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Tanja C. Vollmer Hrsg.

Architekturpsychologie
Perspektiven
Band 1 Forschung und Lehre
Architekturpsychologie Perspektiven
Tanja C. Vollmer
(Hrsg.)

Architekturpsychologie
Perspektiven
Band 1 Forschung und Lehre
Hrsg.
Tanja C. Vollmer
School of Engineering and Design,
Department of Architecture
Technische Universität München
München, Deutschland

ISBN 978-3-658-40606-6 ISBN 978-3-658-40607-3 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-658-40607-3

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Vorwort

Wer erstmals das Haus von Salvador Dalí in Portlligat betritt, spürt sofort, dass
es sich hier um eine ganz besondere Behausung handelt. Es ist das einzige
Haus, das der spanische Künstler besaß. Das Haus ist gemessen am Ruhm des
weltbekannten Surrealisten klein und bescheiden. Manch einem werden die ein-
zelnen Räume sogar winzig erscheinen. Und gerade das macht den Besitzer, den
Schöpfer dieser Architektur, so erfahrbar. Wie kleine Zellen reihen sich einzelne
Räume aneinander, die stets ihre Maße, ihren Charakter ändern und einen ande-
ren, neuen Abschnitt im Leben Dalís preisgeben. Sie sind ineinander verwoben,
von hoher Dichte und dem Wunsch nach Integration und Einkehr geprägt. Gleich-
zeitig gelingt von jedem Standpunkt aus ein bezaubernder Blick auf die kleinen
Fischerboote und das türkisblaue Mittelmeer, in das die steile Küste von Cadaqués
ragt. Als junger Mann erwarb Dalí zunächst eine alte Fischerhütte, die gerade so
viel Quadratmeter besaß, dass seine Staffelei und ein Bett darin Platz hatten. Im
Laufe der Jahre kamen angrenzende Hütten hinzu und er transformierte sie in ein
einheitliches Gebilde, das jeder Tradition entsagte und einzig Ausdruck seiner
ins Detail verschachtelten Gedanken, seines geistreichen Lebens war. Zu diesem
Leben gehörte auch Gala, seine Frau und Muse, mit der er ebenso verwoben war
wie jede einzelne der Zellen in diesem häuslichen Organismus. Als Gala starb,
verlies Dalí das Haus und kehrte nie wieder zurück.
„Das verstehe ich nicht“, ruft eine Architekturstudierende beinah empört durch
den Berliner Hörsaal, in dem ich 2016 meine erste Vorlesung in Architekturpsy-
chologie halte. „Warum verlässt er einen so schönen, individuellen Ort, der doch
auch die Erinnerung an seine Frau und das gemeinsame Leben mit ihr trägt?“
Der Tod eines geliebten Menschen ist eine traumatische Erfahrung, die es zu
überwinden gilt, um selbst weiterleben zu können. Während sich die einen zum

V
VI Vorwort

Überleben an die Erinnerung klammern, rettet die anderen, sich so weit wie mög-
lich von diesen zu entfernen. Das Haus war immer Ausdruck der Veränderungen
im Leben des Künstlers, es wuchs rhythmisch mit diesen mit und wurde von
Dalí stetig weitergestaltet. Die Veränderung, die er mit dem Tod von Gala erfuhr,
war die des schmerzlichen Abschieds. Wie hätte er diese Erfahrung architek-
tonisch ausdrücken und im Haus weiterleben können? Ich bin überwältigt, wie
viele Studierende sich gleich im ersten Jahr meiner Gastprofessur an der TU
Berlin einer solchen Entwurfsaufgabe stellen und sich im Kurs zum bedürfnis-
orientierten, psychologisch unterlegten Entwerfen anmelden. Die Ungeduldigen
haken schnell ab, denn den Menschen in seinen wechselhaften, individuellen
Gefühlen, seinem Erleben zunächst gründlich zu studieren bevor man sich an
das Schöpfen seiner Umwelten, seiner Räume wagt, ist eine große Herausfor-
derung und braucht Zeit. Was wissen wir aus wissenschaftlichen Studien? Was
lernen wir aus der Beobachtung? Was aus dem Experiment an uns selbst? Und
wie machen wir dieses Wissen als junge Architektinnen und Architekten auf dem
Weg in unseren Traumberuf nutzbar?
Ohne die Bedürfnisse einzelner, spezifischer Nutzergruppen genau zu ver-
stehen, sie wissenschaftlich exakt zu beschreiben und so nach Möglichkeiten
suchen zu können, diese Bedürfnisse mithilfe bestimmter Entwurfsfaktoren und -
kriterien zu sättigen, ist Architekturpsychologie sinn- und wirkungslos. Am Ende
des Semesters, damals wie heute, sind nur noch die Studierenden übrig, die
Architekturpsychologie als Mitgestalterin begreifen. Jene, die die Inhalte nur pas-
siv konsumieren möchten, nur über oder mit Psychologie reden wollen, fallen
durch. „Wie lang werden Sie an der TU bleiben“, fragt ein Studierender, dessen
Masterarbeit den Zusammenhang von häuslicher Gewalt und Wohnumgebungen
untersucht. „Am liebsten bis es Dir gelingt, auf der ganzen Welt Wohnhäuser
zu entwerfen und zu bauen, die keine Gewalt mehr zulassen“, antworte ich. Der
eigenen Disziplin und dem beruflichen Selbstverständnis – auch nach all den Jah-
ren hoher Akzeptanz und medialer Begeisterung – weiterhin kritisch reflektierend
gegenüber zu stehen, ist mir wichtig. Gleichzeitig weiter daran zu arbeiten, dass
Deutschland endlich eine nachhaltige, in der akademischen Forschung und Lehre
fest verankerte Architekturpsychologie erhält, auch.
Ich danke allen Autorinnen und Autoren dieses Buches für ihre wertvollen
Beiträge, die nicht zuletzt dieses Anliegen unterstützen.

