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John Milton Sammelband: Band 1 bis 3:

Sammelband (German Edition) Dawson


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JOHN MILTON

BAND 1 BIS 3: SAMMELBAND

MARK DAWSON
INHALT

Der Cleaner
Prolog
Teil I
Der Traum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Teil II
Der Traum
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Teil III
Der Traum
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Teil IV
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Teil V
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Epilog
Der Heilige Tod
Prolog
Emails
I. Erster Tag
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
II. Zweiter Tag
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
III. Dritter Tag
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
IV. Vierter Tag
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Epilog
Der Fahrer
Teil I
Tabby Wilson
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Teil II
Meg Gabbert
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Teil III
Miley Van Dyken
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Teil IV
Karly Hammil
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Teil V
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Epilog
Hol dir zwei gratis Geschichten von Mark Dawson!
Über den Autor
DER CLEANER
JOHN MILTON REIHE
PROLOG

ie Straße durch den Wald lag friedlich da, die sanfte Stille wurde
D untermalt vom Gurgeln eines Bergbachs und dem Zwitschern der Vögel
im Laubdach der Bäume. Die Route Forestière Domaniale de la Combe
d‘Ire war schmal und voller Schlaglöcher. An manchen Stellen war nur Platz
für ein einzelnes Auto auf einmal. Immergrüne Fichtenwälder drängen sich
zu beiden Seiten dicht heran und warfen ein feuchtes Zwielicht über die
Straße, das die warme Sonne überall da zerstreute, wo die Bäume
zurückgeschnitten worden waren. Das Massiv des Montagne de Charbon mit
seinen dunstigen Hängen ragte über der Baumgrenze auf, Streifen von Fels
und Geröll zogen sich durch die Vegetation. Die Straße folgte einer sorgsam
angelegten Route an der Bergflanke hinauf; sie bog scharf nach links und
wieder nach rechts und kehrte manchmal zu sich selbst zurück auf der Suche
nach dem sichersten Weg nach oben. Sie kreuzte hin und her über den Bach,
und die bucklige Brücke dort war aus uralten Backsteinen gebaut, die von
den feuchten Flechten, die daran klebten, ebenso zusammengehalten wurden
wie von dem langsam zerbröckelnden Mörtel. Die Brücke wölbte sich neben
einer kleinen, eingefriedeten Fläche, die auf einer Tafel als Parkplatz
ausgewiesen wurde, was die Wahrheit allerdings ein wenig strapazierte. Es
war kaum mehr als eine in den Berg gesprengte Ausweichbucht, kaum groß
genug, um Platz für vier Autos nebeneinander zu bieten.
Es war ein stilles, isoliertes Fleckchen, vor der Außenwelt fast so
abgeschieden, als habe jemand eine Tür geschlossen.
Milton hatte seinen Renault dicht an der Bergwand geparkt. Es war ein
unauffälliger Leihwagen, und genau deshalb hatte er ihn ausgesucht. Er war
rückwärts auf den Platz gefahren und hatte den Motor laufen lassen, als er
ausgestiegen und zum Kofferraum gegangen war. Er schloss ihn auf, öffnete
ihn und blickte hinunter auf das Bündel in dem kleinen Stauraum des
Wagens. Er schlug die Ecken der Wolldecke zurück und legte das
Sturmgewehr frei, das am Abend zuvor in dem toten Briefkasten hinterlegt
worden war. Es war ein HK53-Karabiner mit integriertem Schalldämpfer, das
Gewehr, das der SAS oft einsetzte, wenn Lautlosigkeit ebenso wichtig war
wie Mannstoppwirkung. Milton hob das Gewehr aus dem Kofferraum und
schob ein neues 25-Schuss-Magazin in den Schacht. Er klappte den Kolben
aus, richtete die Waffe auf die Mitte der Straße und zielte. Als er sicher war,
dass das Gewehr einwandfrei funktionierte, ging er zur Brücke und legte es
ins Unterholz, wo es nicht zu sehen war.
Er hatte die Umgebung erkundet und kannte sie gut. In nördlicher
Richtung führte die Straße irgendwann nach Saint-Jorioz, einem mittelgroßen
Urlaubsort am Ufer des Lac d’Annecy. Südwärts ging es hinunter zu dem
kleinen Dorf Chevaline. Das Dorf lebte von der Landwirtschaft, und im
Nebenerwerb vermietete man malerische Bauernhäuser an Touristen, die zum
Radfahren und Wandern herkamen. Milton hatte in den letzten drei Tagen in
genau so einem Haus gewohnt. Er hatte die Zeit damit verbracht, die Gegend
zu erforschen; früh morgens war er mit dem Fahrrad losgefahren und erst
spät abends zurückgekehrt. Dabei hatte er sich unauffällig verhalten und war,
von diesen Ausflügen abgesehen, die meiste Zeit im Haus geblieben.
Er hörte den Motor des BMW lange, bevor er ihn sah. Er holte das
Gewehr und schob sich hinter einen Eichenstamm. So war er von der Straße
aus nicht zu sehen, konnte sie aber gut beobachten. Der weinrote Kombi fuhr
im zweiten Gang; er hatte seine Mühe mit der Steigung der Straße. Er kam
aus einer scharfen Rechtskurve, und die Scheinwerfer schnitten einen Weg
durch die Dämmerung.
Der Wagen wurde langsamer und bog auf den Parkstreifen, wo der
Renault stand. Milton hielt den Atem an, und sein Puls beschleunigte sich.
Sein Zeigefinger schob sich unter den Abzugbügel. Der Fahrer parkte neben
dem Renault und stellte den Motor ab. Milton hörte Musik aus dem BMW.
Die Beifahrertür öffnete sich, und die gedämpfte Musik wurde lauter.
Französischer Pop, austauschbar und harmlos. Der Beifahrer stiegt aus,
beugte sich in den Wagen zurück und sprach in scharfem Ton hinein. Die
Musik brach ab. Einen Moment lang hörte Milton nur das Knirschen der
Schritte des Mannes auf dem Kies, das Rauschen des Wassers und den Wind
in den Bäumen. Er fasste das Gewehr fester und konzentrierte sich darauf,
ruhig und gleichmäßig zu atmen.
Die Fahrertür wurde geöffnet, und eine große, dunkelhäutige Frau stieg
aus.
Milton erkannte sie beide. Der Beifahrer war Jehja Alonzo Moussa, und
die Fahrerin hieß Samira Nadschib.
Er trat hinter der Eiche hervor, hob das HK53, schaltete auf Automatik
und gab einen Feuerstoß ab. Die Kugeln trafen Najdschib in den Oberkörper
und perforierten Leber und Lunge. Sie griff sich mit der Hand an die Brust
und machte ein verblüfftes Gesicht. Dann drehte sie sich um sich selbst und
fiel rückwärts gegen den Wagen. Jehja schrie auf und reagierte schnell; er
duckte sich unter die Silhouette des BMW. Milton machte zwei geschmeidige
Schritte zur Seite, um den Schusswinkel wieder zu öffnen, und feuerte ein
zweites Mal. Der Wissenschaftler versuchte, in den Wagen
zurückzugelangen, aber die Kugeln stanzten eine Linie in seinen Körper, vom
Hals bis zum Schritt.
Die Schüsse hallten einen Moment lang zwischen den Bäumen nach.
Vögel waren explosiv über den Bäumen aufgeflattert, und ihre Flügelschläge
klangen wie ein Applaus. Das Echo der Schüsse verklang, und wenige
Augenblicke nach dem brutalen Ausbruch von Gewalt war wieder alles still:
Der Wind raschelte in den Bäumen, das Wasser plätscherte unter der Brücke,
und von hoch oben rief eine Nachtigall.
Milton hielt inne. Da war noch ein Geräusch.
Ein zweites Auto näherte sich.
Sich zu verstecken hätte keinen Sinn; das blutige Tableau würde ihn
verraten. Der Wagen kam aus dem Wald hervor. Es war ein Renault Mégane,
blau mit weißen und roten Siebdruckstreifen auf der Motorhaube. Der
Polizist vorn im Wagen sah ihn offenbar sofort. Der Mégane hielt fünfzehn
Meter entfernt unvermittelt an.
Milton warf das Magazin aus und schob ein neues ein.
Der Polizist öffnete die Tür und stieg aus. Seine Hand lag auf dem
Kolben seiner Pistole im Holster. »Arrét!«, rief er.
Milton dachte nicht lange nach. Seine Reaktion war fest programmiert
und im Laufe seiner jahrelangen Gefechtserfahrung so sehr in Fleisch und
Blut übergegangen, dass sie jetzt automatisch ablief, ein Ausdruck des
Muskelgedächtnisses ohne Gewissensprüfung, plötzlich und furchtbar
tödlich. Er schwenkte das Gewehr herum, drückte ab und ließ einen längeren
Feuerstoß los. Der Polizeiwagen wurde vom Kugeln durchsiebt. Ein halbes
Dutzend durchschlug den Kühler, eine weitere Handvoll zerschmetterte die
Frontscheibe. Der Polizist wurde in Gesicht und Brust getroffen. Er taumelte
rückwärts, fiel auf den Rücken und lag einen Moment lang schrecklich
zuckend da. Milton ging auf ihn zu, senkte das Gewehr und jagte ihm eine
letzte Kugel in den Kopf. Endlich lag der Mann still.
Wieder herrschte friedvolle Ruhe, jetzt aber ornamentiert durch den
Klang der Glasscherben, die aus dem Rahmen der Windschutzscheibe fielen
und am Boden zersprangen.
Milton ging quer über die Straße zu seinem Renault. Er öffnete den
Kofferraum, wickelte das Gewehr in die Decke und verstaute es sorgfältig
unter dem Ersatzrad im doppelten Boden. Dann zog er ein Paar
Latexhandschuhe an und sammelte die ausgeworfenen Patronenhülsen aus
seinem Gewehr auf. Es waren vierzig, und sie waren noch heiß. Er warf sie in
einen kleinen Asservatenbeutel. Dann hockte er sich neben Najdschibs
Leiche und durchsuchte sie schnell und effizient. Ihr Smartphone und ein
USB-Stick wanderten ebenfalls in einen Beutel.
Er ging um den Wagen herum und kniete sich neben al Moussa. Die
Wagentür stand offen, und als er aufblickte, um hineinzuschauen, starrte ihm
ein kleines, blasses Gesicht entgegen. Milton blieb ruhig. Es gab keinen
Grund zur Eile. Das Gesicht gehörte einem kleinen Jungen von vielleicht fünf
oder sechs Jahren. Haut und Haare waren dunkel, und sein Gesicht erinnerte
an eines seiner Elternteile. Er kauerte im Fußraum und hatte einen Streifen
Blut auf der Stirn, als hätte man ihn mit Farbe bespritzt. Es war jedoch nicht
sein Blut, sondern stammte von seinem Vater.
Milton griff nach der Sig Sauer in seinem Schulterholster, und seine
Finger berührten den Kolben. Der Junge blickte ihm fest in die Augen. Er
war grau vor Angst und zitterte, aber er wandte sich nicht ab. Er war tapfer.
Milton fühlte, wie ihm die Galle in die Kehle stieg, als seine Erinnerung ihn
um zwanzig Jahre zurück und tausend Meilen weit weg versetzte. Er dachte
an einen anderen kleinen Jungen, ungefähr so alt wie dieser, sein Gesicht
friedlich trotz der Obszönität seines Todes.
Milton ließ die Sig los, richtete sich auf und wich zurück. Sanft zog er die
Leiche des Mannes auf den ungepflasterten Parkstreifen und ging wieder zum
Wagen.
»Bleib da«, sagte er zu dem Jungen. »Gleich kommt Hilfe.«
Er schloss die Wagentür, vergewisserte sich, dass er die Spuren seiner
Anwesenheit beseitigt hatte. Dann stieg er in den Renault, startete den Motor
und fuhr ab.
Er bog nach Norden, und fuhr bergauf in Richtung See.
TEIL I
Der Mann lag im Bett, die Hände über dem Herzen in die Brust gekrallt, und
knirschte immer wieder mit den Zähnen. Seine Lider flatterten, und
manchmal stöhnte er und brachte ein paar erstickte Worte hervor, die
unverständlich gewesen wären, selbst wenn jemand im Zimmer gewesen
wäre. Sein Körper war starr und schweißnass wie die Laken. Der Traum kam
jetzt öfter, fast jede Nacht, und es war immer der gleiche. Er lag flach
ausgestreckt auf den weichen warmen Sanddünen. Die Sonne stand senkrecht
über ihm, eine Mittagssonne, deren brutale Hitze auf die Wüste
herunterbrannte und die Luft zum Flimmern brachte, sodass die Berge in der
Ferne waberten, als sähe man sie durch das Wasser eines Aquariums. Die
Landschaft war ausgetrocknet, eine endlose Ebene von totem Sand, so weit
das Auge reichte. Das einzige Grün fand sich am Ufer des langsam
fließenden Flusses, der irgendwann in den Tigris mündete. Ein einzelnes
Asphaltband war im weiten Umkreis die einzige Straße, und tiefe Sandwehen
zogen sich quer darüber hinweg.
1

