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ELSEVIER ESSENTIALS Sexualität: Das

Wichtigste für Ärzte aller


Fachrichtungen Jutta Kossat (Autor)
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-aller-fachrichtungen-jutta-kossat-autor/
In der Reihe ELSEVIER ESSENTIALS sind bis jetzt folgende Titel erschienen:

Geriatrie (978-3-437-22841-4)

Onkologie (978-3-437-21431-8)

Parkinson (978-3-437-21023-5)
Jutta Kossat

ELSEVIER ESSENTIALS
Sexualität
Das Wichtigste für Ärzte aller Fachrichtungen

Unter redaktioneller Mitarbeit von: Dr. med. Torsten Freitag, Magdeburg


Hackerbrücke 6, 80335 München, Deutschland
Wir freuen uns über Ihr Feedback und Ihre Anregungen an books.cs.muc@elsevier.com

ISBN 978-3-437-21461-5
eISBN 978-3-437-17313-4

Alle Rechte vorbehalten


1. Auflage 2018
© Elsevier GmbH, Deutschland

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Ärzte/Praktiker und Forscher müssen sich bei der Bewertung und Anwendung aller hier beschriebenen Informationen, Methoden, Wirkstoffe oder
Experimente stets auf ihre eigenen Erfahrungen und Kenntnisse verlassen. Bedingt durch den schnellen Wissenszuwachs insbesondere in den
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die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline Form gewählt. Selbstverständ-
lich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.

Planung: Dr. Bernd Gall


Projektmanagement: Martina Gärtner
Redaktion: Dr. Nikola Schmidt
Satz: abavo GmbH, Buchloe
Druck und Bindung: Printer Trento S. r. l., Trento/Italien
Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm
Titelfotografie:© AdobeStock.com/Mopic

Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de


Vorwort

Während meiner sexualmedizinischen Ausbildung wurde ich von anderem hingewiesen auf den hohen Leistungs- und Optimierungs-
Kollegen immer wieder gefragt: Was ist denn Sexualmedizin? Die- druck in der Sexualität, der heute viele verunsichert. Gegenüber der
ses Buch soll dem nichtsexualmedizinisch tätigen Arzt und Psycho- medial-üblichen Darstellung der Sexualität fällt die eigene „norma-
logen eine praktische Anleitung sein, den Facetten der Sexualität le“ Sexualität ab. Ein ärztliches Gespräch über erfüllende Sexualität,
offen und neugierig zu begegnen. die die psychosozialen Grundbedürfnisse wie Geborgenheit, Akzep-
Das Ziel des Buches ist es Antworten auf häufig gestellte Fragen tanz, Nähe befriedigt, bestätigt und unterstützt den Patienten in ei-
und erste Lösungsansätze für gängige Probleme zu geben. Der Fo- ner salutogenen Sichtweise auf die Sexualität.
kus liegt auf dem „Normalbürger“. Für komplexere, ungewöhnli- In den folgenden Kapiteln wird auf die Sexualität in verschiede-
chere Störungen wird auf weitere Beratungsstellen oder Therapie- nen Lebensphasen, sexuelle Funktionsstörungen und Sexualität in
möglichkeiten hingewiesen. besonderen Kontexten eingegangen.
Das Buch soll die Möglichkeit eines entspannten Umganges mit Bei Störungen der Sexualität setzt der Patient, das Patientenpaar
der Sexualität aufzeigen, mit der eigenen und der des Patienten. Au- zusammen mit dem Arzt die einzelnen „Puzzleteilchen“ zusam-
thentisch und durchaus mit empathischem Humor über sexuelle men. Gemeinsam wird beraten, was könnte zu den Problemen ge-
Themen zu sprechen entlastet die Patienten enorm. Viele Patienten führt haben und wie sie zu lösen wären. Die Paarkommunikation
wünschen sich direkt vom Arzt auf die Sexualität angesprochen zu wird im verbalen und sexuellen Bereich analysiert. Kommunikati-
werden. onstipps sind im Anhang enthalten.
Fallbeispiele aus der Praxis zeigen die verschiedenen sexuellen Bedanken möchte ich mich für die ausgezeichnete fachliche Un-
Weltanschauungen und wie spannend Sexualmedizin sein kann. terstützung durch Herrn Dr. Freitag, Magdeburg. Mein Dank gilt
Die sexuelle Weltanschauung ist den Menschen oft nicht bewusst, auch den Mitarbeitern des Elsevier Verlages, insbesondere Frau
„Sex gehört irgendwie dazu“. Geht es beim Sex um Fortpflanzung, Gärtner, Frau Dr. Schmidt und Herrn Gall. Ohne die Offenheit und
um Lust oder um Beziehung? Die drei Dimensionen der Sexualität. das Vertrauen meiner Patienten wäre das Buch nicht möglich gewe-
Gerade die Beziehungsdimension wird oft unterschätzt oder ver- sen. Herzlichen Dank.
kannt. Durch die Frage „Was bedeutet Ihnen die Sexualität mit dem
Partner?“, wird diese Dimension bewusst, „das bedeutet Nähe, Ver-
bundenheit“. Die Sichtweise „Liebe und Sex gehören zusammen“ Aschau i. Chiemgau, Herbst 2017
erleichtert die Beziehung. Dr. Jutta Kossat
In den ersten beiden Kapiteln werden die Grundlagen der Sexua- Hainbach 34
lität und der Sexualberatung, -therapie dargestellt. Es wird unter 83229 Aschau
Benutzerhinweise

Kernaussagen
Das Wichtigste zu jedem Kapitel in Stichworten Fallbeispiel
Patientenfälle aus der Praxis

EVIDENZ CAVE
Studien zum Thema Warnhinweise

PATIENTENINFO DEFINITION
Tipps für das Beratungsgespräch mit dem Patienten Begriffserläuterungen

Abkürzungen
BDSM  Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism LHRH  luteinisierendes Hormon Releasing-Hormon
& Masochism NAION  nicht-arteriitische anteriore ischämische Optikusneuro­
BZgA  Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung pathie
cGMP  zyklisches Guanosylmonophosphat PDE-5  Phosphodiesterase Typ 5
DGSMTW 
Deutsche Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie PLISSIT 
Permission, Limited Information, Specific Suggestions,
und Sexualwissenschaft Intensive Therapy
DSD  Disorders of Sex Development SKIT  Schwellkörper-Injektionstestung
EP  Ejaculatio praecox SNRI  Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor
HSDD  Hypactive sexual desire disorder SSRI  selektive Serotoninwiederaufnahmeinhibitoren
ISSM  International Society for Sexual Medicine

Abbildungsnachweis
Der Verweis auf die jeweilige Abbildungsquelle befindet sich bei allen Ab- P306  Dr. med. Jutta Kossat, Aschau
bildungen im Werk am Ende des Legendentextes in eckigen Klammern. P314  Dr. med. Torsten Freitag, Magdeburg
Alle nicht besonders gekennzeichneten Grafiken und Abbildungen R362  Beier, K. M./Bosinski, A. G./Loewit, K.: Sexualmedizin.
© Elsevier GmbH, München. Elsevier/Urban& Fischer, 2. Aufl., 2005
S007-02-23 
Paulsen, F./Waschke, J.: Sobotta. Atlas der Anatomie des
E701  Schell Frazier, M.: Essentials of Human Diseases and Menschen. Band 2: Innere Organe. Elsevier/Urban &
Conditions, Diseases and conditions of the digestive Fischer, 23. Aufl., 2010
system. Elsevier Health Science Books, 2009 V130  Coloplast GmbH, Hamburg
G353–1 
Song, D. H./Neligan, P. C.: Plastic Surgery 04: Trunk and V492  Abavo GmbH, Buchloe
Lower Extremity. Elsevier Saunders, 3. Aufl., 2012 W1017  Charité – Universitätsmedizin Berlin
G614  Ludwig, B.: Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit. CC01  Centrum für Human- und Gesundheitswissenschaften
Bernhard Ludwig Eigenverlag, 2014 Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin
J787  Colourbox W1018  Bundesverband Intersexuelle Menschen
L143  Heike Hübner, Berlin X362  Pfizer's Global Study of Sexual Attitudes and Behaviors,
L231  Stefan Dangl, München Pfizer Inc., 2002
KAPITEL

1 Grundlagen der Sexualität

1.1 Einführung

Kernaussagen
• Die Sexualität kann in drei Funktionen unterteilt werden: Fortpflanzung,
Lust und Beziehung.
• Im optimalen Fall erfüllt die Sexualität auf körperlicher Ebene die psycho-
sozialen Grundbedürfnisse nach Geborgenheit, Sicherheit, Akzeptanz und
Nähe.
• Erfüllende Sexualität dient der Gesundheit, wie neurobiologische Korrelate
zeigen.
• Eine sexuelle Störung besteht nur bei subjektivem Leidensdruck: „A prob-
lem is only a problem, if it is a problem.“

1.1.1 Bedeutung der Sexualität heute Die Fortpflanzungsdimension wurde Jahrhunderte lang als
einziger Sinn der Sexualität angesehen, obwohl der Mensch
Auf die Frage „Was bedeutet für Sie Sexualität?“ antworten auch vor und nach der reproduktiven Phase ein sexuelles
die meisten Patienten mit „mich als Mann/Frau fühlen“, Wesen ist. Heute kann durch Kontrazeptiva und Reproduk­
„loslassen können“, „sein zu können, wie ich bin“, „Zeit ver- tionsmedizin diese Funktion von der Lust- und Beziehungs-
gessen“ oder „dem anderen nahe sein und doch bei mir sein.“ dimension entkoppelt werden.
Die wenigsten antworten mit „Sex gleich Stress“ oder „Sex Die Lustdimension als Motivator der Sexualität ist histo-
gleich Geilheit.“ risch gesehen gespalten zwischen Sünde einerseits und Ver-
Frauen und Männer sagen annähernd das Gleiche. Beiden herrlichung andererseits. Das Motto der 68er-Jahre „wer
geht es in der Sexualität um Nähe, Angenommen-sein, Res- zweimal mit der gleichen pennt, gehört schon zum Establish-
pekt und Akzeptanz. Es geht um das „Ich-bin-okay-wie-ich-
bin.“ Sexualität kann das Gefühl „in-Ordnung-zu-sein“ in-
tensiver geben als nur Worte, denn Berührungen erreichen
eher.
Dieser Beziehungsaspekt der Sexualität wurde lange außer Fortpflanzung
Acht gelassen. Im Vordergrund standen die beiden anderen Lust
Dimensionen der Sexualität, die sexuelle Lust und die Fort- Körpererleben
pflanzung. Identität

1.1.2 Drei Dimensionen der Sexualität

Im Hinblick auf die Funktionalität bietet es sich an, von drei


Beziehung
Funktionen oder Dimensionen der Sexualität zu sprechen
(› Abb. 1.1):
• Die Fortpflanzungsdimension
• Die Lustdimension
• Die Beziehungsdimension Abb. 1.1 Die drei Dimensionen der Sexualität [P314; L143]
2 1 Grundlagen der Sexualität

ment“ und das parallele Aufkommen der Antibabypille führ- Prolaktin, die Monoamine Dopamin und Noradrenalin sowie
ten zu einer starken Betonung der Lustdimension. Ebenso die Steroidhormone. Vereinfacht zeigt › Abb. 1.2 die phy-
propagiert auch heute die Sexindustrie die Lustdimension siologischen Vorgänge. Insgesamt kommt es zu einer Stress-
bei gleichzeitig zunehmender Lustlosigkeit in der Bevölke- reduktion.
rung. Die Beziehungsdimension wird außer Acht gelassen. Oxytocin wirkt bei sexuellen Kontakten angstmindernd,
stressabschirmend und analgetisch. Das Neuropeptid wird
durch Berührung ausgeschüttet. Beim Orgasmus erreicht
1.1.3 Beziehung und psychosoziale Oxytocin die Höchstwerte. Menschen mit festen sozialen
­Grundbedürfnisse Bindungen weisen einen höheren Oxytocinspiegel auf.

Wenn Sexualität für beide Partner erfüllend erlebt wird, kön- CAVE
nen auf körperlicher Ebene die allgemeinen psychosozialen Oxytocin
Grundbedürfnisse befriedigt werden. Psychosoziale Grund- Laut einer Studie der Universitätsklink Bonn (2013) stimuliert Oxy-
bedürfnisse sind die Bedürfnisse nach Akzeptanz, Sicherheit, tocin das Belohnungszentrum im Gehirn, erhöht die Attraktivi-
Geborgenheit, Nähe, Wahrgenommen-Werden und Vertrau- tät der Partnerin und stärkt die Monogamie.
en.
Schon in den ersten Lebenstagen wird dem Neugeborenen
über den Körperkontakt zwischen Mutter/Vater und Kind in
empathischer Beziehung Beruhigung und tiefe Zufriedenheit 1.1.5 Liebes- und Sexualleben als Gesund-
vermittelt. Diese ersten körperlichen Erfahrungen prägen heitsgewinn
den Menschen und werden später durch genitalsexuelle In-
teraktion erweitert. Wenn die Befriedigung der psychosozialen Grundbedürfnis-
Sexualität kann als körpersprachliche Kommunikation se nach Annahme und Akzeptanz auf Dauer gestört ist, er-
und Beziehung verstanden werden. Vielen Menschen ist die- höht sich die Wahrscheinlichkeit psychischer, psychovegeta-
se Sichtweise neu. Häufig besteht eine Trennung zwischen tiver und somatischer Erkrankungen. Auch zeigt sich ein ne-
dem Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Liebe auf der einen Sei- gativer Einfluss auf bestehende Erkrankungen.
te und dem Bedürfnis nach Sexualität auf der anderen Seite. Unerfüllte Grundbedürfnisse führen zur Beeinträchtigung
Sexualtherapie kann dazu dienen, eine neue sexuelle Weltan- der Gesamtbefindlichkeit, zu intrapsychischen Problemen
schauung zu vermitteln mit dem Ziel eines Verbunds von wie Selbstzweifel, Ängsten oder dysphorischen Verstimmun-
Liebe und Sexualität. gen.
Neurophysiologisch entfaltet die erfüllend gelebte Sexuali- Nach der WHO-Definition ist sexuelle Gesundheit un-
tät eine salutogene und beziehungsstärkende Wirkung. trennbar mit Gesundheit insgesamt, mit Wohlbefinden und
Lebensqualität verbunden. Sie ist ein Zustand des körperli-
chen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in
1.1.4 Neurophysiologie der Sexualität Bezug auf die Sexualität und nicht nur das Fehlen von Krank-
heit, Funktionsstörungen oder Gebrechen.
Anhand von bildgebenden Verfahren konnte gezeigt werden,
dass bestimmte Gehirnareale aktiviert bzw. deaktiviert wer-
den, um nahe Interaktionen zulassen zu können. Neuroche-
misch am wichtigsten sind die Neuropeptide Oxytocin und

