen. In Stettin und in
Duisburg wurden die unattraktiven Frauenschulen durch Frauendienstschu-
len ersetzt, die sich bei ähnlicher praktischer Orientierung im theoretischen
Unterricht das Ziel setzten, »den jungen Mädchen den Gedanken der
Staatsbürgerschaft nahe zu bringen«.22" Die Erziehung zum Staatsbürger
hatte im Ersten Weltkrieg erstmals auch die weibliche Jugend erfaßt.221

5.8. Widersprüche: Pronatalismus und die Unkontrollier-


barkeit weiblicher Sexualität

Die pronatalistischen Bestrebungen hatten zwar die »Geburtenfrage« zum


Thema öffentlicher Diskussion gemacht, sie dabei aber zur Produktion von
»Menschenmaterial« fonktionalisiert und vom Hintergrund weiblicher Le-
benserfahrung abgelöst. Faktisch hatte der bevölkerungspolitische Diskurs
eine Trennung von Sexualität und Fortpflanzung vorgenommen Bespro-
chen und gefordert wurde Fortpflanzung; die emotionale und sexuelle Seite
der Kindererzeugung wurde davon abgespalten und aus der öffentlichen
Rede verbannt. Das Verschweigen weiblicher Sexualität im Fortpflanzungs-
diskurs hatte zur Folge, daß die sexuelle Komponente in anderen Zusam-
menhängen wiederkehrte: Die publizistische Erörterung weiblicher Klei-
dungs- und Verhaltensweisen enthielt neben nationalistischen deutlich auch
sexualisierte Untertöne.
Der Erste Weltkrieg führte in einem bisher ungekannten Ausmaß zur Se-
parierung der Geschlechter und trennte (Ehe-)Partner auf unbestimmte
Zeit voneinander. Während die Militärfohrung die Sexualität der eingezoge-

214
nen Soldaten durch die Duldung von Prostitution und die gezielte Aufklä-
rung über die Möglichkeiten zur Vorbeugung vor Geschlechtskrankheiten
noch leidlich unter Kontrolle hatte, waren die sexuellen Kontakte von Frau-
en ungleich schwieriger zu überwachen.
Den eingezogenen Soldaten war an der sexuellen Treue ihrer Ehefrauen
gelegen, und auch der Staats- und Militärführung konnte das Verhalten der
»Kriegerfrauen« wegen der Stimmung unter den Truppen nicht gleichgültig
sein. Die Forderung nach sexueller Abstinenz für Frauen bei gleichzeitiger
Duldung der (Front-)Prostitution stand im Einklang mit der geltenden Se-
xualmoral, die auch schon vor dem Krieg Männern gestattet hatte, was sie
Frauen verbot. Neu war indessen die Reichweite, die dem Thema zugemes-
sen wurde. Ebenso wie die Diskussion um den Geburtenrückgang überführ-
te auch die Geschlechtertrennung im Ersten Weltkrieg den privaten Raum
der Sexualität in eine Frage von nationaler Bedeutung, und in beiden Fällen
war das Verhalten der Frauen von weitaus größerem öffentlichen Belang.
Während für die kämpfenden Soldaten das Militärrecht galt, entwickelten
die militärischen und polizeilichen Behörden zur Disziplinierung der »Krie-
gerfrauen« wie überhaupt der Zivilbevölkerung eine ausgefeilte Beobach-
tungspraxis.222 Im Fokus der behördlichen Aufmerksamkeit standen vor al-
lem außereheliche Kontakte der »Kriegerfrauen« und sexuelle Beziehungen
zu Kriegsgefangenen. Sexualität und Treue waren, wie die Schützengraben-
und Armeezeitungen zeigen, ein beherrschendes Thema unter den Soldaten
an der Front. 223 Mit Rücksicht auf die »Kampfesmoral« machte sich der Staat
daher zum Handlanger der eingezogenen Ehemänner und versuchte, die
eheliche Treue der »Kriegerfrauen« durch rigide Überwachung sicher-
zustellen. Schlimmer noch erging es jener zunehmenden Zahl von Frauen
und Mädchen, die Beziehungen zu Kriegsgefangenen unterhielten. Wurde
eine solche Verbindung bekannt, wurde die Frau verurteilt und durch Veröf-
fentlichung ihres Namens in den Tageszeitungen stigmatisiert.224
Wo die Vorgänge nicht justiziabel waren, übernahm die Presse das Amt
des Sittenrichters und suchte das Verhalten der weiblichen Bevölkerung
durch publizistische Beeinflussung zu steuern. Die unterschwellig sexuali-
sierten Debatten über Kleidungsstil und Freizeitverhalten von Frauen signa-
lisierten, welche Probleme die Gesellschaft abwesender Männer mit dem
Potential weiblicher Sexualität hatte. Die Reden über Mode und Schmuck,
über »Sitten-« und »Würdelosigkeiten« sprachen zugleich über die Unkon-
trollierbarkeit weiblicher Lust.
Der Krieg hatte kaum begonnen, da startete Pastor Bohn, ausgewiesener
Antifeminist und Generalsekretär der evangelischen »Frauenhülfe«, bereits
eine Pressekampagne, die zum Kampf gegen die »dreiste Sittenlosigkeit ei-
ner durch und durch undeutschen Frauentracht« aufrief.225 In Berlin
klatschten 2.200 Anhänger und Anhängerinnen des Wehrvereins Beifall, als

215
der Chefredakteur des »Thürmer« gegen das »kleinlich gepflegte Ich« der
Frauen zu Felde zog und sie in der Mode wie im Gesellschaftsleben der
»undeutschen« Vorliebe for alles »Fremdtümliche« zieh.226 Der »Kunstwart«
machte sich zum Fürsprecher einer »deutschen Mode« und forderte ge-
meinsam mit dem Deutschen Werkbund, dem Dürerbund und dem Ver-
band für Deutsche Frauenkleidung und Frauenkultur sparsamen Umgang
mit Material, die Verwendung heimischer Erzeugnisse und mehr Unabhän-
gigkeit vom englischen und französischen »Modediktat«. Herausgeber
Friedrich Avenarius wollte gar die nach kapitalistischen Gesetzesmäßigkei-
ten verlaufende Mode durch eine »deutsche Typentracht« ersetzen, die An-
leihen bei den vormodernen ständischen Kleiderordnungen machte. 227 Sein
Redakteur Wilhelm Stapel nahm die Gelegenheit zum Anlaß, der Frauenbe-
wegung Untätigkeit gegenüber dem »Modejammer« vorzuwerfen und ihr—
unter Anspielung auf das erstrebte Stimmrecht - mangelnde politische Reife
zu unterstellen - ein Vorwurf, der zu einem heftigen Schlagabtausch zwi-
schen dem »Kunstvvart« und der BDF-Vorsitzenden Gertrud Bäumer führ-
te. 228
So sehr sich die Debatte vordergründig um nationale Autarkie und den
Umgang mit knappen Ressourcen drehte, so sehr machten die verwendeten
Attribute deutlich, daß es um mehr als um eine volkswirtschaftliche Kosten-
Nutzen-Rechnung ging. Wilhelm Stapel nannte die herrschende Mode
»skandalös«, und dem Dürerbund, der Organisation der »Kunstwart«-
Gemeinde, galten die »übereleganten, verschrobenen Damentoiletten«
schlicht als »Frivolität«.229 Damit war nicht nur gemeint, daß - wie eine
»Kunstwart«-Autorin monierte - die »Sorglosigkeit« und das »Puppenhaf-
te« der geltenden Moderichtung dem Ernst der Zeil nicht entspräche. 230
Sobald ein Mann die Feder ergriff, erhielt die Debatte deutlich sexualisierte
Konnotationen. Sittenrichter Wilhelm Stapel erregte sich über tiefe Aus-
schnitte und kurze Röcke, die hochhackige Stiefel sehen ließen, und ein
Gesinnungsgenosse vom Dürerbund brachte die »frivole« Damenmode
umstandslos in Zusammenhang mit der sexuellen Libertinage der »Krieger-
frauen, die die Abwesenheit des Mannes als kino- und kuchenfrohe Ferien-
zeit betrachten. ... Aus der Faulheit blüht die Sinnlichkeit empor, und wenn
eines Tages der Mann aus der Front auf Urlaub kommt, findet er den Frem-
den im Haus.«231 Auch die »Wehr« des antifeministischen Generals Keim
berichtete von »aufgeputzte(n) Frauen«, die »gepaart mit leichtsinnigen
Lebemännern« die Tage zubrächten. Andere Redewendungen enthielten
noch deutlichere Anspielungen. Die merkwürdig anmutende Formulie-
rung, daß sich das wilde »Treiben« in der »Heimat« vor den Augen der
Fronturlauber »würde- und schamlos spreizt«, erweckte durchaus nicht zu-
fällig die Assoziation einer Prostituierten beim Geschlechtsverkehr.232
Faktisch wie metaphorisch stand das weibliche Geschlecht unter Pro-

216
stitutionsverdacht. Der Münchner Polizeipräsident von Grundherr wies sei-
ne Beamten an, die Personalien »besonders auffällig« gekleideter Frauen
festzustellen und begründete seine Maßnahme mit »sittenpolizeiliche(n)
und sicherheitspolizeiliche(n) Bedenken«. Auch die Kleidung könne »auf-
reizen und öffentliches Ärgernis erregen«, behauptete der Münchner Mode-
polizist und glaubte die Staatshüter berufen, gegen die »Auswüchse der
Mode« einzuschreiten. 233 Anstößig erschienen ihm insbesondere kurze Rök-
ke, tiefe Ausschnitte und die Betonung der Hüften - mithin genau jene
modischen Attribute, mit denen die sexuelle Attraktivität von Frauen betont
werden sollte. Das Sexualverhalten von Frauen wurde im Krieg noch stärker
als zuvor zum Gegenstand öffentlich-nationalen Interesses. Der Frauenkör-
per wurde metaphorisch zum »Volkskörper« umgewandelt, dessen »Rein-
heit« staatliche Instanzen in Vertretung der abwesenden Ehemänner zu
überwachen hatten. Tatsächlich konnte jede Frau, die bezichtigt wurde, mit
wechselnden Partnern geschlafen zu haben, als Prostituierte polizeilich regi-
striert werden. Tendenziell avancierten so alle Frauen zum Objekt sittenpo-
lizeilicher Kontrolle. 234
Wie weit der generelle Prostitutionsverdacht gegen die Frauen an der
»Heimatfront« ging, zeigte sich an dem Stellenwert, den die weibliche
Kopfbedeckung in der Debatte um Mode und Moral einnahm. Hatten sich
vor dem Ersten Weltkrieg Frauen der gehobeneren Gesellschaffsklassen nur
gut »behütet« in der Öffentlichkeit gezeigt, zog sich der Hut während des
Krieges auf ein Mindestformat zurück oder verschwand ganz von den Köp-
fen. Damit gab er den Blick auf das Haar als einem dominanten weiblichen
Sexualsymbol frei - ein permanenter Stein des Anstoßes för die Tugend-
wächter, die das modisch-kleine »Hütlein« und den »unverschämten Sech-
ser« - eine Haartolle im Gesicht - in Bezug zu »keckem Auftreten und
herausfordernder Haltung« setzten und darin einen Beweis för die »dreiste
Sittenlosigkeit« ihrer Trägerinnen sahen.235 Unter Kriegsbedingungen - im
System der abwesenden »Beschützer« - genügte neben Modebewußtsein
offenbar allein schon das selbstbewußte Auftreten von Frauen in der Öffent-
lichkeit, um sie in den Geruch sexueller Leichtfertigkeit zu bringen. Diese
Vermutung wird von zeitgenössischen Berichten über weibliche Angestellte
bestätigt, in denen der Hinweis auf das offene Haar und den fehlenden Hut
als Kennzeichen der Kokotten nicht fehlen durfte. »Backfische und Mode-
püppchen«, schimpfte etwa die »Monatsschrift för Deutsche Beamte« im
Sommer 1918 über »die »schön« frisierten Damen, die jetzt morgens mit
durchbrochenen Strümpfen, in mit Riesenschleifen gezierten Stöckelschu-
hen, mit hohen Turm- oder Lockenfrisuren, in leuchtenden Jacken und
Glaceehandschuhen, ohne Hut durch die Tore von Behörden und Behör-
denersatz trippeln«. 236
Die weiblichen Angestellten symbolisierten wie keine andere Berufsgrup-

217
pe den Typus der »neuen Frau«, die - unverheiratet und finanziell selbständig
- traditionellen Kontrollmechanismen nicht mehr unterlag. Der - vielfach
nur imaginierte - Ausbruch aus traditionellen Bindungen konnte von der
männlich dominierten publizistischen Öffentlichkeit augenscheinlich nur als
erotische Libertinage begriffen werden und wurde in sexualisierte Chiffren
gefaßt. Diese Sexualisierung widerfuhr im Ersten Weltkrieg allen Frauen, die
als Frau wahrnehmbar und ohne zugehörigen Mann in der Öffentlichkeit
auftraten. Die kriegsbedingte Abwesenheit der Männer wurde offenbar als
massiver Kontrollverlust über das Handeln und die Sexualität von Frauen
erlebt. Unter der Debatte über die »Modetorheiten« deutscher Frauen ver-
barg sich ein Diskurs über weibliche Sexualität, der von Frauen sexuelle
Abstinenz verlangte.
Viele Frauenvereine machten sich diesen Anspruch auf ausschließlich
weibliche Enthaltsamkeit zu eigen und versuchten, ihre Mitglieder auf sexu-
elle Askese zu verpflichten.23" Gleichzeitig aber wurde in den Publikationsor-
ganen der »nationalen Opposition« mit der Behauptung, das »öffentliche
Leben in der Heimat« sei »des Heldentums unserer Krieger nicht würdig«,
schon seit 1916 eine geschlechterpolitische Dolchstoßlegende vorbereitet:
die Unterwanderung der Kampfesmoral durch die »Sittenlosigkeit« an der
weiblichen »Heimatfront«.238
Schamlosigkeit wurde aber auch jener zunehmenden Zahl von Frauen
unterstellt, die sich »keck in Hosen überall zeigen und ganz abgestumpft
sind gegen jedes Schicklichkeitsgeföhl«. Das Münchner Generalkommando
kündigte sogar polizeiliche Maßnahmen gegen Frauen in solchem »Aufzu-
ge« an. Die öffentliche Empörung richtete sich sowohl gegen »reifere«
hosentragendc Damen, die sich in Kurorten bei sportlicher Betätigung er-
holten, als auch gegen junge Mädchen, welche die in den Fabriken vor-
geschriebenen Hosenanzüge in der Freizeit beibehielten. In beiden Fäl-
len handelte es sich um alleinstehende und ökonomisch selbständige Frauen,
die in den Augen der empörten Zeitgenossen ein »Erwerbs- und Genuß-
leben« führten und dabei offenbar recht gut ohne Mann zurechtkamen. Die
abseits legitimer Sachzwänge wie Sport oder Arbeit getragene »Hosen-
tracht« erschien als Symbol dafür, daß diese Frauen »es dem Manne in allem
gleichtun wollen« und unwillig waren, Mütter zu werden. Auch das schien
vielen Zeitgenossinnen und Zeitgenossen die Moral in Kriegszeiten zu un-
tergraben.239
Empörte und angeekelte Berichte über weibliches Verhalten waren aber
keine Spezialität der politischen Rechten, sondern auch unter intellektuellen
Rcpräsentaten des modernen Kapitalismus zu finden. Kein geringerer als
Walther Rathenau verband 1917 seine Zukunftsvision »Von kommenden
Dingen« mit einer Philippika gegen das weibliche Geschlecht. Seine Klage
über die moderne Zivilisation wollte in Anlehnung an Werner Sombarts

218
Kapitalismustheorie240 im von Arbeit und Verpflichtung freigestellten »Lu-
xusweib« der Oberschicht die Inkarnation der industriekapitalistischen
Wirtschafts- und Gesellschaftsform erkennen und war blind gegenüber der
Funktion von Verschwendung - in seinem Artikel ausschließlich Frauen zur
Last gelegt - im kapitalistischen Wirtschaftssystem. Ohne daß es ausgespro-
chen wurde, bildete der Krieg den Bezugspunkt dieser Fundamentalkritik an
Vergnügungsgier und Modesucht, Imponierlust und Begehrlichkeit. Das
wurde besonders in jenen Passagen deutlich, in denen Rathenau gegen die
weibliche Sexualität zu Felde zog und dabei die Abwesenheit der Männer
beklagte. »Dirnenhang, vormals vom Manne gebändigt, durfte sich entfal-
ten«, schimpfte der Großindustrielle auf die »negerhaften Urgelüste«, die
»durch Jahrtausende gebändigt, im Frauenleben unserer Zeit empor-
gestiegen sind« und prophezeite, daß »deren Schande und Not die F.nkci
entsetzen wird.« Abhilfe konnte im durch und durch männlichen Weltbild
des AEG-Chefs nur von Männern geschaffen werden: Ihnen oblag es, einer
verirrten Frauenbewegung ihr wahres Ziel zu entschleiern und damit der
Frauen »Wandlung zu hoher Menschlichkeit« einzuleiten.241

5.9. Rosen u n d Schokolade: Sexualität, patriotische


Frauenorganisationen und die Rede von der nationalen
Unzuverlässigkeit der Frau

Nationalismus, weibliche Sexualität und die Abwesenheit der Männer - die-


se Themenmischung war im Ersten Weltkrieg von Anfang an präsent. Gera-
dezu als Akt nationalen Hochverrats wurde bereits in den ersten Kriegswo-
chen jeglicher Versuch von Frauen gevvertet, mit Kriegsgefangenen Kontakt
aufzunehmen. Und auch hier wurden die vermeintlichen Vergehen allein auf
Frauen bezogen und in sexualisierten Chiffren transportiert. Insbesondere
die nationale, aber auch die freisinnige Presse legte schon kurz nach Kriegs-
beginn wutschnaubende Empörung über die »Würdelosigkeit »deutscher«
Frauen« an den Tag, denen per Anführungszeichen die Zugehörigkeit zur
deutschen Nation abgesprochen wurde. Die Meldungen erweckten den
Eindruck, als hätten Tausende von Frauen und Mädchen die eintreffenden
französischen und belgischen Kriegsgefangenen auf den Bahnhöfen mit
Schokolade, Kuchen, Bonbons, Rosen und Zigaretten geradezu überschüt-
tet. Wiewohl aus den Bemerkungen ersichtlich wurde, daß Frauen und
Männer aller Gesellschaftsschichten die Ankunft der Kriegsgefangenen be-
obachteten, stand allein das Verhalten der Frauen im Kreuzfeuer der Kri-
tik.242 Jede Annäherung von Frauen an Kriegsgefangene wurde als »Vater-
landsverrat« begriffen und mit Prostitution gleichgesetzt. »Schamlose

219
Weiber«, hieß es in den Zeitungskommentaren, hätten die »Künste ihrer
Koketterie spielen lassen«,243 »abenteuernde Dämchen« benutzten »den
Ernst der Stunde, um am Lächeln des in sicherer Hut befindlichen Feindes
ihre Sinnenlust zu befriedigen«.244 Die »Deutsche Zeitung« wurde noch
deutlicher und kommentierte:

»Wenn nicht übereinstimmend bekundet würde, daß sich in der Hauptsache »Da-
men« der ersten Gesellschaftsschichten so erbärmlich würdelos benommen haben,
hätte man auf den Charakter und die Absichten dieser »Frauen« und »Mädchen«
Rückschlüsse ziehen können, die es möglich gemacht hätten, über diese skandalösen
Vorgänge mit einem Achselzucken hinwegzugehen.«245

Militärs sahen durch das Verhalten der Frauen die »nationale Ehre«
Deutschlands angetastet, während die »Vössische Zeitung« gar von einem
»Verstoß gegen die Geschlechtsehre« sprach.246 Auch hier zeigte sich wieder,
daß der Frauenkörper symbolisch längst in den »Volkskörper« überführt
worden war. Jeder vermeintliche Verstoß gegen einen rigiden Tugendkata-
log wurde daher als Angriff auf die nationale Identität gewertet. Darüber
hinaus erschien die Begrüßung fremder Soldaten als kollektiver Verrat an
den kämpfenden Männern und Ehemännern, als eine Art massenhafter Ehe-
bruch. Welche sexuellen (Rache- )Phantasien in diesen Debatten am Werke
waren, wird aus einem Artikel der »Hamburger Nachrichten« deutlich, die
sich angesichts der zu »Liebkosungen« stilisierten Willkommensgrüße be-
müßigt fühlten, die deutschen Frauen daran zu erinnern, daß sie ihre sexu-
elle Integrität allein dem Schutz der Soldaten verdankten: »Käme der Fran-
zose nicht als Gefangener, sondern als Sieger: unseren Mädchen und Frauen
würde es fürchterlich ergehen; wir mögen die Schrecken nicht ausdenken,
geschweige denn ausmalen.« 247
Weibliches Handeln war mitnichten Privatsache, sondern wurde unter
Kriegsbedingungen noch mehr als sonst zum Gegenstand öffentlichen In-
teresses. Patriotische Frauen und Frauenverbände fürchteten offenbar, in
den Strudel der Beschuldigungen hineingerissen zu werden und distanzier-
ten sich mit harschen Worten. 248 Die Wogen der Empörung schlugen so
hoch, daß ein Ministerialerlaß die Regierungspräsidenten anwies, Bahnhöfe
bei Gefangenentransporten abzusperren und zivilem Publikum den Zugang
zu Gefangenenlagern zu untersagen. Die Bahnhofskommandeure hatten
dafür zu sorgen, daß »Liebesgaben« nur noch an deutsche Soldaten verteilt
wurden. 249 Die militärischen Generalkommandos kündigten an, die
Personalien der weiblichen Neugierigen feststellen zu lassen und - eine mo-
derne Variante des mittelalterlichen Prangers - ihre Namen in den Tageszei-
tungen zu veröffentlichen.250
Auch das Rote Kreuz schaltete sich in die Diskussion ein und wies wieder-
holt daraufhin, daß die Verpflegung der Kriegsgefangenen allein Sache der

220
i Militärverwaltung sei.251 Die Bekanntmachungen richteten sich nicht nur
I an die Öffentlichkeit, sondern auch an die eigenen Mitstreiterinnen. Die
\ Hilfsorganisation war durch die Vorfälle unter heftigen Druck geraten,
j waren von den Vorwürfen doch auch ihre Mitarbeiterinnen betrof-
[ fen. Zweigvereine übten öffentlich Selbstkritik und beeilten sich, »unsere
\ verirrten Mitschwestern zu ihrer Pflicht zurückzurufen«. 252 In der natio-
i nalistischen Aufruhr des Kriegsbeginns war eine Versorgung der Kriegs-
gefangenen durch Rotkreuz-Helferinnen offenbar nicht ohne Presseschelte
möglich. 253
Bei genauerem Hinsehen freilich erwiesen sich eine Reihe von Meldungen
; als Gemengelage von Übertreibungen und Halbwahrheiten, die eine Zei-
tung von der anderen abschrieb. Mehr als einmal erschienen in den Folge-
j wochen kleine und unauffällig plazierte Pressenotizen, aus denen hervor-
, ging, daß sich die inkriminierten Vorgänge anders als berichtet oder in der
> betreffenden Stadt überhaupt nicht abgespielt hatten. So manche der den
| Gefangenen gereichten Rosen und Schokoladen entpuppte sich als Wasser
und Brot, das nicht den Gefangenen selbst, sondern den deutschen Begleit-
: mannschaften übergeben worden war.254 Der allgegenwärtige Verweis auf
l verschenkte Rosen und Schokolade entsprach wohl weniger den tatsächli-
chen Gegebenheiten, als daß er symbolisch zu verstehen ist: Gezeigt werden
: sollte, daß Frauen Luxusgüter an Fremde verschwendeten, die im Krieg rar
I waren. Daß Frauen Rosen, die gemeinhin in Liebesbeziehungen ihren Platz
hatten, verschenkt haben sollten, unterstrich noch die Bedeutung dieses
unpatriotischen Akts. Wichtiger als präzise Information war die Botschaft,
: die da lautete: Während die Männer draußen kämpften, verlustierten sich
Frauen zu Hause mit den Kriegsgegnern und gaben kriegswichtige Ressour-
• cen oder gar sich selbst dem »Feind« preis. Damit war die zugrunde liegende
Aussage der stereotypen, aber weithin kolportierten Geschichten klar: Das
weibliche Geschlecht war national unzuverlässig und zu patriotischem Han-
deln unfähig.
Daß diese Botschaft im Sommer und Frühherbst des Jahres 1914 verbrei-
tet wurde, erscheint nach diesen Betrachtungen nicht mehr als Zufall. War
das doch genau die Zeit, da sich Frauen anschickten, mit offizieller Billigung
des Staates im Roten Kreuz, den Vaterländischen Frauenvereinen und im
Nationalen Frauendienst ihren Patriotismus unter Beweis zu stellen.
Der Vaterländische Frauenverein und die Frauenvereine vom Roten Kreuz
hatten bürgerlichen und adeligen Frauen einen weiblichen Weg zu Helden-
tum und Ehre gewiesen. Sammlungstätigkeit för die Aufrüstung und vor
allem die Vorbereitungskurse för die Kriegskrankenpflege eröffneten konser-
vativ-nationalistischen Frauen partiellen Zugang zur Welt des Militärs und
boten ihnen eine gesellschaftlich sanktionierte Möglichkeit, an Glanz und
Glorie des wilhelminischen Militarismus teilzuhaben. Die militärischen

221
Knegsplaner erkannten früh die Möglichkeit, die vorgeblich weiblichen Ei-
genschaften des Helfens und Heilens für die effektive Kriegsführung zu
nutzen. Die Verwundetenpflege war mitnichten ein humanitärer Akt, son-
dern diente der schnellen Wiederherstellung kriegstauglichen »Menschen-
materials«. Schon vor dem Ersten Weltkrieg nahmen die Mitglieder der Va-
terländischen Frauenvereine daher an den Übungen der Kriegervereine und
Sanitätskolonnen teil. Für den Kriegsfall waren gemeinsame Mobilma-
chungskommissionen vorgesehen, und die Kriegssanitätsordnung unter-
warf Frauen wie Männer dem Kriegsrecht und den Disziplinarvorschriften.
Kein Wunder, daß diese Frauen sich als »Soldaten des Vaterländischen Frau-
envereins« empfanden und von ihrem »Heer der Frauen« sprachen. »Gleich-
große mut'ge Helferinnen« wollten sie sein, Anteil haben am nationalisti-
schen Aufschwung der wilhelminischen Ära, gesellschaftliche Anerkennung
erfahren und, so legt Andrea Süchtings kenntnisreiche Studie über den
Vaterländischen Frauenverein nahe, ihrem Alltag durch Handeln Sinn verlei-
hen.255 Noch die parteipolitisch liberale Gertrud Bäumer begrüßte den Ein-
satz im Kriegsdienst, weil er die Frauen endlich aus ihrer »Zuschauer-
verdammnis« erlöse.256
Ebensowenig wie in den anderen Frauenorganisationen der imperialisti-
schen Verbände - dem Flottenbund deutscher Frauen, dem Deutschen
Frauenverein för die Ostmarken, dem Deutsch-kolonialen Frauenbund oder
unter den Frauen im Alldeutschen Verband und im Wehrverein des Antife-
ministen August Keim - war das Streben der Frauenvereine vom Roten
Kreuz, zu denen auch der Vaterländische Frauenverein gehörte, auf demo-
kratische Partizipation gerichtet. Partizipationshoffnungen ließen sich auch
an den nationalistischen Machtstaat adressieren - nicht nur von »kleinen
Leuten« männlichen Geschlechts,257 sondern auch von bürgerlichen und
adeligen Frauen.
Der nur vermeintlich exklusiv männliche wilhelminische Militarismus kam
diesen Bedürfnissen entgegen - mit der Bereitstellung von Identifikations-
angeboten, der Öffnung nationalistischer Organisationen för Frauen, mit
der partiellen Integration von Frauen in die militärische Kriegsvorbereitung
und schließlich mit der (Selbst- Mobilisierung der Frauen für einen Krieg,
der ohne das Zusammenwirken beider Geschlechter nicht föhrbar gewesen
wäre.
Die bürgerliche Nationalideologie des 19. Jahrhunderts hatte Frauen
nicht aus der Nation verbannt, sondern ihnen spezifische Einflußsphären
eingeräumt, deren konstitutive Bedeutung für die Existenz des National-
staates nicht bestritten wurde. Gegen Ende des Jahrhunderts geriet die
Theorie des publizistischen (Geschlechter-)Diskurses zunehmend in Kon-
flikt mit dem Populismus des modernen Nationalismus, der die Zustim-
mungserklärung einer Massenbasis erheischte und Frauen unter dem Flag-

222
schiff des »Patriotismus« in die Politik einbezog. Dieser Dynamik konnte
sich selbst der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation nicht entzie-
hen. Nicht umsonst sah er sich genötigt, trotz aller Angriffe auf emanzipati-
ve Frauenbestrebungen ausdrücklich die Unterstützung »nationaler« Frau-
enorganisationen in sein Programm aufzunehmen.
Die Politisierung von Frauen unter patriotischem Vorzeichen verlief frei-
lich ebensowenig konfliktfrei wie die Militarisierung der weiblichen Verwun-
detentürsorge im Zuge der Kriegsvorbereitung.258 Die Heranziehung des
weiblichen Geschlechts zum ersten Massenkrieg der deutschen Geschichte
erweckte Mißtrauen und Argwohn zumal dann, wenn Frauen sich auf tradi-
tionell männlichen Domänen tummelten. Der Krieg hatte Männer aller
Schichten nicht nur ihrer Funktion als Ernährer und Oberhaupt der Familie
beraubt, sondern auch ihrer Rolle als Beschützer. Die erfolgreiche Kriegs-
führung hing im ersten industrialisierten Krieg der Moderne nicht mehr
allein von der Tapferkeit der Soldaten ab, sondern mehr noch von der
Rüstungsproduktion an der »Heimatfront« und der effektiven Versorgung
des »Arbeitsheeres« in den Rüstungsbetrieben. An beidem - der Bereitstel-
lung des Nachschubs für die Materialschlachtcn und an der Reproduktion
der Kriegsgüter produzierenden »Zivilbevölkerung« - hatten Frauen ent-
scheidenden Anteil. Phantasien über einen künftigen Geschlechterkrieg
durch die Integration von Frauen in die Kriegswirtschaft müssen ebenso vor
diesem Hintergrund interpretiert werden wie die angeführten Meldungen,
in denen es darum ging, gegenüber der Einbeziehung von Frauen in
ursprünglich männlich-militärische Funktionen wie die Versorgung von
Kriegsgefangenen oder den Sanitätsdienst die nationale Unzuverlässigkeit
des weiblichen Geschlechts unter Beweis zu stellen. In beiden Fällen ging es
darum, den Krieg als letztes exklusiv männliches Großereignis zu retten.259
Mit dem Patriotismus der »Frauenwelt«, suggerierten die Berichte in den
Zeitungen, konnte es nicht allzu weit her sein, wenn selbst geschulte Rot-
Kreuz-Damen und ausgebildete Krankenschwestern den Kriegsgegnern
übergebührliche Aufmerksamkeit zukommen ließen.260 Konsequenterweise
forderte die »Vossische Zeitung« daher, Frauen von der nationalen »Erhe-
bung ihres Vaterlandes« auszuschließen.261 Dem »Berliner Lokal-Anzeiger«
erschien das unangemessene Verhalten von Frauen geradezu als notwendige
Begleiterscheinung der Mobilisierung weiblicher Kräfte im Zeichen der Na-
tion. Wenn die Aktivierung von Frauen bei allen positiven Effekten eine
solche »Kehrseite der Medaille« aufwies, so die unausgesprochene Implika-
tion vieler Meldungen, taten die politisch Verantwortlichen gut daran, die
zu erwartende Hilfe von Frauen und das von den Repräsentantinnen der
bürgerlichen Frauenbewegung angebotene »weibliche Staatsbürgertum«
nicht allzu hoch einzuschätzen. 262

223
5.10. Die »Neuorientierung« und die Folgen:
Erweiterung politischer Partizipationsrechte von Frauen
auch o h n e Revolution?

Hatten die Debatten um Bevölkerungspolitik und Frauenstudium, Frauen-


arbeit und die Gefährdung von »Männerarbeitsplätzen« zunächst die Diskus-
sion um das Frauenstimmrecht in den Hintergrund gedrängt, stand die Fra-
ge der weiblichen Partizipation am Nationalstaat in der zweiten Kriegshälfte
erneut auf der politischen Tagesordnung. Dazu hatten nicht zuletzt die
Gegner des »weiblichen Staatsbürgertums« beigetragen. Ein Jahr bevor die
»Osterbotschaft« des Kaisers die Diskussion um die politische »Neuorientie-
rung« in Gang setzte, richtete der Bund zur Bekämpfung der Fraueneman-
zipation im Verein mit dem Deutschbund, Berliner Alldeutschen und eini-
gen männlichen Berufsverbänden eine Petition an die beiden preußischen
Kammern, um eine ablehnende Stellungnahme zum kommunalen Frauen-
wahlrecht zu bewirken. Ursprünglich war - der erwarteten größeren öf-
fentlichen Resonanz wegen - eine ausschließlich von Frauen unterzeichnete
Bittschrift geplant, zustande kam sie jedoch nie.263 Nicht zu Unrecht be-
fürchteten die Gegner der Frauenbewegung, daß die enge Zusammenar-
beit von Frauenvereinigungen und kommunalen Behörden im Nationalen
Frauendienst die Bereitschaft stärken würde, nach dem Krieg Frauen zur
kommunalen Selbstverwaltung heranzuziehen und ihnen das Gemeinde-
wahlrecht als Abschlagszahlung auf das weibliche Staatsbürgerrecht zuzuge-
stehen.264
Mit Blick auf die Strategie des BDF war diese Überlegung nicht von der
Hand zu weisen. Durch den Nationalen Frauendienst hatte sich die bürger-
liche Frauenbewegung einen Platz in der kommunalen Sozialpolitik erobert.
Stück for Stück waren Frauen während des Ersten Weltkriegs in städtische
Gremien und Kommissionen eingerückt. Auf Gemeindeebene ging das pas-
sive Frauenwahlrecht quasi dem aktiven voraus.265 Die politische Analyse des
Bundes zur Bekämpfong der Frauenemanzipation war durchaus realitätsge-
recht, und doch hätten sich die organisierten Antifeministen keinen ungün-
stigeren Zeitpunkt for ihren Vorstoß aussuchen können. Mit dem Erschei-
nen der Spartakus-Briefe kündigte sich die Abspaltung einer linken
sozialdemokratischen Fraktion im Reichstag im März 1916 und damit die
Entstehung einer parlamentarische Opposition zur Kriegspolitik an.
Friedensdemonstrationen und Hungerunruhen mündeten in erste politi-
sche Massenstreiks. Mit der Illusion des »Burgfriedens« war es endgültig
vorbei. Gleichzeitig forcierte die 3. OHL, unter Hindenburg und Luden-
dorff im August 1916 bestellt, die Steigerung der Rüstungsproduktion und
damit die totale Militarisierung der Gesellschaft. Wenn die Leidensbereit-

224
schaff der breiten Bevölkerung abnahm und der Widerstand in den Reihen
der Arbeiterschaft wuchs, war es politisch widersinnig, auch noch einen
Konflikt mit den im Nationalen Frauendienst zusammengeschlossenen
Frauenvereinigungen zu provozieren. Die Einrichtung von Frauenreferaten
in den Kriegsämtern seit Ende 1916 und die Besetzung der Positionen mit
bekannten Persönlichkeiten aus der bürgerlichen Frauenbewegung zeigt,
daß die O H L sich zur Mobilisierung, aber auch zur Disziplinierung der
dringend benötigten weiblichen Arbeitskräfte aus den unteren Sozialschich-
ten auf den Einsatz bürgerlicher Frauen verließ und verlassen konnte. Ihre
Verbündeten vor den Kopf zu stoßen, konnten sich die (Militär-)Politiker
schlicht nicht leisten. Entsprechend betonte der Berichterstatter der zustän-
digen Gemeindekommission im Preußischen Abgeordnetenhaus, daß ange-
sichts der Leistungen von Frauen in der Kriegswohlfahrtspflege der »jetzige
Zeitpunkt für eine Erörterung von Meinungsverschiedenheiten in Fragen
über die Frauenbewegung ... der denkbar ungünstigste sei«.266 Auch das
Herrenhaus war trotz des flammenden Plädoyers eines den Emanzipations-
gegnern verbundenen Kieler Arztes und Geheimrats mehrheitlich der An-
sicht, den Frauen mit einer dezidierten Ablehnung des kommunalen Stimm-
rechts einen schlechten Dank för ihre Kriegsleistungen zu erweisen. Daher
gab es die antifeministische Bittschrift der Regierung lediglich als Material
weiter.267
Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation ließ sich davon nicht
beirren und startete unter den Augen der Zensoren eine Pressekampagne,
die dem »weiblichen Staatsbürgertum« den Staat als rein »männliche Schöp-
fung« gegenüberstellte und die Kriegsarbeit der organisierten Frauenbewe-
gung im Nationalen Frauendienst als bloß taktische Maßnahme zu delegiti-
mieren suchte. 268 »Was sollten etwa die Krieger för eine Belohnung erhalten,
wenn die Heimkriegerinnen mit dem Wahlrecht belohnt werden?« fragte
der Zweite Vorsitzende der antifeministischen Liga von Behr-Pinnow schon
vor der Diskussion um die »Neuorientierung« in einem vielfach nach-
gedruckten Artikel und nutzte die Gelegenheit zu einem kräftigen Rund-
umschlag: Wer för Patriotismus »nach Belohnung schreit, der denkt nicht
deutsch«. 269
Zumindest in parteipolitischer Hinsicht standen die Emanzipationsgeg-
ner und -gegnerinnen mit ihren Ansichten jedoch ziemlich allein. Als das
Preußische Abgeordnetenhaus im Januar 1917 erstmals über die Zulassung
von Frauen zu städtischen Verwaltungsdeputationen und Stiftungsvorstän-
den mit beschließender Stimme beriet, zeigten sich fast alle Parteien mit
Blick auf die Kriegsleistungen des weiblichen Geschlechts bereit, diesem
Wunsch zuzustimmen. Vertreter der Fortschrittlichen Volkspartei, der Na-
tionalliberalen und des Zentrums betonten, daß es sich bei dem Antrag nicht
um »grundstürzende gesetzliche Änderungen« handele, sondern um die

225
rechtliche Sanktionierung einer ohnehin vielfach bereits geübten Praxis.
Zwar wollte der freikonservative Abgeordnete Frauen nur mit dem minde-
ren Recht der beratenden Stimme ausgestattet sehen, doch machte er eben-
so wie der Sprecher der konservativen Fraktion sein grundsätzliches Wohl-
wollen gegenüber der Betätigung von Frauen in kommunalen Gremien
deutlich. Die Mitarbeit von Frauen in der Gemeinde, das war klar zu erken-
nen, wurde von den meisten Parlamentarieren vor der Debatte um die
»Neuorientierung« nicht als im engeren Sinn politisch bewertet. Für sie
drehte sich der Antrag um die institutionelle Absicherung kommunaler
Fürsorgetätigkeit, und dafür wollte man gern den Rahmen schaffen. Ledig-
lich der konservative Abgeordnete Heins vertrat die Position des antifemini-
stischen Bundes. Doch mit seinen Ausführungen, in denen er hinter jedem
Zugeständnis an die Frauenbewegung den nationalen Untergang lauern
sah, erntete er nichts als Widerspruch und Spott. Er mußte sich bitten lassen,
von seinem »veralteten Standpunkt« abzukommen, bevor man den Antrag
einmütig an die Gemeindekommission mit dem Ziel verwies, eine ent-
sprechende Gesetzesvorlage auszuarbeiten. Zumindest in Hinblick auf die
gleichberechtigte Mitarbeit von Frauen in kommunalen Gremien hatte der
Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation eine glatte Niederlage erlit-
ten.270
Die Diskussion um die politische Partizipation von Frauen hatte, forciert
von den Eingaben der Emanzipationsgegner, also längst (erneut) eingesetzt,
bevor Wilhelm IL in seiner »Osterbotschaft« vom April 1917 die Aufhebung
des Dreiklassenwahlrechts in Preußen ankündigte und damit eine breite
Debatte um die Parlamentarisierung der deutschen Monarchie anstieß
Zwar hatte der Kaiser die Beteiligung von Frauen mit keinem Wort erwähnt,
doch interpretierten die »gemäßigten« Vertreterinnen der bürgerlichen Frau-
enbewegung die angekündigten Reformen als allerhöchste Legitimation,
nun erstmals nachdrücklich das volle Bürgerrecht für Frauen zu fordern.
Bereits im September liefen die Planungen för gemeinsame Aktionen der
Fraucnstimmrechtsvereine, der sozialdemokratischen Frauen und des BDF
an. Im April 1918 organisierten sie eine Wahlrechtsversammlung in Berlin,
und in den Wochen vor der Novemberrevolution versuchten Frauenvereini-
gungen, die sich über Klassengrenzen und Parteilager hinweg zu einem
Bündnis zusammengeschlossen hatten, Einfluß auf die politisch-soziale
Neugestaltung Deutschlands zu nehmen. 271
Wie nicht anders zu erwarten, lösten die Forderungen nach Parlamenta-
risierung und Frauenstimmrecht bei den Gegnerinnen und Gegnern der
Frauenemanzipation in- wie außerhalb des antifeministischen Bundes hefti-
ge Proteste aus. Das Standardargument all jener, die der parlamentarisch
gezähmten Austragung von Interessengegensätzen eine vermeintlich kon-
fliktfreie, ständisch gegliederte »Volksgemeinschaft« entgegensetzten: die

226
politische Unmündigkeit ihrer männlichen und erst recht der weiblichen
Zeitgenossen.2"2 Mit dem Beginn der Debatte um die innenpolitische »Neu-
orientierung« erschienen in den radikalnationalen und völkischen Zeit-
schriften zahlreiche Artikel, die erneut die »natürliche« Geschlechter-
differenz betonten und die Frauenbewegung der »Verwischung der Ge-
schlechtscharaktere« bezichtigten. 273 »Wenn es eine Ungerechtigkeit auf
Erden gibt, so ist es die Gleichmacherei«, tönten die Verfechter der kleinen
und großen Unterschiede unisono und nutzten das vielzitierte »suum cui-
que« weidlich, um die Partizipationsansprüche nicht nur von Frauen, son-
dern auch der Arbeiterschaft zurückzuweisen. 274 Die »Politisch-Anthro-
pologische Monatsschrift« des Antifeministen Otto Schmidt-Gibichenfeis
fühlte sich gar bemüßigt, eine misogyn-antisemitische Tirade gegen das
»maskulierre Weib« aufzunehmen, die im Stil Otto Weiningers Juden und
Frauen für das Böse in der Welt schlechthin verantwortlich machte. »Weib
und Judentum«, hieß es dort, hätten »einen instinktiven Willen zur Macht,
der aber sittlich böse ist, weil er selbstsüchtige Ziele verfolgt«: »Freiheit im
Gelderwerb« auf der jüdischen und »Freiheit im Geschlechtsleben« auf der
Seite der Frauen.275 Ebenso wie Juden im Weltbild der Völkischen für einen
entfesselten Kapitalismus standen, symbolisierten Frauen ungeachtet ihrer
auf den Bereich des Politischen gerichteten Forderungen offensichtlich in
erster Linie eine ungezügelte und wohl auch bedrohliche Sexualität.
Die politische Radikalisierung der zweiten Kriegshälfte ging mit einem
verschärften Antisemitismus einher, der im Umkreis des antifeministischen
Bundes erneut - wie schon vor dem Krieg - mit Angriffen auf die Frauenbe-
wegung gekoppelt war. Seit dem Frühjahr 1917 wurden tagespolitische Ar-
tikel im »Monatsblatt« der antifeministischen Liga mit Vorwürfen gegen
»jüdisch-demokratische« Kreise angereichert276 und politische Gegnerinnen
vermehrt unter Hinweis auf ihre vermeintliche oder tatsächlich jüdische
Herkunft delegitimicrt: »Freiheit! Gleichheit! ist der Kampfesruf dieser
Amazonen, deren Namen doch so häufig auf undeutsche Herkunft ihrer
Trägerinnen hinweisen.«277 Und Pfarrer Julius Werner, Initiator der Christ-
lich-nationalen Gruppe im Bund der Emanzipationsgegnerinnnen und
-gegner, war sich sicher:
»Antifeministische Strömungen gibt es überall, ebenso wie antisemitische. Und
schließlich geht es den Stimmrechtsdamen wie den Fortschrittsjuden. Es mag sie
niemand recht leiden. Aber weil beide dem deutschen Volksempfinden widerstreben-
de politischen Mächte es verstehen, geschickt die öffentliche Meinung durch die
ihnen dienstbare Presse zu bearbeiten, so suggerieren sie ihre Ideen und Forderun-
gen auch denen, die innerlich nichts von ihnen wissen wollen.«278

Nach der russischen Revolution erhielt der Hort des Bösen eine neue Hei-
mat. Hatten bisher Amerika und England als Ursprungsländer des Frauen-

227
Stimmrechts gegolten, wurde die Herkunft der Frauenemanzipation nun in
den Osten verlegt. Geographisch unbestimmt, schien die Idee der Gleichbe-
rechtigung des weiblichen Geschlechts nun irgendwo zwischen Rußland,
Galizien und dem Orient geboren worden zu sein. Das Frauenstimmrecht
blieb die »englische Krankheit«, doch ändere der Umweg über Amerika
oder Engbnd nichts an seiner »östlichen Herkunft«, wie man den Lesern
von »Deutschlands Erneuerung«, dem annexionistischen Blatt der Vater-
landspartei, versicherte. Mit dem Kriegseintritt der USA verschwand das
Stereotyp der schwächlich-feminisierten Amerikaner aus der antifemini-
stischen Literatur. Die Verlagerung des Fokus auf einen unbestimmten
»Osten« machte es den antisemitischen Gegnern der Frauenemanzipation
leichter, der Frauenbewegung unter Anspielung auf das Ostjudentum jüdi-
sche Wurzeln zuzuschreiben. Mit einer kleinen sprachlichen Änderung lie-
ßen sich die liberalen und sozialdemokratischen Anhänger der »Neuorien-
tierung« gleich noch mit diffamieren. Das Ganze klang im September 1918
dann so:

»Die Volksführer aus Neuorient und ihr deutscher und halbdeutscher Troß haben
mit dem Massenfang gutmütiger deutscher männlicher .Stimmherdenwesen treffli-
che Erfahrungen gemacht und hoffen unter der noch leichter mit klingenden Worten
zu betörenden Weiblichkeit neue dankbare Fischgelegenheiten finden zu können.
Eine national gerichtete Frauenbewegung vermag unter diesen Einflüssen natürlich
nicht zu gedeihen.«279

Auch im »Monatsblatt« der Antifeministen wurde die Diskussion um innen-


politische Reformen als »Neuorientalisierung« verunglimpft.280 In einem
Kommentar zur russischen Revolution und der Einführung des einge-
schränkten Frauenwahlrcchts in England brachte Ludwig Langemann, der
Vorsitzende des antifeministischen Bundes, seine Ansichten über den Zu-
sammenhang zwischen Judentum, Feminismus und (Sozial-)Demokratie
zum Ausdruck. Sozialdemokratie und Frauenstimmrecht, hieß es dort, »ge-
hören zusammen wie Pech und Schwefel zu einem rechten Höllenbrand;
erst das Frauenstimmrecht ist die Krone und Giftblüte am Baum der Mas-
senherrschaft, das richtige Gärungsferment in dem Gleichheitsbrei, der das
Ideal der roten und der goldenen Internationale bildet«.281 An der politi-
schen Grundauffassung der Emanzipationsgegner hatte sich in den Jahren
der Zurückhaltung in der Frauenstimmrechtsdebatte nichts geändert. In-
nenpolitische Polarisierung und außenpolitische Erfolge der kommunisti-
schen und der Frauenbewegung aber hatten zu einer Radikalisierung der
Sprache geführt, und man wird in aller Vorsicht daraus auch auf eine Radi-
kalisierung der inneren Einstellung schließen dürfen.
Die englische »Stimmrechtsmegäre« der Vorkriegszeit wurde jetzt von
der »russische(n) Megäre« der Revolution abgelöst. Blutrünstige Schilde-

228
rungen übertrafen sich in der Darstellung von »gefühlsrohen, unmenschli-
chen Frauen« und »entarteter Weiber, die ihre Ehre und Frauenwürde weg-
werfen und wie wilde Bestien sportmäßig Menschen morden, die sie nicht
einmal kennen«. Die Frauen in der russischen Revolution zeigten unmißver-
ständlich, setzte der Chefredakteur des antifeministischen »Monatsblatts«
und spätere DNVP Politiker Ernst Oberfohren einem aus dem Stuttgarter
»Neuen Tagblatt« übernommenen Greuelbericht über das »russische
Schreckensregiment« hinzu, wohin die Emanzipation der Frau zum Schluß
führen werde. Schließlich seien, assistierte sein Vorstandskollege Lange-
mann an anderer Stelle, die deutschen wie die russischen Rechtlerinnen
»zum großen Teil fremder Rasse«.282
Auch der antifeministische Bund strickte lange vor der Novemberrevolu-
tion schon kräftig an der Dolchstoßlegende mit. Anläßlich der Friedensreso-
lution des Reichstags konstatierten die organisierten Emanzipationsgegner
einen »bedenklichen Charakterzug weibischer Sentimentalität« unter den
Parteien und ihrer Anhängerschaft. Die vollständige »Feminisierung und
Demokratisierung würde dem deutschen Heldentum und damit dem Deut-
schen Reiche den Todesstoß geben«, schrieb das »Monatsblatt« schon im
August 1917. 283 Nachdem seit dem Winter 1917/18 in den Metropolen bei
Kundgebungen zugunsten des Frauenstimmrechts sozialdemokratische und
linksliberale Redner aufgetreten waren, hieß es, Frauenbewegung und So-
zialdemokratie hätten sich im Verein mit »Mammonismus«, »Semitismus«
und »Ultramontanismus« in der Reichstagsmehrheit ein Werkzeug geschaf-
fen, um dem »eingekreisten und zerfleischten Deutschland« einen »Ver-
zicht- und Elendsfrieden« aufzuzwingen. 284
Tatsächlich machte die »Feminisierung« der deutschen Innenpolitik er-
kennbare Fortschritte. Allerdings stand hinter dem staatlichen Frauenwahl-
recht zunächst noch keine parlamentarische Mehrheit. Im Ringen um die
preußische Wahlrechtsreform verzichtete selbst die Fortschrittliche Volks-
partei trotz grundsätzlicher Befürwortung im Parlament auf diese Forde-
rung, um eine Einigung über das allgemeine gleiche Männerwahlrecht nicht
zu gefährden.285 Doch hatten sich auf lokaler Ebene hinsichtlich der politi-
schen Partizipation von Frauen Veränderungen ergeben, die unter den Geg-
nern der Frauenemanzipation schlimmste Befürchtungen wecken mochten.
Das betraf insbesondere die Beiordnung von Frauen zu städtischen Depu-
tationen und ihre Möglichkeit, an den Entscheidungen mit beschließender
Stimme mitzuwirken. In Baden war diese Regelung längst eingeführt; nach
dortigem Recht war die Mitarbeit von Frauen in den Institutionen der sozia-
len Wohlfahrtspflege sogar verpflichtend. Auch in Hessen, Oldenburg und
im Königreich Sachsen konnten Frauen in kommunalen Ausschüssen mitbe-
stimmen. Die hessische Städteordnung hatte noch vor Ausbruch des Ersten
Weltkrieges den Eintritt von Frauen in die städtischen Gremien ermöglicht,

229
und auch das bayrische Armengesetz vom 1. Januar 1918 sah die Zuwahl
von Frauen in die Bezirksausschüsse vor.286
Zwei Wochen später einigte sich auch das Preußische Abgeordnetenhaus
dem Antrag der Gemeindekommission gemäß und gegen die Stimmen der
beiden konservativen Parteien auf das weibliche Stimmrecht in denjenigen
städtischen Kommissionen, die sich mit Fragen der sozialen Fürsorge und
der Schulbildung beschäftigten.287 Selbst der preußische Innenminister si-
gnalisierte Zustimmung, wollte mit der notwendigen Änderung der Städte-
ordnungen aber bis zur ohnehin fälligen Revision der Gemeindeverfas-
sungsgesetze warten. 288
Dabei hätte auch, das machten die Vertreter der liberalen und sozialdemo-
kratischen Fraktionen deutlich, die Frage des kommunalen Frauenstimm-
rechts auf der Tagesordnung gestanden. 289 Weil die Revision der Gemeinde-
verfassung nicht mehr zustande kam, läßt sich über den möglichen Ausgang
dieser Debatte nur spekulieren. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, daß sich das
Preußische Abgeordnetenhaus auf Dauer dem Begehren nach einer stärke-
ren politischen Partizipation des weiblichen Geschlechts nicht hätte entzie-
hen können. Für den Geheimen Oberregierungsrat Dr. Meyer-Gerhard im
Reichskolonialamt etwa bestand schon im ersten Kriegsjahr kein Zweifel
daran, daß die »Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen« auf
kommunaler Ebene »binnen kurzem erreicht werden wird«.290 Entschiede-
ne Gegner, das machte die letzte Diskussion um die »Frauenfrage« vor der
Novemberrevolution im preußischen Parlament Anfang des Jahres 1918
deutlich, fand der Wunsch nach mehr weiblicher Mitbestimmung nur noch
in den beiden konservativen Parteien. Zwar kam das Zentrum unter dem
Eindruck der »Neurorientierungs«-Debatte den Frauen weniger weit entge-
gen als noch vor dem Ersten Weltkrieg, doch befürwortete es die Anhörung
weiblicher Experten auf allen Politikebenen und wäre bei entsprechendem
Druck des katholischen Frauenbundes möglicherweise zu seiner offeneren
Position der Vorkriegszeit zurückgekehrt, wo der Fraktionssprecher der
Forderung nach kommunalem Frauenwahlrecht nur ein »noch nicht« ent-
gegengehalten hatte. Der Einfluß der katholischen Frauenorganisation er-
wies sich bereits jetzt als groß genug, um den Zentrumsvertreter zu har-
schen Angriffen gegen den antifeministischen Bund zu veranlassen, dessen
Petitionen bei der Verhandlung im Abgeordnetenhaus ebenfalls zur Abstim-
mung standen. 291
Auch die preußischen Nationalliberalen erwiesen sich als durchaus ver-
änderungsfähig. Im Verein mit dem Deutsch-Evangelischen Frauenbund
sprachen sie sich für die Heranziehung von Frauen zu der Vorbereitung von
Gesetzestexten aus, wenn sie auch einen gesetzlich festgelegten Frauenbei-
rat, wie die evangelischen Frauen ihn wünschten, »noch nicht« in ihr Pro-
gramm aufnehmen wollten. Nicht einmal dem Antrag der Antifeministen

230
auf Schutz der Männer in der Übergangswirtschaft und vor weiblichen
Vorgesetzten, den die Parlamentsmehrheit immerhin erwägenswert fand,
mochten die Nationalliberalen beipflichten. Statt dessen hielt ihr Sprecher
mit seinen Sympathien für gemäßigte Frauenforderungen nicht hinterm
Berg und kam zu dem Schluß, daß »die Grenzpfahle for die Frauen ... weiter
• vorgerückt und ihre Berechtigungen damit erweitert werden« müßten. 292
Bei einer Umfrage von Frauenstimmrechtsorganisationen unter den Partei-
en des preußischen Abgeordnetenhauses wurden die Nationalliberalen noch
deutlicher: Sie seien, so die Auskunft, nicht gegen das Frauenstimmrecht
eingestellt, sondern hielten nur den Zeitpunkt für seine Einführung für ver-
früht.293 Nachdem sich nationalliberale Frauen über die mangelnde Unter-
stützung ihrer Wahlrechtsambitionen beklagt hatten, wählte der Zentral-
vorstand im Frühjahr 1918 drei Frauen als Mitglieder hinzu, und man darf
annehmen, daß dadurch die innerparteiliche Stimmrechtsdebatte schärfere
Konturen gewann.294 Dieser Schwenk mußte den organisierten Emanzipati-
onsgegnern und -gegnerinnen um so mehr mißfallen, als sie die preußischen
Nationalliberalen immer als Verbündete betrachtet hatten. Die frauenpoliti-
sche Diskussion im Abgeordnetenhaus offenbarte jedoch, daß die kompro-
mißlose Haltung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und
seiner Sympathisanten selbst in Preußen nur noch in den beiden konservati-
I ven Parteien mehrheitsfahig war. Wäre die anvisierte Wahlrechtsreform
Wirklichkeit geworden, hätten die Konservativen aber - für diese Behaup-
tung bedarf es keiner Spekulation - ihre beherrschende Stellung kaum mehr
halten können.
Die Frage nach der angemessenen Beteiligung von Frauen am öffentli-
chen Leben stand auf der politischen Tagesordnung, das machten die Beiträ-
ge in der zweiten preußischen Kammer mehr als deutlich. Die Frauen-
verbände forderten mehrheitlich das Frauenwahlrecht, und auch bei der
Debatte um die preußische Verfassungsreform schwang das Thema im Hin-
tergrund mit. Das »weibliche Staatsbürgertum« rückte gegen Ende des Er-
sten Weltkrieges in den Bereich des Möglichen. Nicht umsonst fühlten sich
die Deutschkonservative Partei und der Bund der Landwirte veranlaßt, ge-
meinsam mit ihren Frauenorganisationen eine Gegenkampagne zu starten.
Auch Mitglieder des antifeministischen Bundes - überwiegend Frauen -
machten seit der Debatte um die »Neuorientierung« erneut in völkischen
und nationalen Blättern sowie einem Teil der protestantischen Tagespresse
gegen das Frauenwahlrecht Front. 295
Die Vereinigung Konservativer Frauen reagierte auf den Verstoß des BDF
mit einem Katalog von Fragen und Antworten zum Frauenwahlrecht und
machte darin deutlich, daß die Ablehnung weiblicher Mitbestimmungswün-
sche schon aus Klassenrücksichten geboten sei, weil vom Frauenstimmrecht
neben dem Zentrum vor allem die Sozialdemokratie profitieren würde. 296

231
Die »rechtsstehenden Frauen« forderten dazu auf, einen »Wall« gegen die
herannahende Parlamentarisierung zu bilden und lösten damit tiefe Befrie-
digung auf der Seite der männlichen Frauenrechtsgegner aus, die, wie ein
Artikel in der »Vossischen Zeitung« belegt, keineswegs nur im völ-
kisch-nationalen politischen Spektrum zu finden waren.297 Das BdL-Frauen-
blatt »Die Gutsfrau« nutzte zusammen mit dem Führungsgremium der
landwirtschaftlichen Frauenvereine einen mehrteiligen »Meinungsaus-
tausch« dazu, die Landfrauen noch einmal kräftig gegen das Frauenstimm-
recht einzunehmen. Dennoch gab es selbst in diesen »reaktionären« Kreisen
Frauen, die selbstbewußt die Ergänzung des Mannes durch das weibliche
Prinzip verlangten und denen der Ausschluß der Frauen von politischen
Rechten »wegen der Zufälligkeit der Geburt« als Verstoß gegen ihr »Frau-
enempfinden« galt. Selbst ausgewiesene Wahlrechtsgegnerinnen waren be-
reits Anfang 1918 davon überzeugt, daß das Frauenstimmrecht »über kurz
oder lang kommen wird«.298 Diese Überzeugung hatte Bernhard von Dern-
burg, Chef des Reichkolonialamtes, schon Mitte 1915 ausgesprochen und
sich damit die öffentliche Feindschaft der Antifeministen und ihrer Sympa-
thisanten zugezogen. 299 Nachdem das politische Mitspracherecht von Frau-
en in der Weimarer Republik zum feit accompli geworden war, ließ freilich
auch ein Vorkämpfer des Bundes gegen die Frauenemanzipation durchblik-
ken, daß selbst in der antifeministischen Liga niemand so recht daran ge-
glaubt habe, das Frauenstimmrecht auf Dauer verhindern zu können. Man
habe, schrieb Ernst zu Reventlow 1921, eher einen taktisch motivierten
Kurs verfolgt und durch striktes Beharren auf dem Standpunkt »Die Frau
gehört ins Haus« versucht, die Entwicklung der Frauenemanzipation zu
verlangsamen oder wenigstens zu beeinflussen.300
In der Tat war es ja keineswegs allein die Frauenbewegung oder die poli-
tische Linke gewesen, die Frauen politisiert und ihnen Mitwirkungsmög-
lichkeiten geboten hatte. Von den Zeitgenossen nicht als politische
Bewegung wahrgenommen, aber auch von der historischen Forschung weit-
gehend unbeachtet, hatten die nationalistischen Frauenverbände ihre Mit-
glieder im Zeichen des Patriotismus an den Staat herangeführt und damit
einen weithin unterschätzten Beitrag zur Politisierung der Frauen im Kaiser-
reich geleistet.
Die großen imperialistischen Organisationen - etwa Flotten-, Ostmarken-
und Kolonialverein - unterhielten teilweise schon seit den 1880er Jahren
eigene Frauengruppen, die vor allem nach der Jahrhundertwende ihre Mit-
gliederzahlen ebenso wie ihre Bedeutung kräftig ausbauten.301 Trotz inter-
ner Konflikte302 war den männlichen Hauptvereinen sehr wohl bewußt, daß
sie die Mitarbeit der Frauen dringend benötigten - nicht nur der reichlichen
Finanzmittel wegen, die ihre weiblichen Mitglieder in unzähligen Bazaren,
Theateraufführungen und anderen Wohltätigkeitsveranstaltungen sammel-

232
ten. 303 Gemäß dem bürgerlichen Geschlechterideal waren Frauen för Cari-
tas, für Familie und Kultur zuständig, und eben diese Zuständigkeit für eine
separate Sphäre erwies sich als entscheidender Mobilisierungs- und Legi-
timationsfaktor. »Ohne deutsche Frau keine deutsche Kultur«, hieß es em-
phatisch in den »Kolonialen Monatsblättern«, die den Einfluß der weißen
Frau in den Kolonien für das entscheidende »Heilmittel gegen das »Vernig-
gern«, »Verkaffern« oder »Verkanakern«« der männlichen Kolonisten hielt.304
Mit der Entsendung möglichst vieler Frauen in die deutschen Kolonien
wollte man deutschen Siedlern und Militärs ein Reservoir an potentiellen
Heiratskandidatinnen zur Verfügung stellen, um Beziehungen mit einhei-
mischen Frauen zu verhindern. Gefürchtet wurde nicht nur der sexuelle
Kontakt und die daraus resultierende Nachkommenschaft, sondern auch die
Annäherung an die indigene Kultur. Die Verfechter des Deutschtums be-
harrten sowohl auf der physisch-sozialen als auch auf der kulturellen Rassen-
trennung. Von der Überlegenheit der deutschen Kultur - was auch immer
darunter verstanden wurde - überzeugt, hatten sie die deutsche Frau als ihre
Botschafterin ausersehen. Die militärisch-imperiale Herrschaft der Männer
sollte durch kulturelle Hegemonie abgesichert werden, deren Herstellung
den Frauen übertragen wurde.

»Deutschlands Macht und Einfluß wächst über die engeren Grenzen des Vaterlandes
hinaus. Daß damit zugleich deutsche Gesinnung und Gesittung, deutsches Gefühls-
und Gemütsleben seinen Siegeszug über die Welt antritt, dafür zu sorgen, ist die
Aufgabe des veredelnden Einflusses der deutschen Frau.«305

Nicht nur in den Kolonien, auch im Osten Preußens, wo die Mehrheit der
Bevölkerung polnisch sprach, und in anderen Gebieten mit deutschen Min-
derheiten setzten die imperialen Organisationen auf den kulturellen Einfluß
deutscher Frauen, sei es nun durch institutionalisierte Sprachenpflege in
Kindergärten, Büchereien, Schulen und Vereinen oder durch den erzieheri-
schen Einfluß in den eigenen Familien.306 Vor allem im Umgang mit der
polnischsprachigen Minderheit an der Ostgrenze des deutschen Reiches eig-
nete dem Thema hohe politische Brisanz, seitdem die polnische Volks-
gruppe der ethnischen Unterdrückungspolitik der Regierung den Kampf
um kulturelle Selbstbestimmung entgegensetzte, der immer schärfere For-
men annahm. Entsprechend weitete der antipolnische deutsche Frauenver-
ein för die Ostmarken nach der Revision des preußischen Vereinsgesetzes
(das zwar Frauen das Versammlungsrecht brachte, aber nichtdeutschen
Sprachgruppen verbot, Zusammenkünfte in ihrer Sprache abzuhalten) 1909
sein ursprünglich auf caritative Zwecke beschränktes Vereinsziel aus. Ein-
stimmig verabschiedete er eine neue Fassung, mit der die Vereinsfrauen auf
die »Kräftigung und Sammlung des Deutschtums durch Hebung und Befe-
stigung des nationalen Empfindens« verpflichtet wurden. Gegenüber der

233
bislang vorherrschenden Kranken-, Armen- und Waisenpflege wurden die
Zweigvereine nun angewiesen, ihre Aufgabe in erster Linie darin zu sehen,
»das Nationalgeföhl... zu wecken und zu fordern«. Dazu wurden Landpfle-
gerinnen ausgebildet und Rednerinnen auf die Reise geschickt. Wegen der
»wichtigen Aufgabe der Frau im Nationalitätenkampfe« forderte auch d e r -
damals noch separat organisierte - Deutsche Ostmarkenverein seine männ-
lichen Mitglieder auf, die Bildung von Ortsgruppen im Frauenverein zu
unterstützen. 307 Die Karlsruher Abteilung des (Männer-)Ostmarkenvereins
bezog in ihre Agitation nicht nur die Bildungsanstalten der männlichen Ju-
gend, sondern auch die höheren Mädchenschulen und die Lehrerinnen-
seminare ein, und 1911 setzte sich mit Käthe Schumacher erstmals eine Frau
im Vereinsorgan mit dezidiert politischen Fragen auseinander.308
Auch der einflußreiche Verein für das Deutschtum im Ausland, der sich
neben der Unterstützung der Deutschen in Österreich-Ungarn um die welt-
weite Kontaktpflege zu deutschen Sprachinseln bemühte, betrachtete das
weibliche Geschlecht als »Wahrerin deutscher Sitte und Sprache« und war
sich sicher: »Wo in der Welt deutsche Siedlungen sich inmitten eines frem-
den Volkes und einer fremden Kultur dauernd deutsch erhalten haben, ist
das ausschließlich der Anwesenheit der deutschen Frau zuzuschreiben.«
Wiewohl der Verein die Notwendigkeit der Annäherung an das Gastland
anerkannte, war Akkulturation unerwünscht. »Man kann - obwohl natura-
lisiert und treuer Untertan des Adoptiviandes - in Sprache und Denken
deutsch bleiben«, war die Maxime, und dabei betrachteten die Auslands-
Nationalisten den Einfluß dcutschnational gesinnter Auswandererinnen als
»unersetzlichen Faktor«.309
Ebenso wie der Vaterländische Schriftenverband des antifeministischen
Generals August Keim hatte auch dessen 1912 gegründeter Wehrverein von
Anfang an Frauen in seine Reihen aufgenommen. 310 Frauen galten ihm als
»verantwortlich für die moralische Kraft unseres Volkes«, und so setzte der
Wehrverein in der ideologischen Kriegsvorbereitung auf die Hilfe des weib-
lichen Geschlechts. Nach der Friedensresolution des Reichstags und der
Gründung der Vaterlandspartei druckte das Vereinsblatt auch Aufrufe von
Frauen ab, die sich för die Verlängerung des Krieges bis zur Erreichung eines
»Hindenburg-Friedens« einsetzten.311 In der deutschgläubigen »Volkser-
zieher«-Gemeinde des Keim-Bewunderers Wilhelm Schwaner waren die
Geschlechter ebenso wie unterschiedliche Klassen und Altersgruppen we-
nigstens der Theorie nach konfliktlos »im brüderlich-schwesterlichen Bei-
sammensein« vereint. 312 Selbst die rechtsradikal-antifeministischen
»Deutschvölkischen Hochschulblätter« riefen nach weiblichen Bundesge-
nossen, weil »der Mann allein ... in den wirtschaftlichen und sittlichen
Kämpfen unserer Tage ohne sie nicht siegen« könne. 313 Und auch der All-
deutsche Verband nahm, nachdem bereits vorher einige Frauenortsgruppen

234
existierten, seit 1916 Frauen als selbständige Mitglieder auf- zunächst frei-
lich nur, um mit den dadurch fälligen Beiträgen die vom Krieg arg in Mitlei-
denschaft gezogene Vereinskasse aufzubessern.314 Ein Protest blieb aus,
woraus sich schließen läßt, daß die formale Gleichstellung der Geschlechter
mittlerweile auch in der alldeutschen Vorstellungswelt denkbar war.
Mit ihrer Betonung der Frauenpflichten för Rasse, Volk und Vaterland
hatten die nationalistischen Organisationen ihre weiblichen Mitglieder un-
ter dem Deckmantel des vorgeblich unpolitischen Patriotismus in den Be-
reich des Politischen hinein- und damit an den Staat herangeführt.315 All-
mählich aber setzte sich darüber hinaus die Auffassung durch, daß zur
ersprießlichen Mitarbeit von Frauen ein gewisses Maß an politischer Bildung
notwendig sei. Die alldeutschen Frauen in Berlin, gleich 1914 dem Nationa-
len Frauendienst beigetreten, beschäftigten sich im Ersten Weltkrieg keines-
wegs nur mit der Organisation von Wohltätigkeit, sondern versammelten
sich regelmäßig, um politischen Wochenberichten zu lauschen. Daß der
Berichterstatter die Geschäfte jenes antifeministischen Bundes führte, der
gegen die Politisierung von Frauen zu Felde zog, schien weder ihn noch die
alldeutschen Frauen zu stören.316
Seit 1917/18 gewann der Umgang der völkischen Rechten mit der Poli-
tisierung der Frauen eine neue Qualität. Käthe Schirmacher, Stimmrechtle-
rin und glühende Nationalistin, durfte nun bei einer Tagung des alldeut-
schen Gesamtvorstandes über die deutsche Frauenbewegung sprechen und
darüber, »wie diese sich einordnen solle und müsse in die Gedankenwelt der
Alldeutschen«.317 Die Vaterlandspartei nahm von vornherein Frauen in ihre
Reihen auf. Flugblätter warben um Anhängerinnen, und zur Mobilisierung
des weiblichen Geschlechts gegen einen »Verständigungsfrieden« hielt die
annexionistische Partei, die sich gern als unpolitisch und über den Parteien
stehend ausgab, eigene Frauenversammlungen ab.318 Selbst eine rechtsge-
richtete BDF-Vorstandsfrau durfte unmittelbar vor der Novemberrevoluti-
on ihre pronatalistischen Auffassungen im Parteiblatt »Deutschlands Er-
neuerung« kundgeben. 319 Auch Käthe Schirmacher war der Vaterlandspartei
beigetreten und plädierte für eine Öffnung der völkischen Bewegung für das
»neue Frauentum« politisch selbstbewußter und gleichberechtigter Frauen.
Den »völkischen Männervereinen« mit ihrer Fundamentalopposition gegen
jede Art von weiblicher Emanzipation warf sie vor, die Zeichen der Zeit
nicht verstanden zu haben: »Die Frauenbewegung ist da; niemand kann sie
wegbefehlen.« Erfolgreicher als die Strategie, ihr jedes mögliche Hindernis
in den Weg zu legen, wäre, da war Schirmacher sicher, die Beeinflussung der
bürgerlichen Frauenorganisationen durch entsprechend vorgebildete völki-
sche Frauen gewesen. Als Konsequenz aus der »schweren Versäumnis« der
politischen Rechten müsse daher, so ihre Forderung im Frühjahr 1918,
umgehend mit der politischen Schulung des weiblichen Geschlechts durch

235
die völkische Bewegung und einschlägige Frauenvereine begonnen wer-
den. 320
Mit dieser Ansicht stand Käthe Schirmacher im rechten Lager mittlerweile
nicht mehr allein. Bereits im Sommer 1917 hatte die Berliner Frauengruppe
des Vereins für das Deutschtum im Ausland eine vierteilige Vortragsreihe
über »Völkische Frauenpflichten« initiiert, um die »staatsbürgerliche Erzie-
hung der Frau« zu fördern.321 Auch Männer aus dem rechten Lager plädier-
ten nun im Zeichen von Nation und »Volksgemeinschaft« för die politische
Schulung der Bürgerinnen und Bürger ohne Unterschied des Geschlechts:
»Einem jeden Volksgenossen, ob männlich, ob weiblich, muß zu Fleisch und
Blut werden die Überzeugung, daß sein eigenes Geschick unlösbar mit dem
des Ganzen verbunden ist.« Im Gegensatz zur herrschenden »weltbür-
gerlichen Erziehung« wurde der national ausgerichtete Staatsbürger-Unter-
richt als »Quelle völkischen Instinkts und völkischen Selbstbewußtseins«
angesehen, der ein Anwachsen »staatsfeindlicher Kräfte« - gemeint war da-
mit vor allem die Sozialdemokratie - verhindern sollte. In Hinblick auf die
Frauen erhoffte sich der Autor von der staatsbürgerlichen Erziehung eine
stärker sachlicher Rationalität verpflichtete Betrachtungsweise und das Ende
»ihre(r) bisherigen Gepflogenheit, ihr eigenes kleines Ich und die ihm ent-
springenden Wünsche und Forderungen in den Mittelpunkt all ihres Den-
kens zu setzen«. Auch das »politisch unreife Geschlecht« sollte lernen, Staat,
Volk und Nation als höchste Autorität anzuerkennen. Dann, so der Vor-
schlag, mochte über das Frauenstimmrecht noch einmal neu verhandelt
werden.322
Parallel zur Entwicklung einer bürgerlich-liberalen und der sozialdemo-
kratischen Frauenbewegung hatte, so zeigt sich, auf der politischen Rechten
schon seit den 1890er Jahren eine implizite Politisierung des weiblichen
Geschlechts unter dem Deckmantel von Nation und Patriotismus einge-
setzt. Die Revision des preußischen Vereinsgesetzes ermöglichte auch natio-
nalistischen Frauen, sich über caritative Arbeit hinaus politisch zu betätigen.
Im Zeitalter des politischen Massenmarktes betrachteten die männlichen
Vereinsangehörigen die weiblichen Mitglieder als willkommene Unterstüt-
zung, wenn auch mit dem steigenden Selbstbewußtsein der Frauenverbände
Konflikte nicht ausblieben.323 Nach dem Modell getrennter Geschlech-
tersphären galten die Frauen als zuständig för Heim, Familie, Erziehung
und Kultur, doch ließ sich dieser Bereich mit Blick auf seine Bedeutung für
Staat, Volk und Nation problemlos politisieren. An der sozialen Militarisie-
rung der wilhelminischen Gesellschaft hatten die Frauen der politischen
Rechten erheblichen Anteil. Während des Ersten Weltkriegs, insbesondere
seit i.lcr Diskussion um die »Neuorientierung«, stieg in vielen Verbänden die
Bereitschaft, die faktische Politisierung ihrer weiblichen Mitglieder auch for-
mal anzuerkennen. Kein Wunder, daß Anhänger des antifeministischen Bun-

236
des neben den Parteien auch die nationalen Vereine för die Erfolge der Frau-
enbewegung verantwortlich machten. 324 Die deutsche Frau und Mutter,
diese Erkenntnis brach sich vom Alldeutschen Verband bis zum Verein för
das Deutschtum im Ausland langsam Bahn, konnte als Staatsbürgerin wo-
möglich noch effektiver als zuvor die politischen Ziele der nationalistischen
Rechten durchsetzen helfen. Voraussetzung dafür war freilich, daß die weib-
lichen Mitglieder die Überzeugungen der Männer teilten und die selbstge-
wählten Beschränkungen des völkischen Frauenbildes akzeptierten, das auf
der Vorstellung einer spezifischen Weiblichkeit beharrte.
Nicht nur die Anhängerinnen der sozialdemokratischen und bürgerlichen
Frauenbewegung, sondern auch die Frauen der völkisch-nationalen Rechten
erwiesen sich in den letzten Monaten vor der Novemberrevolution als hoch
politisiert. Aus populistischen Gründen schreckte selbst eine protofaschisti-
sche Organisation wie die Deutsche Vaterlandspartei nicht mehr vor der
Mobilisierung einer weiblichen Anhängerschaft zurück und organisierte
eine eigene Frauenabteilung. 325 Während die Annexionisten die Mitarbeit
von Frauen noch als »unpolitisch« ausgaben, war in anderen Verbänden
desselben politischen Spektrums bereits in Uminterpretation eines Diktums
der bürgerlichen Frauenbewegung von der Notwendigkeit die Rede, Frauen
zum »weiblichen Staatsbürgertum« zu erziehen. Durch die angekündigte
Reform der Innenpolitik und die erneute Debatte um das Frauenwahlrecht
zeichnete sich in einigen Organisationen der extremen Rechten die Bereit-
schaft ab, die längst institutionalisierte Mitarbeit von Frauen in politische
Begriffe zu fassen.
Während die sozialdemokratischen Parteien weiterhin an ihrer Forderung
nach dem Frauenwahlrecht festhielten, ging die Tendenz unter den Män-
nern des bürgerlichen Lagers dahin, den Partizipationswünschen der Frauen
auf andere Weise entgegenzukommen. Im Zuge der Ausdehnung kommu-
naler Daseinsvorsorge und kirchlicher Sozialarbeit hatten Kirchen wie Ge-
meinden zunehmend auf ehrenamtliche Helferinnen zurückgegriffen. Daß
die kommunale Leistungsverwaltung mit ihrer unmittelbar auf praktische
Umsetzung ausgerichtete Tätigkeit nicht als im engeren Sinne politisch galt,
eröffnete Frauen hier Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Zudem
hatte die weithin akzeptierte Vorstellung dualer Geschlechtersphären seit
den Tagen der Mädchenschulreform zu der Praxis geführt, in Dingen, die
nach diesem Modell die »Frauenwelt« betrafen, weibliche Experten anzuhö-
ren. Christliche Frauenverbände, aber auch einige gemäßigt-konservative
Frauenrechtlerinnen in- wie außerhab des BDF knüpften an diese Praxis an
und entwickelten ein Partizipationsmodell, das die Wählbarkeit von Frauen
in öffentliche Körperschaften vorsah, die Frauenbelange berührten, und
daneben vorschlug, Expertinnengutachten einzuholen. Dieses Modell passi-
ven Frauenwahlrechts, wie es mehrfach auch in den »Preußischen Jahrbü-

237
ehern« vertreten wurde, 326 wäre, so darf vermutet werden, auch ohne den
Zusammenbruch der Monarchie politisch durchsetzungsfähig gewesen. Sei-
ne Befürworter konnten sich darauf berufen, keine grundlegende Neuerung
einzuführen, sondern eine bereits vor 1914 erfolgreich geübte und im Krieg
ausgedehnte Praxis fortzuschreiben und gesetzlich abzusichern.327 In die-
sem Sinne hatten bereits der Katholische und der Deutsch-Evangelische
Frauenbund ihr Gewicht in die Waagschale geworfen, und Zentrum ebenso
wie Nationalliberale hatten schon prinzipielle Zustimmung signalisiert.
Auch die Fortschrittler unter den Konservativen konnten sich - wie die Stel-
lungnahme der »Preußischen Jahrbücher« belegt - damit einverstanden er-
klären, sicherte das Modell doch den Fortbestand bürgerlicher Hegemonie.
Daß sich bei der Zuwahl weiblicher Honoratioren durch zumeist bürgerli-
che Männer eine SPD-Mehrheit durchsetzen könnte, stand kaum zu erwar-
ten. 328 Damit wäre ein zentrales Argument der bürgerlich-konservativen
Warner vor dem aktiven weiblichen Wahlrecht gegenstandslos geworden.
Allenfalls auf kommunaler Ebene mochte die eine oder andere SPD-Für-
sorgeexpertin in die Sozialkommission einziehen - damit hätten die bürger-
lichen Parteien durchaus leben können. Die Zuwahl von Frauen zu den
Parlamenten wäre, wo keine nicht-parteigebundenen Kandidatinnen zur
Verfügung standen, vermutlich nach dem Parteienproporz erfolgt und hätte
die parteipolitischen Machtverhältnisse daher ebenfalls nicht angetastet. Bei
der Anhörung weiblicher Gutachter wäre wie bislang auch wohl in aller
Regel auf Expertinnen aus den Reihen des BDF zurückgegriffen worden.
Auch hier waren zwar Reformvorschläge zu erwarten, aber mit Sicherheit
keine Revolutionen. Insofern wäre ein - in den Mühlen der Bürokratie noch
verwässerter - Kompromiß zugunsten des passiven Frauenwahlrechts für die
Mehrheit der preußischen Abgeordneten annehmbar gewesen, und viel-
leicht hätten sich auch die Mehrheitsparteien des Reichstags bei anderen
(außen-politischen Kräfteverhältnissen auf diesen kleinsten gemeinsamen
Nenner verständigt. Freilich, das soll nicht verschwiegen werden, war das
Modell passiver staatsbürgerlicher Integration und weiblichen Expertenwe-
sens im BDF nicht durchsetzungsfähig, von den sozialdemokratischen Frau-
enorganisationen ganz zu schweigen. Sie vertrauten mehrheitlich auf die
Reformkraft des Stimmzettels, wenn auch der Optimismus unter den poli-
tisch hellsichtigen Verfechterinnen der Stimmrechtsbewegung schon bald
verflog.329 Vor dem Hintergrund einer nahezu 70jährigen Erfahrung mit
dem Frauenstimmrecht läßt sich allerdings die Frage aufwerfen, ob mit der
Konzentration auf die Wahlrechtsdebatte nicht ein Strang der Diskussion
abgeschnitten wurde, der angesichts eines politischen Alltags, der weniger
von der Wählermeinung als von Lobbyisten und E,xpertenurteilen bestimmt
wird, durchaus vielversprechend gewesen wäre. Bei allem Beharren auf de-
mokratischer parlamentarischer Kontrolle durch beide Geschlechter zeigt

238
' die Praxis doch, daß frauenorientierte Politik ohne die Besetzung entschei-
dungsrelevanter Gremien mit reformbereiten Frauen kaum durchzusetzen
I ist. Das Insistieren auf der Anhörung weiblicher Sachverständiger und die
i Verpflichtung, Frauen zu den Institutionen politischer Entscheidung hinzu-
| zuwählen, wie es von konservativen Frauenrechtlerinnen gefordert wurde,
[ war - von heute aus gesehen und nur zusätzlich zum allgemeinen Stimm-
recht wünschenswert - durchaus zukunftsträchtig und »moderner«, als es auf
; den ersten Blick anmuten mag.
Die Fakten waren jedoch andere. Nachdem sich noch im Juni 1918 bei
der Haushaltsdebatte im Reichstag nur die beiden sozialdemokratischen
Parteien för das aktive und passive Frauenwahlrecht ausgesprochen hatten,
brachten die Mehrheitsfraktionen wenige Tage vor der Revolution einen
Antrag auf das demokratische Stimmrecht für Männer und Frauen ein, der
jedoch nicht mehr behandelt wurde. 330 Vorausgegangen waren Stimm-
! rechtsdemonstrationen in Berlin, die gemeinsam von bürgerlichen und sozi-
[ aldemokratischen Frauenorganisationen getragen wurden.881 Der Rat der
; Volksbeauftragten ermöglichte mit seinem Wahlrechtsdekret vom 12. No-
[ vember 1918 dann auch Frauen den Gang zur Urne. Damit wurde eine alte
; und zuletzt im BDF auch mehrheitlich vertretene Forderung zu geltendem
I Recht. Die damit verknüpften Hoffnungen auf einen größeren Einfluß der
I Frauen auf Staat und Parteien erfüllten sich jedoch nicht. Im Gerangel um
[ die Parlamentssitze blieben Frauen benachteiligt, der Anteil der weiblichen
i Abgeordneten sank seit den Wahlen zur Nationalversammlung unaufhör-
; lieh. Die gehobenen Posten in der staatlichen Bürokratie gingen - von we-
nigen Ausnahmen wie Gertrud Bäumers Karriere im Innenministerium ab-
' gesehen - durchweg an Männer. Kirche und Justiz blieben fest in männlicher
Hand.
Die parteipolitische Zersplitterung der bürgerlichen Frauenbewegung
' nahm dem BDF die Autorität, for alle Frauen sprechen zu können. Zwar war
: diese Behauptung stets Fiktion geblieben, ebenso wie die Einheit der bür-
gerlichen Frauenbewegung immer prekär gewesen war. Unter den Bedin-
gungen einer nur mittelbaren politischen Partizipation hatte man aber doch
den Schein der Übereinstimmung wahren können, und das hatte den Stel-
lungnahmen des BDF Nachdruck verliehen. Wenn sich bekannte Repräsen-
tantinnen des BDF zu einer Frage äußerten, konnten sie sicher sein, gehört
I zu werden. Zeitungen jeglicher politischer Couleur druckten ihre Kom-
mentare zustimmend oder ablehnend nach; Regierungskommissionen hol-
ten den Rat weiblicher Sachverständiger ein; in den Gremien kommunaler
Selbstverwaltung gestalteten Frauen - wenn auch in bescheidenem Rahmen
i - die konkreten Lebensbedingungen mit. Nie wieder haben Frauen aus der
organisierten bürgerlichen Frauenbewegung so großen Einfluß auf das Mei-
nungsbild ihrer Zeitgenossen und Zeitgenossinnen gehabt wie im wilhelmi-

239
nischen Deutschland, das nach außen hin so männlich-militaristisch auftrat.
Freilich: Viele Veränderungen wären ohne den Druck struktureller Entwick-
lungen - von der Durchsetzung des Kapitalismus über das Interesse bürger-
lich-adeliger Eltern an der »standesgemäßen« Integration ihrer Töchter in
die moderne Industriegesellschaft bis hin zur Ausbildung eines politischen
Massenmarktes - nicht durchsetzbar gewesen. Und der Eintritt des BDF in
den Vorhof der Macht war mit einer Anpassungsleistung an die herrschende
(Männer-)Politik verbunden, die manchen Autorinnen, die den Nationalis-
mus vieler bürgerlicher Frauen bei weitem unterschätzen, als Selbstverleug-
nung oder gar Korrumpierbarkeit erscheint. Aber dennoch: Die Reformbe-
reitschaft der wilhelminischen Gesellschaft in Hinblick auf die »Frauenfrage«
war größer, als die Fixierung auf unleugbar repressive Faktoren erkennen
läßt. Daß sich am Vorabend des Ersten Weltkriegs eine Organisation for-
mierte, die sich ausdrücklich der Bekämpfong der Frauenemanzipation ver-
schrieb, ist dafür ein signifikantes Indiz.

240
6. Vom organisierten Antifeminismus
zur völkischen Bewegung

Die Dekretierung des allgemeinen gleichen Stimmrechts durch den Rat der
Volksbeauftragten und die Ankündigung der Wahlen zur Nationalversamm-
lung lösten in der Parteienlandschaft hektische Betriebsamkeit aus. Ins-
besondere jene Organisationen, die sich gegenüber dem Frauenwahlrccht
beharrlich gesperrt hatten, beeilten sich nun, sich der neuen Situation an-
zupassen. Die unvollkommene Politisierung der bürgerlichen Frauen, da
waren sich bürgerliche Blätter aller Schattierungen einig, erwies sich nun als
Nachteil, den es schnellstens aufzuholen galt.1

6 . 1 . Das »Danaergeschenk« als »harmloses Vergnügen«:


D e r U m g a n g mit d e m Frauenstimmrecht

Die Vereinigung Konservativer Frauen - sie hatte sich im Frühjahr noch


dezidiert gegen das Frauenwahlrecht ausgesprochen - erklärte nun, daß die
Mitwirkung der Frauen im öffentlichen Leben »unentbehrlich« sei,2 und
entwarf ein Agitationsprogramm, um rechtsgerichtete Frauen zu »Führerin-
nen for die bevorstehenden politischen Kämpfe« zu erziehen. 3 Ein Wider-
spruch gegen das Wahlrecht, das hatte auch das BdL-Frauenblatt »Die Guts-
frau« rasch erkannt, »würde heute ebenso unzeitgemäß wie lächerlich sein«.4
Selbst die evangelische Frauenhilfe, mit dem antifeministischen Bund perso-
nell eng verstrickt, rief zum Urnengang auf.5 Auch im Alldeutschen Verband
wurde nun über die Mitarbeit von Frauen diskutiert; auf Ortsebene wählte
man gar Frauen zum Vorstand hinzu. 6 Ernst zu Reventlow, der ansonsten
von seinen antifeministischen Überzeugungen nicht um Haaresbreite ab-
rückte, wertet ein seinem »Reichswart« mit Blick auf die politische Linke die
Mitarbeit von Frauen im nationalen Lager als »nicht allein erfreulich, son-
dern (als) eine Notwendigkeit«. 7 Diese Sichtweise war im nationalen Lager
weit verbreitet, hinderte die Rechtsextremisten um »Deutschlands Erneue-
rung« allerdings nicht daran, Demokratie und Parlamentarismus mit Blick
auf die Zulassung von Frauen pauschal zu diffamieren.8
Von einer gezielten Berücksichtigung der neuen Klientel, gar von einem

241
frauenpolitischen Zuschnitt der Parteiprogramme zur Nationalversamm-
lungswahl war auf der politischen Rechten nichts zu sehen. Das Einigungs-
programm der DNVP enthielt als 16. und letzten Punkt die lakonische Fest-
stellung, daß die »Mitarbeit der Frau am öffentlichen Leben« mittlerweile
»geboten« sei:9 unumgänglich also, nicht erwünscht. 10 Zwar konstituierte
sich noch im Dezember 1918 ein eigener Frauenausschuß," doch wurden
die Stimmen der weiblichen Wählerschaft ausschließlich unter dem Aspekt
der Mehrheitsbeschaffung betrachtet. Der BdL hielt damit auch nicht hin-
term Berg: »Das Neue, das uns gebracht ist, müssen wir benutzen«, gab die
Generalversammlung die Losung aus. Deshalb wünschten sich die ehedem
strikt antifeministischen Agrarier »eine starke politische Betätigung der
Frauen, insbesondere auf dem Lande«.12
Auch das Zentrum mobilisierte nun seine Anhängerinnen, »damit die
Revolutionäre sehen, daß die christliche Welt auch noch da ist«. Wählen
sollte die christliche Frau durchaus, »politisieren« aber, zitierte das katholi-
sche Zeitungsflagschiff »Germania« beipflichtend einen Aufsatz Hans Del-
brücks aus den »Preußischen Jahrbüchern«, »brauchen sie sich deshalb nicht
alle zu lassen«.13 Delbrück, der die intensive Beschäftigung mit Politik als
unvereinbar mit hausmütterlichen Pflichten ansah, fand es ausreichend,
wenn Frauen am Wahltag »den Stimmzettel des Mannes ihres Vertrauens
durch den eigenen in aller Stille verdoppeln«. 14
Trotz aller prinzipiellen Bedenken stand unter den rechtsgerichteten
Stimmrechtsgegnerinnen ein Wahlboykott nie zur Debatte. Zu groß war die
Furcht vor einem Wahlsieg der SPD, den es mit allen Mitteln zu verhindern
galt. In ihrer Wahlpropaganda operierte die politische Rechte gezielt mit
den unterschiedlichen Vorstellungen über die angemessene Rolle der Frauen
in der Gesellschaft und malte Greuelbilder von der Auflösung der Familie in
»Bebeis Zukunftsstaat« oder gar der sexuellen »Kommunisierung« der Frau-
en im Bolschewismus in den grellsten Farben aus.15 Das Geschlechterver-
hältnis wurde zum Wahlkampfthema und diente der alten politischen Elite
als Werkzeug ihres Bemühens, im neuen Staat Einfluß zu gewinnen. »Wahl-
recht ist Wahlpflicht« war daher das Motto, unter der rechtsgerichtete Frau-
enorganisationen zur Beteiligung aufriefen, meist gekoppelt mit einer mehr
oder minder direkten Wahlempfehlung zugunsten der DNVP. 16 »Wohin
würden wir kommen«, hatte schon Hans Delbrück gefragt, »wenn die kon-
servativen Frauen das alte Hausmutterideal hochhaltend an ihrem Herd
bleiben und der demagogischen Verhetzung der Arbeiterfrauen allein das
Wort lassen?«17
Ähnlich dachten auch die Mitglieder des Bundes gegen die Fraueneman-
zipation. Hatte man früher mit Blick auf die Genossen das Frauenstimm-
recht bekämpft, diente nun der Hinweis auf die »geschlossenen Frauenheere
der Sozialdemokratie« zur Mobilisierung der Antifeministinnen für den

242
Urnengang. »All die Gründe und Bedenken, die wir früher gegen das
Stimmrecht hatten, gehen uns gar nichts mehr an,« befand Vorstandsfrau
Marie Diers in einem Wahlaufruf8 und legitimierte ihren Sinneswandel mit
dem Wandel der politischen Verhältnisse:
»Der Umsturz kam so plötzlich, war so gewaltsam, warf noch ganz andere Dinge als
die weibliche Zurückhaltung über den Haufen, daß diese Frauensache darin an
Wichtigkeit verlor. Wir hatten keinen Kaiser mehr, keine Monarchie, kein Heer, kein
starkes, geschütztes Vaterland - da kam es wirklich nicht mehr so viel darauf an, ob
nun alte treugehegte Grundsätze im Frauenleben auch noch umgestoßen wurden.«19
Diese Haltung wurde freilich nicht von allen ihren Mitstreiterinnen geteilt.
Nachdem sich Emanzipationsgegnerinnen noch unmittelbar vor der No-
vemberrevolution mit einer »Eingabe gegen die Gewährung des kommuna-
len und parlamentarischen Wahlrechts an die Frauen« an den Reichstag ge-
wandt hatten, 20 verfaßten zwei Charlottenburger Antifeministinnen eine
Petition gegen das Fraucnstimmrecht, die sie der Weimarer Nationalver-
sammlung mit der Bitte zuleiteten, die Aufnahme der neuen Bestimmung in
die Verfassung zu verhindern. 21 Um der Petition Nachdruck zu verleihen,
forderten sie per Flugblatt und Unterschriftenliste zur Unterstützung ihrer
Aktion auf 2 und brachten nach den Angaben des antifeministischen »Mo-
natsblattes« damit »einige Tausend« Frauenunterschriften zusammen. 23 Wie
schnell die F.manzipationsgegnerinnen die Zeichen der neuen, demokrati-
schen Zeit verstanden hatten, zeigte sich daran, daß die Eingabe mit einem
Muster argumentierte, das deutlich dem nachrevolutionären Politikver-
ständnis geschuldet war. Ausgerechnet die Vertreterinnen einer Organisati-
on, die sich zuvor der Institutionalisierung jeglichen weiblichen Selbstbe-
stimmungrechts verschlossen hatte, beriefen sich jetzt auf die Grundpfeiler
demokratischer Auseinandersetzung und forderten von der Nationalver-
sammlung, wenn sie schon nicht pauschal auf die Aufnahme des Frauen-
wahlrechts in die Verfassung verzichteten, den Petentinnen doch
\ »mindestens ... das Selbstbestimmungsrecht zuzuerkennen, auf das heute ja jede
Volksgemeinschaff, ob groß oder klein, sich berufen darf, und durch Anordnung
einer Abstimmung, an der sämtliche Frauen Deutschlands teilzunehmen hätten, erst
den wahren Erauenwillen erkunden zu wollen.«24
Daß sie mit der Zeit gingen und nicht bereit waren, auf die Ausübung des -
als »Danaergeschenk«25 verunglimpften - Wahlrechts in ihrem Sinne zu ver-
zichten, machten die Organisatorinnen der Anti-Stimmrechts-Petition be-
reits in dem Flugblatt klar, mit dem sie zur Unterstützung ihrer Aktion
; aufriefen:
I »Selbstverständlich werden die kommenden Wahlen zur Nationalversammlung
durch den Inhalt unserer Eingabe in keiner Weise berührt. Pflicht jeder deutschen
Frau ist es, am Wahltage ihre Stimme zum Besten des Vaterlandes abzugeben.«26

243
Größere politische Partizipationschancen, so zeigt sich, gingen nicht not-
wendig mit Demokratisierungsprozessen einher. Die Möglichkeit zur politi-
schen Einflußnahme konnte durchaus dazu benutzt werden, genau diese
Teilhabe wieder abschaffen zu wollen.
Indes war die Fraueneingabe zur Authebung des weiblichen Stimmrechts
selbst in konservativen und deutschnationalen Kreisen umstritten. Die »in
letzter Zeit vielbesprochene »Eingabe deutscher Frauen und Mädchen« an
die Nationalversammlung« habe »Anlaß zu einem wahren Kesseltreiben
gegen ihre Urheberinnen gegeben«, klagte Organisatorin Emma Witte im
antifeministischen »Monatsblatt«. 27 Fanden die einen, die Frauen hätten
sich mit dieser Aktion zu weit vorgewagt, mutete anderen - etwa der konser-
vativen »Kreuzzeitung« - der Vorstoß der Antifeministinnen angesichts der
taktischen Gegebenheiten »merkwürdig« und als »Irrweg« an.28 In der
»Post« und der »Deutschen Zeitung« - neben der »Deutschen Tageszei-
tung« vormals Hauptforen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzi-
pation - bemühten sich nun Autorinnen darum, die Verfolgung deutschna-
tionaler Politikziele als »echt weiblich« erscheinen zu lassen,29 und auch von
christlicher Seite wurden spitzfindige Beweisführungen veröffentlicht, wo-
nach die »göttliche Ordnung« zum »Wohle des Deutschtums« weder »das
durch die jetzigen Verhältnisse gebotene Agitieren der Frauen von Person zu
Person, besonders unter ihren Gcschlechtsgenossinnen« noch« das bloße
Abgeben des Stimmzettels am Wahltage« verwehre. 30 Selbst der christlich-
nationale Pfarrer Julius Werner, vor 1918 unermüdlicher Kämpfergegen das
Frauenwahlrecht, scheute sich nicht, vor Wahlen den Frauen »aus nationa-
lem Pflichtgefühl« die Stimmabgabe zugunsten der DNVP anzuempfeh-
len.31
Die Funktionäre des antifeministischen Bundes hielten die Initiative zur
Abschaffung des Frauenstimmrechts mehrheitlich for »aussichtslos«. Vor-
standsmitglied und Geschäftsführer Ehrhard Eberhard empfahl statt dessen,
»den gefährlichen Bestrebungen der Rechtlerinnen auf solchen Gebieten
entgegenzutreten, auf denen sie noch nicht zum Ziele ihrer Wünsche ge-
langt sind«. Eberhards Aufsatz leitete eine Neuorientierung der antifemini-
stischen Liga ein, in deren Verlaufsich die Sprachregelung durchsetzte, das
Frauenstimmrecht sei »an sich ein harmloses Vergnügen«.32 Die Verharmlo-
sung dessen, was man nicht hatte verhindern können, diente der Ver-
schleierung der Niederlage und machte zugleich den Weg frei zur Formulie-
rung neuer Arbeitsschwerpunkte und Programmziele. 33
Sei es, weil sie der Umorientierung der antifeministischen Liga im Wege
standen, sei es, weil sich die Frauen von einer Petition ohne den Stempel des
för seine reaktionäre Haltung bekannten Bundes zur Bekämpfung der Frau-
enemanzipation eine größere propagandistische Wirkung versprachen - je-
denfalls firmierte die Fraueneingabe gegen das weibliche Stimmrecht als

244
Unterschriftensammlung auf privater Basis. Selbst im antifeministischen
»Monatsblatt« wurde die Mitgliedschaft der Organisatorinnen im Bund der
Emanzipationsgegner nicht erwähnt. 34
Auch die antifeministischen Initiatorinnen einer Bittschrift gegen die Ein-
führung des kirchlichen Frauenstimmrechts in Preußen traten als Privatper-
sonen auf. Nachdem die kirchlichen Provinzial-Synoden der Neuerung
zugestimmt hatten, lag die letzte Entscheidung beim Evangelischen Ober-
kirchenrat in Berlin. Nach dem Vorbild der Frauenpetition an die National-
versammlung sollte eine Unterschriftensammlung unter den »Frauen und
Jungfrauen unserer Kirche« den Oberkirchenrat bewegen, der Einführung
des kirchlichen Frauenstimmrechts die Genehmigung zu versagen. Auch in
diesem Fall blieb die antifeministische Liga aus dem Spiel. Umgekehrt wid-
mete das Organ der Emanzipationsgegner dem Aufruf der Anti-Kirchen-
rechtlerinnen nur eine knappe Notiz, ohne weiter über das Schicksal der
Petition zu berichten.35 Offenbar betrachtete man in der Bundesleitung die
Aktionen der Antifeministinnen mit Distanz. Die protestantischen Wahl-
rechtsgegnerinnen wiederum schienen sich höhere Chancen auszu-
rechnen, wenn sie nicht mit dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzi-
pation in Verbindung gebracht wurden. 36 Nachdem sich die politische
Landschaft neu formiert hatte, war die schon im Kaiserreich als »reaktionär«
angefeindete Liga nun endgültig in den Geruch der Antiquiertheit geraten.

6.2. Ein »Anschlag auf die Justiz«: Die Opposition gegen die
Zulassung von Frauen zu den Ämtern der Rechtspflege

Als sich dann im Zuge der Justizreform Widerstand gegen die Zulassung von
Frauen zum Justizdienst regte, war nicht mehr erkennbar, daß es Antifemi-
nistinnen und Antifeministen aus dem mittlerweile aufgelösten Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation waren, von denen die Gegenbewe-
gung ausging. Emma Witte, Ex-Vorstandsfrau der antifeministischen Liga,
legte 1920 beim Reichsjustizminister Beschwerde gegen die beabsichtigte
Zulassung von Frauen zur juristischen Laufbahn ein, zunächst als Privatper-
son.3" Später war sie an der Vorbereitung einer Massenpetition gegen die
Öffnung juristischer Berufe für Frauen beteiligt, eine Kampagne, bei der sie
von ihren antifeministischen Bundeskollegen Marie Diers und Ludwig Lan-
gemann in der rechtsnationalen Presse nach Kräften publizistisch unter-
stützt wurde. 38 Auch wenn die Eingabe nach außen hin als Frauenvotum
deklariert wurde, zogen im Hintergrund antifeministische Agitatoren wie
Ludwig Schemann die Fäden. 39
Das Argumentationsmuster der Reichstagspetition war aus der Diskussion

245
gegen die schon 1 9 1 2 / 1 3 diskutierte Heranziehung von Frauen zum
Schöffen- und Geschworenenamt bei Jugendgerichten wohlbekannt: Frau-
en fehlten qua Natur die »erforderlichen Charaktereigenschaften, vor allem
die strenge Sachlichkeit des Denkens und Urteilens«, ohne die eine Aus-
übung juristischer Funktionen nicht denkbar sei.40 Auch andere Einwände
schienen direkt aus antifeministischen Polemiken übernommen worden zu
sein: Die Zulassung von Frauen zur Richter- und Anwaltspraxis verschärfe
den Konkurrenzkampf zwischen den Geschlechtern, verschlechtere die Hei-
ratsmöglichkeiten und sei daher vom bevölkerungspolitischen Standpunkt
aus abzulehnen. Besonders verwerflich erschien den Gegnern und Gegne-
rinnen, daß mit der Rechtspflege ein »besonders hohes nationales Gut« in
die Hände des weiblichen Geschlechts gelange und Frauen, ein obrigkeitli-
ches Amt bekleidend, »über den Mann zu Gericht sitzen ... dürfen«. 41
Der antifeministische Einspruch stieß bei Juristen auf großen Widerhall.
Der Deutsche Richtertag verabschiedete mit großer Mehrheit eine Resolu-
tion, die sich entschieden gegen die Zulassung von Frauen zur Richterin,
Schöffin oder Geschworenen wandte. Die Herren der schwarzen Roben
ließen sich ihre ablehnende Haltung wissenschaftlich untermauern. Drei
medizinische Gutachten - eines davon stammte aus der Feder des als Gegner
des Frauenstudiums hinlänglich ausgewiesenen Medizinalrates Ernst Bumm
- kamen wunschgemäß zu der übereinstimmenden Auffassung, daß die
»Durchschnittsfrau« für das Richteramt vollkommen ungeeignet sei. Allen-
falls als Laienrichterin wollten die versammelten Rechtsvertreter die Kol-
leginnen dulden. 42 Doch selbst dieser mindere Status galt manchen rechts-
nationalen Blättern noch als »Anschlag auf unsere Justiz«.43 Das geltende
Recht, daran bestand för viele Juristen kein Zweifel, war »Männerrecht«.
Von Männern erdacht, auf männliche Bedürfnisse zugeschnitten, mußte es,
so waren sie überzeugt, auch weiterhin von Männern ausgeübt werden,
wenn der Herrschaftscharakrer der Rechtssprechung nicht an Autorität ein-
büßen sollte. Wenn sie daraus auch andere Schlüsse zogen, deckte sich ihre
Wahrnehmung der Verhältnisse dabei durchaus mit den späteren Analysen
feministischer Autorinnen:
»Unsere Weltanschauung baut sich auf Gedanken auf, die Männer dachten, unser
Schönheitsempfinden hat sich an Kunstwerken gebildet, die Männer erdachten und
schufen. ... Unsere Wertbegriffe sind männlich, männlichen Ursprungs ist, was wir
recht und unrecht, gut und böse nennen, Männer hämmerten ihre Rechts- und
Moralsätze in die Dekaloge der Jahrtausende.... Mit souveräner Gebärde hat zu allen
Zeiten der Mann den Rechtsgrundsätzen, die er für seine Geschlechtsgenossen er-
dachte, auch die Frauen unterworfen, ohne viel nach deren Eigenart zu fragen, ...
weil ... die Frau nie imstande war, ihr Eigenstes in der Sprache der Mannesbegriffe
wiederzugeben.«44

246
Daß »Deutschlands Erneuerung«, das Blatt der mittlerweile aufgelösten
Vaterlandspartei, die Mitarbeit von Frauen an der Gerichtsbarkeit »vom völ-
kischen Standpunkt« aus kurzerhand ablehnte, verwundert nicht.45 Der
»Kunsrwart« hatte Frauen die Befähigung zum Richteramt in vorgeblicher
Sorge um ihre Gewissens- und Nachtruhe schon vor dem Ersten Weltkrieg
abgesprochen. 46 Doch auch die »Preußischen Jahrbücher« machten sich nun
zum Anwalt der Juristinnen-Gegner. Landgerichtsrat Albert Hellwig be-
mühte von Ernst Bumm über William Stern bis hin zu Hans Groß, dem
Nestor der modernen Kriminalistik, eine Reihe von medizinischen, psycho-
logischen und forensischen Experten, um zu belegen, daß »körperliche
Mindereignung« und »seelische Eigenart« Frauen zur Ausübung richterli
eher Gewalt unfähig machten. »Wir werden eine Geföhlsjurisprudenz be-
kommen, welche letzten Endes zum völligen Bankerott der Strafrechtspfle-
ge führen muß«, wetterte der Jurist und sprach den Männern und mehr
noch den Frauen, die sich gegen die Zulassung von Frauen zum Justizdienst
engagierten, seine besondere Anerkennung aus.47
Vor diesem Hintergrund gelang es der von Antifeministinnen und Antife-
ministen lancierten »Riesenpetition«, erhebliche Kräfte zu mobilisieren.
Nach Angaben der Organisatorinnen füllten die dem Reichstag übermittel-
ten Protestkundgebungen drei dicke Bände. Mit gut 100.000 Unterschrif-
ten dominierten die Vertreter männlicher Berufsverbände, allen voran der
Bund deutscher Justizamtmänner. Dazu kamen politische Vereine wie der
konservative Verein für Schlesien und rechtsradikale Organisationen wie der
Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund. 48 Aber auch Frauenverbände
schlössen sich dem Votum an. Während sich die Frauenabteilungen aller
Reichstagsparteien für die Erweiterung von Frauenrechten auf juristischem
Gebiet einsetzten, stellten sich einzelne Ortsvereine der DVP- und DNVP-
Frauen auf den Boden der antifeministischen Petition. Auch in anderen
Frauenorganisationen erwies sich die Leitung als fortschrittlicher als die
Basis: Wiewohl die Dachorganisationen der Eingabe ihre Zustimmung ver-
weigerten, schlössen sich über 25.000 Mitglieder verschiedener Ortsgrup-
pen des Vaterländischen Frauenvereins, der Vereinigung Evangelischer Frau-
enverbände und auch einzelne katholische Frauenvereine der Bittschrift an.
Im Gegensatz zu den organisierten Petenten waren Frauen bei den Einzel-
unterschriften deutlich in der Mehrheit. 49 Allein in Württemberg, behaupte-
te Mit-Initiatorin Emma Witte, seien über 80.000 Frauenunterschriften
gesammelt worden. 50
Dennoch war die antifeministische Initiative nicht erfolgreich. 1922 wur-
den Frauen per Gesetz zu den Ämtern und Berufen der Rechtspflege zuge-
lassen.51 Damit konnten studierte Juristinnen erstmals als Rechtsanwältin
oder Richterin tätig werden. Die Öffnung obrigkeitlicher Funktionen für
Frauen blieb bis zuletzt heftig umstritten. Noch 1921 versagte der Reichsrat

247
einem Gesetzentwurf die Zustimmung, der Frauen die Möglichkeit geben
wollte, Schöffin oder Geschworene zu werden. Zur Begründung ihrer Ab-
lehnung verwiesen die Ländervertreter einmal mehr auf die physisch-psy-
chische »Eigenart« des weiblichen Geschlechts und machten sich dabei fast
wortwörtlich die Argumentation der »Preußischen Jahrbücher« zu eigen.
Die versammelten Ministerpräsidenten befürchteten von der Zulassung von
Frauen zur Rechtspflege geradezu die Auflösung staatlicher Autorität: Nicht
nur, daß sie hinter der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit, die sie Frauen
zuschrieben, die »Verweichlichung der Strafrechtspflege« witterten, sie
glaubten auch, daß die männliche Abneigung, sich weiblichen Urteilen zu
unterwerfen, zum generellen Verlust der »Achtung vor den Gerichten und
deren Ansehen« führen werde. 52
Frappierend an der Haltung des Reichsrats war weniger die Zurückwei-
sung von Gleichberechtigungsansprüchen selbst als die Ansammlung antife-
ministischer Generalsätze, mit der eine der höchsten Instanzen der Weima-
rer Republik ihren Widerspruch begründete. Der Vorfall macht deutlich,
daß Einstellungen und Mentalitäten politische Umbrüche überdauerten.
Antifeministische Haltungen waren in der Weimarer Republik nach wie vor
auf breiter Basis wirksam, auch wenn sich der organisatorische Kern des
wilhelminischen Antifeminismus in Autlösung befand.