ontrol blinzelte durch die Frontscheibe des Jaguar XJS, als er auf die
C leere Überholspur wechselte und Gas gab, um einen schwerfälligen
Sattelschlepper zu überholen. Der Himmel am vergangenen Abend war
blutrot gewesen, und als die Sonne am Morgen zurückkehrte, war sie in einen
klaren, makellos blauen Himmel hinaufgestiegen. Wärme und Licht lag in
diesen ersten Strahlen, und er klappte die Sonnenblende herunter, um seine
Augen abzuschirmen. Im Radio lief die Nachrichtensendung Today, und der
Wetterbericht sagte für die kommende Woche sengende Hitze voraus. Auf
das Wetter folgten die Sieben-Uhr-Nachrichten, und die erste Meldung betraf
die Erschießung zweier Touristen und eines Polizisten in den französischen
Alpen. Die Opfer hatte man identifiziert, aber ein Motiv für die Morde war
noch nicht gefunden worden. Eine »sinnlose Tat«, schloss ein französischer
Polizist.
Aber das, dachte Control, stimmte nicht. Die Operation war das Ergebnis
einer langen und präzisen Planung. Sechs Monate lang waren die
Zielpersonen gepflegt worden, um ihr Vertrauen zu gewinnen, und dann hatte
man noch Wochen gebraucht, um das Treffen zu arrangieren. Das Ziel war
erreicht worden, aber sauber war es nicht gelaufen. Es gab zwei Fehler, die
sorgfältiger Nachbehandlung bedurften, Fehler, die Zweifel an der
Performance des Mannes weckten, der die Operation durchgeführt hatte.
Die Tatsache, dass es sich dabei um Nummer eins handelte, war
beunruhigend.
Es war Controls Operation gewesen. Er war mit den Zielpersonen
persönlich sehr gut bekannt. Jehja al Moussa war Atomphysiker gewesen,
Samira Nadschib Expertin für Mikrowellentechnologie. Sie waren ein
Ehepaar, und bis vor kurzem waren sie beide bei der irakischen
Atomenergiebehörde beschäftigt gewesen. Nach dem Sturz Saddams war das
Ahmadinedschad-Regime auf seinem Weg zur Atommacht vorangekommen.
Irgendwo beim MI 6 war entschieden worden, dass das Paar zu gefährlich
sei, um am Leben zu bleiben. Diese Entscheidung war in einem anonymen
grauen Büro in Whitehall besiegelt worden, die Akten der beiden wurden rot
gekennzeichnet und an Gruppe fünfzehn weitergeleitet, damit diese tätig
wurde. Es war wichtig, und deshalb hatte Control Nummer eins für diesen
Auftrag ausgewählt.
Als er den Jaguar an der Ausfahrt Central London von der Autobahn
hinuntersteuerte, ließ Control sich seine Vorbereitungen noch einmal durch
den Kopf gehen. Die beiden Wissenschaftler waren unter dem Vorwand eines
seit langem verdienten Urlaubs in Frankreich gewesen. Der wahre Grund
jedoch — und der Grund für ihren Abstecher in die Alpenlandschaft — war
ein Treffen mit einem Mitarbeiter von Cezus gewesen, einem
Tochterunternehmen von Areva, dem Marktführer im Handel mit Zirkonium.
Dieses Metall wurde unter anderem zur Ummantelung von nuklearem
Brennstoff verwendet. Der Iran benötige Zirkonium für seine Reaktoren, und
al Moussa und Nadschib hatte man glauben lassen, ihr Kontaktmann könne
davon so viel liefern, wie sie benötigten. Aber es hatte keinen Kontaktmann
gegeben. Es gab kein Zirkonium, und es sollte auch kein Treffen stattfinden,
jedenfalls keins von der Art, die sie erwarteten.
Control trommelte rhythmisch auf dem Lenkrad, als er nach London
hineinfuhr. Nein, dachte er, die Vorbereitungen waren fehlerlos gewesen.
Alle Probleme hatte Milton zu verantworten. Der tote gendarme würde der
französischen Polizei ein starkes emotionales Motiv geben, den Mörder
ausfindig zu machen: Einer der Ihren war ermordet worden. Das würde sie
hartnäckiger machen, und sie würden nicht so schnell bereit sein, die
Ermittlungen zurückzustellen, wenn die Spur kalt geworden wäre — und
Control wusste, dass das passieren würde. Das war schlecht. Aber noch
schlechter war die Sache mit dem Jungen. Ein Kind, von dem Killer zum
Waisen gemacht, kauerte im Auto und sah zu, wie seine Eltern ermordet
wurden. Das war Dynamit — der Haken, an dem die Presse ihre komplette
Berichterstattung aufhängen konnte. Es würde dafür sorgen, dass die Story
endlos lief.
Control fuhr langsamer und steuerte den Jaguar in die Tiefgarage unter
einem kleinen Gebäude am Nordufer der Themse. Es stammte aus den
sechziger Jahren, ohne Stil oder Anmut aus Backstein und Beton errichtet.
Fünf Geschosse, anonym. Der Motor tuckerte im Leerlauf, während das
Garagentor mit müdem metallischem Quietschen hochrollte. Auf dem Tor
stand GLOBAL LOGISTICS.
Er fuhr hinein, hielt neben dem gesicherten Aufzug und stieg aus. Der
Lift kam, er betrat die Kabine und drückte den Knopf für den zweiten Stock.
Der Fahrstuhl kam sanft zum Stehen, die Tür glitt seufzend beiseite, und er
trat hinaus in ein betriebsames Großraumbüro. Analysten starrten auf
Monitore und tippten klackernd auf Keyboards, Drucker ratterten, und
ununterbrochen klingelten Telefone. Control ging durch den chaotischen
Raum zu einem mit dickem Teppichboden ausgelegten Korridor, der nach
rechts abbog, sodass der Lärm hinter ihm zu einem leisen Rumoren
verblasste. Ein paar mit grünem Filz bezogene Türen reihten sich aneinander,
und er ging bis zur letzten, stieß sie auf und trat hindurch.
David Tanner, sein Privatsekretär, blickte von seinem Computer auf.
»Guten Morgen, Sir«, sagte er. Tanner war ein ehemaliger Infanteriesoldat —
wie Control selbst und all die Agenten, die für ihn arbeiteten. Tanners
Karriere war durch eine Sprengfalle an einer Straße außerhalb von Kabul
beendet worden. Sie hatte ihn das rechte Bein unterhalb des Knies und die
Versetzung zum SAS gekostet, die er sich so sehr gewünscht hatte. Er war
ein guter Mann, entspannt und angenehm als Partner bei einem Drink, und er
bewachte den Zugang zu seinem vorgesetzten Offizier mit wütender
Entschlossenheit.
»Morgen, Captain«, sagte Control. »Was liegt für den Vormittag an?«
»Sie sprechen heute Mittag mit dem Direktor. Er will ein Update in der
französischen Sache.«
»Das glaube ich. Und Nummer eins?«
»Wartet drinnen auf Sie, Sir.«
»Sehr gut.«
Er ging durch das Vorzimmer in sein Büro. Es war ein großer Raum mit
einem Panoramablick auf die Themse. Auf einem Tisch in der Mitte stand
eine Blumenvase, und zu beiden Seiten des Kamins warteten zwei bequeme
Clubsessel. Aktenschränke gab es hier nicht und auch sonst nichts amtlich
Aussehendes.
Milton stand vor dem Panoramafenster am anderen Ende des Zimmers,
rauchte eine Zigarette und schaute hinunter auf die weite Fläche der Themse.
Control blieb in der Tür stehen und musterte ihn. Er trug einen einfachen
dunklen Anzug, der ziemlich billig aussah, ein weißes Hemd und eine
schwarze Krawatte.
»Guten Morgen, Nummer eins«, sagte Control.
»Guten Morgen, Sir.«
»Nehmen Sie Platz.«
Er sah zu, wie Milton sich setzte. Dessen Blick war unversöhnlich. Er sah
ein wenig schäbig aus, verschlissen an den Rändern. Control erinnerte sich
noch, wie er in den Dienst eingetreten war. Er hatte Anzüge aus der Savile
Row getragen, Hemden von Turnbull & Asser, und er war jederzeit makellos
gepflegt gewesen. Aber das schien ihn nicht mehr zu interessieren. Control
war es egal, wie seine Agenten aussahen, solange sie gut in ihrem Job waren,
und Milton war sein bester Mann. Deswegen war sein letztes Missgeschick
so beunruhigend.
Es klopfte. Tanner kam herein. Er trug ein Tablett mit einer Kanne Tee
und zwei Porzellantassen, das er auf das Sideboard stellte. Nachdem er sich
vergewissert hatte, dass Control nichts weiter brauchte, ließ er die beiden
allein.
Control schenkte den Tee ein und beobachtete Milton dabei. Für einen
solchen Job bewarb man sich nicht, man wurde auserwählt, und wie er es bei
allen Agenten gehandhabt hatte, die für ihn arbeiteten, hatte Control auch ihn
persönlich ausgesucht und das ein Jahr dauernde rigorose Training
beaufsichtigt, das die rauen Kanten abschliff und ihn auf seine neue Rolle
vorbereitete. Es hatte Augenblicke gegeben, in denen Milton seine Eignung
für diese Position bezweifelte, und Control hatte nicht so sehr versucht, ihm
diese Zweifel zu nehmen, sondern ihn vielmehr dafür gerügt, dass er auch nur
die Möglichkeit in Betracht zog, er könne mit seinem Urteil danebengelegen
haben. Er hielt sich für einen ausgezeichneten Menschenkenner, und er hatte
gewusst, dass Milton ein perfekter Außendienstagent sein würde. Und er
hatte sich nicht getäuscht. Milton hatte seine Laufbahn als Nummer zwölf
begonnen, wie es üblich war, und jetzt, acht Jahre später, waren seine
Vorgänger nicht mehr da, und er war Nummer eins.
Milton war angespannt. Er umfasste die Armlehne des Sessels so fest,
dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Er war unrasiert, und die
kraftvollen Konturen seines Unterkiefers waren mit dunklen Stoppeln
bedeckt. »Der Junge?«, fragte er.
»Traumatisiert, aber sonst okay, nach allem, was wir in Erfahrung
bringen können. Wie man es erwarten würde. Die Franzosen kümmern sich
um ihn. Aber wir glauben nicht, dass sie schon mit ihm gesprochen haben.
Hat er Sie gesehen?«
»Ja.«
»Das könnte heikel werden.«
Milton ging nicht darauf ein. »Haben Sie es gewusst?«
»Was gewusst?«
»Dass er da sein würde.«
»Wir wussten, dass er in Frankreich ist. Wir dachten aber nicht, dass sie
ihn zu dem Meeting mitbringen würden.«
»Und Sie haben nicht daran gedacht, mir zu sagen, dass sie es vielleicht
tun würden?«
»Vergessen Sie nicht, mit wem Sie reden«, antwortete Control verärgert.
»Hätte das etwas geändert?«
Miltons eiskalter Blick brannte sich in ihn hinein.
»Es hat keinen Sinn, darum herumzureden — der Junge ist ein Problem.
Und der verdammte Polizist auch. Ohne sie wäre es eine saubere Sache
gewesen, aber jetzt — tja, jetzt haben wir zwei unerledigte Angelegenheiten.
Das macht die Sache kompliziert. Erzählen Sie mir lieber, was passiert ist.«
»Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Ich habe mich buchstabengetreu an den
Plan gehalten. Die Waffe war da, wo sie sein sollte. Ich war vor den
Zielpersonen an Ort und Stelle. Sie sind pünktlich gekommen. Ich habe sie
beide eliminiert. Ich war noch beim Aufräumen, als der Gendarm aufkreuzte.
Da habe ich ihn ebenfalls erschossen.«
»Die Einsatzregeln waren klar.«
»Allerdings, Sir. Keine Zeugen. Ich glaube, ich hatte keine Wahl.«
»Hatten Sie auch nicht. Das stelle ich nicht in Frage.«
»Aber Sie stellen etwas in Frage?«, sagte Milton.
Wieder war sein Tonfall schroff. Aber Control ging darüber hinweg. »Sie
haben es selbst gesagt. Keine Zeugen.«
»Also der Junge? Warum ich ihn nicht erschossen habe?«
»Es mag abscheulich sein, aber Sie wissen, wie klar wir uns über unser
Verhalten im Einsatz sind.« Control war angespannt. Das Gespräch
entwickelte sich nicht so, wie er es erwartet hatte, und er war es nicht
gewohnt, sich überraschen zu lassen. Miltons Lippen hatten einen weißen
Rand. Die blauen Augen blickten starr und leer, fast ohne etwas zu sehen.
»Ich habe eine Menge Tote gesehen, seit ich für Sie arbeite, Sir.«
Control antwortete so geduldig, wie er konnte. »Natürlich haben Sie das,
Milton. Sie sind ein Killer. Da gehört das zum Geschäft.«
Es war, als habe Milton ihn gar nicht gehört. »Ich kann mir nichts mehr
vormachen. Wir treffen Entscheidungen darüber, wer leben und wer sterben
soll, aber es ist nicht alles schwarz und weiß, wenn man mittendrin steckt.
Wie Sie sagten, die Einsatzregeln waren klar. Ich hätte ihn erschießen sollen.
Vor acht Jahren, als ich für das hier unterschrieben habe« — in seinem Ton
lag ein Hauch von Verachtung — »hätte ich ihn wahrscheinlich auch
erschossen. Wie ein guter Soldat.«
»Aber Sie haben es nicht getan.«
»Ich konnte es nicht.«
»Warum erzählen Sie mir das?«
»Acht Jahre sind eine lange Zeit für diese Arbeit, Sir. Nicht viele in der
Gruppe haben so lange durchgehalten. Und ich war in letzter Zeit nicht mehr
glücklich. Ich glaube, ich war nie wirklich glücklich.«
»Ich erwarte auch nicht, dass Sie glücklich sind.«
Milton war in Erregung geraten und ließ sich nicht bremsen. »Ich habe
Blut an den Händen. Ich habe mir immer das Gleiche gesagt, um es zu
rechtfertigen, aber es funktioniert nicht mehr. Dieser Polizist hatte den Tod
nicht verdient. Dieser Junge hat nicht verdient, seine Eltern zu verlieren.
Wegen einer Lüge haben wir eine Witwe und ein Waisenkind hinterlassen.
Und das mache ich nicht mehr, Sir. Ich bin fertig.«
Control antwortete mit Sorgfalt. »Versuchen Sie, zu kündigen?«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen. Mein Entschluss steht fest.«
Control stand auf. Er brauchte einen Augenblick, um seine Wut in den
Griff zu bekommen. Die Sache kam einer Insubordination gefährlich nah,
und statt gleich zu explodieren, ging er zum Kaminsims und rückte das Foto
seiner Familie zurecht. »Was ist die Aufgabe der Gruppe, Milton?«, fragte er
bedächtig.
»Elimination.«
»Aufgaben, die für die Sicherheitsdienste Ihrer Majestät zu schmutzig
sind.«
»Ganz recht, Sir.«
»Und was ist Ihr Job?«
»Ich bin Cleaner.«
»Und das bedeutet?«
»›Von Zeit zu Zeit muss die Regierung Ihrer Majestät Personen
beseitigen, deren fortgesetzte Existenz eine Gefahr für die effiziente
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung darstellt. Die Regierung benötigt
Profis mit besonderen Fähigkeiten, die bereit sind, auf der Grundlage der
Nicht-Zuschreibbarkeit solche Probleme aus der Welt zu schaffen.‹ Cleaner.«
Control lächelte ohne Heiterkeit. Das war die Stellenbeschreibung, die er
benutzt hatte, als er Milton vor all den Jahren rekrutiert hatte. Lauter neutrale
Euphemismen, allesamt dazu gedacht, den Job genießbar zu machen. »Für
diese Arbeit braucht man eine besondere Art Mann. Es gibt so wenige von
ihnen, und darum sind Sie leider schwer zu ersetzen.« Er schwieg kurz.
»Wissen Sie, wie viele Personen Sie für mich eliminiert haben?«
Milton brauchte nicht nachzudenken. »Einhundertsechsunddreißig.«
»Sie sind mein bester Cleaner.«
»Vielleicht früher einmal. Aber jetzt nicht mehr. Das kann ich nicht
länger ignorieren. Ich schaffe es nicht, den Mund zu halten, nur um nicht
unprofessionell zu sein. Ich belüge mich selbst. Wir müssen den Fakten ins
Auge sehen, Sir. Nennen Sie es, wie Sie wollen — neutralisieren, eliminieren
—, aber das sind doch nur Euphemismen für das, was ich in Wirklichkeit tue.
Ich werde dafür bezahlt, Menschen zu ermorden.«
Control drang nicht zu ihm durch. »Ermorden?«, rief er. »Was reden Sie
denn da, Mann? Seien Sie nicht so zimperlich. Sie wollen moralisieren? Sie
wissen, was passieren würde, wenn die Iraner die Bombe bekämen. Es würde
Krieg geben. Einen richtigen Krieg, neben dem der im Irak aussehen würde
wie ein Spaziergang durch den verdammten Park. Tausende von Menschen
würden sterben. Hunderttausende. Die Beseitigung dieser beiden macht die
Aussicht darauf ein bisschen weniger wahrscheinlich. Und sie wussten,
welches Risiko sie eingingen. Wenn Sie wollen, nennen Sie es Mord, aber
diese Leute waren nicht unschuldig. Sie waren Kombattanten.«
»Und der Polizist? Der Junge?«
»Unglückselig, aber notwendig.«
»Kollateralschäden?«
Control hatte das Gefühl, der Mann wolle ihn reizen. Er atmete tief durch
und sagte knapp: »So ist es.«
Milton verschränkte die Arme. »Bedaure, Sir. Ich bin fertig mit Ihnen. Ich
mache Schluss.«
Control ging auf Milton zu, umkreiste ihn in nächster Nähe und sah die
Anspannung in den Schultern und den geballten Fäusten. »Niemand ist
jemals wirklich fertig mit mir. Sie können nicht kündigen. Sie können sich
nicht zur Ruhe setzen. Sie sind ein Mörder, wie Sie sagen. Etwas anderes
können Sie nicht. Was wollen Sie tun, wenn Sie gehen? Ihre Talente sind
sehr speziell. Was könnten Sie tun? Mit Kindern arbeiten? Oder in einem
Büro? Nein, Sie sind eine ungelernte Arbeitskraft, Mann. Das sind Sie.«
»Dann suchen Sie sich eine andere ungelernte Kraft.«
Control schlug frustriert mit der Faust auf den Kaminsims. »Sie arbeiten
für mich, solange ich das verdammt noch mal will, oder ich lasse Sie
vernichten!«
Milton stand auf und sah ihn an. Seine Gestalt war imposant, und sein
eisiger Blick hatte seine konzentrierte Klarheit wiedergefunden. Es war der
Blick eines Killers, und er fixierte Control erbarmungslos. »Ich glaube, wir
sind fertig, Sir — oder nicht? Wir werden uns nicht einigen.«
»Ist das Ihr letztes Wort?«
»Ja.«
Control ging hinter seinen Schreibtisch und setzte sich. »Sie machen
einen schrecklichen Fehler. Sie sind hiermit beurlaubt. Ohne Bezüge. Ich
werde Ihre Akte durchsehen, aber Sie halten Disziplin. Nehmen Sie sich Zeit,
um Ihre Position zu überdenken. Es ist noch nicht zu spät, den Schaden zu
reparieren, den Ihre törichte Haltung Ihnen zugefügt hat.«
»Jawohl, Sir.« Milton zog sich die Krawatte zurecht.
»Sie können gehen.«
»Guten Tag, Sir.«
2