Stress (Adrenalin, Noradrenalin, Oxytocin (Annahme,


Cortisol) Vertrauen, Geborgenheit)

Endorphine, Dopamin
Ablehnung, Misstrauen, Angst,
Aggression (Hemmung der
Amygdala)
Parasympathikus

Rationales Denken (Hemmung Immunsystem


des präfrontalen Cortex)
Abb. 1.2 Vereinfachtes neurophysiologisches
Schema bei erfüllender Sexualität [P314, L143]
1.1 Einführung 3

EVIDENZ Die sexuelle Freiheit führt nicht unbedingt zu mehr Freu-


Einfluss der Beziehung auf die Gesundheit de und Glück im Sexualleben, Klagen über sexuelle Unzufrie-
• Robles & Kiecolt-Glaser, 2003: Negatives und abwertendes denheit nehmen eher zu. Siehe dazu auch › Kap. 1.2.6: Se-
Streitverhalten xualität im Wandel der Zeit. Eine vorgegebene moralische
– steigert bei Hypertonikern Blutdruck und Puls, Konstellation, über die nicht gesprochen werden muss, exis-
– erhöht die Ausschüttung von Epinephrin, Norepinephrin,
ACTH und Wachstumshormon,
tiert nicht mehr. Wie ist Orientierung möglich, wenn fast al-
– senkt die Aktivität von „Killerzellen“ des Immunsystems. les erlaubt ist? Gefordert ist eine Kommunikation zwischen
• Amerikanische Caerphilly Cohort Study, 1997: Menschen in ei- den Partnern darüber, was gefällt und was nicht (› Abb. 1.3).
ner langjährigen Beziehung mit regelmäßigem befriedigendem Die sexuellen Möglichkeiten befreien und schaffen doch Pro-
Sex leben rund 10 Jahre länger als Menschen, die immer ohne bleme, authentisch zur eigenen Sexualität zu stehen.
Partner leben.
• Rick Miller, 2013: Glücklich Verheiratete bleiben gesünder.
„Want to take care of your body? Take care of your marriage
first.“
Fallbeispiel
• Dr. David Weeks, 2013: Zwischen 40. und 50. Lebensjahr hat-
ten die jünger aussehenden Menschen doppelt so viel Sex. „My
Einfluss der Medien
message is, that lovemaking is good.“ Das in den Medien präsentierte Bild von Sexualität wird von
vielen Paaren in krasser Diskrepanz zur eigenen Sexualität
erlebt und kann deshalb belastend wirken. Die eigene Sexua-
lität wird als schamhaft „normal“ und damit entwertend ge-
1.1.6 Normale Sexualität heute sehen. Beispielsweise entschuldigen sich manche Paare in
der Sexualberatung, wenn sie nur eine Koitusstellung präfe-
rieren und Frauen, wenn sie keine Pornos mögen.
DEFINITION
Sexualität heute
Erlaubt ist heute, was beiden Partnern gefällt, wenn dabei nie- EVIDENZ
mand zu Schaden kommt. Was ist beim Sex üblich (modifiziert nach Sydow, 2015)?
• Für 60 % der Paare sind Küsse, Zärtlichkeiten, Petting das wich-
tigste Element ihres Sexuallebens.
Was in der Sexualität normal ist, ist abhängig von der poli- • 60–97 % der Paare haben Erfahrung mit Fellatio und Cunnilin-
tisch-gesellschaftlichen Struktur. Viele sexuelle Einschrän- gus. Ein Drittel beim letzten Sexualkontakt. Geringere Zahlen
kungen sind aufgehoben, so groß wie bisher war die sexuelle bei älteren Menschen.
Gleichwertigkeit und die Möglichkeit zur sexuellen Selbstbe- • 90 % der Heterosexuellen praktizieren keinen Analverkehr.
stimmung noch nie. Ulrich Clement (2016): „Man darf alles • In einer festen Beziehung haben 32 % der Frauen jemals Reiz-

und muss nichts.“ wäsche verwendet, 29 % der Paare einen Porno gemeinsam an-
gesehen, 27 % Sex an öffentlichen Orten gehabt, 10 % einen
Dildo und 7 % Fesselspiele eingesetzt.

Wie wichtig beim Sex ist Ihnen ...?


Antwort: sehr wichtig
Partnerin schwängern 7 Männer Frauen
schwanger werden 7

Versöhnung 44
47
Pflicht erfüllen 13
14
sich begehrenswert fühlen 39
24
männlicher fühlen
12
23
weiblicher fühlen
15
Partnerschaft erhalten
20
meinem Partner emotional nahe fühlen 45
44
meinem Partner körperlich nahe fühlen 51
46
Ausdruck der Liebe zu meinem Partner 51
46
Befriedigung des Partners 43
50
eigene Befriedigung 26
24

0 10 20 30 40 50 60
Abb. 1.3 Wie wichtig beim Sex ist Ihnen …? Anteil (%)
[L143; X362]
4 1 Grundlagen der Sexualität

EVIDENZ Tab. 1.1 Die Häufigkeit von Partnersex


Häufigkeit von Sexualpraktiken nach Haversath, 2017
Studie Gruppen Häufigkeit
• Passiven Oralverkehr hatten jemals 56 % der befragten Männer (Männer und Frauen
und 51 % aktiven Oralverkehr. 48 % der Frauen hatten jemals zusammengefasst)
passiven und 45 % aktiven Oralverkehr.
Kinsey 20-Jährige 10–11×/Monat
• Passiven Analverkehr hatten jemals 4 % der Männer und 17 %
(1948, 1953, USA) 40-Jährige 6×/Monat
der Frauen.
60-Jährige 2,5×/Monat
Kluge & Sonnenmoser 56 % der Deutschen 1×/Woche
(2002, BRD)
1.1.7 Wieviel Sex braucht die Liebesbe- Langström & Hanson 18–60-Jährige 5,1–5,5×/Monat
ziehung? (2006, Schweden)

Die Redensart „Sex ist die schönste Nebensache der Welt“ EVIDENZ
Sexhäufigkeit
trifft es einerseits, anderseits sind Probleme in der Sexualität
einer der Hauptbelastungsfaktoren für die Partnerschaft. • Analyse Pairfam-Studie durch Schmiedeberg und Schröder,
Eine gewisse Häufigkeit (3- bis 5-mal/Monat) der sexuel- 2016: Der positiven Entwicklung der sexuellen Befriedigung im
ersten Jahr folgt ein stetiger Rückgang.
len Aktivität wird als beziehungsstabilisierend erlebt. Die be- • Muise, Schimmack, Impett, 2015: Wer in der Partnerschaft etwa
liebte These „Ehe und leidenschaftlicher Sex sind unverein- 1-mal pro Woche Sex hat, ist besonders zufrieden. Bei geringe-
bar“ ist so nicht zutreffend. rer Frequenz sinkt die Zufriedenheit, bei höherer steigt sie aber
Verpflichtende Partnerschaft folgt anderen Regeln als ro- nicht. Muises Fazit: „Intimität zum Partner ist der Schlüssel –
mantische Liebe, sexuelles Verlangen verträgt sich nicht mit ohne Druck, möglichst häufig miteinander schlafen zu müssen.“
Vertrautheit und Gewohnheit. Es gilt, die individuelle Balan-
ce zu finden zwischen den ambivalenten Grundbedürfnissen
Autonomie und Zugehörigkeit und den Fokus weniger auf 1.1.8 Probleme und Störungen der Sexualität
die sexuelle Leistungsfähigkeit als auf die emotionale Intimi-
tät und das sexuelle Vergnügen zu legen. Die meisten Men-
schen wissen sehr genau, was sie erregen kann und welche DEFINITION
Störung ist, wenn es stört
Rahmenbedingungen sie brauchen.
Insgesamt geht die koitale Aktivität in Langzeitpartner- Eine sexuelle Störung besteht nur dann, wenn der Betroffene auch
über einen subjektiven Leidensdruck berichtet. „A problem is only
schaften im Vergleich zum Beziehungsbeginn zurück, jedoch
a problem, if it is a problem.“
oft ohne Einschränkung der Beziehungsqualität. Die häufigs- Andererseits ist funktionierende Sexualität nicht gleichbedeutend
ten Störfaktoren sind ein Mangel an Energie und erotischem mit sexueller Zufriedenheit.
Engagement. Zusätzlich wird sowohl im ICD-10 als auch im DSM-5 erst dann
von einer sexuellen Funktionsstörung gesprochen, wenn diese län-
PATIENTENINFO ger als 6 Monate andauert. Hierdurch soll eine Unterscheidung
Buchempfehlungen zwischen vorübergehenden sexuellen Problemen und (dauerhafte-
ren) Störungen getroffen werden.
• Ulrich Clement: Guter Sex trotz Liebe. Ullstein, 2006
• Beatrice Boschenrieder: Sex für Faule und Gestresste. Edition
Winterwork, 2010 Zum Sexualtherapeuten kommt ein Patient häufig mit einem
„Problem“, das sich im weitesten Sinne auf alles, was mit Frau-
bzw. Mann-Sein, mit Geschlechtsrollen oder -identität zu tun
Die Zufriedenheit im Liebesleben korreliert mit allgemeiner Le- hat, bezieht, und im engeren Sinne auf die Sexualfunktion.
benszufriedenheit. Auch werden bei einem befriedigenden Lie- Das sexuelle Erleben wird durch biologische, psychologische
besleben eher romantische Gefühle mit dem Partner assoziiert. und soziale Komponenten in der individuellen Entwicklung be-
Wieviel Sex die Liebesbeziehung braucht, ist individuell stimmt. Der Patient ist in der Beratung als ganzer Mensch zu
und paarabhängig. Grundsätzlich ist jedoch nicht die Häufig- sehen. Körper, Gedanken, Gefühlen und menschliche Bezie-
keit von Geschlechtsverkehr, sondern das Gefühl der Intimi- hungen sind parallel vorhanden und beeinflussen sich gegen-
tät und Nähe entscheidend. Ein liebloser Koitus fördert nicht seitig. So kann ein Problem oder eine Störung auch nur aus
die Beziehungszufriedenheit. diesem biopsychosozialen Blickwinkel gesehen werden.
Der Mythos „Sex soll regelmäßig stattfinden“, korreliert Das Problem oder die Störung ist meist in einer Bezie-
nicht mit der Realität. Die sexuelle Aktivität in der Partner- hung aufgetreten, sodass nicht nur der „Symptomträger“,
schaft verläuft meist in Phasen. Phasen intensiverer Sexuali- sondern beide Partner betroffen sind und sich gegenseitig
tät wechseln mit Phasen geringer oder nicht stattfindender beeinflussen. Eine Beurteilung der Störung ist also nur mög-
Sexualität, z. B. bei Krankheit oder postpartal (› Tab. 1.1). lich, wenn das komplette Paar gesehen wird.
1.2 Lust, Begehren, Erregung 5

1.2 Lust, Begehren, Erregung

Kernaussagen
• Entstehung von Lust ist individuell und geschlechtertypisch.
• Es existieren hemmende und erregende Faktoren.
• Leistungsdruck und Versagensangst sind die größten Inhibitoren.
• Die sexuelle Vorlieben (Präferenzen) sind im Erwachsenenalter weitgehend
festgelegt und nur bedingt variabel.
• Statt gesellschaftlich vorgegebener Sexualmoral besteht heute eine Kon-
sensmoral in der Partnerschaft.
• Masturbation ist heute eine eigenständige Sexualform neben der Bezie-
hungssexualität.
• Sexualmythen lähmen das Sexualleben vieler Paare.

1.2.1 Entstehung von Lust, Begehren,


Lust/Trieb
Erregung (Initiierung)

Die Entstehung von Lust und Begehren ist komplex und in- Testosteron
dividuell. Das übliche Modell der sexuellen Reizverarbeitung
beschreibt aufsteigende Prozesse, d. h., durch Wahrnehmung
eines sexuellen Reizes wird eine genitale und subjektive Erre-
gung ausgelöst. Jedoch wird das lineare Modell der Komple-
Attraktion Bindung
xität der Sexualität, v. a. der weiblichen, nicht gerecht (fokussierte Aufmerk- (Sicherheit,
(› Abb. 1.4). samkeit, Verliebtsein) emotionale Nähe)
Die Lust auf Sex kann ganz spontan und primär durch das Dopamin, ver- Oxytocin
Bedürfnis nach körperlicher sexueller Erregung und Befrie- mindertes Serotonin
digung entstehen. Sie entsteht aber auch durch das Bedürf-
nis nach Intimität und Nähe, also durch das Bedürfnis nach Abb. 1.5 Emotions-Motivations-Systeme nach Helen Fisher [L123]
Beziehung. Spontanes sexuelles Interesse, emotionale Nähe,
sexuelle Reize und Bedürfnis nach emotionaler und körperli-
cher Intimität beeinflussen sich gegenseitig. Manchmal ent- 1.2.2 Modelle der sexuellen Reaktion
steht die Lust erst während der sexuellen Handlung: „Appetit
kommt beim Essen.“ Nach Master und Johnson (1966) lässt sich die sexuelle Reak-
Helen Fisher postuliert drei primäre Emotions-Motiva- tion in vier Phasen einteilen (› Abb. 1.6):
tions-Systeme für Fortpflanzung: Lust, Anziehung und Bin- • Erregung
dung. Der jeweiligen Motivation liegen spezifische neuronale • Plateauphase
Korrelate zugrunde (› Abb. 1.5). • Orgasmus
Kompliziert wird es durch den typischen Geschlechterun- • Rückbildung der sexuellen Erregung (Refraktärphase)
terschied: In der Praxis zeigt sich, dass ein Großteil der Frau- Helen Singer Kaplan (1974) hat der Erregungsphase noch die
en emotionale Nähe braucht, um Sex haben zu können und Phase der sexuellen Appetenz vorangestellt. Diese Eintei-
viele Männer dagegen durch Sex Nähe herstellen wollen lung gilt im Prinzip für beide Geschlechter.
(› Kap. 1.5). Auch die genitale Erregung wird von den Ge- Rosemary Basson 2002 hat zusätzlich zu diesen Modellen
schlechtern unterschiedlich wahrgenommen (› Kap. 1.5.3). ein neues Modell vorgeschlagen, insbesondere für Frauen in
Langzeitbeziehungen. Sie postuliert, dass Frauen sich in ei-
nem Zustand der sexuellen Neutralität befinden und erst
durch nicht sexuelle Intimität mit dem Partner – sie spürt
Mann: seine Gefühle, sie fühlt sich nahe – empfänglich werden für
Reiz Erregung sexuelle Reize (› Abb. 1.7).
Frau: Das Modell entwickelte R. Basson für Frauen. In der Praxis
Reiz ? Erregung zeigt sich, dass es durchaus auch auf Männer zutreffen kann.
Tendenziell ist das zirkuläre Modell eher „weiblich“ und das
Abb. 1.4 Reiz-Erregungs-Modell von Sexualität [P314, L143] lineare Modell eher „männlich“.
6 1 Grundlagen der Sexualität