6.3. Neukonstitution u n d völkische Radikalisierung:


Der Bund für deutsche Volkserneuerung

Während der Streit um die Zulassung von Frauen zu einer der wichtigsten
Instanzen staatlicher Herrschaft noch tobte, mühten sich die Funktionäre
und Eünktionärinnen der antifeministischen Liga redlich, den Bund der
Emanzipationsgegner in die neue Zeit hinüberzuretten. Bereits der Erste
Weltkrieg hatte die Reihen der Antifeministen gelichtet und die Organisati-
onskraft des Bundes seit 1916/17 zunehmend geschwächt.53 Etliche Aktivi-
stinnen und Aktivisten waren schlicht zu alt, um das Kaiserreich lange zu
überleben.54 Ein Generationenwechsel stand an, doch um Nachwuchsförde-
rung hatte man sich nie bemüht.
Nach einem kurzen Zwischenspiel als Deutscher Bund für Volksgesun-
dung organisierten sich die Antifeministinnen und Antifeministen im Spät-
herbst 1919 als Bund für deutsche Volkserneuerung neu.' 5 Ziel war die
»grundlegende Erneuerung des völkischen Lebens«/ 6 Als Voraussetzung
dafür galt wie gehabt die strikte Trennung der Geschlechtersphären auf der
Basis einer als grundlegend gedachten geistigen wie körperlichen »Wesens-
ungleichheit beider Geschlechter«.57 Entsprechend wurde im Arbeitspro-

248
gramm der neuformierten Organisation die Erziehung der Frau zur »Fami-
lienmutter, als Verbraucherin und Erhalterin der geistigen und wirtschaftli-
chen Güter des Volkes«, die Heranbildung des Mannes dagegen zum Träger
der produktiven Arbeit festgeschrieben.58 An diesen Formulierungen läßt
sich ablesen, wie sehr das Selbstverständnis der Antifeministen und Antife-
ministinnen durch die Umwälzungen im Gefolge der Novemberrevolution
erschüttert worden war: Was dem Bund und seinen Anhängern früher als
selbstverständlich galt, mußte jetzt schriftlich fixiert werden.
Verändert hatten sich durch die Neukonstitution nicht die antifeministi-
sche Grundhaltung selbst, sondern nur Argumentationsmuster und Begrün-
dungszusammenhänge. 59 Stand vor 1918 der Kampf gegen politische Frau-
enrechte im Mittelpunkt, rückte nun, nachdem diese Forderung politisch
nicht mehr durchsetzbar erschien, der bevölkerungspolitische Aspekt in den
Vordergrund. 60 Das Arbeitsprogramm der neu formierten Vereinigung ent-
hielt einen eigenen Abschnitt zur Familientörderung. Er trug deutlich die
Handschrift des ehemaligen Bundesvorsitzenden und Bevölkerungspoli-
tikers Carl von Behr-Pinnow, der - wie auch die christliche Antifeministin
Ida von Meerheimb - wieder dem neugebildeten Vorstand angehörte. 61
Freilich war es gerade die Dominanz bevölkerungspolitischer Vorstellun-
gen in einem Programm, das ansonsten vor allem auf die »wesensgemäße«
Erziehung der Geschlechter abzielte, die dem umstrukturierten Verband
den Todesstoß versetzte. Der Bund für deutsche Volkserneuerung entwik-
keite zu wenig eigenes Profil, um in der Vielzahl der völkischen Vereinigun-
gen in der Weimarer Republik bestehen zu können. Etliche andere Gruppen
schrieben sich ähnliche Ziele auf ihre Fahnen. Der völkisch-lebensreforme-
rische Treubund für aufsteigendes Leben, der über seinen Stuttgarter Vorsit-
zenden Richard Ungewitter sowohl mit dem Alldeutschen Verband als auch
mit dem Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund in Beziehung stand,
betonte gleichfalls die entscheidende Bedeutung der Familie und fügte sei-
nen Satzungen einen Passus hinzu, der den Antifeministen an Radikalität
noch den Rang ablief:

»Wir bekämpfen alle gegnerischen Bestrebungen, die auf eine Lockerung und Auf-
lösung [der Familie] hinarbeiten, wie es von Seiten der Frauenrechtlerinnen und
Wahlweiber, sowie von verweibten Männern, Juden und anderen Weltbürgern und
Deutschfeinden geschieht. Unser Ziel ist der gesunde, männliche Mann und das
gesunde, schöne, weibliche Weib, die dem Volk den wertvollen Zuwachs an lichtfro-
hen Menschen verbürgen. Jede Verwischung dieser Geschlechtsunterschiede erklä-
ren wir für naturwidrig und wahnwitzig.«62

Nach der Novemberrevolution nahmen sich zunehmend auch andere völki-


sche Organisationen der »deutschen Familie« und der Aufrechterhaltung
der Geschlechtergrenzen an - ein Prozeß, der mit dem Bund für deutsche

249
Familie und Volkskraft und dem Schutzbund für das deutsche Weib schon
während des Ersten Weltkrieges eingesetzt hatte. Antifeministische Vorstel-
lungen diffundierten in breitere Schichten und stießen im völkischen Lager
zunehmend auf Widerhall. Der Bund der Emanzipationsgegner verlor da-
durch sein Monopol und offensichtlich auch seine Daseinsberechtigung.
Möglicherweise waren auch die Akteure, die ihn nach 1918/19 vveitertru-
gen - und das waren eben nicht jene völkischen Aktivistinnen und Aktivi-
sten, von denen im Zusammenhang mit dem Deutschvölkischen Schutz-
und Trutzbund noch die Rede sein wird - , zu sehr den Traditionen des
Kaiserreichs verhaftet, um neben der völkischen Konkurrenz bestehen zu
können.
So verloren sich mit der zweiten Nummer der »Deutschen Volkswacht«
im Frühjahr 1920 die Spuren des Bundes für deutsche Volkserneuerung.
Übrig blieb eine 1924 von Ehrhard Eberhard, dem Schriftführer der »Deut-
schen Volkswacht«, nach »fünf Jahre(n) uneingeschränkter Frauenemanzi-
pation« gezogene Bilanz, worin der ehemalige Geschäftsführer des Bundes
zur Bekämpfung der Frauenemanzipation auf 916 Seiten den Nachweis sei-
ner Ausgangsthese zurechtzimmerte, daß nämlich alle Befürchtungen der
Stimmrechtsgegner mehr als begründet gewesen seien und von der Realität
noch übertroffen würden. 63
Die Abhandlung, ob ihres Übermaßes sexueller Phantasien zumeist sa-
domasochistischen Inhalts »nur für reife und denkende Männer« gedacht,
erschien in der einigermaßen renommierten Braumüllerschen Universitäts-
und Verlagsbuchhandlung in Wien und wurde 1927 ein zweites Mal in leicht
veränderter Form aufgelegt. In beiden Bänden erklärte Eberhard das Frau-
enstimmrecht wie die gesamte Weimarer Verfassung för ungesetzlich und
rief zum Kampf dagegen auf: »Was durch einen Federstrich eingeführt wur-
de, kann man auch mit einem Federstrich wieder beseitigen ... Trotz des
Frauenwahlrechtes läßt sich bei rechtzeitiger Gegenwirkung solange noch
das Schlimmste verhüten, bis die Stunde für die Wiederbeseitigung des
unrechtmäßigen Zustandes geschlagen hat.« 64
Drei Jahre später trat der Emanzipationsfeind ein letztes Mal publizistisch
auf den Plan, diesmal als Herausgeber eines Sammelbandes zum Zusam-
menhang von »Geschlechtscharakter und Volkskraft«.65 Knapp ein Drittel
der Texte stammte aus dem Umkreis des ehemaligen Antifeministen-Vor-
standes, andere aus dem Umfeld des (damals schon aufgelösten) Deutsch-
völkischen Schutz- und Trutzbundes. An der prinzipiellen Ablehnung weib-
licher Gleichheitsbestrebungen hatte sich nichts geändert, doch suchten
einige Beiträge die antifeministischen Werturteile nun mit den neuesten Er-
kenntnissen aus Sexualpsychologie und Molekularbiologie zu untermauern.
Neue Experten schalteten sich in die Diskussion ein und paßten die anti-
feministischen Vorbehalte dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen De-

250
batte an. 66 Der pessimistische Tenor früherer Aufsätze wurde von Optimis-
mus abgelöst: Die Antifeministinnen und Antifeministen waren bereits An-
fang der 1930er Jahre von der Überzeugung durchdrungen, daß die Zeit
nicht mehr fern war, in der »ein neues, tüchtiges Geschlecht die Zukunft auf
der natürlichen Grundlage echter Männlichkeit und echter Weiblichkeit,
gesunden Familienlebens und auf der politischen Grundlage der Pflege
völkischen Lebens und der Hingabe an die Volksgemeinschaft wieder auf-
bauen« werde. 67
Antifeministische Ressentiments, so läßt sich daraus schließen, existierten
trotz formaler Gleichberechtigung weiter, auch wenn sie keine eigens dafür
zuständige Organisation mehr bündelte. Nachdem der Kampf gegen das
Frauenstimmrecht gegenstandslos geworden war, verlor die heterogene
Gruppe der Emanzipationsgegnerinnen und -gegner die Klammer, von der
die divergierenden Richtungen des bürgerlichen Antifeminismus im Kaiser-
reich zusammengehalten worden waren.68 Die Versuche, das Mitsprache-
recht von Frauen in der evangelischen Kirche und die Zulassung von Frauen
zu den hoheitlichen Funktionen der Rechtssprechung zu verhindern,
scheiterten und vermochten keine integrative Wirkung zu entfalten. Voran-
getrieben durch die Neuformulierung der Verbandsziele, verwischte die
argumentative Abgrenzung zur völkischen Rechten. Der politischen Orien-
tierung der Mehrzahl seiner Protagonistinnen und Protagonisten entspre-
chend, ging der organisierte Antifeminismus des Kaiserreichs in der völki-
schen Bewegung der Weimarer Republik auf.

6.4. Die Auflösung des organisierten Antifeminismus


in der völkischen Bewegung

Nach 1918 erschien es vielen der verbliebenen E.manzipationsgegnerinnen


und -gegner sowohl nonvendiger als auch aussichtsreicher, das Weimarer
System in seiner Gesamtheit zu bekämpfen, statt sich in Einzelaspekten zu
verlieren, die im Fall des Frauenwahlrechtes ohnehin bereits entschieden
waren. Zahlreiche Anhänger der antifeministischen Liga wandten sich nun
anderen, politisch breiter orientierten Organisationen zu und wurden von
ihrem neuen Engagement voll in Anspruch genommen. Der antifeministi-
schen Grundhaltung abzuschwören war dazu nicht nötig: Sie wurde - kei-
neswegs konfliktfrei und nicht immer erfolgreich - den veränderten politi-
schen Bedingungen angepaßt. Auf im einzelnen durchaus unterschiedliche
Weise leisteten die Aktivistinnen und Aktivisten des emanzipationsfeindli-
chen Bundes einen Beitrag zum Transfer antifeministischer Überzeugungen

251
vom Kaiserreich über die völkische Rechte der Weimarer Republik bis in den
Nationalsozialismus.69
Während der Ex-Antifeminist und Münchner Bankier Wilhelm Freiherr
von Pechmann kurzfristig der Bayrischen Volkspartei beitrat,70 schlössen sich
andere prominente Mitglieder der aufgelösten antifeministischen Liga der
Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) an, in der 1918 die Vaterlands-
partei, die Deutschkonservativen, antisemitische Gruppierungen wie die
Deutschvölkische Partei sowie der rechte Flügel der Nationalliberalen und
die Mandate des BdL aufgingen.71
Emanzipationsfeind Dietrich Schäfer war Mitbegründer der neuen Orga-
nisation;72 auch die ehemaligen Bundesmitglieder Konrad Mass, Julius Wer-
ner und Arnold Rüge schlössen sich der DNVP an.73 Der Ex-Antifeminist
Gustav Roethe war an der Berliner Universität als deutschnationaler Profes-
sor bekannt und konnte in seinen Veranstaltungen unbehelligt den Friedens-
schluß als eine Katastrophe bezeichnen, wie sie nur einem von Juden und
Sozialdemokraten verhetzten Volk zustoßen könne. 74 FLrnst Oberfohren,
der ehemalige Vorsitzende des Bundes zur Bekämpfong der Frauenemanzi-
pation, stieg zum stellvertretenden Parteichef und Sprecher der DNVP-
Reichstagsfraktion auf.75
Freilich gelang es der rechten Sammlungspartei nicht, alle politisch akti-
ven Emanzipationsgegner dauerhaft zu integrieren. Mit Paula Mueller vom
Deutsch-Evangelischen Frauenbund war eine Hauptgegnerin des antifemi-
nistischen Bundes for die Partei in den Reichstag eingezogen, und die Hal-
tung der DNVP zur »Frauenfrage« war in den eigenen Reihen oftmals heftig
umstritten. Sie habe sich als regelrechter »Spaltpilz« erwiesen, urteilte
Emma Witte, Ex-Vörstandsfrau im Bund zur Bekämpfong der Fraueneman-
zipation 1924, und führte die Abwanderung zahlreicher DNVP-Wähler zur
Nationalsozialistischen Freiheitspartei nicht zuletzt auf deren kompromiß-
lose Haltung in der »Frauenfrage« zurück/ 6 Auch in punkto Antisemitismus
waren die Deutschnationalen, die sich angesichts ihrer divergenten Klientel
um konsensfähige Politik bemühen mußten, 77 vielen Antifeministen nicht
radikal genug. Durch diesen Vermittlungskurs franste der rechte Rand der
Partei aus: Rechtsaußen Arnold Rüge etwa kehrte ihr deswegen bald den
Rücken und engagierte sich - wie schon andere Mitglieder der inzwischen
aufgelösten antifeministischen Liga vor ihm - beim Deutschvölkischen
Schutz- und Trutzbund. 78
Der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund (DSTB) ging Anfang 1919
aus einem Aufruf hervor, den Alfred Roth för den antisemitisch-antifemini-
stischen Hammerbund und der Antifeminist Paul Langhans für den
Deutschbund unterzeichnet hatte. Mit 150.000 Mitgliedern (1921) gab er
im völkischen Lager bald den Ton an.79 Unter der Verantwortung von
Schriftleiter Ludwig Langemann wurde im letzten Jahrgang des antifemini-

252
[ stischen »Monatsblatts« för die Loge geworben; als Deckadresse füngierte
I dieselbe Göttinger Druckerei, die sowohl den Vertrieb des »Monatsblattes«
I als auch den Versand der Langemannschen Hetzschriften gegen Katholizis-
mus und Judentum organisierte. 80
Im Organisationsplan des Schutzbund-Geschäftsführers Alfred Roth tra-
I ten an zentraler Stelle alte antifeministische Bekannte auf: Otto Schmidt-
I Gibichenfels wurde zum Experten für die »Rassenfrage« ernannt, Paul
I Langhans sollte för »Deutsche Volksforschung« verantwortlich zeichnen,
[ Beiratsmitglied Adolf Bartels der Sektion »Deutsches Schrifttum« vorstehen
| und der »Hammer«-Herausgeber Theodor Fritsch die Abteilung Zeitungs-
I wesen übernehmen. Für »Volksbildung« wollte Roth den Deutschbruder
[ Gerhard Krügel gewinnen, der vor und im Ersten Weltkrieg seinen »Deut-
schen Volkswart« in den Dienst der antifeministischen Sache gestellt hatte.
Stefan von Kotze, Autor des antifeministischen Pamphlets »Altjungfern-
koller«, war als Zuständiger für den Bereich Jugendbewegung vorgesehen.81
Auch Ludwig Schemann gehörte der Vereinigung an und stand in freund-
I schaftlichem Kontakt zu Alfred Roth. 82
Gemeinsame Lektüre sollte der Vergemeinschaftung der Logenmitglieder
I und ihrer ideologischen Festigung dienen. Auf dem Plan standen völkische
| Schriften der Antifeministen Bartels und Schemann ebenso wie Gobinau,
I Chamberlain und Lagarde, dazu die rassenanthropologischen Arbeiten
| Wöltmanns und Wilsers sowie Jahns »Deutsches Volkstum« und Fichtes
[ »Reden an die deutsche Nation«.
Der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund hatte aus der Novemberre-
I volution gelernt und nahm im Gegensatz zu manchen völkischen Bünden
[ der Vorkriegszeit beide Geschlechter auf. Die Frauenarbeit war dem Vorsit-
I zenden Alfred Roth wichtig genug, um eine eigene Leiterin for diesen Be-
t reich vorzusehen und ihr eine Funktionärin für »Geselligkeit« an die Seite zu
stellen.83 Dieser Vorschlag - eine Abteilung »männliche Geselligkeit« gab es
nicht - belegt freilich ebenso wie die ausschließlich von Männern getragene
f Vereinsoligarchie, daß von einer Gleichbehandlung der Geschlechter im
Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund nicht die Rede sein konnte.
Die radikale Rechte der Weimarer Republik hatte massive Probleme mit
der Integration des weiblichen Geschlechts, die seit der Verleihung des
I Wahlrechts unumgänglich geworden war. Das Selbstbewußtsein etlicher
\ rechtsgerichteter Frauen kollidierte mit überkommenen Vorstellungen von
Geschlechterhierarchie, und die dominierende Lehre von der Frau als Mut-
I ter des Volkes ließ sich zum Leidwesen vieler Männer und mancher Frauen
durchaus im Sinne politischer Einflußnahme interpretieren.84 Nicht umsonst
schloß der Antifeminist Philipp Stauff 1919 in den »Alldeutschen Blättern«
| seinem Lippenbekenntnis zur Notwendigkeit weiblicher Mitarbeit an der
I »Volksgemeinschaft« einen ganzen Katalog angeblich naturgewollter Ein-
schränkungen an, die jegliche Aktivität auf den Bereich der Familie und
Kindererziehung reduzierten. 85
Soweit sich erkennen läßt, war es jedoch nicht der Alldeutsche Verband,
sondern der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund, der in gewisser Wei-
se die Arbeit der organisierten Antifeministen fortsetzte. Zur gemeinschaft-
lichen Lektüre in den einzelnen Ortsgruppen schlug Geschäftsführer Alfred
Roth nicht nur die bekannten völkischen Klassiker, sondern auch Literatur
zum Themenkreis »Frauenarbeit und Erauenemanzipation« vor. Das Bil-
dungsprogramm umfaßte - ausgehend von der Orientierung über die Stel-
lung der Frau im Altertum und in anderen Kulturen - die Besprechung der
Frauenrolle in der deutschen Geschichte und Gegenwart und gipfelte in der
Verherrlichung der Bedeutung, die Frauen als Müttern in der völkischen
Gemeinschaft zugesprochen wurde. Nach Roths Auffassung sollte vor allem
Anna Schellenbergs »Mutter und Volk« gelesen werden - die Schrift der
organisierten Antifeministin war selbst in den »Preußischen Jahrbüchern«
lobend besprochen worden - , aber auch die Autorin Margarete Hunkel
legte der Trutzbund-Chefseiner Gemeinde ans Herz. 86 Hunkel war mit dem
Herausgeber der Berliner Zeitschrift »Neues Leben« verheiratet und hatte
bereits Ende 1917 die »Deutsche Schwesternschaft« gegründet, die sich
Frauen von »arischer Herkunft« und frei von »jüdischem und farbigem Blut-
einschlag« als »wahrhaft deutschvölkische Frauenbewegung« offerierte. Sie
stellte sich in bewußten Gegensatz zu den »international gerichteten Recht-
lerinnen« und erblickte die Lebensaufgabe der deutschen Frau »im Dienste
an Rasse und Volkstum ..., im Dienste am deutschen Kinde«.87 Gut möglich,
daß die Deutsche Schwesternschaft, die in der »Politisch-Anthropologi-
schen Monatsschrift« als wertvolle Ergänzung der antifeministischen Liga
gefeiert wurde, im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund aufging.88
Im August 1920 übernahm der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund
die »Politisch-Anthropologische Monatsschrift« als Verbandsorgan.89 Her-
ausgeber des rassenbiologischen Blattes, das schon 1921 über die Aktivitä-
ten der NSDAP berichtete, 90 war und blieb der Antifeminist Otto Schmidt-
Gibichenfels. Auch sein ehemaliger Bundeskollege Ernst zu Reventlow
hatte sich mittlerweile der rechtsradikalen Organisation angeschlossen.91 Als
nach seinem Austritt aus dem Bund für deutsche Familie und Volkskraft92
und der mißglückten Gründung des Deutschvölkischen Arbeitsrings Berlin
im Juni 1920 noch Arnold Rüge dazustieß, waren die prominentesten
Agitatoren der antifeministischen Liga nahezu vollzählig im Deutschvölki-
schen Schutz- und Trutzbund versammelt.
Als erfahrener Ideologe und Propagandist rückte Rüge bald in die Füh-
rungsebene auf.93 Daneben unterstützte der antifeministische Ex-Dozent
den Kapp-Putsch, stand in Kontakt mit Freicorps und der Brigade Ehrhard
und führte den Bund Oberland an. Rüge hatte Adolf Hitler schon in den

254
frühen zwanziger Jahren kennengelernt und nahm 1923 am Hitler-Putsch
teil. Dafür wurde er zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, das er wie Hitler in
der Festung Landsberg/Lech absaß. Wiewohl er nach der Machtübergabe
mehrfach daran erinnerte, daß er »schon vor 1914 Nationalsozialist gewe-
; sen« sei, gelang es ihm trotz der Protektion Heinrich Himmlers nicht, in die
r Führungsspitze der NSDAP aufzusteigen. Zunächst mit einer Stelle im
Generallandesarchiv Karlsruhe abgefunden, kam Rüge durch den Einsatz
seiner Parteifreunde schließlich doch noch zur ersehnten Professur und be-
dankte sich mit einschlägigen wissenschaftstheoretischen Veröffentlichun-
gen. 94
Weil sich einige Mitglieder am Kapp-Putsch beteiligt hatten oder in Zu-
sammenhang mit dem Mord an Rathenau verhaftet worden waren, wurde
1922 gleichzeitig mit dem Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund auch
| der Bund der Aufrechten verboten, bei dessen Versammlungen der Antife-
< minist Professor Gustav Roethe als Hauptredner auftrat. Der Verband mit
I nur einigen tausend Mitgliedern war ein Sammelbecken för Republikgegner,
[ die jede Zusammenarbeit mit bürgerlichen Parteien ablehnten. Sie forder-
I t e n die Rückkehr zur Hohenzollern-Monarchie, ein starkes Preußen und als
[ antisemitische Komponente die »Reinerhaltung des deutschen Blutes«.
I Nach dem Verbot bestand die Organisation - getarnt als »Lesegemeinde« -
I noch bis 1934 als Kampfring der monarchistischen Bewegung weiter.95
Ex-Antifeminist Ernst zu Reventlow hatte in seinem »Reichswart« mit
:
Hetzschriften gegen Rathenau, F,rzberger und Wirth die Fememorde ideo-
logisch mit vorbereitet. 96 Als der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund
l noch vor seinem offiziellen Verbot infolge interner Querelen auseinander-
' bröckelte, gründete der Graf den Deutschen Freiheitsbund und übernahm
den Vorsitz dieser nur kurzfristig aktiven Nachfolgeorganisation. Der Deut-
sche Freiheitsbund erfüllte seinen Zweck als Sammelbecken der Völkischen
in- und außerhalb der DNVP nicht. Deshalb formierte sich Ende 1922 die
Deutschvölkische Freiheitspartei, um die Integrationsarbeit des verbotenen
Schutz- und Trutzbundes fortzusetzen. Reventlow gehörte auch hier zu
den Gründungsmitgliedern und saß im Vorstand.97
Bei den Reichstagswahlen im Frühjahr 1924 vereinte das Wahlbündnis aus
Deutschvölkischer Freiheitspartei und NSDAP mit Ludendorff als Spitzen-
kandidaten 6,5 Prozent der Stimmen auf sich. Reventlow zog als Abgeord-
neter der Deutschvölkischen in den Reichstag ein.98 Als die beiden Fraktio-
, nen zur Nationalsozialistischen Freiheitspartei fusionierten, sprachen sich
Reventlow und sein früherer Kollege vom Bund zur Bekämpfung der Frau-
; enemanzipation, Adolf Bartels, in programmatischen Reden für das Bündnis
aus.99 Der Auffassung der beiden Antifeministen entsprechend, hielt die
' Nationalsozialistische Freiheitspartei an der Überzeugung fest, daß aktive
Politik Männersache sei und lehnte es - unter dem Protest etlicher Anhän-

255
gerinnen - als einzige Partei ab, zu den Wahlen Kandidatinnen aufzustellen.
Unterstützt wurde die Parteiführung dabei von Emma Witte, die sich in den
zwanziger Jahren im völkisch-nationalsozialistischen Lager als Kämpferin
wider den »Feminismus unter nationaler Flagge« profilierte. Ihre Polemiken
gegen die Weimarer Frauenbewegung unterschieden sich allenfalls dadurch
von früheren Veröffentlichungen, daß der Antisemitismus schärfer hervor-
trat. 100
Über die Zwischenstation der völkischen Bewegung gab es zwischen dem
Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation und der NSDAP erhebliche
personelle wie ideologische Kontinuität. Ernst zu Reventlow trat nach sei-
nem Zwischenspiel bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei 1927 der
NSDAP bei und saß bis zu seinem Tod 1943 im Reichstag.101 Der Bruder der
Schwabinger Schriftstellerin und Bohemienne Franziska zu Reventlow spiel-
te bei der Popularisierung des Nationalsozialismus unter norddeutschen
Nationalisten eine wichtige Rolle102 und hatte bereits als Mitbegründer des
Nationalclubs dazu beigetragen, die NSDAP gesellschaftsfähig zu machen
und das Bündnis zwischen alten und neuen Eliten voranzutreiben. Im Na-
tionalclub war die Creme der Nachkriegsgesellschaft versammelt: der preu-
ßische Finanzminister Johann Baptist Becker, Staatsminister Karl Helfferich,
der ehemalige Deutschkonservative Kuno Graf von Westarp, dazu Hugen-
berg, Hugo Stinnes und Ludendorff. Hitler war im Berliner ebenso wie im
Hamburger Club bereits Anfang der zwanziger Jahre zu Gast.103
Eine ähnlich illustre Gesellschaft traf sich im einflußreichen, seinerseits
zum Berliner Nationalclub enge Beziehungen hegenden Deutschen Her-
renklub, und auch hier waren prominente Emanzipationsgegner aktiv. Dem
1924 aus dem »Juniklub« hervorgegangenen »Schattenkabinett« der Ban-
kiers, Industriellen, Großgrundbesitzer, »jungkonservativen« Politiker, Spit-
zenbürokraten und Militärs - Hindenburg war Ehrenmitglied der Vereini-
gung - gehörte auch der Antifeminist und Ex-Vorsitzende des Bundes für
deutsche Volkserneuerung, Carl von Behr-Pinnow an. Zum Jahresessen des
Berliner Herrenklubs im Jahr 1930 erschienen nicht nur Schleicher, General
Hasse und das komplette Kabinett Brüning, sondern auch der DNVP-Poli-
tiker und ehemalige Vorsitzende des Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation, Ernst Oberfohren. 104
Unterdessen war auch Adolf Bartels, wie Reventlow und Rüge von den
Antifeministen zum Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund und
schließlich zur Nationalsozialistischen Freiheitspartei gekommen, der
NSDAP beigetreten. 105 Auch ihre ehemalige Vorstandskollegin aus dem
Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, die Schriftstellerin Marie
Diers - Hohepriesterin der Mutterschaft schon vor dem Ersten Weltkrieg -
schrieb nun Artikel für die NS-Presse.106 Bartels hatte schon 1924 den Na-
tionalsozialismus als »Deutschlands Rettung« begrüßt und arbeitete später

256
am »Akademischen Beobachter« mit, dem nationalsozialistischen Intellck-
tuellcnblatt. In den dreißiger Jahren galt er zusammen mit Reventlow und
Jakob Wilhelm Hauer als einer der führenden Köpfe der Deutschen Glau-
bensbewegung. Über den Adolf Bartels-Bund standen die Arisierer des
christlichen Glaubens mit dem Bayreuther Kreis in Verbindung.107 Etliche
Bayreuther - neben der ehedem organisierten Antifeministin Daniela Thode
auch Winifred Wagner und Eva Chamberlain, die Witwe des Schriftstellers -
gehörten zu den Gründern und Förderern von Alfred Rosenbergs Kampf-
bund für deutsche Kultur, in dem Maßstäbe för »deutsche« Kunst entwickelt
und Künstler wie Intellektuelle auf ein faschistoides Kunstverständnis ein-
geschworen wurden. Auch der völkische Münchner Verleger Julius F.
Lehmann, ein Freund des antifeministischen Rassenhygienikers Max von
Gruber, hatte sich der Vereinigung angeschlossen, die nach 1933 die Gleich-
schaltung des künstlerischen Lebens betrieb. Literatlirprofessor Adolf Bar-
tels, der schon in der Fichte-Gesellschaft und im Dürerbund für eine rück-
I wärtsgewandte, nationale »Heimatkunst« gestritten hatte, war ebenfalls mit
• von der Partie. An seinem Beispiel läßt sich die Entwicklung der völkischen
i Kunstauffassung und Kulturdefinition bis in die Nazi-Kunst(politik) hinein
I verfolgen.108
Daß die politische Karriere einer ganzen Reihe ehemaliger Funktionärin-
1 nen und Funktionäre des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation
im Engagement für die NSDAP endete, ist wenig verwunderlich angesichts
| der engen Affinität von antifeministischem Weltbild und nationalsozialisti-
, scher Ideologie. Der gemeinsamen Haß auf Judentum, Liberalismus, Sozi-
aldemokratie, Kapitalismus und Parlamentarismus, die gemeinsame Ableh-
j nung von Frauenemanzipation und Gleichberechtigung der Geschlechter
l soll über Unterschiede jedoch nicht hinwegtäuschen: Jene Männerbund-
; Verherrlichung, die sich entgegen den Bemühungen der völkischen »Femini-
stinnen« im Nationalsozialismus durchsetzte, wurzelte im »geistigen
Antifeminismus« der - hier nicht behandelten - jugendbewegt-Blüherschen
Richtung weit eher als im bürgerlichen Antifeminismus alten Stils, wie ihn
der Bund zur Bekämpfong der Frauenemanzipation im Kaiserreich verkör-
pert hatte.109 Umgekehrt spielte der religiöse Traditionalismus orthodox-
lutheranischer Ausprägung, der einen Gutteil der wilhelminischen Antifemi-
nistinnen und Antifeministen zu ihrer Haltung motiviert hatte, im National-
i Sozialismus keine Rolle mehr.110
Nicht zuletzt schlugen sich dabei auch Brüche zwischen den Generatio-
nen nieder." 1 Soweit erkennbar, wurde der antifeministische Bund überwie-
gend von den in den 1850er und 1860er Jahren Geborenen getragen, und
selbst die Jüngeren unter den Emanzipationsgegnern - Oscar A.H. Schmitz,
• Philipp Stauff, Marie Diers, Ernst Oberfohren und Arnold Rüge - standen
1933 schon hoch in den Fünfzigern oder gar Sechzigern. Von der Jugend-

257
bewegung wurden diese Altersjahrgänge nicht mehr erfaßt. Entsprechend
sind, von zwei Vorträgen abgesehen, keine Kontakte nachweisbar.112 Und
auch Weltkrieg und Revolution dürften von den Antifeministinnen und
Antifeministen, die ihre politische Sozialisation im Kaiserreich erfuhren,
anders erlebt worden sein als von jenen jüngeren Geburtsjahrgängen, aus
denen sich die NSDAP-Mitglieder vorrangig rekrutierten." 3 Alles in allem
wird man den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation dennoch als
protofaschistische Organisation begreifen können. Darauf deutet auch die
Tatsache hin, daß etliche F>manzipationsgegner beiderlei Geschlechts im
Nationalsozialismus eine neue Heimat fanden. Zwangsläufig war diese Ent-
wicklung freilich nicht. Zwei prominente Antifeministen, bei denen trotz
aller deutschnational-antisemitischen Grundhaltung die Einbindung in eine
kirchliche Institution respektive in eine der großen Weimarer Parteien im
Vordergrund stand, haben sich in den 1930er Jahren gegen die NSDAP
engagiert." 4

258
7. Schlußbetrachtung:
Gesellschaftliche Modernisierung und
Geschlechterfrage

Die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen seit dem ausgehenden


18. Jahrhundert wrurden nicht nur von politischen Emanzipationsverheis-
sungen begleitet, sondern auch von dem Bemühen, das Verhältnis zwischen
Männern und Frauen neu zu definieren. Egalitäre Konzeptionen konnten
sich dabei nicht durchsetzen. Ausgehend von normativen Texten »bürgerli-
cher Meisterdenker« und anthropologischen Konstruktionen, hielt das dua-
listische Modell der Geschlechterbeziehungen in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts unter dem Signum polarer »Geschlechtscharaktere« Einzug in
das Alltagswissen und wurde durch die Erkenntnisse der aufstrebenden Na-
tur- und Humanwissenschaften abgesichert.Gleichzeitig avancierte der Ge-
schlechterdualismus zum grundlegenden Denkmodell bürgerlicher
Selbstrepräsentation und verwies damit auf ein fundamentales Bedürfnis
nach einfachen Ordnungskategorien, die scheinbar so eindeutig und selbst-
referentiell waren wie der Unterschied zwischen Mann und Frau. Die beiden
Geschlechter erschienen als grundsätzlich verschiedene Wesenheiten, deren
Differenz - Ausdruck struktureller Misogynie - unterschiedliche Rechte,
Pflichten und Chancen begründete.
Auf diesen Wissensvorrat konnten all jene zurückgreifen, denen es im
Zusammenhang mit der Gründung des deutschen Nationalstaats um die
Kodifikation männlicher Vorrechte ging. Blieben diese Stimmen zunächst
noch vereinzelt, nahmen antifeministische Äußerungen seit dem Ende des
19. Jahrhunderts zu, als infolge der Formierung organisierter Frauenbewe-
gungen die »Frauenfrage« nicht länger nur als soziales, sondern auch als po-
litisches und kulturelles Problem wahrgenommen wurde.
Die wirtschaftliche und soziale Modernisierung der wilhelminischen Ge-
sellschaft ging mit Aufbrüchen im Verhältnis der Geschlechter einher, die
bürgerlichen Frauen neue Freiräume eröffneten und tradierte Zuordnungen
in Frage stellten. Verbesserte Bildungs- und Berufschancen, ein gesteigertes
Selbstbewußtsein, das auch in einer großen Zahl von Vereinsgründungen
zum Ausdruck kam, und ein zunehmend politisches Selbstverständnis lösten
nicht nur unter Männern, sondern auch unter traditionell eingestellten
Frauen tiefe Verunsicherung aus. Gleichzeitig kamen auf der Rückseite mi-

259
litärischer Inszenierung männlicher Überlegenheit der wilhelminische Staat
und gesellschaftliche Institutionen den Partizipationsforderungen bürgerli-
cher Frauen vor allem nach der Jahrhundertwende in einer Weise entgegen,
die trotz fortdauernder männlicher Prädominanz in weiten Teilen des kon-
servativ-rechtsautoritären, aber auch des nationalliberalen Bürgertums und
im Adel heftige Kritik hervorrief. Antifeministische Tendenzen beschränk-
ten sich dabei keineswegs auf jene bürgerlichen und kleinbürgerlichen
männlichen Berufsverbände, die ihren Status von weiblicher Konkurrenz
bedroht sahen. Die Opposition gegen Veränderungen im Geschlechterver-
hältnis reichte weit in die gesellschaftliche Elite hinein und erfaßte neben
Staatsbürokraten, Hochschullehrern, Offizieren und Pfarrern auch Vertre-
ter der neuen Leitwissenschaften Medizin und Biologie, dazu Juristen, Pu-
blizisten und Politiker. Bürgerliche Kulturwächter stilisierten Weiblichkeit
zum Symbol für Wandel und Modernität schlechthin und fürchteten um den
Fortbestand der deutschen Nationalkultur ebenso wie um die überkomme-
ne Psychologie der Geschlechterbeziehungen. Protestanten, denen in
Zeiten zunehmender Säkularisierung der Hinweis auf die Bibel nicht mehr
ausreichend erschien, vermengten Theologie und Naturwissenschaft zur
»Naturordnung Gottes«, um weibliche Partizipationsansprüche abzuweh-
ren. Mediziner kennzeichneten die Frauenbewegung als Zeichen fortschrei-
tender »Entartung«, und die aufsteigende Rassenhygiene begriff im Verein
mit nationalistischen Interessenverbänden und völkisch-antisemitischen Le-
bensreformern die Einschränkung weiblicher Autonomie als Voraussetzung
für Volksvermehrung und nationale Größe. Auf der Grundlage eines Sy-
stems polarer Dichotomien variierten die antifeministischen Argumentati
onsmuster in Abhängigkeit von den jeweiligen Akteuren, verbanden im
Kern aber die Gegnerschaft zur Frauenemanzipation mit Antisemitismus,
Nationalismus, Demokratiefeindlichkeit, Antiparlamentarismus und Antika-
pitalismus, der Bekämpfung der Sozialdemokratie sowie der Ablehnung ur-
baner Zivilisation und der Massengesellschaft zu einer umfassenden Kritik
an der Moderne, als deren Chiffren »der Jude« und »das Weib« erschienen.
Antisemitismus und Antifeminismus waren jedoch nicht nur ideologisch
aufeinander bezogen, sondern auch organisatorisch, auf der Ebene der
Wortführer und Trägergruppen, eng miteinander verflochten.
Wiewohl die Bestandteile des antifeministischen Diskurses bereits seit den
1890er Jahren und verstärkt seit der Jahrhundertwende in unterschiedlichen
Gesellschaftssegmenten formuliert worden waren, genügten weder die Kla-
ge männlicher Berufsverbände über weibliche Konkurrenz noch die Diskus-
sionen um »freie Liebe« und eine neue Sexualmoral oder die von der Öffent-
lichkeit zunächst kaum zur Kenntnis genommene reichsweite Öffnung der
Parteien 1908, um die Emanzipationsgegner und -gegnerinnen organisato-
risch zusammenzufassen. Erst als der in nationalistischen Zirkeln hergestell-

260
| te Zusammenhang von Frauenemanzipation und »Geburtenrückgang« zur
I offiziösen Sichtweise erhoben wurde, während der »Rechtsruck« des BDF
i die bürgerliche Frauenbewegung gesellschafts- und politikfähig machte,
kulminierten längst vorhandene emanzipationsfeindliche Tendenzen in der
Gründung einer antifeministischen Abwehrorganisation. Den letzten An-
[ stoß dazu mochte nicht nur die erstmals sichtbare Mitarbeit bürgerlicher
Frauen im Wahlkampf von 1912 gegeben haben, sondern das Beispiel der
Suffragettenkämpfe in England und auch die Tatsache, daß die SPD als Ver-
treterin des gleichen Wahlrechts für beide Geschlechter erhebliche Gewinne
verbuchen konnte. Ebenso wie bei der Diskussion um den »Geburtenrück-
gang« waren in der Wahlrechtsfrage klassen- und geschlechterpolitische
Aspekte miteinander verknüpft.
Im antifeministischen Gegenlicht besehen erwies sich die vielfach kritisier-
! te Strategie des BDF, auf Maximalforderungen zu verzichten und sich mit
einer Politik der kleinen Schritte zu begnügen, als vernünftiges und zielbe-
] wüßtes Handeln. Nicht umsonst erschienen den Gegnern und Gegnerinnen
I der Frauenemanzipation der »gemäßigte« Flügel der Frauenrechtlerinnen
j und insbesondere die konfessionelle Frauenbewegung als der eigentliche
! Feind. Auf der Grundlage einer Theorie der separaten Sphären näherten sich
staatliche Instanzen und bürgerliche Parteien schon vor, aber auch im Ersten
\ Weltkrieg weiblichen Integrations- und Partizipationswünschen so weit an,
; daß eine stärkere Einbindung von Frauen in die Politik, vielleicht sogar ein
| nach Klassen segmentiertes, zunächst kommunales Wahlrecht unter weibli-
I eher Beteiligung in den Bereich des Möglichen rückte. Die Fundamental-
j Politisierung machte auch vor konservativen Frauen nicht halt. Im Zeichen
l des Patriotismus führten nationalistische Frauenverbände ihre Mitglieder an
< den Staat heran und leisteten damit einen weithin unterschätzen Beitrag zur
Politisierung der Frauen im Kaiserreich. Trotz aufwendiger Agitation gelang
es den Antifeministinnen und Antifeministen nicht, diesen Prozeß umzu-
kehren. Ihre Hoffnung, der Erste Weltkrieg werde zu einer umfassenden
Läuterung der Gesellschaft führen und Frauen aus dem Bereich politischer
Öffentlichkeit verbannen, erfüllte sich nicht.
Anders stand es mit der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern. Hier
waren sich die Emanzipationsgegner mit einem Großteil der veröffentlich-
ten Meinung, männlichen Berufsverbänden, Politikern, Frontsoldaten, Ge-
| werkschaftsfünktionären und auch mit Teilen der BDF-Führung darüber
einig, daß die Erwerbsarbeit von Frauen im Ersten Weltkrieg nur Aushilfs-
charakter beanspruchen konnte. Die Medien gaben sich alle Mühe, Ausmaß
| wie Notwendigkeit der Heranziehung von Frauen zum ersten totalen Krieg
i der Geschichte zu verschleiern, und hoben statt dessen die Familienfonk-
tionen des weiblichen Geschlechts hervor. Auch das längst akzeptiert ge-
I glaubte Erauenstudium geriet erneut in die Schußlinie der Kritiker. Während

261
die Stimmrechtsfrage erst wieder im Zusammenhang mit der Debatte um
die »Neuorientierung« akut wurde, schob sich ein pronatalistisch begründe-
ter Antifeminismus in den Vordergrund, der den Leib der Frauen nationali-
sierte und symbolisch in den »Volkskörper« überführte. Publizistische An-
griffe auf die sexuelle Integrität der Frauen an der »Heimatfront« griffen die
Befürchtungen der Frontsoldaten auf, hatten darüber hinaus aber noch eine
andere Funktion: Angesichts der Integration von Frauen in Kriegswirt-
schaft, Sanitätsdienst und Kriegsgefangenenfürsorge sollte die nationale
Unzuverlässigkeit des weiblichen Geschlechts unter Beweis gestellt werden,
um so den Krieg als letztes exklusiv männliches Großereignis zu retten.
Wie den männerbündlerischen Repräsentanten des »geistigen Antifemi-
nismus« der Kriegsgeneration, mit denen sich etliche der verbliebenen
Emanzipationsgegner später in der völkischen Bewegung der Weimarer Re-
publik verbanden, ging es schon den wilhelminischen Antifeministen und
Antifeministinnen darum, anstelle der neuen Unübersichtlichkeit Eindeu-
tigkeit im Geschlechterverhältnis herzustellen und damit der krisenhaften
Infragestellung ihrer Geschlechtsidentität zu begegnen. Es war weniger ihre
soziale Lage, die Männer und Frauen der wilhelminischen Mittel- und Ober-
schicht zu Emanzipationsgegnern werden ließ, als vielmehr eine spezifische
politische Mentalität. Auf der Suche nach den Motiven antifeministischen
Engagements kommt der modernisierungsbedingten Erschütterung des
traditionellen Geschlechterverhältnisses ein eigenständiger Erklärungswert
zu.

7 . 1 . Emanzipation durch Emanzipationsgegnerschaft?

Entgegen landläufiger Auffassungen blieb der Antifeminismus des späten


Kaiserreichs keineswegs auf Männer beschränkt. Daß auch Frauen gegen die
Durchsetzung weiblicher Emanzipationsansprüche zu Felde zogen, hatte
schon unter den Zeitgenossen för verständnisloses Kopfschütteln gesorgt.
Der Rückgriff auf sozialstrukturelle Analysedaten allein kann dieses Phäno-
mens nicht erklären. Von der Mehrheit verheirateter Frauen im antifemini-
stischen Lager und einer durchgängig adelig-bürgerlichen Herkunft abgese-
hen, waren die Unterschiede an Stand und Status beträchtlich. Zwischen der
Lehrersgattin und der ostelbischen Gutsfrau, der Schneidermeisterin und
der hessischen Prinzessin lagen Welten. Wenn sich der Bund zur Bekämp-
fung der Frauenemanzipation dennoch in gewisser Weise als Lobby der
Hausfrauen, Gattinnen und Mütter verstehen läßt, dann deshalb, weil seine
Anhängerinnen ihre Identität aus der Familienfunktion bezogen und selbst
die unverheirateten Antifeministinnen dieses Leitbild offensiv als verbindli-

262
che Norm propagierten. Was die Anhängerinnen im Bund zur Bekämpfung
der Frauenemanzipation einte, war weniger die Gleichartigkeit ihrer sozio-
ökonomischen Situation als vielmehr die Gemeinsamkeiten ihres Weltbildes,
ihrer Vorstellungen von Weiblichkeit und ihrer politischen Überzeugung.
Die Gegnerinnen der Frauenemanzipation wünschten keine Neuverteilung
der Rollen zwischen den Geschlechtern, sondern die Aufwertung weiblich-
mütterlicher Funktionen zum Ideal der »deutschen Frau«, das för Verheira-
tete und Unverheiratete gleichermaßen gelten konnte. Dieses Konzept war
mitnichten durchweg submissiv oder veraltet, sondern hatte mehr mit
Macht und Politik zu tun, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.
Die Emanzipationsgegnerinnen betonten die Bedeutsamkeit der Haus-
frauen- und Mutterrolle und reagierten damit auf den Aufgaben- und Presti-
; geverlust der häuslichen Arbeit, der gegen Ende des letzten Jahrhunderts
i zunehmend spürbar wurde. Hatte die frühneuzeitliche Vorstellung des
gleichbedeutsamen »Arbeitspaares«1 die Auslagerung der Produktionsstätte
• aus der Familie zunächst noch so lange überdauert, wie die Reproduktion
j überwiegend im Rahmen häuslicher Ökonomie betrieben wurde, übernahm
[ mit fortschreitender Technisierung und erweiterter Infrastruktur die Indu-
f strie zahlreiche Verarbeitungsschritte und verkleinerte auf diese Weise den
' Bereich hauswirtschaftlicher Zuständigkeit. Durch Konfektionskleidung,
1 neue Haushaltsmaschinen und eine zunehmend industrialisierte Lebens-
I mitteierzeugung wurde die Hausfrau von zahlreichen Arbeitsgängen ent-
[ lastet. Gleichzeitig deutete sich bereits die Vergesellschaftung pflegeri-
l scher und erzieherischer Familienfünktionen an: im Bereich der außerhäus-
; liehen Krankenpflege etwa oder in der Entstehung von Kinderkrippen und -
1 horten.
Die Auslagerung familienökonomischer Aufgabenbereiche konnte nicht
l nur als Entlastung, sondern auch als Bedeutungsvcrlust erfahren werden,
i zumal dann, wenn sie mit einem Normenwandel zusammenfiel, der auf eine
partielle Anpassung der weiblichen Erwachsenenrolle an die der Männer
2
; abzielte. In dem Maße, wie sich in bürgerlichen Schichten die Auffassung
durchsetzte, daß eine fundierte schulische Bildung auch den Töchtern zu-
gänglich sein sollte, und wie eine qualifizierte Berufsausübung vor der Ehe
nicht mehr statusmindernd wirkte, mußten sich die Hausfrauen alten Stils
[ zunehmend rückständig vorkommen, erst recht, wenn ihr Wirkungskreis
| immer mehr zusammenschrumpfte.
Die »Nur-Hausfrauen« unter den Antifeministinnen sahen sich einem
rapiden sozialen Wandel gegenüber, der sich auch in der öffentlichen Ge-
ringschätzung ihrer Tätigkeit niederschlug.3 In einer von Professionalisie-
rungstendenzen bestimmten Gesellschaft galten nicht formal erworbene
Qualifikationen wenig, und die Durchsetzung der marktvermittelten Öko-
I nomie entzog all jenen Tätigkeiten die Anerkennung, die nicht kapitalisti-

263
sehen Gesetzmäßigkeiten gehorchten. 4 Schon sprach man von Hausfrauen,
die keine kleinen Kinder mehr zu versorgen hatten, als einem »zwecklosen
Bestandteil der Gesellschaft«, und wenn die Emanzipationsgegnerinnen
darauf mit der Rede vom »Mutterberuf« reagierten und ihre Leistung für die
Gesamtgesellschaft unterstrichen, so zeigten sie damit nur, daß auch sie be-
reits in den Kategorien von formaler Qualifikation und marktbezogener
Verwertbarkeit dachten. 5
Die umfassenden Veränderungen im nur vermeintlich geschützten Bin-
nenraum des Hauses wurden freilich nicht als modernisierungsbedingter
Strukturwandel begriffen, sondern der Frauenbewegung angelastet. Breit
debattierte neue Lebensformen zwischen Einküchenhaus und Kinderbe-
wahranstalt schienen die sorgende Hausfrau überflüssig zu machen; die Dis-
kussion um die Entlohnung der Hausarbeit drückte die geachtete Gattin in
den Augen der Antifeministinnen zur gemieteten Dienstmagd herab. 6 Die
neuen Vorstellungen von »freier Liebe« waren den christlich orientierten
Emanzipationsfeindinnen fremd; völkischen Antifeministinnen war die da-
mit assoziierte Unkontrollierbarkeit der »sinnlichen Triebe« als Bedrohung
staatlicher Herrschaff suspekt. »Freie Liebe« gefährdete die Daseinsgrundla-
ge jeder nichterwerbstätigen Ehefrau: die vertraglich abgesicherte Versor-
gung auf Lebenszeit als Gegenleistung für Fürsorge, Kindererziehung,
Haushaltsführung und die Gewährung »ehelicher Pflichten«. Wenn sich die
freie Partnerwahl durchsetzte, verloren die Ehefrauen ihr Monopol über
den Zugang zu legitimen Formen der Sexualität/
»Der Boden, auf dem die Frau früher so sicher stand, ist wie durch Maul-
wurfsarbeit unterminiert worden«, klagte die Pfarrfrau Maria Werner und
machte die Frauenbewegung für die »maßlose Überschätzung der unverhei-
rateten, im Erwerbsleben stehenden Frau« verantwortlich. 8 Die Frauenbe-
wegung war nach ihrer Auffassung an allem schuld: an der in bürgerlichen
Kreisen vielbeklagten »Dienstbotennot« ebenso wie am - vielleicht erstmals
in der Geschichte so problematisch empfundenen - Generationenkonflikt
zwischen Eltern und Kindern, der es der »noch in den althergebrachten
Sitten und Gewohnheiten« aufgewachsenen Mutter auferlegte, »an ihrer
Tochter, an ihrem eigenen Fleische den gewaltigen Umschwung (zu) spüren
..., den die fortschreitende Zeit im besonderen Maße for die Frau gebracht
hat«.9 Und ganz besonders am gesellschaftlichen Ansehensverlust der Gattin
und Hausfrau. Hatte die Frauenbewegung mit ihrer »Minderachtung der
häuslichen Arbeit« nach übereinstimmender Ansicht der Emanzipations-
gegnerinnen doch »die ganze Hausfrauentätigkeit und damit die Hausfrau-
en selbst in den Augen der Männer herabgesetzt«. 10 Die Antifeministinnen
hatten aus ihrer Sicht allen Grund, Erfolge der Frauenbewegung zu fürch-
ten. Denn dann, so waren die Gegnerinnen der Frauenemanzipation über-
zeugt, hatte die zum Ideal der »deutschen Frau« verklärte Hausfrau, Gattin

264
und Mutter endgültig »jenen Wirkungskreis verloren, von dem aus sie
herrschte«."
Wo die antifeministischen Mütter und Hausfrauen nicht den strukturell
bedingten Macht- und Prestigeverlust ihrer eigenen Rolle der Frauenbewe-
gung zuschrieben, war es der gesellschaftliche Status der Ehemänner und
Kinder, den sie von den Frauenrechtlerinnen bedroht sahen. Das hohe
Durchschnittsalter im Bund zur Bekämpfong der Frauenemanzipation in
Rechnung gestellt, bezogen sich die Klagen über die vielbeschworene weib-
liche Berufskonkurrenz wohl weniger auf die eigene Generation als auf die
nach Geschlechtern segregierten Zukunftspläne für die Kinder: das berufli-
che Fortkommen der Söhne und die Heiratschancen der Töchter. Was die
Ehemänner anging, war es vor allem die Vorgesetztenfrage, welche die
Antifeministinnen in Rage brachte. Den verheirateten Emanzipationsgegne-
rinnen war weibliche Unterordnung so selbstverständlich, daß allein die
Vorstellung, eine Frau - noch dazu eine unverheiratete - könnte gegenüber
dem eigenen Ehemann weisungsbefugt sein, die Koordinaten ihrer Weltord-
nung erschütterte. Sie identifizierten sich mit dem Status ihrer Gatten und
leiteten daraus das gesellschaftliche Ansehen der Familie und auch ihre eige-
ne Respektabilität ab. »Es will uns Beamtenfrauen nicht recht einleuchten,
daß Frauen über unsere Männer Disziplinargewalt haben sollen, daß Tau-
sende von Lehrern ... einer unverheirateten Frau gehorchen sollen«, empör-
te sich Helene Hummel, die Gattin eines Oberlyzealdirektors,12 1916 und
sprach damit vielen männlichen Pädagogen aus der Seele. Sich einer Frau
unterordnen zu müssen, vertrug sich weder mit dem Selbstbild der wilhel-
minischen Lehrerschaft noch mit dem dort gepflegten Nimbus der Autori-
tät, in deren Glanz sich auch die Schulmeistersgattin sonnte. 13
Den Gegnerinnen der Frauenemanzipation ging es jedoch nicht nur um
die Abwehr eines möglichen Statusverlustes und den Wunsch, traditionale
Modi des Prestigegewinns zu stabilisieren, sondern auch um eine spezifische
Form von Macht und Teilhabe, die sie bei der Durchsetzung einer egalitären
Geschlechterkonzeption zu verlieren fürchteten.
Die Grundlage des antifeministischen Denkgebäudes war die Annahme
eines ontologischen und daher unveränderlichen Unterschiedes zwischen
Männern und Frauen. Ausgehend von diesem strikt dualistischen Modell
der Geschlechter wiesen die Antifeministinnen und Antifeministen den
Männern den Staat, den Frauen aber Haus und Familie als spezifische Ein-
flußsphäre zu. Dieses anscheinend so restriktive Modell ließ sich durchaus
offensiv w enden: Der Glaube an die grundlegend verschiedenen, aber einan-
der ergänzenden Aufgaben der beiden Geschlechter erlaubte Frauen, einen
genuin weiblichen Aufgabenbereich for sich zu reklamieren. Diesen Bereich
konnten sie frei von männlicher Bevormundung selbständig verwalten. Qua
Ergänzungstheorie war er dem männlichen Wirkungskreis gleichwertig an

265
die Seite gestellt. Haus und Familie bildeten im Verständnis der Antifemini-
stinnen die Machtbasis des weiblichen Geschlechts, eine Machtbasis, die sie
von der Frauenbewegung mit ihrer Geringschätzung der »weiblichen Sphä-
re« in Gefahr gebracht sahen.14 Das Streben nach Gleichberechtigung er-
schien den Emanzipationsgegnerinnen nicht als Machtzuwachs, sondern als
Machtverlust, mußten sich Frauen doch nun am männlichen Maßstab mes-
sen lassen und - in der Logik des Differenzmodells - dabei notwendig unter-
liegen. Zumindest sahen sie in der Angleichung an die männliche Norm eine
Herabsetzung der Weiblichkeit an sich: »Wir wollen doch keine Männer
sein«, plädierte eine Gegnerin der Frauenbewegung 1913 leidenschaftlich
för die Anerkennung der geschlechtsspezifischer Unterschiede und argu-
mentierte kaum anders als gegenwärtige Differenzfeministinnen, »wir ha-
ben es nicht nötig, sie uns als absolutes Vorbild zu nehmen und ihnen alles
gleich tun zu wollen.... Wir verzichten damit auf unsere Eigenart und setzen
so unser Geschlecht, seine Fähigkeiten und Tätigkeiten herab. Und wir
wollen doch gerade das Gegenteil.«15 Gleichheit schien den Antifemini-
stinnen nicht erstrebenswert. Sie bevorzugten die Differenz. Eine abge-
grenzte weibliche Sphäre war ihnen Garant för weibliche Autonomie, Macht
und Dominanz und die gleichwertige Anerkennung ihres Frau-Seins.16
Die »weibliche Sphäre«, wie die Antifeministinnen sie verstanden, hatte
mit dem Bild des Strümpfe strickenden Hausmütterchens herzlich wenig zu
tun. Im biologistischen Diskurs der politischen Rechten, an dem sich auch
die Emanzipationsgegner und -gegnerinnen nach Kräften beteiligten, bau-
ten sich »Volk«, Staat, »Rasse« und »Nation« quasi organisch auf Haus und
Familie als dem Raum weiblicher Zuständigkeit auf.17 Die Familie wurde zui
»Keimzelle des Staates« aufgewertet. Damit war sie eine eminent politische
Angelegenheit von höchstem nationalen Interesse.18
Dem Bedeutungsverlust der hausfraulichen Arbeit durch Industrialisie-
rung und Vergesellschaftung familialer Tätigkeitsbereiche und ihrer zuneh-
menden öffentlichen Geringschätzung im Zuge der Durchsetzung einer
kapitalistischen Marktgesellschaft setzten die Antifeministinnen die Aufwer-
tung der weiblichen Sphäre im Zeichen der »Nation« entgegen. 19 Die völki-
sche Weltanschauung mit ihrer rhetorischen Hochschätzung der deutschen
Frau und Mutter und ihrem strikten Geschlechterdualismus ermöglichte es
den Frauen, als Frauen Einfluß auszuüben. Die Definition der Familie als
»Keimzelle des Staates« bildete die Grundlage för politisches Handeln, ohne
den exklusiven und daher auch autonomen Raum des Weiblichen verlassen
zu müssen. Entsprechend war es der antifeministischen Pfarrersfrau Maria
Werner ein Anliegen, ihre Geschlechtsgenossinnen in dem »stolzen Selbst-
bewußtsein (zu) stärken, daß ihnen hohe und dankbare Aufgaben im Hause
selbst erwachsen, die nicht ohne bedeutenden Einfluß auf die öffentlichen
Zustände und auf das gesamte Volksleben bleiben«.20

266
Ihre Gebärfähigkeit verlieh Frauen in der völkischen Weltanschauung
zentrale Bedeutung. Ihren Keimzellen entsproß, um im biologistischen Bild
zu bleiben, das »Volk«, dessen Gemeinsamkeit als Gemeinschaft des Blutes
vorgestellt wurde. Darüber wölbte sich der in idealistischer Geistestradition
absolut gesetzte Staat als Sphäre männlichen Einflusses. Zusammen formten
Staat und »Volk« die deutsche »Nation«, verstanden nicht als Gemeinsam-
keit von Kultur und Sprache, sondern als Schicksals- und Abstammungsge-
meinschaft. Den Frauen kam im Rahmen dieser Vorstellung der hochsensi-
ble Bereich der nationalen Reproduktion zu. Sie saßen quasi an der Wurzel
von »Volk«, »Rasse«, Staat und »Nation«. Von ihrer Gebärbereitschaft hing
letztlich ab, was ein vulgarisierter Sozialdarwinismus als Selbstzweck predig-
te: imperialistische Expansion, ein Krieg der »Rassen« und die innen- wie
außenpolitische Demonstration nationaler Stärke. Reproduktionsfähigkeit
und -bereitschaft woirde zum Politikum aufgewertet, schlichtes Gebären
zum nationalen Verdienst. Das galt freilich nicht für alle Frauen gleicher-
maßen, sondern nur for die Angehörigen der weißen, als »gesund« und
»deutsch« apostrophierten Mittel- und Oberschicht, für jene Gruppe also,
denen sich die Mitglieder des Bundes zur Bekämpfong der Frauenemanzipa-
tion selbst zurechneten. Verdienstvoll war also nicht das Gebären an sich,
sondern die Reproduktion einer bestimmten Gruppe von Menschen.21 Als
Auswahlkriterien spielten Klasse und Ethnizität eine Rolle, aber auch ein
! Konzept von Gesundheit, das soziale Devianz biologisch faßte.22 Daß ihre
Fähigkeit, Kinder zu gebären, ein Instrument der Rassenpolitik oder, wie es
I im zeitgenössischen Sprachgebrauch hieß, der »Volksaufartung« war, störte
[ die Antifeministinnen jedoch nicht. Sie teilten ja die Auffassungen der Ras-
[ senhygiene und waren vermutlich eher stolz, mit ihren Körpern zum, wie
I das Schlagwort lautete, »Überlebenskampf des deutschen Volkes« beitragen
| zu können. 23 Die Attraktivität geburtenpolitischer Konzepte för Frauen, die
1
sich einer positiv selektionierten Gruppe zugehörig fühlten, hat der Natio-
nalsozialismus später unter Beweis gestellt.
Ausgehend von der Definition der Familie als »Keimzelle des Staates«
| wurden die Antifeministinnen nicht müde, über den Aspekt der »Volksver-
! mehrung' hinaus die volkswirtschaftliche Bedeutung von Hauswirtschaft
und Kindererziehung zu betonen. Indem sie die Haus- und Familienarbeit
aufs engste mit dem Wohl des deutschen »Volkes« verknüpften, verliehen die
Antifeministinnen der hauswirtschaftlichen Tätigkeit nationale Bedeutung.
| Sie nahmen damit eine Sichtweise vorweg, die im Ersten Weltkrieg zu gro-
j ßer Popularität aufstieg.24
Wie ihre Gegnerinnen aus der Frauenbewegung erweiterten die Antifemi-
i nistinnen den Begriff des Hauses über die Grenzen unmittelbarer Versor-
gung der Kleinfamilie hinaus in die Gesellschaft. Den »Ansprüchen der
I modernen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zustände angepaßt«,

267
umfaßte die Sphäre weiblicher Zuständigkeit »alle Frauenarbeit in Erzie-
hung, Bewahrung und Pflege«.25 Diese Formulierung ermöglichte es so-
wohl Familienmüttern als auch ehe- und kinderlosen Frauen, ihre Erzie-
hungsaufgabe außerhalb der Familie fortzusetzen und dabei öffentlich zu
wirken: als Lehrerin in der Schule, als Erzieherin der Unterschichten in So-
zialarbeit und Diakonie und ganz allgemein als Hüterin von Nationalstolz
und »DeutschbewußtseÜK.
In der Definition des weiblichen Zuständigkeitsbereiches waren die Über-
gänge zu den national-konservativ ausgerichteten Frauenvereinen im BDF
fließend. Auch hinsichtlich der Betonung weiblich-männlicher Differenz
zur Wahrung und Ausgestaltung einer genuin weiblichen Einflußphäre gab
es kaum Unterschiede. Doch im Gegensatz zu den - zu Unrecht so genann-
ten - »Gemäßigten« in der Frauenbewegung begründeten die Antifemini-
stinnen die Ausdehnung der weiblichen Sphäre nicht sozial, sondern natio-
nalpolitisch. Auch dachten sie nicht vom Individuum her, sondern ordneten
das Interesse von Personen oder Personengruppen der als absolut gesetzten
Fmtität des Staates unter. Es ging ihnen nicht um geistige oder soziale Müt-
terlichkeit, sondern um die Funktion der Frau als Mutter des »Volkes« und
der »Nation«. In diesem Sinne konnte selbst eine ausgewiesene Antifemini-
stin die Frauen zur Mitarbeit an der inneren Nationsbildung und damit zu
explizit politischer, wenn auch vaterländisch verbrämter Tätigkeit aufrufen:
»In der Zukunft sollen die Frauen ... mehr am inneren Ausbau des Staates arbeiten
helfen! Durch sie muß in die Herzen das Gefühl der Einigkeit unseres Vaterlandes
gepflanzt werden, daß darin zum Ausdruckt kommt: jederzeit für das Vaterland wie
für die eigene Ehre einzutreten!«26
Die als genuin weiblich definierte Aufgabe des Erziehens wurde im Zeichen
der »Nation« zum Politikum, das politisches Interesse und politische Betä-
tigung sowohl voraussetzte als auch legitimierte. Wie viele ihrer Zeitgenos-
sen setzten auch die Antifeministinnen große Hoffnungen auf die nationale
Erziehung der kommenden Generationen. Nationales Bewußtsein sollte
den Kindern künftig gleichsam mit der Muttermilch mitgegeben werden.
Dazu brauchte es
»national gesinnte Mütter, eine national gesinnte Familie, eine deutsche Kinderstube
- eine deutsche Schule, deutsche Sprache, deutsche Geschichte, Vaterlands-Kunde,
deutsch, deutsch, deutsch. Die Sorgen und Hoffnungen des Reiches und des Volkes
müssen zu Familien-Sorgen werden; jedes Glied des Hauses muß daran teilnehmen:
nichts in's Wirtshaus gehört diese Politik, sondern ins Familienzimmer.«27
Der Staat wurde zur erweiterten Familie und, das war neu, politisches Inter-
esse för die national gesinnte Hausfrau und Mutter zur gleichsam vaterlän-
dischen Pflicht. Damit Frauen ihre Kinder zu Nationalstolz und National-
bewußtsein erziehen konnten, schien den Gegnerinnen der Fraueneman-

268
zipation eine verbesserte Mädchenbildung dringend nötig. »Im Interesse ...
unseres deutschen Vaterlandes« forderten sie daher »Gleichberechtigung in
Bildung und Erziehung unserer Jugend«. Zwar sollten Mädchen nach wie
vor in erster Linie auf den künftigen Mutterberuf vorbereitet werden, doch
gehörte dazu nach Ansicht der Antifeministinnen »Interesse nicht nur am
häuslichen Herd, sondern auch an öffentlichen Fragen und dem Werdegang
unseres Volkes«.
Frauen, die so vorgebildet »pflichttreu und deutsch« ihren Platz in »Haus
und Staat« ausfüllten, konnten dann »mit Recht Anspruch darauf erheben
..., an den Interessen unseres Vaterlandes teilzuhaben und gemeinsam mit
unseren Männern an dem geistigen, sittlichen und wirtschaftlichen Vor-
wärtsstreben unseres deutschen Volkes zu arbeiten«. 28 Die Bewährung in der
nationalpolitischen Erziehung ihrer Kinder zu guten »Völksgenossen« recht-
fertigte also das Engagement von Frauen in Öffentlichkeit und Politik. Vor-
aussetzung war dabei allerdings, daß sie nicht gegen die, sondern mit den
Männern zusammenarbeiteten. Das Wort Politik wurde in den Texten der
Antifeministinnen sorgsam vermieden, doch faktisch handelte es sich um die
politische Mobilisierung der Frauen im Zeichen der »Nation«. Indem sie
den Staat quasi als die Verlängerung der Familie in den öffentlichen Raum
hinein betrachteten, gelang den Emanzipationsgegnerinnen der Spagat zwi-
schen zwei nur scheinbar unversöhnlichen Positionen: Sie konnten an der
Maxime »Die Frau gehört ins Haus!« festhalten und dennoch Politik treiben.
Mit ihrer faktischen »Emanzipation der Tat« trieben sie eben jene Funda-
mentalpolitisierung der wilhelminischen Gesellschaft voran, die sie wort-
reich zu bekämpfen suchten.
Von gleichberechtigter Teilhabe konnte dabei freilich nicht die Rede sein.
Trotz aller Politisierung blieb der Staat in der Vorstellung der Antifemini-
stinnen letztlich Männersache, stand in der antifeministischen Aufgabenver-
teilung die »Wehrtüchtigkeit« der Männer der »Gebärtüchtigkeit« der Frau-
en gegenüber. 29 An der Auffassung, daß Frauen als weibliche »Ergänzung«
die zwar bedeutsame, aber untergeordnete Aufgabe der Erziehung, Ermuti-
gung und Unterstützung männlicher Helden zukam, änderten auch die
veränderten Modalitäten der Weimarer Republik nichts, in der sich promi-
nente Antifeministinnen for die völkische Rechte engagierten. Trotz rechtli-
cher Gleichstellung beharrten sie auf einem weiblichen Sonderstatus, der
ihnen als Ausgleich für politische Unterordnung Respekt, Verehrung und
Entpflichtung von den Härten des Daseins garantierte. Nicht Mitbestim-
mung, sondern »Schutz unseres Landes, unserer Selbst durch den starken
Mann« galt ihnen als »völkisches Frauenrecht«, als ein Privileg, das Frauen
qua Geschlecht zustand. 30 Das politische System Weimars, das zwar auf die
Frauen angewiesen war, doch sie »weder ehren noch schützen« wolle, be-
trachteten sie dagegen als »frauenfeindlich bis zur Vernichtung«. 31

269
Ihr eigenes Heraustreten an die Öffentlichkeit wie schon vor dem Ersten
Weltkrieg mit der Not der Zeit legitimierend, hofften die Antifeministinnen
schon 1920 auf die völkische Wiedergeburt durch einen heldischen Führer,
der selbstredend nur ein Mann sein konnte. 32 Vor diesem Hintergrund führ-
te insbesondere die Emanzipationsgegnerin Emma Witte einen heftigen
Abwehrkampf gegen die neue Gattung der »völkischen Feministin«. 33 Als
Anhängerin der Nationalsozialistischen Freiheitspartei beschwor sie die Par-
teileitung 1924 im Streit um die Mitbestimmungswünsche des Deutschen
Frauenordens, die »Machtansprüche« der völkischen Frauenrechtlerinnen
strikt zurückzuweisen. Wie schon im Kaiserreich fürchtete sie auch jetzt, daß
»unmännliche Nachgiebigkeit« ein »unaufhaltsames Hinabgleiten auf der
einmal betretenen schiefen Bahn nach sich ziehen« müsse.34 Daß die Anti-
feministinnen die männliche Überlegenheit nicht nur anerkannten, sondern
als Voraussetzung des Wiedererstarkens Deutschlands betrachteten, verband
sie aufs Innigste mit der nationalsozialistischen Weltanschauung, zu der es
auch ansonsten enge Affinitäten gab. Konflikte um die Stellung der Frau in
Partei und Staat, wie sie von einigen frauenrechtlerisch inspirierten Natio-
nalsozialistinnen ausgetragen wurden, 35 blieben daher aus, auch wenn der
Handlungsspielraum der Antifeministinnen im Bund zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation deutlich über die Finflußmöglichkeiten von Frauen in
der NSDAP hinaus gegangen sein dürfte.

7.2. Frauenemanzipation im Nationalstaat? Überlegungen


zur Dialektik des nationalstaatlichen Modells

Die Gegnerinnen der Frauenemanzipation hatten sich ins politische Fahr-


wasser begeben, und es war ausgerechnet die Berufung auf jene »Nation«,
deren Bestand die Frauenrechtlerinnen vor dem Ersten Weltkrieg angeblich
in Gefahr brachten, die diesen Politisierungsschub vorantrieb. Dazu trug das
Janusgesicht der Nationalidee mit ihrer Dialektik von Ausschluß und Zuge-
hörigkeit wesentlich bei. Das Konzept des Nationalstaates enthielt neben
seinen unbestreitbaren Mechanismen von Ausgrenzung und Unterdrük-
kung immer auch ein Versprechen auf Integration und Gleichberechtigung.
Nachdem das deutsche Kaiserreich 1870/71 als Nationalstaat bürgerlicher
Männer evangelischer Konfession gegründet worden war, bemühten sich
alle dabei ausgegrenzten Gruppen mit Blick auf dieses Egalitäts- und
Emanzipationsversprechen um politische und soziale Integration. Die hefti-
gen innenpolitischen Auseinandersetzungen des Kaiserreichs - Stichworte
wären hier etwa: Kulturkampf, Sozialistengesetze, Antisemitismus oder die
zunehmend unter dem Aspekt der »Rasse« diskutierte Mischehenfrage -

270
lassen sich durchaus auch als nationale Integrationskämpfe interpretieren.
So gesehen war die Auseinandersetzung um das Frauenstimmrecht nicht nur
ein Kampf um persönliche und politische Mündigkeit, sondern auch die
Einforderung staatsbürgerlich-nationaler Zugehörigkeit.
Zu der - 1870 noch keineswegs ausgemachten - politischen Integration
von Frauen in die deutsche »Nation« trugen jedoch nicht nur die Frauen-
rechtlerinnen bei, sondern auch die Frauen der nationalen Organisationen
und selbst die »feindlichen Schwestern« (Hedwig Dohm) im Bund zur Be-
kämpfong der Frauenemanzipation.
Ebenso wie die Aktivistinnen im Ostmarkenverein, im Kolonial- oder
Flottenverein und anderen nationalen Verbänden arbeiteten die Antifemini-
stinnen in Organisationen mit, die als Agenturen des Nationalismus im
Kernbereich des gesellschaftlichen Definitionsprozesses von »Nation« stan-
den. Dort waren die Frauen nicht nur physisch präsent, sondern betonten
die nationale Bedeutung des weiblichen Geschlechts und insistierten darauf,
daß Frauen zur deutschen »Nation« gehörten. Eis waren nicht zuletzt die
nationalen Verbände des späten Kaiserreichs, die durch die Beeinflussung
der öffentlichen Meinung über die Zugehörigkeit zur »Nation« befanden
und definierten, was unter »deutsch« zu verstehen war. Indem sich die
Emanzipationsgegnerinnen an diesem Prozeß beteiligten, trugen sie auf ihre
Weise dazu bei, Frauen in die »Nation« zu integrieren.
Frauen waren in der Konzeption des bürgerlichen Nationalstaates schon
immer mitgedacht worden - freilich nicht als Mitgcstalterinnen der politi-
schen Welt, sondern als Bewahrerinnen eines geschützten und scheinbar
konfliktfreien Binnenraumes, wo sich ungestört von »blut'gem Män-
nerstreit« Kultur und emotionale Bindungen entfalten sollten. 36 Heim
und Welt, Familie und Staat, weiblicher und männlicher Geschlechtscha-
rakter bedingten einander. Der Blick auf die Entwürfe der »bürgerlichen
Meisterdenker« und auf die politische Symbolik macht deutlich: Für das Pro-
jekt des bürgerlichen Nationalstaates war die Konstruktion zweier differen-
ter Geschlechtersphären mit jeweils spezifischen Konnotationen konstitu-
tiv.37
Dieses Differenzmodell kollidierte mit einer Vorstellung von »Nation«,
die jedem und jeder, die oder der in die »Nation« hineingeboren war, quasi
natürlich politisch-soziale Teilhabe versprach. Die ungeheure Attraktivität
des nationalstaatlichen Ordnungsmodells basierte - und basiert noch - gera-
de darauf, daß es bei scharfer Abgrenzung nach außen im Inneren Egalität
verheißt. Das Machtgefälle im Binnenraum wird dabei ebenso verschleiert
wie Machtstrukturen im gleichsam naturwüchsigen sozialen Raum der Fa-
milie, die dem Nationalstaat nicht zufällig als Analogon an die Seite gestellt
wird. Es war diese Verheißung von Zugehörigkeit und interner Gleichheit,
die historisch eine beträchtliche Dynamik entfaltete, im Fall von Sozial-

271
demokratie und politischem Katholizismus ebenso wie in Hinblick auf die
Juden- und Frauenemanzipation.
Da der Nationalstaat im Inneren auf Homogenisierung angelegt war und
ist, blieb das Integrationsangebot im Fall der Unterschichten an Verbürger-
lichung, im Fall der Katholiken und Juden an Assimilation und Akkulturati-
on gekoppelt - jedenfalls bevor der Antisemitismus zur politischen Macht
aufstieg und Judentum als »Rasse« definierte. Frauen als dem unauthebbar
»Anderen« standen solche Möglichkeiten der Angleichung nicht zur Verfü-
gung. Ihnen wurde statt dessen eine separate Sphäre angewiesen, die, wie-
wohl konstitutiv für die nationale Staatlichkeit, zunächst als vor- oder neben-
politisch ausgegeben wurde.
Daß dieser separate Raum der Frauen schon immer politisch und auf den
Staat, das »Volk« und die »Nation« bezogen war, zeigte sich - scheinbar
paradox - immer dann, wenn eine dieser Bezugsgrößen besonders hervor-
trat, sei es in Kriegszeiten oder in der ideologischen Betonung des Völki-
schen in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Front und Heimatfront
waren ohne einander nicht denkbar, das »Volk« brauchte die Frau als re-
produktive Kraft. Noch in dem reaktionärsten Modell geschlechtsspezifi-
scher Aufgabenteilung blieb die Bedeutung von Frauen för das Funktionie-
ren des Systems sichtbar. Daher tendierte das Agieren von Frauen zur
permanenten Grenzüberschreitung. Da Weiblichkeit ebenso wie Männlich-
keit keine ontologischen Größen, sondern soziale und kulturelle Konstrukte
sind, unterlag die Grenzziehung zwischen dem eben noch als weiblich Er-
laubten und dem schon als »vermännlicht« Verbotenen permanentem Wan-
del. Die ebenso häufigen wie hilflosen Versuche der Zeitgenossen und man-
cher Zeitgenossinnen, eine weibliche Essenz zu destillieren und genuin
weibliche Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche zu definieren,38 waren daher
von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dazu, daß Frauen sich noch in der
Grenzüberschreitung auf die »Nation« berufen konnten, trug die Konzep-
tion der Nationalidee mit ihren Partizipationsverheißungen wesentlich bei.39
Das Differenzmodell der Geschlechter bedeutete jedoch nicht nur eine -
immer wieder erst zu durchschreitende - Begrenzung, sondern ließ auch
Raum för die Entwicklung von Selbständigkeit und Autonomie. Indem
Frauen die Zuständigkeit för den häuslichen Binnenraum, Familienbezie-
hungen, Emotionen, Kindererziehung, Reproduktion und alle »Frauenan-
gelegenheiten« zugeschrieben wurde, konnten sie sich konkurrenzlos als
Expertinnen auf diesen Gebieten gelieren. Die konstitutive Bedeutung der
Familie för den Nationalstaat trug vor dem Hintergrund sozioökonomi-
scher Verschiebungen und Veränderungen der Familienstruktur ebenfalls
zur Thematisierung der »Frauenfrage« bei. Nicht umsonst wurde die »Frau-
enfrage« zunächst als Versorgungsproblem alleinstehender Mittelschichts-
frauen diskutiert, die sich nicht in das bürgerliche Modell der nationalstaat-

272
liehen »Keimzelle« einfögten. Die immanente Partizipationsverheißung der
I nationalstaatlichen Konzeption ließ Frauenbewegungen entstehen, die auf
unterschiedliche Weise weibliches Mitspracherecht einforderten und die
Handlungsspielräume för Frauen erweiterten. Es waren daher nicht allein
[ ökonomische Umbrüche oder der Druck der Frauenorganisationen, die am
r Ende des letzten Jahrhunderts die politische Integration des weiblichen
; Geschlechts in den deutschen Nationalstaat vorantrieben. Auch die Binnen-
logik des nationalstaatlichen Konzepts und die Entstehung eines politischen
Massenmarktes ließen den führenden männlichen Repräsentanten in Staat
und Ciesellschaft den Ausschluß des weiblichen Geschlechts immer weniger
plausibel erscheinen - zumal organisierte Frauen aus dem Bürgertum ihre
Systemfunktionalität in Sozial- und Parteipolitik bereits unter Beweis ge-
stellt hatten.
Auffällig ist, daß sich die allmähliche Integration von Frauen in den wil-
helminischen Nationalstaat seit dem Ende des letzten Jahrhunderts in enger
[ Verquickung mit einem zunehmend militanten Antisemitismus vollzog. In
den letzten Jahren des Kaiserreichs gingen etliche Vereinigungen aus dem
L Umfeld der »nationalen Opposition« dazu über, den Faktor »Frau« in ihre
! Politik mit einzubeziehen. Das Konzept der »Nation« bedarf offensichtlich
! ebenso wie die rechtsextreme Vorstellung einer homogenen »Volksgemein-
f schaff« der äußeren und wohl auch auch der inneren Feinde - und gegen-
über dem »internationalen Judentum« oder der »internationalen Sozialde-
mokratie« mochte selbst dem bürgerlichen Antisemiten die Zusammen-
i arbeit mit gleichgesinnten »deutschen« Frauen opportun erscheinen.40
Vor diesem Hintergrund näherten sich in den letzten Jahren vor dem
Ersten Weltkrieg das wilhelminische Kaiserreich und ein Teil der bürgerli-
chen Frauenbewegungen aneinander an. Ausgerechnet jener Staat, der sich
i in seinen öffentlichen Inszenierungen so männlich-militaristisch gab, öffne-
l te sich Stück för Stück den frauenrechtlerischen Forderungen - sei es in der
Mädchenschulreform oder der Öffnung der Universitäten, im preußischen
Vereinsgesetz oder durch die Aufnahme von Frauen in die bürgerlichen
Parteien, in ihrer Zulassung zu den Krankenkassenwahlen oder als Schöf
finnen vor Gericht. Voraussetzung war das Bekenntnis der »Gemäßigten«
f zur »Nation« und das Festhalten an der Theorie der fundamentalen Ge-
schlechterdifferenz. Nach dem Muster von Integration und Ausgrenzung
mußte auch hier die Spaltung der Frauenbewegung in eine integrationsfähi-
ge Fraktion und einen als »radikal« ausgegrenzten Flügel vorausgehen.
Der Integrationsprozeß von bürgerlichen Frauen in die »Nation« war
unter diesen Vorzeichen allerdings höchst zwiespältig. Indem die BDF-
; Mehrheit, Frauen der nationalen Organisationen und auch die Antifemini-
stinnen am dualistischen Geschlechtermodell festhielten, verwiesen sie auf
einen spezifisch weiblichen Beitrag zur Nationsbildung. Damit verschafften

273
sie Frauen politischen Zugang zu dem Modell »Nation«, stießen aber keine
Neudefinition der gängigen männlich-militaristischen Imprägnierung an.
Frauen wurden der öffentlichen Sphäre der »Nation« sozusagen hinzuad-
diert - und addierten sich selbst dazu, nicht nur auf der Ebene nationaler
Leitbilder, sondern auch ganz praktisch - etwa im »Nationalen Frauen-
dienst« während des Ersten Weltkriegs. Vermutlich war unter den Vorausset-
zungen des wilhelminischen Deutschland die Integration von Frauen nur
auf der Basis des dualistischen Geschlechtermodells überhaupt möglich, weil
dieses Konzept die geringste Herausforderung darstellte. Es versprach die
Zustimmung eines größeren Personenkreises zum ja noch nicht gefestigten
Nationalstaat, bot den Machthabern also Hegemonie durch Konsens
(Gramsci).41 Das differente Integrationsmodell führte zu einer Erweiterung
der Partizipationschancen von Frauen, begrenzte sie aber gleichzeitig auch
erneut auf eine als weiblich definierte separate Sphäre - eine bis heute wirk-
same Dialektik, wie der Blick auf die geschlechtsspezifische Aufgabenver-
teilung in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung zeigt.

7.3. Schwache Männer, starke Frauen:


Die »Frauenfrage« als M ä n n e r p r o b l e m

Lassen sich die antifeministischen Haltungen der Emanzipationsgegnerin-


nen als die Reaktion von Modernisierungsverliererinnen deuten, die von
einem gleichberechtigten Geschlechterverhältnis keine Stärkung ihrer Posi-
tion, sondern Machtverlust erwarteten und daher für die Aufwertung ihrer
Rolle als »deutsche Mütter« votierten, so wurzelte auch der Antifeminismus
der bürgerlichen Männer in einer umfassenden Skepsis gegenüber den Er-
scheinungsformen der Moderne, die von einer tiefen Krise der männlichen
Identität begleitet war. Entwurzelt und desorientiert dem »atembe-
raubenden Wirbeltanz des modernen Lebens«42 ausgeliefert, bedrängt von
äußeren Anforderungen und sich selbst entfremdet, suchten sie Schutz im
trauten Heim und verklärten die nicht in den Produktionsprozeß eingebun-
dene Frau zum Inbegriff all dessen, was sie an ihrer Gegenwart und an sich
selbst vermißten.
»Der Mensch muß etwas haben, wohin er sich aus dem Kampf des Lebens
flüchten kann«, 45 faßte das Fachblatt der Militäranwärter die Bedürfnisse
seiner Leser aus der unteren Mittelschicht zusammen und brachte damit in
einfacher Sprache auf den Punkt, was der Schriftsteller Stefan von Kotze
schon 1904 för ein gebildeteres Publikum formuliert und mit Fortschritts-
kritik verknüpft hatte. Die Frau und ihr Heim, schrieb er in seinem antifemi-
nistischen Pamphlet »Altjungfernkoller«,

274
»sind die letzte Zufluchtsstätte, die dem Manne geblieben ist in dem tosenden Drun-
ter und Drüber des modernen Erwerbslebens. ... Du unser geliebtes Weib! - Gerade
jetzt, da wir technisch die Welt bezwungen, da unsere Gelehrten in die tiefsten Ge-
heimnisse der Natur eindringen, da der gute alte Kindcrhimmci immer weiter von
uns rückt - jetzt, da um uns überall Räder surren und Maschinen keuchen, da alles
hastet und lärmt und drängt, da das Leben an unseren Nerven zupft, wie ein wahn-
sinniger Geiger an den Saiten, da der Boden unter unseren Füßen zu wanken beginnt
und der Schwindel des rasenden Fortschritts unser Hirn verwirrt - gerade jetzt brau-
chen wir Dich am notwendigsten«.44

In einer Welt, in der die Gegenwart erstmals permanentem Wandel unter-


worfen war, suchten die Männer nach Konstanz und fanden sie im Gegen-
bild der Frau, deren vermeintliches »Wesen« seit dem ausgehenden 18. Jahr-
[ hundert mit dem stetigen Urgrund der »Natur« identifiziert worden war.45
l Der weiblichen, vom »Daseinskampf verschonte(n) Kleinwelt der Körper
l und Seelenwerte«46 fiel nicht nur die Aufgabe zu, die Lebenstüchtigkeit des
I gepeinigten Gatten täglich zu erneuern, sondern sie sollte auch ein »Gegen-
I gewicht« gegen die »materielle technische Macht- und Außenkultur« bilden
I und »den Zusammenhang mit einer höheren Welt erhalten« - einer spiritu-
I eilen Sphäre, bei der die einen noch an Gott, die anderen schon an das
f Evangelium der Rasse dachten. 47
Die Zeitgenossen - und gerade auch viele Bildlingsbürger - mußten fest-
| stellen, daß ihre Kenntnisse nicht mehr genügten, um sich in der veränder-
I ten Welt zurechtzufinden. Auf das als sicher geglaubte Wissen war kein Ver-
I laß. Diese Erfahrung schlug sich in heftiger Kritik am »Zeitalter ödester
Milligramm- und Milimeterforscherei«48 nieder, in einem Anti-Intellektua-
E lismus, der Wissensvermittlung als Ursache moderner Orientierungslosig-
keit denunzierte: »Wir sorgen for Bildung und Wissen. Erhöhen unaufhör-
lich die Bureautüchtigkeit der jungen Männer. Aber was wir dabei diesen
vollgestopften Gehirnen nehmen, das ist die Fähigkeit, sich in der Welt und
in der Natur zurechtzufinden.« 49 Und die »Politisch-Anthropologischen
, Monatshefte« schrieben anklagend: »Der sogenannte »objektive Mensch«,
I wie ihn der Geist unserer heutigen Wissenschaft erzieht, ist ein geistiger
Schwächling, ein Heimatloser, der ein Heim sucht, wo er Ruhe finden kann,
einen Stützpunkt, um ein Eigen zu besitzen«.50
Den Kritikern und Kritikerinnen der »Hirnkultur« 51 erschien es daher von
; größter kultureller Bedeutung, daß die Frau »durch das Räthselvolle und
Naturgebundene, das Ahnungsreiche und Impulsive in ihrem eigenen We-
I sen die Menschheit vor den Gefahren der Ueberkultur« schütze. »Gegen-
über dem Wissen«, zitierten die »Preußischen Jahrbücher« zustimmend aus
einem Essay Ellen Keys, »wird sie das Unwißbare, gegenüber der Logik das
I Gefühl, gegenüber der Realität die Möglichkeiten und gegenüber der Ana-
lyse die Intuition behaupten«. 52 Selbst ein liberaler Denker und fortschrittli-

275
eher Geist wie der - von dem Berliner Antifeministen Dietrich Schäfer heftig
befehdete53 - Philosoph und Kultursoziologe Georg Simmel sah in der Frau
das »fundamental einheitlichere Wesen« mit einer durch Mutterschaft be-
dingten spezifischen »Beziehung zu dem Grund und dem Ganzen der Din-
ge überhaupt«, während er för die beobachtete Versachlichung der Kultur,
ihre zunehmende Arbeitsteilung und Spezialisierung den Dualismus des
männlichen Wesens verantwortlich machte. 54 Auf ähnliche Weise glaubte die
meist nur als Nietzsche-Freundin rezipierte Schriftstellerin und Philosophin
Lou Andreas-Salome, im Weiblichen »die intaktere Harmonie« und eine »in
sich selbst ruhende größere vorläufige Vollendung« zu finden:
»Eine Selbstgenügsamkeit und Selbstherrlichkeit ist in ihm, den tiefsten Wesensin-
tentionen nach, vorhanden, die sich nicht vereinen ließe mit der Ruhelosigkeit und
Rastlosigkeit dessen, was sich begehrlich bis an die äußersten Grenzen vorwärts
streckt und alle Kräfte immer stärker und spitzer zu spezialisierten Betätigungen
spaltet und zersplittert.«55
Zivilisationskritik in den Chiffren von Weiblichkeit und Männlichkeit abzu-
handeln, war - was die Notwendigkeit der Geschlechterforschung unter-
streicht - ein typisches Muster zeitgenössisch-bürgerlicher Wahrnehmung.
Wenn die Vorstellung des ganzheitlichen, von modernen Zwängen und Ver-
änderungsprozessen abgekoppelten weiblichen Wesens auch kaum mehr der
Lebenspraxis vieler Frauen entsprach, blieb das Leitbild der universellen
Versöhnerin doch als Ideal erhalten. Antifeministische Anti-Rationalisten
beiderlei Geschlechts folgerten daher, daß sich Frauen jeglicher systemati-
schen Bildung zu enthalten hätten, wollten sie der ihnen zugeschriebenen
Naturnähe und »kraftvolle(n) Urinstinkte(n)« nicht verlustig gehen. Nur so
vermochten sie, wie es der deutschgläubige Lehrer Wilhelm Schwaner in
seinem »Volkserzieher« 1909 formulierte, als »Verkörperung des natürli-
chen Lebens« mit ihrer »stumm weissagenden Seele« die Männer vom »höl-
zernen Schematismus der Schule« zu erlösen.56
Intellektfeindliche und anti-rationalistische Affekte blieben ebenso wie
die Hoffnung auf Erlösung durch die Frau als imaginiertem Gegenpol
erstaunlich konstant. Trotz - oder gerade wegen? - der tiefen Verwerfungen
durch Weltkrieg und Revolution war noch 1922 im »Kunstwart« zu lesen:
»Kein Glück der Welt ist so tief wie das schmerzgeborene Glück des Mannes, der sich
durch die Reflexion hindurchreflektiert hat bis zur Ehrfurcht und liebevollen An-
dacht vor allem, was nicht reflektiert. ... Aber wehe dem Manne, der zur rechten Zeit
das Weib nicht findet, in welches er seine arme, überhelle, allzu feierliche und allzu
stetige Vernunft untergehen lassen kann als in das Meer des reichen, dunklen,
spielenden, stürmenden, launischen Lebens!«57
Die Ablehnung von Intellekt und rationaler Vernunft speiste sich aus einer
tiefgehenden Entfremdungserfahrung, die das vielbeklagte Spezialistentum

276
ebenso umschloß wie den Eindruck, im »stahlharten Gehäuse der Moderne«
(Max Weber) von den eigenen Gefohlen abgeschnitten zu sein. Der Mann
galt den Zeitgenossen als »der Abstraktere, der darum leicht die Geföhls-
beziehungen zu den primitiven Urkraften einbüßt«, 58 die ihrerseits dem
weiblichen Geschlecht zugeschrieben wurden. Entgegen frühliberalen Ver-
heißungen bezweifelten kulturpessimistische Skeptiker nun, daß Rationali-
sierung und industrielle Mechanisierung die Lebensqualität beförderten
oder sich damit auch nur vereinbaren ließen.
Die »Handelswacht« des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverban-
des hatte schon vor dem im Ersten Weltkrieg einsetzenden Rationalisie-
rungsschub die »Verarmung der Arbeit« und den Verlust an »geistige(m)
Gehalt« durch die rasch fortschreitende Taylorisierung der Büroarbeit be-
klagt. Weil sie »die Arbeit von Hunderttausenden zur reinen Handlangerei
herabdrückt, richtet sie große seelische Verwüstungen an, denn sie nimmt
den Hunderttausenden das Gefühl der Glückseligkeit, das aus der Freude an
gelungener Arbeit entsteht«, 59 hieß es in dem Artikel, der sich wie ein Pra-
xisbericht zur Marxschen Entfremdungstheorie ausnimmt.
Schon lange bevor Charlie Chaplin diesem Gefühl in »Moderne Zeiten«
so brilliant Ausdruck verlieh, sahen sich viele Männer in der Phase der Hoch-
industrialisierung selbst zum »Teil einer großen Maschine«60 degradiert und
beklagten, daß das männliche Geschlecht »unserer wirtschaftlichen Ent-
wicklung und Arbeitsteilung gemäß sich immer weiter von der natürlichen
harmonischen Entwicklung seiner Kräfte entfernen muß«.61 In den von den
Anforderungen des Arbeitsmarktes freigestellten (bürgerlichen) Frauen sa-
hen sie die »Hüterinnen des persönlichen Lebens« und Repräsentantinnen
jener »Vollmenschlichkeit«, die ihrem »Fachmenschentum« nicht vergönnt
war. 62 So mancher Mann suchte in der Frau die »lebensfrische Ergänzung zu
seinem berufskranken Organismus« 63 und lehnte weibliche Erwerbsarbeit
mit der Begründung ab, durch Berufstätigkeit würden Frauen zu einseiti-
gen, persönlichkeitsarmen Spezialisten degenerieren,64 anstatt, wie es auch
die »Nationalliberale Zeitung« erwartete, »unsere kalte Welt mit Wärme
(zu) füllen«.65
Die Vorstellung, durch die Freiheit von modernen Erwerbszwängen und
der vorgeblich größeren Naturnähe ihres Wesens zur Wahrung von letzten
Werten und persönlicher Autonomie gegenüber den Fragmentierungserfah-
rungen der Moderne berufen zu sein, war auch unter Frauen weit verbreitet.
1911 erregte ein Aufsatz der Mannheimer Antifeministin Anna Schellenberg
in den »Preußischen Jahrbüchern« großes Aufsehen, der in der selbstbewuß-
ten Feststellung gipfelte:

»Wenn der Mann in den Strom des Zeitlichen gezogen, in spezialisierender Arbeit,
das Bewußtsein, Glied zu sein einer übergreifenden Welt geistiger Werte, aus der

277
Seelenfühlung verliert, wird die Frau es sein, die ein Ganzes fühlt, wo er nur Teile
sieht, die noch mit dem Ewigkeitsblick schauen darf, und deren geschlossene Ganz-
heit ihm Symbol sein wird einer einheitlichen Welt. Wir sind dem Organischen so
nahe verbunden, daß alles Teilwesen uns widerstrebt.«66

Solcherlei Rettungsphantasien waren freilich keine Spezialität der Anhänger-


innen des antifeministischen Bundes. Auch die bürgerliche Frauenbewe-
gung beschwor immer wieder die Notwendigkeit, die als einseitig männlich
erlebte Welt der Gegenwart durch weiblichen Einfluß zu veredeln. Mochten
sich weibliche Partizipationsforderungen mit diesem Argument auch präch-
tig verteidigen lassen, steckte dahinter doch mehr als bloß zweckrationalc
Legitimation. Die Pädagogin Henriette Goldschmidt war schon 1882 zu
der Erkenntnis gekommen, daß es »der »Culturberuf« der Frau sei, »das
Mutterherz« für unsere Volkszustände zu erwecken«, 67 und etwa seit der
Jahrhundertwende setzte die bürgerliche Frauenbewegung mit ihrem Kon-
zept der »geistigen Mütterlichkeit« dem als einseitig empfundenen gesell-
schaftlichen Fortschritt den »Kultureinfluß der Frau« entgegen. 68 Wenn
auch die Folgerungen verschieden waren, so unterschied sich Helene Langes
Kritik an der modcrn-industrialisierten »Welt der gesellschaftlichen Produk-
tion mit der schauerlichen Unpersönlichkeit ihres Mechanismus, der den
einzelnen rücksichtslos zu einer Triebkraft in dem großen Räderwerk
macht«, vom Prinzip her ebenso wenig von den Überzeugungen ihrer
antifeministischen Gegenspieler wie ihre Vorstellung von einer fundamenta-
len Geschlechterdifferenz, die ihre Heilserwartung auf die Versöhnungskraft
des weiblichen »Wesens« richtete. 69 Kulturpessimistische Einstellungen wa-
ren im Bürgertum um die Jahrhundertwende weit verbreitet, und einmal
mehr erwiesen sich Frauenrechtlerinnen wie Antifeministen hier als Reprä-
sentanten derselben Klasse. Allerdings war die Idealisierung imaginierter
Weiblichkeit auf antifeministischer Seite untrennbar verbunden mit der Ab-
wertung realer Frauen und der Mißachtung ihrer Bedürfnisse."0 Idealisie-
rung und Entwertung stellten im antifeministischen Diskurs zwei Seiten
derselben Medaille dar. Über diese Tendenz machten sich schon aufgeklärte
Zeitgenossen lustig: »In der öffentlichen Rede«, schrieb Pfarrer Traub in
Friedrich Naumanns »Hilfe«, »wird die Frau in den Himmel gehoben, ich
fürchte, oft deshalb, weil man seine eigene Herrschaft auf Erden nicht ge-
fährden möchte«. Die scharfsinnige Analyse hinderte den Kirchenmann frei-
lich nicht daran, an gleicher Stelle ein Loblied auf »das Geniale« der »Haus-
mutter« zu singen, der es gelinge, inmitten moderner Zersplitterung »den
Eindruck eines Ganzen uns leibhaftig zu schenken«. 71
Die allgegenwärtige Verklärung der Weiblichkeit korrespondierte mit
einer fundamentalen Krise der männlichen Identität, 72 die in den unter-
schiedlichsten Zusammenhängen zum Ausdruck kam. Die Zeitungen und

278
Zeitschriften der politischen Rechten übertrafen sich am Vorabend des
Ersten Weltkriegs damit, ihrer Gegenwart einen frappanten Mangel an
Männlichkeit zu bescheinigen und meinten damit sowohl eine den Zeitge-
nossen unterstellte fehlende Mannhaftigkeit als auch die auf den unter-
schiedlichsten Ebenen als »schwächlich« empfundene Politik. Mit Adjektiven
wie »kräftig« und »kernig« umschrieben, blieb dabei inhaltlich merkwürdig
unbestimmt, was den Mann im Mann denn nun eigentlich ausmachte. Galt
den einen strammes Nationalbewußtsein und völkische Gesinnung als uner-
läßlich,n betonten andere Sittenstrenge und (evangelische) Frömmigkeit 74 ,
während nach Ansicht einer dritten Fraktion der »richtige Mann« sich da-
durch auszeichnete, daß er »das Bedürfnis (empfindet), ein klein wenig ge-
haßt zu werden«. 75 Hatten die Herren der Schöpfung ihre diskursive Macht
über Jahrzehnte, ja, Jahrhunderte dazu genutzt, um über das »Wesen der
Frau« zu räsonnieren, stellte sich nun die Frage, wer oder was ein Mann
eigentlich sei.76 Die Reflexionen über die Essenz der Männlichkeit waren
Ausdruck tiefgreifender Rollenunsicherheit und Indikator männlichen
Machtverfalls zugleich: Wer auf sicherem Fundament unangefochten
herrscht, hat es nicht nötig, über sein »Wesen« nachzudenken.
Als Generalnenner (rechts-bürgerlicher Definitionsversuche kristallisier-
te sich ein Begriff von Männlichkeit heraus, der auf physischer Kraft wie
intellektueller Überlegenheit basierte und im Kern auf die Beherrschung des
Weiblichen abzielte. Männlichkeit war demnach kein autonomer, sondern
ein relativer Begriff, der auf Weiblichkeit als immanenten Gegenpol ausge-
richtet war.77 Männlichkeit erwies sich in letzter Konsequenz als Fähigkeit,
Frauen zu dominieren und eigene, als weiblich empfundene Züge zu beherr-
schen."8 Daher stellten die völkischen »Nornen« den Herrschaftsaspekt an
den Anfang ihrer Überlegungen über den »Mann von heute«:

»Mit dem Wort »Mann« verbindet sich ... die Vorstellung eines körperlich kraftvollen,
schönen, mit den höchsten geistigen Eigenschaften ausgestatteten Persönlichkeit,
also einer Persönlichkeit mit denjenigen Kräften, die sie über das »Weib« zu erheben
vermögen ..., die sie zum »Herrn der Schöpfung« machen, wie es geschrieben steht:
»Er soll dein Herr sein!««79

Freilich, darin war sich die rechtsbürgerliche Presse mit den völkischen Blät-
tern einig, entsprach der »Mann von heute« dem angeführten Ideal beileibe
nicht - for viele deutlich ablesbar an dem aus den Fugen geratenen Ge-
schlechterverhältnis und der Frauenbewegung. »Wenn politisierende Frau-
en auftreten, um den Politik machenden Männern öffentliche Gardinenpre-
digten zu halten oder ihnen gar ins Handwerk zu pfuschen, so beweist das
unter anderem auch, daß an der Männlichkeit jener Männer vieles nicht in
Ordnung ist«, befand der »Kunstwart« 1912, 8 0 und die »Politisch-An-
thropologische Monatsschrift« hatte auch gleich eine sexualpathologische

279
Erklärung parat. »Das Weib, das instinktiv nach einem Gegenpole im Manne
sucht, gerät auf die männliche Entwicklungsbahn, denn der Mann ist ja
inzwischen Weib geworden und hat geradezu den Willen, Weib zu werden«,
raisonnierte der selbsternannte »Neunationale« Franz Haiser über die »Ent-
artung« im »geistigen Generalstab des deutschen Volkes« und kam zu einem
vernichtenden Schluß: Der Mann von heute, so glaubte er, »will von einem
Mannweibe umschlungen werden, er ist Masochist geworden«. 81
»Weil wir Männer nicht im Vollsinn Männer waren, hörten unsere Frauen
auf, Frauen zu sein«, war auch der Hamburger Pastor Max Glage überzeugt
und brachte die antifeministische Auffassung des Geschlechterproblems auf
den Punkt: »Die ganze Frauenfrage ist im tiefsten Grunde eine Männerfra-
ge.«82 Entsprechend gab Ludwig Langemann als Vorsitzender des Bundes
zur Bekämpfung der Frauenemanzipation die Leitlinie vor: »Der Todfeind
..., den wir im Auge haben, ist nicht eine den Frauen anhaftende Eigen-
schaft, sondern das ist der auf das männliche Geschlecht übergreifende Fe-
minismus, die Verweiberung der Männer.« 83 »Durch die langandauernde
Friedenszeit und durch die hohe Kultur«, war der Leipziger Justizrat
Schnauß überzeugt, »wird unsere männliche Bevölkerung immer weibi-
scher, durch die sich vollziehende Gleichberechtigung in sozialer und wirt-
schaftlicher Beziehung und durch die steigende Beteiligung am Kampfe ums
Dasein werden unsere Frauen immer männlicher«. 84 Diese Sichtweise war
weit über den antifeministischen Bund hinaus verbreitet. Der einflußreiche
Theologe Reinhold Seeberg etwa rechnete den »immer mehr um sich grei-
fenden Feminismus, wo die Männer denken und handeln wie Weiber und
die Weiber dafür, umgekehrt, männlich werden«, an vorderster Stelle zu den
»Schäden unserer Kultur«.85 Der Berliner Rechtsprofessor Otto Gierke hatte
schon Ende der 1890er Jahren davor gewarnt, daß »die Männlichkeit den
Männern abhanden« komme und in einer Umfrage über die Studierfähig-
keit von Frauen seine Hauptsorge zum Ausdruck gebracht: »Sorgen wir vor
allem, daß unsere Männer Männer bleiben!«86
Die fortschreitende Entmännlichung schien vielen Zeitgenossen das Si-
gnet ihrer Epoche zu sein. Als Ursache galt ihnen »die gesellschaftliche bzw.
wirtschaftliche Umschichtung, wie sie durch den Übergang vom heroischen
zum technischen Zeitalter ... überall in der Welt eingetreten ist«.87 Diese
Kurzformel bündelte eine umfassende Gesellschaftskritik, der die Ablösung
des künstlerischen »Heroenkultus« durch die beginnende Massenkultur
ebenso suspekt war wie eine von Handelsinteressen bestimmte, auf militäri-
sche Auseinandersetzungen verzichtende Außenpolitik oder das Zurücktre-
ten eines im Grunde spätabsolutistischen »Einzelwillens« zugunsten von
demokratischen Idealen, die als »blöde Herrschaft der Masse« empfunden
wurden. 88 Kulturkritik artikulierte sich in der Sprache der Geschlechterme-
taphorik. Das (Macht-)Verhältnis zwischen Männern und Frauen füngierte