ilton suchte sich eine Bar. Sein anonymes, leeres Hotelzimmer gefiel
M ihm nicht, und es war erst kurz vor Mittag. Die Konfrontation mit
Control hatte ihn aus der Fassung gebracht, und seine Hände zitterten
vor Wut und Angst.
Es gab ein Lokal mit einem breiten Panoramafenster an der Wasserseite.
Er fand einen Tisch mit Blick auf den offenen Fluss, die Gebäude am anderen
Ufer und die Vergnügungsboote und Frachtkähne, die sich durch die Wellen
pflügten. Die grelle Sonne schien von einem makellos blauen Himmel. Er
hatte Verlangen nach einem großen Whiskey. Er wollte den Alkohol spüren
und fühlen, wie sein Kopf anfing, sich ganz sanft zu drehen. Er wusste, eine
Möglichkeit mit dem Denken — an was auch immer — aufzuhören, fand sich
auf dem Grund eines Glases. Aber es gelang ihm, dem Drang zu widerstehen.
Es wäre eine kurzfristige Erleichterung mit langfristigen Konsequenzen. Er
konzentrierte sich auf die Zahl, die er im Kopf hatte — 691 — und bestellte
stattdessen einen Orangensaft. Brütend saß er da, drehte das Glas zwischen
den Fingern und schaute den Booten zu.
Über der Bar hing ein Fernseher. Er war stummgeschaltet, aber am
unteren Bildschirmrand liefen die Untertitel eines 24-Stunden-
Nachrichtensenders. Das Interview mit einem Minister auf dem
Parlamentsrasen wurde abrupt abgelöst von der Hubschrauberaufnahme einer
bewaldeten Gebirgslandschaft. Laut der Bildunterschrift handelte es sich um
die Gegend am Lac d’Annecy in Frankreich. Die Kamera schwenkte
ruckartig und zoomte nach unten, bis ein BMW den Bildschirm ausfüllte. Er
parkte auf einer kleinen Lichtung. Die Kamera zoomte zurück und erfasste
ein zweites Fahrzeug, blau mit weiß-roten Streifen. Auf dem Lehmboden bei
den Autos waren Blutflecken zu sehen. In der Laufschrift am unteren Rand
erschienen die Worte »Massaker« und »Gräueltat«.
Der Barkeeper schüttelte den Kopf. »Haben Sie das gesehen?«
Milton grunzte.
»Wissen Sie, dass die im Auto einen Jungen gefunden haben?«
Milton antwortete nicht.
»Ich verstehe nicht, wie einer so was tun kann — eine Familie im Urlaub
ermorden. Wie kaltblütig muss man da sein? Wenn Sie mich fragen, hat der
Kleine Glück gehabt. Ich schätze, wenn der Täter ihn gefunden hätte, wäre er
wohl auch erschossen worden.«
Die Sendung wechselte zur nächste Story, aber es half nichts. Milton
trank seinen Saft aus und stand auf. Er musste gehen.
3