Orgasmus

Plateauphase En
tsp
an
nu
ng

Ent
sp
ha

spa
se

nnu
Erregungsphase

ngs
b

pha
se
Frau a b a

Orgasmus

Refraktärphase
Refraktärphase
Plateauphase

Ent Abb. 1.6 Zwei repräsentative Erregungsverläufe


spa
nnu
ngs bei der Frau und beim Mann.
Ents

pha
se Variante a zeigt den Verlauf mit einem oder
Erregungsphase
pan

mehreren Orgasmen. Variante b zeigt eine Erre-


Ent phase

b
gungsphase, die sich bis zu einem Plateau stei-
nun

spa

gert, ohne einen Orgasmus zu erreichen, wobei


gsp

nnu

a hier die Entspannungsphase langsamer verläuft.


has

n
gs-

Mann b Man beachte, dass es im weiblichen Reaktionszy-


e

a a klus, im Gegensatz zu dem des Mannes, keine


Refraktärphase gibt. [P314, L143]

Interesse an
Intimität

körperliche und spontaner empfänglich für


emotionale Sexualtrieb sexuelle Stimuli
Befriedigung

erotischer
Stimulus
Steigerung von
Erregung und psychische und
sexueller Lust + körperliche Faktoren,

limbische Bewertung
körperliche und
subjektive
Erregung Abb. 1.7 Sexueller Reaktionszyklus in Anleh-
nung an Rosemary Basson, 2002 [P314, L143]
1.2 Lust, Begehren, Erregung 7

1.2.3 Duale Steuerung der Lust tät zu erleben, sondern den gedachten oder reellen Partner-
anforderungen zu genügen. Aufgrund von Kommunikati-
Warum entwickelt sich manchmal Lust und manchmal nicht? onsbarrieren gibt es häufig Fehlvorstellungen von den Wün-
Das einfache Modell „auf sexuellen Reiz folgt sexuelle Erre- schen und Vorstellungen des Partners. Schuld- und Scham-
gung“ greift in der Realität nicht. Bancroft und Janssen (2000) gefühle können entstehen, das Gefühl, dem Partner nicht
entwickelten ein Modell der dualen Kontrolle der sexuellen gerecht zu werden, „es nicht zu bringen.“
Erregbarkeit: Die individuelle Erregung ist abhängig von erre- Ein einmaliges „Nichtfunktionieren“ kann durch Selbst-
genden und hemmenden Faktoren. Es sind zwei unabhängi- verstärkungsmechanismen zu Versagensängsten führen,
ge Systeme wie das Gas- und Bremspedal beim Auto. die wiederum den Leistungsdruck erhöhen. Durch negative
Menschen mit riskantem Sexualverhalten haben viele er- Rückkopplung verstärkt sich dieser Teufelskreis und die
regende und wenig hemmende Systeme. Umgekehrt zeigen Symptomatik bleibt erhalten. Im negativsten Fall erfolgt eine
sich bei Menschen, die eher zu Sexualfunktionsstörungen Chronifizierung (› Abb. 1.8).
neigen, viele hemmende und wenig erregende Faktoren. Se- Die Störung in der Sexualität führt zu einer Belastung in
xuelle Motivation kann „abgeschaltet“ werden, sodass keine der partnerschaftlichen Beziehung. In den meisten Fällen
Lust entsteht, selbst wenn erotische Stimuli vorhanden sind. kommt es zu einem problemverstärkenden Verhalten des
Hemmende Faktoren sind v. a. Stress, Erschöpfung und Partners:
Partnerschaftskonflikte. Frauen sind oft durch „kleine“ Stör- • Der Partner reagiert enttäuscht, aggressiv, wütend und
faktoren auslenkbar und wohl etwas vulnerabler als Männer. beleidigt oder beschämt den anderen. Dies verstärkt wie-
Beispielsweise kann das schlafende Kind im Nachbarzimmer derum die sexuelle Störung. Oft distanzieren sich die Paa-
zu einer Hemmung führen. re zunehmend voneinander.
Auf neurobiologischer Ebene wirken sexuell stimulierend • Beide Partner beziehen die Störung auf sich selbst, z. B.
Dopamin, Noradrenalin, Oxytocin und die Melanokortine. Erektionsstörung bei gleichzeitiger mangelnder Lubrika-
Hemmend wirken die endogenen Opioide, die während des tion der Frau.
Orgasmus freigesetzt werden. Auch das Serotonin bewirkt • Ein Partner macht den Anderen für seine Probleme ver-
eine Abschaltung des Systems, sexuelle Reize wirken nicht antwortlich, z. B. Erektionsstörung aufgrund der Ge-
mehr. Medikamente, hormonelle Veränderungen und Stress wichtszunahme der Partnerin.
können das Wechselspiel von hemmenden und erregenden Aber auch positive Interaktionsmuster sind möglich. Bei-
Faktoren stören. spielsweise kompensiert der Partner spontan die sexuelle
Störung durch kreativere Stimulation bei Erregungsproble-
EVIDENZ matik. Oder die Störung wird als Anlass genommen, mitei­
Beeinflussung der weiblichen Erregbarkeit nander übereinander zu reden.
Susanne Vogel (2013) zeigte 232 Frauen verschiedene Bilder, u. a.
ekelerregende dermatologische Bilder, Bilder von Männern in so­
zial positiven und negativen Interaktionen und Bilder von Luxusgü-
tern, danach ein sexuelles Bild. Anschließend markierten die Frau-
en ihre aktuelle Erregung auf einer Skala. Frauen mit einer sexuel-
len Funktionsstörung waren durch positive Bilder weniger erregbar
als gesunde Frauen. Frauen mit der Bereitschaft, unter Umständen Leistungsdruck ↑
sexuelle Handlungen gegen materielle Güter zu tauschen, waren
durch Luxusgüter stärker erregbar als die Vergleichsgruppe.

Versagen Selbstbeobachtung ↑

1.2.4 Teufelskreis: Leistungsdruck und


Versagensangst

In einer gesellschaftlichen Phase der Selbstoptimierung, von Versagensangst ↑


Sigusch auch als „Lean Sexuality“ bezeichnet, darf es
„schlechten“ Sex nicht geben. Die Erwartung an sich selbst
• Rückzug
ist hoch und wird noch verstärkt durch Sexualmythen wie
• Schuldsuche beim Partner
„ein Mann muss immer können“ oder „Sex ohne Orgasmus
• Partner sucht Schuld bei sich
ist kein Sex“. • Sprachlosigkeit, Entfremdung
Die sexuelle Intimität geht mit einer erhöhten Selbstbeo­ • Dauerstress in Partnerschaft
bachtung und entwertenden inneren Dialogen einher. Es
geht nicht nur darum, eine für sich selbst stimmige Sexuali- Abb. 1.8 Teufelskreis Versagensangst [P306, L143]
8 1 Grundlagen der Sexualität

1.2.5 Sexuelle Präferenz und sexuelle dem Thrill, der mit der nonsexuellen Selbstpreisgabe und der
Orientierung narzisstischen Selbsterfindung einhergeht.
Als ganz besonders einschneidend beurteilt Sigusch die
Akzeptanz von Asexualität in der Gesellschaft. Männer und
DEFINITION Frauen können heute ihr sexuelles Desinteresse bekunden,
Sexuelle Präferenz und sexuelle Orientierung
ohne Kritik zu ernten. Durch die permanenten öffentlichen
Sexuelle Präferenz ist der Überbegriff dessen, was unser sexuelles sexuellen Inszenierungen verliert die Sexualität an Reiz und
Verlangen ausmacht. Vereinfacht gesagt, unsere Liebesrichtung
Spannung.
oder unsere sexuellen Vorlieben. Unter dem Begriff sexuelle Prä-
ferenz versteht man: Auf gesellschaftlicher Ebene tritt heute die Konsensmoral
• Sexuelle Orientierung auf das männliche oder/und weibliche an die Stelle der Sittenmoral. Erlaubt sein soll alles, womit
Geschlecht (hetero-, homo- oder bisexuell). Das beinhaltet auch die jeweiligen Partner einverstanden sind. Die Angemessen-
die Selbstidentifikation als heterosexuell, schwul, lesbisch oder heit des Miteinander-Tuns wird überprüft und besprochen,
bisexuell. es bleibt wenig Raum für Uninterpretiertes oder Überra-
• Sexuelle Ausrichtung auf den kindlichen, jugendlichen oder
schendes. Die Sexualität wird zunehmend rationalisiert. Si-
erwachsenen Körper
• Sexuelle Neigung zu einem bestimmten Sexualpartnertyp
gusch: „Mit nüchternem Verstand und heißem Kopf wird
(z. B. schlank oder übergewichtig) und einer bestimmten Art und heute geregelt, was immer sich regeln lässt, vom No-Sex oder
Weise sexueller Betätigung. Auch Wünsche und Phantasien ge- One-night-stand bis hin zur jahrzehntelangen Beziehung oh-
hören hierzu. ne Sexualität, aber mit Zuneigung.“
Auch wenn offenkundig die alten Sexualnormen nicht
mehr gelten, existieren sie unterschwellig noch fort.
Die sexuelle Präferenz wird im Jugendalter, evtl. schon im In der Sexualmedizin zeigten sich folgende Tendenzen:
Kindesalter festgelegt und ist in ihren Grundsätzen nicht • In den 70er- und 80er-Jahren stand die Orgasmusstörung
mehr veränderbar. Eine Erregung ist auch möglich, wenn die der Frau im Vordergrund,
sexuelle Präferenz nicht oder nur teilweise gelebt wird, aber • in den 90er-Jahren die Erektionsstörung des Mannes,
der größte Lustgewinn entsteht, wenn die individuellen se- • ab 2000 die Libidostörung in Bezug auf eine Person, im
xuellen Reizsignale erfüllt werden. Gegensatz zu der ungerichteten sexuellen Appetenz (Mas-
Die Phantasie kurz vor dem Orgasmus (präorgastische turbation, › Kap. 1.2.7).
Phantasie) gibt entscheidende Hinweise auf die individuel- Die im 20. Jahrhundert vorherrschende Ansicht „Männer
len Präferenzmuster. Diese können von dem Betroffenen in­ wollen immer und Frauen selten oder nie“, hat sich grundle-
trapsychisch abgelehnt werden und als nicht zum Ich pas- gend geändert. Früher undenkbar, heute in der Praxis im-
send, ich-dyston, erlebt werden. mer häufiger auftretend: Frauen wollen und ihre Männer
Erst wenn der Betroffene oder andere durch die sexuelle nicht.
Präferenz gestört sind, spricht man von sexuellen Präferenz-
störungen oder Paraphilien.
Prinzipiell sind Frauen in ihren sexuellen Vorlieben weni- 1.2.7 Masturbation
ger festgelegt und variabler als Männer. Wahrscheinlich „der
Beziehung zuliebe“ sind sie anpassungsfähiger. Auch die Sichtweise auf die Masturbation hat sich wesentlich
geändert. Von einer verpönten Ersatzsexualpraktik ist sie zu
einer eigenständigen Form der Sexualität geworden. In ei-
1.2.6 Sexualität im Wandel der Zeit ner festen Partnerschaft ist sie sowohl bei Männern als auch
bei Frauen ein Bestandteil der Sexualität und erfolgt meist
Volkmar Sigusch prägte den Begriff Neosexualitäten. Er „ohne schlechtes Gewissen.“
umschreibt die heutige Sexualität, wie sie sich seit den späten Nach wie vor gibt es jedoch ein unterschwelliges Mastur-
1970er-Jahren entwickelte. Sigusch spricht im Zusammen- bations-Tabu. Die Frage nach der Masturbation in der Sexu-
hang mit dem enormen kulturellen Wandel sogar von einer alanamnese ist, insbesondere bei Frauen, oft sehr schambe-
neosexuellen Revolution: „… die hohe symbolische Bedeu- setzt. Es fällt ihnen schwer, die Masturbation einzuräumen.
tung, die die Sexualität um die Jahrhundertwende, in den Die Masturbationshäufigkeit bei Frauen wird auch heute
zwanziger Jahren und am Ende der sechziger Jahre hatte, wird noch unterschätzt. Schon 1953 zeigte der Kinsey-Report,
wieder reduziert.“ dass 60 % der Frauen masturbieren. Nach neueren Studien
Die Neosexualität bestehe v. a. aus Selbstliebe, Thrills und masturbieren 93–98 % der gebundenen Männer und ­66–83 %
Prothetisierung (z. B. mit PDE-5-Hemmern). Sie kreise um der Frauen. Dazu benützen Frauen häufig einen Vibrator.
selbstoptimierte Souveränität. Selbstwertgefühl und Befrie- In Beziehungen ist den Partnern häufig nicht bekannt,
digung werde nicht mehr aus der Verschmelzung beim Ge- dass der „lustlose“ Partner durchaus „Lust auf sich selbst
schlechtsverkehr gezogen, sondern ebenso oder stärker aus hat.“ Gelegentlich wird die Masturbation als Betrug am Part-
1.2 Lust, Begehren, Erregung 9