280
als fondamentales Ordnungskriterium der bürgerlichen Gesellschaft und
eignete sich eben deshalb als Metaphernreservoir för die Beschreibung tief-
greifender Irritationen.
Zu haltlosen »Gesellschafts-Atome(n)« zerstoben, 89 erlebten viele
Emanzipationsgegner ihre Gegenwart als eine Zeit, in der die »männliche
Kraft zersplittert und verteilt, teilweise auch müde und resigniert ist«90 und
mochten dabei eine Vielzahl verschiedener, einander überlappende Ent-
wicklungen im Auge haben: Entfremdungserfahrungen und die Verringe-
rung von subjektiven Einfluß- und Steuerungsmöglichkeiten im vielzitier-
ten »Zeitalter der Organisation« ebenso wie den Bedeutungsverlust der
Körperkraft durch den Einsatz von Maschinen. Selbst Bürger, in ihren Beru-
fen weit weniger als Arbeiter von der Ablösung der Muskelkraft durch neue
Technologien betroffen, erlebten diesen Prozeß offenbar als Bedrohung des
männlichen Überlegenheitsanspruchs, der nicht zuletzt von der gesell-
schaftlichen Wertschätzung physischer Kraft abhing.91
Daher waren nicht nur för Arbeiter, sondern auch för Bürger Reformkon-
zepte attraktiv, die auf die Stärkung des männlichen Körpers abzielten. Die
in FKK-Vereinen und lebensreformerischen Bünden gepflegte Körperkultur
setzte den Erfahrungen von Entfremdung, Anonymisierung und Entper-
sönlichung nicht nur Unmittelbarkeit und Selbstbestimmung entgegen,
sondern versprach auch die Revitalisierung des maskulinen Selbst- und
Überlegenheitsgefohls. Zwar forderte man auch Frauen auf, ihrem Körper
mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden, doch zielten Körperpflege und gymna-
stische Leibesübungen unter der ästhetischen Chiffre eines neuen, als »na-
türlich« ausgegebenen Schönheitsideals letztlich auf die Ertüchtigung zur
Mutterschaft. Sollten Frauen in diesem Sinne »schön« werden, blieb der
Aspekt der Kraft dem männlichen Körperideal vorbehalten.92
Auch die völkische Ideologie verband mit ihrer Ablehnung der modernen
»Hirnkultur« die Aufwertung physischer Kraft. Körperkraft »kommt nicht
aus dem Reden, sondern aus der Arbeit, und die wird in der Zivilisation
immer überflüssiger«, kritisierte Emil Peters »Vblkskraft« 1916 und verklär-
te zu einer Zeit, als die Materialschlachten von Verdun und an der Somme in
bisher ungekanntem Ausmaß die Hinfälligkeit und Nutzlosigkeit des männ-
lich-menschlichen Leibes demonstrierten, den gekräftigten Körper zum
Garant von Lebenstüchtigkeit und psychischem Wohlbefinden: »Nur ein
gestählter, arbeitender, muskeltätiger Leib ist eine reichliche Quelle for
Lebensenergie, für Nervenkraft und Zukunftskraft.«93
Dem Ideal des kräftigen, willensstarken Mannes eignete die Qualität des
Heldischen, und es war eben dieser heroenhafte Zug, den der Antifeminist
und spätere DNVP-Funktionär Ernst Oberfohren in der Auseinanderset-
zung mit der Frauenbewegung durch seine Beschwörung des »germani-
schen Männergeist(es)« zu erwecken suchte.94 Einzig ein Krieg, so glaubten

281
die Emanzipationsgegner schon lange vor dem August 1914, werde instan-
de sein, Männer wieder in Helden zu verwandeln und sie gegenüber einem
in Veränderung begriffenen Geschlechterverhältnis erneut in ihr »herr-
schaftliches Erstgeburtsrecht« einzusetzen. Ein andauernder Friedenszu-
stand führte ihrer Ansicht nach zur »Entartung der männlichen Charakter-
eigenschaften« und bot so die Rahmenbedingung für feministische,
demokratische und pazifistische Bestrebungen. Nur beständige Kriegsbe-
reitschaff und die regelmäßige Einladung von - zu regcihaften und schein-
bar keinem menschlichen Einfluß unterliegenden Naturschauspielen ver-
harmlosten - »Kriegsgewittern« garantierte ihrer sozialdarwinistischen
Überzeugung zufolge, daß »mit Naturnotwendigkeit der Typus des männ-
lichsten Mannes, des heldenhaften Kriegers das Uebergewicht erlang(t)«. 95
Der Erste Weltkrieg wurde daher auf der politischen Rechten stürmisch als
die Wiederkehr der »gutc(n) alte(n) Zeit des Herren- und Vaterrechts« be-
grüßt, die der »schmachvolle(n) Verweibsung unseres modernen intellektu-
ellen Kulturlebens« ein Ende bereiten sollte.96 Im »Stahlbad« des Krieges
sollte sich jene Männlichkeit erneuern, deren Verlust in den Augen der An-
tifeministen den Aufstieg der Frauenbewegung erst möglich gemacht hatte:
»Alle Frauenemanzipation hat nur einen Nährboden: männliche Unfähig-
keit. Männer, laßt uns Männer sein und Gott dafür danken,daß er den eiser-
nen Hammer dieser Zeit auch dazu gebraucht, unsere Mannhaftigkeit stahl-
fest zu schmieden«, beschwor der antifeministische Hamburger Pastor Max
Glage 1915 seine Geschlechtsgenossen und machte damit die Krise der
Männlichkeit offenbar.97
»Werdet Stahl«, ermahnten vorzugsweise Blätter der konservativ-nationa-
len Rechten Deutschlands Männer in Bildern und Gedichten, und mochte
die Stahl-Metapher noch in zeitgemäßer Weise auf kriegsindustrielle Ferti-
gungstechniken verweisen, so war das damit häufig verbundene Sprachbild
des Schwertes in einer Weise anachronistisch, die vielfältige Interpretationen
zuläßt. »Das höchste Heil, das letzte/ liegt im Schwerte!«, zitierte »Auf
Vorposten«, die Zeitschrift des Verbandes gegen die Überhebung des Ju-
dentums, einen Ausspruch Theodor Körners und garnierte die Strophe mit
einer Abbildung halbnackter, langhaariger und androgyn wirkender Ger-
manenkrieger, die vor sich überdimensionierte Schwerter aufgepflanzt hat-
ten.98 Das Schwert symbolisierte männlich-kriegerische Kampfbereitschaft
und sollte im Zusammenhang mit den abgebildeten Kriegern an den auf der
völkischen Rechten hochgeschätzten »germanischen« Heldenmut appellie-
ren. Zudem beschwor es das Gegenbild heldischen Einzelkämpfertums -
ehrenhaft »Mann gegen Mann« - gegen eine Kriegsrealität, die den Einzel-
nen zum unbedeutenden Rädchen der industrialisierten Kriegsmaschinerie
degradierte. Gleichzeitig wirkt die Darstellung wie eine Illustration zur
Theorie des sich im Krieg formierenden Männerbundes, der unter den Völ-

282
kischen der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus eine zentrale
Rolle spielen sollte. Der Abbildung idealisierter Männerkörper eignete jene
[subtile Homoerotik, die Hans Blüher schon 1914 in seiner Deutung des
| Männerbundes als erotischem Phänomen zu fassen suchte.99 Akzeptiert man
die (freudianische) Deutung des Schwertes als Phallussymbol, offenbart die
[vorgestellte Wort-/Bildeinheit auch, daß kriegerische Männlichkeit mit se-
xueller Potenz gleichgesetzt wurde. »Legt weg die weichen Flöten«, begann
daher nicht zufällig das »In der Waffenschmiede« betitelte Gedicht des An-
tifeministen Fritz Bley, das in sexualisierter Sprache nur »den Memmen wei-
bisches Entsagen« überlassen wollte: Die »Waffenschmiede« Krieg sollte
Macht wie sexuelle Potenz des Mannes stärken.100
Männliche Dominanz war mit der Vorstellung sexueller Potenz untrenn-
bar verbunden, wie umgekehrt die männliche Furcht vor gesellschaftlichem
Machtverlust auch eine sexuelle Seite hatte. Stefan von Kotze hatte diesen
Zusammenhang schon 1904 offengelegt:

»Alle männliche, aktive Potenz ist abhängig vom Selbstvertrauen. Jeder Fachmann
wird bestätigen können, daß Zweifel an der eigenen Kraft der schlimmste Feind des
Erfolges im Sexualverkehr des Mannes ist. Sollte die jetzige Ordnung der Dinge sich
also ändern und die Frau dauernd, Generationen hindurch dominieren, so muß das
Selbstvertrauen und damit die Potenz des Mannes bedenklich geschwächt wer-
den«.101

Vor diesem Hintergrund gerät auch eine Rede des antifeministischen Pfar-
rers Julius Werner in ein anderes Licht, der es 1913 beim Deutschen Han-
delstag des DHV als ein Zeichen staatlichen »Niedergang(s)« bezeichnet
hatte, »wenn der Staat, der durch die Schwertgewalt des Mannes gegründet
ist, seinen männlichen Charakter verliert«. Die »Schwertgewalt des Man-
nes« meinte nicht nur die kriegerische Übermacht der 1860/70er Jahre,
sondern bezog sich auf einer anderen Bedeutungsebene auch auf die Herr-
schaft über Frauen, die im Gefolge emanzipatorischer Bestrebungen in Fra-
ge gestellt war. Deshalb gipfelte der von Werner an die Deutschnationalen
Handlungsgehilfen überbrachte »Sympathiegruß« des Bundes zur Bekämp-
fong der Frauenemanzipation in der Aufforderung, »daß wir als Männer
auch ganz Mann sind und unseren Mann stehen auf wirtschaftlichem Gebie-
te durch Tüchtigkeit im Berufe, im öffentlichen Leben durch Betätigung
nationaler Gesinnung, und dafür kämpfen, daß der Staat in seiner Struktur
männlich bleibe.« Nicht von ungefähr wurden hier Gebiete benannt, auf
\ denen Frauen und die Frauenbewegung beträchtliche Erfolge vorzuweisen
i hatten, und es erscheint nicht überinterpretiert, aus der Formulierung vom
»ganzen Mann«, der »seinen Mann stehen« soll, eine die Verdrängungsforcht
strukturierende sexuelle Komponente herauszulesen. Die Männlichkeit der
Männer schien auf der ganzen Linie bedroht. Die Antifeministen und mit

283
ihnen die völkische Rechte setzten daher auf einen Krieg, der die männliche
Potenz und mit ihr die Vorherrschaft im Geschlechterverhältnis wieder her-
stellen sollte. Der Wagnervers, den der Verband gegen die Überhebung des
Judentums 1916 in seiner Zeitschrift einem »Durch Kampf zum Sieg« beti-
telten Kriegsartikel voranstellte, war daher durchaus auch sexualmetapho-
risch zu verstehen: »Ein Schwert verhieß mir der Vater/Ich fand es in höch-
ster Not.« 102 Begreift man das hier zitierte Schwert in seiner Doppelbe-
deutung als Kriegs- wie als Phallussymbol, sollte der Krieg als Retter aus
»höchster Not« der neuen Unübersichtlichkeit im Verhältnis der Geschlech-
ter die Eindeutigkeit des dualistischen Geschlechtermodells entgegenset-
zen, indem er dem angekränkelten männlichen Selbstbewußtsein die Identi-
fikation mit den Patriarchen der Vätergeneration ermöglichte, deren Herr-
schaft den Nachgeborenen noch unangefochten gewesen zu sein schien.
Freilich: Die euphorische Hoffnung, daß mit dem Krieg der »Stern der
Männlichkeit« über einer »merkwürdig weibische(n) Nation« aufgehen
möge, erfüllte sich nicht. 103 Nicht erst seit der Friedensresolution des
Reichstags, sondern schon seit 1915 wurden in den völkischen Blättern im-
mer größere Gruppen von Personen als »unmännlich« ausgegrenzt. 104
Gleichzeitig mehrten sich Artikel, die als »männlich« apostrophierte Tugen-
den beschworen und die Unersetzlichkeit männlicher Helden betonten, von
denen offenbar weit und breit nichts zu sehen war.105 Wenn Wilhelm Schwa-
ner im Sommer 1918 klagend »ein männliches Volk, einen männlichen Frie-
den, eine männliche Zukunft mit männlicher Jugend und männlicher
Kriegsbereitschaft« einforderte, mag es erlaubt sein, aus der monströsen
Lächerlichkeit dieser Beschwörungsformel ex negativo zu schließen, daß der
Herausgeber des »Volkserziehers« in seiner Gegenwart keine Spur von hel-
discher Männlichkeit ausmachen konnte. Und tatsächlich kam er zu den
Schluß: »Es ist traurig, aber wahr: während der männlichsten Zeit, während
des Krieges, regieren »zuhause« die Weiber«.106
Nun war es freilich schon vor, aber auch im Ersten Weltkrieg ein Stilmittel
der völkischen Rechten, politisch Andersdenkende mit Begriffen aus der
Sexualmetaphorik zu denunzieren. Man beraubte sie mit Hilfe von Anfüh-
rungszeichen - die »Männer« - ihrer Geschlechtsidentität und machte sie
dadurch verächtlich, daß man ihnen weiblich konnotierte Begriffe wie Hy-
sterie und »altjüngferliches Winseln« zuschrieb oder ihnen »weibische und
weichliche Humanität« unterstellte.107 Daß Begriffe aus der Geschlechter-
metaphorik zum Mittel politischen Kampfes werden konnten, belegt erneut,
wie stark die wilhelminische Gesellschaft durch den Gegensatz von »männ-
lich« und »weiblich« strukturiert war.
Die Klage darüber, von »Weibern« regiert zu werden, ging freilich ebenso
wie die allgegenwärtige Beschwörung eines martialischen Ideals von Männ-
lichkeit weit über bloße Rhetorik hinaus. Viele Männer erlebten sich tatsäch-

284
lieh als schwach und sahen im Verlauf des Krieges ihren patriarchalen Herr-
schaftsanspruch immer mehr dahinschwinden. Sie waren nicht nur ihrer
Rolle als Familienernährer beraubt, sondern auch ihrer Funktion als Be-
schützer, hing die erfolgreiche Kriegsföhrung doch nicht mehr allein vom
Fronteinsatz der Soldaten, sondern ebenso von der Mitarbeit der Frauen an
der »Heimatfront« ab. Die Figur des wilhelminischen Patriarchen, so glaubt
Elisabeth Domansky, starb im Ersten Weltkrieg eines mehrfachen Todes:
»Er starb in der Materialschlacht, die ihn zum Rädchen in der industrialisierten
Kriegsmaschinerie werden und seine Träume vom heldenhaften Kampf ins Nichts
zerinnen ließ. Er starb aber auch an der sinnlichen Erfahrung dieses Krieges, die
von allem abwich, was bis dahin vorstellbar gewesen war. Die Anonymität des Kamp-
fes, in dem Gegner wie gegnerische Waffen oft unsichtbar blieben, wurde zu einer
unerträglichen Belastung, die Männer die Nerven verlieren und schreiend aus den
Gräben laufen ließ. Männer wurden verrückt aus dem Gefühl des Eingeschlossen-
seins heraus oder weil sie den Lärm des Geschützdonners nicht lange ertragen konn-
ten. Verschüttete erlitten Nervenzusammenbrüche: Männer gebärdeten sich »wie
Frauen«.«108
Bei aller gegenteiligen Propaganda war der Krieg mit seinem immensen
Hinschlachten und Verstümmeln männlicher Körper kaum dazu geeignet,
im zivilen Alltag männliche Überlegenheit zu befestigen, und es gibt Hin-
weise darauf, daß dieser Umstand auch den Protagonisten aus dem völkisch-
antifeministischen Lager bewußt war. »Viele von unseren wackeren Kämp-
fern werden als Krüppel oder überhaupt nicht zurückkommen«, 109
raisonnierte Schwaner in einem Artikel, der über Krieg sprach, aber das Ge-
schlechterverhältnis meinte. Der antifeministische Pfarrer Max Glage fragte
schon 1915 explizit: »Werden wir Männer nach dem Kriege denn auch nur
physisch imstande sein, die Plätze dieser unserer Stellvertreterinnen wieder
zu besetzen? Werden die Führerinnen im sozialen Kriege mit dem männli-
chen Geschlecht die gemachten Eroberungen wieder herausgeben wollen?«
Bei solcherlei Überlegungen konnte sich der Hamburger Kirchenmann ei-
nes »bänglichen Gefühls ... doch nicht erwehren«. 110
Die realen Erfahrungen der Gegenwart waren nicht dazu angetan, das
krisenhafte männliche Ich zu stabilsieren. Die Blätter der völkischen Rech-
ten mochten noch so oft die Wiedererweckung »mannhafter« Tugenden
beschwören und schließlich, kurz vor Kriegsende, zur Gänze »neue Män-
ner« einfordern: 1 " Der Erste Weltkrieg eröffnete keineswegs eine Epoche
neuer Männerherrlichkeit, im Gegenteil. Innenpolitisch stand am Ende die
politische Gleichberechtigung der Frau, außenpolitisch die Kriegsnieder-
lage. »Die Helden sterben aus«, klagte der völkische Lebensreformer Emil
Peters und seufzte im Januar 1920: »Wann hätte je die Frau mehr geherrscht
als heute?«" 2
Daß nationale und sexuelle Identität jahrzehntelang eng miteinander ver-

285
knüpft worden waren, erwies sich nun als schwere Hypothek. Schon die
Knaben in der Schule hatten gelernt, daß ein »ganzer« Mann jederzeit krie-
gerisch für sein Land einzutreten hatte," 3 und die politische Rechte weitete
diesen Anspruch auf den Einsatz für das »Deutschtum« insgesamt aus: »Das
höchste Gut des Mannes ist sein Volk«." 4 Heldische Maskulinität und
deutschnationales Bewußtsein wurden im Begriff männlicher Ehre in eins
gesetzt. Umgekehrt gab es eine Reihe von Verhaltensweisen, die als »un-
männlich und zugleich undeutsch« galten: vom als »orientalisch« diffamier-
ten und homosexuell konnotierten Zigarettenrauchen bis hin zur Friedens-
resolution des Reichstags 1917." 5 Nationale und männliche Ehre fielen so
zusammen, oder anders ausgedrückt: Das Bild vom erfolgreichen Krieger
und Vaterlandsverteidiger gehörte zum Fmsemble jener Vorstellungen, die
die männliche Identität und Ehre ausmachten.
Eine Kriegsniederlagc war in diesem Kodex nicht vorgesehen. Der Aus-
gang des Ersten Weltkriegs und die Entwaffnung des Heeres wurde von
vielen Männern daher nicht nur als Angriff auf ihre nationale Identität, son-
dern auch ganz persönlich als Verlust der männlichen Ehre empfunden.
Wenn Wehrhaftigkeit und Heidentum zum Bild potenter Männlichkeit ge-
hörten, wurde die verordnete Waffenlosigkeit folgerichtig als Kastration er-
lebt: »Nicht nur entwaffnet, nein, geradezu entmannt sind wir, der erbar-
mungslosen Willkür rachsüchtiger Gegner auf Gnade und Ungnade
ergeben«, stöhnte die »Wehr« im Dezember 1918." 6 »Deutschlands Er-
neuerung« erweiterte diesen Topos und sprach von der Versöhnungspolitik
der Weimarer Koalition als »geistige Kastration« durch die »Genossenschaft
zur Niederhaltung des Deutschtums«." 7 Das Verbot von Waffen und Militär
als Symbol viriler Männlichkeit und der Verzicht auf ein - in diesen Kreisen
als männlich deklariertes - nationalistisches Machtstreben lieferte Deutsch-
land in den Augen der völkischen Rechten den »Vergewaltigungen änderet
Völker« aus" 8 und machte seine Männer damit symbolisch zu Frauen." 9
»Wehrlos macht ehrlos und schutzlos« hatte die »Wehr« schon im Dezem-
ber 1918 ihre Sicht der Dinge zusammengefaßt,120 und zu dieser traditionell
eher »weiblichen« Erfahrung mochte das - in Heldenmythen nicht umsonst
vielfach geleugnete - Erlebnis der eigenen Verletzlichkeit und Schwäche im
Krieg beträchtlich beigetragen haben.121 Die Kriegsniederlage und der soge-
nannte »Schmachfrieden« von Versailles verstießen nicht nur gegen das po-
litische Wunschdenken der nationalistischen Rechten, sondern verletzten
auf einer tieferen Ebene die männliche Ehre jener rechtsgerichteten Extre-
misten, die in der Folge alles daransetzten, die Verhältnisse zu revidieren und
die Geschichte im Sinne des Frontkämpfermythos umzuschreiben - nicht
zuletzt, um so ihre Geschlechtsidentität wiederherzustellen.
Zum Männlichkeitskodex gehörte in diesem Denksystem auch die Fähig-
keit, Frauen als das »schwächere« Geschlecht in kriegerischen Auseinander-

286
Setzungen zu verteidigen und insbesondere die Wahrung ihrer als weibliche
Ehre vorgestellten sexuellen Integrität sicherzustellen. Daher sorgten in den
Anfängsjahren der Weimarer Republik Zeitungsmeldungen für Aufruhr,
nach denen in den besetzten Gebieten Frauen vergewaltigt und zur Prosti-
tution gezwungen würden. Da die »völkische Ehre« als »in der Ehre der
deutschen Frauen, unserer jetzigen und künftigen Mütter und Bräute ver-
körpert« galt, war es ein Leichtes, die Vorgänge zur »Schmach« wider
»Deutschlands Ehre« zu stilisieren. Der Vorwurf, die Vergewaltigungen sei-
en von »schwarzen Franzosen« ausgegangen, machte daraus eine »Schan-
de«, die »im deutschen Volke der gesamten weißen Rasse angetan wird«.122
Der weibliche Körper wurde dabei - Ausdruck eines generalisierten Besitz-
anspruchs - mit dem »Volkskörper« schlechthin gleichgesetzt. Die radikale
Rechte operierte sehr erfolgreich nicht nur mit nationalistischen und rassisti-
schen Einstellungen, sondern auch mit heldischen Männlichkeitsbildern.
Sexualität und Politik gingen in völkischen Texten eine enge Verbindung
ein. E,s belegt die Verwurzelung des völkisch-nationalistischen Diskurses in
sexuellen Kategorien, wenn rechtsradikale Frauen an die männliche Ehre
ihrer Mitstreiter appellierten, um sie nicht als Gesinnungsgenossen, sondern
als potentielle Sexualpartner zum politischen Handeln zu bewegen:
»Deutsche Männer und Jünglinge! Wollt ihr weiter tatenlos zusehen, wie eine unfä-
hige Regierung unser Land und Volk von Tag zu Tag näher an den Abgrund bringt
und verwüstet? Wollt ihr stumpfsinnig weiter zusehen, wie die luden und die ganze
Schar ekler Wüstlinge planmäßig unsere besten Volksgenossinnen verseuchen, in
Elend und Schande bringen? Deutsche Jungmannen! Seid Ihrs zufrieden, daß Eure
Schwestern von Juden und sonstigem nichtsnutzigen Gesindel Tag für Tag geschän-
det und entjungfert werden, so daß für Euch als Gattinnen schließlich nur noch feile
Straßendirnen und geschändete Weibsbilder zur Ehe da sind? ... Wollt ihr es tatenlos
dahin kommen lassen, daß wir Frauen und Mädchen allesamt zum Staatseigentum
für diese vertierten Wüstlinge erklärt werden sollen, so wie es unter der jüdischen
Leitung und Bolschewistenherrschaft der Revolution bereits in Rußland geschehen
ist ...?«123

Rassistisch-antisemitische Phantasien von Juden und Schwarzen als Sexual-


rivalen mischten sich in solchen Texten mit dem verbreiteten Glauben an die
überlegene Potenz jüdischer und schwarzer Männer. Wurden die völkischen
Männer auch dem Ehrenkodex folgend zum Schutz der Frauen aufgerufen,
so übermitteln die Formulierungen bei genauerem Hinsehen doch die Vor-
stellung realer Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit. Zur Vermutung, daß
sich die beschworenen Männlichkeitsmythen mit der Wirklichkeit nicht
deckten, paßte es auch, daß ein Göttinger Volkswirt seine Geschlechtsgenos-
sen aufforderte, »das Letzte, was noch unser ist« - die mit der Volksehre
• identifizierte Frauenehre - »mit allen Mitteln« zu verteidigen: per Unter-
schrift auf einer Postkarte. 124 Kein Wunder, daß die rechtsradikalen Frauen

287
ankündigten, »selbst zu den Waffen zu greifen« und 1919 for den »Großen
Frauenschutz- und Trutzbund« mit dem Slogan warben: »Kommt zu uns!
Wir führen Euch! Wir beschirmen Euch!«125
Wenn die völkischen Unterzeichnerinnen mit den Decknamen »Brün-
hild«, »Barden« und »Veleda« die Gefahr einer sexuellen Verstaatlichung des
weiblichen Geschlechts heraufbeschworen, bezogen sie sich damit auf ein
Stereotyp, das seit der russischen Revolution 1917 durch die bürgerliche
Presse geisterte: die Behauptung, in der Sowjetunion würden nicht nur das
Privateigentum, sondern auch die Ehefrauen und Töchter von Bürgerlichen
und begüterten Bauern »sozialisiert« und zwangsweise zur Prostitution ver-
pflichtet.126 Hinter diesen Phantasien mochte, wie Klaus Theweleit vermu-
tet, die Projektion eigener sexueller Wünsche auf den Klassenfeind stecken.
Daneben dienten diese Meldungen aber auch ganz konkret dazu, ähnlich
wie die pathologisierende Behauptung, nur »haltlose, leicht erregbare Per-
sonen, wie Frauen und Jugendliche« würden sich in einer Art »hyste-
rische^) Anfall« for den Bolschewismus begeistern12" - den Kommunismus
zu denunzieren und damit auch den innenpolitischen Gegner, die Sozialde-
mokratie, abzuqualifizieren. Seit der russischen Revolution war der »Bol-
schewismus« das anti-bürgerliche Schreckgespenst schlechthin, und es ist
bezeichnend, daß sich die rechtskonservative und - radikale Presse mit dem
Kommunismus nicht auf der Ebene politischer Argumente auseinandersetz-
te, sondern ihn mit sexualmoralischen Kategorien als Antithese bürgerlicher
Ordnung zu delegitimieren suchte. Die Nachrichten über die in Bordellen
zwangskasernierten Töchter und Ehefrauen wohlhabender Männer kon-
struierten die Figur der Frau im Kommunismus als genauen Gegenpol zu
ihrer bürgerlichen Existenz. War die Figur der Frau in der bürgerlichen
Gesellschaft dadurch charakterisiert, daß sie nicht als eigenständiges Wesen
auftrat, sondern durch ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten Mann de-
finiert wurde (Ehefrauen, Töchter), so erschienen Frauen in der Sowjetuni-
on als Allgemeingut der Männer ohne spezifischen Besitzer. Identifizierbare
Einzelpersonen wandelten sich, unterstrichen durch die Betonung ihrer
»Kasiernierung«, zu einer undefinierbaren Masse, auch dies ein antibürger-
licher Begriff. Aus ehrbaren Frauen wurden mittellose Prostituierte. Da die
Figur der Prostituierten in den Texten der literarischen Moderne gemeinhin
als sinnliche Frau vorgestellt wird und die Zeitungsberichte mit der rhetori-
schen Figur des Gegensatzes operierten, bedeutete das umgekehrt, daß die
Ehefrauen und Töchter, von denen die Rede war, als entsexualisiert gedacht
wurden. Das wirksamste Mittel zur Delegitimation des politischen Systems
der Sowjetunion war offenbar zu behaupten, daß es jene Werte auf den Kopf
stellte, auf denen die bürgerliche Welt in letzter Instanz basierte: Ein Ge-
schlechterverhältnis, daß Frauen zum Privateigentum ihrer Männer und
Väter erklärte, sie einhegte und entsexualisierte. Der Kommunismus, so die

288
Botschaft der Zeitungsmeldungen an die männlichen Leser, beraubte Män-
ner nicht nur ihres Besitzes an materiellen Gütern, sondern entehrte und
enteignete auch noch ihre Frauen.
Gesteigert wurden die antikommunistischen Schreckensszenarien durch
Erzählungen von baltisch-lettischen »Flintenweibern«, die nicht erst durch
die Freikorpsliteratur der späteren zwanziger und dreißiger Jahre, sondern
schon seit der Revolution durch die zeitgenössische Presse geisterten. Die
»Deutsche Volkswacht«, das kurzlebige Nachfolgeorgan des antifeministi-
schen »Monatsblatts«, druckte im Frühjahr 1920 den Brief einer, wie es
hieß, aus Riga geflüchteten baltischen »Dame« ab, die gesehen haben woll-
te, daß

»Bolschevvistinnen in Uniform ... sich stets vor[drängten], wenn es sich darum han-
delte, Erschießungen vorzunehmen. Zu einer Massenerschießung ritt eine Bolsche-
wistenhauptmännin festlich geschmückt im wallenden Sammetmantel und großem
Federhut auf schneeweißem Roß an der Spitze ihrer weiblichen Horden durch die
Stadt zum Platz der Hinrichtung. Die Verurteilten wurden gewöhnlich auch vor der
Erschießung ihrer Kleider beraubt. ... Viele Leichen hat man stark verstümmelt auf-
gefunden.«128

Welcher Art diese Verstümmelungen waren, mochte das Blatt seiner Leser-
schaft nicht vorenthalten und zitierte den Bericht eines Freikorpssoldaten,
um zu zeigen, welche unrühmliche Rolle die »politischen Frauen« in der
»kommunistischen Bewegung« spielten:

»Es ist Tatsache, daß es zumeist die berüchtigten Flintenweiber, darunter Mädchen
im Alter von 18 Jahren mit höherer Schulbildung waren, die Hinrichtungen voll-
streckten, vor denen Männer oft zurückschreckten. Hört man, daß diese entmensch-
ten Weiber erst ihr (sie!) Opfer sich das Grab graben ließen, sie dann entkleidet am
Rande dieser Grube aufstellten, und erst einmal durch Schüsse in den Unterleib
verwundeten, um sich an ihren Qualen zu weiden, so eröffnet sich eine neue Abart
von Grausamkeit, die mit abnormen Anlagen zusammenhängt. Grausamkeit pa-
thologischer Art, Grausamkeit aus Perversität. Augenzeugen berichten, daß die Flin-
tenweiber ihre angeschossenen Opfer durcheinander in die Gruben warfen und mit
Erde beschütteten, während noch Leben in den Unglücklichen war. Die dünne Erd-
schicht aber bewegte sich noch lange über den zuckenden Leibern, die sich im To-
deskampfverkrampft hatten«.129

Die Texte enthalten eine Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungsebenen:


Zielten sie vordergründig auf die Diskreditierung des Kommunismus, leg-
ten sie unter dem Aspekt des Geschlechterverhältnisses nahe, daß Frauen -
und keineswegs nur Proletarierinnen, nein, auch gebildete Mädchen offen-
bar bürgerlicher Herkunft - , einmal politisiert und ihrer von der bürgerli-
chen Gesellschaftsordnung garantierten Unterordnung ledig, sich in wahre
Bestien verwandelten, die männliche Vormachtstellung wie soziale Ord-

289
nung bedrohten. Schon während der Französischen Revolution, schrieb
»Auf Vorposten«, das Blatt des radikalantisemitischen Verbandes gegen die
Überhebung des Judentums, 1918 über die kommunistischen »Megären
des Schlachtfeldes«, habe man(n) die Erfahrung gemacht, »daß die Weiber
beim Volksaufruhr stets am blutgierigsten sind«.13" Die »Volkswacht« begriff
die Erzählungen als »Früchte der Frauenemanzipation« und behauptete,
daß der Kampf der Geschlechter um politische und wirtschaftliche Macht,
den sie in der Gesellschaft der Weimarer Republik auszumachen glaubte,
lediglich eine mildere Variante jener »letzten, rohesten Ausschreitungen
weiblicher Herrschsucht« darstelle, die letztlich in dem »leidenschaftlichen
Wunsch« der Frauen wurzele, »Macht zu besitzen und sie fohlen zu lassen«.
Angesichts solcher weiblichen »Ausschreitungen« forderten die organisier-
ten Antifeministen die »Abkehr von den Emanzipationsgelüsten« und den
»bewußte(n) Verzicht auf eine weibliche Machtstellung«, die Wiederherstel-
lung überkommener Geschlechterverhältnisse, die ihnen allein eine »fortge-
schrittene Frauenkultur« zu garantieren schien.131
Frauen, so suggerierten die Erzählungen über die »Flintenweiber«, waren
von »Natur« aus herrschsüchtig und grausam und mußten von den Banden
gesellschaftlicher Konvention im Zaum gehalten werden. Davon abgesehen,
daß wollüstige Detailtreue ausschließlich in den Schilderungen männlicher
Protagonisten aufzufinden war und damit Spekulationen über eine sadoma-
sochistische Orientierung der Autoren nahelegt, vermittelten die Texte bei
näherem Hinsehen freilich das Bild übermächtiger Frauen, gegenüber de-
nen Männer nur noch als Opfer erschienen. Der Widerspruch zu den ver-
breiteten Klischees vom »starken Helden« und dem »schwachen Geschlecht«
fiel schon den Zeitgenossen auf. Den Umstand, daß »sich so viele Männer
ganz widerstandslos von den Megären erschießen ließen«, erklärte die balti-
sche Augenzeugin nach Angaben der »Volkswacht« daher damit, »daß jene
gewöhnlich durch die Entbehrungen einer langen, zermürbenden Haft see-
lisch und körperlich zuletzt völlig gebrochen waren«.132
Tagespolitisch kam den Geschichten die Aufgabe zu, die Mißhandlung
und Ermordung weiblicher Zivilisten durch deutsche Freikorpseinheiten zu
rechtfertigen, über die Rückkehrer aus dem Baltikum in demokratischen
Tageszeitungen berichteten. 133 Diese Funktion erklärt aber noch nicht, war-
um die rechtsgerichteten Soldaten immer wieder Bilder von Kameraden
beschworen, die qualvoll verbluteten, nachdem Frauen ihnen in den Unter-
leib geschossen hatten. Sicher sollte damit ein Maß äußerster Grausamkeit
zum Ausdruck gebracht werden, und die FLrzähler konnten damit rechnen,
daß ihre männlichen Zuhörer bei dieser Vorstellung instinktiv zusammen-
zuckten. Die Frage aber ist, ob sich hinter diesen Kastrationsphantasien
nicht tatsächlich, wie Theweleit nahelegt, die Angst vor der sexuell aktiven
Frau verbarg, die den Männern ihre Männlichkeit nahm und sie sich selbst

290
einverleibte.134 Was Theweleit psychoanalytisch aus der Triebstruktur einzel-
ner rechtsextremer Individuen ableitete, ließe sich auch allgemeiner ins Ge-
sellschaftliche wenden: Die Kastrationsphantasien erklärten sich dann als
Furcht vor der starken, aus ihrer verordneten Unterwerfung ausgebroche-
nen Frau, die Männer ihres Penis' als Herrschaftszeichen beraubt und sich
ihn in Form von Pistolen und Gewehren als männlichem Herrschaftsattribut
aneignet. Akzeptiert man diese Deutung, erscheint die Saga von den »Flin-
tenweibern« als sexualsymbolische Entsprechung jenes »Entmannungs- und
Verweiberungsprozess(es)«, den der Emanzipationsgegner und rechtsradi-
kale Agitator Ludwig Langemann auf dem Tiefpunkt antifeministischer
Ohnmacht nach der Novemberrevolution wortreich beklagte. Die einge-
deutschte Variante der sowjetischen »Flintenweiber« waren die »weiblichen
Spartakisten in Berlin«, deren »färchterliche(n) Bluttaten« nicht zufällig im
selben Artikel mahnend vor Augen gefohrt wurden. 135
Was die rechtsgerichteten Männer in Angst und Schrecken versetzte, war
nicht nur die sozioökonomische und politische, sondern auch die sexuelle
Seite der Frauenemanzipation. Davon zeugen die heftigen Abwehrreaktio-
nen auf die Forderung nach »freier Liebe« ebenso wie die zwischen Angst
und erotischem Begehren schwankenden Darstellungen dämonisch-män-
nermordender Weiblichkeit etwa eines Gustav Klimt und die literarischen
Zeugnisse (nicht nur) der Wiener Moderne. 136 Auch der Hamburger Pfarrer
Max Glage, ehedem Mitglied im Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation, malte sich und seinen Lesern das »sadistische Lustmorden
der Flintenweiber, denen es einen Hauptspaß bereitete, die Pastoren abzu-
schießen wie Spatzen« in den grellsten Farben aus und stellte die »militaristi-
sche Vermännlichung des revolutionierten Weibes« in einen inneren Zusam-
menhang mit dem »Sexual-Bolschewismus«, den er als Ergebnis einer auf
den Werten von Freiheit und Gleichheit basierenden »völlige(n) Entschrän-
kung des Weibes im Verhältnis zum Mann« betrachtete. Seiner politischen
Überzeugung gemäß lag der Gegenpol zur bürgerlichen Welt- und Ge-
schlechterordnung in der Sowjetunion, und doch hatte, so die Diagnose
1927, auch die Weimarer Republik allen Grund, »vor einer sexuellen Bol-
schewisierung seiner Frauenemanzipation zu zittern«. Die »wilden orgiasti-
schen Krämpfe des Bolschewismus mit seiner Emanzipation des Fleisches«
schienen sich dem Kirchenmann schon in der »modern frisierte(n) und
gekleidete(n) deutschen Frau« anzudeuten; pathologisierend ortete er über-
all »ernste Symptome der Emanzipation«. 137 Daß die politische Auseinan-
dersetzung um die Frauenemanzipation in den Zirkeln der nationalen Rech-
ten nach 1918 vielfach in einen sexualmoralischen Diskurs überführt
wurde, 138 mochte am bereits durchgesetzten Frauenstimmrecht liegen und
daran, daß die nach Kriegsende veränderten politischen und ökonomisch-
sozialen Rahmenbedingungen zunächst wenig beeinflußbar schienen. Die

291
auch äußerlich gewandelte »neue Frau« war das sichtbarste Zeichen eines in
Transformation befindlichen Geschlechterverhältnisses,139 und vermutlich
machte die erotische Libertinage deswegen die größten Schwierigkeiten,
weil sie jeden heterosexuellen Mann existentiell berührte und die Ordnungs-
prinzipien der Gesellschaft in Frage stellte. In den Schriften der radikalen
Rechten jedenfalls war politische Emanzipation untrennbar mit sexueller
Revolution verknüpft. Bei dem ariogermanischen Herrenrechtler Lanz-Lie-
benfels erschien die Geschichte des politisierenden »freien Weibes« mit sei-
ner auf dem »Unterleibsstandpunkt« verharrenden »Pornokratie« gar als die
»Geschichte menschlicher Bestialität« schlechthin. 140
Dem »bedrohten Ödipus«, wie Robert Musil den neuen Status des Man-
nes zutreffend beschrieb,141 machte es die emanzipierte Frau unmöglich,
sich vor der Kälte der modernen Welt zurück in den Schoß asexueller müt-
terlicher Weiblichkeit zu flüchten, um vom Kampf ums Dasein auszuruhen.
Die »neue Frau« zu entsexualisieren und politisch einzuhegen, war daher
das gemeinsame Ziel der Nachkriegs-Antifeministen, gleich ob sie den Wie-
dereintritt in die »Zeit der Patriarchen« beschworen, 142 den Männerbund
verherrlichten oder das männliche Prinzip mit dem Weltkrieg abgewirtschaf-
tet sahen. Denn selbst ein Soziologe wie Leopold von Wiese, der überzeugt
war, »daß die Frau da, wo sie wirklich Frau ist, menschlicher ist als der Mann,
den die Hypertrophie des Geistes oft zu Unmenschlichkeiten verführt« und
der deshalb »eine Vermenschlichung des Lebens« von einem idealisierten
weiblichen Prinzip erwartete, wandte sich ausdrücklich gegen die Frauenbe-
wegung, deren Gleichberechtigungsstreben ihm auf die unerwünschte »Ver-
männlichung des Frauenwesens« abzuzielen schien. Leopold von Wiese war
in diesem Sinne also, wie sein Rezensent in den »Preußischen Jahrbüchern«
konstatierte, Antifeminist.143 Viele Kriegsheimkehrer projizierten ihre Sehn-
sucht nach Frieden und einem geordneten Alltag auf das weibliche Ge-
schlecht und entwarfen die entpolitisierte und entsexualisierte Figur der lie-
bend sorgenden Hausmutter als Gegenbild zu den Schrecken des Krieges.
Die Hausfrau, so glaubten sie,

»offenbart ihre innere Ordnung nach außen und überträgt sie auf ihre Umgebung ...
Von ihrem ganzen Wesen geht Ordnung und Frieden aus; aus ihren Augen (dem
Spiegel der Seele) strahlet ihre innere Friedens-Sonne sonnigen Frieden; Licht und
Wärme, in denen allein nur ein freudig-friedliches Leben gedeihen kann, das allen
Hausgenossen zu Fortschritt und Wohlfahrt gereichen wird.«144

Je mehr die Schrecken des Ersten Weltkrieges verblaßten, desto mehr traten
freilich Positionen in den Hintergrund, die in der Manier so manches bür-
gerlichen Vorkriegsantifeministen in der vom gesellschaftlichen Produkti-
onsprozeß abgekoppelten Frau den Rettungsanker in einer aus den Fugen
geratenen Moderne erblickten. Zwar vollzog auch die völkische und natio-

292
nalsozialistische Bewegung der Weimarer Republik die regressive Idealisie-
rung der zur bloßen Mutter entsinnlichten und entpolitisierten Frau nach.
Diese Sphäre aber blieb von letztlich untergeordneter Bedeutung, und der
Prototyp eines Nationalsozialisten zeichnete sich gerade dadurch aus, daß er
sich weiblicher Bande ledig dünkte. Der Positionswechsel vom bürgerlichen
Antifeminismus zu einer politischen Konzeption, die auf als männlich defi-
nierten Strukturen beruhte, deutete sich gegen Ende des Ersten Weltkrieges
auch in Zeitschriften an, die durch personelle Verflechtungen dem Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation nahestanden. Die »Politisch-anthro-
pologische Monatsschrift« hatte schon 1917 jegliche Orientierung am weib-
lichen Prinzip heftig befehdet und in den Zusammenhang einer umfassen-
den Kulturkritik gestellt:

»Der Mann ist durch unsere heutige Kultur nicht nur physisch, er ist auch seelisch
krank geworden, sein Bewußtsein hat keine Stütze, keinen Ideenhalt mehr und nur
die Idee ist ein fester Punkt im Leben ... Er sucht also einen Stamm, an den er sich
anklammern kann und diesen Stamm glaubt er am Weibe zu finden. Statt Staats-
mensch zu werden und sich als solcher an den Rasseninstinkt des Volkes und an das
Staatswohl anzuklammern, wird er durch und durch »Gesellschaftsmensch« und fin-
det in dieser Gegend natürlich nichts anderes vor als Weiber, Weiber und wieder nur
Weiber«.145

Wie in den Schriften Blühers, Weiningers und einer Reihe anderer Autoren
aus dem Umfeld der »Konservativen Revolution« wurden hier als negativ
empfundene gesellschaftliche Tendenzen mit Weiblichkeit identifiziert und
der als »männlich« konstruierten Triade Staat, Volk und (arische) Rasse ge-
genübergestellt. 146 Die neue Rechte erwartete ihr Heil vom Männerbund
und bot sich dem haltlosen Odysseus zur Orientierung an. Hatte der Vor-
kriegsantifeminismus in der Familie noch die Grundlage der Staatsordnung
gesehen und diesen bedeutenden Einflußbereich den Frauen überantwortet,
schloß der »geistige Antifeminismus« bündischer Provenienz Frauen von
der Erziehung der männlichen Jugend aus und mochte ihnen nur noch
Mädchen und Kleinkinder anvertrauen. Im Gegensatz zu den etwa im Bund
zur Bekämpfong der Frauenemanzipation vertretenen Vorstellungen ging es
nicht um die Wiederherstellung der patriarchalen Familie, sondern um ihre
Überwindung durch die Männergemeinschaft. Die Familie, hieß es bei
Hans Blüher, liefere den Mann der »Vorherrschaft des Weibes« aus und
zerstöre damit seine schöpferischen Fähigkeiten. Namentlich die - selbstver-
ständlich als männlich gedachte - geistige Elite müsse daher dem weiblichen
Einfluß entzogen und durch Männer sozialisiert werden.147 Auch die Formel
von der »Gleichwertigkeit, aber Verschiedenheit« der Geschlechter (die frei-
lich nur zu oft männliche Dominanz maskiert hatte), verschwand nun zu-
gunsten einer offenen Verherrlichung männlicher Suprematie. Die Männer-

293
bundideologie, die nach dem Ersten Weltkrieg von der bündischen Jugend
in die Weimarer Gesellschaft diffundierte, um dann im Nationalsozialismus
eine zentrale Rolle zu spielen, war freilich nicht nur, wie Jürgen Reulecke in
seinem anregenden Aufsatz meint, eine Reaktion auf die Krise der bürgerli-
chen Familie und die Demontage des wilhelmischen Vater-Patriarchen.148
Vielleicht basiert das in zahlreichen Kulturen zu beobachtende Phänomen
tatsächlich - wovon Nicolaus Sombart überzeugt ist - auf einer »nicht be-
wältigten Angst vor dem Weiblichen« und wäre als »auf den Begriff gebrach-
te männliche Abwehrstrategie« gegen die Übermacht der Mütter mit den
Mitteln der psypchoanalytisch informierten Kulturanthropologie zu erklä-
ren.149 Jenseits vermeintlicher oder tatsächlicher anthropologischer Kon-
stanten zielte die Männerbundideologie in ihrer spezifischen Ausformung
im Deutschland des 20. Jahrhunderts jedoch auch ganz konkret auf die
Beschneidung jener Machtpotentiale, die Frauen im Gefolge eines sich
wandelnden Geschlechter Verhältnis seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zu-
gewachsen waren.150 Die Attraktivität völkisch-nationalsozialistischer Kon-
zepte beruhte nicht zuletzt darauf, daß sie die Restabilsierung männlich-
dominanter Geschlechtsidentität verhießen und damit Eindeutigkeit und
Konstanz an die Stelle irritierender Vielfalt und beängstigenden Wandels
setzten.

294
Abkürzungen

AB Alldeutsche Blätter
ADV Alldeutscher Verband
AfS Archiv für Sozialgeschichte
AHR American Historical Review
Ak. Bl. Akademische Blätter
ARGB Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie
BAT Bundesarchiv Potsdam
BB Burschenschaftlichc Blätter
BDF Bund deutscher Frauenvereine
BdL Bund der Landwirte
BLA Berliner Ix>kal-Anzeigcr
BNN Berliner Neueste Nachrichten
BT Berliner Tageblatt
BZ Berliner Zeitung
BZaM Berliner Zeitung am Mittag
CB Centralblatt des Bundes Deutscher Frauenvcrcine
DA Das Deutschtum im Ausland
DAG Der Alte Glaube
DE Deutschlands Erneuerung
DEF Deutsch F.vangelischcr Frauenbund
DHB Deutschvölkische Hochschulblätter
DHV Deutschnationaler Handlungsgehilfenverband
DHW Deutsche Handels-Wacht
DK Deutscher Kurier
DP Deutsche Postzeitung
DPB Deutsches Philologen-Blatt
DSTB Deutschvölkischcr Schutz- und Trutzbund
DTZ Deutsche Tageszeitung
DV Deutscher Volkswart
DVK Deutsche Volkskorrespondenz
DVW Deutsche Volkswacht
DZ Deutsche Zeitung
EFZ Evangelisehe Frauen-Zeitung
EZA Evangelisches Zentralarchiv, Berlin
FB Die Frauenbewegung
FG Die Frau der Gegenwart
FH Frauenhilfe
FS Frauenstimmrecht
FZ Frankfurter Zeitung
GF Die Gutsfrau
GG Geschichte und Gesellschaft
GLA Generallandesarchiv
GStA Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
GT Glaube und Tat

295
GV Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums, 1700-1910, München
1983
HC Hamburgischer Correspondent
HF Hamburger Fremdenblatt
HLA Helene-Lange-Archiv, Berlin
HN Hamburger Nachrichten
HStA Hauptstaatsarchiv
HZ Historische Zeitschrift
JLBI Jahrbuch des Leo Baeck-Instituts
KL Korrespondenz-Blatt für den akademisch gebildeten Lehrerstand
KNN Kieler Neueste Nachrichten
Korr. BdL Korrespondenz des Bundes der Landwirte
Kreuz- Zeitung: Neue Preußische ( K r e u z ] Zeitung
KRS Korrespondenz des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie
KS Kraft und Schönheit
KW Kunsrwart
Leg. Legislaturperiode
LNN leipziger Neueste Nachrichten
MDB Monatsschrift für deutsche Beamte
MKP Mitteilungen aus der Konservativen Partei
NAZ Norddeutsche Allgemeine Zeitung
Nl. Nachlaß
NM Norddeutsche Monatsblätter
OHL Oberste Heeresleitung
PAM Politisch Anthropologische Monatsschrift
PAR Politisch-Anthropologische Revue
PJ Preußische Jahrbücher
PP Politische Polizei
PV Pädagogisches Vereinsblatt
RB Reichsbote
Ref. Die Reformation
RLB Reichslandbund
RT Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags
RW Reichswart
SL Schaffen und Leben
SM Süddeutsche Monatshefte
STA H H Staatsarchiv Hamburg
TAJB Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte
TR Tägliche Rundschau
UA Unabhängiger Ausschuß für einen deutschen Frieden
ÜB Universitätsbibliothek
VDS Vereine Deutscher Studenten (Kyffhäuserbund)
VE Der Volkserzieher
VK Volkskraft
VR Verhandlungen des Reichstags
VSWG Vierteljahresschrift für Sozial und Wirtschaftsgeschichte
VZ Vossische Zeitung
WaM Welt am Montag
ZF Zeitfragen
ZfG Zeitschrift für Geschichtswissenschaft

296
Anmerkungen

Einleitung

1 Post, 25.12.1901, BAP, 61 Re l , N r . 7955, S. 63.


2 Bebel, S. XXXI.
3 Vgl. Craig,S. 173f.
4 Wesentlich breiter als für den deutschen Sprachraum sind die Weiblichkeitskonzeptionen
berühmter Denker in der anglo-amerikanischen Literatur untersucht, vgl. etwa (ohne An-
spruch auf Vollständigkeit) Okin; Elshtain, Public Man; dies., Meditations; Kinnard; Schwartz;
Tomaselli; Pateman u. Gross. Für Frankreich vgl. etwa Moreau. Gisela Bock spricht in Anleh-
nung an Arlette Farge von der »Fragwürdigkeit einer Geschichtsschreibung, die sich in der
Präsentation und Wiederholung des wirklich oder vermeintlich Schrecklichen, das im Lauf der
Jahrhunderte von Männern geschrieben wurde, erschöpft, die von der Empörung über die
Denunziation zu einer Art von Faszination führt und anachronistisch wird im gleichen Maß,
wie sie darauf verzichtet, solche Texte nach ihrem historischen Kontext ... zu untersuchen«.
Vgl. Bock, Geschichte, Frauengeschichte, Geschlechtergeschichte, S. 383; Farge, S. 4 3 . Den-
noch bleibt es ein Verdienst, den »male bias« in der europäischen und amerikanischen
politischen Philosophie offengclegt zu haben.
5 Vgl. Bennent; daneben auch den von Stopczyk herausgegebenen Band.
6 Vgl. Frevert, Bürgerinnen und Bürger, dort insbesondere dies., Bürgerliche Meisterden-
ker
7 Vgl. Metzmacher. Freilich haftet der Zusammenstellung der Qucllentexte eine gewisse
impressionistische Vorgehensweise an. Beispiele antiemanzipatorischer Belletristik von Frauen
werden angeführt in: Herr im Hause. Prosa von Frauen zwischen Gründerzeit und erstem
Weltkrieg, hg. v. E. Kaufmann, Berlin (Ost) 1989.
8 »Es bestand tatsächlich eine starke Verbindung zwischen Antisemitismus und Anti-
feminismus; die meisten Antisemiten waren Antifeministen und die meisten Antifeministen
wenn nicht aktiv antisemitisch, so doch mindestens zu einer Zeit stark nationalistisch, als die
beiden Begriffe anfingen, das gleiche zu bedeuten.« Putzer, S. 179, zum Bund der Emanzipa-
tionsgegner S. 180f Das zeitgleiche Auftreten von Emanzipationsgegnerschaft und Antisemi-
tismus hatte auch Haas bemerkt, wenngleich seine Ausführungen wissenschaftlich nicht
befriedigen und in Hinblick auf ihre impliziten Werthaltungen ärgerlich stimmen.
9 Le Rider, Weiningcr; vgl. auch ders., Illusionen.
10 Vgl. von Braun, »Der Jude« und »Das Weib«. Luckhardt findet in Anlehnung an Kristeva
strukturell ähnliche Ausgrenzungsstrategien des weiblichen »Anderen« bei ansonsten so unter-
schiedlichen Denkern wie Otto Weininger, August Bebel und Georg Simmel.
11 Vgl. Weininger. Vgl. auch die zeitgenössische Entgegnung von Meisel-Hess.
12 Vgl. Sanford. Zu Sombart vgl. jetzt auch Lenger, Sombart.
13 Vgl. zur Auseinandersetzung um die >Frauenfrage< in der SDP Thönnessen. Kritisch
dazu Nolan. Mit einem nicht näher definierten Antifeminismus-Begriff arbeitet Freier. Der
Schwerpunkt Schmidt-Waldherrs liegt auf den Weimarer Jahren; für die Zeit davor beruht ihre
Darstellung auf Bäumer, Psychologie der Gegner. Breiter angelegt ist dagegen der Übcr-

297
Anmerkungen zu S. 12-13

blicksartikel von Korotin, der auch das Verhältnis von Antifeminismus und Antisemitismus
reflektiert.
14 Vgl. Schenk, S. 163. Freilich sind die konkreten Ausdrucksformen von Frauenfeindlich-
keit historischem Wandel unterworfen, ebenso wie misogvne Finstellungcn die Grundlage für
antifeministisches Handeln bilden (können). In der Praxis sind die Phänomene vielfach
miteinander verwoben: Die Behauptung weiblicher Sonder- oder Minderbefähigung dient
oftmals zur Legitimation des frauenfeindlichen Ausschlusses aus zentralen Machtbereichen
und der Zuschrcibung einer minderberechtigten >wciblichen Sphäre«. Als Beispiel vgl. zum
Zusammenhang zwischen der medizinischen Konstruktion weiblicher Minderwertigkeit und
dem Anschluß der Frauen vom akademischen Studium Fischer-Homberger, Neue Materialien.
15 An Gesamtdarstellungen liegen vor Harrison und Benjamin. Vgl. als Überblick auch
Chafetz u. Dworkin und die dort angegebene Literatur Amerikanische Arbeiten zur Frauenbe-
wegung beziehen zum Teil gegnerische Strömungen mit ein, vgl. etwa Coff. Vgl. zur
historischen Frauenforschung in den USA und Großbritannien die l.iteraturberichte von
Harzig und Maas. Während die angloamcrikanischen Veröffentlichungen zum Antifeminismus
sich auf den organisierten Widerstand gegen Stimmrechtsforderungen konzentrieren, fokus-
siert die französische Forschung misogvne Tendenzen der Hochkultur als Ausdruck einer
umfassenden Krise der Geschlechteridentitäten um die Jahrhundertwende, vgl. Perrot;
Maugue, Die neue Eva; dies., Litterature antifeministc; dies., Identitc masculine. Ähnlich wie
in Deutschland wurden auch in Frankreich seit den 1890er Jahren in populären Zeitschriften
heftige Debatten über die >Frauenfrage< geführt. Auch hier gab es enge Beziehungen zwischen
Antisemitismus, nationalem Chauvinismus und Antifeminismus; allerdings verband sich der
Antifeminismus in Frankreich - konträr zum deutschen Beispiel - mit der katholischen
Staatsreligion und wies anti protestantische Züge auf, vgl. die wenigen Bemerkungen bei
Offen. - Zu frauenfeindlichen Tendenzen der Gegenwart sind mittlerweile zwei englischspra-
chige Werke in deutscher Übersetzung erschienen, vgl. Faludi und Smith.
16 Vgl. Dohm und die Terminologie der diversen Frauenzeitschriften dieser Zeit.
17 Das gilt selbst für eine so beeindruckende Studie wie Chickerings politisch-mentale
Verortung des Alldeutschen Verbandes. Altere, aber auch neuere deutsche Veröffentlichungen
über Parteien und Intercssenverbände kommen in der Regel ganz ohne den Blick auf die
Frauenpolitik der Vereinigungen aus. Vgl. etwa Puhle; Stegmann; Lohalm, Striesow; Fncke u.a;
Ullmann, Intercssenverbände.
18 Vgl. Volkov, Antisemitismus, zit. nach dem Wiederabdruck in dies., Jüdisches Leben, S.
23.
19 Vgl. Frevert, »Wo Du hingehst ...«. Vgl. auch Sombart, Männerbund. Zur frauenfeind-
lichen Abwehrhaltung früher Nationalsozialisten und von Vertretern der Konservativen Revo-
lution vgl. ders., Deutsche Männer, sowie Thezoeleit und die wenigen Bemerkungen bei Breuer,
S. 43f.
20 Eine Ausnahme bildet Herrad Schenk. Sic hat in ihre erstmals 1980 erschienene
Geschichte der Frauenbewegung bereits ein Kapitel zum Antifeminismus aufgenommen, vgl.
S. 162-177. Vgl. als Überblick über die bisher erschienenen Arbeiten zur deutschen Frauenbe-
wegung die Forschungsberichte von Bock, Geschichte, Frauengeschichte, Geschlechterge-
schichtc; Frevert, Bewegung und Disziplin; Wickert und Paletschek, Gleichheit und Differenz.
Neuerdings wird verstärkt den nationalistischen und antisemitischen Tendenzen innerhalb der
Frauenbewegung nachgegangen, vgl. etwa Kohn-Ley u. Korotin; Walle; Omran.
21 Vgl. etwa Pudenz; Twellmann; Bussemer. Auch Dammer geht in ihrer Studie zur
Ideengeschichte der Frauendienstpflicht kurz auf den antifeministischen Bund ein, sitzt dabei
aber einigen Fehleinschätzungen auf.

298
Anmerkungen zu S. 13-17

22 Vgl. etwa Nienhaus, Berufsstand weiblich; dies., Vater Staat; Lorentz.


23 Vgl. Stodolsky, Missionary; dies., Geschlecht und Klasse.
24 Vgl. Baumann.
25 Vgl. Domscheit.
26 Vgl. dazu auch die beiden von Hausen herausgegebenen Bände »Frauengeschichte -
Geschlechtergeschichtc« und »Gcschlechterhierarchie und Arbeitsteilung«.
27 Vgl. Honegger.
28 Vgl. Laqueur.
29 Vgl. Fischer-Homberger, Krankheit Frau; Stolzenberg-Bader.
30 Vgl. Davis, S. 126-132.
31 Vgl. Frevert, Männergeschichte; dies., Ehrenmänner; Schissler, Männerstudien;
WerkstattGeschichte, H. 6, 1993; Kühne.
32 Ein Indiz dafür ist Frevert, Mann und Weib, S. 61-132.
33 Den Begriff der »Gegenbewegung« entwickelt Mottl: »a conscious, collective, organi-
zcd attempt to resist or reverse social change«, vgl. S. 620.
34 Vgl. Nolan.
35 Vgl. zu den letzteren van den Berg, Misogynie; ders., >Free Love«.
36 So die einzige vorliegende Arbeit aus der DDR, die sich kurz mit dem Bund beschäftigt,
vgl. Sauer, S. 145.
37 Vgl. etwa Nave-Herz, S. 4 3 ; Schmidt-Waldherr, S. 150. Entsprechend konstatierte
Weiland 1983, daß eine Darstellung der antifeministischen Strömungen der Vergangenheit
noch ausstehe, vgl. S. 24.
38 Bisher als einzige hat sich Mackenroth im Rahmen einer unveröffentlichten Magisterar-
beit ausführlicher mit dem Programm des Verbandes beschäftigt. Baumann geht im Rahmen
ihrer Dissertation auf die Christlich-nationale Gruppe im Deutschen Bund zur Bekämpfung
der Frauenemanzipation ein, vgl. S. 204—216.
39 Vgl. Evans, Feminist Movement. Auf seinen Forschungen beruhen die meisten Bemer-
kungen über den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in der bundesdeutschen
Forschung, vgl. Greven-Aschoff, S. 77, und Frevert, Mann und Weib, S. 123f
40 »Die Antwort des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation auf die
Angriffe seiner Gegnerinnen«. Flugblatt, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92, S. 1.
41 Der Verband benannte sich am 11.10.1913 ohne organisatorische Neuordnung um in
Deutscher Bund gegen die Frauenemanzipation, vgl. Monatsblatt des Deutschen Bundes zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation 1 (1913), Nr. 11, S. 102. Im folgenden wird jedoch die
ursprüngliche Bezeichnung beibehalten, weil sie die Zielsetzung des Vereins klarer zum
Ausdruck bringt. Auch das Verbandsorgan änderte seit dem zweiten Jahrgang 1914 den Titel
und erschien ab Januar als Monatsblatt des Deutschen Bundes gegen die Fraucnemanzipation.
Es wird künftig vereinfachend als Monatsblatt zitiert.
42 Trotz intensiver Archivrechcrchen war eine Mitgliederliste nicht aufzufinden. Die
Auswertung der Sozialdaten muß sich daher auf jene Emanzipationsgegner und -gegnerinnen
stützen, die öffentlich als Anhänger der antifeministischen Liga in Erscheinung traten.
43 Da sich die Kritik des antifeministischen Bundes gegen Emanzipationstendenzen in
evangelischen Frauenorganisationen und gegen jenen Teil der bürgerlichen Frauenbewegung
richtet, der sich als konfessionell neutral verstand, wurde auf die eingehende Untersuchung der
Verbandsorgane jüdischer und katholischer Frauenvereine verzichtet. Vgl. zur jüdischen
Frauenbewegung Kaplan; zu den Katholikinnen Hafner; Kaufmann, Vaterland; Scherzberg. Zur
evangelischen Frauenbewegung vgl. neben Baumann auch Kaufmann, Frauen. Die Verwurze-

299
Anmerkungen zu S. 18-22

lung emanzipatorischer Bestrebungen in der freireligiösen Kritik um die Mitte des 19


Jahrhunderts belegt Paletschek, Frauen und Dissens.
44 Vgl. Fritz, S. 195.

1. Traditionslinien: Von den »Geschlechtsverhältnissen«


zur »Frauenfrage«

1 Vgl. Hausen, Polarisierung.


2 Vgl. Frevert, Bürgerliche Meisterdenker.
3 Vgl. dazu Honegger und Fischer-Homberger, Krankheit Frau. Zu den unterschiedlichen
und wandelbaren Erklärungsmustern von Geschlechterunterschieden in den Wissenschafts-
theorien des 16. bis frühen 19. Jahrhunderts vgl. auch Schiebinger.
4 Honegger, S. 200.
5 So etwa die zwischen 1837 und 1854 mehrfach aufgelegte Anthropologie Burdachs.
6 Vgl. zur Begriffsgeschichte mit Blick auf die Frage, wie der Unterschied von Männlich-
keit und Weiblichkeit jeweils begründet wurde, auch Frevert, Mann und Weib, S. 13-60.
7 Vgl. Oekonomisch-technologische Encyklopädie, Bd. 14, Berlin 1786, s.v. »Frau« und
»Frauenzimmer«, S. 787-819. Nachdem über die Eigenschaften einer zweckmäßig gebildeten
Handwerkerfrau nachgesonnen wurde, heißt es dort auf S. 809: »Gibt man einem Frauenzim-
mer eine ebenso allgemein ausgebreitete F>zichung, als man gewöhnlicher Weise den Manns-
personen zu geben pflegt, so werden sie selten hinter ihnen zurückbleiben.«
8 Vgl. Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie, Bd. 3, 1824, s.v. »Frauen«, S. 877.
9 Vgl. Oekonomisch-technologische Encyklopädie, Bd. 17, 1787, s.v. »Geschlecht«, S.
478^80.
10 Vgl. Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie, Bd. 4, 1824, s.v. »Geschlecht«, S. 180.
11 Vgl. ebd., Bd. 3, 1824, s.v. »Frauen«, S. 877-880.
12 Honegger hat daraufhingewiesen (S. 52f), daß sich die bürgerliche Öffentlichkeit in
Deutschland ganz bewußt als Männerkultur konstituierte - in Abgrenzung zur herrschenden
»Zivilisation«, die als französisiert, effiminiert und von Frauen dominiert betrachtet wurde.
Damit wird der Rückgriff der Romantiker auf eine germanisch-deutsche Volkskultur ebenso
besser verständlich wie der zeitlich frühere Rekurs auf die Antike als Hort wahrer Männlich-
keit. Zu den unterschiedlichen Entwicklungen in Europa vgl. Spree, Verhinderte Bürgerin.
13 Vgl. Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie, Bd. 3, 1824, s.v. »Frauenvereine«, S.
881-883.
14 Zu den Emanzipationskonzepten Saint-Simons, Fouriers, Owens und ihrer Schulen vgl.
Kleinau, zu den freireligiösen Gemeinden Paletschek, Frauen und Dissens.
15 Vgl. Frevert, Männergeschichte, S. 39f
16 Vgl. Staats-Lexikon, Bd. 6, 1838, s.v. »Geschlechtsverhältnisse«, S. 629.
17 Vgl. ebd., S. 630f. Welcker bezieht sich dabei ausdrücklich auf Saint-Simon, Fourier,
Bentham und Harriet Martineau. Ihre Schrift »Die Gesellschaft und das sociale Leben von
Amerika« war 1838 ins Deutsche übersetzt worden.
18 Vgl. ebd., S. 629-631.
19 Vgl. Burdach.
20 Vgl. Staats-Lexikon, Bd. 5, 1847 2 , S. 670f. Dort auch die obigen Zitate.
21 Vgl. zur Beteiligung von Frauen an der Revolution von 1 8 4 8 / 4 9 die Literaturberichte
von Langewiesdie, Deutsche Revolution, und Paletschek, Frauen im Umbruch.

300
Anmerkungen zu S. 22-26

22 Vgl. Staats-Lexikon, Bd. 6, 1862 3 , s.v. »Geschlechtsverhältnisse«, S. 442.


23 Vgl. Das große Conversations-Lexikon, Bd. 12, 1848, s.v. »Geschlcchtscigenthümlich-
keiten«, S. 741-750, Zitate S. 748f.
24 Vgl. ebd., Bd. 11, 1847, s.v. »Frauenzimmerkrankheiten«, S. 110-135, Zitat S. 110.
Früher, so heißt es dort (S. 110) habe sich die Medizin auf die Schilderung der weiblichen
Sexualfünktionen und ihre Anomalien oder auf das Gebiet der Geburtshilfe beschränkt. Erst
die F.rhebung der Gynäkologie zu einer eigenen Disziplin und ihre Gründung auf die
Physiologie habe es ermöglicht, Frauenkrankheiten als Gesamtheit zu erfassen, die sich über
die engeren Sexualfünktionen hinaus erstreckten und als Eigentümlichkeit des weiblichen
Geschlechts aufzufassen seien. Der Artikel bestätigt somit die These, daß die Formierung der
Gynäkologie als Wissenschaft den pathologischen Blick auf Frauen etablierte, vgl. Honegger
und Fischer-Homberger, Krankheit Frau.
25 Vgl. Das große Convcrsations-Lexikon, Bd. 20, 1851, S. 543.
26 Vgl. ebd., Bd. 11, 1847, s.v. »Frauenzimmerkrankheiten«, S. 121.
27 Staats-Wörterbuch, Bd. 3, s.v. »Frauen«, S. 722.
28 »Die Frau ist für eine unmittelbare Theilnahme am Staatsleben von der Natur nicht
bestimmt und nicht organisiert. ... auch das Christenthum hat diesen Grundsatz unberührt
gelassen und an die politische Emancipation der Frauen nicht gedacht. Es bedürfte keines
weiteres Argumentes, um den Gedanken einer politischen Gleichberechtigung der Geschlech-
ter als falsch, der weiblichen Natur und Bestimmung im innersten Grunde widerstrebend, zu
verwerfen«, heißt es ebd., S. 725. Sofern Lcxikonartikel auf den theologischen Diskurs über
die Stellung der Frau im Christentum rekurrierten, wurde allerdings häufig, daraufhat Spree
(Verhinderte Bürgerin, S. 288f, S. 300) zu Recht hingewiesen, die Gleichwertigkeit von
Mann und Frau vor Gott betont. Die Texte, die den Ausschluß der Frauen aus der politischen
Öffentlichkeit (mit-)konstituicrten, wiesen also gleichzeitig Brüche auf, die emanzipatorisch
gewendet werden konnten.
29 Vgl. Staats-Wörterbuch, Bd. 3, 1858, s.v. »Frauen«, S. 727.
30 Vgl. ebd.
31 Vgl. Riehl, S. 6 3 , 6 5 - 6 9 . Riehl führte Louise Aston als Paradebeispiel dieser »Damen in
Männerrock und Hosen« an, die »mit Sporen und Reitpeitsche, die wogende Feder auf dem
Hut, die brennende Cigarre im Mund durch die Straßen stolziren und in den Bierkneipen
zechen« (S. 68).
32 Vgl. ebd., S. 4f.
33 Vgl. ebd., S. 6 9 - 7 1 , 7 6 - 8 1 , 100-106.
34 Ebd., S. 3. Zitiert ist der Absatz bei von Rosen, Frauenfrage, S. 6.
35 »Die Frauenfrage in England«, in: Magazin für die Literatur des Auslandes 29 (1870),
Nr. 13, 26.3.1870, S. 187-189, hier S. 187.
36 So Gerhard, Unerhört, S. 89.
37 Vgl. zur Auswirkung sozioökonomischer Entwicklungen auf die >Frauenfrage< die
kurze Zusammenfassung bei Frevert, Frauen-Geschichte, insb. Kap. 2. Zur frühen
Arbeiterinnenbewegung vgl. Richebacher, S. 171-176; zur Professionalisierung weiblicher
Erwerbstätigkeit vgl. Schlüter, Quellen und Dokumente.
38 Vgl. Politisches Handbuch. Staats-Lexikon für das deutsche Volk. Bd. 1, Leipzig 1871,
S. 478, zit. nach Spree, Verhinderte Bürgerin, S. 293.
39 Der nationallibcrale Historiker Heinrich von Sybcl argumentierte etwa, daß die Ge-
schichte keine Staatsfraucn kenne, vgl. von Sybel, S. 16.
40 So war etwa in der Novelle der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes vom
21.6.1869 - die 1871 auf das Reich ausgedehnt wurde - der Grundsatz der Gewerbefreiheit

301
Anmerkungen zu S. 26-28

auch auf Frauen angewandt worden: »Das Geschlecht begründet keinen Unterschied in Bezug
auf die Befugnisse zum selbständigen Betriebe eines Gewerbes.« Zit. nach von Nathusius, S.
83. Daß die Reichsgründung implizit die Stellung der Frauen im neuen Staatsgefüge
diskussionswürdig machte, reflektierte jedoch lediglich eines der zeitgenössischen Lexika (s.
Anm. 38).
41 Die örtlichen Zweigorganisationen des Lette-Vereins hatten sich 1869 zum Verband
deutscher Frauenbildungs- und Erwerbsvereine zusammengeschlossen, der seit 1870 auch
publizistisch mit dem von Jenny Hirsch redigierten »Frauen-Anwalt« in Erscheinung trat, vgl.
Gerhard, Unerhört, S. 86. Ausführlich zum Lette Verein Hirsch.
42 Vgl. Lange, Lebensennncrungen, S. 111.
43 Vgl. von Sybel, S. 4.
44 Die Wirkungsgeschichte des Millschen Werkes in Deutschland ist bislang nicht systema-
tisch erforscht worden. Für die frühen 1870er Jahre vgl. Bussemer, S. 6 7 - 7 5 .
45 So der Titel einer 1871 erschienenen Streitschrift des Königsberger Theologieprofes-
sors Hermann Jakoby.
46 Von Nathusius, S. 56. Hervorhebung im Original.
47 Vgl. von Stein, S. 15. Die Broschüre fand reißenden Absatz und wurde ein Jahr nach
Erscheinen bereits zum sechsten Mal aufgelegt. Wenn von Stein Frauen hier auch ausschließ
lieh auf den Bereich der Hauswirtschaft festlegt, so streitet er doch immerhin für die
Einbeziehung reproduktiver Tätigkeiten (oder wie er es nennt: der Consumtion) in die
volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. Dagegen blendet die neuere Volkswirtschaftslehre bis
heute den Reproduktionsbereich aus ihrem Gegenstandsgebiet mit der bekannten Folge aus,
daß Haushaltsführung, Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen nach wie vor nicht
als Arbeit, sondern als unbezahlter »Liebesdienst« bewertet werden. Vgl. zu diesem Thema
auch Bock u. Duden.
48 Vgl. dazu etwa von Nathusius, S. 63-80.
49 Vgl. ebd., S. 60 und Wilhelm Adolph Lette: Denkschrift, zit. nach Schlüter, Quellen
und Materialien, S. 89-92. So wertet auch Bussemer, S. 77.
50 Vgl. etwa von Bischoff, Studium der Medizin.
51 Vgl. Gustav Schönberg, Die sogenannte Frauenfrage oder die Frau in der Geschichte der
deutschen Wirtschaft, in: Schlesische Zeitung, Nr. 131, 18.3.1868. Vgl. auch ders., Frauenfra-

52 Vgl. Bussemer, S. 71f und die dort angegebene Literatur.


53 Vgl. Twellmann, S. 135.
54 Zit. nach Otto, S. 132f
55 Vgl. zum frühen Antifeminismus in der Arbeiterbewegung Thönessen. Gegenüber
Thoncssens Unterscheidung einer frühen anti und später profcministischen Parteilinie führt
Nolan jedoch kritisch die Einstellung der Arbeiter in den unteren Organisationsebenen an, die
sich vom bürgerlichen Konzept polarer Geschlechterrollen kaum unterschied.
56 Otto Glagau, Gegen die Frauen-Emancipation II, in: Der Bazar 16 (1870), Nr. 24,
2 3 . 4 . 1 8 7 0 , S. 196. Volkov, Antisemitismus, charakterisiert den Journalisten als den
»fuhrendc(n) Antisemiten seiner Zeit«, vgl. S. 29. Schon für die Jahre um die Reichsgründung
läßt sich also die enge Verbindung von Antisemitismus und Antifeminismus belegen.
57 Von Nathusius, S. HOf
58 Vgl. Moser, S. 106-117.
59 Vgl. etwa v. Nathusius, S. 3-20 und Otto Glagau, Die Frauen in Amerika I, in: Der
Bazar 16 (1870), Nr. 6, 8.2.1870, S. 52f. Daß Engländerinnen oder Amerikanerinnen und
nicht beispielsweise Teilnehmerinnen der Pariser Commune fortan Emanzipation symbolisier

302
Anmerkungen zu S. 28-32

ten, lag möglicherweise am kurzlebigen Erfolg der französischen Liberalisierungstendenzen,


der zu wenig Spuren in der kollektiven Vorstellungswelt des Auslands hinterließ.
60 Vgl. Riehl, S. 83.
61 Von Nathusius, S. 2.
62 Vgl. ebd., S. 94. Auf S. 134 heißt es in ähnlich denunziatorischer Absicht, Fanny
Lewald habe ihren Namen nur angenommen.
63 Vierteljahresschrift für Höhere Töchterschulen 5 (1871), S. 376.
64 Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie, Bd. 6, 1877 12 , s.v. »Frauenfrage«, Zitat S.
832.
65 Vgl. ebd., S. 833.
66 Vgl. ebd., S. 830.
67 Wie Spree, Verhinderte Bürgerin, S. 300 anmerkt, machte gerade die deutsche idealisti-
sche Tradition einer Trennung von Staat und - zunehmend als unpolitisch gedachter -
bürgerlicher Gesellschaft die Konzeption von Frauen als »unpolitische Bürgerinnen« in einer
bürgerlichen Gesellschaft vorstellbar.
68 Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie, Bd. 6, 1877' 2 , s.v. »Frauenfrage«, S. 8 3 1 .
69 Vgl. ebd., s.v. »Frauen«, S. 826-829, hier S. 829.
70 Herders Konversations-Lexikon, Bd. 3, Freiburg i.Br. 1904', s.v. »Geschlecht«, Sp.
1284.
71 Meyers Großes Konservations-Lexikon, Bd. 7, 1905 6 , s.v. »Frauenfrage«, S. 40.
72 Vgl. Staatslexikon (Görres-Gesellschaft), Bd. 2, 1901 2 ,s.v. »Frauenfrage«, S. 583. Das
ebenfalls katholische Konversations-Lexikon des Herder-Verlags übte sich dagegen in der
Auslegung durchaus diesseitiger Zeichen: »Die die Frau vom Mann unterscheidenden physi-
schen und psychischen Hauptmerkmale deuten auf den Mutterberuf« (Bd. 3, 1904 3 , s.v.
»Frau«,Sp. 814).
73 Vgl. Staatslexikon, Bd. 2 , s.v. »Frauenfrage«, S. 572.
74 So Meyers Großes Konversations-Lexikon, Bd. 7, 1905 6 , s.v. »Frauenfragc«, S. 39.
75 Vgl. Brockhaus' Conversations-Lexikon, Bd. 7, 1884", s.v. »Frauenfragc«, S. 247.
76 Vgl. ebd., S. 246.
77 Vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Bd 7, 1905 6 , s.v. »Frauenfrage«, S. 38f
78 Eine Ausnahme macht hier das katholische Staatslexikon, Bd. 2, s.v. »Frauenfrage«, Sp.
579f.
79 Vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Bd. 7, s.v. »Frauenfrage«, S. 39 und ebd.,
s.v. »Frauenstudium«, S. 44f. So schon 1884 Brockhaus' Conversations-Lexikon, Bd. 7, s.v.
»Frauenfrage«, S. 247f
80 Vgl. Frevert, Frauen-Geschichte, S. 114; ein Beispiel wird ausgeführt bei Planert.
81 Staatslexikon, Bd. 2, s.v. »Frauenfrage«, S. 586.
82 Vgl. Brockhaus' Conversations-Lexikon, Bd. 7, s.v. »Frauenfrage«, S. 248.
83 Vgl. ebd., S. 247f
84 Vgl. Lange, Die höhere Mädchenschule, in: Kampfzeiten, Bd. 1, S. 50-52.
85 Vgl. Gerhard, Unerhört, S. 154f.
86 Vgl. Nienhaus, Berufsstand weiblich, S. 51 f.
87 Vgl. Gerhard, Unerhört, S. 165.
88 Vgl. Pappritz, Sittlichkeitsbewegung, in: Handbuch der Frauenbewegung, Bd. 2, S.
172 f.
89 Vgl. RT, VIII. Legislaturperiode, I. Session 1 8 9 0 / 9 1 , S. 1995ff.
90 Vgl. Bäumer, Die Geschichte des Bundes Deutscher Frauenvereine, in: Jahrbuch des
BDF 1921, S. 15ff.

303
Anmerkungen zu S. 34-40

2. Antifeministischer Diskurs in der wilhelminischen Gesellschaft:


Trägergruppen und Argumentationen
1 Vgl. die klugen Überlegungen zum Zusammenhang von gesellschaftlicher Differenzie-
rung und Frauenemanzipation bei Greven-Aschoff, hier insb. S. 4 4 - 4 8 .
2 Das Blatt charakterisierte sich selbst als »wissenschaftlich-politische Monatsschrift« und
Organder »deutschnationalen und konstitutionellen Partei«, vgl. PJ, Bd. 186,Oktober 1921,
S. 1.
3 Vgl. E.G.O. Müller, Betrachtungen eines Mädchenschullchrers, in: PJ, Bd. 72, April-Juni
1893, S. 2 2 9 - 2 4 6 , vgl. insb. S. 232f.
4 Vgl. Constantin Rößler, Hingeworfene Gedanken zur Frauenfrage, in: PJ, Bd. 74,
Oktober-Dezember 1893, S. 19-28, Zitat S. 27.
5 Ebd., S. 24.
6 Vgl. den Überblick bei Tenorth.
7 Vgl. Rößler, in: PJ, Bd. 74, Oktober-Dezember 1893, S. 22f.
8 Vgl. PJ, Bd. 64, 2. Halbjahr, H. 1, Juli 1889, S. 1.
9 Vgl. v. Treitschke, S. 253.
10 Vgl. ebd., S. 235-259.
11 Vgl. ebd., S. III.
12 Vgl. Pierer's Universal-Lexikon, Bd. 19, Altenburg 1865 4 , s.v. »Weib«, S. 14.
13 Vgl. v. Treitschke, S. 2 4 4 - 2 4 8
14 Ebd., S. 247.
15 Vgl. dazu den Hinweis Alain Corbins auf die Parallelen zwischen Frauen und katholi-
schen Priestern, die in der französischen antiklerikalen Literatur des 19. Jahrhunderts wegen
des Priesterrocks und der den Geistlichen zugeschriebenen Sensibilität gezogen wurden, in:
Geschichte des privaten Lebens, Bd. 4 , S. 522f.
16 V. Treitschke, S. 252.
17 Ebd., S. 235 und 236.
18 Vgl. Alder, hier insb. S. 62f.
19 Vgl. die Rezension von Paul Rohrbach, in: PJ, Bd. 110, H. 2, November 1902, S. 3 4 2 -
344, Zitat S. 344.
20 Vgl. Max Lorenz, Zwei Frauenbücher, in: ebd., S. 345-347, Zitat S. 345.
21 Vgl. KW 21 (1907), S. 74-76.
22 So das Thema eines Vortrags, den Lily v. Gizycki (spätere Braun) im Dezember 1894 auf
F^inladung des Vereins »Frauenwohl« in Berlin hielt, vgl. Gerhard, Unerhört, S 219
23 Vgl. Lorenz, in: PJ, Bd. 110, H. 2, November 1902, S. 345-347.
24 Vgl. PJ, Bd. 110, November 1902, S. 343.
25 Was ihnen selbstverständlich auch gelang. Vgl. Outis, Die Männerrechtler, in: ebd., Bd.
112, Juni 1903, S. 407^*13.
2 6 Vgl. Bötticher. Die teure Ausstattung - zahlreiche Illustrationen und ein mehrfarbiges
Umschlagbild - legt nahe, daß sich der Band an eine finanzkräftige Leserschaft richtete.
27 Textauszug aus Fritz Engel, Den Frauen Heil!, in: ebd., S. 118-120. Vgl. auch ebd., S.
115-153.
28 V. Kotze, S. 37. Die Schmähschrift war eine Reaktion auf den Internationalen
Frauenkongreß in Berlin, mit der v. Kotze, einer Defakation gleich, sich »persönliche Erleich-
terung« verschaffte, vgl. S. 4 und S. 17.
29 Beide Zitate bei Lorenz, in: PJ, Bd. 110, H. 2, November 1902, S. 347.

304
Anmerkungen zu S. 41-42

30 Robert West, Das feministische Element im Kunstgewerbe, in: PJ, Bd. 150, Novem-
ber 1912, S. 215-232, Zitat S. 215. Feministisch wurde hier synonym mit feminin verwen-
det.
31 Vgl. etwa Hans Delbrücks Rezension von Lily Brauns »Memoiren einer Sozialistin«, in:
ebd., Bd. 145, Juli 1911, S. 152-155; Ad. Matthaeis Rezension von Käthe Sturmfels
antifeministischer Streitschrift »Krankam Weibe«, in: ebd., Bd. 139,März 1910,S. 524-526;
W. Bekkers Rezension von Otto Weiningers »Geschlecht und Charakter«, in: ebd., Bd. 123,
März 1906, S. 546f. Im Kunstwart vgl. Rosa Mayreder, Zur Kritik der Weiblichkeit, in: KW 21
( 1 9 0 7 / 0 8 ) , Nr. 6, S. 420-422; [Helene Lange,] »Neuorientierung« in der Frauenbewegung, in:
ebd., 30 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 2, S. 141-143; »Die andere Seite der Reformbewegung in der
Frauenfrage«, ein in seinem harschen Antifeminismus allerdings singulären Nachdruck des
Aufsatzes eines preußischen Ministerialdirektors aus der Deutschen Revue, in: ebd., Nr. 9, S.
199-201.
32 Vgl. »Eros. Auch etwas über den Frauenberuf«, in: KW 25 (1912), Nr. 11, S. 3 4 7 - 3 5 1 ,
Zitat S. 350.
33 Vgl. »Mannesfürsorge«, in: ebd., 23 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 3, S. 2 1 2 - 2 1 4 ; Konrad Agahd,
Jugendfürsorge, in: ebd., Nr. 2, S. 186-190.
34 Vgl. »Mannesfürsorge«, in: ebd., Nr. 3, S. 214.
35 Vgl. Agahd, in: ebd., Nr. 2, S. 189; Katharina Zitelmann, Mütter und Töchter, in: ebd.,
Nr. 12, S. 424—429; die Besprechung des »Jahrbuchs der Frauenbewegung 1913«, in: ebd., 26
( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 13, S. 7 5 - 7 7 ; »Eine Hochschule für Frauen«, in: ebd., 24 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 24,
S. 397f
36 Vgl. »Beruf und Ehe«, in: ebd., 24 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 1, S. 83-89. Hier stimmte der
Herausgeber mit Elisabeth Gnauck-Kühne übercin, was erklärt, warum sie so häufig im
Kunstwart zu Wort kam, vgl. etwa Frauenlcbcn und Berufsarbeit, in: KW 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr.
12, S. 416-419 und den Kommentar (des Herausgebers?), S. 419f. Vgl. auch die Auseinander
Setzung um die Frauenerwerbsarbeit während des Krieges in »Die deutsche Frauenbewegung
und die Erwerbsarbeit der Frau. Zwei Meinungen« (Johanna Waescher und Wilhelm Stapel),
in: ebd., 30 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H. 2, S. 209-214. Die Raumaufteilung, die deutlich zugunsten des
Kritikers ausfiel, machte klar, welcher Seite das Blatt zuneigte. Auch die Preußischen Jahrbü-
cher erklärten sich - zwar nicht explizit, aber durch die Auswahl der rezensierten Literatur zu
diesem Thema - gegen die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf, vgl. PJ, Bd. 133,
Juli-September 1908, S. 358-360.
37 Vgl. Kratzsch, S. 336. Die korporativen Mitglieder sind in diese Zahl eingerechnet. Der
Vorstand des Dürerbundes war eine ebenso erlauchte wie bunt gemischte Gesellschaft, der
1912 nicht nur etliche Museumsdirektoren und offizielle Kunstverwalter, Kleider- und Le-
bensreformer sowie Vertreter der Heimatkunst- und Heimatschutzbewegung angehörten,
sondern beispielsweise auch Friedrich Naumann, der Historiker Karl Lamprecht, die Schrift
stellcrin Marie von Ebner-Eschcnbach, die Frauenrechtlerin Marianne Weber - und drei
Mitglieder des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation: Adolf Bartels, der konserva-
tive Kunsthistoriker Professor Adelbert Matthaei und Professor Henry Thodc, Richard
Wagners Schwiegersohn, vgl. die Vörstandsliste ebd., S 4 6 3 ^ 6 6 (Anlage I). Trotz ihres
Materialreichtums kann Kratzschs Monographie nur unter Vorbehalt benutzt werden. Der
Autor hebt die - zweifellos vorhandenen - liberalen und demokratischen Anklänge im
Kunstwart über Gebühr hervor und bagatellisiert und idealisiert die - ebenso vorhandenen -
chauvinistischen, völkischen und rassistischen Tendenzen. F^s scheint, als fehle ihm die Distanz
zum Objekt - was insbesondere dann peinlich wird, wenn Ausdrücke wie »jüdisch Versippte«
unkommentiert und ohne Zitatzeichen aus der Quellensprache übernommen werden (S. 318)

305
Anmerkungen zu S. 42-45

oder sich im Kapitel »Gesinnungsantiscmitismus« folgender, allen Ernstes als Erklärung


gemeinter Satz findet (S. 307): »Im Verhältnis zwischen Deutschen und Juden muß man eine
offenbar naturhaft bedingte, an Äußerlichkeiten von Aussehen und Gebaren sich entzündende
Abneigung voraussetzen, die folgerichtig gegenüber Ostjuden stärker ausgeprägt war als
gegenüber den Sephardim.«
38 Zu einer solchen wurde Ixiuise Otto zum 50. Jahrestag der Gründung des Allgemeinen
Deutschen Frauenvcrcins in bürgerlichen Blättern stilisiert. Das Engagement für politische
Gleichberechtigung wurde dabei ausgeblendet, und ihr von der 1848er Revolution geprägtes
Bekenntnis zur deutschen Nation in den Dienst des Weltkriegs Nationalismus gestellt. Vgl.
Ludxvig Fränkel, Louise Otto-Peters und die deutsche Frauenbewegung, in: PJ, Bd. 162,
Dezember 1915, S. 532-537.
39 Vgl. PJ,Bd. 145, Juli 1911, S. 155.
40 Vgl. Adelbert Matthaei, Frauenlitcratur, in: ebd., Bd. 139, März 1910, S. 524-526,
Zitat S. 526.
41 Vgl. ebd., und »Die andere Seite der Reformbewegung in der Frauenfrage«, in: KW 21
( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 9, S. 199-201.
42 Vgl. etwa die Politische Korrespondenz der Preußischen Jahrbücher in Bd. 147, Januar
1912, S. 188f. und Bd. 149, August 1912, S. 373-379 sowie Wilhelm Stapel, Unsere Frauen
und die Suffragettes, in: KW 24 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 14, S. 155f. Reichlich Belege dafür bieten
auch die Tageszeitungen gleich welcher politischen Couleur, vgl. die Zeitungsausschnitte im
Bundesarchiv Potsdam (BAP), 61 Re 1, Nr. 7960-7963.
43 Vgl. »Weltbund für Frauenstimmrecht«, in: KW 22 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 18, S. 384f. und
Hermann Ulimann, Männer in Fraucnversammlungcn, in: ebd., 24 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 7, S. 7 2 -
76.
44 Vgl. Katharina Zitelmann, Die Frau in der Politik, in: ebd., 23 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 12, S.
4 2 8 ^ 3 0 , Zitate S. 429.
45 Vgl. Wi/ne/m Stapel, Frauenstimmrecht, in: ebd., 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 2 1 , S. 145-154.
46 OttoCorbach, Zum Thema: Frauenbewegung und Politik, in: ebd., 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr.
9, S. 207-211, ZitatS. 211.
47 Vgl. Hans Delbrück, Ein Nachwort zum Frauenkongreß, in: PJ, Bd 148, April 1912, S.
125-141. Als Kompromiß visierte er die Anhörung von Frauen bzw. Frauenverbänden zu
einzelnen Themenkomplexen an, ein Weg, der während des Ersten Weltkriegs teilweise auch
beschritten wurde. Für diese Möglichkeit plädierte Bernarda v. Neil, Preußen und die preußi-
schen Frauen, in: ebd., Bd. 147, Februar 1912, S. 292-298 sowie dies., Frauenstimmrecht und
weibliche Gutachten in öffentlichen Angelegenheiten, in: ebd., Bd. 150, Dezember 1912,
S. 414-438.
48 Vgl. Delbrück, in: ebd., Bd. 148, April 1912, S. 131 f. und S. 134f.
49 Ebd., S. 141.
50 Ders., Das Frauenwahlrecht, in: ebd., Bd. 175, Januar 1919, S. 136-140, Zitate S. 137
u. S. 140.
51 Das »Reich der Freiheit, für das Louise Otto Bürgerinnen warb, blüht am freudigsten
da, wo protestantische Geisteskultur waltet«, war Agnes von Zahn-Harnack, Vorsitzende des
BDF in der Weimarer Republik und als Tochter des liberalen Theologen Adolf Harnack nicht
unparteiisch, überzeugt (Frauenbewegung, S. 359).
52 Vgl. dazu ausführlich die informative Studie von Baumann.
53 Vgl. Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses 2 (1893), Nr. 7, S. 4 und das
Protokoll der Verhandlungen des F>angelisch-sozialen Kongresses in Erfurt 1895.
54 So das Urteil von Baumann, S. 85.

306
Anmerkungen zu S. 45-48

55 In einem Referat der Juristin Emilie Kcmpin, von dem sich Gnauck-Kühne allerdings
abgrenzte, vgl. ebd., S. 96.
56 Vgl. ebd., S. 9 4 - 9 8 und S. 149-151.
57 Welche Ziele und Schranken sind der Frauenbewegung durch das Evangelium gesetzt?
Centralausschuß für Innere Mission, Berlin 1899.
58 Vgl. Kirchlich-soziale Blätter 2 (1899), Nr. 3, S. 171 und Mueller, Handbuch zur
Frauenfrage, S. 16.
59 Vgl. Mybes und Baumann, S. 139-149.
60 Vgl. Bericht über die 5. Jahresversammlung der Frauenhülfe des F.vangelisch-Kirchli-
chen Hülfsvereins am 17.6.1903, in: FH 3 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , Nr. 4 / 5 , S. 45-80, Referat Schöttler S.
60-64.
61 Vgl. etwa Pastor Schöttler, Der Beruf der Frau, in: FH 5 ( 1 9 0 5 / 0 6 ) , Nr. 6, S. 65f.;
Reinhold Hoffmann, Die Predigt der Frauen, in: ebd., 6 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) , Nr. 1, S. 3-6 und Nr. 2, S.
18-20; ebd., 8 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 2, S. 51f; A.W. Hunzinger, Die Aufgabe der Frau gegenüber
der Weltanschauungsnot unseres Volkes, in: ebd., 9 (1909), Nr. 4, S. 103-108 und Nr. 5, S.
135-139.
62 Vgl. Ewald Stier, Die Frau in kommunaler Arbeit, in: ebd., 9 (1909), Nr. 9, S. 260-266.
63 Das Zitat findet sich bei Mybes, S. 31. Zur Person Zoellners, der von 1897-1905 auch
dem Kaiserswerther Diakonissenmutterhaus vorstand vgl. Philipps.
64 Vgl. Friedrich Mahling, Probleme der modernen Frauenfragc, III, in: Ref. 6 (1907), Nr.
3, S. 3 8 ^ 3 .
65 Vgl. Paula Mueller, Der Bund für Mutterschutz und die >neue F^thik«, in: ebd., 4
(1905), Nr. 37, S. 578-581 und Dietrich von Oertzen, Die »neue Sittlichkeit«, in: ebd., 5
(1906), Nr. 4, S. 4 9 - 5 5 ; DAG 10 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 46, Sp. 1119f. Nur am Rande sei bemerkt,
daß nicht nur konservativ-orthodoxe Kirchcnkreisc, sondern auch ausgewiesene Liberale die
Lockerung sexualmoralischcr Standards dezidiert ablehnten. Die Frankfurter Zeitung etwa
distanzierte sich ausdrücklich von der >Neucn Ethik<, weil sie fürchtete, daß durch die
Positionen einiger als parteipolitisch liberal bekannter Frauenrechtlerinnen »die gute Sache
des Fortschritts überhaupt geschädigt« werde, vgl. Nr. 207, 28.7.1905, BAP, 61 Re 1, Nr.
7957.
66 Vgl. D.v.O. [Dietrich von Oertzen], Wochenschau, in: Ref. 7 (1908), Nr. 36, S. 573. Vgl.
auch den Aufsatz der Lehrerin Johanna Pachali, Frauenstudium, in: ebd., 9 (1910), Nr. 17, S.
276-278, die gegen das akademische Frauenstudium Stellung bezog.
67 Vgl. Agnes Willms-Wildermuth, Frauenstudium, in: DAG 3 ( 1 9 0 1 / 0 2 ) , Nr. 17,
Sp. 398^103 und Nr. 18, Sp. 4 2 1 ^ 2 6 , Zitat Sp. 4 2 5 ; Magdalena von Tilling, Zur
Mädchenschulreform. Eine Erwiderung, in: Ref. 7 (1908), Nr. 40, S. 631-633.
68 Vgl. Reinhold Seeberg, Zur Frage nach der Reform der weiblichen Bildung, in: Ref. 5
(1906), Nr. 6, S. 82-86, Zitat S. 86.
69 Vgl Paula Mueller, Vom internationalen Frauenkongreß, in: Ref. 3 (1904), Nr. 29, S.
4 5 7 - 4 6 1 ; Ernst Bunke, Der Deutsch-Evangelische Frauenbund und die »Christliche Welt«, in:
ebd., 5 (1906), Nr. 6, S. 89f Die Forderung, als Voraussetzung für das kirchliche Wahlrecht
»das Gelübde eines religiösen und kirchlichen Lebens« abzulegen, wurde vom DEF später
fallengelassen, weil der Passus vor allem von liberalprotestantischer Seite als Verstoß gegen die
kirchenpolitische Neutralität des DEF gewertet worden war - zu recht, wie Bunkcs Lob des
»chnstliche(n) Empfindens« des DEF zeigte. Vgl. dazu auch Baumann, S. 325f, Anm. 205f
70 Vgl. EZA Berlin, Bestand 7, Nr. 1251, Bl. 12, Gemeinschaftliche Sitzung des Evange-
lischen Oberkirchenrates und des Gencralsynodalvorstandes am 10.9.1903, Protokollauszug
vom 17.9.1903; ebd., Bl. 40, Pastor Lic. G. Diettrich, Das aktive und passive Wahlrecht der

307
Anmerkungen zu S. 48-50

Frauen in der Kirche, in: Das Reich, 11.5.1907. Die F.phorenkonferenz aus der Neumark und
der Niederlausitz hatte das Ansinnen mit der Begründung abgelehnt, es zeige einen »Geist, der
sämmtliche Schöpfungsordnungen korrigieren und umstoßen möchte«, vgl. Bl. 29, Protokoll
der Konferenz vom 5.12.1905. Vgl. auch EZA, Bestand 7, Nr. 1211, Beschlüsse der 5.
ordentlichen Generalsynode, 16.10.-4.11.1903.
71 Vgl. E. ßröse, Zur Frauenfrage, in: DAG 4 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) , Nr. 1, Sp. 9-14, Zitat Sp. 9.
72 »Zur Frauenbewegung«, in: ebd , 3 ( 1 9 0 1 / 0 2 ) , Nr 5, Sp. 115f.
73 Vgl. »Frauenstimmrecht«, in: ebd., 4 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) , Nr. 6, Sp. 139f., Zitate Sp. 140.
74 Vgl. »Zur Frauenbewegung«, in: ebd., 4 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) , Nr. 6, Sp. 116.
75 Vgl. Ida von Meerheimb, F.ine Frauenstimme zur Frauenbewegung auf kirchlichem
Gebiet, in: ebd., 7 ( 1 9 0 5 / 0 6 ) , Nr. 32, Sp. 756-760; /. Lehmann, Das kirchliche Stimmrecht
der Frau, in: ebd., 5 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , Nr. 4 1 , Sp. 969-975.
76 Vgl. Ida von Meerheimb, Die Gefahr der modernen Frauenbewegung in der Kirche, in:
ebd., 8 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) , Nr. 32, Sp. 758-762.
77 Vgl. ebd., Sp. 761 f. und D. Hunzinger, Das moderne Persönlichkeitsideal (II), in: ebd.,
11 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 30, Sp. 722-728.
78 Vgl. EZA Berlin, Bestand 7, Nr. 1251, Bl. 50, Antwort des Evangelischen Oberkirchen-
rates an das Königliche Konsistorium in Münster, 15.6.1908. Dem Schreiben war am
7.5.1908 eine Mitteilung des Königlichen Konsistoriums in Münster vorausgegangen (Bl.
48), worin der Oberkirchenrat über die Verhandlungsgegenstände der anstehenden Provinzi-
alsynode in einer Weise informiert wurde, die das Zusammenspiel der Verwaltungen gegen
reformbereite Einzelpersonen zeigt: »Punkt 5 / i . e . Eingliederung der Frauentätigkeit in den
Dienst der Kirche und Gemeinde macht uns bei der Neigung des Präses, der modernen
Frauenbewegung etwa in der Weise des Lic. Weber entgegenzukommen, einige Sorgen,
jedoch hoffen wir, daß die Synode ihre bisherige besonnene Haltung auch hier bewahren
wird.« Vgl. weiterhin Bl. 66, Schreiben des Präsidenten der sechsten ordentlichen Generalsyn-
ode, Graf von Zieten, an den Evangelischen Oberkirchenrat vom 9.11.1909 sowie Bestand 7,
Nr. 1212, Beschlüsse der sechsten und siebten Gcncralsynode, Beschluß Nr. 29 vom
12.11.1909. Das Zitat stammt aus Ref. 8 (1909), Nr. 48, S. 784.
79 Vgl. EZA Berlin, Bestand 7, Nr. 1251, Bl. 40 und 4 1 , Pflsfor Lic. G. Diettrich, Das aktive
und passive Wahlrecht der Frauen in der Kirche, in: Das Reich, 11. und 19.5.1907.
80 Julius Werner, Kirchliches Frauenstimmrecht?, in: Ref. 7 i,1908), Nr. 7, 16.2.1908, S.
lOOf, Zitat S. 101. Der Kampf der kirchlichen Orthodoxie gegen das Frauenstimmrecht war
also nicht, wie Baumann (S. 193) nahelegt, eine unmittelbare Reaktion auf den Eintritt des
DEF in die Dachorganisation der »gemäßigtem Frauenbewegung, denn der Beitritt wurde erst
am 30 9.1908 beschlossen, vgl. Paula Mueller-Otfried, 25 Jahre, S. 25 Möglicherweise spielte
Werner mit seiner Formulierung, »besondere Wahrnehmungen« gemacht zu haben, auf eine
bereits vorher feststellbare Annäherung der beiden Verbände an, deren Vorsitzende in freund-
schaftlicher Weise verbunden waren, wie der Schriftverkehr zwischen Paula Mueller und
Gertrud Bäumer zeigt, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 13-45 u. Film Nr. 12-39.
81 Vgl. Guida Diehl, Noch einmal »Kirchliche Frauenrechte«, in: Ref. 7 (1908), Nr. 10, S.
151-154; Julius Werner, Kirchliche Frauenrechtlerinnen, in: ebd., Nr. 11, S. 165-167; Paula
Mueller, Kirchliches Frauenstimmrecht, in: ebd., Nr. 16, S. 2 4 7 - 2 5 1 .
82 Vgl. Julius Werner, Das Antichristentum der Gegenwart, in: ebd., 9 (1910), Nr. 36, S.
577-579; Maria Werner, Nationalgcfühl und Frauenbewegung, in: ebd., Nr. 15, S. 233-235.
Dietrich v. Oertzen berief sich dagegen auf die im Leserkreis der »Reformation« hochgeschätz-
te Autorität Adolf Stöckers und versuchte zu belegen, daß Stöcker, auf den sich der DEF zur
Legitimation seiner Forderungen nach größerem Fraueneinfluß berief, die »Frauenfrage« unter

308
Anmerkungen zu S. 51-55

sozialen, nicht politischen Aspekten betrachtet habe, vgl. »Noch ein Kapitel zu Stoeckers
Biographie«, in: ebd., 11 (1912), Nr. 46, S. 725-730. Dennoch kamen immer wieder
Befürworterinnen des Frauenwahlrechts zu Wort, vgl. etwa Elisabeth Haase, Frauenhilfe, in:
ebd., Nr. 3 1 , S. 488f.
83 Vgl. Ref. 7 (1908), Nr. 8, S. 128.
84 Vgl. A.W. Hunzinger, Die Aufgabe der Frau gegenüber der Weltanschauungsnot
unseres Volkes, in: DAG 10 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 12, Sp. 275-281 u. Nr. 13, Sp. 320-325,
nachgedruckt in FH 9 (1909), Nr. 4 u. Nr. 5, S. 135-139.
85 DAG 11 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 8, Sp. 183-185, Zitat Sp. 183.
86 Vgl. Ernst Bunke, Das kirchliche Wahlrecht der Frauen, in: Ref. 11 (1912), Nr. 34, S.
538-540.
87 Diese FJnschätzung vertrat der Mitbegründer und spätere Vorsitzende des Deutschen
Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, vgl. Ludwig Langemann, Die Petition
gegen die weibliche Leitung öffentlicher Schulen und der Oberlehrerstand, in: KL 19 (1911),
Nr. 1,S. llf., ZitatS. 12.
88 »Die Unruhe des Werdens ist auf pädagogischem Gebiet deutlich wahrzunehmen«,
schrieb Robert Rissmann 1897 in seinem Vorwort zur ersten Ausgabe der Deutschen Schule,
dem Zentralorgan der im Deutschen Lehrerverein zusammengeschlossenen Volksschullehrer,
und brachte seine Zeiterfährung auf den Punkt: »Eine ganze Welt scheint ans Abschiedneh-
men zu denken« (S.l). Hinsichtlich der Beschäftigungschancen stellte sich der Arbeitsmarkt
für Lehrer ausgesprochen gespalten dar: Während das niedere Lehramt an Volksschulen auch
noch im Kaiserreich ein ausgesprochener Mangelberuf war, sahen sich Anwärter auf den
höheren Dienst periodisch wiederkehrenden Wcchscllagcn gegenüber: Bis in die späten
1890er Jahre herrschte eine Übcrfüllungskrise, die um die Jahrhundertwende in eine Man-
gelphase umschlug, um vor dem Ersten Weltkrieg allmählich in eine neuerliche Übcrfüllung
überzugehen. Vgl. dazu Titze, Akademikerzyklus, S. 100-102. Zur Lehrerinnenausbildung
vgl. Albisetti.
89 Vgl. die Tabelle auf S. 320 in R. u. L. Wilbrandt, Die deutsche Frau im Beruf, in:
Handbuch der Frauenbewegung, Bd. 4, Berlin 1902.
90 Vgl. Lange, Grenzlinien.
91 Vgl. zum Lehrcrmangel an Volksschulen und seinen Folgewirkungen Titze, Lehrerbil-
dung, S. 345-370, insb. S. 356-364. Stodolsky, Missionary, zeigt, daß die Väter vieler
Lehrerinnen selbst Lehrer waren (Kap. 4).
92 Vgl. Kraul, S. 2 7 9 - 3 0 3 , hier S. 285f.
93 Vgl. Stodolsky, Geschlecht und Klasse, S. 171-174.
94 Vgl. Der Hamburger Lehrertag. Als Konfliktursachen spielten neben der Verschrän-
kung von Klassen- und Geschlcchterfrage auch Stadt-Land-Gegensätze und die Konfession
eine Rolle. Lehrerinnen hatten häufiger die als attraktiver geltenden Stellen in urbanen
Zentren inne. Zudem suchte sich die (protestantische) Lehrerschaft von kirchlicher Aufsicht
zu befreien und sah dieses Ziel durch katholische lehrerinnen gefährdet, die in katholischen
Gebieten einen übcrproportional höheren Anteil der Stellen besetzten und denen eine enge
Bindung an die Kirche nachgesagt wurde, vgl. Gahlings u. Moering, S. 3 7 - 6 1 .
95 Die Mitgliedcrzahl des Deutschen Lehrervereins stieg zwischen 1901 und 1906 von
84.922 auf'122.797, vgl. Bölling,Organisationsgrad^. 121-134,hierS. 125f. Vgl. auchders.,
Sozialgeschichte.
96 Vgl. Die deutsche Schule 1 (1897), 12. Heft, S. 730. Dieselbe Behauptung war schon
auf dem Hamburger Lehrertag aufgestellt worden, vgl. Stenogr. Bericht über die Verhandlun-
gen des (3.) Deutschen Lehrertages zu Hamburg, in: Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung 32

309
Anmerkungen zu S. 55-56

(1880), S. 225. Zur Haltung der Volksschullchrerschaft gegenüber den Lehrerinnen vgl.
ausführlich Stodolsky, Missionary, S. 131-199. Ihr Aufsatz von 1993 ist im wesentlichen die
deutsche Zusammenfassung dieses Abschnitts.
97 Vgl. etwa Perlman; Dreivke; Tröster; Hardt; Bartsch. Gahlings glaubt zu erkennen, daß
die Argumente der körperlichen Inferiorität überwogen, als es um die F^xistcnzbcrechtigung
des Lchrcrinncnberufs überhaupt ging, während die Behauptung der geistigen Unfähigkeit
mit der Diskussion um die qualitative Bewertung und dem Umfang der Frauentätigkeit in den
Vordergrund trat, vgl. Gahlings u. Moering, S. 4 1 . Häufig treten beide Argumentationsstränge
jedoch parallel auf oder stützen einander.
98 Zit. nach Gahlings u. Moering, S. 39.
99 Vgl. Bouvier u. Engelhard.
100 So verlangte Wilhelm IL in den Erlassen von 1889, 1901 und 1908 die Mitwirkung
der Volksschule bei der »Bekämpfung der sozialistischen Ideen«, vgl. Wehler, Kaiserreich, S.
125. An diesem Beispiel wird freilich auch deutlich, daß politisch pädagogische Zielsetzungen
nicht auf die reale Praxis hochgerechnet werden dürfen.
101 Bis 1920 war die Heirat einer Ixhrenn ein Grund, sie zu entlassen. Die Aufhebung
dieser Regelung betraf nur Frauen, die nach diesem Zeitpunkt eingestellt wurden. Lehrerin-
nen, die bereits vor dem Stichtag im Schuldienst gestanden hatten, wurde im Fall einer FIcirat
die Weiterbeschäftigung nur auf Widerruf zugesagt. Vgl. den Erlaß des Ministers für Wissen-
schaft, Kunst und Volksbildung vom 8. März 1920. Abgedruckt in: PV 14 (1920), Nr. 20, S.
149; weiterhin Hahn und Huercamp, Bildungsbürgerinnen. Wie nach dem Ersten Weltkrieg
mit sozialpolitischen Mitteln Gcschlechterpolitik betrieben wurde, vgl. grundlegend bei
Rouetle.
102 Vgl. Der Deutsche Lehrertag in München, insbesondere das Referat des Chemnitzer
Oberlehrers W. Laube, der in der »Verweiblichung des Lehrkörpers« an Volksschulen eine
Gefahr für das gesamte »Volkstum« erblicken wollte (S. 13-17). Laubes Thesen waren schon
bei einer Versammlung des Sächsischen Lchrervereins 1903 von 2.000 Lehrern mit nur einer
Gegenstimme angenommen worden, vgl. Marie Loeper-Housselle, Aus dem Königreich Sach-
sen, in: Die Lehrerin in Schule und Haus 22 ( 1 9 0 5 / 0 6 ) , Nr. 9, S. 225f. Nachdem in München
die Vertreterinnen des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins unter Protest den Saal
verlassen hatten, fand die Versammlung unter Vermittlung des Münchner Schulrats Ker-
schensteiner zu einem Formelkompromiß, der die Gleichberechtigung von Lehrein und
Lehrerinnen anerkannte. Zu einem Bedauern des Vorfalls konnte sich der Ixehrertag jedoch
nicht entschließen. Vgl. Lange, Kampfzeiten, Bd. 1, S. 317-324.
103 Ausnahmen waren Anhalt mit knapp 16 und Elsaß-Lothringen mit 44,6 Prozent der
Gesamtlehrerschaft, vgl. Beckmann, S 114.
104 Vgl. die Jahrgänge 9 ( 1 8 9 9 / 1 9 0 0 ) bis 16 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) des Pädagogischen Wochen-
blatts für den akademisch gebildeten Ixhrcrstand Deutschlands. Auch im Korrespondenz-
Blatt für den akademisch gebildeten Lchrerstand (KL), in dem das Wochenblatt 1907 aufging,
wurde das Thema Mädchenschule zunächst nur in Hinblick auf die finanzielle Gleichstellung
mit den Lehrern an höheren Knabenschulen diskutiert, vgl. die Jahrgänge 8 (1900) - 12
(1904).
105 Vgl. etwa Hohnholz, Oberlehrerin und Oberlehrer, in: KL 16 (1908), Nr. 14, S. 1 3 8 -
140 und Nr. 15, S. 152-154, sowie Otto Hesse, Philologenvereine und »weibliche Oberlehrer«,
in: ebd., 17 (1909), Nr. 22, S. 2 4 9 - 2 5 1 .
106 In den Standeskämpfen um bessere Bezahlung und einen höheren gesellschaftlichen
Status appellierten die Ixhrer an die Regierungsparteien mit Vorliebe unter Verweis auf »die
Vaterlandsliebe des deutschen Gelehrten« und gaben zu bedenken, daß man mit diesem

310
Anmerkungen zu S. 56-57

»nationale(n) Kapital ... sehr vorsichtig umgehen« sollte, vgl. KL 10 (1902), Nr. 20, S.
323-326, Zitat S. 326.
107 Vgl. Anna Marie Ristow, Ein Wort der Erwiderung, in: ebd., 13 (1905), Nr. 4 3 , S.
377-380.
108 Vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 18, S. 154.
109 Langemann hatte nach eigenen Angaben 23 Jahre an einer höheren Mädchenschule
und 20 Jahre an einem Lehrerinnenseminar gearbeitet, vgl. Frauenfrage und Schule, S. 5.
110 Ludwig Langemann, Mädchenschule; ders., Bemerkungen. Von seinen zahlreichen
Artikeln für Verbandszeitschriffcn vgl. etwa Zur Mädchenschule, in: KL 14 (1906), Nr. 39, S.
329-331. Das Korrespondenz-Blatt war seit 1904 das Zentralorgan des Vereinsverbandes
akademisch gebildeter Lehrer Deutschlands, dem 1906 rund 15.000 Mitglieder angehörten,
vgl. ebd., 12 (1904), Nr. 8, und ebd., 14 (1906), Nr. 15, S. 48. 95 Prozent aller preußischen
Philologen ließen sich durch diese Organisation vertreten, vgl. Müller, S. 236. Unter den
Tageszeitungen öffnete vor allem die Berliner Post Langemann ihre Spalten, vgl. etwa Nr. 405
vom 31.8.1909.
111 Vgl. Ludwig Langemann, Weibliche Leitung der öffentlichen höheren Mädchenschu-
len. Eine Entgegnung, in: KL 15 (1907), Nr. 18, S. 160f., Zitat 160.
112 Vgl. ebd., Nr. 16, S. 137. Der Artikel »Soll Frauen die Leitung von höheren
Mädchenschulen anvertraut werden« ist nicht namentlich gekennzeichnet, doch der Stil läßt
Langemann als Verfasser erkennen.
113 Vgl. KL 17(1909), Nr. 8, S. 85.
114 Der rheinisch-westfälische Zweigverein von Philologen an öffentlichen höheren
Mädchenschulen sammelte bei seiner 13. Hauptversammlung im Oktober 1906 Spenden zur
Versendung von 200 Langemannschen Broschüren, vgl. KL 14 (1906), Nr. 38, S. 323. Vgl.
auch das Referat bei der 33. Versammlung des Pommerschen Philologenvereins im gleichen
Jahr, in: ebd., Nr. 40, S. 342f Im Bezirk Brandenburg wählte man eine Kommission, welche
die Entwicklung hinsichtlich der weiblichen Leitung in den Mädchenoberschulen beobachten
sollte, vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 48, S. 422. Im selben Jahr verabschiedeten die rheinland-
westfälischcn Philologen eine Grundsatzerklärung mit der Drohung, die Einstellung von
Direktorinnen werde zur Abwanderung der Lehrer mit Hochschulzeugnis von den Mädchen-
schulen führen, vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 44, S. 396f Die Hannoveraner Mädchenschulphilo-
logen bestimmten mit Blick auf l,angemanns Aktivitäten den Statuserhalt der akademischen
Oberlehrer zum Zweck ihres Verbandes, vgl. ebd., 17 (1909), Nr. 2 5 , S. 284.
115 Vgl. ebd., 17 (1909), Nr. 4 1 , S. 467.
116 So hatte sich der Vegesacker Oberlehrer Hohnholz im Konflikt um die Einstellung
einer Direktorin einer höheren Mädchenschule in seiner Heimatstadt zuerst an Ludwig
Langemann gewandt und war durch dessen Antwort dazu ermuntert worden, den Fall in der
Standespresse mitzuteilen. Auch in der F.inschätzung einzelner Repräsentantinnen der Frauen-
bewegung, die er kennengelernt hatte, berief sich Hohnholz auf Langemanns Urteil. Vgl. KL
(1908), Nr. 14, S. 138-140 und Nr. 15, S. 152-154
117 1m Bezirk Brandenburg schnellte die Mitgliederzahl innerhalb eines Jahres von 22 auf
103 hoch, vgl. ebd., 15 (1907), Nr. 4 8 , S. 422 und Nr. 14, S. 111.
118 Vgl. den Bericht über die Tagung des Verbandes von Philologen an öffentlichen
höheren Mädchenschulen Preußens, in: ebd., 16 (1908), Nr. 39, S. 404f
119 Vgl. ebd., 1 4 ( 1 9 0 6 ) , Nr. 2 1 , S. 179.
120 Vgl. ebd., 17 (1909), Nr. 4 1 , S. 353; Ludwig Langemann, Weibliche Leitung der
öffentlichen höheren Mädchenschulen, in: ebd., 15 (1907), Nr. 18, S. 160; ebd., 18 (1910),
Nr. 56, S. 6 9 - 7 1 ; ebd., Nr. 8, S. 90-92 und ebd., Nr. 24.