ilton war ein wenig benommen und vergaß, dass er mit dem Auto ins
M Büro gekommen war. Ziellos ging er hinunter in den nächsten U-
Bahnhof. Auf dem Bahnsteig herrschte Hochbetrieb. Eine Reisegruppe
von jungen Ausländern, die es nicht besser wussten, hatte sich vor der Rampe
versammelt. Sie versperrten den Weg mit ihrem Gepäck und plapperten
aufgeregt auf Portugiesisch. Ihre Koffer waren mit Stickern beklebt, auf
denen ihre früheren Reiseziele abzulesen waren. Brasilianer, vermutete er.
Studenten. Milton schlängelte sich zwischen ihnen hindurch, um am
ruhigeren, weniger bevölkerten Ende des Bahnsteigs zu warten. Dort stand
eine einzelne Reisende an der Bahnsteigkante. Sie war schwarz, Anfang
dreißig, und sie trug die Uniform einer der Fastfood-Ketten, die es in der
Umgebung der U-Bahnstation gab. Sie wirkte erschöpft, und Milton sah, dass
sie weinte. Ihre Unterlippe zitterte, und Tränen liefen ihr über die Wangen.
Milton hatte kein Talent für Empathie, und er hätte nicht gewusst, wo er
anfangen sollte, um sie zu trösten, aber er hatte auch kein Interesse daran.
Nicht heute. Er hatte zu viel anderes im Kopf. Also ging er weiter.
Seine Stimmung hatte sich wieder verschlechtert, und er fühlte sich
abscheulich. Ihm war schwindlig, und er ließ sich auf eine freie Bank fallen.
Er fing an zu schwitzen, erst an den Handflächen, dann auf dem Rücken.
Salzige Tropfen liefen ihm von seiner Kopfhaut in die Augen und den Mund.
Er dachte an die Luftaufnahmen des Waldes, die der Hubschrauber des
Fernsehsenders gemacht hatte. Im Boden hatten drei Fähnchen gesteckt und
die Stellen markiert, wo die Leichen gefunden worden waren. Er wusste, er
sollte damit aufhören und an etwas anderes denken, aber er konnte nicht, und
bald war der Albtraum wieder da, die jahrealten Erinnerungsblitze: das
verwüstete Dorf, das Blut auf dem trockenen Boden, die Leiche des Jungen,
der pfeffrige Geruch von hochbrisantem Sprengstoff und der erstickende
Todesgestank. Seine Erinnerungen trieben weiter zu all den anderen Dingen,
die er im Dienst für Königin und Vaterland getan und gesehen hatte.
Schmutzige Zimmer und dunkle Straßen, hundertsechsunddreißig Opfer
nebeneinander aufgebahrt als Beweis für die schrecklichen Dinge, die er
getan hatte. Ein Kopfschuss aus einem Scharfschützengewehr, ein
Messerstich ins Herz, eine Garotte um den Hals geschlungen und
strammgezogen, bis aus dem Keuchen ein Röcheln wurde, das bald
verstummte, ein verzweifelt zuckender und dann erschlaffender Körper.
Einhundertsechsunddreißig Männer und Frauen, die ihn anklagend
anschauten und deren Blut an seinen Händen klebte
Ein lauter Schrei ließ ihn herumfahren.
Die Studenten starrten den Bahnsteig entlang zu ihm herüber. Er nahm
alle Details in sich auf. Zeigten sie auf ihn? Nein. Sie zeigten weg von ihm.
Die Frau war nicht mehr da. Noch ein Schrei, und einer der Studenten zeigte
auf das Gleis. Milton sprang taumelnd von seiner Bank auf und sah sie: Sie
lag quer über einer der Schienen, absichtlich. Der Anblick ergab keinen Sinn.
Zuerst dachte er, sie habe etwas aufheben wollen, das dort hingefallen war,
aber dann begriff er, dass sie sich so hingelegt hatte, weil sie so liegen wollte.
Er drehte sich um. Die digitale Leuchtschrift sagte, dass ein Zug hereinkam,
und dann hörte Milton ihn auch, das leise Rumpeln, mit dem die Wagen um
die letzte Kurve in den Tunnel rollten. Er hatte keine Zeit mehr, sich zu
überlegen, was er tun sollte. Fünfzehn Meter weiter war ein Notrufknopf an
der Wand, aber den würde er nicht mehr rechtzeitig erreichen, und selbst
wenn, würde der Zug kaum noch rechtzeitig anhalten können.
Er sprang vom Bahnsteig auf die Schwellen hinunter.
Er stieg über die Stromschiene.
Der Zug kam näher, und ein Schwall von warmer Luft wehte aus der
Tunnelmündung.
Milton fiel neben der Frau auf die Knie.
»Nein«, sagte sie. »Lassen Sie mich in Ruhe.«
Er schob eine Hand unter ihren Rücken und die andere in ihre
Kniekehlen. Sie war zierlich, und er konnte sie mühelos hochheben. Der Zug
kam mit hellen Scheinwerfern um die Kurve. Seine Sirene gellte schrill und
unerwartet, und Milton wusste, es würde knapp werden. Er stieg über die
Stromschiene zurück und warf die Frau auf dem Bahnsteig. Die Bremsen des
Zuges griffen zu, und die blockierten Räder rutschten mit scheußlichem
Kreischen über die stählernen Schienen, als Milton die Hände auf die
Bahnsteigkante stemmte und sich hochschwang. Er rollte weg, als der
Triebwagen vorbeirauschte und ihn um Haaresbreite verfehlte.
Er fiel auf den Rücken und starrte zu der gewölbten Decke hinauf. Sein
Atem ging stoßweise.
Der Zug war auf halbem Weg in den Bahnhof hinein zum Stehen
gekommen. Der Triebwagenführer öffnete seine Tür und rannte auf dem
Bahnsteig auf ihn zu. »Alles okay, Kollege?«
»Ja ja. Sehen Sie nach ihr.«
Er schloss die Augen und zwang sich, wieder normal zu atmen. Ein, aus.
Ein, aus.
»Ich dachte, Sie wären hin«, sagte der Fahrer. »Ich dachte, ich erwische
euch beide. Was ist denn passiert?«
Milton antwortete nicht. Die Studenten waren herangekommen, und der
Zugführer wandte sich ihnen zu. Sie berichteten ihm in gebrochenem
Englisch in singendem Tonfall, was sie gesehen hatten. Die Frau sei von der
Plattform geklettert und habe sich auf das Gleis gelegt, und Milton sei ihr
gefolgt und habe sie aus der Gefahrenzone gebracht.
»Verdammt, Sie sind ein Held, Kollege«, sagte der Zugführer.
Milton schloss wieder die Augen.
Ein Held?
Er hätte gelacht, wenn es nicht so lächerlich gewesen wäre. Aber es war
ein schlechter Witz.
4