Berlin Tanja C. Vollmer


im Frühling 2023
Inhaltsverzeichnis

1 Architekturpsychologie. Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Tanja C. Vollmer
2 Vom Bedürfnis zum Beweis: Architekturpsychologie als
Schlüsselkonzept der Heilenden Architektur und Evidence Based
Design Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Tanja C. Vollmer und Gemma Koppen
3 Anthropologisch-phänomenologische Forschung: Eine
methodologische Skizze über deren Beitrag zur evidenzbasierten
Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Christian Rittelmeyer
4 Über das (Un-)Vermögen, das sinnliche Erleben von Stadträumen
zu planen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Anne Brandl
5 Architekturpsychologie an der Süddänischen Universität . . . . . . . . . . 61
Kirsten K. Roessler
6 Metadisziplinäre Ästhetik: Ein Konzeptrahmen für Architektur,
Gestaltung und Evidence Based Design . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Michael Heinrich

VII
Metadisziplinäre Ästhetik: Ein
Konzeptrahmen für Architektur,
6
Gestaltung und Evidence Based Design

Michael Heinrich

Inhaltsverzeichnis
6.1 Theoretische und konzeptionelle Grundlagen eines integrativen
Ästhetik-Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... 80
6.2 Das Drei-Ebenen-Modell der ästhetischen Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... 82
6.3 Das Prozess-Modell der ästhetischen Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... 85
6.4 Vorbewusste, atmosphärische Wahrnehmung als primäre intuitive
Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... 87
6.5 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... 90
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... 91

Architektur und Design tragen Verantwortung für menschliches Wohlbefinden,


für Produktivität und gesellschaftlichen Zusammenhalt und sollten daher funktio-
nale und ästhetische Aspekte menschlicher Bedürfnisse umfassend reflektieren.
Das erfordert aktuelles Wissen aus vielen Disziplinen, insbesondere aus der Psy-
chologie und den Lebens- und Neurowissenschaften, die inzwischen im Health
Design und in den damit verbundenen Evidence Based Design Methodiken auch
durchaus Beachtung gefunden haben. Dennoch gibt es dringenden Bedarf an
übergreifenden, integrativen Betrachtungsmodellen der ästhetischen Erfahrung in
Zusammenhang mit konkreten Ausdrucksformen der Architektur und des Desi-
gns. Der vorliegende Beitrag skizziert einen konzeptionellen Bezugsrahmen, der
die Grundfunktionen der ästhetischen Erfahrung integrativ modelliert und zentrale
ästhetische Wirkungsweisen beschreibt. Darin sind Theorien und Erkenntnisse
aus Psychologie, Neurowissenschaften, Semiotik und Systemtheorie verarbeitet.

M. Heinrich (B)
Hochschule Coburg, Fakultät Design, Coburg, Deutschland
E-Mail: michael.heinrich@hs-coburg.de

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden 79


GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023
T. C. Vollmer (Hrsg.), Architekturpsychologie Perspektiven,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40607-3_6
80 M. Heinrich

Interdependente bottom-up Gestaltbildungsprozesse und top-down Bedeutungs-


zuweisungen in der menschlichen Wahrnehmung und Kognition werden mit
emotionaler Bewertung verknüpft, welche ihrerseits stark auf vorbewusster atmo-
sphärischer Wahrnehmung beruht. Das systemische, prozesshaft-dynamische Bild
der ästhetischen Erfahrung verbindet strukturelle, operative, soziale, semiotisch-
symbolische und atmosphärische Funktionen von Architektur und Design.

6.1 Theoretische und konzeptionelle Grundlagen eines


integrativen Ästhetik-Ansatzes

Wenn über Architektur diskutiert wird, sind sich alle Parteien in der Regel
darin einig, dass „der Mensch im Mittelpunkt“ stehen sollte. Häufig hört die
Einigkeit hier auf, denn das Bild des „Menschen“ samt seiner Bedürfnisse
war und ist in verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Milieus, in ver-
schiedenen Berufssparten, in verschiedenen Altersklassen und Generationen und
nicht zuletzt in verschiedenen Kulturen völlig unterschiedlich profiliert. Men-
schenbilder sind in der Regel historisch gewachsen, implizit und unbewusst in
Lebenswelten und Lebensvollzüge eingebettet und mit Rollenbildern, normativen
Erwartungen und gesellschaftlichen Ethiken verknüpft; Menschenbilder können
christlich-altruistische, hedonistische, funktionalistische, individualistische, kol-
lektivistische, kulturalistische oder biologistische Ausrichtungen einnehmen. Vom
Schönheits- und Erhabenheitsdiskurs des 18. Jh. über die Einfühlungstheorien bis
hin zur Gestaltpsychologie, weiter zum Offenbacher Ansatz der Designtheorie,
zur Postmoderne, zum Atmosphäre-Diskurs (vgl. Heinrich, 2020, 2022; Fuchs,
2000, 193–244; Ginsburg, 1986) und schließlich zur Neuroästhetik des 21. Jh.
(als Überblick: vgl. Zeki, 2001, 2008; Pearce et al., 2016; Chatterjee, 2013;
Ramachandran & Hirstein, 1999) reichen die zahllosen Versuche, die Komple-
xität ästhetischen Erlebens – und damit einen großen Bereich des Bewusstseins
an sich – zu beschreiben und zu modellieren. Viele dieser Beobachtungen
und Schlüsse weisen vielfältige metadisziplinäre Übereinstimmungen auf. Und
obwohl ästhetisches Erleben und die damit verbundene affektive und emotionale
Bewertung (vgl. Flade, 2008; Bower et al., 2019) häufig unbewusst oder vorbe-
wusst stattfinden (vgl. Roth, 2004, 2008; Vollmer & Koppen, 2010; Faerber &
Carbon, 2012), sind die meisten solcher Erkenntnisse auch einer reflektierten
Alltagswahrnehmung zugänglich. Mit der rasanten Entwicklung der empirischen
Psychologie und Biologie bis in die Neurowissenschaften hinein hat sich aber
auch das wissenschaftliche Verständnis menschlichen Bewusstseins und Verhal-
tens und menschlicher ästhetischer Erfahrung entwickelt. Dadurch ist auch eine
6 Metadisziplinäre Ästhetik: Ein Konzeptrahmen für Architektur … 81