311
Anmerkungen zu S. 57-61

121 Vgl. ebd., 15(1907), Nr. 18, S. 154 und 19 (1911), Nr. 4 , S. 64.
122 Vgl. »Ist es wünschenswert, dass die Oberlyzeen und Lyzeen von Frauen geleitet
werden?«, in: ebd., 14 (1906), Nr. 42, S. 362-365, Zitate S. 363f.
123 Ebd., 10 (1902), Nr. 20, S. 325.
124 Der Hinweis, daß Frauen nicht die gleichen Rechte wie Männer beanspruchen
könnten, solange sie nicht den Militärdienst ableisteten, hatte neben seiner Funktion,
Ausschlußkriterien zu legitimieren, wohl auch diesen Hintergrund. Vgl. KL 15 (1907), Nr.
17, S. 147.
125 »Frauenstimmrecht«, in: Pfälzischer Kurier, Nr. 260, 5.10.1902, BAP, 61 Re 1, Nr.
7956.
126 KL 17 (1909), Nr. 4, S. 4 1 .
127 Vgl. ebd., 17 (1909), Nr. 20, S. 225f.
128 Vgl. Maria Werner, Das Altjungferntum in der modernen Frauenbewegung, in:
Reichsbote, Nr. 34, 10.2.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 76f.
129 Vgl. Ludwig Langemann, Die Petition gegen die weibliche Ixitung öffentlicher Schu-
len und der preußische Landtag, in: KL 18 (1910), Nr. 29, S. 401 f.
130 Die Angaben sind zwar dem Verbandsblatt der Mädchenschullehrer entnommen,
dürften aber glaubwürdig sein, da als Quelle das Amtliche 1. Petitionenverzeichnis, Druck-
sache Nr. 75 des Abgeordnetenhauses, angeführt wird. Vgl. ebd., 18 (1910), Nr. 8, S. 101.
131 Vgl. ebd., 19 (1911), Nr. 27, S. 391, und Ludwig Langemann, Die Petition gegen die
weibliche Leitung öffentlicher Schulen und der Oberlehrerstand, in: ebd., 19 (1911), Nr. 1,S.
llf.
132 Allerdings stand das Thema 1912 erneut auf der Tagesordnung, vgl. ders., Die
Petition gegen die weibliche Leitung öffentlicher Schulen und der preußische Landtag, in:
ebd., 18 (1910), Nr. 29, S. 401f. und ebd., 19 (1911), Nr. 18, S. 261.
133 Vgl. Stodolsky, Missionary, S. 178 und die dort angeführten Quellen.
134 Langemann, Weibliche Leitung, in: KL 15 (1907), Nr. 18, S. 160.
135 Vgl. »Die herannahende Frauenherrschaft«, in: Post, Nr. 559, 29.11.1909, BAP, 61
Re 1, Nr. 7960, S. 6 1 . Der Artikel war namentlich nicht gekennzeichnet, läßt sich aber nach
Stil und Inhalt zweifellos dem antifeministischen Vorkämpfer zuordnen. Langemann hatte
1909 eine ganze Reihe von Artikeln für die Post verfaßte, die sich überwiegend gegen die
Berufung von Direktorinnen an Mädchenschulen richteten, vgl. KL 17 (1909), Nr. 8, S. 85
und Nr. 36, S. 404.
136 Vgl. KL 19 (1911), Nr. 18, S. 261 und Langemann, Frauenfrage und Schule, Zitate S.
18. Anfang April 1912 wurde die Frage der weiblichen Schulleitung beim Verbandstag der
akademisch gebildeten Lehrer in Dresden erneut behandelt. Es erscheint plausibel, daß die
Gründung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation im Mai 1912 durch den
Weimarer Oberlehrer Professor Sigismund mit diesem Treffen in Zusammenhang stand.
137 Vgl. Ak. Bl. 22 ( 1 9 0 7 / 0 8 ) , Nr. 6; ebd., Nr. 11; ebd., 28 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 2 3 , S. 361f,
BB 23 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 8, 15.1.1909, S. 188f. (Zitat S. 188); 24 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 3, 1.5.1910,
S. 59; 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 1,1.10.1912, S. 17f. u.ö. Zur politischen Einstellung der Studenten
im Kaiserreich vgl. grundlegend Kampe und Jarausch.
138 Vgl. BB 26 (1911/12), Nr. 1, 1.4.1912, S. 42; Ak. Bl. 23 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 4.
139 Vgl. Ak. Bl. 19 ( 1 9 0 4 / 0 5 ) , Nr. 18, S. 317.
140 K. Eisner v. Gronow, Ein Halt der Frauenbewegung, in: Ak. Bl. 23 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) ,
16.7.1908, S. 129.
141 Vgl. ebd., 23 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , Nr. 5, S. 80 und 24 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 14, S. 228. Kurz nach
der Gründung des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation wurde das Mobiussche

312
Anmerkungen zu S. 61-62

Traktat erneut besprochen. Der Rezensent hielt den Ton der Streitschrift für wenig sachdien-
lich, stimmte aber inhaltlich mit ihr überein: Möbius habe nichts anderes beweisen wollen, »als
daß die geistige Anlage des Weibes eben eine andere sei als die des Mannes, und dieser Beweis
wird wohl kaum entkräftet werden können«. Vgl. Ak. Bl. 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 10,16.8.1912, S.
162.
142 Vgl. Ilse Tesch, Die akademische Frauenbewegung, in: ebd., 24 (1909/10), Nr. 4, S.
51-53. Die Burschenschaften sahen im Bund Deutscher Studentinnen die weibliche »Paralle-
le« zum VDSt, vgl. W. H. Edwards, Die inkorporierten Studentinnen, in: BB 30 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) ,
Nr. 9, 1.8.1916, S. 147.
143 Die Mitgliederzahl wurde vom Kyfrtiäuserverband im Januar 1912 auf 5.285 bezif-
fert, vgl. Ak. Bl. 26 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 20, S. 6 der »Inneren Beilage« dieser Ausgabe, die alle
Mitglieder namentlich auflistet.
144 Vgl. »Das Vortragswesen des Kyffhäuser-Verbandes«, in: Ak. Bl. 24 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 7,
S. 105f. und Nr. 14, S. 226f; ebd., 25 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 10, S. 152f.; ebd., 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr.
4, S. 56-58 und Nr. 17,S.284f; ebd., 2 8 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 5, S. 64-67 und Nr. 11, S. 171-173.
145 Vgl. ebd., 25 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , Nr. 7, S. 106 u.ö. sowie ebd., 28 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 9, S. 144
(Zitat).
146 Vgl. ebd., 17 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) , S. 139; ebd., 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 19, S. 323; Jochmann, S.
124.
147 Vgl. »Der frauenfeindliche Professor«, in: BT, Nr. 576,12.11.1909, BAP 61 Re 1, Nr.
7960, S. 52. Dem Bericht zufolge beglückwünschte das Auditorium Roethe durch »dröhnen
des Getrampel« zu seiner Maßnahme. »Nur leichter Widerspruch erhob sich, und es fanden
sich nur einige wenige Herren, die ostentativ den Saal verließen.« Roethe hatte sich bei seiner
Berufung an die Berliner Universität das Reservatrecht ausbedungen, Frauen trotz
Immatrikulation aus seinen Veranstaltungen ausschließen zu dürfen, vgl. Bäumer, Licht, S.
145.
148 Anders ist es nicht zu deuten, wenn nach dem Bericht über eine »rege und heftige
Debatte für und wider das Fraucnstimmrecht« hervorgehoben wird, daß immerhin die sich
anschließende Kneipe »zur Zufriedenheit aller Teilnehmer verlief«, vgl. Ak. Bl. 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) ,
Nr. 9, S. 245; ebd., 28 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 18, S. 283f
149 In Marburg wäre es 1912 fast zu einem Bruch zwischen dem Studentenausschuß und
den akademischen Behörden gekommen, nachdem die Universität den Verein studierender
Frauen zu den Wahlen zur Studentenvertretung zugelassen hatte, vgl. ebd., 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) ,
Nr. 6, S. 90.
150 In diesem Verband waren nach dem Ersten Weltkrieg sechs deutsch-akademische
Frauenbünde zusammengeschlossen. Der Verband verortete sich »an der Seite der nationalen
Korporationen«, mit denen er die »deutsch-völkische Einstellung« und die »Stellung zu
rassenfremden Elementen« teilte. Daher distanzierten sich die Frauenbünde auch von der
Frauenbewegung. Ihre Gedanken würden, hieß es 1920, »mit Dank gegen die früheren
Führerinnen aufgenommen, aber mit kühlerem Verstände durchdacht«, vgl. »Der Deutsche
Verband Akademischer Frauenvereine«, in: ebd., 35 (1920/21), Nr. 1/2, S. 12f.
151 Vgl. W. H. Edwards, Die inkorporierten Studentinnen, in: BB 30 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 9,
1.8.1916, S. 146-148.
152 Vgl. ebd., 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 8, 15.7.1913, S. 204; ebd., 31 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 11,
15.9.1917, S. 169; ebd., 33 ( 1 9 1 8 / 1 9 ) , Nr. 4, 23.12.1918, S. 50. Vgl. zur Entwicklung der
Burschenschaften nach 1918 Ströle-Bühler.
153 F.in Münstcraner Student warf seinen Kommilitonen vor, »durch Flegeleien die
Damen hinausekeln« zu wollen und erntete damit heftigen Protest, der sich, wie der Ton des

313
Anmerkungen zu S. 62-66

Gesamtartikels nahelegt, freilich auch als schlichte Ableugnung von Schikanierungen interpre-
tieren läßt. Nicht umsonst heißt es darin: »Wenn die Damen Anspruch erheben, den männli-
chen Genossen gleichberechtigt zu sein, müßten sie auch die Konsequenzen ziehen«, daß sie
nämlich keinen »Anspruch auf eine besondere Rücksichtnahme« hätten. Vgl. BB 24 ( 1 9 1 1 /
12), Nr. 8,15.1.1912, S. 214.
154 Vgl. ebd., 26 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 9, 1.8.1912, S. 222.
155 Vgl. »Die Bevölkerungsbewegung des deutschen Reiches während des Jahres 1912«,
in: BB 28 (1913/1914), Nr. 6, 15.12.1913, S. 134; »Geburtenrückgang im deutschen Reich
und seine Ursachen«, in: ebd., Nr. 4, 154.1914, S. 81f; »Rassenhygiene in Theorie und
Praxis«, in: ebd., 26 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 8, 15.7.1912, S. 8 6 - 8 8 .
156 Vgl. Monatsblatt 6 (1918), Nr. 1/2, S. 3f. und Wer ist's?, Leipzig 1922", S. 626. Der
Alt Burschenschaftler Hensing machte die ausländischen Studierenden zu einem Thema des
Alldeutschen Verbandes, vgl. Hensing.
157 Der Antisemit Philipp Stauff zeichnete als Vorsitzender der Guido-von-List-Gesell-
schaftein zweiteiliges Portrait des Wiener Runenkundlers und Ariosophen,vgl. BB 28 ( 1 9 1 3 /
14), Nr. 1, 1.10.1913, S. 6-8 und Nr. 2, 15.10.1913, S. 41f. Auch der Heidelberger
Privatdozent und spätere Aktivist des Deutschvölkischen Schutz und Trutzbundes, Arnold
Rüge, kam zu Wort, vgl. Kuno Fischer und die akademische Freiheit, in: ebd., 22 ( 1 9 0 7 / 0 8 ) ,
Nr. 6, 15.12.1907, S. 125-127.
158 Vgl. Langemann, Der nationale Staat und die Frauenfrage, in: DHB 2 (1912), Nr. 4, S.
32f.
159 Vgl. Julius Werner, Die kulturpolitische Notwendigkeit des Konservatismus für Staat
und Gesellschaft, in: ebd., 3 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 11, unpag.
160 Vgl. ebd., und Oswald Orlog, Ausländer an deutschen Hochschulen, in: DHB, Nr. 5,
S. 3 8 ^ 5 , hier S. 38. Ein völkischer Lehramtsstudent gestaltete Anfang 1914 einen
Diskussionsabend zum Frauenstudium, bei dem wohl ähnliche Positionen zur Sprache kamen,
vgl. ebd., 3 (1914), Nr. 11, S. 79. Dabei ist man allerdings auf Vermutungen angewiesen, da
der angekündigte Bericht vor der kriegsbedingten F^nstellung des Blattes nicht mehr abge-
druckt wurde.
161 Vgl. Hess, Morsetaste.
162 Vgl. Nienhaus, Vater Staat, S. 34-43.
163 Vgl. Deutsche Posizeitung 23 (1912), Nr. 25, S. 892.
164 Vgl. den instruktiven Aufsatz von Süle, Militäranwärtcr.
165 Die Verdrängung von Frauen aus dem Post- und Telegraphendicnst des Reiches war
wohl weniger, wie z.T. noch in der Literatur zu lesen, v. Stephans persönlicher Frauenfeind-
lichkeit geschuldet als den strukturellen Rahmenbedingungen des Reichspostreglements und
dem Einfluß des Kriegsministeriums. Dort, wo das Kriegsministerium noch keine überkom-
menen Rechte auf Versorgung ehemaliger Soldaten geltend machen konnte, auf dem noch
neuen Gebiet des Telefonwesens, war v. Stephan unter dem Druck knapper Finanzen sofort
bereit, die Einstellung von Frauen zu forcieren.
166 Daß es sich bei der Behauptung, Frauen eigneten sich aufgrund ihrer höheren und
daher verständlicheren Stimmlage besser für die Telefonvermittlung, um ein kulturelles
Konstrukt handelte, zeigt sich deutlich daran, daß bei der Einführung des Telefons in Amerika
Männer mit dem Argument bevorzugt wurden, die männliche Stimme sei wegen ihrer
größeren Lautstärke besser verständlich. Vgl. Nienhaus, Vater Staat, S. 62-75, hier S. 71f.
167 Vgl. ebd., S. 75-87.
168 Vgl. Kerchner, S. 160f.
169 Die Mitgliederzahl nach MDB 37 (1913), H. 12, S. 199.

314
Anmerkungen zu S. 66-68

170 Vgl. »x«., Über die Erwerbstätigkeit der Frauen, besonders derjenigen in Beamten
stellen, in: ebd., 27 (1903), H. 15, S. 248-250; »Aus der amtlichen Statistik der Frauen
(Bcamtinnen)-Organisationen im Deutschen Reich«, in: ebd., 34 (1910), H. 4, S. 56-58.
171 »Frauenbewegung und Beamtentum«, in: ebd., 3 (1910), H. 16, S. 299-302 und H.
17, S. 320 322. Daß die Artikel aus weiblicher Feder stammen, scheint mir aufgrund des
Inhalts unzweifelhaft.
172 Der Verband Deutscher Beamten-Vereine gab erst 1912 seine interessenpolitische
Abstinenz auf, vgl. Süle, Beamtenorganisationen, S. 102.
173 Vgl. »Zurückziehung weiblicher Beamte von den Telegraphen- und Postscheckäm
tern«, in: MDB 35 (1911), H. 7, S. 165. Selbst die unmittelbar betroffenen mittleren
Postbeamten stützten ihre Polemik gegen die weiblichen Mitarbeiterinnen nicht auf dieses
Argument, sondern verwiesen nur darauf, daß »dieser Vorzug erheblich überschätzt wird«,
vgl. A. Altermann, Frauenfrage und Postverwaltung, in: DP 22 (1911), Nr. 26, S. 932-934,
Zitat S. 9 3 3 . Vgl. auch Nienhaus, Vater Staat, S. 85.
174 Vgl. »Bencht über den 2 1 . Verbandstag, abgehalten in Dresden vom 8. bis 12. Juni
1911, in: MDB 35 (1911), H. 12, S. 273-278, Zitat S. 276. Vgl. zur Begründung des Antrags
der Kanzleisekretäre das »Protokoll über die Hauptversammlung des Verbandes Deutscher
Beamtenvereine«, ebd., H. 20, S. 423f. und H. 2 1 , S. 438.
175 Denkschrift über die Beamtenorganisation der Reichs-, Post- und Telegraphenverwal-
tung. Abgedruckt als Beilage zur DP 23 (1912), Nr. 20, 19.5.1912, S. 723-736, hier insb. S.
726. Vgl. auch Nienhaus, Vater Staat, S. 84f. Zur Kostenersparnis sollten die Zuständigkcitsbe
reiche unterer Beamter und nicht festangestellter Gehilfen zu Lasten der Aufgaben des
mittleren Dienstes vergrößert werden. Aufgrund der spezifischen Pcrsonalsituation - Frauen
waren auf unteren oder Gehilfenposten angestellt, im mittleren Beamtentum dominierten
Männer - verwandelte sich die geschlechtsneutralc Verw altungsreform, die allenfalls Konflikte
zwischen einzelnen Statusgruppen evozierte, in ein Geschlechterproblem.
176 Vgl. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 286. Berlin 1913, 86. Sitzung vom 9.1.1913, S.
2824.
177 Vgl. ebd., 87. Sitzung vom 10.1.1913, S. 2837 und S. 2854-2856.
178 Vgl. die Rede des Sprechers der deutsch konservativen Fraktion bei der Beratung des
Postetats im folgenden Jahr, zit. nach »Frauen im Staatsdienst«, in: DHW 21 (1914), Nr. 7, S.
127. Oertcl verlangte hier erstmals - wie 1913 schon die SPD - die tarifliche Gleichstellung
von Frauen und Männern. Als Begründung nannte er die öffentliche Kritik an der »fiskalisti-
schen« Anstellungspolitik der Rcichspost. Letztlich gingen aber wohl auch die Konservativen
davon aus, daß bei gleich teuren Arbeitskosten bevorzugt Männer eingestellt würden.
179 Vgl. RT, XIII. Legislaturperiode, 1. Session, Bd. 286, Berlin 1913. 87. Sitzung vom
10.1.1913, S. 2852.
180 Vgl. zur Zahl der Postgehilfinnen Kerchner,S. 166. Dem Verband der deutschen Post-
und Telegraphenbeamtinnen gehörte mehr als ein Drittel der weiblichen Beschäftigten bei der
Rcichspost an Den Organisationsgrad des Verbandes der Eisenbahnbeamtinnen schätzt
Kerchner nach Zahlen von 1907 auf rund 11 Prozent (S. 166-169). Vgl. auch S. 317, Anm.
169 zur Relativierung des bei Nienhaus, Berufsstand weiblich, S. 67 genannten, wesentlich
höheren Organisationsgrads.
181 Vgl. A. Altermann, Frauenfrage und Postvcrwaltung, in: DP 22 (1911), Nr. 26, S.
932-934, ZitatS. 932.
182 Vgl. Verbandsvorsteher Britz (Berlin), Die Personalpolitik der Postverwaltung, in: ebd.,
23 (1912), Nr. 29, S. 1029-1036. Vgl. auch »Die Denkschrift über die Beamtenorganisation
der Reichs , Post- und Telcgraphenverwaltung«, in: ebd., Nr. 2 1 , S. 742-745.

315
Anmerkungen zu S. 68-70

183 Vgl. A. Altermann, Frauenfrage, in: DP 22 (1911), Nr. 26, S. 1247.


184 Vgl. A. A., Gehilfinnen bei Postämtern III, in: DP 24 (1913), Nr. 33, S. 1111-1115.
185 Vgl. ebd., S. 1111.
186 Vgl. A. L., Unsere Frauen, in: ebd., 23 (1912), Nr. 1, S. 6f
187 Vgl. A. Altermann, Frauenbewegung und Besoldung, in: ebd., Nr. 37, S. 1288-1290.
188 Die Ankündigung der 2. Hauptversammlung des antifeministischen Bundes war mit
dem Hinweis versehen, daß eine dort gehaltene Rede auf der Grundlage eines Berichtes der
Deutschen Postzeitung auch die Situation der Postbeamten mitbehandeln werde, vgl. »Deut-
scher Bund zur Bekämpfung der Fraucnemanzipation«, in: ebd., 24 (1913), Nr. 38, S. 1312.
In den Folgejahren versuchte der DHV offenbar, unter antifeministischem Vorzeichen eine
Solidarisierung der Privat- und Staatsangestellten zu forcieren, vgl. Ȇberhandnehmen der
Frauenarbeit im Handelsgewerbe«, in: ebd.,26 (1915),S. 661 und »Frauenarbeit im Handels-
gewerbe«, in: ebd., S. 896.
189 Weiterhin dominant blieb freilich der Einfluß des Kriegsministcriums. Die Militärs
erreichten, daß parallel zur Ausweitung der Stellen für Postgehilfinnen an anderen Positionen
Frauen, die Schreibmaschinen bedienten, zugunsten von Militäranwärtern zurückgezogen
wurden, vgl. Nienhaus, Vater Staat, S. 86.
190 Vgl. ebd., S. 80.
191 Vgl. zur Einkommensentwicklung der Beamten und zum Problem »standesgemäßer«
Lebensführung Süle, Bürokratietradition, S. 116f. Freilich hat Süle nur die männliche Beam-
tenschaft im Blick. Deshalb entgeht seiner sonst sehr differenzierten Argumentation, daß zum
Gefühl des subjektiven Statusverlustes unter den Beamten die Anstellung von Frauen wesent-
lich beitrug. Zu den Organisationen der Beamtenschaft vgl. auch ders., Beamtenorgani-
sationen. Die Verbände der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst bleiben dabei
jedoch außen vor.
192 Vgl. Süle, Bürokratietradition, S. 306 (Anm. 26).
193 Mit Beginn des Jahres 1912 firmierte die Monatsschrift nicht länger als »»Alleiniges
Organ des Verbandes Deutscher Beamten-Vereine«, sondern als »Unabhängiges Organ für die
Gesamtinteressen des deutschen Beamtentums«. Vgl. auch das Vorwort des neuen Herausge
bers v. Gerhardt, Neue Wege, in: MDB 36 (1912), H. 1, S. 1. Der Plan, sich neben der
Beamten-Rundschau als zweites übergreifendes Beamtcnfächblatt zu behaupten, scheiterte
jedoch beieits z»vei Jahre später. Seit Januar 1914 erschien die Monatsschrift wieder als Organ
des Preußischen Beamtenvereins, das sie seit dessen Gründung 1875 gewesen war. Vgl. auch
»Der deutschen Beamtenschaft«, in: ebd., 38 (1914), H. 1, S. l f
194 Vgl. »Die weibliche Leitung der öffentlichen Schulen«, in: MDB 35 (1911), H. 2 3 , S.
466f.
195 Hans Rothhardt, Frauen als Beamte, in: ebd., 37 (1913), H. 18, S. 2 8 3 - 2 8 5 , Zitat S.
283.
196 Vgl. »Die Aussichten im Oberlehrerberuf«, in: ebd., 38 (1914), H. 4, S. 6 5 .
197 Vgl. Rothhardt, Frauen als Beamte, in: ebd., 37 (1913), H. 18, S. 2 8 3 - 2 8 5 ; Wz.,
Weibliche Arbeitskräfte im Staatsbetrieb, in: MDB 36 (1912), H. 2 3 , S. 470f.; noch recht
gemäßigt Seh., Die Frau im Postdienstc, in: ebd., H. 11, S. 240f
198 Vgl. Rothhardt, Frauen als Beamte, in: ebd., 37 (1913), H. 18, S. 284. Auch spätere
Artikel machten die Erwerbstätigkeit von Frauen für den »Geburtenrückgang« verantwortlich,
vgl. Paul Kirschner, Bevölkerungsfragen nach dem Kriege, in: MDB 39 (1915), H . 2 2 , S . 2 5 3 -
255; Friedrich Zahn, Der Geburtenrückgang, in: Verwaltung und Statistik 4 (1914), H. 1, S.
1-5. Verwaltung und Statistik wurde seit Jg. 38 (1914) der Monatsschrift für Deutsche
Beamte beigelegt.

316
Anmerkungen zu S. 71-73

199 Vgl. zur politischen Haltung des Herausgebers v. Gerhardt seinen Aufruf, die Beam-
tenschaft solle bei den Reichstagswahlen 1912 »geschlossen gegen die rote Internationale
auftreten« (Der Beamte und die Politik, in: ebd., 35 [1911], H. 18, S. 365-367, Zitat S. 67)
und seine Verteidigung des humanistischen Gymnasiums als Verfechter einer »Apotheose des
Vaterlands« und Bollwerk gegen den »demokratische(n) Wind, der heute durch unser gesam-
tes öffentliches Leben weht »(Vom humanistischen Gymnasium, in: ebd., 38 [1914], H. 5, S.
7 3 - 7 5 , ZitatS. 75).
200 [Friedrich] Sigismund, Frauenbewegung und Beamtentum, in: ebd., 36 (1912), H. 15,
S. 320-322, Zitat S. 321.
201 Vgl. Elisabeth Hancke, Eheverträge, in: ebd., 37 (1913), H. 20, S. 319f.
202 Vgl. Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation: Aufruf! Exemplar
erhalten u.a. in GLA Karlsruhe, Nl. Rüge, Nr. 92.
203 Eine Mitgliedcrstatistik des DHV bestätigte die sinkende Aussicht auf den Wechsel ins
Lager der Prinzipalen vgl. DHW 15 (1908) Nr. 6, S. 96.
204 Vgl. Reinhard, S. 13.
205 Toni Pierenkemper hat gezeigt, daß sich der Arbeitsmarkt für Handlungsgehilfen
zwischen der Jahrhundertwende und dem Ausbruch des Firsten Weltkriegs deutlich ver-
schlechterte und daher von einer »Dequalifizierung des Handlungsgchilfenberufs« gespro-
chen (Arbeitsmarkt der Handlungsgehilfen, Zitat S. 278). Daß diese Entwicklung durch das
»Eindringen der weiblichen Arbeitskräfte« verursacht sei, wie Pierenkemper mit Blick auf
zeitgenössische - vor allem dem DHV verpflichtete oder ihm nahestehende - Quellen
ausführt, wird von Willms zu Recht in Zweifel gezogen. Vgl. zur Sozialgeschichtc der - in
diesen Studien als geschlechtsneutral betrachteten, tatsächlich aber männlichen - Angestellten
in Deutschland grundlegend Kocka, Die Angestellten; ders., Unternehmensverwaltung; ders.,
Angestellte im europäischen Vergleich; Engelsing; sowie an älteren Arbeiten Fischer; Dittrich;
Speier. Zur Geschichte der weiblichen Angestellten vgl. Nienhaus, Von Töchtern und Schwe-
stern (in einigen Aspekten inzwischen korrigiert); dies., Berufsstand weiblich; Lorentz; Frevert,
Klavier; dies., Traditionalc Weiblichkeit; Kerchner.
206 Da exakte Aufstellungen auf der Grundlage der vorliegenden Reichsstatistiken nicht
möglich sind, handelt es sich bei allen Statistiken zur Angcstclltenschaft um Näherungswerte,
die wesentlich von der zugrundegclegtcn Definition des Angestelltenbegriffs abhängen. Die
hier verwendeten Daten basieren auf Pierenkemper, Arbeitsmarkt und Angestellte, S. 2 9 - 3 1 .
Bei Verwendung eines enger gefaßten Angestclltenbcgriffs errechnet sich für 1907 ein
Frauenanteil von etwa 12,4 Prozent, vgl. Hohorst u.a., S. 67. Zu diesem Zeitpunkt waren 35,8
Prozent aller Erwerbstätigen Frauen, vgl. ebd., S. 66. Wehler (Gescllschaftsgeschichte, Bd. 3,
S. 759) spricht dagegen von einer Vervierfachung der weiblichen Angestelltenschaft zwischen
1892 und 1907. Nach seinen Berechnungen stellten Frauen 1907 mehr als ein Viertel aller
Angestellten.
207 Vgl. Hess, Konkurrenzkampf, Zitat S. 336. Vgl. auch dies., Nation. Ausführlich
werden die sozioökonomische Entwicklung und die strukturelle Veränderung des Arbeits-
markts bei Lorentz diskutiert. Der Frage, warum die weiblichen Angestellten trotz hohen
Organisationsgrades nicht die berufliche Gleichstellung mit den Männern durchsetzen konn-
ten, geht Adams nach.
208 Vgl. zur Haltung der einzelnen Verbände zur weiblichen F^rwerbstätigkcit den Über-
blick bei Kerchner.
209 Vgl. Schriften des DHV, Bd. 1, S. 11.
210 Vgl. Domscheit, S. 4 5 ^ 7 .
211 Zum DHV vgl. als Überblick ßerding, S. 125-129 und Prinz; ausführlich Hamel. Im

317
Anmerkungen zu S. 73-76

auffälligen Gegensatz zur älteren Angestelltenliteratur (vgl. etwa Speier, S. 126) blenden die
genannten Arbeiten aufgrund ihrer Vernachlässigung der Kategorie Geschlecht freilich die
frauenfeindlichc Politik des DHV aus oder begnügen sich mit dem Hinweis auf seine
»emanzipationsfeindliche« (Kocka, Die Angestellten, S. 144) bzw. »antifeministische Ideolo-
gie« (Prinz, S. 337). Auch Nienhaus, Berufsstand weiblich und Lorentz gehen hier wenig
systematisch vor. Kerstin Domscheit ist die einzige, die sich in ihrer hervorragenden, bisher
jedoch unveröffentlichen Arbeit mit diesem Aspekt auseinandersetzt.
212 Vgl. Nienhaus, Berufsstand weiblich, S. 22; allgemein Willms.
213 Vgl. D H W 2 1 (1914), Nr. 14, S. 179f
214 Vgl. etwa ebd., 6 (1899), Nr. 14, S. 207.
215 Vgl. Reich, Nr. 369, 23.9.1906 und den zweiteiligen Aufsatz von Walther Graef,
Drücken Frauen die Gehälter?, in: D H W 8 (1901), Nr. 50, S. 781f. und Nr. 5 1 / 5 2 , S.
797-799. Walther Graef war später Mitglied im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzi-
pation.
216 Vgl. Domscheit, S. 50.
217 Vgl. etwa D H W 11 (1904), Nr. 20, S. 379
218 Vgl. ebd., 17 (1910), Nr. 2, S. 21 und S. 26.
219 Bei seinem ersten Referat zur Frauenarbeit im Handelsgewerbe vor dem Verbandstag
erwies sich der DHV-Vorsitzende Wilhelm Schack als profunder Kenner der einschlägigen
misogynen und emanzipationsfeindlichen Literatur von Moreau über Lorenz von Stein und
Rudolf Virchow bis zu Richard von Krafft-Ebing, vgl. Schack (Schriften des DHV, Bd. 25).
220 Vgl. »Berufskrankheit und Geschlecht«, in: DHW 14 (1907), Nr. 15, S. 2 9 1 - 2 9 3 ,
Zitat S. 292.
221 Vgl. Heller und Wilhelm Schack, Die Frau und der kaufmännische Beruf, in: D H W 12
(1905), Nr. 3, S. 4 1 - 4 3 .
222 Heller referierte beispielsweise vor der Gesellschaft für Medizinalstatistik und veröf-
fentlichte im Archiv für soziale Hygiene (vgl. Privat-Beamten Zeitung, Nr. 12, 21.3.1912,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 8f.) sowie in der Medizinischen Reform, Nr. 2 3 , 1910, S. 270 (zit.
nach Deutsche Nachrichten, Nr. 2 0 3 , 31.8.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 143).
223 Vgl. die Meldungen in der Dresdner Tageszeitung, Nr. 380, 15.8.1902 und der
katholischen Germania, Nr. 209, 10.9.1902, BAP, 61 Re 1, Nr. 7956. Tageszeitungen nutzten
Meldungen über die höhere Kiankeitsanfälligkcit von Frauen, um mit Blick auf die
Krankenkassenbeiträge gegen Frauenarbeit und die Einbeziehung von Frauen in die Familien
Versicherung zu Felde zu ziehen, vgl. Deutsche Nachrichten, Nr. 203, 31.8.1910, BAP, 61 Re
1, Nr. 7960, S. 143.
224 Vgl. D H W 14 (1907), Nr. 3, S. 53.
225 Vgl. ebd., 1 0 ( 1 9 0 3 ) , Nr. 5, S. 88 und 13 (1906), Nr. 20, S. 390.
226 Vgl. ebd., Nr. 10, S. 191.
227 Vgl. D H W 15 (1908), Nr. 18, S. 335f.
228 Vgl. Schriften des DHV, Bd. 2 5 , 2. Teil, Bd. 4, S. 66.
229 Vgl. ebd.; Schriften des DHV, Bd. 28, Bd. 1, 1. Teil, S. 55f.; DHW 17 (1910), Nr. 5,
S. 85.
230 Vgl. Schriften des DHV, Bd. 6 0 / 6 1 , S. 184f
231 Vgl. »Das Eindringen der Frauen in die männlichen Berufe«, in: BT, Nr. 327,
30.6.1906, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 98.
232 Vgl. D H W 17 (1910), Nr. 3, S. 43f.; ebd., Nr. 5, S. 84f.
233 Vgl. ebd., 1 2 ( 1 9 0 5 ) , Nr. 10, S. 184f
234 Vgl. ebd., 11 (1904), Nr. 6, S. llOf.

318
Anmerkungen zu S. 76-78

235 Vgl. Schriften des DHV, Bd. 4 0 , 2. Teil, S. 44f; D H W 14 (1907), Nr. 2 1 , S. 412f
Nach der Novelle der Gewerbeordnung im Jahr 1911 steigerte der DHV seine Bemühungen
noch. Die einzelnen Aktivitäten können hier nicht weiter verfolgt werden, vgl. jedoch
Schriftendes DHV, Bd. 6 0 / 6 1 , S. 178-184 und die jährlichen Berichte über die Fingabcnder
Ortsgruppen an die jeweiligen Gemeinden in dem vom DHV herausgegebenen Archiv flir
kaufmännische Sozialpolitik.
236 Vgl. Schriften des DHV, Bd. 40, S. 45f
237 Vgl. D H W 12 (1905), Nr. 16, S. 302.
238 Die DHW übernahm einen Aufsatz des antisemitischen Litcraturwissenschaftlcrs und
späteren Antifeministen Adolf Bartels über eine »Weitere Abnahme der Geburten in Deutsch-
land« aus Nr. 2 5 / 1 9 0 8 der Deutsch-Sozialen Blätter und druckte ihn zustimmend ab, vgl. 15
(1908), Nr. 12, S. 214f.
239 Vgl. »Völkische Hochziele. Das Erwachen des Rassegedankens«, in: D H W 16 (1909),
Nr. 11, S. 209-212. Die Zahl von 100.000 Mitgliedern hatte der DHV bereits 1907 erreicht,
vgl. ebd., 14 (1907), Nr. 13, S. 246f.
240 Vgl. ebd., 18 (1911), Nr. 15, S. 298f, Zitate S. 299.
241 In ähnlicher Weise, jedoch mit anderen politischen Implikationen, stellten auch
bekannte Sozialdemokraten die kapitalistische Ausbeutung von Arbeiterinnen als Ursache des
Geburtenrückgangs dar, vgl. Karl Kautsky im Vorwärts vom 14.9.1913 und Heinrich Vogel,
Eine Ursache des Geburtenrückgangs, Teile 1-4, in: Die Gleichheit, 20.8., 17.9., 15.10. und
12.11.1913, zit. nach Bergmann, Frauen, Männer, S. 107 (Anm. 40).
242 Max von Gruber, Mädchenerziehung und Rassenhygiene (1.), in: D H W 18 (1911),
Nr. 1, S. 2 - 4 , Zitat S. 2. Der zweite Teil wurde abgedruckt ebd., Nr. 2, S. 2 5 - 2 8 . Als Buchtitel
1910 erschienen, wurde die Broschüre über die Verlagsbuchhandlung des DHV vertrieben.
243 Vgl. DHW 13 (1906), Nr. 14, S. 265-267; ebd., Nr. 12, S. 229; ebd., 17 (1910), Nr.
1,S. 8.
244 Daß rassenhygienischc Argumente in der Folge immer breiteren Raum einnahmen,
zeigte sich auf dem Handlungsgehilfentag 1913, auf dem ein Vortrag den Zusammenhang von
Frauenarbeit und Rassenhygiene beleuchtete. Der Vortrag wurde anschließend in das
Verlagsprogramm des DHV aufgenommen, vgl. Kaup (Schritten des DHV, Bd. 66).
245 Vgl. D H W 19 (1912), Nr. 14, S. 268f, Zitat S. 268.
246 Vgl. ebd., 19 (1912), Nr. 17, S. 329 und Nr. 22, S. 426f.
247 Vgl. Hamel, S. 117-122.
248 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 5; ebd., Nr. 11,S. 102f; ebd., 6 (1918), Nr. 1 /
2,S. 3fi; zu Eberhard vgl. ebd., 1(1913), Nr. 7 / 8 , S. 63 und D H W 20 (1913), Nr. 2 1 , S. 4 1 5 .
249 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 7 / 8 , S. 5 2 - 5 5 ; ebd., Nr. 9, S. 69f; ebd., Nr. 12, S.
112-115; ebd., 2 ( 1 9 1 4 ) , Nr. 1,S. 1-5; ebd., 3 (1915), Nr. 10, S. 1-3.
250 Vgl. DHW 19 (1912), Nr. 22, S. 426f.; ebd., 20 (1913), Nr. 18, S. 366; ebd., Nr. 2 1 ,
S. 4 1 3 - 1 1 5 .
251 Der Vorsitzende der Christlich-nationalen Gruppe im antifeministischen Verband war
auf dem 13. Handlungsgehilfentag sowohl mit einer Gruß-, als auch einer Festrede betraut,
vgl. D H W 20 (1913), Nr. 14, S. 269f. und Schriften des DHV, Bd. 6 0 / 6 1 , S. 17-20. Ein Jahr
später wurde der Norddeutsche Handlungsgehilfentag mit dem Grußwort des Vorsitzenden
der antifeministischen Liga eröffnet, vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 6, S. 57f.
252 Vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 2, S. 26; ebd., Nr. 4, S. 4 3 ; H F , 11.2.1913, zit. nach
Domscheit, S. 147 (Saalaufsicht); Monatsblatt 3 (1915), Nr. 11, S. 4. Karl Herzog, später
Vorsteher des 9.000 Mitglieder starken Gaus Südwest im DHV, teilte sich den Vorsitz der
antifeministischcn Ortsgruppe Heidelberg-Mannheim mit dem Heidelberger Privatdozenten

319
Anmerkungen zu S. 78-80

Arnold Rüge, vgl. GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92 und Mannheimer Adreß-Buch 1916,
S. 1166
253 Vgl. DHW 19 (1912), Nr. 24, S. 475f; ebd., 20 (1913), Nr. 12, S. 229f.
254 Vgl. ebd., 20 (1913), Nr. 2 1 , S. 419.
255 Ebd., 20 (1913), Nr. 18, S. 366.
256 Vgl. Werner Heinemann, Die radikale Frauenbewegung als nationale Gefahr. Mit
einem geschichtlichen Überblick über die Entstehung der Frauenbewegung (Vortrags-Ent-
würfe. Herausgegeben vom Dcutschnationalen Handlungsgehilfenverband, Heft 28). Ham-
burg 1914, zit. nach Domscheit, S. 147.
257 Diese Ansichten waren auch außerhalb des Deutschen Reiches gängige Lchrmeinung.
»Je mehr die Frau die Arbeit des Mannes auf sieh nimmt, je deutlicher zeigen sich die Mängel
der weiblichen Organisation«, war im Lccrbock der functioneelc Neurosen des holländischen
Psychiatrieprofessors G. Jelgcrsma zu lesen (Bd. 1, 1897, S. 34, zit. nach S. R. Steinmetz,
Feminismus und Rasse, in: Zeitschrift für Sozialwisscnschaft 7 (1904), Nr. 12, S. 751-768,
hier S. 758).
258 »Beiträge zur Ixhre von den Geschlechtsuntcrschicdcn« war der Titel einer zwölftei-
ligen Studie des Leipziger Mediziners Paul Julius Möbius, dem daran gelegen war, die
Geschlcchtsspezifik physischer und psychischer Phänomene nachzuweisen - ein früher, wenn
auch mißliebiger Ahne der Gcschlechterforschung. Vgl. insb. Geschlecht und Krankheit,
Geschlecht und Entartung, Geschlecht und Kopfgröße, Geschlecht und Kinderliebe.
259 Vgl. zur Professionalisierung der Ärzteschaft auch Huerkamp, Aufstieg.
260 Vgl. etwa Bischoff, Großhirnwindungen; ders., Gehirngewicht; Rüdinger. Vgl. auch
Lomers Rezension von Möbius' »Physiologischem Schwachsinn des Weibes«, in: PAR 5
(1906/07), Nr. 1, S. 61f, sowie »Die Kopfgröße des Mannes und der Frau«, in: ebd., Nr. 5,
S. 300.
261 Vgl. Möbius, Anlage zur Mathematik, S. 26. Um die Logik zu wahren, mußte er daher
begabte Mathematikerinnen wie seine Zeitgenossin Sonia Kowalewskaja als unselbständige
Epigonen ihrer Lehrer darstellen, vgl. S. 82-86. Vgl. auch ders., Schwachsinn.
262 Vgl. ders, Anlage zur Mathematik, S. 26. Vgl. zur Analogie von Geschlecht und Rasse
auch die Notizen bei Schiebinger, S. 294-297.
263 Die Entwicklung von Techniken, die sinnlich nachvollziehbar die Minderwertigkeit
einer unterdrückten oder ausgegrenzten Gruppe von Menschen belegen und Gewali gegen
sie rechtfertigen sollte, ist kein wilhelminisches Spezifikum, sondern eine internationale
Begleiterscheinung des Kolonialismus. In der nationalsozialistischen Verfolgung von Juden,
Sinti und Roma wurden das Verfahren auf das Perfideste perfektioniert. Auf der Tradition der
Physiognomik fußend, setzten Mediziner, Juristen und Kriminalstatistikcr aber bereits im
Kaiserreich Bilder zur Kennzeichnung abweichenden Verhaltens ein. Sic benutzten die neuen
Reproduktionstechniken in der Fotografie zur Veröffentlichung von Bildreihen mit
den Portraits angeblicher Krimineller, Prostituierter oder Geisteskranker Damit wurde sugge-
riert, daß sich die Abweichungen von der moralischen oder psychischen Norm in sichtbaren
Zeichen materialisierten. Das Kriterium der Sichtbarkeit konnte im zeitgenössischen Rahmen
einer positivistisch-materialistischcn Wisscnschaftsauffassung den Charakter der Wahrheit
beanspruchen. Vgl. dazu den inspirierenden Aufsatz Christina von Brauns, Schamlose Schön-
heit.
264 Vgl. Krafft-Ebing und Eulenburg, S. 68.
265 Vgl. aus der Fülle der Literatur lrigaray und Chasseguet-Smirgel, weiterhin Stern,
Aussage.
266 Vgl. »Zur Psychologie der Geschlechter«, in: PAR 2 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , H. 12, S. 1003f.

320
Anmerkungen zu S. 80-83

267 Der Begriff bezeichnete bei Lombroso zunächst Frauen jenseits des Klimakteriums,
die nicht mehr gebären konnten und daher von dem italienischen Mediziner als geschlechtslo-
se Wesen ohne erotischen Wert betrachtet wurden. Ebenso verloren berufstätige Frauen nach
Ansicht Lombrosos ihre sexuelle Attraktivität und bildeten, weder Männer noch Frauen, ein
gleichsam neutrales »drittes Geschlecht«. An diese zweite Bedeutung anknüpfend, stand die
Bezeichnung im populären Diskurs für Feministinnen, die ihre »weiblichen Aufgaben« -
insbesondere Verehelichung und Mutterschaft - nicht erfüllten. Vgl. Hans Winterfeld, Frau-
enfrage und öffentliche Meinung, in: DTZ, Nr. 139, 23.3.1907, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S.
181 f. und v. Wolzogen. Der Roman des bekannten Schriftstellers, der auch in anderen Werken
die gewandelten Geschlechterbcziehungen zum Thema machte, ging mit 20.000 Fxemplaren
in die Startaullage.
268 Vgl. »Frauen und Mütter!«, in: DTZ, Nr. 424,10.9.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S.
146f.
269 Das Buch wurde allein bis 1908 neun Mal aufgelegt, vgl. GV, 1700-1910, Bd. 97, S.
328-330.
270 Vgl. »Hat die Frauenbewegung der Frau genützt?«, in: BLA, Nr. 371, 11.8.1903,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7956.
271 Vgl. Brügelmann, S. VIII und S. 103f
272 Vgl. »Frauenfragen«, in: H C , Nr. 85, 16.2.1907, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 173.
273 Vgl. Altenburger Landzeitung Nr. 87, 124.1905, BAP, 61 Re 1, Nr. 7957.
274 W. Hammer, Über die gleichgeschlechtliche Frauenliebe mit besonderer Berücksichti-
gung der Frauenbewegung, in: Monatsschrift für Harnkrankheiten, psychopathia sexualis und
sexuelle Hygiene 4 (1907), S. 3 9 5 ^ 0 4 und 4 3 9 - W 6 , Zitat S. 440. Vgl. auch ders., Über
einen Fall von typischem Uranismus eines jungen Mädchens, in: ebd., 1 (1904), H. 8, S. 2 2 9 -
236 und ders., Tribadie Berlins. Unter Uranismus verstand man die sexuell gleichgeschlechtli
che Orientierung sowohl von Männern wie von Frauen, während - abweichend vom heutigen
Sprachgebrauch - lesbischc Frauen als Tribaden, homosexuelle Männer als Sodomisten
bezeichnet wurden.
275 Vgl. Altenburger Landzeitung, Nr. 87, 124.1905, BAP, 61 Re 1, Nr. 7957. Eine
Auswahl an Karikaturen findet sich bei Bötticher.
276 Vgl. zum Wandel der sinnlichen Wahrnehmung die ausgezeichnete Studie von Duden,
Geschichte und dies., Frauenlcib.
277 Vgl. von Braun, Schamlose Schönheit, S. 129.
278 Vgl. Möbius, Geschlecht und Entartung; Lombroso u. Ferren. Die Bildfolgen als solche
sind stumm: Sie zeigen lediglich eine Zusammenstellung männlicher und weiblicher Portraits.
Erst der Begleittext macht aus den Gesichtern die Physiognomien von Prostituierten und
Kriminellen.
279 Vgl. dazu Sander L. Gilman, Der jüdische Körper. Eine Fuß-Note, in: ders., S. 181 —
204.
280 Vgl. Fuchs, Jude.
281 Vgl. die bei Fuchs, Frau abgedruckten Darstellungen. Zu Fuchs vgl. auch Bovenschen
u. Gorsen.
282 Vgl. Hammer, S. 398.
283 Altenburger Landzeitung, Nr. 87, 1 2 4 . 1 9 0 5 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7957.
284 Hammer 11 (1912), Nr. 3 4 1 , S. 359.
285 Die Frau und die Rasse, in: KS, Sonderheft 3: Rassenheft. Berlin 1904, Zitat S. 24.
286 Vgl. PAR 11 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 4, S. 215.
287 Zur Kategorie der völkischen Lebenserneuerung rechnen Gruppen, die im Gegensatz

321
Anmerkungen zu S. 84-85

zu den nationalistischen Interessenorganisationen nicht die Umsetzung einer oder mehrerer


konkreten Forderungen anvisierten, sondern auf eine umfassende Kulturreform abzielten. Sie
organisierten ihre Anhängerschaft nicht über den formalen Status einer Vcreinsmitglicdschaft,
sondern als »Gemeinden« oder »Schulen«, zentriert um charismatische und integrative
Führerfiguren. Lockeret in den Organisationsstrukturen, ähnelten sie Glaubens- oder Welt-
anschauungsgemeinschaften eher als Vereinen, weshalb es sinnvoll scheint, von einer »Bewe-
gung« zu sprechen. Zentrales Argumentationsmuster der hier vorgestellten Gruppierungen
w ar die Kategorie Rasse und die Berufung auf die vorgeblichen Tatsachen der Biologie; in
vielem - etwa hinsichtlich des Antisemitismus - sind die Übergänge zu völkisch-antisemiti
sehen und nationalistischen Intcresscnverbänden fließend.
288 Ludwig Woltmann gehörte dem revisionistischen Flügel der SPD an und versuchte
auch nach seinem Austritt, den Sozialismus mit Rassenlehren zu vereinbaren, vgl. Eduard
Bernstein, Ludwig Wöltmanns Beziehungen zur Sozialdemokratie, in: PAR 6 ( 1 9 0 7 / 0 8 ) , H.
1, April 1907, S. 4 5 - 5 3 . Wöltmanns Schrift »Politische Anthropologie« war 1900 bei einer
Preisaufgabe unter der Fragestellung »Was lernen wir aus den Prinzipien der Deszendenztheo-
rie in bezug auf die innerpolitische Entwicklung und Gesetzgebung der Staaten?« ausgezeich-
net worden. Den ersten Preis der von Friedrich Krupp finanzierten Ausschreibung erhielt
Wilhelm Schallmeyer für seine Abhandlung »Vererbung und Auslese im Lebenslauf der
Völker«. Die beiden Arbeiten - rassenanthropologisch ausgerichtet die eine, rassenhygienisch
argumentierend die andere - trugen wesentlich zur Popularisierung des Sozialdarwinismus in
Deutschland bei, vgl. Winau, insb. S. 305f. Zur Geschichte der anthroposoziologischen Schule
vgl. Stölting. Eine systematische Darstellung der Rassentheorien aus überwiegend geistesge-
schichtlicher Sicht unternehmen von zur Mühlen und Mosse, Rassismus. Feinen univcrsalhisto-
risch ausgerichteten, aber notwendig komprimierten Überblick bietet Geiss.
289 Fänige ihrer ständigen Mitarbeiter hatten die Erweiterung von Frauenrechten bereits
vor der Gründung des Blattes aus anthropologischer Sicht zurückgewiesen, vgl. Ludwig Wilser,
Die Frauenfrage im Lichte der Anthropologie, in: Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder
und Völkerkunde, LXXII (1897), Nr. 2 1 , 4.12.1897, S. 331-336.
290 Vgl. Stark, S. 90.
291 Vgl. etwa PAR 2 ( 1 9 0 3 / 4 ) , H. 12, S. 1003f, und ebd , 5 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) , H. 5, S. 300.
292 Vgl. ebd., 5 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) , H. 1, S. 61f.
293 Vgl. Moritz Aisberg, Die geistige Leistungsfähigkeit des Weibes im Lichte der neueren
Forschung, in: ARGB 4 (1907), H. 4, S. 4 7 6 - 4 9 2 , Zitate S. 4 9 1 .
294 Vgl. P A R I ( 1 9 0 2 / 0 3 ) , H. 4, S. 320 (unter der Rubrik »Rassen-Hygiene«).
295 Vgl. W. Mensinga, Zuchtwahl und Mutterschaft, in: ebd., 2 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , H. 8,
S. 6 3 0 - 6 3 9 , Zitat S.633.
296 Vgl. Christian von Ehrenfels, Die sexuale Reform, in: ebd., 2 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , H. 12,
S. 9 7 0 - 9 9 3 , ZitateS. 981f.
297 Vgl. ders., Sexuale Reformvorschläge, in: ebd., 4 ( 1 9 0 5 / 0 6 ) , H. 8, S. 4 2 5 ^ 4 3 , hier
S. 425 und S. 440. Der Aufruf des Mutterschutzbundes und die Namen der Gründungsmit-
glieder sind abgedruckt in: ARGB 2 (1905), H . 2, S. 164—166. Im Gegensatz zum völkisch-
antisemitisch begründeten Rassismus ist über sozialemanzipatorisch motivierte eugenische
Bewegungen - zu denen in gewisser Weise auch der Bund für Mutterschutz zu rechnen wäre
- noch wenig gearbeitet worden. Ansätze dazu finden sich bei Janssen-Jurreit.
298 Vgl. Christian v. Ehrenfels, Die sexuale Reform, in: PAR 2 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , H. 12, S. 975.
299 Vgl. ders., Sexuale Reformvorschläge, in: PAR 4 (1905/06), H. 8, S. 435f.
300 Die Übereinstimmung zwischen Ploetz und dem Mutterschutzbund währte keine
zwei Monate. Schon eine Ausgabe nach der Vorstellung der neuen Organisation im ARGB

322
Anmerkungen zu S. 85-88

formulierte der Berliner Mediziner heftige Kritik, vgl. ARGB 2 (1905), H . 2, S. 316f. Vgl.
auch Ernst Rüdins Stellungnahme ebd., 4 (1907), H. 1, S. 136-139.
301 Vgl. PAR 1 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) , H. 4, S. 323f, und ebd., H. 7, S. 588f
302 Albert Reibmayr, Die biologischen Gefahren der heutigen Frauenemanzipation, in:
ebd., 5 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) , H. 8, S. 4 4 5 - 4 6 8 .
303 Ders., Über die Zu- und Abnahme der geschlechtlichen Reproduktionskraft der
Rassen und Völker, in: ebd., 11 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H . 12, S. 6 3 1 - 6 5 0 , Zitat S. 650.
304 Vgl. »Zur Frauenfrage«, in: BT, Nr. 9,6.1.1908, BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 60f, Zitat
S. 6 1 . »Persönlichkeiten mit ausgeprägt antitamilialen Instinkten (sind) zum Aussterben
verurteilt, weil sie eben ihre Instinkte nicht vererben können«, schrieb Wilhelm Ostwald in den
BNN (Nr. 647,21.11.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 65), nach Eduard von Hartmann eine
»Strafe der Natur« für »Abweichung«, vgl. die freikonservative Post, Nr. 336,20.7.1912, BAP,
61 Re 1, Nr. 7962, S. 138.
305 Nach dem Tod Ludwig Wöltmanns 1907 hatte zunächst der Arzt Friedrich Landmann
die Redaktion weitergeführt. Schmidt-Gibichenfels übernahm den Herausgeberposten im
November 1911, vgl. PAR 1 0 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 8, hatte aber schon in den Jahren davor immer
häufiger Artikel in der Politisch-Anthropologischen Revue veröffentlicht.
306 Vgl. PAR 8 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 7, S. 385f
307 Für die Bewertung der Frauenemanzipation kann daher Stöltings Auffassung, die
Redaktion der Zeitschrift sei nach dem Tod Wöltmanns bis zum Eintritt Schmidt-Gibichenfels'
1911 »im alten Sinne« weitergeführt worden (vgl. S. 140), nicht bestätigt werden.
308 Vgl. ebd., S. 149 und Otto Ammon, Volksvermehrung und sozialer Fortschritt, in:
PAR 8 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 3, S. 136-152, Zitat S. 151.
309 Vgl. den Brief Theodor Fritschs an Ludwig Schemann vom 30.8.1902, ÜB Freiburg,
Nl. Schemann, II D) Fritsch, Theodor.
310 [Theodor Fritsch,] Frauen-Frage, in: Hammer 2 (1903), Nr. 2 3 , S. 2 5 7 - 2 6 3 , Zitat S.
257.
311 So behauptete es jedenfalls Theodor Fritsch, in: ebd., 9 (1910), Nr. 202, S. 615.
312 Werner v. Saucken, Frauen-Bewegung und Sozial-Demokratie als Begleitcrscheinun
gen des wirtschaftlichen Umsturzes, in: ebd., 8 (1909), Nr. 175, S. 582-586, Zitat S. 584f.
313 Vgl. e b d . , S . 259 und S. 261f.
314 Vgl. Theodor Fritsch, Zur Frauen-Frage, in: ebd., 6 (1907), Nr. 120, S. 3 5 3 - 3 5 8 , Zitat
S. 356f
315 Vgl. Berliner Blatt Nr. 145, 23.6.1907, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 198. Die am
Mittelstand orientierte Zeitung schloß den zustimmenden Abdruck des Hammer-Artikels mit
den Worten, aus »Modepuppen und Eigendünkelhühner(n) werden nie brauchbare Hausfrau
en und Mütter werden«.
316 Vgl. [Theodor Fritsch,] Bildung und Frauenberuf, in: Hammer 4 (1905), Nr 69, S.
193-196; H. Bloss, Deutsche Mädchenschulen und Philosophie, in: ebd., 5 (1906), Nr. 94, S.
298f; Alfred Heil, Neue höhere Schulen für Mädchen?, in: ebd., 4 (1905), Nr. 9 1 , S. 203f;
Ludwig Müller, Die natürliche Grundlage der sozialen Ethik, in: PAR 8 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , Nr. 11, S.
594-606, hier S. 604.
317 Vgl. F. Roderich, Zur Änderung des Wahlrechts, in: Hammer 5 (1906), Nr. 89, S. 134f
und [Th. Fritsch,] Frauen-Stimmrecht?, in: ebd., 6 (1907), Nr. 111, S. 65-70.
318 Schnauß, Die Gefahren der Frauen-Bewegung, in: ebd., 8 (1909), Nr. 158, S. 3 3 - 3 8 .
319 Der Jurist hatte insbesondere den Fürsten Bülow im Visier, unter dessen Federfüh-
rung eine liberal-konservative Koalition das zugunsten der Frauen reformierte Vereinsrecht
verabschiedete. Die Politik des Reichskanzlers, so hatte Schnauß schon im Dezember 1908 in

323
Anmerkungen zu S. 88-90

den Hamburger Nachrichten formuliert, enthalte »einen Wesensbestandteil, der, wenn nicht
Feminismus, so doch mit ihm verwandt ist«, vgl. Schnauß, Die Frauenfragc, in: Hamburger
Nachrichten, Nr. 878, 13.12.1908, BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 150f.
320 Vgl. Lucia Dora Frost, Politische Übergriffe, in: Zukunft 20 (1912), Nr. 32, S. 1 8 1 -
190, insb. S. 183-186.
321 Vgl. Schnauß, Zu den Gefahren der Frauenbewegung, in: Hammer 8 (1909), Nr. 170,
S. 422-426. Der Post-Artikel, in dem gleichfalls 1909 zur Gründung einer antifeministischen
Abwehrorganisation aufgerufen wurde, stammte - ohne daß es sich beweisen ließe - mögli-
cherweise aus der Feder von Ludwig Langemann, der häufiger in dieser Tageszeitung
veröffentlichte.
322 Vgl. Wi/he/mSchu/aner,Pfingstglocken,in:VE2(1898),Nr. 22, S. 172-174, Zitat S.
173, und ders., Frauenbriefe, in: ebd., 5 (1901), Nr. 2, S. 9.
323 Vgl. ebd., 5 (1901), Nr. 2, S. 9.
324 Vgl. ebd., 2 (1898), Nr. 22, S. 173.
325 Vgl. Anna Plothow, Die Frauenbewegung und ihre Ziele, in: ebd., 2 (1898), Nr. 4, S.
25f; Minna Cauer, Wandlungen, in: ebd., Nr. 8, S. 57f; Anna Pappritz, Die Föderation
abolitionistc internationale und die Sittlichkeitsfrage, in: ebd., Nr. 48, S. 377-379; Helene
Stöcker, Frauengedanken, in: ebd., 3 (1899), Nr. 28, S. 234f; Marie Raschke, Das neue Recht,
in: ebd., 4 (1900), Nr. 30, S. 234f; Anna Plothow, Frauentage, in: ebd., 9 (1905), Nr. 22, S.
171-173; Helene Lange, Zur modernen Ehekritik, in: ebd., 11 (1907), Nr. 2 5 , S. 196-198. Bei
dieser letzten Wortmeldung einer bekannten Frauenrechtlerin handelte es sich allerdings
schon nicht mehr um einen eigens für den Volkserzieher verfaßten Beitrag, sondern um einen
Nachdruck aus einer Beilage des Berliner Tageblatts, der mit seinem Eintreten für die Ehe und
gegen »freie Liebe« trotz einer allmählichen Distanzierung von der Frauenbewegung noch in
die Linie des Blattes paßte.
326 Vgl. Georg Schlau, Frauenmission, in: VE 11 (1907), Nr. 1, S. 4.
327 Vgl. ebd., 5 (1901), Nr. 2, S. 9. Die parteipolitische Zuordnung Wilhelm Schwaners
stützt sich auf den Abdruck des Programms der Deutschen Volkspartei in ebd., 2 (1898), Nr.
22, S. 172.
328 Vgl. Karl Scheffler, Die Geschlechter und die Kunst, in: ebd., 11 (1907), Nr. 11, S.
81f., und Georg Groddeck, Die Frau, in: ebd., 13 (1909), Nr. 18, S. 137-142.
329 P. Nordheim, Das Unzulängliche in der Frauenbewegung, in. ebd., 12 (1908), Nr. 8, S.
6 1 - 6 3 , ZitatS. 6 1 .
330 Vgl. Anna Bewer, Frauenrechtlerei und Menschenrecht, in: ebd., 11 (1907), Nr. 19, S.
147f., Zitat S. 147.
331 Vgl. die - hier wegen ihrer Vielzahl nicht näher zu nennenden - Presseartikel in der
1899 vom BdL angelegten Zeitungsausschnittsammlung im BAP, Bestand 61 Re 1,
Reichslandbund-Presscarchiv, insbesondere die Bände Nr. 7959 bis Nr. 7963.
332 Georg Groddeck, Die Frau (wie Anm. 328), S. 139 und 141f.
333 Vgl. etwa das auf gegenseitige Toleranz abzielende fiktive Gespräch zwischen Bis-
marck und dem Bankier Bleichröder, das Herbert Eulenberg unter dem Titel »Judenfrage« für
die Zukunft vom 8.5.1909 schrieb (Bd. 6 7 , S. 213-215).
334 Vgl. Georg Groddeck, Die Frau, in: Die Zukunft vom 10.7.1909, Bd. 68, Berlin 1909,
S. 5 5 - 6 9 , Zitat S. 55. Groddeck verhandelte nicht nur die defizitäre weibliche Psycho-
Physiologie, sondern verknüpfte sie ausdrücklich mit einer Stellungnahme zur Frauencmanzi
pation. »Der Zweck des Weibes aber, der Mutterberuf, kann nur erreicht werden, wenn die
Frau in ihrer Bewegungsfreiheit gehemmt wird«, schrieb Groddeck und verwies auf Menstrua-
tion und Schwangerschaft als Zeichen des »Verfällenseins an die Geschlechtlichkeit«, mit der

324
Anmerkungen zu S. 90-93

»die Natur« der Frau »schon durch ihren Körper eine Fessel angelegt« habe. Die Natur, so
Groddeck, »will die Thätigkcit der Frau nicht, sie hat der Frauenbewegung Grenzen gesetzt:
und deshalb kann der Mann ihr ruhig zusehen, ja, er kann und soll sie unterstützen«. Die
»Frauenfragc« galt ihm als »eine Spielerei, ein weibliches Vergnügen, an dem sich der Mann
erfreut und das er im rechten Moment zu benutzen wissen wird«. Daher sei nichts dagegen
einzuwenden, wenn Frauen im alltäglichen Leben und im Beruf mitarbeiteten; qua »Natur«
würde alle Frauenarbeit ohnehin »immer nur im Dienst des Mannes geleistet werden; er wird
die Früchte der fleißigen Arbeit sammeln und aus den Steinen, die die Frau herbeischleppt, den
Bau seiner Kunst, seiner Religionen, seiner Welt auffuhren« (vgl. ebd., S. 58-61). Immerhin
durfte Hedwig Dohm zwei Monate später im gleichen Blatt einen Kübel scharfzüngigen
Spottes über diesen »Erlöser von der Frauenemanzipation« ausgießen, vgl. Die Zukunft vom
25.9.1909, S. 434^136. Freilich stand ihr Kommentar nicht nur vom Umfang her deutlich
hinter der Abhandlung ihres Kontrahenten zurück (bei dem Nachdruck handelte es sich um
den kompletten fünften Vortrag aus Georg Groddeck: Hin zur Gottnatur! Leipzig 1909),
sondern er war auch vorsorglich hinter einer Schmähschrift über die »systematische Hysterie
von Weibermassen« (gemeint waren damit die Suffragetten) eingeklinkt worden, vgl. Johannes
W. Harnisch, Ekklesiazusen, in: ebd., S. 429-433.
335 Vgl. »Frauen und Rassenfürsorge«, in: H N , Nr. 58,4.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 1 ,
S. 132.
336 Vgl. P. Nordheim, Rassenkeuschheit, in: VE 12 (1908), Nr. 14, S. 110f., Zitat S. 111.
337 Vgl. Weka, Krank am Weibe, in: Hammer 8 (1909), Nr. 172, S. 4 9 3 - 4 9 6 , Zitate S.
493f.
338 Vgl. Jörg Lanz-Liebenfels, Gefahren des Frauenrechts (1909), zit. nach der (bis auf
einige Anpassungen an die veränderte politische Situation) unveränderten 2. Aufl. (1929),
insb. S. 2f und S. lOf Vgl. auch ders., Rasse und Weib sowie ders., Prostitution.
339 Ludwig Langemann, der spätere Vorsitzende der antifeministischen Liga, berief sich in
dem Artikel »Die herannahende Frauenherrschaft« (Post, Nr. 559,29.11.1909, BAP, 61 Re 1,
Nr. 7960, S. 61) ausführlich auf Lanz-Liebenfels' eben erschienene »Gefahren des Frauen-
rechts«, während Lanz-Liebenfels (S. 11) aus »Krank am Weibe« von Käthe Sturmfels zitierte,
die sich später dem antifeministischen Bund anschloß.
340 Petition des Bundes Deutscher Frauenvereine an den Reichstag betreffend Aufhebung
der gewerblichen Prostitution, S. 10. Zu den unterschiedlichen sexualpolitischen Positionen
vgl. die differenzierte Diskursanalyse von Wobbe.
341 Vgl. Carl Alexander, Sexual-Hygiene, Frauen-Proteste und Libido sexualis, in: Mo-
natsschrift für Harnkrankheiten, psychopathia sexualis und sexuelle Hygiene 1 (1904), H. 4, S.
163-175.
342 Vgl. Lanz-Liebenfels, Prostitution, insb. S. 1-5.
343 Vgl. als ein Beispiel für die Konzentration auf die »Rassenfürsorge < durch das
weibliche Geschlecht den Artikel »Frauen und Rassenfürsorge«, in: Hamburger Nachrichten,
Nr. 58, 4.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 132.
344 Was freilich nicht ausschloß, das Teile der »radikalen« Frauenbewegung ebenso wie ein
Teil der politischen Linken von rassenhygienischen Vorstellungen beeinflußt waren und daran
Emanzipationshoffnungen knüpften, vgl. Herlitzius.
345 Vgl. S. R. Steinmetz, Feminismus und Rasse, in: Zeitschrift für Socialwissenschaft 7
(1904), Nr. 12, S. 751-768.
346 Vgl. »Rasse, Weib und Bibel«, in: Hammer 4 (1905), Nr. 7 1 , S. 2 4 9 - 2 5 1 , hier S. 2 5 1 .
347 Vgl. Ullmann, S. 89-94.
348 Vgl. BAP, Bestand 61 Re 1, Reichslandbund-Prcssearchiv, Nr. 7955 - Nr. 7987. Der

325
Anmerkungen zu S. 93-97

BdL hatte nach seiner Gründung 1893 mit dem Aufbau eines der größten und ältesten
deutschen Pressearchive begonnen und wertete in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg bis zu
310 Zeitungen verschiedener politischer Richtungen aus, vgl. Meyer, Presscarchiv und Met-
schies. Der Schwerpunkt der Sammeltätigkeit lag auf konservativ -nationalen Blättern. Das
BdL-Archiv stellt somit - wenigstens hinsichtlich der »Frauenfragc« - keinen Querschnitt der
Tagesprcssc, sondern einen vorsortierten und entsprechend eingefärbten Fundus dar.
349 »Stenographischer Bericht über die 20. General-Versammlung des BdL, 17.2.1913«,
in: Korr. BdL, Jg. 1913, 18.2.1913, S. 64.
350 Diese Einschätzung begründet auch die F.inordnung einer wirtschaftlichen Inter-
essenorganisation in die Gruppe nationalistischer Verbände.
351 Vgl. Die »fortgeschrittenen Frauen und die Reform der Ehe, in: DTZ, Nr. 464,
3.10.1905, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 15.
352 Vgl. ebd., Lediglich ein im Pressearchiv des BdL verzeichneter Artikel widmete sich
ausdrücklich den »F>oberungen auf dem Gebiete der Männerberufe«, vgl. M. Melchior, Auf
dem Wege zum Weiberstaat, in: DTZ, Nr. 534, 13.11.1907, BAP, 61 Re l , N r . 7959, S. 54.
353 Vgl. Anna Grock, Frauentum und Frauenehre, in: DTZ, Nr. 58, 4.2.1910, ebd., Nr.
7960, S. 74f.
354 Vgl. »Verschrobenheiten«, in: Deutsche Volkskorrespondenz, Nr. 6, 8.1.1910, ebd.,
S. 68.
355 Vgl. Elisabeth Haßlinks, Die deutschen Frauen voran!, in: DTZ, Nr. 20, 13.1.1906,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 48. Bei dem Namen der Autorin dürfte es sich um ein Pseudonym
handeln. Möglicherweise verbarg sich dahinter die Berliner Antifeministin FJisabcth Hancke.
356 Ernsf zu Reventlow, Frauenbewegung und Internationalismus, in: ebd., Nr. 474,
9.10.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 3 1 - 3 3 , Zitat S. 32. Vgl. auch »Die »fortgeschrittenen«
Frauen und die Reform der Ehe«, in: ebd., Nr. 464, 3.10.1905, BAP,61 Re 1, Nr. 7958, S. 15.
357 Vgl. Ilse Rippert, Verlorene Eigenart, in: ebd., Nr. 220, 12.5.1906, BAP, 61 Re 1, Nr.
7958, S. 82f Der Artikel ist eine Besprechung von Stefan v. Kotzes antifeministischem
Machwerk »Altjungfernkoller«.
358 Vgl. ebd., und Spectator, Das dritte Geschlecht, in: DTZ, Nr. 407, 31.8.1907, BAP, 61
R e l , N r . 5979, S. 12f.
359 Vgl. Vorwärts, 33. Jg., Nr. 351,22.12.1916.
360 Ernst zu Reventlow, Die Frauenbewegung - nationale Zersetzung, in: AB 19 (1909),
Nr. 39, 25.9.1909, S. 333-335, Zitat S. 334. Dieser Artikel gab demnach die Vorlage für den
oben zitierten in der Deutschen Tageszeitung ab. Rcventlows öffentliches Auftreten gegen die
Frauenbewegung stand in merkwürdigem Gegensatz zum guten F.invemehmen mit seiner
Schwester, der Schwabinger Litcratin Franziska zu Reventlow, die sich mitnichten in das vom
antifeministischen Bund verfochtenen Bild der deutschen Frau und Mutter einfügte und auch
an den politischen Unterredungen ihres Bruders teilnahm, vgl. Boog, S. 78. Reventlows
Gegnerschaft zur Frauenbewegung war auch seinem Biographen nicht entgangen; als F.rklä-
rung bietet Boog in trivialpsychologischer Manier die als Schwäche empfundene innere
Abhängigkeit von der Ehefrau Marie an, die Reventlow durch äußere Aktivitäten zu kompen-
sieren versucht habe (vgl. ebd., S. 110-112).
361 Vgl. Ernst zu Reventlow, Frauenbewegung und Internationalismus, in: DTZ, Nr. 474,
9.10.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 3 1 - 3 3 , S. 32.
362 Elisabeth Krukenberg, Die Frauenbewegung - eine nationale Stärkung, in: Rheinisch-
Westfälische Zeitung, Nr. 1130, 16.10.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 40f.
363 Vgl. Ernsf zu Reventlow, Zur Frage der Frauenbewegung, in: AB 19 (1909), Nr. 4 3 ,
23.10.1909, S. 370f., Zitat S. 371.

326
Anmerkungen zu S. 97-98

364 Vgl. AB 22 (1912), Nr. 29, 20.7.1912, S. 255. Der alldeutschen Ortsgruppe Berlin,
die über das Frauenstimmrecht diskutierte, gehörte vermutlich auch Ernst zu Reventlow an.
365 »Soll unser Volk sittlich zugrunde gerichtet werden?«, in: KRS 8 (1911), Nr. 2 3 ,
23.6.1911,S. lf. Sowohl die Deutschbund Blätter als auch die Korrespondenz des Reichsver-
bandes gegen die Sozialdemokratie sind nur noch in wenigen Jahrgängen und lückenhaft
erhalten, so daß über weitergehende antifeministische Inhalte keine Aussagen getroffen
werden können. Immerhin läßt sich nachweisen, daß sich die Gothaer Deutschbundgemeindc
1908 mit der »Frauenfrage vom nationalen Standpunkte« beschäftigte, vgl. Deutschbund-
Blattcr 1 3 ( 1 9 0 8 ) , Nr. 10, 15.10.1908, S. 104.
366 Vgl. Ernsf zu Reventlow, Zur Frage der Frauenbewegung, in: AB 19 (1909), Nr. 4 3 ,
23.10.1909, S. 370f.
367 Vgl. »Das Recht der Frau bei Vereins- und Parteiversammlungen«, in: Korr. BdL, Jg.
1904, Nr. 54, 22.9.1904, S. 174.
368 Vgl. »Die 13. Generalversammlung des BdL«, in: ebd., Jg. 1906, Nr. 14, 14.2.1906,
S. 51-56, ZitatS. 55.
369 Vgl. AB 15 (1905), Nr. 3, S. 27.
370 Vgl. AB 17(1907), Nr. 20,S. 102. Auch in den Zweigvereinen begannen sich Männer
für die Gründung von Frauen-Ortsgruppen zu interessieren. Sie fragten um praktische
Hinweise beim Verein für das Deutschtum im Ausland nach, der Frauen schon seit Finde der
1880er Jahren in eigenen Ixikalvercinen organisierte. Vgl. Anselma von Rfldno/fly, Wie gründet
man Frauen-Ortsgruppen?, in: DA 28 (1909), Nr. 4, April 1909, Sp. 49f. Die Frauenorts-
gruppe Dresden war bereits 1887 ins Leben gerufen worden, vgl. die Festansprache zum
fünfjährigen Jubiläum ebd., Novemberheft 1892.
371 Vgl. A. Geiser, Nationale Arbeit deutscher Frauen, in: AB 17 (1907), Nr. 2 1 , S. 180f
372 Vgl. AB 18(1909), Nr. 16, und ebd., Nr. 45, 7.11.1908, S. 387.
373 So jedenfalls läßt sich der erstmals 1916 aufgenommene und danach wiederholt
abgedruckte Hinweis interpretieren, daß »Frauen und unselbständige Haushaltsangehörige
von Mitgliedern .. die Mitgliedschaft im Verbände gegen einen Jahresbeitrag von 1 Mark
erwerben (können), ohne Anspruch auf Lieferung der Alldeutschen Blätter und des Hand
buchs.« Vgl. Handbuch des Alldeutschen Verbandes, 20. Aufl., München 1916, S. 5. Funktio-
närsposten auf Orts- und Verbandsebenc blieben jedoch weiterhin Männern vorbehalten.
374 Vgl. Deutschbund-Blätter 13 (1908), Nr. 1, 15.1.1908, S. 7. Frauen wurden in die
ordensähnlich geführte Organisation nicht aufgenommen. Sie konnten sich dem Deutsch-
bund zwar als »Freundinnen« anschließen, stellten 1908 aber kaum mehr als ein Prozent der
Anhängerschaft (13 von 1096), vgl. ebd., Nr. 8, 15.8.1908, S. 72.
375 Der Vorsitzende des Reichsverband, Generalleutnant von Liebert, gehörte gleichzei-
tig der Hauptleitung des Alldeutschen Verbandes an, vgl. Handbuch des ADV15, S. 13 und S.
52. Über den Alldeutschen Ludwig Schemann war der Reichsverband mit der antifemistischen
Liga verknüpft. Schemann war mindestens seit 1903 Mitglied im Nationalen Reichswahlver
band (Vorsitzender: Friedrich Lange vom Deutschbund), der sich 1905 mit dem Reichsver-
band gegen die Sozialdemokratie zusammenschloß und seine Angehörigen bat, ihre Mitglied-
schaft auf die neue Organisation zu übertragen. Vgl. ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D)
Nationaler Reichswahlverband, Reichsverband gegen die Sozialdemokratie. Vgl. weiterhin
Broszat, S. 146 (Anm. 2) und die Mitgliederliste im Mitteilungsblatt für die Herren Vorsitzen-
den der Ortsgruppen des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie 1 (1915), Nr. 3, Juni
1915, S. 2fi und Nr. 4, Juli 1915, S. 3f.
376 Vgl. L. Herzog, Die Frauen und die Politik. Flugblatt des Reichsverbandes gegen die
Sozialdemokratie, S. 3. Berlin o. J., ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung

327
Anmerkungen zu S. 98-102

der Frauenemanzipation. Das Papier trägt kein Datum, doch läßt sich seine Veröffentlichung
anhand der im Text angesprochenen Umstände mit größter Sicherheit auf Frühjahr/Sommer
1912 datieren.
377 Vgl. ebd., S. 4, und »Eine brave deutsche Frau«, in: Korr. BdL, Jg. 1907, Nr. 5, S. 18.
378 Vgl. Luise Geisrig, Prag und die deutschen Frauen, in: AB 18 (1908), Nr. 52, S. 445.
379 Vgl. »Ein Reichsverband gegen die Sozialdemokratie in England«, in: KRS 6 (1909),
Nr. 36, 5.10.1909, S. 141.
380 Vgl. Emma Wehr, Ein Bund gegen Frauenrechtlerei, in: DTZ, Nr. 357,1.9.1908, BAP,
61 Re l , N r . 7959, S. 117f.
381 KRS 8 (1911), Nr. 13, 6 4 . 1 9 1 1 , S. 50f
382 Vgl. »Die Frauen und die Politik« (wie Anm. 376).
383 Ebd.,S. 3.
384 Vgl. ebd., S. 3f In der Vorstellung des Reichsverbandes war diese Forderung nur
durch bedingungsloses Einschwenken auf die Linie der äußersten politischen Rechten einzu-
lösen.
385 Cecile Gräfin Keyerlingk-Rantenburg, Die Frau und die Politik, in: Kreuz-Zeitung, Nr.
320 und Nr. 321, 11.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 124-126, alle Zitate S. 125.
386 Vgl. RT, IX. Leg., Bd. 138, 36. Sitzung vom 13.2.1895, S. 864.
387 Vgl. Frevert, Frauengeschichte, S. 117. Bussemer (S. 23-29) weist nach, daß die
Heiratshäufigkeit im 19. Jahrhundert von krisenbedingten Schwankungen abgesehen kon-
stant blieb. Der Rückgang der Eheschließungen wurde von den Zeitgenossen ebenso über-
schätzt wie der statistische Frauenüberschuß.
388 Vgl. Meyer, Mühsame Arbeit.
389 Vgl. RT,X. Leg., Bd. 168,127. Sitzung vom 13.1.1900,S. 3511-3514. Dennoch galt
dem konservativen Publizisten die Heirat als »beste Lösung der Frauenfrage«. Nur wo keine
Ehe in Aussicht stand, mochte er die Ausbildung in einem »weiblichen« Beruf zugeben, vgl. v.
Oertzen. Den Hinweis auf den Titel verdanke ich Christa Diemel, Basel.
390 Vgl. RT, X. Leg., Bd. 165,15. Sitzung vom 21.1.1899, S. 349f. Tatsächlich rekrutier
ten sich die ersten Studentinnen vorwiegend aus dem Adel oder dem gehobenen Bürgertum.
Vgl. für das Beispiel der Tübinger Universität Glaser.
391 Vgl. RT, IX. Leg., Bd. 138, 36. Sitzung vom 13.2.1895, S. 864.
392 Pnnz von Schönaich verwahrte sich in seiner Befürwortung des Frauenstudiums
ausdrücklich gegen den Vorwurf, er wolle damit die Frauenemanzipation fördern, vgl. RT, X.
Leg., Bd. 165, 15. Sitzung vom 21.1.1899, S. 349f.
393 Das Konzept der »großen Depression«, wie es Hans Rosenberg für die Jahre nach der
Reichsgründung eingeführt hat, ist angesichts zyklischer Wachstumstrends stark umstritten.
Zwischen 1880 und 1894 stieg das Sozialprodukt um 52 Prozent, die Industrieproduktion gar
um 73 Prozent. Beide Werte lagen damit nur knapp unter den Steigerungsraten (+54 bzw. +
74 Prozent), die während der -Wachstumsjahre« 1894-1908 erreicht wurden. Vgl. u.a. Spree,
Wachstumstrends und Eley, Rosenberg. Die wirtschaftlichen Daten ändern allerdings nichts
daran, daß die Zeitgenossen die Periode nach 1873 an der Hochkonjunktur nach 1850 und
insbesondere am überschießenden Boom zwischen 1867 und 1873 maßen und sie vor diesem
Hintergrund pessimistisch beurteilten.
394 Vgl. RT, IX. Leg., Bd. 138, Berlin 1895, 36. Sitzung vom 13.2.1895, alle Zitate S.
864.
395 Vgl. Einige deutsche Gesetzparagraphen; Kempin; Marie Stritt, Rechtskämpfe, in:
Handbuch der Frauenbewegung, Bd. 2, S. 134f, sowie den von der Rechtskommission des
BDF unterzeichneten Aufruf der Frauenvereine, in: FB, Jg. 1896, Nr. 12, S. 114f.

328
Anmerkungen zu S. 103-106

396 Vgl. RT, IX. Leg., Bd. 146,114. Sitzung vom 256.1896, S. 2909-2913 und S. 2 9 1 7 -
2919.
397 Vgl. ebd., S. 2923-2926 und »Antrag an den Sozialdemokratischen Parteitag«, in: FB,
Jg. 1895, Nr. 12, S. 126, zit. nach Gerhard, Unerhört, S. 230.
398 Vgl. RT, Bd. 146, 114. Sitzung vom 25.6.1896, S. 2920-2923 und S. 2929-2932,
Zitat S. 2920. Nach adeligen Gepflogenheiten blieb das von der Ehefrau eingebrachte
Vermögen auch nach der Hochzeit ihr Eigentum. Fan Nutznießungsrecht durch den F.he-
mann war dort unbekannt und stand im Widerspruch zu den Traditionen adeliger Heiratspo-
litik und F.rbregelung.
399 Eine von 50.000 Frauen unterzeichnete Petition zur Revision des Familienrechts kam
- kurz nach dem Inkrafttreten des BGB - nicht einmal zur Verhandlung im Plenum, vgl. RT,
X. Leg., Bd. 169, 155. Sitzung vom 27.2.1900, S. 4327. Vgl. zur Rechtsthematik ausführlich
Gerhard, Verhältnisse; dies., Rechtsstellung. Vgl. auch Vogel.
400 »Frauen-Stimmrecht? L«, in: Der Beobachter, Nr. 47, 16.11.1907, BAP, 61 Re 1,
Nr.7959, S. 56.
401 Zit. nach der Rede des Abgeordneten Rickert, RT, X. Leg., Bd. 185, 193. Sitzung
ivom 14.10.1902, S. 5624.
402 Vgl. ebd.
403 Vgl. »Die 13. Generalversammlung des BdL«, in: Korr. BdL, Jg. 1906, Nr. 14,
\ 14.2.1906, S. 51-56 und RT, X. Leg., Bd. 185, 193. Sitzung vom 14.10.1902, S. 5634.
404 Dieser Sachverhalt wurde übereinstimmend von dem Nationalliberalen Bassermann
und dem Zentrumsabgeordneten Trimborn berichtet, vgl. RT, X. Leg., Bd. 185,193. Sitzung
vom 14.10.1902, S. 5621 u. 5623.
405 Vgl. ebd., S. 5620. Zu dem Verband vgl. auch die Monographie von Ratz.
406 Vgl. RT, X. Leg., Bd. 169, 160. Sitzung v. 6.3.1900, S. 4 4 4 7 ^ 4 5 8 .
407 Vgl. RT, X. Leg., Bd. 1 8 5 , 1 9 3 . Sitzung vom 14.10.1902, S. 5620ff, Stellungnahme
des Zentrums S. 5623.
408 So urteilte der freisinnnige Abgeordnete Müller, vgl. RT, XII. Leg., Bd. 229, 70.
Sitzung vom 10.12.1907, S. 2130.
409 Vgl. RT, XII. Leg., Bd. 229, 69. Sitzung vom 9.12.1907, S. 2098.
410 Vgl. die Zusammenstellung bei Willms, S. 12.
411 Der Bearbeiter des Textbandes zur Berufszählung 1895 bezeichnete schon damals die
Angaben über die Zahl »mithelfender« Frauen insbesondere in der Landwirtschaft als zu
niedrig gegriffen. 1907 wurde demgegenüber der Kreis der »mithelfenden Familienangehöri-
gen« ausdrücklich um die Dienstleistungen von Frauen in den Handwerksbetrieben,
Gastwirtschaften und Handelsgeschäften ihrer männlichen Verwandten erweitert. Vgl. Stati-
stik des Deutschen Reiches, Bd. 111, S. 202 und Bd. 2 1 1 , S. 4. Vgl. auch die Diskussion der
statistischen Variablen bei Willms, S. 24*-36*.
412 Vgl. etwa Bäumer, Die Frau in Volkswirtschaft und Staatsleben.
413 Vgl. RT, XII. Leg., Bd. 229, 69. Sitzung vom 9.12.1907, S. 2096; ebd., 70. Sitzung
vom 10.12.1907, S. 2139 und S. 2147.
414 Vgl. RT, XIII. Leg., Bd. 2 9 1 , 189. Sitzung vom 13.1.1914, S. 6469 und Nolan.
415 Vgl. Edmund Fischer, Die Frauenfrage, in: Sozialistische Monatshefte 1905, Bd. 1,
S. 258-266; ders., Die Familie, in: ebd., S. 532-539. Vgl. auch ders., Frauenarbeit.
416 Vgl. Oda Olberg, Polemisches über Frauenfrage und Sozialismus, in: Sozialistische
Monatshefte 1905, Bd. 1, S. 301-310 (Zitat S. 310) und Emma Ihrer, Die proletarische Frau
und die Berufstätigkeit, in: ebd., S. 443-449.
417 Vgl. Curt Hartwig, Einige Randbemerkungen zur Frauenfrage, in: ebd., Bd. 2,S. 8 7 6 -

329
Anmerkungen zu S. 106-108

880. In der Begründung bewies der Autor, daß sich Sozialismus und Sozialdarwinismus nicht
gegenseitig ausschließen mußten: »Denn ich bin der Überzeugung, dass jede Kultur, welche
die normale Fortpflanzungsrate - drei bis vier geistig und körperlich vollentwickelte Kinder
auf jede gebärtüchtige Frau - beeinträchtigt, dem natürlichen Untergang geweiht ist. Aus zwei
Gründen: Einmal, weil ein Volk, in dem etwa neomalthusianische Strömungen ernstlich zur
praktischen Geltung gelangen, unweigerlich von anderen Völkern - selbst niederer Kultur -
über den Haufen gerannt und erdrückt wird, und zweitens, weil - vom Standpunkt der
materialistischen Geschichtsauffassung aus - die ständige Vermehrung der Bev ölkerung als die
eigentliche und letzte Triebkraft aller wirtschaftlich-technischen und damit auch aller kulturel-
len Höherentwicklung erscheint, und deshalb kein solches Volk auf die Dauer auf dem
erreichten Stand der Kultur beharren, geschweige denn ihn weiterbilden kann. Aus beiden
Gründen scheint mir der Sozialismus mit neomalthusianistischen Bestrebungen unvereinbar
und die Förderung dieser letzteren als Hilfsmittel für eine wirtschaftliche Selbständigkeit der
Frau nicht in Betracht zu kommen.« (S. 877).
418 In der Praxis wurde dem allgemeinen gleichen Männcrwahlrecht gegenüber dem
Fraucnstimmrecht jedoch stets höhere Bedeutung beigemessen, und auch hinsichtlich ihrer
Arbeitsmarktpolitik erwiesen sich Genossen und Gewerkschafter als Sachwalter männlicher
Interessen. Zum »proletarischen Antifeminismus« - ein Thema, das im Rahmen dieser Arbeit
nicht weiter verfolgt werden kann - vgl. Nolan; Thönnessen; Richebacher; Evans, Sozial
demokratie; Albrecht u.a.; Losseff-Tillmanns; Miller; zur proletarischen Frauenbewegung auch
ßiffer.
419 So das Urteil des SPD-Mannes Heine über die »quälerischen Bestimmungen« gegen
Frauen. Der Zentrumsabgeordnctc sprach von »blamablen Verhältnissen in Preußen« und der
nationalliberale Parlamentarier nannte das alte Vereinsrecht »nicht mehr zeitgemäß«. Vgl. RT,
XII. Leg., Bd. 229, 69. Sitzung vom 9.12.1907, S. 2113, 2098 und 2108.
420 Vgl. ebd., 71. Sitzung vom 11.12.1907, S. 2161 und RT, XIII. Leg., Bd. 233, 180.
Sitzung vom 10.12.1908, S. 6112.
421 Vgl. Bebeis Rede im Reichstag am 14.10.1902. RT, X. Leg., Bd. 185, S. 5634.
422 Rheinisch-Westfälische Zeitung, Nr. 1123,9.11.1907, BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 51.
423 Leipziger Neueste Nachrichten, Nr. 144, 2 5 4 . 1 9 0 8 , S. 82, BAP, 61 Re 1, Nr. 7959,
S. 82.
424 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1912, S. 126 und S. 128f.
425 Zit. nach v. Zahn-Harnack, Frauenbewegung, S. 304. Während die Freisinnige Volks-
partei das Frauenwahlrecht noch 1906 ausdrücklich ablehnte und auch der Nationalsoziale
Verein sich nur ftir solche öffentlichen Stellungen erwärmen mochte, in denen sich die
»fürsorgende und erzieherische Tätigkeit« der Frauen entfalten konnte, hatte sich Friedrich
Naumann selbst immer lebhaft für die politische Gleichberechtigung beider Geschlechter
eingesetzt, vgl. ebd., S. 288f
426 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1912, S. 126.
427 So v. Zahn-Harnack, Frauenbewegung, S. 286. Eine eingehende Untersuchung
des Verhältnisses zwischen Liberalismus und Frauenbewegung steht noch aus. Nähere
Aufschlüsse läßt die Habilitationsschrift von Angelika Schaser (Berlin) erwarten, die an
einer politisch-privaten Biographie der I,cbens- und Arbeitsgemeinschaft von Helene Lange
und Gertrud Bäumer arbeitet. Erste F.rgebnisse werden vorgelegt in Schaser, Bürgerliche
Frauen.
428 Zit. nach Jahrbuch der Frauenbewegung 1912, S. 123. Vgl. auch RT, XIII. Leg., Bd.
287, 110. Sitzung vom 12.2.1913, S. 3699.
429 Vgl. National-Zeitung, Nr. 396, 20.10.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 165.

330
Anmerkungen zu S. 108-111

430 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1914, S. 106.


431 Zit. nach einem Bencht der Königsberger Allgemeinen Zeitung, Nr. 465 vom
2.10.1912 über den »Erste(n) nationalliberalc(n) Frauentag in Weimar am 2.10.1912«, BAP,
61 Re l , N r . 7962, S. 186a.
432 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1914, S. 123f.
433 Vgl. Kölnische Volkszeitung, Nr. 200,25.8.1910, BAP,61 Re 1, Nr. 7960, S. 142 und
Hafner, S. 333.
434 Vgl. Hafner, S. 122 und RT, XIII. Leg., Bd. 287,110. Sitzung vom 12.2.1913, S.
3699.
435 Vgl. Hafner, insb. S. 332f, Zitat S. 351. Freilich nicht überall - vgl. Kap. 4.2.
436 Vgl. Die christliche Frau, Oktober 1910, S. 24f, zit. nach Hafner, S. 287, dessen
theologisch kritische Interpretation der Rede die Zustimmungserklärungen aus der katholi
sehen wie konfessionell neutralen Frauenbewegung weniger auf die frauenfreundlichen Antei-
le der Rede selbst als auf das von antifeministischen Strömungen durchzogene gesellschaftliche
Umfeld zurückführt, dem gegenüber die eingeschränkten Zugeständnisse Mausbachs als
wohltuender Fortschritt empfunden wurden.
437 Vgl. Hafner, S. 307-354, Zitate S. 322 und S. 324.
438 Daraus entspann sich eine Kontroverse zwischen dem Volksverein für das katholische
Deutschland und dem Katholischen Frauenbund um das Alleinvertretungsrecht der organi-
sierten Katholikinnen, die mit dem Zugestandis des Volksvereins endete, die Schulung der
katholischen Frauen falle »grundsätzlich« in das Aufgabengebiet des katholischen Frauenbun-
des, vgl. ebd., S. 333-335; zu den liberalen Gegnern vgl. S. 328.
439 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung 1914, S. 120.
440 Vgl. »Zur Frauenfrage«, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 312, 7.7.1906, BAP, 61 Re 1, Nr.
7958, S. HOf.
441 Vgl. Jahrbuch der Frauenbewegung, 1914, S. 120; RT, XIII. Leg., Bd. 283, 20.
Sitzung vom 5.3.1912, S. 466f; ebd., Bd. 287, 110. Sitzung vom 12.2.1913, S. 3699; zum
Deutschen Frauenbund vgl. auch Baumann, S. 220f
442 Vgl. RT, XIII. Leg., Bd. 2 8 3 , 16. Sitzung vom 29.2.1912, S. 339.
443 Vgl. Aus der Frauenwelt. Beilage zur VZ, Nr. 154, 24.3.1912, und C Mefger, Die
Frauen in der Politik, in: Tag, Nr. 17, 16.1.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 119.
444 BLA, Nr. 112,2.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 162; DTZ, Nr. 249,15.6.1912,
ebd., Nr. 7962, S. 99; BZaM, Nr. 225, 27.11.1907, ebd., Nr. 7959, S. 55; VZ, Nr. 33,
21.1.1908, ebd., S. 6 3 .
445 Vgl. Rigasche Zeitung Nr. 75, 2. (15). 4.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 147,
Berliner Morgen-Post, Nr. 131, 16.5.1913, ebd., S. 175; BZaM, Nr. 64, 17.3.1913, ebd., S.
! 123; VZ, Nr. 532, 24.11.1910, ebd., Nr. 7960, S. 179; DTZ, Nr. 566,28.11.1910, ebd., Nr.
7960, S. 180.
446 BNN,Nr. 136,15.3.1913, BAP, 61 Re l,Nr. 7963, S. 122; Deutsche volkswirtschaft-
liche Korrespondenz, Nr. 8 5 , 29.10.1909, ebd., Nr. 7960, S. 47.
447 LNN, Nr. 235, 25.8.1909, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 9.
448 Vgl. Köln. Zeitung, v. 14.9.1910, ebd., S. 148.
449 Staatsbürger-Zeitung, Nr. 204, 1.9.1909, ebd., S. 17.
450 Zit. nach BT, Nr. 100,24.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 148. Zum Frauenwelt-
kongreß, dessen Repräsentantinnen auch beim Reichskanzler Bülovv empfangen wurde, vgl.
Der Internationale Frauen-Kongreß.
451 »Mit Freuden konstatiert der Skeptiker, daß die Gattung Blaustrumpf im Aussterben
ist«, hieß es im BT, Nr. 100, 24.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 148. Vgl. auch »Stimmen

331
Anmerkungen zu S. 111-114

der Presse«, in: DTZ, Nr. 119, 6.3.1912, ebd., S. 179; NAZ, Nr. 4 7 , 25.2.1912, ebd., S.
151f.;DTZ, Nr. 101, 25.2.1912, ebd., S. 151.
452 Vgl. Helene von Somnitz-Freest, Zur Organisation der konservativen Frau, in: Kreuz-
Zeitung, Nr. 107, 4.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7984, S. 1. Vgl. auch den Userbrief einer
Kongreßteilnehmerin an die Kreuz-Zeitung, Nr. 107, 4.3.1912, ebd.
453 Hedwig von Trotha, Aufruf an die konservativen Frauen, in: DTZ, Nr. 147,21.3.1912,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 6f. Vgl. auch Freisinnige Zeitung, Nr. 54, 5.3.1912, ebd., Nr.
7961, S. 173 und Helene von Somnitz-Freest, Zur Organisation der konservativen Frau, in:
Kreuz-Zeitung, Nr. 107, 4.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7984, S. 1.
454 Helene von Somnitz-Freest, ebd.
455 »Die sozialdemokratische Frauenbewegung«, in: Der Rheinländer, Nr. 35, 1.9.1912,
BAP, 61 Re l , N r . 7987, S. 17.
4 5 6 Zit. nach D T Z , Nr. 119, 6.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 1 , S. 179.
457 Vgl. das Berliner Flugblatt vom 10.5.1912, das zur Demonstration für das »allgemei-
ne, gleiche, direkte und geheime Frauenwahlrecht zu allen gesetzgebenden und Ver-
waltungskörperschaften« aufrief (BAP, 61 Re l , N r . 7 9 8 7 , S . 13) und VZ, Nr. 242,13.5.1912,
ebd., S. 14.
458 Vgl. die Äußerung in den Neuen Bahnen, dem Vereinsblatt des Allgemeinen Deut-
schen Frauenvereins, zit. nach Sauer, S. 70. Hellmuth von Gerlach, Pazifist und Mitbegründer
der linksliberalen Demokratischen Vereinigung - jener einzigen bürgerlichen Partei, die für die
volle Rechtsgleichheit der Frauen eintrat, sich jedoch während des Ersten Weltkriegs auflöste
- faßte seinen Eindruck vom Frauenkongreß so zusammen: »Je größer die Frauenbewegung
wird, um so stärker der Einfluß der reaktionären Elemente.« Ihm schmeckte der Frauenkon
greß nach »Bülow-Politik, übersetzt ins Weibliche«. Vgl. WaM, Nr. 10,4.3.1912, BAP, 61 Re
1, Nr. 7 9 6 1 , S. 171.
459 »Die Antwort des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation auf
die Angriffe seiner Gegnerinnen«, Flugblatt, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92, S. 1.
460 Vgl. zur Bevölkerungsentwicklung Marschalck.
461 Vgl. Korr. BdL, Jg. 1901, Nr. 42 , 4.7.1901, S. 2fi und Nr. 68, 13.12.1901, S. 3.
Ähnliche Polemiken gegen Großstädte, Landflucht und Industrialisierung wurden in der
Folge immer wieder abgedruckt, etwa unter dem Titel »Massengräber deutscher Volkskraft«,
in: ebd., Jg. 1911, Nr. 1, 5.1.1911, S. lf.
462 Vgl. Offo Behre, Deutschland und Frankreich verglichen auf bevölkerungsstatisti-
schem Gebiet, in: PJ, Bd. 123, Januar-März 1906, S. 79-100, Zitat S. 94.
463 Vgl. H Wendland, Ein Hauptstück nationaler Politik, I und II, in: AB 16 (1906), Nr.
39,29.9.1906, S. 313f. und Nr. 4 0 , 6 . 1 0 1906, S. 321f.,ZitatS. 322, sowie Heinrich Claß, Die
Zukunft des deutschen Volkstums, in: ebd., Nr. 5 1 , 22.12.1906, S. 410f Zur Soziologie der
Alldeutschen vgl. die noch erhaltenen Handbücher des ADV und Chickenng, We men.
464 Jaques Porcher, Der Kultus des Kindes und das französische Weib, in: KS, Sonderheft 3:
Rassenheft, Berlin 1904, S. 2 5 - 3 1 , Zitat S. 25. Vgl. auch die Vorbemerkung des Schriftleiters,
Die Frau und die Rasse, in: ebd., S. 24f.
465 Die Orientierung an unterschiedlichen Wirkformen männlich-militärischen Helden-
und Abenteurertums (als Eroberer, Kolonisator, Krieger) impliziert jedoch nicht, daß diese
Vereinigungen nicht auch für Frauen interessant gewesen wären. Im Gegenteil, alle Verbände
unterhielten eigene Frauengruppen, die noch der Erforschung harren. Der Wehrvcrein bildet
sowohl ideologisch wie auch organisatorisch eine Ausnahme. Er hatte keine Frauenabteilung,
betonte aber die Bedeutung der Frau als Mutter der zukünftigen Kriegergeneration und war,
wie noch gezeigt wird, antifeministischen Argumenten gegenüber aufgeschlossen.