urz darauf kam der Rettungswagen. Milton saß neben der Frau auf der
K Bank, als die Sanitäter sich um sie kümmerten. Sie hatte fünf Minuten
lang hysterisch geweint, sich dann aber beruhigt, und als die Sanitäter
kamen, war sie bewegungslos und stumm und starrte die großen Plakate für
exotische Urlaubsreisen und Dutyfree-Angebote an, die an der gewölbten
Wand auf der anderen Seite der Gleise hingen.
Einer der Sanitäter hatte die Brieftasche der Frau aus ihrer Handtasche
genommen. »Heißen Sie Sharon, Schätzchen?«, fragte er. Sie antwortete
nicht. »Kommen Sie, Darling, Sie müssen mit uns reden.«
Sie schwieg weiter.«
»Wir müssen sie mitnehmen«, sagte der Sanitäter. »Ich glaube, sie hat
einen Schock.«
»Dann komme ich mit«, sagte Milton.
»Sind Sie ein Freund?«
Wenn er sie jetzt verließ, würde er sie im Stich lassen. Er hatte
angefangen, ihr zu helfen, und jetzt wollte er diesen Job auch zu Ende
bringen. Er würde verschwinden, wenn ihre Familie da wäre.
»Ja«, sagte er.
»Kommen Sie, Schatz. Dann wollen wir Sie ordnungsgemäß
auschecken.«
Milton fiel sein Wagen ein. Er holte ihn und folgte dem Rettungswagen,
der die Frau zum Royal Free Hospital brachte. Dort wurde sie in einem
ruhigen Zimmer untergebracht und bekam eine Tasse heißen Tee mit viel
Zucker. »Wir warten nur auf den Arzt«, hieß es. »Trinken Sie das hier.
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The Project Gutenberg eBook of How to become
a scientist
This ebook is for the use of anyone anywhere in the United
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are not located in the United States, you will have to check the
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eBook.