ner aufgefasst, insbesondere in Kombination mit der Konsu-


mation von Internetpornografie (› Kap. 5.1). Fallbeispiel
Durch die Verfügbarkeit der Internetpornografie hat sich
die sexuelle Selbstbetätigung bei Männern tendenziell eher „Ein Mann muss seine Frau zum Orgasmus bringen.“
verstärkt, es kann zu einem Rückzug aus der partnerschaftli- Spontanangaben eines Mannes: „Mit meiner Frau stimmt
chen Sexualität kommen. was nicht. Sie braucht eine Dreiviertelstunde, bis sie kommt.
Ich habe inzwischen Probleme mit meinem Sakralgelenk,
weil ich solange brauche, bis sie kommt. Ich bin deshalb
1.2.8 Sexuelle Mythen schon beim Physiotherapeuten. Auch konditionell schaffe
ich das nicht jeden Abend so lange. Sie braucht nur alle 14
Im täglichen Sprachgebrauch gibt es viele Vorstellungen, wie Tage einen Orgasmus, sagt sie. Aber wenn sie ein paar Tage
Sexualität sein sollte. Die unrealistischen Mythen beeinflus- keinen hat, wird sie ungenießbar. … Die Männer mögen das,
sen die Lust und die Erregung vieler Menschen negativ. Es ist wenn die Frau kommt.“
schwer, sich von ihnen zu lösen (› Abb. 1.9).
„Beide Partner müssen gleichzeitig zum Höhepunkt kom-
„Ein richtiger Mann kann und will immer.“ Humorvoll men.“ Dies zu erreichen, kostet viel Konzentration und ist
beginnt das zweite Kapitel von Bernie Zilbergelds Buch „Die daher sicher nicht lustfördernd. Die Paare legen sich einen
neue Sexualität des Mannes“ (1996), mit „Er ist einen halben unnötigen Zwang auf.
Meter lang, hart wie Stahl, allzeit bereit und haut dich aus den „Nur spontaner Sex ist guter Sex.“ Die nach Terminka-
Socken …“ Auch wenn dies weit überzogen ist, haftet doch in lender geplante Freizeit und der Beruf lassen keinen Raum,
den Köpfen vieler Männer und Frauen die Botschaft: „Ein in dem sich Intimität entwickeln kann. Ausgelöst von diesem
richtiger Mann kann und will immer.“ Da für viele Männer in vielen Köpfen vorhandenen Mythos erlischt nach und
Männlichkeit gleichbedeutend mit Potenz ist, werden mit nach die Paarsexualität.
solchen Vorstellungen Erektionsstörungen zur Katastrophe. „Nur Geschlechtsverkehr ist richtiger Sex oder nur ein va-
Das Selbstwertgefühl leidet enorm. ginaler Orgasmus ist ein richtiger Orgasmus.“ Nur sehr
„Ein Mann muss seine Partnerin zum Orgasmus brin- wenige Frauen kommen allein durch den vaginalen Koitus
gen.“ Ein weiterer Mythos, der Männer unter großen zum Orgasmus. Oft werden andere Facetten der sexuellen In-
Stress bringt, weil sie glauben, dass nur der Sex mit Orgas- timität „nur als Vorspiel“ abgetan. Und doch bringt gerade
mus für die Partnerin befriedigend ist. Hat die Partnerin kei- dieses „Vorspiel“ die meisten Frauen zum Orgasmus. Wenn
nen Orgasmus, fühlen sie sich verantwortlich für dieses aus somatischen Gründen dauerhaft oder vorübergehend ein
„Versagen.“ Koitus nicht möglich ist, bringt gerade dieser sich hartnäckig
haltende Mythos das Sexualleben zum Erliegen.

alle anderen Sex geht


Sexualität ist haben super immer, auch
ein Trieb Sex bei Stress
über Sex nur vaginaler
muss man Orgasmus ist ein
nicht reden reifer Orgasmus

erst kommt Sex ist nur gut,


die Lust, wenn er mit einem
lustvolles Sexualleben Orgasmus endet
dann der Sex

der andere mit den Jahren


weiß, was ich wird Sex weniger
will und schlechter
ein guter Liebhaber
Lust kommt jeder muss die Frau ein
von alleine Körperkontakt Erdbeben erleben
muss zu Sex lassen
führen

Abb. 1.9 Sexualmythen [P306, L143]


10 1 Grundlagen der Sexualität

„Viel bewirkt viel. Viel Sextechnik bringt viel Erregung ter körperliche Veränderungen, z. B. in Hinblick auf die
und Lust.“ Es ist ein Mythos äußere Handlungen, wie z. B. Erektion des Mannes oder die Lubrikation der Frau (› Kap.
möglichst viele Koitusstellungen, ausgefeilte Massagetechni- 3.5.2). Trotzdem ist Sexualität auch im Alter unverzichtbar
ken oder Sexspielzeuge würden langfristig eine große sexuel- und ein Quell der Lebensfreude.
le Lust bewirken. In der Regel ist Sex ohne emotionale Nähe „Ohne Erektion und Ejakulation gibt es keinen Orgas-
ein Reiz ohne Bedeutung, der immer mehr Stimulans mus.“ Diese Vorstellung ist falsch. Nicht erektions- oder
braucht. Es kommt zu einer Reizadaptation. Um die gleiche ejakulationsfähige Männer berichten trotzdem von einem
sexuelle Lust zu verspüren, braucht es stärkere sexuelle Rei- Orgasmus. Auch ein nichterigierter Penis kann Lustgefühle
ze. Ist Sex hingegen mit emotionaler Intimität verbunden, hervorrufen.
wird die „Sextechnik“ zur Nebensache. Emotionale Intimität,
ein „Sich-auch-emotional-nackt-zeigen“, macht Angst und CAVE
setzt ein stabiles Selbstwertgefühl voraus. Ein Ausweichen Risiken durch Sexualmythen
auf „Sextechniken“ erfüllt nicht die psychosozialen Grundbe- Irrtümer und Mythen über Sexualität und Liebe sind alles andere
dürfnisse und wirkt auf Dauer wenig befriedigend. als harmlos. Es macht Sinn, die Sexualmythen im Gespräch mit
„Impotenz ist im Alter unvermeidlich und Sex ist nichts dem Patienten zu erkennen und zu hinterfragen, da sie sich meist
mehr für ältere Menschen.“ Die Sexualfunktion erlischt als lähmend für das sexuelle Erleben erweisen.
im Alter als eine der letzten Funktionen. Zwar gibt es im Al-

1.3 Typisch Frau

Kernaussagen
• Anatomie und Physiologie der weiblichen Sexualorgane geben wichtige
Aufschlüsse zur Erregbarkeit der Frau.
• Es gibt nicht den einzig richtigen oder normalen Orgasmus, sondern nur
ein individuelles Lustempfinden.
• Der G-Punkt wird kontrovers diskutiert.

1.3.1 Anatomie und Physiologie der Klitoris-Schenkel laufen innerhalb des Beckens entlang der
weiblichen Sexualorgane Schambeinäste und liegen den Ischiocavernosus-Muskeln
auf (› Abb. 1.11).
Die für die Erregung der Frau wichtigste Struktur, die Klito-
ris, wurde erst ab 1998 intensiver untersucht. Bahnbrechend
war die Erkenntnis der australischen Urologin Helen
O‘Connell, dass die Klitoris nicht nur aus einer kleinen Klito-
riseichel besteht, sondern wesentlich größer ist und tief in
den Körper hineinreicht. Die Klitoris wird korrekter als Kli-
toris-Komplex oder auch als Klitoris-Vagina-Vulva-Kom-
plex bezeichnet (› Abb. 1.10).
Die Klitoris-Spitze ist der einzige Teil der Klitoris, der zu
sehen ist. Er liegt zwischen Harnröhrenausgang und Scham-
bein. Die Klitoris-Spitze enthält sehr viele Nervenfasern,
doppelt so viele wie die Peniseichel des Mannes und kann
daher sehr empfindlich sein, sodass manche Frauen eine di-
rekte und intensive Stimulation nicht als angenehm empfin-
den.
Die Klitoris-Spitze geht in den tieferliegenden Klitoris-
körper über, der aus zwei Schwellkörpern besteht. Vom Kli-
toris-Körper gehen zwei Fortsätze, die Klitoris-Schenkel, die
bis zu 9 cm lang sind, seitlich in die Tiefe des Körpers. Die Abb. 1.10 Der Klitoris-Komplex [L231]
1.3 Typisch Frau 11

Tuberculum pubicum
Symphysis pubica Lig. suspensorium clitoridis
Corpus cavernosum
clitoridis
Preputium clitoridis
Glans clitoridis
Frenulum clitoridis
Crus clitoridis Ostium urethrae
Labium minus externum
pudendi Carunculae hymenales
Ostium vaginae M. ischiocavernosus
M. bulbospongiosus
Bulbus vestibuli
Membrana perinei
Glandula vestibularis
major, (Ostium)
Vestibulum Tuber ischiadicum
vaginae
M. sphincter ani externus, Pars subcutanea Frenulum labiorum
pudendi
Abb. 1.11 Anatomie von Vulva und Vagina Anus
[S007-02-23]

Zusätzlich gehören zum Klitoris-System zwei mächtige Anders als bei der männlichen sexuellen Entwicklung, bei
Schwellkörper, die sich von dem Klitoris-Körper (genauer an der normalerweise schon beim ersten Samenerguss ein Or-
der Aufteilungsstelle der Klitoris-Schenkel) bis zum vorde- gasmus erlebt wird, wird der Orgasmus bei der Frau erst mit
ren (unteren) Drittel der Scheide, der Vagina, ziehen. Diese der Zeit gelernt, zufällig entdeckt oder bei der Masturbation
Schwellkörper sind eingebettet in die Bulbo-cavernosus- eingeübt. Multiple Orgasmen sind möglich.
Muskulatur und ziehen sich über einen Großteil der äußeren
Harnröhre. CAVE
Geschlechterunterschied Orgasmus
CAVE Frauen können multiple Orgasmen haben.
Die Klitoris ist also nicht nur ein kleines „erbsengroßes Gewebe“, Im weiblichen Reaktionszyklus gibt es, im Gegensatz zu dem des
sondern wesentlich umfassender als ursprünglich gedacht und da- Mannes, keine Refraktärphase (› Abb. 1.6).
mit individuell sehr unterschiedlich stimulierbar.

Die Orgasmusfähigkeit steigt mit dem Alter an. Viele Frau-


1.3.2 Besonderheiten des weiblichen en können eine deutliche Verbesserung ihrer Orgasmusfä-
Orgasmus higkeit erfahren, wenn sie ihren Körper besser kennen und
wenn sie verschiedene Stimulationsverfahren erleben.
DEFINITION
Orgasmus
1.3.3 G-Punkt und weibliche Ejakulation
Orgasmus ist eine Art Destabilisierung des Bewusstseins mit dem
Zusammenwirken von intensivem Lusterleben, Bewusstseinsverän-
Die Existenz des G-Punktes wurde nie eindeutig bestätigt
derung, Einengung der sonstigen Sinneswahrnehmung bei gleich-
zeitiger rhythmischer Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur und wird immer wieder kontrovers diskutiert. Mediziner
und der Muskulatur der Sexualorgane. bieten sogar Möglichkeiten zur Unterspritzung des G-Punk-
tes zur größeren Erregbarkeit an. Ursprünglich ist der G-
Punkt ein von Gräfenberg (1950) beschriebenes sexuell sen-
Durch das anatomische Wissen entfällt die seit Jahrzehnten sibles Areal der vorderen Vaginalwand. Es scheint so, dass
bestehende Diskussion über klitoralen oder vaginalen Orgas- der distale Bereich der vorderen Vaginalwand der sensibelste
mus. Klitorale Stimulation kann aufgrund der Ausbreitung Bereich der Vagina ist.
des Klitoris-Komplexes auch vaginal erfolgen. Dies erklärt Die gängigste Annahme ist, dass der G-Punkt oder die G-
sich durch die orgastische Manschette. Das heißt, bei Erre- Zone kein vaginales Gewebe ist, sondern eher ein der Harn-
gung füllen sich die klitoralen Schwellkörper stark mit Blut röhre seitlich anliegendes Gewebe in Höhe der distalen Hälf-
und schmiegen sich der Vagina und Harnröhre eng an. te der Vagina. Diese Zone wird auch paraurethrales Gewe-
Gleichzeitig schwellen die Blutgefäße der Vagina an, sodass be, Skene-Drüsen oder weibliche Prostata genannt und ist
die untere Vagina den eindringenden Penis wie eine Man- bei ca. zwei Dritteln der Frauen nachweisbar und in ihrer
schette umschließt und zur weiteren Erregung beiträgt. Ausprägung und Empfindsamkeit an der vorderen Scheiden-
Bei Frauen besteht eine große Variabilität hinsichtlich Art wand von Frau zu Frau sehr unterschiedlich.
oder Intensität der Stimulation, die zum Orgasmus führt.
12 1 Grundlagen der Sexualität

Nach Rubio-Casillas (2011), wird zwischen weiblicher Ejaku-


Fallbeispiel lation und Squirting (Herausspritzen) oder Gushing (He­
rausströmen, Ergießen) unterschieden. Die Flüssigkeit der
Weibliche Ejakulation weiblichen Ejakulation entspricht in etwa in ihrer Zusammen-
Die weibliche Ejakulation wird von Frauen selten berichtet. setzung dem männlichen Prostatasekret. Sie wird von dem
Sie beschreiben sie als besonders angenehmes Ereignis, als vorher genannten paraurethralen Gewebe über winzige Aus-
ein anderes Gefühl gegenüber ihrem sonstigen Orgasmus. führungsgänge neben der Harnröhre ausgeschieden und von
Die erotische Situation sei optimal gewesen und die Ejakula- den wenigsten Frauen wirklich registriert. Das Squirting, auch
tion sei in dieser Form nicht reproduzierbar gewesen. so in der Internetpornografie bezeichnet, ist hingegen ein ver-
dünnter Urin und stammt aus der Harnblase.

1.4 Typisch Mann

Kernaussagen
• Erektion und Ejakulation sind komplexe Vorgänge.
• Erektion erfolgt unter parasympathischer Innervation, also in entspanntem
Zustand, Ejakulation unter Zusammenspiel von Sympathikus und N. pudens.
• Die männliche Sexualität steht unter neuen Herausforderungen.