332
Anmerkungen zu S. 114-115

466 Philipp Stauff, Völkische Fruchtbarkeit, in: AB 19 (1909), Nr. 2 8 , 10.7.1909, S. 238f.
und Nr. 29, 17.7.1909, S. 245f, Zitat S. 238. In den Folgewochen diskutierte Stauff weitere
vorgebliche Ursachen des Geburtenrückgangs wie etwa Industrialisierung und Urbanisierung,
Faktoren mithin, die - ohne daß es dem Autor bewußt war - im Zusammenhang mit der
Entwicklung Deutschlands zu einer modernen Industrienation standen. Daß Stauff dennoch
den Frauen die Hauptschuld zuwies, belegt die Tatsache, daß er die Artikelserie mit der
Erörterung der weiblichen (Un-)Moral eröffnete.
467 W. Breithaupt, Fäniges zur Bevölkerungsbewegung in Deutschland, unter besonderer
Berücksichtigung des Geburtenrückganges, in: Ak. Bl. 26 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 14, 16.10.1911, S.
2 2 0 - 2 2 3 , Zitat S. 222.
468 Die Politisch-Anthropologische Revue führte bereits Anfang 1904 den Geburten-
rückgang auf Verhütung und Abtreibungen zurück. Ihr genügten zunächst jedoch wenige
Zeilen zur Feststellung der Tatsache. Sie enthielt sich sowohl eines Kommentars als auch einer
Wertung. Offenbar war das Thema damals noch nicht diskussionswürdig. Vgl. »Rückgang der
Geburtenziffer in Preußen«, in: PAR 2 ( 1 9 0 3 / 0 4 ) , H. 10, S. 836.
469 Vorbereitet vom medizinischen und dem neuen psychoanalytischen Diskurs, hatte die
Scxualreformbewegung sicher viel zur Enttabuisierung der Sexualität beigetragen. Ganz
allgemein ist um die Jahrhundertwende, aber auch danach, ein gesteigertes öffentliches
Interesse an dieser Thematik festzustellen, das sich im F.rscheinen unzähliger Scxualratgeber,
aber auch in der Zunahme erotischer Motive in den Emanationen der Hochkultur manife-
stiert.
470 Vgl. W. Breithaupt, Einiges zur Bevölkerungsbewegung in Deutschland, unter beson-
derer Berücksichtigung des Geburtenrückganges, in: Ak. Bl. 26 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 14,
16.10.1911,S.222.
471 Zwar lastete Seeberg den »Wille(n) auf Herabsetzung der Kinderzahl« zunächst
beiden Eltern an, um die Männer dann aber schon im Folgesatz aus ihrer Verantwortung zu
entlassen: »Trotzdem ist es leider gerade das weibliche Geschlecht, das ... für die Theorie und
Praxis des Neumalthusianismus eintritt.« Die Schuld an der Verbreitung dieser Vorstellungen
trug auch für den Theologieprofessor die Frauen-, speziell die Mutterschutzbewegung und die
Sozialdemokratie. Vgl. Seeberg, Geburtenrückgang, S. 34 u. S. 41 f.
472 »Dem Mann (ist) von der Natur die schöpferische und intellektuelle Kraft gemäß der
Aktivität seines geschlechtlichen Wesens, der Frau die Vertiefung des Gemüts gemäß der
Passivität ihres geschlechtlichen Wesens zugewiesen«, schrieb selbst der Sozialist Eduard
Fuchs, der sich zwar als Feminist bezeichnete, jedoch die Frauenbewegung seiner Zeit mit
ihren »Intellektualisierung« und »Maskulinisierung« wegen der »unausrottbaren Differenzen
zwischen Mann und Frau auf geistigem Gebiet« heftig kritisierte, vgl. Fuchs, Frau, S. 4 6 1 -
485, Zitate S. 470.
473 Hatten die Paragraphen 218-220 den Schwangerschaftsabbruch schon 1872 unter
Strafe gestellt, so stieg die Zahl der Verurteilungen unter dem Findruck des Geburtenrück-
gangs dramatisch an: von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg um gut das
Vierfache. Seit 1900 galt der »Unzuchtsparagraph« des Reichsstrafgesetzbuches, der den
Handel mit Verhütungsmitteln unter Strafe stellte. Bereits 1910 wurde zum ersten Mal
versucht, durch Gcsetzesverschärfüngen die Verbreitung von Anti-Konzeptiva weiter zu
unterbinden. Vgl. dazu ausfuhrlich Stürzbecher.
474 Ärztliche Befragungen ergaben, daß es häufig die Ehefrauen waren, die auf die
Anwendung von Verhütungsmitteln oder den coitus interruptus bestanden und ggf. sexuelle
Verweigerung als Druckmittel einsetzten. Auch Abtreibungen wurden in vielen Fällen ohne
das Wissen des Ehemannes vorgenommen. Vgl. Marcuse und Neumann. Freilich darf die Rede

333
Anmerkungen zu S. 115-117

von der weiblichen Autonomie nicht über die alltägliche Not, Angst und Bedrohung hinweg-
täuschen, die für Frauen mit Fruchtbarkeit, Geburtenkontrolle und Abtreibung verbunden
waren. Als Korrektiv gegen eine euphemistische Sichtweise vgl. die eindringliche Schilderung
von Hagemann, Frauenalltag, S. 245-268.
475 Vgl. £. W. Trojan, Die Organisierung der Unfruchtbarkeit, in: VE 17 (1913), Nr. 20,
S. 156-158, Zitat S. 157. Die Wirksamkeit dieser anti-sozialdemokratischen Propaganda
beruhte darauf, daß sie nicht gänzlich frei erfunden war, sondern ein Fünkchen Wahrheit
enthielt. Tatsächlich unterstützte die SPD die Bestrebungen sozialistischer Mediziner und
Sexualreformer/innen nach einer frühzeitigen sexuellen Autklärung der Jugendlichen, zwar
nicht offiziell im Programm, aber durch Herausgabe von Schriften, Organisation von Vorträ-
gen und Besprechungen in der Parteipresse. Das bloße Bemühen um eine verbesserte
Information in sexuellen Fragen wurde von den politischen Gegner zum Aufruf zur F.mpfäng-
nisvcrhütung stilisiert. Daß die zeitgenössische Öffentlichkeit die Abtreibungspraxis vor allem
im Proletariat verbreitet wähnte, lag nicht zuletzt daran, daß den Arbeiterinnen im Gegensatz
zum Bürgertum die finanziellen Mittel für einigermaßen sichere Methoden der
Empfängnisverhütung fehlten. Ihnen fehlte auch das Geld, um sich von einem Arzt - häufig in
einer Privatklinik - gegen entsprechende Bezahlung die »medizinische Notwendigkeit« einer
Abtreibung bescheinigen und damit legalisieren zu lassen. Ob Arbeiterinnen tatsächlich öfter
abtrieben als Bürgerinnen, kann nur vermutet werden, zumindest aber waren diese Aborte -
auch durch die Komplikationen, die beim Selbstversuch oder bei gewerbsmäßigen Abtreiber-
/ i n n e n häufiger auftraten als in ärztlicher Behandlung - offensichtlicher. Vgl. Hagemann,
Frauenalltag, S. 227-229 u. S. 254-257.
476 WaM, 8.7.1912. Das Zitat verdanke ich ebenso wie einige Gedanken dieses Abschnitts
der anregenden Dissertation von Bergmann, Verhütete Sexualität, (Zitat S. 244). Vgl. auch
dies., Frauen, Männer und dies., Empfängnis.
477 »Kindersegen und kein Ende«, in: KRS 8 (1911), Nr. 32, 16.8.1911, S. 127f
478 Vgl. zur Gebärstreikdebatte der SPD Bergmann, Frauen, Männer; zu den bevöl-
kerungspolitischen Vorstellungen der SPD und ihrem Wandel in der Weimarer Republik vgl.
Hagemann, Frauenalltag, S. 2 6 8 - 2 7 5 .
479 Weitere Hauptfäktoren sah er in der steigenden Zahl neomalthusianischer Ärzte, der
sinkenden religiösen Bindung und einer allgemeine Rationalisierung der Ix'bensführung, vgl.
Bornträger, insbesondere S. 4 4 - 5 1 , 5 7 - 6 9 , 119f, 123-125, 155, 160. Zur statistischen und
staatlichen Diskussion über den »Geburtenrückgang« vor allem in Preußen vgl. Bergmann,
Verhütete Sexualität, S. 2 3 - 4 9 .
480 Vgl. Bornträger, S. 46f. mit »Kindersegen und kein Ende«, in: KRS 8 ( 1 9 1 1 ) , Nr. 32,
16.8.1911, S. 127f. Zitat in Bornträger, S. 28.
481 Bornträger, S. 152.
482 Vgl. ebd., S. 23 und S. 153.
483 Ebd.,S. 153.
484 Vgl. ebd., S. 152f. Obgleich auch die Sozialdemokratie für den Geburtenrückgang
verantwortlich gemacht wurde, fehlt ein ähnlicher Aufruf hinsichtlich der Arbeiterbewegung.
Ob daraus zu schließen ist, daß der Geschlechterkonflikt bedrohlicher erschien als die Klassen-
frage, mag dahin gestellt bleiben; zumindest aber kann gefolgert werden, daß die Austra-
gungsmodi des Klassenkontlikts, soweit sie in der institutionalisierten Form des Parteienwett-
bewerbs verlief, eingeübt und auch akzeptiert waren. Demgegenüber fehlten (und fehlen
weithin noch) in der Geschlechterfrage sowohl das Eingeständnis unterschiedlicher Interessen
als auch institutionalisierte Konfliktregelungsmechanismen.
485 Alfred Rosenbergs Aufforderung zur »Emanzipation von der Frauenemanzipation«

334
Anmerkungen zu S. 118-119

findet sich bei Bornträger bereits 1920 vorformuliert: »Emanzipiert Euch von der Emanzipa-
tion! seid wieder Frauen« schrieb der rheinische Mediziner den Leserinnen der PAR ins
Stammbuch, vgl. Volkssittlichkeit und Frauentum, PAR 19 ( 1 9 2 0 / 2 1 ) , Nr. 6, S. 2 5 7 - 2 6 1 ,
ZitatS. 2 6 1 .

3. Der Antifeminismus organisiert sich:


Die Gründung des Deutschen Bundes zur Bekämpfung
der Frauenemanzipation

1 Vgl. Rosen, Moralischer Schwachsinn, S. 7 u. S. 4 1 . Das Buch erschien bei Marhold, dem
gleichen Verlag, der auch Möbius' »Physiologischen Schwachsinn« und seine Beiträge zur
Lehre von den Geschlechts-Unterschieden herausbrachte. Auf Marholds Wunsch wurde v.
Rosens Pamphlet in der zweiten Auflage von einem Vorwort des Leipziger Medizinprofessors
begleitet, vgl. ebd., S. 3-6 und S. 9fi
2 Vgl. Sturmfels, Was ist der Frau erlaubt; dies., Krank am Weibe. Hier auch die Angabc,
daß der Titel »Was ist der Frau erlaubt wenn sie liebt?« 22.000 Mal aufgelegt wurde, vgl. S. 4.
Vgl. weiterhin Werner, Grüne Gefahr. Maria Werner war bereits in christlichen Blättern gegen
die Frauenbewegung zu Felde gezogen, vgl. Kap. 2.2.
3 Vgl. Emma Wehr, Ein Bund gegen Frauenrechtlerei, in: DTZ, Nr. 357, 1.9.1908, BAP,
61 Re l , N r . 7959, S. 117f
4 Vgl. Boelicke, S. 31.
5 Vgl. Schnauß, Zu den Gefahren der Frauenbewegung, in: Hammer 8 (1909), Nr. 170, S.
426; ders.. Zur Frauenfrage, in: H N , Nr. 818, 19.12.1908, BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 150f
6 Vgl. Friedrich Sigismund, Zur Geschichte des Bundes gegen die Frauenemanzipation, in:
JTag, 13.6.1912, HLA, BDF, Film 1 3 ^ 4 5 / 3 .
7 Vgl. Kreuz-Zeitung, 5.11.1911, BAP 61 Re 1, Nr. 7 9 6 1 , S. 74 und H N , Nr. 113,
7.3.1912, ebd., S. 182.
8 Vgl. Friedrich Sigismund, Frauenstimmrecht in weiblicher Beleuchtung, in: Tag, Nr. 190,
15.8.191 l , c b d . , S . 45. Der Berliner Schriftsteller und Journalist Oscar A. H. Schmitz, der sich
später dem Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation anschloß, hatte am gleichen Ort
bereits im Frühjahr 1910 auf die Existenz der englischen Anti-Suffragettenliga hingewiesen,
vgl. Das Frauenstimmrecht, in: Tag, 22.5.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 109.
9 Henry F. Urban, Gegnerinnen des Frauenstimmrechts in Amerika, in: Unterhaltungsbei-
lage der BNN, Nr. 118, 5.3.1911, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 200c. Ähnlich auch ders.,
Frauenstimmrecht, in: Tag, Nr. 39, 16.2.1912, ebd., S. 137f. Als New Yorker Korrespondent
des liberalen »Berliner Tageblattes« hatte Urban dort bereits 1908 die »despotische Herr
schaft der Frau im öffentlichen Leben [Amerikas, U . P ] , in Schule und Haus« kritisiert. Der
Mann stehe zur Frau in einem »Hörigkeitsverhältnis« und lasse in »masochistische(r) Färbung
... alle Launen der brünstig Angebeteten wonnig über sich ergehen«. In den USA, schrieb er,
sei das Männerhirn »entmännlicht, verweiblicht, also entartet«. Dieser »übertriebene Feminis
mus« müsse spätestens dann zum »nationale(n) Schaden führen, wenn Amerika einmal einen
ernsthaften Krieg« mit »unverdorbenen Männern« zu führen habe und ihm nur »verweiblich
te Männer entgegenstellen« könne. Vgl. Die weibliche Gefahr, in: BT, Nr. 298, 14.6.1908,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7959.
10 Vgl. Sigismund, Frauenstimmrecht, S. 4. Sigismund nannte an anderer Stelle (Neues
vom Frauenstimmrecht, in: DTZ, Nr. 547,28.10.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. lOf.) seine

335
Anmerkungen zu S. 119-122

Quellen: Die Zeitschriften »The Remonstrance« (Boston), »The Woman's Protest« (New
York) und »The Anti-Suffragc Review« (London) sowie die Flugschriften von Minnie Bron-
son: The Wage-earning Woman and the State und O. Ecklund: Woman Suffrage in Finland.
Ohne Verfasser angeführt wurden: »Woman Suffrage and Child-labor Legislation« sowie
»New Zealand and Australia from the Anti-suffrage Point of View«.
11 Vgl. »Amerikanische Narrheit auf deutschem Boden«, in: DVK, Nr. 4 1 , 17.2.1912,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 1 , S. 139.
12 Vgl. Friedrich Sigismund, Zur Geschichte des Bundes gegen die Frauenemanzipation,
in: Tag, 13.6.1912, HLA, BDF, Film 1 3 - 4 5 / 3 . Eines dieser Werbungsschreiben ist im
Nachlaß des Freiburger UB-Bibliothekars und Gobineau-Forschers Ludwig Schemann erhal-
ten, vgl. ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IV B) Sigismund, Friedrich. Mit Datum vom 15.5.1912
gestattete sich der Weimarer Lehrer »die Anfrage, ob Sie und Ihre Frau Gemahlin bereit wären,
sich dem Bund anzuschließen, dessen Aufruf beiliegt und für den wir Unterschriften sammeln.
Ich bitte zugleich um gütige Mitteilung, ob und inwieweit Ihre Frau Gemahlin geneigt wäre,
im Vorstände mitzuwirken, der gebildet werden soll.« Symptomatisch, aber den Schick-
lichkeitsnormen der Zeit entsprechend, verhandelte der Freiburger Professor über Bertha
Schemann hinweg und stellte sich, auch »im Namen meiner Frau« dem Bund »mit Freuden
zur Verfügung«, vgl. Schemanns Antwort an Sigismund vom 9.5.1912, ebd., Bertha Sche-
mann unterstützte wie ihr Ehemann die antifeministische Vereinigung mit ihrer Unterschrift,
gehörte aber keinem Führungsgremium an.
13 Vgl. [Friedrich Sigismund] »Ein Flugblatt der Gegnerinnen des Frauenstimmrechts in
Amerika«, in: NAZ, Nr. 54, 5.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 6 1 , S. 176; nach Angaben des
Blattes ein Nachdruck aus der Post.
14 Vgl. Ludwig Langemann, Der Feminismus, sein Wesen und seine F.ntwicklung, in: H N ,
Nr 174, 1 4 4 . 1 9 1 2 , ebd., Nr. 7962, S. 30f; ders., Die Frauenbewegung und die Parteien der
Linken, in: Post, Nr. 132, 19.3.1912, ebd., S. 2f; ders., Worte zur Frauenfrage, in: KNN, Nr.
69, 22.3.1912, ebd., S. 9.
15 Vgl. »Frauenfrage - Männerfrage«, in: Pfälzischer Kurier, Nr. 99, 2 7 4 . 1 9 1 2 , ebd., S.
40.
16 Vgl. Elisabeth Hancke, Die Rüstung zum Kampfe um das Fraucnstimmrecht, in: DTZ,
Nr. 2 0 1 , 2 2 4 . 1 9 1 2 , ebd., S. 37.
17 Vgl. RT, Bd. 283, 16. Sitzung vom 29.2.1912, S. 339. Vgl. auch Kap. 2.7.
18 Als Gegenpol empfahl Oberfohren die Schrift Sigismunds, die ihm besonders geeignet
erschien, »germanischen Männergeist wieder zu erwecken«, vgl. Ernsf Oberfohren, Zum
Frauenstimmrecht, in: DTZ, Nr. 164, 20.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 18f. Vgl. zur
Person Walter Brauer, Oberfohren, Ernst, in: Biographisches Lexikon, S. 257-259.
19 »Das Frauenstimmrecht«, in: H N , Nr. 114, 8.3.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 182.
20 Vgl. Satzungen des Deutschen Bundes gegen die Fraucnemanzipation (Juristische
Person), ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation.
Die Organisation war unter der Nummer 1736 in das Vereinsregister des Amtsgerichtes
Berlin-Mitte eingetragen, vgl. ebd., S. 8.
21 Vgl. Ollendorf, S. 28. Diese Begriffswahl kennzeichnete die Nähe der antifeministischen
Liga zum ADV, denn der bereits existierende, Anfang 1912 zu Zwecken der Militärpropagan-
da aus der Taufe gehobene Wehrverein war eine alldeutsche Gründung. Sein Leiter, General
August Keim, war Mitglied des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation.
22 »Fast die gesamte Presse hat dieses große Ereignis besprochen«, hieß es in der
Frauenbewegung, dem von Minna Cauer redigierten Organ des »fortschrittlichen« Flügels,
vgl. »»Anti-Frauenbewegung«, in: Frauenbewegung 18 (1912), Nr. 13, S. 102.

336
Anmerkungen zu S. 122-123

23 Vgl. Vorwärts, Nr. 130, 7.6.1912 und »Für unsere Frauen. Der neueste Bund«, in:
Leipziger Volkszeitung, Nr. 153, 5.7.1912, StA H H , PP, S 18846, S. 1 und S. 2 3 .
24 Vgl. »Er soll Dein Herr sein ...«, in: Berliner Morgenpost, 12.6.1912, HLA, BDF, Film
Nr. 1 3 - 4 5 / 3 und »Für und wider die Frauen«, in: Neue Züricher Zeitung, 27.6.1912,
ebd.
25 Vgl. Marie Beßmertny, Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, in:
Neue Hamburger Zeitung, Nr. 3 0 1 , 29.6.1912, StA H H , PP, S 18846, S. 22; »Ein Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: Hamburger Echo, Nr. 131, 8.6.1912, ebd., S. 2.
26 Vgl. »Die Frauenbewegung und ihre Gegner«, in: Frankfurter Zeitung, Nr. 164,
15.6.1912, ebd., S. 9; Anna Plothow, Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, in:
[ BT, Nr. 298, 14.6.1912, ebd., S. 6f. und in: TR, Nr. 298,14.6.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962,
S. 96f; Gertrud Bäumer, Frauenbewegung und Reaktion, in: Neue Hamburger Zeitung, Nr.
268, 11.6.1912, StA H H , PP, 18846, S. 4 sowie in: Fränkischer Courier, Nr. 292, 10.6.1912,
' BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 87fi; »Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauen-F.manzipati-
on«, in: H C , Nr. 300, 15.6.1912, StA H H , PP, S 18846, S. 8; »Die Antwort der Frauen«, in:
BT, N r 299, 14.6.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 9 8 ; Elisabeth Krukenberg-Conze,
I Frauen Emanzipation, in: Bonner Zeitung, 16.6.1912, HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 3 ; Grefe
Meißel-Heß, Reaktion gegen die Frauenbewegung, in: Zeit im Bild, Nr. 30, ebd.; Ph. Wolff-
Arndt, F.in deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, in: Leipziger Tageblatt,
| 21.6.1912, ebd. Das liberale Berliner Tageblatt nahm allerdings auch eine Gegenerklärung des
Antifeministenbundcs auf, freilich kurzgehalten und an weniger prominenter Stelle, vgl. »Die
I Abwehr der »Nichtfeminisierten««, in: BT, Nr. 302, 16.6.1912, StA H H , PP, S 18846, S. 10.
Der Berliner Lokal Anzeiger stellte als einziges Blatt seine Spalten einer »Radikalen« zur
Verfügung, vgl. »Minna Cauer und die Antifeministen«, in: Nr. 3 0 1 , 15.6.1912, BAP, 61 Re
l , N r . 7962, S. 98.
27 Vgl. »Gegen die Fraucnemanzipation«, in: Neue Badische Landeszeitung, Nr. 262,
9.6.1912 (Morgcnblatt), HLA, BDF, Film Nr. 1 3 ^ 1 5 / 3 ; Gegen die Frauen-Emanzipation, in:
Braunschweiger Landeszeitung, 18.6.1912, ebd.
28 Vgl. »Gegen den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: H C , Nr. 414,
18.8.1912, StA H H , PP, S 18846, S. 26. Bei dem Artikel handelt es sich um eine beipflichten-
de Wiedergabe eines Aufsatzes aus dem Organ des Katholischen Frauenbundes. Die von
Hedwig Dransfeld dort getroffene Unterscheidung zwischen (abzulehnender) »Frauen-
emanzipation« und der (positiv gewerteten) Frauenbewegung ist typisch für den zeitgenössi-
schen Sprachgebrauch.
29 Vgl. Ella Mensch: Zur Politisierung der Frau und Dietrich v. Oertzen, Frauenfrage und
Antifeminismus. Beides in: RB, Nr. 156,6.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 121-123. Der
Aufruf des antifeministischen Bundes war nach v. Oertzen im Reichsboten Nr. 139 abgedruckt
worden.
30 Vgl. Karl Ruhkopf, Ein deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, in:
Kreuz-Zeitung, Nr. 266, 9.6.1912, HLA, BDF, Film Nr. 1 3 ^ 5 / 3 . Ähnlich urteilte auch die
Ostsee-Zeitung (Stettin), 7.6.1912, ebd. Anders wertete Dorothee Goebeler in der Berliner
WaM: Überzeugt von polaren Geschlechtscharakteren, galt ihr die Idee der Berufsteilung als
durchaus diskutabel. Dagegen hielt sie den Ausschluß der Frauen aus der Politik ftir eine
»Ungeheuerlichkeit«. Insgesamt bestand sie aber auf dem Führungsanspruch des Mannes
gegenüber dem weiblichen Geschlecht und sah aus dieser Warte im Zusammenschluß der
Antifeministen ein »gesunde(s) ... Auflehnen des Mannes gegen den Feminismus«, vgl. »Der
Bund mit dem falschen Namen und die Frauenemanzipation«, 24.6.1912, ebd.
31 Vgl. Hermann Popert, Der »Vortrupp« und die Frauenbewegung, in: Der Vortrupp 1

337
Anmerkungen zu S. 123-124

(1912), Nr. 18, S. 545-560. Popert diskutierte - ersichtlich in Unkenntnis darüber, daß Max
von Gruber sich dem Anti-Bund angeschlossen hatte - die Gründe für dessen Ablehnung der
Frauenbewegung und stellte die Motive dieses »ernsthafte(n) Gegner(s)« der Propaganda des
Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation gegenüber. Der Vortrupp-Autor teilte die
rassenhygienischen Auffassungen seines Münchner Vorbilds, kam hinsichtlich der »Frauenfra-
ge« aber zu einem anderen F.rgebnis: Gerade um bevölkerungspolitische Forderungen
durchzusetzen, müßte Frauen das Wahlrecht verliehen werden, um die »rassenhygienischen
Instinkte« der »Mütter des Volkes« zur Geltung zu bringen (vgl. S. 560).
32 Zit. nach Ernst zu Reventlow, Der »konservative Fortschritt« und die Frauenbewegung,
in: D T Z , Nr. 582, 15.11.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 21.
33 Vgl. Frau A. M., Der Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, in: NAZ, Nr.
139,16.6.1912, StA H H , PP, S 18846, S. 12f. Den Aufruf des Bundes hatte das Blatt bereits
in Nr. 133 vom 9.6.1912 veröffentlicht.
34 Vgl. »Ein zeitgemäßer Bund«, in: Deutsch-soziale Blätter, Nr. 48, 15.6.1912, ebd., S.
14; Josef Reitmeyer, Zur Frauenfrage, in: Staatsbürger-Zeitung, Nr. 250, 24.10.1913, BAP, 61
Re l , N r . 7964, S. 113f.
35 Vgl. die Ausschnitte in StA H H , PP, S 18846; HLA, BDF, Film Nr. 1 3 ^ 5 / 3 ; BAP, 61
Re 1, Nr. 7962, S. 6 3 , 81f, 91f, 113f Daß hier und im folgenden Berliner und Hamburger
Tageszeitungen im Mittelpunkt stehen, liegt zum einen an den regionalen Schwerpunkten des
antifeministischen Bundes in Preußen und Norddeutschland, zum anderen aber auch an der
Struktur der Quellen (Presseausschnittsammlungen von Berliner und Hamburger Institutio-
nen).
36 Vgl. »Frauenbewegung und Staat, in: H N , Nr. 338, 21.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr.
7962, S. 140 und »Frauenstimmrecht«, in: Tag, Nr. 142, 20.6.1912, ebd., S. 105.
37 Vgl. »Die Stellung Treitschkes zur modernen Frauenbewegung«, in: DZ, Nr. 282,
13.10.1912 und weitere Zeitungsausschnitte in ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation.
38 Vgl. Fränkischer Courier, Nr. 292, 10.6.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 87f.
39 Minna Cauer, Die streitlustigen »Antis«,in: Frauenbewegung 18 (1912), Nr. 17, S. 131.
4 0 Vgl. »Fäne Kampforganisation wider die radikalen Frauen«, Nr. 160, 11.6.1912, BAP,
61 Re 1, Nr. 7962, S. 90f Freilich gab es auch außerhalb der Metropolen Stimmen, die den
Bund kritisierten. Der Kieler Zeitung etwa waren die Ziele der antiieministischen Liga zu
unklar formuliert, vgl. »Der Bund zur Bekämpfung der Frauen-Emanzipation«, Nr. 287,
22.6.1912, ebd., S. 108.
41 »Zur Frauenfrage«, in: Mecklenburger Warte (Wismar), 20.7.1912, HLA, BDF, Film
Nr. 1 3 - 4 5 / 3 ; DVK, Nr. 139, 18.6.1912, BAP, 61 Re l , N r . 7962, S. 103.
42 Vgl. P. W., Wer gewinnt? Frage einer Frau an alle vorwärtsstrebenden Frauen, in:
Freiburger Zeitung, Nr. 210, 3.8.1912, in: ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation. Der Fundort legt nahe, daß der Artikel, wenn nicht von
Bertha Schemann selbst unter Pseudonym veröffentlicht, so doch aus dem Freiburger Bekann-
tenkreis der Schemanns stammte.
43 Vgl. »Zur Frauenbewegung«, in: Ulmer Tageblatt, 11.6.1912, HLA, BDF, Film Nr.
13-15/3.
44 Gegenüber der ursprünglichen Fassung wurde dieser Abschnitt erheblich gekürzt.
45 Max Weber (Wirtschaft und Gesellschaft, S. 22) unterscheidet idealtypisch zwischen
dem »reine(n), frei paktierte(n) Zweckverein« und dem »wertrational motivierte(n)
Gesinnungsverein«, der auf übergreifende »moralische Systeme« (J. J. Sheehan) bezogen ist.
Eine Übersicht über die völkischen Vereinigungen bietet neuerdings das Handbuch zur

338
Anmerkungen zu S. 124-125

völkischen Bewegung: 1871-1918, hg. v. U. Buschner, W. Schmitz u. J. H. Ulbrich, München


1996.
4 6 Anstelle der verlorengegangenen Mitgliederlisten dienen als Matcrialgrundlage dieser
Erhebung neben den im antifeministischen Monatsblatt genannten Personen die Unterschrif-
ten unter den Aufrufen des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, wie sie im G l J \
Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92, im HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 3 und in der ÜB Freiburg, Nl.
Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation erhalten sind. Zum ADV
vgl Wertheimer; Kruck; Cluckering, Die Alldeutschen; ders., We men und die dort genannte
Literatur.
47 Vgl. Frymann [i.e. Heinrich Class], S. 51f; Sigismund, Frauenbewegung, S. 58.
48 Vgl. Frymann, S. 118-121, Zitate S. 120.
49 Vgl. Sigismund, Frauenbewegung, S. 58. Der Weimarer Schulprofessor hatte noch bis
1911 an den Alldeutschen Blättern mitgearbeitet, vgl. 21 (1911), Nr. 34, S. 2 8 2 - 2 8 4 .
50 Vgl. Handbuch des Alldeutschen Verbandes 17 , S. 13-16; ebd. 20 , S. 11-17, S. 2 3 , S. 2 8 ;
ebd. 21 , S. 11-15; ebd. 22 , S. 13-18, S. 20f, S. 2 3 , S. 27, S. 35, S. 38, S. 53; AB 15 (1905), Nr.
2 5 , S. 216f; ebd., 25 (1915), Nr. 2 1 , S. 175; ebd., 26 (1916), Nr. 2, S. 19; ebd., 28 (1918),
Nr. 20, S. 162; Stegmann, S. 303 u. S. 4 7 1 ; Chickering, We men, S. 242.
51 So der Vorwurf des Gründers der antifeministischen Liga, vgl. Sigismund, Frauenbewe-
gung, S. 58.
52 Vgl. »Aus den Gauen und Ortsgruppen«, in: AB 23 (1913), Nr. 2 5 , S. 207; Monatsblatt
4 (1916), Nr. 12, S. 6 und Sigismund, Frauenbewegung, S. 58.
53 Die Preußischen Jahrbücher begeisterten sich ftir Gobineau als »Führer« gegen die
»demokratische Flut« der Gegenwart, vgl. Bd. 141, S. 313-318.
54 Vgl. die - im Zitat von mir kursiv gekennzeichneten - handschriftlichen Korrekturen
auf dem hektographierten Aufruf des Bundes, ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation. Dem Schriftvergleich zufolge stammen sie mit großer
Sicherheit aus Schemanns Feder. Wegen Meinungsverschiedenheiten über den Kurs der
antifeministischen Liga unterstützte der vielfach engagierte Völkische sie zunächst nur durch
Spenden und trat ihr erst später offiziell bei, vgl. seinen Brief vom 4.11.1913(5?), ebd., und
Bertha Stauffs Schreiben an Schemann vom 14.7.1916, ebd., IV A) Deutscher Bund gegen die
Frauenemanzipation.
55 Vgl. die Namen, die Schemann auf dem hektographierten Aufruf des Bundes notierte
(ebd., II D), Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation) mit dem Mitgliederverzeichnis
der Gobineau-Vereinigung.
56 Vgl. den Beitrittsaufruf des Bundes und die Korrespondenz zwischen Thode und
Schemann in ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IV B) Thode, Henry. Schemann hatte sich nach
Differenzen Ende der 1880er Jahre vom Bayreuther Kreis zurückgezogen, pflegte aber
weiterhin seine Beziehungen zu Thode, Hans von Wolzogen und Mocller van den Brück. Vgl
zum Bayreuther Kreis grundlegend Mork, insb. S. 129-195. Der durchaus informativen
älteren Studie Schülers mangelt es stellenweise an historischer Distanz.
57 Vgl. »Der Deutschbund. Was wir wollen!«, in: BAP, 1507, Nr. 360, Deutschbund e.V.,
ßl 2f Die 1894 gegründeten Vereinigung zählte zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1.534,
Mitte der 1920er Jahre knapp 2.500 Mitglieder, zu denen noch ein weiter Kreis von
Sympathisanten kam, vgl. Fricke, Bd. 1, S. 5 1 7 - 5 2 5 .
58 Vgl. ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IV A 1) Deutschbund; ebd., IV A) Bibliotheken,
Deutsche Nationalbücherei Gotha; »Deutschbund und Rassenfrage«, in: Korr. BdL, Jg. 1912,
; Nr. 48, S. 202.
59 Vgl. Lange, Deutschrum, S. 162-174, Zitat S. 163.

339
Anmerkungen zu S. 126-127

60 Vgl. »Arbeitsplan des Deutschbundes in der Rassenfragc«, in: PAR 12 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr.


6, S. 325-329.
61 Vgl Monatsblatt2 (1914),Nr. 3,S. 36. Hellwig wiederum war ein Verehrer Gobineaus
und stand mit Ludwig Schemann in Brietkontakt, vgl. ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IV B)
Hellwig.
62 Sowohl der Herausgeber Gerhard Krügel als auch der Volkswart-Verleger Theodor
Weicher gehörten zum Kreis der Deutschbundbrüder, vgl. BAP, 1507, Nr. 360, Deutschbund
e.V., Bl. 7.
63 Vgl. die Anzeige in AB 22 (1912), Nr. 50, S. 451 und die Beilage zu AB 23 (1913), Nr.
39.
64 Vgl. Bartels.
65 Der Deutschvölkische Schriftstcllerverband war 1910 auf Anregung Philipp Stauffs
entstanden. Ziel dieser Lobby antisemitischer Journalisten und Publizisten war neben der
Übernahme gewerkschaftlicher Aufgaben die Schaffung einer völkischen »Gcgenkultur« durch
Vereinbarungen mit gleichgcsinnten Presseuntemchmen, Verlegern und Theatern. Vgl.
Stauffs Rundschreiben vom 14.11.1909, ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IV B) Stauff, Philipp.
Vgl. zu Bartels Funktion in der Organisation auch jochmann, S. 139.
66 Vgl. Adolf Bartels, Helene Böhlaus »Halbticr«, in: KW 13 (1899/1900), H. 3,S. 8 5 - 9 0 ,
Zitat S. 89. Vgl. auch Kratzsch, S. 121f. u. S. 318f
67 Vgl. Kratzsch, S. 463-466 und 4 3 1 . Ein Kunstwart-Artikcl weist die Antifeministen
Bartels, Max von Gruber, A. Matthaci und Henry Thode als Vorstandsmitglieder des Dürer-
bundes aus - Seite an Seite mit Marianne Weber und Rosa Mayrcder. Vgl. »Der neue
Gesamtvorstand des Dürerbundes«, in: KW 27 (1913/14), H. 1, S. 32-36. Aus dem
Dürerbund ging in Zusammenarbeit mit den Deutschnationalen Handlungsgehilfen die
Fichte-Gesellschaft von 1914 hervor. Dazu zählten neben Adolf Bartels, Henry Thode und
Fritz Bley mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Antifeministen Arnold Rüge, Max von
Gruber, Dietrich Schäfer, Otto Schmidt-Gibichenfels, Ludwig Schemann und Marie Dicrs,
vgl. »Der Kampf gegen das undeutsche Schrifttum«, in: DE 1 (1917), H. 7, S. 672f
68 Bertha Stauff fungierte mal als Schriftführerin und Fünfte Vorsitzende, mal war sie im
Geschäftsführenden Ausschuß des Bundes vertreten, vgl. Monatsblatt 3 (1915), Nr. 5, S. 4,
ebd., 6 (1918), Nr. 1/2, S. 3f. Zu Frau Bartels (der Vorname wird aus den Unterlagen nicht
ersichtlich) vgl. den Aufruf des Bundes in HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 3 .
69 Vgl. Stauff, Semi-Kürschner. Stauffs Wehrbuch, ein Verzeichnis deutschvölkischer
Vereinigungen, enthielt auch eine Fäntragung zum Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzi-
pation.
70 Vgl. Mosse, Rassismus, S. 94 und ders.,Volk, S. 85f. Vgl. weiterhin Hennand, S. 73fi;
Mohler 1989, S. 354f. und Wer ist's? 1922 8 , S. 1501.
71 Zu Lanz-Liebenfels vgl. Hermand, S. 76-78 und Kap. 2.5. dieser Arbeit.
72 Vgl. Daim.
73 Vgl. von Liszt, Weibliche Frwerbsfähigkeit. Der Wiener Strafrechtler mit Hang zur
Familienforschung war ein scharfer Gegner der Schwangerschaftsunterbrechung, vgl. ders.,
Kriminelle Fruchtabtreibung.
74 In Ruges umfangreicher Sammlung von Zeitungsausschnitten zur Frauenbewegung
finden sich auch Ankündigungszettel von Ostara-Heften, vgl. G L ^ Karlsruhe 6 9 , Nl. Rüge,
Nr. 9 3 .
75 Rüge hatte der Frauenbewegung anläßlich eines Vortrags im Heidelberger Verein
Frauenbildung-Frauenstudium vorgeworfen, sie sei eine »tosende Revolution derer, die nicht
Frau sein können und nicht Mutter sein wollen« und setze sich aus »alten Mädchen, sterilen

340
Anmerkungen zu S. 127-129

Frauen, Witwen und Jüdinnen« zusammen. Die Vorsitzende des Vereins, Marianne Weber,
ließ diese Beleidigungen nicht auf sich sitzen. Offene Briefe im Heidelberger Tageblatt
wechselten hin und her, der Streit zog immer weitere Kreise und wurde durch die Intervention
Max Webers schließlich in eine Auseinandersetzung unter Männern überführt. Vgl. Weber,
Briefe, S. 715-723 und S. 743-747 und die Erwähnung des Falles bei Frevert, FTirenmänner,
S. 223f Für unseren Zusammenhang ist interessant, daß Rüge von zahlreichen begeisterten
Zuschriften in seinem Vorgehen unterstützt wurde. Glückwünsche kamen auch von der
Hamburger Geschäftsführung des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbands, vgl. GLA
Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 18.
76 Vgl. etwa Monatblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 5. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 6 / 7 , S. 3f. und
ebd., Nr. 1 0 / 1 1 , S. 8. Monatsblatt 6 (1918), Nr. 172, S. 3f. Vgl. weiterhin Rüge, Wesen der
Universitäten; ders., Mobilmachung; ders., Dienst der Frauen.
77 Vgl. Monatsblatt 3 (1915), Nr. 11, S. 4 und GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92. Nach
dem Mannheimer Adreß-Buch von 1916 umfaßte der DHV-Südwestgau 9.000 Mitglieder (S.
1166).
78 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 5 und ebd., 6 (1918), Nr. 1/2, S. 3f.
79 Vgl. Ludwig Langemann, Der nationale Staat und die Frauenfrage, in: DHB 2 (1912),
H. 3, S. 32t.; Julius Werner, Die kulturpolitische Notwendigkeit des Konservatismus. Unpag.
Beilage zu ebd., 3 (1914), H. 11.
80 Vgl. »Deutsche Judenordnung«, in: Auf Vorposten 6 (1918), H. 1-3, S. 72-76.
81 Vgl. »Der Verband gegen die Überhebung des Judentums«, in: D H B 2 (1912), Nr. 3,
S. 25-27 und ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IV A) Verband gegen die Überhebung des
Judentums. Zur Funktion des VDS als Kaderschmiede des ADV vgl. Ernsf Hasse, Alldeutscher
Verband und Kyffhäuserverband, in: Ak. Bl. 21 ( 1 9 0 6 / 7 ) , Nr. 9, S. 146f.
82 Vgl. ebd., S. 147.
83 Vgl. K. Böhme, Deutschtum und Christentum, in: Ak. Bl. 20 ( 1 9 0 5 / 6 ) , Nr. 17, S. 295
und Pfltef, Julius Werners Abschied von Frankfurt a.M, in: ebd., 32 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 9, S. 90.
84 Vgl. Jochmann, S. 124.
85 Vgl. Ak. Bl. 27 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 5,1.6.1912,S.74 (Verbandsnachrichten Berlin) und die
Geleitworte zum Beginn des Ersten Weltkriegs in: ebd., 29 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 1 1 , S. 8f. Der
antifeministische Admiral v. Dreski war Gast beim Antrittskommers des Kieler VDS, vgl. ebd.,
2 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 5, S. 75.
86 Vgl. Roethe. Der Verein für das Deutschtum im Ausland zählte auch den Schweizer
Antifeministen Eduard Blocher zu seinen Mitarbeitern, vgl. Eduard Blocher, Die sprachliche
Zukunft der Schweiz, in: DA 3 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 11, S. 528-536.
87 Vgl. »Der frauenfeindliche Professor«, in: BT, Nr. 576, 12.11.1909, BAP, 61 Re l , N r .
7960, S. 52.
88 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr, 12, S. 6.
89 Vgl. Ak. Bl. 22 ( 1 9 0 7 / 0 8 ) , Nr. 6, S. 95 und ebd., 26 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 5, S. 73f
90 Vgl. Kampe, S. 150. Seit 1913 gehörte der Kvffhäuserbund korporativ der Gobineau-
Gesellschaft an, vgl. die Beitrittserklärung vom 24.8.1913, ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IVA)
Kyffhäuserverband der Vereine Deutscher Studenten. Umgekehrt war Schemann F.hrenmit-
glicd im VDS Freiburg, vgl. ebd., IVA) Verein Deutscher Studenten.
91 Vgl. Kampe, S. 137 und S. 238 (Anm. 49). Zur Einschätzung von TR und DZ als
alldeutsche Tageszeitungen vgl. auch Chickering, We men, S. 234f und S. 283.
92 Vgl. Kap. 3.1.
93 Vgl. zu Wendland, dessen Beruf nicht aus dem Bundesaufruf hervorgeht, den Artikel
»Zur Frauenbewegung«, in: DZ, Nr. 162, 15.6.1912, ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D)

341
Anmerkungen zu S. 129-130

Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Der Artikel vermeldet weiterhin, daß auch
die antifeministischen Bundesmitglieder Walter Boelickc (Plauen) und Philipp Kropp (Jena)
als Schrittststeller und Redakteure arbeiteten, nennt aber die Namen der Zeitungen nicht.
94 Philipp Stauff schlug ihn wie auch Fritz Bley tür die Leitung des Deutschvölkischen
Schriftsteilcrvereins vor, vgl. Stauffs Rundschreiben vom 14.11.1909, ÜB Freiburg, Nl.
Schemann, IV B) Stauff, Philipp.
95 Vgl. von Gruber, Mädchenerziehung. Zur Deutschen Gesellschaft ftir Rassenhvgiene
vgl. Schmuhl, S. 92f sowie Weingart u.a., S. 2 0 1 .
96 Vgl. dazu Weingart u.a., S. 220-223. Vgl. zu den Funktionen Behr Pinnows beim Bund
zur Bekämpfung der Frauenemanzipation Monatsblatt 2 (1914), Nr. 7 / 8 , S. 78; ebd., 3
(1915), Nr. 1, S. 7; ebd., Nr. 6, S. 3f; ebd., 4 (1916), Nr. 2, S. l f ; ebd., 8 (1918), Nr. 1/2,
S. 3f. Als prominenter Fugeniker wurde Behr-Pinnow 1 9 1 9 / 2 0 zum Vorsitzenden der
Nachfolgeorganisation der antifeministischen Liga, des Bundes ftir deutsche Volkserneuerung,
gewählt, vgl. DVW 8 (1920), Nr. 3, S. 16.
97 Vgl. dazu und zu den Kontakten zwischen Schemann und Rassenhygienikern der ersten
Stunde wie Alfred Ploetz, Eugen Fischer und Fritz Ix-nz Weingart u.a, S. 96f Die kollegialen
und freundschaftlichen Verbindungen zwischen dem Vorsitzenden der Gobineau-Gesellschaft
und den renommierten wissenschaftlichen Vertretern der Rassenhvgiene einer- sowie den
offiziellen Verwaltern der Bevölkerungspolitik andererseits sehen die Autoren darin begrün-
det, daß die Rassenlehre in Deutsehland ständig zwischen Wissenschaft und Ideologie
schwankte, vgl. ebd., S. 100. Neben dieser strukturell-systematischen Analvse sollte jedoch die
persönliche F.bene nicht aus dem Blick geraten. Zu den »herzlichen Beziehungen« dürfte die
- bei allen sachlichen Differenzen - gute Freundschaft zwischen Schemann und v Gruber
sicherlich wesentlich beigetragen haben, ebenso wie der Kontakt zu ihrem »gemeinsamen
Freund« Otto Ammon. Vgl. die Briefe v. Grubers an Schemann vom 24.1. und 2 3 . 7 1 9 1 1 , ÜB
Freiburg, Nl. Schemann, II D) Max von Gruber.
98 Vgl. den Aufruf des Unabhängigen Ausschusses »An das deutsche Volk«, in: Korr. BdL,
Jg. 1916, Nr. 35, S. 108f; Schemanns Briefe an Schäfer vom Februar und März 1916, ÜB
Freiburg, Nl. Schemann, IV B) Schäfer, Dietrich. Zum Unabhängigen Ausschuß vgl. Ringer, S.
177-179; Schädlich. Zur Kriegspublizistik der deutschen Professoren vgl. Schwabe; Bleuel,
Deutschlands Bekcnner.
99 Vgl. zur Politikvorstcllung Max von Gruber, Ziel und Weg der Deutschen Vaterlands-
partei, in: DF 2 (1918), H. 1, S. 64f. Zur Vaterlandspartei vgl. Stegmann, Neo-Konservatis-
mus, S. 219; ders., Konservatismus, S. 419; ders., Erben, S. 216-223; R. Ullrich; Etue.
100 Vgl. Sfegmann,S.515f.;SfarJc,S.44f.undS.259(Anm. 110). Der Münchner Verleger
Julius Lehmann war bis Mitte der 1920er Jahre Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses
der Alldeutschen und druckte ihre Verbands- und Flugschriften sowie ihre Bücher. Unter dem
Einfluß Max von Grubers schloß er sich der Deutschen Ciesellschaft ftir Rassenhygiene an und
widmete seinen Verlag ganz der Verbreitung rassentheoretischer Schriften. Bei dem späteren
Kapp-Putschisten erschienen neben v. Grubers Abhandlungen auch die Arbeiten seines Antife-
ministen-Kollegen Ludwig Kuhlcnbeck, der in protofäschistischer Manier die Rassentheorie
zur Grundlage eines neuen Rechtsverständnisses machen wollte. Lehmann verlegte auch
Ludwig Schemanns Bücher und sorgte darüber hinaus für die finanzielle Unterstützung des
Freiburger Antifeministen, vgl. Stark, S. 112-115, S. 120f und S. 196-201.
101 »Der Deutschnationale Vereinsmensch«, in: DHW 24 (1917), Nr. 3, S. 42. Die
Mitgliedsnummern orientierten sich am Beitrittsdatum. Eine niedrige Nummer signalisierte -
wie später auch bei der NSDAP - , daß der Betreffende schon früh Mitglied im DHV geworden
war.

342
Anmerkungen zu S. 131-133

102 Die aktiven Emanzipationsgegner zählten zum Teil zur wilhelminischen Prominenz
I oder übten vielfach Berufe aus, die - wie etwa Pfarrer, Lehrer, Hochschuldozent oder
Journalist - die Fähigkeit zur öffentlichen Meinungsäußerung sowohl schulten als auch
I voraussetzten. Auch die Antifeministinnen, soweit sie nicht ohnehin als Lehrerinnen tätig
f waren oder bereits als Schriftstellerinnen reüssiert hatten, gehörten Sozialschichten an, die
I Wort und Schrift einen hohen Stellenwert einräumten. Daß das Bildungsbürgertum die
Meinungsführerschaft übernahm, war jedoch kein Spezifikum des antifeministischen Bundes,
| sondern in der bürgerliehen Öffentlichkeit des 19. Jahrhunderts allgemein üblich. Wo Mitglie-
derlisten fehlen, die diesen Eindruck korrigieren könnten, wird jede Organisationsgeschichte
die Dominanz des Bildungsbürgertums in Rechnung zu stellen haben.
103 Die Namen der engagierten Antifeministinnen und Antifeministen wurden ermittelt
I aus: Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation: Aufruf und Deutscher Bund
gegen die Frauenemanzipation: Aufruf! Beide in ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur
Bekämpfung der Frauenemanzipation. Vgl. weiterhin »Die christlich-nationale Gruppe gegen
die Frauenemanzipation«, in: DAG 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 19, 7.2.1913, Sp. 4 5 1 - 4 5 3 , hier Sp.
I 453 sowie Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1,S. 5 und S. 7; Nr. 4, S. 32; Nr. 9, S. 65; Nr. 10, S. 83;
| Nr. 11, S. 102f;Nr. 12, S. 115 und S. 122. Ebd., 2 (1914), Nr. 1, S. 8f; Nr. 2, S. 27; Nr. 3,
[ S. 29-32 und S. 34; Nr. 4, S. 40 und S. 44; Nr. 5, S. 52; Nr. 7/8, S. 73. Ebd., 3 (1915), Nr. 1,
S. 1-3; Nr. 3, S. 4; Nr. 5, S. 3f; Nr. 9,S. lf. Ebd., 4 (1916), Nr. 1,S. l;Nr. 3, S. l;Nr. 12, S.
8f. Ebd., 5 (1917), Nr. 1, S. 6 und Nr. 3, S. 3-5. Ebd., 6(1918), Nr. 3/4, S. 4f. und S. 10; Nr.
| 7 / 8 , S. 3; Nr. 9 / 1 0 , S. 2f. Ebd., 7 (1919), Nr. 7-9, S. 10. DVW 8 (1920), Nr. 2 / 3 , S. 16.
104 Die wissenschaftlichen Arbeiten, die den Deutschen Bund zur Bekämpfung der
[ Frauenemanzipation bisher in den Blick nahmen, unterstützen dieses populäre Urteil. Weder
I Evans, Feminist Movement, noch Mackenroth - die ihrer unveröffentlichten Magisterarbeit
[ immerhin eine Liste mit 172 im Monatsblatt genannten Antifeministinnen und Antifeministen
j beifügt - thematisieren die Mitgliedschaft von Frauen in der emanzipationsfeindlichen Liga.
f Damit legen sie eine Interpretation nahe, die Antifeminismus als rein männliches Phänomen
begreift Dagegen geht Baumann kurz auf die Rolle der christlich-nationalen Antifeministin-
nen ein, vgl. S. 210f.
105 Die Verwendung dieser spöttischen Abkürzung entspricht dem Sprachgebrauch der
Gegnerinnen und Gegnern des antifeministischen Bundes. Vgl. Minna Cauer, Die streitlusti-
gen »Antis«, in: FB 18 (1912), Nr. 17, S. 131; ebd., Nr. 13, S. 102; CB 14 (1912/13), Nr. 9,
S. 66.
106 Vgl. Niggemann, S. 77f
107 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 11, S. 102f; ebd., 6 (1918), Nr. 1/2, S. 3f; DVW 8
(1920), Nr. 2 / 3 , S. 16. Auch in den Lokalvereinen besetzten Frauen etwa 20 Prozent der
Funktionärsposten, vgl. die Angaben zur Weimar in Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 16.
108 Vgl. Monatsblatt 5 (1917), Nr. 8 / 9 , S. 1.
109 Vgl. ebd., S. 6f; ebd., Nr. 10-12, S. 6; ebd., 6 (1918), Nr, 7 / 8 , S. 8f; ebd., Nr. 9 / 1 0 ,
S. 8. Zu v. Meerhcimbs Engagement im Rahmen der Inneren Mission vgl. L.fangemann],
Dienst der Frauen und »Fraucndienstpflicht«, in: ebd., 5 (1917), Nr. 1, S. 8.
110 Vgl. ebd., 7 ( 1 9 1 9 ) , Nr. 2 / 3 , S. 1.
111 Vgl DVW 8 (1920), Nr. 2 / 3 , S. 16.
112 Vgl. dazu Kap. 6.
113 Vgl. Langemann u. Hummel. Im antifeministischen Monatsblatt läßt sich eine derart
strikte Trennung der Aufgabenbereiche allerdings nicht durchgängig beobachten.
114 Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Chickerings Untersuchung nationalistischer
Frauenorganisationen und Bruns Studie des Bismarck-Fraucnvereins. der 1894 mit dem Ziel

343
Anmerkungen zu S. 133-136

antrat, der Frauenemanzipation entgegenzuwirken und sich 25 Jahre später zum rechten
Flügel der Frauenbewegung zählte. Vgl. Bruns, Machteffekte, Chickering, Casting Their Gaze;
vgl. auch Bruns, Kriegsweib.
115 Vgl. Langewiesche, Nation, S. 216.
116 Hedwig Dohm, Feindliche Schwestern, in: Die Aktion 4 (1914), 25.7.1914, Sp. 6 4 8 -
653, hier Sp. 648f Hervorhebung im Orginal.
117 Vgl. FB 18 (1912), Nr. 12, S. 9 1 .
118 Die Vermutung, daß die Arbeit als städtische Waisenpflegerin für diese nichtadelige,
unverheiratete Antifeministin ein Erwerbsberuf war, beruht auf dem Vergleich mit den
anderen Frauen dieser Gruppe.
119 Vgl. »Hausschwestern«, in: KW 22 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , H. 19, S. 57.
120 Vgl. die Auskunft des Rostocker Stadtarchivs, Aktenz. 41440002 P vom 24.5.1996
sowie den »Gotha«, S. 625.
121 Vgl. Planen.
122 Dieser Schluß läßt sich auch aus der Geschichte der Frauenbewegung(en) ziehen. Es
war kein Zufall, daß die Zusammenarbeit von bürgerlichen und sozialdemokratischen Frauen
im Nationalen Frauendienst erst unter dem Druck eines äußeren Feindes gelang, der
innenpolitische Konflikte vorübergehend zurücktreten ließ. Folgerichtig stellte sich die Seg-
mentierung nach Klasse und politisch-mentalitärem Milieu sofort wieder ein, sobald der
äußere Druck als verbindendes Element wegfiel.
123 Vgl. Wer ist's?, 1912", S. 829. Von Koller, Rittergutsbesitzerund ursprünglich Landrat
im Kreis Kammin, saß von 1867 bis 1903 ununterbrochen für die Deutschkonservativen im
Preußischen Abgeordnetenhaus. Von 1867-1874 war er Erster Vizepräsident, von 1879-
1897 Präsident der Kammer. Für den Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation hatte
der Ex-Minister wohl eher dekorative Funktion - von Koller war bei der Formierung der
Organisation bereits 89 Jahre alt und starb 1916. Vgl. Biographisches Handbuch, Nr. 1204.
124 Vgl. Wer ist's?, 1922", S. 6 7 3 , und »Die chrisdich-nationale Gruppe gegen die
Frauenemanzipation«, in: DAG 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 19, Sp. 4 5 3 .
125 Vgl. Wer ist's?, 1912 6 , S. 1025 und S. 1320.
126 Vgl. ebd., S 1378.
127 Vgl. ebd., S. 1751. Anton von Werner war dank Ämtcrhäufüng und ausgezeichneter
Beziehungen einer der einflußreichsten Kulturpolitiker des Kaiserreiches. Et profilierte sich
bei Hofe als historistischer Maler von Szenen der preußisch-deutschen Geschichte und
bekämpfte entschieden jene Künstler, die dem provinziellen Konformismus in Berlin moderne
avantgardistische Experimente entgegensetzen wollten, vgl. Paref.
128 Vgl. DAG 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 19, Sp. 4 5 3 .
129 Vgl. Wer ist's?, 1922 8 , S. 529.
130 Vgl. Weingart u.a., S. 248 und Wer ist's?, 1912 6 , S. 87.
131 Vgl. Die Akademische Frau, S. 3 3 - 3 6 . Bardeleben bemühte in seinem Gutachten die
bekannten biologistisch-moralistischcn Klischees zur Zurückweisung gleichberechtigter weib-
licher Studienansprüche und fügte als weiteres Argument hinzu, daß »bei uns überhaupt zu
viel studiert« werde. Dennoch sprach er sich dafür aus, die Probe aufs Exempel zu machen und
einige wenige ausgewählte Mädchen-Gymnasien und Frauen-Universitäten einzurichten,
denn: »Entweder wird es wirklich etwas Vernünftiges, dann will ich mich belehren und
bekehren lassen - oder es wird nichts Vernünftiges, dann haben wir die Agitation ad absurdum
geführt und haben Ruhe« (S. 35f.).
132 Vgl. Wer ist's?, 1912 6 , S. 328 und S. 965f. sowie 1922", s.v. »Keim, August«.
133 Oberst Karl Hellwig war Mitglied der Deutsch-Sozialen Partei, die sich 1914 mit der

344
Anmerkungen zu S. 136-137

Deutschen Reformpartei zur Deutschvölkischen Partei zusammenschloß, vgl. Lohalm, S. 340,


Anm. I I a . Bartels gehörte zum Führungsstab der Deutschvölkischen, vgl. Fricke, Bd. 2, S.
559f.
134 Vgl. Wer ist's?, 1922 8 ,S. 1121.
135 Boenisch gehörte dem Preußischen Abgeordnetenhaus an und war zugleich einer der
wenigen katholischen Antifeministen, vgl. Biographisches Handbuch, Nr. 195.
136 Zu Graef vgl. Wer ist's? 1922 8 , S. 510.
137 Im Vorstand von 1913 und 1920 stellten adelige Antifeministen und Antifemini
stinnen einen Anteil von rund 20 bzw. 25 Prozent. lediglich 1918 entsprach die »Adelsquo-
te« in dem Gremium etwa der prozentualen Verteilung in der gesamten aktiven Anhänger-
schaft.
138 Vgl. zur Frauenbewegung im Rahmen der evangelischen Kirche Baumann. Die
konservativen und nationalistisch ausgerichteten Frauenorganisationen sind - wohl aus Man
gel an feministischer Sympathie - bislang weitgehend unerforscht. Eine systematische Unter-
suchung dieses Milieus läßt das Hamburger Habilitationsprojekt von Kirsten Heinsohn
erwarten. Firste Annäherungen bieten neben den genannten Arbeiten von Bruns, Machteffek-
te und Chtckering, Casting Their Gaze, die Aufsätze von Riemann und Daniel, Vaterländische
Frauenvereine. Die dominierende Rolle der Adeligen betont auch Andrea Süchting in ihrer
unveröffentlichen Zulassungsarbeit über den Vaterländischen Frauenverein. Ich danke der
Autorin für die Überlassung des Manuskripts.
139 Von den 282 männlichen Emanzipationsgegnern hatten 87 promoviert; 28 führten
zusätzlich den Professorentitel. 13 Männer setzten ihrem Namen nur den »Professor« hinzu.
Darunter waren Konsistorial- und Kirchenräte, möglicherweise aber auch - dort wo kein Beruf
genannt wurde - unpromovierte Schul- oder Akademieprofessoren. Zusammengerechnet
führten rund 34 Prozent der Antifeministen einen akademischen Titel.
140 Im Einklang mit den zeitgenössischen Umgangsformen wurden dabei Ehefrauen, die
sich mit den Titeln ihrer Männer ansprechen ließen (Frau Geheimrat, Frau Professor etc.), an
dieser Stelle als Titeitrigerinnen mitgezählt.
141 Zu dieser Gruppe rechneten überwiegend gutverdienende Freiberufler oder höhere
Angestellte: 16 Journalisten (Redakteure und Schriftsteller eingeschlossen), 9 (Ober-)Ärzte, 5
Rechtsanwälte, 2 Apotheker, je ein Architekt, Regisseur und Landschaftsmaler. Nur wenige
aktive Antifeministen arbeiteten in einem weniger prestige- und einkommenstrachtigen Beruf
des tertiären Sektors. Je einer verdiente seinen Unterhalt als Telegraphen- oder Gerichtssekre-
tär, Bank oder Rechtsanwaltsbürobeamter oder Industrickaufmann.
142 Vgl. Ei'uns, Feminist Movement, S. 178.
143 Von den 20 Nennungen dieser Gruppe war einer Schneidermeister; 19 bezeichneten
sich als »Kaufmann«. Eine nähere Spezifizierung läßt die Qucllenlage nicht zu. Daher kann
nicht mit Sicherheit entschieden werden, ob es sich dabei tatsächlich um selbständige Kaufleu-
te im Sinne des Begriffs vom »alten Mittelstand« handelte oder ob diese Berufsbezeichnung
bereits in Hinblick auf die neuen Angestelltenschichten verwendet wurde, die sich etwa seit
der Jahrhundertwende ausdifferenzierten. Da sich andere Antifeministen aber präziser als
»Industriekaufmann« oder »Bankbeamter« einführen - und damit ersichtlich dem »neuen
Mittelstand« zuzurechnen sind - wurde der »Kaufmann« dem »alten Mittelstand« zugeschla-
gen.
144 Die Gruppe setzt sich zusammen aus je einem Ordinarius für Medizin, Geschichte und
Germanistik, einem Dozenten der Staatswissenschaften, einem Kartographen und einem
Bibliothekar, je einem Privatdozenten für Philosophie und Medizin, einem Assistenzarzt,
einem Kunsthistoriker, einem Musikprofessor, einem (außerordendichen) Professor der Theo-

345
Anmerkungen zu S. 138-141

logie, dem Akademiedirektor von Werner, einem ordentlichen Professor an einer Technischen
Hochschule sowie zwei promovierten Professoren ungenannter Disziplinen.
145 Bei adeligen Antifeministen und Antifeministinnen ohne Berufsangabe wurde davon
ausgegangen, daß ihre Einkünfte zumindestens teilweise aus Landbesitz resultieren.
146 Vgl. Kap. 3.4.
147 Den Berechnungen liegt ein Sample von 349 männlichen und weiblichen Fman-
zipationsgegnern zugrunde, deren regionale Herkunft ermittelt werden konnte.
148 Für dieses Modell hatte vermutlich die Integration von Spitzenfunktionären des DHV
in den Vorstand des antifeministischen Bundes Pate gestanden. Die Einbindung anderer
Verbände war spätestens seit 1917 das erklärte Ziel der antifeministischcn Liga, vgl Kap. 3.4.
149 Vgl. DVW 8 (1920), Nr. 2 / 3 , S. 10 und S. 16
150 In etwa entsprach die Mitgliederstruktur des Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation damit der sozialen Zusammensetzung anderer nationalistischer oder völkischer
Organisationen. Sic alle waren, wie Ulimann (S. 108) mit Blick auf den Alldeutschen Verband
formulierte, Organisationen »städtischer Mittelschichten, die sich durch Bildung oder Besitz
auszeichneten«.
151 Diese für eine Stadt von Größe und Bedeutung Weimars ungewöhnlich hohe Anzahl
ist weniger auf den Umstand zurückzuführen, daß der Bundesvorsitzende in Weimar wohnte,
als auf ungewöhnlich günstige Überlieferungsbedingungen. Die Ortsgruppe Weimar ist die
einzige, deren Mitgliederliste komplett vorliegt. Bei der Bewertung der örtlichen Verteilung
muß daher die einseitige Materiallage in Rechnung gestellt werden.
152 Insbesondere natürlich die Reichshauptstadt Berlin, vgl. Verzeichnis der in Deutsch-
land erscheinenden Frauenzeitschriften
153 Daten über die Konfessionszugehörigkeit der Bundesmitglieder liegen - von wenigen
Ausnahmen abgesehen - nicht vor.
154 Der Münchner Bankier Wilhelm Freiherr von Pechmann war evangelisch, vgl. Kant-
zenbach, insb. S. 1-3. Der (katholische) Kemptener Landesgerichtsrat Gustav Ziegler war mit
einer Protestantin verheiratet, sein Sohn wurde evangelisch getauft, vgl. den Familienbe-
schrieb der Familie Zicgler im Stadtarchiv Kemptcn/Allgäu.
155 Vgl. einen Brief Ludwig I.angemanns an den Flamburger Pastor Max Glage vom
12.12.1915 im Nordelbischcn Kirchenarchiv, Best. St. Anschar 3 / 1 4 , zit. nach Baumann, S.
359f.
156 Vgl. MoWer, S. 222 und Hermand, S. 204. Kosen, Bd. 2, S. 1030 datiert Rcventlows
exponierte Tätigkeit für die Arisierer des christlichen Glaubens auf die Jahre 1933-1936.
157 Vgl. Langemann, Deutschlands Erniedrigung; ders., Papsttum; ders., Evangelium.
158 Neben dem erwähnten Landgerichtsrat Ziegler auch der Referent für Landwirtschaft
im Reichsamt des Inneren, Paul Boenisch, vgl. Biographisches Handbuch, Nr. 196.
159 Vgl. Mannheimer Adreßbuch 1900, S. 677 und 1928, S. 399 sowie die Auskunft des
Stadtarchivs Mannheim vom 6.2.1991, Geschäftszeichen 16 74.10-Frauencm.
160 So die Definition von E. E. Hermann Schmidt, Organisation und Propaganda in der
Politiken: Rüben, Bd. 1,S. 127-139. Schmidt konstatiert am Vorabend des Fürsten Weltkriegs,
daß »die Parteien und Verbände bis vor kurzer Zeit noch die Reklame, wie sie von Industrie
und Handel betrieben wird, verschmähten. Aber die Zeichen mehren sich, daß auch hierin
andere Anschauungen Platz greifen« (ebd., S. 138f). Als Musterbeispiele moderner Organisa-
tion nennt Schmidt die SPD und den Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband, so daß
die Vermutung naheliegt, daß sich der Bund - soweit es sein eingeschränkter finanzieller
Spielraum zuließ - in seinen Aktionsformen an die mit ihm eng verbundene Angestellten-
organisation anlehnte.

346
Anmerkungen zu S. 141-144

161 Vgl. den Spendenaufruf in Monatsblatt 1 (1913), Nr. 12,S. 124. Der Spendenfond für
die F.inrichtung dieser Stelle war bereits im Mai 1913 gegründet worden, vgl. ebd., 1918
I erhielt die Geschäftsstelle einen monatlichen Zuschuß von 125 Mark, der auf Antrag um
i weitere 25 Mark erhöht werden konnte. Ob damit Personal oder Sachkosten oder beide
; Ausgabeposten bestritten werden sollten, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Vgl den
Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den 13.7.[19]18
i im Ratskeller des Rathauses in [ Berlin-]Friedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Arnold Rüge Nr. 7.
162 Vgl. B.C.F. Korrespondenz des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Fraueneman
[ zipation 1 (1912), [o.O., o.J., autotypiert], Nr. 2, September 1912, Nr. 3, Oktober 1912, Nr.
! 4, November 1912, ÜB Freiburg, Nl. Ludwig Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der
i Frauenemanzipation. Die Bedeutung des Kürzels B.G.F. wurde nicht aufgelöst; vermutlich
: stand es für Bund gegen Frauenemanzipation.
163 Vgl. »Mitteilungen«, in: B.G.F.-Korrespondenz 1 (1912), Nr. 3, Oktober 1912, S. 6.
164 Vgl. ebd. Da die Ausgabe als Autotypie hergestellt worden war, konnte sie nicht mehr
I vervielfältigt werden. Der Herausgeber sah sich daher nicht in der Lage, jedem Mitglied des
antifeministischen Bundes ein F.xemplar zuzustellen. Im Umkehrschluß bedeutete dies, daß
sich dem Verband bis zum Oktober 1912 deutlich mehr als 200 Emanzipationsgegncrinnen
[ und gegner angeschlossen hatten.
165 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1,S. 8. Nachdem der Verein seinen Namen 1914 leicht
1 modifiziert hatte, hieß das Verbandsorgan entsprechend Monatsblatt des Bundes gegen die
j Frauenemanzipation. Der Einfachheit halber wird die Zeitschrift daher als Monatsblatt zitiert.
166 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 1.
167 Vgl. Vgl. GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge Nr. 7; Monatsblatt 2 (1914), Nr. 2, S. 36.
168 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 8 / 9 , S. 6.
169 V g l . M o n a t s b l a t t l ( 1 9 1 3 ) , N r . 2 , S . llf. und 16;ebd.,Nr.6,S.48;ebd.,Nr.9,S. 79f;
ebd., Nr. 10; S. 91f; ebd., Nr. 1 1 , S. 103; vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 1, S. 15; ebd., Nr. 4,
[ S. 43; ebd., Nr. 5, S. 5 0 - 5 1 ; ebd., Nr. 6, S. 60. Vgl. auch ebd., 4 (1916), Nr. 6 / 7 , S. 8 sowie
[ Dresdner Nachrichten, Nr. 66, 7.3.1914 und Nr. 70, 11.3.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S.
[ 33f. und S. 37.
170 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 9, S. 79f; ebd., Nr. 11, S. 103.
171 Vgl. B.G.F.-Korrespondenz 1 (1912), Nr. 2, September 1912, S. 2 und Nr. 3,
Oktober 1912, S. 5; Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 16; ebd., Nr. 6, S. 48; ebd., Nr. 9, S. 80.
172 Vgl. Elsa Hielscher, Der Anfang eines Bundes zur Bekämpfung der Frauen
emanzipation in Schlesien, in: FG 7 (1912/13), 15.7.1913, S. 156; Marie Wegner, Eine
Sitzung der Antis, in: ebd., 8 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , 15.5.1914, S. 139f
173 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 16.
174 Vgl. ebd., 4 (1916), Nr. 3, S. 4 und ebd., Nr. 1 0 / 1 1 , S. 8.
175 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 7 und ebd., 2 (1914), Nr. 2, S. 26.
176 So sollen sich einem Bericht des Monatsblatts zufolge der Göttinger Ortsgruppe nach
einem Referat des Bundesvorsitzenden Langemann 36 neue Mitglieder angeschlossen haben,
vgl. 1 (1913), Nr. 9, S. 79f. Ausführliche Berichte über lokale Aktivitäten des Bundes
erschienen etwa in: BNN, Nr. 448, 4.9.1913; Post, Nr. 439, 19.9.1913; Hamburger Frem-
denblatt, Nr. 5 1 , 1.3.1914 (vgl. StA H H , PP, S 18846); Kieler Neueste Nachrichten, Nr. 12,
15.1.1913 (vgl. BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 68); Weimarische Zeitung, Nr. 22, 26.1.1913,
Göttinger Zeitung, 2.8.1913.
177 Vgl. H N , Nr. 234, 22.5.1913; BNN, Nr. 448, 4.9.1913; ebd., Nr. 565, 6.11.1913
(vgl. StA H H , PP, S 18846); Schleswiger Nachrichten vom 7.1.1914; ebd., 5.3.1914;
Monatsblatt 2 (1914), Nr. 2, S. 26.

347
Anmerkungen zu S. 144-146

178 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 10, S. 84.


179 Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den
15.7.[19]18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin-]F'ricdenau, GLA Karlsruhe 6 9 , Nl. Rüge,
Nr. 7.
180 NAZ, Nr. 221,19.9.1913.
181 Vgl. das von Bertha Stauff unterzeichnete Rundschreiben des Bundes an Ludwig
Schemann vom 20.6.1916, ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IV A) Deutscher Bund gegen die
Frauenemanzipation.
182 Brief Ludwig Langemanns an Arnold Rüge vom 18.1.1917, GLA Karlsruhe 69, Nl.
Rüge, Nr. 7.
183 Vgl. Vcrhandlungsbcncht der Vorstands- u. Ausschußsitzung vom Sonnabend den
15.7.[19]18im Ratskeller des Rathauses in [Berlin- ]Friedenau, GLA Karlsruhe 6 9 , Nl. Rugc,
Nr. 7.
184 Sie »muss zurzeit unsere Hauptarbeit sein«, schrieb Langemann an Rüge am
18.1.1917, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 7.
185 Vgl. Verhandlungsbencht der Vorstands- und Ausschußsitzung (wie Anm. 183).
186 Über »Die Ethik Jesu und die moderne Frau«, vgl. Monatsblatt 3 (1915), Nr. 1,S. 14.
187 Referatsthema war »Die Grundlage und die Grundsätze der modernen Frauenbe-
wegung«, vgl. ebd., 2 (1914), Nr. 1, S. 15. Für seine Ausführungen erntete er »demonstrati-
ven Beifall«, vgl. DTZ, Nr. 629, 10.12.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 150.
188 Vgl. DAG 15 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Literarische Beilage , Nr. 2, 28.11.1913, Sp. 271
189 Vgl. Gutsfrau 4 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 17, S. 363.
190 Über »Die Sicherung des Volksbestands in Deutschland«, vgl. Monatsblatt 3 (1915),
Nr. 6, S. 3f.
191 Vgl. Gertrud Bäumer, Wieder einmal Herr von Gruber, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 1,
S. 50. Gruber sprach sich »mit großer Entschiedenheit gegen die Frauenrechtlerinnen aus. Sie
wollen nicht mehr Gebärmaschinen werden ... Sie wollen jetzt Gedankenmaschinen werden.
Das aber sollen sie nur den Männern überlassen ... Denn Konsequenz ist niemals der Erbteil
des weiblichen Geschlechts gewesen.« Vgl. BT, Nr. 480, 21.9.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964,
S. 79f.
192 Weiterhin verlangte er einen obligatorischen Fortbildungsunterricht für Mädchen zur
Vorbereitung auf ihre Mutter und Hausfrauenrolle sowie die Abschaffung von Kinderkrippen.
Die evangelische Reformation fand diese Vorschläge »bemerkenswert«, vgl. 16(1917), Nr. 3,
21.1.1917, S. 33.
193 Vgl. Rüge, Allertiefste Not.
194 Vgl. Monatsblatt 3 (1915), Nr. 3, S. 4.
195 Vgl. ebd., 6 (1918), Nr. 5 / 6 , S. 8.
196 Vgl. ebd., 5 (1917), Nr. 3, S. 6.
197 Vgl. Marie Wegner, 1913, in: FG 8 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , S. 53f.
198 Vgl. »Der Kampf gegen das Frauenstimmrecht, in: B.G.F.-Korrespondenz 1 (1912),
Nr. 4, November 1912, S. 3f.
199 Vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 1,S. 15.
200 Vgl. AB 23 (1913), Nr. 265, S. 267. Den zugesagten ausführlichen Bericht blieb das
Verbandsorgan seinen Lesern jedoch schuldig - ein weiteres Indiz dafür, daß sich Verbandslei-
tung und Basis des ADV in ihrer Haltung zur »Frauenfragc« nicht einig waren.
201 Vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 2, S. 26.
202 Vgl. ebd., 5 (1917), Nr. 2, S. 4.
203 Vgl. ebd., 2 (1914), Nr. 6, S. 57f.

348
Anmerkungen zu S. 146-148

204 Vgl. Hessisches HStA Wiesbaden, Aktenbestand Preußischer Regierungspräsident,


Abt. 405, Nr. 6095, Bl. 90.
205 Die Akten weisen die Bestände als »Geschenk des Deutschen Bundes zur Bekämpfung
der Frauenemanzipation, Berlin« aus, vgl. Akzessionsjournal der Universitätsbibliothek
Tübingen 1913, Fäntrag vom 4.8.1913.
206 Im Staatsarchiv Dresden, Ministerium des Innern, Nr. 4401 ist als Bl. 31 Ludwig
Langemanns Schrift »Der Deutsche Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation. Seine-
Aufgaben und seine Ziele« abgelegt. Als Übermittler kommt der Antifcminist Max Theodor
Forkhardt in Betracht, der für die Jahre 1914ff im Sächsischen Staatshandbuch als Sekretär im
Kultusministerium verzeichnet ist.
207 Vgl. GStA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77, Tit. 662, Nr. 154, Bd. 1, Bl.
75.
208 Das Hakenkreuz war seit der Jahrhundertwende zum bevorzugten Symbol völkischer
Gruppierungen geworden und kodierte mehr und mehr einen rigiden Antisemitismus. Ha-
kenkreuze erschienen auf den Flugblättern und Broschüren antisemitischer Vereinigungen,
auf Werbeanzeigen für »germanische« Literatur und in einschlägigen Zeitschriften. Der
Volkserzieher führte das Finblem im Titel, und auch auf der Wiener Ostara war die Swastika
häufig abgebildet. Ostara- Herausgeber Lanz von Liebenfels hißte zu Weihnachten 1907 eine
Hakenkreuzflagge auf seiner Burg Werfenstein. Auch Guido von List zählte das Hakenkreuz
zu seinem bevorzugten Symbolfündus; ebenso vermutlich seine Anhänger wie etwa der
Antifcminist Philipp Stauff. Die Thule-Gescllschaft, 1918 (u.a.) aus dem mit der antifemini-
stischen Liga verflochtenen Germanenorden hervorgegangen, führte das Hakenkreuz in ihren
Bundesnadeln und verwendete es als Verbandszeichen in Ausweisen sowie für Briefköpfe. Die
Brigade F.hrhardt, zu der der Antifcminist Arnold Rüge in Verbindung gestanden sein will,
trug es am Stahlhelm, andere Freikorps führten es in ihrer Standarte. Vgl. auch Rabbow, s.v.
»Hakenkreuz«, S. 110-118.
209 Vgl. GStA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77, Tit. 662, Nr. 154, Bd. 1, Bl.
75.
210 »Eingabe der Ortsgruppe Bremen des Deutschen Bundes gegen die Frauenemanzipa-
tion gegen eine Petition des »Bremer Vereins ftir Fraucnstimmrccht« um Abänderung der
Wahlvorschriften, betr. die Ableistung des Staatsbürgereides, dafür, daß auch die Frauen das
Bürgerrecht erlangen können«, datiert vom 14.1.1911, Staatsarchiv Bremen, Senatsregistra-
tur, StA 3-V.2. Nr. 1042. Wahrscheinlich beruht die Datierung auf einem Lesefehler, bei dem
1911 mit 1914 verwechselt wurde. Das Monatsblatt des antifeministischen Bundes benchtete
von der Petition im Mai 1914, vgl. 2 ( 1 9 1 4 ) , Nr. 5, S. 50f.
211 Vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 7 / 8 , S. 73f. und ebd., Nr. 5, S. 50f.
212 Ludwig Langemann, Warum müssen Kirche, Gemeinde und Staat das Frauenstimm-
recht grundsätzlich ablehnen? Denkschrift des Deutschen Bundes gegen die Frauenemanzipa-
t i o n , o . O . , o . J. [Berlin 1915], archiviert im Staatsarchiv Bremen,Senatsregistratur, StA 3-V.2.
Nr. 1042.
213 Vgl. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, MA 92765.
214 Vgl. Monatsblatt 6 (1918), Nr. 1/2, S. 2. Zum Inhalt vgl. Langemann u. Hummel.
215 Was auf den ersten Blick widersinnig anmuten mag, hatte den Sinn, einen weiblichen
Befähigungsnachweis minderer Güte zu vermeiden, der, so fürchtete man, die Gruppe der
weiblichen Studierenden überhaupt in Mißkredit bringen würde. »Frauenbildung-Frauenstu-
dium« lehnte einen weiblichen »Sonderweg« zum Abitur ab und votierte dafür, die
Mädchenbildung den Bildungspatenten der Knaben anzugleichen.
216 Vgl. Monatsblatt 2 (1914), Nr. 6, S. 57.

349
Anmerkungen zu S. 148-149

217 Vgl. ebd., 4 (1916), Nr. 1 0 / 1 1 , S.4f.


218 Vgl. zum Beamtinnen-Zölibat ausführlich Hahn und Huerkamp, Bildungsbürgerin-
nen.
219 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 5 und ebd., Nr. 10, S. 83f.
220 Vgl. Werner, Protestantismus, S. 87.
221 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 9, S. 65; ebd., Nr. 10, S. 82; Titelblatt der B.G.F.-
Korrespondenz.
222 Vgl. Monatsblatt 6 (1918), Nr. 1/2, S. 1. In welchem Zeitraum und wie lange
»Deutsche Frauenart« erschien, war ebensowenig herauszufinden wie Auflagenhöhe oder
Abonnentenkreis. Auch im untersuchten Archiv material ist kein F.xemplar des Pressedienstes
mehr erhalten.
223 Vgl. Verhandlungsbericht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den
13.7.[ 19] 18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin ]F'riedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Arnold
Rüge Nr. 7. Neben Marie Dicrs gehörten dem Gremium Ida von Meerheimb, Anna Schellen-
berg, Käthe Sturmfels Becker, Helene Hummel und Frau Moersbcrgcr an. Mit Ausnahme der
letzteren hatten sich alle Mitglieder des Frauenpresscausschusscs bereits durch publizistische
Tätigkeit im Sinne des Bundes ausgewiesen. Über die Aktivitäten des Gremiums geben die
Quellen keine Auskunft.
224 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 9, S. 79.
225 Vgl. ebd., 1 (1913), Nr. 10, S. 83. Besonders hervorgehoben wurden die völkischen
Aktivisten Arnold Rüge, Adolf Bartels und Philipp Stauff, Werner Heinemann und Richard
Döring vom DHV, die Mediziner Max von Gruber und Kurt Ollendorf, der Abtreibungsgeg-
ner F'duard von Liszt, der alldeutsche Historiker Dietrich Schäfer, der spätere DNVP-
Fraktionsführer Fernst Oberfohren, die Schriftsteller und Journalisten Wilhelm Schäfer, Anna
Schellenberg, Henry Urban, Flisabeth Hancke, Walter Boclickc, Oscar A. H. Schmitz und
Kathinka von Rosen, die Christlich Nationale Ida von Meerheimb, das Pfarrerehepaar Werner
sowie etliche Lehrer und Juristen, größtenteils Ausschuß- oder Vorstandsmitglieder des
Bundes. Allein Ludwig Langemann, der langjährige Schriftleiter des Monatsblattes, war
gleichzeitig freier Mitarbeiter bei der Post, den Itzchoer Nachrichten, dem Göttinger Tage-
blatt, beim Reichsboten, der Anklamer Zeitung, den Kieler Neuesten Nachrichten und der
Nordwest Zeitung; seine Artikel wurden gelegentlich auch in der Süddeutschen Zeitung
nachgedruckt. Vgi. die Qucllenbeiege bei Langemann, Kampf des Papsttums und ders., Wille
zum Leben.
226 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 10, S. 83.
227 Das Organ pries den antifeministischen Bund ausdrücklich als »Gesinnungsgenossen
und Mitarbeiter«, vgl. Fraucnhülfe 12 ( ) 9 ) 2 ) , Nr. 11, S 319
228 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 5, S. 40; ebd., 2 (1914), Nr. 3, S. 36.
229 Vgl. ebd., 2 (1914), Nr. 3, S. 36.
230 In der Produktwerbung, die vermehrt auf die Wirkung von Aktion und Graphik
setzte, rechnete das »Verteilen von Zetteln« allerdings schon damals zu den »charakteristi-
schen Überrest(en) der primitiven Reklame«, vgl. Platzhoff-Lejeune, S i l und als Kompendi-
um der zeitgenössisch diskutierten Werbeformen Rüben. Zur politischen Reklame vgl. Liesen-
berg. Die Flugschriften, auf die im folgenden Bezug genommen wird, sind archiviert im GLA
Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92.
231 Vgl. Clara Regenhardt, Die erste Tagung der »Antis«, in: Centralblatt 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) ,
Nr. 16, S. 125.
232 Vgl. Langemann, Bund; ders., Frauenstimmrecht; ders.. Auf falschem Wege; Hancke,
Frauenbewegung; Ollendorf. Ollcndorfs Broschüre war aus einer Berliner Versammlung im

350
Anmerkungen zu S. 149-152

Februar 1913 hervorgegangen, vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 16. Bei Langemanns
programmatischer Abhandlung über den antifeministischen Bund handelte es sich einer
Auskunft des Staatsarchivs Dresden zufolge (Schreiben an die Autorin vom 8.4.1991, Akten-
zeichen B: 4 2 1 / 9 1 ) um seine Ansprache bei der Gründung der Ortsgruppe Berlin
233 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 16.
234 Vgl. Werner, Gefährdung; Langemann u. Hummel, Frauenstimmreeht und Frauen-
emanzipation.
235 Vgl. die Preisliste in Monatsblatt 1 (1913), Nr. 5, S. 40.
236 Der Vaterländische Schriftenverband veröffentlichte in seiner 28. Flugschrift einen
Aufsatz der Antifeministinnen Anna Schellenberg und Helene Dose über Ziele der modernen
Frauenbewegung, vgl. DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 5, S. 200. Julius Werner brachte eine ganze Reihe
von Vorträgen und Broschüren im Stiftungsverlag Potsdam heraus, der zur evangelischen
Frauenhilfe gehörte, vgl. z.B. Frauenkraft. Nach der Gründung des Bundes zur Bekämpfung
der Frauenemanzipation wiederaufgelegt wurde Eduard von Liszts Abhandlung Weibliche
Erwerbsfähigkeil und Prostitution, die ursprünglich als Sonderausgabe der (österreichischen)
Ostara Hefte erschienen war. Arnold Ruges Vorschläge zur Mobilmachung der deutschen
| Frauenkräfte für den Krieg erschien beim Berliner Verein der Soldatenfreunde.
237 Vgl. etwa Rüge, Wesen der Universitäten; ders., Dienst der Frauen; Sigismund,
Frauenstimmrecht; ders., Frauenbewegung; Hancke, Moderne Amazonen.
238 Ebd., Ob die Einschätzung von 10.000 abzusetzenden Exemplaren von »Frauen-
emanzipation und Frauenstimmrecht« realistisch war, läßt sich nicht mehr nachrechnen, darf
aber dennoch bezweifelt werden. Zwar wurde in der ersten Ausgabe des Monatsblattes vom
Januar 1913 mitgeteilt, daß ein Bundes Mitglied allein 1.000 Exemplare der ersten antifemi-
[nistischen Propagandaschrift geordert habe, vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 8. Doch
flaute das Interesse an der Organisation, zumindest was die Berichterstattung in der Presse
anging, mit Beginn des Ersten Weltkriegs jäh ab, was sich sicher auch auf den Absatz der
Werbeschriften auswirkte.
239 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 8. In stereotyper Wiederholung findet sich in fast
jedem Monatsblatt die Aufforderung, doch endlich die Jahresbeiträge an die Geschäftsstelle zu
entrichten.
240 Vgl. Verhandlungsbcricht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den
13.7[19]18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin] Friedenau, GLA Karlsruhe 69, Nl.
Arnold Rüge Nr. 7. Je nachdem, ob man die Beitragssätze für Ehepaare oder Einzelpersonen
zugrunde legt, müssen im Bund demnach 1918 mindestens 400 bis 550 zahlungsunwilligc
Mitglieder organisiert gewesen sein.
241 Vgl. z.B. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 5, S. 40; DV 8 (1920), Nr. 1, S. 8; Nr. 2 / 3 , S. 16.
242 Vgl. Verhandlungsbcricht der Vorstands- und Ausschußsitzung vom Sonnabend den
13.7 [ 19] 18 im Ratskeller des Rathauses in [Berlin-]Fricdcnau, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge,
Nr. 7.
243 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 8 / 9 , S. 7.

4. Frauenpolitische Kontroversen 1912-1914

1 Die Hugenberg Gruppe war direkt oder mittelbar beteiligt an der Post, am Tag, den
Münchner Neuesten Nachrichten sowie an H N , BNN, DK, DZ und BLA. Über Korrespon-
denten-Dienste stand sie darüber hinaus mit der DTZ, der Kreuz-Zeitung, der Rheinisch-

351
Anmerkungen zu S. 152

Westfälischen Zeitung und der Schlesischen Zeitung in Verbindung, vgl. die verdienstvolle
Studie von Guratzsch, insb. S. 330f, 397f, 4 0 1 , 4 1 3 , 420. Die Tatsache, daß beinahe alle
Blätter, die antifeministische Stellungnahmen veröffentlichten, von der Hugenberg Gruppe
beeinflußt waren, erklärt sieh aus dem bevorzugten Interesse Hugenbergs ftir die »nationale«
Presse. Zu Hugenberg vgl. Holzbach sowie Wernecke u. Heller.
2 Vgl. etwa Ludwig Langemann, Frauenerwerb und Frauenbewegung, in: Post, Nr. 225,
14.5.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 59f; Ernsf Oberfohren, Gemeinschaftserziehung, in:
BNN, Nr. 55, 31.1.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 86f; ders., Frauenbewegung und
Antimilitarismus, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 244, 28.5.1913, ebd., S. 193f; Elisabeth Hancke,
F.nglische Frauenrechtlerinnen, in: Schlesische Zeitung, Nr. 37, 16.1.1913, ebd., S. 7 1 ; Julius
Werner, Die Stimmreehtsforderungen in der modernen Frauenbewegung, I und II, in: RB, Nr.
300, 23.12.1913 und Nr. 301, 24.12.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 162-164; Ernsf
Oberfohren, Zur Kritik der radikalen Frauenbewegung, in: Ostpreußischc Zeitung (Königs-
berg), Nr. 181, 5.7.1913, ebd., S. 38; Woltersdorff, Was will die Frauenemanzipation?, in:
NAZ, Nr. 241, 12.10.1913, ebd., S. 102f; Marie Diers, Die Frauen und der Patriotismus, in:
D T Z , Nr. 44, 25.1.1914, ebd., S. 194f; Ludwig Langemann, Der Westdeutsche Frauen-
stimmrechtstag, in: H C , Nr. 319, 11.7.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 55; Oscar A. H.
Schmitz, Hetarentum und Frauenemanzipation, in: Neuer Merkur (München), November
1914, zit. nach Frau und Staat 4 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 1, S. 1. Selbst das freikonservative Neue
Deutschland, das die antifeministische Liga noch 1912 scharf kritisiert hatte, gab nun
organisierten Emanzipationsgegnern Raum, vgl. ders., Frauenrecht, Nr. 3 3 , 16.5.1914, BAP,
61 Re 1, Nr. 7965, S. 152f
3 Vgl. u.a. DTZ, Nr. 478, 11.10.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 197; Staatsbürger-
Zeitung, Nr. 163, 14.7.1912, ebd., S. 128; BNN, Nr. 265, 28.5.1913, BAP, 61 Re 1, Nr.
7963, S. 193; BNN, Nr. 639, 17.12.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 157f; PAR 13 ( 1 9 1 4 /
15), Nr. 3, Juni 1914; NAZ, Nr. 142, 20.6.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 36; BNN, Nr.
335, 5.7.1914, ebd., S.55f
4 Vgl. u.a. D V 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 10, S. 397; Wehr 2 (1913), Nr. 10, S. 4; ebd., 5 (1916),
Nr. 2, unpag; AB 23(1913), Nr. 35, S. 287f;Ostpreußisehe Zeitung, Nr. 181,5.7.1913, BAP,
61 Re 1, Nr. 7964, S. 38; GF 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 2 1 , unpag.; ebd., 2 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 3, unpag.;
DAG 15 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Literarische Beilage, Nr. 2, Sp. 27f.; Hammer 12 (1913), Nr. 262, S.
276f; NM 4 (1917), H. 4 / 5 , S. 204; PAM 14 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 12, S. 672; NAZ, Nr. 165,
16.7.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 45; Die Nomen (Wälsungenorden) 2 (1913), Juliheft
1913, S. I9f und die Zusammenstellung von Pressenachweisen in Monatsblatt 2 (1914), Nr.
2, S. 28, die vom Plauener Sonntagsanzeiger bis zum Wiener Alldeutschen Tageblatt reichten.
5 Vgl. DHW 19 (1912), Nr. 14, S. 268f; ebd., Nr. 22, S. 426f; ebd., 20 (1913), Nr. 18,
S. 359; ebd., Nr. 2 1 , S. 413-415. Bei der Eröffnung des 13. Handlungsgehilfentagcs 1913
sprach der Frankfurter Pfarrer Julius Werner von der Christlich-nationalen Gruppe im
antifeministischen Bund ein Grußwort, vgl. Schriften des DHV, Bd. 6 0 / 6 1 , S. 17-20. Auch
die Festrede zum Abschluß der Tagung wurde Werner übertragen, vgl. DHW 20 (1913), Nr.
14, S. 269f.
6 Vgl. u.a. »Braucht der Staat die Frauen?«, in: DHW 19 (1912), Nr. 24, S. 475f;
Habermann, Das Ziel der staatsbürgerlichen Erziehung in der Beleuchtung einer Frauenrecht-
lerin, in: ebd., 20 (1913), Nr. 12, S. 229f; »Staat und Gesellschaft. Stimmen zur Frauenfrage«,
in: ebd., 21 (1914), Nr. 10, S. 193f Ältere Argumentationsmuster blieben daneben jedoch
weiterhin bestehen, vgl. ebd., 20 (1913), Nr. 3, S. 50-52.
7 Vgl. Richard Döring, Auf dem Vormarsch, in: ebd., Nr. 18, S. 366.
8 Vgl. »Das neue Jahrbuch«, in: ebd., Nr. 2 1 , S. 419.

352
Anmerkungen zu S. 153-154

9 Vgl. »Weibliche Richter« und »Frauenkraft im Schuldienst«, in: ebd., 21 (1914), Nr. 10;
»Frauen im Staatsdienst«, in: ebd., Nr. 7, S. 127; W. D., Bevölkerungspolitik, in: ebd., 23
(1916), Nr. 1, S. 3f. Kaupps Vortrag über Frauenarbeit und Rassenhygiene auf dem Hand
lungsgehilfentag 1913 wurde nach dem Bericht der Handels Wacht von mehr als 2000
Handlungsgehilfen gehört, vgl. 20 (1913), Nr. 13, S. 253-260, hier S. 258.
10 Vgl. Richard Döring, Auf dem Vormarsch, in: ebd., 20 (1913), Nr. 18, S. 366.
11 Vgl. »Weibliche Leitung städtischer Lyzeen«, in: DPB 23 (1915), Nr. 4 5 , S. 704f. und
die »Stellungnahme der Kölner Philologen, ebd., S. 705f.
12 Vgl. ebd., 20 (1912), Nr. 2 1 , S. 306.
13 Vgl. Ferd. Kirchner, Wahrschcinlichkeitsrechung und Konferenzbeschlüsse, in: Lvzeum
|2 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , H. 3, S. 126-136.
14 Vgl. E.D., Jahrbuch der Frauenbewegung 1913, in: KW 26 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 13, S. 7 5 -
77.
15 Vgl. ebd., 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 20, S. 137f, und E. S., Der Bund zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation, in: ebd., 27 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 1, S. 331f.
16 Vgl. K. L., Frauenstimmrecht und Rassenhygiene, in: ebd., 27 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 16, und
Fritz Lenz, Frauenstimmrecht und Rassenhygiene, in: ARGB 10(1913), H . 3 , S. 411.
17 Die Verschiebung des F.rklärungsmusters läßt sieh selbst an zwei Folgeaufsätzen ein-
und desselben Autors zeigen, vgl. /. Graßl, Volkserneuerung, in: ARGB 8 (1911), H. 2, S.
178-197, insb. S. 186. Nach der Formierung der antifeministischen Liga erschien ihm die
»Erkrankung des Muttertriebes« als »Effekt des Feminismus«, vgl. ders., Einiges über den
Generationswechsel, in: ebd., 9 (1912), H. 6, S. 718-729, Zitat S. 728. Zwar durfte
Stammautorin Agnes Bluhm die Borntraegerschc These vom Zusammenhang zwischen
Frauenbewegung und Geburtenrückgang zunächst noch einer Kritik unterziehen (vgl. ebd.,
H. 5,S. 664-671), doch stellte die studierte Ärztin später klar, daß »Beruf und Mutterschaft ...
für die Allgemeinheit der Frauen immer Gegensätze bleiben« müßten, vg. ebd., 11 ( 1 9 1 4 /
15), H. 5, S. 677-679, Zitat S. 678.
18 Vgl. /. Graßl, in: ebd., 10 (1913), H. 4, S. 550.
19 Vgl. Fritz Lenz, Zur Frauenfrage, in: ebd., 10 (1913), H. 6, S. 824f; ders., Ein
weibliches Urteil gegen die Emanzipation, in: ebd., 11 (1914/15), H. 2, S. 218f. Vgl. auch
ebd., 9 (1912), H. 6, S. 800f. und ebd., 10 (1913), H. 2, S. 238f
20 Vgl. Weindling, S. 145 und S. 238.
21 Vgl. etwa seine Besprechung von Felix A. Theilhaber, Das sterile Berlin. Berlin 1913, in:
ARGB 10 (1913), H. 4, S. 5 3 9 - 5 4 5 , insb. S. 541. Für Lenz' Mitgliedschaft im antifeministi-
schen Bund spricht auch ein Stoßseufzer, der ihm 1913 aus tiefstem Herzen zu kommen
schien: das »Gebahrcn mancher Frauenrechtlerinnen«, schrieb er in der Besprechung einer
Broschüre der Antifeministin Anna Schellenberg, »hat uns fast schon irre gemacht an der
weiblichen Seele, an deren Tiefe und Treue zu glauben uns Männern ein Lebensbedürfnis ist«.
Vgl. Fritz Lenz, Zur Frauenfrage, in: ebd., H. 6, S. 825.
22 Vgl. »Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: DTZ, Nr. 520,
13.10.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 104-106, hier S. 104f; ähnlich auch VZ, Nr. 520,
13.10.1913 und H C , Nr. 529,17.10.1913, StA H H , P P , S 18846, S. 52. Auch die Protestver-
sammlung der Stimmrechtsvereine in Potsdam fand unerwartet regen Zuspruch, vgl. die
beinahe wörtlich übereinstimmenden Berichte von NAZ, Nr. 273, 19.11.1913 und DTZ, Nr.
585, 17.11.1913, BAP 61 Re 1, Nr. 7964, S. 134.
23 Mit der sozialdemokratischen Frauenbewegung beschäftigte sich der antifeministische
Bund nicht. Sie erschien lediglich als Bestandteil einer allgemeinen »roten Gefahr«. Deshalb
wird in dieser Arbeit darauf verzichtet, diesen Strang der Frauenbewegung zu thematisieren.

353
Anmerkungen zu S. 154-156

24 Vgl. »Erklärung des Bundes deutscher Frauenvereine zur Organisation der Gegner«, in:
Frau 19 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 10, S. 630f; in: FB 18 (1912), Nr. 13, S. 101 und in: EFZ 12 ( 1 9 1 1 /
12), Nr. 19, S. 148f. Die Erklärung des BDF wurde auch an die Vorstandsmitglieder des
antifeministischen Bundes geschickt, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 1 .
25 Vgl. Minna Cauer, Der Bund der »echt starken« Männer und der »echt weibliehen«
Frauen, in: FB 18 (1912), Nr. 12, S. 91f, und »Die »Antis««, in: ebd., Nr. 22, S 176f
26 Vgl. außer den o.g. Belegen auch [Anita Augspurgl Es ist erreicht!, in: FS 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) ,
H. 4, S. 6 3 - 6 6 , Zitat S. 64 und Margarete Sieben, Antifeminismus, in: Frauenfragc 19 (1917),
Nr. 3, S. 17-19, ZitatS. 17.
27 Vgl. den undatierten Zeitungsausriß in HLA, Bestand BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 3
28 Vgl. Es ist erreicht!, in: FS 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 4, S. 65.
29 Vgl. Marie Stritt, Eine interessante Enquete, in: CB 14 (1912/13), Nr. 9, S. 6 6 - 6 9 ,
hier S. 66.
30 Vgl. Gertrud Bäumer, Diskussion, in: Frau 1 9 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 10, S. 625f., Zitat S. 626,
und dies., Vom Kampfplatz, in: ebd., 20 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 3, S. 170-172, Zitat S. 171.
31 Vgl. Agnes Karll an Alice Bensheimer, 21.6.1912. HLA, Bestand BDF, Film Nr. 1 3 -
45/1.
32 So sollte sich ein Referat beim Bayrischen Frauentag 1912, veranstaltet vom Münchner
Hauptverband der bayrischen Frauenvereine, mit den Emanzipationsgegnern beschäftigen,
vgl. das Antwortschreiben des BDF (Berlin) an Agnes Rosenhain vom 2 2 4 . 1 9 1 3 ,
HLA-Bestand BDF, Film Nr. 1 3 ^ 4 5 / 2 .
33 Vgl. den Brief des Schopfheimer Drogisten Hermann Glattes an die Geschäftsstelle des
BDF vom 18.6.1912, ebd
34 Else Lins teilte dem BDF am 8 7.1912 mit dem Briefkopf des Lübecker Vaterländischen
Frauenvereins mit, wie sehr sie sich über die Gegenerklärung der organisierten Frauenbewe-
gung gefreut habe (vgl. ebd.). Ihr Brief macht deutlich, wie stark sich selbst national-
konservative Frauen mit der Frauenbewegung identifizierten. »Ich wirke«, hieß es in dem
Schreiben, »in meinem Berufe und wo immer ich kann, aufklärend und werbend ftir unsere
Sache, der ich ... mein ganzes Leben widmen würde. Nichts erfüllt mich mit höherer Freude
und Begeisterung als ... für meine Schwestern mitzukämpfen: Mut in der Brust, siegesbe-
wußt.« Die Flaltung der leitenden Krankenschwester war kein Einzelfall. Der Vaterländische
Frauenverein lehnte jede Beziehung zu dem anlifeministischen Bund ab und schlug, wie der
Bundesvorsitzende Ludwig Langemann selbst eingestand, auch das Angebot aus, eine Antite
ministin als Veranstaltungsrednerin auftreten zu lassen. Vgl. »Deutscher Bund zur Bekämp-
fung der Frauenemanzipation in Hamburg«, in: Hamburger Fremdenblatt, Nr. 3 5 ,
11.2.1913, StA H H , PP, S 18846, S. 38 und weitere Belege ebd., S. 39f
35 Minna Cauer, Der Bund der »echt starken« Männer und der »echt weibliehen« Frauen, in:
FB 18 (1912), Nr. 12, S. 91f Die Sequenz »Diese »echt starken« Männer ... erhöhen und
verschönern« wurde entgegen dem Originaltext zum besseren Verständnis des Zitats einen
Satz nach vorne gezogen. Vgl. auch den spöttischen Kommentar Anita Augspurgs in FS 1
( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 12, S. 267.
36 Vgl. B.G.F.-Korrespondenz des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation, H. 1, Juli 1912, sowie Ludwig Langemann, Frauenbewegung und Frauenbil-
dungsfrage, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 1-4; Woltersdorff, Frauenbewegung als Indi-
vidualismus, in: ebd., Nr. 2,S. 1 lf, und »Man hüte sich vor den Gemäßigten«, in: ebd.,S. 15.
37 Vgl. BNN, Nr. 356, 15.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 130 und »Auch ein
Dokument der Frauenbewegung«, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1 1 , S. 99. Die Kritik bezog
sich auf die FB vom 154.1912.

354
Anmerkungen zu S. 157-158

38 So die DEF-Vorstandsfrau Gräfin Groeben in einem Brief an Gertrud Bäumer vom


20.12.1913, in dem sie um eine erneute offizielle Abgrenzung des BDF gegen den Bund für
Mutterschutz bat, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 2 . Vorausgegangen war eine Kontroverse
um »Frauenbewegung und Sittlichkeitsfragc« zwischen dem antifeministischen Bundesmit
glied Woltersdorffund Paula Mueller, in: Post Nr. 263, 8.6.1913; Nr. 352, 30.7.1913; Nr.
365,7.8.1913; Nr. 439,19.9.1913; Nr. 477, 11.10.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 7 , S . 5 2 ,
S. 54, S. 77 u. S. 98f.
39 Vgl. Paula Mueller, Die Verdächtigungen der Frauenbewegung, in: EFZ 1 4 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) ,
Nr. 20, S. 153f und den vorausgegangenen Briefwechsel zwischen Paula Mueller (Schreiben
vom 20.6.1914) und Gertrud Bäumer (Antwort vom 27.6.1914), HLA, BDF, Film Nr. 1 3 -
4 5 / 2 . Vgl. zu den Vorgängen auf der Generalversammlung des BDF 1908 Gerhard, Unerhört,
S. 273f und die dort angeführte Literatur.
40 Vgl. Gertrud Bäumer, Die Gegner, in: CB 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 20, S. 153-155.
41 Dieses Faktum belegt, wie groß die sexualmoralischcn Tabus nach wie vor in Bezug auf
Frauen waren - trotz der diskursiven Libertinage.
42 Vgl. »Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: H C , Nr. 300,
15.6.1912, StA Hamburg, PP, S 18846, S. 8 und £. Krukenberg, Frauen-Emanzipation, in:
Bonner Zeitung, 16.6.1912, HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 4 5 / 3 .
43 Vgl. Gertrud Bäumer, Emanzipation und Emanzipation, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 5,
S. 284-286, Zitat S. 286.
44 Bereits im April 1913 hatte Wilhelm Stapel im Kunstwart (Jg. 26, H. 14, S. 155f.) die
Verurteilung der Suffragetten durch »unsre deutschen Stimmrcchtlerinnen« gefordert. Um
kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Sowohl die Zurückweisung sexueller Reformen als
auch die Ablehnung der Suffragetten dürften die meisten BDF-Vorstandsfrauen nicht nur aus
taktischen Gründen, sondern aus eigener Überzeugung unterschrieben haben. Die öffentliche
Demonstration dieser Gesinnung war jedoch den Angriffen der Antifeministen und insbeson-
dere dem Auftreten des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation geschuldet. Die -
vom linken Flügel heftig kritisierte - Erklärung gegen die englischen Suffragetten resultierte
daraus, daß »jede Ausschreitung der Suffragettes ... gegen uns ausgebeutet und als Abschrec-
kungsmittel gegen unsere Ziele und Forderungen benutzt« wird (vgl. den Briefwechsel zwi-
schen Bäumer und Mueller, HLA, BDF, Film Nr. 12—15/2. F.incn Grund, um »solchen irrigen
Schlußfolgerungen entgegenzutreten«, hätte der BDF, betrachtet man die bürgerliche Presse,
spätestens seit 1910 gehabt. Wenn der Vorstand aber damit bis zum Mai 1913 wartete, liegt
der zeitliche Zusammenhang mit der Polemik der organisierten F.manzipationsgegner auf der
Hand.
45 Vgl. Gertrud Bäumer i.A. des Gesamtvorstands des BDF, Zur Kampfesweise der Suffraget-
f tes, in: FF 15 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 3, S. 17f. Vgl. dazu auch die - größtenteils zustimmenden -
Stellungnahmen der einzelnen im BDF organisierten Verbände im HLA, BDF, Film Nr. 13—14.
Auf scharfen Protest stieß die Erklärung lediglich bei Marie Stritt und einigen Hamburger
»Radikalen«. Ihrer Meinung nach hatte der BDF Vorstand seine Kompetenzen weit über-
schritten, indem er eine Erklärung von so weitreichender Bedeutung ohne vorherige Anhörung
der Generalversammlung veröffentlichte. Auf diese Weise habe er »den im Bund organisierten
radikalen Frauen die Möglichkeit genommen, gegen ein solches Vorgehen energisch zu
protestieren«. Genau dieses dürfte ja auch in der Absicht des Vorstandes gelegen haben.
46 Vgl. Schrohl, Der BDF und das Stimmrecht, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1 1 , S. 96f.
(Zitat S. 97), und eine Reihe von Nachdrucken dieses Artikels etwa in den Schleswiger
1 Nachrichten, der DTZ, der Post und der NAZ, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 1 5 / 2 und BAP,
61 Re 1, Nr. 7964, S. 167 und S. 173f.