Title: How to become a scientist


Giving interesting and instructive experiments in
chemistry, mechanics, acoustics and pyrotechnics

Author: Aaron A. Warford

Release date: August 30, 2023 [eBook #71522]

Language: English

Original publication: New York: Frank Tousey, 1900

Credits: Demian Katz, Craig Kirkwood, and the Online


Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net
(Images courtesy of the Digital Library@Villanova
University.)

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK HOW TO


BECOME A SCIENTIST ***
Transcriber’s Notes:
The Table of Contents was created by the transcriber and placed in the public
domain.
Additional Transcriber’s Notes are at the end.
CONTENTS
How to Become a
Scientist.
Pneumatic Amusements.
Amusements in
Mechanics.
Arithmetical Amusements.
How to Become a
Chemist.
Acoustics.
Fireworks.
How to Become a Scientist.
GIVING

Interesting and Instructive Experiments


IN

CHEMISTRY,
Mechanics, Acoustics
AND

PYROTECHNICS.

ALSO CONTAINING

MATHEMATICAL PROBLEMS and PUZZLES


BOTH

USEFUL AND AMUSING.

New York:
FRANK TOUSEY, Publisher,
24 Union Square.
Entered according to Act of Congress, in the year 1900, by
FRANK TOUSEY,
in the Office of the Librarian of Congress at Washington, D. C.
How to Become a Scientist.
Chemistry, optics, pneumatics, mechanics, and mathematics, all
contribute their share towards furnishing recreation and sport for the
social gathering, or the family fireside. The magical combinations
and effects of chemistry have furnished an almost infinite variety of
pleasant experiments, which may be performed by our youthful
friends with great success if a little care be taken; and the other
branches of natural science are nearly as replete with interest.
The following repertoire of such tricks and illusions will be found
exceedingly complete, although pains have been taken to select only
the best and most startling of them. A large number are entirely new,
but are described with sufficient clearness to enable any person of
ordinary intelligence to become expert in them, with a little practice.

Chemical Amusements.
Chemistry is one of the most attractive sciences. From the beginning
to the end the student is surprised and delighted with the
developments of the exact discrimination, as well as the power and
capacity, which are displayed in various forms of chemical action.
Dissolve two substances in the same fluid, and then, by evaporation
or otherwise, cause them to reassume a solid form, and each
particle will unite with its own kind, to the entire exclusion of all
others. Thus, if sulphate of copper and carbonate of soda are
dissolved in boiling water, and then the water is evaporated, each
salt will be reformed as before. This phenomenon is the result of one
of the first principles of the science, and as such is passed over
without thought; but it is a wonderful phenomenon, and made of no
account, only by the fact that it is so common and so familiar.
It is by the action of this same principle, “chemical affinity,” that we
produce the curious experiments with

Sympathetic Inks.
By means of these, we may carry on a correspondence which is
beyond the discovery of all not in the secret. With one class of these
inks, the writing becomes visible only when moistened with a
particular solution. Thus, if we write to you with a solution of the
sulphate of iron, the letters are invisible. On the receipt of our letter,
you rub over the sheet a feather or sponge, wet with a solution of
nut-galls, and the letters burst forth into sensible being at once, and
are permanent.
2. If we write with a solution of sugar of lead, and you moisten with a
sponge or pencil, dipped in water impregnated with sulphureted
hydrogen, the letters will appear with metallic brilliancy.
3. If we write with a weak solution of sulphate of copper, and you
apply ammonia, the letters assume a beautiful blue. When the
ammonia evaporates, as it does on exposure to the sun, the writing
disappears, but may be revived again as before.
4. If you write with the oil of vitriol very much diluted, so as to prevent
its destroying the paper, the manuscript will be invisible except when
held to the fire, when the letters will appear black.
5. Write with cobalt dissolved in diluted muriatic acid; the letters will
be invisible when cold, but when warmed they will appear a bluish
green.
We are almost sure that our secrets thus written will not be brought
to the knowledge of a stranger, because he does not know the
solution which was used in writing, and, therefore, does not know
what to apply to bring out the letters.

To Light a Candle Without Touching the Wick.


Let the candle burn until it has a good long snuff; then blow it out
with a sudden puff, a bright wreath of white smoke will curl up from
the hot wick. Now, if a flame be applied to this smoke, even at a
distance of two or three inches from the candle, the flame will run
down the smoke and rekindle the wick in a very fantastic manner. To
perform this experiment nicely, there must be no draught or
“banging” doors while the mystic spell is rising.
Magic Milk.
Lime-water is quite transparent, and clear as common spring water;
but if we breathe or blow into it, the bright liquid becomes opalescent
and as white as milk.
The best way to try this simple experiment is to put some powdered
quicklime into a wine bottle full of cold water; shake them well
together, now and then, for a day; then allow the bottle to remain
quiet till the next day, when the clear lime-water may be poured off
from the sediment. Now fill a wine-glass or tumbler with the lime-
water thus made, and blow through the liquid with a glass tube, a
piece of new tobacco-pipe, or a clean straw, and in the course of a
minute or so—as the magicians say—“the water will be turned into
milk.” By means of this pastime “Wise Men” can ascertain which
young ladies are in love and which young gentlemen are not. With a
shrewd guess they present, as a test, a glass of lime-water to the
one and of pure water to the other, with unerring effect.