1.4.1 Anatomie der männlichen Sexual- Ren


organe
Pelvis renalis

DEFINITION
Männliche innere Sexualorgane Ureter

• › Abb. 1.12
• Hoden (Testes): produzieren Spermien und Sexualhormone.
• Nebenhoden (Epididymis): den Hoden jeweils aufliegend, dienen
der Lagerung der Samen.
• Samenleiter (Ductus deferens): setzen an den Nebenhoden an,
nehmen die Mündung der Samenbläschen auf, verlaufen durch
die Prostata und münden in die Harnröhre.
• Harnröhre (Urethra)
• Samenbläschen (Bläschendrüsen, Glandulae vesiculosae): liegen
im Becken hinter der Harnblase, produzieren zwei Drittel des
Ejakulats.
Ureter
• Prostata (Vorsteherdrüse): liegt unter der Harnblase, bildet ein
Drittel des Ejakulats. Ductus deferens
• Cowper-Drüsen: Die beiden erbsengroßen Drüsen liegen im un- Vesica
urinaria Glandula vesiculosa
teren Beckenboden und sondern bei sexueller Erregung oft vor
der Ejakulation ein Sekret ab, das Präejakulat oder den „Lust- Ductus ejaculatorius
tropfen“. Prostata
Glandula bulboure-
thralis

Penis Ductus glandulae


bulbourethralis

(Paradidymis)

Epididymis

Appendix testis

Testis [Orchis] Cauda epididymidis

Abb. 1.12 Männliche Geschlechtsorgane [S007-02-23]


1.4 Typisch Mann 13

DEFINITION Die muskelrelaxierende Wirkung des Parasympathikus


Anatomie des Penis wird durch zyklisches Guanosylmonophosphat (cGMP) ver-
• Der Penis gliedert sich in Schaft (Corpus penis), Eichel (Glans mittelt. Das cGMP wird durch Phoshodiesterasen abgebaut.
penis), Wurzel (Radix penis) (› Abb. 1.13). Durch eine medikamentöse Hemmung der Phosphodiesterase
• Penisschwellkörper (Corpera cavernosa): paarig angelegt, im
(z. B. Sildenafil) bleibt der cGMP-Spiegel länger erhöht und die
Penisschaft bindegewebig verbunden und an der Oberseite lie-
gend, von einer derben Hülle, der Tunica albuginea, umgeben.
Erektion damit länger erhalten (› Kap. 4.6.5).
• Harnröhrenschwellkörper (Corpus spongiosum): unpaarige Die sympathischen Nervenfasern (› Abb. 1.14) aktivieren
Schwellkörper, umhüllt Urethra, liegt an der Unterseite des Pe- die glatte Muskulatur des Ductus deferens und dadurch die
nisschafts, bildet distal die Glans penis. Emission der Spermien in die Harnröhre (1. Phase der Ejakula-
• Schwellkörper: schwammartiges Gewebe, das zum größten Teil tion). Mit dem Abschluss der Emission ist das Gefühl der un-
aus glatten Muskelzellen besteht. vermeidbaren Ejakulation verbunden, dem Point of no Return.
Der somatische N. pudendus innerviert den Penis und im
Im erigierten Zustand hat der Penis eine durchschnittliche Zusammenhang mit den motorischen Fasern der Nn. perinea-
Länge von 13–15 cm, aber auch 10–18 cm sind häufig. Die les bewirkt er die Ausstoßung des Ejakulats (Sekret aus Prostata
Erektionswinkel sind individuell unterschiedlich. Der Penis und Samenbläschen plus Spermien, 2–5 ml) aus der Harnröhre.
kann nach oben, nach unten und im 90°-Winkel erigieren. Die Ausstoßung des Ejakulats, die Ejakulation, ist ein
physischer und nicht emotionaler Vorgang, wird umgangs-
sprachlich aber gleichgesetzt mit dem Orgasmus. Die Ejaku-
1.4.2 Erektion und Ejakulation lation kann gleichzeitig mit dem Orgasmus stattfinden, muss
sie aber nicht.
Im nicht erigierten Penis ist die glatte Muskulatur der Schwell-
körper kontrahiert, dadurch kann Blut zu- und abfließen.
Bei sexueller Erregung werden parasympathische Nerven- 1.4.3 Herausforderung für die männliche
fasern aktiviert. Dadurch kommt es zu einer Entspannung Sexualität
der glatten Muskelzellen der Schwellkörper, Blut kann er-
höht in die kavernösen Räume einfließen, mit der Folge einer Viele „Männer von heute“ stehen vor großen Herausforde-
Schwellung (Tumeszenz). Bei steigender Wandspannung rungen. Sie möchten männlich auftreten, aber anderseits
der Tunica albuginea werden die Venen, die durch sie hin- auch ihre feminine Seite zeigen, zu ihren Gefühlen stehen.
durchtreten, zusätzlich komprimiert, Blut strömt weiter ein, Sie sind zudem durch die sexuelle Selbstbestimmung der
der Penis wird steif (Rigidität des Penis). Frau und ihre größer gewordenen Ansprüche verunsichert.
Sie wollen es „der Frau recht machen“, gerade dies finden
Frauen oft wiederum unerotisch.
Es scheint manchmal so, als würde aus einem politisch kor-
rekten Verhalten in der Partnerschaft der unpassende Anteil
herausgefiltert wird. Dieser nicht „ausgehandelte“ Anteil kann
Ostium urethrae internum
dann evtl. in der Selbstbefriedigung zum Zuge kommen. Die
Masturbation (› Kap. 1.2.7) ist eine Möglichkeit der einfa-
cheren, nicht kontrollierten, weniger belasteten Sexualität.
Glandula bulbourethralis
In der Wahrnehmung ihrer Sexualität neigen viele Män-
Bulbus penis
Crus penis ner bei Problemen zur Externalisierung. Sie stellen oft keine
Zusammenhang zwischen belastenden Lebensereignissen
Corpus cavernosum
und Störungen der Sexualität her, sondern sind überzeugt,
penis dass somatische Ursachen vorliegen. Ein „Nein zum Sex“
Tunica albuginea
Corpus spongiosum penis corporum aufgrund einer Dysfunktion ist plausibler und für die männ-
A. profunda penis
cavernosorum liche Selbstachtung nicht so bedrohend.
Aa. helicinae Cavernae corporum
Insgesamt ist die sexuelle Motivation eher gesunken,
cavernosorum durch das sexuelle Überangebot und die ständige Beschleu-
nigung des Lebens. Es gibt nur wenige erotische Welten. Der
„Kick“ kann fehlen.
Corona glandis Harmonieideale in der Partnerschaft und das der Sexuali-
Glans penis
Preputium penis
tät innewohnende Aggressive passen oft nicht zusammen.
Ostium urethrae
externum
Auch die heute übliche Rasur nicht nur im Genitalbereich,
sondern rundum, der „Metromann“, kann das „Animali-
Abb. 1.13 Penis mit freigelegten Schwellkörpern [S007-02-23] sche“ der Sexualität auslöschen.
14 1 Grundlagen der Sexualität

T10
T11
T12
L1
L2
L3
L4
L5
S1
S2
S3 Plexus hypogastricus superior
S4
S5 Plexus testicularis

Ganglia pelvica,
Radix parasympathica
[Nn. splanchnici pelvici]

Plexus hypogastricus
inferior
Nn. cavernosi

Plexus testicularis
Abb. 1.14 Innervation der männlichen Sexualor-
gane [S007-02-23, V492]

EVIDENZ
Befragung von Therapeuten: Worin sehen Sie aktuell die
größten Herausforderungen für Männer?
Rieck und Salm, 2015 (Mehrfachnennungen möglich):
• 67 % der Therapeuten nennen „Selbstwertgefühl und Identität
als Mann“,
• 54 % „Gefühle wahrnehmen und ausdrücken“,
• 35 % „Beziehungs- und Bindungsfähigkeit“,
• 31 % „Umgang mit sexuellen Wünschen und Erwartungen“.

1.5 Geschlechtertypische Unterschiede

Kernaussagen
• Es gibt nachgewiesene und empirische geschlechtertypische Unterschiede
bezüglich der Sexualität.
• Die Unterschiede zu kennen, beugt Missverständnissen vor oder kann sie
aus dem Weg zu räumen.
• Unterschiede in der sprachlichen Kommunikation zwischen Frau und
Mann wahrnehmen, hilft Konflikte zu vermeiden.

1.5.1 Nachgewiesener geschlechtstypischer ben. Diese Unterschiede sind aber nur im Gruppenvergleich


Unterschied auffindbar.
Die erhöhte Bereitschaft für Gelegenheitssex zeigt sich
Geschlechtstypische Verhaltensmuster zeigen sich in der se- nicht nur in Studien, sondern es ist auch evident, dass Frauen
xualmedizinischen Praxis, die meisten sind jedoch nicht be- die sexuellen Dienste von männlichen Prostituierten nur sel-
wiesen. ten in Anspruch nehmen, Männer dagegen häufig die weibli-
Ein nachgewiesener Unterschied ist, dass Männer ein cher Prostituierten.
stärkeres Interesse an okkasionellen Sexualkontakten ha-
1.5 Geschlechtertypische Unterschiede 15

EVIDENZ das nicht nachvollziehbar und das erotische Erleben eine der
Studien zum Gelegenheitssex (Casual Sex) Grundvoraussetzungen für sexuelles Verlangen.
• Clark & Hatfield (1989) befragten Studenten und Studentinnen. Frauen brauchen emotionale Nähe, um sich auf Sex ein-
Nach einem kurzen Gespräch antworteten 75 % der männlichen lassen zu können. Männer brauchen Sex, um Nähe fühlen
Studenten auf die Frage „Würdest Du heute Nacht mit mir zu können oder Zugang zu ihren Gefühlen zu bekommen. Das
schlafen?“ mit einem „Ja“ und 0 % der Studentinnen.
• Oliver & Hayde (1993): Männer masturbierten häufiger und wa-
unterschiedliche Verständnis von Sex und das Verhältnis zu
ren deutlich häufiger dem Casual Sex zugewandt. Nähe führt oft zu Konflikten in der Partnerschaft. Die meisten
• Regan (1998): Frauen waren bei Casual Sex weniger bereit, von Frauen haben mehrere Kanäle, um Nähe herzustellen, z. B. in-
ihren üblichen Standards bezüglich sozialem Status abzuwei- time Gespräche mit Freundinnen, Austausch von Zärtlichkei-
chen als Männer. ten mit den Kindern. Ihr Bedürfnis nach Nähe wird damit
schon befriedigt. Männer führen mit Freunden eher sachliche
als emotionale Gespräche und auch der Umgang mit ihren
Kindern ist oft eher kumpelhaft als zärtlich. Vielen Frauen ge-
1.5.2 Differente Voraussetzungen für lingt nicht die „Dechiffrierung“ des männlichen Bedürfnisses
sexuelles Verlangen nach Sex. „Ich will Sex“ bedeutet eigentlich „Ich will Nähe.“ Sie
fühlen sich als „Lustobjekt.“ Männern können oft nicht sagen,
Die nachfolgend genannten Unterschiede sind nur charakte- um was es ihnen eigentlich geht und Gefühle zeigen.
ristisch und häufig, aber nicht immer zu finden. Frauen müssen vor dem Sex entspannt sein, Männer
Männer scheinen einen leichteren Zugang zu ihrer sexuel- brauchen Sex zur Entspannung. Auf die Frage „Was brau-
len Lust zu haben und brauchen nicht unbedingt erotische chen Sie, um Lust zu haben?“ antworten die meisten Frauen
Verführung. Die meisten sind sexuell spontan, ein visueller als erstes: „Ich brauche erst mal Zeit für mich.“ Das heißt Sex
Reiz führt zu gedanklichem Sex. Für die meisten Frauen ist nach einem anstrengenden, stressigen Tag ist für viele Männer
angenehm und für die meisten Frauen ein No-go (vgl. Abb.).
Voraussetzungen für sexuelles Verlangen

Frau Mann

– Entspannung – Lust auf Entspannung


– Psychisches Eingestimmt-Sein – Innerer „Triebdruck“
– Emotionale Intimität – Visuelle Reize
– Gefühlsmäßige Harmonie und – Sex zur Versöhnung
Versöhnt-Sein

Bedürfnis nach Nähe

1.5.3 Unterschiedliche Koppelung der • Ergebnis Männer: Subjektive Einschätzung stimmte mit ihrer ge-
subjektiven und genitalen Erregung nitalen Erregung überein.
• Ergebnis Frauen: Frauen reagierten physisch auf alle möglichen

Die genitale Erregung läuft bei den Männern parallel zur ko- Bilder und Filme (u. a. kopulierende Zwergschimpansen) teilwei-
se unabhängig von ihrer subjektiven Einschätzung.
gnitiven Erregung. Bei Frauen kann unabhängig von der Ko-
gnition eine genitale Erregung vorliegen. Lubrikation muss
nicht bedeuten, dass die Frau Lust hat.
1.5.4 Sexuelle Phantasien und Verhalten
EVIDENZ
Klare Trennung zwischen Gehirn und Vagina Bezüglich sexueller Phantasien ist bekannt, dass Männer
Meredith Chivers (2007): häufiger Gelegenheits- und Gruppensexphantasien haben
Während einer Vorführung von verschiedenen Bildern und porno- und Frauen häufiger Phantasien über sexuelle Kontakte zu
grafischen Filmen wurden die Genitalien der Probannten mit ei- einer Frau oder einem berühmten Mann (Castilla 1998).
nem Plethysmografen verbunden. Die Probanden mussten ihre Frauen scheinen auch häufig die lustfördernde Phantasie zu
subjektive Erregung per Tastdruck bewerten. haben, einem sexuellen Vorgang ausgeliefert zu sein. 54 %
16 1 Grundlagen der Sexualität

der Frauen berichten von sexuellen Phantasien mit maso- Auch der Pornografie-Konsum ist geringer. Laut der
chistischem Inhalt. Nur ca. 50 % der Paare kennen die sexuel- BZgA-Studie 2013 haben mehr als 80 % der befragten Jungen
len Wünsche ihres Partners. zwischen 16 und 19 Jahren und 10 % der Mädchen mehr als
Auch in der sexuellen Intimität sind die Abläufe diver- sporadische Pornografie-Erfahrung (› Kap. 5.1).
gent zwischen den Geschlechtern (vgl. Abb.). In der Praxis zeigt sich, dass fast alle Männer masturbie-
Viele Frauen sind flexibler im sexuellen Verhalten und ren, im Gegensatz zu Frauen. Frauen masturbieren weniger
lassen sich auf viel ein, der Beziehung zuliebe. Sexuelle Prä- häufig, beginnen später und berichten oft über keine Phanta-
ferenzen und Sexsucht kommen bei Frauen wesentlich selte- sie im Gegensatz zum männlichen Geschlecht (› Kap.
ner vor, wenn es sexuelle Präferenzen gibt, dann v. a. Maso- 1.2.7).
chismus-Sadismus.
Sexuelle Intimität

Frau Mann

– Frequenz: eher seltener? – Frequenz: eher häufiger?