355
Anmerkungen zu S. 158-160

47 Vgl. Werner Heinemann, Die Entwicklung der Frauenarbeit, in: Monatsblatt 1 (1913),
N r . 7 / 8 , S. 52-55; Ludwig Langemann, Auf falschem Wege; Ernsf Oberfohren, Irreführendes in
der frauenrechderischen Agitation, in: BNN, Nr. 5, 4.1.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S.
171f; ders., Der Frauenüberschuß, in: Reichsbote, Nr. 13, 16.1.1914, ebd., S. 182f.
48 Langemanns Aufsätze wurden vor allem von der Berliner Post und den HN gebracht,
vgl. das Vorwort zu Langemann, Auf falschem Wege. Vgl. auch Helene Lange, Herrn Lange-
manns Verteidigung, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 2, S. 112-114 und Langemanns Replik in
BNN, Nr. 517, 11.10.1913, BAP 61 Re 1, Nr. 7964, S. 99f.
49 Vgl. Anna Schellenberg, »Die wirtschaftlichen Tatsachen« und die Ziele der Frauenbe-
wegung, in: PJ, Bd. 150, H. 2, S. 292-319; Auszüge in der Magdeburger Zeitung, Nr. 503,
3.11.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 14.
50 Vgl. Helene Lange, Der Bund zur Verbreitung von Irrtümern, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) ,
H. 1,S. 27-35, hier S. 29.
51 Vgl. ebd., S. 35. Vgl. auch Gertrud Bäumer, Wieder einmal Herr von Gruber, in: ebd.,
S. 50; dies., Zur Statistik der deutschen Frauenbewegung, in: FF 15 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 20, S.
153f. und den diesem Artikel vorausgegangenen Brief Gertrud Bäumers an Alice Bensheimer
vom 3.1.1914, HLA, BDF, Film Nr. 1 3 - 1 5 / 2 .
52 Vgl. z.B. Gertrud Bäumer, Eine reformierte Mädchenschulreform. Mit einem Anhang
vom »beleidigten Mannesgefühl«, in: Frau 17 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , H. 4, S. 203-210; dies., Die Gegner
der weiblichen Leitung öffentlicher Mädchenschulen und ihre Kampfesweise, in: ebd., 18
(1910/11) H . 5, S. 263-275.
53 Vgl. Helene Lange, Der Bund zur Verbreitung von Irrtümern, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) ,
H. 1, S. 35. Am 27.6.1914 seufzte Gertrud Bäumer in einem Brief an Paula Mueller: »Ich bin
im Augenblick auch mit der unangenehmen Aufgabe der Berichtigung von 5 oder 6 Zeitungs-
artikeln beschäftigt. Einmal wird man sich ja durch diese Betriebsamkeit der Herren Gegner
hindurchgebissen haben. Aber wer weiß, wie lange es noch dauert, bis man seine Zeit für
besseres verwenden kann.« Vgl. HLA, BDF, Film 13—15/2.
54 Vgl. Helene Lange, Herrn Langemanns Verteidigung, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 2, S.
114.
55 »Die »Antis««, in: FB 18 (1912), Nr. 22, 15.11.1912, S. 176f, Zitat S. 176.
56 Vgl. BT, Nr. 299, 14.6.1912, StA Hamburg, PP, S 18846, S. 16,
57 Vgl. R., Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in Hamburg,
in: Hamburger Fremdenblatt, Nr. 35, 11.2.1913, ebd., S. 38; ähnliche Berichte ebd.,
S. 39-41.
58 Die Ortsgruppe wurde am 9.3.1914 gegründet, vgl. Drcdncr Nachnchten, Nr. 66,
7.3.19)4 und Nr. 70, 11.3.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 33f. und S. 37, Zitat S. 33.
59 Vgl. Frau und Staat 3 (1914), Nr. 3,S. 3; »8. Bayrischer Frauentag in Regensburg«, in:
Münchner Neueste Nachrichten, Nr. 219, 3 0 4 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 155-157;
»Freunde und Feinde des Frauenstimmrechts«, in: Berliner Börsen-Courier, Nr. 5 6 1 ,
29.12.1912, BAP, ebd., S. 28.
60 Vgl. »Die »Antis« in Berlin«, in: FB 19 (1913), Nr. 5, S. 35f, und A. von Gottberg, Noch
einmal der DHV, in: FG 8 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 1 1 , S. 9 1 . Solange die schwäbischen Stimmrecht-
lcnnnen noch nicht selbst über geschulte Rednerinnen verfügten, hatten sie ihre Freunde von
der liberalen Württembergischen Vereinigung dorthin geschickt.
61 Vgl. Monatsblatt 1 (1913), Nr. 2, S. 13 und S. 14; ebd., Nr. 3, S. 23.
62 Vgl. die F.inladung der Ortsgruppe Groß-Berlin vom Januar 1913 in HLA, BDF, Film
Nr. 1 3 - 4 5 / 3 .
63 Vgl. Monatsblatt, Nr. 5, S. 39. In Kiel kam es - vor allem dank des rührigen Bundesvor-

356
Anmerkungen zu S. 160-162

sitzenden Langemann - häufiger zu Auseinandersetzungen bei Veranstaltungen des örtli-


chen Frauenstimmrechtsvereins, vgl. KNN, Nr. 98, 2 7 4 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7963,
S. 153f.
64 Vgl Monatsblatt 1 (1913), Nr. 5, S. 39 und »Eine öffentliche Auseinandersetzung mit
den preußischen Stimmrechtlerinnen«, in: RB, Nr. 84, 114.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S.
139f. sowie Frankfurter Zeitung, Nr. 272, 1.10.1913, ebd., Nr. 7964, S. 87.
65 Vgl. Marie Wegner, Eine Sitzung der Antis, in: FG 8 (1913/14), Nr. 16, S. 139f.
66 Vgl. Elsa Hielscher, Der Anfang eines Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation
in Schlesien, in: ebd., 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 20, S. 156.
67 Vgl. R., Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation in Hamburg, in:
Hamburger Fremdenblatt, Nr. 35, 11.2.1913, StA H H , PP, S 18846, S. 16. Vgl. auch
»Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: Hamburger Frauen-Zei-
tung, Nr. 4 , 19.2.1913, StA H H , PP, S 18846, S. 4 1 , und »Unsere lieben »Antis««, in: FB 19
(1913), Nr. 4, S. 29.
68 Vgl. Clara Regenhardt, Die erste Tagung der Antis, in: CB 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 16, S.
125f
69 Vgl. »Der Deutsche Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: Neue Ham-
burger Zeitung, Nr. 126, 15.3.1913, StA H H , PP, S 18846, S. 42, sowie »Die »Antis« in
Berlin«, in: FB 19 (1913), Nr. 5, S. 35f, und den gleichlautenden, leicht gekürzten Bericht
»Aus dem Lager der Antis«, in: FG 7 (1912/13), Nr. 12, S. 92.
70 Vgl. Kurt Ollendorff, Die Frauenemanzipation in ärztlicher Beleuchtung, in: Monats-
blatt 1 (1913), Nr. 3, S. 17-20; ebd., Nr. 4, S. 27-30; ebd., Nr. 5, S. 35, und die unter
demselben Titel erschienene Schrift Nr. 3 des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation. Vgl. weiterhin »Frauenemanzipation in ärztlicher Beleuchtung«, in:
Post, Nr. 281,19.6.1913, StA H H , PP, S 18846, S. 44 (hier das Zitat), und »Die Fraueneman-
zipation in ärztlicher Beleuchtung«, in: RB, Nr. 155,5.7.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964,S. 39.
71 Vollständig lautet das Zitat: »Ich habe in vierzig Jahren der Arbeit für die Frauenbewe-
gung eine lange Skala von mehr oder weniger nobler Feindseligkeit und alle Sorten von
Gegnern kennen gelernt, aber ich muß sagen: etwas Abstoßenderes als diese christliche
Christenverfolgung des Herrn Pfarrer Werner und die pharisäische Selbsterniedrigung der ihn
in seiner Polemik unterstützenden Damen ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen.« Helene
Lange, Bischöfe, Pfarrer und das Frauenstimmrecht, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 1 1 , S. 6 4 1 -
645, hier S. 644.
72 Vgl. Julius Werner im Rcichsboten vom 3.7.1912, zit. nach »Die Gegner der Frauenbe
wegungund ihre christlich-nationale Sondergruppe«, in: EFZ 12 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 2 1 , S. 161 f.
73 So die Einsehätzung Paula Muellers, zit. nach Baumann, S. 333 (Anm. 73).
74 Die »Männerentfremdung in der Kirche« hatte ihre Ursache nach Werners Auffassung
»im Fehlen eines männlichen, zur Tat drängenden, kampfesfrohen Geistes. Und dieser
Schaden wird nicht verringert durch die größere Heranziehung von beruflicher Frauenarbeit,
auch nicht durch Verleihung kirchlicher Wahlrechte an Frauen«, vgl. Julius Werner, Frauenfra
ge oder Männerfrage?, in: RB, 2.3.1905, EZA, Bestand 7, Nr. 1251, S. 20. Vgl. auch
Alexander Vömel, Männliches Christentum, in: GT 7 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 5, S. 4. Zum Begriff
»ecclesia militans« vgl Baumann, S. 209. In diesem Sinn auch das »Männer heraus!« bei Max
Glage (ebenfalls Mitglied des antifeministischen Bundes), Weib.
75 Vgl. Paula Mueller, »Die Unverständlichkciten« des Deutsch-Evangelischen Frauen-
bundes, in: EFZ 14 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 8, S. 57f. und Julius Werner in GT, Dezember 1913.
76 Die treffende Formulierung stammt von Baumann (S. 210); dort (S. 209f.) auch
weitere Informationen zum Werdegang Werners.

357
Anmerkungen zu S. 162-163

77 So etwa des Alten Glauben, der sich nach der Gründung des antifeministischen Bundes
zum Sprachrohr der Christlich-nationalen Gruppe machte, vgl. DAG 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 19,
Sp. 451-453.
78 Vgl. »Vom kirchlichen Frauenstimmrecht«, in: B.G.F. Korrespondenz des Deutschen
Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Nr. 1, Juli 1912. ÜB Freiburg, Nl.
Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation; L.langemann], Prinzipiell
und taktisch, in: KNN, 21.9.1912, HLA, BDF, Film Nr. 12-39; F. Plriegel] in DAG 13 ( 1 9 1 1 /
12), Nr. 47, Sp. 1122.
79 Vgl. Pfarrer Wurm, Stuttgart, in: Monatsblätter für Innere Mission, H. 12, Dez. 1912,
zit. nach EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 10, S. 75.
80 Der Reichsbote öffnete prominenten F^manzipationsgegnerinnen und -gegnem seine
Spalten und druckte den Aufruf der Christlich-nationalen Gruppe »seiner grundsätzlichen
Tragweite wegen im Wortlaut« nach, vgl. Nr. 153,9.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 120.
In seinem Leitartikel »Frauenfrage und Antifeminismus« (RB, Nr. 156, 6.7.1912) distanzierte
sich Dietrich v. Oertzen zwar von der harrschen Verurteilung jeglicher Frauenbewegung durch
den emanzipationsfeindlichen Bund und mißbilligte dessen »bloße Negation«. Inhaltlich
stimmte er im wesentlichen mit den Positionen der antifeministischen Liga überein. Zur
Kontroverse zwischen christlichen »Antis« und dem DEF vgl. etwa RB, Nr. 185, 9.8.1912,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 160f; RB, Nr. 187, 11.8.1912, ebd., S. 163; RB, Nr. 189,
14.8.1912, ebd., S. 165; RB, Nr. 196, 22.8.1912, ebd., S. 167f; Julius Werner, Grundsätzli-
ches in der modernen Frauenbewegung, in: RB, Nr. 215, 13.9.1912, ebd., S. 176f; »Das
Hintertürchen«, in: ebd., Nr. 79, 5 4 . 1 9 1 3 , BAP 61 Re 1, Nr. 7963, S. 131f. Auch der DEF
warf dem Blatt Parteilichkeit vor, vgl. Paula Mueller, Im Kampf gegen unsere Angreifer, in:
EFZ 12 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 2 3 , S. 177-182; S. v. d. Groeben, Zur Auseinandersetzung mit dem
Reichsboten, in: ebd., 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 1, S. 2f.
81 Vgl. Dr. Ella Mensch, Zur Politisierung der Frau, in: RB, Nr. 156, 6.7.1912.
82 Vgl. »Zur Kritik der Frauenbewegung«, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 3 5 1 , 29.7.1912, BAP,
61 Re 1, Nr. 7962, S. 152f; Ida von Meerheimb, Zur Stellung gegenüber der christlichen
Frauenbewegung, in: DTZ, Nr. 137,16.3.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 123; Woltersdorf,
Die Frauenbewegung und die Sirtlichkeitsfrage. Offener Brief an den Deutsch-evangelischen
Frauenbund, in: Post, Nr. 263, 8.6.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 7. Erst nach dem
Einspruch Paula Muellers nahmen Kreuz-Zeitung und DTZ Entgegnungen des DEF auf, vgl.
RB, Nr. 185,9.8.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 161; Paula Mueller, Der Bund gegen die
Frauenbewegung, in: DTZ, Nr. 361, 19.7.1912, ebd., S. 136 und ihre Erklärung in der
Kreuz-Zeitung, Nr. 345,25.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 146f Die DTZ veröffentlich-
te den Artikel der »verdienten Vorkämpferin der positiven Frauenbewegung« mit dem
ausdrücklichen Hinweis, sie identifiziere sich nicht mit der »hochgeschätzt(en)« Mitarbeiterin.
Dagegen wurde in der Kreuz-Zeitung die Meinung geäußert, daß christliche Frauen ihre
Auffassung in der Öffentlichkeit besser durch politische Mitarbeit vertreten könnten als durch
»Gründungen von Antibünden«. Die Redaktion bat daraufhin ihre Leserinnen und Leser um
ihren Kommentar, vgl. »Die chnstliche Frauenbewegung«, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 602,
24.12.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 47f.
83 Vgl. Ernsf Bunke, Das kirchliche Wahlrecht der Frauen, in: Ref. 11 (1912), Nr. 34, S.
538-540. In der Folge entspann sich eine Debatte über die »Gefahr« der Frauenbewegung, in
der eine Gegnerin der Frauenbestrebungen das letzte Wort erhielt. Die Lehrerin verwies
Frauen auf soziale Arbeit und »positiv-christliche« Volksmission - Positionen, die weit hinter
den Ansatz des DEF zurückfielen und längst nicht mehr umstritten waren. Man wird nicht
fehlgehen, diesen Aufsatz als Stellungnahme der Redaktion zu werten, vgl. Johanna Pachali,

358
Anmerkungen zu S. 163-165

Falsche Frauenemanzipation und notwendige christliche Frauenbewegung, in: ebd., 13


( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 39, S.462f.
84 Vgl. Paula Mueller, Kirchliches Frauenstimmrecht, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 8, S.ölfi
Faiie Ausnahme machte dabei die Hannoveranische Bezirkssynode, die sich für das aktive
Pfarrwahlrecht der Frauen aussprach, vgl. RB vom 25.5.1911, EZA, Bestand 7, Nr. 1251, Bl.
82. Die Vorstellung, das kirchliche Frauenstimmreeht sei nur taktisches Vorgeplankel für das
politische Wahlrecht, knüpfte an eine Bemerkung Anita Augspurgs an, die im Anschluß an die
Generalversammlung des Verbandes fortschnttlicher Frauenvereine 1905 nach einer Meldung
der laglichen Rundschau vom 5.10.1905 gesagt haben sollte, »daßdie besondere Bemühung
um F.rlangung des kirchlichen Wahlrechts nicht einem hervorragenden konfessionellen Inter-
esse, sondern taktischen Erwägungen entspringe, daß dieses Stimmrecht augenblicklich am
Leichtesten zu erringen sei.« Vgl. ebd., Bl. 24.
85 Vgl. Beschluß Nr. 29 vom 12.11.1909, in: FZA, Bestand 7, Nr. 1212, Beschlüsse der
sechsten und siebten Generalsynode. Weil die Diakonissen vor allem von der Krankenpflege
absorbiert wurden, fehlten den Kirchengemeinden Kräfte für die Leitung etwa von Kindergot-
tesdiensten, Jungfrauen- und Arbeiterinnenvereinen, Konfirmanden und Mütterversamm-
lungen und ftir die Jugend-, Armen oder Altenfürsorge. Die Eignung von Frauen wurde, als
das Bedürfnis erst einmal erkannt war, mit ihren aus »Naturanlage und Bestimmung« resultie-
renden »charismatische(n) Kräfte(n)« begründet, vgl. Pastor Lic. G. Diettrich, Das aktive und
passive Wahlrecht der Frauen in der Kirche, in: Das Reich, 11. und 19.5.1907, F.ZA, Bestand
7, Nr. 1251, Bl. 40 und 4 1 .
86 Die Kurse erfreuten sich offenbar so großer Nachfrage, daß sie bald auch in gedruckter
Form erhältlich waren, vgl. ebd., Nr. 1251, Bl. 76 (Rundschreiben des EOK vom 22.2.1911)
und ebd., Nr. 3989, Bl. 31 und 34.
87 Vgl. Koreferat des Kieler Oberkonsistorialrats D. Kastan zu der Frage: Bietet die
gegenwärtige Gestaltung des Verfahrens bei kirchlichen Gemeindewahlen Anlaß zu grund-
sätzlicher Änderung und in welcher Richtung?, in: EZA, Bestand A 1, Nr. 270, Deutsche
Evangelische Kirchenkonferenz. Protokolle der 32. Tagung vom 11 -16.6.1914, Bl. 149f Ob
Kastan Mitglied im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation war, ist nicht nachzuwei-
sen. Da der Kjrchenftinktionär in der gleichen Stadt wie der langjährige antifeministische
Bundesvorsitzende Ludwig Langemann wohnte, läßt sich ein Kontakt jedoch begründet
vermuten.
88 Vgl. ebd., Bl. 129.
89 Vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse der 32. Deutschen Kirchenkonferenz, ebd.
90 Vgl. die Schreiben der Königlichen Konsistorien im EZA, Bestand 7, Nr. 1251.
91 Wie Anm. 88.
92 Vgl. EZA, Bestand 7, Nr. 1251,unpag. die mit Begleitbrief vom 27.11.1915 übersand-
te Denkschrift, den am 5.6.1916 beim Evangelischen Oberkirchenrat eingegangenen 7.-11.
Petitionsbericht der Gemeindekommission, Haus der Abgeordneten, 22. Legislaturperi-
ode, III. Session 1916, Nr. 2 3 5 / 2 3 9 , Drucksache Nr. 237sowie den am 8.2.1918 eingegan-
genen Bericht über die 109. Sitzung des Preußischen Hauses der Abgeordneten vom
15.1.1918.
93 Vgl. das Schreiben Voigts an Rüge vom 28.2.1916, ebd.
94 Vgl. den handschriftlich von Domkapitular Ficker protokollierten Beschluß vom
9.12.1915 bezüglich der an den Mainzer Bischof Kirstein übersandten Denkschrift des Bundes
zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Dom- und Diözesanarchiv Mainz, F XV, Deutscher
Bund gegen die Frauenemancipation 1915.
95 Die Frauenhilfe wurde bis 1916 vom Fingeren Ausschuß des Evangelisch-Kirchlichen

359
Anmerkungen zu S. 165

Hilfsvereins geleitet. Diesem Führungsgremium gehörte kraft Amtes der Kabinettsrat der
Kaiserin und zeitweilige Vorsitzende des Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation,
Carl von Behr-Pinnow, an, vgl. Baumann, S. 250, Anm. 49. Der Generalsupenntendent
Wilhelm Zoellner, Erstunterzcichncr des antifeministischen Aufrufs und bis 1905 Vorsteher
des Kaiserswerther Diakonissenmutterhauses, war langjähriges Vorstandsmitglied der Frauen-
hilft und Vorsitzender des westfälischen Provinzialverbandes. Zu seiner Mitgliedschaft im
antifeministischen Bund vgl. auch FB 18 (1912), Nr. 12, S. 92. Der Perleberger Pfarrer Arnold
Hein verfaßte 1912/13 zahlreiche Aufsätze für die Fraucnhülfe, in denen er sieh zur Mitglied-
schaft im Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation bekannte. Der Potsdamer Pastor
Lic. Cremer war Schriftleiter des Engeren Ausschusses der Frauenhilfe und in dieser Eigen-
schaft auch mit der Abfassung von Handbüchern und Selbstdarstellungen betraut, vgl.
Fraucnhülfe; ders., Frau; ders., Dienst. Seine Unterschrift findet sich auf einem Werbeflugblatt
der Heidelberg-Mannheimer Ortsgruppe der antifeministischen Liga; auch befindet sich seine
Anschrift in der nachgelassenen Adressenliste des Heidelberger Vorsitzenden Arnold Rüge.
Vgl. G I A Karlsruhe, Nl. Rüge, Nr. 92 und Nr. 10.
96 Vgl. Erwin Gros, Die Frauenbewegung im Lichte der Geschichte und des Christentums,
in: Fraucnhülfe 12 (1912), Nr. 9, S. 247-254. Der Artikel war die schriftliche Fassung eines
Einführungsvortrags in die Arbeit der Frauenhilfe in Wiesbaden. Die Redaktion der Frauen-
hülfe druckte den Text zwar ab, distanzierte sich aber gleichzeitig davon, vgl. die Fußnote auf
5. 247. Das Wiesbadener Beispiel macht deutlich, daß die strikt antifeministische Linie des
Vorstandes nicht von allen angeschlossenen Geistlichen - und vermutlich auch nicht von allen
in der Frauenhilfe tätigen Mitarbeiterinnen - geteilt wurde. Aus den offiziellen Verlautbarun-
gen der Frauenhilfe kann daher nur mit Einschränkung auf die Einstellungen an der Basis
rückgeschlossen werden.
97 Vgl. Baumann, S. 147.
98 Vgl. Frauenhülfe, Nr. 11, 1912, S. 319.
99 Vgl. Arnold Hein, Fraucnhülfe und Frauenbewegung, in: Frauenhülfe 12 (1912), Nr.
11, S. 311-320; ders., Frauenrecht oder Frauenarbeit? F.in Nachwort, in: ebd., 13 (1913), Nr.
6, S. 166-168. Immerhin wurde Paula Muelier Gelegenheit zur Entgegnung eingeräumt, vgl.
Was will die Frauenbewegung? Fan Wort zur Verständigung, in: ebd., Nr. 10, S. 300-305. Das
Schlußwort der Kontroverse übertrug die Redaktion wiederum dem antifeministischen Pfarrer
Arnold Hein, der Muellers Stellungnahme »aufs tiefste« bedauerte (vgl. Unsere Stellung zur
Frauenbewegung, in: ebd., S. 305-310, hier S. 308).
100 Vgl. GF 4 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 17, S. 363f. Bei dieser Veranstaltung wurden die engen
personellen Verflechtungen zwischen der evangelischen Frauenhilfe und den organisierten
Emanzipationsgegnern besonders deutlich: Den Jahresbericht hielt der Antifcminist und
Frauenhilfe-Funktionär Pastor Crcmcr, und als Kammerherr der kaiserlichen Frauenhilfe -
Gründerin schaltete sich der Zweite Vorsitzende des antifeministischen Bundes, Freiherr v.
Behr-Pinnow, in die Diskussion um das Frauendienstjahr ein.
101 Vgl. ebd., S. 363. Die Ausführungen des orthodoxen Pfarrers schienen selbst der
wohlmeinenden Gutsfrau, die dem BdL nahestand und mit Käthe Zimmer eine organisierte
Antifeministin zu den Herausgeberinnen zählte, »oft mehr seinem Ideal als den harten
Bedingungen des wirklichen Lebens entsprechend«, vulgo: etwas weltfremd. Baumann (S. 249
und S. 344, Anm. 115) vermutet in dem Wernerschen Referat eine Reaktion auf das
kriegsbedingt gestiegene Selbstbewußtsein an der Frauenhilfe-Basis.
102 Vgl. Werner, Frauenkraft und Frauendienst.
103 Vgl. Monatsblatt 5 (1917), Nr. 1,S. 8.
104 Vgl. »Erklärung«, in: EFZ 12 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 2 1 , S. 162. Unterzeichnet war die

360
Anmerkungen zu S. 166-168

I Protestnote vom Gesamtvorstand des DEF, dem Evangelischen Diakonieverein, dem Verein
I christlicher Lehrerinnen, dem Kapellenverein und dem Verband evangelischer Arbeiterinnen
j vereine.
105 Vgl. Kirchlich-soziale Blätter, Nr. 11, November 1912, S. 8 und Frauenblätter, Nr. 9,
\ September 1912, S. 70f Das Protokoll der DEF-Vorstandssitzung vom 21.10.1913 wird zit.
I nach Baumann, S. 333, Anm. 69.
106 Vgl. Elisabeth von Knebel-Doeberitz, Grenzlinien für die öffentliche Tätigkeit der
kirchlich-sozialen Frauen, zit. nach RB, Nr. 269, 15.11.1912 und »Geschäftsbericht der 7.
: Kommission der Kirchlich-sozialen Konferenz zur Behandlung der Frauenfragc und des
| Verbandes der Kirchlich-sozialen Frauengruppen, in: Ref. 12 (1913), Nr. 32, 10.8.1913, S.
| 381-383. Vgl. auch Knebel-Doebentzens Distanzierung von BDF und Frauenstimmrecht in
I R B , Nr. 157, 23.8.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 169.
107 Der antifeministische Bund begleitete den Kongreß mit der Warnung, das kirchliche
[ Frauenstimmrecht werde nur »den unkirchlichen Elementen zum Sieg verhelfen« und zitierte
I schon im Vorfeld aus dem BDF-Programm, um die Gefährlichkeit der Frauenrechtlerinnen
' unter Beweis zu stellen, vgl. »Dokumente der deutschen Frauenbewegung«, in: Monatsblatt 1
[ (1913), S. 67-69 und 8 4 - 8 7 , sowie »Zum kirchlichen Frauenstimmrecht«, in: ebd., Nr. 10, S.
I 87. Ähnliche Bedenken wurden auch anderswo laut, vgl. Ref. 11 (1912), Nr. 39, S. 621 und
I Charlotte Niese, Über die Frauen, in: DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 2, S. 63-68.
108 Vgl. Paula Mueller, Die Frauenfrage auf dem Kongreß Innerer Mission zu Hamburg,
I in: EFZ 14 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 2, S. 9 - 1 1 , Zitat S. 11.
109 Vgl. die Beiträge in EFZ 14 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 3, S. 17fi; ebd., Nr. 5, S. 35f; ebd., Nr. 6,
S.41-43;ebd.,Nr.9,S.67f.;ebd.,Nr. 10,15.2.1914,S. 73-75;ebd.,Nr. 12,S.89f.;ebd.,Nr.
| 2 0 , S . 153; Monatsblatt 1 (1913), Nr. 11, S. 101; ebd., 2 (1914), Nr. 2, S. 17-19; ebd., Nr. 5,
| S . 49f; GT ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 6, S. 3-5.
110 Wenn dieses Ziel von den Antifeministen auch nicht direkt ausgesprochen wurde, läßt
es sich doch aus der Gegenerklärung der pastoralen Beiräte des DF.F entnehmen: Der DEF
»gehört zur Inneren Mission und wird sieh dieses Recht von Niemand in der Welt streitig
machen lassen«, vgl. Paula Mueller, Die Frauenfragc auf dem Kongreß Innerer Mission zu
Hamburg, in: EFZ 14 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 2, S. 11.
111 Vgl. »Der Central-Ausschuß für Innere Mission und die Frauenbewegung«, in: Ref.
13 (1914), Nr. 1 1 , S. 129. Vgl. zu diesem »Denkmal« an »Engherzigkeit und Geschlechtsei-
telkeit« auch Helene Lange, Bischöfe, Pfarrer und das Frauenstimmreeht, in: Frau 21 ( 1 9 1 3 /
14), H. 11, S. 6 4 1 - 6 4 5 , Zitat S. 643. Positiver wertet Baumann, S. 214f.
112 Vgl. Ernsf Bunke, Vom Deutsch-Evangelischen Frauenbund, in: Ref. 12 (1913), Nr.
47, S. 558f
113 Vgl. Wilhelm Studemund, Die Frauen und die Innere Missionen: Ref., Nr. 52, S. 6 1 3 -
618.
114 Ein Schreiben Muellers an Gertrud Bäumer (vom 20.9.1912, HLA-BDF, Film Nr.
12-39) läßt erkennen, daß es sich um einen bereits im Mai 1912 von DFT-Ausschuß gefaßten
Beschluß handelte, der die Vositzendc faktisch zu einer Distanzierung von der Wahlrcchtsfor-
derung nötigte. Im Ausschuß waren neben den Funktionärinnen des Bundesvorstandes die
Repräsentantinnen der Ortsgruppen und 20 von der Generalversammlung gewählte Delegier-
te vertreten. Sein Votum zeigte, daß es zwischen den Positionen des Vorstandes und dem
Verständnis an der Basis deutliche Spannungen gab.
115 Vgl. Paula Mueller, Gedanken über das politische Frauenstimmrecht, in: EFZ 12
1(1911/12), Nr. 22, S. 169-172, Zitate S. 171f
116 Vgl. Minna Cauer, Die streitlustigen »Antis«, in: FB 18 (1912), Nr. 17, S. 131 f.

361
Anmerkungen zu S. 168-169

117 Zur Kontroverse zwischen Helene Lange und Paula Mueller vgl. Frau 20 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) ,
H. 1 u . 2 .
118 Vgl. [Julius Werner?], Zur Kritik der Frauenbewegung, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 3 5 1 ,
29.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 152f.; »Zur Frauenbewegung«, in: RB, Nr. 176,
30.7.1912, ebd., S. 153 Wenig später formulierte der Rcichsbote seine Vorstellungen im
Klartext und verlangte die Einigung von DF1F und Christlich nationaler Gruppe gegen die
Frauenemanzipation »bei scharfer Abgrenzung des DEF nach links und Ausschaltung der
Stimmrechtsfrage« (Nr. 185, 9.8.1912, ebd., S. 162).
119 Vgl. Paula Mueller, Die Tagung des Bundes deutscher Frauenvereine, in: F.FZ 13
( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 2, S. 11-13, hier S. 12.
120 Gertrud Bäumers Referat auf der X. Generalversammlung, das die Resolution vorbe-
reitete, stand unter dem aussagekräftigen Motto: Warum müssen die Frauen Politik treiben? In
den Satzungen des BDF dagegen wurde von den angeschlossenen Vereinigungen nicht das
Bekenntnis zur Stimmrechtsforderung verlangt, sondern nur die »Förderung des weiblichen
Geschlechtes« vorausgesetzt.
121 Vgl. Paula Mueller, Das Abkommen des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes mit
dem Vorstand des Bundes deutscher Frauenvereine, in: FEZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 5, S. 33f Der
entscheidende Passus lautete: »Der Deutsch-Evangelische Frauenbund nimmt dem politi-
schen Stimmrecht gegenüber eine neutrale Stellung ein, lehnt jedoch eine Agitation dafür ab.«
Vgl. weiterhin dies., Die Stellung des Deutsch -F.vangelischen Frauenbundes auf der General-
versammlung in Gotha, in: ebd., S 34f
122 Vgl. Der Deutsch-F.vangelische Frauenbund auf der Generalversammlung des Bundes
deutscher Frauenvereine, in: D T Z , Nr. 478, 11.10.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 198-
200; Flriedrich] P[aulsen], Vom Tage, in: DAG 14 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 3, Sp. 68; »Beschluß des
Deutsch-Evangelischen Frauenbundes«, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 1, S. 6.
123 Vgl Ida Dehmel, Warum müssen die Frauen Politik treiben, in: Frau und Staat 1
( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 2.
124 Vgl. das offizielle Schreiben Gertrud Bäumers an Paula Mueller im Namen des BDF-
Vorstandcs vom 17.9.1912, HLA, BDF, Film Nr. 12-39.
125 Diese Notiz ist nicht erhalten, doch bedankt sich Paula Mueller bei Gertrud Bäumer
am 20.9.1912, daß sie der offiziellen BDF-Notc ein persönliches Wort hinzugefügt hatte, vgl.
ebd.
126 Vgl. den Brief Gertrud Bäumers an Paula Mueller vom 21.9.1912, ebd.
127 Vgl. dazu auch Paula Mueller, Unsere Gegner, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 14,S. 105f.
128 Vgl. den Bnef Alice Bensheimers an Gertrud Bäumer vom 2.11.1912, HLA, BDF,
Film Nr. 12-39.
129 So hatte Alice Bensheimeram 2.11.1912 Gertrud Bäumer brieflich vorgeschlagen, das
Wissen um die Stimmrcchtsbefürworterinncn im DEF gegen Mueller in einem Aufsatz zu
verwenden - ein Vorschlag, der m.W. nie in die Tat umgesetzt wurde. Nachdem sie erfahren
hatte, daß der DEF sein Neutralitätsabkommen mit dem BDF lösen wollte, sondierte Bäumer
vor der offiziellen Besprechung offenbar zunächst einmal, wer von diesem Abkommen
überhaupt wußte, um sich dann hinter den Kulissen der Zustimmung einzelner Vorstandsfrau-
en zu versichern, vgl. die Antwort Alice Bensheimers auf eine entsprechende Anfrage Gertrud
Bäumers vom 26.10.1912. Bäumer versorgte Paula Mueller auch mit Informationen über
BDF-Vorstandsinterna und tauschte sich mit ihr über die Haltung einzelner Funktionärinnen
zur DEF-Politik aus, vgl. das Dankschreiben Muellers vom 25.7.1913. Alle Belege in HLA,
BDF, Film Nr. 12-39.
130 Vgl. Ida von Meerheimbs freilich mit Vorsicht zu genießende Mitteilung, »schon so

362
Anmerkungen zu S. 169-172

manche einstige Mitglieder des Deutsch-evangelischen Frauenbundes« seien in die Reihen der
»Antis« getreten (Zur Stellung gegenüber der christlichen Frauenbewegung, in: D T Z , Nr. 137,
B6.3.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 123).
131 Vgl. Paula Mueller, Rückblick, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 7, S. 49f und Marie
Martins Kritik in der Christlichen Welt (Jg. 1913, Nr. 44), zit. nach Ref. 12 (1913), Nr. 47, S.
E58f.
132 Alle Zitate in Paula Mueller, Die Ausschußsitzung des Deutsch-Evangelischen Frau-
enbundes, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 6, S. 41f Hinter der Formulierung »christlich-
konservativ« vermuteten einige DEF-Liberale eine Festlegung auf kirchlich-orthodoxe Posi
I o n e n , was Muellci vehement bestritt, vgl. dies.. Christlich Konservativ, in: ebd., Nr. 13,
K. 9 7 - 9 9 .
133 Schreiben Paula Muellers an Gertrud Bäumer vom 20.9.1912, HLA, BDF, Film Nr.
[12-39.
134 Vgl. Paula Mueller, »Prinzipiell«, in: EFZ 1 4 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 1,S. lf., hicrS. 2.
135 So die Einschätzung von Gerhard, Unerhört, S. 334f
136 Vgl. Ida von Meerheimb, Zum Kampf gegen die Frauenemanzipation, in: RB, Nr. 183,
[7.8.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 160 und M. B., Deutscher Bund zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation, in: Hamburger General-Anzeiger, Nr. 38, 14.2.1913, StA H H , PP, S
18846, S. 39.
137 Vgl. Paula Mueller, in: EFZ 13 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 7, Rückblick, S. 50.
138 Vgl. B., Die Ausschußsitzung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes, in: EFZ 14
( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 3, S. 18f Die Einrichtung des Pressebüros stand in unmittelbarem Zusam
menhang mit den Angriffen auf den DEF während der Tagung der Inneren Mission in
Hamburg.
139 Wiewohl sie von einigen Vorstandsmitgliedern sehr geschätzt wurde, lehnte der DF.F
die Jüdin Alice Salomon als künftige Vorsitzende des BDF mit Blick auf die Reaktion der als
Antisemiten bekannten Emanzipationsgegner ab, vgl. Baumann, S. 213. Freilich waren auch
innerhalb des DEF antisemitische Haltungen verbreitet. So erschien in der EFZ 14 ( 1 9 1 3 /
14), Nr. 11, S. 86 eine Besprechung von Adolf Bartels' »Der deutsche Verfall«, in dem der
organisierte Antifcminist über den »verjudeten Liberalismus« herzog und »Rassenreinheit«
forderte. Die Rezensentin L. W. beurteilte diese Gedankengänge als »logisch und überzeu-
gend« und wünschte ihnen »fruchtbaren Boden«, damit »sich jeder ... wieder auf das besänne,
was er als Deutscher seinem Vaterlande schuldig ist.« Vermutlieh war es Gertrud Bäumer, die
sich in einem Brief an die DEF-Vorstandsfrau Scima v. d. Groeben »ziemlich erschrocken
darüber« äußerte, daß »eine der führenden Persönlichkeiten des Gegnerbundes, ein Mann von
einem geradezu unqualifizierbaren Ton der Frauenbewegung gegenüber, in der Deutsch-
Evangelischen Frauenzeitung ernst genommen und mit Achtung, ja mit Zustimmung behan-
delt« wird. Vgl. den undatierten Brief im HLA, BDF, Film Nr. 12-39. Vgl. auch Marlis
Dürkop, Erscheinungsformen des Antisemitismus im Bund Deutscher Frauenvereine, in:
Feministische Studien 3 (1984), S. 146f
140 Vgl. Paula Mueller, Zur Abwehr.
141 Vgl. »Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: D T Z , Nr. 519, 13.10.1913, BAP 61
Re l , N r . 7964, S. 104.
142 Die Beobachtungen der Frauenrechtlerin Anna Plothow sprechen dafür, daß die
Fraktionen ihre Haltungen bereits im Gemeindeausschuß geklärt hatten und von der Plenar
debatte keine Überraschung mehr zu erwarten war, vgl. »Das Frauenwahlrecht im
Abgeordnetenhaus«, in: BT, Nr. 545, 24.10.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 8f.
143 Vgl. Stenographische Berichte des Preußischen Hauses der Abgeordneten, XXI. Leg.,

363
Anmerkungen zu S. 172-173

5. Session, Bd. 6, Berlin 1913, 83. Sitzung vom 22.10.1912, Sp. 7039-7066. Vgl. auch den
Kommentar Gertrud Bäumers, Vom Kampfplatz, in: Frau 20 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 3, S. 170-172.
144 So äußerte sich der freikonservative Abgeordnete Wagner anläßlich der bevorstehen-
den preußischen Landtagswahlen, vgl. »Eine öffentliche Auseinandersetzung mit den preußi-
schen Frauenstimmrechtlerinncn«, in: RB, Nr. 84, 1 1 4 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S.
139f.
145 Vgl. Stenographische Berichte des Preußischen Hauses der Abgeordneten, XXI. Leg.,
5. Session, Bd. 6, Berlin 1913, 83. Sitzung vom 22.10.1912, Sp. 7053.
146 Vgl. Martlia Voß, Die Frauenfrage auf dem Mannheimer Parteitage der Fortschrittli-
chen Volkspartei, in: BT, Nr. 519, 11.10.1912, BAR61 Re 1,Nr. 7962,S. 198. Vgl. auch den
Kommentar von Ludwig Langemann in den BNN, Nr. 5 2 1 , 12.10.1912, ebd., S. 200.
147 Vgl. »Nationalliberale und Frauenstimmrecht««, in: Frau 19 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 9, S. 571.
148 Vgl. etwa die kurze Meldung über den Nationalliberalen Verein für Leipzig und
Umgebung in MKP 6 ( 1 9 1 3 ) , Nr. 40, S. 638.
149 Vgl. Hans Philipp, Die politische Schulung der Frau, in: DK, Nr. 86, 114.1914, BAP,
61 Re 1, Nr. 7965, S. 100f, hierS. 101.
150 Dr. de Jonge, Der richtige Mittelweg in der Frauenfrage, in: DK, Nr. 78, 14.1914,
ebd., S. 87. Vgl. auch Erna Karsten, Liebevolle Parteifreunde, in: Stimmrecht. Beiblatt zur FG
4 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 8, S. 133. Zu der Kontroverse vgl. weiterhin Prof. Moldenhauer, Zur
politischen Frauenfrage, in: DK, Nr. 83, 7 4 . 1 9 1 4 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 95f; Schrohl,
Verlangen die deutschen Frauen das Stimmrecht?, in: ebd., Nr. 87, 144.1914 u. Nr. 106,
6.5.1914, ebd., S. 106f. u. S. 142f. sowie die Replik von Elisabeth Krukenberg in: ebd., Nr. 9 3 ,
2 1 4 . 1 9 1 4 , ebd., S. 120. Antifeministen aus dem Bund waren in dem nationalliberalen Blatt
schon früher zu Wort gekommen, vgl. Kurt Ollendorf, Männer machen die Geschichte, in: DK,
Nr. 8 0 , 4 4 . 1 9 1 3 .
151 Vgl. Helene Hummel, Politische Macht oder Frauenglück, zit. nach Monarsblatt 2
(1914), Nr. 6, S. 58f Julie Bassermann, Ehefrau des Parteichefs und Vorsitzende der national-
liberalen Frauenorganisation, protestierte mit Schreiben vom 22.5.1914 in scharfer Form
beim Chefredakteur des Deutschen Kuriers gegen die Aufnahme solcher »gehässigen, teilweise
unrichtigen Artikel« und legte ihm dringend nahe, eine Gegenerklärung Gertrud Bäumers an
prominenter Stelle zu veröffentlichen. Der Abdruck von Leitartikeln aus den Reihen des
antifeministischen Bundes, so ihre unverhohlene Drohung, mache es ihr »ganz unmöglich«,
sich »irgendwie« für das Blatt einzusetzen, vgl. HLA, BDF, Film Nr. 13—15/2.
152 Vgl. die Meldung des RB, Nr. 56, 7.3.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 37f.
153 in der Nationalzeitung und den Nationalliberalen Blättern, vgl. Hans Philipp, Die
politische Schulung der Frau, in: DK, Nr. 86, 114.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7965, S. 101.
Über die Zurückweisung von Artikeln klagte auch Ludwig Langemann, »Bekämpfung der
Frauenemanzipation«, in: DTZ, Nr. 519, 13.10.1913, BAP 61 Re 1, Nr. 7964, S. 104.
154 Vgl. den dürftigen Kommentar der Nationalliberalen Partei zu der hier noch in
Anführungszeichen gesetzten »Frauenbewegung«, der im Glossar gerade fünfeinhalb von
insgesamt 1.229 Seiten einnimmt: Politisches Handbuch, S. 3 4 6 - 3 5 1 , zum Wahlrecht S. 350
Die Position der nationalliberalen Frauen und der Bassermannschen Fraktion ging in einigen
Punkten weit darüber hinaus, wurde aber offenbar nicht kodifiziert.
155 Vgl Ida von Meerheimb, Zur Stellung gegenüber der christlichen Frauenbewegung, in
DTZ, Nr. 137, 16.3.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 123; »Die chrisdich-nationale Gruppe
zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, in: MKP 6 (1913), Nr. 3, Sp. 36-38 und ebd., 5
(1912), Nr. 37, Sp. 622.
156 Schon 1909 hatten Berliner Aristokratinnen unter der Schirmherrschaft (frei-)konser

364
Anmerkungen zu S. 173-175

vativer Politiker wie des Vorsitzenden des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie den
Deutschen Frauenbund gegründet, um die »Frauen der höheren Gesellschaftskreise« in die
Politik einzuführen. Diese erste ausdrücklich politische Vereinsgründung rechtsgerichteter
Frauen war jedoch parteipolitisch nicht gebunden, vgl. Kap. 2.7.1913 schloß sie sich dem
BDF an, vgl. Baumann, S. 2 1 9 - 2 2 1 ; zur Vereinigung konservativer Frauen vgl. ebd., S.
J222-228.
157 Vgl. Julius Werner, Die Frau, die Politik und die Parteien, in: DTZ Nr. 260,
:26.5.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 190f; ders.. Die englischen Konservativen und die
moderne Frauenbewegung, in: RB, Nr. 216,14.9.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 71f.; Frifz
Bley, Die Frauen 1813-1913, in: DTZ, Nr. 467, 15.9.1913, ebd., S. 72-74. Wie umstritten
die Neugrundung war, wird bereits im Gründungsreferat des Landtagsabgeordneten von
Goßler deutlich, der durchgängig auf die Argumente der Gegner Bezug nimmt, vgl. »Über die
Vereinigung konservativer Frauen«, in: MKP 6 (1913), Nr. 20, Sp. 308-312. Hier auch die
Zusammensetzung des Vorstandes, Sp. 309.
158 Vgl. Friedrich Sigismund, Die Vereinigung konservativer Frauen, in: Tag, Nr. 196,
22.8.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 59.
159 Anmerkung der Schriftleitung zur unter dem Titel »Vereinigung konservativer Frau-
en« abgedruckten Zuschrift des Freiherrn von Richthofcn, Nr. 262,27.5.1913, BAP, 61 Re 1,
tslr. 7963, S. 192 A, hier S. 193.
160 Vgl. Marie Wegner, Die Konservativen und die Frauenbewegung, in: FG 7 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) ,
JNr. 2 3 , S. 177-179, hier S. 177.
161 »Vereinigung konservativer Frauen«, Zuschrift des Freiherrn von Richthofcn, in:
[DTZ, Nr. 262, 27.5.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 192f. Der Konservative und
BdL-Anhänger hoffte insbesondere auf den F.influß konservativ geschulter Mütter, da »es sich
nicht leugnen (läßt), daß die Jugend sich häufig genug von den glänzenden Reklamephrasen
des Liberalismus blenden läßt« (S. 193).
162 Gefordert wurde die »Bildung eines Gegengewichts gegen alle radikalen modernen
Bestrebungen auf dem Gebiete der eigentlichen Frauenfrage«. Vgl. Wolfgang Eisenhart, Die
Vereinigung konservativer Frauen, in: RB, Nr. 112, 16.5.1913, ebd., S. 176f, Zitat S. 177.
163 Auch Frevert (Mann und Weib, S. 122) merkt an, daß sich die Konservativen stärker als
andere bürgerliche Parteien mit den weiblichen Partizipationswünschen auseinandersetzten.
164 So die Argumentation der Vereinigung konservativer Frauen in der Kreuz-Zeitung,
zit. nach Marie Wegner (wie Anm. 160), Zitat S. 178.
165 Vgl. Konservative Korrespondenz, Nr. 95, 25.11.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7984, S.
29
166 Vgl. »Die Vereinigung konservativer Frauen«,in: M K P 7 ( 1 9 1 4 ) , N r . 8,Sp. 124-126,
Zitat Sp. 125.
167 Vgl. [ Viele konservative Frauen] »Zur Gründung der Vereinigung konservativer Frau-
en«, in: Monatsblatt 1 (1913), Nr. 9, S. 71f
168 Zit. nach Marie Wegner, Die Konservativen und die Frauenbewegung, in: FG 7
( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 2 3 , S. 178.
169 Vgl. Ida von Meerheimb, Frauenbewegung und Liebestätigkeit, in: DTZ, Nr. 647,
22.12.1913, BAP, 61 Re l , N r . 7964, S. 160f.
170 Vgl. RT,XIII. Leg., 1. Session, Bd. 291,189. Sitzung vom 13. Januar 1914, S. 6463f.
171 Vgl. Antrag Nr. 832 des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht auf Erteilung des
aktiven und passiven Wahlrechts ftir Frauen unter denselben Bedingungen, wie es den
Männern zusteht. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 301, Anlagen zu den Stenogr. Berichten, S.
1129.

365
Anmerkungen zu S. 175-177

172 Vgl. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 2 9 1 , 189. Sitzung, S. 6465.
173 Vgl. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 287, 110. Sitzung vom 12.2.1913, insb. S.
3699-3714.
174 Vgl. RT, XIII. Legislaturperiode, 1. Session, Bd. 283, 6. Sitzung vom 15.2.1912, S.
28.
175 Dr. Arendt hielt die Einführung des Frauenwahlrcchts in wörtlicher Übereinstim-
mung mit dem Bund der Emanzipationsgegner für ein »Danaergeschenk« und gab zu
bedenken, daß sich der männlichen Machteinfluß dann verringern werde. Würde doch die
Anzahl der Wähler, die für einen Abgeordneten zu stimmen hatten, durch das allgemeine
Wahlrecht glatt verdoppelt (wie Anm. 170, S. 6472). Damit argumentierte er im Sinne der
antifeministischen Liga, für die politische Partizipation von Frauen mit Frauenherrschaft
gleichzusetzen war. Die Reichspartei, die Dr. Arendt vertrat, entsandte seit den Januarwahlen
1912 gerade noch 14 Abgeordnete in das Parlament.
176 Vgl. Handbuch der Deutsch Konservativen Partei, Berlin 1911 4 , S. 131, zit. nach
Frevert, Mann und Weib, S. 235. Ähnlich hatte sich ein deutschkonservativer Abgeordneter
bei einer Tagung des BdL geäußert, vgl. Kap. 2.6.
177 Vgl. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 283, 20. Sitzung vom 5.3.1912, S. 467.
178 Vgl. RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 2 9 1 , 189. Sitzung, S. 6470.
179 Vgl. Ernsf Oberfohren, Zur Kritik der radikalen Frauenbewegung, in: Ostpreußische
Zeitung, Nr. 181, 5.7.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 38

5. Geschlechterpolitik im Ersten Weltkrieg

1 Das Zitat bei Wehler, Kaiserreich, S. 204. Vgl. allgemein die klassische Studie von Kocka,
Klassengesellschaft. Der Geschlechterkonflikt kommt hier allerdings nicht in den Blick. Vgl.
dazu Daniel, Arbeiterfrauen; Guttmann.
2 Vgl. Oscar A. H. Schmitz, Krieg und Frauenbewegung, in: Tag, Nr. 269, 15.11.1914,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 109. Zwischen dem antifeministischen Monatsblatt vom
15.7.1914 und dem Folgeexemplar vom 15.1.1915 klaffte eine Lücke, die nur von einem als
»streng vertraulich« gekennzeichneten Rundschreiben des Vorstands vom November 1914
unterbrochen wurde. Für eine behördliche Zensur gibt es - abgesehen von der Vertraulichkeit
des Rundschreibens - keine Anhaltspunkte. Da auch die Schriftleitung des Blattes nicht
kriegsbedingt wechselte, kommt als Ursache der antiteministischcn Abstinenz der von Oscar
A. H. Schmitz (s. oben) angeführte Grund in Betracht: Der Krieg habe den »widerwärtig
tobende(n) Kampf der Geschlechter sofort beruhigt«, sprich: Die Frauenbewegung hatte dem
Bund der Emanzipationsgegner keinen Angriffspunkt für Kritik geboten.
3 SoderTitel einer 1912 fertiggestellten, 1913 veröffentlichten Schnft des Antifeministen
und Herausgebers der »Politisch-Anthropologischen Revue«, Otto Schmidt-Gibichenfels. Vgl.
auch ders., Der Krieg als Kulturfaktor, in: PAR 11 (1911/12), Nr. 8, S. 393-407. Die
Antifeministin Kathinka von Rosen hatte den Krieg ebenfalls »seit Jahren ersehnt«, vgl. DTZ,
Nr. 509, 7.10.1914, BAP, 61 Re l , N r . 7966, S. 101.
4 Vgl. Ernsf Oberfohren, Der Krieg und die Frauenbewegung, in: Monatsblatt 3 (1915),
Nr. 3, S. lf. Noch einfacher lagen die Dinge für den organisierten Antifeministen Julius von
Pflug-Harttung bei einem Vortrag im Festsaal des Preußischen Abgeordnetenhauses: Der
Krieg »beweist die Überlegenheit des Mannes«, vgl. Der Krieg und die Frauen, in: NAZ, Nr.
53, 22.2.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 140. Der Deutschen Volkskorrcspondenz zufolge

366
Anmerkungen zu S. 178-179

führte der Kneg »die von der Natur selbst gegebene und somit göttlich erscheinende
Arbeitsteilung« der Geschlechter eindringlich vor Augen, vgl. »Denkende Menschen«, Nr. 75,
30.3.1915, ebd., S. 173. Ähnlich auch Offo Pfister, Der Krieg und die Frauen, in: DTZ, Nr.
23, 13.1.1915,ebd.,S. 122f.
5 Vgl. Frifz Bley, Deutschlands Erneuerung und die Frau, in: Gutsfrau 3 (1915), Nr. 9, S.
158-160, Zitat S. 159; Oskar A. H. Schmitz, Gedanken aus Anlaß des Weltkrieges, in: Wehr 3
1(1914),Nr. 1 1 / 1 2 , S . 11.
6 Vgl. Frifz Bley, Die Unbelehrbaren vom Haag, in: GF 3 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 13, S. 244.
7 Vgl. Ernsf Wachler, Geschichte der Weiberherrschaft, in: Hammer 14 (1915), Nr. 304, S.
106.
8 »Wir wollen teilhaben an dem vielgeschmähten Militansmus, der uns jetzt so herrliche
Früchte trägt,« schrieb etwa Agnes von Zahn-Harnack, Krieg, S. 17. Abweichend von der
BDF Mehrheit vertrat lediglich ein Teil des »linken« Flügels der bürgerlichen Frauenbewe-
gung um Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann pazifistische Anschauungen.
9 Vgl. Anna Pappritz, Nationaler Frauendienst, in: Kricgsjahrbuch des BDF 1915, S. 2 6 -
33. Vgl. auch die Beiträge von Marie Baum, Käthe Gaebel und Alice Salomon in diesem Band
sowie die Erinnerungen von Lüders. Vgl. auch die in ihren Interpretationen sehr dicht an der
Auffassung der Behörden haftende Arbeit von Gersdorff, insb. S. 15-27; weiterhin Clemens, S.
105-109; für Baden Guttmann, S. 130-163; zur Geschichte der Forderungen nach Frauen-
dicnstpflicht und ihren Motivationen Dammer.
10 Daß der Nationale Frauendienst in Zusammenarbeit mit den Kommunen Fürsorgewe-
j sen und Wohlfahrtspflege organisierte, galt den Antifeministen und Antifeministinnen nicht
I als notwendige Unterstützung für die Angehörigen von Kriegsteilnehmern, sondern als
weiterer Schritt hin auf die Übernahme (lokal-Jpolitischcr Veranrwortung, vgl. 9. Petitionsbe-
richt der Gemeindekommission, Drucksache Nr. 237, Sammlung der Drucksachen des Preu-
i ßischen Hauses der Abgeordneten, XXII. Leg., 3. Session 1 9 1 6 / 1 7 , Bd. 3, Berlin 1916, S.
1934. Es wäre allerdings völlig verfehlt, wollte man den glühenden Nationalismus erwa einer
Gertrud Bäumer auf diesen funktionalen Aspekt verkürzen, vgl. Bäumer, Krieg; dies., Heimat-
chronik, Schaser, Nation. Die Neigung der bürgerlichen Wortführerinnen, Individualität im
Erlebniskollektiv des »Volkes« aufgehen zu lassen, wird von Prokop mit nichtgelebten Ich-
Anteilen und unterdrückter Sinnlichkeit in Zusammenhang gebracht.
11 So dachten auch zahlreiche Parlamentarier. Der Berichterstatter der Gemeindekommis-
sion im Preußischen Landtag begründete etwa die Empfehlung, die Petition des antifeministi-
schen Bundes gegen das kommunale Frauenstimmrechts der Regierung nur als Material zu
überweisen, im März 1916 damit, daß »die Frauen ... sich in dieser schweren Zeit in der
aufopfernsten Weise mit patriotischer Begeisterung in den Dienst der Allgemeinheit gestellt
und auf dem Gebiet der Kricgswohlfahrtspflege Hervorragendes geleistet (hätten). Diese
Leistungen verdienen Dankbarkeit und Anerkennung, die auch in der heutigen Verhandlung
ihren Ausdruck finden müsse.« Vgl. 9. Petitionsbericht der Gemeindekommission (wie Anm.
10), S. 1934.
12 Die Zahlen nach Hering, S. 34. Der BDF konnte seine Anhängerschaft während des
Ersten Weltkrieges mehr als verdreifachen, obwohl mit dem Deutsch-Evangelischen Frauen-
bund mittlerweile einer der mitgliederstärksten Verbände ausgeschieden war.
13 Durch den Anschluß an die »gesunde deutsche Frauenbewegung« sei es den
Frauenrechtlerinnen gelungen, »viele werthvolle deutsche Frauen, die zu uns gehörten, auf
ihre Seite hinüberzuziehen«, beklagte sich Ludwig Schemann im Spätherbst 1915, vgl. sein
Schreiben vom 4.11.1915, ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation. Der Brief ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, daß die in der antifemini-

367
Anmerkungen zu S. 179-182

stischen Presse geäußerten Vorwürfe gegen Eraucnrechtlerinnnen nicht nur propagandistische


Verlautbarungen waren, sondern auch privat geäußerten Einstellungen entsprachen.
14 Vgl. »Zur Frauenfrage«, in: DVK, Nr. 139,18.6.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 103.
15 Die Zahlen nach Wehler, Kaiserreich, S. 203. Wehler reflektiert die Bedeutung des
Arbeitskräftemangels für die Gewerkschaften, läßt aber seinen Einfluß auf das Verhältnis der
Geschlechter gänzlich außer acht.
16 Das »Hindenburg Programm« ist abgedruckt in Sichler u. Tiburtius, S. 105-108. Seine
Ablehnung ist ein Lehrstück für die Dominanz des Ordnungsmodells polarer Ge-
schlechtscharakterc gegenüber militärischen Interessen. Vor dem Reichstag begründete Staats-
sekretär Hcifferich vom Reichsamt des Inneren die Ablehnung der Frauenarbeitspflicht mit
dem Überangebot von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, äußerte daneben aber auch ausdrückli-
che Bedenken, weil Frauen »physisch anders organisiert« als Männer seien, vgl. den Bericht der
NAZ,Nr.332,30.11.1916,BAP,61 Re l , N r . 7 9 6 9 , S . 150t". über die Reichstagssitzung vom
29.11.1916. Die meisten Reichstagsabgcordneten teilten Helfferichs Gcschlcchterdualismus;
selbst der Sprecher der Fortschrittlichen Volkspartei plädierte dafür, Frauen sollten nur solche
Arbeiten aufnehmen, »für die sie ihrer Natur nach in erster Linie berufen« seien. Die
Einrichtung separater Frauenreferate und der Frauenarbeitszentrale im Kriegsamt spiegelte die
Vorstellung zweier getrennter Geschlcchtersphären in der Praxis wider.
17 Vgl. die sorgfältige Analyse von Daniel, Arbeiterfrauen.
18 Vgl. z.B. Dorothea Goebeler, Die Laboratoriumsgehilfin, in: BLA, 2.6.1915, BAP 61 Re
1, Nr. 7967, S. 16; Hans Dominik, Unsere Schaffnerinnen, in: BLA, Nr. 319,25.6.1915, ebd.,
S. 44; »Die Briefträgerin«, in: BT, Nr. 463,10.9.1915, ebd., S. 111, »Das ewig Weibliche«, in:
Freisinnige Zeitung, Nr. 113, 16.3.1915, ebd., S. 3; »Die Zunahme von weiblichen
Erwerbstätigen in der Industrie«, in: Vorwärts, Nr. 141, 23.5.1915, ebd., S. 8.
19 Vgl. Helmut v. Gerlach, Dienstmütze und Frauenrecht, in: WaM, Nr. 26, 28.6.1915,
ebd., S. 48.
20 Vgl. »Na ja - die Frauen«, in: Post, Nr. 353, 14.7.1915, ebd., S. 6 1 .
21 So auch die Wahrnehmung in der Erauenpressc, vgl. Marie Wegner, Burgfrieden für die
Frauen?, in: FG 9 (1915), Nr. 19, S. 137-139.
22 Vgl. etwa »Weibliche Kriegsarbeit«, in: Vorwärts, Nr. 119, 1.5.1915, BAP, 61 Re 1, Nr.
7966, S. 194f; »Niedere Frauenlöhne eine Gefahr«, in: Tag, Nr. 141, 19.6.!915, BAP, 61 Re
1, Nr. 7967, S. 32f; »Frauenarbeit in und nach dem Kriege« (Referat des Vorsitzenden des
Münchner Metallarbeiterverbandes), in: Münchner Post, Nr. 32,9.2.1916, ebd., Nr. 7968, S.
68.
23 Vgl. Paul A. Schettler, Die Schaffnerin, in: Weser-Zeitung, Nr. 245, 13.7.1915, ebd.,
Nr. 7967, S. 60.
24 Als »Surrogatfrauen« bezeichnete der BLA Frauen, die Berufstätigkeit der Haushalts-
führung und Kindererziehung vorzogen, vgl. »Krieg und Frauenfrage«, Nr. 156, 25.3.1916,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 109.
25 Vgl. »Das ewig Weibliche«, in: Freisinnige Zeitung, Nr. 113, 16.3.1915, BAP, 61 Re 1,
Nr. 7967, S. 3.
26 Kreuzzeitung, Nr. 370,23.7.1915, ebd., S. 73, nach einem Artikel der H N . Der Soldat
- im bürgerlichen Beruf Kaufmann - schrieb im Namen verwundeter Handwerker, Arbeiter,
Kaufleute, Lehrer und Beamter und bezog sich auf den Ausspruch einer ungenannten
Frauenrechtlerin, die gesagt haben sollte: »Je größer die Lücken durch den Tod werden, je
notwendiger ist es, für die Frau neue Berufe zu schaffen, die ihr früher verschlossen waren.«
Der Artikel wurde umgehend in der konservativen Parteipresse nachgedruckt, vgl. MKP 8
(1915), Nr. 32, S. 512.

368
Anmerkungen zu S. 183-185

27 Vgl. Lipp.
28 Vgl. »Ist das Gehirn des Mannes schwerer als das der Frau?«, in: Dresdner Nachrichten,
Nr. 196, 17.7.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 67; »Unbelehrbare Frauen. Lieber 100
Prozesse mit Männern als 10 mit Frauen«, in: Berliner Volkszeitung, Nr. 345, 9.7.1915, ebd.,
S. 53; Oscar A. H. Schmitz, Das mißverstandene Geschlecht, in: Tag, Nr. 78, 14.1916, BAP,
61 Re 1, Nr. 7968, S. 115.
29 »Die Frau in leitenden Stellungen«, in: MKP 10 (1917), Nr. 32, S. 480f nach Der
Arbeitgeber (Nr. 1 2 / 1 9 1 7 ) , der Zeitschrift der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberver-
bände.
30 Vgl. Erna v. Knobloch, Das weibliche Dienstjahr, in: VE 20 (1916), Nr. 4, S. 29.
31 Vgl. etwa Walther Nithack, Unser Dank an die Frauen, in: BLA, Nr. 323, 27.6.1915,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 46.
32 Vgl. etwa »Gedanken und Einfälle«, in: Dresdner Nachrichten, Nr. 50, 20.2.1916,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7968. Der Anzeigenteil der Alldeutschen Blätter entlarvte indessen die
Heim und Haus-Propaganda als bloße Ideologie, warben dort doch nicht nur Berufsratgeber
ftir Frauen, sondern etwa auch eine »Chemieschule fiir Damen« um Kundschaft, vgl. 27
(1917), Nr. 4 1 , S. 412, und ebd., 28 (1918), Nr. 5, S. 40.
33 Vgl. Nr. 4 7 5 , 19.9.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 115.
34 So Fr. Engel im evangelischen RB, der die Gleichstellung von Frauen in Ausbildung und
i Beruf für die Zerstörung des Familien- und »Volkslebens« verantwortlich machte und dem
Staat vorwarf, zu diesem E.manzipationsprozcß »die Hand gereicht« zu haben, vgl. »Der Krieg
und die Frauen«, Nr. 425 vom 26.8.1915 und Nr. 426 vom 27.8.1915, ebd., S. 92-95.
35 Vgl. »Kampf der Geschlechter?«, in: Vorwärts, Nr. 54, 24.2.1916, BAP, 61 Re 1, Nr.
7968, S. 84; »Die Geschlechter nach dem Kriege«, in: VZ, Nr. 194, 144.1916, ebd., S. 123.
36 Vgl. »Die Frauenarbeit in der Industrie. Sozialpolitische Bedenken«, in: BT, Nr. 307,
17.6.1916, ebd., S. 169; »Eine Warnung«, in: H C vom 19.3.1916, ebd., S. 105;
[»Gewerkschaften und Frauenarbeit«, in: WaM vom 31.7.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7969, S. 2.
37 Vgl. »Überhandnehmen der Frauenarbeit im Handelsgew erbe«, in: DHW 23 (1916),
Nr. 2, S. 24 u. S. 28; »Gegen die Frauenarbeit im Handelsgewerbc«, in: ebd., Nr. 4, S. 59f
38 Die privaten Handelsschulen sollten nicht mehr Schülerinnen aufnehmen können, als
sie im April 1914 hatten. Vgl. Vorwärts, 23.3.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 108f.
39 Vgl. »Die Frau im Hause«, in: GF 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 19, S. 333.
40 Vgl. »Warnung vor Zuzug nach den Städten und vor Frauenarbeit im Handelsgewer-
be«, in: DHW 23 (1916), Nr. 4, S. 6 1 .
41 Vgl. »Unsere Sozialpolitik im Jahre 1917«, in: ebd., 25 (1918), Nr. 5 / 6 , S. 42.
42 Vgl. BNN, Nr. 4 1 3 , 15.8.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968, S. 18f. Möglicherweise hatte
bei dieser und ähnlichen Aktionen der DHV seine Hände im Spiel, vgl. »Unsere sozialpoliti-
schen Aktivitäten im Kriegsjahr 1915«, in: D H W 2 3 (1916), Nr. 4, S. 55.
43 Vgl. Daniel, Arbeiterfrauen, S. 120.
44 Vgl. »»Männerarbeit und Frauenarbeit«, in: MKP 8 (1915), Nr. 42, S. 670.
4 5 Vgl. Magdeburger Zeitung, Nr. 867, 21.11.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7967, S. 179.
46 Vgl. »Wandlungen im Frauenleben«, in: Kreuzeitung, Nr. 656, 24.12.1916, BAP, 61
Re 1, Nr. 7969, S. 176.
4 7 Vgl. n Behr-Pinnow, Frauenfragen. U.a. abgedruckt in: NAZ, Nr. 1 0 9 , 1 9 4 . 1 9 1 6 , BAP,
61 Re 1, Nr. 7968, S. 126; Deutsche Warte, Nr. 3 1 , 304.1916, ebd., S. 132f; Schlesische
Zeitung, Nr. 29, 1 9 4 . 1 9 1 6 , ebd., S. 127; DTZ, Nr. 24, 14.1.1917, ebd., Nr. 7969, S. 195;
u.d.T. »Die Ausgestaltung der Erauenrechte« in H C , 6.8.1916, ebd., S. 6. Schon bei der
Ablehnung des Hindenburg-Programms hatten die Zivilregierungen damit argumentiert, daß
Anmerkungen zu S. 185-188

der Arbeitszwang für Frauen die außerhäuslichc Betreuung der Kinder und andere Vergesell-
schaftungen häuslicher Leistungen voraussetzen und damit zu einer Umwälzung der
Familienverhältnisse führen würde, vgl. Daniel, Arbeiterfrauen, S. 76f.
48 So ßessel, Beunruhigung. Methodisch läßt sich jedoch einwenden, daß die von Bcssel
als Indikator gewertete hohe Heiratsfrequenz möglicherweise aus dem Rückstau der Kriegs-
jahre resultierte oder z.T. gar erst eine Folge der Verdrängung von Frauen aus dem Arbeits-
markt war. Ein sehr hoch angesetzter Protestbegriff sucht vergeblich nach Einsprüchen der
(Männer-)Gewcrkschaften gegen die Entlassung weiblicher Konkurrenz und läßt die Bitten
von Frauen, sie in ihren Stellungen zu belassen, wie sie sich in Eingaben von Unternehmen an
die Demobilmachungsausschüsse niederschlugen, außer acht. Die Aussage, Frauen hätten ihre
Tätigkeit grundsätzlich als vorübergehend betrachtet, stützt sich hauptsächlich auf die Fan-
schätzung des Reichsministeriums für wirtschaftliche Demobilmachung; die Wirkung ange-
drohter Zwangskündigungen wird mJB. ebenso unterschätzt wie das Ausmaß der Repressio-
nen gegen arbeitende Frauen in der Weimarer Republik durch die Konzentration auf die Jahre
mit weitgehender Vollbeschäftigung.
49 Vgl. zu den Lebens und Arbeitsbedingungen von Arbeiterinnen im Ersten Weltkneg
Daniel, Arbeiterfrauen, S. 125-232; mit Blick auf Baden Guttmann, S. 34-78.
50 Vgl. Hering, S. 33f.
51 Vgl. »Krieg und Frauenfrage«, in: BLA, Nr. 156, 25.3.1916, BAP, 61 Re 1, Nr. 7968,
S. 109.
52 Vgl. Altmann-Gottheiner, Zitat S. 38. Vgl. auch die anderen Beiträge in diesem Band.
53 Vor dem Verein ftir Fraueninteressen. Vgl. Münchner Neueste Nachrichten vom
30.1.1916, zit. nach Daniel, Arbeiterfrauen, S. 83. Hervorh. i. Original.
54 Vgl. Daniel, Arbeiterfrauen, S. 118f; Hesse/, Beunruhigung, S. 217.
55 Zu den Demobilmachungsplänen des DHV vgl. Wenn der Friede kommt. Der Deut-
sche Handelstag, eine vom DHV mitgetragene Veranstaltung, hatte schon 1915 die Arbeitge-
ber aufgefordert, bevorzugt Kriegsbeschädigte einzustellen und einberufenen Angestellten
eine Arbeitsplatzgarantie zuzusichern. Diese Position wurde zu diesem Zeitpunkt offensicht-
lich von der Deutsch-Konservativen Partei geteilt, vgl. »Frauenarbeit im Handelsgewerbe«, in:
MKP 8 (1915), Nr. 44, S. 698.
56 Vgl. Lorenfz, S. 8 0 - 8 3 .
57 Vgl. zu den Planungen ftir die Demobilmachung Rouette, S. 2 2 - 4 1 .
58 Vgl. StA Hamburg, Bestand Senat, Cl. VII Lit. Rf. No. 505 Vol. 1.
59 Vgl. dazu Ullrich, S. 4 1 .
6 0 So die fernmündliche Auskunft des Hamburger Staatsarchivs an die Verf.
61 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 2, S. 4.
62 Daß eine solche Petition in Vorbereitung sei, wurde bereits im Januar 1916 angekün
digt, vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 1, S. 2. Im Lauf des Jahres wandte sich Vorstandsfrau
Bertha Stauff schriftlich an einzelne Bundesmitgliedcr mit der Bitte, in der jeweiligen Stadt
nach potentiellen Verbündeten Ausschau zu halten und ihr die Adressen der in Frage
kommenden Verbände mitzuteilen, vgl. ihr Schreiben an Ludwig Schemann vom 14.7.1916,
ÜB Freiburg, Nl. Schemann, IV A) Deutscher Bund gegen die Frauenemanzipation.
63 Monatsblatt 4 (1916), Nr. 12, S. 1.
6 4 Zum Ehrbegriff des Bürgertums im Spiegel der Duell-Kultur vgl. Frevert, Ehrenmän-
ner.
65 1917 wurden in Preußen von 270 öffentlichen Lyzeen ganze 13 von einer Direktorin
geleitet. Zusätzlich stand einer in Berlin neu eröffneten Mittelschule eine Frau vor. Dagegen
befand sich die Leitung der rund 200 privaten Mädchenlyzeen überwiegend in weiblicher

370
Anmerkungen zu S. 188-189

Hand. Die Haushaltungs- und Berufsschulen verdankten ihre Entstehung vielfach der Initiati-
ve von Frauenvereinen und wurden entsprechend von einer Frau geleitet. Bei der Errichtung
städtischer Pflichtfortbildungsschulen wurde die Direktion in der Regel einem Mann übertra-
gen. Demnach gab es Führungspositionen für Frauen fast ausschließlieh im Rahmen privater
Initiativen Die Übernahme von Bildungsaufgaben durch staatliche oder kommunale Träger
bedeutete zugleich auch ihre »Maskulinisierung«. Eine Ausnahme machte - aktueller Stein des
Anstoßes - die ehemals private Fachschule in Rheydt, die in staatliche Regie übernommen
wurde und weiterhin die altgediente Direktorin beschäftigte. Vgl. 23. Petitions-Bericht der
Gemeindekommission, Drucksache Nr. 637, Sammlung der Drucksachen des Preußisches
Hauses der Abgeordneten, XXII. Leg., 3. Session, 1 9 1 6 / 1 8 , Bd. 7, Berlin 1918, S. 4002 und
Monatsblatt 5 (1917), Nr. 1, S. 3.
66 Vgl. die Liste in Monatsblatt 4 ( 1 9 1 6 ) , Nr. 12, S. 6f. und Monatsblatt 5 (1917), Nr. 1,
S. 7. Aufgeführt sind dort 28 Landes- oder Bezirkslehrerverbände, zehn Philologen- und zwei
Rcktorenverbände auf Landes- und Bezirksebene sowie drei Landesverbände der Real- und
zwei der Volksschullehrer. Es fällt auf, daß die angeschlossenen Vereinigungen der weniger
prestigeträchtigen Berufszweige, der Real- und Volksschullehrer, mit nur einer Ausnahme aus
dem Süden Deutschlands - aus Baden und Württemberg - kamen. Die Beamtenvereine
setzten sich im staatlichen Bereich zusammen aus fünf Landes- bzw. Ortsvereinen des
Verbands mittlerer Reichs-, Post- und Telegraphenbeamter; dazu kamen fünf Landes- bzw.
Bezirksgruppen der Eisenbahnbeamten sowie zwei Gemeinde- und drei Staatsbeamtenorga-
nisationen. Aus dem Bereich der privaten Wirtschaft unterzeichneten sechs Privatbeamten
verbände, darunter der Verband Deutscher Bürobeamter sowie der Gesamtverband Deutscher
Rechtsanwalts- und Notariats-Bürobeamter. Unterzeichnet hatten auch der Evangelische
Arbeiterverein Berlin-Steglitz und der Verband Katholischer Arbeitervereine Westdeutsch-
lands.
67 Die Vereine Steglitz und F.rlangen sowie der Landtagsabgeordnete Friedrich Berth für
den Kreis Nordbayern, der in Personalunion bayrischer Landesvorsitzender des BdL war. Vgl.
zur Unterstützung durch den Deutschbund »Gegen weibliche Vorgesetzte der Staats- und
Gemeindebeamten«, in: DV 2 (1917), H. 2 / 3 , S. 112 und »Eingabe gegen die amtliche
Unterstellung des Mannes unter weibliche Vorgesetzte«, ebd., H. 10, S. 348
68 Vgl. Deutsche Minne, 1. Buch, Juli 1916, S. 44f.
69 Nur 32 der 90 unterzeichneten Vereine gaben auf der Unterschriftenliste ihre Stärke an
- insgesamt 53.418 Personen. Da die Verbandsgrößen stark schwanken (zwischen 60 und
17.000 Mitgliedern), darf man diese Angaben wohl als statistisches Mittel betrachten und auf
die gesamten 90 Organisationen hochrechnen, kommt demnach also auf rund 150.000
Petenten. Der Bund Deutscher Militäranwärter hatte bereits 1909 annähernd 60.000 Mitglie-
der, vgl. MDB 33 (1909), H. 10, 16.5.1909, S. 184. Zählt man dann noch das Potential des
DHV mit weiteren ca. 140.000 Organisierten dazu und zieht, um Überschneidungen zu
vermeiden, die 15.823 schon als Teil der 32 Vereine mit Mitgliederangabe berücksichtigten
Brandenburger Handlungsgehilfen ab, ergibt sich eine geschätzte Anzahl von rund 335.000
Personen - die antifeministischc Liga nicht mitgerechnet.
70 Vgl. Margarete Siebert, Antifeminismus, in: Frauenfrage 19 (1917), Nr. 3, 1.2.1917,
S. 17.
71 Vgl. Monatsblatt 4 (1916), Nr. 12, S. 7; ebd., 5 (1917), Nr. 1, S. 2 - 4 . Die Berliner
Volkszeitung sah darin »geradezu eine Kränkung der Beamtenschaft«, vgl. Nr. 10, 6.1.1917,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7969, S. 182.
72 Vgl. 23. Petitions-Bericht der Gemeindekommission, Drucksache Nr. 637, Sammlung
der Drucksachen des Preußisches Hauses der Abgeordneten, XXII. L e g , 3. Session, 1 9 1 6 / 1 8 ,

371
Anmerkungen zu S. 189-191

Bd. 7, Berlin 1918, S. 4200—1204. Diese Entscheidung diente den Parlamentariern


möglicherweise auch dazu, auf die Zivilregierung bei den laufenden Verhandlungen mit den
Arbeitgebern Druck auszuüben.
73 Vgl. Wörtliche Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Abgeordnetenhauses.
XXII. Leg., 3. Tagung, 110. Sitzung vom 16.1.1918, Sp. 7340.
74 Vgl. RT, XIII. Leg., 2. Session, Bd. 313, Berlin 1918, 176. Sitzung vom 20.6.1918, S.
5529. Damit hatte sich die Reichstagsmehrheit dem Vorschlag des Petitionsausschusses
angeschlossen, vgl. Mündlicher Bericht des Ausschusses für die Petitionen, Aktenstück Nr.
1468, RT. XIII. Leg., 2. Session, Bd. 324, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Berlin
1 9 1 4 / 1 8 , S. 2177f.
75 Vgl. »Das neue Deutschland und die Sozialreform«, in: DHW 25 (1918), Nr. 5 / 6 ,
S. 49.
76 Zit. nach Bessel, Beunruhigung, S. 2 1 1 .
77 Stinnes-Legien-Abkommen vom 15.11.1918, vgl. ebd., S. 217.
78 Vgl. Paul Feger, Ein Fortschritt, in: DFTW 26 (1919), Nr. 2, S. 20f Die Revolutionsre-
gierung kam damit weitgehend den Forderungen der Betriebsgemeinschaft kaufmännischer
Verbände nach, vgl. deren pünktlich am 9. November 1918 veröffentlichtes Programm als
Beilage zur Deutschen Handels-Wacht 25 (1918), Nr. 1 1 / 1 2 .
79 Vgl. Bessel, Beunruhigung; ders., Germany und Roueffe, insb. S. 131-169.
80 Vgl. dazu die Überlegungen von Roueffe, S. 40f Vgl. auch die offizielle Linie des BDF
indessen Denkschrift vom Februar 1918,zit. nach Daniel, Arbeiterfrauen, S. 312,Anm 350.
81 Vgl. Bessel, Beunruhigung, S 218.
82 Elisabeth Altmann-Gottheiner, Neue Probleme der Frauenarbeit, in: Jahrbuch des BDF
1920, S. 38-50, Zitat S. 40.
83 Vgl. Roueffe, S. 161-169. Dagegen bedauerten die führenden Repräsentantinnen der
MSPD und der Gewerkschaftsbewegung zwar die Entlassung von Frauen, betrachteten sie
jedoch als gesellschaftlich notwendig und daher selbstverständlich. Lediglich die Frauen der
USPD verurteilten bei ihrer ersten Konferenz im November 1919 das Vorgehen von Behör-
den und Arbeitgebern. Auch an ihren männlichen Genossen übten die USPDIerinnen ob der
Unterstützung dieser Positionen scharfe Kritik, vgl. Atbrecht u.a., S. 495f.
84 Vgl. Bessel, Beunruhigung, S. 212; Rouette, S. 170-250. Zur Praxis der Demobilma-
chung in Groß Berlin vgl. dies., S. 42-130; für Baden Guttmann, S. 205-215.
85 Vgl. »Hausschwestern«, in: KW 22 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , H. 19, S. 57; G. Stieger, Die Landpfle-
gerin, in: ebd., 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 8, S. 145-147.
86 Vgl. Pefer Rosegger, Was sollen wir mit unseren Töchtern anfangen?, in: MDB 32
(1908), H. 2,S. 17-19; G. v. Wilamowitz-Möllendorff,Wzs soll aus unseren Töchtern werden?,
in: ebd., 35 (1911), H. 17, S. 361; vgl. auch eine anonyme Zuschrift, die für den Beruf der
Rot-Kreuz-Schwester warb, in: ebd., 29 (1905), H. 1, 1.1.1905, S. 13f Typisch war ein
Beitrag in der Unterhaltungsbeilage, der die reuige Wandlung eines emanzipierten »Malwei-
bes« zur glücklichen Hausfrau und Mutter in den grellsten Farben schilderte, vgl. »Wie seine
Frau bekehrt wurde«, in: ebd., 35 (1911), H. 16, Unterhaltungs-Beilage, S. 63f.
87 Vgl. in: KW 22 ( 1 9 0 8 / 0 9 ) , H. 19, S. 57, mit Weber, Hausbeamtinnen. Mathilde Weber
gehörte dem Vorstand des BDF an. Zur Professionalisierung der weltlichen Krankenpflege als
Frauenberuf vgl. Bischoff; Kerchner, S. 170-187, sowie Agnes Karll, Die Krankenpflege als
wirtschaftlich selbständiger Beruf, in: KW 24 ( 1 9 1 0 / 1 1 ) , H. 10, S. 290-29. Die von Agnes
Karll gegründete Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands gehörte seit 1906
dem BDF an. Die fast ausschließlich aus bürgerlichen Verhältnissen stammenden freien
Schwestern betrachteten die Frauenbewegung als ein wichtiges Instrument zur Verhinderung

372
Anmerkungen zu S. 191-194

sozialer Konflikte. Diese Haltung machte es dem Kunstwart ebenso leicht, seine antifeministi-
schen Ressentiments (die sich in erster Linie gegen Rechts- und Gleichheitsforderungen
richteten) in den Hintergrund zu stellen wie die Tatsache, daß der Krankenschwesternverband
am dualistischen Geschlechtermodell festhielt und die »Hausarbeitsnähe« der Krankenpflege
betonte.
88 Vgl. I.lda] v.lonj M.leerheimb], Krieg und Frauen, in: DAG 17 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 11, Sp.
168-171; »Was wird aus unseren Töchtern?«, in: Ref. 17 (1918), Nr. 34; besonders plump:
»Der Wert der hauswirtschaftlichen Schulung«, in: DHW 23 (1916), Nr. 10, 5.10.1916, S.
150.
89 Vor 1912 bot eine Novelle zur Reichsgew eibeordnung vom Juni 1900 den Gemeinden
der meisten Länder lediglich die Möglichkeit, eine Berufsschule für weibliche kaufmännische
Angestellte einzurichten. Nur Bayern, Baden und Württemberg kannten bereits im 19.
Jahrhundert einen obligatorischen Fortbildungsunterricht für Mädchen. Für männliche Ju-
gendliche herrschte demgegenüber Berufsschulzwang, vgl. v. Zahn-Harnack, Frauenbewe-
gung, S. 216f. Zur Geschichte der weiblichen Berufsausbildung in Handel und Gewerbe vgl.
Schlüter, Neue Hüte, S. 72f. Vgl. auch dies., Quellen und Dokumente.
90 Vgl. zusammenfassend: Schriften des DHV, Bd. 52. Zu den Veränderungen in den
Gewerbeordnungen und im Fortbildungsschulwesen allgemein vgl. die Zusammenstellung in:
Schriften des DHV, Bd. 6 0 / 6 1 , S. 178-217. Zu den Aktionen der Frauenberufsverbände vgl.
den Überblick bei Lorentz, S. 160f
91 Vgl. »Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation«, in: H C , Nr. 529,
17.10.1913,StAHamburg,PP,S 18846,S. 52. Das Monatsblatt der Antifeministen vertrat in
der Frage der weiblichen Fortbildungsschule auch weiterhin die Position des DHV.
92 Vgl. Johannes Buschmann, Frauenerwerbsarbeit und Fortbildungsschule, in: KW 27
( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 2, S. 268-272.
93 Vgl. Richard Nordhausen, Ein Mädchendienstjahr, in: ebd., 23 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) , H. 2 1 , 1, S.
129-133, ZitatS. 132.
94 Vgl.Lorenfz,S. 160f.
95 Vgl. Kerchner, S. 144.
96 Vgl. Ulbricht, hier S. 6.
97 Vgl. Guttmann, S. 77.
98 Vgl. etwa »Familie und Wohlfahrtspflege«, in: GF 1 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , H. 2 1 , S. 371.
99 Vgl. Helene Wenck-Rüggeberg, Deutschlands Landfrauen und ihre Kriegsarbeit, in: NM
3 (1916), Nebelung-Heft, S. 611-616, hierS. 613; Bernardav. Neil, Hausfrauen-Organisatio-
nen, in: PJ, Bd. 156, April-Juni 1914, S. 345-348.
100 Vgl. Daniel, Krieg der Frauen, S. 143-145.
101 So der nationalliberale Abgeordnete Bock vor dem badischen Landtag im Frühjahr
1918, vgl. Guttmann, S. 77.
102 Vgl. Josef Trumpp, Schulung der weiblichen Jugend in Kinderpflege und Haus-
wirtschaft, in: Kriegshefte der Süddeutschen Monatshefte 13 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 2, S. 107-
110.
103 Vgl. Emma Kromer, Hausfrauenvereine, in: KW 29 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , H. 2, S. 204f.
104 Vgl. Lorenfz, S. 170.
105 Die Verteidigung der »deutsche(n) Frau« war freilich zum Gutteil durch die Opposi-
tion zur Frauenbewegung motiviert, vgl. Ida von Meerheimb, Frauendienst und Frauenpflicht,
in: DAG 17 (1915/16), Nr. 4, Sp. 54f.
106 In diesem Zusammenhang wurde auch die Einbeziehung der Hausfrauenarbeit in die
Berechnung des Volkseinkommens gefordert, eine Betrachtungsweise, die sich bis heute noch

373
Anmerkungen zu S. 194-197

nicht durchgesetzt hat. Vgl. »Die hausmütterliche Tätigkeit als Beruf«, in: KW 28 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) ,
H. 3, S. 228-230.
107 Einen zeitgenössischen Überblick über erschienene Literatur bieten Hohmann u.
Reichel. Zu den meistgelesenen Schriften gehörten Cauer und Gnauck-Kühne. Vgl. auch
Dammer, S. 148-173, die sich freilich auf die Darstellung weniger ausgewählter Positionen
beschränkt.
108 Vgl. die Umfrage der Königsberger Harttungschen Zeitung, Nr. 17, 12.1.1916, BAP,
61 Re l , N r . 7968, S. 39.
109 Vgl. Bernarda v. Neil, Wünsche und Bedenken zum Frauenlehrgang, in: PI, Bd. 166,
Dezember 1916, S. 4 8 2 - 4 8 8 , hier S. 483.
110 Vgl. v. Muelmann, Die Bekämpfung der Zuchtlosigkeit unserer Jugend, in: Wehr 5
(1916), Nr. 7, S. 5f; Frau Konsul Kiep, Militarismus der deutschen Frau, in: VE 19 (1915), Nr.
24, S. 190f; L. Kaiweit, Das weibliche Dienst- und Wchrjahr, in: VK 12 (1915), Nr. 6, S. 1 2 8 -
132, Zitat S. 129; Richard Nordliausen, Das Mädchen-Dienstjahr, in: Tag, zit. nach DHW 19
(1912), Nr. 15.5.8.1912, S. 293f, Zitat S. 294; Johanna Pachali, Die allgemeine Wehrpflicht
der Frauen, in: DAG 17 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 15, 7.1.1916, Sp. 230-232, Zitat Sp. 2 3 1 . Vgl. zur
protestantischen Diskussion weiterhin etwa »Die weibliche Dienstpflicht«, in: Ref. 14 (1915),
Nr. 4 5 , S. 538f; Marie Wege, Die Dienstpflicht der Frau, in: ebd., 15 (1916), Nr. 7, S. 74-76.
111 Vgl. Jg. 20, S. 193, zit. nach v. Zahn-Harnack, Frauenbewegung, S. 2 3 1 .
112 Vgl. »Dienst der Frauen und Frauendienstpflicht«, in: DAG 18 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 16,
19.1.1917, Sp. 2 4 8 - 2 5 0 , Zitat S. 248.
113 Vgl. die Zusammenfassung der Vorschläge bei v. Zahn-Harnack, Frauenbewegung, S.
233-235.
114 »Die Anti-Suffragetten«, in: National Zeitung (Berlin), Nr. 257, 1.11.1912, StA
Hamburg, PP, S 18846, S. 29.
115 Vgl. Willy Hellpach, Der Dozent und die Hörerinnen, in: BT, Nr. 309, 21.6.1914,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 39.
116 Vgl. Weindling, S. 253 und S. 328.
117 Vgl. Henriette von Pawlowsky, Burgfrieden fiir die Frauen?, in: FG 10 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr.
25, S. 193f.
118 Vgl. »Frauenstudium im Kriege«, in: VK 14 (1917), Nr. 1/2, S. 36. Als Erläuterung
verwies das Blatt darauf, daß »der schwächer werdende Frauenorganismus aus Gründen der
Überkompensation eine auffällige Geistigkeit (erzeugt), die zur Erfüllung männlicher Wün-
sche und zur E.rlangung männlicher Rechte verwendet wird. Es wandeln sich damit biologi-
sche Frauenpflichten in geistige und politische Frauen-Rechte um«.
119 Vgl. Ruges Bittschrift an den Kriegsminister vom 19.10.1918, abgedruckt in DV 4
(1919), H. 1, S. 12-20, hier S. 16f. Vgl. auch ders., Konsuln, habt acht!, in: Monatsblatt 4
(1916), Nr. 6 / 7 , S. 3fi und die Besprechung von Ruges Philippika »Das Wesen der Universi-
täten und das Studium der Frauen« in Hammer 11 (1912), Nr. 2 4 3 , 1.8.1912.
120 Vgl. Hans Roeseler, Frauenstudium und Krieg, in: Ak. Bl. 31 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 13, S.
162f. Vgl. auch die Entgegnung Hertha Kurths und die Antwort Roeselers in ebd., Nr. 15, S.
190f. Trotz gegensätzlicher Auffassung über die Studieneignung der Frauen waren sich die
beiden Kontrahenten in ihrem Klassenstandpunkt einig: ein »weibliches akademisches Proleta-
riat« wollten weder der Student noch die Studentin dulden.
121 Vgl. das sogenannte »Hindenburg-Programm«, abgedruckt in Sichler u. Tiburtius, S.
105-109.
122 Vgl. Lohmann, Die Gefahren eines weiblichen Gelehrtenproletariats, in: PJ, Bd. 174,
Oktober 1918, S. 7 3 - 7 9 , hier S. 73.

374
Anmerkungen zu S. 197-200

123 Vgl. zu Bumms Funktionen Weindling, S. 160, 340, 348. Bumms Rede zum Frauen-
studium wurde auszugsweise nachgedruckt in D H W 24 (1917), Nr. 1 1 / 1 2 , S. 149f und VK
15 (1918), Nr. 1/2, S. 24f Auch andernorts dachte man über eine Studienbeschränkung für
Frauen nach, vgl. »Wilamowitz-Moellendorff über das Frauenstudium«, in: Monatsblatt 6
(1918), Nr. 7 / 8 , S. 9f.
124 Vgl. Lohmann, Die Gefahren eines weiblichen Gelehrtenproletariats, in: PS, Bd. 174,
S. 73-79.
125 Vgl. Ref. 17(1918), Nr. 3 1 , S. 246.
126 Vgl. Verwaltung und Statistik 8 (1918), H. 2, S. 8.
127 Vgl. die Angaben zur Verteilung der Studentinnen auf die einzelnen preußischen
Universitätsstädte in Ref. 17 (1918), Nr. 3 1 , S. 246. Die dort genannten Zahlen stimmen im
wesentlichen mit den Ergebnissen neuer Forschungen überein, vgl. Tifze u.a., Datenhand-
buch, Bd. I, 2. Teil, S. 82, 103, 130, 171, 230, 250, 270, 354, 390, 434, 477. Im
Wintersemester 1 9 1 7 / 1 8 waren unter 10.769 Berliner Studierenden 1322 Frauen (12,3
Prozent), dahinter folgte Bonn weit abgeschlagen mit nicht einmal 530 Studentinnen. Den
höchsten Anteil von Studentinnen wies jedoch nicht die Hauptstadt, sondern die weitaus
kleinere Universität Marburg mit 14,4 Prozent auf. Fast glcichauf mit Berlin rangierte die erst
1914 gegründete Frankfurter Universität mit 12,3 Prozent Studentinnen. Den deutlich
geringsten Frauenanteil unter den Studierenden hatte - Zufall oder nicht - mit weniger als fünf
Prozent Kiel, die Heimatstadt des langjährigen Vorkämpfers gegen die Frauenemanzipation
und Antifcministcn-Chefs Ludwig Langemann.
128 Nach Angaben der Reformation 17 (1918), Nr. 3 1 , S. 246, standen im Winter 1 9 1 7 /
18 an preußischen Universitäten rund 4.000 weibliche Immatrikulierte fast 1.100 Gasthöre-
rinnen gegenüber. In den meisten anderen Berichten zum Thema werden die beiden Zahlen
jedoch zusammengenommen.
129 Vgl. ebd.
130 Vgl. Lohmann, Die Gefahr eines weiblichen Gclehrtenproletariats, in: PS, Bd. 174, S.
74.
131 Vgl. ebd.
132 Vgl. Hertha Kurth, Frauenstudium und Krieg. Eäne Entgegnung, in: Ak. Bl. 31
( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 15, S. 190. Bei der Opposition gegen das »weibliche Gelehrtenproletariat« -
vulgo: Studienanstalten kontra Oberlyzeen - mochte auch der Stadt-Land-Gegensatz eine
nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.
133 Vgl. Hermann Werner Siemens, Die nationalbiologischen Gefahren der Schulreform,
in: DE 1 (1917), H. 5,S. 4 2 6 - 3 2 , Zitat S. 4 3 1 . Der Dermatologe Siemens veröffentlichte im
gleichen Jahr ein Werk über Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik, das im Nationalsozialis-
mus mit 55.000 verkauften Exemplaren zum Klassiker avancierte, vgl. Weindling, S. 473.
134 M. Holzmann, Unsere heutige Mädchenverbildung, in: DE 2 (1918), Nr. 12, S. 8 5 5 -
862, ZitateS. 8 5 9 - 8 6 1 .
135 Vgl. H G. Holle, Züchtung - Zucht - Erziehung, in: ebd., H . 3, S. 2 7 4 - 8 0 , Zitat S.
276.
136 Vgl. Hermann Werner Siemens, Die nationalbiologischen Gefahren der Schulreform,
in: DE. 1 (1917), H. 5, S. 430f. Von einem solchen Zusammenhang geht heute auch die W H O
aus, wenn sie Verbesserungen in der Frauenbildung als Maßnahme gegen die sogenannte
Überbevölkerung empfiehlt.
137 Vgl. W.D., Bevölkerungspohtik, in: D H W 23 (1916), Nr. 1, S. 3f, Zitat S. 4.
138 Mehr Kinder kamen in subproletarischen Schichten zur Welt und dort, wo die Kinder
ihre Arbeitskraft in die Subsistenzökonomie der Familie einbrachten: bei Bauern sowie den

375
Anmerkungen zu S. 200-201

Kaufleuten und Handwerkern des »Alten Mittelstands«. Neben dem Stadt-Land-Gcfälle war
vor allem der Unterschied zwischen protestantischen und katholischen Regionen ausgeprägt,
vgl. den kurzen Überblick bei Wehler, Gesellschaftsgeschichte, S. 498-500. Auch in den
Arbeiterfamilien wurde die Beschränkung der Kinderzahl zunehmend üblich, wie die umfas-
sende Darstellung Ritters u. Tenfeldes zeigt. Im Gegensatz zu den dort genannten, v.a. auf
Reinhard Sprees Forschungen beruhenden Kinderzahlcn (vgl. S. 563) ermittelt Rita Müllers
demographisches Dissertationsprojekt an der Universität Mannheim für die rund 2.500
Familien zählende protestantische Arbeitergemeinde Feuerbach bei Stuttgart bereits um die
Jahrhundertwende durchschnittlich zwei Kinder pro Ehe.
139 »Von den gelehrten Frauen«, in: Hammer 12 (1913), Nr. 278, S. 579.
140 Vgl. /. Paulsen, Die Herrschaft der Schwachen und der Schutz der Starken in Deutsch-
land. Kritische Betrachtungen eines Arztes über soziale Fürsorgern: ARGB 11 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , H.
2, S. 145-169, hier S. 161.
141 Vgl. »Rückgang der Geburten und Eheschließungen - steigende Bevölkerungsziffer«,
in: KS 12 (1912), H. 8, S. 239f. Der Bund für Regeneration stellte 1912 eigene Gruppentref-
fen ein und empfahl seinen Anhängern die Mitarbeit in den Hammergemeinden. Seinen
Mitgliedern vermittelte er den verbilligten Bezug der PAM und legte seinem Publikationsor-
gan Flugschriften des PAM-Herausgebcrs Schmidt-Gibichenfels bei, vgl. ebd., H. 12, S. 376.
1915 druckte KS Schmidt-Gibichenfels'' Aufsatz »Der Krieg als Kulturfaktor, als Schöpfer und
Erhalter der Staaten« komplett nach, vgl. ebd., 15 (1915), Nr. 8, S. 178-86; Nr. 9, S. 2 0 1 -
208; Nr. 10, S. 227-234; Nr. 11, S. 251-257.
142 Vgl. Otto Conrad, Mädchenerziehung und Vererbung, in: Der Zeitgeist. Beiblatt zum
BT, Nr. 21,25.5.1914, BAP, 61 Re l , N r . 7965, S. 169.
143 Indem Bumm wissenschaftlich interessierten Frauen die Kategorie »männlich« zu-
wies, enthob er sich der Verpflichtung, seine Denkschemata von »weiblichen« und »männli-
chen« Wesenseigenschaften revidieren zu müssen.
144 Bumms Rede über das Frauenstudium an der Berliner Universität nach »Das
Frauenstudium«, in: VK 15 (1918), Nr. 1/2, S. 24f und »Das medizinische Studium der
Frauen im Urteil eines Gynäkologen«, in: Monatsblatt 5 (1917), Nr. 8 / 9 , S. 3-5, Zitat S. 4
(nach der VZ). Vgl. auch »Zur Frage der Fruchtbarkeit akademisch gebildeter Frauen«, in:
ebd., 3 (1915), Nr. 7, S. 4; »Die studierende Frau und die Ehe«, in: ebd., 4 (1916), Nr. 2, S.
3f.
145 Vgl. Uvau, Kriegserkenntnis von Friedensschäden am deutschen Volkskörper, in: NM
4 (1917), Brachet-Heft, S. 209-220; »Geschlecht und Bildung«, in: KW 35 ( 1 9 2 1 / 2 2 ) , H l ,
S. 61 f. Beide Artikel konzedieren, daß sich die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in
geistiger und körperlicher Hinsicht durch Krieg und Revolution verringert hätten, nur um
dann den »natürlichen« Wesensunterschied um so stärker zu betonen und Frauen um der
»nationalen Zukunft« (NM, S. 211) willen erneut auf die Mutterschaft zu beschränken.
146 Vgl. Kiffer u. Tenfelde (S. 628f, S. 633-635); ausführlich Hagemann, Frauenalltag;
dies., Frauensachc. Neumann (S. 196) schätzt, daß unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg zwei
Drittel bis drei Viertel aller Arbeiterehepaare die Größe ihrer Familie zu kontrollieren
versuchten. Wiewohl sich die SPD-Führung offiziell gegen Geburtenbeschränkung aussprach,
legt die Struktur der Partei nahe, daß es gerade Partei- und Gewerkschaftsmitglieder waren,
die zusammen mit ihren Frauen Empfängnisverhütung übten, vgl. Kutz-Bauer, S. 181. Das
Interesse an Empfängnisverhütung nahm, darin ist sich die Forschung einig, mit dem Qualifi
kationsgrad der Beteiligten zu.
147 Vgl. Walter Ulbricht, Mutterschaft, in: KW 27 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 1, S. 2 7 9 - 2 8 3 , Zitate S.
281.

376
Anmerkungen zu S. 202-205

148 Vgl. ebd., S. 282.


149 Graßl, Die Bekämpfung der Kindersterblichkeit vom Rassenstandpunkt, in: ARGB 7
1(1910), H. 2, S. 188-213, Zitat S. 209.
150 Vgl. Frifz Lenz, Gedanken zur Erneuerung des deutschen Volkes, in: D E 2 (1918),Nr.
XI, S. 7 6 5 - 7 7 5 , hier S. 773.

( 151 Vgl. Soloway, Zitat S. 369.


152 Vgl. ebd., und Huss.
153 Vgl. Wolf, Zweikindersystem; ders., Geburtenrückgang. Wie Jean Bornträger machte
Wolf neben dem Sozialismus ausdrücklich den »Feminismus« für den Rückgang der
Geburtenhäufigkeit verantwortlich und sprach vom »Streik der Mütter«, vgl. S. 61 u. S. 141.
154 Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine Debatte im Preußischen Abgeordnetenhaus,
[vgl. DAG 17 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 2 5 , Sp. 398f. Vgl. auch die Bibliographie im Deutschen
Statistischen Zentralblatt Jg. 1913, Nr. 10; Jg. 1914, Nr. 1-9; Jg. 1915, Nr. 6; Jg. 1916, Nr.
3.
155 Vgl. Reulecke, Urbanisierung, Tab. 2, S. 202.
156 Vgl. A. Schulze, Ansiedlung und Frauenfrage, in: N M 2 (1915), S. 577-579, Zitate S.
579.
157 Vgl. Anna Röttger, Zur Bildung der Landmädchen, in: KW 30 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , S. 88f
158 Vgl. E. W. Trojan, Die Organisierung der Unfruchtbarkeit, in: VE 17 (1913), Nr. 20,
S. 155-158; R. von Wahlen, Über den Geburtenrückgang, in: ebd., 1 8 ( 1 9 1 4 ) , Nr. 8, S. 59f
159 Vgl. Frieda Linß, Zur Frage des Geburtenrückgangs, in: ebd., 22 (1918), H. 7, S. 77-
80.
160 Vgl. Kathinka v. Rosen, Geburtenrückgang, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 9, S. 4 5 6 -
458, Zitate S. 456f.
161 Vgl. »Rückblicke und Ausblicke«, in: Auf Vorposten 3 ( 1 9 1 3 / 1 6 ) , H . 12, S.
338-351, hier S. 349.
162 Vgl. »Deutsche Frauenrechtlerinnen«, in: PAM 14 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 1,S. 50f, Zitat S.
50.
163 Vgl. H G. Holle, Der Krieg als Lehrmeister, in: ebd., 13 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 10, S. 5 2 1 -
537, ZitatS. 528.
164 Vgl. Eckehart, Das Landkind in der Großstadt, in: N M 3 (1916), Nebelung Heft, S.
605-609, Zitat S. 607.
165 Vgl. etwa Adam Ander, Die amerikanischen Frauen und ihr Kampf um das
Frauenstimmrecht, in: Monatsblatt 3 (1915), Nr. 7 / 8 , S. 1-6; Ludwig Langemann, Bewährt
sich das Frauenstimmreeht im Auslande?, in: ebd., Nr. 1 1 , S. 1-3.
166 Vgl. Beda Prilipp, Internationale »deutsche« Frauen, in: NM 2 (1915), Mai-Heft
1915, S. 267-269, Zitat S. 268; Frifz Bley, Die Unbelehrbaren vom Haag, in: GF 3 ( 1 9 1 4 /
15), Nr. 13, S. 244f; fast vvortgleich: »Denkende Menschen«, in: Deutsche Volkskorrcspon-
denz, Nr. 75, 30.3.1915, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 173f. Dagegen Gertrud Bäumer, Zum
Internationalen Frauenkongreß im Haag, in: D T Z , Nr. 216, 20.4.1915, ebd., S. 188.
167 Vgl. Kap. 2.8. Das Argument, die von der Frauenbewegung ausgelöste Frauen-
berufsarbeit verhindere Familiengründungen, blieb bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
unverändert, vgl. Frieda Linß, Zur Frage des Geburtenrückgangs, in: VE 22 (1918), H. 7, S.
77-80.
168 Vgl. Ludwig Müllers Besprechung von v. Grubers Vorschlägen zur Bekämpfung des
Geburtenrückgangs, in: PAM 13 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 8, S. 447f, Zitat S. 448.
169 Vgl. Heinrich Pudor, Die deutsche Mutternot, in: KS 17 (1917), H. 4, S. 9 3 - 9 6 , Zitat
S. 94f

377
Anmerkungen zu S. 206-208

170 Vgl. VK 14 (1917), Nr. 1/2, S. 46; ebd., Nr. 5 / 6 , S. 133f Ähnlich auch Heinrich
Pudor, Mutterschulen, in: Deutsche Minne 1 (1916), 1. Buch, S. 25-27.
171 Vgl. K. Oldenberg, Der Geburtenrückgang und seine treibenden Kräfte, in: DE 2
(1918), Nr. 4, S. 264-279, Zitat S. 275. Oldenberg gehörte wie Max v. Gruber, Jean
Bornträger und Julius Wolf zu den Theoretikern des Geburtenrückgangs.
172 Vgl. ebd., S. 275 und Emil Peters, Bevölkerungssorgen, in: VK 14 (1917), Nr. 5 / 6 , S.
97-100, ZitatS. 99.
173 Vgl. Pefers, ebd., S. 100.
174 Vgl. ElseCroner, Aufldärungs-Unterricht. Eine Forderung für Mädchen-Fachschulen,
in: Lyzeum 3 (1915/16), H. 2, S. 79-83, Zitat S. 83.
175 Vgl. L. Müller, Die Zukunft der Familie, in: DV 1 (1913/14), H. 3, S. 105-114, Zitat
S. 106.
176 So der Titel einer Schrift des Stabsarztes Fr. Munter, vgl. »Leitsätze«, in: KS 15 (1915),
H. 10, S. 222. Den Prozeß der Verstaatlichung des Körpers mit seinen rassenhygienischen
Implikationen hat Paul Weindling hervorragend nachgezeichnet.
177 Vgl. zu diesem Prozeß Frevert, Krankheit.
178 Das legt zumindest die Lektüre von Frevert, Krankheit, nahe. Eine Arbeit, die sich den
geschlechtsspezifischen Vcrhaltensanförderungcn an Frauen unter dem Aspekt der Gesund-
heitspolitik für diese frühe Zeit widmet, liegt mW. nicht vor. Welche Rolle die diskursive
Pathologisicrung des Weiblichen als Abweichung von der männlichen Norm in diesem
Zusammenhang spielt, wäre erst noch zu erforschen.
179 Diese hier in aller Vorsicht vorgetragene Vermutung wäre freilich noch durch eine
eingehende Untersuchung abzusichern. Das kann im Rahmen der vorliegenden Dissertation
jedoch nicht geleistet werden.
180 Das könnte freilich auch damit zusammenhängen, daß der Männerkörper als Ganzes
bereits umfassend in den Medikalisierungsprozeß einbezogen worden war
181 Vgl. Else Wirminghaus, Die Frau und die Volksgesundhcit, in: KW 25 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H.
1,S. 69-71, ZitateS. 71.
182 Vgl. F. Landmann, Zeuge pflichtbewußt, in: Deutsche Minne, 2. Buch 1 9 1 8 / 1 9 ,
S. 63-67, und »Schutzbund fürs deutsche Weib«, in: PAM 15 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 7, S. 3 8 4 -
386.
183 Vgl. »Leitsätze« (aus Fr. Munter. Die Pflicht, gesund zu sein), in: KS 15 (1915), H.
10, S. 222f
184 Ob dem zeitlichen Zusammenhang auch ein kausaler zugrundeliegt, muß offen
bleiben. Auffällig ist jedoch, daß alle Artikel zeitlich nach der Formierung der antifeministi-
schen Liga datieren. Vgl. ebd.; Ludwig Müller, Die Zukunft der Familie, in: DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) ,
H. 3, S. 105-114, Zitat S. 105; Alfred Damm, Enthaltsamkeit und Ausschweifung im
Geschlechtsleben, in: KS 12 (1912), H. 7, Juli 1912 S. 214-217.
185 Vgl. Grotjahn,S. 3. Ganz so neu war dieses Argument innerhalb der SPD nicht: August
Bebel hatte schon zwanzig Jahre zuvor den Frauentod im Wochenbett mit dem Knegstod der
Männer verglichen, um die Forderung nach dem Frauenstimmreeht zu untermauern. Zum
Zusammenhang von Wehrpflicht und männlichem Stimmrecht vgl. Frevert, Soldaten.
186 Vgl. Emil Pefers, Der Kulturwert der Körperkraft, in: VK 12 (1915), Nr. 12, S. 2 5 7 -
268, Zitat S. 260, und Uvau, Kriegserkenntnis von Friedensschäden am deutschen Volkskör-
per, in: NM 4 (1917), Brachet-Heft, S. 209-220, Zitat S. 210.
187 Vgl. Daniel, Krieg der Frauen, S. 138f
188 Vgl. ebd., S. 259; Emd Pefers, Bevölkerungssorgen, in: VK 14 (1917), Nr. 5 / 6 , S.
97-100.