The Mimic Vesuvius.


This experiment is a demonstration of the heat and light which are
evolved during chemical combination. The substance phosphorus
has a great affinity for oxygen gas, and wherever it can get it from it
will, especially when aided by the application of heat. To perform this
experiment, put half a drachm of solid phosphorus into a Florence
oil-flask, holding the glass slantingly, that the phosphorus may not
take fire and break the glass; pour upon it a gill and a half of water,
and place the whole over a tea-kettle lamp, or any common lamp
filled with spirits of wine; light the wick, which should be about half an
inch from the flask; and as soon as the water is boiling hot, streams
of fire, resembling sky-rockets, will burst at intervals from the water;
some particles will also adhere to the sides of the glass, immediately
displaying brilliant rays, and thus continue until the water begins to
simmer, when a beautiful imitation of the aurora borealis will
commence and gradually ascend until it collects into a pointed cone
at the mouth of the flask; after a half a minute, blow out the flame of
the lamp, and the apex of fire that was formed at the mouth of the
flask will rush down, forming beautiful illumined clouds of fire, rolling
over each other for some time; and when these disappear, a
splendid hemisphere of stars will present itself. After waiting a
minute or two, light the lamp again, and nearly the same phenomena
will be displayed as at the beginning. Let a repetition of lighting and
blowing out the lamp be made for three or four times, so that the
number of stars may be increased; and after the third or fourth act of
blowing out the lamp, the internal surface of the flask will be dry.
Many of the stars will shoot with great splendor from side to side,
while others will appear and burst at the mouth of the flask. What
liquid remains in the flask will serve for the same experiment three or
four times, without adding any water. Care should be taken, after the
operation is over, to put the flask in a cool and secure place.

The Real Will-o’-the-Wisp.


Into a small retort place about an ounce of strong liquor of potash;
that is, pure potash dissolved in water, together with about a drachm
of phosphorus. Let the neck or beak of the retort dip into a saucer of
water, say half an inch deep; now very gently heat the liquid in the
retort with a spirit-lamp until it boils. In a few minutes the retort will be
filled with a white cloud; then the gas generated will begin to bubble
at the end of the saucer; a minute more, each bubble, as it issues
from the boiling fluid, will spontaneously take fire as it comes into the
air, forming at the same time the philosopher’s ring of phosphoric
acid. Care is required in handling phosphorus; but our young
chemical readers will, we think, not forego this wonderful experiment
for the want of due attention; for, without proper care on their part,
we must give up showing them wonders even greater than these.

The Paper Oracle.


Some amusement may be obtained among young people by writing,
with common ink, a variety of questions, on different bits of paper,
and adding a pertinent reply to each, written with nitro-muriate of
gold. The collection should be suffered to dry, and put aside, until an
opportunity offers for using them. When produced, the answers will
be invisible; desire different persons to select such questions as they
may fancy, and take them home with them; then promise, if they are
placed near the fire during the night, answers will appear written
beneath the questions in the morning; and such will be the fact, if the
paper be put in any dry, warm situation.

The Mimic Gas-House.


This shows a simple way of making illuminating gas, by means of a
tobacco-pipe. Bituminous coal contains a number of chemical
compounds, nearly all of which can, by distillation, be converted into
an illuminating gas; as with this gas nearly all our cities are now
lighted in the dark hours of night. To make it, obtain some coal-dust
(or walnut or butternut meats will answer), and fill the bowl of a pipe
with it; then cement the top over with some clay; place the bowl in
the fire, and soon smoke will be seen issuing from the end of the
stem; when that has ceased coming apply a light and it will burn
brilliantly for several minutes; after it has ceased, take the pipe from
the fire and let it cool, then remove the clay, and a piece of coke will
be found inside: this is the excess of carbon over the hydrogen
contained in the coal, for all the hydrogen will combine with carbon at
a high temperature, and make what are called hydrocarbons—a
series of substances containing both these elemental forms of
matter.

Alum Basket.
Make a small basket, about the size of the hand, of iron wire or split
willow; then take some lamp-cotton, untwist it, and wind it around
every portion of the basket. Then mix alum, in the proportion of one
pound with a quart of water, and boil it until the alum is dissolved.
Pour the solution into a deep pan, and in the liquor suspend the
basket, so that no part of it touch the vessel or be exposed to the air.
Let the whole remain perfectly at rest for twenty-four hours; when, if
you take out the basket, the alum will be found prettily crystallized
over all the limbs of the cottoned frame.
In like manner, a cinder, a piece of coke, the sprig of a plant, or any
other object, suspended in the solution by a thread, will become
covered with beautiful crystals.
If powdered tumeric be added to the hot solution, the crystals will be
of a bright yellow; if litmus be used instead, they will be of a bright
red; logwood will yield them of a purple, and common writing-ink, of
a black tint; or, if sulphate of copper be used instead of alum, the
crystals will be of fine blue.
But the colored alum crystals are much more brittle than those of
pure alum, and the colors fly; the best way of preserving them is to
place them under a glass shade, with a saucer containing water.
This keeps the atmosphere constantly saturated with moisture, the
crystals never become too dry, and their texture and color undergo
but little change.

The Magic Bottle.


This trick, if well managed, is one of the most wonderful that can be
performed in a drawing-room without apparatus; but it requires
dexterity at the conclusion.
The person performing the trick offers to pour from a common wine-
bottle, port-wine, sherry, milk, and champagne, in succession, and in
any order.
To accomplish the trick, you must make solutions of the following
chemicals, and label the bottles with numbers, thus:
No. 1. A mixture of two parts perchloride of iron, and one part
sulphuric acid (vitriol).
No. 2. A strong solution of the sulphocyanate of potash.
No. 3. A strong solution of acetate of lead.
No. 4. A solution of bicarbonate of soda, or potash.
No. 5. A clear solution of gum arabic.
Procure a champagne-bottle, and wash it out well; then pour three
teaspoonfuls of No. 1 into it. As the quantity is very small, it will not
be observed, especially if you are quick in your movements. Pour
some distilled or rain water into a common water-bottle, or jug, and
add a tablespoonful of No. 5 to it; then set it aside, ready for use.
Provide some wine-glasses, of four different patterns, and into one
pattern put one drop of solution No. 2; into another, three drops of
solution No. 2; rinse the third with solution No. 3, and the fourth with
solution No. 4.
Arrange the glasses on a small tray, remembering the solutions that
were poured into each pattern.
Everything being ready, take the champagne bottle that you have
prepared, from two or three others, and holding it up, to show the
company that it is clear and empty; you must desire some person to
hand you the water-bottle or jug, and then fill up the bottle with the
water.
Pour some of the contents of the bottle into an unprepared glass, in
order to show that it is water; then say: “Change to champagne,” and
pour the liquid from the bottle into one of the glasses rinsed with No.
4; then pour into the glass containing three drops of No. 2, and it will
change to port wine; but if poured into the glass rinsed with No. 3, it
will change to milk; and if into the glass with one drop of No. 2, it will
produce sherry.
Be careful in pouring the fluid from the bottle, not to hold it high
above the glasses, but to keep the mouth of it close to the edges,
otherwise persons will observe that it undergoes change of color
after it is poured into them; and, on this account, the glasses should
be held rather high.
As all the solutions used in the above trick are deleterious, they
should not be left about in the way of children, and, of course, the
fluid in the wine-glasses must not even be tasted; but if any of the
company wish to drink the wines you have made, then the tray must
be adroitly exchanged for another with the proper wines placed on it.

The Faded Rose Restored.


Take a rose that is quite faded, and throw some sulphur on a
chafing-dish of hot coals; then hold the rose over the fumes of the
sulphur, and it will become quite white; in this state dip it into water,
put it into a box, or drawer, for three or four hours, and when taken
out it will be quite red again.

The Protean Liquid.