bio-psycho-anthropologische Begründbarkeit von Architektur- und Designqua-


litäten in erreichbare Nähe gerückt. Das Paradigma einer humanorientierten
Gestaltung von Umfeldern durch Evidence Based Design (EBD) – verbunden
mit einer entsprechenden Recherche zu Nutzerbedürfnissen und -kontexten – ist
aber in der Architekturpraxis noch selten anzutreffen. In den letzten Jahren sind
allerdings einige Werke herausgekommen, die sich wissenschaftlich mit der Wir-
kung von Architektur auseinandersetzen (vgl. etwa Sussman & Hollander, 2021;
Koppen & Vollmer, 2022).
Bei allen unzweifelhaften Erfolgen des EBD gibt es an der derzeitigen Anwen-
dung dieses sehr unspezifischen Begriffsrahmens auch konstruktive Kritik. Es
wird etwa angemerkt, dass es zwar immer mehr anwendungsfreundliche Katego-
risierungen von EBD-Funktionsaspekten gibt (vgl. Malkin, 2008; Ulrich et al.,
2010), aber dass ordnende Konzeptstrukturen wissenschaftlicher Ästhetik, die
alle Einzelerkenntnisse zur ästhetischen Wahrnehmung und Bedeutungsgebung
zueinander in Beziehung setzen könnten, kaum auszumachen sind (vgl. Zhang
et al., 2016). Eine metadisziplinäre Zusammenführung aktueller Erkenntnisse
und Prozessmodelle würde also eine Transzendierung traditionsbasierter Begrün-
dungslinien und veralteter anthropologischer Prämissen stark unterstützen: Erst
wenn wir eine ungefähre Vorstellung von den ästhetischen Auswirkungen von
Lebensumgebungen auf das menschliche Leben und Verhalten haben, können
wir architektonische und gestalterische Mittel definieren, die zur Befriedigung
menschlicher Grundbedürfnisse beitragen können. Hier setzen die vorliegen-
den Modelle einer metadisziplinären Ästhetik an. Sie integrieren zahlreiche
multi-disziplinäre empirische und theoretische Erkenntnisse zur sinnlichen Wahr-
nehmung, Deutung und Bewertung (vgl. Reviews von Chatterjee & Vartanian,
2016; Coburn et al., 2017; Banaei et al., 2017) in einen übergeordneten Kon-
zeptrahmen und beziehen überaus wichtige Erkenntnisse der Gestaltpsychologie
über die visuelle Organisation und den Wahrnehmungsfluss ein (z. B. Arnheim,
1977; Metzger et al., 2006). Auf diese Weise machen sie unhinterfragte Kon-
ventionen, implizite Wertungen und individuelle Geschmackseinflüsse – die ja
einen guten Teil der ästhetischen Beurteilung darstellen – selbst zu einem Gegen-
stand wissenschaftlich fundierter Reflektion und erlauben uns, die ästhetische
Auswirkung von räumlichen Umfeldern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
kontextbezogen zu antizipieren. Über Evaluation und Analyse hinaus kann dieser
Rahmen jedoch auch als kreatives Werkzeug eingesetzt werden (Heinrich, 2021b).
Durch die Mehrstufigkeit und Dialektik der Modelle sind auch Widersprüche
von Aussagen innerhalb derselben Zielgruppen in quantitativen oder qualitati-
ven Erhebungen besser erklärbar, und die Forschungsmethode kann entsprechend
angepasst werden.
82 M. Heinrich