378
Anmerkungen zu S. 208-210

189 M.lax] v. Gruber, Die Sicherung unserer Zukunft, in: SM 13 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , H. 1, S.


9-56, ZitatS. 55.
• 190 Vgl. Richard Ehrenberg, Familie und Heimat als Urquelle für Deutschlands Erneue-
rung, in: DE 2 (1918), H. 5, S. 359-364, Zitat S. 361. Freilich ging Ehrenberg - wie im
Parteiblatt der annexionistischen Vaterlandspartei nicht anders zu erwarten - noch im Früh-
sommer 1918 von einem »Siegfrieden« aus und erwartete, daß nach Kriegsende »der Osten«
deutsch kolonisiert werden müsse.
191 Vgl. Archibald von Aich, Im Banne deutschen Denkens, in: Hammer 14 (1915), Nr.
322, S. 593-596, Zitate S. 593.
192 Vgl. Ludwig Müller, Die Zukunft der Familie, in: DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H . 3 , S . 105-114,
Zitat S. 106; Volkskraft 14 (1917), Nr. 1/2, Zitat S. 46; ebd., Nr. 3 / 4 , Zitat S. 59.
193 Andere Formen der Institutionalisierung von Fortpflanzung wie etwa Hentschels
Mittgart Bund konnten sich im Kaiserreich nicht durchsetzen. E>st die Nationalsozialisten
lösten in der AJltagssprachc (»dem Führer ein Kind schenken«) Ehe und Fortpflanzung
voneinander ab.
194 Gustav F. Müller, An die Arbeit! Richtlinien für Gewissensmenschen, in: Nomen 2
(1913), Januarheft 1913, S. 6-17, Zitat S. 12.
195 Vgl. Frifz Lenz, Merkworte zur Rassenhygiene, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 5, S.
273f, Zitat S. 274. Diese Behauptung findet sich in fast allen Artikeln zur Bevölkerungspoli-
tik
196 Vgl. »Der Deutsche Wehrverein!«, in: Wehr 5 (1916), Nr. 1, S. 4fi; »Arbeitsplan des
Deutschbundes in der Rassenfrage«, in: DHB 3 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 3 / 4 , S. 18f.
197 Vgl. Frifz Lenz, Merkworte zur Rassenhygiene, in: DE 1 (1917), H. 3, S. 273f.
Derselbe Artikel erschien auch in PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 5. Lenz war Vizesekretär in v.
Grubers Deutscher Gesellschaft für Rassenhygiene, vgl. Weindling, S. 145.
198 Vgl. Weindling, S. 295. Zur Gesellschaft deutsch-germanischer Gesittung als Schutz-
bund für das deutsche Weib vgl Kurt Riedel, Der deutschen Minne erste Fahrt, in: Deutsche
Minne, E.rstes Buch, S. 1 ff. sowie S. 44f. Die Satzungen der Vereinigung und einige Flugblät-
ter finden sich in ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Fraueneman-
zipation. Die Wirksamkeit des Schutzbundes scheint nicht sehr groß gewesen sein; weitere
Hinweise auf seine Tätigkeit - abgesehen von einer zweiten Nummer der Deutschen Minne -
fehlen ebenso wie einschlägige Sekundärliteratur.
199 Vgl. Lütgert, Ethik; ders., Pädagogik; E. von Stern.
200 Vgl. »Tagung des Ausschusses fiir die Fragen der Volksvermehrung zu Erfürt am 3 1 .
Mai d. J « , in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Bevölkerungspolitik 2 (1917), Nr.
3 / 8 , S. 63f; »Erzichungsbeihilfcn« [der Deutschen Bank, U . P ] , in: ebd., S. 73; »Mietbeihil-
fen und Kinderprämien« [der Carl Duisberg Farbenfabriken, U . P ] , in: ebd., S. 77f; »Ehren-
gabe für kinderreiche Mütter«, in: VK 13 (1916), Nr. 9, S. 180.
201 Vgl. Lehmann-Hohenberg, Deutsche E.rneuerungsgedanken über den gerechten Lohn,
in: DE 1 (1917), H. 2, S. 171-176.
202 Vgl. die Rezension von Margart Hunkel, Freia und Frauwa, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) ,
Nr. 11,S. 566f.
203 Vgl. Max v. Gruber, Rassenhygienc, die wichtigste Aufgabe völkischer Innenpolitik,
in: DE 2 (1918), Nr. 1, S. 17-32. Einen ausgeklügelten Plan staatlicher Beihilfen, die heuti-
gen Sozialleistungcn nicht unähnlich sehen (z.B. die Zahlung von Mutterschaftsgeld, das
damals noch Wochenbeihilfe hieß), wurde auch im Alldeutschen Verband diskutiert, vgl. A.
Zeiler, Die Gefahr des Geburtenrückgangs ftir die deutsche Zukunft, in: AB 28 (1918),
S. 142f.

379
Anmerkungen zu S. 210-214

204 Dagegen vertrat etwa Helene Stöcker die - weit weniger populäre - Position, daß der
Ausbau von Frauenrechten gerade aus rassenhygienischen Erwägungen heraus vorangetrieben
werden müsse. Hinter diesen kontroversen Auffassungen stand nicht nur der Dissens in der
»Frauenfragc«, sondern auch eine unterschiedliche Konzeption von Bevölkerungspolitik.
Während es v. Gruber und v. Behr-Pinnow vor allem um die Steigerung der Geburten- bzw.
Überlebendenzahlen und erst in zweiter Linie um die »Qualität« des Nachwuchses ging, stand
für Stöcker der qualitative Aspekt im Vordergrund. Entsprechend lehnten die beiden Medizi-
ner Abtreibung aus »eugenischen« Gründen strikt ab, während es in der Scxualreform
bewegung Befürworter und Befürworterinnen der »eugenischen Indikation« gab.
205 Vgl. Weindling, S. 2 0 3 - 2 0 9 , 254, 287f.
206 Vgl. die Beiträge in: Die Erhaltung und Mehrung der deutschen Volkskraft. Verhand-
lungen der 8. Konferenz der Zentralstelle für Volkswohlfahrt in Berlin vom 26.-28. Oktober
1915. Schriften der Zentralstelle für Volkswohlfahrt, Heft 12. Berlin 1916. Als einzige Frau
war Hedwig Dransfeld eingeladen worden, die Vorsitzende des katholischen Frauenbundes.
Sie nannte die Veranstaltung auch prompt einen »Torso« und forderte die Ergänzung dieser
Tagung durch einen Eolgekongreß, der sich unter maßgeblicher Beteiligung von Frauen mit
den Fragen der Kinderaufzucht und dem Problem des Kinderreichtums beschäftigen müsse.
Vgl. »Eine bedeutsame Tagung«, in: GF 4 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 4, S. 74f.
207 Vgl. Weindling, S. 2 5 , 220, 226; v. Gruber, Mädchenerziehung; Kaup.
208 Vgl. Wolf, Geburtenrückgang. Wolf lehnte sich begrifflich an Sombart an, der 1909
das Konzept der »Rationalisierung der Ixbensführung« entwickelt hatte, vgl. Weindling,
S. 244.
209 Vgl. Bericht über die Versammlung am Montag, den 18. Oktober 1915 im Preußi-
schen Abgeordnetenhaus, S. 38—13, Zitat S. 4 3 . Muellers Verteidungsrede lag wohlgemerkt
zeitlich vor dem Angriff Behr-Pinnows, was darauf hindeutet, daß bereits im Vorfeld der
Tagung Konflikte konkret geworden waren.
210 Weindling (S. 295f) macht diese Äußerung für die zunächst zu beobachtende Distanz
der Behörden verantwortlich. Staatliche Zuschüsse bekam die Organisation erst, als der
Theologe Reinhold Seeberg im Frühjahr 1917 den Vorsitz übernahm.
211 Bereits im Herbst 1914 war geplant, ein Frauenprogramm zur Bevölkerungspolitik zu
verabschieden. Die Generalversammlung, auf der es diskutiert werden sollte, kam jedoch
durch den Kriegsausbruch nicht mehr zustande, vgl. Jahrbuch des BDF 1917, S. IV
212 Vgl. Anna Lindemann, Die Stellung der Frau zur Bevölkerungsfragc, in: ebd., S. 5 9 -
75, Zitate S. 65f.
213 Vgl. Gertrud Bäumer, Staat und Familie, in: ebd., S. 75-85, Zitate S. 75f. und S. 85.
214 Vgl. den Bericht über Bäumers Vortrag bei H.Ielene] W.[enck]-R.[ückeberg], Das
Frauenparlament in Weimar, in: GF 4 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , Nr. 2 1 , S. 4 4 0 - 4 4 2 , Zitat S. 4 4 1 .
215 So Hering, S. 69.
216 Vgl. den pronatalistischer Artikel der Stuttgarter Frauenrechtlerin Mathilde Planck
(die auch dem erweiterten Vorstand des BDF angehörte), der im Organ der Vaterlandspartei
erschien und darauf insistiert, daß alle bevölkerungspolitischen Maßnahmen in die Hände von
Frauen gelegt und dazu die Rechtsstellung von Frauen verbessert werden müßte (Die Zukunft
der Frau, in: DE 2 [1918], Nr. XI, S. 785-789). Vgl. auch Usborne, S. 398-400.
217 Vgl. Usborne, S. 392f.
218 Vgl. Walter Ulbricht, Mutterschaft, in: KW 27 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , H. 1,S. 2 7 9 - 2 8 3 ; Heinrich
Pudor, Mutterschulen, in: Deutsche Minne 1 (1916), 1. Buch,S. 2 5 - 2 7 ; »Eine wirtschaftliche
Haushaltungs- und Lebensschule für Frauen«, in: VK 13 (1916), Nr. 3, S. 62f.
219 Vgl. v. Gerhardt, Zur Frage der Frauenschulen, in: MDB 38 (1914), H , 7, S. 107-109,

380
Anmerkungen zu S. 214-217

Zitate S. 108f. Ähnlich auch Offo Conrad, Die Frauenschule, in: Das neue Deutschland, Nr. 39,
B7.6.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 4 3 .
220 Über das Schicksal dieser Frauendicnstschulen ist nichts bekannt, doch dürften sie die
Umwälzungen der Novemberrevolution wohl nicht ohne Umstruktierung überstanden
haben.Vgl. »Eine Frauendienstschule«, in: MKP 9 (1916), Nr. 9, S. 144.
221 Ansätze dazu hatte es dazu freilich schon vorher gegeben. So hatte der Hamburger
Senat 1 9 1 3 / 1 4 einen Abgesandten nach Österreich, in die Schweiz und in einige deutsche
Einzelstaaten geschickt, um dort den Stand staatsbürgerlicher Erziehung in Mädchenschulen
zu inspizieren, vgl. Adolf Hedler, Bürgerkundc in der Frauenschulc, in: Lyzeum 2 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) ,
H. 6, März 1915, S. 281 ff. Die Auffassung, daß der Staat die Bürgerin und die Schülerin daher
Staatsbürgerkunde brauche, setzte sich während des F.rstcn Weltkriegs auch in vergleichsweise
konservativen pädagogischen Zeitschriften durch, vgl. Maria von Bredow, Zur staats-
bürgerlichen Erziehung der Mädchen, in: ebd., S. 273-280.
222 Beobachtungen zum Alltagsleben im Ersten Weltkrieg fußen vor allem auf diesem
Material, vgl. etwa Ullrich sowie Daniel, Arbeiterfrauen; dies., Krieg der Frauen.
223 Vgl. Lipp.
224 Vgl. Daniel, Arbeiterfrauen, S. 139-147; dies., Krieg der Frauen, S. 139.
225 Vgl. »Aufruf an die deutschen Frauen«, in: Ref. 13 (1914), Nr. 4 3 , S. 514.
226 Wohlweislich nahm Karl Storck Offiziersfrauen und die »Landedelfrau« von seiner
pauschalen Verurteilung der deutschen Weiblichkeit aus - just jene Frauengruppen also, die
wohl die Mehrheit unter den weiblichen Anwesenden stellten. Die Angabe über die Teilneh-
merzahl stammt vom Wehrverein, ist also mit Vorsicht zu genießen. Vgl. »Hauptverein
Berlin«, in: Wehr 5 ( 1 9 1 6 ) , Nr. 3, S. 14f, Zitat S. 14.
227 Vgl. Alvenarius], Deutsche Mode oder deutsche Typentracht?, in: KW 29 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) ,
INr. 22, S. 137-141; Hermann Muthesius, »Deutsche Mode«, in: ebd., 28 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , S. 2 0 5 -
208; Margot Grupe, Das Deutsche in der Mode, in: ebd., 30 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H . 1, S. 74-79.
228 Vgl. [Wilhelm Stapel] Modejammer und politische Reife, in: ebd., 29 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , S.
35f; Wilhelm Stapel, Gertrud Bäumer, in: ebd., S. 92f; ders., Nochmals Gertrud Bäumer, in:
ebd., S. 168f. sowie die Gcgcndarstellung Bäumers (Kulturkritik und Volkswirtschaft) in
Naumanns Hilfe vom 2 0 4 . 1 9 1 5 .
229 Vgl. Modejammer und politische Reife, in: KW 29 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , S. 35 und C/assen,S. 7.
230 Vgl. Margot Grupe, Das Deutsche in der Mode, in: KW 30 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H. 1, S. 75.
231 Vgl. Modejammer und politische Reife, in: KW 29 ( 1 9 1 5 / 1 6 ) , S. 35f und Classen, S.
7.
232 Vgl. »Ein ernster Mahnruf«, in: Wehr 6 (1917), Nr. 10, S. 1 1 - 1 3 , Zitat S. 11; Paul
Förster, Heimatwacht, in: ebd., 5 (1916), Nr. 1, Unterhaltungsbeilage, S. 2f, Zitat S. 2.
233 Vgl. »Ein ernster Mahnruf«, in: TR, Nr. 242, 13.5.1916, zit. nach Auf Vorposten 4
( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H. 2, S. 3 8 - 4 1 , Zitate S. 40. Mit welchen Methoden die Wehr des antifeministi
sehen Generals Keim Politik machte, läßt sich daraus entnehmen, daß derselbe Artikel mit
kleinen redaktionellen Änderungen, die Aktualität vortäuschen sollten, ein Jahr später mitten
in die Diskussion um die »Neuorientierung« hinein publiziert wurde, vgl. 6 (1917), Nr. 10,
15.10.1917, S. 11-13.
234 Vgl. Usborne, S. 390.
235 Vgl. »Aufruf an die deutschen Frauen!«, in: Ref. 13 (1914), Nr. 4 3 , S. 514; »Deutsche
Männer«, in: Auf Vorposten 4 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H. 2, S. 40.
236 Vgl. »Finanzaristokraten und Lebenskünstler - Arbeitsbienen und Hungcrkünstler
(Beiträge zur Philosophie der Beamtenbesoldung), in. MDB 42 (1918), H . 7, S. 74fi, Zitat S.
74 Wiewohl der Artikel vor dem Hintergrund der Abwehr weiblicher Berufskonkurrenz

381
Anmerkungen zu S. 218-221

geschrieben wurde, erklärt dieses Motiv allein nicht die Form der Darstellung. Offenbar sollte
die moralische Leichtfertigkeit der weiblichen Beschäftigten, symbolisiert durch ihren
aufgeputzten Kleidungsstil, der Seriosität der männlichen Beamten gegenübergestellt werden.
237 Auf den patriotischen Strickabenden der Verbündeten Ortsgruppen kaufmännischer
weiblicher Angestellter, der süd- und westdeutschen Abspaltung des kaufmännischen Vereins
für weibliche Angestellte, wurden Gedichte vorgelesen, die Vcrhaltensmaßregeln kolportier-
ten und etwa folgende Aufforderung enthielten: »Verzichtet auf der Eitelkeit Tand'./Habt ihr
noch Zeit der Mode nachzufragen?/Ob welsch - ob deutsch? O laßt uns alle tragen/Wie es die
Stunde erheischt - ein schlicht Gewand!/Wo Heiden bluten - weiche mod'scher Tand!/
Bedenkt es wohl!« Vgl. Lorentz, S. 169.
238 Vgl. Paul Förster, Heimatwacht, in: Wehr 5 (1916), Nr. 1, Unterhaltungsbeilage, S. 2.
239 Vgl. »Zur Kleidertracht der Frauen«, in: Monatsblatt 5 (1917), Nr. 8 / 9 , S. 7t, Zitate
S. 8 (nach einem Artikel in der Rettung, einer christlichen Zeitschrift für Trinkerrettungsar-
beit).
240 Vgl. Sombart, Luxus und Kapitalismus.
241 Vgl. Walther Rathenau, Das Luxusweib, in: BT, Nr. 110, 4.3.1917, BAP, 61 Re 1, Nr.
7970, S. 62.
242 Eine Ausnahme war ein Artikel im BLA (Nr. 458, 9.9.1914, BAP 61 Re 1, Nr. 7966,
S. 9 4 ) , der das »unwürdige Verhalten« beider Geschlechter beim Eintreffen eines
Gefangenentransports beklagt. Bezeichnenderweise fehlen hier, wo die Männer offenbar die
Mehrheit unter den Neugierigen stellten, alle sexuellen Anspielungen. Stattdessen enthielt der
Text eine deutliche Spitze gegen die anwesenden Arbeiter. Waren es fast ausschließlich
Männer, die Interesse für die Kriegsgefangenen bekundeten, wurden dieses Faktum zwar als
unliebsam festgestellt, doch die abwertenden Vokabeln den Kriegsgefangenen als »schuftigen
Friedensstörern« selbst beigelegt, vgl. »Vergeßt die Würde nicht«, in: NAZ, 21.8.1914, ebd.,
S.86.
243 Vgl. »Schamlose Weiber!«, in: RB, Nr. 192, 18.8.1914, ebd., S. 79f.
244 Vgl. »Die Frauen und die Kriegsgefangenen«, in: BLA, Nr. 418, 19.8.1914, ebd., S.
82.
245 D Z , Nr. 415, 17 8.1914, ebd., S 77.
246 Vgl. »Würdelogkcit deutscher Frauen«, in: D Z , Nr. 415, 17.8.1914, ebd., S. 77;
»Allerlei Weibliches«, in: VZ, Nr. 416, 18.8.1914, ebd., S. 78f, Zitat S. 79.
247 »Würde der deutschen Frauen«, in: H N , Nr. 382,17.8.1914, ebd., S. 77t, Zitat S. 78.
248 Vgl. »Protest gegen das würdelose Verhalten deutscher Frauen«, in: BT, Nr. 417,
18.8.1914, ebd., S. 79; BNN, Nr. 418, 19.8.1914, ebd., S. 82; »Gegen die Schamlosigkeit
ehrloser Frauen«, in: GF 2 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 2 3 , S. 392.
249 Vgl. »Ein Ministerialerlaß gegen die würdelosen Weiber«, in: BT,Nr. 436,28.8.1914,
BAP, 61 Re l , N r . 7966, S. 90.
250 Vgl. »Würdelogkcit »deutscher« Frauen«, in: DZ, Nr. 4 1 5 , 17.8.1914, ebd., S. 77;
»Würdelose Weiber«, in: Freisinnige Zeitung, Nr. 193, 18.8.1914, ebd., S. 80f; »An den
Pranger«, in: WaM, Nr. 34, 24.8.1914, ebd., S. 87; »Würdelose Frauen und Mädchen«, in:
BLA, Nr. 416, 18.8.1914, ebd., S. 80.
251 Vgl. die Bekanntmachung der Zentrallcitung des Deutsehen Roten Kreuzes in der TR,
Nr. 392, 20.8.1914, ebd., S. 86 sowie in der NAZ, Nr. 21.8.1914, ebd., Der Artikel »Vergeßt
die Würde nicht« in dieser Ausgabe hatte explizit die »Damen vom Roten Kreuz« im Visier.
252 »Gegen die gedankenlose Umschmeichelung der fremden Kriegsgefangenen«, in:
BNN, Nr. 428, 24.8.1914, ebd., S. 87.
253 Das hing nicht zuletzt damit zusammen, daß das ursprünglich pazifistisch-internatio-

382
Anmerkungen zu S. 221-225

nal angelegte Rote Kreuz in Deutschland spätestens seit seiner Anerkennung 1902 zu einem
{ »Stück unserer nationalen Rüstung« mutiert war, vgl. eine Ansprache zur Eröffnung eines
Rot Kreuz-Kurses fiir freiwillige Krankenpflege 1906, zit. nach Süchting, S. 59.
254 Vgl. »Kaiserslautern verteidigt sich«, in: Berliner Volkszeitung, Nr. 396, 29.8.1914,
! BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 9 1 ; »Zur Ehrenrettung der Elberfelderinnen«, in: NAZ, Nr. 209,
[2.9.1914, ebd.
255 Vgl. Süchting, Zitate S. 56 und S. 66.
256 Vgl. Gertrud Bäumer, Die Lehre des Weltkrieges für die deutsche Pädagogik, Leipzig
u.a. 1915, S. 9, zit. nach Lorenfz, S. 112.
257 Vgl.RonJtrdmer.
258 Vgl. Süchting, S. 67 und die Beispiele fiir Konflikte zwischen den nationalistischen
Frauenorganisationen und den männlichen Hauptvereinen bei Chickering, Casting Their
Gaze.
259 Daß die Vorwürfe gegen Frauen schon in den ersten Kriegswochen laut wurden,
belegt, daß sich das männliche Unbehagen nicht nur, wie Domansky (S. 315) schreibt, gegen
die Einbeziehung der Frauen in die Rüstungsproduktion richtete, die damals noch gar nicht
angelaufen war, sondern gegen die Beteiligung von Frauen am Krieg überhaupt. Angesichts
des hohen Stellenwerts, den der Umgang mit Waffen in der Verteidigung männlicher Privile
gien bis hin zur Legitimation eines ausschließlich männlichen Wahlrechts einnahm, erscheint
der Versuch, den Krieg als männliche Domäne zu erhalten, wenig verwunderlich. Wie die
Verwendung von Frauen in der F.tappe, mehr noch die Bildung eines weiblichen Nachrichten-
korps im Juni 1918 zeigt - den Einsatz dieser ersten weiblichen Soldaten verhinderte der
Waffenstillstand, doch wurde im Frühjahr 1919 dem Ostpreußischen Freiwilligenkorps eine
weibliche Nachrichtenabteilung angegliedert (vgl. Gersdorff, S. 27-34) - ,war dieser Versuch
unter den Bedingungen des »modernen« Krieges jedoch zum Scheitern verurteilt.
260 F.nde 1914 war in den Tageszeitungen zu lesen, daß Krankenschwestern französischen
Gefangenen mehr Pflege hätten angedeihen lassen als deutschen Patienten und sogar Liebes
Verhältnisse mit ihnen unterhielten. Die Berufsorganisation der Krankenschwestern wies
diesen Vorwurf nicht pauschal zurück, sondern behauptete nur, die betreffenden Frauen seien
keine ausgebildeten Krankenschwestern gewesen. Vgl. »Würdeloses Verhalten deutscher
Krankenschwestern«, in: BT, Nr. 638, 16.12.1914, BAP, 61 Re 1, Nr. 7966, S. 117 und D K
[Nr. 70, 10.3.1915, ebd., S. 158.
261 Vgl. »Allerlei Weibliches«,in: VZ,Nr. 416,18.8.1915,BAP,61 Re 1,Nr. 7967,S. 78f.
262 Vgl. »Die Frauen und die Kriegsgefangenen«, in: BLA, Nr. 418, 19.8.1914, BAP, 61
Re l , N r . 7966, S. 82.
263 Vgl. den mit einem unleserlichen Schnörkel datierten Brief Langemanns an Rüge aus
dem Jahr 1917, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 7, in dem der Bundesvorsitzende seinen
Vörstandskollegen mit der Organisation der Eraueneingabe betraute.
264 Vgl die Petition des Vorstandes des deutschen Bundes gegen die Frauenemanzipation
um Ablehnung des kommunalen Frauenwahlrechts nach dem 9. Petitions-Bericht der
Gemeindekommission, Drucksache Nr. 237 der Sammlung der Drucksachen des Preußischen
Hauses der Abgeordneten, 22. Leg., III. Session 1 9 1 6 / 1 7 , Bd. 3, Berlin 1916, S. 1933f. Zur
Unterstützung durch den Deutschbund vgl. »Gegen das kommunale und parlamentarische
Frauenstimmrecht«, in: DV 2 (1917), H . 4 / 5 , S. 175.
265 So schon Helene Lange, Der Ostererlaß des Kaisers und die Frauen, in: Frau 24 ( 1 9 1 7 /
18), S. 449ff Vgl. zur Übernahme lokaler Ämter durch Frauen Elisabeth Altmann-Gottheiner,
Die deutsche Frau im Jahre 1 9 1 6 / 1 7 , in: Jahrbuch des BDF 1918, S. 20fT.
266 Vgl. 9. Petitions-Beiicht der Gemeindekommission (wie Anm. 264), S. 1934.

383
Anmerkungen zu S. 225-229

267 Vgl. »Preußisches Herrenhaus, Sitzung vom 31.3.1916«, in: NAZ, 1.4.1916, BAP, 61
Re 1, Nr. 7968, S. 112. Vgl. zur Beeinflussung des Mediziners durch die Schriften des
antifeministischen Bundes und zu seinen Kontakten mit dem ebenfalls in Kiel ansässigen
Bundesvorsitzenden Langemann »Zur Frauenfrage«, in: KNN, Nr. 124, 27.5.1914, ebd., S.
155.
268 Vgl. Friedrich Sigismund, Frauenbewegung und Staat, in: PAM 15 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 5,
S. 263-272; Fortsetzungen in Nr. 6, S. 315-327; Nr. 7, S. 357-366; Nr. 8, S. 426-438.
269 Vgl. B Behr-Pinnow, Frauenfragen, in: D T Z , Nr. 24, 14.1.1917, BAP, 61 Re 1, Nr.
7969, S. 195.
270 Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Hauses der
Abgeordneten, 22. Leg., III. Session 1 9 1 6 / 1 7 , Bd. 3, Berlin 1917, 53. Sitzung, 20.1.1917,
Sp. 3179-3195, Zitate Sp. 3186 und Sp. 3192.
271 Vgl. Clemens, S. 113f, insb. Anm. 76 und die dort angeführte Literatur. Die offensive
Forderung nach dem Frauenstimmrecht bildete den Anlaß für den DF.F, aus dem BDF
auszuscheiden.
272 Vgl. etwa »Wirkungen des allgemeinen gleichen Wahlrechts«, in: VK 14 (1917), Nr.
5 / 6 , S. 117f.
273 Vgl. Hans v. Liebig, Wachstum. Eine Plauderei, in: DE 2 (1918), H. 6, S. 414-419,
Zitat S. 416; Frifz Lenz, Zur Erneuerung der Ethik, in: ebd., 1 (1917), H. 1, S. 35-56; Eduard
Schlegel, Familie und Scholle, in: DV 2 (1917), H. 7 / 8 , S. 205-222; Wilhelm Schwaner, Die
Feldgrauen fragen, in: VE 21 (1917), 77. Kriegs-Nummer, 15. Heuet 1917, Bl. 14.
274 Vgl. als ein Beipiel unter unzähligen v. Baudissin, Parteipolitik und Politik, in: Wehr 7
(1918), Nr. 1,S. lf, ZitatS. 1.
275 Vgl. Franz Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 1, S. 2 7 - 3 5 ,
ZitatS. 3 1 .
276 Vgl. Ludwig Langemann, »Erauenfeindschaft«,in: Monatsblatt 5 (1917), Nr. 3,S. 1-3,
Zitat S. 3.
277 »Ein treffendes Urteil über das Frauendienstjahr«, in: ebd., Nr. 4 / 5 , S. 7. Eine
Erwiderung auf einen Artikel Anita Augspurgs begann etwa mit den Worten: »Fräulein Anita
Augspurg, die jüdische Frau, der das christliche deutsche Volk seinen ersten Frauenstimm-
rechtsverein verdankt«, vgl. »Aus dem feindlichen Lager«, in: ebd., Nr. 2, S. 4.
278 Julius Werner, Demokratie und Frauenstimmrecht, in: RB, Nr. 600,24.11.1917, BAP,
61 Re 1, Nr. 7 9 7 1 , S. 61f, Zitat S. 62.
279 Hans v. Liebig, Wachstum. Eine Plauderei, in: DE 2 (1918), Nr. 6, S. 416. Die
Bezeichnung »englische Krankheit« stammt von Antifeministen-Chef Li.dzwgLangeniunn, Aus
der Frauenstimmrechtsbcwcgung, in: Monatsblatt 5 (1917), Nr. 6 / 7 , S. 4 - 6 , Zitat S. 5.
280 Vgl. »Sozialdemokratie und Frauenstimmrecht«, in: Monatsblatt 5 (1917), Nr. 6 / 7 ,
S. 7.
281 Vgl. Ludwig Langemann, Aus der Frauenstimmrechtsbcwcgung, in: ebd., S. 4 - 6 , Zitat
S.4.
282 Vgl. ebd., und »Die Frauen in der russischen Revolution«, in: ebd., Nr. 8 / 9 , S. 6.
283 Vgl. Ludwig Langemann, Zur Frage des Frauenwahlrechts, in: ebd., 5 (1917), Nr. 8 /
9 , S . lf, ZitatS. 2.
284 Vgl. ders., Zur Taktik der Frauenbewegung, in: ebd., 6 (1918), Nr. 3-4, S. lf, Zitate
S. 1 und Julius Werner, Demokratie und Frauenstimmrecht, in: RB, Nr. 600, 24.11.1917,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 7 1 , S. 61f
285 Vgl. Wörtliche Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Abgeordnetenhau-
ses, 22. Leg., III. Tagung 1 9 1 6 / 1 8 , Bd. 7, Berlin 1918, 109. Sitzung vom 15.1.1918, Sp.

384
Anmerkungen zu S. 230-232

7244. Die preußischen Fortschrittler hatten im Juni 1917 das Frauenwahlrecht in Staat, Land
und Gemeinde in ihren Forderungskatalog aufgenommen, vgl. »Das Frauenwahlrecht«, in:
| Berliner Volkszeitung, Nr. 300, 16.6.1917, BAP, 61 Re 1, Nr. 7970, S. 179.
286 Vgl. Wörtliche Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Abgcordnetcnh.au-
', ses, 22. Leg., III. Tagung 1 9 1 6 / 1 8 , Bd. 7, Berlin 1918, 109. Sitzung vom 15.1.1918, Sp.
7241 f. und Sp. 7246-7249.
287 Vgl. die Verhandlungen ebd., Sp. 7 2 0 5 - 7 2 7 6 und 110. Sitzung vom 16.1.1918, ebd.,
Sp 7329-7340; vgl. auch den Bericht der Verstärkten Gemeindekommission, in: Sammlung
der Drucksachen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, 22. Leg., III. Session 1 9 1 6 / 1 8 ,
Bd. 6, Berlin 1918, Drucksache Nr. 506, S. 3 5 1 8 - 3 5 2 1 .
288 Vgl. Wörtliche Berichte (wie Anm. 285), Sp. 7229.
289 Auch von Zeitgenossen wurde nicht die Erlangung des staatlichen, sondern die
Verleihung des kommunalen Eraucnstimmrechts als das Nächstliegende empfunden, vgl. Dr.
M., Die Frau und das Wahlrecht, in: VZ, Nr. 2 9 0 , 9 . 6 1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7971,S. 182 t*.
290 Vgl. Meyer-Gerhard, Die deutsche Frau und ihre Stellungnahme zu modernen Proble-
men der Gegenwart, in: Kolonie und Heimat 8 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 4 9 , S. 10.
291 Vgl. Wörtliche Berichte (wie Anm. 285), Sp. 7217-7229.
292 Vgl. ebd., Sp. 7255-7257, Zitat Sp. 7255.
293 Vgl. »Die Landtagsparteien und das Frauenwahlrecht«, in: Vorwärts, Nr. 62,
13.3.1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7971, S. 123f
294 Dabei fürchtete die Partei sicher auch die Abwanderung ihrer weiblichen Anhänger
schaff zur politischen Linken, die wiederholt angedroht worden war. Vgl. »Das neue Reich der
Frau«, in: LNN, 31.3.1918, ebd., S. 141 und Clara Mende, Die Frauen im Parlament, in: DK,
| Nr. 33, 2.2.1918, ebd., S. 104.
295 Vgl. beispielsweise Elisabeth Hancke, Die Zukunft der deutschen Frauen, in: DZ, Nr.
| 203,22.4.1917, BAP, 61 Re l , N r . 7 9 7 0 , S . 126; Arnold Rüge, Frauenbewegung und Staat, in:
; BNN, Nr. 2 5 1 , 18.5.1917, ebd., S. 152; Elisabeth Hancke, Neue Wahlrechtsformen, ohne
Frauenstimmrecht, in: Schlesische Volkszeitung, Nr. 321, 13.7.1917, ebd., S. 192f; Ida von
Meerheimb, Mulier ueezt in ecclesia!, in: Tag, Nr. 194, 17.8.1917, BAP, 61 Re 1, Nr. 7 9 7 1 , S.
3; E.[mma] W.litte], »Die deutsche Frau und das Frauenstimmrecht«, in: DTZ, Nr. 558,
4.11.1917, ebd., S. 44t'.; Julius Werner, Demokratie und Frauenstimmreeht, in: RB, Nr. 600,
14.11.1917, ebd., S. 61f; Elisabeth Hancke, An die schweigenden deutschen Frauen, in: Post,
Nr. 165, 31.3.1918, ebd., S. 143f; »Gegen das Frauenstimmrecht«, in: Kreuzzeitung, Nr.
247, 16.5.1918, ebd., S. 169f; Marie Diers, Die Frauenrechtlerinnen und die großen
Volksfragen, in: DZ, Nr. 364, 21.7.1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7972, S. lf.
296 Vgl. BfedaJ PXrilippJ, Konservative Frauen und Stimmrechtlerinnen, in: MKP 11
: (1918), Nr. 42, 19.11.1918, S, 3 9 8 - 4 0 1 .
297 Vgl. M. M., Die Frau und das Wahlrecht, in: VZ, Nr. 290,9.6.1918, BAP, 61 Re 1, Nr.
7971, S. 183.
298 Vgl. Helene Wenck-Rüggeberg, Die Frauen und die Politik, in: GF 6 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 4,
S. 41—13; »Meinungsaustausch über das Frauenstimmrecht«, in: ebd., Nr. 7, S. 78-80; ebd.,
Nr. 8, S. 91f; ebd., Nr. 9, S. 104; ebd., Nr. 10, S. 117f; ebd., Nr. 13, S. 155f. (Zitate S. 104
u . S . 117).
299 Vgl. »Frauenstimmrecht«, in: Ref. 14 (1915), Nr. 2 9 , 18.7.1915, S. 345f. Ein Teil der
Staatsbürokratie dachte in der Frage des Frauenstimmrechts offenbar deudich pragmatischer
als viele Zeitgenossen. Noch im Sommer 1918 monierte ein Ministerialdirektor im preußi
sehen Innenministerium, die Verweigerung zeitgemäßer und bescheidener Verbesserungen
der weiblichen Rechtsstellung wie etwa das Gemeindcwahlrecht müsse notwendig zu einer

385
Anmerkungen zu S. 232-235

Radikalisierung der Frauenforderungen führen. Vgl. Friedrich Freund, Die Frau in der Ge-
meinde, in: Berliner Börsen-Courier (?), Nr. 225, 16.5.1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7971, S. 170.
300 Vgl. »Die gleichberechtigte Frau«, in: RW 2 (1921), 22.1.1921, S. 1-3. Reventlow
schrieb nicht namenlich gekennzeichnete Artikel in dem von ihm herausgegebenen Blatt
selbst.
301 Nach 25 Jahren Vorlauf hielten etwa die weiblichen Mitglieder des Vereins für das
Deutschtum im Ausland 1912 ihre erste überregionale Zusammenkunft ab, vgl. »Die erste
Erauentagung des Vereins für das Deutschtum im Ausland«, in: DA 4 (1912), H. 13, S. 6 6 2 -
665.
302 Vgl. Chickering, Casting Their Gaze.
303 Vgl. dieses Bekenntnis anläßlich einer Vorstandstagung des Deutschen Ostmarkcnver-
eins, »Die Tage von Kattowitz«, in: Ostmark 14 (1909), Nr. 9, S. 81-94. Vgl. auch
»Gesamtausschußsitzung«, in: ebd., 13 (1908), Nr. 12, S. 103f
304 Vgl. L. Külz, Zur Erauenfrage in den deutschen Kolonien, in: Koloniale Monatsblätter
15 (1913), Nr. 2, S. 61-67, Zitate S. 62f. Vgl. auch Chickering, Casting Their Gaze.
305 Roberf Ermels, Die Frau in den deutschen Kolonien, in: DHB 2 (1912), Nr. 2, S. 16.
306 Vgl. Rau, Wie deutsche Frauen im Auslände fiir unser Volkstum arbeiten, in: DA 5
(1913), H. 18, S. 799-806.
307 Vgl. »Der deutsche Erauenverein für die Ostmarken«, in: Ostmark 14 (1909), Nr. 7,S.
71; »Der deutsche Frauenverein für die Ostmarken«, in: ebd., Nr. 11, S. 112.
308 Vgl. »Nationale Jugendvorträge«, in: ebd., 15 (1910), Nr. 5, S. 46f; Käthe Schirma-
cher, Der Frauenverband ftir die Provinz Ostpreußen, in: ebd., 16 (1911), Nr. 2, S. 17.
309 Vgl. Dr. L., Die deutsche Frau im Auslande und in den Schutzgebieten, in: DA 6
(1914), H . 2 0 . S . 97f
310 Vgl. das Programm des Vaterländischen Schriftenverbands in der Vorrede zu Kathinka
von Rosen, Deutsche Frauen.
311 Vgl. die Satzung des Deutschen Wehrvereins, auszugsweise abgedruckt im Innenum-
schlag der Wehr 1 (1912), Nr. 1. Vgl. weiterhin E. v. A., Ein Aufruf an die deutsche Frau, in:
ebd., 2 (1913), Nr. 1, S. 2 (Zitat); Clara Brendgen, Eine deutsche Frau zur Fricdensfrage, in:
ebd., 6 (1917), Nr. 10, 15.10.1917, S. 9.
312 Vgl. Wilhelm Schwaner, Unser Potsdam, in: Wehr 7 (1918), Nr. 6, S. l l f . ZitatS. 11.
313 Vgl. Agobard, Von deutscher Wiedergeburt, in: DHB 3 (1913), Nr. 3 / 4 , S. 10-12,
ZitatS. 11.
314 Vgl. v. Vietinghoff-Scheel, Eine Bitte an die verheirateten Verbandsmitglieder, in: AB
25 (1915), Nr. 49, S. 421f., »Bekanntmachungen der Hauptleitung«, in: ebd., Nr. 48, S. 413.
315 Das erkannte auch der Kunstwart an, der sich 1915 mit dem Wandel der nationalen
Frauenorganisationen auseinandersetzte. Diesen Frauenverbänden, hieß es da, liege »eine -
allerdings nicht eigentlich eingestandene, meist sogar abgeleugnete - Anerkennung der
Frauenarbeit für das öffentliche Wohl und für das politische Geschick der Nation zugrunde«.
Vgl. Marianne Tuma von Waldkampf, »Frauenbewegung« und »nationale Frauenarbeit«, in:
KW 29 (1915/16), H. 1,S. 133-136, ZitatS. 134. Beiträge wie der eines hohen Beamten im
Reichs-Kolonialamt, der sich schon 1915 explizit hinter die sozialen wie politischen Forderun
gen der Frauenbewegung stellte, blieben dagegen die Ausnahme. Vgl. Meyer-Gerhard, Die
deutsche Frau und ihre Stellungnahme zu modernen Problemen der Gegenwart, in: Kolonie
und Heimat 8 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , Nr. 47, S. 10; ebd., Nr. 48, S. 10; ebd., Nr. 49, S. 10; ebd., Nr. 52,
S 10; ebd., Nr. 53, S. 10.
316 Vgl. »Aufruf der Frauenvereinigung der Ortsgruppe Berlin«, in: AB 24 (1914), Nr.
34, S. 314f und die Notiz über die Wochenschau des Generalsekretärs Künzel in: ebd., 17

386
Anmerkungen zu S. 235-241

(1917), Nr. 11. Zu Künzels Funktion im antifeministischen Bund vgl. Monatsblatt 5 (1917),
Nr. 4.
317 Vgl. den Tagungsbericht in AB 28 (1918), Nr. 16, S. 125-130, Zitat S. 129.
318 Vgl. »Deutsche Frauen für einen deutschen Frieden«, in: G F 6 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 15, S.
191. Die Hcrausgeberin des BdL-Frauenblattes rief ihre Leserinnen schon Finde 1917 dazu
auf, der Vaterlandspartei beizutreten, vgl. Helene Wenck-Rüggeberg, Die Frauen und die
Politik, in: ebd., Nr. 4,15.11.1917, S. 41-13.
319 Vgl. Mathilde Planck, Die Zukunft der Frau, in: DE 2 (1918), Nr. XI, S. 785-789. Da
die Stuttgarter Frauenrechtlerin in ihrem Artikel an einem Mindestmaß an weiblicher Autono-
mie festhielt, wird man hierin den - durch die Revolution unterbrochenen - Anfang einer
Annäherung der Vaterlandspartei an den BDF erblicken dürfen.
320 Vgl. Kdfne Schirmacher, Die Notwendigkeit einer völkischen Frauenbewegung, in:
Tag, Nr. 69, 22.3.1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7971, S. 135-137, Zitate S. 136.
321 Referentin der gutbesuchten Vorträge war wiederum Käthe Schirmacher. Wer diese
Vorträge besuchte, kann nur indirekt daraus erschlossen werden, daß im Vorfeld der Veranstal-
tungen Freikarten an Lehrerinnen , Studentinnen-, Arbeiterinnen- und kaufmännische Verei-
ne sowie an gewerbliche, Fortbildungs- und Frauenschulen verteilt worden waren. Intention
dabei war, Frauen aus allen Gesellschaftsschichten anzusprechen. Vgl. »Aus der Arbeit der
Frauengruppen«, in: DA 9 (1917), H. 32, S. 2 3 1 .
322 Eberhard Freidank, Die Notwendigkeit staatsbürgerlicher Erziehung der Frau, in: DZ,
Nr. 594, 25.11.1917, BAP, 61 Re 1, Nr. 7971, S. 62f, Zitate S. 63.
323 Vgl. dazu Chickering, Casting Their Gaze.
324 Vgl. Paul Börngen, Frauenbewegung und Staat, in: Hammer 16 (1917), Nr. 354, S.
161.
325 Vgl. »Die Frauen und die Vaterlandspartei«, in: DTZ, Nr. 489,21.9.1918, BAP, 61 Re
1, Nr. 7972, S. 16.
326 Vgl. zuletzt Elisabeth Krukenberg-Conze, Frauen-Mitarbeit nach dem Krieg, in: PJ, Bd.
169, August 1917, S. 268-270. Es darf dabei aber nicht übersehen werden, daß Krukenbergs
Vorschläge vom BDF strikt zurückgewiesen wurden, vgl. Clemens, S. 178, Anm. 7 1 .
327 bis Schröder, die mit Blick auf »Maternalismus« in der Wöhlfahrtspolitik das Beispiel
der »weiblichen Wohnungsinspektion« untersucht hat, beurteilt die Einflußnahme von Frauen
auf kommunalpolitische Entscheidungen allerdings skeptisch.
328 Vgl. zur Lokalpolitik als Domäne bürgerlicher Liberaler den Überblick bei Wehler,
Gesellschaftsgesehichte, Bd. 3, S. 536-541 und Lenger, Großstädtische Eliten.
329 Vgl. Heymann u. Augspurg, S. 187.
330 Vgl. RT, XIII. Leg., 2. Session, Bd. 312, Berlin 1918, 170. Sitzung, 8.6.1918, S.
5313f. und 1 7 1 . Sitzung, 10.6.1918, S. 5352 sowie Clemens, S. 179, Anm. 77. Ob dieser
Antrag durchsetzungsfähig gewesen wäre, muß offen bleiben. Im Juni 1918 wurde das
Frauenstimmreeht vom Staatssekretär des Innenministeriums noch dezidiert abgelehnt.
331 Vgl. BT, Nr. 567, 5.11.1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7972, S. 34.

6. Vom organisierten Antifeminismus zur völkischen Bewegung

1 Vgl. Theone Polaczek, Frauenrechte - Frauenpflichten, in: DK, 15.11.1918, BAP, 61 Re


1, Nr. 7972, S. 38f; »Die Politisierung der Frau«, in: RB, Nr. 5 8 1 , 16.11.1918, ebd., S. 39;
»Die deutschen Frauen und die Politik«, in: TR, Nr. 6 2 1 , 24.11.1918, ebd., S. 43. Ähnlich

387
Anmerkungen zu S. 241-242

auch Fränkischer Kurier, Nr. 592, 26.11.1918, ebd., S. 4 1 ; Der Tag, Nr. 297, 30.11.1918,
ebd., S. 48; Hannoverscher Courier, Nr. 34136, 2.12.1918, ebd., S. 56.
2 Dies setze »entsprechende Rechte« voraus, hieß es weiter ohne präzisierende Be-
stimmung. Auch nach der Revolution wurde das Frauenwahlreeht nicht explizit als For-
derung benannt. Vgl. »Aufruf an die Frauen«, in: MKP 11 (1918), Nr. 49, 7.12.1918,
S. 466.
3 Vgl. Bfeda] Plrilipp], Zur Politisierung der Frau, in: ebd., Nr. 48, 30.11.1918, S. 452f,
Zitat S. 453.
4 Vgl. Beda Prilipp, Die Wahlpflicht der Frau, in: GF 7 (1918), Nr. 5, 1.12.1918, S. 5 0 - 5 2 ,
Zitat S. 52.
5 Vgl. Pasfor Heine, Zum Wahlrecht der Frau, in: F H 18 (1918), S. 282-288.
6 Vgl. AB 29 (1919), Nr. 3, S. 23. Der Aufruf zur Mitarbeit richtete sich nun explizit an
beide Geschlechter, vgl v. Vietinghoff-Scheel, An die Arbeit, in: ebd., Nr. 1 1 , S. 81f.
7 Vgl. Ernsf zu Reventlow, Die gleichberechtigte Frau,in: RW2 (1921), Nr. 4, S. 1-3,Zitat
S. 3.
8 Ein allgemeines Wahlrecht wurde dort mit dem Hinweis auf den grundsätzlichen Mangel
politischer Urteilsfähigkeit in der Bevölkerung abgelehnt. In diesem Zusammenhang hieß es:
»Der Schwindel von der Reife des Volkes wird natürlich noch verstärkt durch die Ausdehnung
des Wahlrechts auf die Frauen. Alle Gründe, welche die Unreife der männlichen Wählcrmasscn
bedingen, die mangelnde Urteilsfähigkeit, die mangelnde Vorbildung, das Unvermögen, aus
der Erfahrung zu lernen, die leichte Beeinflußbarkeit durch Äußerlichkeiten und Redege-
wandtheit treffen auf die Masse der Frauen in erhöhtem Maße zu.« Hans v. Liebig, Politische
Betrachtungen, in: DE 3 (1919), Nr. 3, S. 2 0 6 - 2 2 1 , S. 212f.
9 »Die Deutschnationale Volkspartei. Aufruf«, in: MKP 11 (1918), Nr. 48,30.11.1918, S.
450f Selbst der Forderungskatalog der konservativen Frauen (wie Anm. 2) enthielt unter acht
Programmpunkten nur einen, der sich gezielt auf das weibliche Geschlecht bezog: den
»wirksame(n) Schutz der Frauen aller Klassen und Berufe in sittlicher und wirtschaftlicher
Beziehung««.
10 E.rst nachdem die Verfassung parlamentarische Regierungsform und gleiches Wahlrecht
verankert hatte, war im Deutschnationalen Rednerführer (Bd. 1,Berlin 1920,S. 182)zu lesen:
»Wir begrüßen die deutsche Frau als ein in jeder Beziehung zur Mitarbeit am öffentlichen
Leben gleichberechtigtes Mitglied.«
11 Vgl. DTZ, Nr. 630, 11.12.1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7972, S. 57.
12 Vgl. »Stenographischer Bericht über die 26. Generalversammlung des Bundes der
Landwirte«, in: Korr. BdL, Jg. 1919, Nr. 9, S. 27; »Eine Kundgebung des Bundes der
Landwirte, in: MKP 11 (1918), Nr. 50, 14.12.1918, S. 474.
13 Vgl. »Wahlberechtigung, nicht Politisierung der Frau«, in: Germania, Nr. 608,
31.12.1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7972, S. 70.
14 Vgl. Hans Delbrück, Das Frauenwahlrecht, in: PJ, Bd. 175, H. 1, Januar 1919, S. 136-
140, Zitat S. 140.
15 Vgl. »Bebeis Zukunftsstaate zu«, in: Korr. BdL, Jg. 1919, Nr. 16, S. 64, und »Bolsche-
wismus und die Frauen«, in: AB 29 (1919), Nr. 18, S. 140f.
16 Else Frobenius, Das Wahlrecht, in: Kolonie und Heimat 12 ( 1 9 1 8 / 1 9 ) , Nr. 14, S. 8,
Gertrud Dyrenfurth, Wahlvortrag ftir Landfrauen, in: Gutsfrau 7 ( 1 9 1 8 / 1 9 ) , Nr. 8, S. 86-88;
»Deutsche Frauen, das Vaterland ruft, in: Korr. BdL, Jg. 1919, Nr. 3, S. 7.
17 Vgl. Hans Delbrück, Das Frauenwahlrecht, in: PJ, Bd. 175, H. 1, S. 139f Auch diesen
Satz hatte das Zentrums-Blatt Germania (Wahlberechtigung, nicht Politisierung der Frau, in:
Nr. 608, 31.12.1918, BAP, 61 Re 1, Nr. 7972, S. 70) zustimmend übernommen.

388
Anmerkungen zu S. 243-245

18 Marie Diers, Das Stimmrecht der Frauen, in: DTZ, Nr. 632,12.12.1918, BAP, 61 Re 1,
Nr. 7972, S. 57.
19 Dies., Was sagen wir Stimmrechtsgegnerinnen zu dem Frauen-Stimmrecht?, in: DTZ,
Nr. 8 3 , 14.2.1919, ebd., S. 102.
20 Vgl. die Druckschrift vom Oktober 1918 im GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 92. Die
Petition versuchte den Eindruck zu erwecken, daß sie von »deutschen Frauen« formuliert
worden sei, war in der Argumentation aber mit allen früheren Eingaben des antifeministischen
Bundes identisch. Im Trubel der sich überstürzenden Ereignisse vor und während der
Novemberrevolution dürfte wohl niemand mehr von diesem Antrag Notiz genommen haben.
21 Vgl. den Text der Petition in Monatsblatt 7 (1919), Nr. 2 / 3 , S. lf.
22 Archiviert ist ein solches Flugblatt in GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr. 93.
23 Vgl. Monatsblatt 7 (1919), Nr. 2 / 3 , S. 1. Augenscheinlich kursierten gleichzeitig auch
offene Briefe, in denen sich bekannte Persönlichkeiten für die Abschaffung des Frauenstimm-
rechts einsetzten, vgl. Augusfe Sprengel, Was fordert die ernste Stunde von der deutschen
Frau?, in: DZ, Nr. 130, 23.3.1919, BAP, 61 Re l , N r . 7972, S. 116.
24 Monatsblatt 7 (1919), Nr. 2 / 3 , S. 2. Hervorhebung im Original.
25 Vgl. ebd., S. 1.
26 Flugblatt zur Petition gegen das Frauenstimmreeht, GLA Karlsruhe 69, Nl. Rüge, Nr.
93. Hervorhebungen im Original.
27 Monatsblatt 7 (1919), Nr. 4 - 6 , S. 3.
28 Vgl. »Ein Irrweg«, in: Kreuz-Zeitung, Nr. 105, 9.3.1919. Die Kreuz-Zeitung hatte
einen gegen das Wahlrecht gerichteten Artikel von Emma Witte, der dann im antifeministi-
schen Monatsblatt erschien, offenbar abgelehnt, vgl. Monatsblatt 7 (1919), Nr. 4-6, S. 3.
29 Vgl. Alice Freifrau von Bissing, Macht die Politik eine Frau unweiblich?, in: Post, Nr. 60,
2.2.1919, BAP, 61 Re 1, Nr. 7972, S. 96; L. Geifrig, Nicht umgefallen, sondern umgelernt, in:
DZ, Nr. 50,2.2.1919, ebd., S. 93 (hier das Zitat). Gegen die Petition auch Augusfe Sprengel,
Was fordert die ernste Stunde von der deutschen Frau?, in: DZ, Nr. 130, 23.3.1919, ebd., S.
116.
30 In politischen Versammlungen sollten sich Frauen jedoch zurückhalten und sich »nicht
ohne die dringendste Not« an der Debatte beteiligen, legte O.v. Jutrzenka die Bibel aus, vgl.:
Zum Wohle des Deutschtums, in: Pommersche Tagespost, Nr. 84, 7 4 . 1 9 2 0 , BAP, 61 Re 1,
Nr. 7973, S. 65.
31 Julius Werner, Die deutsche Frau und der Wiederaufbau, in: DTZ, Nr. 44, 30.1.1921,
ebd.,S. 132.
32 Vgl. seinen Aufsatz »Der Bund und die neue Lage« in Monatsblatt 7 (1919), Nr. 7-9,
S. 5-7, hier S. 7.
33 Vgl. die beiden programmatischen Aufsätze »Der Bund und die neue Lage« in Monats-
blatt 7 (1919), Nr. 7-9, S. 5-7 (Teil 1) und die Fortsetzung in Deutsche Volkswacht 8 (1920),
Nr. 1, S. 2 - 5 , dem Folgeorgan des Monatsblattcs.
34 Vgl. Monatsblatt 7 (1919), Nr. 2 / 3 , S. 1.
35 Vgl. »Eingabe evangelischer Frauen und Jungfrauen betreffend das kirchliche
Frauenstimmrecht«, in: Monatsblatt 7 (1919), Nr. 7-9, S. 10.
36 Frauenproteste in evangelischen Blättern nahmen gleichfalls nicht auf die antifcministi
sehe Liga Bezug, vgl. Frau P R., Das kirchliche Wahlrecht der Frau. Eine Warnung in letzter
Stunde, in: RB, Nr. 407, 27.8.1919, BAP, 61 Re 1, Nr. 7973, S. 5.
37 Vgl. BAP Potsdam, Nr. 3 0 / 0 1 , Reichsjustizministcrium, Fasz. 4180.
38 Vgl. Emma Witte, Der »weibliche Jurist«, in: DTZ, Nr. 214, 10.5.1921, BAP, 61 Re 1,
Nr. 7973, S. 156f; Ludwig Langemann, Der »weibliche Jurist«, in: DTZ, Nr. 156, 6 4 . 1 9 2 1 ,

389
Anmerkungen zu S. 245-248

ebd., S. 145; Marie Diers, Müssen, können und wollen wir weibliche Richter haben?, in: DZ,
Nr. 191, 2 6 4 . 1 9 2 1 , ebd., S. 152.
39 Die Unterzeichnung der Petition durch den Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-
bund war auf die Initiative Ludwig Schemanns zurückzuführen, vgl. die Zustimmungserklä-
rung des Trutzbund Vorsitzenden Alfred Roth an Schemann vom 10.10.1921, ÜB Ereiburg,
Nl. Schemann, H D ) Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund.
40 Vgl. Eingabe gegen die Zulassung von Frauen zu den juristischen Berufen. BAP, 3 0 /
0 1 , Fasz. 4 1 8 1 , Bd. II sowie »Einspruch gegen den weiblichen Juristen«, in: DTZ, Nr. 37,
24.1.1921, BAP, 61 Re 1, Nr. 7973. S. 127. Vgl. die Argumentation der Gegner bei der
Debatte um die Hinzuziehung von Frauen zum Schöffendienst im Zuge der Diskussion um
die Reform des Jugendstrafrechts in RT, XIII. Leg., 1. Session, Bd. 286, Berlin 1913, 89.
Sitzung v. 13.1.1913, S. 2906 und S. 2912f.
41 Die Zitate finden sich z.T. in der Eingabe selbst, z.T. im Aufruf der als offizielle
Initiatorin fungierenden Charlottenburgerin Ruth von Koscielski Ponoschau, vgl. »Einspruch
gegen den weiblichen Juristen«,in: D T Z , Nr. 37,24.1.1921,BAP,61 Re 1,Nr. 7973,S. 127.
Da Emma Witte gleichfalls in Charlottcnburg wohnte, erscheint es denkbar, daß es sieh bei den
Urheberinnen der oben erwähnten Petition zweier Charlottenburger Antifeministinnen ge-
gen das Erauenwahlrecht gleichfalls um das Gespann Witte-Koscielski handelte.
42 Vgl. »Der Richter gegen die Richterin«, in: BT, Nr. 2 3 7 , 2 3 . 5 . 1 9 2 1 , BAP, 61 Re 1, Nr.
7973, S. 157.
43 Vgl. »Die Frau als Laienrichterin«, in: Deutsche Allgemeine Zeitung, Nr. 310,
6.7.1921, ebd., S. 170. Ähnlich auch Dr. jur. Naß, Die Frau als Richter, in: DTZ, Nr. 189,
24.1.1921, ebd., S. 151.
44 Staatsanwalt Dr. Richter, Die Frau als Richterin, in: DTZ, Nr. 89, 22.2.1922, BAP 61
Re l , N r . 7974, S. 35.
45 Vgl. Landgerichtsrat Jenne, »Justizreform«. Leitsätze ftir Rechtserneuerung auf völki-
scher Grundlage, in: DE 6 (1922), H. 3, S. 162-168, Zitat S. 163.
46 Vgl. Landsberg-Lennep, Frauenfragc und Gerechtigkeit, in: KW 23 0 9 1 0 ) , Heft 9, S.
145-149.
47 Vgl. Albert Hellwig, Frauen als Strafrichter. Forensisch-psychologische Bemerkungen,
in: PJ, Bd. 185, Juni 1921, S. 9 1 - 1 0 3 , Zitate S. 95f. V/ie wenig sich trotz des politischen
Umbruchs an der Fanschatzung dieser Frage geändert hatte, zeigt die Tatsache, daß der Autor
den Aufsatz bereits vor »längerer Zeit« - offenbar im Zusammenhang mit der Diskussion um
die Hinzuziehung von Frauen zu den Jugendgerichten kurz vor dem Ersten Weltkrieg -
verfaßt und ihn nur noch mit einer aktualisierenden Einleitung versehen hatte, vgl. die Anm.
auf S. 9 1 .
48 Vgl. Alfred Roth an Ludwig Schemann, 10.10.1921, ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II
D) Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund. Auch beim »Deutschen Tag« in Detmold, der
Heerschau der völkischen Rechten, wurde im Oktober 1921 für die Gegenpetition geworben,
vgl. Roths Zusicherung ebd.
49 Vgl. L. K., Die Riesenpetition gegen die Zulassung der Frauen zum Justizdienst, in: Die
deutschnationale Frau 1 ( 1 9 2 1 / 2 2 ) , 1.1.1922, S. 12; »Frauen als Geschworene«, in: DZ, Nr.
371, 11.8.1921, BAP, 61 Re 1, Nr. 7973, S. 185.
50 Vgl. Emma Witte, Nochmals: Die Riesenpetition gegen Zulassung von Frauen zum
Justizdienst, in: D Z , Nr. 536, 27.11.1921, BAP, 61 Re 1, Nr. 7974, S. 16.
51 Vgl. dazu auch Huerkamp, Bildungsbürgerinnen, S. 2 7 4 - 2 8 1 .
52 Vgl. »Die Frau als Geschworene«, in: VZ, Nr. 370, 8.8.1921, BAP, 61 Re 1, Nr. 7973,
S. 184.

390
Anmerkungen zu S. 248-249

53 Indizien dafür waren neben den sich vergrößernden Abständen zwischen den einzelnen
Zeitschriftennummern und ihrer geringer werdenden Seitenzahl auch die Mahnungen, die
Mitgliedsbeiträge zu bezahlen, die sich in der zweiten Kriegshälfte häuften.
54 Darunter Oberst Hellwig vom Reichshammerbund, Anton von Werner, Pastor Zilles-
sen, Bundmitbegründer und Verleger des Verbandsblattes, Geschäftsführer Theophil Eber
hard, der DHV-Funktionär und Vorsitzende der Ortsgruppe Heidelberg-Mannheim, Karl
Herzog, sowie die Autorinnen Kathinka von Rosen und Hermine Schneider, vgl. Monatsblatt
2 (1914), Nr. 3, S. 36; ebd., 3 (1915), Nr. 2, S. 4; ebd., Nr. 7 / 8 , S. 8; ebd., Nr. 1 1 , S. 4; ebd.,
4 (1916), Nr. 1, S. 1; ebd., Nr. 4 / 5 , S. 8; ebd., 5 (1917), Nr. 4 / 5 , S. 1 u. S. 8; ebd., 7 (1919),
Nr. 4 - 6 , S. 4; ebd., Nr. 7-9, S. 10.
55 Vgl. »Mitteilungen«, in: ebd., 7 (1919), Nr. 4 - 6 , April-Juni 1919, S. 1 und »Die
Beschlüsse der Mitgliederversammlungen vom 5. und 23. November 1919«, in: DVW 8
(1920), Nr. 1, Januar 1920, S. 1. Offenbar um die Kontinuität zum antifeministischen
Monatsblatt zu betonen, wurde trotz der Umbcnnung der Zeitschrift die alte Jahrgangszäh-
: lung beibehalten.
56 Vgl. das »Arbeitsprogramm des Bundes fiir deutsche Volkserneuerung (für deutsche
Frauen und Männerart)« vom 23.11.1919, in: DVW 8 (1920), Nr. 2 / 3 , S. 12.
57 Vgl. »Satzung des Bundes für deutsche Volkserneuerung (für deutsche Frauen- und
' Männerart)«, in: ebd., 8 (1920), Nr. 2 / 3 , S. 10-12, hier S. 10. Die »körperlichen und
geistigen Wesensunterschiede«, hieß es in einer Erklärung des Vorstandes, seien die »Vbraus-
[ Setzung ftir wahres Volksglück«, vgl. »Unser Bund im neuen Kleide«, in: ebd., S. 9fi, hier S. 10.
58 Vgl. »Arbeitsprogramm des Bundes für deutsche Volkserneuerung«, in: ebd., S. 12f
59 Vgl. »Gedanken zur Frauenfrage«, in: D Z , Nr. 4, 3.1.1919, BAP, 61 Re 1, Nr. 7972, S.
72 Den Artikel wird man aufgrund seines Vokabulars dem Umfeld der antifeministischen Liga
zuordnen dürfen. Die Gleichberechtigung der Geschlechter wurde darin als »Vergewaltigung
der Natur« bezeichnet, die »E.ntartung, Niedergang, Volkstod« nach sich ziehen müsse. Die
Zunahme weiblicher E'rwerbsarbeit und das weibliche »geistige Proletariat« habe den Mann
»immer mehr an die Wand gedrückt« und behindere Ehe- und Familiengründung. Form und
Inhalt der Polemik glichen bis in die Wortwahl hinein vorrevolutionären Auslassungen; das
Zugeständnis an die neue Zeit zeigte sich in der Bedeutung, die Frauen als »des Volkes
größerer Hälfte« - eine Anspielung auf die zahlenmäßige Überlegenheit des weiblichen
Geschlechts bei Wahlen - zugemessen wurde.
60 Vgl. »Die Beschlüsse der Mitgliederversammlungen vom 5. und 23. November 1919,
in: DVW 8 (1920), Nr. 1, Januar 1920, S. lf.
61 Vgl. »Arbeitsprogramm des Bundes für deutsche Völkserneuerung (für deutsche Frau-
en- und Männerart)«, in: ebd., Nr. 2 / 3 , S. 121"., hier S. 13 sowie »Bundesnachrichten«, in:
ebd., S. 16. Neu hinzugekommen war ein Programmpunkt, der ftir die körperliche Ertüchti-
gung beider Geschlechter warb, ein deutlicher Tribut an die lebensreformerische Bewegung.
62 Vgl. BAP, Bestand 1507, Reichskommisar für Überwachung der öffentlichen Ordnung,
Nr. 1363, Treubund für aufsteigendes Leben, Bl. 11. Der 1919 neuformierte Treubund ging
aus der 1908 gegründeten Loge für aufsteigendes Leben hervor, vgl. ebd., Bl. 7. E"r war ins
Visier der staatlichen Überwachung geraten, weil Albert Greuz, der wegen seiner Beteiligung
an einem Attentat auf Maximilian Harden verurteilt wurde, die Ortsgruppe Oldenburg leitete.
Die Einschätzung der Staatsschützer, Bund-Leiter Richard Ungewitter sei ein »begeisterter
Anhänger des deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes und Mitglied des Alldeutschen
Verbandes« (ebd., S. 1), findet sich z.T. von anderen Quellen bestätigt: Der Treubund, der
1921 über 44 »Gaue« verfügte, war - wie etwa auch der Deutsche Orden - bereits 1920 auf
dem ersten »Deutschen Tag« des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes in Weimar

391
Anmerkungen zu S. 250-252

vertreten, vgl. P. O. Wittlich, Deutscher Tag 1920, in: PAM 19 ( 1 9 2 0 / 2 1 ) , Nr. 8, S. 351-359.
Die »sittliche Erneuerung« des deutschen »Volkes« durch die Rückkehr der Frauen in E.he,
Haus und Familie beschworen auch etliche andere Autoren und Zeitschriften mit jeweils
eigenen Lesegemeinden, vgl. etwa Jean B. Bornträger, Volkssittlichkeit und Erauentum, in:
PAR 19 ( 1 9 2 0 / 2 1 ) , Nr. 6, S. 257-261 und Emi7 Pefers, Ehe und Ehehinderung, in: Volkskraft
16 (1919), Nr. 1 1 / 1 2 , S. 209-222.
63 Vgl. Eberhard, Frauenemanzipation, S. V.
64 Ebd., S. 3; ders., Feminismus, S. 3.
65 Eberhard, Geschlechtscharakter.
6 6 Vgl. Frifz; Karl Haase, Die Problematik der gegenwängen höheren Mädchenbildung,
in: Eberhard, Geschlechtscharakter, S. 349-387. Auf die Diskursverschiebungen während der
Weimarer Republik näher einzugehen, würde den Rahmen dieser Arbeit jedoch bei weitem
sprengen und muß späteren Forschungen vorbehalten bleiben.
67 Vgl. Frifz, S. 195.
68 Durchaus zutreffend hatte Gertrud Bäumer anläßlich der Erstausgabe des antifeministi-
schen Monatsblattes die Frage aufgeworfen, »ob sich jemals eine so »gemischte« Gesellschaft
zusammengefunden hat, um etwas zu erreichen, wie die durch den Bund der Gegner
repräsentierte. An Intellekt, Kampfesweise, Motiven, Anschauungen, Stimmungen kann man
sich schlechtweg nichts Uneinheitlicheres und Bunteres denken. Philosophen und Hand-
lungsgehilfen, schöngeistige Damen und phlegmatische Bourgeois, Oberlehrer und konserva-
tiv-militaristische Politiker - und jeder spricht seine eigene Sprache.« Vgl. Die Gegner, in: CB
1 4 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) , Nr. 20, S. 153-155, Zitat S. 153.
69 Die Aus- und Umformung antifeministisch-misogyner Orientierungen in der Weimarer
Republik verlief weder geradlinig noch konfliktfrei und kann im Rahmen dieser Arbeit nur
kursorisch thematisiert werden. Hier geht es um die Nachzeichnung personeller Kontinuitä-
ten zwischen dem organisierten Antifeminismus des Kaiserreichs und der völkischen Bewe-
gung nach 1918. Das spannungsreiche Verhältnis zwischen der radikalen Rechten und den
völkischen Modernisierinnen wäre eine eigenständige Untersuchung wert (dazu bislang nur
Ziege), ebenso die Beziehung des Vorkncgs-Antifeminismus zum Antifeminismus der »konser-
vativen Revolution«, die sieh möglicherweise durch ihre Verarbeitung des Weltkriegs
Erlebnisses unterschieden. Zum Frauenbild jungkonservativer Chefder.ker liegen nur wenige
Studien vor; abgesehen von Theweletts Männerphantasien und Nicolaus Sombarts Schmitt-
Biographie findet sich ein kurzer Hinweis in Breuers eindrücklicher Anatomie der Konservati-
ven Revolution (S. 43). Freilich erschöpft sich der Weimarer Antifeminismus nicht, wie die hier
verfolgte Blickrichtung aufgrund der Wahl ihres Gegenstandes suggeriert, im elitär-faschisto-
iden Kultus des »Männerbundes«, sondern läßt sich beispielsweise auch auf der Ebene der
Kunst und der Populärkultur nachweisen, vgl. Irwin Lewis McCormick. Vgl. weiterhin auch
Wittrock; Schade sowie Arendt u.a.
70 Pechmann verließ die BVP bereits 1919 und engagierte sich danach aktiv nur noch in
kirchlichen Ämtern. Wie sein Biograph Kantzenbach (S. 4) vorsichtig nahelegt, dürfte auch er
später DNVP gewählt haben.
71 Vgl. Eley, Resharping, S. 370.
72 Vgl. Bleuel, Deutschlands Bekenner, S. 107.
73 Vgl. Wer ist's? 1922 8 , S. 1007 und 1678f
74 Vgl. Bleuel, Deutschlands Bekenner, S. 103 u. S. 144. Vgl. allgemein auch Micltalski.
75 Vgl. Braeuer.
76 Vgl. Emma Witte, Antrag des Deutschen Frauenordens. Ein Mahnwort an die Leitung
der Nationalsozialistischen Freiheitspartei, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 144, 27.6.1924, BAP,

392
Anmerkungen zu S. 252-255

61 Re 1, Nr. 7974, S. 109 und »Die Frauen der Deutschnationalen«, in: Vorwärts, Nr. 7,
5.1.1922, BAP, 61 Re 1, Nr. 7974, S. 24.
77 Vgl. Chanady; Walker.
78 Vgl. das Vorwort von Schwarzmaier zum Findbuch Arnold Rüge, GLA Karlsruhe,
Repertorium Nr. 1176.
79 Vgl. Fricke, Bd. 1, S. 521f. Zur Mitgliederzahl vgl. ebd., Bd. 2 , S. 562.
80 Vgl. Monatsblatt 7 ( 1 9 1 9 ) , Nr. 2 / 3 , S. 4. Dort wurde der Schutz- und Trutzbund als
»Loge zur Wiedergeburt einer deutsch-germanischen Welt« vorgestellt und Ludwig Lange
manns Pamphlete als »Politische Schriften für Volldeutsche« angekündigt. Vgl. Langemann,
Deutschlands Erniedrigung; ders., Weg zum Abgrund; ders., Zusammenbruch; ders.,
Evangelium; ders., Kampf des Papsttums.
81 Vgl. Alfred Roth, Das sollt Ihr tun. Vorschläge und Anregungen für die Gliederung des
Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, Stade 1921 (Manuskript), BAP, 1507, Nr. 329,
S. 28 (= Bl. 14). Inwieweit dieser Plan in die Realität umgesetzt wurde, geht aus der
vorliegenden Sekundärliteratur nicht hervor. Zur Funktion Bartels' als Beiratsmitglied vgl.
Fricke, Bd. 2, S. 564.
82 Vgl. ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Deutschvölkischer Schutz und Trutzbund.
83 Vgl. Rofft (wie Anm. 81), S. 11 (Bl. 5) und S. 6 ( - B l . 3).
84 Vgl. Wiffe.
85 Vgl. Philipp Stauff, Vom deutschen Frauenlcben, in: AB 29 (1919), Nr. 1, S. 6f
86 Vgl. Alfred Roth, Das sollt Ihr tun. Vorschläge und Anregungen für die Gliederung des
Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, Stade 1912 (Manuskript), BAP, 1507, Nr. 329,
S. 11 (= Bl. 5). Daneben wurde auch Gertrud Prellwitz, Vom Wunder des Lebens genannt. Vgl.
auch Schellenberg.
87 Vgl. H.G. Holle, Deutsche Schwesternschaft, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 9, S. 465f
88 Vgl. zur Einschätzung als Ergänzung des antifeministischen Bundes ebd. Die Vermu-
tung, daß die Deutsche Schwesternschaft sich dem DSTB anschloß, stützt sich auf inhaltliche
Übereinstimmungen, Alfred Roths ausdrückliche Empfehlung der Hunkelschen Schriften und
darauf, daß wenige Monate vor der Übernahme der PAM durch den Schutz- und Trutzbund
- während also vermutlich die Verhandlungen schon liefen - begeisterte Rezensionen von
Hunkels »Deutscher Gottesmutterschaft« (Sontra 1919) erschienen, vgl. ebd., 18 ( 1 9 1 9 / 2 0 ) ,
Nr. 10, S. 474f. und ebd., Nr. 12, S. 571f.
89 Vgl. Lohalm, S. 123f.
90 Vgl. den Bericht über die Vereinigung von NSDAP und Deutschsozialistischer Partei
zur Deutschen Nationalsozialistischen Partei in PAM 20 ( 1 9 2 1 / 2 2 ) , Nr. 2, S. 87f.
91 Vgl. Fricke, Bd. 1, S. 777 und Lohalm, S. 224 und S. 269.
92 Der Bund für deutsche Familie und Volkskraft war eine jener privaten
bevölkerungspolitischen Vereinigungen, wie sie im Ersten Weltkrieg mehrfach initiiert wur-
den, vgl. das Material in ÜB Freiburg, Nl. Scheinann, II) Bund zur Bekämpfung der
Frauenemanzipation. Rüge trat 1919 aus der Vereinigung aus, vgl. GLA Karlsruhe 69, Nl.
Rüge, Nr. 2 1 .
93 Vgl. Lohalm, S. 258 und 2 6 1 . Noch vor der polizeilichen Auflosung des Deutschvölki-
schen Schutz- und Trutzbundes 1922 wurde Rüge aus dem Verband ausgeschlossen, weil er
versucht hatte, von München aus gegenüber der zentralistischen Hamburger Leitung einen
eigenständigen bayrischen Landesverband aufzubauen, vgl. ebd., S. 228f und S. 260-264
sowie Fricke, Bd. 1,S. 197.
94 Vgl. Arnold Rüge: Einige Kampfdaten aus meinem Leben. Ein Rückblick an meinem
60. Geburtstag. Karlsruhe 1941 (Druckschrift). GLA Karlsruhe, 69 Nl. Rüge, Nr. 2. Da Rüge

393
Anmerkungen zu S. 255-257

diese Eigenlaudatio während des »Dritten Reiches« verfaßte, war er bemüht, sich als Vor-
kämpfer der völkischen Bewegung und des Nationalsozialismus darzustellen. Zieht man das
aus diesen Elntstehungsbedingungen zu erklärende Pathos und die Übertreibungen ab,
bleiben Fakten übrig, die in vielen Fällen auch von der Forschung (vgl. Lohalm, S. 228f, S.
261, S. 299; Schwarzmaier, Zitat S. 245) bestätigt werden. Daher kann zumindest das
Faktengerüst der Druckschrift als einigermaßen zuverlässig eingeschätzt werden. Vgl. auch
Rüge, Völkische Wissenschaft.
95 Vgl. Fricke, Bd. 1,S. 196-201 und Mohrmann, S. 108.
96 Vgl. R W 2 ( 1 9 2 1 ) , Nr. 28, 9.7.1921 (Rathenau); Nr. 40, 1.10.1921 (Erzberger) und
Nr. 4 5 , 5.11.1921 (Wirth), GLA Karlsruhe, 69, Nl. Rüge, Nr. 111.
97 Vgl. Sfriesoio, Bd. 1, S. 402f, S. 406f, S. 410, S. 416, S. 4 2 1 , S. 436 und Bd. 2, S. 696
(Anm. 2), S. 701 (Anm. 58) sowie Lohalm S. 269f. Zu den Mitbegründern zählte auch
Theodor Fritsch vom antisemitisch-antifeministischen Rcichshammerbund, der ebenfalls vor-
her im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund aktiv war, vgl. Fricke, Bd. 2, S. 552.
98 Vgl. Striesow, Bd. 1, S. 432-136.
99 Vgl. Fricke, Bd. 2, S. 554; zur Nationalsozialistischen Freiheitspartei vgl. Striesoiv.
100 Vgl. Wiffe; dies., Antrag des Deutschen Frauenordens. Ein Mahnwort an die Leitung
der Nationalsozialistischen Freiheitspartei, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 144, 27.6.1924, BAP,
61 Re 1, Nr. 7974, S. 109; dies., Völkisches Frauenrecht, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 205,
6.9.1924, ebd., S. 112f; dies., Judentum und Internationalismus in der Frauenbewegung, in:
DZ, Nr. 46, 26.1.1920, BAP, 61 Re 1, Nr. 7973, S. 49.
101 Vgl. Striesow, Bd. 1, S. 443-446 und Bd. 2, S. 719 (Anm. 224). Reventlow galt
zunächst ob seiner Sympathien für den Nationalbolschewismus als Parteigänger des Strasser-
Flügels. Von der Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten war er zusammen mit
Strasser als Kopf einer Revolutionsregierung vorgesehen, bevor er sich 1 9 3 2 / 3 3 ganz Hitler
anschloß, vgl. auch Fricke, Bd. 3, S. 176. Letztlich aber lehnte er das Angebot der KPD ab, ein
Stück Wegs gemeinsam zurückzulegen, weil »der Bolschewismus das Nationale mit Haut und
Haaren aufgefressen hätte«, vgl. Ernst zu Reventlow, Wir und Rußland, in: RW 2 (1921), Nr.
44, S. 4. Vgl. auch ders., Nationalbolschewismus, in: ebd., 1 (1920), Nr. 6.
102 So urteilt das Biographische Wörterbuch zur deutschen Geschichte (Bd. 2, S. 2312),
dem man ansonsten allzu sorglosen Umgang mit der Darstellung nationalsozialistischer
Verstrickungen bescheinigen muß.
103 Vgl. zum Nationalclub Schulz und Fricke, Bd. 3, S. 399-102.
104 Vgl. Schoeps; Petzold; Fricke, Bd. 1, S. 107-115, hier S. 1 lOf.
105 Vgl. Fricke, Bd. 1,S. 523.
106 Vgl. Diers, Mutter des Menschen; dies., Deutsche Frauenfrage; dies., Familienkultur,
in: Nationalsozialistische Frauenkorrespondenz 1 (1932), Heft 8, 24.6.1932; dies., Frau ohne
Politik - mit Herz!, in: Die deutsche Frau. Sonderbeilage Nr. 2 zum Völkischen Beobachter,
Ausg. 1 0 5 / 1 0 6 vom 1 5 / 1 6 4 . 1 9 3 3 .
107 Vgl. Bartels, Nationalsozialismus.; Bleuel u. Klinnert, S. 201f; Mohler, S. 222; Her-
mand,S. 204;Mork, S. 159. Kose-! (Bd. 2, S. 1030) datiert Reventlows exponierte Tätigkeit für
die Deutschgläubigen auf die Jahre 1933-1936.
108 Vgl. FricJte, Bd. 3, S. 169-172 und Mohrmann, S. 127. Zu den Aufgaben des
Kamptbundes vgl. Brenner. Die Entwicklung der »deutschtümclndcn« Kunstauffassung wird
mit Blick auf die Literaturgeschichte aufgearbeitet von Fischli. Vgl. auch Bartels, Heimatkul-
tur.
109 Diese Abgrenzung wurde von Hans Blüher selbst vorgenommen, vgl. Antifeminismus.
Auch die antifeministischc Liga teilte die Begriffsbestimmung. Ihr Vorstandsmitglied Richard

394
Anmerkungen zu S. 257-264

Döring vermerkte anläßlich der Rezension des Werkes, daß der »bürgerliche Antifeminismus«
im Deutschen Bund gegen die Frauenemanzipation »fest Gestalt gewonnen« habe, vgl. R. D.,
Der bürgerliche und der geistige Antifeminismus, in: Monatsblatt 4 (1916), Nr. 1 0 / 1 1 , S. 8.
'Vgl. daneben die zeitgenössische Zurückweisung der Blüherschen Thesen durch E. Busse-
Wilson; zur Auseinandersetzung um das »Mädchenwandern« in der Jugendbewegung vgl.
Klönne; Fiedler und die auf deskriptiver Ebene verharrende Dissertation von Musial.
110 Vgl. als Kurzfassung nationalsozialistischer Vorstellungen über das Gcschleehterver-
hältnis den Abschnitt über den »Staat und die Geschlechter« in Rosenberg, zum Unterschied
hinsichtlich der Staatsauffässung insb. S. 485 und S. 493. Vgl. auch Baeumler.
111 Diese Generationendifferenzierung beobachtete auch Reulecke (Männerbund, S.
199f) bei der Auseinandersetzung um die Funktion der Familie in der Weimarer Republik.
112 Vor 1918 sprach eine Antifeministin im Bund Älterer Wandervögel (vgl. Kap. 3.4);
1920 hielt Kdfhe Sturmfels-Becker eine Rede über die »Führerschaft« vor der Vereinigung
Deutsche Jugend, vgl. DE 4 (1920), H. 4, S. 563-573.
113 So Hildebrand, S. 165. Ereilich sollte man die Bedeutung der Alterskohorten nicht
überschätzen. Im Fall der antifeministischen Liga Standes sich 1933 die ehemaligen Bundesge-
nossen Arnold Rüge und E'rnst Oberföhren, beide Jahrgang 1881, als entschiedener National-
sozialist und als konservativer Gegner des neuen Regimes gegenüber.
114 Wilhelm Freiherr von Pechmann, antifeministischer Bankier in München und vor
seiner Konversion zum Katholizismus Repräsentant hoher protestantischer Kirchenämter,
verfaßte in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages eine
Eingabe gegen Euthanasie-Aktionen ans Reichsministcrium des Inneren, nachdem er von dem
Prorestbrief des württembergischen Landesbischofs Wurm gegen die Anstaltsmorde in Würt-
temberg erfahren hatte, vgl. Schmuhl, S. 316. Ernst Oberfohren, ehemaliger Schriftleiter und
Vorsitzender der antifeministischen Liga mit durchaus antisemitischem Einschlag, versuchte
als Fraktionsvorsitzender der DNVP vergeblich, die Koalition mit der NSDAP rückgängig zu
machen, der er zunächst aus Loyalität zu Hugenberg zugestimmt hatte. In einem Memoran-
dum äußerte er die Überzeugung, daß der Reichstagsbrand nach einem Plan von Goebbels
inszeniert worden war. Ende März 1933 wurde Oberfohren zur Mandatsniederlegung ge-
zwungen, ein Schritt, der für das nicht nationalsozialistisch gesinnte konservative Bürgertum
offenbar eine hohe symbolische Bedeutung besaß. Als politischer Gegner verfolgt, beging
Oberföhren im Mai 1933 Selbstmord. Vgl. Biographisches Lexikon, S. 259; Klemperer, S. 22;
Wulf.

7. Schlußbetrachtung:
Gesellschaftliche Modernisierung und Geschlechterfrage

1 Vgl. Wunder.
2 Vgl. Greven-Aschoff, S. 47, und als zeitgenössisches Zeugnis Hummel, S. 148f
3 »Die Hausfrau stand in früheren Zeiten in weitaus größerer Achtung, als es heutzutage
der Fall ist«, war die antifeministische Pfarrersfrau Maria Werner (Grüne Gefahr, S. 43) sicher.
4 Hieran hat sich - siehe die Unterbezahlung aller sozialen Berufe und die fast ausschließ-
lich von Frauen geleistete Betreuung von Kindern sowie alten und kranken Menschen - bis
heute nichts geändert. Zur Definition nicht kapitalistisch verwertbarer Tätigkeiten als
»Liebesarbeit« vgl. Bocku. Duden.

395
Anmerkungen zu S. 264-266

5 Das Zitat wurde Friedrich Naumann zugeschrieben, vgl. Werner, Grüne Gefahr, S. 46.
Maria Werner professionalisierte nicht nur die Mutterschaft, sondern bereits das Frau-sein zum
»Frauen- und Mutterberuf«. An ihre eigene Ehe anknüpfend, bewertet sie die Hausfrauenrolle
als Teil eines Arbeitspaares, die den Mann durch Reproduktionsleistung für Berufsarbeit und
öffentliche Aufgaben freistellt. Konscquenterweise wird daher das Gehalt des Ehemannes als
Familienlohn betrachtet, vgl. ebd., S. 53 und S. 62f.
6 »Also nicht mehr im eigenen Hause schaltet und waltet die Frau, sie ist eine bezahlte
Angestellte des Mannes«, kommentierte eine Emanzipationsgegnerin diesen Vorsehlag, vgl.
Kdfne Kraffl, Die Frauenbewegung, ein Rassenproblem, in: DTZ, Nr. 215, 3 0 4 . 1 9 1 3 , BAP,
61 Re 1, Nr. 7963, S. 157 (Hervorhebung im Original).
7 Vgl. als Beispiel einer christlichen Antifeministin Werner, Grüne Gefahr, S. 2 4 - 5 4 , als
Prototyp der völkischen E'manzipationsgegnerin Elisabeth Haßlinks, Die deutschen Frauen
voran!, in: DTZ, Nr. 20, 13.1.1906, BAP, 61 Re 1, Nr. 7958, S. 48 und Kathinka von Rosen,
Die Dienstbotenfrage und das Einküchenhaus, in: VE 13 (1909), Nr. 20, S. 156f.
8 Vgl. Werner, Grüne Gefahr, S. 52 und S. 34.
9 Vgl. ebd., S. 35, S. 45f, S. 54-59, Zitat S. 55. Die anschauliche Schilderung des
Verhältnisses einer »Mutter von heute« zu ihrer heranwachsenden Tochter läßt begründet
vermuten, daß Maria Werner hier eigene Erlebnisse verarbeitet hat. Zur Abwanderung junger
Mädchen aus dem häuslichen Dienst als vermeintliche Folge der »Frauenemanzipation« vgl.
auch Hummel, S. 129f
10 Vgl. Emma Wehr, Unterschätzung häuslicher Frauentätigkeit, in: ZE 1 (1905), H. 2 1 , S.
15-19, ZitatS. 18.
11 Vgl. Käthe Krafft, Die Frauenbewegung, ein Rassenproblem, in: DTZ, Nr. 125,
3 0 4 . 1 9 1 3 , BAP, 61 Re 1, Nr. 7963, S. 157 und Emma Wehr, Die Frauen-Bewegung vom
nationalen und weiblichen Standpunkte, in: Hammer, Nr. 66, S. 136-140, hier S. 137.
12 Vgl. »Jahresversammlung der Sächsischen Erauenhilfc«, in: Monatsblatt 5 (1917), Nr.
10-12, S. 6.
13 Vgl. Hummel, S. 134. Hummel berichtet von der ungeschriebenen Regelung der
Standesvertretungen, Lehrer, die einer Direktorin unterstellt waren, nicht in ihre Verbände
aufzunehmen - eine Praxis, die nach der Durchsicht einschlägiger Verbandsorgane glaubhaft
scheint.
14 Vgl. Kraß (wie Anm. 6); Wehr (wie Anm. 10); Werner, Grüne Gefahr, S. 34f.,S. 5 1 - 5 3 .
15 Vgl. E.W., Noch ein Wort zur Frauenbewegung, in: Post, 11.5.1913, BAP, 61 Re 1, Nr.
7963, S. 171.
16 Zu den teils auf Egalität, teils auf Differenz basierenden politischen Argumentations-
mustern der Frauenrechtlerinnen vgl. Wobbe; weitere Literatur bei Paletschek, Dilemma.
17 Weil m.E. weder das englische »race« noch der Begriff der Ethnizität die Konstruktion
der jüdischen »Rasse« im antisemitischen Diskurs seit dem 19. Jahrhundert angemessen
beschreibt, habe ich mich trotz erheblicher Bedenken dafür entschieden, das Wort »Rasse«
weiter zu benutzen und in Anführungszeichen zu setzen. Ich weise ausdrücklich daraufhin,
daß es sich dabei um eine in den Quellen vorgenommene Zuschreibung handelt, nicht um
einen nach wissenschaftlichen Kriterien gebildeten analytischen Begriff. In gleicher Weise
müssen auch »Volk« und »Nation« als Konstruktionen verstanden werden. Deshalb werden
auch diese Begriffe - soweit es sich um die Wiedergabe diskursiver Definitionsprozesse handelt
- im folgenden in Anführungszeichen gesetzt.
18 Vgl. als ein Beispiel unter vielen Hummel, insb. S. lOlfi, S. 156. Aus der bedeutsamen
(ordnungs-)politischen Funktion der Familie erklärt sich auch der Aufschrei über »Bestrebun-
gen, die geeignet sind, die Ehe zu lockern, die Familie zu schädigen, die Begriffe von Zucht

396
Anmerkungen zu S. 266-269

und Sitte zu verwirren«, vgl. Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipa-
jtion: Aufruf. ÜB Freiburg, Nl. Schemann, II D) Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzi-
i pation.
19 »Der Frau gehört das Haus, hier ist ihr Reich und ihre Welt, hier bildet sie sich zur
Persönlichkeit, hier leistet sie ihrem Volke die allergrößten Dienste, hier schafft sie ihr Teil an
dem Kulturvverk der Menschheit« schrieb Helene Hummel (S. 149) und fragte ihre Leser und
Leserinnen selbstbewußt: »Wer wollte unsere Kulturaufgabe niedriger einschätzen als die des
Mannes?«
20 Vgl. Maria Werner, Nationalgefühl und Frauenbewegung, in: Ref. 9 (1910), Nr. 15, S.
234.
21 Vgl. die wichtige Arbeit von Bock, Zwangssterilisation; dies., Gleichheit und Differenz.
In kritischer Auseinandersetzung mit diesem Buch und mit Claudia Koonz' Sichtweise auf die
»Mütter im Vaterland« hat sich in den letzten Jahren eine lebhafte Debatte um die ( M i t )
Täterschaft von Frauen im Nationalsozialmus entwickelt, in deren Verlauf die etwa auch von
Kuhn vertretene Auffassung des Nationalsozialismus als Extremform des Patriarchats (und der
Frauen als bloßer Opfer der Machtverhältnisse) zugunsten einer differenzierten Sichtweise auf
weibliche Handlungsspielräume und Verhaltensweisen abgelöst wurde. Vgl. etwa die Kontro-
i verse zwischen Bock und Koonz in GG 15 (1989) und GG 18 (1992) sowie den Litera-
I turüberblick der Frauengruppe gegen Antisemitismus und Heinsohn u.a. ( H g ) , Karriere.
22 Vgl. als Beleg für sozialdarwinistische und rassenhygienische Auffassungen etwa die
Arbeiten der Antifeministen v. Gruber, Mädchenerziehung, und Schmidt-Gibichenfels.
23 Die Antifeministin Kathinka von Rosen hielt mit ihrem Glauben an die überlegene
germanische »Rasse« nicht hinterm Berg: »Die Arier waren zu allen Zeiten das Herrenvolk
und wir, ihre Nachkommen, wollen es auch bis in alle E'wigkeit bleiben. Steht dieser Wille bei
uns fest, so müssen wir uns vor Rassenschändung hüten. ... Und weil sich alles forterbt, so ist
es unsere Pflicht, jede Rassenmischung wie und wo wir können zu bekämpfen.« (Deutsche-
Erziehung im Eltcrnhause, in: DV 1 ( 1 9 1 3 / 1 4 , H. 6, Seite 2 1 7 - 2 2 2 , Zitat Seite 221). Vgl.
auch Krafft (wie Anm. 6). Auch Sturmfels, Krank am Weibe, verband rassistischen Antisemitis-
mus und sozialdarwinistische Überzeugungen mit der Auffassung, daß »die Mutterschaft die
einzige Bestimmung der [deutschen] Frau« sei (vgl. S. 9 und S. 94-106).
24 Vgl. etwa Emma Wehr, Ein Bund gegen Frauenrechtlerei, in: DTZ, Nr. 357, 1.8.1908,
BAP, 61 Re 1, Nr. 7959, S. 117f, ein Artikel, der die volkswirtschaftlichen Nachteile
schlechter Haushaltsführung und Kindererziehung vorrechnet.
25 Vgl. Maria Werner, Die Durchbrechung des männlichen Staatsgedankens, in: Deutsch-
Soziale Blätter, Nr. 82, 11.10.1912.
26 Elisabeth Hancke, Frauengedanken, in: Berliner Blatt, Nr. 3 0 1 , 23.12.1908. »Die
ernsten Fragen, die unser innerstes Familienglück bedrohen, können nur durch die Frauen
selbst gelöst werden«, hatte Hancke schon 1906 formuliert und mit Blick auf die Frauenbewe-
gung gefordert: »Deshalb müssen sich alle echt deutschen Frauen zu einem Kampfe gegen die
Sittenlosigkeit rüsten, rücksichtslos und unbestechlich ihre deutschen Gesinnungen zum
Besten des Vaterlandes vertreten und Irrlichter, wie die freie Liebe, auslöschen. ... Die Pflicht
zur Bekämpfung der inneren und äußeren Feinde ist nicht nur die der Männer, sondern zum
großen Teil auch die der Frauen.« Vgl. Elisabeth Haßlinks [wahrscheinlich Elisabeth Hancke],
Die deutschen Frauen voran!, in: DTZ, Nr. 20, 13.1.1906.
27 Käthe Rohmeder, Zur deutschen Frauen-Bewegung, in: Hammer 4 (1905), Nr. 68, S.
172-177, ZitatS. 176.
28 Vgl. E.W., Noch ein Wort zur Frauenbewegung, in: Post, 11.5. 1913,BAP,61 R e l , N r .
7963, S. 172.

397
Anmerkungen zu S. 269-275

29 Vgl. zu diesem Dualismus Käthe Becker-Sturmfels, Führerschaft. Eine Rede vor der
Vereinigung »Deutsche Jugend«, in: DE 4 (1920), Nr. 9, S. 5 6 3 - 5 7 3 , hier S. 570.
30 Vgl. Emma Witte, Völkisches Frauen-Recht, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 205,
6.9.1924, BAP, 61 Re l , N r . 7974, S. 112f, Zitate S. 113. Daß die »starken Männer« aus dem
Ersten Weltkrieg als Besiegte heimgekehrt waren, hatte dieser Sichtweise nichts anhaben
können. Mit der Kriegsniederlage ihrer »Beschützer« setzten sich die Antifeministinnen
offenbar nicht weiter auseinander; zumindest wurde sie in den vorliegenden Texten nicht
eigens thematisiert.
31 Vgl. Marie Diers, Die deutsche Frauenbewegung einst und jetzt, in: Deutschvölkisches
Jahrbuch 1920, Weimar 1920, S. 8 9 - 9 6 , Zitate S. 94.
32 Vgl. Kd'fne Becker-Sturmfels, Führerschaft, in: DE 4 (1920), Nr. 9, S. 571-573.
33 Vgl. Wiffe, S. 8 1 .
34 Die Formulierung war fast wortwörtlich aus der Rhetorik des antifeministischen
Bundes übernommen; neu war lediglich, daß Witte die »schiefe Ebene« durch die »schiefe
Bahn« ersetzte. Vgl. dies.:, Antrag des Deutschen Erauenordens. Ein Mahnwort an die
Leitung der Nationalsozialistischen Freiheitspartei, in: Deutsches Tageblatt, Nr. 144,
27.6.1924, BAP, 61 Re 1, Nr. 7974, S. 109. Vgl. auch Käthe Becker-Sturmfels' Eintreten
gegen Gruppenlcitcrinnen in der bündischen Jugend, Führerschaft, in: DE 4 (1920), Nr. 9, S.
563-573.
35 Vgl. dazu Gottschewski; Reichenau; Ziege, Antisemitische Frauen; Sophie Rogge-Börner.
Erste Ansätze zur Formulierung eines völkisch-antisemitischen Feminismus finden sich bereits
1909, vgl. Ingeborg Andresen, Frauenfrage und Hammerziele, in: Hammer 8 (1909), Nr. 163,
S. 2 1 7 - 2 2 3 .
36 Vgl. dazu den schon klassischen Aufsatz von Hausen, Polarisierung.
37 Vgl. etwa Rumpf und Tacke; einen umfassenden Überlick über die aktuelle Nationalis-
musforschung bietet Langewiesche, Nation.
38 Als Beleg für diese Abgrenzungsversuchc läßt sich nahezu jeder Artikel im Monatsblatt
des anrifeministischen Bundes heranziehen.
39 Dieser Aspekt war es auch, den der antifeministische Generalsuperintendent Wilhelm
Zoellner im Auge hatte, wenn er Volk und Nation gegeneinander ausspielte und davon sprach,
daß unter dem Einfluß des Nationalismus die »Grundfaktoren des Iebens, Familie, Sippe,
Geschlecht und Volk, an Bedeutung« verloren hätten und statt dessen die »Organisationen,
Staat und Gesellschaft » in den Vordergrund getreten seien. Vgl. Die Schicksalsfrage der
deutschen Frau an ihr Volk in ernster Zeit. Potsdam o .]. [1917], zit. nach Kaiser, S. 100-105,
hier S. 102. Zu Zoellners antifeministischer Einstellung vgl. S. 104.
40 Vgl. als Beispiel für diese Haltung Frymann (i.e. ADV-Chef Heinrich Claß).
41 Diesen Hinweis verdanke ich Marion Hamm, Tübingen.
42 Vgl. Glage, Kirche, S. 14.
43 »Schuldenmachcn, Darlehen«, in: Militär-Anwärter 18 (1910), Nr. 17, S. 4 9 7 - 4 9 9 ,
Zitat S. 498.
44 Vgl. v. Kotze, S. 55. Ähnliches war auch in Fritz Bleys Zeitfragen, der Beilage zur DTZ,
zu lesen: »Und je härter der Lebenskampf, je zergliederter die Vielgestaltigkeit, je wilder die
Draufgangerei des Erwerbes wird, desto tiefer wird in uns ... die Sehnsucht nach dem treuen
und keuschen Weibe, als der Mutter unserer Kinder und der Seele unserer deutschen Seele.«
Vgl. »Verschrobenheiten«, in: ZF 1 (1905), H. 10, S. 18-22, Zitat S. 22.
45 Vgl. Hausen, Polarisierung.
46 Vgl. Emil Pefers, Frauenbewegung und Volkskraft, in: VK 13 (1916), Nr. 9 , S. 169-
174, ZitatS. 171.

398
Anmerkungen zu S. 275-278

47 Vgl. Werner, Frauenkraft, S. 19, und Uvau, Kriegserkenntnis von Friedensschäden am


(deutschen Volkskörper. Die deutsche Frau, in: NM 4 (1917), Brachet-Heft, S. 209-220.
48 Vgl. Arfur Dinter, Friedrich Lienhard, die Deutschen und der Weltkrieg, in: PV 9
(1915), Nr. 1 9 / 2 0 , S. 73.
49 »Jugendkraft und Mutterkraft«, in: VK 13 (1916), Nr. 9, S. 175-180, Zitat S. 175.
50 Franz Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 1, S. 2 7 - 3 5 , Zitat S.
31.
51 Vgl. »Jugendkraft und Mutterkraft«, in: VK 13 (1916), Nr. 9, S. 176.
52 Vgl. PJ, Bd. 101, H. 2, August 1900, S. 365-367, Zitat S. 365.
53 Der organisierte Antifcminist, Alldeutsche und antisemitische Geschichtsprofessor
Dietrich Schäfer trug sein Möglichstes dazu bei, die Berufung Simmeis auf den Lehrstuhl einer
deutschen Universität zu verhindern, vgl. Jung, S. 15.
54 Vgl. Simmel, S. 9 1 . Wiewohl Simmel eindringlich auf die historische Gleichsetzung
männlicher Leistungen mit »objektiver« Kultur hinwies, unterschieden sich die Bereiche, in
denen er - wie auf dem Gebiet des »Hauses« - Frauen originäre Leistungen zubilligte, kaum
von den Ausführungen ausgewiesener Antifeministen. Vgl. mit Simmeis Überlegungen in
»Weibliche Kultur« (ebd., S. 219-252) etwa Scheffler.
55 Lou Andreas-Salome, Der Mensch als Weib, in: Pfeiffer, S. 9f »Frau Lou«, wie sie von
ihm genannt wurde, war eng mit Sigmund Freud befreundet und praktizierte selbst als
Psychoanalytikerin, vgl. Gay, S. 220f. Die Vorstellung eines - wie man heute sagen würde -
»ganzheitlicheren« weiblichen Wesens war typisch für das (Groß- )Bürgertum der Jahrhundert-
wende und dürfte auch Freuds Wahrnehmung geprägt haben.
56 Vgl. »Mann und Frau. Aus der Germancnbibel- [von Wilhelm Schwaner, U.P.], in: VE
[ 1 3 (1909), Nr. 20, unpag.
57 »Mann und Weib«, in: KW 36 ( 1 9 2 2 / 2 3 ) , H . 1, S. 4 6 .
58 Vgl. Emil Pefers, Frauenbewegung und Volkskraft, in: VK 13 (1916), Nr. 9, S. 171.
59 Vgl. Habermann, Die Verarmung der Arbeit«, in: D H W 19 (1912), Nr. 14, S. 2 6 5 - 2 6 7 ,
Zitate S. 266.
60 Franziska Otto-Paulsen, Das Allzuweibliche, in: VE 17 (1913), Nr. 16, unpag.
61 Uvau, Kriegserkenntnis von Friedensschäden am deutschen Volkskörper. Die deutsche
Frau, in: NM 4 (1917), Brachet-Heft, S. 210.
62 Vgl. das Nachwort der Redaktion zu Elisabeth Gnauck-Kühnes Aufsatz »Frauenleben
und Beruftarbeit«, in: KW 15 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H . 12, S. 419
63 Vgl. Franz Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 1, S. 30.
64 Vgl. ebd., und das Nachwort der Kunstwart-Redaktion, in: KW 15 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , H. 12,
[S. 419.
65 Vgl. »Frauenbewegung und Politik«, in: Nationalliberale Zeitung, Nr. 396,
20.10.1910, BAP, 61 Re 1, Nr. 7960, S. 165.
66 Anna Schellenberg, Persönlichkeit und Frauenart, in: PJ, Bd. 143, H. 2, Februar 1911,
S. 272-297, Zitat S. 297.
67 Vgl. Goldschmidt, S. 169.
68 Vgl. »Ziele und Aufgaben der Frauenbewegung«, in: Frau 1 9 0 4 / 0 5 , S. 6 5 - 6 8 und
Stoehr. Dem Versuch Sandkühlers u. Schmidts, »geistige Mütterlichkeit« als nationalen Mythos
zu begreifen, liegt zwar ein interessanter Ansatz zugrunde, doch führt die konsequente
Ignorierung der Spezialliteratur zur Frauenbewegung zu undifferenzierten Urteilen und fiir
mich nicht nachvollziehbaren Wertungen.
69 Vgl. Lange, Frauenbewegung, Zitat S. 14 und dies., Grenzlinien.
70 Besonders deutlich kommt diese Dichotomie in den Schriften des Baden-Badener

399
Anmerkungen zu S. 278-280

Nervenarztes Georg Groddeck zum Ausdruck, der die Frau einerseits als »Gottnatur« glorifi-
zierte und sie gleichzeitig zur persönlichkeitslosen »Magd« des Mannes stempelte, vgl. Die
Frau, in: VE 13 (1909), Nr. 18, S. 137-143, Zitate S. 139. Im Reden und Denken über Frauen
hat das Strukturmuster Idealisierung und Entwertung lange Tradition; es sei nur an die
Aufspaltung des weiblichen Wesens in »Heilige« und »Hure« erinnert.
71 Zit. nach Kölnische Zeitung, Nr. 205, 24.2.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7961, S. 146.
72 Vgl. auch Maugue, Identite masculine und Badinter. Anders wertet Mosse, Bild. Seine
Stereotypenanalyse kommt zu dem Ergebnis, daß die Vorstellung von idealer Männlichkeit in
Europa seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert über politische Systeme und Weltkriege
hinweg weitgehend konstant geblieben und erst in den letzten Jahrzehnten unter dem Ein-
fluß US-amerikanischer Kulturexportc in Veränderung begriffen sei. Der Blick auf die Nor-
men (ver-)führt Mosse freilich dazu, die Dynamik gesellschaftlichen Wandels unterhalb der
normativen E'benc bei weitem zu unterschätzen. Seine Sichrwcisc, am fin de siecie sei »die
Maskulinität ... von einer Krise doch weit entfernt« gewesen (S. 141), kann ich daher nicht
teilen.
73 Vgl. Elrnst] Rleventlow], Die Frauenbewegung - nationale Zersetzung, in: AB 19
(1909), Nr. 39, S. 333-335, hier S. 335.
74 Vgl. Harfig, Wem ist es ernst?, in: Die Nornen 2 (1913), Juniheft 1913,S.26f. und den
Kriterienkatalog bei Glage, Weib, S. 8 3 - 8 7 .
75 Vgl. »Stenographische Berichte über die 18. General-Versammlung des BdL am
20.2.1911«, in: Korr. BdL, Jg. 1911, S. 61 (Rede des BdL-Funktionärs Dr. Oertel).
76 Vgl Glage, Weib, S. 86.
77 So jetzt auch Thomas Kühne, Männergeschichte als Geschlechtergcschichte, in: ders.,
Männergeschichte, S. 7-30, hier S. 11.
78 »Beim Deutschen liegen oft höchste Mannhaftigkeit und äußerste Weichheit so nahe
beisammen, daß plötzliche Wechsel zwischen beiden nicht Überaschen können«, versuchte sich
die Wehr 1919 die Niederlage gegen die »härteren« Engländer zu erklären, vgl. Friedrich Prinz
zu Solms-Braunfels, Deutsche Volkserziehung ohne Wehrpflicht durch körperliche Ertüchti-
gung zur Mannhaftigkeit, in: Wehr 8 (1919), Nr. 6, S. 10-12, Zitat S. 10. Vor 1918 hatten
nicht nur militärische Erziehung, sondern auch das Duell als probates Mittel gegolten, eine
Probe männlichen Mutes abzulegen und dieser inneren »Weichheit« Herr zu werden, vgl.
Frevert, F.hrcnmänner, S. 2 1 4 - 2 3 2 , insb S. 216f.
79 Anaxagoras, Der Mann von heute, in: Nornen 3 (1914), Linden- oder Brachmond, S.
6 2 - 6 4 , Zitat S. 62.
80 Offo Corbach, Zum Thema: Frauenbewegung und Politik, in: KW 5 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , S.
2 0 7 - 2 1 0 , Zitat S. 210.
81 Vgl. Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAM 16 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 1, S. 29. Die Neigung,
unverstandene Auffassungen in Kategorien der Sexualpathologie zu verhandeln, war auf der
politischen Rechten weit verbreitet. In der Deutschen Tageszeitung erklärte ein Autor, er sei
geneigt, »einen Fraucnrechtler von vornherein als einen Masochisten anzusprechen« und
verlangte, daß solche »Männer, die eigentlich keine Männer, sondern Weiber sind«, wenn
schon aus Finanzgründen nicht interniert, so doch »den Blicken der Oeffentlichkeit zwar
schmerzlos, aber eilig und sicher entzogen werden«, damit »wir nicht mit diesem widerwärti-
gen Anblicke der Herabwürdigung des männlichen Geschlechts behelligt werden«. Vgl.
»Frauenrechtlcr«, in: D T Z , Nr. 372, 25.7.1912, BAP, 61 Re 1, Nr. 7962, S. 146.
82 Vgl. Glage, Weib, S. 6 und S. 83.
83 Ludwig Langemann, Der Feminismus, sein Wesen und seine Entwicklung, in: HN, Nr.
174, 144.1912, BAP, 61 Re l , N r . 7962, S. 30-32, Zitat S. 31.