A red liquor, which, when poured into different glasses, will become
yellow, blue, black, and violet, may be thus made: Infuse a few
shavings of logwood in common water, and when the liquor is red,
pour it into a bottle; then take three drinking-glasses, rinse one of
them with strong vinegar, throw into the second a small quantity of
pounded alum, which will not be observed if the glass has been
newly washed, and leave the third without any preparation. If the red
liquor in the bottle be poured into the first glass it will assume a straw
color; if into the second, it will pass gradually from bluish-gray to
black, provided it be stirred with a bit of iron, which has been
privately immersed in good vinegar; in the third glass the red liquor
will assume a violet tint.

The Changeable Ribbon.


Dip a rose-colored ribbon into nitric acid, diluted with eight or ten
parts of water, and as soon as the color disappears, which it will do
in a short time, take out the ribbon and put it into a very weak
alkaline solution, when the alkali will quickly neutralize the acid, and
the color will reappear.

The Chemical Chameleon.


Put a drachm of powdered nitrate of cobalt into a vial, containing an
ounce of the solution of caustic potash, when the decomposition of
the salt, and precipitation of a blue oxide of cobalt will take place.
Cork the vial, and the liquid will assume a blue color, from which it
will pass to a lilac, afterward to a peach tint, and finally to a light red.
Musical Flame.
Fit a good cork into a wine-bottle; burn a hole through the cork with a
round iron skewer, and into it fix a piece of tobacco pipe about eight
inches long. Put into the bottle about two or three ounces of zinc, in
slips, such as the waste cuttings from a zinc-worker; now pour water
on to the zinc until the bottle is more than half full; then add about
three parts of a wine-glassful of sulphuric acid (oil of vitriol); this
causes a rapid effervescence at first, but which subsides to a
moderate and continuous boiling for a lengthened period; as soon as
the boiling is regular, the cork with the pipe through it may be
inserted into the bottle. If a light be placed to the end of the pipe, a
flame will be produced, which will continue to burn so long as there
is any visible action in the bottle. This flame is the ignited hydrogen
gas (water gas), resulting from the decomposition of water by the
acid and zinc, and as such is an exceedingly interesting experiment.
Now, to be musical, procure a glass or metal pipe, about sixteen or
eighteen inches long, and from half to three-quarters of an inch in
diameter; place the tube over the flame, and allow the pipe to be
about three to five inches up the tube, which will act as a kind of high
chimney; it must be held perfectly steady and upright, at a particular
distance up the tube, which varies according to the size of the flame.
A beautiful sound is thus produced, similar to an organ-pipe. This
sound, or “musical flame,” varies in note according to the diameter of
the tube, being deeper or more bass as the tube is increased in size.
By using various-sized tubes, different sounds are thus readily
produced. The true explanation of this singular experiment remains
yet to be solved.

Optical Amusements.
The science of optics affords an infinite variety of amusements,
which cannot fail to instruct the mind, as well as delight the eye. By
the aid of optical instruments we are enabled to lessen the distance
to our visual organs between the globe we inhabit and “the wonders
of the heavens above us;” to watch “the stars in their courses,” and
survey at leisure the magnificence of “comets importing change of
times and states;” to observe the exquisite finish and propriety of
construction which are to be found in the most minute productions of
the earth;—to trace the path of the planet, in its course around the
magnificent orb of day, and to detect the pulsation of the blood, as it
flows through the veins of an insect. These are but a few of the
powers which this science offers to man; to enumerate them all
would require a space equal to the body of our work; neither do we
propose to notice the various instruments and experiments which are
devoted to purposes merely scientific; it being our desire only to call
the attention of our juvenile readers to such things as combine a vast
deal of amusement with much instruction, to inform them as to the
construction of the various popular instruments; to show the manner
of using them, and to explain some of the most attractive
experiments which the science affords. By doing thus much, we
hope to offer a sufficient inducement to extend inquiry much further
than the information which a work of this nature will enable us to
afford.

The Camera Obscura.


This is a very pleasing and instructive optical apparatus, and may be
purchased for a small sum. But it may be easily made by the young
optician. Procure an oblong box, about two feet long, twelve inches
wide, and eight high. In one end of this a tube must be fitted
containing a lens, and be made to slide backward and forward, so as
to suit the focus. Within the box should be a plain mirror, reclining
backward from the tube at an angle of forty-five degrees. At the top
of the box is a square of unpolished glass, upon which, from
beneath, the picture will be thrown, and may be seen by raising the
lid. To use the camera, place the tube with the lens on it opposite to
the object, and having adjusted the focus, the image will be thrown
upon the ground glass, as above stated, where it may be easily
copied by a pencil or in colors.

The Magic Lantern.


The object of this ingenious instrument is to represent, in a dark
room, on a white wall or cloth, a succession of enlarged figures of
remarkable, natural, or grotesque objects. It consists of a tin box,
with a funnel on the top, and a door on one side of it. This funnel, by
being bent, serves the double purpose of letting out the smoke and
keeping in the light. In the middle of the bottom of the box is placed a
movable lamp, which must have two or three good lights, at the
height of the center of the polished tin reflector. In the front of the
box, opposite the reflector, is fixed a tin tube, in which there slides
another tube. The sliding tube has, at its outer extremity, a convex
lens fixed in it, of three inches in diameter. The focus of the smaller
of these lenses may be about five inches. Between the stationary
tube and the lamp, there must be a split or opening to admit of the
passage of glass sliders, mounted in paper or wooden frames, upon
which sliders it is that the miniature figures are painted, which are
intended to be shown upon the wall. The distinctness of the enlarged
figures depends not only upon the goodness of the magnifying glass,
but upon the clearness of the light yielded by the lamp. It may be
purchased ready made of any optician.
To Paint the Glasses.—The slides containing the objects usually
shown in a magic lantern are to be bought of opticians with the
lantern, and can be procured cheaper and better in this way than by
any attempt at manufacturing them. Should, however, the young
optician wish to make a few slides, of objects of particular interest to
himself, he may proceed as follows: Draw on a paper the subject you
desire to paint. Lay it on a table or any flat surface, and place the
glass over it; then draw the outlines with a very fine pencil, in varnish
mixed with black paint, and, when dry, fill up the other parts in their
proper colors. Transparent colors must be used for this purpose,
such as carmine, lake, Prussian blue, verdigris, sulphate of iron,
tincture of Brazil wood, gamboge, etc.; and these must be tempered
with a strong white varnish, to prevent their peeling off. Then shade
them with black, or with bistre, mixed with the same varnish.
To Exhibit the Magic Lantern.—The room for the exhibition ought to
be large, and of an oblong shape. At one end of it suspend a large
sheet, so as to cover the whole of the wall. The company being all
seated, darken the room, and placing the lantern with its tube in the
direction of the sheet, introduce one of the slides into the slit, taking
care to invert the figures; then adjust the focus of the glasses in the
tube, by drawing it in or out, as required, and a perfect
representation of the object will appear.
Effects of the Magic Lantern.—Most extraordinary effects may be
produced by means of the magic lantern; one of the most effective of
which is a tempest at sea.
This is effected by having two slides painted, one with the tempest
as approaching on one side, and continuing in intensity till it reaches
the other. Another slide has ships painted on it, and while the lantern
is in use, that containing the ships is dexterously drawn before the
other, and represents ships in the storm.
The effects of sunrise, moonlight, starlight, etc., may be imitated
also, by means of double sliders; and figures may be introduced
sometimes of fearful proportions.
Heads may be made to nod, faces to laugh; eyes may be made to
roll, teeth to gnash; crocodiles may be made to swallow tigers;
combats may be represented; but one of the most instructive uses of
the slides is to make them illustrative of astronomy, and to show the
ratio of the seasons, the cause of the eclipses, the mountains in the
moon, spots on the sun, and the various motions of the planetary
bodies and their satellites.

The Phantasmagoria.
Between the phantasmagoria and the magic lantern there is this
difference: in common magic lanterns the figures are painted on
transparent glass; consequently the image on the screen is a circle
of light, having figures upon it; but in the phantasmagoria all the
glass is opaque, except the figures, which, being painted in
transparent colors, the light shines through them, and no light can
come upon the screen except that which passes through the figure.
There is no sheet to receive the picture, but the representation is
thrown on a thin screen of silk or muslin, placed between the

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