6.2 Das Drei-Ebenen-Modell der ästhetischen Erfahrung

Es gibt zahlreiche interkulturelle Gemeinsamkeiten individueller ästhetischer


Erfahrung: Physiologische und biologisch verankerte Verarbeitungsstrukturen,
also etwa körperliche Funktionsabläufe oder angeborene Verhaltensmuster, und
auch die meisten der physischen und psychischen Grundbedürfnisse von Men-
schen – konzeptualisiert etwa von Maslow (2013) oder Antonovsky (1979) –
finden ihren Ausdruck in der ästhetischen Gestaltung von Umfeldern, wie bei-
spielsweise Schutz, Geborgenheit, (Sicht-)Kontrolle, Orientierung oder Wasser-
und Nahrungsreichtum. Darüber schichten sich viele Unterschiede in der Art
und Weise, wie Individuen und Gruppen mit unterschiedlichen soziokulturel-
len Hintergründen Sinneswahrnehmungen interpretieren und bewerten, was sich
etwa in kulturspezifischen Farbsymboliken oder Architektursemantiken zeigt. Um
diesem vermeintlichen Widerspruch gerecht zu werden, können wir das weite
Feld der ästhetischen Erfahrung zunächst in drei komplementäre Einflussbereiche
auffächern (Abb. 6.1).
Im Bereich Biologie finden sich unsere artspezifische Körperausstattung –
unsere menschliche Hardware – und auch das erweiterte Feld mutmaßlicher
anthropologischer Konstanten oder Universalien. Sie bilden einen tiefen Fundus
an wahrnehmungs- und bedeutungsgebenden Gemeinsamkeiten, die aus vie-
len ästhetischen Phänomenen eine Art Universalsprache machen. Dazu gehören
beispielsweise angeborene oder instinktive Verhaltensauslösemechanismen (vgl.
Burkhardt, 2005), die durch Schlüsselreize aktiviert werden und sinnliche Reize
unmittelbar mit grundlegenden Affekten oder primären Gefühlen verknüpfen:
Interesse, Freude (positiv); Überraschung (Reset: Zurücksetzen des Nervensys-
tems, um sich auf den nächsten Reiz vorzubereiten); Bedrängnis, Ärger, Angst,
Scham, Ekel (negativ). Aber auch Gestaltbildungsfunktionen oder die intuiti-
ven Erstbewertungen der atmosphärischen Wahrnehmung sind stark durch unsere
biologische Hardware bedingt.
Evolutionsbiologie und -psychologie, z. B. vertreten durch die Biophilie-
Hypothese (vgl. Kellert & Wilson, 1993), gehen davon aus, dass angeborene
Reaktionen auf Umwelteinflüsse und -merkmale unsere ästhetischen Vorlieben
und unser Verhalten in weitaus stärkerem Maße prägen als bisher erforscht.
Diese Hypothese lässt sich durch zahlreiche Studien untermauern (vgl. Ulrich,
1993), die den signifikant positiven Einfluss eines gewohnheitsmäßigen Kontakts
mit der Natur oder mit natürlichen Strukturen, etwa auf genesende Kranken-
hauspatienten, belegen. Die Universalität vieler ästhetischer Naturmerkmale (etwa
Verzweigungen oder iterativ-dynamische Variation von Elementen) zeigt sich in
6 Metadisziplinäre Ästhetik: Ein Konzeptrahmen für Architektur … 83

Ä S T H E T I K _ W A H R N E H M U N G _ D E U T U N G _ E VA L UAT I O N
DREI-EBENEN-MODELL DER ÄSTHETISCHEN WAHRNEHMUNG, DEUTUNG UND BEWERTUNG

S PAT I O T E M P O R A L E E R FA H R U N G
& kontextspezifisches ästhesches Urteil und ästhesches Empfinden

IDENTIFIZIERUNG BOTTOM-UP
gerichtete Prozesse

KULTUR

BIOGRAFIE
individuelle Lebenserfahrung, frühe soziale Prägungen, persönliche Analogien, Deutungs- und Bewer-

BIOLOGIE
angeborene Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale, AAMs (via Schlüsselreize), physiologische

© Michael Heinrich 2019


T O P - D O W N
gerichtete Prozesse
ORGANISATION

S E N S O R I S C H E S R E I Z F E L D

Abb. 6.1 Das Drei-Ebenen-Modell der ästhetischen Wahrnehmung, Deutung und Bewer-
tung auf metadisziplinär-wissenschaftlicher Grundlage. (Aus Heinrich, 2019)

entsprechenden ästhetischen Präferenzen, die über Zeit- und Kulturgrenzen hin-


weg kulturanthropologisch nachweisbar sind und teils sogar von uns verwandten
Tierarten geteilt werden. Zu den fraglichen ästhetischen Merkmalen gehören unter
anderem Selbstähnlichkeit, Symmetrie, Rhythmus, Musterbildung und Verzwei-
gung, und ihnen entsprechen die gruppierenden Strukturen und Prozesse, die
die Gestaltbildung im menschlichen Gehirn (und vermutlich auch allgemeiner
im Säugetiergehirn) charakterisieren. Zusammenfassend sind die Prädispositionen
der Biologie-Ebene also entweder biologisch und physiologisch im Individuum
verankert oder gehen als Verhaltenstendenzen aus seiner genetischen Grundstruk-
tur als evolutionäres Erbe hervor (Che et al., 2018; Ramachandran & Hirstein,
1999; Pinker, 2017; Eibl-Eibesfeldt, 1988). Affekte und Emotionen werden
jedoch auch auf den folgenden beiden Ebenen ständig in Rückkopplungsschleifen
als Bewertungsmatrix für sensorischen Input oder Gedächtnisinhalte abgerufen.
Der Bereich Kultur enthält kulturabhängige ästhetische Variablen, nämlich
soziokulturell induzierte, bedingt vorhersagbare kulturelle Muster in Form von
84 M. Heinrich