– Vorspiel: meist ausgiebiger – Vorspiel: tendenziell kürzer
– Erregungsverlauf: langsamer – Erregungsverlauf: schneller
Anstieg und langsamer Anstieg und nach Orgasmus
Abfall rasch abfallend
– Orgasmus nicht immer – Orgasmus praktisch immer
– Orgasmus und Erregung kann/ – Erregung und Orgasmus
wird vorgetäuscht offensichtlicher erkennbar
(Leistungsdruck steigt)
– Kuschelbedürfnis danach – Schlafbedürfnis, Desinteresse

1.5.5 Geschlechtertypische Kommunikation

Bei Paargesprächen ist das Erkennen typischer Gesprächs-


modi hilfreich.
Inhalt eines Gesprächs

Frau Mann

– Beziehungsthemen – Sachthemen
– Emotionales Verstehen – Lösungsvorschläge

Folge der Lösungsvorschläge: Frau fühlt sich inkompetent,


„nicht fähig, selbst eine Lösung zu finden.“
Motto: Ratschläge sind auch Schläge.

Häufigkeit des „Sprechwunsches“

– „Soviel wie möglich“ – „Soviel wie nötig“


– „An der Beziehung arbeiten, – „Passt doch alles.“
verbessern.“ „Ist doch alles in Ordnung.“

Bedeutung des Gesprächs

– Starker Gesprächswunsch – Eher ambivalente, ängstliche


– Hohe Wertigkeit Einstellung
– „Auch hören wollen.“ – Lieber „tun als reden.“
– „Liebst Du mich?“ – „Habe ich Dir schon gesagt ...“
KAPITEL

2 Methodenwissen

2.1 Allgemeine Prinzipien der Beratung

Kernaussagen
• Sexualberatung ist indiziert bei leichteren oder vorübergehenden Proble-
men in der Sexualität.
• Sexualberatung beinhaltet Vermittlung von Information, das Entkatastro-
phieren von Beschwerden und Vorschläge zur konkreten Lösung.
• Der Arzt versteht sich in der Sexualberatung und -therapie als empathi-
scher Begleiter, nicht als der Experte wie in der klassischen Arztrolle.
• Hauptmerkmal in der Arzt-Patienten-Kommunikation: fragen statt sagen.

2.1.1 Was ist Sexualberatung? ist in der Praxis eine strikte Trennung zwischen Therapie
und Beratung allerdings oft nicht möglich.
DEFINITION
Sexualberatung nach Beier, Loewit (2011)
2.1.2 Schwerpunkte der Sexualberatung
„Beratung bedeutet, nicht Ratschläge zu erteilen oder zu bekom-
men, sondern mit dem Patienten/Paar gemeinsam ‚zu Rate gehen‘,
Sexualberatung dient der Aufklärung und Information, Be-
‚sich zu beraten‘, also Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, damit Patien-
ten/Paare ‚ihre‘ Lösung finden und Schritte zur Veränderung un- wusstmachung von Lerndefiziten und Sexualmythen sowie
ternehmen können.“ (› Abb. 2.1) der Anregung zu Verhaltensänderungen. Sie ist indiziert
• bei sexuellen Problemen,
• zur Vorbeugung von sexuellen Störungen oder bei leich-
Sexualberatung und -therapie bauen auf den gleichen Prinzi- ten sexuellen Störungen,
pien und Herangehensweisen auf. Die Beratung läuft über • zur Klärung sexueller und partnerschaftlicher Bezie-
einen oder wenige Beratungstermine. Im Gegensatz zur we- hungsbeeinträchtigung, gegenseitiger Wünsche sowie der
sentlich intensiveren und umfangreicheren Sexualtherapie „sexuellen Weltanschauung“,

Desintegration der Beziehungs- und Lustdimension

Sexualfunktionsstörung:
• Gestörte sexuelle Reaktion mit Leidensdruck
• Eigentlicher Leidensdruck oft aufgrund der gestörten Beziehungs-
zufriedenheit

Sexualberatung und -therapie:


Abb. 2.1 Sexualberatung und -therapie als Brü- Brücke zwischen Lust und Beziehung – Sex und Liebe
cke zwischen Lust und Beziehung [P306, L143]
18 2 Methodenwissen

• in kritischen Lebensphasen, in denen biologische oder 2.1.4 Die Rolle des Beraters


partnerschaftliche Veränderungen verarbeitet werden
müssen (z. B. Adoleszenz, Geburt eines Kindes, Menopau- Im Gegensatz zur „klassischen“ Arztrolle ist der Arzt bei der
se), Sexualberatung und -therapie nicht der Experte, der weiß,
• bei Erkrankungen, v. a. gynäkologische oder urologische was für den Patienten am besten ist, sondern er ist ein Be-
und auch bei die Sexualfunktion beeinträchtigender Me- gleiter mit Empathie, ein Katalysator oder „Geburtshelfer“
dikation. zur Problemlösung.
Die Diagnose- und Therapieabklärung kann sich über meh- Der Experte für sich selbst ist der Patient. Der Berater ist
rere Termine erstrecken. Allein die Diagnoseerhebung kann der Experte für das Sexualwissen.
schon therapeutisch wirken. Jeder Beratungstermin kann
neue diagnostische Hinweise geben. CAVE
Therapeutisch sind verschieden Optionen möglich: einige „Der Patient ist der Arzt und der Arzt ist sein Gehilfe.“
Beratungstermine, Sexualtherapie (› Kap. 2.4), Psychothe- Paracelsus, 1493–1541
rapie, medikamentöse Therapie oder sonstige Hilfsmittel.
Für die Rolle des Beraters ist es unabdingbar, dass er offen
CAVE über Sexualität sprechen kann, ohne jedoch seine eigenen
Sexualberatung ist keine bloße Funktionsberatung Hemmungen und Scham zu überspielen und dass er seine
Im Vordergrund steht das Paar als Patient und die Beziehungszu- eigene sexuelle Einstellung kennt. Oft ist die Hemmung des
friedenheit. Anstelle eines kranken Patienten liegt eine „kranke Arztes größer als die des Patienten.
oder krankmachende Beziehung“ vor. Der Berater muss nicht Schwierigkeiten in der Sexualberatung ergeben sich durch
eine Lösung finden, die Lösung findet das Paar. Ziel ist die Ver- mögliche Koalitionsbildungen mit einem Partner, wenn
besserung der Paarkommunikation: Nicht zusammen über dem Berater ein Paar gegenüber sitzt. Diese Problematik
das „Außen“ reden, sondern miteinander übereinander. Oft sind
muss eingangs offen angesprochen werden.
das „Mal-darüber-reden-können“ und die ärztliche Ermunterung
Hilfe genug. Das Gespräch beim Arzt dient als Modell für die Kom-
munikation mit dem Partner.
2.1.5 Arzt-Patienten(paar)-Kommunikation

Nicht nur die Rolle des Arztes ist in der Sexualberatung eine
2.1.3 Sexualität in der ärztlichen Sprech- andere, auch die Kommunikation erfordert eine neue Heran-
stunde gehensweise.
Eine offene, unbefangene und klare Sprache, welche die
Nach Sydow (2015) wünschen sich 91 % der ambulanten Pa- Dinge beim Namen nennt, hat sich bewährt. Eine zu medizi-
tienten in der Schweiz, dass ihr Arzt Fragen zu ihrer Sexuali- nische Ausdrucksweise, z. B. „erektile Dysfunktion“, ist meist
tät stellt. Die überwiegende Zahl der Ärzte (75 %) aber spre- weniger hilfreich. Der Ausdruck „Erektionsprobleme“ kann
chen ihre Patienten selten oder nur sehr selten auf ihre Sexu- eine hilfreiche Alternative sein.
alität an. Statt knappe Fragen zu stellen, auf die nur ein „Ja“ oder
Die Hemmung gegenüber Sexualberatung ist immer noch „Nein“ möglich ist, gilt es hier offen zu fragen, sodass der Pa-
hoch. Nur 10–20 % der Menschen suchen selbst nach ärztli- tient ausführlicher antworten kann. „Was meinen Sie mit
cher Beratung, wenn sie sexuelle Störungen haben. Aus ‚Sie haben keine Lust‘? oder ‚Was steckt da dahinter‘?“
Scham und Angst scheuen sich viele Betroffene, ihre Proble- Offene „W-Fragen“ (Wie?, Was?, Wann?, Wo?, Wer?) er-
me anzusprechen. Auf der anderen Seite sind im Gesund- lauben es dem Patienten, nachzudenken und auf eine tiefere
heitswesen nur wenige geschult, kompetent Fragen zur Sexu- Bedeutungsebene zu gelangen.
alität zu stellen und Fragen zu beantworten.
Ärztliche Beratung wird selten prophylaktisch in An-
CAVE
spruch genommen, sondern meist erst bei massiven Proble- Ärztliche Kommunikation in der Sexualberatung
men.
• Fragen statt sagen!
• Zuhören. → Beier, Loewit (2011): „Die Watte aus den Ohren
CAVE nehmen – und in den Mund stecken!“
Ärzte sollten … • Auf die Sprache des Patienten/Paares eingehen.
• reden aus dem Wissen heraus, dass Sex gesund und bezie- • Keine Bewertung! Es geht nie um Schuld, sondern darum, he­
hungsfördernd ist. rauszufinden, warum es so ist, wie es ist.
• die Patienten aktiv auf ihre sexuelle Gesundheit ansprechen. • Fragen und Anregungen geben, damit sich etwas klärt.
• den Einstieg ins Gespräch erleichtern. • Ressourcenorientierte Fragen: „Was hält sie zusammen?“ oder
• kompetenter ärztlicher Ansprechpartner sein. „Was ist gut?“
2.2 Kurze Sexualanamnese in Klinik und Praxis 19

Die Interventionstechnik nach dem PLISSIT-Modell, in • Intensive Therapy (intensive Therapie): Wenn die drei
den 70er-Jahren von Annon entwickelt, erlaubt in vielen Fäl- ersten Schritte nicht zum Ziel führen, kann der nächste
len schon durch die ersten drei Schritte, dem Patienten eine Schritt eine Sexualtherapie sein.
ausreichende Beratung zu geben. Konkrete Fragen der lösungsorientierten Beratung können
PLISSIT steht für: sein:
• Permission (Erlaubnis): Der Arzt oder Berater gibt dem • Welche Faktoren halten das Problem aufrecht?
Patienten die „Erlaubnis“ zu tun, was ihm gefällt oder zu • Was sind die individuellen, idealen Voraussetzungen für
empfinden, was er empfindet. Es geht darum, seine Be- sexuelle Aktivität?
schwerden zu normalisieren, alleine das wirkt schon ent- • Werden die unterschiedlichen Interessen der Partner,
lastend, z. B. Masturbation in der Partnerschaft. z. B. bezüglich der Quantität, ausreichend berücksichtigt?
• Limited Information (beschränkte Information): Wis- Cave: Druck erzeugt Unlust.
sen wird vermittelt, z. B. Anatomie der weiblichen Sexual- • Besteht ein Leistungsdruck mit negativen Rückkopp-
organe oder Aufklären über Sexualmythen. lungsprozessen? Besteht eine Fixierung auf Koitus und
• Specific Suggestions (spezifische Vorschläge): Konkrete Orgasmus?
Tipps oder Lösungen werden vorgeschlagen, z. B. Kom- • Reden die Partner miteinander klar oder nur in Andeu-
munikationstipps für Paare bezüglich ihrer Sexualität. tungen?

2.2 Kurze Sexualanamnese in Klinik und Praxis

Kernaussagen
• Viele Patienten erwarten eine aktive Gesprächseröffnung durch den Arzt.
• Oft lassen sich durch gezielte Fragen Probleme, die den Patienten belasten,
schon mit wenigen Sätzen klären.