400
Anmerkungen zu S. 280-283

84 Justizrat Schnauß, Die Frauenfrage, in: H N , Nr. 878, 13.12.1908, BAP, 61 Re 1, Nr.
7959, S. 151t., ZitatS. 152.
85 Vgl. Reinhold Seeberg, Volkserhaltung, S. 27. Der Begriff Feminismus zielte Anfang des
Jahrhunderts also nicht nur, wie Ufa C. Schmidt (S. 43f.) im Anschluß an Richard Evans meint,
auf die Disqualifikation eines politischen Gegners, sondern konnte auch die Vermannlichung
von Frauen bezeichnen und damit allgemeiner die Verwischung und Auflösung bisher gültiger
Gcschlechtergrenzen beschreiben. Beide Verwendungsweisen kamen nebeneinander vor und
waren aufeinander bezogen.
86 Zit. nach Kirchhoff, Akademische Frau, S. 27.
87 Vgl. Franz Erich Junge, Die Verweiblichung der Politik in Amerika, in: D T Z , Nr. 2 8 3 ,
7 6.1913, BAP, 61 Re 1, Nr. 7964, S. 5.
88 Vgl. den Nachdruck eines Artikels von Freiherr [Ernst?] v. Wolzogen aus der Schlesi-
schen Zeitung in der Wehr 2 (1913), Nr. 2, S. 11; Hochwart, Männlichkeit, in: ebd., Nr. 10, S.
3; Oflo Schmidt-Gibichenfels, Uralte Herrschaftsorganisationen in moderner Beleuchtung, in:
\ PAR 11 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) , Nr. 6, S. 2 8 1 - 2 9 3 ; Sombart, Händler und Helden.
89 Vgl. A. Langer, Die Krise des Marxismus, in: DE 6 (1922), Nr. 10, S. 6 1 1 - 6 1 8 , Zitat S.
613.
90 Vgl. Oberfohren, Zum Frauenstimmrecht, in: D T Z , Nr. 164,20.3.1912, BAP, 61 Re 1,
Nr. 7962, S. 18f Auch die PAM war sich sicher: »Und berufskrank ist der Mann, er ist schwer
kulturkrank.« Fraglich erschien ihr 1917 allenfalls, »was größere Anforderungen an die
Spannkraft der Nerven gestellt hat, das Toben des gegenwärtigen Weltkrieges selbst oder die
fünzig Jahre Vorbereitung, die ihn in der gegenwärtigen Form ermöglichen.« Vgl. Franz
Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAM 1 6 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , Nr. 1, S. 30.
91 Die Einstellung zur Technik dürfte allerdings gencrationenspezifisch unterschiedlich
gewesen sein. Zu vermuten steht, daß die Skepsis gegenüber neuen Technologien vor allem in
der älteren Generation verbreitet war. Unter den Jüngeren dominierte - wie sich am Beispiel
einiger »Jungkonservativer« belegen läßt - wohl eher die Technikbegeisterung.
92 Vgl. etwa den Zeitschriftentitel »Kraft und Schönheit«, das Organ des deutschen
Vereins für vernünftige Leibeszucht. Insbesondere das »Rassenheft« (Sonderheft 3, Berlin
1904) macht diese Verteilung der Prädikate zwischen den Geschlechtern deutlich.
93 »Jugendkraft und Mutterkraft«, in: Volkskraft 13 (1916), Nr. 9, S. 175-180, Zitate S.
176 u. 179.
94 Vgl. Oberfohren, Zum Frauenstimmrecht, in: D T Z , Nr. 164, 20.3.1912, BAP, 61 Re 1,
Nr. 7962, S. 18.
95 Vgl. Otto Schmidt-Gibichenfels, Uralte Herrschaftsorganisationen in moderner Beleuch
tung, in: PAR 11 ( 1 9 1 2 / 1 3 ) , Nr. 6, Zitate S. 284-286. Entsprechend galt das Militär nach
einem Ausspruch Friedrich Paulsensals »Schule der Männlichkeit«, vgl. Frevert, Ehrenmänner,
S. 220.
96 Vgl. Wilhelm Schwaner, Die Berichtigung, in: VE 20 (1916), Nr. 3, S. 19; Friedrich
Sigismund, Frauenbewegung und Staat, in: PAR 15 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 8, S. 4 2 6 - 4 3 8 , Zitat
S. 438.
97 Glage, Weib, S. 83.
98 Vgl. Auf Vorposten 4 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H. 7 / 8 , unpag. Zum Männlichkeitsideal und den
Abbildungstraditionen bei der Darstellung männlicher Körper vgl. Mosse, Bild.
99 Vgl. Blüher, Wandcrvogelbewegung.
100 Vgl. Frifz Bley, In der Waffenschmiede, in: Auf Vorposten 4 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H. 3, S. 65.
Wenn darin die »Recken« mit ihren stählernen Schwertern Bertha v. Suttners »Die Waffen
nieder« ein trotziges »Die Waffen hoch!« entgegenhielten, scheint mir neben der offen-

401
Anmerkungen zu S. 283-286

kundigen Abrechnung mit dem Pazifismus auch hier eine sexuelle Konnotation mitzuschwin-
gen.
101 Altjungfernkoller, S. 37.
102 »Durch Kampf zum Sieg.«, in: Auf Vorposten 4 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , H. 4 / 5 , S. 97.
103 Vgl. Friedrich Sigismund, Frauenbewegung und Staat, in: PAR 15 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) , Nr. 8,
S. 4 2 6 - 4 3 8 , Zitat S. 438.
104 Vgl. Marie Diers, Die Anderen, in: N M 2 (1915), September-Heft 1915, S. 461f;
abgedruckt auch in DTZ, Wehr und AB 25 (1915), Nr. 34, S. 287. Vgl. daneben Graf v.
Baudissin, Auf zu Arbeit und Abwehr, in: Wehr 8 (1917), Nr. 6, S. lf.
105 Vgl. etwa »Alldeutsche Umschau«, in: AB 25 (1915), Nr. 39, S. 333.
106 Vgl. Wilhelm Schwaner, Träger des Lichts. Gorch Fock, in: VE 22 (1918), Bl. 12, S.
139-142, ZitatcS. 140f
107 Vgl. »Ein Altnationalliberaler über den »Großblockbazillus««, in: Korr. BdL, Jg. 1913,
Nr. 12, S. 4 5 ; Franz Haiser, Der Widerspruch in der neuzeitlichen Entwicklung, in: DE 3
(1919), Nr. 2, S. 109-118, Zitat S. 110. In der Wehr hieß es über einen sozialdemokratischen
Abgeordneten: »Herr Ledebour, dessen Hysterie gestern auf der Höhe stand, kreischte mit
krebsrotem Gesicht das sozialdemokratische Vokabularium herunter«, vgl. 2 (1913), Nr. 12,
S. 8. Die Belege lassen sich beliebig vermehren. Als Paradebeispiel einer misogynen Erzählung
vgl. eine 1912 veröffentlichte Variante der Schöpfungsgeschichte, in der Albert Sermann die
»Menschin« als Verkörperung von Teufelswcrk darstellte und behauptete, Gott habe zur
Paralysicrung ihrer »höllischen« Eigenschaften den männlichen Menschen geschaffen:
Diabolisches. Eine Schöpftingsepisode, in: KS 12 (1912), Nr. 12, S. 360-362.
108 Domansky, S. 315.
109 Vgl. Wilhelm Schwaner, Die Berichtigung, in: VE 20 (1916), Nr. 3, S. 20.
110 Vgl. Glage, Weib, S. 6 und S. 78.
111 Vgl. Paul Franz, Deutschlands Erneuerung - eine Personenfrage, in: DE 2 (1918), H.
1,S. 1-15, ZitatS. 11.
112 Vgl. Emil Pefers, Von der Frauen Wesen und Liebe, in: Sl. 19 (1922), H. 4 , S. 100-
111, Zitat S. 101 und ders., Von ehelosem Muttertum, in: ebd., 17 (1920), H. 1, S. 1928,
Zitat S. 17. Diese subjektiven Fanschätzungen sollten freilich nicht dazu verführen, den Ersten
Weltkrieg generell zum »Vater der Frauenemanzipation« stilisieren zu wollen. Strukturelle
Gesellschaftsvcrändcrungen erfolgten nur punktuell (und wurden z.T. nach 1919 wieder
zurückgenommen, vgl. Kap. 5), und in der Weimarer Republik formierten sich auf der
extremen politischen Rechten sehr schnell Verbände und Ideologien, die diese angeschlagene
männliche Identität zu restabilisieren trachteten.
113 Vgl. die Beispiele bei Lemmermann.
114 Frifz Lenz, Zur Erneuerung der Ethik, in: DE 1 (1917), H. 1, S. 35-56, Zitat
5. 37.
115 Vgl. v. Baudissin, Auf zu Arbeit und Abwehr, in: Wehr 8 (1917), Nr. 6, S. 1 und »Die
13. Generalversammlung des BdL«, in: Korr. BdL, Jg. 1906, Nr. 13, S. 4 3 - 5 0 , hier S. 48.
116 Vgl *~.[audissin?], Zum Weihnachtsfest und neuen Jahr!, in: Mitteilungen des Deut-
schen Wehrvereins, Dezember 1918, S. 1.
117 Vgl. Hans v. Liebig, Politische Betrachtungen, in: DE 3 (1919), H. 5, S. 3 5 8 - 3 6 8 ,
Zitate S. 366.
118 »Es ist unmännlich und zugleich undeutsch«, sich den »Vergewaltigungen anderer
Völker zu beugen«, hatte die Wehr schon im Zusammenhang mit der Friedensresolution des
Reichstags 1917 erklärt, vgl. v. Baudissin, Auf zu Arbeit und Abwehr!, in: Wehr 8 (1917), Nr.
6, S. lf.

402
Anmerkungen zu S. 286-292

119 Die Alldeutschen Blätter faßten anläßlich eines profranzösischen Artikels Thomas
Manns den engen Zusammenhang von nationaler und männlicher Geschlechtsehre unter den
Begriff der »nationale(n) Geschlechtslosigkeit der deutschen »Ästheten««, vgl. Pau/ Dehn, Ein
deutscher »Ästhet« für die Franzosen, in: AB 29 (1919), Nr. 16, S. 126f., Zitat S. 127.
120 Vgl. B., Zum Weihnachtsfest und neuen Jahr!«, in: Mitteilungen des deutschen
Wehrvereins, Dezember 1918, S. 1.
121 Vgl. Domanskys kluge Beobachtungen (S. 315f) zurVersehrtheit als Körpererfahrung
und ihre Auseinandersetzung mit Theweleits Thesen zur Körperfeindlichkeit der Wcit-
kriegskämpfer, die sie weniger der männlichen Triebstruktur als den konkreten Kriegserlebnis-
sen zuschreibt.
122 Vgl. Volkswirt Nüse, Um Deutschlands Ehre!«, in: Wehr 9 (1920), Nr. 6, S. lOf. Vgl.
zu diesem Themenkreis auch Pommerin.
123 »Brunhilde auf dem Kriegspfad«, zit. nach: Vorwärts (Berlin), Nr. 239, 11.5.1919,
BAP, 61 Re 1,7972,S. 146f
124 Vgl. Nüse, »Um Deutschlands Ehre!« (wie Anm. 122).
125 Vgl. »Brunhilde auf dem Kriegspfad« (wie Anm. 123).
126 Vgl. Ref. 18 (1919), Nr. 48, S. 384, nach einer Meldung der Christlichen Volkswacht.
127 Vgl. Erich Kühn, Bild der Lage, in: DE 4 (1920), S. 2 0 0 - 2 0 9 , Zitat S. 207.
128 »Früchte der Frauenemanzipation«, in: DVW 8 (1920), Nr. 2 / 3 , S. 1 5 f , Z i t a t S . 15.
129 »Früchte der Frauenemanzipation, in: DVW 8 (1920), Nr. 1, S. 6. Nach Angaben der
Zeitschrift handelte es sich dabei um einen Auszug aus B. Grüner, Von der Willkür zum
System. Zum Verständnis des lettischen Bolschewismus, das 1920 im Verlag der Kulturliga in
Berlin erscheinen sollte.
130 Vgl. »Aus dem Lande der Freiheit«, in: Auf Vorposten 5 ( 1 9 1 7 / 1 8 ) , H. 9 / 1 0 , S. 557.
131 Vgl. »Früchte der Frauenemanzipation«, in: DWW 8 (1920), Nr. 1, S. 6.
132 Vgl. Früchte der Frauenemanzipation, in: ebd., Nr. 2 / 3 , S. 15.
133 Vgl. »Früchte der Frauenemanzipation«, in: ebd., Nr. 1, S. 6.
134 Vgl. Theweleit, Bd. 1, S. 9 6 - 1 0 5 .
135 Vgl. Ludwig Langemann, Die ersten Früchte des Frauenstimmrechts, in: Monatsblatt 7
(1919), Nr. 4 - 6 , S. 1-3, Zitat S. 2.
136 Vgl. Pfoser; Frevert, »Wo Du hingehst...«, und die Beispiele bei Salewski. »Die
Erkenntnis des Weibes von ihrer sexuellen Macht war es, die die Männer schaudern machte«,
glaubt Salewski (S. 46), gestützt auf die Interpretation der hochkulturellcn Kunstproduktion,
aber auch unter Einbeziehung der zwischen 1906 und 1914 sprunghaft angestiegenen
pornographischen Veröffentlichungen. O b die »erotische Flutwelle« als Präludium zur
gesellschaftlichen Revolution« (von 1 9 1 8 / 1 9 ) gelten kann, wie der Autor in Anlehnung an
Fuchs (Erotisches Element, S. 263) meint, mag dahingestellt bleiben. Salewskis Einschätzung,
die mannigfaltige künstlerische Umsetzung des Motivs der »Weiberherrschaft« zur Zeit der
Jahrhundertwende habe mit der realen Diskussion um die (nichterotischen) Motive der
Frauenemanzipation nichts zu tun (vgl. S. 49), hoffe ich durch meine Arbeit widerlegt zu
haben.
137 Vgl. Glage, Kirche, S. 6f. und S. 9f.
138 Vgl. auch Eberhard, Frauenemanzipation; ders., Feminismus, Kind. Diese Sichtwei-
se war freilich keine Spezialität der völkischen Rechten, sondern reichte weit ins Lager der
(wert- konservativen Bürger und Intellektuellen hinein. Auch Erich Kästners »Fabian«, 1930
erschienen, macht seine Zeitkritik an sexualmoralischen Standards fest.
139 Wenngleich die äußeren Zeichen ftir einen kulturellem Umbruch im Geschlechterver-
hältnis nicht zu übersehen waren, blieben strukturelle Ungleichheiten zwischen Männern und

403
Anmerkungen zu S. 292-294

Frauen trotz formaler Gleichberechtigung auch in der Weimarer Republik erhalten und sollten
nicht unterschätzt werden, vgl. etwa den grundlegenden Aufsatz von Bridenthal u. Koonz.
140 Vgl. Lanz-Liebenfels, Gefahren des Erauenrechts, S. 4 - 1 1 , Zitate S. 4 und S. Bf..
141 Vgl. Musil.
142 Vgl. /osf Caspar, Patriarchen, in: VE 25 (1921), Bl. 6, S. 89f, Zitat S. 89. Mit dem
Versuch der Wiedereinsetzung der Vaterfigur als »Stellvertreter Gottes auf Erden« reagierte
dieser Teil der politischen Rechten auf das als Sturz der Autoritäten erlebte E'nde des Firsten
Weltkriegs, vgl. Pfoser, S. 205f. und zeitgenössisch Federn.
143 Vgl. Werner Mahrholzs Besprechung von Leopold v. Wiese, Strindberg. Ein Beitrag zur
Soziologie der Geschlechter (München 1919), in: PJ, Bd. 177, Juni 1919, S. 452-454, Zitate
S. 453.
144 Vgl. Waldemar Kurnoth, Die Frau im neuen Staat, in: VE 23 (1919), Bl. 18, S. 235.
Bezeichnenderweise war von den politischen Aufgaben der »Frau im neuen Staat« nicht die
Rede.
145 Franz Haiser, Das maskulierte Weib, in: PAR 16 (1917/18), Nr. 1, S. 30.
146 Vgl. zu diesen Konstruktionen in binären Oppositionen auch die Textbeispiele und
Interpretationsangebote von Sanford und Widdig.
147 Vgl. Blüher, Führer und Volk, S. 8; ders., Rolle der Erotik.
148 Vgl. Reulecke, Männerbund. Zur Genese dieser Vorstellung vgl. ders., Das Jahr 1902.
149 Vgl. Sombart, Männerbund, S. 154.
150 Vgl. Blüher, Frauenbewegung und Bäumler, Männerbund, der zur Kartographierung
seiner politischen I^ndkarte den Gegensatz von männlich und weiblich nicht nur benutzte,
weil er »wie kaum eine andere Polaritätsstruktur in der Lage ist, die Welt in zwei Lager zu
teilen« und sich somit als Metapher eignet (vgl. Widdig, S. 72). Bei seiner Verurteilung der
»weiblichen« Demokratie hatte der NS-Propagandist darüber hinaus die politischen Mitbe-
stimmungsrechte von Frauen in der Weimarer Republik vor Augen. F.r bezog sich auf die
Tatsache, daß Elisabeth Lüders, die nicht nur demokratische Rcichstagsabgeordnete war, wie
Nicolaus Sombart, von dem das Beispiel stammt, anführt, sondern auch eine Exponentin der
Frauenbewegung, gegen die Amnestie der Fememörder gestimmt hatte (vgl. Sombart, Män-
nerbund, S. 153).

404
Quellen und Literatur

A. Quellen

a) Archivalien
Evangelisches Zentralarchiv, Berlin
Bestand A 1, Kirchenbundesamt
Bestand 7, Evangelischer Ober-Kirchenrat
Bestand 14, Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg

Helene-Lange-Archiv, Berlin
Bestand Bund Deutscher Frauenvereine

Staatsarchiv Bremen
Senatsregistratur, StA 3-V.2. Nr. 1042

Staatsarchiv Dresden
Ministerium des Innern, Nr. 4401

Universitätsbibliothek Freiburg
Nachlaß Karl Ludwig Schemann

Staatsarchiv Hamburg
Bestand Politische Polizei, S 18846, Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frauen-
emanzipation
Bestand Senat, Cl. VII Lit. Rf. No. 505, Vol. 1

Generallandesarchiv Karlsruhe
Nachlaß Arnold Rüge

Stadtarchiv Kempten/Allgäu
Familienbeschrieb der Familie Zicgler

Dom- und Diözesanarchiv Mainz


F XV, Deutscher Bund gegen die Erauenemaneipation 1915

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Abteilung Merseburg


Ministerium des Innern, Rep. 77, Tit. 662, Nr. 154, Bd. 1

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München


MA 92765

Bundesarchiv Potsdam
Bestand 61 Re 1, Reichslandbund-Pressearchiv, Nr. 7955-7988

405
Bestand 1507, Reichskommissar für Überwachung der öffentlichen Ordnung
Bestand 3 0 / 0 1 , Reichsjustizministerium, Fasz. 4180 und 4181

Archiv der Universität Tübingen


Akzessionsjournal der Universitätsbibliothek Tübingen

Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden


Aktenbestand Preußischer Regierungspräsident, Abt. 405, Nr. 6095

b) Zeitgenössische Lexika
Allgemeine deutsche Real-E'ncyclopädie für die gebildeten Stände, Leipzig 1819-1824.
Allgemeine Encyclopädic der Wissenschaften und Künste, hg. v. J. S. Ersch u. J G. Gruber,
Leipzig 1818-1889.
Bilder-Conversations-Lexikon für das deutsche Volk, Leipzig 1837-1841.
Bluntschli's Staatswörterbuch, hg. v. Löning, Zürich 1869-1875.
(Brockhaus') Conversations-Lexikon. Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie, Leipzig
1875-1879 1 2 , Leipzig 1882-1887 1 3 .
Deutsches Staats-Wörterbuch, hg. v. J. C. Bluntschli u. K. Brater, Stuttgart 1857 1870.
Das grosse Conversations-Lexikon ftir die gebildeten Stände, hg. v. J. Meyer, Hildburghausen
1840-1852.
Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Jena 1909-1911".
Herders Conversations-Lexikon, Freiburg i. Br. 1854-1857.
Kirchen-Lexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hilfswissen-
schaften, hg. v. H. J. Wetzer u. B. Weite, Freiburg i. Br. 1847-1860.
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Leipzig 1902-1920".
Oekonomisch-technologische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats , Stadt-,
Haus- und Landwirtschaft und der Kunstgeschichte, von J G . Krünitz, Berlin 1782-1853.
Real-Encyclopädie für protestantische Theologie und Kirche, Leipzig 1896-1913'.
Staatslexikon, hg. im Auftrag der Görrcs-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholi
sehen Deutschland v. J. Bachern, Freiburg 1901-1904*.
Staats-Lexikon oder Encyklopädie der Staatswissenschaften, hg v. C. v. Rotteck u. C. Welcker,
Altona 1834-1843, Altona 1845-1848 2 , Leipzig 1856-1866".
Staats und Gescilschafts Lexikon, hg. v. H. Wagener, Berlin 1859-1867.
Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit oder neuestes encyclopädisches Wörter-
buch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, hg. v. H. A. Piercr, AJtenburg 1840-1854".
Volkstümliches Handbuch der Staatswissenschaften und Politik. Ein Staatslexicon ftir das
Volk, hg. v. R. Blum, Leipzig 1848-1851.
Wetzer und Weite's Kirchen Lexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer
Hilfswissenschaften, Freiburg i. Br. 1882-1899*.
Zedier, J. H., Grosses vollständiges Universal Lexicon aller Wissenschaften und Künste, Halle
1732-1754.

c) Periodika
Akademische Blätter. Zeitschrift des Kyffhäuser-Verbandes der Vereine Deutscher Studenten,
München 15 ( 1 9 0 0 / 0 1 ) - 3 6 (1921).
Der Alte Glaube. F.vangelisch-Luthensches Gemeindeblatt für die gebildeten Stände, Leipzig,
Hamburg (später Kassel) 1 ( 1 8 9 9 / 1 9 0 0 ) - 1 8 ( 1 9 1 6 / 1 7 ) .

406
j Alldeutsche Blätter, hg. v. Alldeutschen Verband, Berlin 9 (1899) - 32 (1922).
Der Anscharbote. Sonntagsblatt für die St. Anschargemeinde und deren Freunde, Schönberg
19 ( 1 9 1 4 J - 2 1 (1916).
Archiv ftir kaufmännische Sozialpolitik, hg. v. Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Ver-
band, Hamburg 1 (1904) - 11 (1914).
t Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie, Berlin 1 (1904) - 13 ( 1 9 1 8 / 2 1 ) .
Auf Vorposten. Monatsschrift des Verbandes gegen die Überhebung des Judentums, Berlin 1
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Deutsche Volkswacht. Zeitschrift des Bundes für deutsche Volkerneuerung (für deutsche
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Deutsches Philologen-Blatt. Korrespondenz-Blatt für den akademisch gebildeten Lehrer-
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Deutschlands Erneuerung. Monatsschrift ftir das deutsche Volk, München 1 (1917) - 8
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Die dcutschnationale Frau, hg. v. Reichsfrauenausschuß der DNVP, Berlin 1 ( 1 9 2 1 / 2 2 ) - 2
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Das Deutschtum im Ausland(e). Monatsblatt des Allgemeinen Deutschen Schulvereins zur
Erhaltung des Deutschtums im Auslande, Berlin 22 (1903) - 28 (1909).
Deutschvölkische Hochschulblätter, hg. im Auftrage des Deutschvölkischen Studentenver-
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Evangelische Frauenzeitung. Zeitschrift ftir die Interessen der evangelischen Frauenwelt. Or-
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Die Flotte. Monatsblatt des Deutschen Flotten-Vereins und des Hauptverbandes Deutscher
Flotten-Vereine im Auslande, Berlin 11 (1908) - 22 (1919).
Die Frau. Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit. Organ des Bundes
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Die Frau der Gegenwart. Deutsche Zeitschrift für moderne Frauenbestrebungen, Breslau 1 =6
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Die Frau im Osten: deutsche Zeitschrift für moderne Frauenbestrebungen. Organ fiir die
Interessen der Frauenbewegung in den östlichen Provinzen, Breslau 1=4 ( 1 9 0 9 / 1 0 ) - 3=6
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Frau und Staat. Organ der Deutschen Vereinigung für Frauenstimmrecht, Leipzig 1 ( 1 9 1 2 /
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Die Frauenbewegung. Revue für die Interessen der Frau, Berlin 1 (1895) - 25 (1919).
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Frauenstimmrecht. Monatsschrift des Verbandes für Frauenstimmrecht, München 1 ( 1 9 1 2 /
13) - 2 ( 1 9 1 3 / 1 4 ) .
Glaube und Tat. Ein evangelisches und deutsches Blatt, Frankfurt 1 ( 1 9 0 7 / 0 8 ) - 9 ( 1 9 1 5 /
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Die Gutsfrau. Blätter für die sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben der gebildeten Frauen auf
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Hammer. Blätter für deutschen Sinn, Leipzig 1 (1902) - 20 (1921).
Jahrbuch des Deutschen Lehrervereins, Berlin 34 (1908) - 47 (1921).
Koloniale Monatsblätter. Zeitschrift für Kolonialpolitik, Kolonialrecht und Kolonialwirtschaft,
hg. v. der Deutschen Kolonialgesellschaft, Berlin 15 ( 1 9 1 3 ) - 16(1914).
Kolonie und Heimat. Unabhängige koloniale Wochenschrift. Organ des Frauenbundes der
Deutschen Kolonialgesellschaft, Berlin 5 ( 1 9 1 1 / 1 2 ) - 1 2 ( 1 9 1 8 / 1 9 ) .
Korrespondenz des Bundes der Landwirte, Berlin, Jg. 1897 - Jg. 1921.
Korrespondenz des Deutschen Lehrervereins, Berlin-Steglitz, Bl. 244 - Bl. 259 (1916).
Korrespondenz des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie, Berlin 6 (1909) - 8
(1911).
Korrespondenz-Blatt für den akademisch gebildeten Lehrerstand (Untertitel wechselnd),
Leipzig 8 ( 1 9 0 0 ) - 1 9 ( 1 9 1 1 ) .
Kraft und Schönheit. Monatsschrift ftir moderne Körperkultur, Berlin 12 (1912) — 21 (1921).
Kraft und Schönheit. Zeitschrift des deutschen Vereins für vernünftige Leibeszucht. Son-
derheft 3: Rassenheft, Berlin 1904
Der Kunstwart, München 11 ( 1 8 9 7 / 9 8 ) - 36 ( 1 9 2 2 / 2 3 ) .
Das Lyzeum. Monatsschrift für die Interessen der höheren Mädchenbildung, Frankfurt 1
( 1 9 1 3 / 1 4 ) - 3 (1915/16).
Der Militäranwärter. Zeitschrift für alle Militäranwärter der deutschen Armee und der Kaiser-
lichen Marine, Berlin 16 (1908) - 30 (1922).
Mitteilungen aus dei konservativen Partei, Prenzlau 3 (1910) - 11 (1918).
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Bevölkerungspolitik, Charlottcnburg 1 ( 1 9 1 6 ) -
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Mitteilungsblatt für die Herren Vorsitzenden der Ortsgruppen des Reichsverbandes gegen die
Sozialdemokratie, Berlin 1 (1915).
Monatsblatt des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Berlin 1
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Monatsblatt des Deutschen Bundes gegen die Frauenemanzipation, Berlin 2 (1914) - 7
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Monatsschrift für Deutsche Beamte (Untertitel wechselnd), Berlin 23 (1899) - 4 3 (1919).
Monatsschrift für Harnkranke, Psvchopathia sexualis und sexuelle Hygiene, Leipzig 1 (1904)
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Norddeutsche Monatshefte, Hamburg 1 ( 1 9 1 4 ) - 5 ( 1 9 1 8 / 1 9 ) .
Die Nornen. Halbmonatsschrift für deutsche Wiedergeburt und ario-germanische Kultur,
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Die Ostmark. Monatsblatt des Deutsehen Ostmarkenvercins, Berlin 1 (1896) - 27 (1922).
Pädagogisches Vereinsblatt. Organ der Lehrer an höheren Unterrichtsanstalten und deren
Vorschulen in Preußen und Hamburg, Berlin 7 (1913) - 14 (1920).
Pädagogisches Wochenblatt für den akademisch gebildeten Lehrerstand Deutschlands, Leip-
zig 9 ( 1 8 9 9 / 1 9 0 0 ) - 16 ( 1 9 0 6 / 0 7 ) .
Politisch-Anthropologische Revue (Untertitel wechselnd), Hildburghausen (später Eisenach,
Leipzig) 1 ( 1 9 0 2 / 0 3 ) - 1 3 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) .
Politisch Anthropologische Monatsschrift. Monatsschrift für praktische Politik, für politische
Bildung und Erziehung auf biologischer Grundlage, Berlin (später Hamburg) 13 ( 1 9 1 4 /
15) - 21 (1922).
Preußische Jahrbücher, Berlin, Bd. 1 6 ( 1 8 6 5 ) - B d . 194(1923).
Die Reformation. Deutsche evangelische Kirchenzeitung für die Gemeinde, Berlin (später
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Reichs Landbund. Nachrichten der Bundeszcntrale, Berlin, Jg. 1921.
Der Reichsvvart (Untertitel wechselnd), Berlin 1 (1920) - 3 (1922).
Schaffen und Leben. Monatsschrift fiir persönliche und seelische Kultur, Konstanz 17 (1920)
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Sozialistische Monatshefte. Internationale Revue des Socialismus, 1 (1897) - 9 (1905).
Die Staatsbürgerin. Monatsschrift des deutschen Reichsverbandes für Frauenstimmrecht,
Leipzig 3 ( 1 9 1 4 / 1 5 ) - 8 ( 1 9 1 9 / 2 0 ) .
Süddeutsche Monatshefte, München 11 (1914) - 18 ( 1 9 2 0 / 2 1 ) .
Viertcijahresschrift des Vereins für das Deutschtum im Ausland, N F . , Berlin 1 (1909) - 10
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Volk und Heimat. Zeitschrift des Vereins für das Deutschtum im Ausland, Leipzig 1 (1920) -
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Der Volkserzieher. Blatt ftir Familie, Schule und öffentliches Leben, Berlin 1 (1897) - 27
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Volkskraft. Zeitschrift für Lebens- und Menschenkunde. Monatsschrift des Deutschen Bundes
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Wandervogel. Monatsschrift des »Wandervogel« Deutschen Bundes für Jugendwandern,
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430
Register

1. Ortsregister

Inhalt 310 Göttingen 140, 143, 2 5 3 , 287, 347


Großbritannien 2 8 , 89, 98f, 110, 119,
Baden 6 4 , 127, 138f, 155, 192, 196, 219, 121,139,143,157,160,175,177,200,
229, 3 7 1 , 373 202f, 216, 227f, 260, 297f, 302, 335,
Baden Baden 90, 399 400
Bayern 5 6 , 138-140, 3 7 3 , 393
Bavreuth 125 Halle 209
Belgien 1 3 6 , 2 1 9 Hamburg 1 2 3 , 1 3 8 - 1 4 0 , 1 4 3 , 160f, 166f,
Berlin 32, 36, 5 6 , 6 1 , 6 3 , 7 4 , 8 1 , 8 3 , 8 8 f , 9 7 , 187f, 280, 282, 285, 2 9 1 , 3 8 1 , 393
111, 113, 120, 123, 126, 128, 134, 136, Hannover 143, 1 8 4 , 3 1 1
138-141, 143-149, 154, 159, 161, 197, Heidelberg 36, 127, 142, 143, 196, 314,
200, 2 0 7 , 2 1 1 , 2 1 3 , 2 1 5 , 235f, 239, 2 4 3 , 319, 340, 360, 391
245, 252, 2 5 4 , 256, 2 8 0 , 2 9 1 , 3 1 1 , 3 1 3 , Hessen 57, 1 3 7 - 1 3 9 , 2 2 9
323, 326f, 332, 335, 344, 346, 364, 370, Hildesheim 143
375f,390
Berlin-Steglitz 371 Italien 139
Bonn 375
Brandenburg 160, 3 1 1 , 3 7 1 Jena 1 3 6 , 1 4 0 , 3 4 1
Braunschweig 139
Bremen 138, 143, 147 Kaiserswerth 307, 360
Breslau 7 1 , 113, 143, 145, 148, 1 6 0 , 2 1 4 Karlsruhe 34, 145, 196, 209, 234, 255
Kassel 140, 145
Chemnitz 310 Kempten 346
Kiel 56f, 6 1 , 6 3 , 120f, 140, 143, 145,
Danzig 60, 98 158, 160, 172, 225, 357, 359, 375
Den Haag 205 Köln 160, 173
Detmold 390 Königsberg 302
Dresden 140, 143, 146, 160, 312, 327
Duisburg 214 Landsberg/Lech 259
Düsseldorf 109, 116f Leipzig 6 3 , 80, 8 3 , 8 8 , 119t, 126, 130,
143,145,280,320,335,364
Elsaß-Lothringen 310 Lippe 136, 139
Erlangen 6 3 , 371 London 110

Frankfurt 113, 128, 140, 1 6 1 , 165, 375 Mainz 164, 359


Frankreich 28, 36, 114, 139, 202f, 216, Mannheim 78, 109, 127, 141, 143, 155,
219f.,297f, 303 277,319,360,376,391
Freiburg 36, 335, 338 Marburg 313, 375
Mecklenburg 120
Galizien 228 Mecklenburg-Schwerin 138f
Gotha 168, 327 München 74, 77, 129f, 136, 147, 154,

431
210,217t", 2 5 2 , 2 5 6 , 3 1 0 , 3 2 6 , 3 3 8 , 3 4 2 , Sachsen 57, 74, 138f, 229, 310
346, 393, 395 Schaumburg-Lippc 139
Münster 308, 313 Schlesien 63
Schleswig 143f
Neumark 308 Schleswig-Holstein 57, 143, 160
Neumünster 146 Schweiz 1 3 9 , 3 4 1 , 3 8 1
New York 1 1 9 , 3 3 5 Sowjetunion 288, 291
Niederlausitz 308 Stettin 214
Stuttgart 74, 129, 160, 196, 229,249, 376,
Oldenburg 229, 391 387
Österreich 9 1 , 138f, 210f, 234, 281
Thüringische Staaten 138f.
Paris 302 Tübingen 146, 328
Perleberg 360
Plauen 118,342 Ungarn 234
Pommern 145, 311 USA 28, 119, 151, 155, 177, 199, 227f,
Potsdam 3 5 1 , 353, 360 297f, 302, 314, 335
Prag 85
Preußen 35f, 5 6 , 1 0 6 , 1 3 5 , 1 3 8 f , 143,210, Verdun281
213, 226, 2 3 1 , 2 3 3 , 245, 255, 3 1 1 , 330, Versailles 286
334, 338, 375, 385
Weimar 59, 7 1 , 119, 140, 143, 312, 3 3 1 ,
Rheinland-Westfalen 311 336, 346, 391
Rheydt371 Wien 55, 2 5 0 , 2 9 1 , 3 1 4 , 340
Rostock 4 9 , 1 3 2 , 1 3 9 , 161 Wiesbaden 146, 360
Rußland 228 Württemberg 139, 247, 3 7 1 , 373, 395

432
2. Personenregister

Abderhalden, Emil 209 Cauer, Minna 123, 133, 154-156, 160f,


Ahrens, Heinrich 9 3 168,336
Altmann-Gottheimer, Eiisabeth 186 Chamberlain, F.va 257
Amnion, Otto 86 Chamberlain, Houston Stewart 253, 257
Andreas-Salome, Lou 276, 399 Chaplin, Charlie 277
Aston, Louise 301 Class, Heinrich 124f, 129
Augspurg, Anita 39, 8 1 , 154f, 359, 367, Cornicclius, Max 36
384 Cremer, Ernst Friedrich 166, 360
Avenarius, Ferdinand 41f, 126, 153, 216
de Jonge, Dr. 173
Baden, Luise von 64 Delbrück, Hans 4 2 - 4 4 , 194, 242
Bardcieben, Karl von 136, 344 Dernburg, Bernhard von 232
Bartels, Adolf 126f, 129, 136, 141, 253, Diers, Marie 134, 145, 148, 243, 245-247,
2 5 5 - 2 5 7 , 305, 319, 340, 345, 350, 393 340, 350
Basscrmann, Ernst 1 1 , 1 1 0 , 120f, 172, 329, Dohm, Hedwig 133, 2 7 1 , 325
364 Döring, Richard 75, 7 8 , 192, 350, 394f
Bassermann, Julie 109, 364 Dose, Helene 351
Bäumer, Gertrud 1 1 1 , 123, 154f, 157, Dransfeld, Hedwig 122, 337, 380
169f, 21 l f , 216, 2 2 2 , 239, 330, 355f, Dresky, E'rich von 136
361-364, 367
Bebel, August 1 1 , 101, 297, 330, 378 Eberhard, Erhardt 244, 250
Becker, Johann Baptist 256 Eberhard, Theophil 7 8 , 144, 146, 391
Behr Pinnow, Carl von 129, 136, 145, 185, Ebert, Friedrich 67
195,207,210f, 2 2 5 , 2 4 9 , 2 5 6 , 3 4 2 , 3 6 0 , Ebner-Eschenbach, Marie von 305
380 Ehrenfels, Christian von 85
Bcnsheimer, Alice 356, 362 Erzberger, Matthias 255
Bentham, Jeremy 300 Ettlinger, Karl 39
Berth, Friedrich 371
Bethmann-Hollweg, Theobald von 129 Fichte, Johann Göttlich 253
Bischoff, Theodor W. 79 Fischer, Edmund 106
Bismarck, Otto von 324 Fischer, Eugen 342
Bleichröder, James 324 Forkhardt, Max Theodor 349
Blev, Fritz 126, 128f, 177fi, 283, 340, 342, Fouricr, Charles 300
398 Franke 175
Blocher, F.duard 341 Frege, Arnold von 102
Blüher, Hans 257, 283, 2 9 3 , 395 Freud, Sigmund 80, 399
Boclicke, Walter 118, 342, 350 Fritsch, Theodor 8 3 , 86f, 2 5 3 , 323, 394
Boenisch, Paul 136, 345f. Fuchs, Eduard 33
Bohn, Pastor 215
Bornträger, Jean 116f, 209, 2 1 1 , 353, Gerhardt, von 7 1 , 214
377f. Gerlach, Helmut von 180, 332
Braun, Lily 305 Gierke, Otto 280
Breithaupt, Paul 108 Gizycki, Lilv von 304
Brügelmann, Wilhelm 81 Glage, Max 280, 282, 285, 2 9 1 , 346
Brüning, Heinrich 256 Gnauck-Kühne, Elisabeth 4 5 , 47
Bülow, Fürst 8 8 , 105, 118, 323, 331 Gobineau, Arthur de 125, 2 5 3 , 335, 340
Bumm, Ernst 197, 200, 246f, 376 Goebbels, Joseph 395
Bunke, Ernst 52, 307 Goldschmidt, Henriette 278
Burdach. Karl Friedrich 22f Goßler, von 365

433
Graef, Walther 129, 136, 318 Kästner, Erich 403
Greuz, Albert 391 Kaup, Ignaz210f, 353
Groddeck, Georg 90, 324f. Keim, August 128, 1 3 6 , 1 7 7 , 2 1 6 , 2 2 2 , 2 3 4 ,
Groeben, Selma v. d. 355 335,381
Gronow, Eisner von 60f. Kerschensteiner, Georg 310
Groß, Hans 247 Key, Ellen 275
Grotjahn, Alfred 207 Kevseriink Rantenburg, Cecile Gräfin von
Gruber, Max von 77, 84, 90, 129f, 136, 100
145,154,208,210f, 3 3 8 , 3 4 0 , 3 4 2 , 3 5 0 , Klimt, Gustav 291
378, 380 Knebel, Johann Baptist 109
Grundherr, von 217 Knebci-Doebcritz, Elisabeth von 166
Gudden, Bernhard (?) 74 Koller, Maximilian von 135
Körner, Theodor 282
Haiser, Franz 280 Kosciciski, Ruth von 390
Hammerstein, Wilhelm Karl von 104 Kotze, Stefan von 40, 253, 274, 283, 304,
Hancke, Elisabeth 120, 326, 350 326
Elarden, Maximilian von 88, 90, 391 Kowalewskaja, Sonia 320
Harnack, Adolf von 47, 306 Kraetke, Reinhold 66
Hasse, Paul 256 Krafft-Ebing, Richard 80, 318
Hauer, Jakob Wilhelm 257 Krauss, Karl 14
Hein, Arnold 360 Kropp, Philipp 342
Heine, Wolfgang 330 Krügel, Gerhard 253, 340
Heinemann, Werner 78, 158f, 350 Krukenberg, Elisabeth 66, 96f, 387
Heins, Theodor 226 Krupp, Friedrich 322
Helfferich, Karl 256, 368 Kuhlenbeck, Ludwig 342
Heller, Julius 74 Kuhlmann 147
Hellpach, Willy 196
Hellwig, Albert 247 Lagarde, Paul 253
Hellwig, Karl 126, 128, 136, 340, 344,391 Lamprecht, Karl 305
Hensing, Karl G. 62, 314 Landmann, Friedrich 323
Herzog, Karl 127, 319, 391 Lange, Friedrich 125, 327
Heymann, Lida Gustava 367 Lange, Helene 26, 34, 53, 6 1 , 159, 168,
Himmler, Heinrich 255 194f, 198, 278, 330, 362
Hindenburg, Paul von 224, 256, 368 Langemann, Ludwig 56-59, 63, 70, 7 3 ,
Hirsch, Jenny 26, 302 118, 120, 141f., 144f, 147, 150f„ 158,
Hider, Adolf 254f, 394 164, 172, 228f., 245, 252f, 280, 2 9 1 ,
Hoffmann, Eduard 135 31 lf, 324f, 347, 3 4 9 - 3 5 1 , 354, 356f,
Hohnholz 311 359, 375, 383, 393
Holtzendorff, Franz von 27 Langhans, Paul 126, 252f.
Hugenberg, Alfred 17, 130,256, 351f, 395 Lanz von Liebenfels, Jörg (Adolf Lanz) 59,
Hummel, Helene 145, 173, 265, 350 91, 127,292,325,349
Hunkel, Margarete 254 Lassalle, Ferdinand 24
Hunzinger, A. W. 5 1 , 166 Laube, W. 310
lehmann, Julius F. 130, 342
Ihrer, Emma 106 Lenz, Fritz 1 5 4 , 3 4 2 , 3 5 3
Lette, Wihelm Adolph 27
Jahn, Friedrich 253 Lewald, Fanny 26, 28, 303
Jakoby, Hermann 302 Liebermann von Sonnenberg, Max 97
Lieben, Eduard von 327
Kant, Immanuel 212 List, Guido von 349
Kapp, Wölfgang 130 Liszt, Eduard von 127
Karll, Agnes 191, 372 Lombroso, Cesare 80, 82, 321

434
Ludendorff, Erich 224, 255f Ranke, Leopold von 36
Lüders, Elisabeth 161, 404 Rathenau, Walther 218, 255
Lüdinghausen, Albert von 136 Reventlow, Ernst zu 96f, 124, 128f, 141,
232, 2 4 1 , 255-257, 326f, 346, 394
Reventlow, Franziska zu 256, 326
Mann, Thomas 403
Richthofcn, Karl Freiherrvon 174
Marhold, Laura 335
Riehl, Wilhelm Heinrich 24, 28, 36
Marx, Karl 277
Roda Roda, Alexander 39
Maß, Konrad, 126,252
Roedenbeck 146
Matthaei, Adelbert 4 2 , 136, 305, 340
Roeder, Adam 129
Mausbach, Joseph 109, 331
Roethe, Gustav 6 1 , 128f, 136, 252, 255,
Mayreder, Rosa 340
313
Meerheimb, Ida von 4 9 , 52, 120, 132, 134,
Rohrbach, Paul 38
161f,249,350
Rosen, Kathinka von 118, 120, 129, 136,
Meyer-Gerhard 230
252,255,313
Mill, John Stuart 26, 302
Rosenberg, Alfred 257
Möbius, Paul Julius 5 1 , 6 1 , 79f., 82, 84,
Roth, Alfred 252-254, 390, 393
118, 120, 199, 312f, 320, 335
Rott, Fritz 210
Mociler van den Brück, Arthur 339
Rudinger, Nikolaus 79
Moersbcrger 350
Rüge, Arnold 1 2 7 , 1 2 9 , 1 4 2 , 1 5 0 , 1 9 6 , 2 0 9 ,
Moser, Justus 28
252, 254, 257, 320, 340, 348-350, 360,
Mueller (Otfried), Paula 47f, 50, 1 5 4 , 1 6 2 ,
383, 395
166-171, 173f, 2 1 1 , 252, 355f, 358,
360-363
Saint-Simon, Claude Henri 300
Müller, Moritz 27
Salomon, Alice 363
Musil, Robert 292
Schack, Wilhelm 74, 318
Schäfer, Dietrich 128-130, 252, 276, 340,
Nathusius, Philipp von 45 342,399
Naumann, Friedrich 4 5 , 2 7 8 , 305, 396 Schäfer, Wilhelm 350
Neil, Bernarda von 194 Schallmeycr, Wilhelm 92, 322
Nietzsche, Friedrich 1 1 , 276 Scharwenka, Xaver 136
Nüsse, Willy 146 Schellenberg, Anna 134, 141, 145, 158,
254,277,350,353
Schemann, Bertha 125, 336, 338
Oberfohren, Ernst 121, 136, 144f, 1 5 8 , . Schemann, Karl Ludwig 125f, 128f, 179,
229, 252, 256f, 2 8 1 , 3 9 5 245, 253, 323, 327, 336, 339-342, 348,
Oertzen, Dietrich von 101, 123, 337 367, 390
Olberg, Oda 106 Schirmacher, Käthe 234-236, 387
Ollcndorf, Kurt 1 6 1 , 3 5 0 Schleicher, Kurt von 256
Ostwald, Wilhelm 323 Schmidt-Gibichenfels, Otto 6 1 , 86, 128,
Otto (Peters), Louise 24f, 38, 100, 306 199f, 227, 253f, 323, 340, 376
Owen 300 Schmitz, Oscar A. H. 177, 257, 250
Schnauß, Justizrat 88, 118, 280, 323
Pauli, Hermann 209 Schneider, Hermine 391
Pechmann, Wilhelm Freiherrvon 130,136f, Schönaich-Carolath, Georg Prinz von 101
252, 346, 395 Schönerer, Georg von 210
Peters, Emil 206, 2 1 3 , 2 8 1 , 285 Schopenhauer, Arthur 11, 44, 123
Pflug-Harttung, Julius von 145 Schöttler, Pastor 47
Ploetz, Alfred 84f, 153f, 322, 342 Schrohl 158
Posadowskv Wehner, Arthur Graf von 101, Schwaner, Wilhelm 8 3 , 88f, 2 3 4 , 276,
189 284f, 324
Pudor, Heinrich 213 Schwarz, Georg 175

435
Seeberg, Reinhold 48, 115, 129, 2 1 1 , 280, Urban, Henry F. 119, 335, 350
380
Siemens, Hermann Werner 375 Virchow, Rudolf 318
Sigismund, Friedrich 59, 7 1 , 119f, 123,
125, 145, 173, 312, 336 Wagner, Richard 1 1 , 3 0 5
Simmel, Georg 276, 297, 399 Wagner, Winifrcd 257
Sombart, Werner 12, 203, 218, 297 Waldeyer, H. Wilhelm G. 136
Stapel, Wilhelm 4 3 , 216 Weber, Marianne 305, 340f
Stauff, Bertha 127, 339f, 348, 370 Weber, Mathilde 135, 191, 372
Stauff, Philipp 114, 126, 253, 257, 333, Weber, Max 277, 308, 341
340, 342, 349f Wehr, Emma 99
Stein, Lorenz von 318 Weicher, Theodor 119, 126, 340
Steinmetz, S. Rudolf 92 Weininger, Otto 1 2 , 4 1 , 2 2 7 , 293,305
Stephan, Heinrich von 6 5 , 314 Welcker, Carl 21 f., 24
Stern, William 80, 247 Wendland, Hans 129
Stettcnhcim, Julius 39 Werner, Anton von 136, 344, 346,391
Stinncs, Hugo 256 Werner, Julius 5 0 , 5 2 , 6 1 , 6 3 , 128, . 3 2 , 1 4 5 ,
Stoecker, Adolf 4 5 - 1 8 , 50, 76, 101, 162, 152,161f, 1 6 5 , 1 7 3 , 2 2 7 , 2 4 4 , Z52,283,
308 350, 352, 357
Stöcker, Helene 1 5 6 , 3 8 0 Werner, Maria 50, 264, 2 6 6 , 3S5, 350,
Storck, Karl 381 396
Strasscr, Hugo 394 Westarp, Kuno Graf von 256
Stritt, Marie 155, 1 6 9 , 3 5 5 Wiese, Leopold von 292
Studt, Konrad von 55 Wilser, Ludwig 253
Stumm, Karl Freiherr von 103 Wirth, Joseph 255
Sturmfels-Becker, Käthe 9 1 , 134, 305, 325, Witte, Emma 244f, 247, 252, 256, 270,
350 389f,398
Suttner, Bertha von 401 Wolf, Julius 203, 2 1 1 , 3 7 8
Sybel, Heinrich von 26, 301 Woltersdorff355
Sydow, Max von 184 Woltmann, Ludwig 8 4 - 8 6 , 2 5 3 , 3I2f.
Wolzogen, Ernst von 95
Thode, Daniela 125, 257 Wolzogen, Hans von 80, 339
Thode, Henry 125, 305, 339f Wurm, Theophil 395
Tolksdorf, Benina 134f
Traub, Gottfried 278 Zahn-Harnack, Agnes von 107, 30a
Treitschke, Heinrich von 36, 40, 123 Zetkin, Clara 103
Tnmborn, Karl 1 7 2 , 3 2 9 Ziegler, Gustav 346
Trott zu Solz, Adam von 148 Zillessen, Friedlich 136, 149, 391
Zimmer, Käthe 360
Ungewitter, Richard 249, 391 Zoellner, Wilhelm 4 7 , 307, 360

436
3. Sachregister

Abgeordnetenhaus, preußisches 32, 104, 270, 272f, 297f, 302, 320, 322, 349,
187, 189, 230f, 345, 366, 372 363, 397
Abgeordnetenhaus, preußisches - Gemcin- Antisuffragismus 13, 119
dckommission 164, 172, 2 1 1 , 224f Antiurbanismus 194, 203f, 210f, 260, 332
Abstinenzbewegung 189 Arbeiterinnen-Schutzgesetze 190
Abtreibung 115t., 127, 156, 201f, 2 1 3 , Arbeitsgemeinschaft kaufmännischer Ver-
333f, 340 bände 184
Adolf Bartels-Bund 257 »Archiv für Rassen- und Gescllschaftsbiolo-
Agrarromantik 204 gie« 84, 153f, 2 0 0 , 202, 322
»Akademische Blätter« 6 0 - 6 2 , 128, 327, Ariosophie 59, 125, 254, 2 9 3 , 314
403 Assimilation 79, 272
»Akademischer Beobachter« 257 »Auf Vorposten« 282, 290
»Alldeutsche Blätter« 9 6 , 114, 124, 126, Ausschuß für die Fragen der Volksvermeh-
129,253,369 rung 209
alldeutscher Turnverein Berlin 188
Alldeutscher Verband 15, 9 6 - 9 8 , 124-128, »B.G.F.-Korrespondenz« 142, 148
130, 145, 222, 224, 234, 236, 2 4 1 , 249, Badisches Leibdragonerregiment 145
254,298,327,336,348,391 Bayreuther Kreis 128, 257, 339
Allgemeiner Deutscher Frauenverein 24, 26, Bayrische Handelsbank 136
32, 102, 306, 332 Bayrische Volkspartei 252
Allgemeiner Deutscher Lehrerinnenverein Bayrischer Frauentag 160
32,53,310 Beamte, Beamtenschaft 6 4 - 7 1 , 74, 1 0 1 ,
Anatomie 79f. 187-189, 265, 3 1 5 - 3 1 7 , 3 5 0 , 3 8 2 , 3 8 6
Angestellte, männliche 64, 7 1 - 7 3 , 78, 187, Beamtenverbände 64, 66, 68f, 144, 188,
317 371
Angestellte, weibliche 71-74, 77, 190, 217, »Berliner Blatt« 9 3 , 323
317, 373, 396 Berliner Hausschwesternverein 134
Angestcilenverbände 6 4 , 144, 186, 317, »Berliner Lokal-Anzeiger« 80, 2 2 3 , 337,
346 351,368,382
»Anklamer Zeitung« 350 »Berliner Neueste Nachrichten« 129, 152,
Annexionismus 130, 295, 322 323,351
Anthropologie 86, 92, 259, 295, 322 »BerlinerTageblatt« 7 6 , 1 1 1 , 1 9 6 , 2 0 0 , 324,
Anthroposoziologie 83-85 335, 337
Anti-Intellektualismus 87, 200, 275f, 281 Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen
Anti-Rationalismus 276 Deutschlands 372f, 383
Antidcmokratismus 6 3 , 87, 257, 260, 280, Berufsverbände 11, 13, 17, 5 3 , 74, 79, 116,
317 150, 179, 181, 184, 191f, 224, 247,
Antifeminismus, proletarischer 14, 3 4 , 260f.
330 Bevölkerungspolitik 17, 8 5 , 1 1 3 f , 1 2 9 , 1 5 3 ,
Antifeminismus, bürgerlicher 2 5 1 , 257 199-205, 207-214, 224, 246, 249, 334,
Antifeminismus, geistiger 257, 2 6 2 , 293 338, 342, 375, 380
Antikapitalismus 86, 116, 192, 204, 208, BGB 38, 102f, 1 1 5 , 3 2 9
210,257,260 Brandenburgische Landgemeinde, Verband
Antimodcrnismus 4 2 , 260, 278 älterer deutscher Wandervögel 145
Antiparlamcntarismus 87f, 255, 257, 260 »Braunschweiger Land-Zeitung« 124
Antisemitismus 12f, 16f, 2 8 , 3 5 , 4 6 , 5 1 , 6 1 , Brigade Ehrhardt 254, 349
6 3 , 67, 72, 75f, 82f, 86f, 9 0 , 9 2 - 9 6 , Bund der Aufrechten 255
102, 106, 114, 123, 126, 136, 141, 175, Bund der Landwirte 15, 93f, 9 6 - 9 8 , 104,
196, 204, 210, 227f, 252, 256f, 260, 113,120,126,128f, 150,152,173,177,

437
231f, 241f, 252, 324, 326, 360, 3 7 1 , 173, 210, 230, 238, 252, 307f, 3 6 1 -
387 363, 367, 384
Bund Deutscher Frauenvereine 32, 4 6 , 50f, Deutsch-Konservative Partei 67, 8 8 , 9 3 ,
89, 101, 122, 135, 154-159, 162, 166, 101,109, 111,136,176,185,231,252
168-171,177-179,186,189-191,193- Deutsch-soziale Blätter 123
195, 208, 2 1 1 , 212, 216, 224, 226, 2 3 1 , Deutsch-soziale Partei 76, 344
235, 237-240, 2 6 1 , 268, 273, 325, Deutschbund 9 8 , 1 2 5 f , 1 8 8 , 2 0 6 , 2 0 9 , 2 2 4 ,
354f, 3 6 1 - 3 6 3 , 3 6 5 , 367, 372, 380, 327, 340, 371
383,387 »Deutschbund-Blätter« 327
- Rechtskommission des BDF 157 Deutsche Bank 370
Bund deutscher Justizamtmänner 247 »Deutsche Beamten Rundschau« 70
Bund Deutscher Militäranwärter 15, 64, »Deutsche Burschenschaft« 62
144,371 Deutsche Demokratische Partei 196
Bund für deutsche Familie und Volkskraft »Deutsche Erauenart« 148, 350
209, 249f, 254 Deutsche Gesellschaft für Bevölkerungspoli-
Bund für deutsche Volkserneucrung 132, tik 129, 1 4 5 , 2 1 1
139,248-250,342 Deutsche Gesellschaft für Säuglingsschutz
Bund für deutsche Volkskraft 106, 207 124, 145, 1 9 3 , 2 1 0
Bund fiir Mutterschutz und Sozialreform 85, Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene 15,
47, 117, 156f, 196, 210, 322, 333, 355 84, 90, 129, 136, 154, 209f, 342
Bund für Regeneration 200, 376 Deutsche Gesellschaft zur Förderung häusli-
Bund Oberland 254 cher Erziehung 130
Bund zur Vermehrung der Volkskraft 209 Deutsche Glaubcnsbewegung 52
Burgfrieden 146, 177, 205, 224 »Deutsche Handels-Wacht« 73, 77f, 130,
»Burschenschaftlichc Blätter« 60, 62f 152,211,277,353
»Deutsche Minne« 3 7 1 , 379
Carl Duisbcrg Farbenfabriken 379 »Deutsche Postzeitung« 6 8 , 316
Centralausschuß fiir Innere Mission 46, 167 Deutsche Reformpartei 106, 345
Christlich-nationale Gruppe im Deutsehen »Deutsche Reichspost« 129
Bund zur Bekämpfung der Fraueneman- Deutsche Schwesternschaft 254, 393
zipation 52, 6 1 , 6 3 , 128, 132, 141, 145, »Deutsche Tageszeitung« 9 3 - 9 6 , 99, 110,
148, 1 6 1 - 1 6 3 , 165f, 173, 2 2 7 , 299, 118, 123, 126, 152, 162, 173, 244, 326,
319,352,358,362 351,356,358,398,400
Deutsche Vaterlandspartei 130, 199, 228,
Darwinismus, Sozialdarwinismus 5 1 , 8 3 , 85, 234f, 237, 252, 379, 380, 387
114, 177, 267, 282, 322, 330, 397 »Deutsche Volkskorrespondenz« 94, 124,
»Das Deutschtum im Ausland« 234 366
»Degeneration« 80, 8 3 , 86, 106, 123, 181, Deutsche Volkspartei 247, 324
270,391 »Deutsche Voikswacht« 146, 250, 289f.
Deklassierung 5 6 , 7 3 , 7 5 , 8 0 , 1 8 8 , 1 9 8 , 2 4 6 , »Deutsche Zeitung« 123, 129, 152, 220,
264f 244,351
Demobilmachung 17, 183-187, 189f, 370 Deutscher Bund für Völksgesundung 248
Demokratische Vereinigung 172, 332 Deutscher Bund zur Bekämpfung der Frau
Denkschriften 57, 67, 147, 150, 164 enemanzipation 14, 16-18, 44, 47, 52,
»Der Alte Glaube« 4 7 - 1 9 , 5 1 , 162, 166, 56, 59, 61f, 64, 69, 7 1 , 84, 9 1 , 9 6 , 99f,
358 109, 114, 1 2 1 , 123, 125-135, 137-142,
»Der Rheinländer« 112 144-150, 152-155, 1 5 7 - 1 6 1 , 163-167,
»Der Volkserzieher« 88f, 194, 276, 284 170, 173, 176-179, 183, 187-189, 192,
Deutsch-Akademischer Frauenbund 61 194, 207, 209f, 2 2 3 - 2 3 2 , 235f, 241f,
Deutsch-Evangelische Erauenzeitung 363 244f, 248, 250, 252, 2 5 5 - 2 5 8 , 262f,
Deutsch-Evangelischer Frauenbund 39, 46, 265,267,270f, 280,283,291,293,299,
4 8 - 5 1 , 135, 156f., 161-163, 165-171, 305, 309, 312, 316, 3 1 8 , 327f, 336,

438
3 3 8 - 3 4 0 , 346, 3 5 1 , 355, 359f, 367, »Die Frauenbewegung« 154, 156, 160
395 »Die Gutsfrau« 177, 232, 2 4 1 , 360
Deutscher Flottenverein 1 3 0 , 2 7 1 »Die Hilfe« 278
Deutscher Frauenbund 109, 365 »Die Nornen« 279
Deutscher Frauenorden 270 »Die Post« 8 8 , 120, 152, 161f., 244, 31 lf,
Deutscher Frauenverein für die Ostmarken 324, 3 5 0 f , 3 5 6
222 »Die Reformation« 47f, 5 0 - 5 2 , 162, 267,
Deutscher Freiheitsbund 88 308
Deutscher Herrenklub 256 »Die Wehr« 194, 286
Deutseher Jugend-Verband 128 »Die Zukunft« 88, 90
»Deutscher Kurier« 172, 3 5 1 , 364 Dienstjahr, weibliches 76, 78, 192, 1 9 4 -
Deutscher Lehrerverein 55, 309 196, 31 lf.
Deutscher Naturforscher- und Ärztetag 74 Direktorat, weibliches 5 6 - 5 8 , 70, 188, 370,
Deutscher Orden 391 396
Deutscher Ostmarkenverein 234, 2 7 1 , 386 Diskriminierung 12, 36, 54, 191, 215
Deutscher Richtertag 246 Dolchstoßlegende, geschlechterpolitische
Deutscher Sonntagsbund 130 205,218,229
Deutscher Städtetag 186 Dürer-Bund 4 2 , 126, 191f, 216, 305, 340
»Deutscher Tag« 390f
Deutseher Verein für Frauenstimmrecht 105, ecclesia militans 162
160 Ehe 2 1 - 2 3 , 37, 43f, 46f, 5 1 , 55, 60, 6 6 -
Deutscher Verein für öffentliche Gesund- 6 8 , 70, 74, 8 1 , 84f, 9 1 - 9 4 , 97f., 1 0 1 ,
heitspflege 145 103, 115-117, 125, 133f, 150, 152f,
Deutscher Verein für vernünftige Leibes- 156f, 176, 182, 199f, 203f, 209, 215,
zucht 114 246, 2 6 3 , 2 6 5 , 2 8 7 , 324, 328f, 377,
»Deutscher Volkswart« 126, 253 391 f., 396
Deutscher Werkbund 216 Ehre, männliche 5 8 , 6 8 , 7 3 , 1 2 0 , 177t, 188,
»Deutsches Schrifttum« 126 286,403
»Deutschlands Erneuerung« 130, 199, 228, Ehre, völkische 77, 9 5 , 220f, 286f, 403
235,241,247,286 Ehre, weibliche 4 3 , 5 1 , 75, 94f, 99f, 117,
Deutschnationale Volkspartei 75, 78, 119f, 161, 178, 2 1 5 , 219, 229, 287-289
136, 170, 229, 242, 244, 247, 252, 255, Elitismus, männlicher 34f
256,281,395 Entfremdung 4 1 , 277, 281
Deutschnationaler Handlungsgehilfenver- Entkirchlichung 46
band 13f, 7 1 - 7 8 , 127, 130, 144, 145, Entsexualisierung 9 5 , 108, 2 8 8 , 292, 321
150, 152,158,160f, 1 8 4 , 1 8 8 , 1 9 2 , 1 9 9 , Erfurter Programm 106
211, 277, 2 8 3 , 316-319, 340-342, 346, Erster Weltkrieg 13f, 17, 19, 4 5 , 59, 66f,
369-371,373 69, 7 3 , 76, 84, 8 9 , 9 3 , 109f, 126, 1 3 1 ,
Deutschvölkische Freiheitspartei 9, 255f. 136f, 1 4 1 , 143, 1 4 5 - 1 4 7 , 1 5 0 - 1 5 2 ,
»Deutschvölkischc Hochschulblätter« 6 3 , 170f, 176f., 183, 185, 191-193, 196f,
127,234 2 0 1 , 2 0 3 , 205, 2 0 8 - 2 1 0 , 2 1 3 - 2 1 5 , 2 1 7 -
Deutschvölkischc Partei 130, 252, 345 219, 222, 224, 2 2 9 - 2 3 1 , 235f, 2 4 0 ,
Deutschvölkischer Arbeitsring Berlin 254 247f, 2 5 0 , 2 5 3 , 2 5 6 - 2 5 8 , 2 6 1 , 2 6 7 ,
Deutschvolkischer Schriftstellerverein 126, 270, 2 7 2 - 2 7 4 , 276f, 2 7 9 , 282, 2 8 4 -
340, 342 286, 2 9 2 - 2 9 4 , 306, 309f., 3 1 3 , 317,
Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund 326, 332f, 339, 346, 3 5 1 , 366f, 370,
247, 249f, 2 5 2 - 2 5 6 , 2 8 8 , 314, 390f, 376f, 3 8 1 , 390, 3 9 3 , 398, 4 0 2 , 404
393f Erwerbstätigkeit, weibliche 2 1 , 25- 2 7 , 4 2 f ,
Diakonie46, 101, 1 3 4 , 1 6 2 , 1 6 9 , 1 7 1 , 2 6 8 , 47, 5 3 , 55, 60, 6 8 , 72, 7 5 - 7 7 , 8 8 , 102f,
360 105, 108, 114, 133f, 145, 158f, 163,
Die Frau in Haus und Beruf (Ausstellung) 183-185, 187, 191, 2 0 3 , 2 1 1 , 2 5 3 , 2 6 1 ,
111, 113,120 277,317

439
Eugenik 86, 129, 1 3 6 , 2 0 2 , 2 1 0 , 3 2 2 , 3 4 2 216, 219, 2 2 4 - 2 2 8 , 232, 235, 237, 254,
eugenische Indikation 380 256, 2 5 9 - 2 6 1 , 2 6 4 - 2 6 7 , 2 7 3 , 2 7 9 , 2 8 1 -
F.uthanasie 395 283, 298, 308, 3 1 1 , 313, 324-326, 330,
Evangelisch-sozialer Kongreß 4 5 , 4 7 , 306 332, 337f, 345, 353f, 358, 364, 372,
Evangelisch-Kirchlicher Hilfsverein 46, 145, 377, 386, 397, 399, 404
359f Frauenbewegung, bürgerliche 16f, 2 5 , 3 0 -
»Evangelische Frauenzeitung« 154, 171 32, 49, 103, 106, 151, 154, 156-158,
Evangelischer Arbeiterverein Berlin Steglitz 168, 171, 178f, 1 9 0 - 1 9 5 , 2 2 3 - 2 2 6 ,
370 2 3 5 - 2 3 7 , 2 3 9 , 2 6 1 , 2 7 3 , 278, 299,
Evangelischer Bund 45 367
Evangelischer Diakonieverein 361 Frauenbewegung, christliche 46f, 108, 123,
E'vangeiischer Oberkirchenrat 245 190
Evangelischer Sittlichkeitsverein 46 Frauenbewegung, evangelische 1 7 , 4 7 , 51f,
Experten, weibliche (Erauenbeirat) 230, 141, 161, 190
237-239, 272 Frauenbewegung, »gemäßigte« 42, 66, 88,
Expressionismus 14 111, 113, 122, 124, 154-157, 160, 179,
226,261,268,273,325
Familie 1 4 , 1 8 , 2 2 - 2 4 , 2 7 t , 30, 3 4 , 3 6 f , 42, Frauenbewegung, katholische 109, 122,
4 7 , 5 1 , 6 8 f , 7 1 , 7 5 , 8 1 , 8 3 , 8 5 , 9 4 , lOlfi, 141, 190
111, 116, 133f, 183, 185, 189f, 194, Frauenbewegung, liberale 46,100
2 0 3 , 2 0 9 - 2 1 1 , 2 2 3 , 2 3 3 , 236, 249f, Frauenbewegung, proletarischee 30, 33f,
2 6 1 , 2 6 6 - 2 7 0 , 285, 293f, 369, 375f, 46, 1 0 3 , 1 1 2 , 1 6 0 , 3 3 0 , 3 5 3
391 f., 395, 398 Frauenbewegung, »radikale« 38, 42, 48, 50,
Feminismus 4 1 , 59, 77fi, 85f, 88, 92, 106, 78,81f, 89,96,110,115,145,154,156,
118, 120, 122, 228, 256, 280, 335, 397, 160, 1 9 4 , 2 0 5 , 2 0 9 , 2 1 1 , 2 7 3 , 3 2 5
401 Frauen- und Mädchenbildung 11, 17, 2 1 ,
Feminismus, klerikaler 109 2 6 , 2 9 , 3 1 - 3 4 , 36f, 41f, 48, 53, 56,61f,
Fernmeldewesen 29, 64f, 69, 314 64, 94, 102, 107-109, 112, 114, 118,
Fichte-Gesellschaft von 1914 130, 340 121, 134, 196, 198-200, 235f, 259,
Elottenbund deutscher Frauen 135, 222 263, 269, 289, 349, 375, 392
Fortbildungsschulen 76, 192f, 195, 373, »Frauenblätter zur Hebung der Sittlichkeit«
387 166
Fortschrittliche Volkspartei 107, 172, 225, Frauenbund der Deutschen Kolonialgesell
229, 368 schaft 60, 97, 222
»Frankfurter Zeitung« 307 Erauendienstptlicht 367f.
»Fränkischer Courier« 200 Frauenemanzipation 24, 26, 29f, 37, 48,
Frauenarbeit 27, 30f, 4 7 , 49, 5 1 , 6 4 - 6 8 , 53, 60, 64, 79, 8 3 , 8 5 - 8 9 , 9 1 , 9 3 , 9 7 ,
72-78, 84, 90, 103, 105, 112, 114, 145, 113,118,121f, 1 2 4 , 1 2 9 , 1 3 3 , 1 4 5 , 1 5 2 ,
152f, 158f, 163, 165, 190, 203, 2 1 1 , 154f, 1 5 7 , 1 6 0 , 1 6 5 , i 6 7 , 1 7 0 , 1 8 0 , 1 8 3 ,
224, 254, 268, 277, 310, 317-319, 325, 189, 1 9 1 , 2 0 9 , 2 1 2 , 2 2 6 , 2 2 8 f , 2 3 1 , 2 3 5 ,
353,357,368,377,386,391 240, 250, 254, 257, 259, 262-264, 268-
- im Krieg 180, 183, 185-187, 190 270, 272, 282, 2 9 0 - 2 9 2 , 301f, 304,
Frauenberufe 6 1 , 7 3 , 7 6 , 1 2 1 , 1 8 4 , 1 9 1 , 2 5 9 3 2 3 - 3 2 5 , 328, 337, 396, 402f
Frauenberufe, soziale 20,41,45-^17, 50, 54, Frauenerwerbsquote 7 1 - 7 3 , 105, 158,
6 6 , 7 6 , 101, 121, 163 179f,194
Frauenbewegung 12, 30, 3 3 , 36f, 39, 4 1 - Frauenfeindlichkeit 12, 14, 2 0 - 2 2 , 30, 36,
53, 55f, 58, 60f, 63f, 66, 70f, 77f, 4 2 , 4 6 , 4 8 , 50, 5 3 , 5 9 , 6 9 - 7 1 , 7 3 - 7 5 , 7 7 ,
8 0 - 8 2 , 8 4 - 9 0 , 9 3 - 9 6 , 9 8 - 1 0 2 , 105, 87,257,298,314,318
1 0 8 - 1 1 1 , 113f, 1 1 6 - 1 1 9 , 1 2 1 - 1 2 4 , Frauenfrage 11, 16, 20, 25f, 28, 30f, 3 3 ,
126f, 1 3 3 - 1 3 5 , 140, 145f, 152f, 37, 3 9 , 4 5 , 4 9 , 6 0 - 6 3 , 6 6 , 77,80, 8 4 , 8 6 ,
155-159, 161f, 168, 170f., 174f., 181f, 88, 90, 9 3 , 96, 101f, 106f, 109f, 118,
190,193,195,199f, 204,206,208,211, 120, 124-126, 142, 146, 163, 166, 172,

440
174, 176, 184, 194, 200-202, 204, 230, 9 2 , 115f, 2 0 1 , 2 0 4 , 206f, 2 1 1 - 2 1 3 ,
240, 2 5 2 , 2 5 9 , 2 7 2 , 280, 297f, 300f, 333f,376
308, 3 2 5 - 3 2 8 , 338, 3 4 8 , 3 8 0 Geburtenrückgang 16, 62, 70, 77, 1 1 3 -
Frauenhilfe 1 7 , 4 7 , 5 1 , 132, 145, 148, 150, 117, 119, 129, 145, 153f, 183, 199,
165f.,215,241,351,359f. 2 0 1 - 2 0 5 , 207f, 2 1 1 , 2 1 5 , 2 6 1 , 316,
Frauenhilfe des Evangelisch-kirchlichen 319, 333f, 353, 377, 379
Hilfsvereins 4 6 , 351 »Gelbe Broschüre« 32
Frauenschulen 76, 7 8 , 213f Generallandesarchiv Karlsruhe 255
Frauenstimmrecht, in kommunalen Gremien Germanen, germanisch, Germanomanie 28,
76, 1 7 3 , 2 3 0 4 8 , 77, 8 3 , 94f, 127, 189, 2 0 8 , 212,
Frauenstimmreeht, kirchliches 39, 4 7 - 5 0 , 281 f., 336, 349, 393, 397
52f, 76, 120, 162-167, 173-175, 2 4 5 , Germanen-Orden 130,349
251,307,357,359,361 »Germania« 242, 388
Frauenstimmrecht, kommunales 108, 162, Germanisierungspolitik 379
164, 166f, 172-175, 224f., 229f, 238, Gesamtverband Deutscher Rechtsanvvalts-
243,261,267,385 und Norariats-Bürobeamter 371
Frauenstimmrecht, staatliches 47, 52, 106, Gesamtverband evangelischer Arbeiterverei-
1 6 2 - 1 6 4 , 1 6 6 - 1 7 1 , 173f, 194, 2 2 9 , ne 157
359, 362, 385 Geschlcchterverhältnis 11, 14, 20, 37f, 4 0 ,
Frauenstudium 17, 3 0 - 3 3 , 37fi, 48f, 59f., 52f.,97, 113, 121, 131, 177, 181 f., 184,
62f, 84, 1 0 1 , 109, 136, 152, 154, 159, 190,242,259f, 262,274,279,282,285,
196-198, 2 0 0 f , 2 2 4 2 8 8 - 2 9 0 , 292, 295, 300, 4 0 3
i Frauenwahirecht 22, 38f, 4 2 - 1 4 , 4 7 - 4 9 , Geschlechterdifterenz 22, 24, 29f, 4 9 , 5 1 -
52, 61f, 8 1 , 85, 88f, 9 3 , 97, 9 9 - 1 0 1 , 53,61,65,79-81,89,96,155,183-185,
1 0 6 - 1 1 1 , 119, U l f . , 124, 133, 135, 201,214,227,249,259,265f, 268,272,
142, 145f, 152, 154f, 172-176, 194f, 278,401
203f, 216, 224, 227f, 231f, 236-239, Geschlechterdualismus 12, 17, 20, 22, 29f,
241-244, 250f, 253, 261, 271, 291, 32, 3 5 , 3 8 , 4 0 , 5 1 , 6 3 , 6 5 , 6 7 , 74,
309, 313, 327, 338, 362, 365, 378, 384, 79, 9 6 f , 117, 177, 2 3 7 , 2 4 8 , 2 5 9 ,
388f 265f, 2 7 1 , 2 7 3 - 2 7 5 , 284, 302, 3 6 8 ,
Frauenwahirecht bei Krankenkassenwahlen 373, 376
273 Geschlechterhierarchie 23f, 29, 36, 38, 40,
Frauenwahirecht, passives 22f, 2 5 , 107, 43, 57, 60, 69, 72, 85, 115, 121, 145,
172,224,237-239,365 152, 177f, 183, 185f, 188, 190, 209,
Frauenwahlrecht zu Berufsvertretungen 173 253, 265f, 269f., 2 7 9 - 2 8 1 , 283f, 286,
Frauenwahlrecht zu Kaufmannsgerichten 76 289, 293, 335, 337
»Freiburger Zeitung« 124 Gcschlechterkonzcptionen 14, 19, 2 1 - 2 3 ,
Freie Gewerkschaften 131 26f., 2 9 , 3 6 , 4 1 f , 58, 6 3 , 73, 80, 84, 87,
Freie kirchlich-soziale Konferenz 45—48, 50, 90,92,96,111,112,115,121,125,133,
165f. 153, 165, 177, 184, 186, 187, 191, 193,
Freikonservative 105, 109, 119, 136, 152, 196, 199f, 209f, 2 1 3 , 2 2 2 - 2 2 4 , 227,
176, 226 229, 232, 2 3 4 , 236, 2 4 2 , 2 4 6 - 2 4 9 , 2 5 1 ,
Freikorps 254, 289f 255, 2 6 1 , 265, 2 7 1 , 2 7 3 , 275, 277, 297,
Freisinnige Vereinigung 105, 330 324, 333, 391
Freisinnige Volkspartei 102f, 105, 107 Geschlechterpolitik 17, 177, 188, 310, 366
»Freisinnige Zeitung« 182 Geschlcchtscharakter 2 1 , 9 0 , 9 2 , 105, 227,
Friedensresolution des Reichstages 2 2 9 , 259, 2 7 1 , 282f, 288, 337, 368
234, 284, 286, 402 geschlechtsspezifische Arbeitsteilung 2 0 ,
Erontzeitungcn 183 23f., 2 7 , 2 9 - 3 1 , 39f., 55, 6 4 - 6 6 , 106,
116, 123, 133, 153, 159, 165, 1 6 7 , 1 7 9 -
Gebärstreik 1 1 6 , 3 3 4 , 3 7 7 185, 187, 193, 249, 254f, 2 6 1 , 264,
Geburtenkontrolle, Empfängnisverhütung 268f, 271f, 274, 277, 397

441
Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspfle- Inferiorität
ge 74 - weibliche 24, 26, 29, 4 1 , 5 1 , 56, 60, 70,
Gesellschaft für soziale Reform 104, 184, 84, 9 0 , 145, 153, 183, 185, 246, 248,
189 262, 2 6 5 , 270, 279, 2 8 1 , 298, 324
Gesundheitspolitik 206f, 378 - geistige 24, 30, 70, 76, 84, 106, 183,
Gewerbeordnung 2 3 , 191, 3 0 1 , 319, 373 196, 199, 2 0 1 , 246f, 279, 310
»Glaube und Tat« 47, 6 1 , 128, 148, 152, - körperliche 23f, 55, 6 8 , 70, 102, 153,
161 177,179,183,198,201f,247,281,310,
Gobineau-Vereinigung 125, 1281*., 341f 324
Görres-Gesellschaft 30 Inflation 68f, 151
»Göttinger Tageblatt« 350 Innenministerium, bayrisches 184
Guido von List-Gesellschaft 127, 314 Innenministerium, preußisches 146, 2 1 1 ,
Güterrecht, eheliches 103 385, 387
Gynäkologie 20, 79, 197, 2 0 1 , 301 Innere Mission 1 5 , 1 7 , 1 0 1 , 1 3 2 , 1 4 5 , 1 6 6 f ,
171,361,363
Hakenkreuz 146, 349 Integration, politische 18, 2 6 1 , 270-274
»Hamburger Nachrichten« 120f, 152, 182, Internationaler Frauenkongreß 111, 304
220,324,351,356 »Itzehoer Nachrichten« 350
»Hammer« 5 1 , 83, 86f, 9 2 , 99, 118, 178,
196,200,253,323,376 Judentum, jüdisch 72, 75, 79fi, 82, 8 6 - 8 8 ,
Handelsschulen, private 76, 134, 184, 369 95f., 102, 123, 125-128, 141, 178, 197,
Hausarbeit 20, 5 1 , 74, 80, 101, 111, 134, 204, 227f, 2 4 9 , 2 5 2 - 2 5 4 , 2 5 7 , 260,
183, 194, 242, 263f, 267, 373 272, 287, 306, 363
Hausfrau 2 1 , 28f, 4 4 , 74f, 82, 9 9 , 118, Jugendbewegung 2 5 3 , 257f
134, 144, 184, 192-196, 212, 214, 232, Juniklub 256
236, 263f, 278, 292, 323, 372, 396 Justizreform 2 4 5 , 390
Hauswirtschaft 5 1 , 76, 89, 9 8 , 112, 191f,
195,213,267,302 Kampfbund für deutsche Kultur 257
Heimatkunst 305 Kampfgemeinschaft revolutionärer National
Heimatschutz, Hcimatschutzbcwcgung Sozialisten 394
213,305 Kapitalismus 86, 2 0 3 , 208, 216, 218f, 227,
Herrenhaus, preußisches 4 6 , 58, 187, 189, 240,257,266,319
197,224f., 231 Kapp-Putsch 254f, 342
Hitler-Putsch 254 Kastration 19, 286, 290f.
Homogenisierung 272 Katholischer Frauenbund Deutschlands 238,
Homosexualität 40, 81 f., 161, 286, 321 331,334,380
Katholizismus 2 5 3 , 272, 298, 395
Idealisierung und Entweitung 29, 44, 5 1 , Katholizismus, politischer 108f
65, 82, 112, 204, 254, 263f, 2 7 5 - 2 7 8 , Kaufmännischer Verein für weibliche Ange
400 stellte 32
Idealisierung, regressive 293 »Kieler Neueste Nachnchtcn« 350
Identität, männliche 19, 2 3 , 30, 36, 4 0 , 73, Kirche, evangelische 17, 26, 45, 5 3 , 136,
249, 251, 262, 274, 278-286, 2 9 5 , 398, 140,161, 171,251,345
402 Kirche, katholische 17, 30, 36, 140, 161,
Identität, nationale 36, 9 5 , 220, 227, 285f 164
Identität, weibliche 30f, 36, 73t, 87, 249, Koedukation 34f, 58, 86, 89, 1 2 1 , 133,
2 5 1 , 262, 264, 266, 275, 280, 285 152
Imperialismus 62, 207, 210, 222, 267 »Kölnische Volkszeitung« 109, 331
Impotenz 40, 4 3 , 283 »Koloniale Monatsblätter« 233
Individualismus 24, 208, 281 Kolonialpolitik 6 1 , 9 1 , 2 3 3 , 320
Industrialisierung 25, 71f, 194, 2 0 3 , 206, Kommunismus 2 7 , 218, 242, 2 8 8 - 2 9 0
266, 277, 332f Konferenz deutscher Sittlichkeitsvereine 46

442
Konfession 140, 309 268, 309-312, 335, 343, 345, 368, 3 7 1 ,
Konkurrenz, Konkurrenzfürcht 18, 32, 34f, _396
39f, 4 2 , 44, 4 8 , 52f, 56, 57, 59, 6 3 , Lehrerinnen 32, 5 3 - 5 6 , 5 9 , 6 9 f , 134f, 138,
6 6 - 7 0 , 72f., 7 5 - 7 7 , 9 4 , 116, 135, 145, 153, 164, 234, 309f, 343, 387
152, 1 8 0 - 1 8 3 , 185, 187-190, 246, 260, Lehrerinnenzölibat 55, 146, 148, 3 1 0 - — _ -
265, 3 7 0 , 381 »Leipziger Neueste Nachrichten« 330
Konservatismus 14, 2 7 , 2 8 , 3 1 , 4 3 - 4 6 , 4 9 , »Leipziger Volkszeitung« 122
52f., 6 3 , 8 3 , 88, 100, 103, 112, 152 Lette-Verein 25t, 64, 302
Konservative Revolution 293 Liberalismus 2 2 , 2 7 , 3 4 , 4 5 , 4 7 , 8 8 , 9 6 , 1 0 0 ,
»Korrespondenz des Bundes der Landwirte« 1 0 7 , 1 7 2 , 257, 330, 363, 365
93 Lohnarbeit, weibliche 25-27, 31f, 55, 6 4 -
»Korrespondenz-Blatt für den akademisch 68, 72, 7 5 - 7 7 , 84, 9 4 , 103, 106, 134,
gebildeten Lehrerstand« 310f 158,185
KPD 394
»Kraft und Schönheit« 83 Mädchen- und Erauengruppcn für soziale
I Krankenpflege 191, 194, 2 2 3 , 359, 372f Hilfisarbeit 32, 50f, 90, 107
»Kreuz-Zeitung« 100, 109, 113, 128, 162, Mädchengymnasium 3 4 , 9 4 , 153, 198-200,
182f, 244, 3 5 1 , 3 5 8 , 3 8 9 213,265,344,370,375
Kriegervereine 112 Mädchenschulen 3 3 , 53f, 56f, 69, 108,
Kriegsamt, Frauenarbeitszcntrale und Frau- 134, 153, 192, 195, 1 9 7 - 1 9 9 , 2 0 6 , 2 3 4 ,
! enreferate im 179, 184, 225, 368 310f, 381
Kriegsanleihen 150f Mädchenschulreform, preußische 57f, 87,
Kriegsgefangene 2 1 5 , 2 1 9 - 2 2 1 , 2 2 3 , 262, 191,198-200,237,273
382 Mann, männlich, Männlichkeit 18, 21-27,
Kriegsinvalidität 182 29f., 34, 3 6 - 1 1 , 43f, 51f, 55-60, 63f,
Knegskrankenpflcge 221 f. 66, 69f, 74, 76, 79, 81f, 85, 89-92, 97,
Kriegsministerium, preußisches 190, 314 100, 104-107, 115, 121, 127, 130, 166,
Kriegsrückkehrer 182, 184-188, 190, 192, 177f, 188, 219, 2 2 3 , 246, 272, 279f,
199, 292 282-284 , 286, 287, 290, 300, 400f
Kriegstagung des BDF 211 Männerbund 1 8 , 2 5 7 , 262, 282f, 292-295,
Kriegsvorbercitung 194, 222f, 2 3 4 , 401 392
Kriegswirtschaft 179, 184, 186, 2 2 3 , 262 Masochismus, weiblicher 80
Kriegsziele 284 Masochismus, männlicher 280, 400
Kriminalistik 247, 320 Massenmarkt, politischer 236, 240, 273
Kultur 29, 36f, 3 9 - 4 1 , 80, 8 3 , 85, 9 1 , 9 4 , Mathematik 79, 320
111,136,148,177,202,233f,236,257, »Mecklenburger Warte« 124
260, 267, 276, 2 7 8 , 280, 330, 399 Medizin, Mediziner 2 9 , 55, 74, 77, 7 9 - 8 3 ,
Kulturpessimismus, Zivilisationskritik 41 f., 87,90-92,101,116,135-137,145,154,
53, 83, 87, 152f, 208, 2 7 5 - 2 7 8 , 280, 161, 199, 2 0 1 , 2 0 5 , 209f, 213, 225,
293 246f, 260, 3 0 1 , 320f, 323, 334f, 345,
»Kunsrwart« 37, 4 1 - 4 3 , 126, 153, 191f, 353,380,384,400
201f.,213,216,247,276,279, 305,340, Militäranwärter 6 4 , 1 3 7 , 1 4 4 , 188, 316, 371
373, 386 Militarismus 178, 2 2 1 - 2 2 4 , 236, 367
Ministerium für Handel und Gewerbe, preu-
Landtag, preußischer 58, 147, 367 ßisches 190
Landtagswahlen, preußische 9 3 , 160, 364 Misogynie 12, 14, 2 3 , 34, 36, 4 1 , 55f, 60,
Lebensreform, Lebensreformbewegung 86, 67f, 70, 7 3 - 7 5 , 7 9 - 8 4 , 89f, 106, 153,
90, 152, 189, 205-207, 2 1 3 , 2 8 1 , 285, 183,227,246f, 2 5 9 , 2 6 5 , 2 9 8 , 318, 392,
305,321,391 402
Lehrer, Lehrerverbände 13, 32, 53-59, 62, mithelfende Familienangehörige 105, 158f,
64, 67t, 7 1 , 73, 76f, 83, 119f, 134, 329
137f, 1 4 5 , 1 5 3 , 1 5 8 , 1 8 8 , 1 9 6 , 2 6 0 , 2 6 5 , Mittgart-Bund84, 379

443
Mode 8 1 , 196f, 2 0 5 , 214-219, 2 9 1 , 323, Nationalstaat 2 6 , 2 8 , 6 3 , 9 1 , 207, 222, 224,
382 259, 270-274
Modernisierung 20, 2 9 , 33, 35f, 4 1 , 49f, Nationalversammlung 44, 241-245
99, 110, 187, 2 0 3 , 259f, 274, 277 Nationsbildung 273
Molekularbiologie 250 Neue Ethik 47
Monarchismus 6 3 , 66, 100, 255 »Neue Preußische Zeitung« s. »Kreuz-Zei-
»Monatsblatt des Bundes zur Bekämpfung tung«
der Frauenemanzipation« 126f, 132, »Neues Deutschland« 123, 352
141f, 146-150, 152, 227, 229, 2 4 3 - »Neues Ixben« 254
245, 253, 289, 299, 339, 343, 347, 350, „Neues Tagblatt« 229
366, 389, 392, 398 Neuorientierung 205, 224-228, 230f, 236,
»Monatsschrift für Deutsche Beamte« 70f, 262
191,214,217,316 New York State Association Opposed to Wo-
MSPD 372 men Suffrage 119
»Münchner Neueste Nachrichten« 351 »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« 111,
Mütterlichkeit, geistige 112, 114, 2 4 9 , 120, 1 2 3 , 3 5 6
253f, 264, 267f, 278, 338, 399 »Norddeutsche Monatshefte« 205, 207
Mutterschaft, Mütterlichkeit 16, 2 1 , 26, 29, »Nordwest-Zeitung« 350
32, 39, 41f, 4 7 , 5 1 , 5 5 , 59, 6 1 , 7 5 , 77, Novemberrevolution 18, 55, 62, 131f, 137,
84f, 8 9 , 9 1 - 9 4 , 9 9 , 1 0 6 , 1 1 2 , 1 1 5 f , 118, 170,213,226,229f, 235,237,243,249,
134, 145, 153, 165, 181-185, 192-195, 253, 258, 276, 289, 2 9 1 , 3 8 1 , 387-389,
199-202, 2 0 5 f , 2 0 9 , 2 1 1 - 2 1 4 , 2 1 8 , 403
237, 249, 254, 2 6 3 - 2 6 5 , 269, 274, 276, NSDAP 2 5 4 - 2 5 8 , 270, 342, 395
2 8 1 , 2 8 7 , 2 9 2 , 3 0 3 , 3 0 5 , 3 2 1 , 3 2 3 f , 353,
372, 376, 396, 397 Oberste Heeresleitung 179, 224f.
Öffentlicher Dienst 53, 66
Nation 18, 3 7 , 5 5 , 7 0 , 8 6 , 9 5 f , 200f, 206f, Öffentlichkeitsarbeit 80, 89, 111, 119-122,
212, 216, 2 1 9 , 222f, 2 3 6 , 2 6 6 - 2 7 4 , 131, 1 4 1 , 1 4 8 - 1 5 0 , 2 2 5 , 2 5 3 , 3 5 0 , 3 6 3
284, 306, 333, 386, 396, 398 Opposition, binäre 95, 279f
Nationalbewußtsein 3 7 , 4 2 , 5 0 , 6 1 , 9 8 , 1 9 4 , Orthodoxie 4 8 , 52
2 3 3 f , 2 4 4 , 2 6 8 , 279, 286 Orthodoxie, protestantische 4 7 - 4 9 , 5 1 , 257
Nationalbolschewismus 288f, 291 Ortsgruppen 6 1 , 9 7 , 106, 125, 131, 1 4 2 -
Nationalclub 256 145, 147, 149, 160, 169, 234, 247, 254,
nationale Opposition 17 319, 327, 346f, 3 5 1 , 356, 3 6 1 , 391
Nationaler Erauendienst 17,178f, 195,221, »Ostara« 59, 9 1 , 127, 340, 349, 351
224f, 2 3 5 , 274, 344 Osterbotschaft Wilhelm IL 224, 226
Nationalismus 62, 64, 7 1 , 74, 86, 9 2 - 9 4 ,
96f., 100, 114, 177, 179, 191, 194,214, »Pädagogisches Wochenblatt fiir den akade-
219, 222, 227, 229, 234f, 240, 260f, misch gebildeten Lehrerstand Deutsch
268, 2 7 1 , 286, 297, 306, 367, 398 lands« 310
Nationalliberale Partei 15, 105, 108, 152, Paragraph 218 156f.
172, 175, 225, 2 3 1 , 238f, 364 Parlamcntarisierung 104, 226, 232
»Nationallibcrale Zeitung« 277 Parlamentarismus 42f, 2 4 1 , 257
Nationalliberalismus 9 3 , 103, 2 3 0 , 2 3 3 , Partizipation 18, 4 3 , 101, 109, 222, 224,
238,252 226f, 229f, 237, 239, 260f, 272-274,
Nationalökonomie 26 278
Nationalsozialcr Verein 45 Patriotismus 9 5 , 178, 2 2 1 , 2 2 3 , 2 2 5 , 232,
Nationalsozialismus 18f, 84, 100, 128,210, 236,261,310
252, 2 5 6 - 2 5 8 , 267, 270, 2 8 3 , 293f, Petitionen 32, 4 6 , 49, 5 6 - 5 8 , 76, 104f,
375, 394f, 397 144, 147, 175, 187, 189, 224f, 230,
Nationalsozialistische Ereiheitspartci 252, 2 4 3 - 2 4 5 , 2 4 7 , 325, 367, 370, 3 8 3 , 389f
255f, 270 Phallus 4 0 , 9 1 , 283f, 291

444
! Phvsiologie 14, 20, 22, 30, 5 1 , 74, 77, 80f, Rcichmarineamt 186
84, 9 1 , 104, 107, 113, 183, 2 0 9 , 3 0 1 , Reichs- und Freikonservative Partei 226
303, 320, 324 Reichsamt des Inneren 136, 186, 368, 387,
I »Politisch-anthropologische Monatsschrift« 395
6 1 , 199f, 204f, 227, 2 5 4 , 2 7 5 , 279, Reichsamt fiir wirtschaftliche Demobilma-
293, 376, 401 chung 1 9 0 , 3 7 0
»Politisch-anthropologische Revue« 80, 8 4 - »Reichsbote« 122, 161f, 350, 358, 362,
86, 128, 323, 3 3 3 , 366 369
: Politisierung 18, 42, 44f, 49f., 52, 56, 59, Reichshammerbund 126, 128, 188, 252,
62, 88f, 9 8 , 100, 102, 105, 107, 111, 391,394
113,119,132f, 1 5 2 , 1 6 8 , 1 7 2 , 2 0 5 , 2 2 3 , Reichskolonialamt 230, 232, 386

(
235f, 239, 241f, 2 6 1 , 269f, 279, 289, »Rcichspost« 196
292 Rcichspost, Postreform, Postgehilfinnen 6 4 -
otenz 4 0 , 4 3 , 283f, 286f. 69,74, 186,314-316,371
reußische Akademie der Wissenschaften Reichsrat 247f.
136 Reichstag 2 5 , 32f, 4 9 , 67, 8 8 , 9 3 , 9 7 , 100-
Preußische Jahrbücher« 34f, 37^10, 4 2 - 102,105,110f, 120,143,146,175,187,
44, 125, 158, 194, 237f, 242, 247f, 189, 238f, 2 4 3 , 2 4 5 , 247, 256, 325,
254, 2 7 5 , 2 7 7 , 292, 305f 368
Preußischer Landesverein für Erauenstimm Reichstagsausschuß für Handel und Gewer-
recht 160f be 186f.
Professionalisierung 2 1 , 32, 41f, 4 7 , 76, Reichstagsbrand 395
191f, 1 9 4 , 2 6 3 , 3 0 1 , 3 2 0 , 3 7 2 Reichstagswahl 42, 110, 239, 317
Pronatalismus 17, 188, 202f, 2 0 5 , 2 0 7 - Reichsverband gegen die Sozialdemokratie
209,212,214,235,262 98f, 1 1 6 , 3 2 7 , 3 6 5
Prostitution 82, 8 5 , 9 1 , 1 1 7 , 2 1 5 - 2 1 7 , 2 1 9 , »Reichswart« 2 4 1 , 255
287f, 320f, 3 2 5 , 4 0 0 Reißensteiner Verband für wirtschaftliche
Protestantismus 13, 26, 36, 4 5 , 4 7 , 52f, Fraucnschulen auf dem Lande 193
140,161 Reproduktionsfähigkeit, weibliche 27, 29,
Psychiatrie 30, 80f, 90 42, 55, 6 0 , 7 4 , 83f, 9 2 , 114, 183, 194,
Psychoanalyse 2 9 1 , 295, 399 199f, 202f, 2 0 5 - 2 1 0 , 213f, 267, 269,
Psychologie 20, 24, 30, 37fi, 40, 5 1 , 74, 77, 272
79f, 84, 104, 107, 183, 196, 247, 260, Revolution 1 8 4 8 / 4 9 2 2 - 2 4 , 300, 306
303, 320, 324 Revolution, französische 20, 36, 290
Psychologische Gesellschaft Berlin 186 Revolution, russische 2 2 7 - 2 2 9 , 288
»Rheinisch-Westfälische Zeitung« 96, 107,
330, 351 f.
Rassenhygiene 5 1 , 62, 77, 84f, 88, 9 0 - 9 2 , Rheinischer Philologenverband 153, 311
129, 152, 161, 199f, 202, 205f, 2 0 8 - Rotes Kreuz, Frauenvereine vom Roten
2 1 1 , 2 1 3 , 260, 267, 319, 322, 325, 338, Kreuz 2 2 0 - 2 2 3 , 382f
353, 378, 380, 397
Rassismus 5 1 , 6 1 , 77, 83-87, 9 0 - 9 6 , 114, Sadomasochismus 250, 290
125-128, 154, 194, 200, 204, 207, 227, Säkularisierung 260
2 3 3 , 2 5 4 , 2 6 6 f , 2 7 2 , 2 7 5 , 2 8 7 , 3 0 5 , 322, Säuglingssterblichkeit 193, 207
342 »Schlesische Zeitung« 352
Rat der Volksbeauftragten 239, 241 Schöffen, weibliche bei Jugendgerichten
Rationalisierung, bürotechnische 68f, 72f., 173,246,248,273,390
186f,277 Schulkommission, kommunale 230
Rationalisierung, der Lebensführung 193, Schulkommission, badische 229
203, 263, 277, 334 Schutzbund fürs deutsche Weib 130, 188f,
Rechtspflege, weibliche 2 4 5 - 2 4 8 , 2 5 1 , 390 209, 250
Regeneration, völkische 52 Schweigegebot, paulinisches 4 5 ^ 7 , 49, 51

445
Segment Verordnung 104, 106 Unabhängiger Ausschuß für einen deutschen
Sexualität, Scxualisierung 36, 40f, 44, 47, Frieden 129f.
70, 73f, 9 1 , 94f, 115, 156, 178, 206, Universität 3 5 - 3 7 , 5 9 , 6 1 , 6 3 , 9 4 , 1 0 1 , 121,
214f, 2 1 8 - 2 2 0 , 227, 250, 264, 283, 136f, 140, 146f, 181, 191, 196-200,
287f.,291,301,333 209,250,252,273,313, 328,344,375f,
Scxualmetaphorik 216, 280, 282, 284 399
Sexualmoral 38, 5 1 , 5 5 , 9 5 , 2 1 5 - 2 1 8 , 260, Urbanisierung 203, 333
288,291,307,333,355 USPD 224, 239, 372
Sexualpolitik 325
Sexualpsvchologie 2 3 , 74, 9 1 , 250, 291 Vaterländischer Frauenverein 60, 122, 155,
Sexualreform 47, 84f, 9 1 , 94, 157, 2 1 1 , 170, 221 f., 247, 354
307, 333f, 380 Vaterländischer Schriftenverband 150, 234,
Sexualwissenschaft 20, 80, 279, 400 386
sexuelle Selbstbestimmung 8 5 , 9 0 , 92, 115- Verband akademisch gebildeter und studie-
117, 1 2 1 , 2 0 5 f , 2 1 0 , 212, 217f, 291 render Lehrerinnen 56
Sonderanthropologie, weibliche 20, 26, 5 1 , Verband Akademischer Frauenvereine 62
65, 6 7 , 70, 74, 79, 82, 84, 9 9 , 104, 107, Verband der akademisch gebildeten Lehrer
109, 125, 158, 183, 247f, 265, 298 an den öffentlichen höheren Mädchen
Sozialdarwinismus s. Darwinismus schulen in Preußen 56, 310, 312
»Sozialistische Monatshefte« 106 Verband der Studentinnenvereine Deutsch
Sozialpolitik 190f. lands 62
Spartakus Briefe 224 Verband Deutscher Beamten-Vereine 66, 70,
Sozialdemokratie 14, 3 1 , 46, 49f, 84, 87, 315
9 3 , 9 5 - 9 8 , 1 0 0 - 1 0 3 , 1 0 5 - 1 0 7 , 110- Verband Deutscher Bürobeamter 371
113,116,119,131,135,147,168,174f, Verband deutscher Frauenbildungs- und Er-
178,181,204,207,211,226,228f, 231, werbsvereine 302
2 3 6 - 2 3 9 , 242, 252, 257, 260f, 2 7 1 - Verband deutscher Hausfrauenvereine 193
2 7 3 , 2 8 8 , 2 9 7 , 3 1 9 , 3 2 2 , 3 3 0 , 3 3 3 f , 346, Verband Deutscher Rechtsanwalts- und No-
376, 378 tariats-Bürobeamter 144
Staatsbürgertum, weibliches 2 6 - 2 9 , 3 1 , 38, Verband evangelischer Arbeiterinnenverein
8 i , 92, 100, 112, 147, 167, 170, 172, 361
178, 180, 194, 214, 2 2 3 - 2 2 6 , 2 3 1 , 237, Verband Fortschrittlicher Erauenvereine 48,
270, 303 85,96,160,359
> Staatsbürger-Zeitung« 90, 111, 123 Verband für deutsche Frauenkleidung und
Stifüngsverlag des Evangelisch-Kirchlichen Frauenkultur 216
Hilfsvcrcins 165 Verband gegen die Überhebung des Juden-
Stinnes-Legicn-Abkommen 190 tums 128, 1 3 0 , 2 8 2 , 2 8 4 , 2 9 0
»Süddeutsche Zeitung« 350 Verband Katholischer Arbeitervereine West-
Suffragetten 42f, 89, 110f, 119, 123, 143, deutschlands 371
157, 1 6 0 , 2 6 1 , 3 2 5 , 3 3 5 , 3 5 5 Verband sächsischer mittlerer Fisenbahnbe-
amter 144
»Tägliche Rundschau« 129, 359 Verbündete Ortsgruppen kaufmännischer
Taylorisierung 187, 277 weiblicher Angestellter 382
Theodor-Weicher-Verlag 126 Verdrängungsfürcht 7 3 , 183f, 188f, 198,
Thule-Gesellschaft 349 224, 283
»Thürmer« 216 Verein christlicher Lehrerinnen 361
Traditionalismus, religiöser 257 Verein der Geheimen Kanzleisekretäre 67
Treubund für aufsteigendes Leben 249, Verein der mittleren Reichs-, Post- und Tele
391 graphenbeamten 68
Verein ehemaliger Scesoldaten 146
Übergangswirtschaft 190 Verein »Frauenbildung-Erauenstudium«
»Ulmer Tageblatt« 124 147, 340, 349

446
[Verein Frauenwohl 148, 160 Vorgesetzte, weibliche 2 4 , 3 2 , 4 7 , 5 1 , 56,
I Verein für das Deutschtum im Ausland 128, 58, 60, 67f, 187-189, 2 3 1 , 246f, 2 5 1 ,
234, 236f., 327, 3 4 1 , 3 8 6 265, 284
I Verein für notleidende Frauen der gebildeten Vormundschaft 103
Stände 145 »Vortrupp« 123, 338
Verein für öffentliche Gesundheitspflege 157 »Vorwärts« 122, 180
Verein ftir Schlesien 247 »Vossische Zeitung« 220, 2 2 3 , 232
Verein für vernünftige Leibeszucht 83 Votes for Women 110, 155
Verein Heimatdank 130
Verein von Philologen an den öffentlichen Wahlrechtsreform, preußische 2 2 9 , 231
höheren Mädchenschulen in Schleswig- Wälsungcnorden 189
Holstein 57 Wandervogel 209
Verein zur Förderung weiblicher Berufstä- »Wege und Ziele« 165
tigkeit 25 Wehrverein 128, 188, 2 0 9 , 2 1 5 , 2 2 2 , 2 3 4 ,
Vereine Deutscher Studenten 59, 6 1 , 128, 332,336,381,386
313,341 weiblich, Weiblichkeit 18, 2 0 - 2 2 , 2 5 - 2 7 ,
- Alt-Herrenbund 188 31, 3 4 , 3 6 , 38f, 41f, 4 4 , 5 5 , 8 0 , 8 8 , 9 9 f ,
- Kyffhäuserverband 5 9 - 6 2 , 128, 197, 102,104f, 1 0 7 , 1 1 0 , 1 1 2 , 1 1 5 , 1 2 1 , 1 3 5 ,
313,341 152, 157, 179, 182, 191, 193, 197-199,
Vereinigung Evangelischer Frauenverbändc 214,221,228f, 234,236,244,260,263,
247 2 6 6 , 2 6 8 , 271t, 2 7 5 - 2 7 7 , 2 7 9 , 2 8 7 ,
Vereinigung für vaterländische Vorträge 145 2 9 1 - 2 9 3 , 300f, 378, 381
Vereinigung Konservativer Frauen 173f, Weimarer Republik 18f, 1 6 3 , 1 7 1 , 196,
231,241 2 0 1 , 2 3 2 , 248f, 2 5 1 - 2 5 3 , 262, 269,
Vereinsrecht, preußisches 4 7 , 9 7 , 9 9 , 104, 2 8 3 , 286f., 290f, 2 9 3 , 2 9 7 , 306, 334,
233,236,273,323,330 370, 392, 395, 402, 404
Vereinsverband adademisch gebildeter Leh Weltbund für Frauenstimmrecht 77, 205
rer Deutschland 311 Windhorstbünde 108
Vermannlichung 39f, 82, 173, 182, 200, Wirtschaftliche Vereinigung 67
227, 272, 280, 2 9 1 , 333, 376, 401 Wissenschaft 16, 20, 34f, 40f, 5 1 , 7 9 - 8 1 ,
Verweiblichung, Verweiberung 39^11, 7 3 , 83f, 86f, 92, 128, 136, 154, 196, 200,
196, 228, 249, 280, 282, 284, 2 9 1 , 296, 202, 210, 250, 259, 275, 320, 342
310,335,400 Wohlfahrtspflege, weibliche 4 1 , 4 6 , 50f, 54,
»Vicrtcijahresschrift für Höhere Töchter- 66, 89f, 107, 122, 132, 134, 179, 183,
schulen« 28 195, 2 2 5 , 229, 234, 236f, 2 6 3 , 367
völkische Bewegung 18, 4 1 , 51 f., 77, 90f, Wohltätigkeit 90, 167, 232, 2 3 5 , 359
9 3 , 100, 114, 124-126, 145, 196, 204, Womcn's National Anti-Suffrage Lcague 98
206, 208, 2 1 3 , 2 4 1 , 2 4 8 - 2 5 0 , 2 5 2 , 262,
282, 292, 321, 338, 392, 394 Xenophobie 63
völkische Ideologie, »Volksgemeinschaft«
18f, 51f, 60, 6 3 , 73f., 77, 8 3 , 86f, 90, »Zeitfragen« 94, 126
9 2 , 9 6 f , 100, 114, 125, 127, 161, 191f, »Zeitschrift für Socialwissenschaft« 92
199, 202, 207f, 2 1 3 , 226, 235f, 2 5 1 , Zentralstelle für Volkswohlfahrt 210
253, 255, 266f, 273, 279, 28 lf., 305 Zentrum 105, 109, 112, 136, 141, 153,
»Volkskraft« 196, 281 168, 172, 174f, 2 2 5 , 230f, 238, 242,
Volksverein für das katholische Deutschland 329f,388
108f. Zweiter Weltkrieg 86

447
Bayerische
Staatsbibliothek
München

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