visuell und ästhetisch kodierten Zeichensystemen, etwa Stile oder Ausdrucksfor-


meln im Sinne architektonischer, gestalterischer und künstlerischer Konventionen.
Sie bilden den Korpus des expliziten und deklarativen Wissens und Gedächtnis-
ses; Wissen, das artikuliert, gespeichert und bewertet werden kann. Zu diesen
semiotischen Aspekten der ästhetischen Wahrnehmung und Interpretation gehören
auch Sprachen oder begriffliche Formen, erlernte Schemata als Summe der Erfah-
rung (vgl. Piaget et al., 1975; Rambow, 2000, S. 47 ff.) ebenso wie Symbole oder
andere Objekte mit Referenzcharakter. Dabei ist zu beachten, dass die kulturelle
bzw. die semiotische Ebene der ästhetischen Wahrnehmung alle Arten von gesell-
schaftlich relevanter Selbstdarstellung und Kommunikation kodiert, einschließlich
der Identifikationszeichen sozialer Zugehörigkeit sowie der attributiven Auftei-
lungen sozialer und individueller Räume (Jacobsen & Beudt, 2017; Stevanović,
2011; Redies, 2015).
Der dritte Bereich, Biografie, setzt sich schließlich aus einem unüber-
schaubaren Netzwerk von biografisch bedingten Einstellungen, Motivationen,
Prägungen, mentalen Paradigmen, Reaktionsmustern und Wahrnehmungsgewohn-
heiten zusammen, die unsere individuellen ästhetischen Präferenzen formen (vgl.
Vessel et al., 2013). Dabei werden natürlich die verschiedenen Dimensionen
der individuellen Persönlichkeit auch physiologisch manifestiert, etwa durch
das Balanceprofil der Botenstoffe innerhalb der Gefühlsregulation (vgl. Montag,
2016). Die Prozesse, die ich auf der Biografie-Ebene der ästhetischen Wahrneh-
mung verorte, verbinden Inhalte des expliziten Wissens (aus der Kultur-Ebene)
mit affektiven und emotionalen Antworten und Bedürfnissen (aus der Biologie-
Ebene) und weisen ihnen damit eine existentielle, physisch wahrnehmbare und
damit verkörperte (embodied) Bedeutung zu. Mit anderen Worten, sie verwan-
deln explizites Wissen in implizites Wissen, z. B. in prozedurales Wissen wie die
Fähigkeit zum Klavierspielen oder zum Fahrradfahren. Die mühelose Verfügbar-
keit dieses Wissens trägt dann zur Bevorzugung von intuitiv Vertrautem bei, dem
sog. mere-exposure Effekt (Zajonc, 2001). Dieser dritte Bereich der Einflussfakto-
ren stellt einerseits den individualisiertesten Teil des Wahrnehmungskontinuums
dar und sollte Berücksichtigung finden, wenn es um Einzelpersonen oder Ziel-
gruppen mit sehr starken Gemeinsamkeiten der biografischen Prägung geht.
Andererseits sind individual-biografische Prägungen bis zu einem gewissen Grad
durch soziokulturelle Praktiken innerhalb eines gemeinsamen soziokulturellen
Feldes mit anderen individual-biografischen Mustern vereint und gehen damit
graduell in die Kultur-Ebene über.
Alle drei Bereiche der ästhetischen Wahrnehmung – Biologie, Kultur und
Biografie – sind also immer gemeinsam an der Interpretation von Sinnes-
reizen beteiligt, wobei sie sich dabei in vielfältigen Rückkopplungsschleifen
6 Metadisziplinäre Ästhetik: Ein Konzeptrahmen für Architektur … 85

verstärken oder hemmen. Auch mit dieser reduzierten Struktur lässt sich die
Widersprüchlichkeit ästhetischer Alltagspräferenzen bereits grob modellieren: In
einem Restaurant mag sich ein Besucher auf der biologischen Ebene zu einem
Platz hingezogen fühlen, der im evolutionären Sinne „gut“ ist, zum Beispiel zu
einer Sitzbank mit der besten Aussicht auf das ganze Lokal, geschützt durch die
Wand und neben dem warmen Kamin. Auf der kulturellen Ebene wäre unser
Beispielgast jedoch in seinem Impuls gehemmt, weil es in seinem Milieu üblich
ist, der Begleiterin den attraktivsten Platz zu überlassen. Dennoch: Auf der bio-
grafischen Ebene entscheidet er, sich trotzdem dort niederzulassen, weil seine
neue Freundin immer die Augen rollt, wenn er sie „wie eine hilflose Prinzes-
sin“ behandelt. Die wenigsten alltäglichen ästhetischen Erfahrungen dürften also
frei von inneren Widersprüchen sein. Wenn aber doch einmal eine Reaktion auf
einer der Ebenen alle anderen, widersprechenden Impulse verdrängt und dadurch
besondere Intensität entfaltet, erinnern wir uns vielleicht später an die Situation
als an eine außergewöhnliche ästhetische Erfahrung, sei sie schön, merkwür-
dig, erstaunlich, beeindruckend, unheimlich, beängstigend, heiter oder erhebend.
Es scheint auch unausweichlich, dass die intersubjektiven Gemeinsamkeiten der
ästhetischen Vorlieben auf einer Ebene (z. B. der Biologie-Ebene), die wir mit
unseren Mitmenschen teilen, leicht durch die Unstimmigkeiten und Unterschiede
der Vorlieben auf einer anderen Ebene gestört oder überlagert werden können.
Wir alle mögen liebevolle Gefühle für ein Kleinkind haben, aber wir können uns
ernsthaft über die Farbe von Mädchen- und Jungenkleidung streiten, etwa wenn
wir aus verschiedenen Kulturen stammen. Als Grundlage dieses Drei-Ebenen-
Modells dienen einerseits eine Vielzahl empirischer Studien, die aufgrund der
Zeichenvorgabe dieses Beitrags nicht beschrieben aber beim Autor angefordert
werden können, andererseits ein integratives Prozess-Modell der ästhetischen
Erfahrung auf psychologischer, neuro- und kognitionswissenschaftlicher Basis,
das nachfolgend vorgestellt wird.

6.3 Das Prozess-Modell der ästhetischen Erfahrung

Was passiert eigentlich in unserem Geist und in unserem Gehirn, wenn wir etwas
sinnlich erfahren und ästhetisch bewerten? Wenn wir eine Vorstellung davon
haben, wie die menschliche Wahrnehmung, Deutung und Bewertung von Archi-
tektur, Kunst und gestalterischen Sprachen aller Art von statten geht, können wir
auch gezielter mit Gestaltungsinterventionen Einfluss auf diesen Prozess nehmen.
Werfen wir hierzu einen Blick auf Abb. 6.2, die das prozessorientierte Modell
der ästhetischen Wahrnehmung, Interpretation und Bewertung zeigt (Heinrich,
86 M. Heinrich