2.2.1 Gesprächseinstieg 2.2.2 Diagnostik

Um das Thema Sexualität anzusprechen, ist ein gewisses Ge- Wenn der Patient ein Problem nennt, können diagnoseklä-
fühl für die richtige Situation und den passenden Zeitpunkt rende Fragen hilfreich sein (› Tab. 2.1).
notwendig. Bei akuten Erkrankungen, die keinen anhalten-
den Effekt auf die Sexualität erwarten lassen, ist ein Anspre- Tab. 2.1 Diagnostische Hinweise
chen nur bei konkretem Verdacht auf Probleme sinnvoll. Bei Fragen Störung
chronischen Erkrankungen oder entsprechender Medikation Dauer Schon immer? → primäre
sollten immer Fragen zur Libido und Potenz gestellt werden. Noch nicht immer? Erworben? → sekundäre
Je nachdem, wie vertraut der Berater und der Patient mit- Kontext In allen Situationen? Z. B. in der → generalisierte
einander sind, kann das Thema direkt angeschnitten werden. Partnerschaft und bei der Masturba-
Mögliche Einstiege in das Gespräch können folgende tion?
Fragen sein: Nur in bestimmten Situationen? → situative
• Wie geht es Ihnen in der Partnerschaft?
• Wie geht es Ihnen mit der Sexualität in der Partnerschaft?
Welche Rolle spielt die Sexualität in Ihrer Partnerschaft?
Gibt es da Probleme? Wollen Sie darüber sprechen? 2.2.3 „5-Minuten-Aufklärung“ und
• Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Erkrankung/The- „Mikroanamnese“
rapie/Medikamente auf Ihre Sexualität auswirken. Haben
Sie Veränderungen bemerkt? Eine 5-Minuten-Aufklärung über biopsychosoziale Zusam-
Spürbare Hemmungen sollten am besten direkt angespro- menhänge, den Stellenwert der Sexualität für die Gesundheit
chen werden. „Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es sowie über psychosoziale Grundbedürfnisse kann für den Pa-
schwierig ist, intime und persönliche Dinge mit einem Drit- tienten schon hilfreich sein. Oder auch die Anregung, Sexua-
ten zu besprechen. Das geht vielen so.“ lität nicht nur als Lust zu sehen, sondern auch als partner-
schaftliche Kommunikation auf körperlicher Ebene.
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carrying the rifle with him—not an easy feat by any means even for a
sailor!
It seemed to me that the fierce dog only took a couple of
prodigious bounds, and then sprang deliberately at Ned, utterly
regardless of the deadly sword blade. Like a man-eating tiger, he
evidently relied upon his weight and the suddenness of his attack.
I saw my coxswain aim a blow at the huge brute as it rushed in
upon him; but the next instant I saw him borne backwards to the
ground as the animal closed with him. At the same instant I caught
sight of the gunner raising his rifle to his shoulder as if with the
intention of blowing out the bloodhound’s brains.
It was no longer a dream, but a living tragical reality; and there
was I, safely ensconced in a tree, while my daring shipmates were
fighting for their lives with what was practically a savage wild beast!
Of course I saw now that Ned had unselfishly wished to place us in
safety before confronting the bloodhound single-handed. Recalled to
myself, and anxious to lend any assistance that lay in my power, I
hastily commenced to descend the tree; but as ill-luck would have it,
I grasped a rotten branch, which came away in my hand, and I was
precipitated to the ground—fortunately from no great height. As I fell,
I fancied I heard loud snarling and a deep moan. The next instant I
was on my feet again, feeling rather confused, but having suffered
nothing but one or two bruises. I was immensely relieved by the sight
that met my gaze, which made an impressive tableau.
The bloodhound lay stretched out on the ground, stone-dead, with
a puncture in the region of the heart. Ned was kneeling on the
ground close to the body of his assailant, and holding a gory sword
in his right hand. Leaning upon his rifle, and gazing down at the
defunct beast, stood Mr. Triggs.
“’Tis a good job, Ned,” the latter was saying, “that I didn’t let fly at
the beast. The report of my rifle would have brought a nest of
hornets about our ears, I’m thinking.”
“That it would,” answered my coxswain, wiping his sword in a
tussock of long grass; “but how it is them swabs have got separated
from their dog beats me.”
“Well, it’s the fortune of war,” said the gunner grimly, “and we must
be thankful for it. At the same time, mind you, they may not be a
hundred miles away, and we had better make ourselves scarce, and
steer for the sea-shore with steam up in all boilers.”
Ned sprang to his feet, and after inquiring of me whether I was
hurt by my fall out of the tree, he proposed that we should secrete
the bloodhound’s body for fear it should be discovered by the
pirates.
This was good advice, and we proceeded to act upon it. The dog’s
body was cumbrous and heavy, but by our united exertions we
dragged it to the edge of a neighbouring ravine and cast it down. As
this particular chasm was fringed with bushes and underwood, it
would not have been an easy matter to detect anything lying among
the rocks at the bottom of it.
I told my shipmates that I felt sure that if the other bloodhound was
still at large, it would be certain, sooner or later, to scent out Ned’s
victim.
The latter, we knew, was the pirate chief’s bloodhound, as we had
instantly recognized it by its mutilated ear.
“Flaying alive would be too good for me now if ever I’m nobbled,”
said Ned, as we once more set out at a sharp run; “leastways if that
cut-throat head of the gang knew that I’d settled the hash of his
highly prized bow-wow.”
“How did you manage to kill the brute?” I asked. “It was an awful
sight to see it fly at you, and I thought I saw it knock you over.”
“Well, it just did bowl me over and no mistake, sir, but I fancied
that something better was in store for me than to be popped off by a
furriner’s dog, and so I kept as cool as a cowcumber, and let drive
with the sword just as the beast was on top of me, as it were. My
killing it was a bit of a fluke, there’s no denying that, for I didn’t know
the bearings of his heart in the least.”
“You’ve rid us of our worst foe, Ned,” I said, “and given us a much
better chance of escape.”
“That was in my mind, of course,” said the seaman. “Thinks I to
myself, ‘Here’s that blooming dog close astarn of us, and somehow
got separated from his mate and his owners. What a chance to put
him out of the way on the quiet! Jiggered if I don’t slit his weasand
for him.’ Well, I did something more effectual than that, Mr. Darcy;
and here we are, with a fair start again, and I hopes as how we’ll
stick to it.”
It certainly seemed like a turning-point in our fortunes; for though
we even now heard some occasional shouts, they seemed to be at a
considerable distance, and we could not detect any baying from the
other bloodhound. I do not know whether I mentioned the fact
before, but I had been rather sceptical as to this latter animal being
upon our trail at all—at any rate during the last half-hour.
We still suffered a great deal of discomfort from our wet clothes
and boots, but we ran gamely on, knowing that everything depended
on our speed.
At length, without further misadventure, we emerged from the
jungle, and found ourselves on a rather extensive expanse of
sandhills, beyond which lay the blue sea, still darkened by the dun
volcanic clouds which hung in mid-air.
“Is that a boat?” asked Ned, excitedly.
CHAPTER XXIII.
A RACE FOR LIFE.

I T was a boat of some kind; there could be no doubt about that. A


somewhat large, unwieldy-looking craft she appeared to be, but
apparently there were only a couple of oarsmen on board, who were
slowly propelling her seawards with a species of long paddle. The
ocean was still in a more or less agitated state, which must have
been owing to the seismic disturbances to which the island and its
surrounding waters had so lately been subjected, for the atmosphere
was just as stagnant as it had been all the morning. This motion
made the boat bob about in a strange unnatural manner, as if she
had a trawl down. She was about half a mile from the shore, as near
as we could judge; and besides the two oarsmen there appeared to
be a third person occupying the stern-sheets.
“We must try to signal that craft,” said Mr. Triggs, emphatically; “’tis
our only chance of escape.”
“But suppose those men on board her are pirates,” said Ned; “we
should just be jumping from the frying-pan into the fire.”
I had been gazing intently at the boat all this time. My sight was
naturally very keen, and I felt almost confident that the occupants of
the boat were negroes. I hurriedly communicated my suspicions to
my shipmates.
“I’m jiggered if I don’t think you’re right, sir,” said Ned, slapping his
thigh vigorously, and peering intently at the unwieldy craft. “Now I
wouldn’t mind wagering a plug o’ baccy that those are the niggers
we saw working in the garden of their shanty, and that figure in the
starn-sheets is the old ‘Mother Bunch’ that lost the run of her legs
and went a cropper on her nose.”
“If it is, can we persuade ’em to take us off?” asked the gunner;
“that’s the question. The boat would hold us all; but as the niggers
are probably the slaves of the pirate chief, they might be afraid to
take us on board.”
“And if they did take us on board,” said I, “it might only be to pull
us round to the creek on the other side of the island, and give us up
to their masters, the pirates.”
“Once on board we might overpower ’em,” said Ned, musingly. “I
only wish—”
A musket shot!
We started in alarm. It appeared to come from somewhere
amongst the sandhills on our extreme right. Anxiously we looked for
the puff of smoke, but could detect nothing.
The echoes of the discharge had hardly died away amongst the
hills, when our ears were saluted with a second and exactly similar
report.
No bullets or shot fell near us.
I glanced at the boat to see if any firing was taking place on board.
The oarsmen had ceased rowing, and appeared to be gazing
shorewards; but no tell-tale smoke was wreathing itself above their
heads.
“This is a queer business, and I don’t like the looks of it,” remarked
Ned. “I’d get up a tree and have a squint round, if I wasn’t afraid of
being spotted by Miguel or some lynx-eyed swab of his kidney.”
At this moment I caught sight of some thin vapoury smoke drifting
slowly over the sandhills at a distance of about a mile on our
extreme right, and drew my companions’ attention to it.
We strained our eyes to the utmost, but could detect no human
figures.
“’Tis a signal to the craft yonder, or I’m a Dutchman!” exclaimed
Ned. “They’re not firing at us, that’s sartin.”
We all turned our eyes upon the boat. Her head was slowly
swinging round towards the shore owing to the efforts of the rowers,
who had resumed their oars.
“There’s no doubt about it,” said the gunner, angrily, “and I don’t
vote we remain passive spectators of it. If we don’t manage to get
hold of that boat, by hook or by crook, we may as well throw up the
sponge altogether.”
“I’m game for a shindy with the lubbers!” cried Ned; “and I agree
with you, Mr. Gunner, that it’s about our only chance of getting off
this plaguy island. But we’ll have pretty tidy odds against us, and are
middling short of ammunition. Now, if I had a few rounds of ball-
cartridge in my pocket, I’d play Old Harry with some of the pirates
before they could come to close quarters!”
There was no time to be lost. We had to traverse the sandhills,
which would be heavy ground to run over; but it did not appear to be
more than half a mile or so to the actual shore.
Ned had resumed his rifle and returned the sword to the gunner.
We had taken especial care to keep our pistols dry when wading
down the stream, and they appeared to be in good order and ready
for use if required.
We carefully noted the direction the boat was heading for, and
then set off at our best pace to try to intercept her. It seemed to me a
forlorn hope; but still I could not help agreeing with my companions
that it would be foolish to throw away such a chance, feeble as it
was. Had we chosen to hide away in the jungle instead, we should
have been unearthed to a dead certainty sooner or later; and then
there would have been a nice kettle of fish to fry. My theory with
regard to the invisible persons who had fired the muskets was, that
they were members of the party that had been pursuing us through
the forest, and that they had reached the sandhills by some short
cut, and were anxious to communicate the fact of our escape to the
negroes, in order that the latter might keep a look-out for us and bar
our escape on that side of the island.
This seemed the most plausible explanation of the mysterious
affair.
And if the negroes combined to assist their masters—as there was
every reason to suppose they would—how terribly the odds against
us would be increased, especially if the black fellows were provided
with weapons.
These thoughts passed quickly through my mind as we sped
across the sandhills. There was a very determined look on the
gunner’s face and on Ned’s. They felt, I am sure, that the supreme
crisis was at hand, and that in a few moments a decisive blow would
be struck which would mean to us victory or death.
“Ha!” said my coxswain in a savage tone, “there’s the whole gang
of villains!”
As he spoke I caught sight of a body of men running with great
speed across the sandhills, as if in an effort to intercept us. They
were then about a quarter of a mile distant, and had evidently just
perceived us. As we were both making for the same point on the
beach, it was only natural, of course, that we should converge on
one another.
A terrible yell arose from the pirate ranks—a yell which rang with
vindictive and spiteful malice.
“Ay! shout away, my hearties!” muttered Ned; “it’ll play the doose
with yer wind.”
“We’re ahead of ’em!” cried the gunner, breathlessly. “Now for a
spurt, lads!—Can you keep up, Mr. Darcy?”
“Rather!” I replied. I was terribly excited, and felt no fatigue or
breathlessness. My feet scarcely seemed to touch the ground. It was
a race for life, and I knew it.
Hurriedly I glanced at the boat. She was still some distance from
the shore, and the rowers did not seem to be exerting themselves in
the least.
We had left the sandhills behind us, and were racing across a
broad expanse of tawny, hard sand.
What would the blacks do? That was the torturing question.
The band of pirates were pouring over the sandhills, yelling as
they came and brandishing their weapons with fierce gestures. They
were, however, a hundred yards in the rear and to the right of us.
Every moment I expected them to open fire on us; but I suppose
they were anxious to capture us alive, and I felt sure that we were
caught in a trap—hemmed in between them and their allies the
blacks.
Oh, how slowly that boat came lumbering along over the waves! I
eyed her with astonishment.
We had recognized the chief and Miguel as heading the pursuing
band. There was no mistaking them. Thank God, they had not the
other bloodhound with them. What could have become of the brute?
I fingered my pistol, ready for a scrimmage at close quarters. It
seemed inevitable.
CHAPTER XXIV.
DEATH OF MIGUEL.