2021a) und den derzeitigen Erkenntnisstand schematisch interpretiert. Dabei sind


neurowissenschaftliche Modelle von Antonio Damasio, Helmut Leder und ande-
ren berücksichtigt (Leder et al., 2004; Chatterjee & Vartanian, 2016; Coburn
et al., 2017; Crick & Koch, 1990; Pöppel & Bao, 2011; Damasio, 1994; Fuchs,
2021). Während die einzelnen Einheiten der Struktur in sehr grober Form durch-
aus gehirnfunktionellen Netzwerken entsprechen, interessieren uns hier vor allem
die kognitiven und emotionalen Prozesstrajektorien, die die Module vernetzen
und rückkoppeln. Denn wie jede menschliche Erfahrung sind auch ästhetische
Wahrnehmungen zu komplex, um sich eindeutig einem der verwendeten Module
bzw. einem bestimmten Netzwerk zuordnen zu lassen.
Eine Mischung verschiedener sensorischer Reize – wir sprechen jetzt von
der visuellen Erfahrung, obwohl auch andere Modalitäten ähnlichen Prozess-
ketten folgen – dringt zu einem bestimmten Zeitpunkt in unsere Sinnesorgane
ein und wird zunächst einem bottom-up Organisationsprozess zur Erkennung
Ä S T H E T I K _ W A H R N E H M U N G _ D E U T U N G _ E VA L UAT I O N

PROZESS-MODELL DER VISUELL-ÄSTHETISCHEN WAHRNEHMUNG, DEUTUNG UND BEWERTUNG

S PAT I O T E M P O R A L E E R FA H R U N G
& kontextspezifisches ästhesches Urteil und ästhesches Empfinden
Rückschlüsse, Kausal-Aribuonen
narrave Einbeung ästhesch- morphodynam. Hinweise

BOTTOM-UP
gerichtete Prozesse

KULTUR EXPLIZITES WISSEN


-
körperbasierte Bedeutung
relevante Deutungs- und Bewer- (embodied meaning),
somasche Marker

Analogien, Metaphern, Sprachen und


Symbole, Sachwissen IMPLIZITES WISSEN
-

BEWUSSTSEINS-RAUM
ähnlichkeit, Varianz, Abgrenzungsschärfe, Tiefengradienten,

Emergenz von
Komplexität, Rhythmus, Figur & Grund, Symmetrie, Selbst-
-

(temporale Kontextualisierung), Herstellung von Kohärenz

Gestaltbildung, Gruppierung, Strukturebenen, Ordnung,

Kontrast, Farbe, Ausrichtung, Intensität, Linienführung

Bedeutung

BIOGRAFIE
Variable Incepon of Meaning Assignment

individuelle Lebenserfahrung, frühe


IDENTIFIZIERUNG

ORGANISATION

soziale Prägungen, persönliche Ana- Emergenz


von Bedeutung
logien, Deutungs- und Bewertungs- körperbasierte Bedeutung
Erkenntnis,
Präferenz

(embodied meaning),
somasche Marker

Gewohnheiten, erworbene Persön-


lichkeitsmerkmale soziales Rollenverhalten,
Rounen, Prakken,
Selbstbild

spontane Emergenz
von Bedeutung (AAMs,
biologisch verankerte
Reakonen)

Erwartungen,
BIOLOGIE gezielte Selbsürsorge
Anzipaonen

angeborene Verhaltensweisen und für Körper und Geist


(körperliche Bewegung, MOTIVATION & KÖRPERZUSTAND
Persönlichkeitsmerkmale, AAMs (via Ernährung, Achtsamkeit etc.)

Schlüsselreize), physiologische und (inkl. sensomotorische Systeme), Bedürfnisgleichgewicht, Belohnungssysteme, Erregung, Neu-
- -
© Michael Heinrich 2020

T O P - D O W N
gerichtete Prozesse

biologisch verankert
selekve Aufmerksamkeit, sensorischer
Reakonsbereitscha Input
ungerichtete Aufmerksamkeit (Wachheit/ Vigilanz)

S E N S O R I S C H E S R E I Z F E L D

Abb. 6.2 Das Prozess-Modell der visuell-ästhetischen Wahrnehmung, Deutung und Bewer-
tung unter Berücksichtigung von Modellen von Chatterjee, Damasio, Leder, Vartanian, Nadal
und anderen. (Aus Heinrich, 2021a)
6 Metadisziplinäre Ästhetik: Ein Konzeptrahmen für Architektur … 87

und Gruppierung visueller Eigenschaften unterzogen. Dieser Prozess ist in seiner


Grundstruktur in unserem neuronalen Apparat verankert und wie dieser angebo-
ren. In einem sehr frühen Stadium der Verarbeitung – im Zusammenspiel mit dem
Feld, das hier Motivation und Körperzustand genannt wird – können aus diesem
Prozess Schlüsselreize aufleuchten und spontan sogenannte angeborene Auslöse-
mechanismen aktivieren, die sofort zu Selektion, Präferenzbildung und Reaktion
führen und erst anschließend kognitiv eingeordnet werden. In diesem Fall stellt
sich die Emergenz von Bedeutung also sehr früh ein. Üblicherweise erfolgt diese
Emergenz aber, sobald der bottom-up-Organisationsprozess mit dem top-down-
Identifizierungsprozess zusammentrifft und damit unserem Geist ermöglicht, alle
Mehrdeutigkeiten des Reizfeldes aufzulösen und zu einer eindeutigen Erkenntnis
oder Interpretation zu gelangen. Diese Auflösung der Mehrdeutigkeit kann durch
Wissen – im Feld des expliziten Wissens – oder durch verkörperte Erfahrungen
und soziale Prägungen im Feld des impliziten Wissens erfolgen. Der top-down
Prozess Identifizierung ermöglicht nicht nur eine kognitive Einordnung in zeitli-
che, räumliche oder soziale Kontexte, sondern ist über Rückkopplungsschleifen
immer auch mit einer affektiven bzw. emotionalen Bewertung und entsprechen-
den Körperzuständen verbunden. Das verkörperte Gehirn ist natürlich bestrebt, die
Mehrdeutigkeiten jedes Reizfeldes so schnell wie möglich und mit allen heuristi-
schen Tricks zu beseitigen, da das Überleben davon abhängen kann. Wenn dann
die Kognition – unsere Erkenntnis – schließlich eingetreten ist, oder wenn unsere
Vorlieben, neue Schlüsselreize oder eine veränderte Intensität der Sinnesreize uns
dazu drängen, verschieben sich unsere Aufmerksamkeit und unser Erregungszu-
stand oder werden aus einem allgemeinen Zustand der Vigilanz (Wachsamkeit)
heraus neu eingestellt.

6.4 Vorbewusste, atmosphärische Wahrnehmung als


primäre intuitive Orientierung

Die skizzierten Ebenen- und Prozessstrukturen helfen uns vielleicht zu verste-


hen, dass menschliche Bedürfnisse – ebenso wie die ästhetische Erfahrung – auf
verschiedenen Ebenen zu finden sind, und dass sie sich sehr leicht untereinander
widersprechen können. Beschäftigen wir uns wissenschaftlich mit psychologi-
schen Grundbedürfnissen, wie sie z. B. von Antonovsky, Grawe oder Maslow
formuliert wurden, wird einmal mehr klar: Nutzfunktionen machen nur einen Teil
der Bedürfnisse aus, die im Sinne von menschlicher Gesundheit, Wohlbefinden
und Umfeld-Resonanz (vgl. Rosa, 2016; vgl. Vollmer & Koppen, 2010, 2021)
88 M. Heinrich

berücksichtigt werden sollten. Psychische – etwa atmosphärische und soziale –


Bedürfnisse erfordern noch vor der operativen Inanspruchnahme von praktisch
verstandenem „Nutzen“ eine ästhetische Beantwortung. Die situationsspezifische,
kontextbezogene ästhetische Erfahrung moduliert vor jeder „Benutzung“ eines
Umfelds alle sensorischen und mentalen Funktionen und beeinflusst dadurch,
welcher Nutzen überhaupt erwartet, wahrgenommen und abgerufen wird. Das
zentrale Bedürfnis nach Bindung und sozialer Interaktion kann etwa durch die
Regelung von Nähe, Distanz, Orientierung und die Steuerung von Begegnungen
im dreidimensionalen Raum gestalterisch beantwortet werden. Soziale Rollen-
zuweisungen können nicht nur durch direkte semantische Zeichensysteme (etwa
Symbole oder Schrift) und implizite semantische Verweise bzw. bewusst einge-
flochtene Analogien (etwa klassische Säulen als Würdemotiv in der Architektur),
sondern auch durch Akzentpositionen im Raum kommuniziert werden (etwa
erhöhte oder reicher geschmückte Orte).
In direktem oder indirektem Zusammenhang mit den psychologischen Grund-
bedürfnissen des Menschen stehen die psycho-physischen Ereignisse der Affekte,
Emotionen oder Gefühle. Gefühle können etwa als bewusst erlebte Emotionen
verstanden werden (vgl. Vaas, 2000). Sie lassen sich nach biologisch verankerten
primären Emotionen oder primären Affekten (Angst, Wut, Freude, Traurigkeit,
Überraschung, Ekel) und sekundären Emotionen (z. B. gemischte oder wider-
sprüchliche Gefühle wie Gruseln oder Ausweich- oder Abwehrgefühle wie Wut
über eigene Ohnmacht) unterscheiden. Während die Primäremotionen im Drei-
Ebenen-Modell der ästhetischen Einflussfaktoren möglicherweise dem ersten
Bereich, nämlich dem Bereich der Biologie, zugeordnet werden können, bilden
die Sekundäremotionen ein komplexes, unendlich variables Zusammenspiel aller
drei Bereiche: Biografie und Kultur überformen die Biologie, ohne sie jedoch zum
Verschwinden zu bringen. Je nach dem Grad der Bedürfnisbefriedigung steuern
Emotionen die Aufmerksamkeit und Fokussierung der Wahrnehmung sowie die
Auswahl und die Interpretation der Reize dergestalt, dass Möglichkeiten in den
Vordergrund treten, auf körperlicher oder geistiger Ebene auftretende Defizite
auszugleichen.
Der erste und sehr wichtige Transformationsprozess, um visuellen und mul-
tisensuellen Reizen eine motivierende Bedeutung zu geben, ist eine vorbewusste
bzw. präattentive Verschmelzung ihres affektiven und emotionalen Gehalts zu
einer ganzheitlichen emotionalen Schattierung oder Färbung unserer Vigilanz,
die mit vielen Begriffen des Begriffs Atmosphäre korreliert (Heinrich, 2022).
Diese emotionale Färbung ist an ein situationsspezifisches Profil von Körper-
reaktionen und -empfindungen gebunden; sie ist verkörpert (embodied). Aus
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evolutionärer Sicht ist die vorbewusste atmosphärische Wahrnehmung lebensret-