N ED turned to us suddenly, and I thought there was a wild look in


his eyes. The beads of perspiration clustered thick on his
forehead, and his cheeks were burning.
“We’ll escape ’em yet!” he cried in excited tones, which
nevertheless had a ring of triumph in them. “Let’s swim out to the
boat, scramble on board, and take possession of her!”
Here was an audacious idea with a vengeance!
“It’s all very fine to say ‘scramble on board,’” exclaimed Mr. Triggs;
“but do you suppose the negroes will allow us calmly to do such a
thing? Why, they’ll knock us on the head the instant we get
alongside.”
“There’s no time to argify!” cried Ned in loud emphatic tones. “If we
stay here to fight it out with those swabs in our rear, we’ll all be killed
to a dead sartinly or taken prisoners. There are eight of ’em at least,
and all armed to the teeth.”
“Right you are then,” answered the gunner; “let’s take to the water.
’Tis a desperate venture, but you may depend upon me to back you
up through thick and thin.”
“Can you swim?” asked Ned, turning hurriedly to me.
“Yes, very well,” I answered.
The boat was slowly approaching the shore, being now distant
about fifty yards or so. It would have been easy for her to land, for
there was not much surf.
The pirates were redoubling their efforts to catch us up; though I
do not suppose that it entered their heads for a moment that we
were about to put into execution any such desperate plan as that
proposed by Ned Burton.
We had halted for a brief moment on the margin of the waves. The
pirates were now of course bearing swiftly down on us. There were
eight or ten of them altogether, and they were near enough for me to
see the expression of gratified revenge which was overspreading
their countenances as they felt the conviction that their prey was at
length within their grasp.
But there is many a slip between the cup and the lip.
“We must chuck away our weapons!” shouted Ned; “but I’m blest if
I don’t empty my barrel fust.” And so saying he hurriedly dropped on
one knee, and levelling his piece with the utmost coolness and
precision fired.
Truly sped the bullet. Miguel gave one spasmodic leap into the air,
and then fell with a thud on the sands—a lifeless corpse.
I had already thrown my pistol into the sea, stripped off my jacket,
and got rid of my shoes. The gunner had done the same.
Ned rose swiftly to his feet without a word, and we all rushed into
the water with the utmost celerity.
The fiendish yells to which our pursuers gave vent on seeing
Miguel fall beggar description; and they were renewed again and
again as they saw that we were trying to evade them by swimming
out to the boat.
One or two of their number opened fire upon us as soon as they
could collect themselves sufficiently; and the others shouted in a
warning manner to the negroes in the boat, evidently directing their
attention to our ruse, and ordering them to repel any attempt we
might make on their craft.
The bullets, fortunately, did not hit us, for we were already in deep
water, and a very small portion of our persons was visible to the
marksmen.
What we had to dread was a hostile attitude on the part of the
negroes; and already I saw that the latter had ceased rowing, and
were standing up in the boat brandishing their long paddles. In their
belts I fancied I detected knives. As Ned had prophesied, the bulky
form occupying the stern-sheets was that of the negress we had
formerly seen at the shanty, so there was little doubt as to the
identity of the two oarsmen.
As the shore shelved rapidly, we very soon got out of our depth,
and began to swim vigorously in the direction of the boat. The latter
had not yet lost her way, and was gliding slowly toward us. I think,
too, that the tide must have been ebbing, for it appeared to me that
we cleft the waters at a great pace.
The negroes looked very determined as we approached, and I
now saw that one of them had a pistol in one hand and his paddle in
the other.
A volley from the shore was now fired at us by the enemy. Some
bullets whistled over our heads and splashed into the water ahead of
us, one or two of them very nearly striking the boat.
I glanced fearfully over my shoulder in the direction of the shore,
and saw that the pirates were reloading their rifles. None of them
had attempted to follow us into the sea, much to my surprise. Either
they could not swim, or they thought it less trouble to rely on the co-
operation of the negroes, to whom they continued to yell orders in
loud and threatening tones.
When we got within easy speaking distance, Mr. Triggs addressed
the negroes in English.
“If you take us on board, Johnny,” he said, “and convey us safely
away from the island, we’ll give you fifty pounds.”
Ned also jabbered something to them in his smattering of Spanish,
as he thought they might be ignorant of English.
Meanwhile we did not relax our efforts to gain the boat’s side.
I saw the negro who was grasping the pistol begin to slowly raise
his arm. Both men looked savage and determined. The fat negress
still sat in the stern-sheets with a bewildered expression on her
bloated face and her blubber lips widely parted.
My heart sank within me, and I was beginning to feel terribly
fatigued. A scrimmage on board the boat would be, I felt, quite
beyond my powers. It was a question whether I should even have
sufficient strength left to clamber on board. Even the negress could
easily keep me at bay if she chose. I knew that. But as yet she
showed no disposition to join in the impending fray.
“Look out! the swab’s going to shoot,” came from Ned in warning
tones.
The next moment a dart of flame issued from the boat, and a bullet
whizzed away harmlessly somewhere.
In spite of my rapidly failing powers, I could not help giving a shout
of astonishment, for I had particularly noticed that the negro had
deliberately aimed a long way above our heads.
The mystery was quickly solved. The negro leaned forward, and in
a vile lingo of broken English told us that he and his mate were
willing to save us, but that they must pretend to defend their boat
from our attack, and that we must go through the pantomime of
capturing it and utterly defeating them.
At first we were all suspicious that this was a trap, but the negroes
assured us that they would not hurt a hair of our heads, and implored
us to scramble on board as quickly as possible, as they were just as
eager to leave the island as we were.
What a blessed relief it was to hear this, and moreover to find that
it was a bonâ fide and genuine ruse on the negroes’ part! Never in
our wildest dreams had we expected such good-fortune as this.
The sham fight was really carried out admirably. The negroes and
the negress kept up a really awful succession of war-cries as they
rushed from one side to the other—at the imminent risk of capsizing
the boat—brandishing their paddles, and bringing them down with
resounding blows upon the gunwale, varying this procedure with
firing an occasional pistol, and making imaginary stabs with knives.
If I had not felt so done up, I should have enjoyed the fun.
At length we had scrambled in over the gunwale, and after a short
and apparently desperate encounter, had worsted the negroes, who
lay shamming death in the bottom of the boat; whilst old “Mother
Bunch,” clasping her pickaninny to her breast, had fallen back in the
stern-sheets in an apparently fainting condition.
The pirates seemed crazy at the turn affairs had taken. Some of
them rushed into the sea and began swimming out in our direction,
whilst others opened a withering fire upon us.
Mr. Triggs and Ned, chuckling to themselves, seized the oars, and
commenced pulling the boat out to sea. It was out of my power to
assist them.
CHAPTER XXV.
WE ESCAPE TO SEA.

O NE or two bullets struck the boat, but most fortunately none of


us got hit. A brisk fire, however, was kept up for some minutes,
and many of the deadly little missiles flew about us with their
ominous pings, and then buried themselves harmlessly in the sea.
The pirates must have been thunderstruck at our apparently
successful attack upon the armed negroes, and the game way in
which we walked off with the boat under their very noses. It was of
course extremely tantalizing for them, especially as they had felt so
sure of capturing us.
However, we were not out of the wood yet, as we were presently
to discover.
For some minutes I lay in the bows of the boat, feeling wretchedly
ill and thoroughly done up. How I wished I could get rid of my
saturated clothes and don dry ones, for I began to feel chilled to the
bone.
The gunner and Ned Burton were well to the fore at this crisis in
our fortunes. Luckily, they both had iron constitutions, with plenty of
stamina and reserve of force; in proof of which they rowed like
madmen, so as to get the boat out of range of the musketry fire
which was being continuously kept up from the shore.
One of the negroes, seeing that I was rather in a collapsed state,
crawled along the bottom of the boat to me, carrying in his hand a
green cocoa-nut, of which there was a supply in the stern-sheets.
With his knife he cut off the top, and handed me the brimming nut.
“Drink him, massa,” he whispered; “plenty mosh good.”
I needed no second invitation, but drank the contents in one long
delicious draught. That dusky negro was like a ministering angel,
and I told him so with as much emphasis as I could muster up.
I now began to feel more myself again, and by great good-fortune
we began to move out of the dense volcanic atmosphere into the
bright sunlight which reigned beyond. I rejoiced greatly at this, for it
meant dry clothes for us all.
A spent bullet or slug struck the boat near the water-line. I raised
myself and glanced over the gunwale.
The pirate chief and his myrmidons were still on the beach, and
occasionally fired a shot at us; but I perceived that we were fast
gliding out of range. Not far from the spot where the desperadoes
stood was a dark object, which I knew must be the corpse of Miguel.
As I gazed at the group, they suddenly ceased firing, and with a
parting volley of angry shouts which came but faintly over the waters,
they turned their backs on us, and started off at a sharp run across
the sandhills in the direction of the interior.
I instantly drew my companions’ attention to this fact.
“We haven’t done with the rascals yet, I’m afraid,” said the gunner,
glancing anxiously at their retiring forms. “They’re making for the
creek on t’other side of the island, and will pursue us in the brig.”
“That will be their little game, no doubt,” observed Ned
thoughtfully, “and we must do our level best to circumvent ’em.
Having had the good-fortune, under Divine providence, to escape
from the island, we may fairly hope that another little spell of good-
fortune is in store for us.”
Ned was always very sanguine, and consequently was often
disappointed; but his courage was indomitable.
I now felt so much better that I seized a spare oar—of which there
were several in the boat—and began to pull, begging the negroes to
give my shipmates each a cocoa-nut, as I felt sure that they must be
suffering intensely from thirst.
“Good idea of yours, Mr. Darcy,” said Ned, who had overheard my
remark. “I just about feel as if I could drink a brewery dry at this
moment. I tell you what, though; I wish that there shegro warn’t in the
starn-sheets. I reckon she’d turn the scale at sixteen stone!”
I glanced at “Mother Bunch.” Now that the pirates had turned tail,
she no longer deemed it necessary to masquerade, and was sitting
bolt upright, with one podgy hand grasping the tiller, and her full
moonlike visage expansive with smiles, her blubber lips being so
widely parted that you could see every tooth in her head. At her feet
the pickaninny lay crowing and kicking, as if it thought there was
something very comical in the whole adventure.
The negroes were now as busy as bees. One of them handed up
cocoa-nuts to Mr. Triggs and Ned, while the other seized an oar and
backed up my efforts to improve the speed of the craft.
We were steering straight out to sea. The surface of the water was
less disturbed than it had been, owing to the cessation of the
earthquakes, and light draughts of air seemed to be working their
way up from the offing. It was probable that a sea-breeze would
soon set in, and this might be of great benefit to us, as there was a
mast and sail in the boat.
“We’re awfully grateful to you Johnnies,” observed the gunner, as
he threw his empty cocoa-nut shell overboard. “If it hadn’t been for
you, we should probably have had our throats cut by those villains
ashore. Now I want to know if this boat belongs to you, and whether
you will stick to us and do your best to land us in the island of Cuba.
The day we get back to our ship the Rattler you shall have your fifty
pounds—that I can promise you on the word of an Englishman.”
The negro who had been handing up the nuts grinned, and
scratched his head. He evidently did not half understand Mr. Triggs’s
long speech. However, after a good deal of trouble and numerous
misunderstandings, we managed to extract the following information
from them. As we had supposed, they were the slaves of the pirates,
and were employed by them to raise garden produce, and to assist
in unloading vessels which had been captured and brought into the
creek. Being skilful fishermen, they were allowed to make use of a
boat; and as finny spoils were to be more plentifully obtained in the
waters on the west side of the island, they usually kept their craft
upon the beach above high-water mark—the creek being on the
eastern seaboard. On this eventful morning, they had started very
early on a fishing excursion, and were actually afloat when the
terrible seismic disturbances commenced. Frightened out of their
wits, and almost swamped by the tidal waves which swept the sea,
they pulled about in various directions, hardly knowing where to go
for safety. At length they determined to land, as they were much
afraid of being upset and drowned. No sooner had they drawn their
boat up on the beach than the volcanic outburst commenced, and
added infinitely to their terror. It was the last straw, and they
determined to quit the island for ever, fully believing that it had been
taken possession of by evil spirits; but it was a long time before they
could muster up enough courage to launch their boat afresh and
start on their perilous journey. It must have been just after they had
done so that we appeared upon the scene. Having in their early days
lived in some of the British West India islands, they felt disposed to
be friendly towards Englishmen in distress; and as they were much
afraid that the pirates would force them to return to the island
whether they liked it or not, it was hurriedly decided to assist us if
possible in our evident determination to escape, and then sail away
to other climes. The reward of fifty pounds they ignored—so we
understood them to say. That is the gist of what the darkies told us.
We now held a brief council of war, as it was necessary to decide
upon some plan of action, and that quickly.
We were unanimously of opinion that we should pull straight out to
sea and trust to meeting a favourable breeze, or, better still, a
friendly vessel.
My shipmates tried to insist on my taking a complete rest, and
allowing them and the negroes to pull; but I could not consent to this
plan, tempting as it was, for I was feeling much stronger, and knew
full well that we should have to strain every nerve to escape, as the
pirates were hardly likely to sit down quietly and twirl their thumbs
while they had one or perhaps two vessels in the roadstead on the
other side of the island.
That we should be chased was a dead certainty, especially as it
was evident that the volcanic outbursts were now diminishing in
violence. The pirates would naturally be anxious for the safety of any
property they might have upon the island; but still our escape was of
much more serious import to them, for, of course, they knew only too
well that we should denounce them to the authorities and betray the
whereabouts of their island.
We pulled vigorously, therefore, often casting anxious glances
towards the jutting capes which marked the extremities of the
pirates’ lair. A thick curtain of smoke hung over the centre of the
island and obscured the view.
“Ha!” cried Ned, “yonder comes the brig, or one of their blooming
craft.”
CHAPTER XXVI.
CONCLUSION.

R OUND the southernmost point of the island a small vessel was


creeping stealthily. Owing to the lack of wind she could set no
canvas, but was evidently being propelled by a number of sweeps.
Undoubtedly it was the brig. I recognized her at once.
Naturally her progress was slow, but our boat was unwieldy and
had no great turn of speed. The draughts of air were the merest
catspaws, and scarcely ruffled the surface of the water. Flying-fish
sprang about us, and occasionally a bonito. The sun was mounting
high in the heavens and casting down rays of burning heat. A track
of molten gold stretched over the deep, the glare from which was
almost intolerable.
“Mother Bunch” shut her jaws with a snap when her dark, round
eyes fell on the shadowy vessel. It was as if a crocodile had closed
with some succulent morsel. The pickaninny began to roar lustily as
if it had a dim presentiment of coming evil. The two negroes
jabbered excitedly in some strange and guttural dialect.
“The brig can’t make much way,” said Ned, fixing his eyes intently
upon her. “I reckon we can outstrip her as things go at present. If a
favourable breeze springs up, however, she’ll overhaul us hand-
over-fist, and then we may look out for squalls.”
“The worst of it is, she’s got guns aboard,” observed Mr. Triggs
anxiously. “Now, if she could creep up within range, she might
pepper us in a mighty unpleasant manner—there’s no question
about that.”
“I wonder if she has any boats with her,” exclaimed I. “It might be
equally unpleasant if she sent some of them in chase of us.”
Ned looked intently across the sea, shading his eyes with his
hand.
“Boats they have, sure enough,” he said after a long survey. “Why,
two of ’em is atowin’ of her!”
“That’s what the sharks are up to, is it?” observed the gunner. “I
tell you what, that’ll make ’em slip along a bit faster than we
expected.”
“What arms are there in the boat?” asked Ned, lying on his oar for
a moment.
The negroes produced their store of weapons, and laid them down
for our inspection. It was a sorry enough lot.
Two extremely old-fashioned pistols, one fairly effective cutlass
(used by the negroes for cutting their way through the dense
jungles), and two rusty and jagged daggers. These constituted our
armoury.
As we were gazing at them rather hopelessly, and demanding
ammunition for the pistols, “Mother Bunch” produced a weighty-
looking club, armed with metal spikes, from some corner of the
stern-sheets, and with many grins and exclamations of satisfaction,
whirled it around her head in a bellicose fashion.
“Bravo, my shegro brave and true!” shouted Ned in great delight.
“We’ll let you go for some of them swabs and brain ’em by-and-by,
jiggered if we don’t. Amazons aren’t in the running when you’re out
on the war-path, I reckon!”
“She is more likely to capsize the boat than anything else if it
comes to a scrimmage,” said the gunner grimly.
It was fortunate that “Mother Bunch” did not understand this
ungallant remark, or Mr. Triggs’s head might have made
acquaintance with the Amazonian club!
How we longed for a little breeze to help us on our way and cool
the air! Our saturated clothes had dried in the hot sun; but our
exertions made us perspire so freely that it seemed probable that
before long they would be in much the same state again.

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