tend, weil sie schnelle und effiziente, bottom-up gesteuerte affektive Reaktionen
ermöglicht, ohne die Verzögerung einer langsameren, top-down gesteuerten
kognitiven Analyse. Die vorbewusste, atmosphärische Wahrnehmung bereitet
unser Gleichgewicht von Annäherung und Vermeidung (Appetenz und Aversion),
von Aufmerksamkeit, Erwartungshorizont und Handlungsbereitschaft vor, um uns
in die Lage zu versetzen, das von der Situation und der Umwelt gebotene Poten-
zial bestmöglich zu nutzen und auszuschöpfen. Dementsprechend nehmen wir
oft primär nicht einzelne Objekteigenschaften wahr, sondern die Gefühle, die
eine komplexe Umgebung in uns auslöst; diese Gefühlsmischung nennen wir
meist Atmosphäre. „Das ist ja gemütlich und einladend hier!“, bemerken wir
beispielsweise; was wir normalerweise nicht sagen, ist: „Seht mal, sie haben
alle Oberflächen mit weichen Textilien bezogen, Lichtquellen mit einem warmen
Spektrum installiert und frische Blumen auf den Tisch gestellt, um den Ein-
druck zu erwecken, dass sich jemand um uns kümmert“ (als Gestalter sagen wir
das wahrscheinlich als Allererstes, aber betrachten wir das als eine Art déforma-
tion professionelle). Aus neurophysiologischer Sicht korreliert die Verschmelzung
einzelner Objekte oder Figuren in einer übergeordneten Gesamtatmosphäre mit
der Tatsache, dass unscharfe, großformatige Kontrastinformationen in Form von
verschmierten Hell-Dunkel-Zonen (sogenannten niederfrequenten Bildinformatio-
nen) zeitlich vor Konturen oder feinere Kontrastdifferenzierungen (sogenannten
hochfrequenten Bildinformation) verarbeitet werden (Höger, 2001, S. 19–31), sei
es in statischen oder in Bewegungssituationen. Interessanterweise geht die nie-
derfrequente Bildinformation von Arealen aus, die sich an der Peripherie der
Netzhaut befinden, also außerhalb des fokussierenden Sehzentrums, das wir für
die Steuerung unserer bewussten Aufmerksamkeit nutzen. Das Konzept der nied-
rigen Bildfrequenzen ist somit eine neurologisch-physiologische Bestätigung für
eine ganzheitliche, vorbewusste und voranalytische visuelle Wahrnehmung, die
wir mit dem traditionellen Begriff der Atmosphäre identifizieren können und
vielleicht, in der Lesart von McGilchrist (2019), mit der eher synergistisch
arbeitenden rechten Gehirnhälfte assoziieren können.
Die erste und wichtigste Fähigkeit für Designerinnen und Designer ist daher
ihr Einfühlungsvermögen: Was wird eine wahrnehmende Person empfinden, wenn
sie mit meinem Entwurf konfrontiert wird? Entspricht dieses Gefühl einem ihrer
emotionalen Bedürfnisse? Wie wird dieses Gefühl durch die vorbewusste visuelle
Wahrnehmung einer Atmosphäre unterstützt oder hervorgerufen? Die Bedürfnisse
nach Handhabbarkeit, Orientierung und Kommunikation sind sicherlich durch ein
gängiges Verständnis von „Funktion“ abgedeckt und können durch konventionelle
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Grundlagenermittlung gefunden werden. Was Designerinnen und Designer dar-


über hinaus brauchen, sind gedankliche Ordnungsstrukturen zum hochkomplexen
Feld der ästhetischen Erfahrung, um auch jenseits der Empathie bestimmen zu
können, welche sozialen, atmosphärischen oder emotionalen Bedürfnisse jenseits
der konkreten Nutzung des Objekts oder der Umgebung bei den Wahrnehmenden
bzw. Nutzerinnen und Nutzern beantwortet werden sollen und können.

6.5 Schlussbetrachtung

Die diskutierten Erwägungen zeigen deutlich, dass ein rationalistisches Men-


schenbild wissenschaftlich längst überholt ist, ebenso wie eine Architektur, die
Objekte oder Umgebungen nur unter nutzfunktionaler Perspektive betrachtet. Seit
Jahrzehnten ist der führende und motivierende Einfluss von Emotionen bei allen
kognitiven Prozessen immer deutlicher sichtbar geworden (emotional turn, vgl.
Anz, 2006), der nicht nur bei unserer Entscheidungsfindung, unserem Verhalten
sowie in allen soziokulturellen Fluktuationen eine zentrale Rolle spielt, sondern
auch bei der Auswahl und Verarbeitung von Sinnesreizen und deren möglichen
Interpretationen. Der utilitaristische Funktionsbegriff des Rationalismus, der sich
in seiner Beschränktheit mittlerweile in vielen Belangen als höchst „unfunktional“
erwiesen hat, muss daher um soziale und atmosphärische Funktionen erwei-
tert werden. In Architektur und Design können all diese holistisch-funktionalen
Aspekte nur dadurch wirksam werden, dass sie sinnlich wahrnehmbar sind und
über die ästhetischen Agenten Licht, Farbe, Form, Raum vermittelt werden. Mit
den beschriebenen Modellen sowie den Kategorien ästhetischer Wirkungsweisen
(Heinrich, 2019) lassen sich nicht nur empirische oder theoretische Aussa-
gen zur Ästhetik sammeln, ordnen, kategorisieren und konzeptionell integrieren,
sondern auch operativ zur Analyse, Optimierung oder Kreation architektoni-
scher bzw. gestalteter Umfelder nutzen. Auf diese Weise können Erhebungs-
und Auswertungsprozesse des herkömmlichen EBD zu Beginn deutlich präzi-
ser auf Hypothesen ausgerichtet und inhaltlich kategorisiert werden. Durch den
Mehr-Ebenen-Charakter der Modelle können auch Widersprüche von Aussagen
innerhalb gleicher Zielgruppen in quantitativen oder qualitativen Befragungen
erklärt und die Fragestellungen entsprechend angepasst werden.
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Prof. Dr. Michael Heinrich ist Professor für Entwurf & Darstellen, Szenografie und Psy-
chologische Ästhetik an der Fakultät Design der Hochschule Coburg. Promoviert in Human-
biologie in München (LMU), erhält er 2021/2022 ein Visiting Fellow- und Scholarship an
der Cambridge University, Großbritannien. Seit 2022 leitet er das interdisziplinäre Institut
Mensch & Ästhetik für die Hochschule Coburg und in Kooperation mit der Universität Bam-
berg. Als fachlicher Sprecher des Forums Kultur der Europäischen Metropolregion Nürnberg
engagiert er sich für die kulturelle Bildung in Nordbayern.
michael.heinrich@hs-coburg.de

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